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158. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 12. Juli 2006

 

 


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158. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                       Mittwoch, 12. Juli 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 12. Juli 2006: 10.00 – 23.08 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichischer EU-Vorsitz im 1. Halbjahr 2006“

2. Punkt: Bericht über den Antrag 846/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeits­verfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 502/A (E) der Abgeordneten Franz Riepl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend automatische Zuweisung an eine Mitarbeitervorsorge­kasse

5. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsge­setz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006)

6. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert wer­den (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006)

7. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amts­handlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird


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158. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen

9. Punkt: Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmate­rial

10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Mi­nisterrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft

11. Punkt: Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen

12. Punkt: Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenz­überschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die inter­territoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich

13. Punkt: Europäisches Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwi­schen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine

14. Punkt: Bericht über den Antrag 499/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen betreffend einer österreichischen Initia­tive für das Verbot von Streubomben und Streumunition

15. Punkt: Bericht über den Antrag 836/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz (Verbraucherbe­hörden-Kooperationsgesetz – VBKG)

16. Punkt: Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels

17. Punkt: Bericht über den Antrag 779/A (E) der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Menschenhandel und sexuel­le Ausbeutung von Frauen

18. Punkt: Bericht über den Antrag 803/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzin­ger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Opferrechte bei Frauenhandel

19. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbe­schluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheater­pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geän­dert werden

20. Punkt: Bericht über den Antrag 841/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 24

Ruf zur Sache ................................................................................................................ 43

Ordnungsruf ................................................................................................................. 173


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158. Sitzung / Seite 3

Geschäftsbehandlung

Einwendungen des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 24

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................... 42

Redner:

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 42

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 44

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 45

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 46

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 47

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 4000/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 49

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         144

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 144

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 147

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 150

Kurt Eder ..................................................................................................................... 151

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 152

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 153

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Re­zeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006), (1621 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme .................  49, 244

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesund­heitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert wer­den (1622 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme ........................................................  49, 244

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Ein­spruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungs­eigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006), (1623 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme      49, 245

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Bericht-


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158. Sitzung / Seite 4

erstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovel­le 2006), (1624 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme  49, 245

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Ein­spruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahn­gesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1625 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – An­nahme ......................................................................  49, 245

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 848/A der Ab­geordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme ...........  49, 245

Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 849/A der Abge­ordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme .................  50, 246

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 50

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 108

Aktuelle Stunde (39.)

Thema: „Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – Österreichs Wirt­schaft wächst“         ............................................................................................................................... 24

Redner/Rednerinnen:

Fritz Neugebauer........................................................................................................... 24

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 26

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 30

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 32

Josef Bucher ................................................................................................................. 33

Karl Öllinger .................................................................................................................. 35

Herta Mikesch ............................................................................................................... 36

Doris Bures ................................................................................................................... 38

Maximilian Walch ......................................................................................................... 39

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 41

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 47

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (853/A) (E)                                       108


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158. Sitzung / Seite 5

Begründung: Mag. Terezija Stoisits ........................................................................... 110

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................... 115

Debatte:

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 118

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 121

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 123

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 125

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 128

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 130

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 132

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 134

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 136

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 138

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 139

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 140

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 142

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtsho­fes – Ablehnung ............  141, 144

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 853/A (E) ............................. 144

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichischer EU-Vorsitz im 1. Halb­jahr 2006“ .......................................... 50

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 50

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   50

Redner/Rednerinnen:

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 56

Dr. h.c. Peter Schieder ................................................................................................. 59

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 61

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 64

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 67

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 70

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 71

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 73

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 74

Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 76

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 77

Marianne Hagenhofer .................................................................................................. 78

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 80

2. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 846/A der Abge­ordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (1578 d.B.)   ............................................................................................................................... 81


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158. Sitzung / Seite 6

Redner/Rednerinnen:

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 81

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 82

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 83

Michaela Sburny ........................................................................................................... 84

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 86

Mag. Johann Moser ..................................................................................................... 86

Christine Marek ............................................................................................................ 87

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 88

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 89

Konrad Steindl .............................................................................................................. 90

Mag. Dietmar Hoscher ................................................................................................. 90

Herta Mikesch ............................................................................................................... 91

Erika Scharer ................................................................................................................ 92

Johannes Zweytick ...................................................................................................... 93

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 93

Josef Bucher ................................................................................................................. 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Michaela Sburny, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Christoph Matznetter, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichts über die Umsetzung und die Auswirkungen des Bilanzbuchhaltungsgesetzes – Annahme (E 201)      85, 94

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 94

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1559 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzge­setz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1599 d.B.) .................................................. 94

Redner/Rednerinnen:

Ing. Josef Winkler ......................................................................................................... 95

Manfred Lackner .......................................................................................................... 96

Maximilian Walch ......................................................................................................... 96

Karl Öllinger .................................................................................................................. 97

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 98

Barbara Riener ........................................................................................................... 100

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 101

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 101

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 502/A (E) der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend automatische Zuweisung an eine Mitarbeitervorsorgekasse (1600 d.B.) .................................................................................................................... 101

Redner/Rednerinnen:

Franz Riepl .................................................................................................................. 102

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 103

Karl Öllinger ................................................................................................................ 104

Maximilian Walch ....................................................................................................... 105

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 105

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 106

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 107

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 108

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1563 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates


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158. Sitzung / Seite 7

vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungs­gesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1597 d.B.) ..................................................... 155

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1561 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006) (1598 d.B.) ..................................................... 155

Redner/Rednerinnen:

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 155

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 157

Karl Öllinger ................................................................................................................ 158

Maximilian Walch ....................................................................................................... 159

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 160

Ridi Steibl .................................................................................................................... 161

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 162

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 164

Dietmar Keck .............................................................................................................. 165

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 166

Karl Donabauer .......................................................................................................... 168

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 169

Alfred Schöls .............................................................................................................. 170

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 170

Renate Csörgits .......................................................................................................... 171

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 172

Beharrungsbeschluss in 1597 und 1598 d.B. .............................................................. 173

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1562 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen ös­terreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsu­largebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird (1601 d.B.) .......................................................................... 174

Redner/Rednerinnen:

Dr. h.c. Peter Schieder ............................................................................................... 174

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 176

Staatssekretär Dr. Hans Winkler .............................................................................. 177

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 177

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 179

Beharrungsbeschluss .................................................................................................. 180

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1438 d.B.): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbe­halts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1602 d.B.) ........... 180


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158. Sitzung / Seite 8

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1442 d.B.): Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (1603 d.B.) .......... 180

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1443 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (1604 d.B.)                   180

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1444 d.B.): Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (1605 d.B.)         ............................................................................................................................. 180

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1462 d.B.): Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften be­treffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Öster­reich (1606 d.B.) .................................................................................................................... 181

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1463 d.B.): Europäisches Abkommen über die Regelung des Personenver­kehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhält­nis zur Ukraine (1607 d.B.) ........................... 181

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den An­trag 499/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Walter Posch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend einer österreichischen Initiative für das Verbot von Streubomben und Streumunition (1608 d.B.) ................................ 181

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 181

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 182

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 184

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 185

Staatssekretär Dr. Hans Winkler .............................................................................. 187

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 189

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 191

Markus Fauland .......................................................................................................... 192

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 193

Carina Felzmann ........................................................................................................ 194

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 195

Johann Ledolter ......................................................................................................... 196

Anton Heinzl ............................................................................................................... 197

Walter Murauer ........................................................................................................... 198

Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 198

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 199

Genehmigung der sechs Staatsverträge in 1602, 1603, 1604, 1605, 1606 und 1607 d.B.                             200

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1603 und 1605 d.B.                          200

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1605 d.B. ....... 200

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1608 d.B. ................................................... 201


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158. Sitzung / Seite 9

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1608 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend österreichische Unterstützung für ein internationales huma­nitäres Abkommen gegen Streubomben und Streumunition (E 202) .................................................................................................. 201

15. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 836/A der Abge­ordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behör­den im Verbraucherschutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG) (1615 d.B.) .................................................................................................................... 201

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 201

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 202

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 203

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 204

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 204

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 205

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 206

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA ............................................................................ 207

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 207

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1565 d.B.): Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschen­handels (1616 d.B.) ................................ 208

17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 779/A (E) der Abge­ordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen (1617 d.B.) ....................................................................................................... 208

18. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 803/A (E) der Abge­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Opferrechte bei Frauenhandel (1618 d.B.)           ............................................................................................................................. 208

Redner/Rednerinnen:

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 208

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 209

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 210

Markus Fauland .......................................................................................................... 212

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 212

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 214

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 215

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 216

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 218

Otto Pendl ................................................................................................................... 219

Anton Doppler ............................................................................................................ 220

Mag. Gisela Wurm (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 220

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 221

Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 221

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 222

Genehmigung des Staatsvertrages in 1616 d.B. ......................................................... 223

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1616 d.B. ....... 223


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158. Sitzung / Seite 10

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1616 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels (E 203) ................................... 223

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1617 und 1618 d.B. .......................... 223

19. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bun­desrates (1560 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1581 d.B.)                          224

Redner/Rednerinnen:

Otto Pendl ................................................................................................................... 224

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 225

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 226

Markus Fauland .......................................................................................................... 226

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 227

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 228

Beharrungsbeschluss .................................................................................................. 228

20. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 841/A der Ab­geordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rund­funk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (1582 d.B.) ......... 229

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap .....................................................................................................  229, 241

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 231

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 232

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 234

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 235

Helga Machne ............................................................................................................. 236

Dieter Brosz ................................................................................................................ 238

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 240

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 243

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 244

Eingebracht wurden

Bericht ........................................................................................................................... 48

III-231: Tätigkeitsbericht der Bundesanstalt für Verkehr für das Jahr 2005; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

Einsprüche des Bundesrates .................................................................................... 48

1621: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsge­setz 2006 – GRÄG 2006)

1622: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun-


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158. Sitzung / Seite 11

desgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz ge­ändert werden

1623: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Woh­nungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovel­le 2006 – WRN 2006)

1624: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Was­serrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006)

1625: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Er­richtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafel­erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (853/A) (E)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Vor- und Ausbildung für künstlerische Berufe und Prüfung eines erweiterten universitären Ange­botes für bildende Künste in der Steiermark (854/A) (E)

Barbara Riener, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prü­fung von Möglichkeiten der Pflegefreistellung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (855/A) (E)

Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Josef Cap, Herbert Scheibner, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXII. Ge­setzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (856/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Unterbringung von beschlagnahmten Arten (4469/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Europaratsbeschluss zur Haltung von Ver­suchstieren (4470/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Importverbot von Hunde- und Katzenfellen (4471/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend Umsetzung eines Importverbotes für Hunde- und Kat­zenfelle (4472/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend Schaffung eines Schimpansenforschungszentrums in Gänserndorf (4473/J)


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158. Sitzung / Seite 12

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend gentechnikfreie Lebensmittelproduktion (4474/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend gentechnikfreie Lebensmittelproduktion (4475/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schaffung einer Wildtier­auffangstation im ehemaligen Safaripark Gänserndorf (4476/J)

Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verkauf strategisch wichtiger Wasserressourcen im Salzburger Tennengebirge durch die Österreichische Bundesforste AG (4477/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend freiheitlichen Missbrauch von öffentlichen Ressourcen (4478/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend freiheitlichen Missbrauch von öffentlichen Ressourcen (4479/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Zigarettenschmuggel in Österreich und der Europäischen Union (4480/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Zigarettenschmuggel in Österreich und der Europäischen Union (4481/J)


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158. Sitzung / Seite 13

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4482/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Gesamt­kosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4483/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4484/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4485/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4486/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4487/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4488/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4489/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gesamtkosten der österreichi­schen EU-Präsidentschaft (4490/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Gesamtkosten der österreichi­schen EU-Präsidentschaft (4491/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovati­on und Technologie betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4492/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4493/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Finanzierung des Saftladen“ in Salzburg-Schallmoos – Budgetkürzung durch das BMJ“ (4494/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend mangelhafte Beantwortung der Anfrage 3856/J (4495/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend mangelhafte Beantwortung der Anfrage 3857/J (4496/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Verweigerung der Beantwor­tung der Anfragen 3917/J, 3809/J und 3863/J (4497/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend: Die Frage ist die Antwort ist die Frage? (4498/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Weitergabe von vertraulichen Informationen (4499/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend mangelhaf­te Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch den Bundeskanzler (4500/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend mangelhafte Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch den BMLV (4501/J)

Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend mobile Mautaufseher/innen der ASFINAG (4502/J)


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158. Sitzung / Seite 14

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend tat­sächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4503/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratsprä­sidentschaft 2006 (4504/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Rats­präsidentschaft 2006 (4505/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4506/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsident­schaft 2006 (4507/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4508/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4509/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsident­schaft 2006 (4510/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend tatsächliche Kosten der öster­reichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4511/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4512/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4513/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsident­schaft 2006 (4514/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Autobahnhalbanschluss Hagenau“ (4515/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Verlagerung der Polizeiinspektion Lehen“ (4516/J)


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158. Sitzung / Seite 15

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundeskanzler betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4517/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichi­sche EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4518/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend österrei­chische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4519/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Finanzen betreffend österreichische EU-Präsident­schaft, Leistungen und Ergebnisse (4520/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4521/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an die Bundesministerin für Inneres betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4522/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an die Bundesministerin für Justiz betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4523/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend österreichische EU-Prä­sidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4524/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4525/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4526/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend öster­reichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4527/J)

Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kolle­gen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4528/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Düngemittelge­setz 2004 und 2005“ (4529/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Gesundheit und Frauen betreffend Veröffentlichungen von Lebensmittelwarnun­gen (4530/J)


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158. Sitzung / Seite 16

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend den Kompetenzbereich Tiertransporte (4531/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zivildienerzuweisung Juni 2006 (4532/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Konsequenzen der Innenministerin wegen rechtswidriger Ausübung unmit­telbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ExekutivbeamtInnen (4533/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Verbesserung der Tiertransportkontrollen (4534/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Heizung von Gebäuden der ÖBF AG mit erneuerbarer Energie (4535/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Verkehrssicherheit in Österreich – Zahlen und Fakten – Verkehrspolitische Maßnahmen (II)“ (4536/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Strafrechtliches Entschädigungsgesetz 2005 – Zahlen und Fakten“ (4537/J)


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158. Sitzung / Seite 17

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend erhöhte Familienbeihilfe (4538/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend 150 Pflegeschecks in der Steiermark (4539/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4540/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4541/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4542/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4543/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4544/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4545/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4546/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4547/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4548/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4549/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4550/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4551/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Finanzielle Belastungen der Eltern im Schul­jahr 2005/2006“ (4552/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Futtermittelge­setz im Jahr 2005“ (4553/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend „Hütchenspiel“ (4554/J)

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Kosten für diverse „Vätermate­rialien“ sowie 1. Männerbericht der Bundesregierung (4555/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Wahlspenden und Universaldienstverordnung (4556/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen gegen Motorradunfälle (4557/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Bahnstrecke Summerau–Pyhrn (4558/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bahnstrecke Attnang–Ried–Schärding (4559/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kraftwerksbau an der Koppentraun (4560/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Tirol: Illegale Tierarzneimittel bei Milchbauern (Antibiotikaskandal) – Vollziehungsfragen“ (4561/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Arbeitswoche“ eines ÖBB-Topmanagers mit 500.000 Euro-Gage (4562/J)


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158. Sitzung / Seite 18

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Steuergeschenk für Elsner? (4563/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend unzureichende Anfragebeantwortung zu den Förderungsberichten 2003 und 2004 (4564/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend unzureichende Anfragebeantwortung zu den Förderungsberichten (4565/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare Einrichtungen im Bereich seines Ministeriums im Jahr 2005 (4566/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4567/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und ver­gleichbare Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4568/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleich­bare Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4569/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Härtefonds, Unterstützungs­fonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4570/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare Einrichtun­gen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4571/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Korruption in öffentlichen Ämtern (4572/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Blutzoll auf Eisenbahnkreuzungen – Taferl als Scheinlösung (4573/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Praxis bei der Begutach­tung des Pflegebedarfes (4574/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Zweckentfremdung“ von Zivildienstleistenden (4575/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gültigkeit bzw. Aufhebung von NS-Beschlüssen zur Zwangssterilisation (4576/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Herabsetzung der Pfle­gegeldeinstufung bei Zuständigkeitswechsel (4577/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Pflegegeldeinstufung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen (4578/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend fragwürdige Hintergründe der „Verwertung der Objekte Schillerstraße 4 (Telekom) und Elisabethstraße 9 (ÖBB)“ (4579/J)

Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend umstrittene Kam­pagne gegen sexuellen Kindesmissbrauch (4580/J)


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158. Sitzung / Seite 19

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „ÖVP-Freundeskreis“ (4581/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polli, Gert (4582/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polli-Rücktritt (4583/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Seebahnhof und Grund­stücksverkauf am Traunsee in Gmunden (4584/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Zwischenbilanz der Qualifizierungsoffensive (4585/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Freistellung von oö. Landesschulratbediensteten für Parteifest“ (4586/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend notwendige Maßnahmen im Bereich der Traditionellen Asia­tischen Medizin (4587/J)


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158. Sitzung / Seite 20

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Tirol: Illegale Tierarzneimittel bei Milchbauern (Antibiotikaskandal) – Vollzie­hungsfragen“ (4588/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Tirol: Illegale Tierarzneimittel bei Milchbauern (Antibiotika­skandal) – Vollziehungsfragen“ (4589/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Vollziehung der Fertigverpackungsverordnung (FPVO) Konsu­mentenprobleme V“ (4590/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Wild- und Wildfleischuntersuchungen 2005“ (4591/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Wilderer in Österreich – Sicherheitsbehördliche Ermittlungen 2005“ (4592/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtsverfahren nach §§ 137-141 StGB: Wilderei in Österreich (2005)“ (4593/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Kriminalität und Spielsucht (Glückspiele & Wetten)“ (4594/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kriminalität und Spielsucht (Glückspiel & Wetten)“ (4595/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen in der EU“ (4596/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend „Gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbu­ßen in der EU“ (4597/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Ge­genseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen in der EU“ (4598/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend „Gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen in der EU“ (4599/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend „Werbung/Kampagnen/Kulturprojekte im Bundesheer“ (4600/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Verwendung des Bundeszuschusses in der Höhe von zwei Millionen Euro an das Bun­desland Kärnten aus Anlass der 85. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstim­mung (4601/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Familienhospizkarenz (4602/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Familienhospizkarenz (4603/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unhaltbaren baulichen Zustand der Polizeiinspektion Rennbahnweg (4604/J)

*****

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betref­fend Kontrollnotstand (53/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pe­ter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4140/AB zu 4203/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (4141/AB zu 4196/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (4142/AB zu 4201/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen (4143/AB zu 4316/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4144/AB zu 4207/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4145/AB zu 4209/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (4146/AB zu 4246/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen (4147/AB zu 4206/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4148/AB zu 4223/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen (4149/AB zu 4335/J)


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des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4150/AB zu 4202/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4151/AB zu 4198/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (4152/AB zu 4197/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4153/AB zu 4215/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4154/AB zu 4199/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4155/AB zu 4200/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4156/AB zu 4204/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (4157/AB zu 4306/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4158/AB zu 4208/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4159/AB zu 4210/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4160/AB zu 4241/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (4161/AB zu 4211/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Be­cher, Kolleginnen und Kollegen (4162/AB zu 4222/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (4163/AB zu 4216/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Be­cher, Kolleginnen und Kollegen (4164/AB zu 4220/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4165/AB zu 4224/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Moser, Kolleginnen und Kollegen (4166/AB zu 4318/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4167/AB zu 4228/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Re­nate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (4168/AB zu 4292/J)


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158. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4169/AB zu 4225/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Moser, Kolleginnen und Kollegen (4170/AB zu 4213/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4171/AB zu 4226/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4172/AB zu 4219/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (4173/AB zu 4230/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4174/AB zu 4214/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen (4175/AB zu 4229/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4176/AB zu 4231/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4177/AB zu 4239/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4178/AB zu 4212/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4179/AB zu 4221/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kollegin­nen und Kollegen (4180/AB zu 4217/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4181/AB zu 4218/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4182/AB zu 4269/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4183/AB zu 4227/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4184/AB zu 4232/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4185/AB zu 4290/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (4186/AB zu 4331/J)


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158. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (4187/AB zu 4234/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Moser, Kolleginnen und Kollegen (4188/AB zu 4233/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (49/ABPR zu 53/JPR)

 


10.00.00


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158. Sitzung / Seite 24

Beginn der Sitzung: 10 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 158. Sitzung des Nationalrates und be­grüße die Damen und Herren im Hohen Haus.

Das Amtliche Protokoll der 157. Sitzung vom 29. Juni 2006 lag in der Parlamentsdirek­tion auf und blieb unbeanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Stadler, Faul, Lichtenegger und Dr. Glawischnig-Piesczek.

Herr Abgeordneter Van der Bellen hat im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schrift­lich Einwendungen gegen die ausgegebene Tagesordnung erhoben. Diese betreffen den Punkt 20 der Tagesordnung.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat darüber zu entschei­den hat.

Die Debatte über die Einwendungen wird nach Durchführung der Aktuellen Stunde stattfinden.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens darüber erzielt, dass jede Fraktion dabei mit einem Redner zu Wort kommt, dessen Redezeit 4 Minuten nicht überschreiten darf, wobei da die grüne Fraktion beginnen wird.

10.01.16Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand –
Österreichs Wirtschaft wächst“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neugebauer. Seine Redezeit beträgt der Geschäftsordnung entsprechend 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.01.35

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit 14 Monate und ein paar Tage zurück, und zwar auf den 1. Mai vergangenen Jahres lenken, an dem diese Bundesregierung zu einem Reformdialog in die Hofburg eingeladen hat, um das österreichische Aktionsprogramm für Wachstum und Beschäftigung zu beraten.

Am folgenden Tag haben die „Salzburger Nachrichten“ das ja auch entsprechend kom­mentiert:

„Natürlich kann man die Abhaltung eines Arbeitsmarktgipfels am 1. Mai als reine Show bezeichnen, wie dies Vertreter der Opposition im Vorfeld getan haben. Aber ein Ver­gleich mit unserem Nachbarland Deutschland zeigt, dass es – ... – allemal sinnvoller ist, am Tag der Arbeit über konkrete Maßnahmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu


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158. Sitzung / Seite 25

beraten, als nur Klassenkampfparolen zu verbreiten.“ (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Die sehr eingehenden Debatten haben im Wesentlichen Konsens darüber herbeigeführt, dass die Politik selbst keine Arbeitsplätze schaffen kann, aber sie kann Rahmenbedingungen entwickeln, die es den Betrieben und Unter­nehmen ermöglichen, Arbeitsplätze zu sichern beziehungsweise diese auszubauen. Wir dürfen heute, nach mehr als 14 Monaten, feststellen, dass die Saat dieser Ideen eine Ernte der Erfolge ermöglicht; Erfolge deswegen, weil wir nicht nur eine Qualifi­zierungs- und Beschäftigungsoffensive für mehr als 60 000 Personen zusätzlich gestartet haben – Beschäftigungsförderung für ältere Personen, das „Blum-Modell“ für die Jungen, Qualifizierungsmaßnahmen für die Frauen. Es hat noch nie ein so großes Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik gegeben wie diesmal: Mit einem Rekordbudget von 1,8 Milliarden € haben wir diesen Ansatz seit 1999 mehr als verdoppelt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Das ist der wesentliche Erfolgsfaktor für diese Rahmenbedingungen, dass Österreich heute ein herzeigbares Modell ist.

Das Zweite ist die Steuerreform, die größte Steuerreform der Zweiten Republik. Wir haben damit die niedrigen Einkommen entlastet (Widerspruch bei der SPÖ), und wir haben mit der Senkung der Körperschaftsteuer auf 25 Prozent sichergestellt, dass die Betriebe im Land bleiben – und nicht abwandern! Ein großer Erfolg eines weitsichtigen Handelns, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft – dritter Aspekt – sind unsere Klein- und Mittelbetriebe. Ganz bewusst sage ich als Arbeitnehmervertreter: Zwei Drittel der un­selbständig Erwerbstätigen haben Arbeit in unseren Klein- und Mittelbetrieben, und daher ist die Stärkung dieser Klein- und Mittelbetriebe und die Erhaltung von deren Selbständigkeit ein Gebot der Stunde.

Ein Umsatz von 290 Milliarden € und Investitionen in Höhe von 20 Milliarden € sichern die Beschäftigung, und daher haben wir auch die Zukunftschancen dieser Kolleginnen und Kollegen in den Klein- und Mittelbetrieben perfekt unterstützt; zuletzt mit der Ab­rundung der Steuerreform für Einnahmen- und Ausgabenrechner.

Viertens: Großunternehmen, internationale Unternehmen, rund 1 000 Headquarters haben sich in unserem Land niedergelassen, weil Sicherheit, hohe Qualifikation unse­rer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Österreich zu einer Wirtschafts- und Chan­cendrehscheibe auch gegenüber dem Osten machen.

Wir haben in Österreich das interessante Phänomen, dass sich manche vor der Globa­lisierung fürchten, obwohl Österreich mit seiner kleinen und offenen Volkswirtschaft ein klarer Globalisierungsgewinner ist. Wir sind in etwa auch die Erweiterungsgewinner, und das sollten wir deutlich punzieren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Rufe bei der SPÖ: Und was ist mit der Arbeitslosigkeit?)

In Slowenien, Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Serbien, Montenegro und Bosnien-Her­zegowina ist Österreich Investor Nummer eins.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat berechnet, dass die Ostöffnung und die EU-Mit­gliedschaft bis zu 1 Prozent an zusätzlichem BIP-Wachstum in Österreich – kumuliert wären das in etwa 150 000 Beschäftigte – gebracht haben.

Wir in Österreich sind die Erweiterungsgewinner.

Letztendlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich auf etwas hinweisen, was in tagesaktuellen Meldungen manchmal untergeht: Österreich ist auch für ausländische


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Unternehmer außerordentlich attraktiv. Auslandsinvestitionen in Österreich belaufen sich bereits auf knapp 53 Milliarden € und sichern damit 250 000 Arbeitsplätze. Halten wir uns aber auch vor Augen, dass bereits mehr als die Hälfte des österreichischen Wohlstandes durch Exporte gesichert ist. Das, was uns im Fußball noch nicht gelun­gen ist: Bei den Exporten sind wir Europameister, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Molte­rer: Kommt auch noch!)

Diese gemeinsame Leistung sollten wir nicht unter den Scheffel stellen. Helmut Gans­terer hat in seinem Buch „Good News“ (Abg. Dr. Stummvoll: Das sollte man dem Matznetter schenken!), „69 Schluckimpfungen gegen Schwarzmaler, Jammerer und andere Bazillen“, gerade auf diese Leistung der Export-Europameisterschaft Öster­reichs hingewiesen. Kluge Volkswirtschaften feiern solche Feste, weil sie motivieren und auf dem Umweg über Stolz und Zuversicht zu weiteren Erfolgen führen. Es wäre fast logisch, sofort ein „Jahr der Feste“ und ein „Jahr des Exportes“ auszurufen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich plädiere dafür, dass das Jahr 2006 jedenfalls zum Jahr der reichen Ernte ausgerufen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Das ist nicht nur der österreichische Befund, es gibt viele ausländische Stimmen dazu. Ich nehme jetzt einen für viele, nämlich den „Zürcher Trend“, in dem es heißt:

„Die ... Schüssel-Regierung präsentiert ein fast einmaliges Resultat gekonnter Politik. Wir sind von diesen Erfolgen fast ebenso überrascht wie von der Qualität überzeugt. Wien hat bis jetzt fast alles richtig gemacht.“

Österreich zeigt, wie man in einem Euro-Verbund erfolgreich seine eigenen Chancen wahrnehmen kann. Das ist keine Frage der Parteiideologie, sondern pragmatischer Überlegungen.

Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand, das ist Lebensqualität und bringt uns an die Spitze der Staaten dieser Welt.

2006 ist wahrlich ein Jahr der reichen Ernte. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

10.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein. Ihre Rede­zeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Sie sind am Wort, Herr Minister.

 


10.09.21

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! „Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – Österreichs Wirtschaft wächst“, der Titel dieser Aktuellen Stunde. Wachstum ist zwar nicht die Basis für alles, aber doch die Basis für vieles, insbesondere für Beschäftigung, aber natürlich hat das etwas damit zu tun, dass unser Wirtschaftswachstum heuer zwischen 2,5 und 2,6 Prozent liegt – das sind die derzeiti­gen Prognosen von IHS und WIFO; vielleicht wird es auch noch etwas mehr, man kann jedenfalls optimistisch sein. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)

Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir heuer in Österreich – einmal mehr – nicht nur eine Rekordbeschäftigung aufweisen können, sondern, sehr geehrter Herr Abge­ordneter Moser, dass wir im Jahresabstand um 51 000 Arbeitnehmer mehr in Beschäf­tigung haben als im Jahr zuvor. Ein Plus von 1,6 Prozent! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)


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Dass das sehr, sehr rasch Auswirkungen auf andere Bereiche hat, können Sie ja auch den gestrigen Äußerungen des Generaldirektors des Hauptverbandes Dr. Kandlhofer, sozusagen des obersten Krankenversicherers entnehmen, der sagte, dass etliche Krankenkassen, von denen man das nicht erwartet hätte, heuer, eben auf Grund der besseren Beschäftigungslage, ins Plus drehen werden. – Also gewissermaßen eine indirekte Absicherung unseres exzellenten Gesundheitssystems, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

„Zeit der Ernte“ hat Fritz Neugebauer gesagt; übrigens eine bemerkenswerte Rede eines modernen Arbeitnehmervertreters. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Es wundert mich, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemo­kratie, dass Sie bei der Erwähnung der Worte „Arbeitnehmervertretung“ und „modern“ ins Lächeln kommen; ich habe mich aber auf Herrn Abgeordneten Neugebauer bezo­gen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Zeit der Ernte“ also. Und: Von nichts kommt nichts! Diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel hat seit dem Jahre 2000 konsequent Reformpolitik, konsequent Strukturpolitik betrieben (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter), eine Politik, die gemeinsam mit Österreichs EU-Beitritt 1995, gemein­sam mit den Benefits, die wir aus der Erweiterung der Europäischen Union – in Wirk­lichkeit schon ab dem Jahre 1989 – gezogen haben, Österreich zu einem Role model, zu einem Vorzeigebeispiel, zu einem Vorbild in Europa gemacht hat.

So ist Österreich beispielsweise in Sachen Pro-Kopf-Einkommen – es geht ja auch dar­um, derartige Daten sozusagen zu übersetzen in Dinge, die die Menschen interessie­ren, so etwa Jobs –, so ist also in Sachen Pro-Kopf-Einkommen Österreich mittlerweile Nummer vier in Europa. Luxemburg, Irland, Dänemark sind vor uns; gemeinsam mit Holland ist Österreich da auf Platz vier. Und das ist doch sehr, sehr schön.

Österreich ist – und darauf bin ich fast noch mehr stolz – nach einer Analyse des IMD Lausanne, eines sehr renommierten Institutes, in Sachen verfügbare ausgebil­dete Arbeitnehmer nicht etwa die Nummer drei oder vier in Europa, nein, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir sind diesbezüglich die Nummer eins, und zwar weltweit. So das IMD Lausanne. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Frei­heitlichen – BZÖ.)

Was Wachstum und Beschäftigung anlangt – wir brauchen Wachstum für mehr Be­schäftigung; da ist aber das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht –, ist Öster­reich, so das renommierte Centre for European Reform, Nummer drei in Sachen Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben hart daran gearbeitet, dorthin zu kommen, haben einen Stockerlplatz erklommen. Auch das ist eine Basis dafür, dass wir in Sachen Be­schäftigung gleich um 1,6 Prozent über den Daten des Vorjahres liegen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Frei­heitlichen – BZÖ.)

Nun zum wahrscheinlich Wichtigsten, nämlich zum Arbeitsmarkt insgesamt. Wir hatten zwar die letzten Jahre wachsende Beschäftigung, hatten aber trotzdem eine zwar nur leichte, aber doch steigende Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Warum? – Sehr viele Deutsche sind auf unseren Arbeitsmarkt gekommen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter), mehr Frauen sind auf den Arbeitsmarkt gekommen, eine Pensionsreform, mit der das Pensionsantrittsalter nach oben verschoben wurde, hat natürlich auch ... (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Herr Matznetter, ich verstehe Sie nicht, die Fernsehzuschauer verstehen Sie nicht, lassen Sie daher Ihre Zwischenrufe, denn diese sind unwichtig, wie immer! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten


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von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Schopf: Arrogant und präpotent sind Sie! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum – erstmals ist es so, dass die Zunahme an Beschäftigung groß genug ist, um all diejenigen Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängen, aufzunehmen, ja mehr als das: Seit April dieses Jahres ... (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß schon, dass freut Sie nicht, denn das zerstört Ihre Wahlkampfstrategie. Sie reden lieber von „schrecklicher Rekordarbeitslosigkeit“. (Neu­erliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Doch, das tun Sie, Herr Matznetter! Sie machen das Land schlecht – und Ihre Kollegen genauso! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Seit April dieses Jahres haben wir auf Österreichs Arbeitsmarkt die Trendwende. Und wie schauen die Daten im Juni aus? – Minus 7,1 Prozent Arbeitslose im Jahresver­gleich. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Was diese Zielgruppe betrifft, derer sich ja das Hohe Haus immer gemeinsam ange­nommen hat – ich erinnere nur an die diversen Qualifizierungsprogramme, an den Blum-Bonus und so weiter; da haben Sie von der SPÖ doch mitgestimmt, daran wer­den Sie sich doch noch erinnern –, so sinkt die Arbeitslosenzahl um 11 Prozent. Be­sonders erfreulich auch, dass diese Zahl bei den sehr konjunkturrelevanten Gruppen, nämlich die Bauindustrie auf der einen Seite und die Sachgüterproduktion auf der anderen Seite, ebenfalls um 11 Prozent gesunken ist. Und das macht, eben auf Grund der Konjunkturlage, Hoffnung, dass dieser Prozentsatz noch etwas mehr nach unten geht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In allen Bundesländern – jetzt auch in Wien – sinkt die Zahl der Arbeitslosen. Es ist das also insgesamt eine Erfolgsgeschich­te. Auch die Zahl der offenen Stellen ist um 26 Prozent gestiegen. Die Lehrstellenlücke ist fast auf null geschrumpft, gerade mal 600 – und auch das werden wir noch auf null bringen. Das hat natürlich etwas mit dem „Blum-Bonus“ zu tun, hat etwas damit zu tun, dass wir fast 60 Prozent, genau 58 Prozent, mehr offene Lehrstellen als im Jahr zuvor haben. Der „Blum-Bonus“ wird ja in den nächsten Wochen Gegenstand der Diskussion sein, wobei ich davon ausgehe, dass das natürlich in Richtung Verlängerung gehen wird.

Wir haben also, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine sehr, sehr zufrieden stellende Arbeitsmarktsituation, die ich in dieser Dynamik, in dieser Entwicklung am Anfang dieses Jahres noch nicht so gesehen hätte, aber die beiden Sachen wirken: ein Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent auf der einen Seite sowie die größte Qualifizie­rungsoffensive, die es je in der Zweiten Republik gegeben hat, auf der anderen Seite. Fritz Neugebauer, du hast das ja erwähnt: plus 60 000 Menschen in Qualifizierung; 285 Millionen € werden dafür investiert. Das wurde ja übrigens gemeinsam mit Ihnen, Herr Matznetter und Herr Moser, beschlossen; aber auch das scheinen Sie vergessen zu haben. – Das sind also die beiden Ursachen für diese Trendwende auf dem Arbeits­markt.

Da auch gestern wiederum führende Exponenten der Sozialdemokratie von „Rekord­arbeitslosigkeit“ sowie von der „höchsten Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg“ gesprochen haben, darf ich Sie daran erinnern, dass per Ende Juni 2006 die Zahl der Arbeitslosen bei 196 000 gelegen ist. Erstmals nach drei Jahren also jetzt wieder unter 200 000. (Abg. Mag. Johann Moser: 100 000 waren es im Jahre 2000!)

Ich darf Sie weiters daran erinnern, dass im Jahre 1998, als Sie von der SPÖ Verant­wortung getragen haben und der Bundeskanzler Viktor Klima geheißen hat, die Zahl der Arbeitslosen – und das bei einem niedrigeren Beschäftigtenstand – bei 202 000 ge-


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legen ist, sehr geehrter Herr Abgeordneter Moser. (Rufe bei der ÖVP: Ah da schau her!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. (Rufe bei der SPÖ: Gott sei Dank!) – Lassen Sie den lieben Gott aus dem Spiel! Lassen Sie den lieben Gott aus dem Spiel, gerade Sie, Frau Bures, haben das überhaupt nicht notwendig! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Schopf: Was soll das, Herr Präsident? – Ruf bei der SPÖ: Hören Sie nur auf einem Ohr, Herr Präsident? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Gegenrufe bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Der Konjunkturmotor läuft; der Wirtschaft geht es glänzend. Einige Fakto­ren, die die Grundlage dafür darstellen: Die Exporte laufen glänzend. Fritz Neugebauer hat es schon gesagt: Die EU-Erweiterung ist einer der Gründe hiefür. Im heurigen Jahr werden wir nicht weniger als 100 Milliarden € an Waren- und Güterexporten erzielen – ein neuer Rekord! –, dazu Dienstleistungsexporte in Höhe von 50 Milliarden €! 150 Mil­liarden €, mehr als die Hälfte des gesamten Bruttoinlandsproduktes, mehr als die Hälf­te der gesamten Wirtschaftsleistung! Bereits jeder zweite Arbeitsplatz ist in der Außen­wirtschaft gesichert. Ein einzigartiger Erfolg also, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Österreichs Wirtschaft hat auch massiv im Ausland investiert. Die Notenbank hat ges­tern die Zahlen dazu publiziert: 370 000 Arbeitsplätze – die indirekt natürlich wieder ös­terreichische sichern – gibt es bei österreichischen Unternehmungen im Ausland, weil dort Investitionen in Höhe von 58 Milliarden € erfolgt sind. 250 000 Arbeitsplätze gibt es in Österreich bei Investoren, die aus dem Ausland kommen, vor allem aus Deutsch­land. Auch das wiederum sichert indirekt zusätzlich österreichische Arbeitsplätze.

Investitionsströme in beide Richtungen also; genau das, was wir brauchen. Auch dies­bezüglich war das vorige Jahr ein Rekordjahr: 7,5 Milliarden € wurden im Ausland und 7,2 Milliarden € von Ausländern in Österreich investiert! Ein Erfolgsbeispiel, ein Erfolgs­nachweis für den glänzenden Wirtschaftsstandort Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Zum Mittelstand – Fritz Neugebauer hat das ja auch erwähnt –, und zwar zum Mittel­standspaket. Ganz wichtig ist es, den Österreicherinnen und Österreichern auch in die­ser Phase zu sagen, wie in den letzten Jahren massiv entlastet wurde: die Unterneh­mungen, die Bürger, die Familien, aber insbesondere der Mittelstand. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.) – Jetzt meldet sich auch Herr Darabos zu Wort. Was wollten Sie sagen? Sie wollten nachträglich zustimmen! Gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Scheibner: Darabos ist jetzt besonders nervös!)

Völlig unstrittig ist, dass die äußerst wettbewerbsfähige Steuerpolitik in Sachen Mittel­stand von den Kapitalgesellschaften über die Personengesellschaften jetzt auch auf die weit über 300 000 Einnahmen-Ausgaben-Rechner, Freiberufler und und und dazu geführt hat, dass wir dort sehr, sehr wettbewerbsfähig geworden sind. Aber nicht nur Erfolge in Bezug auf den Mittelstand: Insgesamt haben wir die Abgabenquote gesenkt!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, Sie und Ihre Finanzminister hatten bis 2000 die Verantwortung dafür, dass wir in Österreich zu einer Abgabenquote von knapp 44 Prozent gekommen sind. Das heißt, 44 Prozent des Einkommens der Österreicher ist einmal für Steuern und Abgaben aufgegangen; 56 Prozent sind im Schnitt geblieben. – Wir haben das gedreht: 40,6 Prozent sind es heuer. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Das heißt, 60 Prozent bleiben den Österreichern im Tascherl, 40 Prozent werden für Sozialversicherung und Steuern abgegeben.


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Ich verspreche Ihnen: Die Regierung Schüssel wird nach dem Wahltag an einem Sonntag im Herbst dieses Jahres die Abgabenquote noch weiter senken, die Österrei­cher weiter entlasten. Dann wird ein Dreier vorne stehen, und die Österreicher werden es uns danken. – Danke vielmals. (Bravorufe und lang anhaltender lebhafter Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

10.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde beträgt 5 Minuten.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.21.13

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister für Wirtschaft und Arbeit! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zu­nächst ganz kurz der sozialdemokratischen Fraktion zuwenden.

Ich kann Ihre große Nervosität und Ihre ständigen Zwischenrufe durchaus verstehen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten. In einem Wahljahr zu sein, auf der einen Seite die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu sehen, auf der anderen Seite den BAWAG-Skandal zu haben – ich täte auch nervös werden, wenn ich an Ihrer Stelle wäre, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Ich verstehe das. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Aber lassen Sie mich Folgendes auch sagen: Die Wirtschaftspolitik dieser Bundesre­gierung, die Politik für Wachstum und Beschäftigung ist so stark, dass wir auch den BAWAG-Skandal wirtschaftlich verkraften werden, denn die BAWAG ist nicht unsere Wirtschaft. (Abg. Eder: Sehr primitiv ...!) Unsere Wirtschaft sind die zahlreichen Klein- und Mittelbetriebe, und unsere Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass sie nicht die Zeche für diesen BAWAG-Skandal werden zahlen müssen. Dafür werden wir gera­destehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Nun zum eigentlichen Thema. – Die politische Wende im Frühjahr 2000 war auch eine entscheidende Wende in der Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren. (Abg. Heinzl: Das glaube ich aber nicht!) Nach 30 Jahren expansiver Schuldenpolitik sozial­demokratischer Finanzminister kam die Wende. Es kam die Wende mit einer Dreifach-Strategie: Stabilität im Staatshaushalt, Entlastung der Bürger und der Betriebe und Investitionen in die Zukunft, nämlich in Forschung, in Entwicklung, in Infrastruktur, in Bildung (Abg. Öllinger: In Bildung?!) und in den Arbeitsmarkt. Abgeordneter Fritz Neu­gebauer hat schon gesagt: Wir geben heute auf dem Arbeitsmarkt für Arbeitsmarkt­förderung doppelt so viel aus wie vor sechs Jahren. Das Ergebnis, meine Damen und Herren, sieht folgendermaßen aus: Österreich steht heute besser da als vor sechs Jah­ren!

Wir haben es vom Herrn Wirtschaftminister schon gehört, dass wir, was die Kaufkraft betrifft, unter 25 EU-Staaten an vierter Stelle liegen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) Was die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes betrifft – und Wirt­schaftsstandort heißt Arbeitsplätze, Einkommenschancen, soziale Sicherheit –, liegen wir in Europa an dritter Stelle.

Herr Kollege Matznetter, schauen Sie ein bisschen über den Tellerrand hinaus! (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das täte Ihnen sehr gut. Lenken Sie Ihre negative Energie weg von Schwarzmalerei und Jammerei hin zu konstruktiven Vor­schlägen! Dann ginge es unserem Land wahrscheinlich noch besser, meine sehr ge-


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ehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheit­lichen – BZÖ.)

Erfolge sind nie Zufall; der Wirtschaftsminister hat schon darauf hingewiesen. Diese Regierung hat konsequent Wirtschaftspolitik betrieben: Konjunkturpaket 1, Konjunktur­paket 2, Wachstums- und Standortpaket, Steuerreform 1, Steuerreform 2, Beschäfti­gungsförderungsgesetz, Mittelstandspaket, KMU-Paket – und jetzt sehen wir die Er­folge. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.)

Wir sehen jetzt die Erfolge dieser Politik: Österreich ist Vorbild für Europa!

Wenn Sie gestern die Nachrichten im Fernsehen gehört hätten und nicht nur Ihre eige­nen Presseaussendungen lesen würden, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, dann hätten Sie gehört, dass zunehmend ausländische Unternehmer, aus­ländische Betriebe nach Österreich kommen.

Die Austrian Business Agency untersteht dem Wirtschaftsminister, und dieser hat dar­auf hingewiesen, dass auf Grund dieser unserer erfolgreichen Politik allein heuer 70 ausländische Betriebe Betriebsstandorte in Österreich gegründet haben. (Neuerli­cher Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) Hören Sie auf mit Ihrer Schwarzmalerei und Ihrer Jammerei, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Sozialdemokra­ten! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Lassen Sie mich auch noch Folgendes sehr deutlich sagen: Wir sehen heute die Er­gebnisse dieser Politik!

Österreich auf Wachstumskurs! – Wir haben in Österreich ein höheres Wachstum, als es der Durchschnitt des Wachstums in der EU ausmacht. Wir sind Spitzenreiter! Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat erst vor kurzem die Wachstumsprognose von 2,4 Pro­zent auf 2,6 Prozent erhöht. Bis 2010: ein Durchschnittswachstum von 2,1 Prozent; EU-Durchschnitt: 1,8 Prozent. (Abg. Eder: Trotz dieser Regierung!)

Zweiter Punkt. Beschäftigung. – 7 Prozent höhere Beschäftigung, 6 Prozent weniger Arbeitslosigkeit!

Das haben Sie in Ihrer Regierungszeit in keinem einzigen Jahr vorweisen können (Abg. Eder: Da habt ihr den Wirtschaftsminister gestellt! Schüssel war damals Wirt­schaftsminister!): derartige Erfolge auf dem Arbeitsmarkt, derartige Erfolge, was Wachstum und Beschäftigung betrifft! Das ist letztlich die Basis für Wohlstand, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Und das ist das Ergebnis der Politik dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Einen wesentlichen Anteil an diesem Ergebnis haben jene Betriebe – der Wirtschafts­minister hat schon darauf hingewiesen –, die dafür verantwortlich sind, dass wir heute Europameister im Export sind. Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt de facto vom Export ab.

Lassen Sie mich in aller Bescheidenheit, in aller Demut eines sagen: Wir stehen für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, aber diese allein könnte nicht diese Erfolgsstory be­gründen. Es ist die große Zahl unserer Klein- und Mittelbetriebe, meine Damen und Herren, die auch dazu beitragen.

Es sind tolle Unternehmer, innovative Unternehmer, fleißige und engagierte Mitarbei­ter, die aus unserer Wirtschaftspolitik dann letztlich das machen, was zu dem Erfolg führt, dass wir heute bei Wachstum und Beschäftigung und auch bei der sozialen Si­cherheit in Europa an der Spitze stehen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Mag. Weinzinger: Wo leben Sie?)


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Sozial ist der, der Arbeit schafft! (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Sozial ist der, der Arbeit schafft, Herr Kollege!

Wir werden diesen erfolgreichen Kurs der Bundesregierung mit Zustimmung der Mehr­heit der Wähler, meine Damen und Herren, in den nächsten vier Jahren fortsetzen. Wir setzen uns jetzt bereits die Latte, wo Österreich 2010 stehen soll. Seien Sie sicher: Wir werden 2010 genauso hier stehen und eine genauso erfolgreiche Bilanz legen können! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

10.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.26.28

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Vielleicht können wir uns jetzt nach dieser Stunde der Selbstbeweihräucherung ein bisschen den Fakten zuwenden. (Abg. Dr. Fekter: Wollen Sie wieder alles schlecht machen? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist ja wirklich peinlich, welches Schauspiel die von den Steuerzahlerinnen und Steu­erzahlern bezahlten Minister und Abgeordneten hier geben.

Wir stehen laut Eurostat-Statistik vom heutigen Tag bei der Wachstumsrate an der 18. Stelle unter 25 Ländern. Aber Sie veranstalten hier ein Theater, wo Sie sagen: Wie toll sind wir, wir haben mehr Wachstum! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist peinlich, dass vor uns Länder wie Tschechien, Dänemark, Estland, Griechen­land, Spanien, Irland, Zypern, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Niederlande, Polen, Slowenien, Slowakei, Finnland und Schweden liegen. (Abg. Freund: Das glaubt Ihnen doch kein Mensch!) Ich würde mich an Ihrer Stelle hier herstellen und überlegen, wie man in diesem Bereich weiter vorne liegen kann. Ich würde nicht so peinlich agie­ren – wie Schulkinder, die schlechte Noten haben –, ich würde nicht sagen: Aber ich bin so toll, denn hinter mir gibt es noch sieben! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Freund.)

Das sagt leider die amtliche Statistik. Sie brauchen gar nicht so traurig zu schauen, Herr Kollege Stummvoll. Was noch viel schlimmer ist (Abg. Dr. Stummvoll: ... Euro­stat!) – nein, das ist Eurostat! –: Wir fallen nächstes Jahr um einen weiteren Platz zu­rück, auf den 19. Platz, und zwar auf Grund Ihrer Wirtschaftspolitik.

Aber jetzt zu den Punkten, die für die Menschen in unserem Land entscheidend sind.

Den Punkt „mehr Wachstum“ haben wir abgehandelt. Nun zu dem Punkt „mehr Ar­beit“. – Ja, es stimmt, die Österreicherinnen und Österreicher hatten in den letzten sechs Jahren härter und mehr zu arbeiten. Das stimmt! Teilweise müssen sie zwei oder drei Jobs annehmen, weil sie sich von einem allein ihr Leben nicht mehr leisten können. Und der Herr Minister feiert dann die Teilzeitarbeit als „mehr Jobs“. Aber bleibt ihnen für diese Mehrarbeit wirklich mehr über?

Dann sagt der Herr Finanzminister: Fühlen Sie sich entlastet! – Sie fühlen sich nicht entlastet – als Arbeiterin, als Arbeiter, als Angestellte, als kleiner Unternehmer? – Sie haben Recht! Sie sind nämlich belastet worden!

Die Lohnsteuer ist um 22 Prozent gefallen (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) – gestie­gen!, und zwar bei einer fallenden Lohnquote. – Das ist „lustig“, dazu lacht der Wirt­schaftsminister! – Die Lohnquote sinkt um 3 Prozent, die Steuern steigen um 22 Pro­zent, und die Gewinne der Großunternehmen, die explodiert sind, haben zu einer fal­lenden Körperschaftsteuer geführt – und der Herr Wirtschaftsminister lacht dazu!


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Klar lacht das Herz, denn es gibt mehr Wohlstand, aber das Mehr an Wohlstand gibt es für die internationalen Konzerne und für das internationale Kapital – Stichwort: Hedge-Fonds, Investmentfonds –, für die, die dieses Kapital besitzen. (Abg. Großruck: Trotz­dem ist die BAWAG Pleite gegangen! – Abg. Neudeck: Das haben wir bei der BAWAG gesehen! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: 4 Milliarden €!) Für diese wurde Politik gemacht! Aber die Menschen, die arbeiten, haben von diesem Mehr an Wohlstand nichts bekom­men. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Herr Matznetter, was kann man mit 4 Milliarden € alles finanzieren?)

Die Realeinkommen sind seit dem Jahr 2000 um 1,3 Prozent gestiegen, und das reale BIP ist um 7,6 Prozent gestiegen. Wer hat denn die Differenz bekommen? (Zwischen­ruf des Abg. Neudeck.) Die Antwort darauf ist: Mit Ihrer Politik wurde sie in die Tasche der internationalen Spekulation geschaufelt! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie haben sich benommen wie ein Kellner mit dem Bestellhef­terl: Was darf es denn sein? (Abg. Scheibner: Da verwechseln Sie jetzt etwas! – Wei­tere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Aber es waren nicht die Wählerin und der Wähler, deren Bestellungen Sie aufgenom­men haben, nein, Sie haben mit der höchsten Reduktion der Ertragssteuern für das Großkapital dafür gesorgt, dass dort Ihre Bestellung angekommen ist. (Abg. Scheib­ner: Meinen Sie den Flöttl?) Und da lacht der Herr Wirtschaftsminister! Er kommt doch selbst aus diesem Bereich.

Wer aber nichts zu lachen hat, sind die Menschen – die haben mehr Lohnsteuer, mehr Umsatzsteuer, mehr Verbrauchssteuern zu zahlen und haben real keinen Zuwachs. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Wohlstand ist an ein paar wenige gegan­gen. (Abg. Neudeck: An Flöttl!) Der Rest zählt zu den Verlierern. Das, meine Damen und Herren, werden wir ändern! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt zur Frage Steuerreform, die Sie als so großartig bezeichnen. – Die Menschen in unserem Lande fühlen sich nicht entlastet. (Abg. Wattaul: ... Flöttl! – Weitere Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Eh nicht, sagt er richtigerweise. Aber sind die Leute diejenigen, die nicht verstehen und nicht spüren, wie es geht? Nein, es ist der Herr Finanzminister, der versucht, ihnen etwas einzureden, was nicht stattgefunden hat. Die Breite der Bevölkerung wurde nicht entlastet. Im Gegenteil: Sie wurde schwer belastet! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Und für diesen Punkt haben Sie die Verantwortung zu tragen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Keine Selbstbeweihräucherung mehr!, sondern: Korrigieren Sie die Fehler der Vergan­genheit! Das würde wirklich zu mehr Wohlstand führen – für alle, nicht nur für wenige! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

10.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.32.01

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet: „Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – Österreichs Wirtschaft wächst“.

Wir haben gerade die Rede des Kollegen Matznetter gehört, dem ich sagen möchte: Für Wohlstand haben Sie gesorgt – nämlich beim Herrn Kollegen Elsner, beim Herrn Kollegen Flöttl und beim Herrn Verzetnitsch. (Abg. Neudeck: Genossen!) Das ist Ihre Wohlstandspolitik, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheit-


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lichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) Jawohl, Herr Moser.

Auch für Beschäftigung haben Sie gesorgt (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Jo­hann Moser), aber nicht auf dem Arbeitsmarkt, sondern bei den Bankprüfern, damit endlich einmal Ihre Skandale und kriminellen Handlungen in der BAWAG aufgedeckt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Das ist Ihre Wohlstands- und Beschäftigungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wenn wir heute über Wirtschaftswachstum, über die Entlastung des Arbeitsmarktes, über die hervorragende Bilanz dieser Bundesregierung sprechen, dann dürfen wir auf sechs Jahre zurückblicken, auf den Start dieser Wenderegierung im Jahr 2000, und da fragen wir uns: Welche Voraussetzungen waren damals vorhanden, um das Flagg­schiff Österreich wieder in Schwung zu bekommen, um die Wirtschaft wieder anzukur­beln?

Wir hatten damals in Österreich die niedrigste Beschäftigungsrate, die höchste Schul­denquote, die höchste Arbeitslosigkeit, die höchste Steuer- und Abgabenquote. So sah unsere Ausgangsposition im Jahr 2000 aus! (Abg. Neudeck: Da hat davor die SPÖ regiert!) Heute bescheinigen uns alle wirtschaftlichen Daten, Arbeitsmarktdaten, auch die Budgetdaten, verglichen mit jenen in der Europäischen Union, dass Österreich auf der Überholspur ist. Und das verdanken wir einer weitsichtigen, einer wirtschaftsorien­tierten Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Österreich ist nicht zuletzt auf Grund der vielen Maßnahmen, die getroffen wurden, etwa im Bereich der Gesundheitspolitik, wo wir die Gesundheitsreform durchgeführt haben, neue Gesundheitsmaßstäbe gesetzt haben, auf der Überholspur. Schauen Sie nach Deutschland, wo Abgaben eingeführt werden, wo Leistungen zurückgefahren werden! In Österreich hingegen kann man sich darauf verlassen, dass das Gesund­heitssystem in den nächsten Jahren halten wird. (Abg. Broukal: Außer man braucht eine neue Brille!)

Das Pensionssystem ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, ausgerichtet auf die nächsten 25 Jahre, gesichert. (Abg. Eder: Sie haben überhaupt keine Ahnung! Das ist nur Phrasendrescherei!)

Das alles haben Sie in der Zeit Ihrer Verantwortung bis zum Jahr 2000 unterlassen. Sie haben diese heißen Eisen nie angegriffen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.) Sie haben sich davor gedrückt, diese wirklich wichtigen Reformen in Österreich anzu­gehen.

Oder: Verwaltungsreform II, eine Reform, die zu großen Einsparungen geführt hat. Die­se Reform hat uns schlagkräftiger, dynamischer gemacht, was den Verwaltungsappa­rat betrifft. Das alles sind wichtige Maßnahmen gewesen!

Dazu kommen noch die Steuerreform 1 und 2, das Konjunkturpaket, das Wachstums- und Standortpaket – eine Fülle von Entlastungsmaßnahmen, die wichtig und richtig waren, um den Wirtschaftsstandort Österreich langfristig abzusichern, Arbeitsplätze zu schaffen und den Wohlstand in unserem Land zu sichern, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Letztendlich haben all diese Maßnahmen dazu geführt, dass Österreich heute zum viertreichsten Land in der Europäischen Union, dass Österreich zum siebtreichsten Land der Welt geworden ist, dass Österreich heute in der glücklichen Situation ist, die Steuer- und Abgabenquote weiter zu senken, was heißt, dass das Budget geordnet ist.


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Wir sind auf gutem Weg, bis zum Jahre 2008 eine Steuer- und Abgabenquote zu ha­ben, die unter 40 Prozent zu liegen kommen wird. Damit sind die wichtigsten Voraus­setzungen für die mittelständische Wirtschaft geschaffen, auch in Hinkunft mehr Spiel­raum für Expansion zu haben. Das sind auch wichtige Maßnahmen, um die Wettbe­werbsfähigkeit in Österreich weiter zu stärken, den Arbeitsmarkt zu entlasten, weitere Reformen anzugehen und durchzuführen, damit der Wirtschaftsstandort Österreich in Zukunft weiter expandieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind, was die Konzepte der SPÖ betrifft, völlig gegensätzlicher Meinung und Auffassung. Sie wollen die Steuern erhöhen. Sie wollen sogar Verwaltungsabgaben einführen. Sie wollen eine Vermögensbesteuerung einführen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) Sie wollen höhere Krankenversi­cherungsbeiträge einführen. Und Sie wollen die 35-Stunden-Woche einführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bekennen uns zu einem leistungsorien­tierten Sozialstaat Österreich – mit weniger Reglementierungen, mit niedrigeren Steu­ern, mit mehr Freiräumen für den Bürger und für die Wirtschaft, damit der Wirtschafts­standort Österreich auch in Hinkunft weiter expandieren kann. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

10.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult gelangt nun Herr Abgeordneter Öllinger. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.37.16

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, wer von Ihnen gestern die Möglichkeit hatte, sich die Sendung „Wiesner fragt“ anzuschauen. Dort war der Herr Haselsteiner zu Gast, und dieser hat einen Satz gesagt, bei dem ich fand, dass Herr Haselsteiner bemerkenswert offen seine Meinung gesagt hat. Auf die Frage: Ist die ÖVP eine Wirtschaftspartei?, hat sich nämlich der Herr Haselsteiner fast „zerkugelt“ und hat gesagt: Die ÖVP eine Wirtschaftspartei?, nein wirklich nicht, schon seit Jahren ist sie keine Wirtschaftspartei mehr! (Abg. Lentsch: Wer ist das?)

Jetzt kann man natürlich – so wie die ÖVP jetzt fast schon rituell (Abg. Lentsch: Die Grünen sind eine Wirtschaftspartei!) – protestieren und sagen: Na, wer ist denn schon der Herr Haselsteiner! (Abg. Dr. Stummvoll: Die Grünen sind eine Wirtschaftspartei!)

Aber ich sage Ihnen eines, Herr Stummvoll: Schauen wir uns zwei Bereiche an! Näm­lich: Ökowende, Energiewende, „Ökostrom-Vernichtungsgesetz“. (Abg. Freund: Solch ein Unsinn! 17 Millionen jährlich mehr!) – Vom wem stammt das? (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Freund.)

Spanien hatte gestern den höchsten Energieverbrauch – an einem für Spanien gar nicht so heißen Tag –, und zwar deswegen, weil alle Klimaanlagen Spaniens rotiert ha­ben. Und wenn ich mir ansehe, welche Chancen darin liegen, dass beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland genau für dieses Problem Patente entwickelt wer­den – die werden in Österreich nicht entwickelt, obwohl das Know-how auch hier vor­handen wäre –, dann frage ich mich: Wo bleibt denn da Ihre Zukunftsfähigkeit und Ihre Wirtschaftskraft, Ihre Wirtschaftskompetenz? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Es hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, doch glatt jemand von Ihnen behauptet, auch im Bildungsbereich seien wir Europameister oder Weltmeister oder was weiß ich. Das ist ja unglaublich! Man muss sich das einmal vorstellen.


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Herr Bundesminister, es gibt aus Ihrem Haus eine mittelfristige Beschäftigungsprogno­se für Österreich bis 2010. Was wird darin gefordert? – Wesentlich mehr hoch und höher qualifizierte Menschen, weil nur die eine Chance haben.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern an eine Debatte über eine Dringliche Anfrage, die die Grünen eingebracht haben, und zwar im Rahmen einer Sondersitzung zum Thema: Bildungsnotstand in Österreich. Damals waren Sie nicht da, Herr Bundesminister, obwohl Sie gut und gerne der Frau Bundesministerin Gehrer da etwas hätten sagen können.

Aber was ist da von Seiten der Regierungsparteien gekommen? – Ihr Grünen, ihr wollt immer nur noch mehr Maturanten und Akademiker! Das brauchen wir nicht! Wir brau­chen nicht mehr, wir haben genug! – Das war Ihre Antwort auf die drängenden Bil­dungsfragen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, es ist bezeichnend, wenn das als Antwort kommt, denn bis zuletzt, bis vor wenigen Monaten hätten Sie sich das noch nicht offen zu sagen getraut.

Es geht aber nicht nur darum, dass wir mehr gut qualifizierte Maturantinnen/Maturan­ten, Akademikerinnen/Akademiker brauchen, sondern es geht auch darum, dass Sie komplett versagen bei den Schwächsten in der Bildung, dass wir bei den Pflichtschul­absolventen bis zu 20 Prozent funktionelle Analphabeten haben, die nicht sinnerfas­send lesen können, nicht verstehen können. Sie zucken nur mit den Schultern und sa­gen: Na ja, mein Gott, das schaffen wir halt nicht!, und sind nicht bereit, Bildungsrefor­men durchzuführen, die notwendig wären, um diesen Schwächsten zu helfen.

Sie helfen nicht den Schwächsten, Sie helfen nicht den Besten, Sie helfen nieman­dem! – Das ist das, was im Bildungsbereich über zehn Jahre Gehrer’sche Schul- und sechs Jahre Gehrer’sche Universitätspolitik zu sagen ist. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Sie sitzen da und lächeln still. Das ist die Arroganz der Macht, dass Sie dem nichts an Argumenten entgegenzusetzen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Da ist die Rede – ich habe sehr genau zugehört, Herr Neugebauer – vom „Jahr der rei­chen Ernte“. (Abg. Lentsch: Hervorragend!) Ja, ein Jahr der Ernte für die Reichen war es, ein Jahr der Ernte für die Reichen war es tatsächlich! – Das höre ich von einem Gewerkschaftsvertreter, der den ÖGB der Zukunft verkörpern soll? Das ist doch ein Witz, Herr Neugebauer! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist ein Witz, Herr Neugebauer! Wo haben denn die Arbeitslosen etwas davon ge­habt? Der Reichtum steigt, das ist richtig, aber er steigt nicht so, dass alle etwas davon haben. Es steigen die Gewinne der großen Konzerne. Gut, aber was haben die Men­schen davon? Die Armut steigt auch! Die Arbeitslosigkeit hat sich nicht so sehr zum Positiven verändert, wie der Herr Bundesminister das gerne sagen möchte. Ein paar tausend Arbeitslose gibt es weniger, aber es bleiben immer noch genügend übrig!

Es gibt genügend Armut in diesem Land, es gibt genügend Menschen, die nicht von dem Wohlstandszuwachs profitieren. Und da haben Sie in diesen Jahren, für die Sie die Verantwortung tragen, komplett versagt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


10.42.49

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – keine Schlagworte, sondern das sind Realitäten in Österreich für alle Männer und Frauen!


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Ich zitiere aus der gestrigen „Wiener Zeitung“:

„Die heuer bereits einmal angehobene Wachstumsprognose von 2,6 Prozent ist der beste Wert seit sechs Jahren und trotzdem noch immer nicht das letzte Wort. Der EU-Durchschnitt wird damit bereits das vierte Jahr in Folge klar übertroffen.“

„... die österreichische Wirtschaft liegt heute in der Spitzengruppe der weltweiten Ein­kommenshierarchie so gut wie nie zuvor seit Maria Theresia.“

Oder weitere Zitate: „Stellenzugang im ersten Halbjahr erzielte neue Rekordmarke.“

„Wir spüren hier deutlich den breiten wirtschaftlichen Aufschwung.“

„Der Rückgang der Arbeitslosigkeit in Österreich beschleunigt sich weiter. Mit insge­samt 196 368 Jobsuchenden ging die Arbeitslosigkeit im Juni um 14 942 Personen oder 7,1 % gegenüber Juni des Vorjahres deutlich zurück.“

Das alles sind nicht Zitate aus der Regierungspresse, nein, das sind Zitate des AMS-Österreich. Wir sehen: Diese Bundesregierung leistet hervorragende Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Beispiele: eine Steuerreform mit über 3 Milliarden € an Entlastung, Karenzgeld für alle – die Zahl der Kindergeldbezieher in den letzten zwei Jahren hat sich mehr als verdoppelt –, Familienhospizkarenz, Erhöhung der Mindestpensionen um 100 € oder 30 Prozent Steigerung bei der Pendlerpauschale.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Die Stimmung bei den Menschen in unse­rem Land, in den Unternehmungen ist sehr, sehr gut. Es sind unsere Unternehmerin­nen und unsere Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen, die für Wachstum sorgen und damit den Wohlstand sichern. An dieser Stelle bedanke ich mich sehr, sehr herz­lich bei all unseren Unternehmerinnen und Unternehmern, die diese tägliche Heraus­forderung annehmen und mutig in die Zukunft gehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Dieser Mut, meine Damen und Herren von der SPÖ, scheint Ihnen abhanden gekom­men zu sein, denn Sie reden alles schlecht, Sie machen Angst, Sie schüren Neid. Ich nenne zwei Beispiele: Ihr Wirtschaftssprecher Matznetter spricht im Zusammenhang mit Körperschaftsteuersenkung und Gruppenbesteuerung von „Steuerraub“ und einer „Politik gegen Klein- und Mittelbetriebe“. – Genau das Gegenteil ist die Aussage! Viele Klein- und Mittelbetriebe profitieren von der Körperschaftsteuersenkung, denn 83 Pro­zent aller GesmbHs haben weniger als 20 Mitarbeiter.

Da Sie immer gegen die Großunternehmer wettern, möchte ich Ihnen Folgendes be­richten: Ich war vorige Woche im Zuge meiner laufenden Betriebsbesuche in meinem Heimatbezirk unterwegs. Ein Unternehmer, ein Elektriker, hat mir erklärt, zwei seiner Mitarbeiter könne er nur deshalb beschäftigen, weil sie ein ganzes Jahr in einem Groß­unternehmen beschäftigt sind. Oder: Der Nahversorger vor Ort, der dieses Großunter­nehmen jeden Tag beliefert, hat nur deshalb sein Auskommen. Der Wirt, der von der Firmenfeier bis zum Mittagsmenü tagtäglich in dieses Unternehmen liefert, ebenso. Können Sie sich eigentlich vorstellen, was das für eine Belebung, für eine Bereiche­rung für den Ort und für die Region bedeutet? 47 Großunternehmen in Österreich ar­beiten mit zirka 54 000 Zulieferbetrieben zusammen. Und diese Zulieferbetriebe würde es wahrscheinlich in diesem Ausmaß nicht geben, wenn es nicht diese Konzerne, diese Großbetriebe gäbe.

Sie von der Opposition schüren Neid – wir handeln für die Zukunft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


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Die Daten sprechen für unsere Politik. Mit mehr als 3,3 Millionen Beschäftigten haben in Österreich so viele Menschen Arbeit wie nie zuvor. Auch bei den Lehrlingen haben wir erfolgreiche Arbeit geleistet. In meinem Heimatbezirk Melk zum Beispiel gibt es seit dem Oktober des Vorjahres immer mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende.

Meine Damen und Herren, ich führe selbst ein Klein- und Mittelbetriebsunternehmen, daher kenne ich die Sorgen und Anliegen der Unternehmerinnen und Unternehmer und von deren Mitarbeitern. Viele meiner Kunden sind aus Deutschland. Und glauben Sie mir, die würden sich alle wünschen, es hätte Rot-Grün in Deutschland nie gegeben. Mittlerweile kommen sehr viele Deutsche nach Österreich zum Arbeiten.

Als Unternehmerin aus der Praxis kann ich Ihnen eines mitgeben: Wer nur mit sich selbst beschäftigt ist, wer intern streitet und mauert, kann weder einen Betrieb, ge­schweige denn ein Land erfolgreich führen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

10.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.48.03

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Bartenstein, bei Ihnen habe ich ein bisschen den Ein­druck gehabt, dass Sie die parlamentarische Aktuelle Stunde mit einer Märchenstunde verwechseln. Anders kann ich mir Ihre Zahlenspiele, die Sie hier von sich gegeben haben, nicht erklären. Das Einzige, was Sie heute mit Ihren Ausführungen erreicht ha­ben: Sie sind Ihrem Ruf gerecht geworden, nämlich dass Sie zu den unbeliebtesten und abgehobensten Regierungsmitgliedern gehören; und zwar auch deshalb, weil – wie viele Fernsehzuseher miterlebt haben – Sie etwa bei Fragen betreffend die Arbeits­losigkeit, bei Fragen betreffend die Armut in Österreich hier auf dieser Regierungsbank nichts anderes tun, als permanent zynisch zu lächeln. Damit werden Sie Ihrem Ruf nur gerecht, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Was glauben Sie, wer Sie sind, Frau Kollegin!)

Ich bin sehr stolz auf dieses Land, und ich bin auch sehr stolz darauf, dass ich in einem Land leben kann, das ohne Zweifel zu einem der reichsten Länder der Welt gehört. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir gehören deshalb zu einem der reichsten Länder der Welt, weil wir so viele fleißige Arbeiterinnen und Arbeiter, weil wir so viele fleißige Beschäftigte in Österreich haben – und nicht wegen Ihnen! Wegen der fleißigen Beschäftigten sind wir ein reiches Land. Das, was Sie machen, ist das Gegenteil. Sie sorgen nämlich dafür, dass viele Menschen in unserem Land es immer schwerer haben, immer weniger zum Leben haben und es für sie immer schwieriger wird, ihre Lebenssituation zu meistern. Es ist das Verdienst der Österreicherinnen und Österreicher, dass wir in einem reichen Land leben, nicht Ihres! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Bartenstein, es stimmt, die Wirtschaft wächst, aber die Frage, die sich stellt, ist: Was haben die Menschen davon? – Die Arbeitslosigkeit sinkt nicht, sie steigt! Sie verstecken die Menschen in manchmal haarsträubenden Kursen. Es gibt 60-jährige Bauarbeiter, die von Ihnen in Englisch-Kurse geschickt werden. (Abg. Neu­deck: Und Sie schieben Sie in Russisch-Kurse!) Das ist die Realität, Ihre Zahlenspiele nimmt Ihnen niemand ab! Wir haben leider einen Rekordwert bei der Arbeitslosigkeit erreicht, den Sie politisch zu verantworten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Alle Österreicherinnen und Österreicher arbeiten daran, dass es mehr Wohlstand gibt. – Ihre Politik sorgt aber dafür, dass nur ganz wenige von diesem Wohlstand profi­tieren, dass nicht alle etwas davon haben. Das ist Ihre Politik! In den letzten Jahren


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sind einige wenige Reiche reicher geworden, aber viele arme Menschen sind in Öster­reich leider ärmer geworden. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Barten­stein.)

Ich bin schon verwundert, Herr Bundesminister, dass Sie nur lächeln, wenn wir darüber reden, dass wir in einem Land leben, wo 50 000 junge Menschen keinen Job haben. 50 000 junge Menschen unter 24 Jahre haben keinen Job – und Sie sind nicht bereit, entsprechende Maßnahmen zu setzen!

Wir haben eine halbe Million Menschen in Österreich, die in akuter Armut leben. Sie können sich gar nicht vorstellen, was das bedeutet, mit 500 € im Monat das Auslangen zu finden. Eine halbe Million Menschen lebt in akuter Armut, und das haben Sie zu ver­antworten! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben 250 000 Menschen, die jeden Tag in die Arbeit gehen, die aber so wenig verdienen, dass sie davon nicht leben können. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist in Ihrer Regierungszeit um 41 Prozent gestiegen. 41 Prozent mehr Menschen sind auf Sozialhilfe angewiesen! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Ich weiß, dass Sie das nicht hören wollen, weil das Ihre traurige Bilanz ist. Weil das die Schadensbilanz ist, die Sie politisch zu verantworten haben, deshalb wollen Sie das nicht hören, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Die Menschen spüren, dass durch Ihre Politik in den letzten Jahren Fairness abhanden gekommen ist, dass es ein soziales Ungleichgewicht in unserem Land gibt, dass es zwar mehr Dollarmillionäre gibt, aber immer mehr Menschen, die sich hier in diesem Land nichts mehr leisten können, keinen Job finden. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie gehören dazu, Herr Bundesminister, Sie sind die Profiteure Ihrer Politik, aber die Menschen draußen haben leider nichts da­von, und das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)

Ich sage Ihnen, was uns von Ihnen so unterscheidbar macht: Für uns Sozialdemokra­ten ist das Wichtigste, dass die Arbeitslosigkeit in unserem Land bekämpft wird, dass man nicht tatenlos zusieht, wie immer mehr Menschen keinen Job haben. Für uns ist am wichtigsten, dass Menschen, die Arbeit haben, auch so viel verdienen, dass sie von dieser Arbeit leben können. Für uns ist wichtig, dass man, wenn man ein Leben lang hart gearbeitet hat, dann eine Pension bekommt, von der man auch leben kann.

Dafür werden wir eintreten, und daher sage ich Ihnen, Herr Bundesminister: In Zukunft wird es in Österreich zum Glück wieder mehr soziale Verantwortung und mehr Fair­ness geben! (Beifall bei der SPÖ.)

10.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Walch ans Red­nerpult. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.

 


10.53.24

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! (Unruhe bei der SPÖ.) – Nur keine Aufregung, ihr kommt schon dran!

Kollegin Bures, Kollege Matznetter! Es ist schon interessant, dass ihr hier so tut, als ob ihr eine Wirtschaftspartei wärt; Kollegin Bures hat jetzt sowieso den Vogel abgeschos­sen. Wisst ihr, was ihr für eine Partei seid? Ihr seid eine Penthouse-Partei, eine Privi­legienpartei, eine Doppelte-Abfertigung-Partei und eine Spekulationspartei – alles auf Kosten der österreichischen Steuerzahler, auf Kosten der Gewerkschaftsmitglieder und auf Kosten von Arbeitsplätzen von BAWAG- und ÖGB-Mitarbeitern! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)


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Wenn Sie, Kollege Matznetter, hier behaupten, wie gut die Sozialdemokraten wirtschaf­ten, dann würde ich Sie ersuchen, sich einmal die Politik von Ihrem Kollegen Häupl in Wien anzuschauen. Ich habe soeben Unterlagen bekommen: In den letzten fünf Jah­ren gab es 47 Gebühren- und Steuererhöhungen in der Gemeinde Wien! Mir ist leid um die Zeit, dies genauer auszuführen, daher nur so viel: Im Jahr 2005 wurde in Wien unter SPÖ-Führung die Kanalgebühr ab 1. März um 28 Prozent erhöht. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Die Wienerinnen und Wiener wissen, was ihnen ins Haus steht. Ihr (in Rich­tung SPÖ) sorgt für Armut und für Ausbeutung der Bevölkerung! (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Diese Regierung hat es geschafft – trotz Übernahme eines Schuldenberges, erwirt­schaftet von SPÖ-Kanzlern, von SPÖ-Sozialministern, 174 Milliarden € Schulden; trotz einer total abgewirtschafteten Verstaatlichten mit Milliardenabgängen, über 60 000 Mit­arbeiter in der Verstaatlichten haben ihren Arbeitsplatz verloren! –, wir haben es ge­schafft, wieder einen Aufschwung und vieles mehr zu erreichen.

Die Arbeitslosenzahl in Österreich hat sich um mehr als 7 Prozent reduziert, und das ist erfreulich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Seien Sie nicht so nervös! Wer schreit, hat Unrecht.

Um mehr als 7 Prozent ist die Arbeitslosenzahl gesunken. Die Regierung kann nur Rahmenbedingungen schaffen, und sie hat viele Rahmenbedingungen gesetzt, um die Wirtschaft entsprechend anzukurbeln, um die Arbeitsplätze zu sichern und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Ihr müsstet eigentlich sagen: Danke schön, dass ihr vom BZÖ und von der ÖVP einmal Regierungsverantwortung übernommen habt, damit es in Österreich wieder bergauf geht! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Zusätzlich – zusätzlich! – 114 000 Arbeitsplätze haben wir seit 2002 geschaffen, und dafür muss man viele Maßnahmen setzen. Mehrere Konjunkturpakete zum Beispiel, Investitionen in die Infrastruktur: bis 2012 über 30 Milliarden; Qualifizierungs- und Be­schäftigungsoffensive: 285 Millionen seit 1. Jänner 2006 – die positiven Auswirkungen haben sich gezeigt –, 6,9 Millionen € zusätzlich für AMS, Schwerpunkt Pflege und Gesundheit, 101 Millionen € für den Schwerpunkt Frauen, 157,4 Millionen € für den Schwerpunkt Jugendliche/Beschäftigung. Die Erfolge haben sich eingestellt.

Zusätzlich haben wir noch für den Kombilohn 18,8 Millionen € bereitgestellt. Wir haben ein Betrugsbekämpfungsgesetz beschlossen, damit der Schwarzarbeit Einhalt geboten werden kann. Wir haben das schärfste Asylgesetz und – das Beste! – die größte Steu­erreform der Zweiten Republik umgesetzt; mehr als 3 Milliarden € an Entlastung! (Abg. Öllinger: Für wen?) Hälfte Arbeitgeber, Hälfte Arbeitnehmer. – Das ist Wirtschaftspoli­tik, das ist Arbeitnehmerpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ich müsste mindestens zwei Stunden oder länger hier am Rednerpult stehen, damit ich all die Erfolge, die wir erzielt haben und die ihr 30 Jahre lang verschlafen habt, aufzäh­len kann: Abfertigung neu, Angleichung Arbeiter/Angestellte, Erhöhung des Alleinver­dienerabsetzbetrages, Bildungsoffensive, Erhöhung der Pendlerpauschale, Familien­leistungen, Kindergeld, Pensionssicherungsreform – obwohl ihr immer so sehr dage­gen angeht, das ist eine Reform!

Wir haben eure Privilegien abgeschafft! Was habt ihr gemacht? Dort, wo die SPÖ das Sagen hat, wo die SPÖ wirklich involviert ist, gibt es nur Skandale, siehe ÖGB-BAWAG-Skandal. Eines muss ich euch sagen: Was dort passiert ist – von SPÖ-Mit­gliedern verursacht –, ist unverantwortlich! Penthouse-Politik, Abfertigungspolitik – un­verantwortlich! 6 000 BAWAG-Mitarbeiter zittern um ihren Arbeitsplatz, 2 000 ÖGB-Mit­arbeiter zittern um ihren Arbeitsplatz. Jetzt muss eine Reform durchgezogen werden.


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Unerhört finde ich, dass die SPÖ bei ihren Mitgliedern tatenlos zusieht. Jetzt haben Sie wieder – Sie lernen nicht dazu – ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): ... 11 000 € Einkommen.

Wir sichern den Standort Österreich, wir schaffen Wachstum, wir sichern die Arbeits­plätze! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

10.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger ans Rednerpult. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


10.59.07

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Herr Minister Bartenstein, es ist vielleicht nicht überraschend, dass Sie eine Gelegenheit wie diese nutzen, um Ihre Wahlkampfsprüche praktisch auszuprobie­ren. Wohl doch ein bisserl überraschend ist, dass Sie das mit einem fast schon johlen­den Unterton tun und dass Sie nur das gemacht haben und nicht näher auf das Thema eingegangen sind. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist vielleicht auch nicht so rasend überraschend, dass Sie schönreden und schön­färben und das präsentieren, wo wir angeblich Weltmeister, Europameister und ich weiß nicht, was noch alles, sind. Aber dass Sie so kalt lächelnd alle Verweise auf Armut und Arbeitslosigkeit in diesem Land mit Belustigung wegschieben, ist überra­schend. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist vielleicht auch nicht überraschend, dass Ihre Wertschätzung für dieses Hohe Haus, insbesondere für Abgeordnete der Opposition nicht besonders groß ist, aber dass Sie von Ihrer Regierungsbank aus einem frei gewählten Abgeordneten dieses Hauses herablassend erklären: „Lassen Sie daher Ihre Zwischenrufe, denn diese sind unwichtig, wie immer!“, spricht nicht für Sie! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie es ihm aber hineingesagt! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zum Thema, denn eigentlich wollten Sie doch über Arbeit, Wachstum und Wohlstand in diesem Land diskutieren. Welches Wachstum meinen Sie denn da konkret? Das, wo wir ein bisschen mitgeschwommen sind und nicht ganz im Schlussfeld liegen, wie schon Vorredner ausgeführt haben? Das, wo wir neue Marktchancen, wo Österreich eine Pionier- und eine Vorreiterrolle haben könnte, das Sie aber jetzt jahrelang ver­schlafen haben? – In der Umwelttechnologie, im Energiebereich: ein boomender Markt, Zuwachsraten von 20, 30, 40 Prozent! Und was machen Sie? – Sie beschließen ein Gesetz im Energiebereich, das man nur als Umweltzerstörungsgesetz bezeichnen kann, das diesen Markt einbremst auf niedrigstem Niveau. Das ist Ihre Wachstumspo­litik! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie reden von mehr Arbeit, Sie haben auch schöne Zahlen präsentiert, nämlich wie viele Beschäftigte mehr es gibt, Sie haben allerdings ein kleines Detail vergessen, Herr Minister: Es sind leider keine Vollzeitjobs! Wir haben mehr Beschäftigte, weil wir mehr geringfügig Beschäftigte haben (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Barten­stein), mehr Teilzeitbeschäftigte, mehr prekär Beschäftigte, und damit haben wir mehr Beschäftigte, die von ihrem Einkommen aus ihrer eigenen Arbeit nicht leben können. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Bezogen auf Vollzeitjobs ist in Österreich – Angaben des Wirtschaftsforschungsinsti­tuts; das werden Sie vielleicht kennen – die Beschäftigung in den letzten Jahren real


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zurückgegangen. Für die Frauen schaut es besonders triste aus: Seit Bundeskanzler Schüssel im Jahr 2000 die Regierung übernommen hat, sind an jedem einzelnen Tag 18 Frauen zusätzlich arbeitslos geworden. Herzlichen Dank, Herr Bundeskanzler! – Die Frauen in Österreich brauchen wirklich eine andere Politik, nicht jene, die Sie betrei­ben, nämlich: Ist uns Wurscht. Im schlimmsten Fall bekommen sie irgendwo einen net­ten Kurs, auf den sie monatelang warten dürfen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Und schließlich: mehr Wohlstand – haben Sie selbst angeführt. Komisch: Wenn ich draußen mit Leuten rede, so stelle ich fest, es haben die wenigsten das Gefühl, in den letzten Jahren reicher geworden zu sein. Allerdings rede ich auch nicht mit Leuten, die ein Unternehmen führen, wie Sie, Herr Minister Bartenstein, eines führen, oder wie sie in der Industriellenvereinigung vielleicht vertreten sind, die offensichtlich Gewerkschaf­ter Neugebauer neuerdings vertritt. Ich rede mit ganz normalen Leuten, und die haben unter der Pensionskürzung und unter den Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich zu leiden, sie klagen über Ihr Totsparen des Bildungssystems, wo die Zukunft der nächs­ten Generationen entschieden wird und wo Sie hineinfahren mit verzopfter Bildungs­politik aus Bestemm, vor allem aber mit einer Sparpolitik, die weder nachhaltig noch besonders intelligent ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Zeche für Ihre Politik zahlen damit jene Menschen, um die es geht, die die Mehr­heit in unserem Land ausmachen: die Jugendlichen, die Frauen und jene, die in Armutsgefährdung leben. Darauf vergessen Sie ja tunlichst! Sie finden es zwar recht lustig hier auf der Regierungsbank, wenn Sie sich selbst beweihräuchern, aber die vie­len Menschen, vor allem die vielen Frauen, die in Österreich in Armut oder in Armuts­gefährdung leben, und die vielen jungen Leute, die keinen Job, keine Lehrstelle finden, keine Perspektiven haben, warten sehnsüchtig auf eine andere Variante (Abg. Ellmau­er: Wie in Deutschland! Rot-Grün ...!), auf eine andere Politik und hoffentlich auf eine andere Regierung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Aktuelle Stunde ist daher geschlossen.

11.04.42Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zur Einwendungsdebatte, näm­lich über jene Einwendungen, die nunmehr schriftlich von Abgeordnetem Dr. Peter Pilz formuliert wurden. Er beantragt, den Tagesordnungspunkt 20 der ausgegebenen Ta­gesordnung vorzureihen und als Tagesordnungspunkt 2 zu behandeln.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, daher entscheidet das Hohe Haus.

Vor der Abstimmung kommt jede Fraktion mit einer Wortmeldung von 4 Minuten ans Rednerpult.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich der Antragsteller, Abgeordneter Dr. Pilz. – Sie sind am Wort, Herr Kollege. 4 Minuten.

 


11.04.45

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Es gibt ein lange und gut geübtes Prinzip bei der Erstellung der Tagesord­nung für eine Sitzung des österreichischen Nationalrates, und dieses Prinzip heißt: Das Wichtigste zuerst!

Wir werden heute mit einer Debatte über Europa beginnen, und dann kommt als Punkt 2 der Tagesordnung – das Wichtigste zuerst! –: das Bilanzbuchhaltungsgesetz


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(Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein wichtiger Antrag!), die Zukunft der Bilanzbuchhaltung. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Ja, ich weiß, dass das dem BZÖ besonders wichtig ist (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist wichtig!) – das wird auch ein Grund dafür sein, warum das BZÖ dem nächsten Nati­onalrat wahrscheinlich nicht mehr angehören wird; aber das ist ein völlig anderes The­ma. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie nicht mehr! Wir wünschen uns nur, dass Sie nicht mehr ...!)

Meine Damen und Herren! Punkt 20 der Tagesordnung betrifft die Zukunft des ORF. Jeder Mensch in Österreich – und ich glaube, auch eine große Mehrheit der Abgeord­neten dieses Hauses, wenn sie frei entscheiden könnten – würde selbstverständlich sagen: Die Zukunft des ORF ist uns wichtiger als die Zukunft der Bilanzbuchhaltung. Trotzdem hat die ÖVP beschlossen: Die Frage der Zukunft des ORF darf erst spät, gegen Mitternacht, in diesem Haus diskutiert werden. Dann, wenn die Menschen Zeit haben, zuzuhören und wenn es noch Medieninteresse geben könnte, muss anstelle der Zukunft des ORF die Zukunft der Bilanzbuchhaltung besprochen werden!

Das ist gelebtes ÖVP-Hohes-Haus, das ist die Ausübung der Mehrheit durch Klubob­mann Molterer im Sinne der ÖVP, nicht im Sinne des Hauses – des Klubobmannes, der auch die Fäden zieht, wenn es um den Missbrauch der Macht der ÖVP im ORF-Stiftungsrat geht.

Wir haben es heute mit einem doppelten Machtmissbrauch zu tun: dem Machtmiss­brauch der ÖVP im ORF und dem Missbrauch der ÖVP-Macht hier im Hohen Haus.

Deswegen wollen wir, weil wir erstmals die Gelegenheit haben, dass die Anwesenheit des Bundeskanzlers, der nicht nur der Nutznießer, sondern auch der politisch Verant­wortliche des Missbrauchs des ORF für ÖVP-Parteifernsehen ist (Abg. Dr. Rasinger: Unglaublich!), dazu genutzt wird, ihm Fragen zu stellen, ihn vor allem einmal zu fragen: Herr Bundeskanzler, warum sind Sie bereit, die wirtschaftliche Substanz des ORF, sein größtes Kapital, das Vertrauen der Zuseherinnen und Zuseher, seine journalistische Glaubwürdigkeit, seine kulturellen Stärken aufs Spiel zu setzen, nur damit die ÖVP ein paar Pluspunkte für die Nationalratswahlen bekommt? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In der letzten Debatte, in der Sondersitzung zum ORF, Herr Bundeskanzler, haben Sie den Kulturstaatssekretär als Ersatz ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, es geht um die Frage, an welcher Stelle der Tagesordnung dieses Gesetz sein sollte! (Abg. Dr. Pilz: Richtig, Herr Präsi­dent!) Es geht nicht um die letzte Kulturdebatte.

Ich rufe Sie das erste Mal zur Sache.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie sehr klar zu erkennen geben, in welchem Interesse Sie hier den Vorsitz führen. Ich fahre fort und begründe weiter. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Es ist, Herr Präsident, nicht unerheblich, ob der Bundeskanzler an einer derart wichti­gen Debatte teilnimmt! Es ist vielleicht für die ÖVP unangenehm, wenn sich der Bun­deskanzler erstmals persönlich anhören muss, was wir von seiner persönlichen Verant­wortung für den politischen Missbrauch des ORF halten, aber es ist selbstverständlich das Recht nicht nur einer politischen Fraktion und eines Klubs, sondern des gesamten Nationalrates, endlich die politische Rechtfertigung des einzig Verantwortlichen für die Missstände im ORF, nämlich des Bundeskanzlers zu hören. (Abg. Großruck: Zurück auf den billigen Platz!)


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Der Bundeskanzler ist bereit, sich zu allem zu erklären (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), nur bei einem verschwindet er regelmäßig aus dem Plenum, nämlich bei der Frage ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): ..., bei der Frage: Warum missbraucht die ÖVP ihre Macht im ORF, im Nationalrat und überall, wo sie etwas zu sagen hat?

Und das, Herr Präsident, wollen wir heute als Tagesordnungspunkt 2 hier im Lichte des Nationalrates zu rechtschaffener Zeit diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Auch er spricht 4 Minuten zur Einwendung gegen die Tagesordnung.

 


11.09.31

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Gespannt warten die Österreicherin­nen und Österreicher auf die Erklärung des Bundeskanzlers zur so erfolgreichen EU-Präsidentschaft. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) – Europa hat ge­wonnen, Europa ist nach vorwärts gebracht, und das Ansehen Österreichs ist gestei­gert. Das ist das, was wir heute hier gemeinsam mit Ihnen, meine Damen und Herren, diskutieren wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Pilz, Sie erheben Einwendungen gegen die Tagesordnung und begrün­den dies damit, dass es auf der Tagesordnung viele Dinge gibt, die nicht wichtig seien. – Ist Ihnen beispielsweise das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nicht wichtig? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Es geht um das Bilanzbuchhaltungsgesetz!) Ist Ihnen bei­spielsweise das Arbeitsverfassungsgesetz nicht wichtig? – Das ist auf der Tagesord­nung!

Ist Ihnen das Landarbeitsgesetz nicht wichtig? (Abg. Öllinger: Sie wissen ja gar nicht, was da besprochen wird!) Ist Ihnen beispielsweise, Herr Kollege Öllinger, die Mitar­beitervorsorgekasse nicht wichtig? (Abg. Öllinger: Sie wissen ja gar nicht, was da drinnen ist!) Ist Ihnen beispielsweise das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 nicht wichtig? Ist Ihnen das Konsulargebührengesetz nicht wichtig? (Abg. Öllinger: O ja, das ist ganz wichtig!) Ist Ihnen, Herr Kollege Öllinger, Herr Kollege Van der Bellen, etwa die Frage Beseitigung von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit nicht wich­tig? Ist Ihnen beispielsweise Verbraucherbehörden-Kooperation nicht wichtig? (Abg. Mag. Kogler: Sie können sogar die Tagesordnung scheinheilig vortragen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, damit haben Sie sich ziemlich ent­larvt. Ihre eigentliche Absicht besteht doch darin, das, was Ihnen bei der Sondersit­zung, die wir zu diesem Thema vergangene Woche, glaube ich, gehabt haben, nicht gelungen ist, heute noch einmal zu versuchen. (Abg. Mag. Kogler: Scheinheiligkeit ...!) Ihre Strategie geht doch ausschließlich dahin, Druck auf den ORF und seine unabhän­gigen Mitarbeiter auszuüben, meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bin, als ich das in der Präsidiale vorgeschlagen habe, bereit gewesen (Abg. Öllin­ger: Das ist ja Scheinheiligkeit zum Quadrat!), diesen Punkt etwas weiter vorne auf die Tagesordnung zu setzen – Kollege Schieder wird bestätigen, dass das mein Angebot gewesen ist. Das ist aber an dem Justament-Standpunkt der Grünen gescheitert.

Ihre wahre Absicht ist: Ihnen ist Europa nicht wichtig genug, Sie wollen Ihre Parteitaktik zu Lasten des ORF und zu Lasten der Europa-Debatte einsetzen. Wir werden daher


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diesem Einwendungsantrag selbstverständlich nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Da war ja der Neugebauer noch besser als der Molterer!)

11.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet in der Debatte be­treffend Einwendungen gegen die Tagesordnung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap. Auch er spricht 4 Minuten. – Bitte.

 


11.12.21

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Man muss verstehen: Knisternde Spannung auf der Regierungsbank, die Regierungsmitglieder wollen endlich wieder einmal dem Bun­deskanzler lauschen – man sieht ihn ja so selten bei den Regierungssitzungen. Der Klubobmann ist schon ganz aufgeregt: Was wird uns der Bundeskanzler heute sagen über die Ratspräsidentschaft? – Und jetzt plötzlich eine Debatte über die Tagesord­nung!

Und da, muss ich sagen, ist die ÖVP schlecht beraten, und sie hat sich in Wirklichkeit verraten, denn als allerletzten Punkt den ORF anzusetzen – Behandlung quasi um Mitternacht –, das ist natürlich verräterisch! Welcher Gedanke ist da dahinter, Herr Klubobmann Molterer? Was wollen Sie vor der Öffentlichkeit verbergen, dass diese Debatte über den ORF zu so später Stunde stattfinden soll? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wenn keine Dringliche kommt, ist das nicht so spät!)

Worum wird es in dieser Debatte gehen? – Es wird um die Fragen gehen: geheime Abstimmung bei der Wahl des Generaldirektors und ob es ein öffentliches Hearing gibt. Und diese Fragen sollen nach Ihrem Willen nicht zu einer Zeit behandelt werden, zu der das von der Öffentlichkeit noch registriert wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es wurde eine ganze Sondersitzung zu diesem Thema gemacht!) Es gibt hier anscheinend etwas zu verbergen. Zu verbergen gibt es die Tatsache (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bei der BAWAG gibt es etwas zu verbergen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist Ihre Strategie, etwas zu verbergen!), dass die ÖVP Druck auf den ORF ausüben möchte, dass sie dort ihre Macht verwirklicht sehen möchte und dass sie mit dem Wahlkampfleiter Wer­ner Mück, der für den gesamten Informationsbereich zuständig ist, ihren Wahlkampf über den ORF unterstützen möchte. (Abg. Mag. Molterer: Warum hat die SPÖ der Ta­gesordnung zugestimmt?!) Das ist die Wahrheit, und die ÖVP möchte nicht, dass das der Öffentlichkeit nachdrücklich bekannt gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Die SPÖ hat der Tagesordnung zugestimmt!)

Aber jetzt einen Tagesordnungspunkt gegen den anderen auszuspielen, das ist ja nicht die Frage. Kogler hat angefangen mit der Bilanzbuchhaltung, Sie, Kollege Molterer, ha­ben fortgesetzt mit anderen Tagesordnungspunkten. (Abg. Mag. Molterer: Alles wich­tig!) Es sind alle Tagesordnungspunkte wichtig, sonst wären sie ja nicht auf der Tages­ordnung – ist ja logisch. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Aber es steht dahinter auch eine Philosophie – das haben Sie damit dargestellt. Wenn Sie ein bisschen intelli­genter gewesen wären – um jetzt einmal in Ihren Ganglien zu denken –, hätten Sie es halt als 10.  oder 12. Punkt auf die Tagesordnung gestellt. (Abg. Mag. Molterer: War mein Vorschlag! War mein Vorschlag!) Nein, strafversetzt als 20. Punkt, weil die Grü­nen eine Sondersitzung zur Situation im ORF verlangt haben. Das ist die Wahrheit: Eine Strafexpedition ist das. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wollen Sie am Abend nicht mehr arbeiten?) Gerade noch als 20. Punkt. Eigentlich hätten Sie es am liebsten nach Mitternacht angesetzt, wenn überhaupt niemand mehr hier ist (Abg. Mag. Wurm: Schwarze Pädagogik!), weil Sie diese Debatte hier nicht wollen – und das ist das Ver­räterische. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Aber wir sollten das jetzt nicht auf die Klubleitung der ÖVP und des BZÖ reduzieren, denn der wirkliche „Abnicker“ dieser Vorgangsweise ist natürlich der Herr Bundeskanz­ler. Wir alle wissen ja: In der ÖVP geschieht nichts, ohne dass er es „abnickt“! (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Ich bin überzeugt davon, dass er heute, wenn er seine Erklärung abhalten will, wo alle seine Regierungsmitglieder schon brav angetreten sind (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Un­sere? Das sind ja auch Ihre Regierungsmitglieder, Herr Dr. Cap!), um dem andächtig zu lauschen, davon nicht gestört werden wollte, dass sich der 2. Tagesordnungspunkt mit dem ORF beschäftigt. Das ist der Hintergrund.

Sehen wir es, wie es ist: Der Herr Bundeskanzler wollte, dass es gegen Mitternacht stattfindet, denn ihm gefällt es, wie es im ORF ist – das verstehe ich schon. Er ist ja faktisch schon im ORF drinnen, bevor er überhaupt noch aufgenommen wird. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner in dieser Einwendungsdebatte tritt Herr Abgeordneter Scheibner ans Rednerpult. Auch er spricht 4 Minuten, und dann stimmen wir ab. – Bitte.

 


11.16.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Cap, wie haben Sie gesagt? – Eine „Strafexpedition“ ist es (Abg. Mag. Wurm: Schwar­ze Pädagogik!), dass das ORF-Gesetz als Punkt 20 auf der Tagesordnung steht.

Also: Strafexpedition. Was haben Sie noch alles gesagt? – Vertuschungsaktion, und so weiter. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) – Schon merkwürdig, diese Ein­schätzung des Kollegen Cap, denn die SPÖ hat dieser Reihung der Tagesordnung im Rundlauf der Klubdirektoren zugestimmt! (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitli­chen – BZÖ.) Herr Kollege Cap, na selbstverständlich. Und unser gemeinsamer Vor­schlag war es dann noch, diesen Punkt auf der Tagesordnung vorzureihen, als Punkt 8, dann hätte diese Debatte um 14 Uhr oder 15 Uhr stattgefunden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja ungeheuerlich!)

Es geht dabei, das muss man sagen, um eine Debatte nicht betreffend die Zukunft des ORF, sondern betreffend den Modus der Wahl der Generaldirektorin im ORF. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Was sucht die Bilanzbuchhaltung auf Platz zwei?!) Ich glaube nicht, dass die Zukunft des ORF davon abhängig ist, ob sich die Generaldirektorin einem Hearing stellen muss oder nicht! Bleiben wir auch hier bei der Wahrheit. Sie wollen halt hier ein Schauspiel inszenieren – das ist doch die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Man muss sich ja wirklich bei den Fernsehzuschauern dafür entschuldigen, dass sich dieses Schauspiel jetzt in der Live-Übertragung abspielt und wir nicht jetzt schon über die wichtige Frage der EU-Präsidentschaft diskutieren können. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Ja, ich entschuldige mich dafür. Denn genau das sind die Punkte, die das Ansehen der Politik reduzieren, dass hier Geschäftsordnungsdebatten abgehalten werden, um Ihr Politschauspiel auch noch ins Fernsehen zu bringen! Das ist die Realität, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Es hat eine eigene Sondersitzung genau zu diesem Punkt, zum ORF, gegeben, in der wir darüber diskutiert haben und die drei Stunden lang live im Fernsehen übertragen wurde.


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Was ist denn der wahre Hintergrund dafür, dass man sich fürchtet, dass ein Tages­ordnungspunkt ein bisschen später behandelt wird (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Weil sie heimgehen!) – nicht um Mitternacht, sondern um 15 Uhr oder 16 Uhr? Wir wissen es ja, aber der Fernsehzuschauer ist dann nicht mehr dabei, weil die Kameras abgeschal­tet sind, wir wissen es ja, dass ab 14 Uhr, 15 Uhr vor allem die Grünen, aber zum Teil auch Sozialdemokraten nach Hause gehen und daher am Abend niemand mehr hier ist zum Debattieren. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Ja, das ist die Realität: Zwei Drittel Ihrer Abgeordneten, meine Damen und Herren von den Grünen, fehlen am Abend, denn Sie sind ja Fernsehpolitiker und keine Abgeordne­ten hier im Hohen Haus! Und dieser Taktik werden wir nicht nachkommen! (Anhalten­der lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

11.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen, das heißt, dass Punkt 20 zu Punkt 2 der Tagesordnung wird, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit. (Abg. Neudeck: Die SPÖ stimmt gegen sich! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Damit bleibt es bei der ausgegebenen Tagesordnung für die heutige Sitzung.

Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt eine Reihe von geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen zu machen und bitte um Ihre Aufmerksamkeit.

11.19.39Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und der entsprechenden Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4469/J bis 4561/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 53/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 4140/AB bis 4188/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 49/ABPR.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiati­ven an andere Ausschüsse:

Umweltausschuss:

Petition Nr. 86 betreffend „Umwidmung des Gebietes um den Khleslplatz in ein Nah­erholungsgebiet (Stadturwald)“, überreicht von der Abgeordneten Christine Marek;


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Verkehrsausschuss:

Petition Nr. 92 betreffend „Sicher zur Schule“, überreicht vom Abgeordneten Erwin Spindelberger,

Bürgerinitiative Nr. 30 betreffend "Sicher zur Schule – Ein Sitzplatz und ein Gurt für jedes Kind im Kindergarten- und Schulbus".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 852/A (E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Personalentscheidungen der Bundesregierung;

Gesundheitsausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Kran­kenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz ge­ändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006) (1621 d.B.),

Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Er­richtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufge­hoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1622 d.B.);

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag 851/A (E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Gender Medicine“;

Justizausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsge­setz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnüt­zigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1623 d.B.);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsge­setz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006) (1624 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer "Brenner Basis­tunnel Aktiengesellschaft" geändert werden (1625 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verkehrsausschuss:

Tätigkeitsbericht der Bundesanstalt für Verkehr für das Jahr 2005, vorgelegt vom Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-231 d.B.).

*****


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Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der grüne Klub hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäfts­ordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 853/A (E) der Abgeordneten Mag. Stoi­sits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafel-Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes dringlich zu behandeln.

Der Dringliche Antrag wird um 15 Uhr behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4000/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass gemäß § 92 der Geschäftsordnung das Verlangen der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4000/AB der Anfra­ge 4054/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser betreffend Forschung zu – insbeson­dere auch nichtthermischen – Auswirkungen des Mobilfunks durch den Herrn Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie abzuhalten.

Die kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledigung des Dringlichen Antrages statt.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich nun auch mit, dass sieben Fristsetzungsanträge vorliegen. Alle diese Fristsetzungsanträge sind von den Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner eingebracht worden. In keinem Fall wurde eine Debatte verlangt. Ich gebe sie jetzt in der Reihenfolge bekannt.

Die Abstimmung über diese Anträge in der von mir jetzt bekannt gegebenen Reihen­folge findet nach Ende der Verhandlungen dieser Sitzung statt.

Erster Antrag zur Fristsetzung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 betreffend das Gesundheitsrechtsänderungsgesetz.

Zweitens: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nati­onalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben wird.

Dritte Fristsetzung: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend die Wohnrechtsnovelle 2006.

Weitere Fristsetzung zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend Was­serrechtsgesetznovelle 2006.

Weiters der Antrag, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem unter anderem das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert wird, eine Frist zu setzen.

Schließlich der Antrag, dem Verfassungsausschuss eine Frist zur Berichterstattung über den Antrag 848/A der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend das Volksgruppengesetz zu setzen.


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Weiters der Antrag, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 849/A der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Volksgruppengesetz eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Also alles Fristsetzungsanträge gegen Einsprüche des Bundesrates beziehungsweise Fristsetzungen bis 13. Juli 2006 für zwei Anträge betreffend das Volksgruppengesetz.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 5 und 6, 8 bis 14 und 16 bis 18 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt:

Es gibt eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“, ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitliche – BZÖ 108 Minuten sowie Grüne 117 Minuten.

Bis 13 Uhr ist folgende Redezeitvereinbarung getroffen: Der Herr Bundeskanzler gibt seine Erklärung ab mit 20 Minuten, dann ein Regierungsmitglied mit 10 Minuten, wei­ters je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 10 Minuten sowie je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 4 Minuten.

Der den Vorsitz führende Präsident verteilt jeweils vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden die allenfalls verbleibende Redezeit gleichmä­ßig auf die vier Fraktionen. Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach 13 Uhr auf­gerufen. Es gibt keine Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung.

Darüber entscheidet das Hohe Haus.

Wer dieser Redeordnung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Redeordnung wird einstimmig angenommen. Wir können so verfahren.

11.25.061. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichischer EU-Vorsitz im 1. Halbjahr 2006“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung ent­sprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfin­den.

Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


11.25.32

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich denke, dass es sinnvoll ist, nach sechs Monaten österreichischem EU-Vorsitz dem höchsten Organ, dem demokratisch gewählten Nationalrat, Rechenschaft darüber abzulegen, welche Initiativen gesetzt worden sind und was das Ergebnis dieser sechs Monate intensiver Arbeit war.


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Zurückblicken möchte ich auf die Ausgangslage. Wir hatten im vorigen Jahr ein schreckliches Jahr. Wir hatten eine Schreckensstarre nach den beiden schief gegange­nen Referenden. Nein haben die Wähler in Frankreich und in Holland zur Europäi­schen Verfassung gesagt. Es gab vor einem Jahr keine Einigung betreffend die euro­päische Finanzordnung für die nächsten sieben Jahre. Außerdem gab es Vertrauens­störungen aller Art, die sich kulminiert haben etwa bei der Entscheidung über den Be­ginn der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, bezüglich derer eine sachliche Debatte über die Auswirkungen und Konsequenzen zunächst überhaupt verweigert wurde und sich erst durch das österreichische Beharren auf die Aufnahmefähigkeit ein Weg ge­zeigt hat, wie man das lösen kann.

Aber auch bei konkreten Rechtsvorhaben hat es enorme Spannungen gegeben, wie etwa bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen, bei der Reduzierung von hoch schäd­lichen Treibhausgasen, aber auch bei der Dienstleistungsrichtlinie. Das Schlagwort „Bolkestein“ war ja praktisch ein Albtraum und hat sich als Spaltpilz erwiesen, war nicht eine Hoffnung, sondern war tatsächlich ein Schreckenswort.

Unsere Zielsetzung war daher, mehr Vertrauen, mehr Klarheit, mehr Schwung für Europa zu geben, und dieses Vertrauensthema war so eine Art Basso continuo in der Arbeit unseres Vorsitzes.

Das Motto, das wir uns von Anfang an selber gestellt haben, war: „Europa hört zu“. Das war auch der Titel einer eigenen Homepage, die wir in Österreich eingerichtet ha­ben. Mit diesen drei Worten „Europa hört zu“ haben übrigens auch die Schlussfolge­rungen des letzten Europäischen Rats begonnen.

Interessant war auch die Reaktion der Öffentlichkeit. Auf diese eine Homepage erfolg­ten zehn Millionen Zugriffe aus ganz Europa. Wir hatten auf die Präsidentschaftsweb­site der österreichischen Präsidentschaft 35 Millionen Zugriffe, was zeigt, dass wir weit über den Anlass und weit über das sonstige Thema, das wir in geschlossenen Zirkeln oder bei Konferenzen oder mediatisiert über Zeitungsberichterstattungen behandeln, hinausgekommen sind, und das finde ich sehr positiv und wichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das zweite Motto unserer Präsidentschaft lautete: Realismus. In sechs Monaten kön­nen Sie nicht die Welt, auch nicht die kleinere Welt Europas ändern. Daher sind funda­mentale Richtungsänderungen weder möglich noch sinnvoll. Wir haben weder unsere Möglichkeiten noch die unserer Partner überschätzt. Wir haben unsere Arbeit mit Augenmaß und Hausverstand gemacht.

Wir haben in diesem Semester einige Großbaustellen bearbeitet und haben dabei, so glaube ich, auch einiges leisten können in der Verfassungsdebatte, bei den Finanzen, bei der Erweiterung. Wir haben vor allem neue Themenfelder eröffnet, die Energie-, die Migrations- und Integrationsdebatte sowie die Frage um das Krisenmanagement.

In der Verfassungsdebatte war zu Jahresbeginn noch eine sehr verkrampfte Haltung vorherrschend. Ich darf nur daran erinnern, dass im Jänner etwa die Holländer erklärt haben, die Verfassung sei tot, sie seien überhaupt nicht bereit, darüber zu reden. Wir haben sehr behutsam vom „Sound of Europe“, mit Einladung auch von Balkenende, bis zur Klosterneuburger Sondertagung der Außenminister gearbeitet, und es ist uns ge­lungen, in Klosterneuburg das Schweigen zu durchbrechen und eine Choreographie der gemeinsamen Schritte für die Zukunft zu erarbeiten.

Es hat sich gezeigt, dass die Bürger Europas ein Europa der Resultate wollen und nicht eine Nabelschau beim Verfassungsvertrag. Sie wollen mehr Transparenz. Sie wollen ein besseres Krisenmanagement. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


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Wir haben daher genau bei diesen Themen einen ganz konkreten Fahrplan für die Zu­kunft ausgeschildert. Ich habe mich in der Verfassungsdebatte auch sehr darum be­müht, gerade die Außenminister sehr zu stärken, denn wir brauchen Europaminister, Außenminister, die dieses Thema zentral bearbeiten.

Meine Damen und Herren! Ein besonderer Erfolg ist Karl-Heinz Grasser, der Frau Außenministerin und Staatssekretär Finz bei der Finanzvorschau gelungen. Das von uns nach wirklich tagelangen und wochenlangen Verhandlungen erzielte Ergebnis kann sich sehen lassen.

Wir haben mit dem Europäischen Parlament eine finanzielle Sicherheit für die nächsten sieben Jahre erreicht und dabei auch noch gerade für die zukunftsorientierten Pro­gramme und Projekte die Mittel gezielt erhöhen können. Damit können die Gemein­schaftsprogramme zeitgerecht tatsächlich mit dem 1. Jänner 2007 starten. Das gibt Planungssicherheit, gerade übrigens auch im ländlichen Raum, für den wir uns immer stark eingesetzt haben – kleiner österreichischer Erfolg! Während insgesamt die Mittel für den ländlichen Raum leider, sage ich, um 10 Prozent gekürzt worden sind, steigen sie in Österreich um 10 Prozent. Danke, Josef Pröll, für deinen Verhandlungserfolg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren, zur Erweiterung: Noch vor wenigen Wochen waren einige Aspekte bei künftigen Erweiterungen ein Tabu, etwa das Thema der Aufnahmefähig­keit. Und jetzt erfährt es endgültig die gebührende Aufmerksamkeit. Die Bürger haben dieses Thema ins Zentrum gerückt, und dort wird es auch bleiben, ganz gleich, was der eine oder andere sagt. Viel ist darüber diskutiert worden, ob die Aufnahmefähigkeit als Erweiterungskriterium beim Europäischen Rat festgeschrieben worden ist oder nicht. Ich halte das für Spiegelfechterei. Wichtig ist: Schriftlich von allen akzeptiert im Verhandlungsmandat für die Türkei, 3. Oktober 2005, ist auf österreichischen Vor­schlag die Aufnahmefähigkeit ausdrücklich zu den Kriterien und zu den Voraussetzun­gen für eine künftige EU-Mitgliedschaft gemacht worden. Dieses Mandat ist vom Rat einstimmig beschlossen worden. Die Außenministerin hat da wirklich Fundamentales geleistet. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Neu ist, beim letzten Europäischen Rat fixiert, dass die Kommission jetzt erstmals, bis Spätherbst, einen eigenen Bericht vorlegen wird, um zu definieren, was Aufnahme­fähigkeit wirklich heißt. Und die Frage wird sich individuell je nach Fall stellen, je nach­dem, um welchen Beitrittskandidaten es sich handelt.

Meine Damen und Herren, natürlich war das Ganze eine enorme Herausforderung auch im organisatorischen Bereich. Wir haben 3 300 Sitzungen leisten müssen. Es sind 16 Außenministertreffen der EU-Troika abgehalten worden, elf Assoziationsräte geleistet worden, zwei Beitrittskonferenzen auf Außenministerebene, Kroatien und die Türkei, ein Ministerrat mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik. Wir haben große Gipfel abgehalten, den EU-Japan-Gipfel in Tokio, einen mit Russland in Sochi, mit den USA in Wien und den großen EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel in Wien.

Manchmal wird natürlich auch gefragt, ob sich die rotierende Präsidentschaft eigentlich bewährt. Da sage ich ganz offen: Solange wir nicht die Verfassung haben mit einem neuen System, das sich auch erst in der Praxis wird bewähren müssen – ich hatte da immer meine Zweifel, ob dann nicht sogar ein institutionalisierter Eifersuchtsbereich, eine Art Konkurrenz entstehen wird, aber anyway –, ist die Präsidentschaft eine gute Lösung, um wirklich alle einzubinden und um vor allem sicherzustellen, dass bei be­stimmten außenpolitischer Sonderformaten, wie G 8, Nahostquartett, Balkankontakt­gruppe oder EU-3 im Fall des Iran, Sorge getragen wird, dass wirklich alle eingebun­den werden und der Fluss der Informationen und der Meinungen zwischen den Mit­gliedstaaten auch wirklich optimal funktioniert.


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Es hat sich für Österreich wirklich ausgezahlt, dass wir zeitgerecht ein Netzwerk an Freunden und Ansprechpartnern mit den Ländern der regionalen Partnerschaft, mit außenpolitisch besonders engagierten Mitgliedstaaten, mit den Institutionen aufgebaut haben. Sich rechtzeitig zu vernetzen hat sich auch in ganz konkreten Dingen sehr ge­lohnt, zum Beispiel bei der Islamkonferenz im November 2005 hier in Wien, deren Kon­takte und Netzwerke wir ja in der Karikaturenkrise exzellent nützen konnten. Und die Reaktionen etwa des europäischen Islam waren Gott sei Dank ganz anders als in an­deren Teilen der Welt. Ich halte das für ein wichtiges, ermutigendes Zeichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Durch frühzeitige Kontakte mit den Sozialpartnern, mit den Parlamentariern des Euro­päischen Parlaments und der Kommission – und da ist vor allem Martin Barteinstein großer Dank und Respekt zu zollen – sind rechtzeitig jene Kontakte aufgebaut worden, die letztlich zu einem der größten Erfolge, nämlich zur Lösung in der Frage Dienstleis­tungsrichtlinie, geführt haben. Und ich glaube, dass das sehr sinnvoll und erstklassig professionell vom Wirtschafts- und Arbeitsminister gemacht wurde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Es hat sich aber auch gelohnt, als ehrlicher Makler aufzutreten. Nationale Interessen kann man während der Präsidentschaft nur dann vertreten, wenn sie auch mit dem europäischen Kontext übereinstimmen wie etwa in der Frage der Balkanpriorität für den österreichischen EU-Vorsitz.

Ein Wort zur Gastfreundschaft. Manche haben kritisiert, was ich, ehrlich gesagt, als ehemaliger Tourismusminister in einem Tourismusland nicht ganz verstehe, dass wir gastfreundlich gewesen sind. Ich sage offen, ich bin jemand, der die Gastfreundschaft sehr pflegt, und man legt auch im privaten Bereich Wert darauf, seine Gäste entspre­chend zu empfangen. Und mit dem EU-Vorsitz ist es nicht anders. Es war nicht mein oder unser Anliegen, den ersten Preis in Lieblosigkeit zu bekommen. Das ist auch Aus­druck des Respekts vor und der Achtung für die Partner. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Und vergessen Sie nie: In diesen sechs Monaten sind weltweit 7 000 Artikel über Ös­terreich geschrieben worden, und sie waren in Summe gesehen sehr positiv. Wir haben uns hier positionieren können: ein Land, das für andere agieren kann, das gast­freundlich ist. Ehrlich gesagt, etwas Besseres hätte uns hinsichtlich Imagewerbung nicht geschehen können.

Was hält uns nun zusammen in dieser Europäischen Union? Was ist der Kitt für fast eine halbe Million Menschen? Und da kommt die europäische Wertediskussion sehr stark herein. Die EU ist für mich eben eine Wertegemeinschaft und eine Rechtsge­meinschaft. Wir versuchten, das mit dem europäischen Lebensmodell auch in die All­tagssprache zu übertragen. Übrigens wird interessanterweise dieser Gedanke jetzt sehr populär.

Vorige Woche war der slowenische Außenminister Rupel in Wien. Er hat die Diplome an der Diplomatischen Akademie überreicht und hat das Thema seines Vortrags genau diesem Anliegen, dem europäischen Lebensmodell gewidmet. Und wir haben versucht, dieses europäische Wir-Gefühl, die Quellen dieses Gefühls ins Bewusstsein zu holen durch eine Referenz auf eine spezifisch europäische Klangwelt, „The Sound of Europe“ mit dem Geburtstag von Mozart verbunden, aber auch die europäische Alltagskultur mit dem Café d’Europe, mit dem elektronischen Speakers Corner, mit vielen Denk­anstößen auch von den „25 Peaces“, die Denkanstöße im öffentlichen Raum gelebt haben.

Wir haben die Wertediskussion natürlich auch im klassischen Bereich zum Ausdruck gebracht, Stellungnahmen zu Weißrussland, zu Belarus, während der Karikaturenkrise


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zahlreiche Demarchen bei menschenrechtlichen Einzelfällen, die hartnäckige Arbeit an der Umsetzung der UNO-Reform, bei der Gründung des neuen Menschenrechtsrates, an dem die Außenministerin in Genf teilgenommen hat. Wir haben auch in der Frage Guantánamo ganz klar und eindeutig gegenüber den Vereinigten Staaten unsere Po­sition vertreten, dass kein Mensch, auch kein mutmaßlicher Terrorist im rechtsfreien Raum sein darf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Präsidentschaft war sehr stark mit Krisen konfrontiert. Das ist immer so. Das kann man nicht vorbereiten. Man muss flexibel darauf reagieren. Aber, ehrlich gesagt, einiges von dem, was sich vor allem am Anfang abgespielt hat, hätte ich selber nicht für möglich gehalten.

Am 1. Jänner um 8 Uhr früh hat Gazprom die Gaslieferungen an die Ukraine einge­stellt. Martin Bartenstein als Energieverantwortlicher hat gemeinsam mit der Kommis­sion, mit Energie-Kommissar Piebalgs am 4. Jänner dieses Thema bereits lösen kön­nen.

Am zweiten Tag der Präsidentschaft haben die maoistischen Rebellen in Nepal den Waffenstillstand beendet. Es kam zu zahlreichen Gefechten mit vielen Toten. Als ein­faches Mitglied hätten wir das mit Aufmerksamkeit und Vorsicht, Besorgnis aus siche­rer Distanz verfolgt. So mussten wir als Vorsitz eine kohärente EU-Position mit allen erarbeiten.

Am dritten Tag der Präsidentschaft um 11.55 Uhr hat die iranische Atombehörde ange­kündigt, dass die Forschung zur Gewinnung nuklearer Brennstoffe wieder aufgenom­men wird.

Am Tag vier haben Kämpfer der Al-Aksa-Brigaden die Regierungsgebäude in Gaza be­setzt und die Grenzanlagen bei Rafah beschädigt. Hunderte Palästinenser haben an diesem Tag die Grenze nach Ägypten überwunden.

Präsidentschaft war sehr stark Krisenmanagement, frühzeitiges Reagieren auf Unvor­hergesehenes und die Mitgliedstaaten zusammenhalten. Dazu kamen die Vogelgrippe, der Tod Rugovas, die Unabhängigkeit Montenegros, der nordkoreanische Raketen­start.

Ich möchte an dieser Stelle vor allem dem Außenministerium und seinem politischen Direktor, Staatssekretär Winkler natürlich hier vorrangig und vielen anderen professio­nellen Diplomaten ein großes Dankeschön für die professionelle Arbeit sagen. (Allge­meiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Ich habe von neuen Themen gesprochen, und eines dieser großen neuen Themen war natürlich dieser Paukenschlag mit der Energiepolitik. Es hat kein Thema mehr gegeben, bei dem nicht Energiefragen ganz oben auf der Tages­ordnung standen. Der Frühjahrsrat war im informellen Teil einer sehr spannenden Aussprache zu diesem Thema gewidmet. Aber auch beim Südamerikatreffen, beim USA-Gipfel war das eine der zentralen Fragen.

Wir sind, so glaube ich, aber auch innerösterreichisch sehr gut beraten, dieses The­ma mit seinen Handlungsoptionen aufzugreifen.

Schön war auch, dass in der letzten Woche der Präsidentschaft das Energiesekretariat für Südosteuropa nach Wien gebracht worden ist, und die Unterzeichnung für „Na­bucco“, ein Konsortium mit fünf großen Ölfirmen unter der Federführung der OMV, die etwa 10 Prozent des gesamten Gasverbrauchs der Europäischen Union über diese Pipeline nach Österreich herein- und dann weiter in andere Pipelines hineinbringen wird. Das sind schon schöne und beachtliche Erfolge, die da gelungen sind.


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Auch das Thema Migration, ausgelöst durch die Flüchtlingswellen im Mittelmeerraum, von der afrikanischen Küste weg, war ein ganz wichtiges Thema. Am Anfang dieser Woche fand auf österreichische Initiative, gemeinsam mit Spanien und afrikanischen Staaten, eine große Konferenz statt. Vizekanzler Gorbach, der sicher auch darüber noch reden wird, war der höchstrangige europäische Vertreter dort. Diese Rabat-Kon­ferenz ist ein Meilenstein in der Entwicklung der künftigen Beziehungen mit der afrika­nischen Welt, was Integration und Migration angeht.

Ich habe auch die Frage des Karikaturenstreits und den europäischen Islam erwähnt. Es war die Imame-Konferenz in Wien, es gab das jüdische Treffen der Rabbiner und der großen Führer der nationalen jüdischen Gemeinschaften hier in Wien. Ich habe ge­meinsam mit Barroso ein Treffen – das erste Treffen der Religionsführer – in Brüssel abgehalten.

In Summe haben wir hier einiges erreicht, was wichtig bleiben wird.

Der Balkan – das habe ich schon gesagt – war für uns ein ganz großes Thema. Ich erinnere mich noch an den 11. März dieses Jahres, als die europäischen Außenminis­ter – übrigens mit Beteiligung der Balkanstaaten – in Salzburg gesessen sind, beim in­formellen „Gymnich“-Treffen, als – Zufall oder nicht oder höheres Schicksal – die Nach­richt vom Tod Milošević’ gekommen ist. In diesem Augenblick saß Europa so, wie es einmal ganz natürlich sein wird, rund um den Tisch. Und das war uns wichtig. In der österreichischen Präsidentschaft ist hier ein ganz großer Schritt nach vorne getan wor­den.

Es wurde das Beitrittsdatum für Rumänien und Bulgarien – 1. Jänner 2007 – bekräftigt, wenn sie die notwendigen Schritte noch setzen, was möglich ist.

Mit Kroatien ist das erste Kapitel abgeschlossen worden.

Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurden abgekoppelt, und nicht aus politi­schem Bestemm, sondern aus rein sachpolitischen Überlegungen, Sachkriterien.

Mazedonien hat schon den Kandidatenstatus.

Mit Serbien-Montenegro wurden erste erfolgreiche Verhandlungsrunden abgewickelt, und vor allem mit Serbien ein eigenes Aktionsprogramm, wie mit Kroatien, in Zusam­menarbeit mit dem ICTI angeregt. Die Außenministerin war am letzten Tag der öster­reichischen Präsidentschaft bewusst in Belgrad, um hier ein Zeichen zu setzen.

Mit Albanien wurde das Stabilisierungsabkommen unterzeichnet.

Wir haben am Balkan die friedliche Geburt eines neuen europäischen Staates, Monte­negro, begleitet.

Wir unterstützen Martti Ahtisaari und sein Team in der Lösung der Kosovo-Probleme, und es ist in der österreichischen Präsidentschaft der politische Startschuss für die re­gionale Freihandelszone auf dem Balkan getroffen worden.

In Summe eine reiche Ernte, die hier dem Außenministerium gelungen ist, meine Da­men und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Natürlich ist der Vorsitz auch Vertrauensarbeit, und es war uns auch wichtig, in dieser Zeit auch vertrauensstärkende Maßnahmen zu setzen. Was mich freut: Das letzte Euro-Barometer ist so schlecht nicht. Die Zahl der Kritiker in Österreich ist um 11 Pro­zent gesunden. Zum ersten Mal haben wir in Österreich wieder eine deutliche Mehrheit von Menschen, die der Auffassung sind, die Europäische Union sei eine gute Sache. Die Österreicher fühlen sich zu 54 Prozent gut oder ziemlich gut über die EU infor­miert – ein Anstieg von 18 Prozent.


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Insgesamt, in der ganzen Europäischen Union, haben wir wieder den Level des Ver­trauens vor den negativen Verfassungsreferenden erreicht. Mehr als 50 Prozent der Europäer glauben, dass die Mitgliedschaft sinnvoll ist.

Daher können wir in diesem Bereich durchaus zuversichtlich sein. Wir haben für Öster­reich einiges erreicht, die europäische Agenda nicht vernachlässigend:

Der Spatenstich auf dem Brenner für den Probestollen, den wir gemeinsam am letzten Tag in Italien, auf dem Brenner, vorgenommen haben.

Das Finanzvolumen für die Transeuropäischen Netze ist verdoppelt worden.

Die Mittel für Forschung sind um 70 Prozent erhöht worden.

Die Zulassung zum Medizinstudium wurde gemeinsam mit der Kommission gelöst.

Die Balkan-Strategie ist aufgegangen.

Die Wegekostenrichtlinie, ein Problem, das vom Vizekanzler gelöst wurde, erspart uns ein Klagsrisiko von einigen 100 Millionen €.

Und es ist zum ersten Mal gelungen, für an seltenen Krankheiten leidende Menschen – für „Schmetterlingskinder“, für MPS-Patienten, für an Fibrose Erkrankte – ein europäi­sches Hilfsprogramm zu entwickeln, das aus dem Forschungsprogramm finanziert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich denke, dass das schon Schritte sind, die rechtfertigen, dass wir mit dieser Präsi­dentschaft zufrieden sein können. Sie hat etwas gekostet. Wir haben etwa 86 Millio­nen € ausgegeben, wenn ich alle Kosten, auch die Poolverträge, mit hereinrechne, wir haben aber immerhin 150 000 Übernachtungen mehr durch die Präsidentschaft gehabt und einen Nutzen von 150 bis 400 Millionen €, je nach Schätzung.

Ich danke daher den zehntausenden Mitarbeitern des österreichischen Präsident­schaftsteams, der Außenministerin, dem Staatssekretär, den Regierungskollegen, Be­amten aller oder auch keiner politischen Couleur, den Vorsitzenden dieser tausenden Sitzungen, den Fahrern, den Betreuern, den Köchen, dem Organisationsteam, das ja von allen als hervorragend gelobt wurde, der Sicherheit. – Es ist zu keinem einzigen unangenehmen, störenden oder gefährlichen Vorfall gekommen.

Ich danke dem Ratssekretariat, der Kommission, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten für die gute Koordination und Zusammenarbeit.

Und ich danke auch den Wiener Philharmonikern für das „Konzert für Europa“, wo sie sogar dem Wind und dem Regen standgehalten haben, und allen Künstlern, die sich in dieser Zeit eingebracht haben. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ.)

11.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein, in der sich als Erster Herr Vizekanzler Gorbach zu Wort gemeldet hat. 10 Minuten Redezeit wurden für Sie in der Präsidiale vereinbart. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt kommt der Höhepunkt, der eigentliche Höhepunkt!)

 


11.47.15

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! (Abg. Dr. Cap: Sind Sie noch Vizekanzler?) Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren Regie­rungskolleginnen und -kollegen! Ich erlaube mir dort weiterzumachen, wo der Herr Bundeskanzler aufgehört hat, nämlich beim Danken.


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Ich wurde von Journalisten immer wieder gefragt: Was ist Ihnen eigentlich im Zuge der Präsidentschaft am meisten aufgefallen (Abg. Dr. Cap: Gorbach!), innerstaatlich und im inneren Ablauf?, und ich habe spontan, weil wirklich so empfindend, gesagt: Am meisten ist mir aufgefallen, wie der Teamgeist gewachsen ist, und zwar Parteigrenzen überschreitend. Der Herr Bundeskanzler hat schon richtig gesagt, es gibt auch solche, die man nicht zuordnen kann. Das ist gut so, aber es gibt auch solche, die sich gerne zuordnen lassen; das ist ja auch in Ordnung. Da habe ich gespürt, dass nicht nur gut vorbereitet wurde, optimal unterstützt wurde vor und in schwierigen Verhandlungen und bei Nachverhandlungen, sondern dass man sich gemeinsam gefreut hat, wenn man einen rot-weiß-roten Erfolg, einen Erfolg für Österreich erzielen konnte.

Meine Damen und Herren! Ich würde empfehlen, dass wir dieses gemeinsame Freuen, was die österreichische Präsidentschaft betrifft, die erfolgreiche Präsidentschaft, in den nächsten Wochen und Monaten auch gemeinsam pflegen – als Abgeordnete und als Repräsentanten von Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Zweifelsohne kann man nicht in zehn Minuten – übrigens auch nicht in 20 Minuten – eine wirkliche Bilanz über die halbjährige österreichische Präsidentschaft und die ent­sprechende Vorbereitungszeit – und Nacharbeit wird es auch noch geben – ziehen, aber man kann einige Schwerpunkte nennen und ein Gefühl vermitteln, wie man das als Mit-Verantwortlicher empfunden hat und sieht – das soll heute auch Sinn und Zweck sein, glaube ich –, und dass man darüber diskutiert.

Österreich hat gewusst, das wird eine Herausforderung sein für ein kleines Land, aber Österreich hat, da bin ich sicher, diese Herausforderung auch als Chance gesehen und als Chance genutzt. Wir haben einerseits etwas weitergebracht in Europa, alte Dos­siers abgeschlossen, Dossiers, die latent diskutiert werden, weitergebracht, sodass sie in der jetzigen Präsidentschaft, in der finnischen, oder in der nächsten Präsidentschaft, der deutschen, abgeschlossen werden können.

Österreich – das ist auch nicht unwichtig – hat für sich, für Österreich, für die Politik in Österreich, für die Reformfreudigkeit, auch für die Schönheit des Landes, als Touris­musland einladend Werbung gemacht. Da kann man sagen, was man will, über Gugel­hupf oder über Kaiserschmarrn oder was auch immer: Das war wichtig, das war gut so. Wir haben uns den Menschen angenehm in Erinnerung gebracht und bleiben so in Er­innerung. Den ersten Preis in Lieblosigkeit, Herr Bundeskanzler, wie Sie das genannt haben, wollten wir nicht haben – und den werden wir auch nie bekommen, davon sind wir weit entfernt.

Nicht nur die tausenden Artikel, die es in der ganzen Welt in diesem Zusammenhang gegeben hat und die auch der österreichischen Wirtschaft sehr helfen werden – es ist ja unbestritten, wenn man mit Wirtschaftlern redet; die freuen sich, dass wir das so gut gemacht haben –, sind es, sondern es wird auch darüber geredet. Die Mundpropa­ganda ist sehr wichtig.

Da darüber geredet wird, darf ich berichten: In Rabat stand ein sehr ernstes Thema, ein wichtiges Thema zur Diskussion: Migration. Wie können wir diese Menschenströme aus Afrika über Südeuropa nach Mitteleuropa managen, in den Griff bekommen, die Situation verbessern? – Österreich hat den Impuls gegeben, insbesondere der zustän­dige Ratspräsident Schüssel, aber auch die Außenministerin und die Innenministerin, Österreich hat in Klosterneuburg den Impuls für diese Konferenz gegeben. Und es war einhellig der Tenor hinter den Kulissen: Da sind einige wachgerüttelt worden. Große betroffene Länder wie Frankreich und Spanien, aber auch andere sind mit zwei Minis­tern vertreten gewesen – Außenminister, Innenminister – und haben erstmals offen über diese ernste Problematik gesprochen: Wie können wir Vereinbarungen treffen,


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dass es gar nicht zu dieser Migration kommt? Wie können wir es „handlen“, dass ille­gale Migranten, wenn sie aufgegriffen werden, wieder zurückgeführt werden können?, und Ähnliches mehr.

Bei dieser Konferenz vorgestern in Rabat, in Marokko, hat es kein Statement gegeben, in dem der österreichischen Präsidentschaft nicht gedankt wurde für diesen Anstoß, aber auch insgesamt eine Gratulation ausgesprochen wurde zu der hervorragenden Präsidentschaft Österreichs, in der die Zusammenarbeit mit Europa und damit die Zusammenarbeit Europa – Afrika, kontinentübegreifend, weitergebracht wurde. So wird das außerhalb Europas auch gesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Barroso hat gemeint, Österreich schreibe EU-Geschichte. Vanhanen, der jetzige Rats­präsident, hat gemeint, der österreichischen Präsidentschaft müsse man zwölf Punkte zusprechen, also die maximale Punktezahl wie beim Eurovision Song Contest, den ja Finnland gewonnen hatte. Er hat es damit verglichen. Also: Höchstpunktezahl. (Ironi­sche Heiterkeit des Abg. Dr. Puswald.)

Wie auch immer man darüber denkt – ich glaube, wir haben guten Grund, auch positiv über diese Ratspräsidentschaft zu reden und zu denken. Das ist sehr wichtig.

Erlauben Sie mir, nur einige Punkte aus meinem Verantwortungsbereich zu erwähnen: die Verkehrssicherheit zum Beispiel. Da ist Österreich in einer Vorreiter- und Vorbild­rolle. Ich habe deshalb Verkehrssicherheit zu einem Schwerpunkt der Ratspräsident­schaft in Sachen Transport und Verkehr gemacht, und Ergebnis war erstmals über­haupt eine europaweite gemeinsame Straßenverkehrssicherheits-Kampagne, in der man Alkoholmissbrauch, Drogenmissbrauch, Müdigkeit gemeinsam europaweit be­kämpft. Das ist enorm wichtig, weil man mit demselben Geld viel mehr tun kann, wenn man vorhandene Aktivitäten und Sujets mit verwenden kann.

Ich glaube, das ist eine gute Sache im Hinblick darauf, dass wir europaweit die Zahl der Verkehrstoten bis 2010 halbieren wollen und damit viel menschliches Leid verhin­dern werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Dass im März in zweiter Lesung die Eurovignette beschlossen werden konnte, eine Sache, für die wir Österreicher jahrelang gekämpft haben, ist auch sehr positiv zu ver­merken, aber nicht nur, weil wir damit, was die Mautklage betreffend Brenner betrifft, verhindern konnten, dass wir Millionen abführen müssen und auch in Zukunft jährlich etwa 46 Millionen € an Rabatten, an Reduktion von Mauten abführen müssten, nein, nicht nur deshalb, sondern auch, weil erstmals zum Beispiel die Querfinanzierung als Möglichkeit zur Forcierung des umweltverträglichen Verkehrsträgers Schiene im Euro­parecht festgeschrieben wird – vielen ist noch gar nicht bewusst, was das für ein Mei­lenstein, für ein historischer Schritt in der europäischen Verkehrspolitik ist –, aber auch, weil bis 2008 – Kompliment an die Grünen!, kommt von mir selten genug, aber heute sehr ehrlich, Sie haben es nämlich im Europaparlament ordentlich gepusht – auch externe Kosten in die Mautberechnungen mit eingerechnet werden.

Das sind Erfolge, für die wir von Österreich aus und während der österreichischen Prä­sidentschaft sehr erfolgreich gekämpft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Etwas untergegangen ist die Tatsache, dass seit fast sechs Jahren etwas diskutiert wird, das sehr wichtig ist, nämlich gerade für kleine und mittlere Betriebe, aber auch sehr wichtig für den öffentlichen Verkehr, den wir alle in vielen Reden forcieren wollen, indem wir sagen, wie wichtig und umweltfreundlich er ist, indem wir von der Reduzie­rung des Individualverkehrs reden und Pipapo. (Abg. Öllinger: „Pipapo“, das passt für Sie!)


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Den öffentlichen Verkehr betreffend wurde eine Richtlinie diskutiert, nämlich: Darf man direkt vergeben oder muss man öffentlich ausschreiben? – Zweiteres, um das Ganze zu attraktivieren, um den Markt zu beleben durch Liberalisierung, Ersteres aber, Direkt­vergabe, Schulbusse zum Beispiel an Kleinunternehmer, die im großen Konzert des Wettbewerbs untergehen würden.

Da eine Balance zu finden, war schwierig. Die EU hat auch sechs Jahre gebraucht, bis die österreichische Präsidentschaft das geklärt und geregelt hat. Wir haben im Juni bei einem Verkehrsministerrat diese so genannten PSO – public service obligations – be­schlossen, mit nur vier Enthaltungen. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass Österreich imstande ist – und das haben wir uns ja vorgenommen –, zu vermitteln, dafür zu sor­gen, dass man aufeinander zugeht, dass der Geist der Zusammenarbeit, der Geist, auch an die Probleme des anderen zu denken, gefördert wurde. Es heißt, eine atmo­sphärische Verbesserung während des österreichischen Vorsitzes hat auch zum Ab­schluss von alten, viel diskutierten Dossiers geführt.

Meine Damen und Herren! Auch Marco Polo 2 – nirgends hat man es gelesen – wurde beschlossen, ein Programm, das besonders die Verlagerung des Straßengüterver­kehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger wie Eisenbahn, wie Meeresautobahnen oder Binnenschifffahrt fördert. Das ist auch ein Programm, das lange diskutiert wurde und während der österreichischen Präsidentschaft abgeschlossen werden konnte. Der Spatenstich für den Brenner-Basistunnel ist ein äußeres Zeichen und Symbol dafür.

In Summe, meine Damen und Herren, glaube ich, ist Österreich inhaltlich sehr wohl herzeigbar unterwegs gewesen, aber vor allem atmosphärisch bleibt Österreich in der Erinnerung und im Munde vieler: als neutraler Vermittler, als fairer und ehrlicher Mak­ler. Österreich ist nicht nur – das ist klar geworden – Teil dieser Europäischen Union, Österreich ist vielmehr wichtiger Partner und Vermittler, ja da und dort sogar Motor dieser Europäischen Union und dieses Gedankens, und das soll so bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

11.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. h.c. Schieder. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.57.04

Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Hohe Bundesregie­rung! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sie haben jetzt 30 Minuten Regie­rungsbank erlebt, 1 800 Sekunden ohne eine einzige Sekunde der Selbstkritik. Der gelernte Österreicher kennt unsere Debatten und weiß es: Meistens finden die einen alles gut und dann die anderen alles schlecht. Und er schließt daraus, dass wahr­scheinlich beides nicht ganz stimmen wird.

Ich gebe auch zu, dass es eine große Verlockung ist, auf ein Übermaß an Eigenlob der Regierung mit einem Übermaß an oppositioneller Kritik zu antworten, um quasi die Wahrheit als arithmetisches Mittel zu errechnen. Ich möchte dem aber widerstehen und mich bemühen, Positives und Negatives des Vorsitzes zu sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Als einer, der sehr lange als Abgeordneter in diesem Hause ist – meine erste Rede habe ich vor mehr als 36 Jahren von diesem Pult aus gehalten, und das ist noch nicht die letzte –, weiß ich natürlich, dass die Dinge nicht so schwarz-weiß sind, wie sie meist gemalt werden. Daher: Zur Frage der Durchführung, der Organisation der Präsi­dentschaft und der Präsentation unseres Landes wirkliches Lob! Vom ausgezeichneten Logo bis zum perfekten Ablauf haben die Verantwortlichen und die tausenden Mitarbei­terInnen großartige Arbeit geleistet! (Allgemeiner Beifall.)


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Das war nicht bloß geschickte Inszenierung, statt großartig zu sein, wie es leicht abfäl­lig ein führendes deutsches Blatt nannte. Für Österreich kam es darauf an, zu zeigen, dass ein kleines Land in der Durchführung der Präsidentschaft den großen nicht nach­steht, kam es darauf an, zu zeigen, dass Wien wunderschön und zu Recht internatio­naler Sitz und bedeutende Kongressstadt ist, war es wichtig, über Wien hinaus die Vielfalt des ganzen Landes und auch die anderen Städte zu präsentieren.

Ein Tourismusland lebt von seinem Bild in der Welt, lebt davon, dass Gastfreundschaft, Schönheit, Charme und angenehme Atmosphäre verbunden mit Professionalität ver­mittelt werden, und das ist durch den Vorsitz gut gelungen, wie auch schon beim ers­ten Mal, als Österreich den Vorsitz hatte.

Es hat aber auch Überinszenierungen, zu viel Selbstdarstellung und Übertreibungen gegeben: Das Café d’Europe wäre so ein Beispiel im Veranstaltungsbereich, die etwas übertriebenen Vorkehrungen beim Bush-Besuch eines im Sicherheitsbereich.

Hohes Haus! Eine gute Organisation hat ihren Preis. Aber es ist bedauerlich, dass wir noch keine wirkliche Aufstellung über die Kosten erhalten haben. Der Bundeskanzler hat heute hier eine Zahl genannt, die Außenministerin vor kurzer Zeit eine andere. In Wirklichkeit sind wir bezüglich der Kosten auf die Beantwortung unserer schriftlichen Anfragen angewiesen. Wir wollen wirklich nicht – ich weiß gar nicht, ob es den Begriff überhaupt schon gibt – Cent-Fuchserei betreiben und wir wissen auch, dass den Aus­gaben Marketingwert, Imagegewinn und Umwegrentabilität gegenüberstehen, dennoch muss man auch die Kosten kennen, um Angemessenheit, Budgetierungsqualität und auch Kosten-Nutzen-Relation transparent zu machen. Darauf haben nicht nur wir Par­lamentarier, sondern hat auch die Öffentlichkeit ein Recht. Und: Wer die wirklichen Kosten nicht nennt, wird sich Vermutungen gefallen lassen müssen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Was das Inhaltliche betrifft, ist zu sagen: Gut gewählt war der außenpolitische Schwer­punkt Westbalkan, Südosteuropa. Hier hat Österreich Kompetenz und Erfahrung und die konnten wir auch wirklich einbringen. Bei den vom Bundeskanzler so genannten Großbaustellen, da war es so wie bei den meisten Großbaustellen in der Wirklichkeit. Das meiste wurde nicht zeitgerecht fertig. Bei der Dienstleistungsrichtlinie konnte zwar auf Basis der Vorarbeiten im Europäischen Parlament ein Kompromiss erzielt werden, bei der Wegekostenrichtlinie wurde auf die bestehende Lösung aufgebaut, wobei die wichtige Frage der Einberechnung der externen Kosten, also Schäden an Gesundheit und Umwelt durch Güterverkehr, auf die Kommission und die nächsten Jahre verlagert wurde.

Teilerfolge gab es bei der finanziellen Vorschau und der Subsidiarität. Die Verfassung wurde zwar für untot erklärt, aber das Zieldatum 2009 des Treffens in Klosterneuburg fand dann leider nicht Eingang in die Schlussfolgerungen des Gipfels.

Bei Wachstum und Beschäftigung setzte sich der Frühjahrsgipfel ein unambitioniertes Ziel, das voraussichtlich allein durch die verbesserte Wirtschaftslage schon erreicht wird. Bei Arbeitszeitrichtlinien und Alpenkonvention ist nichts wirklich weitergegangen. Die großen Ankündigungen in den Bereichen Frauenpolitik, Tierschutz, Entwicklungs­politik sowie Forschung und Entwicklung sind zum Teil Ankündigungen geblieben.

Wenn wir uns also den großen Fragen, den Lebensfragen der EU zuwenden, also Europäische Union als Schutz gegen die negativen Auswirkungen der Globalisierung, Europäische Union als soziales Projekt, Europäische Union als demokratisches Pro­jekt, als Bürgerprojekt, und wenn wir uns mit den Fragen der weiteren Entwicklung der Union beschäftigen, dann kann man von einem einzelnen Präsidentschaftssemester sicher nicht Gesamtlösungen erwarten; klare Erklärungen und deutliche Schritte aller­dings schon.


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Parteivorsitzender Dr. Alfred Gusenbauer hat zu Jahresbeginn die Messlatte der Sozi­aldemokratie für eine erfolgreiche Präsidentschaft genannt. Ich zitiere:

„Gelingt es, die soziale Schieflage in der EU zu korrigieren, oder zumindest erkennbare Fortschritte zu machen? Gelingt es, wirksame Maßnahmen gegen eine Politik des Steuerdumpings in der EU zu ergreifen, um zu verhindern, dass die Finanzierung der Systeme sozialer Sicherheit untergraben wird? Gelingt es, Konsens darüber herzustel­len, dass es auch im Arbeitsleben faire europäische Standards geben muss? Das wür­de unter anderem bedeuten, dass die Bundesregierung von ihrer bisherigen Position zur Dienstleistungsrichtlinie abrückt und anstatt des Herkunftslandprinzips das Bestim­mungslandprinzip prägen soll. Gelingt es, einen Pakt zur Absicherung der Leistungen der Daseinsvorsorge zu schließen? Gelingt es, durch entsprechende Vereinbarungen in der EU den freien Hochschulzugang in Österreich abzusichern? Gelingt es, dem europäischen Verfassungsprojekt einen neuen Impuls zu geben und die Grundlagen für ein gesamteuropäisches Referendum zu schaffen?“ (Abg. Dr. Fekter: Es ist gelun­gen!)

Gusenbauer weiters: „Gelingt es, eine Mehrheit in der EU dafür herzustellen, dass die politische Konsolidierung der Europäischen Union Vorrang hat vor künftigen Erweite­rungen und, dass vor allem der österreichische Vorsitz eine exakte und nachvollzieh­bare Definition von dem durchführt, was man gemeinhin unter der ,Aufnahmefähigkeit’ der EU versteht? Gelingt es, eine Renaissance der Atomenergie in der EU zu verhin­dern und ein Umdenken in Richtung erneuerbare Energien und Energieeffizienz durch­zusetzen?“

Einiges von dem, meine Damen und Herren, wurde vom österreichischen EU-Vorsitz, wie erwähnt, angesprochen. Einige der Fragen wurden auch tatsächlich gelöst. Die großen Fortschritte, die wirklichen Durchbrüche blieben aus.

Aber das war leider zu erwarten: Eine Regierung, die im eigenen Land den neolibera­len Kurs einschlägt, wird ihm nicht auf europäischer Ebene gegensteuern. (Abg. Scheibner: Sagt das auch der Gusenbauer?) Da setzt der Kurswechsel für eine euro­päische Politik schon einen Kurswechsel im eigenen Land voraus. Aber dazu ist ja in Österreich im Herbst Gelegenheit. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Der Anfang war ja gut!)

12.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger zu Wort. Ebenfalls 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.06.37

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregie­rung! Wenn man jetzt die Rede des Kollegen Schieder, über weite Teile den „großen“ Parteivorsitzenden zitierend, noch einmal Revue passieren lässt, so erinnert man sich an das alte China, in dem die Reden des Mao Tse-tung, des Großen Vorsitzenden zi­tiert wurden. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist nicht das, was wir anlässlich dieser EU-Präsidentschaftsdebatte tun wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Aber ich möchte doch anerkennend sagen – wir erwarten normalerweise von der Op­position Häme und Alles-schlecht-Machen –: Heute hat Kollege Schieder ja den Vorsitz gelobt. Darüber freue ich mich. Das zeigt eines, meine Damen und Herren: Wenn sogar die Opposition den Vorsitz Österreichs lobt, dann muss er wirklich ausgezeichnet


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gewesen sein – und das war er auch! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.) Das war ein exzellenter Vorsitz in diesen sechs Monaten.

Das sagen auch die Österreicherinnen und Österreicher. Wir haben Ende Juni eine Umfrage präsentiert bekommen, laut der 80 Prozent der Bevölkerung auf diesen Vor­sitz und auf die österreichische Vorsitzführung stolz sind (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ) und laut der – das ist auch ein besonderes Lob für den Bundeskanzler – 74 Prozent der Befragten sagen, Wolfgang Schüssel habe diesen Vorsitz als Ratspräsident sehr staatsmännisch und souverän gemeistert.

Meine Damen und Herren, auch das ist ein Grund, über den wir uns freuen können! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir heute resümieren und nach sechs Monaten fragen, welche Bilanz wirklich zu ziehen ist, so möchte ich als ersten Punkt durchaus nennen: So viel Inhalt in sechs Monaten einer Präsidentschaft hat kaum ein anderes Land in diese Europäische Union hineingebracht. (Abg. Reheis: Das ist überheblich!)

Meine Damen und Herren! So viel Inhalt wie in diesen sechs Monaten gab es kaum unter einem Vorsitz – und das kann uns durchaus stolz machen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.) Das ist vor allem unter folgendem Gesichtspunkt zu be­trachten: Was bleibt von einem Vorsitz?

Der Bundeskanzler hat am Beginn seiner Rede erwähnt, dass in erster Linie das The­ma Arbeitsplätze beim ersten Gipfel im Zentrum der Diskussionen stand – und das ist auch richtig so. Man hat gemeinsam durch einen Beschluss festgelegt, jedes Jahr 2 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze bis 2010 zu schaffen, das heißt, in den Jahren von 2006 bis 2010 insgesamt 10 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze in Europa und die Verpflichtungen der einzelnen Mitgliedstaaten dazu. Das ist es, was wir brauchen: Jobs in Europa, damit der Wirtschaftsmotor läuft und damit alle Leute eine Arbeit ha­ben, in der sie sich verwirklichen können. Das ist eine Zielsetzung, zu der wir voll und ganz stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es gab den Schwerpunkt neue Energiepolitik. Auch das ist uns besonders wichtig. (Demonstrativer Beifall des Abg. Hornek.) Zum ersten Mal überhaupt hat sich die Europäische Union darauf festgelegt, neue Ziele zu definieren. Das, was dabei beschlossen wurde, kann sich auch sehen lassen, nämlich Alternativ­energien zu fördern und den Biospritanteil wesentlich zu steigern. Das ist den Grünen vielleicht nicht genug, das haben sie immer wieder kritisiert, aber vergleichen wir das mit anderen Präsidentschaften! Als Ihr Aushängeschild in Europa, Joschka Fischer, Außenminister in Deutschland war, gab es keinen einzigen Vorstoß in Richtung einer neuen Energiepolitik! Das ist der österreichischen Präsidentschaft vorbehalten geblie­ben. Darauf können wir auch stolz sein! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Lunacek: Die Deutschen haben es wenigstens gemacht!)

Zu Recht hat Kollege Schieder den Schwerpunkt Südosteuropa, Westbalkan erwähnt. Da wurden Initiativen gesetzt, die weit in die Zukunft reichen. Ich halte das für völlig richtig. Gerade wir als das Land in der Nachbarschaft sind von jeder Krise auf dem Balkan betroffen. Darum haben wir größtes Interesse daran, dass es dort Stabilität gibt, dass es dort Wachstum gibt, dass es dort vor allem Zukunftshoffnung gibt in Richtung Europa. Diese österreichische Präsidentschaft hat auf Schiene gebracht, dass der „Zug Westbalkan“ in Richtung Europa fährt. Das ist eine sehr weit reichende Konsequenz, die ich besonders unterstreichen möchte.

Meine Damen und Herren! Wir haben auch einen vierten inhaltlichen Schwerpunkt ge­setzt, der vielleicht noch ein wenig unterbelichtet wurde. Die Subsidiaritätskonferenz,


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die in St. Pölten stattgefunden hat, hat eines klar aufgezeigt: Europa fängt zu Hause an! Das bedeutet in der politischen Umsetzung, dass man eben auch umdenken muss und viel mehr die Regionen, viel mehr die nationalen Mitgliedstaaten wieder einbinden muss, dass man die Gesetzgebung auch wieder von unten aufbaut – und nicht von oben diktiert.

Die Kommission hat sich freiwillig dazu bereit erklärt, ab sofort alle Vorschläge einer Art Vorbegutachtung durch die nationalen Parlamente zu unterziehen. Das ist schon ein bemerkenswerter Fortschritt, denn wir alle haben gehofft, dass das mit der Euro­päischen Verfassung Wirklichkeit werden wird. Jetzt haben wir das vorweggenommen. Dafür hat sich auch das österreichische Parlament mit all seinen Institutionen sehr stark gemacht, nämlich die nationalen Parlamente in einer neuen Rolle in Europa zu definieren – und das ist gelungen. Das wird eine weit reichende Konsequenz haben, die ich sehr begrüßen möchte. (Abg. Dr. Cap: Sehr chinesisch!)

Geschätzte Damen und Herren! Bundeskanzler Dr. Schüssel hat auch das Krisenma­nagement erwähnt – und ich glaube, Herr Kollege Cap, sogar Sie können stolz darauf sein, dass man den Vorsitz in dieser professionellen Art und Weise über die Bühne ge­bracht hat, denn die Gefahren, die diesbezüglich bestanden haben, waren enorm. Den­ken Sie nur an all das, was sich rund um den Karikaturenstreit auch in Europa abge­spielt hat! Sehr leicht hätte da durch eine fehlgeleitete Reaktion einer Präsidentschaft ein Flächenbrand entstehen können, ein Flächenbrand, den wir absolut nicht brau­chen. Da wurde in professioneller Gelassenheit genau das getan, was richtig ist, näm­lich die Sache herunterzuspielen, den Dialog aufzunehmen und keine Eskalation in ir­gendeiner Art und Weise zuzulassen. Das war, so glaube ich, eine exzellente Leistung der österreichischen Präsidentschaft in dieser krisenhaften Situation! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Vieles andere ist auch weitergegangen. Herr Vizekanzler Gorbach hat erwähnt, dass auch alte Projekte der Europäischen Union, die festgefahren waren, wieder flottge­macht wurden. Ich freue mich auch, dass es in Bezug auf den europäischen Führer­schein einen Durchbruch gegeben hat.

Ich halte es für sehr wichtig, dass das EU-Budget beschlossen wurde.

Die Dienstleistungsrichtlinie hat Herr Bundesminister Bartenstein durch seine Verhand­lungsführung zu einem Kompromiss gebracht.

Wenn wir all das resümieren, können wir erkennen, dass in dieser Präsidentschaft tat­sächlich eines gelungen ist, nämlich dass Österreich durch seine Art der Vorsitzfüh­rung das Vertrauen der anderen Staaten in der Europäischen Union auch in die Zu­kunft dieser Union festigen konnte. Das ist ein Punkt, der wahrscheinlich für die Zu­kunft eine große Bedeutung haben wird, denn die Skepsis ist überall groß. Und wenn eine Krise einmal durchschlägt und man bemerkt, es läuft nicht in die richtige Richtung, dann gibt es eine große Verzagtheit gerade bei den Europäern.

Durch die österreichische Präsidentschaft sind hier Akzente gelungen, das in ein ande­res Fahrwasser zu lenken, wieder mehr Schwung in Europa deutlich zu machen und damit auch das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in dieses Friedens­projekt Europa zu festigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wenn wir sehen, was andere dazu sagen, dann muss ich sagen, das ist schon eine wirklich beachtliche Bilanz. Wenn man sich all das vergegenwärtigt, was andere Staatsoberhäupter, was andere Regierungschefs, was auch andere Parlamentarier zu diesem österreichischen Vorsitz sagen, dann kann uns das durchaus mit Genugtuung erfüllen. Jacques Chirac, französischer Staatspräsident und nicht gerade erster Öster-


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reichfreund, sagte, die Österreicher haben eine exzellente Präsidentschaft hingelegt, voller Dynamik, Autorität und Ideenreichtum. – Beachtenswert!

Frank-Walter Steinmeier, deutscher Außenminister, sagte, die österreichische Ratsprä­sidentschaft war beispielhaft für Europa. Sie hat ganz ausgezeichnete Arbeit geleis­tet. – Ein deutscher Sozialdemokrat!

Und wenn ich Martin Schulz zitiere, Ihren Kollegen im Europäischen Parlament, der dort die Sozialdemokraten anführt und der sagte, er müsse vor allem die enorme Prä­senz von Schüssel und dessen Mannschaft im EU-Parlament und die enge Koopera­tion mit den EU-Abgeordneten anerkennen, dann ist das durchaus etwas, wo es Ihnen auch nicht schlecht anstünde, das einmal anzuerkennen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Eine ziemlich chinesische Rede!)

Meine Damen und Herren! Insgesamt, so denke ich, kann man wirklich eine positive Bilanz ziehen. Ich möchte mich namens meiner Fraktion bei allen Damen und Herren, die die über 3 000 Sitzungen in diesem Halbjahr vorbereitet, geleitet und Gespräche geführt haben, herzlich dafür bedanken, dass sie das in dieser exzellenten Art und Weise über die Bühne gebracht haben! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen – BZÖ sowie der Abgeordneten Schieder und Mag. Lunacek.)

Ich möchte mich natürlich bei den Mitgliedern der Bundesregierung bedanken: mit dem Respekt eines Parlaments vor einer Regierung, die als Visitenkarte Österreichs in Europa eine sehr gute Arbeit hingelegt hat. Meine Anerkennung, meine Damen und Herren der Bundesregierung, für diese Art der Präsenz und der Darstellung Öster­reichs in diesem Vorsitz!

Ich möchte daher insgesamt eine Schlussfolgerung ziehen, die da lautet: Wenn man Wolfgang Schüssel und sein Team arbeiten lässt, dann profitiert und gewinnt Öster­reich. Das ist ein Motto, das uns auch für die Zukunft, auch für den Wahlgang im Herbst, zuversichtlich stimmen kann. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

12.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.16.47

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Kollege Spindelegger, ganz einfach machen Sie es einem ja auch nicht. Kaum bemüht man sich – auch als Oppositionspolitiker – wie Kollege Schieder, irgendwie halbwegs neutral zu schildern, wie man die österreichische diplomatische Performance et cetera einschätzt, verwenden beziehungsweise missbrauchen Sie das als Argument: Na ja, wenn die Opposition das schon nicht alles schlecht findet, dann muss es einfach hypergenial, super, großartig und einmalig gewesen sein (Rufe bei der ÖVP: Ja eh!), dass es ärger nicht mehr geht. Machen Sie es uns doch nicht so schwer! Was soll das? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich finde, wenn Sie jetzt nicht die österreichischen Medien anschauen und vor allem nicht die Kommentare des Herrn Kollegen Spindelegger – ich habe ehrlich gesagt die Worte von Bundeskanzler Schüssel fast wohltuend neutral empfunden verglichen mit dem, was uns die ÖVP-Kollegen jetzt wieder zumuten –, aber wenn Sie die internatio­nalen Medien zu diesem Thema anschauen, so würde ich sagen: Die faire Bewertung unter dem Strich ist, die österreichische Präsidentschaft war okay, aber nicht aufre­gend. (Abg. Großruck: Muss ja nicht sein!) – Muss ja nicht unbedingt sein, da haben Sie schon Recht, Herr Kollege, aber ich glaube, damit wird gesagt, in den großen Fra­gen wie zum Beispiel dem Verfassungsvertrag oder der Entscheidungsfähigkeit der


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Union stehen wir halt dort, wo wir auch vor einem Jahr gestanden sind. Ich sage nicht, dass das die Schuld der österreichischen Präsidentschaft ist, sondern das ist der Zu­stand der Union. (Abg. Dr. Fekter: Nein! Wir sind schon weiter!)

Bevor ich fortfahre, möchte ich schon sagen, dass auch aus der Sicht der bescheide­nen Opposition dieses Hauses die österreichische Diplomatie – und damit meine ich jetzt alle, nicht nur die Beamten und Angehörigen des Bundesministeriums für auswär­tige Angelegenheiten, sondern auch alle anderen in den übrigen Ministerien, in den Botschaften und so weiter – hier wirklich eine erstklassige Performance geboten hat. Das muss man sagen! (Allgemeiner Beifall.)

Es ist bei solch einer Hyperaufgabe, wo ja Tausende von Meetings, Hunderte von mehr oder weniger wichtigen Begegnungen zu organisieren sind, unvermeidlich, dass einmal eine Panne passiert. Aber es kann keine große Panne passiert sein, jedenfalls keine, die an die Öffentlichkeit gedrungen ist.

Es war organisatorisch und klimatisch ausgezeichnet. Ich denke, auch in vielen kleine­ren, von der Öffentlichkeit jetzt nicht so wahrgenommenen Dingen sind Fortschritte er­zielt worden. Ja, aber wir sollen nicht so tun, als würde Österreich angesichts der Ver­dienste um die EU-Präsidentschaft jetzt sozusagen die würdige Nachfolge der Habs­burger im Heiligen Römischen Reich antreten. (Abg. Dr. Fasslabend: Schlecht?)

Ein bisschen wird das Bild natürlich auch positiv gefärbt durch die Vorgeschichte. Luxemburg ist, finde ich, als Präsidentschaft bravourös gescheitert, nämlich mit dem wichtigsten Anliegen, dem Budgetentwurf für die Union. Aber ich finde das gut: mit einem großen Projekt ehrenhaft scheitern. Jean-Claude Juncker ist in seinem politi­schen Nachruf Jahre später dadurch kein Schaden entstanden. Also: bravourös, aber gescheitert.

Im Gegensatz dazu: Die britische Präsidentschaft hat alle Vorurteile, die man gegen­über den Briten in der Union haben kann, bravourös bestätigt. Sie haben absolut nichts getan. Allerdings: Gegen Ende der Präsidentschaft ist auf wunderbare Weise der Bud­getentwurf zustande gekommen, der dann unter österreichischer Präsidentschaft mit dem Parlament noch verhandelt werden musste. Aber im Wesentlichen ist dieser Ent­wurf unter britischem Vorsitz zustande gekommen. So ungerecht kann die Welt sein. Diesen Erfolg habe ich der britischen Präsidentschaft nicht gegönnt – ich sage es ganz offen hier in diesem Hause –, angesichts ihres Verhaltens in anderen Dingen.

In der Energiepolitik sehe ich das schon ein bisschen differenzierter als Sie, Herr Kol­lege Spindelegger. Es ist richtig, dass auf europäischer Ebene, jedenfalls einmal auf Beschlussebene, auf der Ebene des Papiers, wesentliche Fortschritte erzielt worden sind in Bezug auf das Ernstnehmen der so genannten erneuerbaren Energien und ins­besondere der Energieeffizienz, wo es um die Frage geht: Wie können wir Energieein­satz sparen ohne Komfortverlust? – Und in Österreich machen wir genau das Gegen­teil, nämlich Sie von der ÖVP und Sie vom BZÖ, indem Sie die Förderung der erneuer­baren Energien drastisch zurückgefahren haben, gerade im Juni dieses Jahres. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!) – Ja wenn das nicht stimmt, dann, glaube ich, ist Ihnen mit Zahlen und Fakten überhaupt nicht mehr beizukommen. (Beifall bei den Grünen.)

Was Deutschland betrifft, Herr Kollege Spindelegger, mag es richtig sein, dass Josch­ka Fischer als Außenminister sein Herzblut vielleicht nicht in der erneuerbaren Energie gesehen hat. Das kann ich gar nicht beurteilen. Tatsache ist aber, dass in Deutschland eines der besten Gesetze zur Förderung von erneuerbarer Energie in der ganzen Europäischen Union existiert. Reden Sie mit Leuten, die etwas davon verstehen, mit Unternehmern in Österreich, die in diesem Bereich tätig sind! Deutschland und Spa­nien werden regelmäßig als die Vorbildländer in diesem Bereich genannt – und nicht


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Österreich, jedenfalls nicht seit der Kürzung der Förderung erneuerbarer Energien im Juni dieses Jahres! (Beifall bei den Grünen.)

Außerdem, Herr Bundeskanzler Schüssel: Hätten Sie uns letztes Jahr nicht vollmundig versprochen, dass im Rahmen des EURATOM-Vertrages Österreich wesentliche Ini­tiativen setzen wird, dann wäre es jetzt nicht so offenkundig, dass im Rahmen des EURATOM-Vertrages aber schon gar nichts weitergegangen ist, ganz im Gegenteil: Auch Österreich konnte nicht verhindern, dass die Renaissance der Atomenergie in­nerhalb der Europäischen Union bevorsteht. Das ist wirklich ein schlimmes Zeichen für die Energiepolitik des 21. Jahrhunderts.

Ich habe mir erklären lassen, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in den letzten 30 Jahren 60 Milliarden € der Atomforschung zugebuttert haben – 60 Milli­arden €! Wenn wir dieses Geld auch nur annähernd in die Forschung in den Bereichen Windkraft, Biomasse, Solartechnik, Photovoltaik gesteckt hätten, wären diese Techno­logien bei weitem wettbewerbsstärker, als sie es heute schon sind. Was sich im Atom­bereich abspielt, ist eine Wettbewerbsverzerrung erster Ordnung, die schon längst hätte beseitigt werden müssen, weil sie mit dem Grundgedanken des Binnenmarktes kollidiert. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Wegekostenrichtlinie hat schon Kollege Schieder Stellung genommen. Wenn man Fortschritte in Millimetern liest, dann, muss ich sagen, hat es Fortschritte gegeben. Wenn wir noch 30 Jahre warten sollen, bis sich die Kommission und bestimmte Mit­gliedstaaten zu einer Policy-Änderung bereit erklären, dann wird uns das in Österreich nicht genügen können angesichts der Verkehrsprobleme am Brenner und auf anderen Transitrouten.

Herr Bundeskanzler Schüssel, Folgendes ist mir aufgefallen: Sie haben heute von der so genannten Aufnahmefähigkeit der EU, der absorption capacity, als einem neuen Kriterium der Aufnahme zukünftiger Mitgliedsländer gesprochen. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Türkei! ... Türkei!) Ich habe Ihnen genau zugehört: „Bedingung“ und „Kriterium“ haben Sie gesagt. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Türkei!) Im „Economist“ vom 1. Juli, das ist jetzt gerade zwei Wochen her, werden Sie zitiert mit der Aussage, dass Sie bestätigen, diese „absorption capacity had not been upgraded“ in den letzten Verhandlungen, das heißt, dass sie nicht aufgewertet wurde. Und Kommissionspräsi­dent Barroso sagt ausdrücklich: This is not a new criterion – I repeat: not a new crite­rion!

Das ist eben dieser Double-speak, der die Leute irritiert. In Brüssel sagt man, das ist eh kein neues Kriterium, in Österreich sagt man, nein, das ist jetzt ganz wichtig und wird viel stärker beachtet als vorher. Dieser Eindruck ist auch berechtigt, nur, meine Kollegen von der Volkspartei, wenn das immer im Kontext mit den nächsten Erweite­rungskandidaten betrachtet wird, nicht im Zusammenhang mit der Türkei – die nächs­ten Beitrittsländer sind Kroatien und andere Länder des Westbalkans –, dann muss ich Ihnen sagen, das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, das wäre eine vollkommene Ände­rung der österreichischen Position, dass selbstverständlich all diese Länder ... (Abg. Mag. Molterer: Da haben Sie nicht zugehört, was der Bundeskanzler gesagt hat!) – Das wird gesagt, aber es wird gleichzeitig gesagt, dass diese absorption capacity eine ganz neue Bedeutung erhalten wird und nicht umsonst der Kommission der Auftrag erteilt wird, darüber nachzudenken und einen Bericht vorzulegen.

In Bezug auf den Westbalkan halte ich das für absolut kontraproduktiv, und ich bin dankbar, dass Bundesministerin Plassnik bei dem Salzburg-Gipfel zumindest erreicht hat, dass die Westbalkanländer die Erweiterungsperspektive behalten. Darüber muss man sich auch im Klaren sein, dass viele Mitgliedstaaten in der EU nicht einmal das wollen. Und es ist gar nicht so leicht, finde ich, der Öffentlichkeit immer wieder zu


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erklären: Wer ist die EU? Wer ist es, der den Widerstand in der EU verkörpert? – Das sind in der Regel bestimmte Mitgliedsländer, die das machen, andere Mitgliedsländer, mit denen wir diese Streitigkeiten auszufechten haben, und in den seltensten Fällen die Kommission, die sehr wohl immer noch den Gedanken ... (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ah, danke, Herr Präsident, für die Mahnung! (Rufe: Frau! Frau!) – Frau Präsidentin, ich bitte sehr um Entschuldigung!

Ich komme zum Schluss. Eigentlich wollte ich noch über die Bürgernähe der EU reden und darüber, wie wenig in diesem Bereich weitergegangen ist. Das ist jetzt gar kein Vorwurf an Sie, Herr Bundeskanzler Schüssel. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig diese Sache ist. Nur: Wenn der sehr geschätzte Außenminister Sloweniens das Stichwort vom „europäischen Lebensmodell“ in einen Vortrag aufnimmt, dann, Herr Bundeskanzler Schüssel, ist das nicht ernsthaft ein Beweis für die Popularität dieses Stichworts. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Scheibner. Ebenfalls 10 Minuten. – Bitte.

 


12.27.45

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Mit­glieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Als ich heute die Rednerliste gesehen habe, habe ich mich etwas gewundert, dass sich bei den Sozialdemokraten die Klubführung, die beiden Klubobleute nicht zu Wort melden, und habe mir gedacht: Ist das eine ...? (Abg. Öllinger: Und bei der ÖVP? – Abg. Krainer: Und wie ist das bei der ÖVP? Hat Sie das auch gewundert?) – Warten Sie, warten Sie! Sie regen sich schon wieder auf, bevor ich noch den Satz zu Ende gebracht habe. Ein bissel weniger Aufgeregtheit wäre schon angebracht!

Da habe ich mir gedacht: Heißt das, dass man dieser Frage zu wenig Bedeutung bei­misst?, und habe dann die Rede des außenpolitischen Sprechers Peter Schieder ge­hört, und ich muss sagen, ich bin froh darüber, dass diese Entscheidung so getroffen worden ist. Die Klubführung der SPÖ soll sich um andere Dinge kümmern. Die Außen­politik liegt beim Klubobmann-Stellvertreter Schieder in ganz guten Händen. Er hat diese differenzierte Sichtweise hier zum Ausdruck gebracht, mit Ausnahme des – das hat er wahrscheinlich sagen müssen – letzten Satzes, wenn er sagt, er wünscht sich eine andere Regierung, die das dann noch besser macht.

Herr Kollege Schieder, wenn man vergleicht ... (Abg. Schieder: Das wünsche ich mir wirklich!) – Ja, das glaube ich schon, aber ganz in deinem Inneren wirst du wahr­scheinlich auch mit mir konform gehen und auch froh darüber sein, dass diese Regie­rung jetzt im Amt ist (ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Abg. Schieder: Nein, nein!), und vielleicht hoffen, dass diese Regierung auch weiter im Amt sein wird und nicht deine Partei an der Regierung beteiligt ist, denn das Chaos, das sich dann abspielen würde, wäre, glaube ich, auch nicht in deinem Sinne. – Du lachst, aber wir sind da, glaube ich, durchaus einer Meinung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Schieder schüttelt verneinend den Kopf.)

Wenn man sich die Kritiken der beiden Präsidentschaften ansieht, 1998 unter der Re­gierung Klima und 2006 unter der Regierung Schüssel–Gorbach, dann sieht man, die Zensuren fallen jetzt wesentlich besser aus. Damals, 1998, hat man der Präsident­schaft Österreichs noch – wie hat man gesagt? – „mildernde Umstände“ eingeräumt. Nicht viel passiert, aber auch nichts geschehen; herbe Kritik, Enttäuschung und so wei­ter – das war damals der Grundtenor.


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Und jetzt sehen wir Anerkennung, durchwegs Anerkennung auch dafür, dass ein klei­nes Land wie Österreich wirklich professionell, ambitioniert und auch mit Idealismus – und zwar nicht nur von Regierungsseite, sondern auch bis hinein in den diplomatischen Kreis, bis hinein in den Mitarbeiterbereich, jeder Botschaft – diese Aufgabe übernom­men und sehr, sehr positiv umgesetzt hat. Ich glaube, diese Anerkennung ist nicht nur der Regierung, sondern auch allen Beteiligten wirklich zu zollen. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Über die Ergebnisse wurde schon diskutiert, über die Frage der Finanzierung der Euro­päischen Union, die Dienstleistungsrichtlinie, die Wegekostenrichtlinie, die Verkehrssi­cherheit  – Hubert Gorbach hat es angesprochen –, den europäischen Führerschein, viele Punkte, die andiskutiert worden sind. Selbstverständlich kann Österreich hier nicht die großen Weichen stellen. In einer Europäischen Union der 25, wo es sehr viele gegeneinander wirkende Kräfte gibt, kann man nicht erwarten, dass dieses Österreich sagt: So, jetzt haben wir die Präsidentschaft, und jetzt wird alles anders!, aber man kann Impulse geben, und das zumindest ist gemacht worden.

Sehr viele Punkte sind offen, aber nicht durch Schuld der österreichischen Präsident­schaft, sondern auf Grund der derzeitigen Situation in der Europäischen Union. Auch das muss man ansprechen. Und es ist richtig, was der Bundeskanzler gesagt hat: Wenn man die Präsidentschaft innehat, dann hat man es schwerer, eigene Positionen, nationale Interessen in die europäische Debatte einzubringen, als wenn das nicht der Fall ist. Das erwarten wir uns jetzt, und das erwarten sich auch die Österreicher, dass wir diese österreichische Position, was die Zukunft der Europäischen Union anlangt, jetzt ganz stark in die Debatte einbringen.

Wenn etwa Finnland, die finnische Präsidentschaft meint, für sie ist die Aufnahmefähig­keit der Europäischen Union kein wichtiger Schwerpunkt, dann erwarte ich mir von der österreichischen Außenpolitik, dass dieser Grundsatz, den wir richtigerweise im Rah­men unserer Präsidentschaft eingebracht haben, selbstverständlich auch weiter unter­stützt wird: Ja, die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union im Hinblick auf weitere Erweiterungsschritte ist ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung, ob neue Mit­gliedsländer in diese Union aufgenommen werden können. Dieser Grundsatz muss weiter unterstützt und verfolgt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist wichtig, dass neue Kandidatenländer die Kriterien für eine Mitgliedschaft erfüllen. Ich habe das immer gesagt – auch das war nicht die Entscheidung Österreichs –: Es war ein Fehler, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen, obwohl die Tür­kei nicht einmal das Kriterium erfüllt hat, dass von ihr alle Mitgliedsländer der Europäi­schen Union anerkannt werden. Da werden Grundsätze der Europäischen Union von der Europäischen Union selbst nicht ernst genommen. Wie kann man denn dann er­warten, dass man Druck auf andere Länder ausüben kann, dass sie diese Werte über­nehmen und auch einhalten: Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte achten, Pressefrei­heit, Rechte der Frauen? Das sind doch Werte, die wir in dieser Europäischen Union hochhalten. Wie kann man es unterstützen, dass man mit einem Land Beitrittsverhand­lungen aufnimmt, das diese Grundwerte nicht achtet und auch nicht bereit ist, diese Grundwerte zu achten? Da haben wir Widersprüchlichkeiten in der Europapolitik, die sicherlich in die falsche Richtung gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Zur Verfassungsfrage. – Auch in Österreich wird diskutiert: Wozu brauchen wir diese Verfassung? Gott sei Dank ist sie abgelehnt worden! Das ist alles unsinnig, das brau­chen wir nicht! – Doch, wir brauchen eine europäische Verfassung, weil diese Euro­päische Union der 15 nicht für 25 oder 27 Länder ausgelegt ist. Auch hier ist zu kri-


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tisieren, dass man sich eine Nachdenkpause nach der anderen verordnet und sich in Wahrheit über Jahre hinweg über klare Lösungsansätze hinwegschwindelt.

Es wird langsam an der Zeit sein, dass man in anderen Modellen für ein gemeinsames Europa denkt, dass man sagt: Wenn wir möglichst viele europäische Länder in diese europäische Familie der Europäischen Union eingliedern wollen und auch nach außen stärker auftreten wollen, etwa im Rahmen einer gemeinsamen Außenpolitik, wenn wir eine gemeinsame Verteidigung unterstützen wollen, was ein wirklicher Vorteil für klei­nere Länder wie Österreich wäre, dann muss es eine flexiblere Europäische Union ge­ben, dann wird man dazu kommen müssen, dass nicht alle Länder dieser Europäi­schen Union gleich vertieft sein können, dass sie nicht alle gleich behandelt werden können, dass es – ich will nicht sagen, unterschiedliche Geschwindigkeiten – unter­schiedliche Integrationstiefen wird geben müssen.

Deshalb haben wir dieses Modell des Bundes europäischer Staaten vorgeschlagen – nicht einen Bundesstaat wie die Vereinigten Staaten von Amerika, sondern einen Bund europäischer Staaten, wo jedes Land für sich selbst entscheidet, an welchen Integrati­onsmodellen und -modulen es teilnimmt. Dann wird sich eine Art Kerneuropa heraus­bilden – ich hoffe, Österreich kann dann an diesem Kerneuropa teilnehmen –, das das gesamte Spektrum dieser Integrationsschritte übernimmt: Währung, Wirtschaft, Sicher­heit, Verteidigung, Außenpolitik. Darüber hinausgehend wird es andere Länder geben, die nicht dieses gesamte Spektrum abdecken können. Und im äußersten Kreis soll es eine Partnerschaft für Europa für all jene Länder geben, die nicht an dieser Union als Vollmitglied teilnehmen können oder wollen.

Das wäre eine interessante Perspektive für die Zukunft, für ein funktionierendes Euro­pa, wo man sich nicht mit bürokratischen Finessen in Verträgen und in Gipfeln herum­schlägt, wo man nicht darüber diskutieren muss, ob das Parlament jetzt dreimal, vier­mal oder fünfmal zwischen Straßburg und Brüssel hin- und herpendelt, sondern wo es wirklich darum geht, Zukunftsperspektiven für ein Funktionieren dieses gemeinsamen Europas zu schaffen.

Letztlich auch ein bisschen symbolhaft dafür ist die Sprache in dieser Europäischen Union, wenn man noch stolz darauf ist, dass man eine Sprache spricht, die niemand versteht, wo man „in Gipfeln“ redet: der Vertrag von Amsterdam, der Vertrag von Maastricht, die Petersberg-Aufgaben, der „JI“ – wer weiß, was der „JI“ ist? –, der Rat für Justiz und Inneres, und am Besten gefällt mir noch BESOGEKO. Damals beim BESOGEKO haben wir dieses und jenes beschlossen – niemand versteht das! Ge­meint ist der Gipfel für Beschäftigung, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.

Solange Politiker, Beamte und Bürokraten dabei sind, denen es völlig egal ist, ob sie von der Bevölkerung verstanden werden, brauchen wir nicht darüber zu reden, ob es mehr Unterstützung für diese Europäische Union und für die wichtigen Fragen der Europäischen Union in der Bevölkerung gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Da brauchen wir auch nicht darüber zu diskutieren, ob es europaweite Volksabstimmun­gen oder Volksbegehren geben soll. Diese Grundsätze im Denken der Europapolitiker müssen geändert werden. Das wäre schon ein erster wichtiger Schritt, und da könnte auch Österreich Impulse geben.

Noch einmal danke für den Einsatz bei dieser Präsidentschaft. Ein wichtiger Schritt ist gemacht worden, wichtige kleine Schritte sind gesetzt worden, aber auf die wichtigen Weichenstellungen für ein Funktionieren der Europäischen Union auch in den nächsten 20, 30, 40 Jahren müssen wir noch warten, und wir erwarten uns in dieser Frage auch österreichische Impulse. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.38



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für die kommende Runde von fünf Wortmel­dungen verteile ich jeweils 5 Minuten pro Redner/Rednerin, allerdings ohne Zusatz, also genau bei Abläuten bitte auch die Rede zu beenden.

Als Erster in dieser Runde gelangt Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort. Wie gesagt: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.38.27

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Teure Bundesregierung! Lassen Sie mich zunächst, Herr Bundeskanzler, sagen, ich bin auch froh, dass die Werte der Zustimmung zur Europäi­schen Union in Österreich zuletzt wieder etwas in die Höhe gegangen sind, auch wenn wir weiterhin das Land sind, das die größte Skepsis gegenüber der Union zeigt. Ich denke, dass für das Emporgehen dieser Werte natürlich mehrere Dinge verantwortlich sind.

Ein Aspekt mag durchaus sein, dass die Österreicherinnen und Österreicher auch stolz waren, dass Österreich in diesen sechs Monaten eine besondere Rolle in der EU ge­spielt hat. Das ist den Menschen in diesem Land nicht ganz Wurscht. Und ich denke, das sollte man durchaus auch positiv vermerken.

Das Zweite – und da möchte ich an etwas anschließen, was Kollege Van der Bellen vorhin gesagt hat –: Es ist, glaube ich, sehr, sehr nützlich, wenn das, was im Rahmen einer Präsidentschaft, auch der österreichischen Präsidentschaft, geleistet werden kann, einigermaßen realistisch und nüchtern dargestellt wird. Im Vergleich zu den Men­schen, die von Regierungsseite und von den Regierungsfraktionen gesprochen haben, habe ich den Eindruck, dass der Bundeskanzler heute durchaus realistisch und nüch­tern geblieben ist. Und dafür möchte ich auch danken, denn ich denke, das ist etwas, was die EU durchaus brauchen kann.

Ich möchte daher auch den Versuch unternehmen, anhand dieses sehr umfangreichen Berichtes – in diesem Fall der österreichischen Vertretung in Brüssel – über das erste Halbjahr ein paar Aspekte hervorzuheben, die noch nicht genannt worden sind – es sind einige genannt worden, und es sind einige auch durchaus mit Recht positiv ge­nannt worden. Lassen Sie mich Folgendes sagen:

Zur finanziellen Vorausschau ist gesagt worden, was gesagt werden kann: Ja, Öster­reich hat seine Pflicht erfüllt. Das war schwierig. Es hätte auch noch besser ausgehen können, aber: Ist in Ordnung. Die Pflicht war mühsam, und sie ist erfüllt worden.

Im Bereich Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist nicht so viel gelungen, wie wir uns gewünscht hätten, aber es ist immerhin gelungen, im Bereich Forschung und Entwicklung zu klaren Selbstverpflichtungsentscheidungen der Mitgliedstaaten zu kom­men, sodass in den nächsten Jahren die Mittel dafür auch wirklich erhöht werden.

Die Salzburger Westbalkan-Erklärung ist schon positiv angesprochen worden – und sie ist wichtig! Sie ist nur in einem gewissen Umfang auch in Konkurrenz mit der Diskus­sion um die Aufnahmefähigkeit, und mein Eindruck ist, dass viele von den Staaten, die derzeit noch nicht Kandidatenstatus haben, durchaus auch besorgt sind, ob eher das, was etwa in der Westbalkan-Erklärung für diese Staaten gesagt worden ist, Gültigkeit haben wird, oder eher die Vorsicht, die hinter dem Begriff der Aufnahmefähigkeit steht.

Ich denke, dass solche Dinge wie der Schweizer Finanzbeitrag und die Deblockierung dieses Schweizer Finanzbeitrages für die neuen Mitgliedsländer der EU wichtig sind. Das ist ein kleines technisches Detail, aber es geht um viel Geld! Und ich denke, sol­che Dinge sollte man in ihrem Zusammenhang ruhig erklären, weil sie zu den Details zählen, um die sich eine Präsidentschaft kümmern muss. – Hier ist professionell gear­beitet worden, und daher ist das gelungen.


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Das Gleiche gilt etwa auch für die Finanzbeihilfe für die Palästinenser in der schwieri­gen Situation nach der Wahl der Hamas-Regierung. – Also auch das ist ein Punkt, den man durchaus positiv ansprechen kann.

Die Mehrwertsteuer-Einigung hat der Herr Bundeskanzler selbst angesprochen.

Ich darf aber meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, dass zum Beispiel ein Aspekt noch von überhaupt niemandem angesprochen worden ist: Wenn man sich den Bericht der österreichischen Vertretung über das erste Halbjahr ansieht, dann ist auf­fällig, dass das relativ erfolgreichste Ministerium das Justizministerium gewesen ist. Wenn man sich anschaut, welche Punkte die im ersten Halbjahr zustande gebracht haben, dann, denke ich mir, ist das doch zumindest eine Erwähnung von Seiten der Regierung wert! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.) – Es wun­dert mich, dass da überhaupt nichts erfolgt ist.

Natürlich ist das Arbeit, mit der man nicht faszinieren gehen kann. Die Frage, ob es ein europäisches Mahnverfahren gibt oder nicht, interessiert nicht wahnsinnig viele Men­schen hier, aber für die Frage des Funktionierens eines gemeinsamen europäischen Rechtsraums ist das und sind andere Dinge – über außervertragliche Schuldverhältnis­se, über das Bagatellverfahren, über die Zustellverordnung und, und, und – unglaublich wichtige Bausteine! Und ich möchte sagen, hier ist offenbar in aller Stille etwas gelun­gen, was nicht einmal dem Rest der Regierung aufgefallen ist – das finde ich bedauer­lich. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich sagen, auch im Bereich des Innenministeriums ist das eine oder an­dere gelungen. Nicht alles davon hat uns gefallen – die Vorratsdatenspeicherung etwa finden wir nicht so begeisterungswürdig –, aber das ist nicht der Punkt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es ist gelungen, ein gemeinsames Informati­onssystem zustande zu bringen, es sind sonstige Dinge gelungen.

Frau Präsidentin! Mein Schlusssatz (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen): Ich denke, es ist durchaus anzuerkennen (Abg. Scheibner: Das geht nicht! Wir müssen das genau einhalten! Der Letzte fällt sonst wieder heraus!), dass von vielen hier sehr gute Arbeit geleistet worden ist (Abg. Mag. Molterer: Der Letzte fällt wieder heraus! – Abg. Scheibner: Das ist unmöglich!), und wir denken, dass insbeson­dere der Herr Staatssekretär im Außenministerium, aber auch die Justizministerin dafür Dank verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend zu Wort. – Bitte.

 


12.44.03

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Ich werde versuchen, in wenigen Minuten nüchtern und schwerpunktmäßig (iro­nische Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen) über diese österreichische Präsidentschaft Bilanz zu ziehen.

Zweifelsohne war die Ausgangssituation nicht leicht, weil wir uns in einer Phase befan­den, wo es unmittelbar davor entscheidende Rückschläge gegeben hatte, wo die Zu­versicht an einem Tiefpunkt war und wo auch das Vertrauen in das europäische Pro­jekt enormen Schaden gelitten hatte.

Und wenn ich es zusammenfassen möchte, dann würde ich sagen: Es ist in diesen wenigen Monaten zweifelsohne nicht gelungen, alle Probleme zu lösen – das ist auch unmöglich. Aber was gelungen ist, ist, zu erreichen, dass Europa wieder Selbstver­trauen gefasst hat, dass es wieder Zuversicht hat. Es ist gelungen, einige wichtige Vor-


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haben zu einem Ende zu bringen, und es ist auch gelungen, entscheidende Weichen für die Zukunft zu stellen. Ich möchte das wie folgt konkretisieren.

Begonnen hat es für mich mit der Veranstaltung „The Sound of Europe“ in Salzburg: Da ist es wirklich gelungen, auf eine neuartige Art und Weise – wobei man Künstler, Wissenschafter, Wirtschaftsleute und Politiker, namhafte Staatsmänner zusammenge­fasst hat – nicht nur über Europa zu diskutieren, sondern auch klarzumachen, dass dieses europäische Projekt eine Zukunft hat und dass es notwendig ist! Und von da ist auch eine positive Stimmung ausgegangen, die sich fortgesetzt hat.

Es ist dann zweifelsohne ganz, ganz wichtig gewesen, dass es gelungen ist, die Fi­nanzperspektive auch mit dem Parlament entsprechend gut zu verhandeln – das war ein Stolperstein, der überwunden werden musste, und da kann man nur ein Kompli­ment dafür aussprechen.

Dass es dann gelungen ist, eines der schwierigsten Vorhaben überhaupt, das jahr­zehntelang diskutiert, aber nie zu einem Ende gebracht werden konnte, nämlich die Dienstleistungsrichtlinie, zu beschließen, und zwar so, dass es nicht nach dem Her­kunftslandprinzip geht, sondern dass auch alle Unsicherheiten in der Anwendung für die Menschen dabei vermieden werden können, das war zweifellos eine Großtat und eine große Leistung, die auch auf Dauer in die Geschichte dieser Präsidentschaft ein­gehen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Was mir persönlich sehr gut gefallen hat – das muss ich sagen –, war, dass es wäh­rend dieser Präsidentschaft auch gelungen ist, die so genannten Lissabon-Ziele oder die Lissabon-Strategie in ganz konkrete Ziele umzuwandeln: dass ein Mittelstandspro­gramm beschlossen worden ist, zu dem sich alle Staaten Europas verpflichtet haben, dass es gelungen ist, ganz konkrete Ziele für den Arbeitsmarkt – nämlich zur Bekämp­fung der Arbeitslosigkeit, zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen – zu setzen, dass es dort diesen Schwerpunkt gegeben hat, dass Europa nicht Bürokratie bedeutet, sondern dass man versuchen muss, im Wettbewerb mit anderen Regionen der Welt Arbeits­plätze zu schaffen, den Menschen Arbeit zu geben. Das habe ich ganz toll gefunden, und ich glaube, dass wir da einen wichtigen Schritt weitergekommen sind.

Dass es auch gelungen ist, für den ländlichen Raum entscheidende Mittel bereitzustel­len und insbesondere für Österreich dabei sehr viel herauszuholen, das ist sozusagen nur eine Ergänzung.

Wichtig war für mich auch die Frage der Subsidiarität und Proportionalität, weil dies in Zukunft bedeutet, dass bei allen wichtigen Gesetzesvorhaben alle Parlamente, auch die nationalen Parlamente, mit den EU-Vorhaben rechtzeitig befasst werden und damit auch entsprechend reagieren können und damit auch verhindert werden kann – durch unser eigenes Zutun –, dass das eine oder andere in die falsche Richtung läuft. Und dass hier, neben der Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten, gerade auch das österrei­chische Parlament eine wichtige Rolle gespielt hat, möchte ich nur so nebenbei erwäh­nen.

Zweifelsohne ist es insgesamt gelungen, das Ansehen Österreichs durch diese Präsi­dentschaft zu erhöhen. Und ich glaube, man kann ohne jegliche Übertreibung sagen, dass es auch Wolfgang Schüssel gelungen ist, sein persönliches Ansehen in Europa ungeheuer zu erhöhen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wolfgang Schüssel ist heute einer jener Menschen in Europa, die nicht nur zu den gro­ßen Entscheidern zählen, sondern die wirklich das Sagen haben, und er wächst immer mehr in eine Rolle hinein, die früher vielleicht einmal Helmut Kohl oder einige ganz wenige andere Leute gehabt haben.


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Was mich freut, ist, dass es trotzdem gelungen ist, das Team entsprechend wirksam werden zu lassen. Das, was Martin Bartenstein, was Karl-Heinz Grasser hier geleistet haben, das, was auf der anderen Seite auch Hubert Gorbach, Ursula Plassnik oder Josef Pröll zustande gebracht haben (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen), war zweifelsohne erstklassig. (Beifall des Abg. Dr. Stummvoll.)

In diesem Sinne war es eine hervorragende Gesamtleistung im Interesse von Europa und von Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

12.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.49.24

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Fassl­abend, ich habe Ihnen jetzt zum Schluss genau zugehört, und jetzt muss ich doch nachfragen: Auf welche „andere Seite“ platzieren Sie Frau Außenministerin Ursula Plassnik? Auf die Seite des Herrn Vizekanzlers? Heißt das, ins BZÖ? – Das ist unklar geblieben. (Abg. Lentsch: Das ist ein Unsinn!) Sie ist leider auch nicht da, um das viel­leicht selbst beantworten zu können. – Aber gut.

Lassen Sie mich beginnen mit etwas, worüber wir uns, denke ich, auch hier im Hohen Haus alle einig sind: mit dem Dank – nämlich auch von meiner Seite – an all die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter vor allem im Außenministerium, aber auch in den anderen Ministerien und rundherum, die während dieser Präsidentschaft die vielen auch kleinen wichtigen organisatorischen und politischen Arbeiten gemacht haben, die nicht das Licht der großen Öffentlichkeit erblicken. Denen möchte ich auch hier einen ganz be­sonderen Dank aussprechen. Das war wirklich eine harte Zeit! Danke dafür! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte noch auf zwei Punkte eingehen. Das eine: Was waren die Ansagen des Herrn Bundeskanzlers, der Bundesregierung vor dieser Präsidentschaft – und was bleibt tatsächlich davon übrig? Vieles ist ja schon gesagt worden, einiges noch nicht.

Das eine war die Ansage – und das muss ich wiederholen –, auch in der Anti-Atompoli­tik klar Stellung zu beziehen.

Herr Bundeskanzler, das haben Sie nicht gemacht! Das ist nicht geschehen! Und wenn Sie von einem „Paukenschlag mit der Energiepolitik“ sprechen, dann kann ich nur sagen: Dieser „Paukenschlag“ hallt so weit, dass mittlerweile immer mehr Länder bereit sind, neue Atomkraftwerke zu bauen, und Österreich hat nichts getan, um das einzudämmen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Und das können wir verhin­dern?!)

Das hätten Sie insofern beeinflussen können, als Sie zum Beispiel schon lange vor der Präsidentschaft anfangen hätten können, mit jenen Staaten, die noch keine haben – und das ist etwa die Hälfte der derzeitigen EU-Staaten –, Allianzen zu schließen, sich die Unterstützung der Bevölkerung zu holen – die Sie ja haben! – und dann auch klar­zumachen, dass Atomenergie keine sichere Energie ist. Punkt! (Abg. Gahr: Sie kön­nen es ja versuchen!) Atomenergie ist unsicher! – Und deshalb ist das einer Ihrer gro­ßen Fehler, ein Punkt Ihres großen Scheiterns im Rahmen dieser Präsidentschaft. Das muss klar und deutlich gesagt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Die Schritte betreffend erneuerbare Energie, die auch Kollege Van der Bellen schon angesprochen hat, sind gut und wichtig, aber auch da muss ich sagen, weil Sie Josch­ka Fischer erwähnt haben: Wie gesagt, die deutschen Grünen haben während ihrer Regierungsbeteiligung einen Boom im Bereich der erneuerbaren Energien in Deutsch-


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land durchgesetzt, und das hat auch zu einem neuen Exportboom in der deutschen Wirtschaft geführt. Da wundert es mich, warum gerade die ÖVP, die sich immer als Wirtschaftspartei verkauft, das nicht versucht, sondern Gegenteiliges macht und ein österreichische Ökostromgesetz beschließt, das genau in die Gegenrichtung geht.

Aber gut, bleiben wir bei dem, was angesagt war und was geblieben ist.

Angesagt waren eine Nachdenkpause im Bereich der Verfassung und der Versuch, Bürgernähe herzustellen. – Die Nachdenkpause ist geblieben. Vorschläge, wie sie eigentlich angedacht waren, hat es nicht gegeben. Die Nachdenkpause geht einfach weiter, und man hofft jetzt auf die deutsche Präsidentschaft. Hiezu kann ich einfach nur sagen: Sie haben anscheinend nachgedacht mit manchen, mit manchen auch nicht, und es wird weiter nachgedacht. – Das ist wirklich kein bleibender Effekt, und das bringt Europa und auch die Bürgernähe sicher nicht weiter.

Ein Weiteres, um noch einmal die Bürgernähe anzusprechen: Worum es da eigentlich gehen sollte, wäre, sich nicht, wie Herr Kollege Scheibner es gesagt hat, in Konferenz­zentren zu verstecken, in Klöstern, wie in Klosterneuburg, zu treffen – abgeschottet von der Bevölkerung – oder auch beim „Sound of Europe“ in Salzburg mit einge­schränkten Eliten zu diskutieren, die ohnedies schon wissen, dass sie für die Europäi­sche Union sind.

Notwendig wäre es, hinauszugehen, mit den Menschen, vor allem mit den jungen Leu­ten zu diskutieren! Das hätte ich mir gewünscht und auch erwartet. – Das aber ist nicht passiert. Und da kann ich nur mit den Worten der Schriftstellerin Marlene Streeruwitz auf Sie zurückkommen, die in einem Artikel geschrieben hat, dass „Metaphern in der Sprache der Politik“ „immer zum Überdecken der Widersprüche zwischen Realität und politischer Behauptung“ dienen. – Darin sind Sie Meister (Abg. Öllinger: Weltmeister!): die Realität zu überdecken und schöne, große Worte zu sagen (Beifall bei den Grü­nen), viel über Europa zu reden. Aber in der Realität wissen heute in der Bevölke­rung – wobei ich natürlich auch froh bin, dass laut Eurobarometer ein paar Prozent mehr positiv über die EU denken – viele Leute nicht, warum wir diese Europäische Union brauchen. Dass wir eine ökologische, soziale und demokratischere EU brau­chen, das konnten Sie der Bevölkerung leider nicht klarmachen! (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort. – Bitte.

 


12.54.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Der Start, der Vorspann für die österreichische EU-Ratsprä­sidentschaft war schwierig. Wir erinnern uns an das Jahr 2005 mit all den Problemen, die es gegeben hat: von den Referenden in Frankreich und Holland zur EU-Verfas­sung, über die schrecklichen Anschläge in der Londoner U-Bahn mit den zu beklagen­den Opfern, die Zerreißprobe im Zusammenhang mit der Aufnahme der Beitrittsver­handlungen mit der Türkei, bis hin zur Problematik bei der Finanzvorschau. Letztlich haben die Medien davon berichtet, dass Europa in seiner tiefsten Krise steckt. – Das war die Basis, sozusagen der Beginn der österreichischen Ratspräsidentschaft.

Berichte schwankten zwischen Resignation einerseits – man fragte sich: Was wird aus Europa? Wird überhaupt noch etwas aus Europa? – und einer großen Erwartungs­haltung gegenüber der Ratspräsidentschaft andererseits. Die Erwartungshaltung war wahrscheinlich deswegen groß, weil die Mitgliedsländer der Europäischen Union er-


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kennen mussten, dass seit dem Jahr 2000, seit diese Bundesregierung angetreten ist, Reformen umzusetzen, ein sehr, sehr positiver Weg beschritten wurde, dass Öster­reich gleichsam auf die Überholspur gebracht wurde. Und diese Erwartungshaltung hat sich natürlich niedergeschlagen, was Europa und die Ratspräsidentschaft anbelangt. – Heute können wir auf die Ratspräsidentschaft zurückblicken.

Europa, meine geschätzten Damen und Herren, wurde weitergebracht. Europa stellt fest: Österreich hat an internationalem Ansehen gewonnen. Das Image, das gute Image Österreichs wurde weiter verbessert. Österreich hat, aus meiner Sicht jeden­falls, die Erwartungshaltung erfüllt. Es war eine gute Vorbereitung, es war eine gute Organisation. Ich darf in diesem Zusammenhang allen – nicht nur den Mitgliedern der Bundesregierung, sondern allen, die daran beteiligt waren – meinen Dank ausspre­chen. Und es hat während dieser Ratspräsidentschaft viele Anstöße gegeben. Es wur­de der Geist der Zusammenarbeit gefördert. Österreich war, wie ich meine, ein fairer Vermittler.

Wenn Herr Kollege Van der Bellen davon spricht, dass die Ratspräsidentschaft nichts Aufregendes gewesen sei, dann sage ich: d’accord! Ich danke dem Herrn Bundeskanz­ler und ich danke der Bundesregierung, der Ratspräsidentschaft dafür, dass es keine Aufregungen gegeben hat! Ich danke dafür, dass man in dieser schwierigen Situation, was die EU-Verfassung und die Ablehnung anbelangt, wie ich meine, sehr, sehr sorg­fältig und einfühlsam vorgegangen ist.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Europa, ein größer werdendes Europa eine Ver­fassung braucht. Europa braucht, geschätzte Damen und Herren, Spielregeln. Und die Voraussetzungen dafür, dass wir dazu kommen, dass Europa dazu kommt, wurden durch diese Ratspräsidentschaft geschaffen.

Es gibt, wie ich meine, mehr Transparenz, mehr Vertrauen – nicht der Mitgliedsländer, der Regierungen der Mitgliedsländer, sondern der Bürger in Europa. Es geht darum, Europa einfach besser zu verstehen – es wurde schon angesprochen –, eine Sprache zu sprechen, die die Bürger verstehen, um mit- und nachvollziehen zu können.

Ich verhehle in diesem Zusammenhang auch nicht, dass etwas stattfindet, was ich ein­fach nicht fair finde. Es findet nämlich, wie ich meine, ein nationalstaatlicher Miss­brauch statt: Alles, was an Negativa zu verzeichnen ist, wird gerne Richtung Europa geschoben, und alles, was positiv zu vermerken ist, vereinnahmen die jeweiligen Re­gierungen sehr häufig leider für sich. – Diesbezüglich soll und muss ein Umdenken er­folgen.

Aber es wurden wesentliche Inhalte, es wurden wesentliche Punkte thematisiert: die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union, eine Verankerung dieser Aufnahmefähig­keit und einfach auch der Tatsache, dass sie ihren Niederschlag in den jeweiligen Be­richten findet.

Es wurden neue Themen aufgegriffen, wie auch die Energiepolitik, die von meiner Vor­rednerin angesprochen wurde. Ich bitte, auch mit diesen Themen sorgfältig umzuge­hen. Sie haben gesagt, es wird bei EURATOM in die Atompolitik investiert, es wird in die Forschung im Bereich der Kernfusion investiert. – Ich stehe dazu, dass es Sinn macht, Investitionen in diese Technologie zu tätigen!

Der Bereich Verkehrssicherheit wurde mit klaren Zielsetzungen versehen und diese daher erhöht.

Im Forschungsbereich wird um 70 Prozent mehr investiert. Europäische Hilfsprogram­me im Bereich der Medizin sind installiert worden.


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Geschätzte Damen und Herren! Die Bedeutung der klein- und mittelständischen Unter­nehmen für Beschäftigung und Wohlstand wurde für die Mitgliedstaaten festgeschrie­ben und festgemacht.

80 Prozent der Österreicher sind stolz, nicht darauf, dass diese Bundesregierung die Ratspräsidentschaft innehatte, sondern wie diese Bundesregierung die Ratspräsident­schaft mit Inhalten und Leben erfüllt hat. – Dieser Überzeugung schließe ich mich an. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

13.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.01.04

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bereits mehrmals wurde das „Euro-Barometer“ angesprochen, und es ist zweifellos erfreulich, wenn sich die Daten der österreichischen Bevölkerung verbessert haben, wenn die Euroskepsis doch ein bisschen zurückgegangen ist.

Leider ist Österreich aber nach wie vor Schlusslicht. Wenn man sich die Bereiche und die Sorgen im Einzelnen ansieht, dann erkennt man, dass es die Angst vor Arbeits­losigkeit, vor Kriminalität und vor dem Abbau des Sozialstaates ist, die die Menschen besonders berührt.

Damit sind wir bereits wieder bei dem Punkt, den wir hier schon öfters angesprochen haben, dass nämlich die Entwicklung einer Sozialunion das Entscheidende wäre, um die Europäische Union den Menschen nahe zu bringen und ihnen zu zeigen, dass die Union eine Union der Bürgerinnen und Bürger ist und nicht nur der Unternehmen. Lei­der ist aber in diesem Bereich in letzter Zeit nichts weitergegangen.

Ich möchte da besonders die Frauen ansprechen, denn bei diesem „Euro-Barometer“ zeigt sich, dass die Frauen die Europäische Union negativer sehen als die Männer, dass sie besonders wenig Vertrauen zur Europäischen Union haben. Es sind eben ge­rade diese Themen, die ich bereits erwähnt habe, die die Frauen besonders beschäfti­gen, die sie mit Sorge erfüllen und die dazu führen, dass ihr Vertrauen ein geringes ist.

Es gibt eine Reihe von Themen – wie die Einkommensentwicklung, die Arbeitslosigkeit, das Gesundheitswesen, den Sozialstaat, die Entwicklung dieses Sozialmodells –, die die Frauen besonders berühren und wozu besondere Initiativen für Frauen notwendig wären. Ich vermisse aber spezielle Initiativen für die Frauen.

Es ist positiv, dass eine Konferenz zur FGM stattgefunden hat – das möchte ich aus­drücklich anmerken –, aber in diesen anderen Fragen, die ja doch die große Mehrheit der Frauen berühren, ist leider über eine Ist-Stand-Analyse nichts herausgekommen.

Das unterscheidet sich schon wesentlich von unserer ersten EU-Präsidentschaft. Die jetzige Präsidentin, die gerade den Vorsitz führt, war damals Frauenministerin und hat die damalige Präsidentschaft, was den Frauensektor betrifft, sehr gut vorbereitet ge­habt und auch gleich zu Beginn der Präsidentschaft einen Rat zu Frauen- und Gleich­stellungsfragen durchgeführt. – Das ist etwas, was ich mir auch jetzt sehr gewünscht hätte.

Es gibt im Bereich der Gleichstellungspolitik in Europa eine ganze Reihe von Fragen, die sehr wichtig wären: zu viel Teilzeitbeschäftigung, Probleme mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt, das Ausein­andergehen der Einkommensschere und sehr viel anderes. Da aber die Frauenministe­rin zugleich auch Gesundheitsministerin ist, hätte ich mir Initiativen im Bereich der


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Frauengesundheit gewünscht. (Bundesministerin Rauch-Kallat: Da haben Sie nicht aufgepasst!) – Natürlich habe ich aufgepasst!

Es gibt verschiedene Studien, die zeigen, dass zum Beispiel Medikamente und Be­handlungsmethoden für Frauen und Männer unterschiedlich wirken. Daher wäre es eben notwendig, nicht nur eine Ist-Stand-Analyse durchzuführen, sondern auch wirklich konkrete Ergebnisse zu erreichen – und das wäre bei den Beipacktexten, bei den Tests, bei der verbindlichen Implementierung genderspezifischer Lehre und For­schung, bei der Bereitstellung von Mitteln sehr wohl möglich gewesen. – Das ist jedoch leider nicht geschehen! (Beifall bei der SPÖ.)

13.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.05.52

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Wenn man eine sechsmonatige Präsi­dentschaft Revue passieren lässt, darf man nicht ungerecht sein, und auch ich möchte das nicht sein. Es wäre vermessen, zu glauben, dass ein mittelgroßes Land wie unsere Republik innerhalb von sechs Monaten alle Probleme der Europäischen Union hätte lösen können.

Erlauben Sie mir aber dennoch, dass ich auf einige Schwerpunkte eingehe, die mir be­sonders wichtig erscheinen und in denen es die Bundesregierung verabsäumt hat, jene Schritte zu setzen, die ich für notwendig halte: Es geht im Wesentlichen um den Schritt des Kampfes um mehr Bürgernähe. Das ist bislang nur ein Schlagwort und meistens auch in den Reden der Politiker nur ein Schlagwort, aber wir können es mittlerweile an einigen Punkten festmachen, meine Damen und Herren.

Der eine Punkt ist die Verfassung, die in ihrem ersten Entwurf gescheitert ist und bei der es nunmehr heißt: Zurück an den Start! Diese Verfassung muss so übersetzt wer­den, dass sie der Bürger verstehen kann. In ihren wesentlichen Elementen muss klar­gemacht werden, dass diese Verfassung dem Bürger dient und nicht den EU-Bürokra­ten in Brüssel.

Das wird die Hauptaufgabe in Bezug auf die Neuerstellung einer neuen Verfassung mit dem klaren Hinweis und mit der klaren Ankündigung sein, dass nach dem Vorschlag einer neuen Verfassung selbstverständlich eine Volksabstimmung – und zwar hier in Österreich – in Bezug auf jene Änderungen abgehalten wird, die durch die neue EU-Verfassung in der österreichischen Bundesverfassung eintreten werden.

Meine Damen und Herren, das haben wir in den letzten Monaten verabsäumt. Hätte auch in anderen Teilen der Europäischen Union dieses Prinzip flächendeckend gegol­ten und hätte sich die politische Ebene dazu hinreißen lassen, diese Prinzipien an den Bürger heranzubringen und diese Begriffe richtig zu übersetzen, dann – so denke ich – wäre diese Verfassung nicht gescheitert.

Der zweite Punkt, in dem es darum gehen muss, die Bürgernähe festzumachen, ist der Punkt der Erweiterung. Auch in der Frage der Erweiterung der Europäischen Union sa­gen alle wichtigen Institutionen der Europäischen Union, dass es mit der überschnellen Erweiterung der Union genug sein sollte, dass es jetzt um eine Vertiefung und auch darum gehen muss, jene Elemente, die wir in Europa bereits erreicht haben, zu festi­gen und erst dann wieder zu einem Erweiterungsschritt zu kommen.

Diesen Erweiterungsschritt nicht zu tun hätten wir in den letzten sechs Monaten in zwei Fällen in der Hand gehabt, nämlich in Bezug auf den Beitritt der Republik Türkei, aber auch in Bezug auf den Beitritt von Bulgarien und Rumänien. Die Beitritte von Bulgarien


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und Rumänien erfolgen – europaweit anerkannt – zu früh. In beiden Ländern sind Aspekte anzumerken, die darauf hinweisen, dass beide Länder noch nicht reif für den Beitritt zur Europäischen Union sind und dass die Europäische Union ihnen auch mehr Zeit hätte geben müssen, jenen Standard zu erreichen, der notwendig ist.

Der zweite Bereich bezüglich der Aufnahme der Türkei wären jene Prinzipien gewesen, die Österreich beim Türkeigipfel im Herbst vergangenen Jahres erwirkt hat, nämlich die Aufnahmefähigkeit als ein Kriterium in Bezug auf den Türkeibeitritt zu nehmen, aber auch eine Stopptaste einzuführen, die besagt, dass, wenn es zu Schwierigkeiten in den Verhandlungen mit der Türkei kommt und wenn die Türkei gegen wesentliche Prin­zipien der Europäischen Union verstößt, es diese Stopptaste zu drücken gilt und es einen Stopp der Verhandlungen mit der Türkei geben wird.

Der dritte Punkt wäre gewesen, dass man eine Sonderregelung für die Türkei für den Fall einführt, dass es nicht zu einem Vollbeitritt kommt.

All diese drei Punkte habe ich in ihrer Wichtigkeit während dieser sechs Monate der Präsidentschaft unseres Landes nicht gehört. Im Gegenteil: Die Aufnahmefähigkeit als ein Kriterium ist zerschellt an der Meinung der anderen Mitgliedsländer. Sie wird also keine Rolle mehr spielen. Die Stopptaste, die angekündigt worden ist, wurde von nie­mandem gedrückt, obwohl es schon hundertmal den Grund dazu gegeben hätte, weil sich die Türkei als nicht reif für die Europäische Union und den Beitritt herausgestellt hat. Und all diese Punkte weisen darauf hin, dass man auch in diesem Bereich der Er­weiterung die Stimme der europäischen Bevölkerung nicht ernst nimmt.

Meine Damen und Herren! Unabhängig von einer Präsidentschaft unseres Landes, un­abhängig davon, ob wir gerade Präsident sind oder nicht, müssen wir, wenn wir wollen, dass das Experiment Europäische Union gelingt, diese beiden Prinzipien auch in den nächsten Jahren vertreten. Es muss mehr Bürgernähe in der Frage der Erstellung einer neuen europäischen Verfassung oder eines neuen europäischen Verfassungs­vertrages und in der Frage der Erweiterung der Union geben.

13.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Hagen­hofer zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.11.27

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon so ziemlich alles gehört: von „Fundamentale Änderungen in der EU sind nicht sinnvoll!“ über „Bür­ger wollen ein Europa der Resultate!“, bis hin zu „So viel Inhalt gab es in keiner Prä­sidentschaft!“ Jeder von uns oder von denjenigen, die politisch tätig sind, hat eine be­stimmte Wahrnehmung. Ich habe mich daher informiert, wie Außenstehende dieses Ergebnis der EU-Präsidentschaft sehen: Im „Standard“ steht zum Thema EU-Präsi­dentschaft: „Gut is’ gangen, nix is’ gschehn.“ (Abg. Dr. Mitterlehner: Was heißt „Gut is’ gangen, nix is’ gschehn“? – Viel ist geschehen!) Man kann sagen, das ist etwas über­trieben, aber in zentralen europäischen Fragen muss man schon genau hinschauen und sagen, wesentliche Schritte oder Fortschritte konnten noch nicht erreicht werden. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Was denn?)

Bezüglich der Jugendarbeitslosigkeit: Wenn die nationalen Aktionspläne als Verpflich­tung für die einzelnen Länder gelten, aber in der Zielerreichung keine Folge haben, dann kann das ein Land erfüllen, das zweite nicht.

Was passiert im Haushaltsrecht? Was passiert im Budget? Dort gibt es sehr wohl Kon­sequenzen. – Warum nicht im Sinne der Arbeitslosigkeit auch bei diesen nationalen Aktionsplänen Verpflichtungen einführen, Frau Kollegin? (Abg. Dr. Baumgartner-Ga-


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bitzer: Es ist schon viel passiert!) Es ist immer eine Ansichtssache und immer eine Frage, wo der Schwerpunkt genau liegt.

Zusätzlich gibt es derzeit europaweit für junge und ältere Menschen und für Menschen mit Beeinträchtigungen keine oder nur eine geringe Zahl von Plätzen in der Arbeitswelt. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das stimmt ja nicht!) Sie verkennen trotz der hohen Beschäftigungsquote, dass es Menschen gibt, die es schwerer haben und die auch gerne arbeiten würden! Auch das ist eine zentrale Frage von Europa. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Eine weitere zentrale Frage Europas ist der steigende Transit, wenn die Zahl der LKWs auf der Straße immer größer wird, zwar der Beschluss da ist, dass diese auf die Schie­ne verlagert werden sollten, aber nichts geschieht. Das ist eine zentrale Frage für die Umwelt und für die Menschen, die an den Straßen wohnen. Es wäre notwendig, dass die transeuropäischen Netze ausgebaut werden. (Abg. Dr. Mitterlehner: Die werden auch ausgebaut!)

Was wir haben, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist eine Währungsunion – da sind wir uns alle einig, alle Kriterien werden eingehalten –, wir haben aber keine Wirt­schaftsunion. Wir brauchen einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik in Richtung Wachstum und Beschäftigungspolitik! (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das haben wir ja!) Derzeit läuft in Europa eine Zusammenschlusswelle von Unternehmen, eine Gewinnmaximierung immer unter dem Titel „Personalabbau“ – dann ist der Gewinn be­sonders groß. Das sollten Sie auch sehen! Das darf man sich kritisch anschauen. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Beschäftigungspolitik!) Schauen Sie sich das an! Das ist eine zentrale Frage von Europa. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine EU-weite Tendenz zeigt auf: Ein Drittel der Gesellschaft hat Arbeit, ein Drittel ist arbeitslos und ein Drittel ist in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Nicht den Kopf schütteln, die Statistiken lesen! (Abg. Rädler: Was ist das eine Drittel Arbeitsloser in Österreich?) Statistiken lesen und das als zentrale Frage in Europa auch angehen! (Abg. Rädler: Sind 4 Prozent ein Drittel?)

Die Wirtschaft – und das spüren die Menschen genau – macht sich in Europa breit – das ist auch wichtig und richtig! –, und gleichzeitig wird über weite Strecken in vielen Ländern der Europäischen Union bei den Menschen das Sozialniveau nach unten ge­fahren. Das kann nicht ein soziales Europa sein! Was wir brauchen, ist ein soziales Europa. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Wir haben ein soziales Europa!)

Wir brauchen Ansätze in der gemeinsamen Wirtschafts- und Wachstumspolitik. Diese gäbe es in den transeuropäischen Netzen, die gäbe es in der Sicherung der Energie – das ist heute schon ein paar Mal gefallen. Wenn wir Alternativenergien ausbauen, ha­ben die Menschen Beschäftigung. Dann sind wir unabhängig. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Aber das kostet das Dreifache!) – Das andere kostet auch etwas. Sie dürfen nicht immer nur einen Wirtschaftszweig anschauen! Lassen Sie die Alternativenergie leben! (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Wir lassen sie ja leben!) Lassen Sie nach­wachsende Rohstoffe in Energie umwandeln! Davon profitiert der ländliche Raum. (Abg. Wittauer: Das tun wir ja!)

Ich möchte abschließend schon auch sagen, dass sich die österreichische Präsident­schaft bemüht hat, die Situation in der EU zu entkrampfen. Das ist in meinen Augen auch gelungen, und dafür möchte ich Ihnen auch meine Anerkennung aussprechen. Wir haben mit diesen 82 Millionen €, die die Präsidentschaft gekostet hat, auch unserer Wirtschaft etwas zukommen lassen – und so soll es auch sein. Wir wollen aber eine genaue Abrechnung darüber. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Witt­auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.17.11

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanz­ler! Werte Regierungsmitglieder! Es kommt mir schon komisch vor: Herr Klubobmann Van der Bellen hat als Schwerpunkt Atompolitik in Europa gesehen, die Sozialdemo­kraten die Arbeitspolitik; Herr Abgeordneter Bösch die Stopptafel oder den Stopp für Beitritte.

Die Aufgabe von Österreich war in dieser Präsidentschaft – so denke ich –, die Euro­päische Union aus der inneren Krise herauszuführen. Das hat Österreich mit Hilfe des Vizekanzlers und des Kanzlers perfekt geschafft. Nicht nur das: Wenn man die Pro­jekte anschaut, dann hat es eines gegeben ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznet­ter.– Hören Sie einmal zu! Sie wollen nur plappern, aber hören nicht zu, was diese Regierung auch während der Präsidentschaft geleistet hat!

Am 30. Juni 2006, am Ende der Präsidentschaft, erfolgte der Spatenstich zum Brenner Basistunnel – das größte europäische Projekt, der größte Tunnel. Es waren alle da: der Kanzler, der Vizekanzler, also die Ratsvorsitzenden, Vertreter der Kommission, die ita­lienische Regierung. Jeder einzelne Redner, ob von Italien oder von der Kommission, hat die Vorsitzführung von Österreich, die Leistungen der vergangenen sechs Monate gelobt.

Darüber hinaus ist es vor allem Vizekanzler Gorbach zuzuschreiben, dass wir die An­fangsfinanzierung – sei es auf europäischer Ebene, auf italienischer Ebene – mit diesem Spatenstich umgesetzt haben. Dieser Spatenstich bedeutet etwas: Der Norden wurde mit dem Süden verbunden. Güter werden in Zukunft in 12, 13 Jahren anders transportiert. Das ist für mich – so sage ich – ein Freudentag gewesen, dass dies ge­schehen konnte, da doch viele in diesem Hohen Haus eigentlich das Gegenteil wollten.

Frau Abgeordnete, Nachhaltigkeit, Rohstoffe – darum kümmert sich diese Regierung! Das ist eine nationale Angelegenheit. Wie viele Gemeinden, wie viele Städte – Wien ist ein Beispiel – gehen auf die Verwertung dieser Rohstoffe zu? (Abg. Hagenhofer: Zu wenig aber!) Es gibt inzwischen ein anderes Problem: Die Sägewerke haben teilweise kein Holz mehr, weil das so ist. Wir müssen schauen, dass die Bewirtschaftung besser wird, dass wir das, was nachwächst, aus dem Wald holen können. Es ist nicht so, dass wir gerade bei der Energiepolitik nur vorbeischauen und nichts machen. Das stimmt nicht.

Was die gemeinsame Sicherheit betrifft, werden wir morgen ein Abkommen mit den westlichen Balkanstaaten beschließen. Dabei geht es um die Sicherheit im gemeinsa­men Luftraum. Es ist nicht immer einfach, diese Probleme zu lösen, aber auch das ist umgesetzt worden. Auch ein gemeinsamer EU-Führerschein mag keine große Sache sein, aber er ist umgesetzt worden.

Im Rahmen der gemeinsamen Projekte fordern Sie ja den Ausbau der TEN-Projekte. Der Brenner-Basistunnel ist ein Beispiel dafür, dass auch das geschieht. Wir haben sehr viele TEN-Projekte, und auch dort wird etwas geschehen. Wir haben einen Plan für die nächsten Jahre, und ich hoffe, dass er auch umgesetzt wird, damit wir die Ver­kehrssituation in Österreich bewältigen.

Zur dir, Reinhard (in Richtung des Abg. Dr. Bösch), möchte ich Folgendes sagen. Es war nicht die Aufgabe der Regierung, noch mehr Zündstoff in die Diskussion zu brin­gen. Aber ich bin der gleichen Meinung wie du: Der Beitritt der Türkei ist für mich jetzt unmöglich. Die Beitritte von Rumänien und Bulgarien sind für mich eine ganz schwie­rige Geschichte, wenn man die Staaten kennt. Aber es ist nicht die Aufgabe des Vorsit-


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zes der Europäischen Union, dies thematisch zum Schwerpunkt zu machen, weil dann alle anderen Themen, die mindestens gleich wichtig sind, vom Tisch sind.

Ich glaube, dass diese Regierung – man merkt es immer wieder, auch an den Worten der Vorrednerin – ein großes Kompliment verdient. Österreich stellt in der Welt und in Europa wieder etwas dar. Das fällt vor allem in die Verantwortung dieser Regierung, sie hat hervorragende Arbeit geleistet! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

13.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

13.21.562. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 846/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuch­haltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (1578 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Somit gehen wir in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner zu Wort. Wunschredezeit: 5 Mi­nuten. – Bitte.

 


13.22.34

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung auf der Regierungsbank! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise ist Herr Kollege Pilz noch anwesend; er hat in der Geschäftsordnungsdebatte erwähnt, wir würden heute als 2. Tagesord­nungspunkt dieses sehr unwichtige Thema der Bilanzbuchhalter behandeln. – Es ist natürlich eine Frage der Perspektive: Wenn Sie die 300 000 möglichen Kunden an­schauen – unter ihnen ist wahrscheinlich auch der ORF –, dann ist das, was wir hier beschließen, eine sehr weit reichende Verbesserung (Abg. Sburny: Ein Meilenstein?), und möglicherweise ist es sogar ein Meilenstein, der hier zur Beschlussfassung ge­langt.

Was steht dahinter? – Im Wesentlichen war es so, dass wir uns mit dem Thema schon mehrmals befasst haben. Unter anderem haben wir im Juli des Vorjahres gemeinsam einen Entschließungsantrag beschlossen, in dem es darum gegangen ist, dass wir im Bereich der Gewerblichen Buchhalter und im Bereich der Selbständigen Buchhalter unterschiedliche Regelungen betreffend den Befähigungsnachweis gehabt haben, was schwierig war und was die Kunden möglicherweise auch verwirrt hat. Daher kam es auch zu dem Gedanken, dass wir einen einheitlichen Buchhaltungsberuf schaffen soll­ten.

Erstaunlicherweise ist es in dem Fall auch zur Umsetzung des Entschließungsantrags gekommen, was ja nicht immer der Fall ist. Es gibt jetzt einen Kompromiss, und zwar nach langwierigen Verhandlungen zwischen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, der WKÖ, an denen insbesondere Dr. Bock von unserer Seite sowie seitens der Wirtschaftstreuhänder Präsident Brogyányi und andere maßgeblich beteiligt waren. Wir haben jetzt endlich diesen Kom-


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promiss, aber nicht um des Kompromisses willen, sondern zu dem Zweck, dass die Rechte eindeutig klargelegt und präzisiert werden.

Es geht um Erweiterungen der Möglichkeiten für beide Bereiche, was die Geschäfts­buchhaltung anbelangt, was die Lohnverrechnung anbelangt, was die Bilanzierung bis zu einer bestimmten Größenordnung anbelangt, was in eingeschränktem Umfang auch Vertretungsrechte anbelangt. Was ich besonders erfreulich finde, ist, dass die Ausbil­dungs-, Prüfungs- und Zugangsbestimmungen nach modernen Qualitätskriterien ver­einheitlicht worden sind. Das heißt, sowohl die Betroffenen als auch die Kunden haben durch diese Neuregelung Vorteile.

Es bleibt der einzige Wermutstropfen, dass es das alles nicht in einem einzigen Be­reich gibt, sondern dass die Zugangsmöglichkeit sowohl im Bereich der WKÖ als auch im Bereich der Wirtschaftstreuhänderkammer besteht. Der Einzelne kann darüber – je nachdem, ob er später einmal auch weiter und in einen anderen Bereich hinein gehen will – selbst entscheiden. Das spiegelt irgendwo die österreichischen Gegebenheiten wider, auch wenn Sie die Ausformulierung anschauen: In der Gewerbeordnung sind wenige Änderungen notwendig, da ist praktisch alles erlaubt, was nicht verboten ist; bei den Rechten der Wirtschaftstreuhänder ist nur das erlaubt, was ausdrücklich formu­liert ist. Daher war die Vorgangsweise in der Weise notwendig, aber ich glaube, damit haben wir noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

Meiner Ansicht nach ist es aber doch ein sehr vernünftiger Kompromiss, den wir hier erreicht haben. Ich finde auch den Antrag von Frau Kollegin Sburny an sich vernünftig, dass wir uns das Ganze zwei Jahre lang anschauen sollten und damit auch in der Praxis sehen werden, was der Kunde davon hat und wie von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird.

Es bleibt mir noch eines zu tun, nämlich allen Beteiligten zu danken, insbesondere auch dem Ministerium, vor allem Herrn Dr. Bernbacher, der uns auch rechtstechnisch und beratend begleitet hat. Ich hoffe, dass damit die Voraussetzungen dafür vorhanden sind, dass tatsächliche Verbesserungen eintreten werden, und dass heute, wie schon angedeutet wurde, möglicherweise alle vier Parteien diesem Gesetz zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.26.50

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Im vorigen Sommer haben wir als Vier-Parteien-Lösung etwas zu­sammengebracht, von dem manche geglaubt haben, dass wir es nicht schaffen wer­den. Sagen wir es einmal so: Das sind die Gunststunden des Parlaments, wenn sich die Parlamentarier dazu aufraffen, einmal jenseits so mancher Lobbyisteninteressen mit einer gewissen Clairvoyance an die Dinge heranzugehen und zu sagen: Auch im Bereich der freien Berufe muss es Wettbewerb geben, und Leute, die etwas können, sollen auch diesen Beruf ausüben dürfen.

Wir haben damals erstens das WTBG zusammengebracht, aber zweitens auch einen ganz wichtigen Entschließungsantrag hier im Hause einstimmig beschlossen, nämlich darüber, den leidigen Streit, der über Jahrzehnte ging und 1996 nur zu einer Teillösung geführt hat, noch in dieser Gesetzgebungsperiode zum Abschluss zu bringen. Das haben wir geschafft, und ich glaube, darüber dürfen wir uns freuen.

Wir haben jetzt ein Gesetz vorliegen, das die bisherigen Gewerblichen und Selbständi­gen Buchhalter zu einem selbständigen Bilanzbuchhalterberuf zusammenfasst, der alle


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Formen von Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, aber vor allem auch die Bilanzierung für die kleinen Unternehmen – und das ist die große Masse der Betriebe – in einer Art und Weise durchführen kann, dass eine vollständige Betreuung für diesen Bereich umfasst ist. Das gibt natürlich auch die Chance, bei der Honorargestaltung eine bessere wirt­schaftliche Situation zu erreichen. In diesem Sinne kann man das nur begrüßen.

Es gibt ein paar Wermutstropfen, die ich für das Protokoll nicht verschweigen will. Teil eins ist, ich hätte mir gewünscht, dass es nur noch Bilanzbuchhalter gibt. Wir haben jetzt noch immer eine relativ komplexe Regelung, wonach sich die Wirtschaftskammer und die Kammer der Wirtschaftstreuhänder einen Berufsstand sozusagen teilen. Neh­men wir es eben als eine Form gemeinsamer Obsorge hin, und probieren wir es aus. Ob es die glücklichste Lösung ist, weiß ich nicht, aber wir haben es versprochen: Wenn sie sich einigen, dann machen wir es so. – Sie haben sich so geeinigt, also machen wir es auch so.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, auf den ich die Frau Bundesminis­ter für Justiz schon kurz angesprochen habe und der uns auch im Ausschuss beschäf­tigt hat, nämlich die Frage, wo wir weiteren Bürokratieabbau machen können. Ein Teil davon bezieht sich darauf, dass 60 000 GmbHs als Kapitalgesellschaften und eine Reihe von Einzelfirmen, wenn sie protokolliert sind, jährlich Jahresabschlussdaten ab­geben müssen. Jetzt ist es so, dass einzelne Firmenbuchgerichte über die normal, oft einfach über FinanzOnline übermittelten Daten sagen, dies sei ein Einschreiten ohne Vertretungsbefugnis.

Ich halte das für rechtlichen Unsinn, und diese Meinung deckt sich, wie ich höre, auch mit jener von Juristen und Juristinnen in den Ministerien. Nur müssen wir sicherstellen, dass nicht eines passiert: dass wir in zwei Jahren oder nächstes Jahr unter Umständen vor der Situation stehen, dass kleine Betriebe im Lande in großer Anzahl jährlich einen Notar beschäftigen dürfen, um fertige Daten vorzulegen. Das ist nicht akzeptabel, weil das eine Mehrbelastung ist, die unnötig ist.

In diesem Sinne kündige ich aber noch keinen Entschließungsantrag an, weil Frau Bundesministerin Gastinger mir gesagt hat, dass sie prüft, ob man das nicht mittels eines Briefes lösen kann. Für diese unbürokratische Lösung bin ich gerne zu haben, warte aber jetzt noch den Verlauf der Sitzung ab – auch wenn wir Basel II draußen ver­handeln – und hoffe, dass wir auch da eine gemeinsame Lösung finden.

Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben. Und was den zweifelnden Blick des Herrn Ministers Bartenstein noch voriges Jahr betrifft, ob wir eine Lösung zusammenbringen werden: In diesem Sinne waren wir besser als die Skepsis und freuen uns auch dar­über, Herr Minister. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


13.30.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben schon gehört, dass es auf Grund der Entschließung des Jahres 2005 nun zur Vereinheitlichung dieser un­terschiedlichen Berufsbereiche des Selbständigen Buchhalters und des Gewerblichen Buchhalters kommt. Im Bilanzbuchhaltungsgesetz sind klare Definitionen der Befug­nisse einerseits und klare Ausbildungsanforderungen andererseits festgelegt.

Es ist dies ein Kompromiss, der auf Grund von Verhandlungen gelungen ist, die von den Vertretern der jeweiligen Berufsgruppen vorgenommen wurden. Mittlerweile wur-


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den auch die Bedenken zerstreut, dass jene, die bereits Befugnisse haben, auf Grund des Bilanzbuchhaltungsgesetzes nun für Befugnisse, die sie bereits haben, nachträg­lich Prüfungen ablegen müssten. Ich denke, es ist klargestellt, dass dem nicht so ist.

Ich darf noch auf die Worte des Kollegen Matznetter im Zusammenhang mit den Jah­resabschlüssen und dem Firmenbuchgericht eingehen. Selbstverständlich ist die Mög­lichkeit der elektronischen Übermittlung auch jetzt schon gegeben. Es ist meiner An­sicht nach auch sinnvoll, diesen in Aussicht gestellten Entschließungsantrag nicht ein­zubringen, denn ich halte es durchaus für sinnvoll, wenn entsprechende, nennen wir es so, Missstände irgendwo festzustellen sind, dass diese Übermittlung auf elektroni­schem Wege nicht möglich ist beziehungsweise von einem Firmenbuchgericht abge­lehnt wird, dies der Justiz auch mitzuteilen. Mir persönlich sind derartige Fälle nicht bekannt.

Es ist im Sinne der Justiz, diese elektronische Übermittlung zu forcieren, und es ist nicht so, dass hier ein Notar oder Rechtsanwalt eingeschaltet werden muss. Das heißt, wenn es da irgendwelche Mängel gibt, dann ersuche ich darum, diese aufzuzeigen be­ziehungsweise eine entsprechende Mitteilung an die Justiz zu machen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

13.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.33.17

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Das Spannende ist – wie ich gerade mit meinem Kollegen besprochen habe –, dass diese Vier-Parteien-Einigungen immer so wahnsinnig langweilig sind, weil die Sache eigent­lich schon erledigt ist und das Spannende ja im Vorfeld geschieht, wenn es sozusagen um die Annäherungen geht, denn die Herangehensweise ist manchmal eine durchaus unterschiedliche.

Ich freue mich, dass es zu dieser Einigung gekommen ist. Wir haben schon vor einem Jahr festgestellt, dass wir da ähnliche Anliegen haben, was den Umstand betrifft – es ist ja auch bereits einiges dazu gesagt worden –, dass die Selbständigen Buchhalter und die Gewerblichen Buchhalter, die Ähnliches tun, nicht nur in verschiedenen Kam­mern vertreten sind, sondern bis jetzt auch eine unterschiedliche Rechtslage gehabt haben. Das heißt, sie haben unterschiedliche Kompetenzen, was vor allem für die Un­ternehmer und Unternehmerinnen, die diese Dienste in Anspruch nehmen, Rechtsun­sicherheit schafft und auch Unklarheit darüber schafft, was sie von wem bekommen können. Das wird mit dem neuen Gesetz geändert, zumindest einmal im Hinblick auf die Zielvorstellung, dass es nur noch Bilanzbuchhalter und Bilanzbuchhalterinnen gibt.

Einer der Wermutstropfen ist, dass es eine Übergangszeit gibt, in der einiges doch un­geregelt oder zumindest noch in einem gewissen Spannungsfeld zu sein scheint. Da sollte aus unserer Sicht sichergestellt werden, dass es keine Nachteile für den einen oder die andere gibt.

Ich möchte deswegen auch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Michaela Sburny, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichts über die Umsetzung und die Auswirkungen des Bilanzbuchhaltungsge­setzes


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, dem Nationalrat zwei Jahre nach Inkrafttreten des Bilanzbuchhaltungsgesetzes einen Bericht über die Lage der wirtschaftsberatenden Berufe in Österreich zu erstatten. Dieser Bericht soll aufgetre-


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tene Problemfelder darstellen und Möglichkeiten der einvernehmlichen Lösung aufzei­gen.“

*****

Wir wollen damit dem Nationalrat, also uns, die Möglichkeit geben, in zwei Jahren zu schauen, wie sich das entwickelt hat, und eventuelle Schwierigkeiten, die auftreten und in gewisser Weise auch schon vorhersehbar sind, dann positiv zu bearbeiten, um das Ganze über mehrere Jahre hinweg vielleicht doch dort hinzubringen, wo wir es gerne hätten, nämlich zu einer klaren und eindeutigen Lösung, die auch für die Kunden Klar­heit und Rechtssicherheit mit sich bringt.

Ich freue mich darüber, dass es hiefür Zustimmung auch von den anderen Fraktionen gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mitterlehner, Sburny, Hofmann und Matznetter ist ausreichend un­terstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Michaela Sburny, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichts über die Umsetzung und die Auswirkungen des Bilanzbuchhaltungsge­setzes,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Mit­terlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (846/A), in der Fassung des Ausschussberichtes 1578 d.B.

Mit dem Bilanzbuchhaltungsgesetz werden die Berufe der Selbstständigen Buchhalter und der Gewerblichen Buchhalter zur Berufsgruppe der Bilanzbuchhalter zusammen­geführt. Im Übergangszeitraum sind für einzelne Betroffene Härten zu befürchten. Dar­über hinaus gibt es nach wie vor offene Anliegen in einzelnen Detailfragen.

Um auf etwaige negative Auswirkungen eingehen zu können und die Weiterentwick­lung der wirtschaftsberatenden Berufe in Österreich zu erleichtern, soll dem Nationalrat vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ein Bericht vorgelegt werden, der aufge­tretene Problemfelder darstellt und Möglichkeiten zu deren konsensualer Lösung auf­zeigt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, dem Nationalrat zwei Jahre nach Inkrafttreten des Bilanzbuchhaltungsgesetzes einen Bericht über die Lage der wirtschaftsberatenden Berufe in Österreich zu erstatten. Dieser Bericht soll aufgetre­tene Problemfelder darstellen und Möglichkeiten der einvernehmlichen Lösung aufzei­gen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kopf zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.36.09

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Man hat bei strukturellen Reformen in der Regel gerne die großen Würfe im Auge, macht dazu sogar Konvente und Ähnliches. Es kommt Gott sei Dank etwas dabei heraus, auch wenn man vielleicht nicht immer hundert Prozent dessen erreicht. Beim Konvent waren es leider weit weniger als hundert, aber es haben sich im Besonderen Ausschuss trotzdem einige Politikfelder oder wenigstens einige Felder gezeigt, auf denen man in nächster Zeit zu Einigungen kommen kann oder auf denen man auch in der nächsten Gesetzgebungsperiode aufbauen kann.

Aber nun zum Bilanzbuchhalter: Auch hier war es, glaube ich, sehr löblich, dass sich die Vertreter der betroffenen Berufsgruppen zusammengesetzt und eine Lösung ge­sucht haben, unterstützt natürlich durch die politisch Verantwortlichen. Jetzt liegt eine Lösung auf dem Tisch, die das Berufsbild vereinheitlicht, wenn auch – wie Kollegin Sburny schon gesagt hat – da oder dort ein paar Unklarheiten belassend, vielleicht bewusst belassend, und auch mit der sicher nicht optimalen Lösung der Zuständigkeit oder der Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Kammern.

Aber auch hier meine ich, es ist allemal besser, in einem Kompromiss – und es ist bei­leibe kein fauler – einen ordentlichen Schritt nach vorne zu tun, wenn man auch viel­leicht nicht hundert Prozent erreichen kann, es aber doch zu einem guten Teil gelingt, zumindest für die Betroffenen und vor allem für diejenigen, die Zugang zu diesen Berufen wollen oder die umgekehrt auch Kunden sein können, eine Vereinheitlichung zu schaffen. Was sich sozusagen dahinter abspielt – mit Kammerzugehörigkeit und Ähnlichem –, ist für die Benützer vielleicht doch eher sekundär.

Daher, alles in allem, Gratulation an die politischen Verhandler, vor allem Dr. Mitterleh­ner und Dr. Matznetter, aber auch an Dr. Bock und Dr. Brogyányi, und herzlichen Dank dafür auch an die Beamten des Ministeriums! Ich denke, wir haben wieder in einem kleineren Feld etwas Wichtiges vorangebracht, und dazu ist zu gratulieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Moser zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.38.56

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Nachdem ja die ersten beiden Tagesordnungspunkte prall mit Eigenlob gefüllt waren – und mir dazu ein Sprichwort einfällt: „Eigenlob stinkt!“, wie man weiß –, sind wir jetzt wieder bei einer Materie angelangt, die für alle sinnvoll ist und die auch zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen wird. (Ruf bei der ÖVP: Da loben sich auch alle! – Abg. Kopf: Eigenlob stimmt?)

Ich bin davon überzeugt, dass dieses Gesetz die Wirtschaftssituation sowohl für die neue Gruppe der Bilanzbuchhalter als auch für die vielen tausend Unternehmen ver­bessern wird. Es sind doch über 300 000, die davon betroffen sind.


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Wieso komme ich zu dieser Aussage? – Österreich zählt innerhalb der EU derzeit noch immer zu den Ländern mit dem höchsten Regulierungsgrad und mit sehr strengen Zugangsbestimmungen. Das gibt es noch immer. Laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien – die ich ungern zitiere, aber in diesem Fall mache ich es – könnten durch eine Öffnung der freien Berufe bis zu 45 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wer­den. Das ist wohl auch ein Ziel, insbesondere im Hinblick auf die prekäre Arbeitsmarkt­situation, die wir unter den ersten beiden Tagesordnungspunkten diskutiert haben.

Wie das funktioniert, da ist die Kausalkette klar: Es geht um die Wettbewerbssituation. Wenn es mehr Wettbewerb gibt, kommt es in der Regel zu niedrigeren Preisen, die Qualität der angebotenen Leistungen steigt – das wissen wir aus der Empirie –, es kommt dadurch auch zu Innovationen, dadurch zu Wirtschaftswachstum und damit zu Arbeitsplätzen. Das ist klar.

Klare Wirtschaftsgesetze, eine transparente und offene Wirtschaftsverfassung verbes­sern den Standort Österreich. Das ist ein Ziel, und die österreichische Wirtschaft braucht eine Steigerung, denn dieses Wachstum von 2,4 bis 2,6 Prozent im heurigen Jahr, das ja im nächsten Jahr schon wieder deutlich zurückgehen wird, reicht nicht aus, um auf Dauer Arbeitsplatzeffekte zu erzielen.

Wenn wir uns die Prognosen ansehen, nach denen die deutschen Vorziehkäufe auf Grund der Mehrwertsteuererhöhung im nächsten Jahr zurückgehen werden, und davon ist ja Österreich unmittelbar betroffen, kommt es leider wieder zu einem Rückgang. Auch die Mittel für eine aktive Arbeitsmarktpolitik, für Umschulungen wurden ja nur für ein Jahr festgelegt.

Wenn Sie sich die Insolvenzstatistiken anschauen, dann werden Sie häufig feststellen, dass das Rechnungswesen vielfach keine gute Grundlage für die Unternehmensfüh­rung darstellt. Daher ist auch die Bilanzbuchhaltung besonders wichtig, um damit eine Grundlage für eine sinnvolle Unternehmensführung zu schaffen. Ich bin überzeugt da­von, dass mit diesem Gesetz ein Steuerungshebel zur Verbesserung der Buchhaltung vorliegt. Dieses Bilanzbuchhaltungsgesetz wird sicherlich dazu führen, dass die Quali­tät bei diesen Dienstleistungen steigen wird. Es bietet auch eine klarere Abgrenzung – dies ist schon mehrfach gesagt worden – für die Unternehmen als Nachfrager auf der einen Seite, aber auch für die Bilanzbuchhalter selbst als Anbieter. Sie bekommen mehr Sicherheit.

Dennoch hat das Gesetz auch Pferdefüße; sie wurden bereits genannt: die Zuständig­keit zweier Kammern, die Wahlmöglichkeit zwischen ihnen, was nicht zur Verbesse­rung beiträgt, und auch diese unklaren Übergangsregelungen. Im Saldo ist es jedoch eine Verbesserung für alle, und daher werden wir auch zustimmen. Wir werden auch dem Ergänzungsantrag von Frau Sburny zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Marek zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.42.43

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich sehe es sehr positiv, gerade wenn man die Diskussionen und Konflikte über die unterschiedlichen Berufsbilder, Berufsgruppen und auch zwischen den Kammern in den letzten Jahren verfolgt hat, dass es hier zu einem Kompromiss gekommen ist und hier nun ein einheitlich qualifizierter und definierter Beruf, ein Be­rufsbild entsteht, wobei auch die Qualifikationserfordernisse, die Grundlagen definiert sind. Das Wissen, das mitzubringen ist, und die Prüfungen, die abzulegen sind, sind


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umfangreich. Wir haben hier also ein Berufsbild mit hoher Kompetenz vor uns. Die Angehörigen dieser Berufsgruppe werden sicher wertvolle Arbeit leisten.

Meiner Ansicht nach gibt es jedoch ein großes Aber. Obwohl es in vielen Gesprächen auch immer wieder eine dringende Forderung war, ist es leider nach wie vor draußen: Die neuen Bilanzbuchhalter dürfen nach wie vor keine Arbeitnehmerveranlagung ma­chen, sie dürfen nach wie vor keine Einkommensteuererklärung machen.

Ich möchte das sehr, sehr kritisch auch so formulieren, dass sich die Wirtschaftstreu­händer und Steuerberater mit ihren Rechten einzementiert und ihre Pfründe gesichert und damit natürlich auch andere, potentielle Konkurrenz außen vor gelassen haben. Ich finde das gerade im Sinn der Konsumentinnen und Konsumenten schade. Ich meine auch, dass das ein Markt ist, auf dem für die Steuerberater nur wenig Konkur­renz entstünde.

Bei Einkommensteuererklärungen und Arbeitnehmerveranlagungen geht es nur um sehr kleine Unternehmen oder um Privatpersonen, die mehrere Einkommen haben, und für die wäre es ein wichtiger Fortschritt, dass die Bilanzbuchhalter nach dem Ge­setz, das wir heute hier beschließen werden, nicht nur in FinanzOnline Informationen abfragen, sondern tatsächlich auch die Arbeitnehmerveranlagung machen dürften. Die Steuerhoheit sozusagen sollte nicht alleine den Wirtschaftstreuhändern und Steuer­beratern überlassen bleiben, sondern es wären auch die geänderten Realitäten anzu­erkennen.

Ich finde es schade im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten – und kann nur den dringenden Appell an die Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater richten, sich der Realität nicht weiter zu verschließen, im Sinne einer Modernisierung einer Weiter­entwicklung zuzustimmen, sodass es da zu Verbesserungen kommt, und das vielleicht sogar früher als in zwei Jahren.

Ich stimme der Gesetzesvorlage und dem Entschließungsantrag natürlich sehr gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen.)

13.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Bauer zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.45.29

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Damen und Herren! Ich kann mich diesem zuletzt geäußerten Wunsch durchaus anschließen. Vieles ist noch offen, aber wir stimmen diesem Gesetz deshalb zu, weil es eben ein Kompromiss nach langwierigen Verhandlungen ist. Ich betrachte dieses Gesetz auch als einen Beginn und bin überzeugt, dass in der Folge durchaus Verbesserungen in Richtung Arbeitnehmerveranlagung und auch in anderen Bereichen erfolgen werden.

Positiv ist, dass überhaupt einmal eine Vereinheitlichung geschaffen wurde. Wenn man weiß, wie zäh manche Interessenvertretungen sein können und wie wenig Bewegungs­freiheit sie zeigen, ist das ein beachtliches Ergebnis. Was den Kompromiss hinsichtlich der Wahl ihrer Interessenvertretung betrifft, also die Option, sich aussuchen zu können, welcher Kammer – Wirtschafttreuhänderkammer oder Wirtschaftskammer – man ange­hören möchte, ist dies ein Novum, wobei ich überzeugt bin, dass die meisten für die Wirtschaftskammer optieren werden.

Im Grunde ist jedoch gemeinsam etwas geschaffen worden, worauf wir durchaus auch stolz sein können, wenngleich auch gewisse Wermutstropfen dabei sind, wie zum Bei­spiel auch die Beibehaltung der relativ engen Bilanzierungsgrenzen mit rund 364 000 €


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nach dem § 125 der BAO. All das wissen wir, aber dennoch handelt es sich um einen Fortschritt in einem sehr großen und wichtigen Bereich.

Ich betrachte dieses Ergebnis auch als wichtig für die Wirtschaft, besonders für die Klein- und Mittelbetriebe, weil damit viel an organisatorischer Arbeit nach außen verge­ben werden und man sich auf die eigentliche Zielsetzung des jeweiligen Unterneh­mens, auf den technisch-organisatorischen Ablauf konzentrieren kann. Das bedeutet eine Entlastung für die Unternehmen und auch eine Qualitätsverbesserung. Davon gehe ich aus, sodass wir durchaus sagen können, dass zwar der Tätigkeitsumfang nicht so groß gefasst worden ist, wie manche es wollten, er aber durchaus beachtlich ist, wenn man sich überlegt, dass doch bis zu dieser Summe praktisch alles gemacht werden darf und kann. Ich bin auch überzeugt davon, dass das ausgenützt werden wird.

Ich habe mit vielen Unternehmern gesprochen, da ich auch in diesem Umfeld eine Funktion ausübe. Tatsache ist, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen sehr froh sind, dass sie diese Regelung haben, weil es noch immer besser ist, eine Regelung im ersten Schritt zu haben, als in der Luft zu hängen und keine entsprechende Anerken­nung zu haben. In dem Sinne haben wir den Kompromiss auch mitgetragen und wer­den dem Gesetz auch zustimmen. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Bar­tenstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


13.48.50

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Vier-Parteien-Einigungen sind wahnsinnig langweilig, hat Frau Abgeord­nete Sburny gesagt. Das stimmt. Trotzdem bin ich, was meinen Verantwortungsbereich anlangt, immer wieder froh, wenn solche Vier-Parteien-Einigungen zustande kommen. Die Plenardebatte verläuft etwas ruhiger, die Öffentlichkeit ist etwas weniger bis gar nicht interessiert, aber dafür funktioniert es dann im Anschluss umso besser.

Wer so wie ich schon etwas länger diesem Hohen Hause direkt oder indirekt angehört, weiß, dass kaum eine andere Materie so strittig ist wie diese Berufsabgrenzungsfra­gen. Es gibt da einige Beispiele, wo über Jahre und Jahrzehnte hinweg in Wirklichkeit nichts weitergegangen ist. Die, die herinnen sitzen, haben am wenigsten Schuld daran, sondern die nicht konsensfähigen Berufsgruppen. Umso mehr ist es zu schätzen, dass hier ein derartiger Konsens gelungen ist. Ja, gemeinsame Obsorge ist nur die zweit­beste Lösung. Ich bin auch sehr damit einverstanden, dass man sich das nach zwei Jahren anschaut. Nach einem Jahr wäre es ein bisschen kurz gewesen – was ist da schon verfügbar? Nach zwei Jahren passt es, und dem schließe ich mich gerne an.

Im Übrigen schließe ich mich auch dem Dank an Dr. Bernbacher an. Ich weiß, dass das ein Initiativantrag von Matznetter und Mitterlehner war. Besten Dank dafür, aber ein bisschen durften da meine Leute mithelfen! Jedenfalls bin ich froh darüber, dass das auch bedankt wurde.

Zwei Dinge noch: Frau Abgeordnete Marek hat einen weiteren Punkt angesprochen. Nicht alles kann auf einmal erledigt werden, aber das ist ein ernsthafter Mangel. Herr Abgeordneter Moser, du hast das IHS zitiert. – Na ja, das ist eine Analyse, die sicher einen Hintergrund hat. Ich verweise auf einen sehr bemerkenswerten Artikel in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vor ein paar Tagen, in dem unserer letzten Gewerbeord­nungsnovelle, die auch im Konsens vor allem mit den Betroffenen durchgeführt und umgesetzt wurde, vom Ergebnis her ein hohes Maß an Erfolg zugebilligt wurde. Wir


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bringen also doch auch im Konsenswege Dinge weiter. Dass die Angelegenheit sen­sibel ist, wissen wir.

In Wirklichkeit handelt es sich um eine Frage der Dienstleistungsfreiheit, in dem Fall der innerösterreichischen Dienstleistungsfreiheit. Wenn wir dann auf die europäische Ebene gehen, dann haben wir dort die Dienstleistungsrichtlinie. Wir wissen, wie um­stritten die war. Und – ich erwähne dieses Unwort – wenn wir dann auf die globale Ebene gehen, auf die Ebene der WTO, heißt das dort GATS. Und da wissen wir alle, wo da die Frontlinien verlaufen.

So gesehen ist es zwar eine „unendlich langweilige“ Vier-Parteien-Einigung, die aber in der Substanz sehr wertvoll ist. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

13.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


13.51.43

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Ich darf mich vorweg vollinhaltlich den Ausführun­gen meiner Kollegin Christine Marek anschließen und vielleicht auch denen des Kolle­gen Bauer. Es ist so, dass der historische Ursprung der Selbständigen Buchhalter sehr weit zurückreicht.

Bis zum Jahre 1948 hat es diese selbständigen Buchhalter gegeben, dann bis zum Jahre 1999 nicht mehr. Seit 1999 bestehen neben den Wirtschaftstreuhändern zwei unterschiedliche Buchhaltungsberufe, der Gewerbliche und der Selbständige Buchhal­ter, mit unterschiedlichen Kammerzugehörigkeiten. Es war darum höchst an der Zeit, einen einheitlich qualifizierten Bilanzbuchhalter zu schaffen. Das ist mit diesem Gesetz auch gelungen.

Der neue Beruf des Bilanzbuchhalters umfasst die bisher getrennten Berufe des Ge­werblichen und des Selbständigen Buchhalters. Die Abgrenzung zum Steuerberater bleibt ohnehin aufrecht. Zusätzlich gibt es mehrere Teilbereiche und -qualifizierungen wie die des normalen Buchhalters und des Lohnverrechners. Kompromisslösungen sind bei solch weit reichenden Gesetzesentscheidungen immer notwendig, und wir ha­ben auch schon gehört, wo die Hauptschwerpunkte dieser Kompromissbildung liegen: Es waren einerseits diese Jahresumsatzgrenze von 363 000 € bei der Bilanzierung und auf der anderen Seite auch die Ausklammerung der Arbeitnehmerveranlagung. Hier ist nicht zu verstehen, dass Personalverrechner diese nicht durchführen sollten. Ich bin mir jedoch sicher, dass hier in Hinkunft entsprechende gesetzliche Maßnahmen folgen werden, um diese Kompromisse letztlich so auszuführen, wie sie für die Praxis notwen­dig sind.

Insgesamt braucht die Wirtschaft diese Selbständigen Buchhalter und Bilanzbuchhalter sehr dringend. Wir haben mittlerweile rund 2 500 Selbständige Buchhalter, die sehr qualifiziert und der neuen Materie angepasst ihre Arbeiten verrichten, und ich bin der Meinung, dass das Gesetz hier zusätzlich positive Impulse bringen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

13.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hoscher zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.54.30

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es mag schon stimmen – der Herr Bun-


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desminister hat vollkommen Recht –, das Thema zieht sich schon sehr lange durch die Debatten dieses Hauses. – Es ist auch schon fast mein siebzehntes Jahr hier. Der Be­schluss mag unter Umständen langweilig sein, der Weg dorthin war es natürlich mit­nichten, insbesondere in der Auseinandersetzung mit den Interessenvertretungen nicht. Wir sind sehr froh darüber, dass es letztendlich zu diesem Beschluss gekommen ist.

Kurz auf ein, zwei Details eingehend: Besonders wichtig ist auch beim Bilanzbuchhal­ter, dass hoher Wert auf die Ausbildung gelegt wird, auf die Qualität der Dienstleistung, die dann insbesondere den Klein- und Mittelunternehmungen zugute kommen soll. Ich verweise etwa auf die jährliche Weiterbildungsverpflichtung, die in den Ausbildungs­richtlinien festgelegt werden kann. Ich denke, dass das ein wichtiger Punkt ist, den man von einer Kann-Bestimmung dann auch letztendlich in die Tat umsetzen sollte.

Wie bereits erwähnt, ist das insbesondere für zahllose Klein- und Mittelunternehmen besonders wichtig und damit natürlich auch – wenig verwunderlich – für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Gerade in dieser Branche stehen wir ja auch vor Jahrzehnte alten Problemen, die wir mitschleppen, etwa im Bereich der Eigenkapitalausstattung, die sowohl im Gastgewerbe als auch in der Hotellerie nach wie vor im Median negativ ist. Das ist zum Teil wohl auch darauf zurückzuführen, dass bei etlichen Unternehmun­gen das Bewusstsein über die eigene Kostenstruktur nicht so ausgeprägt ist, weil man sich damit aus verschiedensten Gründen nicht so sehr beschäftigt hat.

Ich meine, dass durch Basel II, das wir ja morgen diskutieren werden, ohnedies großer Druck auf die Unternehmen zukommen wird. Ich denke aber auch, dass mit dem Bi­lanzbuchhaltungsgesetz und mit dem verstärkten Wettbewerb, den es dadurch in diesem Bereich geben wird, und damit auch mit den vermehrten Auswahlmöglichkeiten für die Unternehmen durchaus auch ein Instrument zur Hand gegeben wird, durch das man sich intensiver mit der eigenen Kostenstruktur auseinandersetzen kann und sollte.

Wir wissen, dass das Ganze ein Thema ist, das auch international breit diskutiert wird, im Moment etwa auch in Deutschland. In Deutschland ist es etwa so, dass 29 Prozent der Finanz- und Personalmanager sich mehr Bilanzbuchhalter wünschen. Es werden auch große Chancen für den Arbeitsmarkt in diesem Bereich gesehen. Auch in diesem Lichte denke ich, dass das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das wir heute beschließen wer­den, ein wichtiger Schritt vorwärts sein wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mikesch zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.57.06

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Das Bilanzbuchhaltungsgesetz ist ein sehr wichtiges Gesetz, wichtig vor allem für unsere Klein- und Mittelbetriebe und wichtig für unsere Einzelunternehmen. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, haben heute in der von Ihnen angestreng­ten Debatte über die Tagesordnung gezeigt, wie Sie zu den Klein- und Mittelbetrieben in unserem Land stehen. Da helfen Ihnen in Zukunft auch die buntesten Broschüren nichts, die Sie aussenden. (Abg. Öllinger: Welche Broschüren meinen Sie da jetzt ge­nau? – Abg. Sburny: Es sind doch Sie, die bunte Broschüren versenden, und zwar durch die Ministerien und auf Kosten der Allgemeinheit!)

Meine Damen und Herren! Das Bilanzbuchhaltungsgesetz ist eine wichtige Entschei­dung für unsere Unternehmen, für die vielen Klein- und Mittelbetriebe. Klare Ausbil­dungskriterien, einheitliche Qualifikation, ein Gesetz, das in intensiven Gesprächen


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zwischen den Vertretern der einzelnen Berufsgruppen und der Wirtschaftskammer ver­handelt wurde.

Meine Damen und Herren! Gut ausgebildete gewerbliche und selbständige Buchhalter, Steuerberater sind wichtige Partner für unsere Unternehmungen. Wir wissen, dass ge­rade in unseren Klein- und Mittelbetrieben das Bewusstsein über die eigenen Kennzah­len, Daten und Fakten nicht immer so gegeben ist, wie es sein sollte. Die Unterneh­mensführung kann aber nur dann zielsicher und erfolgreich sein, wenn sich jede Un­ternehmerin und jeder Unternehmer mit seinen Zahlen und Ergebnissen auseinander setzt. Daher haben wir mit dem heutigen Gesetz einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung zur Absicherung unserer vielen Klein- und Mittelbetriebe gesetzt. Großbe­triebe haben eigene Abteilungen für Lohnverrechnung, Buchhaltung, Controlling und so weiter. Von den Unternehmerinnen und Unternehmern der kleinen Betriebe aber wer­den gerade diese Bereiche oft als zusätzliche Belastung gesehen. Diese Arbeiten er­folgen nämlich großteils abends oder am Wochenende.

Mit dem Bilanzbuchhaltungsgesetz werden der selbständige und gewerbliche Buchhal­ter auf eine Basis gestellt, die wichtig und richtig ist für unsere Betriebe, weil sie die Be­triebe auf ihrem erfolgreichen Weg unterstützen werden. Ich bedanke mich sehr herz­lich bei allen, die hier verhandelt haben, und bei allen, die an der Formulierung dieses Gesetzes mitgearbeitet haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Scharer zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.59.18

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist ja ohnehin schon ausgeführt worden, dass seit 1999 neben den Wirtschaftstreuhändern zwei unterschiedliche Buchhalterberufe mit unterschied­lichen Befugnissen bestehen. Es wurde gemeinsam eine Entschließung initiiert, durch die die Rechte der selbständigen Buchhalter und der gewerblichen Buchhalter in einem neuen, einheitlichen Bilanzbuchhaltungsgesetz zusammengeführt werden.

Das neue Gesetz bringt, wie ich meine, wesentliche Erweiterungen der Berufsrechte und orientiert sich vor allem auch an den Kundenbedürfnissen durch eine sehr praxis­gerechte Flexibilisierung im Interesse von mehr als 300 000 kleinen und mittleren Un­ternehmen.

Das Bilanzbuchhaltungsgesetz bringt ebenfalls klare Berufsrechte: keine Befugnisse ohne entsprechende Befähigungen. Auch sehr positiv: Die Voraussetzungen für den Berufszugang werden wesentlich vereinfacht und vereinheitlicht. Ich finde, ein wesent­liches Qualitätsmerkmal sind auch die neuen staatlichen Prüfungen im Gegensatz zu den bisherigen Bilanzbuchhalterprüfungen über verschiedene Bildungs- und Ausbil­dungseinrichtungen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wichtig ist auch, dass im Sinne der Kundenorientierung und der Qualitätssicherung Be­rufspflichten definiert sind; so wird zum Beispiel eine Vermögensschadenhaftpflichtver­sicherung vorgeschrieben. Die Verankerung der Verpflichtung der verbindlichen Wei­terbildung ist ebenfalls als sehr positiv anzumerken.

Das Bilanzbuchhaltungsgesetz bringt insgesamt eine wesentliche Verbesserung und Chancen für den Berufsstand und eben auch für die klein- und mittelständischen Unter­nehmen.


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158. Sitzung / Seite 93

Ich erlaube mir zu sagen, dass es einmal sehr angenehm ist, auf Grund der vorher ge­leisteten guten Arbeit hier im Plenum bei so klarer Zustimmung diskutieren zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

 


14.01.36

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Der Wirtschaftsausschuss hat auf Antrag der Regierungskoalition eine diesbezügliche Änderung der Gewerbeordnung einstimmig verabschiedet. Es geht um die Angleichung und Erweiterung der Berechtigung von gewerblichen Buchhaltern und selbständigen Buchhaltern. In Zukunft können Bilanzbuchhalter für KMUs Bilanzen bis zu einer Umsatzgrenze von rund 360 000 € im Jahr erstellen.

Äußerst positiv sind die österreichweit einheitliche Ausbildung sowie das einheitliche Niveau im Prüfungswesen dieser Bilanzbuchhalter. Weiters positiv ist eine Erleichte­rung, vom Bilanzbuchhalter durch Fachprüfung zum Steuerberater zu werden. Dadurch können künftig auch Bilanzbuchhalter – nicht nur wie in der Vergangenheit Akademi­ker – zu Steuerberatern werden.

Sensationell ist für mich – auch erstmalig in Österreich – die Zugehörigkeit dieses Be­rufsbildes. Ausübende dieser Berufe können sich ihre Interessenvertretung selbst aus­suchen. Ich glaube, das belebt das Angebot auf dem Markt und natürlich auch den Wettbewerb und die Qualität.

Wesentlich ist, dass durch diese Regelung die Bedürfnisse der Kunden, also die Be­dürfnisse der über 300 000 Klein- und Mittelbetriebe, vollauf erfüllt werden.

Letztlich wurde eine Vier-Parteien-Einigung erzielt. Ich gratuliere dazu und bedanke mich insbesondere beim Ministerium und auch bei Dr. Bernbacher und bei unserem Minister. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


14.03.28

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin selbst seit 20 Jahren in der Steuerberatung tätig und habe die Diskussionen in den Jahren, seit es den gewerblichen und den selbständigen Buchhalter beziehungsweise Buchhalterin­nen gibt, immer verfolgt. Ich glaube, dass mit diesem Kompromiss, auch wenn es in der Zukunft vielleicht noch Anpassungen geben müsste, wirklich auch für die Klein- und Mittelbetriebe ein sehr großer Schritt gesetzt wird. Wenn nämlich jemand bei einem Steuerberater vertreten ist, kann es durchaus dazu kommen, dass der Unter­nehmer sich erst später mit seinen eigenen Zahlen und mit seiner eigenen finanziellen Situation auseinander setzt, wenn er aber bei einem zukünftigen Bilanzbuchhalter ver­treten ist, dann hat er mit diesem Bilanzbuchhalter vielleicht eine innigere Geschäfts­beziehung und beschäftigt sich doch intensiver auch mit seinen Zahlen und mit seinem wirtschaftlichen Erfolg.

Ich glaube auch, dass es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land eine gute Chance sein kann, sich einerseits in die Selbständigkeit zu wagen, sich an­dererseits aber vielleicht ein zweites Standbein aufzubauen als PersonalverrechnerIn oder als BuchhalterIn beziehungsweise eben als BilanzbuchhalterIn.


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Und so glaube ich, dass das ein guter Schritt ist. Andere mögliche Schritte im Zusam­menhang mit den Kompetenzen können ja noch gesetzt werden, und bei einer etwai­gen Evaluierung kann man dann immer noch auf gewisse Dinge eingehen. Aber ich denke, dass es für den Berufsstand Bilanzbuchhalter eine gute Zukunft werden wird – auch im Sinne der vielen Klein- und Mittelbetriebe in Österreich. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

14.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bu­cher. – Bitte.

 


14.05.25

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Diese praxisorientierte Flexibilisierung der Auflagen für die gewerb­lichen Buchhalter und Bilanzbuchhalter waren uns natürlich auch ein sehr großes An­liegen, weil wir damit auch die Hoffnung verbinden, dass das zu einer Belebung des Wettbewerbs führt, dass es zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen kann, vor allem im ländlichen Raum, vor allem was die Betreuung der Kleinst- und Kleinbetriebe be­trifft, von denen sich manche auf Grund ihrer budgetären Situation und natürlich auch der Kosten keinen Wirtschaftstreuhänder leisten können, somit auf die Betreuung durch gewerbliche Buchhalter und Bilanzbuchhalter angewiesen sind.

Daher stimmen wir dieser Novelle guten Gewissens zu, in dem Wissen, dass die klein- und mittelständische Wirtschaft damit künftig eine noch bessere Betreuung erfährt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzent­wurf samt Titel und Eingang in 1578 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist in dritter Lesung ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Mitterlehner, Sburny, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichtes über die Umsetzung und die Auswirkun­gen des Bilanzbuchhaltungsgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Es ist dies einstimmig angenommen. (E 201.)

14.07.273. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1559 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1599 d.B.)

 



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158. Sitzung / Seite 95

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun kommen wir zum 3. Punkt der Tages­ordnung.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Ing. Winkler. – Bitte.

 


14.07.53

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im April 2006 stellte der EuGH auf Grund einer Vertragsverletzungsklage fest, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der ArbeitnehmerInnen im Rahmen des Arbeitsvertrages bei der Arbeit nicht hinreichend umgesetzt seien. Anlass war, dass die Richtlinie 391 aus dem Jahr 1989 der Europäischen Union nicht zur Gänze umgesetzt war.

Durch diese Novelle werden nun das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsver­fassungs- und das Landarbeitsgesetz dem Urteil entsprechend angepasst. Ich bin auch froh darüber, dass diese Novellen heute beschlossen werden, beinhalten sie doch wichtige Punkte der Informationspflichten der Arbeitgeber an die Sicherheitsvertrau­enspersonen und an die Betriebsräte. Manche Gefahrenquellen bei der täglichen Ar­beit im Betrieb lassen sich oft einfach dadurch hintanhalten, dass man darüber spricht und informiert. Information, Beratung und das Aufzeigen von Gefahrenquellen im Vor­aus helfen sowohl Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern. Schließlich verursacht jeder Arbeitsunfall, der vermieden werden hätte können – abgesehen davon, dass jeder Unfall als solcher zu viel ist –, auch dem Betrieb und dem Dienstnehmer entspre­chende Kosten. Dazu kommt noch, dass neben dem persönlichen Leid und den ge­sundheitlichen Schäden längere Krankenstände oft auch zum Verlust des Arbeitsplat­zes führen können.

Ich betone aber, dass es viele Betriebe gibt, die nicht darauf gewartet haben, dass die­se Bestimmungen erst in das Gesetz aufgenommen werden, sondern vielmehr diese Punkte in der Praxis bereits gelebtes Arbeitsrecht darstellen und deshalb die Säumig­keit gegenüber der EU wohl geringer ins Gewicht fällt, als es nach außen hin den Anschein hat.

Die Gesundheit der Beschäftigten und damit die Arbeitskraft der Arbeitnehmer stellt ne­ben den technischen Ressourcen das eigentliche Kapital der Unternehmen dar. Wich­tig ist daher nicht nur die damit gegebene gesetzliche Informationspflicht, sondern auch die ständige Weiterbildung der mit diesen Aufgaben betrauten Personen.

Der technische Fortschritt hält natürlich überall Einzug, weshalb wir alle – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – bemüht sein müssen, dieses Wissen auch im Bereich der Unfall­verhütung und somit der Gesundheit der Arbeitnehmer ständig einzusetzen. Vereinzelt entsteht allerdings auch der Eindruck, dass mehr in die technische Ausrüstung von Be­trieben und damit in Maschinen investiert wird als in die Gesundheit der Beschäftigten. An dieser Grundeinstellung müssen alle in diesem Bereich tätigen Institutionen noch gemeinsam arbeiten, denn wenn sich nichts ändert, können natürlich auch Säumnis­verfahren vor dem EuGH nichts Wesentliches bewirken. Engagierte Betriebsräte und Sicherheitsvertrauenspersonen, aber auch Arbeitgeber waren jedoch jetzt schon be­müht, so weit es möglich ist, Gefahrenquellen im Betrieb zu erkennen und gemeinsam abzustellen.

Abschließend darf ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass im Zuge dieser Novelle auch das Landarbeitsgesetz mit einbezogen wurde. Dafür besonderen Dank, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheit­lichen – BZÖ.)

14.11



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158. Sitzung / Seite 96

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Ich erteile es ihm.

 


14.11.30

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Lassen Sie mich eingangs meiner Rede kurz zur Einwendungsdebatte und den Ausführungen des Kollegen Molterer Stel­lung beziehen, wo er doch so etwas unterschwellig der Opposition unterstellt hat, dass ihr andere Themen auf der Tagesordnung nicht so wichtig seien.

Ich möchte hier klarstellen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass uns Arbeitnehmerschutz natürlich wichtig ist und natürlich stets einen prominen­ten Platz auf der Tagesordnung einnehmen soll, weil, wie gesagt, Arbeitnehmerschutz für die ArbeitnehmerInnen in diesem Land ungeheuer wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) 

Meine Damen und Herren! Folgendes ist auch klar: Durch die vorliegende Novelle wird das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz leider lediglich insoweit geändert, als es unbe­dingt notwendig war, um dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes Rechnung zu tragen. Und so steht es auch wörtlich zitiert im Vorblatt, dass eben nur insoweit Ände­rungen vorgenommen werden, als dies unbedingt notwendig ist.

Das, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist eben schon leicht ver­räterisch. Immer dann, wenn es darum geht, Arbeitnehmerrechte beziehungsweise Ar­beitnehmerschutzrechte zu fixieren, gibt es maximal die Minimalstvariante für die Ar­beitnehmer und Arbeitnehmerinnen in diesem Lande.

Das scheint auch die Leitlinie dieser Bundesregierung in den letzten Jahren gewesen zu sein, wenn es, wie gesagt, um jene Rechte geht, die notwendig sind, um Arbeitneh­merinnen- und Arbeitnehmerschutz in diesem Land zu stärken.

Herr Bundesminister, wer hätte Sie daran gehindert, längst überfällige Maßnahmen im Bereich des ArbeitnehmerInnenschutzes mit dieser Novelle umzusetzen? Da gäbe es noch vieles, was noch nicht erledigt ist, etwa Durchführungsverordnungen, Schließung von Regelungslücken. Aber, wie gesagt, meine Damen und Herren, wenn es um Ar­beitnehmerschutz und um Arbeitnehmerrechte geht, dann gibt es eben maximal die Minimalvariante durch diese Bundesregierung.

Wir werden dieser Novelle natürlich unsere Zustimmung geben, weil es eben, wie ge­sagt, um die Umsetzung eines EuGH-Urteils geht, aber der ganz große Wurf für die Arbeitnehmer in diesem Land ist diese Novelle natürlich nicht. – Ich danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


14.14.09

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Lackner, ich bin schon ein bisschen verwundert, wenn du dich hier heraus stellst und speziell Kritik am Arbeitnehmerschutz in Österreich übst. Ich glaube, wir haben eine Vorreiter­rolle inne. Ich weiß nicht, wo du beschäftigt bist, ich bin in der Privatwirtschaft beschäf­tigt, und dort ist Arbeitnehmerschutz groß angesagt – auch im Interesse des Unterneh­mers. Der Unternehmer ist nämlich nicht daran interessiert, dass Arbeitsunfälle passie­ren, der Unternehmer ist nicht daran interessiert (Zwischenruf des Abg. Lackner) – hör zu, sonst kannst du es wieder nicht erzählen! –, dass der Arbeitnehmer Gesundheits-


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158. Sitzung / Seite 97

probleme hat und vieles mehr, denn sobald der Arbeitnehmer in den Krankenstand geht, kostet der wirtschaftliche und der finanzielle Ausfall den Arbeitgeber etwas. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben ja in Österreich schon vorrangig, muss ich sagen, und auch gemeinsam mit den Sozialpartnern gearbeitet, eine Arbeitnehmerschutzverordnung durchzuführen und diese ständig zu verbessern. Ich möchte nur auf die Evaluierung des Arbeitsplatzes hinweisen, wo Betriebe beauftragt worden sind, bis zu einem gewissen Zeitraum jeden Arbeitsplatz im Einzelnen zu evaluieren, genau auf die Gefahren hinzuweisen, auf die Schutzmaßnahmen und das aufzuzeichnen und vorzuweisen, was auch geprüft wird. Ich glaube, es nützt überhaupt nichts, wenn man nur Gesetze macht, sie müssen auch umgesetzt werden. Und da sind alle, sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, gefor­dert.

Wir wissen ja, dass es in mittleren oder größeren Betrieben einen Betriebsrat gibt, dort gibt es Sicherheitsvertrauenspersonen, einen Sicherheitsingenieur, einen Umwelt- und Abfallbeauftragten und vieles mehr. Zusätzlich wird das noch kontrolliert vom Arbeits­inspektorat, von der Unfallversicherung und vieles mehr. Ich glaube, dass wir schon ein Stück weiter sind, als es uns die Maßnahme der EU vorschreibt, dass wir aber natür­lich nicht auf dem Ist-Stand stehen bleiben dürfen, sondern dass wir, wenn wo Pro­bleme auftreten, diese sofort gemeinsam lösen müssen.

Kritisieren oder nörgeln allein nützt nichts, wir müssen entsprechend zusammenarbei­ten: im Sinne der Arbeitnehmer, zum Schutz der Arbeitnehmer, zum Schutz der Ge­sundheit der Arbeitnehmer und auch im Sinne der Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

 


14.16.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Arbeitnehmerschutz ist einer der Bereiche, wo die Europäische Union in den vergan­genen Jahren Maßstäbe gesetzt hat, auch für Österreich.

Herr Kollege Walch, wir waren und wir sind im Arbeitnehmerschutz – ich bitte, da nicht wieder die gleiche Platte von vorhin zu verwenden – ganz sicher nicht Weltmeister und Europameister. Wir haben keine Vorreiterrolle im Arbeitnehmerschutz, auch nicht im Vergleich innerhalb der Mitgliedsländer der Europäischen Union. Ich erinnere Kollegen Walch nur daran, wie es in seiner eigenen Branche ausschaut, nämlich am Bau. Das ist in Österreich die Branche mit dem höchsten Unfall- und höchsten Invaliditätsrisiko; neben dem Gewerbe Abfallbehandlung und Abfallbeseitigung, das hat ein noch höhe­res Unfall- und Invaliditätsrisiko.

Wenn man da die wenigen Parameter hernimmt, um europäische Vergleiche anstellen zu können, dann stellt man fest, dass die österreichischen Bauarbeiter und Bauarbeite­rinnen ganz offensichtlich unter den Staaten, mit denen man vergleichen kann, inner­halb Europas ein überdurchschnittlich hohes Invaliditäts- und Unfallrisiko haben. Also da liegt noch manches im Argen.

Das hat ja auch mit dem Stellenwert zu tun, den der Arbeitnehmerschutz und Arbeit­nehmerinnenschutz in den vergangenen Jahren immer wieder gehabt hat. Nur das Nötigste machen, nur das machen, wozu einen die EU-Richtlinien verpflichten. Und wenn es geht, dann versucht man auch da – und darum diskutieren wir ja jetzt, Kollege Walch – ein Auge zuzudrücken. Wir versuchen jetzt nämlich, zunächst einmal Betriebe


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158. Sitzung / Seite 98

unter fünf Personen auszunehmen. Die beziehen wir nicht ein. Das war die Überle­gung, die hinter diesem Gesetz gestanden ist.

Und dann kommt leider der Europäische Gerichtshof und sagt – Gott sei Dank, sagt er das –: Nein, liebes Österreich, so geht es nicht. Ihr müsst die wenigen verpflichtenden Elemente der europäischen Richtlinie auf Punkt und Beistrich umsetzen. Und da sagt Österreich: Na ja, machen wir es halt! – Machen wir es halt, Herr Bundesminister! Das ist noch nicht sehr aufregend.

Jetzt kann man schon sagen: Ja, wir stimmen dieser vorgeschlagenen Änderung zu, hier wird der Form Genüge getan. Aber mit Leben erfüllter Arbeitnehmerschutz ist es noch nicht. In einem Land, in dem beispielsweise der einzige Lehrstuhl für Arbeitsmedi­zin vor der Schließung oder Einstellung steht, ist es symptomatisch genug, wie wir mit dem Thema ArbeitnehmerInnenschutz umgehen.

Ich halte es auch nicht für gut – ich habe das dem Herrn Bundesminister schon etliche Male gesagt –, dass wir ArbeitnehmerInnenschutz mit ihm zwar diskutieren, dass wir aber über die notwendigen Schritte, die in diesem Bereich zu setzen wären – etwa be­treffend Unfallversicherung, Krankenversicherung, Prävention in beiden Versicherungs­zweigen und Prävention über die Versicherung hinaus –, mit anderen Ministerien, näm­lich mit dem Gesundheitsministerium und mit dem Sozialministerium, diskutieren müs­sen. Da ist ein ganz wesentlicher Bereich – nämlich der Arbeitnehmerschutz samt den umliegenden Bereichen – zerschlagen, zerteilt und zerstückelt worden, und das tut die­sem sehr wichtigen Bereich nicht gut!

Diesen Geist atmet auch diese Verbesserung: Machen wir es halt! Wir müssen es ma­chen, der Europäische Gerichtshof verpflichtet uns dazu, aber mehr als das Notwen­dige machen wir nicht! – Das ist traurig, das ist aber offensichtlich das Einzige, was von Ihnen zu haben ist!

Ich sage Ihnen noch einmal: Wir haben schon damals, als bei der Beschlussfassung über den Arbeitnehmerschutz diskutiert wurde, darauf aufmerksam gemacht, dass die­se Einschränkungen für Betriebe unter fünf ArbeitnehmerInnen sicherlich nicht EU-kon­form sind!

Kollege Winkler sagt: Die Betriebe haben das eh schon gemacht! – Ich glaube auch, dass es diejenigen, die denken können, schon gemacht haben! Ich frage mich aber: Warum denkt der Gesetzgeber nicht etwas voraus? Warum ist der Gesetzgeber nicht imstande, die Mehrheit in diesem Haus, die sich ja in diesen Jahren geändert hat ... (Zwischenruf des Abg. Walch.) Das waren nicht Sie, Herr Kollege Walch! Da brauchen Sie sich nicht angesprochen zu fühlen, denn das ist damals von einer anderen Mehr­heit beschlossen worden. – Warum ist der Gesetzgeber, wie leider auch manche Be­triebe, wirklich nicht imstande, den Arbeitnehmerschutz als ein ganz wesentliches und auch innovatives Element für die Entwicklung der Wirtschaft zu begreifen? – Das ist das Problem, das uns eigentlich Sorge machen und Anlass zu Diskussionen geben müsste!

Diesbezüglich denkt man sich ganz offensichtlich in Österreich noch immer: Na ja, dann sind es eben ein paar Unfälle mehr! Ist eh nicht viel passiert! Machen wir halt das Notwendigste! – Das wäre aber zu wenig. (Beifall bei den Grünen.)

14.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


14.22.24

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte drei Anmerkungen machen.


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158. Sitzung / Seite 99

Herr Abgeordneter Öllinger, ich widerspreche Ihnen ganz deutlich, was den Stellen­wert, die Effizienz und den Erfolg des Arbeitnehmerschutzes in Österreich betrifft. (Abg. Öllinger: Das können Sie nicht!) Wir gehören in Europa zur Spitzengruppe, und es gibt dazu Daten, mit welchen das nachgewiesen werden kann.

Wir haben gemeinsam einen Staatspreis für Arbeitssicherheit ins Leben gerufen, der sehr gut läuft. Wir kontrollieren und beobachten die Entwicklung der Arbeitsunfälle und auch der berufsbedingten Erkrankungen sehr genau. Wir haben das im Ausschuss mehrfach diskutiert, Sie haben dem nicht widersprochen, und ich betone noch einmal: Wir gehören hier zur europäischen Spitze und keinesfalls und nicht einmal zum Mittel­feld. (Abg. Öllinger: Das stimmt leider nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zweite Anmerkung: Sehr geehrter Herr Ab­geordneter Lackner, ich bin doch ein bisschen überrascht: Wenn der EuGH ein öster­reichisches Gesetz in fünf Punkten für nicht EU-konform erachtet, das auf Basis eines Sozialpartner-Konsenses erarbeitet und von Ihnen im Parlament mit beschlossen wur­de, dann wundert es mich schon, wenn Sie jetzt mit Ausdrücken im Plenum agieren, die bis zu „verräterisch“ reichen und implizieren sollen, dass manche in diesem Hause dem Arbeitnehmerschutz nicht den Stellenwert beimessen, den Sie ihm beimessen. Entweder Sie haben das mit diskutiert und mit beschlossen oder nicht. – Tatsächlich haben Sie es mit beschlossen, dann tragen Sie es hier aber auch mit!

Die zweite Verwunderungsstufe bezieht sich darauf, dass diese Sanierung beziehungs­weise Novelle ja auch wieder auf einer Sozialpartner-Einigung beruht! Und wenn Sie dann von Durchführungsverordnungen sprechen, dann ist Ihnen als routiniertem Abge­ordnetem sicherlich Folgendes bewusst: Erstens ist eine Durchführungsverordnung eine Verordnung und kein Gesetz und bedarf daher nicht des Nationalrats. Zweitens darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass es in letzter Zeit zum Beispiel Durchfüh­rungsverordnungen zum Thema Lärm und Vibrationen gegeben hat, die Grenzwerte-Verordnung insbesondere zur Verbesserung der Prävention betreffend Asbest und die VEXAT-Verordnung zum Thema explosionsfähige Atmosphären. – Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fühlen sich dann auch ein wenig unangenehm berührt, wenn Sie als Sprecher Ihrer Fraktion etwas kritisieren, was jeglicher faktischen Grundlage ent­behrt!

Dritte Anmerkung: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind in fünf Fällen vom EuGH verurteilt worden, und da muss es Sanierungen geben. Aber es kann schon diskutiert werden, ob man in Österreich wirklich völlig daneben gelegen ist. Die Sozial­partner haben – auch wiederum mit der SPÖ – gesagt: Wenn Betriebe bis zu fünf Mit­arbeiter haben, dann müssen besondere Beauftragte für Brandbekämpfung und Eva­kuierung nur erforderlichenfalls bestellt werden. – Das kommt mir nicht völlig absurd vor! Stellen Sie sich eine Arbeitsstätte mit fünf Mitarbeitern vor, und dann werden sol­che Funktionen vergeben! Der EuGH sieht das aber anders, und wir werden das sanie­ren.

Es gibt aber auch Kritikpunkte des EuGH – auch das sanieren wir –, die ich als absolut überschießend betrachte. Ich behalte mir aber diese – politische und nicht juristische – Meinung vor: Wenn nämlich der EuGH sagt, dass gesetzlich – meine sehr verehrten Damen und Herren: gesetzlich! – zu regeln ist, an welchem dafür vorgesehenen Platz persönliche Schutzausrüstung nach Benutzung zu lagern ist, dann muss ich sagen: Ich verstehe nicht, warum das durch ein Gesetz geregelt werden muss! Wobei ich hinzu­füge, dass meine Kritik am EuGH nur eine indirekte ist: Der EuGH wird vermutlich auf Grund von EU-Vorgaben durchaus seine Entscheidungsgrundlagen haben.

In diesem Fall waren wir an dieser überschießenden Regelungsbeschlussfassung in Europa nicht beteiligt, weil wir noch nicht Mitglied der Europäischen Union waren. Es


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158. Sitzung / Seite 100

ist das für mich aber ein Paradebeispiel, dass offensichtlich nicht nur wir in Österreich manches überschießend regeln, sondern dass ganz offensichtlich auch in Europa man­ches überschießend geregelt ist.

Nichtsdestotrotz: Die fünf Punkte werden natürlich saniert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

14.26



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158. Sitzung / Seite 101

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


14.26.47

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Schon viele Jahre wird der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich groß geschrieben.

Mit den heutigen kleinen Anpassungen wird dem ebenfalls Rechnung getragen: So wird – wie der Herr Bundesminister gerade ausgeführt hat – genauer definiert, dass persönliche Schutzausrüstung nach der Benützung wieder an dem dafür vorgesehenen Platz zu sein hat, was sozusagen auch eine Verpflichtung des Arbeitnehmers ist, dass jedenfalls ArbeitnehmerInnen benannt werden müssen, die für Erste Hilfe, Brandbe­kämpfung und Evakuierung zuständig sind, dass vorrangig interne Fachkräfte heranzu­ziehen sind und, falls nicht vorhanden, auf externe Kräfte zurückgegriffen werden kann, wobei eine spezielle Anstellung von Fachkräften beziehungsweise die Ausbildung des vorhandenen Personals nicht geboten sind.

Neben dem Schutz des Lebens und der Gesundheit hat der ArbeitnehmerInnenschutz auch positive volkswirtschaftliche Auswirkungen, wie wir alle wissen. Außerdem erspart jeder einzelne Arbeitsunfall, der nicht stattfindet, dem Unternehmen durchschnittlich 2 000 €.

Das Projekt des Gesundheitsministeriums „Betriebliche Gesundheitsförderung“ unter­stützt viele Unternehmen in ihrem freiwilligen – freiwilligen! – Bemühen, bessere Ar­beitsbedingungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen. Zwei Beispiele seien hier genannt: das Programm BAUfit und für das Pflegepersonal das Programm PFLEGEfit.

Wichtig ist mir, auch noch darauf hinzuweisen, dass in Österreich der ArbeitnehmerIn­nenschutz mit dem Arbeitsmedizinischen Dienst, den Sicherheitsfachkräften und ande­ren Experten, insbesondere den Arbeitspsychologen, sehr stark im präventiven Bera­tungsbereich wirksam wird. – Auch das regelt unser sehr gutes ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz.

Aber gerade negativer Stress und psychosoziale Belastungen – das Phänomen „Burn-Out“ wird in letzter Zeit von Experten sehr oft hervorgehoben – beschäftigen und belas­ten die gesamte Arbeitswelt, sei es durch persönliches Leid, durch Leistungsabfall, durch Krankenstände oder durch Arbeitsverlust. In diesem Bereich könnten sich die FSG-Kollegen im ÖGB besonders hervortun, anstatt die Mitglieder durch zusätzliche Stressfaktoren, wie die Machenschaften der sozialistischen Gewerkschaftsspitzen, zu verunsichern!

Die ÖVP wird sich immer für Sicherheit und entlastende Arbeitsbedingungen einset­zen, und unser Ziel dabei ist es, dass Arbeitsleben und Familienleben harmonieren, denn für uns stehen die Menschen in Österreich mit ihren Bedürfnissen im Mittelpunkt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

14.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. – Bitte.

 


14.29.48

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitneh­mer in ihrem Arbeitsbereich sind wohl uns allen ein Anliegen!

Mehr als 100 000 Unfälle ereignen sich leider jährlich an Österreichs Arbeitsplätzen und verursachen neben einem volkswirtschaftlichen Schaden von 1,5 Milliarden € na­türlich auch sehr viel persönliches Leid und Personenschäden. Daher sind uns Verbes­serungen des Arbeitnehmerschutzes selbstverständlich willkommen.

In Österreich können wir erfreulicherweise einen starken Rückgang an Arbeitsunfällen verzeichnen, nämlich seit 1996 einen Rückgang um zirka 30 Prozent. Ein wesentlicher Aspekt dabei war sicherlich auch die Evaluierung der Arbeitsplätze und die Festlegung von Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer.

Geschätzte Kollegen der Opposition! Prävention und Weiterentwicklung des Arbeitneh­merschutzes sind dieser Bundesregierung selbstverständlich ein Anliegen. Herr Kol­lege Walch und der Herr Bundesminister haben selbstverständlich zu Recht darauf hin­gewiesen.

Die vorliegende Novelle zum Arbeitnehmerschutz ist notwendig, um der EU-Richtlinie exakt zu entsprechen, und bedeutet eine Verbesserung des Aufgaben- und Wirkungs­bereiches der Sicherheitsvertrauenspersonen in den Betrieben. Das ist notwendig und richtig, denn sie tragen die Verantwortung für sichere Arbeitsplätze. Die Novelle nimmt aber auch die Arbeitgeber stärker in die Pflicht, denn letztlich sind sie genauso wie die Arbeitnehmer die Profiteure von verhinderten Arbeitsunfällen. – Daher werden wir der Anpassung an die EU-Richtlinie selbstverständlich unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1559 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

14.32.114. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 502/A (E) der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend automatische Zuweisung an eine Mitarbeitervorsorgekasse (1600 d. B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nunmehr zum 4. Punkt der Ta­gesordnung.

 


Erster Debattenredner ist der Antragsteller, Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.


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158. Sitzung / Seite 102

14.32.35

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, Herr Bundesminister Bartenstein hat heute in der Früh einen wichtigen und richtigen Satz gesagt, den ich unterstreichen möchte. Herr Minister, Sie sagten: „Von nichts kommt nichts.“ (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ja!) Ich glaube, das ist eine Lebens­weisheit, die wir gemeinsam haben, und wahrscheinliche viele andere auch.

Der Umkehrschluss dazu ist jedoch: Wo etwas ist, kommt etwas dazu. Das könnte man auch sagen. – Sie nicken dazu, und ich denke, gerade beim Mitarbeitervorsorgegesetz kann man das so sehen.

Wie ist es denn dazu gekommen? – Da war vorher etwas, und zwar nicht eine Regie­rungsvorlage oder eine politische Initiative Ihres Hauses, der ÖVP oder sonst einer Partei, sondern da waren eine Sozialpartnerdiskussion, ein Sozialpartnerentwurf und ein Sozialpartnerverlangen. Eigentlich ist das Mitarbeitervorsorgegesetz, das wir jetzt diskutieren, eine Art Kind der Sozialpartner, und letztendlich wurde es dann zum Ge­setz und wurde als „Abfertigung neu“ auch entsprechend publiziert und allgemein an­genommen.

Der Initiativantrag, der 2005 von mir und von meiner Kollegin Silhavy eingebracht wur­de, hat auf ein bestimmtes Problem hingewiesen, nämlich auf das Problem, dass viele Arbeitgeber, obwohl sie es müssten, eigentlich keine Mitarbeitervorsorgekasse ausge­wählt haben und deshalb für eine große Anzahl von Arbeitnehmern – 176 000 waren es damals – keine Veranlagung der Beiträge möglich war, weil die Gebietskrankenkas­sen nicht wussten, wohin sie das Geld weiter überweisen sollten. Zum damaligen Zeit­punkt waren es bereits 12 Millionen €, die bei den Gebietskrankenkassen sozusagen zwangsweise geparkt werden mussten.

Der Antrag hat – so sehe ich das jedenfalls – dazu geführt, dass das Problem in der Folge aufgegriffen und im vorigen Jahr auch einer Erledigung zugeführt wurde. Und heute haben wir den Antrag auf der Tagesordnung, der eigentlich der Initiator für diese Sache war.

Sehr verehrter Herr Bundesminister, im Ausschuss habe ich Sie auch gefragt, wie Sie persönlich zur Höhe des Beitrages, nämlich zu den 1,53 Prozentpunkten stehen. Und ich denke, Ihre Antwort ist legitim, wenn Sie gesagt haben, dass Sie sich dazu nicht äußern, weil das Sache der Sozialpartner sei. So haben Sie es formuliert, und daher möchte ich jetzt hier im Plenum die Frage an alle Parteien und an alle Redner, die jetzt nach mir kommen, stellen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits.)

Herr Kollege Tancsits, wie stehen Sie dazu? Soll das bleiben? Ist das zu wenig oder zu viel? Finden wir uns darin, dass wir das vielleicht erhöhen sollten? – Als Arbeitnehmer­vertretung wäre das ja möglich!

Daher meine Aufforderung: Diskutieren wir einmal die Beitragshöhe! Ich denke, das wäre vielleicht eine gute Gelegenheit dazu! (Abg. Mag.  Tancsits: Super!)

Die Sozialpartnerschaft ist ja allseits gelobt worden, und daher, Herr Abgeordneter Tancsits, waren wir nicht nur überrascht, sondern eigentlich auch empört über Ihre letzte Bemerkung im Ausschuss, die unbedingt in ein Protokoll des Nationalrates ge­hört. Sie haben sinngemäß – so habe ich mir das aufgeschrieben – gesagt: Man sollte den freiwilligen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer – den Gewerkschaften – dort, wo es um Geld geht – konkret haben Sie den § 9 des Mitarbeitervorsorgegesetztes als Beispiel genannt – die Mitbestimmungsrechte bei Gesetzen entziehen. (Abg. Mag.  Tancsits: Das kommt noch einmal!) Ich meine, in Anbetracht dessen kann man nicht zur Tagesordnung übergehen! Sie kommen als Sprecher zu sozialen Fragen aus einer Partei, in der hinter Ihnen ein Vorsitzender einer wichtigen Gewerkschaft sitzt und


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sagen da so locker: Gewerkschaften sollen bei Gesetzen keine Mitbestimmungsrechte haben! (Abg. Lentsch: Das sagt Gusenbauer!) Das ist aufklärungsbedürftig, und ich denke, Sie sollten diesbezüglich hier eine klare Position beziehen, damit wir uns aus­kennen, denn ansonsten wird das Ganze, glaube ich, nicht klarer. – Danke schön. (Bei­fall bei der SPÖ.)

14.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

 


14.36.46

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mitarbeitervorsorge ist eine tolle Sache, das hat auch mein Vorredner gesagt. Zum ursprünglichen Antrag kann er ja nicht viel sagen, da das ja bereits seit 1. Juli 2005 Gesetz ist; das hat man vielleicht übersehen.

Wir sind froh darüber, dass es die Abfertigung neu und die Mitarbeitervorsorge gibt. Wir sind auch froh darüber, dass sich die Sozialpartner im Jahr 2002, nachdem der ÖGB und die sozialistischen Gewerkschafter zehn Jahre lang gebremst und verhindert haben, als es überhaupt nicht mehr anders gegangen ist, zugestimmt haben. Diese Abfertigung neu und die Mitarbeitervorsorge stellen sicherlich einen der vielen sozialen Meilensteine dar, die diese Bundesregierung in der ablaufenden Legislaturperiode set­zen konnte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Um der lieben Sozialpartnerschaft willen hat der Gesetzgeber den ausgehandelten Vorschlag 2002 so übernommen und 2003 so umgesetzt. Dieser hat natürlich einige Schönheitsfehler. Kollege Riepl, einen davon haben Sie selbst angesprochen: Wir alle wissen, dass die 1,53 Prozent vielleicht ausreichen, um eine Zusatzpension zu sichern, sicherlich aber nicht die Abfertigung neu, so wie es der ursprüngliche Vorschlag des ÖAAB und des Präsidenten Fink von der Vorarlberger Arbeiterkammer war.

Wir haben es übernommen, weil das ein ganz neuer Umgang mit Abfertigung und der Möglichkeit zur Zusatzpension ist. Und folgerichtig verlangen die ÖVP-Arbeitnehmer die Verwirklichung eines Weges in Richtung 2,5 Prozent. Das hätten Sie in den Anträ­gen in allen Arbeiterkammervollversammlungen der letzten drei Jahre nachlesen kön­nen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns in Österreich zur Sozialpartnerschaft beken­nen, dann sollte das aber nicht vom Gesetzgeber dekretiert werden, sondern ist von den Sozialpartnern zu bestreiten. Diesbezüglich sind Sie gefordert, die Sie derzeit bei den Arbeitnehmern noch die Mehrheit haben!

Zum dritten Punkt, zu dem Sie mich angesprochen haben: Ich habe schon bei der Ge­setzwerdung, meine Damen und Herren, den § 9 Abs. 2 als unglücklich empfunden, wo man im Zuweisungsverfahren nicht der gesetzlichen Interessenvertretung, der Arbeiter­kammer, das Recht der Mitwirkung gibt, sondern dem ÖGB. Ich habe das als eine Aus­höhlung der Arbeiterkammern und ihrer Interessen verstanden, und ich habe mich ge­wundert, dass der damalige Präsident der Arbeiterkammer Tumpel, obwohl mehrfach aufgefordert, am Schluss der Verhandlungen dazu nicht Stellung bezogen hat. – In der Zwischenzeit kann ich es mir denken, warum. Er wollte ein Geschäft seiner Bank, der BAWAG, zuschanzen.

Ich glaube, dass die Arbeiterkammern gut beraten wären, hier auf die Ausübung ihrer im Gesetz verankerten Rechte der Vertretung zu pochen. (Abg. Gradwohl: Herr Kol­lege, Sie stehlen Ihrem Klub die Redezeit!) Ich höre nämlich gerade aus dem Bereich der Arbeiterkammern, dass man für die Sicherheit des Geldes der Arbeitnehmer hier eine Änderung vornehmen sollte. Aber wir bleiben auch hier grundsatztreu, meine Da-


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men und Herren, sowie auch beim Satz (Abg. Gradwohl: Wo sonst noch?): Das haben sich die Sozialpartner auszumachen, das hat nicht der Gesetzgeber zu dekretieren! Sie wären aber gut beraten, unseren Vorschlägen zu folgen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Walch ist auf dem Weg zum Rednerpult.)

 


14.41.12

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Diese Worterteilung kam für mich genauso überraschend wie für den Kollegen Walch, aber ich nehme diese Gele­genheit natürlich wahr. – Dieses Thema ist sicher nicht mit dem Entschließungsantrag des Kollegen Riepl alleine zu behandeln. Das ist schon klar, Herr Kollege Tancsits. Ich habe auch Ihren Ausführungen sehr aufmerksam zugehört und darf sagen: Auch das ist noch nicht der Kern des Problems! Sie haben ihn aber gestreift.

1,53 Prozent ist ein Teil davon. Der andere Teil waren – bitte, seien wir ehrlich! – die völlig überzogenen Erwartungen, die geweckt wurden, als das Modell ins Leben geru­fen wurde, und zwar die Erwartungen in Bezug auf die sehr optimistischen Annahmen über die Renditen und die Lohnzuwächse. Es hat mit der Realität nichts zu tun gehabt, wenn man Renditezuwächse von 4 oder 6 Prozent pro Jahr und Lohnzuwächse von, wie ich glaube, 2,5 Prozent pro Jahr hineinkalkuliert, um damit nach einem langen Ar­beitsleben oder, in diesem Fall, Mitarbeitervorsorge-Leben einigermaßen einen Ertrag abzuwerfen. – Das ist der eine Punkt.

Zweiter Punkt – und da würde ich doch Wert darauf legen, dass wir uns das nicht mehr in dieser Gesetzgebungsperiode, aber in einer der nächsten genauer anschauen –: „Die Presse“ vom 3. April 2004 berichtete, dass die Rendite-Unterschiede bei den Mit­arbeitervorsorgekassen im ersten Jahr der Veranlagung 100 Prozent waren. – Die Un­terschiede, die Differenz in der Rendite – ja, wie gibt es denn das?

In der Sendung „Help TV“ vom 27. Mai 2006 wird über den Fall eines niederösterreichi­schen Arbeiternehmers oder einer Arbeitnehmerin berichtet, für den oder die 4 200 € im Jahre 2005 eingezahlt wurden. Die Rendite für das Jahr 2005 betrug 118,32 €. Die Verwaltungskosten haben 93,31 € betragen, die Vermögensverwaltungskosten, extra ausgewiesen, 16,44 €, und die Barauslagen, die die Mitarbeitervorsorgekasse eben­falls abgerechnet hat, betrugen 12,72 €. Das heißt, die Rendite wurde zur Gänze von den Verwaltungskosten aufgefressen. Es ist ein Minus von 4,15 € herausgekommen, das vom Kapitalbestand bezahlt werden muss. – Bitte um Entschuldigung, aber ich zahle als Arbeitgeber doch nicht 4 200 € für jemanden ein, damit dieser dann nicht 4 200 €, sondern 4 195 € herausbekommt! Wo sind wir denn? Mir fehlt jegliche Einsicht dafür, dass man sich da noch herstellen und sagen kann: Das ist ein Erfolgsmodell! Die Leute kriegen weniger. Hätten sie dieses Geld, die 4 200 €, auf einem täglich fäl­ligen Konto veranlagt, dann hätten sie zwar auch sehr wenig bekommen, aber das immerhin garantiert, nämlich 40, 50 €. Da können sie sich diesen Verwaltungskosten­anteil sparen.

Worüber diskutieren wir? – Der Kollege Riepl hat gesagt, da werden Gelder bei der Gebietskrankenkasse veranlagt. Dort waren immerhin 1,5 Prozent zu zahlen. Das ist nicht wenig – wenn man weiß, was die Banken auf Girokonten im Durchschnitt an Zin­sen zahlen, nämlich 0,25, 0,3, 0,4 Prozent. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Kassie­ren!) Ja, kassieren! Danke.

Aber wir sollten schon über das Wesentliche diskutieren, nämlich über den Spielraum, den der Gesetzgeber den Mitarbeitervorsorgekassen für deren Veranlagungspolitik ge­währt hat, dass sie zur Deckung der Verwaltungskosten in einer bestimmten Band­breite abkassieren dürfen und da sogar schon auf das eingezahlte Kapital der Leute


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zurückgreifen dürfen. Das hat nichts mehr mit Vorsorge, mit Mitarbeitervorsorge zu tun. Da nehmen sich die Banken – oder wer auch immer die Veranlager sind – ein ganz schönes Stück von dem, was eingezahlt wurde. Dass da die Betriebe und die Arbeit­nehmervertretung zuschauen und sagen: Das ist ein Stück Erfolgsgeschichte!, dafür fehlt mir wirklich jegliches Verständnis! (Beifall bei den Grünen.)

14.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Ab­geordneter Walch. – Bitte.

 


14.45.59

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Riepl hat gesagt, an und für sich sei der Initiativantrag erledigt, weil er seit 1. Juli schon verwirklicht ist.

Aber blicken wir ein bisserl zurück! Wer hat denn die „Abfertigung neu“ überhaupt ins Leben gerufen? Ich habe in der Arbeiterkammer Oberösterreich in den letzten Jahr­zehnten zehnmal, glaube ich, Anträge auf Einführung einer „Abfertigung für alle“ einge­bracht. 2,53 Prozent soll der Arbeitgeber 25 Jahre lang einzahlen, damit der Arbeitneh­mer auf ein Jahresgehalt kommt. Ich habe das mit der damaligen Vizekanzlerin Riess-Passer besprochen. Dann ist es mit dem Koalitionspartner besprochen worden, und dann wurde das an die Sozialpartner zur Begutachtung weitergeleitet. Der Vorschlag der Sozialpartner – und die sind, wie wir wissen, von der SPÖ dominiert – sah dann so aus, dass das auf 1,53 Prozent reduziert wurde. Das hatte zur Folge, dass jetzt der Arbeitnehmer 38 Jahre arbeiten muss, damit er auf ein Jahresgehalt kommt.

Das ist von eurer Seite her gekommen, und jetzt kann sich der Kollege Riepl nicht hier herstellen und sagen: Was sagen denn jetzt ÖVP und BZÖ dazu? – Es ist ja euer Vor­schlag gewesen!

Nur muss man jetzt auch Folgendes sagen: Früher haben nicht einmal 15 Prozent der arbeitenden Menschen in Österreich einen Abfertigungsanspruch gehabt. Jetzt haben ihn 100 Prozent der Arbeitnehmer. Laut Auskunft der Mitarbeitervorsorgekassen wurde bereits für 1,8 Millionen Menschen in Österreich an sie eingezahlt.

Ich bin absolut der Meinung des Kollegen Öllinger, der gesagt hat, dass nicht sein kann, dass man in den Mitarbeitervorsorgekassen zur Deckung der Verwaltungskosten auf das von den Leuten eingezahlte Kapital zurückgreift. Man muss auch dort etwas unternehmen, zum Beispiel dafür sorgen, dass die Zinsen dementsprechend erhöht werden.

Aber eines ist richtig: dass wir das ins Leben gerufen haben. Die alte Regierung – im Speziellen die Sozialdemokraten! – hätte genug Zeit gehabt, das zu verwirklichen. In der Kammer haben die Sozialdemokraten am Anfang dagegen gestimmt, und dann, damit es nicht so dumm ausschaut, wurde es einem Ausschuss zugewiesen, und dort wurde es dann schubladisiert.

Wir haben immer wieder dazu einen Antrag eingebracht und letztendlich die „Abferti­gung neu“ verwirklicht. Diese Regierung hat es verwirklicht – im Sinne der Arbeitneh­mer! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Ab­geordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


14.48.32

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Wenn man die Debatte verfolgt


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hat, dann ist man jetzt wahrscheinlich ein bisschen verwirrt, denn der Kollege Tancsits hat gesagt, dass der Herr Fink der Erfinder der „Abfertigung neu“ sei, und der Kollege Walch hat gesagt, dass er selbst der Erfinder der „Abfertigung neu“ sei. (Zwischenruf des Abg. Walch.)

Tatsache ist, dass es eine Sozialpartnereinigung gewesen ist, an der die Gewerkschaf­ten massiv beteiligt gewesen sind. Da können Sie noch so viel dagegen sprechen, das ist einfach eine Tatsache, so ist es nun einmal! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Walch.)

Herr Kollege Walch, bei der Schaffung der betrieblichen Mitarbeitervorsorge war uns allen klar, dass es bei der „Abfertigung neu“ zu einigen Problemen kommen wird, weil man da doch Neuland betreten hat. Ein Punkt ist mit dem Entschließungsantrag, der vom Kollegen Riepl eingebracht worden ist, repariert worden, nämlich jener, wo die automatische Zuweisung an die Mitarbeitervorsorgekassen nicht geregelt gewesen ist. Der Initiativantrag des Kollegen Riepl war auch da wieder die Initialzündung, dass die­ses Gesetz repariert worden ist.

Es hat eine Projektgruppe gegeben – das habe ich auch schon im Ausschuss er­wähnt –, nämlich die Projektgruppe „Technische Überarbeitung des Betrieblichen Mit­arbeitervorsorgegesetzes“, und dort hat man auch noch auf andere Punkte hingewie­sen, die man in diesem Gesetz verändern sollte, weil es eben einige Probleme gege­ben hat.

Dazu hat es einen Begutachtungsentwurf gegeben, der von den Sozialpartnern und von der Vertretung der Abfertigungskassen ausgearbeitet worden ist. Leider hat es dann vom Ministerium des Bundesministers Bartenstein kein grünes Licht gegeben, diesen Begutachtungsentwurf auszusenden. Er hätte vielleicht sogar schon als Gesetz in Kraft treten können, wenn es anders gewesen wäre.

Nun nur ganz kurz drei Punkte, die noch zu überarbeiten wären beziehungsweise die man sich im Zusammenhang mit der „Abfertigung neu“ anschauen sollte.

Der erste Punkt ist die Frage: Wie geht man um mit der Erfassung von Kurzzeitarbeits­verhältnissen in einem auf Beitragszahlungen basierenden Modell?

Ein zweiter Punkt, den man sich anschauen sollte, sind die Verbindlichkeiten der Kon­tonachrichten.

Und ein dritter Punkt, den man sich anschauen sollte, ist, wie es denn mit der Verfü­gung der Anwartschaften bei Pensionsantritt aussieht, und zwar auch bei der Korridor­pension, die ja eine neue Pensionsart ist.

Das sind jetzt nur drei der Themen, die die Projektgruppe „Technische Überarbeitung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes“ behandelt hat.

Wir hoffen, dass es in einer zweiten Etappe doch zu einer Verbesserung in diesen Punkten kommt – vor allem im Sinne der vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


14.51.19

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Vorweg darf ich feststellen, dass ich es sehr positiv finde, dass sich der Herr Kollege Riepl und die Frau Kollegin Königsberger-Ludwig klar bekennen zu einer ÖAAB-Idee, nämlich zur „Abfertigung neu“. Man darf aber schon sagen, dass zu


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der Zeit, als der ÖAAB dafür gekämpft hat, andere noch gar nicht wussten, wie man dieses Wort wirklich schreibt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Gradwohl.) Es ist so!

Es ist eigentlich seit dem Jahr 2005 klar geregelt, wie das mit der Zuweisung funktio­niert, und es ist nach einer Evaluierung und Novellierung nun auch klar geregelt, dass über die Unternehmer beziehungsweise über die Krankenversicherungen alle Arbeit­nehmer zu ihren Beiträgen kommen beziehungsweise dass die Beiträge eingezahlt werden. Damit ist dafür Sorge getragen worden, dass niemand zu Schaden kommt. Da passiert also nichts.

Man darf an dieser Stelle schon festhalten – und das zeigen ein paar Jahre der Ent­wicklung –, dass sich das Modell der betrieblichen Vorsorge im Rahmen der „Abferti­gung neu“ wirklich als Vorzeigemodell, als Erfolgsmodell etabliert hat, wo alle Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer eine entsprechende Abfertigung bekommen. Das sind immerhin 3,3 Millionen Beschäftigte in Österreich.

Herr Kollege Öllinger, vielleicht sollte man bei der Berechnung der Finanzierung bezie­hungsweise der Verzinsung einen längeren Zeitraum heranziehen und nicht nur ein Jahr herausgreifen. (Abg. Öllinger: Dadurch wird es nicht besser!) Wenn man sich nämlich das letzte Jahr anschaut, dann kann man feststellen, dass es mit 4 Prozent sehr positiv war. Man muss auch sagen, dass es eine Steigerung gegeben hat beim Geld, das verwaltet wird, und zwar von 365 Millionen auf 697 Millionen. (Abg. Öllinger: Da ist Geld verschwunden!) Das ist eine gewaltige Summe, das ist herzeigbar.

Im Ganzen gesehen hat sich die „Abfertigung neu“ wirklich als tragende Säule in der Pensionssicherung erwiesen – und genau das, meine Damen und Herren, ist zukunfts­weisende Sozialpolitik für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! (Beifall bei der ÖVP.)

14.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Ab­geordnete Mittermüller. Die verbleibende Redezeit vor der Debatte über den Dring­lichen Antrag beträgt 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.53.26

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Rückblickend darf man unter diesem Tagesordnungspunkt sicherlich daran erinnern, dass die „Abfertigung neu“, eingeführt von dieser Bundesregierung, für alle Arbeitnehmer wesentliche Ver­besserungen gebracht hat. Kollege Tancsits hat es als Meilenstein bezeichnet. (Abg. Riepl: Für alle nicht!) Selbstverständlich! (Abg. Riepl: Das stimmt nicht! Es gibt Aus­nahmen! Kennen Sie sich aus? – Abg. Mag. Molterer – in Richtung des Abg. Riepl –: Wie war es vorher?)

Diese Regelung zeichnet sich durch besondere Verbesserungen für Frauen und Fami­lien aus. So können zum Beispiel für Kindererziehungszeiten bis zu 30 Monate Abferti­gungsanspruch erworben werden. Während der Dauer des Kindergeldbezuges, wäh­rend der Familienhospizkarenz und während der Bildungskarenz werden Beiträge aus dem FLAF in die Vorsorgekassen eingezahlt. Die Mitarbeitervorsorge zeigt damit die starke familienpolitische Handschrift dieser Bundesregierung.

Die unter diesem Tagesordnungspunkt geforderte automatische Zuweisung von Beiträ­gen an eine Mitarbeitervorsorgekasse ist bereits durch das Zuweisungsverfahren, wel­ches seit Juli 2005 in Kraft ist, erledigt. Der wichtigste Eckpunkt dieses Zuweisungs­verfahrens war jener der Fristsetzung von 6 Monaten für den Arbeitgeber, um einen Beitrittsvertrag mit einer Vorsorgekasse abzuschließen. Andernfalls ist eine Zuweisung


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einzuleiten. Dadurch wird sichergestellt, dass Abfertigungsbeiträge rasch zur Veranla­gung weitergeleitet werden und dass die Erträge gesichert sind.

Auch da hat diese Bundesregierung ihre Hausaufgaben zur Vorsorge und Absicherung der Arbeitnehmer längst erledigt, daher war eine Zustimmung zu diesem Antrag nicht mehr notwendig. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1600 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Ich unterbreche nun für einige Minuten die Sitzung und nehme sie dann zur Behand­lung des Dringlichen Antrages um 15 Uhr wieder auf.

*****

(Die Sitzung wird um 14.56 Uhr unterbrochen und um 14.58 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

14.58.36Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Alexander Van der Bellen, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfas­sungsgerichtshofes (853/A) (E)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wie­der auf, um zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 853/A (E) zu kommen.

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verle­sung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

„Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen haben deutlich gemacht, dass die Bun­desangelegenheit Minderheitenschutz in Österreich dem Kärntner Landeshauptmann zur Profilierung überlassen wurde.

Der jahrelange Kleinkrieg um jede einzelne Ortstafel hat namhaften Institutionen unse­res Rechtsstaates schweren Schaden zugefügt und den Rechtsbruch höchster politi­scher Verantwortungsträger salonfähig gemacht. In mancher Hinsicht hat sich dieser Rechtsbruch noch ausgezahlt. Das ist das bedenklichste Resultat der Diskussion der letzten Tage und des vorläufig gescheiterten Versuchs von ÖVP und BZÖ, die im Staatsvertrag von Wien verbrieften Minderheitenrechte durch neue Verfassungsbestim­mungen auszuhebeln. Einige haben diesen Versuch sogar als ‚historische Lösung’ be­zeichnet.

In seinem Erkenntnis von 13. Dezember 2001 hat der Verfassungsgerichtshof jene Passage des Volksgruppengesetzes 1976 als verfassungswidrig aufgehoben, die für das Aufstellen von zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten und in Burgenland einen


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25 %-Anteil von Minderheitenangehörigen vorsah. Die zu Korrektur vorgesehene Frist bis 31. 12. 2002 ließ die Bundesregierung völlig ungenutzt verstreichen.

Die Bundesregierung hat seit 2001 den Auftrag des VfGH zur Erlassung einer neuen Topografieverordnung negiert. Am 30.06.2006 wurde völlig überstürzt eine neue Topo­grafieverordnung für Kärnten im Hauptausschuss beschlossen. Diese Verordnung be­inhaltet lediglich 93 Ortstafeln und ist mit Sicherheit (erneut) verfassungswidrig. Der Erstentwurf dieser Verordnung hatte noch 158 zweisprachige Ortstafeln vorgesehen. Am 11. 7. 2006 wurde eine neuerliche Topografieverordnung über 142 Ortstafeln be­schlossen, die nun mangels Verfassungsbestimmung nicht in Kraft treten kann. Diese Verordnung bezieht sich auf ein Gesetz, welches bislang noch nicht beschlossen wurde. Das Resultat ist, dass nun eine verfassungswidrige Topografieverordnung über 93 Ortstafeln in Kraft ist. Dies im 51. Jahr nach in Kraft treten des Staatsvertrages von Wien.

Der Staatsvertrag von Wien regelt im Artikel 7 die Rechte der Minderheiten auf  topo­grafische Aufschriften im Verfassungsrang. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem so genannten Ortstafelerkenntnis 2001 Teile des Volksgruppengesetzes und der Topo­grafieverordnung als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat dabei den Staatsvertrag von Wien zur Auslegung herangezogen und ausgesprochen an welchen Kriterien sich eine verfassungskonforme Regelung orientieren muss. Zweisprachige Ortstafeln müs­sen dem gemäß in Ortschaften mit einem Minderheitenprozentsatz von „mehr als 10 % über einen längeren Zeitraum“ aufgestellt werden. Die gegenständliche Regelung des Volksgruppengesetzes hat damit nichts zu tun. Zweisprachige Ortstafeln sind darin erst ab einem Minderheitenanteil von 10 % in Ortschaften und ab 15 % in Gemeinden vor­gesehen. Es besteht ein doppelter Widerspruch zur Rechtsprechung des Verfassungs­gerichtshofes. Dieser sieht in seinen Erkenntnissen eben keinen Mindestanteil von 15 % auf Gemeindeebene vor, zum anderen differenziert der Verfassungsgerichtshof nicht zwischen Ortschaften und Gemeinden, geschweige denn hat er eine kumulative Verknüpfung von Prozentanteilen auf Ortsebene und Gemeindeebene vorgesehen.

Es gibt zwei Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen. Die Regierung hat in den letzten Tagen versucht, Bestimmungen, die möglicherweise einer weiteren Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht stand halten, mit einem Verfassungsgesetz jeder Prüfung durch den VfGH zu entziehen. Sie kann dem Nationalrat aber auch eine Vorlage, die als einfaches Gesetz den Erkenntnissen des VfGH, aber vor allem den Bestimmungen des Staatsvertrags entspricht, zuleiten. 51 Jahre nach Unterzeichnung des Staatsver­trages könnte dieser so endlich vollständig umgesetzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ein verfassungs­konformes Volksgruppengesetz zuzuleiten, damit sichergestellt ist, dass eine Be­schlussfassung des Nationalrates noch in dieser Legislaturperiode erfolgen kann.

In diesem Entwurf ist darauf Bedacht zu nehmen, dass weder Landeshauptleuten noch Bürgermeistern die Möglichkeit eröffnet wird, die Umsetzung des Gesetzes zu verhin­dern.

Der Entwurf soll darüber hinaus sicherstellen, dass das Recht des Verfassungsge­richtshofes, die Einhaltung des Staatsvertrags zu prüfen, nicht beschnitten wird.


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In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile nun Frau Abgeordneter Mag. Stoi­sits als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.

Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit der Antragstellerin 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Brosz begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel mit der Aufschrift „Rechtsstaat – Pravna Država“ auf.)

 


14.59.13

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Poštovani gospod kancelar! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Die Leidensgeschichte der Minderheiten in Österreich hat nicht etwa vor eineinhalb Jahren oder vor einem halben Jahr begonnen, wie viele meinen, seit die Dinge so groß in Diskussion sind, sondern die Geschichte des Klein­krieges um Minderheitenrechte in Österreich ist eine sehr lange.

Im 20. Jahrhundert beginnt sie mit dem Staatsvertrag von Saint-Germain und mit der Tatsache der teilweise gänzlichen Ignorierung der Rechte, die sich daraus für Minder­heiten ergeben. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Herr Kollege da in der vorletzten Bank: beim Hineinrufen groß, beim Reden-Halten klein! (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Aber die wahre Leidensgeschichte des Minderheitenschutzes in Österreich beginnt mit dem Jahr 1955, nämlich jenem Jahr, in dem der Staatsvertrag von Wien unterzeichnet wurde, der in Artikel 7 die Rechte der Minderheiten in Österreich festlegt, und zwar die Rechte der Kroaten im Burgenland und die Rechte der slowenischsprachigen Bevölke­rung in Kärnten und der Steiermark. Die Steiermark erwähne ich extra, weil es vielfach so ist, dass selbst Abgeordnete des Nationalrates nicht wissen, dass auch die Rechte der steirischen Slowenen durch den Staatsvertrag von Wien gewährleistet sind.

Der nächste Schritt in dieser Leidensgeschichte war – und das möchte ich heute des­halb in Erinnerung rufen, weil es einmal in diesem Land so etwas wie einen physischen Ortstafelsturm gab –, dass einsprachige Kärntner unter Duldung der –damals noch – Gendarmerie zweisprachige Ortstafeln abmontiert haben, sie aus der Verankerung ge­rissen haben, um ihr Land rein Deutsch zu halten. – Das war nicht etwa in den vierzi­ger Jahren, meine Damen und Herren, das war 1972, das war der so genannte Orts­tafelsturm in Kärnten. (Abg. Scheibner: Und das wollen Sie jetzt alles wieder haben! Das ist der Hintergrund! Ihr wollt das wieder haben!)

Eine Reaktion der Politik darauf hat es gegeben. Der Versuch unter Bundeskanzler Kreisky damals, so etwas wie die Wahrheit des Staatsvertrages nach angemessener Frist gesetzlich und auch durch Taten umzusetzen, ist misslungen. Aber der nächste Versuch der Politik mit dem Volksgruppengesetz 1976 und mit der daraus resultieren­den so genannten Topographieverordnung für Kärnten, nämlich jener Verordnung des seinerzeitigen Bundeskanzlers – so wie Herr Dr. Schüssel jetzt –, die festgelegt hat, dass in Kärnten 91 Ortstafeln zweisprachig zu verfassen sind, ist gelungen. Die Topo­graphieverordnung ist 1977 in Kraft getreten, meine Damen und Herren!

Zwischen 1977 und dem Jahr 2006 ist es gerade einmal gelungen, auf Grund dieses Rechtsbestandes der Republik – das ist Recht und Gesetz! – 77 Tafeln in Kärnten auf­zustellen. Ein paar davon hat ja Herr Bundeskanzler Schüssel voriges Jahr mit großer


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Begleitmusik, Blasmusik, anlässlich des Staatsvertragsjubiläums – es war, glaube ich, nicht exakt am 15. Mai, aber rund um den 15. Mai – zusätzlich aufgestellt.

Das ist ein Beispiel jener Art symbolischer Politik, die diese Bundesregierung in den letzten Jahren sehr gerne und sehr häufig bemüht hat. Ich erinnere Sie alle an das Jahr 2000, als wir alle hier, in Eintracht, auch mit Zustimmung der Grünen, den Arti­kel 8 der österreichischen Bundesverfassung geändert haben, die so genannte Staats­zielbestimmung, die die Vielfalt der Sprachen und Kulturen in diesem Land garantiert. (Abg. Scheibner: Na also! – Abg. Mag. Molterer: Genau!) Ja Verfassungsbestimmun­gen, Verfassungsgesetze, Gesetze in diesem Land sind wahnsinnig geduldig.

Damals war das sehr passend. Österreich hatte, um es ein bisschen volkstümlich zu sagen, die „drei Weisen“ im G’nack. Warum hatten wir sie im G’nack? – Auf Grund der unseligen Koalitionen, die eingegangen wurden! Damals war es durchaus opportun, zu sagen: Wir bekennen uns zur Sprachenvielfalt, zur kulturellen Vielfalt! – Schlüsse dar­aus hat dieses Land seither nicht gezogen. Beigesprungen ist den Minderheiten und den Minderheitenangehörigen in diesem Land bis jetzt immer nur der Verfassungsge­richtshof; so auch mit seinem Erkenntnis im Jahr 2001.

Der Verfassungsgerichtshof hat es sich nicht leicht gemacht und hat nach langen und intensiven Analysen, die Grundlage für sein Erkenntnis waren, gesagt, dass es in Ös­terreich so sein soll, dass – was der Staatsvertrag 1955 den Minderheiten garantiert – ein 10-Prozent-Anteil der Minderheit an der Bevölkerung in einer Ortschaft ausreicht und dass das im Vergleich zur internationalen Praxis auch opportun und gegeben zu sein scheint. Er hat die 25-Prozent-Klausel des Gesetzes aus dem Jahr 1976 als ver­fassungswidrig aufgehoben.

Der Verfassungsgerichtshof ist immer gut zur Politik und hat ihr eine Frist gegeben; diese war gar nicht so kurz, sie endete erst mit 31. Dezember 2002. Also ein ganzes Jahr lang hätte die Politik Zeit gehabt, um auf dieses Erkenntnis und auf diese Inter­pretation des Artikel 7 Staatsvertrag von Wien zu reagieren. Die Politik hat – und das überrascht jetzt niemanden, denn das ist schon Geschichte, das ist schon Historie, es liegt fast fünf Jahre zurück – nicht darauf reagiert! Sie hat nicht darauf reagiert, son­dern sie hat – und das ist das für mich Tragische! – eine Politik zugelassen, die Rechtsbruch durch höchste politische Entscheidungsträger in diesem Land salonfähig gemacht hat. (Beifall bei den Grünen.)

Ich erinnere Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nur an das Ortstafel-Verrücken von Landeshauptmann Haider. Ich erinnere Sie an die Verhöhnung höchster Reprä­sentanten durch Landeshauptmann Haider immer im Zusammenhang mit der Frage der Ortstafeln. Ich erinnere Sie nur daran, wie Minderheitenangehörige, die das Recht wahrnehmen, das jeder Bürger und jede Bürgerin dieses Landes haben, nämlich sich an die Gerichte zu wenden, wie etwa Rudi Vouk, ein Kärntner Slowene (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein Raser!), der dieses Recht in Anspruch genommen hat, verhöhnt, desavouiert, von Bürgern und Bürgerinnen dieses Landes bedroht wurden. (Abg. Scheibner: Einer, der absichtlich schnell fährt im Ortsgebiet, das ist ein Held?) Im Fall Rudi Vouk wurde sogar seine Existenz als Rechtsanwalt in Frage gestellt. (Abg. Scheibner: Einen Schnellfahrer unterstützen Sie?) – Das alles ist passiert in diesen Jahren und das alles ist unter dem Schutzmantel der Staatszielbestimmung von Bun­deskanzler Schüssel in diesem Land passiert.

Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch nicht genug. Im Burgenland hat es 45 Jahre lang gedauert, Herr Bundeskanzler, um den Staatsvertrag von Wien in Be­zug auf Topographie erstmals zu erfüllen, um jene Rechte umzusetzen, die seit 1945 verbrieft waren, denen für die Angehörigen der Minderheiten aber immer nur durch den Verfassungsgerichtshof zum Durchbruch verholfen wurde. Es geht in dem Fall nicht so


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sehr um die Ortstafeln, sondern um die Amtssprache. Ich erinnere Sie an die zweispra­chige Schule in Kärnten, 4. Klasse Volksschule.

Die einzige Institution – es ist absolut legitim, es in dieser Verknappung zu sagen –, die einzige Institution in dieser Republik, die den Minderheiten stets zur Seite gestanden ist, war der Verfassungsgerichtshof. Nicht Haider, nicht jene, die in Kärnten alte My­then bemühen und die in ihrer Ideologie und in ihrem falschen Verständnis von Heimat­treue, in ihrer Ausgrenzungsphantasie, in ihrer Phantasie der Übernahme durch unser EU-Nachbarland Slowenien, sozusagen einer kalten Übernahme einer Region durch zweisprachige Ortstafeln, in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stehen geblieben sind – ich brauche das hier gar nicht alles zu wiederholen –, nicht jene, die solche Dinge immer wieder strapazieren, sind es, die jetzt nach immerhin 51 Jahren Gültigkeit des österreichischen Staatsvertrages von einem historischen Kompromiss und von einer dauerhaften Lösung sprechen, die darin besteht, dass die Mehrheit über Minderheitenrechte, die im Staatsvertrag von Wien, Artikel 7, verbrieft sind, hinweg­fährt. (Abg. Mag. Molterer: Nein!)

Eine Zweidrittelmehrheit hier in diesem Parlament soll angeblich die Lösung von histo­rischen Konflikten bewirken. Hier – und da spreche ich jetzt alle an, die hier sitzen, nicht nur die Vertreter der Regierungskoalition, die sozusagen auf das Kommando des Bundeskanzlers hören, sondern auch jene, die für Verfassungsbestimmungen und Zweidrittelmehrheiten beschlussbildend sind, nämlich die sozialdemokratische Frakti­on –, hier wird der absolut dreiste Versuch gestartet, Rechte und Verpflichtungen, die in Artikel 7 des Staatsvertrages verbrieft sind, durch Zweidrittelmehrheiten dieses Hau­ses auszuhebeln. (Abg. Mag. Molterer: Das ist einfach falsch!)

Das ist der Punkt, meine Damen und Herren, gegen den sich die Grünen in den letzten Jahren und Wochen mit Vehemenz gewandt haben. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler, ich zolle Ihnen großen Respekt in Ihrem Bemühen, zu sagen: 77 Ortstafeln in Kärnten sind wahrlich zu wenig. – Auch ich will mehr.

Dieses Bemühen, Herr Bundeskanzler, haben Sie vor allem auch durch die Bitte an Herrn Professor Karner gezeigt, die slowenischen VertreterInnen sowie die Vertreter der Kärntner – „Zivilgesellschaft“ kann man das nicht wirklich nennen – Abwehrkämpfer und Heimatdienstler wieder an einen Tisch zu holen. – Jedenfalls: Das ist nicht mein Verständnis von Zivilgesellschaft, aber Kärnten fasst das offensichtlich so auf. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt lassen Sie doch endlich einmal Kärnten in Ruhe!)

In diesem Fall wirft dieser Versuch ein rechtes Licht auf Kärnten insgesamt, diese Ver­treterinnen und Vertreter an einen Tisch zu holen und über die Lösung dieser so ge­nannten Problematik zu reden; eine „Problematik“, die ich im Übrigen nicht als solche erkennen kann, denn: Dabei geht es um verbriefte Rechte! Allerdings wird das auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, immer wieder so dargestellt, als gäbe es ein Problem beziehungsweise einen Konflikt.

Daher noch einmal: Es gibt Rechte, Rechte jedoch, die nicht umgesetzt sind. Der Ver­ständigungsmechanismus, der bei dieser so genannten Konsenskonferenz zur Anwen­dung kam – die Annäherung der Positionen der Kärntner Slowenen auf der einen Seite und jener, die, wie Mythen und Traditionen, bis dahin geglaubt haben, Ihre Position sei wie die Zehn Gebote der Bibel –, hat sehr gut funktioniert, Herr Bundeskanzler.

Professor Karner und Dr. Sturm – Herr Dr. Sturm als Vorsitzender des Volksgruppen­beirates für die Kärntner Slowenen – haben Erfolge erzielt, die unser aller Wertschät­zung verdienen. Das ist nicht mehr vom Tisch zu wischen! Das jedoch, Herr Bundes­kanzler, ersetzt keinesfalls die Verpflichtung nach Artikel 7 beziehungsweise 3 des Staatsvertrages und dessen Auslegung durch den Verfassungsgerichtshof, endlich zur


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Umsetzung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes sowohl aus dem Jah­re 2001 als auch aus dem Jahre 2006 zu schreiten.

Es geht doch nicht darum, ob sich Menschen in einem semi-privaten Raum gut verste­hen, sondern: Es geht um Rechte, es geht um deren Umsetzung, es geht um Rechts­schutz – und es geht um den Rechtsstaat in Österreich sowie um den Stellenwert, den der Rechtsstaat bei uns hat! (Beifall bei den Grünen.)

Zur Vorgangsweise, die es in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen gegeben hat, zu der Art und Weise, wie Minderheitenangehörige durch Vorschläge, die von Ihnen, Herr Bundeskanzler, gekommen sind, behandelt wurden, so ganz nach dem Motto: Der Verfassungsgerichtshof hat zwar vom Aufstellen von Ortstafeln bei einem Anteil von 10 Prozent an zweisprachiger Bevölkerung geredet, aber so genau müssen wir das doch nicht nehmen, denn wir verordnen uns – via Verfassungsmehrheit – Klau­seln, die weit darüber hinausgehen und letztendlich dazu führen, dass es selbst bei einem Anteil von 33 Prozent an zweisprachiger Bevölkerung in Kärntner Ortschaften künftig keinen Anspruch auf zweisprachige Ortstafeln gäbe! – Der Konjunktiv ist da wirklich sehr angebracht.

Noch ist dieser dreiste Versuch, verbriefte Rechte aus dem Jahre 1955 durch Verfas­sungsbestimmungen im Jahre 2006 auszuhebeln, nicht geglückt; bis jetzt ist er miss­lungen. Und das verdanken wir VolksvertreterInnen dem Geist, der die slowenischen VertreterInnen getragen hat, und wir verdanken das natürlich auch den Sozialdemokra­ten, die diesem dreisten Versuch der Aushebelung verbriefter Rechte bisher widerstan­den haben. (Abg. Großruck: Wenigstens eine, die dem Herrn Gusenbauer Freude be­reitet!)

Das, meine Damen und Herren, schätze ich, das freut mich. Es freut mich tatsächlich, dass spät, aber doch die Erkenntnis gekommen ist, dass Rechte, die es gibt, nicht durch eine Zweidrittelmehrheit, die sich in diesem Kontext in Wirklichkeit zufällig er­gäbe, ausgehebelt werden können.

Was uns Grüne betrifft, die wir von Anfang an Argumente in diese Diskussion einzu­bringen versucht haben, so hat es ja diesbezüglich nicht einmal den Versuch einer Dis­kussion mit uns gegeben. (Abg. Scheibner: Sie wollten ja nicht!) Oft gibt es Telefonate zwischen höchsten Repräsentanten der Regierung und der Opposition – in dieser Frage jedoch ist nie ein Vertreter/eine Vertreterin der Grünen in eines dieser stillen Kämmerlein, in denen so viel verhandelt wurde, eingeladen worden! Wir wurden nie­mals um unsere Ansicht in dieser Angelegenheit gefragt! (Abg. Scheibner: Weil Sie nicht wollten!) Wir haben jedoch von Anfang an die Meinung vertreten, dass man nicht mit Zweidrittelmehrheit über Minderheitenrechte drüberfahren kann. Im Jahre 2006 darf die Mehrheit nicht einfach über verbriefte Rechte, die auf das Jahr 1955, ja bis auf den Staatsvertrag von Saint-Germain 1919 zurückgehen, drüberfahren! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das Resultat der so genannten historischen Lösung von Bundeskanzler Schüs­sel, die dieser der Öffentlichkeit vor einigen Tagen so präsentiert hat, als wäre das alles ohnehin schon längst geschehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Weiters zu kritisieren, Herr Bundeskanzler, ist die Art und Weise, wie mit den Vertrete­rinnen und Vertretern der slowenischen Organisationen verfahren wurde, wie da ver­sucht wurde, das drüberzubringen: durch nicht-schriftliche Festlegungen, durch Nicht-Übermittlung von Vorschlägen, sondern lediglich durch mündliche Zusagen, an die sich später manche nicht mehr erinnern wollen und zu denen es die unterschiedlichsten In­terpretationen gibt, und zwar immer zu Ungunsten und nie zu Gunsten der Volks­gruppe!


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Ich würde mich ja freuen, wenn der Herr Bundeskanzler einmal eine Zusage machen würde – und sich dann herausstellte: In der Umsetzung ist das ja mehr als das, was ursprünglich gedacht war! – So etwas habe ich aber noch nie erlebt, denn alles muss immer erstritten und erkämpft werden. Und auch in diesem Fall ist das so.

Herr Dr. Sturm hat um eine staatsvertragskonforme Lösung gekämpft, und er hat sich, mit dem Vertrauen der Volksgruppe ausgestattet, darum bemüht, Sie, Herr Bundes­kanzler, in Ihrem Bemühen zu unterstützen. Anzuführen ist da wirklich das große und ernsthafte Bemühen von Herrn Dr. Sturm – ich erinnere an die Konsenskonferenz, ich erinnere an die jahrelangen Diskussionen auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kärnten –, eine Lösung noch in diesem Jahr zu etablieren.

Herr Dr. Sturm hat das ernst gemeint. Wer es allerdings nicht ernst gemeint hat, das waren Sie, Herr Bundeskanzler (Rufe bei der ÖVP: Unerhört!), denn sonst hätte es nicht dazu kommen können, dass es dazu den Zuruf aus Kärnten gab, das müsse in den Verfassungsrang erhoben und dort verankert werden, denn, so hat es geheißen: Ohne unsere Zustimmung – das heißt, ohne die Zustimmung des Kärntner Lan­deshauptmannes und ohne die Zustimmung der Bürgermeister Südkärntens – wird es keine zusätzlichen Ortstafeln in Kärnten geben! Auf diesen Zuruf haben Sie prompt reagiert, Herr Bundeskanzler – leider jedoch die ausgestreckte Hand der slowenischen Vertreterinnen und Vertretern Ihnen gegenüber ausgeschlagen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben in den letzten Tagen eine historische Möglichkeit ver­tan! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten von ÖVP, Freiheitlichen – BZÖ, Grünen und SPÖ.)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben die historische Möglichkeit vertan, diesen 51 Jahren Assimilationspolitik, diesen 51 Jahren des Vorenthaltens verbriefter Rechte, diesen 51 Jahren der Nichterfüllung des Artikels 7 des Staatsvertrages von Wien endlich ein Ende zu setzen! Das kann man aber nicht mit der aus vielen Nichtdemokratien bekann­ten Methode tun, dass die Mehrheit einfach über die Minderheit drüberfährt!

Herr Bundeskanzler, ich sage das jetzt nicht nur als Abgeordnete der Grünen, sondern auch aus der Betroffenheit einer Volksgruppenangehörigen dieses Landes heraus: Ich selbst habe erlebt, Herr Bundeskanzler, was Assimilationspolitik bedeutet, Assimilati­onspolitik – das möchte ich schon dazu sagen –, die nicht von einem ÖVP-Bundes­kanzler initiiert oder geprägt war: Es waren damals die Sozialdemokraten, die einer solchen Politik das Wort geredet haben. In diesem Zusammenhang erwähne ich jetzt nur den Namen Friedrich Robak; die Eingeweihten wissen etwas damit anzufangen.

Bei mir war es so, meine Damen und Herren, dass ich als burgenländische Kroatin in der Weise aufgewachsen bin, dass mein Vater, ein aufrechter Sozialdemokrat und Bauarbeiter, immer gesagt hat: Meinen Kindern soll es in Zukunft besser gehen; das Wichtigste für uns, um einen sozialen Aufstieg zu erlangen, ist, gut Deutsch zu können!

Ich bin während meiner ganzen Volksschulzeit jeden Tag in der Früh an meiner ört­lichen Volksschule in Stinatz vorbeigegangen, zur Postautobus-Haltestelle jenseits der Volksschule, habe dort auf den Bus gewartet und bin mit diesem in den Nachbarort gefahren, um eine einsprachige Schule zu besuchen, um dort gut Deutsch zu lernen. Das durchzusetzen ist meinem Vater gelungen. – Mein Vater sieht diese Dinge heute jedoch ganz anders. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Mein Vater sieht diese Dinge heute aus dem Kontext der Zeit und seinem Bemühen heraus und steht dazu, weiß jedoch heute, dass es ein Fehler ist (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen) – das ist schon mein Schlusssatz, Herr Prä­sident –, solchen politischen Strömungen nachzugeben.


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Wenn der Druck auf Minderheiten groß ist, dann ist es eine Verpflichtung der Mehr­heit, Minderheiten zu schützen – und nicht das Gegenteil! – Danke für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. – Herr Bundeskanzler, Ihre Redezeit sollte 20 Minuten nicht überschreiten.

 


15.20.11

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sie haben hoffentlich registriert, welche Wortwahl gerade vorgenommen wurde: der Ver­gleich mit Nichtdemokratien, acht Mal – ich habe mitgezählt! – wurde von Ihnen, Frau Abgeordnete, das Wort „dreist“ verwendet, „Assimilationspolitik“ und die Aussage, dass seit 2000 nichts geschehen sei. – Frau Stoisits, Sie schreiben offensichtlich eine eige­ne Privatgeschichte.

Seit dem Jahr 2000 wurde – übrigens gemeinsam von allen Fraktionen hier – eine Staatszielbestimmung gewählt und verhandelt, die ihresgleichen sucht. Und wir sind stolz darauf, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Frau Abgeordnete, Sie sind burgenländische Kroatin, nur sollte man seine Privatge­schichte nicht auf alle übertragen. Ich habe mit Zustimmung dieses Hauses eingeführt, mit einem sozialdemokratischen Landeshauptmann, auf den ich sehr stolz bin, mit meinem ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreter, der hier mitgearbeitet hat, wir haben im Burgenland all das umgesetzt, was Sie vorher nie zusammengebracht haben. Gemein­sam haben wir das gemacht. Darauf können wir stolz sein, und da brauche ich mich nicht von Ihnen hier quasi vorstellen zu lassen. Das ist doch absurd! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wir haben die vierte Volksschulklasse durchgesetzt. Wir haben eine verbesserte Leh­rerausbildung eingeführt. Wir haben sichergestellt, dass wir heute in Kärnten ein Bil­dungsangebot haben – und das ist weit weg von Ihrer Privatgeschichte –, das bewirkt, dass 30 Prozent der Kärntner Pflichtschüler Slowenisch lernen – freiwillig! 70 Prozent davon haben Deutsch als Muttersprache. – Sie sollten auf diese Entwicklung stolz sein und nicht herumschimpfen, dass nichts geschieht! (Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Nun zum Staatsvertrag, Frau Abgeordnete. Viele hier sind Juristen. Lesen Sie einfach, was drinsteht. Im Staatsvertrag Artikel 7 heißt es, dass „in den Verwaltungs- und Ge­richtsbezirken Kärntens“ – um die geht es jetzt – „die slowenische ... Sprache zusätz­lich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen“ wird in Bezirken „gemischter Be­völkerung“. „In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen ... topographischer Natur sowohl in slowenischer ... Sprache wie in Deutsch verfasst.“ – Mehr steht hier nicht drinnen.

Bruno Kreisky hat nach einer sehr, sehr mühsamen Situation und Verhandlungs­phase – Sie kennen die Vorgeschichte ein bisschen: der Heimatdienst, unter anderen hat ein gewisser (Abg. Brosz hebt die Tafel mit der Aufschrift „Rechtsstaat – Pravna Država“ in die Höhe) – Sie können das Taferl ruhig liegen lassen, das interessiert hier niemanden (Beifall bei der ÖVP – Abg. Mag. Weinzinger: Sie interessiert es vielleicht nicht!) – Josef Feldner damals den Ortstafelsturm organisiert, und er ist heute mit an Bord. Er ist heute mit an Bord, Frau Abgeordnete! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Das ist eine Konsenslösung, die fünf Jahre lang verhandelt wurde, unter meinem Vor­sitz. Historiker Dr. Karner, Dr. Marjan Sturm, Bernard Sadovnik und Josef Feldner, sie alle haben mitgewirkt. Und wir hatten hier eigentlich breiten Konsens.


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Der Kern ist ja ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) – Hören Sie doch auf, ich habe ihn verlassen, ich versuche, ihn mit Leben zu erfüllen, Herr Abgeordneter! Und Sie wis­sen ganz genau, wie schwierig es manchmal mit den Bürgermeistern in Südkärnten ist, hier zu einem Konsens zu kommen, und wie sehr sich Ihre Landesparteivorsitzende Schaunig um einen solchen Konsens bemüht.

Wir alle sollten das tun und nicht die Mär erzählen, dass in Österreich für die Minder­heit in Kärnten nichts geschieht, weil es einfach nicht wahr ist! Ich bin für alle da, auch für jene, die es vielleicht schwieriger haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen – BZÖ.)

Weil Sie den Verfassungsgerichtshof erwähnt haben: Der frühere Präsident des Ver­fassungsgerichtshofs und jetzige Rechtsberater des Bundespräsidenten Dr. Adamo­vich hat in diesen Tagen eine Dokumentation über „Die Ortstafelfrage aus Experten­sicht“ publiziert, eine kritische Beleuchtung.

Er selbst fragt, weil es ja nicht präzise festgelegt ist: Was heißt „gemischte Bevölke­rung“? – Bruno Kreisky hat seinerzeit mit Zustimmung des Parlaments – es war sogar, wenn ich mich richtig entsinne, eine einstimmige Beschlussfassung – 25 Prozent fest­gelegt. Das ist aufgehoben worden. Adamovich sagt: Man muss nicht unbedingt an den 10 Prozent festhalten, sie sollten sich andererseits aber nicht den als unzulässig erklärten 25 Prozent nähern.

Frau Abgeordnete, das, was wir jetzt in einem Verordnungsentwurf und in einem Ge­setzentwurf vorgelegt haben – der Hauptausschuss hat ja gestern Gott sei Dank einen solchen Beschluss gefasst –, ist ziemlich präzise: 15 Prozent bei den Gemeinden und 10 Prozent bei den Ortschaften, und dazu noch eine vorgezogene Öffnungsklausel für all jene Ortschaften, die einen hohen Anteil mit etwa einem Drittel haben. Wir haben darüber lange diskutiert, wir haben hier auch Beratung durch Verfassungsjuristen, auch durch den Verfassungsgerichtshof eingeholt, und das ist mit Sicherheit eine Lösung, die hält. Das ist eine Lösung, die hält und vertretbar ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich sage noch etwas dazu: Wir sind ja nicht drübergefahren. Wenn ich drüberfahren will, dann verhandle ich nicht fünf Jahre lang. Ich habe mich wirklich wie kaum jemand vor mir um diese Lösung bemüht, und ich bereue auch keinen Tag, dies getan zu ha­ben, weil es für mich selbstverständlich ist.

Eines sage ich aber auch dazu: Die beiden slowenischen Vertreter Sadovnik und Sturm haben dieser Lösung zugestimmt! Sie haben zugestimmt, dass wir dem Wunsch der Kärntner, dem einstimmigen Beschluss des Kärntner Landtages nachkommen. Es ist kein Diktat von mir – befreien Sie sich von dieser Vorstellung! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ )

Es war der einstimmige Wunsch des Kärntner Landtages, eine Verfassungsbestim­mung zu haben, damit Rechtssicherheit einkehrt.

Zu dem von Ihnen so freundlich zitierten Dr. Vouk: Wenn wir schon vom Rechtsstaat reden, zweisprachig: Es kann doch auch kein Zustand sein, dass man permanent oder sehr häufig zu schnell durch Ortschaften, durch verbautes Gebiet fährt, nur um justa­ment noch ein Erkenntnis zu provozieren. Das halte ich nicht für richtig. Mein Weg ist der Runde Tisch. Mein Weg ist die Verhandlung. Mein Weg ist der Konsens, die Kon­senssuche, auch wenn sie mühsam ist.

Und wenn wir in den letzten Tagen – zwei Wochen ist es jetzt her – eine große Lösung vorgeschlagen haben, dann glaube ich persönlich, dass wir mit dieser Lösung tatsäch­lich die Quadratur des Kreises gefunden haben, weil wir auf der einen Seite – vergli­chen mit der Zeit Bruno Kreiskys – in fast doppelt so vielen Ortschaften zweisprachige


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Ortstafeln aufstellen, innerhalb eines im Konsens erarbeiteten genauen Stufenplans, und weil wir auf der anderen Seite sicherstellen – und das war außer Streit zwischen den Fraktionen, jedenfalls zwischen den größeren Fraktionen hier im Hohen Hause –, eine Verfassungslösung zu machen, die für die Zeit danach eine Öffnungsklausel vor­sieht, nach der 10 Prozent der Bevölkerung einen Antrag stellen können, der von der Bundesregierung nach einer entsprechenden Anhörung durch Land, Gemeinde und Volksgruppenbeirat umgesetzt werden kann.

Das ist der richtige Weg: kein Diktat, kein Automatismus, aber auch kein Veto! Das ist genau das, was die slowenischen Volksgruppenvertreter von uns verlangt beziehungs­weise beantragt haben. Dafür stehe ich, und das kann ich jederzeit auch öffentlich argumentieren!

Ich bin stolz darauf, dass wir ein sehr, sehr gutes Verhältnis mit unserem Nachbarn im Süden, Slowenien, haben, denn ein altes Sprichwort sagt: Ein schlechter Nachbar kann ein Fluch sein, ein guter Nachbar ist ein Segen! – Und Slowenien ist von uns und wir sind von Slowenien ein guter Nachbar, und so muss es auch bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Letzter Satz von mir: Ich weiß, dass wir jetzt einige Aufregungen haben – das ist so bei einer schwierigen Frage. Und diese Frage ist halt nicht ganz so leicht, wie es Frau Ab­geordnete Stoisits jetzt vielleicht dargestellt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald. – Abg. Großruck: Puswald, sei still!) Wir bemühen uns darum.

Ich habe auch registriert – ich habe heute persönlich mit dem Landeshauptmann von Kärnten, mit Frau Landesrat Schaunig, mit Herrn Landesrat Martinz geredet – und den Eindruck erhalten, die Bitte Kärntens war: Bemüht euch in den kommenden 48 Stun­den um eine solche Lösung, die verfassungskonform ist, staatsvertragskonform ist – selbstverständlich! –, die den Wünschen der Minderheit über die jetzigen 141 Ortschaf­ten Rechnung trägt – Stufenplan bis 2009, danach eine vernünftige Öffnungsklausel. Arbeiten wir doch einfach gemeinsam mit, ohne jetzt wieder ein bisschen Gift hineinzu­träufeln oder Emotionen zu schüren! Das ist nicht notwendig!

Wir arbeiten daran, glauben Sie mir, in einer guten Atmosphäre mit allen Beteiligten. Dass Sie vielleicht das Gefühl haben, in dieser Frage nicht ausreichend eingebunden zu sein, bedauere ich. Ich habe gestern mit Marjan Sturm eine Stunde lang geredet – ein gutes Gespräch. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Er war sehr unglücklich über manche Entwicklungen, die sich hier – ich nenne jetzt nicht mehr Details – abgezeich­net haben, weil es auch nicht gut ist, dass man wieder über die Bande von außen ge­wisse Dinge spielt, wie wir das auch in der österreichischen Geschichte manchmal erlebt haben.

Wir sind stark genug und, wie ich glaube, auch gut meinend und gutwillig genug, dass wir diese Dinge selbst in einem guten rot-weiß-roten Konsens lösen können. Ich bitte Sie darum. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

 


Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Abg. Brosz stellt die Tafel mit der Aufschrift „Rechtsstaat – Prav­na Država“ wieder auf das Rednerpult. – Abg. Großruck: Der braucht auch ein Ta­ferl!)


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15.29.48

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Ich verstehe schon, dass auch der Bundeskanzler einmal Emotion zeigt, denn es ist ja in der Tat so, dass es unerfreulich ist, hin und wieder im Verlauf der Jahre großen Einsatz für etwas zu verwenden – nur, Herr Bundeskanzler, so, wie Sie das schildern, ist es halt auch wieder nicht. (Abg. Großruck: Genau so ist es!)

Nehmen wir einmal Herrn Rechtsanwalt Vouk. Sie sagen, Sie halten es nicht für richtig (Abg. Dr. Mitterlehner: Das ist ein Detail!), durch Geschwindigkeitsüberschreitungen den Rechtsweg bis zum VfGH, dem Verfassungsgerichtshof, zu erlangen, Ihr Weg sei der Konsens. – Ich darf aber schon darauf hinweisen, dass Rudi Vouk oder ähnlichen Personen – es ist ja ganz gleich, wer das ist – nur dieser Weg übrig geblieben ist, um die leidige Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten auf den Rechtsweg zu brin­gen. (Abg. Scheibner: Der Zweck heiligt die Mittel!) Und die Fama sagt, dass niemand anderer als unser Präsident Khol diese Idee ursprünglich geäußert hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich habe das nie überprüft, aber wenn es wahr ist, haben Sie, Herr Präsident Khol, ein Verdienst.

Es ist ja traurig genug, dass jemand durch solche Methoden, nämlich die Geschwindig­keitsüberschreitungen, überhaupt den Weg zum VfGH finden muss. (Abg. Scheibner: Wie weit würde Herr Vouk noch gehen?) Das Entlarvende war doch im Nachhinein, nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes im Dezember 2001 und in der Fol­ge – zuerst noch unter Adamovich, später unter Präsident Korinek –: Wie hat sich denn der Landeshauptmann von Kärnten in dieser Frage verhalten? Haben Sie dazu heute ein Wort verloren, Herr Bundeskanzler? – Ich verstehe schon, das ist Ihr Koalitionspart­ner, das ist Ihr Verhandlungspartner, aber er, der Landeshauptmann von Kärnten, hat hier Grenzen überschritten (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ununterbrochen nur abrechnen!), die unter gar keinen Umständen hätten überschritten werden dürfen, nämlich die Gren­zen des Rechtsstaates in einer Demokratie, meine verehrten Kollegen vom BZÖ! (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie tun immer nur mit dem Zeigefinger mit jemandem abrechnen!)

Uns selbst hat auch nicht jedes Erkenntnis des VfGH in der Vergangenheit gefallen. Der VfGH ist nicht jenseits der Kritik, das ist vollkommen klar, aber wenn es ein Er­kenntnis des Höchstgerichtes gibt, ist es, ob es einem passt oder nicht, auch zu beach­ten! – Nicht so wie der Herr Landeshauptmann Haider, der uns erst heute wieder über die APA mitteilen lässt: Die in Wien können beschließen, was sie wollen!, der uns in der Vergangenheit mitgeteilt hat, dass der VfGH und seine Entscheidungsgremien eine Juxtruppe sind und er nicht im Traum daran denkt, sich daran zu halten (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), der einzelne Richter auf verschiedene Weise persönlich diffa­miert hat. Das ist nun wirklich etwas, wo ich mir auch vom Bundeskanzler erwarte – auch wenn es Ihr Koalitionspartner ist –, dass hier in öffentlichen Stellungnahmen ein­deutig Grenzen gesetzt werden. Aber das ist leider auch heute nicht erfolgt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie gehen haarscharf an der aktuellen Auseinandersetzung vor­bei, wenn Sie uns versichern, dass das, was jetzt verhandelt wurde, mit Sicherheit ver­fassungsrechtlich hält. (Ruf bei der ÖVP: So ist es!) Ja fein, wunderbar! Der Bundes­kanzler versichert das, und ich als einsamer kleiner Abgeordneter (Abg. Lentsch: „Einsam“? Es sind eh ein paar Kollegen da!), noch dazu mit einem Studium der Volks­wirtschaft statt der Jurisprudenz, muss das jetzt also glauben. Wissen Sie, was ich glaube? – Ich glaube, dass die Frage, ob solch ein Gesetz verfassungsrechtlich hält, der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden hat und sonst niemand! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Was ist denn der einzige Sinn und Zweck, diese Vereinbarung – mag sie ganz schlecht oder ganz gut sein – durch ein Verfassungsgesetz abzusichern? – Der einzige Zweck ist doch, sie der Kontrolle und Überprüfung durch den VfGH zu entziehen, den VfGH in dieser Frage zu blockieren! Und darauf sind Sie noch stolz? (Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer.)

Machen Sie ein einfaches Gesetz, das der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof unterliegt! Es ist doch nichts einfacher als das. Es gibt keinen Grund, das verfassungs­rechtlich abzusichern, außer dass Sie die Verpflichtungen des Staatsvertrags nicht ein­halten wollen, dass Sie das durch ein Verfassungsgesetz absegnen und natürlich zur Vorsicht aus Ihrer Sicht gegen die Überprüfung durch den VfGH absichern wollen. Das ist miserable Verfassungspolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Heinz Mayer, der nicht irgendwer ist in dieser Republik, sondern einer der bekanntes­ten Staatsrechtler, Verfassungs- und Verwaltungsrechtler, schreibt heute im „Falter“ (Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer): historisch erbärmlich – nicht „his­torischer Kompromiss“ –, nämlich ein „erbärmlicher Umgang mit der Verfassung“ in Österreich. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Ist es nicht, auch wenn es im „Falter“ steht!)

Auch der „Falter“ kann sich irren, da haben Sie Recht. Auch Heinz Mayer kann sich irren, da haben Sie auch Recht. Aber sagen Sie mir einen vernünftigen Grund, warum gerade Sie sich in dieser Frage nicht irren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sagen Sie mir einen vernünftigen politischen, juristischen Grund, warum das in den Verfassungsrang erhoben werden muss!

Manchmal frage ich mich: Haben Sie wirklich verstanden, was ein Minderheitenrecht ist? – Was ist ein Minderheitsrecht hier im Parlament, hier im Nationalrat? Also zum Beispiel: Fünf Abgeordnete dürfen eine schriftliche Anfrage machen. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.) Die müssen nicht die Mehrheit fragen: Dürfen wir das?, so wie in vielen Landtagen in Österreich, zum Beispiel im niederösterreichischen Landtag. Fünf Abge­ordnete dürfen eine Dringliche Anfrage oder einen Dringlichen Antrag stellen, so wie heute. Die müssen nicht die Mehrheit fragen, ob sie das dürfen oder nicht. Und unter bestimmten Bedingungen darf eine Minderheit eine Sondersitzung verlangen, und so weiter. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Im Konkreten sind das immer Kom­promisse nach Verhandlungen und so weiter – warum gerade fünf, warum nicht vier, warum nicht sechs?

Die 10 Prozent im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom Dezember 2001 – er hätte auch 8 Prozent oder 12 Prozent sagen können, das ist halt in der Bandbreite des­sen, was er bei seinen Untersuchungen recherchiert hat, keine Frage. (Abg. Dr. Baum­gartner-Gabitzer: Was ist 10/15?) Aber zum Beispiel 25 Prozent sind eindeutig zu viel. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Aber er sagt, mehr als 10 Prozent!) – Mehr als 10 Pro­zent, okay. 10,01 Prozent sind mehr als 10 Prozent. (Beifall bei den Grünen.)

Der Minderheitenschutz, das ist ein Recht. Die Slowenisch sprechenden Kärntner, die Kroatisch sprechenden Burgenländer, wer auch immer unter diesen so genannten autochthonen Minderheitenschutz fällt, haben Rechte. Die wollen das nicht erbitten, die wollen das auch nicht bei einer künftigen Bundesregierung erbitten. Wer weiß, wie die ausschaut. Das verstehe ich. Ein Recht ist etwas unmittelbar Umsetzbares und keine Bittstellerei! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das Gleiche, wie wenn Sie von uns erwarten würden, dass wir einer Reform der Geschäftsordnung zustimmen, nach der unsere bescheidenen Minderheitsrechte plötz­lich der Beschlussfassung durch die Mehrheit unterliegen. Das ist ja nicht Minderhei-


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tenschutz. Überlegen Sie sich das einmal! Jenseits der Frage, ob jetzt diese zweispra­chigen Ortstafeln wirklich das wichtigste Problem der Republik sind – nein, sind sie nicht. Sicher ist es die Sprache und deren Förderung, und im Artikel 8 B-VG heißt es: „Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.“ – Nicht zufällig wird in diesem schönen Artikel des B-VG, des Bundes-Verfassungsgesetzes, die Sprache an erster Stelle genannt, der nur mit ein bisschen Leben erfüllt werden sollte, Herr Präsident Khol, weil Sie mich so zweifelnd anschauen.

Ich stimme Ihnen zu, Herr Bundeskanzler, es ist ja ein wohltuendes, ermutigendes Zei­chen, wenn die zweisprachigen Schulen in Kärnten geradezu boomen, wenn man das mit der Vergangenheit vergleicht, und dass sehr viele Eltern mit deutscher Mutter­sprache ihre Kinder in diese zweisprachigen, deutsch-slowenischen Schulen schicken. Da haben die Eltern viel mehr verstanden als die derzeitigen Kärntner Landespolitiker. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Broukal.)

Nichtsdestoweniger sind die Ortstafeln eine wichtige symbolische Frage: Wie wohl darf ich als Slowenisch sprechender Kärntner mich in meiner Heimat fühlen? Wie selbstver­ständlich ist es auch für die anderen, dass ich meine Rechte habe? Et cetera.

Wenn Sie mich fragen: Die Umsetzung des Erkenntnisses aus dem Jahre 2001 mit rund 300 Ortstafeln, wenn ich es richtig im Kopf habe, ja warum nicht? Und sollen es 150 sein, wenn die Slowenisch-Sprachigen damit einverstanden sind, ja warum nicht? Wird der Klopeiner See irgendwie heller, magersüchtiger oder milchfarben, wenn es ein paar zweisprachige Ortstafeln gibt? Wird die Gerlitzen bei mehr zweisprachigen Ortstafeln zu flach zum Schifahren? Ist es uns, der deutschsprachigen Mehrheit, wenn ich das so salopp sagen darf, der Mehrheit mit deutscher Muttersprache, nicht langsam unsäglich peinlich, was da passiert?

Haben wir es wirklich notwendig, Öffnungsklauseln in ein Gesetz zu reklamieren, die in Wirklichkeit einer Sperrklausel nahe kommen, einer Sperrklausel dahin gehend, dass es in Zukunft – verfassungsrechtlich abgesichert, noch einmal – mit Sicherheit nicht mehr zweisprachige Ortstafeln gibt? (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das ist falsch! Das ist keine Sperrklausel!) Warum probieren Sie so etwas? Warum gehen Sie so vor Haider in die Knie? Was soll das? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dass das keine konstruktive Persönlichkeit ist, wie Sie uns jetzt seit anderthalb Jahren einzureden versuchen, das pfeifen ohnehin die Spatzen vom Dach. Zum x-ten Mal sind Sie darauf reingefallen, weil Sie halt versucht haben, auch diese Sache irgendwie zu einem Ende zu bringen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) –Danke, Herr Präsident. Meine selbst gewählte Redezeit ist ...

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nicht die selbst gewählte, die ist schon lan­ge erschöpft, aber jetzt sind 10 Minuten auch erschöpft.

 


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Darf ich nur sagen, Herr Präsident, dann stimmt die Uhr da nicht. Diese zeigt nämlich 7 Minuten.

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Einen Schlusssatz dürfen Sie noch sagen.

 


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.

Als Schlusssatz: Versuchen Sie, den Staatsvertrag doch endlich mit Leben zu erfüllen! Hören Sie auf, die slowenischsprachige Minderheit zu Bittstellern zu degradieren! Seien Sie großzügig in diesen symbolischen Fragen! Das kommt uns allen zugute und nicht nur den so genannten autochthonen Minderheiten. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

15.41



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

 


15.41.02

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen, Frau Kollegin Stoisits: Das, was Sie hier machen, ist schlicht und einfach ein Beitrag dazu, dass jedenfalls eine Lösung erschwert wird. Sie wollen offensichtlich überhaupt keine Lösung, meine Damen und Herren! Sie ha­ben doch keine Ahnung, Herr Van der Bellen, was sich in Kärnten abspielt! Wenn Sie sich hier herausstellen und den Moralapostel spielen ohne Rücksichtnahme auf das, was in Kärnten los ist, dann, sage ich Ihnen, machen Sie einen schweren Schaden, aber keine Lösung.

Wenn Sie eine Lösung gewollt hätten, dann frage ich Sie: Warum haben Sie denn heute früh beispielsweise im Verfassungsausschuss der Aufnahme dieses Tagesord­nungspunktes in die Tagesordnung nicht zugestimmt? (Rufe bei der ÖVP.) Abgelehnt haben Sie das! Damit ist nicht einmal eine Diskussion im Ausschuss möglich.

Und genau an dem Tag, Herr Kollege Van der Bellen, an dem Ihre Fraktion im Aus­schuss die Aufnahme dieses Tagesordnungspunktes ablehnt, stellen Sie einen Dring­lichen Antrag. Ich meine, damit präsentieren Sie ja Ihre Unglaubwürdigkeit am Servier­teller, meine Damen und Herren! Sie wollen doch gar keinen Beitrag zu einer Lösung leisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Herr Kollege Van der Bellen, Frau Stoisits, überlegen Sie einmal: Da gibt es in Kärnten einen Konsens, der unter anderem zum Inhalt hat eine Zweidrittelmehrheit, eine verfas­sungsrechtliche Absicherung im Volksgruppengesetz. (Rufe bei den Grünen: Nein! Nein!) Konsens in Kärnten. Wer lehnt den Konsens ab? – Die Grünen! Sie wollen offensichtlich gar keinen Konsens, denn sonst müssten Sie doch auf dieses Argument, das aus Kärnten von den Konsensbereiten kommt, eingehen. Sie wollen das offen­sichtlich gar nicht.

Herr Kollege Van der Bellen, ich habe auch noch ein Grundproblem mit Ihrem Ver­ständnis als Gesetzgeber. Ich sitze da herinnen nicht nur als einfacher Gesetzgeber für einfache Bundesgesetze, sondern auch als Gesetzgeber für Verfassungsgesetze. Und mein Verständnis ist absolut nicht Ihres. Ich möchte nicht die Gesetzgebung an den Verfassungsgerichtshof delegieren, sondern hier die Verantwortung auch für Verfas­sungsgesetze tragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Das ist mein politisches Verständnis. Da unterscheiden wir uns ganz grundlegend.

Übrigens, wenn Sie noch einen neutralen Zeugen brauchen und mich nicht akzeptie­ren – das verstehe ich ja –, der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Karl Korinek, der von Ihnen oft zitiert wird, sagt: Wenn es im Interesse des Konsenses ist, dann ist eine verfassungsrechtliche Absicherung im Volksgruppengesetz selbstverständlich möglich. (Abg. Öllinger: Möglich! – Das wissen wir eh!) Der Präsident des Verfas­sungsgerichtshofes sagt das. Und diesen Weg gehen wir.

Sie haben auch – und das tut mir weh – den Begriff des historischen Kompromisses verulkt. Herr Kollege Van der Bellen und Frau Stoisits, wenn Sie das nicht begreifen, was hier gelungen ist, dann fehlt Ihnen dieses Grundverständnis, um mitzumachen. Erstmals seit den siebziger Jahren ist wirklich etwas in Bewegung. Frau Stoisits hat das ja auch anerkennend ausgesprochen. Die Europäische Union – Slowenien ist Mit­glied – hat eine ganz andere Situation gebracht. Seit dem Jahr 2000 ist es Bundes­kanzler Schüssel gelungen, wirklich Bewegung in die Sache hineinzubringen.

Und wenn Sie den „Report“ in Erinnerung haben – ich weiß nicht mehr genau, wann er gewesen ist; ich habe ihn in Erinnerung –, dann muss ich sagen, es war berührend, zu


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sehen und zu hören – und gehen Sie doch nicht einfach so darüber hinweg, wie Sie es heute getan haben! –, wie die Vertreter der Slowenen und die Vertreter der Heimatver­bände erklärt haben, sie haben in der Vergangenheit Fehler gemacht und sie wollen diese Fehler in Zukunft nicht nur vermeiden, sondern korrigieren. In Kärnten wird mit­einander geredet.

Kärnten will einen Konsens! Kärnten will eine Lösung! Kärnten will endlich Schluss mit dem Konflikt! Tragen Sie zur Lösung bei, Herr Kollege Van der Bellen und alle anderen auch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich kann mich erinnern, wie Sie, Herr Kollege Van der Bellen, als Vertreter der Grünen ein einziges Mal dabei gewesen sind bei der Konsenskonferenz beim Bundeskanzler. Ein einziges Mal war Kollege Van der Bellen dabei. Ich kann mich erinnern, dass Sie mir dann gesagt haben, Sie seien eigentlich berührt davon und müssten Ihr Bild än­dern, als Feldner gesagt hat, er wolle eine Lösung, und Ambrozy gesagt hat: Wenn Schretter das nicht macht, mache ich es auch nicht. Sie haben gesagt: Das ist doch beeindruckend. – Dann bleiben Sie doch dabei! Gehen Sie doch diesen Weg mit!

Was liegt auf dem Tisch? – Sie werfen vor, die Regelung entspräche nicht dem Kon­sens, auch nicht dem mit der Minderheit in Kärnten.

Ich lese Ihnen vor: Zu Ihrem Angebot, dem Konsens, stellen Sturm und Sadovnik fest:

Erstens: Die Regelung 15/10 wird akzeptiert unter der Maßgabe, dass damit keine Re­vision des Staatsvertrages und des Artikels 7 einhergeht. – Das ist erfüllt. (Abg. Öllin­ger: Unter dieser Maßgabe!)

Zweitens: Insgesamt werden bis 2009 141 zweisprachige Ortstafeln aufgestellt, und zwar 131 nach 15/10 und 11 nach einer „vorgezogenen“ Öffnungsklausel. – Erfüllt.

Dritter Punkt: Dafür gibt es eine Bestandsgarantie. – In der Verfassung unserem An­trag gemäß vorgesehen. Also erfüllt.

Viertens: Die Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln erfolgt bis Ende 2009. – In un­serem Vorschlag vorgesehen, also erfüllt.

Fünftens: Danach gilt die Variante der Öffnungsklausel – darauf komme ich noch zu sprechen –, die wir ebenfalls in unserem Vorschlag drinnen haben.

Sechstens: Das Maßnahmenpaket in Zusammenarbeit Bund, Land und Beirat ist um­zusetzen.

Und siebtens, Herr Van der Bellen und Frau Stoisits, steht hier: Die Regelung erfolgt als Verfassungsbestimmung.

Unterzeichnet von Sturm und Sadovnik.

Zur Öffnungsklausel hat Sturm Folgendes vorgeschlagen:

Erstens: Die Aufstellung der vereinbarten Ortstafeln, Bestandsgarantie. – Erfüllt.

Zweitens: Danach zwei Jahre vertrauensbildende Maßnahmen, Vorschlag Sturm, also nach 2009. Das heißt, er beginnt erst 2011.

Dann eine Evaluierung und erst danach die Öffnungsklausel. Und dann steht hier: Territorialer Geltungsbereich. – Das machen wir mit unserem Vorschlag autochthones Siedlungsgebiet.

Und dann nennt er ein Procedere: Petition an die Bundesregierung – genau unser Vor­schlag! –, Beratung durch die Landesregierung – genau unser Vorschlag! –, Beratung durch den Volksgruppenbeirat – unser Vorschlag! –, Beschlussfassung der Bundes-


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regierung – genau unser Vorschlag! – und zweijähriger Bericht an den Nationalrat – unser Vorschlag!

Wir haben also die Öffnungsklausel so erfüllt, wie die Minderheitenvertreter sie haben wollten.

Es gibt hier einen Punkt, über den wir gerne weiterdiskutieren. Es war eine zusätzliche Anregung im Sinne der Vermeidung von Konflikten, wenn es unterschiedliche Stellung­nahmen geben sollte, eine Art Konsensausschuss einzurichten.

Und jetzt gibt es eine Anregung der SPÖ-Vorsitzenden in Kärnten an die Bundes-SPÖ: Liebe Bundes-SPÖ, geht mit! – Ich kann mich diesem Appell nur anschließen. Wer staatspolitische Verantwortung hat, hat die Verpflichtung, jetzt diesen historischen Kompromiss und diesen historischen Augenblick zu erkennen. Wir sind bereit, Tag und Nacht zu verhandeln, damit wir bis Freitag eine Lösung haben. Wir sind auch bereit, über diese Frage des Konsensausschusses offen zu diskutieren, wenn es hier bessere Vorschläge gibt. Aber wir haben uns an den erreichten Konsens auf Punkt und Bei­strich gehalten.

Ich lasse mir daher von niemandem vorwerfen, dass wir abgewichen seien, ganz im Gegenteil: Wir wollen eine Lösung für Kärnten und für Österreich. Mein Appell an die SPÖ gilt: Gehen Sie diesen Weg die letzten paar Zentimeter auch noch mit! Wir haben sehr gute Gespräche, und ich denke, es liegt in Ihrer Verantwortung, dass für Kärnten und für Österreich die bestmögliche Lösung, die derzeit erzielbar ist – Bundespräsident Fischer –, auch Wirklichkeit wird im Interesse der Menschen unseres Heimatlandes. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap. Ich erteile es ihm.

 


15.50.03

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Da gibt es unter­schiedliche Sprachen, die da gesprochen werden, auch in der Aufforderung, dass wir da versuchen sollen, doch noch zu einem Kompromiss zu kommen: unsere Gaby Schaunig, der Klubobmann Molterer. Wenn ich aber die Presseaussendung von Lan­deshauptmann Haider jetzt durchlese, die von seiner nachmittäglichen Pressekonfe­renz zu mir gedrungen ist, dann liest sich das in etwa so:

„Ortstafeln: Haider stellt der SPÖ Ultimatum.“

„Entweder die SPÖ kehre bis Donnerstagabend an den Verhandlungstisch zurück oder es gebe ,überhaupt keine Lösung’. Denn dann werde auch er den Verhandlungstisch verlassen und ,nie mehr zurückkehren’.“ (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich kann nicht alles vorlesen, aber ich komme zum dritten Absatz: „Sollte das jetzt aus­verhandelte Paket nicht beschlossen werden, sei eine Wiederaufnahme der Gespräche zu einem späteren Zeitpunkt für ihn ausgeschlossen, sagte Haider, denn man habe nicht ,ewig Geduld’. Sollte dann eine Bundesregierung ein Gesetz beschließen, werde man die nötigen Maßnahmen treffen. ,Die können da draußen beschließen, was sie wollen.’“

Da sind wir beim Punkt: Das war etwas, wo wir in den Gesprächen immer wieder ge­sagt haben, wir glauben das alles nicht, weil Herr Landeshauptmann Haider für uns kein Garant dafür ist, dass das, was hier beschlossen wird, letztlich auch umgesetzt wird. Und deswegen waren wir so dahinter, dass es eine Rechtsdurchsetzung gibt, die uns garantiert, wenn wir schon den Weg gehen, über den man unterschiedlicher Mei-


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nung sein kann, eine Verfassungsbestimmung, ein Verfassungsgesetz zu machen, dass das dann auch umgesetzt wird. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Und er hat genau mit dem Satz bestätigt, was wir die ganze Zeit gesagt haben. Er hat gesagt: „Die können da draußen beschließen, was sie wollen.“ – Er meint damit: die in Wien. Es geht ja dann noch weiter: Von denen in Wien da unten lassen wir uns nichts vorschreiben! Und so weiter, wie das von ihm halt immer so formuliert wird. Dies hat das bestätigt.

Daher ist unsere Position eine richtige gewesen, als wir gesagt haben: Wiewohl wir in vielen Punkten zu einem wirklichen Konsens gekommen sind, das muss man da auch in aller Offenheit sagen, in vielen Punkten, immer in Rücksprache mit den namhaften Vertretern der slowenischen Organisationen, war das aber für uns ein ganz wesentli­cher Punkt. Und es war deswegen ein wesentlicher Punkt, weil ich auch behaupte, dass Landeshauptmann Haider diese Verhandlungen auf eine ganz eigene, spezielle Art begleitet hat. Immer wenn es besonders diffizil wurde, immer wenn wir in vielen Fragen eine sehr konstruktive Gesprächsbasis hatten, auch mit den Vertretern der Slowenen, kam Haider und hat polarisiert. (Abg. Scheibner: Hat die SPÖ im Landtag dagegen gestimmt?) Ich verweise auf den Landesregierungsbeschluss, den BZÖ und ÖVP gemeinsam gefasst haben, wo das berühmte Vetorecht drinnen war. (Abg. Scheibner: In der Landesregierung haben Sie dagegen gestimmt!) Wir haben dage­gen gestimmt, die SPÖ hat dagegen gestimmt ... (Abg. Scheibner: Haben Sie dage­gen gestimmt in der Landesregierung?)

Im Landtag gab es nur den Beschluss, man soll ein Verfassungsgesetz beschließen. Das war mit dem übereinstimmend, dass wir uns an den Tisch gesetzt und verhandelt haben. In der Landesregierung kam der beinharte Beschluss, der – und das musste Haider wissen – natürlich zur Polarisierung geführt hat und natürlich auch bei den Slo­wenenorganisationen zu diesen Einstellungen und Haltungen geführt hat, weil Haider ein Ziel hatte: Haider wollte zwar einen Kompromiss, aber wollte nicht, dass die Slowe­nen dabei sind. Das ist meine Schlussfolgerung aus der Verhaltensweise. Ich denke nur an die Pressekonferenz, die er gestern noch zu Mittag gegeben hat, wo er wieder auf die Minderheitenvertreter hingedroschen hat, auch wohl wissend, was das bedeu­tet: Jetzt sind wir dran.

Ich möchte nur sagen: Uns stellt man kein Ultimatum! Das sei an die Adresse des Jörg Haider gerichtet. Uns stellt man kein Ultimatum! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der Grünen.)

Mit uns kann man in einer vernünftigen Sprache sprechen, oder er kann nicht mit uns sprechen. Das ist ganz einfach: Wenn man einen Kompromiss will, wenn man verhan­deln will, dann spricht man so nicht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Auch die Frau Schaunig hat ein Ultimatum gestellt!) Also will er nicht. Also wollte er nicht, dass die Slowenen­organisationen auch wirklich in eine Beschlusssituation kommen, wo sie ohne Ge­sichtsverlust mit beschließen konnten. Da war vieles symbolisch, vieles politisch, vieles symbolisch und nicht so sehr vieles substantiell, das muss man einmal sehen. Das haben wir jedenfalls in all diesen Gesprächen auch wirklich erleben müssen.

Dazu kommt noch etwas: Es ist das eine ganz heikle Sache. Es geht hier um Minder­heitenrechte. Das ist eine ganz heikle Sache. Wenn man ein Verfassungsgesetz macht, das Minderheitenrechte berührt, dann muss man ganz präzise, ganz sensibel damit umgehen, und man muss danach trachten, dass es innerhalb der Minderheiten wenigstens eine namhafte Gruppe oder Persönlichkeit gibt, die da zustimmt. Alles andere ist, finde ich, grundrechtlich von der politischen und demokratischen Kultur her nicht akzeptabel. Und das war auch immer so.


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Herr Bundeskanzler, als Sie mit Herrn Sturm und damals mit dem BZÖ in die Öffent­lichkeit gekommen sind und gesagt haben, da ist jetzt die Chance auf einen Kompro­miss, und wo es anscheinend auch Eckpunkte gegeben hat, da war das meiner Auffas­sung nach zu unpräzise. Es hätte präziser sein müssen, denn letztlich war dann die Beschlusslage bei den Slowenen, bei einer der Slowenenorganisationen die, dass sie wollten, dass der ursprüngliche Beschluss auch wirklich herangezogen wird am Bei­spiel der Öffnungsklausel, die so wichtig war und die ich auch für wichtig erachte und die auch wirklich handhabbar sein musste und die anscheinend für sie eine Rolle ge­spielt hat. Das hat in diesen ganzen Auseinandersetzungen eine nicht unwesentliche Bedeutung gehabt und hat dann dazu geführt, dass es zu dieser Entwicklung gekom­men ist, vor der wir jetzt gerade aktuell stehen.

Ich sage aber noch dazu – und das ist das, was mich an dieser Haider-Aussendung besonders verwundert –, wie wir heute schon gesagt haben, vor uns liegt jetzt ohnehin eine sehr hitzige Zeit, wie immer, wenn Wahlen angesagt sind, und da ist es nicht ge­rade günstig, heikle Dinge zu verhandeln. Als gelernter Österreicher weiß man das. Man kann ruhig dann in drei oder vier Monaten weiter Gespräche führen und ver­suchen, das Ziel, also einen Kompromiss, zu erreichen. (Abg. Mag. Molterer: Gaby Schaunig!) Aber Landeshauptmann Haider schließt auch das aus. Er sagt: entweder bis Donnerstag oder nie. Also auch nicht in drei Monaten, auch nicht in vier Monaten, auch nicht in fünf Monaten.

Das, muss ich sagen, hat eine neue Qualität, erstens, hier ein Ultimatum zu stellen, zweitens zu wissen, auf Ultimaten pflegen wir nicht zu reagieren, schon gar nicht bis Donnerstagabend, und drittens außerdem das auch noch auszuschließen für die nächsten drei, vier Monate, was bedeutet, er will in Wahrheit hier keine Lösung. (Abg. Neudeck: Sie wollen doch keine!) Er will sich dieses Thema für den Nationalratswahl­kampf warm halten. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich finde, es ist ungustiös, auf dem Rücken einer Minderheit einen Wahlkampf zu füh­ren, anstelle im Sinne der österreichischen Verfassung und des Staatsvertrages, Arti­kel 7, nach einer ehrlichen Rechtsumsetzung und Lösung zu suchen.

Noch einmal sei gesagt, wir fühlen uns bestätigt, wenn er sagt: „Die können da drau­ßen beschließen, was sie wollen“, ihm, dem Landeshauptmann von Kärnten, ist es gleichgültig. Ich sage, dass das schade ist, ich sage, dass das sehr schade ist für Kärnten, ein wunderschönes Land, Slowenien, ein wunderschönes Land: enge Wirt­schaftsbeziehungen, Beziehungen, Austausch auf dem Arbeitsmarkt, Investitionen, beide in der Europäischen Union. Eine Absurdität sondergleichen, die da stattfindet und wo ich leider sagen muss, dass federführend die Polarisierungspolitik des Kärntner Landeshauptmannes ist. Leider für Kärnten und für die österreichische Demokratie. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Stimmen Sie zu!)

15.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


15.58.36

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Cap, ich weiß schon, dass Sie jetzt mühsam nach einer Ausrede suchen, und Jörg Haider ist ja für Sie immer für etwas gut, vor allem für eine gute Ausrede, wenn Sie wieder irgendwo nicht zustimmen wol­len. Wenn es Ihnen schon so um Kärnten geht, dann wäre wohl Ihre Landespartei­chefin Schaunig näher dran an Kärnten und an der Realität als Sie.


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Frau Schaunig richtet es Ihnen ja aus: Fordere die Bundes-SPÖ auf, dem Vorschlag des Bundeskanzlers zuzustimmen! In erster Linie muss an Kärnten gedacht werden. Meine Damen und Herren! Das ist eine Aufforderung an Sie und wohl auch eine Rüge an Sie. Denken Sie nicht an Ihre parteipolitischen Scharmützel, sondern denken Sie endlich daran, dass wir knapp daran sind, einen 30-jährigen Konflikt rund um diese Ortstafelfrage ein für allemal zu klären. Darum geht es, Herr Kollege Cap, und um nichts anderes. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ich weiß nicht, was Sie hier für eine Aussendung zitiert haben. Ich habe eine Original­aussendung von Jörg Haider, in der es heißt:

„Ortstafellösung ,jetzt oder nie’

Kärntner Landeshauptmann für Fortsetzung der Verhandlungen ...

Es sei ,gut für Kärnten verhandelt’ worden, der mühsam erarbeitete Konsens sei von den Slowenenvertretern ,in letzter Sekunde’ verlassen worden. ,Die Leute wünschen sich eine Lösung’, ...“

Ganz genau, Herr Kollege Cap! Die Menschen in Kärnten, die Menschen in Österreich wünschen sich eine Lösung! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das wünschen wir uns! Stim­men Sie endlich zu!) Ich glaube, das ist in erster Linie eine Frage von Interessenver­tretern und Parteipolitikern. Die Menschen in Kärnten haben ganz andere Prioritäten und ganz andere Probleme, und über viele, viele Jahre hat man sich diesen Problemen in erster Linie gewidmet – ich denke etwa an das Minderheiten-Schulgesetz, an die Kindergartenförderungen, an die Förderungen der Kulturvereine. Da ist doch sehr, sehr viel passiert!

Wenn heute schon zitiert worden ist, dass die zweisprachigen Schulen in Kärnten boomen, dass 70 Prozent, so glaube ich, der Angemeldeten Deutsch als Mutterspra­che haben, dann zeigt das doch, was in den letzten zehn oder 15 Jahren hier an Positi­vem im Zusammenleben zwischen Mehrheits- und Minderheitsbevölkerung geschehen ist. Und deshalb ist es ja auch zu kritisieren, dass einige selbst ernannte Interessenver­treter, wie Herr Vouk provozierend –provozierend! – Verfassungsgerichtshof-Erkennt­nisse mit initiieren, um diese ganze Diskussion wieder aufzukochen.

Aber gut: Wir haben uns darauf verständigt, diese Problematik zu lösen, so wie es auch die Slowenenvertreter wollen: mit Verfassungsbestimmung, damit hier Rechts­klarheit und Rechtssicherheit besteht. Auch Präsident Korinek hat das ja vorgeschla­gen: dass mit großer Mehrheit diese Volksgruppengesetz-Änderung möglich gemacht wird.

Herr Kollege Cap, ich muss Ihnen schon auch eines noch einmal in Erinnerung rufen – ich habe es im Ausschuss schon gesagt –, weil Sie sich immer da herstellen und sagen, Sie seien diejenigen, die eine Einigung haben wollen, nur torpediere der böse Landeshauptmann von Kärnten das alles: Ich war auch in der Konsens-konferenz, so wie Sie, und wir haben auch dort gut verhandelt – sehr gut verhandelt! – und waren auch knapp an einer Einigung. Verhindert hat die Einigung – das heißt, verhindert nicht; sie waren dagegen – damals der Abwehrkämpferbund. Alle anderen waren eigentlich dafür. (Abg. Dr. Cap: Die Abwehrkämpfer nicht!)

Ja, ja, ich weiß es! Ich bin dort gesessen, Herr Kollege Cap! Und Sie wissen auch ganz genau, wer letztlich den Ausschlag gegeben hat: Das war Ihr Landeshauptmann-Stell­vertreter Ambrozy, der gesagt hat: Wenn es hier nicht einen hundertprozentigen Kon­sens gibt, und vor allem, wenn der Abwehrkämpferbund – der Abwehrkämpferbund! – dagegen ist, dann kann er das seinen SPÖ-Bürgermeistern nicht zumuten, deshalb stimmt er gegen die Lösung.


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Das war der entscheidende Punkt, warum wir nicht schon damals, in der Konsenskon­ferenz, eine Lösung erzielt haben! Alle anderen – inklusive des Kärntner Landeshaupt­mannes Jörg Haider – wären für eine konsensuale Lösung in dieser Konsenskonferenz gewesen! Dann hätten sich alle Streitereien und Diskussionen erübrigt!

Sie, Ihre Partei, waren es, die damals den Ausschlag gegeben haben, dass es keinen Konsens gegeben hat, und Sie sind jetzt auch knapp daran, wieder den Ausschlag zu geben, dass es keinen Konsens gibt, obwohl wir so knapp daran sind – so knapp daran sind!

Wollen Sie das, Herr Kollege Cap? – Sie wissen, ich meine das sehr, sehr ernst.

Wir drei – die Grünen brauchen sich nicht aufzuregen, denn sie haben von Haus aus gesagt, sie stimmen da nicht mit, sie wollen nicht eingebunden sein; wir hätten sie gerne dabei gehabt bei den Verhandlungen –, wir drei haben Stunde um Stunde ver­handelt, um jeden Punkt, und wir haben sehr viel von dem, was Sie eingebracht haben, mit aufgenommen: den Verweis auf den Artikel 7; bei der Rechtsdurchsetzung, die Sie angesprochen haben, haben wir gesagt, machen wir eine demokratische Rechts­kontrolle; die Berichtspflicht war zuerst akzeptiert, danach ist man mit derselben Ge­schichte wieder gekommen.

Ich habe Ihnen auch klar und deutlich gesagt: Ihr Misstrauen in Ehren, aber es geht hier nicht um Personen, sondern es geht um Staatsorgane. Und Sie wissen, dass jetzt eine andere rechtliche Situation besteht: Wenn eine Verordnung erlassen ist, dann hat jedes Staatsorgan – ob es will oder nicht – die Verpflichtung, diese Verordnung auch umzusetzen – egal, wie der Organwalter heißt und welcher Partei er angehört. – Das ist es!

Da brauchen wir keine Winkelzüge mit Völkerrechtsbestimmungen, sondern da gibt es innerstaatlich einen klaren Vollzugsmechanismus und auch einen Sanktionsmechanis­mus, wenn man sich nicht daran hält. Und auch Jörg Haider hat gesagt: Selbstver­ständlich! Jede Verordnung wird auch umgesetzt.

Nur, jetzt geht es darum, diese Verordnungen überhaupt zu ermöglichen, denn Sie wis­sen es ganz genau, meine Damen und Herren: Wenn Sie diesen Konsens nicht zulas­sen, dann heißt das nicht, dass nur pro futuro keine Ortstafeln mehr über die Öffnungs­klausel aufgestellt werden können, sondern dass all diese Tafeln, auf die wir uns schon geeinigt hätten in der Verordnung, die die Bundesregierung verabschiedet hat, nicht aufgestellt werden, dass all diese Ortschaften auch in Zukunft keine zweisprachigen Ortstafeln haben werden. – Und da ist nicht der Kärntner Landeshauptmann schuld, da ist nicht die Regierung schuld! (Abg. Parnigoni: Wer denn? Nur er!) Er steht zu die­sem Konsens!

Wir haben in der Bundesregierung diese Verordnung verabschiedet! Das ist dann Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, wenn dieser Kon­sens bezüglich zweisprachiger Ortstafeln, über die wir schon Einigung erzielt hatten, nicht umgesetzt werden kann, und das müssen Sie sich eben einmal vor Augen führen!

Dass es einige Slowenenvertreter gibt, die ganz gerne auch diese Polarisierung weiter­führen – gut, das ist ihre Verantwortung. Und ich sage Ihnen: Wenn es auf der anderen Seite auch Leute gibt, die versuchen, mit der Polarisierung weiterzuleben, können wir auch nichts dagegen tun. Aber wir sind die politisch Verantwortlichen. Wir haben über diesen Dingen zu stehen, und wir haben jetzt die staatspolitische Verantwortung, vor der Wahl – entscheidend ist da aber nicht der Wahltermin –, jetzt, da diese Einigung zum Greifen nahe ist (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), diese Chance zu ergreifen – diese Chance zu ergreifen, Herr Kollege Parnigoni! – und das jetzt umzusetzen. Viel­leicht besteht in einem halben Jahr wieder die Chance, aber niemand kann es garan-


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tieren. Wir wissen, dass es jetzt die Möglichkeit gibt. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich kann nicht an irgendein staatspolitisches Verantwortungsgefühl appellieren, ich sa­ge Ihnen nur: Schauen Sie sich an, was Sie einbringen und was Sie riskieren. Und ist es das wirklich wert, wegen Ihrer Gegnerschaft und Ihres Misstrauens einem Politiker – Jörg Haider – gegenüber das alles aufs Spiel zu setzen?

Ich glaube, wenn Sie sich das wirklich ernsthaft überlegen, dann schaffen wir es viel­leicht noch bis zum Freitag, einen Konsens im Interesse Kärntens, im Interesse des Zusammenlebens der Bevölkerungsgruppen und im Interesse auch unserer Glaubwür­digkeit in Österreich zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. (Abg. Pilz steht vor dem Platz des Abg. Dr. Van der Bellen und spricht mit diesem.) – Ich bitte, der Rednerin nicht den Rücken zuzuwenden, Herr Kollege Pilz!

Am Wort ist die Rednerin. Wunschredezeit: 7 Minuten.

 


16.06.58

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Klubobmann Molterer, Sie haben den Grünen jetzt gewissermaßen die Schuld zugeschoben und gemeint, wir seien schuld daran, wenn jetzt kein Konsens zustande kommt. (Abg. Mag. Molterer: Habe ich nicht gesagt!)

Ich kann nur sagen: Nicht alles – nicht alles, Herr Kollege Molterer! –, was die ÖVP will, ist auch schon ein Konsens! (Beifall bei den Grünen.) Im Gegenteil! Im Gegenteil: Was Sie – und auch der Bundeskanzler – heute an Halb- und Unwahrheiten dargestellt haben (Abg. Dr. Fekter: Sag’ einmal! – Abg. Hornek: Das ist eine Frechheit!), das fällt auch unter den Begriff „erbärmlich“, nicht nur das historisch Erbärmliche, was hier pas­siert, sondern auch das.

Ein Beispiel: Herr Bundeskanzler: Sie haben behauptet, im Kärntner Landtag wäre die­ser Gesetzesvorschlag einstimmig akzeptiert worden. – Das stimmt einfach nicht! Die Grünen waren dagegen – und auch die Freiheitlichen. (Abg. Scheibner: Das ist eine gute Allianz! – Abg. Mag. Molterer: Seien Sie stolz darauf!) Also bitte, wenn Sie schon Landtagsergebnisse zitieren, dann auch wahrheitsgemäß und nicht Unwahrheiten und Halbwahrheiten. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Molterer, Sie sagen jetzt: Für die Öffnungsklausel waren auch die Slowe­nenorganisationen! – Haben Sie Herrn Sturm gestern in der „ZiB 2“ oder heute im „Morgenjournal“ gehört, wo er dezidiert gesagt hat: Ja, ursprünglich schon, aber Sie haben sie wieder abgeändert. Sie haben auf einmal diesen Konsensausschuss wieder hineingebracht, dass sozusagen der Landeshauptmann oder irgendein Bürgermeister, dem das nicht passt, dann sagen kann: Nein, das machen wir nicht! – Dazu können die Slowenenorganisationen gar nicht ja sagen, das geht einfach nicht! Die können sich doch nicht selbst das, was vereinbart war, wieder von vornherein aushebeln! (Abg. Scheibner: Das war ja der Vorschlag von Sturm!) Also sagen Sie hier nicht die Un­wahrheit! (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas: Ich finde es schon sehr interessant, wenn der Anwalt Rudi Vouk jetzt auf einmal zum Gesetzesbrecher stilisiert wird, nur deshalb ... (Abg. Scheibner: Aber bei 160 haben Sie etwas anderes gesagt!) – Na, wer von Ihnen ist nicht schon einmal schnell gefahren? – Aber nicht aus dem Grund, um ein Minderheitenrecht durchzuset­zen, sondern weil Sie einfach zu schnell unterwegs waren! Aber ein Gesetzesbre­cher ... – Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern: Der Rat dafür kam vom Herrn


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Präsidenten dieses Nationalrates, von Ihrem Parteikollegen, dem früheren Klubob­mann Khol bei einer Veranstaltung im zweisprachigen Zentrum in Tainach/Tinje in Süd­kärnten, wo Herr Präsident Khol klar und deutlich diesen Vorschlag einer Geschwindig­keitsüberschreitung als eine Möglichkeit gemacht hat, weil die Ortstafeln nämlich das Ortsgebiet kennzeichnen und die Geschwindigkeitsbeschränkung angeben; als eine Möglichkeit für die Minderheit, der nichts anderes mehr übrig bleibt, um ihre Rechte einzuklagen, um endlich zu ihrem Recht zu kommen.

Also stilisieren Sie nicht den Herrn Anwalt Vouk zum Gesetzesbrecher (Beifall bei den Grünen), sondern nehmen Sie das, was sogar Ihr früherer Klubobmann, der Herr Prä­sident dieses Nationalrates, einem österreichischen Staatsbürger geraten hat! Hören Sie auf, den Herrn Vouk als Gesetzesbrecher zu stilisieren! Wir sind dem Herrn Präsi­denten Khol dankbar, dass er das gesagt hat; damit hat er nämlich einiges ins Laufen gebracht, was sonst nicht passiert wäre. (Beifall bei den Grünen.) Also: Vielen Dank, Herr Präsident Khol, für diesen Vorschlag!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: „Den Dank, Dame, begehr’ ich nicht!“

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ich habe Sie jetzt leider nicht ver­standen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich habe Schiller zitiert. (Heiterkeit.)

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ich habe es akustisch nicht verstan­den. Gut.

Aber lassen Sie mich vielleicht die Diskussion noch einmal auf eine andere Ebene brin­gen, nämlich auf die Ebene dessen, was das im Leben von Menschen bedeutet, dieses Nichtvorhandensein von zweisprachigen Ortstafeln, und was das symbolisiert.

Terezija Stoisits hat schon gesagt – und auch andere –: Staatsvertrag von Wien, 1955. Viele von uns hier im Raum waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal auf der Welt. Das reicht länger zurück, als auch meine Lebenszeit ausmacht. Und wenn ich mich er­innere – erinnern kann ich mich natürlich nicht –, aber als ich auf die Welt kam, kam ich als Urenkelin von assimilierten Tschechen in Wien – väterlicherseits – auf die Welt. Ich habe es im Laufe meines Lebens ziemlich bedauert, dass ich nicht zweisprachig aufge­wachsen bin und dass ich mich mit slawischen Sprachen immer noch schwer tue.

Ich habe dann als Kind in Südkärnten in den sechziger Jahren erlebt, wie toll das war, dass die dort zwei Sprachen gesprochen haben, in der Kirche sogar am Faaker See! (Abg. Mag. Trunk: Fast nur in der Kirche!) Es gab sogar einige zweisprachige Ortsta­feln. Ich war ja ganz baff, ich habe mir gedacht: toll! Ich habe es zwar nicht verstanden, aber es hat mich interessiert, dass dort die Menschen zweisprachig sind.

Später, nach dem Ortstafelsturm, habe ich gemeinsam mit einer Organisation für Ju­gendliche aus anderen Teilen Österreichs organisiert, dass sie nach Südkärnten fah­ren, nach Šmihel nad Pliberkom, St. Michael ob Bleiburg, und dort kennen lernen, was es heißt, in slowenischen Familien zu leben – sehr katholischen im Übrigen, von we­gen Kommunisten: weit entfernt davon!, sehr katholisch, brav, Bauern, Bäuerinnen –, und sie haben dort auch erlebt, was es heißt, Assimilationsdruck zu erleben: Dass sie sich nicht trauen, Slowenisch zu sprechen in der Öffentlichkeit; dass ihnen am Bahn­schalter gesagt wird: Deutsch musst du reden, sonst bist du keine richtige Kärntnerin!

Solche Dinge stehen auch als Erfahrung dahinter, und ich sage: Es ist notwendig, dass auch auf Ortstafeln diese zwei Sprachen draufstehen. Was stört Sie denn daran?

In Südtirol – da wende ich mich wieder vorrangig an den Herrn Präsidenten dieses Na­tionalrates und auch an alle anderen – gibt es sogar dreisprachige Ortstafeln, sogar Ladinisch steht drauf. Alle sind froh drüber und empfinden das als Reichtum dieser Ge-


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sellschaft. Was hindert Sie daran, endlich diese Ortstafeln aufzustellen? Es ist davon auszugehen, dass es in Zukunft vielleicht auch mehr geben wird, ohne dass ein Bür­germeister oder ein Landeshauptmann etwas dagegen sagen kann. Was stört Sie dar­an? Was ist hier in einem vereinten Europa, in dem Sprachen Reichtum und Vielfalt bedeuten, das Problem? Das hat mir noch niemand erklären können. (Beifall bei den Grünen.)

Das einzige Problem ist wohl tatsächlich Ihr Koalitionspartner, Herr Bundeskanzler. Was sollte es sonst sein? (Abg. Scheibner: Unter den alten Koalitionspartnern ist gar nichts gegangen!) Nur deshalb, weil Herr Landeshauptmann Haider damit ein Problem hat und einige seiner Leute und ein paar andere auch noch in Kärnten, versucht man solche Wege, rechtlich so und wieder ein bisschen anders herum und hinten herum und so weiter – Regelungen, die einfach dem Staatsvertrag von 1955 nicht gerecht werden. Das ist europäisch erbärmlich! Europäisch erbärmlich!

Seit dem Ende Jugoslawiens fiel mir in Kärnten etwas sehr Interessantes auf: Auf ein­mal gab es in Klagenfurt und anderswo vor Geschäften, vor Gasthäusern Tafeln, die auf Slowenisch angekündigt haben, was es dort zu kaufen gibt oder zu essen gibt oder zu trinken gibt. (Abg. Scheibner: Seien Sie doch froh, dass sich das entwickelt!) – Ja eben! (Abg. Scheibner: Hören Sie doch auf mit Ihrer Polarisierung! Sie sind in Wahr­heit von vorgestern mit Ihrer Meinung! Die Leute interessiert das überhaupt nicht mehr, was Sie da bringen!) Warum dann, bitte, nicht auf den Ortstafeln, wenn es auf den Geschäftstafeln möglich ist? (Beifall bei den Grünen.)

Also: Lassen Sie doch endlich Sprachenvielfalt und Sprachenreichtum auch auf den Ortstafeln zu! Es geht darum, dass Mehrheiten Minderheiten schützen müssen und nicht über sie drüberfahren dürfen. Stimmen Sie unserem Antrag zu: ein einfaches Gesetz, kein Verfassungsgesetz, sondern ein einfaches Gesetz, und die Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes wird weiterhin aufrecht sein. Und befreien Sie sich endlich aus der Geiselhaft von Jörg Haider! Hvala lepa! Srecno! (Beifall bei den Grünen.)

16.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgart­ner-Gabitzer. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


16.15.25

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man heute die bisherige Diskussion um den Dringlichen Antrag Revue passieren lässt, stellt man etwas sehr Interessantes fest, nämlich die Sprache der Grünen.

Frau Stoisits hat begann mit „dreist“, und Frau Lunacek hat nun einen neuen Höhe­punkt der schlechten Sprache erreicht, und zwar hat sie zwei- oder dreimal „erbärm­lich“ verwendet. – Das ist die Sprache der Grünen in Fragen des Ortstafelkonflikts hier im Parlament! (Abg. Öllinger: Das ist ja erbärmlich, was Sie da sagen! – Weitere Zwi­schenrufe bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das finde ich schon sehr eigenartig. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Man sollte eigentlich die ganze Rolle der Grünen im Rahmen des heutigen Dringlichen Antrages genauer beleuchten.

Das Parlament – da bin ich ganz Ihrer Meinung – ist der Ort, wo politische Fragen dis­kutiert werden sollen – insbesondere aktuelle politische Fragen. Und was bietet sich jetzt Besseres an als die Ortstafeldiskussion, wo wir doch knapp vor einem histori­schen Kompromiss stehen? (Abg. Öllinger: Mit Ihrem Koalitionspartner!)


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Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, wo waren Sie denn heute in der Früh? Im Verfassungsausschuss – Herr Öllinger war auf jeden Fall nicht dort, daher kann er nicht mitreden; nur Frau Stoisits war dort – hat Frau Stoisits in einer Geschäftsord­nungsdebatte, als wir darum gebeten haben, unseren Antrag zu verhandeln, sehr kühl und ganz lässig festgestellt: Es gibt eigentlich keinen Grund. Warum sollen wir denn das heute verhandeln?

Sie wollen ja gar nicht dort darüber reden, wo Lösungen möglich sind, Frau Kollegin Stoisits. Sie wollen hier offensichtlich Schimpftiraden loswerden. Sie behaupten, dass Unwahrheiten gesprochen werden – interessanterweise über Verhandlungen, an de­nen Sie nicht einmal teilgenommen haben, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen. (Widerspruch bei den Grünen.) Woher wollen Sie denn das alles wissen? Sie beziehen sich auf irgendwelche Presseaussendungen oder Sonstiges. Sie haben die Gespräche nicht geführt, aber Sie stellen sich hier her und werfen anderen vor, die Unwahrheiten sagen. Das ist eine sehr, sehr schräge Rolle, sehr geehrte Damen und Herren, die Sie hier einnehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass Sie an einer Lösung der Ortstafelfrage nicht interessiert sind, und ich glaube auch zu wissen, warum: Es würde Ihnen dann ein Thema abhanden kommen, und Sie wollen das Thema Ortstafeln ununterbrochen bringen und behaupten, dass diese Koalition auf diesem Gebiet nichts weitergebracht hat. Das ist Ihr politischer Hintergrund dafür, hier Anträge zu stellen, die ja schon längst durch die Wirklichkeit überholt sind.

Ihr Antrag ist ja eine wirkliche Skurrilität: Sie fordern darin die Bundesregierung auf, dem Nationalrat ein verfassungskonformes Volksgruppengesetz zuzuleiten. – Wir ha­ben hier einen Initiativantrag vorgelegt. Diskutieren Sie den gefälligst mit uns, anstatt hier völlig sinnlose Forderungen zu stellen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen – BZÖ.)

Dass eine historische Einigung möglich ist, ist ja heute schon einige Male festgestellt worden. Seit Jahrzehnten ist endlich Bewegung in die Volksgruppen-Diskussion ge­kommen, bezüglich einer Novellierung der entsprechenden Gesetze. Es wäre jetzt ein hervorragender Zeitpunkt, dieses Kapitel abzuschließen.

Sie haben nicht einmal den Artikel 7 des Staatsvertrages von Wien korrekt zitiert, Frau Kollegin Stoisits. Dort wird in keinerlei Art und Weise irgendein Prozentsatz festge­schrieben. Das bedeutet: Der Lösungsvorschlag mit 10 bis 15 Prozent widerspricht natürlich keinesfalls dem Artikel 7 des Staatsvertrages von Wien. Das wissen Sie auch ganz genau. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.)

Betrachtet man die internationale Praxis bezüglich des Schlüssels für eine gemischte Bevölkerung, so liegt die Bandbreite hier zwischen 5 und 25 Prozent. Da liegen wir mit den von uns vorgeschlagenen 10 und 15 Prozent hervorragend!

Zum Herrn Kollegen Cap: Ich denke, er hat sich sehr um Lösungen bemüht, hat sich aber dann hier in seiner Rede letztlich darauf zurückgezogen, dass es Presseaussen­dungen seitens des Landeshauptmannes von Kärnten gibt, die ihm nicht gefallen.

Herr Kollege Cap, Sie können ja schlicht und einfach mit uns ein Gesetz beschließen. Da sind Sie nicht auf Presseaussendungen oder Ähnliches angewiesen, da der hier von uns vorgelegte Entwurf nur einer Beschlussfassung bedarf. Diesen braucht man dann nur noch zu vollziehen und alles andere ist nicht mehr wirklich relevant. (Abg. Dr. Cap: Aber ein Ultimatum würden Sie sich stellen lassen?!)

Das Wort „Ultimatum“ war sicher nicht sehr glücklich gewählt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist die Realität!) Auf der anderen Seite muss ich sagen: Wir haben nur


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mehr zwei Tage Zeit; das ist es, was wirklich hinter dem Wort „Ultimatum“ steckt. Da­her haben wir auch heute einen Fristsetzungsantrag eingebracht.

Wir wollen jetzt eine Lösung, wir wollen diese Lösung nicht auf den Herbst verschie­ben. Was soll sich denn verbessern? (Abg. Haidlmayr: Es könnte Ihnen etwas Besse­res einfallen!) – Auch Sie sind hoffentlich weiterhin mit der von Ihnen angepeilten Kom­promissbereitschaft dabei. Wir appellieren an Sie! Ich hoffe, dass es hier noch zu einer guten Lösung kommen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

16.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.21.42

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte auf ein paar Dinge eingehen, die eingangs erwähnt worden sind und die nach meinem Dafürhalten nicht richtig sind.

Wenn etwa der Herr Bundeskanzler sagt, dass die Anmeldungen zum zweisprachigen Schulunterricht ein Indiz dafür seien, dass es keine assimilatorischen Prozesse ge­geben hat, dann muss ich festhalten: Die Frage, ob Assimilation stattfindet oder nicht, misst sich objektiv am besten an den Ergebnissen der Volkszählung und die sprechen eine eindeutige Sprache, wenngleich ich Ihnen Recht gebe, dass in der Kärntner Be­völkerung Bereitschaft besteht, die slowenische Sprache zu lernen und dass es ins­gesamt ein offeneres und ein toleranteres Klima gibt, als dies noch vor zehn, 20 Jahren der Fall war. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist auch gut so!) – Und das ist auch gut so.

Es sind auch die Leistungen des Herrn Präsidenten Khol in der Ortstafelfrage hinrei­chend gewürdigt worden. Ich möchte aber noch zu ein paar Dingen Stellung nehmen.

Mir liegt eine Resolution, ein Bericht des Zentralverbandes Slowenischer Organisatio­nen von gestern vor, in dem zu lesen steht:

Das Engagement des Zentralverbandes Slowenischer Organisationen und seines Ob­manns Dr. Marjan Sturm für eine breite Konsens- und Dialoglösung in der Kärntner Ortstafelfrage wurde vom Kärntner Landeshauptmann und der Bundesregierung letzt­endlich nicht honoriert. – Zitatende.

Ich sage das deshalb, weil das nicht der Variante entspricht, die Herr Klubobmann Mol­terer hier präsentiert hat. (Abg. Scheibner: Fragen Sie Kollegen Cap! Der weiß es bes­ser!)

Weiters sagt der Zentralverband:

Der seit 10. Juli, 20.30 Uhr, vorliegende Gesetzentwurf entspricht nicht dem ursprüng­lich am 28. Juni vereinbarten Konzept der Öffnungsklausel und wird auch der ständi­gen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht gerecht. – Zitatende.

Der Zentralverband regte aus diesem Grund auch an, den Dialog fortzusetzen und die für Kärnten so wichtige Frage auszusetzen, um gemeinsam mit Verfassungsexperten und Volksgruppenorganisationen eine für Kärnten zufrieden stellende Lösung zu erzie­len.

So war es und nicht das Märchen, das uns Herr Molterer vorhin erzählt hat. Insbe­sondere die Frage der Öffnungsklausel ist problematisch. Was bedeutet es denn in der Praxis, wenn die Landesregierung und die Gemeinde nach einer entsprechenden Petition, die aus der Gemeinde kommt, anzuhören sind? Was bedeutet das de facto? – De facto bedeutet das, dass die Landesregierung und die Gemeinde ein Einspruchs­recht haben und das würde in Wirklichkeit – da hat Kollege Van der Bellen Recht – in


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Zukunft weitere Ortstafeln verhindern. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht! Völlig falsch!)

Das ist auch der Beweggrund für unsere Beschlusslage und da sei auch die Kärntner SPÖ-Vorsitzende davor. Wir haben gesagt – und das ist auch Beschlusslage des Kärntner Parteivorstandes, das wollte ich noch sagen –, es gibt keine Lösung gegen die Volksgruppe. Wir haben gesagt: Wenn sich einzelne Teile anders entscheiden, ist das okay, aber es gibt keine Lösung gegen die Volksgruppe, denn die Mehrheit darf nicht über Minderheitenangelegenheiten entscheiden. Das wissen auch die Kärntnerin­nen und Kärntner, sie teilen diesen Wunsch auch. Sie stehen da im Wesentlichen voll hinter dieser Beschlusslage.

Die Problematik betreffend Verfassungsgerichtshof ist schon thematisiert worden. Wenn die ganze Sache im Verfassungsrang beschlossen werden soll, dann wird das natürlich problematisch, weil jeglicher Einspruch des Verfassungsgerichtshofes dann nicht mehr möglich ist. Daher muss das eine breite Lösung sein, die von allen gesell­schaftlich relevanten Gruppen mitgetragen wird.

Diesbezüglich haben wir eben unsere Zweifel. Wenn ich mir die Lösung der Kärntner Ortstafelfrage laut Infodienst des Kärntner Landeshauptmannes anschaue und mir die darin verwendete Sprache vergegenwärtige, dann stelle ich einmal in Abrede (Abg. Scheibner: Schauen Sie sich die Aussendung vom Zentralverband an!), dass von dieser Seite – und das unterstelle ich jetzt nicht Ihnen, Herr Bundeskanzler – über­haupt von vornherein eine solche Lösung angestrebt wurde, denn da heißt es:

„Landeshauptmann Jörg Haider hat sich mit der 15/10 Regelung gegenüber Schüssel durchgesetzt. Damit wird es keine zweisprachigen Tafeln in 158 Ortschaften geben, sondern nur in 50 Ortschaften!“

Weiters heißt es dort:

„Bei Schüssel wären es unzählige zusätzliche zweisprachige Ortstafeln gewesen. Dank Haider sind es nur elf! (...) Der Rest sind Ortsbezeichnungen. (...) Landeshauptmann Jörg Haider hat von 18 betroffenen Gemeinde zehn herausverhandelt ... Durch ein Ver­fassungsgesetz wird die verhandelte Lösung endgültig und unangreifbar sein. Damit sind die Ortstafelfrage und weitere Forderungen der Slowenen für alle Zeiten vom Tisch!“

Das ist der Geist, der da dahinter steckt, damit man weiß, wer die Verhandlungspartner waren (Abg. Scheibner: Zitieren Sie einmal die andere Seite: Ortstafeln für ganz Kärnten!), wie in Wirklichkeit die Beschlusslage in Kärnten ist, wie dieser so genannte Kompromiss wirklich ausgeschaut hat und was die Intentionen waren. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt verstehe ich, warum Frau Schaunig Sie nicht mehr aufstellt!)

Ich gebe Ihnen noch eine Geschichte zum Nachdenken mit. Mich hat eine Story in der „Kleinen Zeitung“ von diesem Jahr sehr fasziniert. Franz Pahl, Abgeordneter der Südti­roler Volkspartei, war in Kärnten und hat, abgesehen von einigen Inhalten, die ich nicht teile, ein paar Dinge gesagt, die ich für denkwürdig halte.

So hat er zum Beispiel gesagt: Wird ein Ortsname absichtlich ausgelöscht, so wird einer Gemeinschaft die kulturelle Seele geraubt.

Er verwies auf Mussolini, der mit dem Auslöschen deutscher Ortsnamen in Südtirol auch die Geschichte auslöschen wollte.

Ich zitiere wörtlich: Dort, wo es Unterdrückung politischer Art gibt, gibt es auch Unter­drückung der Ortsnamen.


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Das ist in Wahrheit ein Faktum. Wer den Namen nicht aushält, der hält die fremde Identität nicht aus und wer die fremde Identität nicht aushält, der möchte sie aus­löschen. Der letzte Akt dieser rassistischen Auslöschung ist dann die Nummer, die da eintätowiert wird. (Der Redner zeigt auf die Innenseite des Unterarms. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ungeheuerlich, dieses Vergleiche-Ziehen!) Das ist der letzte Akt rassistischer Auslöschung.

Wenn der Name nichts mehr wert ist, wenn der Name entwertet wird, wenn die Iden­tität entwertet wird, dann steht am Ende immer nur die Nummer. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Was heißt das? Was sollen solche Vergleiche? – Bundeskanzler Dr. Schüssel: Es geht um zusätzliche Ortstafeln, nicht um Auslö­schung! – Abg. Scheibner: Das ist unerträglich! – Abg. Neugebauer: Diesen Vergleich hätten Sie lieber nicht gebracht!)

16.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.28.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Posch, dass bei Ihrem Schlussstatement Herr Klubobmann Cap und Herr Schieder nicht mehr ge­klatscht haben, richtet sich ja von selbst. Das hätten Sie sich sparen können! Hier in diesem Hohen Haus solche Vergleiche zu bringen ist einfach entbehrlich. Ich würde Sie bitten, dass Sie sich davon auch distanzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Diese Ortstafelfrage – und das kann ich aus Kärntner Sicht wirklich aus tiefem Herzen sagen – steht – stand eigentlich –, steht im­mer noch knapp vor einer Lösung. Es ist gelungen, etwas auf einem breiten Konsens aufzubauen.

Heute wurde sehr stark über diese Begleitmusik diskutiert. Herr Klubobmann, Sie haben Recht, es mag manchmal die eine oder andere Begleitmusik für Verhandlungen nicht einfach sein – genauso wie es Pressemeldungen von einer politischen Seite und von der anderen gibt. Ich glaube, das können wir jetzt gegeneinander aufwiegen, dann kommen wir vielleicht zu einem Gleichgewicht oder zu einem Ungleichgewicht. Das ist Auslegungssache. Es gibt von allen Seiten Bereitschaft, hier eine Lösung herbeizufüh­ren. Frau Dr. Gaby Schaunig-Kandut bittet auch die Bundes-SPÖ, diesem Konsens, der ausgehandelt wurde, zuzustimmen.

Das war für mich heute in der Früh, als ich in das Parlament gekommen bin, ein sehr wichtiger Tag, weil ich meinen Klubobmann in den Verfassungsausschuss begleiten durfte, wo wir die Erwartungshaltung hatten, dass wir einen Schlussstrich unter diese stark polarisierende Diskussion ziehen können. Da werden mir Frau Kollegin Trunk und viele andere Recht geben.

Und ich zitiere wörtlich, weil Sie auch so gerne zitieren. Die „Kleine Zeitung“ schreibt: „Sieg der Vernunft“.

Ich zitiere auch – das können Sie nachlesen – meinen Landeshauptmann, der letzte Woche zwei Dinge gesagt hat. Die hat er im O-Ton gesagt, die sind nachvollziehbar. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Hör sie dir zuerst an, bevor du wieder hineinschimpfst!

Er hat gesagt: Eine unendliche Geschichte des Landes findet mit einer dauerhaften und unangreifbaren Lösung ein Ende.


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Das zweite Zitat war: Die nun ausverhandelte Lösung ist ein Sieg der Vernunft für das ganze Land, mit dem alle leben können. Es gibt weder Sieger noch Verlierer.

Ich glaube, man sollte bei aller Polarisierung, die es immer wieder gibt, auch das von beiden Seiten anerkennen: Es gibt weder Sieger noch Verlierer. Es ist in den letzten Tagen gelungen, wirklich eine vernünftige Lösung auf die Beine zu stellen. Dass die Grünen da nicht mitgehen, das mag in ihrer fundamentalen Einstellung liegen. Das muss man so zur Kenntnis nehmen. Das ist kein Problem, damit können wir gut leben. Das bestätigt uns auf unserem Weg. Dass ansonsten in diesem Parlament die Parteien diesem Konsens eigentlich de facto zugestimmt haben, dass man so weit gekommen ist, dass es auch von Seiten des Heimatdienstes und des Abwehrkämpferbundes, den ich hier auch als wichtig definieren möchte, und von Seiten der Slowenenverbände die Basis zu einer Zustimmung gegeben hat, das ist wirklich historisch.

Wir Kärntner wissen, dass das ein wichtiger Moment ist. Das hat uns wohl alle in den letzten Wochen bewegt. Ich nehme an, die Melitta (in Richtung der Abg. Mag. Trunk) war in Vorwahlkampfzeiten auch auf vielen Veranstaltungen. Auch zu dir wird man ge­sagt haben, hoffentlich gibt es jetzt eine dauerhafte Lösung. Diese dauerhafte Lösung ist gut und wichtig für das Land.

Deshalb muss ich noch einmal appellieren, dass man es auf der Basis dessen, was man hier vereinbart hat, auch schafft, eine Lösung zustande zu bringen, dass man es schafft, dass mit Ende dieser Legislaturperiode in Kärnten etwas erreicht wird, was 30 Jahre lang nicht erreicht wurde. Es waren schon SPÖ-Politiker, die jahrzehntelang die Verantwortung hatten und das Problem nicht gelöst haben.

Es ist schon so – das möchte ich Ihnen einmal ganz klar sagen –, dass dieser Kon­sens, der über 30 Jahre lang in Kärnten geherrscht hat, dieser Friede, auch wenn es vielleicht ein bisschen ein Scheinfriede war – wo alle politischen Kräfte, die ÖVP, die SPÖ und damals die FPÖ, heute das BZÖ in Kärnten gesagt haben, es herrscht Kon­sens –, nicht vom Herrn Dr. Haider aufgebrochen worden ist. Das müssen Sie mir zu­gestehen. Die Diskussion ist durch ein anderes Mittel aufgebrochen worden.

Dann hat es Konsenskonferenzen gegeben, der Herr Bundeskanzler, glaube ich, hat es heute richtig gesagt. Auch diese Konsenskonferenzen sind nicht an uns gescheitert. Dass der Landeshauptmann sich hinter das Land stellt, no na net und dass es natürlich für ein Land wichtig ist, dass man mit der Mehrheit etwas im Konsens vereinbart, ist wohl klar. Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist klar, dass die Minderheit Rechte hat, die ihr niemand absprechen will.

Ich erinnere an die „Sanktionen“ im Jahre 2000. Der „Weisenrat“ war in Kärnten. Min­derheitenpolitik umfasst halt nicht nur die Ortstafelfrage. Das sind auch Dinge gewe­sen, die der Herr Bundeskanzler angesprochen hat. Ich habe vorhin geglaubt, ich höre meinem Landeshauptmann zu, als er darüber gesprochen hat, wie viele positive Dinge sich im Schulwesen und in anderen Bereichen entwickelt haben. Also: Dieser Rat der drei Weisen hat damals klar gesagt, die Minderheitenpolitik in Kärnten ist – Original­ton – vorbildlich und liegt weit über dem Niveau Europas.

Ich glaube, dass das Ansätze sind, die zeigen, dass es hier bei aller Polarisierung, die es auf beiden Seiten in Randbereichen immer wieder gibt, in die richtige Richtung geht. Ich kann Ihnen ehrlich sagen, auch ich tue mich bei manchen Funktionären schwer, diesen Kompromiss zu verkaufen. Ich bin am Montag Abend in einer Bezirksparteilei­tung in Hermagor gewesen und wurde dort von Funktionären gefragt: Ist denn dieser Kompromiss schon gescheit? Wie schaut das jetzt wirklich aus? Gibt man da nicht zu viel nach? – Natürlich gibt es auf allen Seiten immer wieder Leute, die polarisieren. Aber es gibt eine klare Bereitschaft – meiner Fraktion im Parlament und der Landesre­gierung –, hier einen Schlussstrich zu ziehen. Es gibt einen guten Kompromiss, der in


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der Sache und inhaltlich in Ordnung ist. Es gibt eine gute Basis, auch dafür zu sorgen, dass im Falle eines Dissenses zwischen einer Petition und der Bundesregierung in einer Kommission ein Versuch gemacht wird, zu schlichten.

Das halte ich einfach für äußerst wichtig. Da können alle das Archivmaterial des ORF hervorholen, da können wir den ORF in die Debatte mit hineinnehmen, da soll man auf den Küniglberg fahren und die Bilder aus den siebziger Jahren heraussuchen, wo zu sehen ist, dass diese Tafeln umgerissen wurden, es Ortstafelstürme gab und ein Bun­deskanzler und ein Landeshauptmann an dieser Frage gescheitert sind.

Es ist unklug, ohne die Mehrheitsbevölkerung die Minderheit zu schützen. Nur wenn ich die Minderheit mit der Mehrheitsbevölkerung gemeinsam schütze, ist es nachhaltig und wird auch Erfolg haben. Deshalb ist diese Kommission, die angeregt und mitver­handelt wurde, gut, wichtig und richtig.

Die letzte Instanz, das wissen wir alle, die wir hier im Parlament sitzen und auf die Verfassung vereidigt sind, darüber zu entscheiden, eine Tafel aufzustellen oder nicht, ist die Bundesregierung. Das können, das wollen und das werden wir final auch nicht in Frage stellen. Wir wollen nur die Kluft zwischen einer möglichen Diskussion im Land oder in einer Gemeinde und einem Vorhaben der Bundesregierung so klein wie mög­lich halten und eine Brücke bauen.

Da gibt es viele Maßnahmen. Da gibt es begleitende Maßnahmen für die Gemeinde, die eine Bundesregierung starten kann. Das beginnt bei Initiativen, Unterstützung und geht bis hin zu Gesprächen, die man mit den Bürgern führt. Darum sollte es bei dieser Frage gehen.

Unsere Fraktion ist wirklich dazu bereit, diesen Schlussstrich zu ziehen. Ich kann die SPÖ nur auffordern und darf appellieren, diese Tage zu nützen.

Herr Cap, in Wirklichkeit haben Sie sich dieses Ultimatum selbst gestellt, als Sie heute nicht zugestimmt haben, dass wir bereits auf breiter Basis diskutieren können.

Wir wollen und wir müssen das in dieser Gesetzgebungsperiode lösen. Dieses Thema in den Wahlkampf zu ziehen halte ich für politisch unklug, denn diese Polarisierung wird auf dem Rücken der Minderheit ausgetragen. Das sind wir in Wirklichkeit der Min­derheit in Kärnten, aber auch der Mehrheit der Kärntner Bevölkerung schuldig, die end­lich Frieden haben möchte und die in der Ortstafelfrage eine endgültige, abgesicherte Lösung unterstützt.

In diesem Sinne der Appell an alle Parteien: Unterstützen Sie diesen Antrag! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP )

16.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. Seine Wunschredezeit ist 6 Minuten. – Bitte.

 


16.37.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Da der Bezirk Völkermarkt zu meinem Wahlkreis gehört, bin ich natürlich sehr viel in diesem Bezirk, in dieser Region unter­wegs und bin viel mit der Bevölkerung im Gespräch. Und die Bevölkerung in diesem Bezirk, in diesen Gemeinden – und viele der Gemeinden im Bezirk Völkermarkt sind zweisprachig – beschäftigt natürlich die Ortstafelfrage sehr stark.

Ortstafeln schaffen ganz einfach eine Identifikationsmöglichkeit. Sie haben Symbol­wert. Sie dienen der Orientierung und nicht dem Besitzanspruch oder gar dem Aus­druck der Slowenisierung, sondern sie sind Ausdruck der Zwei- – oder besser ge-
sagt –, der Gemischtsprachigkeit. Laut Volkszählung von 2001 gibt es immerhin noch


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an die 13 000 gemischtsprachige Kärntnerinnen und Kärntner, das sind rund zweiein­halb Prozent der Bevölkerung.

Der Minderheitenschutz und die Anliegen der slowenischen Volksgruppe sind uns von der ÖVP und auch mir im Besonderen ein sehr starkes Anliegen. Die lange Geschich­te, auf die heute schon hingewiesen wurde, zeigt aber, dass es ein ständiges Auf und Ab gegeben hat. Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes Adamovich hat es unlängst in einem Interview als „Fieberkurve“ bezeichnet, in dem er gemeint hat, die Sache mit der Anzahl der Ortstafeln sei eben nicht so einfach.

Hier gilt es also sehr sensibel und behutsam vorzugehen. Es hat vor dem Jahr 1972 keine Ortstafeln gegeben. Dann kam mit dem Ortstafelgesetz der Vorschlag mit 205 Tafeln. Danach wurden sie ausgerissen. 1976 sah das Volksgruppengesetz 91 Ortstafeln vor. Und seit 2001 würde ein Verfassungsgerichtshoferkenntnis wieder wesentlich mehr ermöglichen. Das heißt, es ist wirklich ein ständiges Auf und Ab, ein ständiges Hin und Her.

Wir sind diesen behutsamen Weg gegangen, die vorliegende Verordnung und der Ge­setzentwurf nehmen darauf Rücksicht. Wir bleiben verfassungskonform, wir bleiben staatsvertragskonform, wir berücksichtigen das Verfassungsgerichtshoferkenntnis. Das wurde auch mit einer Verordnung im Hauptausschuss eingehend berücksichtigt. Die Kärntner Landesregierung wurde angehört. Der Ministerrat hat beschlossen, der Hauptausschuss hat getagt, et cetera.

Meine Damen und Herren! Inhaltlich ist es ein absolut ausgeklügeltes Papier, ein abso­lut ausgeklügeltes System: mit der 15/10-Regelung, der Bestandsgarantie, der vorge­zogenen Öffnungsklausel und einer weiteren Öffnungsklausel einschließlich dem Stu­fenplan.

All das sind Maßnahmen, die federführend von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der ÖVP gesetzt wurden, und daher dürfen wir auch von einem historischen Ergebnis sprechen.

Ich darf auch noch ganz kurz darauf hinweisen – es wurde schon gesagt –, dass auch die Kärntner Landesregierung, der Kärntner Landtag und das Land Kärnten im Allge­meinen viel für die Unterstützung der Volksgruppe getan haben, ob über die einzelnen Gemeinden, über die Schulen, die Kindergärten oder über die Unterstützung der Me­dien oder der Kulturvereine bis hin zum ländlichen Wegenetz et cetera. – Es hat da wirklich immer wieder eine ganz breite und starke Unterstützung gegeben, auch in den letzten Jahren.

Ich darf aber natürlich noch den Appell an die SPÖ und an die Grünen richten, sich im Sinne eines Konsenses und im Sinne der Kärntner Bevölkerung zu entscheiden, denn die hätte das verdient, genauso wie die Volksgruppenvertreter und die Heimatverbän­de. Auch unter den Volksgruppenvertretern gibt es heute schon welche wie den Herrn Sadovnik, die sich dieses Ergebnis wünschen.

Mir fällt ein, dass auch der slowenische Außenminister vor wenigen Tagen noch davon gesprochen hat, dass jetzt ein Konsens möglich ist und auch gut wäre. Ich darf die SPÖ vor allem aber auch in Hinblick auf die Bürgermeister ersuchen zuzustimmen, denn die warten wirklich seit Jahren und Jahrzehnten auf eine Einigung.

Bei den Grünen geht es, denke ich, einfach um noch mehr Mut und Ernst, denn nur deswegen nein zu sagen, weil es Ihnen um ein einfaches Gesetz im Gegensatz zu einem Verfassungsgesetz geht, das halte ich wirklich für sehr fadenscheinig.


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Liebe Abgeordnete der Kärntner SPÖ! Ich hoffe daher, dass sich Ihre Landesparteivor­sitzende Gaby Schaunig durchsetzt, denn sie kennt eben auch durch ihre Bürgermeis­ter die Anliegen der Bevölkerung, die Anliegen der Südkärntner.

Ich denke, dass da alle zur Vernunft kommen sollen. Wir von der ÖVP unter Bundes­kanzler Schüssel stehen für Rechtsfrieden, für Rechtssicherheit und ganz sicher auch für Rechtsstaatlichkeit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Ihre Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


16.42.33

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erster Punkt: Positiv empfinde auch ich, dass heute mehr­fach von den Erfolgen und dem Fortschritt etwa im Bereich der zweisprachigen Schul­politik geredet wurde.

Herr Bundeskanzler, Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich Ihnen ein bisschen etwas von den Lorbeeren, die Sie sich umgelegt haben, abnehmen muss (Abg. Neu­deck: Es bleibt noch genug übrig!), denn Tatsache ist – und ich nenne jetzt nur einen Namen –, dass neben sozialdemokratischen BildungsministerInnen vor allem ein ehe­maliger Abgeordneter hier im Hohen Haus unfassbar viel für die Qualität des zweispra­chigen Unterrichts in Kärnten geleistet hat, nämlich Dr. Dieter Antoni.

Ihm wurde nie gedankt, und seine Leistungen werden auch immer verschwiegen. – So viel zur historischen Korrektheit. Dr. Dieter Antoni und viele andere in diesem Bereich viel geleistet. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Zweiter Punkt: Es wird von einem Konsens gesprochen, der bis vorige Woche tatsäch­lich vorhanden war, soweit wir von der SPÖ das aus den Medien erfahren haben und dann später mit Klubobmann Cap verhandelt wurde. Was aber während der gesamten Debatte immer verschwiegen wird, ist, dass wesentliche Partner dieser Verhandlun­gen – nämlich die Vertreter und Vertreterinnen der Volksgruppe – diesen Tisch nicht verlassen haben, sondern sich – wortwörtlich – getäuscht, gelegt und über den Tisch gezogen fühlen. – Das ist die Wahrheit in dieser Frage!

Es ist nicht die Frage, ob die SPÖ einen Kompromiss ermöglicht oder nicht. Wir sind konsensbereit, wenn wir uns auf der Ebene des Staatsvertrages, auf der Ebene der Verfassung befinden. Es ist der Regierung passiert, dass der ausverhandelte Konsens nicht eingehalten wurde. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Neudeck: Ist ja nicht wahr! Abg. Scheibner: Falsch!)

Was ist in erster Linie dafür verantwortlich? – Ich habe es letzte Woche in Kärnten ge­hört: der Beschluss in der Kärntner Landesregierung am Dienstag der vorigen Woche mit den Stimmen zweier Parteien – BZÖ und ÖVP. (Abg. Scheibner: Ihnen ist jede Ausrede recht, damit Sie nicht zustimmen müssen!) Es hat mir sehr Leid um den Kol­legen Martinz getan, der diese Vetoklausel eingebaut hat. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.)

Da hat es diesen Kompromiss und diese Form der Zusammenarbeit auch klimatisch und inhaltlich ganz offensichtlich nicht mehr gegeben. (Abg. Baumgartner-Gabitzer: Lesen Sie doch den Antrag!) Daher ist es jetzt am Bundeskanzler und an den Verhand­lungspartnern, die Irritationen dort wieder verschwinden zu lassen und das einzuhalten, was ausgemacht war. – Es ist also nicht die SPÖ, die einen Kompromiss verhindert, sondern es liegt an Ihrer Verhandlungsstrategie. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ein weiterer Punkt ist der, den Kollege Scheuch angesprochen hat. Er hat gesagt, er hat auch die Sehnsucht und den Wunsch – ich denke, wir alle; wer nicht? –, dass die Stimme der Polarisierer endlich verstummt.

Herr Kollege Scheuch, in aller politischen Kultur: Sie hätten da ein großes Aufgaben- und Betätigungsfeld, denn in der Frage der Volksgruppe, der Menschen aus anderen Ländern und der Ortstafeln gibt es in Kärnten nicht wirklich viele laute Stimmen, die po­larisieren. Tatsache ist, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen in Kärnten und die Volksgruppe miteinander friedvoll, kooperativ und sogar liebevoll umgehen. (Abg. Bucher: Stimmt! Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch. Abg. Bucher: Nein, das stimmt!) Jene, die polarisieren, sind außen und tragen in Kärnten leider die Verant­wortung Nummer eins.

Nächster Punkt: Die absolute Mehrheit der Menschen in Kärnten hat wirklich genug von feierlich inszenierten Ortstafelaufstellungen – auch unter Beisein des Bundeskanz­lers, dem ich keine schlechte Absicht unterstelle; Sie haben sich damals wahrschein­lich wirklich gefreut (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel– und dann ein paar Tage später wieder geschulterten Ortstafeln, die weggetragen, verrückt oder verschoben werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dann stimmen Sie doch endlich zu!)

Die Kärntner Bevölkerung hat genug von dieser Verrückungspolitik, und ich denke, wir befinden uns in keinem rechts- und verfassungsleeren Raum. Herr Bundeskanzler, Sie hatten viereinhalb Jahre Zeit zu handeln! (Beifall bei der SPÖ.)

16.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gas­tinger. – Bitte.

 


16.47.13

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich meine, dass diese Ortstafeldebatte, die wir heute hier führen, eine sehr wichtige ist. Es ist meiner Meinung nach auch sehr wichtig, uns darüber im Klaren zu sein, dass wir sehr kurz davor stehen, tatsächlich einen Kon­sens zu erreichen. Ich spreche da einerseits als Justizministerin, die natürlich Rechts­sicherheit gewahrt wissen will, aber ich spreche auch als Kärntnerin und möchte fest­stellen, dass diese Frage wirklich einer Lösung harrt.

Wir stehen wirklich sehr kurz vor einem Konsens. – So ist zumindest mein Eindruck aus den Gesprächen, die ich bisher verfolgt habe, und auch aus den Verhandlungen, die unter der Federführung unseres Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel im Zusam­menhang mit der Ortstafelverordnung geführt wurden. Es wäre sehr schade, wenn wir uns da nicht gemeinsam zu einem Konsens durchringen könnten.

Die SPÖ Kärnten mit ihrer Vorsitzenden Gaby Schaunig hat ja schon mitgeteilt, dass sie für diesen Konsens ist. Gaby Schaunig ist zwar von der SPÖ, aber sie ist auch eine Stimme Kärntens, und in Kärnten erwartet sich die Bevölkerung von der Bundesregie­rung, aber vor allem auch von der gesetzgebenden Kraft in Österreich eine Lösung.

Wenn ich jetzt meinem persönlichen Wunsch Ausdruck geben darf, so möchte ich sagen, ich wünsche mir wirklich, dass es in den nächsten Tagen noch gelingen möge, eine Verhandlungsbasis zu finden, der auf der einen Seite natürlich das Hohe Haus zu­stimmen kann, auf der anderen Seite aber auch die Volksgruppenvertreter und auch die Politiker in Kärnten. Ich habe aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir bis Freitag zu einer Lösung kommen.


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In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Bereitschaft und bedanke mich für Ihre Aufmerksam­keit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Restredezeit der Fraktion: 6 Minuten; Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.49.14

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch uns ist nicht abzusprechen, dass wir uns wirk­lich um einen Konsens bemüht haben und so weit gegangen sind, wie wir gehen konn­ten. Sie sind uns aber nicht weit genug entgegengekommen. (Abg. Neudeck: Euch haben die Wahlkampfstrategen einen Strich durch die Rechnung gemacht!) Sie haben zwar mit dem BZÖ alles ausgehandelt, aber für die Verfassungsmehrheit wäre eben mehr notwendig gewesen, insbesondere ein Rechtsdurchsetzungsmechanismus, um diese Kasperliaden wie das Abschneiden von Ortstafeln nicht mehr zuzulassen und nicht mehr möglich zu machen. (Abg. Neudeck: Eure Politik entscheidet die Werbe­agentur, glaub ich!)

Um unsere Ernsthaftigkeit nochmals unter Beweis zu stellen, möchte ich einen Ent­schließungsantrag einbringen, der folgendermaßen lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Posch, Mag. Trunk, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtsho­fes

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend einen Art. 7 des Staats­vertrages entsprechenden Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem der Konsens zwi­schen Bundeskanzler Schüssel und Vertretern der Kärntner Slowenen von vergange­ner Woche vollinhaltlich, insbesondere auch hinsichtlich der Öffnungsklausel, umge­setzt wird, und der ein Verfahren der Rechtsdurchsetzung enthält, das garantiert, dass gesetzlich vorgesehene zweisprachige Ortstafeln in Kärnten auch tatsächlich aufge­stellt werden.

*****

Warum ist das so wichtig? – Weil unsere Gespräche ja genau an dieser Rechtsdurch­setzungsklausel auch inhaltlich nicht weitergekommen sind. Wir haben dieses Kas­perltheater gesehen, dass der Kärntner Landeshauptmann ein Verfassungsurteil nicht vollzogen, sondern mit einer Verrückung der Ortstafeln geantwortet hat. (Abg. Groß­ruck: Wer ist der Kasperl?) Das ist doch lächerlich in einem Rechtsstaat, und genau das ist in einer Verfassung nicht mehr tragbar! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der Grünen.)

Wenn man daher zu einer Verfassungslösung kommt, muss verhindert werden, dass wir uns wieder vor der gesamten Öffentlichkeit lächerlich machen – international, aber auch national –, dass wir dann nicht in der Lage sind, Gesetze zu vollziehen, weil sich irgendjemand nicht an den Rechtsstaat halten will.

Diese Rechtsumsetzung ist eine unabdingbare Forderung, wenn man sich anschaut, was Haider aus diesem Verfassungsurteil gemacht hat. Das ist nicht wegzuverhandeln! Das muss sein! Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in der Lage sind, den Konsens


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wiederherzustellen, ohne sicherzustellen, dass dann auch diese Ortstafeln aufgestellt werden.

Wenn ich die Presseaussendungen lese, in denen steht, die können in Wien beschlie­ßen, was sie wollen, dann sehe ich, dass das genau der Gedanke dieses Mannes ist: zwar so zu tun, als wolle er einen Konsens herstellen, aber dann ohnehin zu machen, was er will! Deshalb will man keine Rechtsumsetzungsklausel. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn man eine Verfassungsbestimmung will, dann muss man das auch ernsthaft um­setzen können. Eine Verfassungsbestimmung bedeutet, dass die Mehrheit über die Minderheit bestimmt, weil zwei Drittel Mehrheit auch die Minderheit sozusagen mitneh­men muss. Daher muss man vorsichtiger damit umgehen. Man hat ja eine Verpflich­tung aus dem völkerrechtlich garantierten Staatsvertrag, der in unsere Verfassung ein­geflossen ist. Die Mehrheit muss sich ihrer Verpflichtung der Minderheit gegenüber be­wusst sein, sodass mit dieser Minderheit, wenn man schon das Recht aus dem Staats­vertrag einschränkt, zumindest ein Konsens hergestellt werden muss. (Abg. Dr. Baum­gartner-Gabitzer: Das wollen wir ja!) Dieser Konsens ist derzeit nicht gegeben, weil momentan weder der Rat der Kärntner Slowenen noch der Zentralverband diesen Kon­sens bestätigen.

Wenn man die Rechte der Minderheiten einschränkt – und das passiert mit diesem Gesetz –, dann muss wohl ein kleinster gemeinsamer Nenner mit den Betroffenen ge­funden werden. – Das ist derzeit jedoch nicht der Fall. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Konsens ist deswegen gescheitert, weil man – und das muss man der Regie­rung und auch der ÖVP vorwerfen – von der ursprünglichen Konsenslösung abgewi­chen ist (Abg. Scheibner: Stimmt nicht!), und zwar deswegen – und da wird die Be­gleitmusik wieder interessant –, weil in Kärnten eine Regelung geschaffen beziehungs­weise ein Regierungsbeschluss gefällt wurde, in dem man gesagt hat, es muss von der Zustimmung des Landes und von der Gemeinde abhängig gemacht werden, ob zusätz­liche Ortstafeln über diesen Kompromiss, der jetzt gefunden wurde, aufgestellt werden können. (Abg. Scheibner: Etwas Falsches wird nicht wahrer, wenn man es auch noch so oft wiederholt!)

Wenn ich als Minderheitenvertreter sehe, dass das in den Kompromiss einfließt, dass man vom Anhörungsrecht abrückt hin zum Berücksichtigungsrecht, dann weiß ich, dass das Veto de facto kommt. Dann ist jedes Vertrauen gebrochen, und ich sehe di­rekt ein, warum da jetzt kein Konsens mehr besteht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der Grünen.)

16.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Wittmann einge­brachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Posch, Mag. Trunk, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkennt­nisse des Verfassungsgerichtshofes ist hinreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Posch, Mag. Trunk, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtsho­fes


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Nach jahrelanger Säumnis der Bundesregierung wurde in der vergangenen Woche ein Kompromiss mit einem Teil der Vertreter der Slowenen über die Umsetzung der Er­kenntnisse des Verfassungsgerichtshofes zur Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln erzielt. Wegen zusätzlicher Forderungen Jörg Haiders, denen der Bundeskanzler nach­gegeben hat, gelang es nicht, im Verfassungsausschuss Einigkeit über Verfassungsbe­stimmungen zu erzielen. Keine einzige der von der Bundesregierung vorgelegten For­mulierungen entsprach vollinhaltlich dem Konsens mit den Vertretern der Slowenen. Weiters weigerte sich die Bundesregierung, Vorkehrungen für eine Rechtsdurchset­zung aufzunehmen, die garantiert, dass auf Grund dieser Verfassungsbestimmungen dann vom Kärntner Landeshauptmann auch tatsächlich zusätzliche zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden. Obwohl die Verordnung der Bundesregierung, die ihn da­zu verpflichtet, wenigstens in Bleiburg und Ebersdorf entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zweisprachige Ortstafeln aufzustellen, seit 1. Juli 2006 in Kraft ist, ist bisher nicht einmal dort ein gesetzeskonformer Zustand geschaffen wor­den. Diese Verordnung der Bundesregierung wird von Landeshauptmann Haider und seinem zuständigen Kollegen in der Landesregierung weiterhin missachtet.

Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher, der Nationalrat wolle beschlie­ßen:

Entschließung:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend einen Art. 7 des Staats­vertrages entsprechenden Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem der Konsens zwi­schen Bundeskanzler Schüssel und Vertretern der Kärntner Slowenen von vergange­ner Woche vollinhaltlich, insbesondere auch hinsichtlich der Öffnungsklausel, umge­setzt wird, und der ein Verfahren der Rechtsdurchsetzung enthält, das garantiert, dass gesetzlich vorgesehene zweisprachige Ortstafeln in Kärnten auch tatsächlich aufge­stellt werden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Seine Wunschredezeit und die Restredezeit der Grünen beträgt 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.54.52

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Und da richte ich mich gleich am Anfang auch an die Kolleginnen und Kollegen von der so­zialdemokratischen Fraktion: Ich glaube, es ist nicht ausreichend klar – insbesondere an der Spitze der SPÖ nicht ausreichend klar –, was der Bundeskanzler von Ihnen will. Der Plan des Bundeskanzlers ist ein doppelter: erstens vom offenen Verfassungsbruch überzugehen zur verfassungsmäßigen Außerkraftsetzung von Teilen des Staatsvertra­ges. (Abg. Scheibner: Sie erklären uns das jetzt alles!)

Ich frage Sie, ob Sie das wirklich wollen, denn würde all das, was Ihnen der Bundes­kanzler da anbietet, dem Staatsvertrag entsprechen, wäre es nicht nötig, den Verfas­sungsgerichtshof als Kontrollinstrument auszuschalten. (Abg. Großruck: Pilz erkennt die Wahrheit! Abg. Dr. Partik-Pablé: Sehr schwach!) Warum wollen Sie da mitma­chen? Nur um dabei zu sein? Nur um wichtig zu sein? (Abg. Scheibner: Der Wunsch der Slowenen!) Sie gehen damit dem Bundeskanzler durchaus in eine politische Falle. (Abg. Schieder: Wieso setzt man ihn außer Kraft, den Staatsvertrag?)


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Zweitens: In der so genannten Öffnungsklausel geht es darum – und ich glaube, da tei­len wir die Kritik –, die Vertreter der autochtonen Minderheiten zu Bittstellern und Bitt­stellerinnen herabzusetzen. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel. Abg. Ellmauer: Hört doch endlich auf! Es gibt keinen Staat in Europa, der so viel Schutz von Minderheiten hat wie wir!) Es geht darum, aus ihnen Bittsteller zu machen.

Die Slowenenorganisationen sind nach den Verhandlungen davon ausgegangen, dass, wenn 10 Prozent der Einwohner und Einwohnerinnen einer Ortschaft sagen, sie wollen eine zweisprachige Ortstafel, nach einem Anhörungsprozess verschiedener Einrichtun­gen zum Schluss die Bundesregierung verpflichtet ist, mittels Verordnung diese Orts­tafel aufstellen zu lassen. Das ist die Alternative zum Bitten. (Abg. Mag. Molterer: Nein! Bundeskanzler Dr. Schüssel: Das haben sie nicht einmal selber ...!)

Sie schreiben einen Entwurf, in dem steht, die Bundesregierung kann nach Anhörung entscheiden. Sie muss nicht, sie kann. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bun­deskanzler Dr. Schüssel.) Sie machen aus den Vertretern der Minderheiten gegen deren Willen Bittsteller und Bittstellerinnen.

Jetzt haben die Slowenenorganisationen das gemeinsame Boot verlassen. Was macht der Bundeskanzler? Er rudert alleine weiter, und er sagt, solange der Kärntner Lan­deshauptmann sicher im Boot sitzt, wird weitergerudert – egal, wer inzwischen über Bord geht. Aber das war doch nicht immer so! – Vor mehr als einem Jahr drohte eine andere Organisation an, über Bord zu gehen, und zwar der Kärntner Abwehrkämpfer­bund. Die Reaktion des Bundeskanzlers kam sofort: Keine einzige der mit uns verhan­delnden Organisationen darf von Bord gehen; alle gemeinsam müssen einen Konsens finden! Es gibt keinen Konsens ohne Abwehrkämpferbund! (Bundeskanzler Dr. Schüs­sel: Das stimmt überhaupt nicht!)

Ja, warum gibt es jetzt plötzlich einen Konsens ohne Slowenen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lassen Sie einmal die Kärntner Abwehrkämpfer in Ruhe!) Warum gibt es jetzt plötzlich einen Konsens ohne Organisationen, die man mit Sicherheit wichtiger und dringender braucht als den Kärntner Abwehrkämpferbund? – Das ist die entschei­dende und heikle politische Frage.

Die sachliche Kernfrage bleibt aber nach wie vor: Warum, Herr Bundeskanzler, wollen Sie in der Umsetzung des Staatsvertrages den Verfassungsgerichtshof ausschalten? Was haben Sie vom Verfassungsgerichtshof zu befürchten? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was denn nur?)

Wenn Sie sich so sicher sind, dass jeder Punkt und Beistrich Ihrer Vorschläge der Bun­desverfassung und dem Staatsvertrag entspricht, dann könnten Sie sich auf eine Über­prüfung durch den Verfassungsgerichtshof freuen, dann würden Sie nach langer Zeit endlich einmal wieder für ein wichtiges politisches Projekt die Bestätigung vom Verfas­sungsgerichtshof bekommen! Aber Sie haben Grund – Sie haben allen Grund! –, den Verfassungsgerichtshof in dieser Frage zu fürchten, und deshalb brauchen Sie die Zu­stimmung der SPÖ. (Beifall bei den Grünen. Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Noch mehr wie der Peter Pilz?)

Deswegen bleibt die Frage an die SPÖ offen: Wollen Sie da wirklich mittun? Ist das wirklich politisch gescheit? (Abg. Broukal: Peter, wo warst du heute den ganzen Tag? Wir tun nicht mit! Manche Manuskripte sind schon veraltet, bevor sie noch gelesen sind!) Es steht nach wie vor im Raum. Die SPÖ hat – siehe Kärnten, siehe andere Stimmen – gewackelt, aber sie ist noch nicht umgefallen. Solange sie noch nicht umge­fallen ist, besteht Hoffnung, weil dann die Chance besteht, dass dieser Text als ein­faches Gesetz den Nationalrat erreicht. Und dann werden wir weitersehen.


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Eine letzte Frage habe ich noch an Sie, Herr Bundeskanzler, und diese ist ganz ein­fach: In der Topographieverordnung gibt es jetzt 16 Ortstafeln, die aufzustellen wären. Warum ist noch keine einzige dieser Ortstafeln aufgestellt? Warum haben Sie nicht dieses kleine Zeichen der Bereitschaft, da endlich erste Schritte zu setzen, in den letz­ten Tagen und Wochen gesetzt und diese Ortstafeln aufstellen lassen? Befürchten Sie nach wie vor, dass dann Ihr Koalitionspartner ein paar Schritte dahinter kommt, die Ortstafeln wieder ausreißt und sagt: Von Wien lasse ich mir nicht dreinregieren!? – Das ist eine Frage, Herr Bundeskanzler, die Sie wie alle anderen mit Sicherheit diesem Haus nicht beantworten werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 853/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umset­zung der Ortstafel-Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafel-Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist ebenfalls abgelehnt.

17.01.48Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4000/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die An­fragebeantwortung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie mit der Ordnungszahl 4000/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erstredner: 10 Minuten, Bundesregierungsmitglied oder Staatssekretär: 10 Minuten, alle anderen 5 Minuten Redezeit.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. Ihre Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.02.25

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Es ist ja wieder einmal bezeichnend: Der Herr Vizekanzler kommt zum Repräsentieren am Vormittag – am Nachmittag, wo es um die Rechtfertigung gegenüber den Abgeordneten geht, bleibt er natürlich wieder fern. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Nun, was ist das Thema? Die Forschungsaktivitäten in Österreich zum Problemfeld Mobilfunk, insgesamt die Problematik Mobilfunk, repräsentiert durch eine Petition, deren Behandlung der Verkehrsausschuss bereits mindestens viermal vertagt hat. Sie wurde wieder eingebracht am 7. Mai 2003. Sie wurde erstmals eingebracht, ich glaube, im Jahre 1997. Sie wurde ein zweites Mal eingebracht im Jahre 2000. Sie wurde ein


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drittes Mal eingebracht im Jahre 2003, und ihre Behandlung ist jetzt, glaube ich, min­destens viermal im Verkehrsausschuss vertagt worden. Acht Jahre lang werden nun von Ihnen die Probleme der Anrainerinnen und Anrainer von Mobilfunkanlagen im Par­lament auf die unendlich lange Bank geschoben! Und das lassen wir uns nicht mehr gefallen!

Dabei ist zu sagen, Sie alle haben diese Petition unterschrieben! Kollege Zweytick von der ÖVP hat diese Mobilfunk-Petition unterschrieben, auch die Kollegen vom BZÖ, da­mals noch FPÖ, haben unterschrieben, die Kollegen von der SPÖ, wir natürlich – aber diese Mobilfunk-Petition findet nicht ihren Weg in den Nationalrat, und ein Anliegen, nämlich das Anliegen, endlich in Österreich Forschung in dieser Materie voranzutrei­ben, findet auch keine Berücksichtigung.

Herr Staatssekretär Mainoni, der Herr Bundesminister antwortet mir auf die erste Frage, warum nicht auch in Österreich in diesem Bereich geforscht wird: Wir warten auf die Ergebnisse der Schweizer. Ich zitiere:

„Es ist zu begrüßen, dass der Schweizerische Nationalfonds in seinem Forschungspro­gramm 57 Untersuchungen zum Thema nichtionisierende Strahlung durchführt. Auch mein Ressort verfolgt diese Untersuchungen und erwartet deren Ergebnisse mit gro­ßem Interesse.“

Ja, lassen wir die Schweizer forschen, wir tun nichts – aber wir lassen ständig Sende­anlagen errichten, wo NachbarInnen betroffen sind, wo NachbarInnen keine Rechte geltend machen können. § 73 Telekommunikationsgesetz sieht zwar vor, dass der Schutz des Lebens und der Gesundheit berücksichtigt werden muss, nur: Es gibt kein Verfahren! Es gibt kein Verfahren, in dem diese AnrainerInnenrechte geltend gemacht werden können. Sie werden praktisch im Kreis herumgeschickt. Die AnrainerInnen ha­ben auch kein Recht, informiert zu werden. Nicht einmal die Bürgermeister haben ein Recht, informiert zu werden.

In Österreich besteht in diesem Bereich ein eklatanter Missstand: auf rechtlicher Ebene im Telekommunikationsgesetz, auf wissenschaftlicher Ebene, was Forschungsinitiati­ven anlangt, und ein demokratiepolitisches Defizit, was die Information, die Bürgerbe­teiligung anlangt. Und das ist für uns Anlass, diese Anfrage zum Bereich Forschung, die uns der Herr Minister beantwortet hat, noch einmal mit Ihnen zu diskutieren. Für uns sind nämlich die Anliegen der Mobilfunk-Initiativen, die Anliegen der Mobilfunk-Petition, die von Ihnen allen auch unterschrieben wurde, ein echter parlamentarischer Auftrag, auch ein gesetzgeberischer Auftrag.

Schauen Sie es sich nur an: Was haben Sie unterschrieben – und was machen Sie nicht?

Punkt 1: Einrichtung eines Runden Tisches mit Beteiligung der Plattform und der Minis­terien, die in diesem Bereich zusammenwirken sollen. Herr Minister Gorbach schickt uns immer im Kreis: Wir sollen zum Herrn Minister Pröll gehen wegen des Gesetzes betreffend den Schutz vor nichtionisierender Strahlung. Wir sollen zur Frau Ministerin Rauch-Kallat gehen wegen Gesundheitsvorkehrungen. Wir sollen zu den Ländern gehen wegen der Bauordnung. – Nur er selber, der das Telekommunikationsgesetz er­lassen hat, stellt sich taub – und schickt uns im Kreis!

Was war die zweite Forderung, die Sie alle unterschrieben haben? – Erstellung eines auch für die Öffentlichkeit zugänglichen Immissionskatasters für Mobilfunksendeanla­gen nach dem Vorbild Italien. – Das wäre doch ein Leichtes. Es fehlt! Es werden im Internet nur ein paar Stationen angegeben, die relativ unpräzise eingezeichnet sind.

Dritte Forderung: industrieunabhängige Überprüfung und Monitoring nach Errichtung von Anlagen. – Das wurde von Ihnen gutgeheißen, Abgeordneter Zweytick, wird aber


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von Ihnen nie diskutiert! Es wurde im Ausschuss vertagt, im Plenum nie diskutiert. Das ist doch lächerlich! Hier könnte man doch endlich Abhilfe schaffen und die vielen Unter­zeichner – es sind 4 000 bis 5 000 Unterzeichner – endlich ernst nehmen.

Was war der nächste Punkt, der vierte? – Interdisziplinäre Abklärung der von der Be­völkerung berichteten und mit der Errichtung von Mobilfunksendern in Zusammenhang gebrachten Störungen des Wohlbefindens. – Interdisziplinäre Abklärung! Es war der Konsens, wir wollen endlich interdisziplinär, zwischen den Wissenschaften, klarstellen, wie das Wohlbefinden der betroffenen Menschen gestört wird.

Fünfter Punkt: Maßnahmen bis zur Realisierung des Gesetzes zum Schutz vor nicht­ionisierender Strahlung. – Was glauben Sie, wie oft mich schon der Herr Minister Pröll im Kreis geschickt hat?! Ich glaube, mindestens viermal! Und womit wird immer argu­mentiert? – Es gibt keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse! Oder: Es gibt noch nicht genügend wissenschaftliche Erkenntnisse!

Und warum gibt es sie nicht? – Weil Sie ja nicht forschen lassen, weil Herr Minister Gorbach sagt, lassen wir in der Schweiz forschen, lassen wir – das sagt er zwar nicht, aber meint er vielleicht – in Deutschland forschen oder irgendwo anders, nur nicht bei uns! Und trotzdem wurde in Österreich geforscht, und wir haben auch gewisse Ergeb­nisse vom Umweltmediziner Professor Dr. Kundi und seinem Mitarbeiter Dr. Hutter. Diese Ergebnisse weisen beispielsweise nach, dass AnrainerInnen mit besonderer Sensibilität auch Schlafstörungen haben. Schlafstörungen sind ernst zu nehmen, Schlafstörungen können auch zu Herz-Kreislauf-Krankheiten führen; Schlafstörungen sind ein Element, das die Gesundheit des Menschen sehr stark beeinflusst.

Deshalb, weil es diese Ergebnisse gibt, mühsam finanziert mit einem Bettelgang durch verschiedene Institutionen, hat zum Beispiel auch die Wiener Ärztekammer aufgerufen, wir brauchen Vorsorgegrenzwerte. Deshalb haben renommierte Ärzte in Wien in ihren Ordinationen Plakate aufgehängt, die darauf hinweisen, dass man hier vorsichtig sein soll, weil die gesundheitliche Relevanz dieser neuen Technik noch nicht abgeklärt ist.

Das alles nehmen Sie aber nicht ernst, sondern verlagern dieses Thema vielleicht in die Ärztekammer-Zeitung oder in ein anderes Journal. Sie schaffen parlamentarisch nicht einmal eine Grenzwertfestsetzung, sondern das alles ist derzeit nur über eine ÖNORM geregelt, und die ÖNORM, meine Damen und Herren, berücksichtigt nicht die gefährlicheren nichtthermischen Effekte. Die ÖNORM geht nur auf die thermischen Effekte ein. Das ist auch ein Missstand, ein Defizit in dem Gesamtproblemfeld, das uns schon seit Jahren, seit mindestens acht Jahren beschäftigt.

Auf Gemeindeebene – und das ist ja interessant – gibt es Resolutionen, die immer von allen Parteien getragen werden, von ÖVP-GemeinderätInnen genauso wie von SPÖ-GemeinderätInnen, und alle verlangen die Festschreibung von Vorsorgegrenzwerten und die Möglichkeit der Geltendmachung von Nachbarschaftsrechten. – So ist es auf Gemeindeebene.

Auf Landesebene – Sie werden es nicht glauben – ist es dasselbe: Da verlangen die ÖVP-Landtagsabgeordneten, die SPÖ-Landtagsabgeordneten von Oberösterreich, von Salzburg, von Kärnten und so weiter, auch die Freiheitlichen und die BZÖ-Abgeordne­ten immer Nachbarschaftsrechte, Vorsorgegrenzwerte. – Aber was macht Herr Minister Gorbach, was macht diese Bundesregierung? – Ignorieren, ignorieren, ignorieren! – So geht das nicht mehr weiter! Und deswegen gibt es heute die Besprechung dieser An­fragebeantwortung und diese Debatte.

Reden Sie einmal mit Vertretern Ihres eigenen Wissenschaftlichen Beirates Funk, ge­sponsert wahrscheinlich von der Mobilfunkindustrie! Reden Sie mit Professor Dr. Vana! Dieser wird Ihnen sicherlich sagen, dass wir mehr Forschung brauchen. – Das verlan-


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gen wir ja auch immer wieder. Es gibt, glaube ich, fünf Anträge der Grünen in diese Richtung! – Herr Dr. Vana verlangt aber auch Nachbarschaftsrechte, verlangt auch Parteienstellung, verlangt dieselben Rechte, die jedem Anrainer/jeder Anrainerin ga­rantiert sind, wenn irgendwo ein Hühnerstall oder eine Balkonverkleidung errichtet wer­den soll. In Bezug auf Mobilfunksender gilt das jedoch offensichtlich nicht; da gilt sozu­sagen das Hühnerstall- oder Balkonrecht nicht, sondern da gibt es nur das Drüber­fahren im Sinne der Telekommunikationsindustrie, deren Handlanger anscheinend Sie sind, Herr Staatssekretär Mainoni, beziehungsweise Herr Minister Gorbach.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin! „Handlanger“ sagen wir hier nicht! Neh­men Sie das bitte zurück! (Abg. Dr. Moser: Ja, nehme ich zurück! Ist gar kein Problem, Herr Präsident!) – Gut, danke.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Auf etwas Wichtiges wollte ich noch hinweisen, und zwar auf das Fallbeispiel Müllendorf. Eine Ärztefamilie siedelt jetzt aus Müllendorf ab. Diese Ärztefamilie hat, epidemiologisch einwandfrei und statistisch be­legt, festgehalten, dass seit der Etablierung eines Sendemastes in dieser Ortschaft die Tumor-Raten steigen, die Zahl der Gehörstürze rapid gestiegen ist, ebenso die der Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Das alles ignorieren Sie jedoch! Geforscht braucht Ihrer Ansicht nach nicht zu werden! Vorsorgegrenzwerte brauchen wir auch nicht! Und was das Demokratiepolitische anlangt: Beteiligungsrechte sind Ihnen offensichtlich egal! – Das aber lassen wir uns nicht gefallen! Wir werden in der Wahlkampfauseinandersetzung verstärkt auf Ihre Ignoranz gerade bei der Behandlung der Mobilfunk-Petition und der massiven Anliegen der Bevölkerung eingehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

17.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mainoni. – Bitte.

 


17.12.38

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich eingangs zu dem von den Grünen vorgebrachten Themenbereich Folgendes ganz grundsätzlich sagen: Mobilfunk ist eine Technologie – darüber werden sich wohl auch die Vertreterinnen und Vertreter der Grünen im Klaren sein –, ohne die unser Leben nicht mehr vorstellbar ist. Und ich bezweifle, dass es bei uns irgendjemanden gibt, der seiner Tätigkeit noch ohne Benutzung des Mobilfunks nachgehen kann. Ich erinnere mich noch an den konkreten Fall, Frau Kollegin Moser, dass Sie anlässlich dieses Themas im zuständigen Ausschuss gerade auch über Mobilfunk erreicht wurden, wäh­rend Sie versucht haben, im Ausschuss eine Rede zu halten; Sie können sich sicher­lich noch daran erinnern. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Angesichts dieses doch immer weiter voranschreitenden Netzausbaues verstehe ich aber natürlich auch die Sorge jener Menschen, die in der Nähe von Mobilfunkanlagen leben, ob dadurch nicht ihre Gesundheit leidet oder gefährdet ist.

Der Frage nach einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch die von Mobilfunksen­deanlagen ausgehenden elektromagnetischen Feldern wird von uns größte Aufmerk­samkeit beigemessen. Wir lassen uns das wirklich nicht gerne sagen, Frau Kollegin Moser, dass wir in Bezug auf dieses wichtige Thema sorglos vorgingen!

Im Telekommunikationsgesetz 2003 – Sie wissen das ohnehin ganz genau – sieht vor, und zwar in § 73, dass bei Errichtung und Betrieb von Funkanlagen und Telekommuni-


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kationseinrichtungen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen ge­währleistet sein muss. Das ist bitte gesetzlich normiert!

Als Norm – das nur zur Verdeutlichung – dient die EU-Ratsempfehlung zur Begren­zung der Exposition der Bevölkerung elektromagnetischen Feldern gegenüber. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren und Frau Kollegin Moser: Die Basis dieser Norm sind die Empfehlungen der WHO sowie der unter dem Dach der WHO agieren­den International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection. Die darin ange­führten Werte wurden auf der Grundlage der Analyse einer Vielzahl von wissenschaft­lichen Studien ermittelt – das wurde also nicht willkürlich oder gar durch Betreiber und Errichter festgesetzt –, Werte also, die nach dem heutigen Stand der wissenschaft­lichen Erkenntnisse als sicher einzustufen sind.

Zu bedenken gebe ich schon, Frau Kollegin Moser, dass alle Kriterien, die hiebei be­rücksichtigt wurden, dazu beitragen, die Gesundheit der Bevölkerung nicht zu gefähr­den. Deshalb haben wir ja auch im Telekommunikationsgesetz 2003 diese Vorgangs­weise gewählt, um so bestmöglich sicherzustellen, dass bei einem Auftreten möglicher­weise neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse – das erwähnen Sie von den Grünen aber nie – rasch reagiert werden kann.

Die Einhaltung der Referenzwerte der EU-Ratsempfehlung wird von den Organen der Fernmeldebehörde ständig überwacht. Aber auch darüber haben Sie, Frau Abgeord­nete Moser, nichts in Ihren Ausführungen erwähnt.

Sollte also der Verdacht bestehen – ich wiederhole: der Verdacht –, dass die vorge­schriebenen Grenzwerte bei einer konkreten Anlage überschritten werden, so kann dies jederzeit beim zuständigen Fernmeldebüro angezeigt werden. – Das sind doch alles voll demokratische, dem Schutz der Bevölkerung dienende Einrichtungen, die da in Anspruch genommen werden können.

Zum Thema Forschung noch, ein sicherlich sehr wichtiges Thema. Forschung auf die­sem Gebiet, sehr geehrte Frau Kollegin Moser, heißt in erster Linie: Klärung gesund­heitsrelevanter Fakten – und nicht irgendein anderer Bereich. Wichtig ist, ob es ge­sundheitsrelevante Fakten gibt; danach muss geforscht werden. Ich bitte aber um Verständnis dafür, dass das nicht im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie stattfindet, sondern dafür sind in erster Linie das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen sowie das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zuständig. Selbst infolge Ihrer Aussagen, Frau Abgeord­nete, werden wir uns nicht in fremde Kompetenzbereiche einmischen. Nochmals: Dafür gibt es eine klare Kompetenzregelung.

Das Lebensministerium hat die klare Kompetenz zur Erarbeitung gesetzlicher Grundla­gen in Bezug auf Grenzwerte im Bereich der nichtionisierenden Strahlung.

Nichtsdestotrotz nehmen wir natürlich dieses Thema sehr ernst, und deshalb – Sie ha­ben das ja angesprochen, Frau Abgeordnete – haben wir auch den Wissenschaftlichen Beirat Funk ins Leben gerufen, und zwar mit dem Ziel, dass Fragen der Funkanwen­dung und der nichtionisierenden Strahlen, Mobilfunk, Rundfunk, Richtfunk und derglei­chen mehr, aber auch Hochspannungsleitungen sowie Mikrowellenstrahlung, wissen­schaftlich fundiert behandelt werden.

Dieser Wissenschaftliche Beirat Funk – das erwähnen Sie jedoch auch nie, Frau Kolle­gin Moser – ist in seiner Tätigkeit vollkommen unabhängig. Ihre Unterstellungen, von wem dieser finanziert werde, entbehren jeglicher Realität und Richtigkeit! Dieser wis­senschaftliche Beirat ist unabhängig und hat volle Entscheidungsfreiheit! Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates Funk – Frau Kollegin Moser, das wissen Sie doch – sind über jeden Verdacht erhabene Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Forschung.


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Das muss schon auch dazugesagt werden. Die fachliche Kompetenz kann man keinem Mitglied dieses Beirates absprechen!

Was ist der Auftrag dieses Wissenschaftlichen Beirates Funk – auch das haben Sie noch nie erwähnt, Frau Kollegin? – Dass alle publizierten Studien und alle Forschungs­arbeiten, die es in diesem Zusammenhang gibt, nach wissenschaftlichen Kriterien ge­sichtet, geprüft und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden. Der Wissenschaft­liche Beirat Funk wurde ja nicht nur sozusagen einmalig eingerichtet, sondern wird sich auch künftig mit dem Thema Mobilfunk und Gesundheit beschäftigen. Sollten neue Studien kommen, werden diese selbstverständlich sofort vom Wissenschaftlichen Bei­rat Funk behandelt.

Die bisherigen Erkenntnisse – das muss auch gesagt werden – geben Grund zur Ent­warnung. Nach Prüfung aller vorliegenden wissenschaftlichen Studien, auch so ge­nannter kritischer Studien wie etwa der „Reflex-Studie“, kommt der Wissenschaftliche Beirat Funk zum Schluss, dass bei Einhaltung der Grenzwerte kein Anhaltspunkt für eine Gesundheitsgefährdung besteht. Und ich habe keinen Grund, an der Richtigkeit dieser wissenschaftlichen Aussagen zu zweifeln.

Es ist – das muss auch gesagt werden – Aufgabe aller für Gesundheitsagenden zu­ständigen Ministerien, zu Fragen des Gesundheitsschutzes Forschungen zu betreiben, und zwar unabhängig von der damit verbundenen Technologie, denn es ist für die Ge­sundheit irrelevant, aus welchen Quellen eine mögliche Beeinträchtigung kommt. Des­halb haben wir ja überall unsere vollste Unterstützung und unsere Mitarbeit angeboten.

Frau Kollegin Moser, nun zum Thema OGH, das von Ihnen angesprochen wurde. Die zivilrechtlichen Entscheidungen – wie jene dieses OGH-Urteils zu Schadenersatzan­sprüchen von Nachbarn von Telekommunikationseinrichtungen – betreffen vertrags­rechtliche Folgen, die jedenfalls in jedem Einzelfall zu regeln sind.

Das Urteil – und das wissen Sie auch – trifft keine generellen Aussagen, die einer Um­setzung in generelle Normen zugänglich sind, da jeder Ersatzanspruch vom Vorliegen eines Verschuldens und nachgewiesener Kausalität abhängig ist. Für diese Beurtei­lung – aber immer: des Einzelfalles! – bestehen die notwendigen Rechtsvorschriften!

Das Anliegen des BMVIT ist aber – und das soll nicht unerwähnt bleiben – eine seriöse Auseinandersetzung mit diesem Thema und diesem Anliegen. Und deshalb haben wir uns auch mit der Gründung dieses Wissenschaftlichen Beirates Funk geholfen: um eine unabhängige wissenschaftliche Institution zu haben, die diesen Themen nach­geht.

Die seriöse Auseinandersetzung mit diesem Thema hilft den Menschen mehr – und das muss ich Frau Kollegin Moser schon auch sagen – als Panikmache und Aktionis­mus, der schon durch die psychologischen Faktoren das Wohlbefinden beeinträchtigt. Angst macht Menschen krank, auch wenn diese Angst unbegründet ist. Daher ist es Aufgabe aller Repräsentanten dieses Staates, an einer seriösen Meinungsbildung mit­zuwirken. (Abg. Sburny: Machen Sie das endlich!) Das wird von unserem Haus, dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, seit langem so betrieben, und daran wird sich auch in Zukunft – trotz Ihrer Aussagen – nichts ändern. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gehen wir in die Debatte ein.

 


Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Ihre gesetzliche Redezeit beträgt 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.


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17.21.42

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Anfrage der Frau Kollegin Moser liest, dann möchte man meinen, in Österreich würde im Bereich Mobilfunk und Strahlung gar nicht geforscht. – Dem, Frau Kollegin, ist nicht so! (Abg. Dr. Gabriela Moser: ... die Antwort, Frau Kollegin! – Abg. Sburny: Diskutieren tun wir aber die Ant­wort!)

Ich glaube, es ist einmal zunächst und einleitend festzustellen, dass Forschungen, so­wohl in der Schweiz als auch anderswo auf der Welt, jeweils international sind, dass Forschungen auch nicht immer nur besser werden, weil vielleicht nur Österreicher irgendetwas erforschen. Ich weise darauf hin, dass die letzte Studie, die dazu in der Schweiz gemacht wurde – eine große Studie, dotiert mit 3,2 Millionen € –, auch auf die Dauer von vier Jahren angelegt war, und die Ergebnisse daraus liegen bereits vor: Im Juni 2006 publiziert von der ETH-Zürich, im Übrigen unter Beteiligung auch österreichi­scher Forscherinnen und Forscher, die bei dieser Studie mitgearbeitet haben.

Ergebnis: Das Schweizer Forschungskonsortium konnte keinen negativen Einfluss der Strahlung einer UMTS-Mobilfunk-Basisstation auf das Wohlbefinden und die kognitiven Fähigkeiten nachweisen.

In der Bundesrepublik Deutschland läuft, wiederum unter Beteiligung namhafter öster­reichischer Forscher – Forschung ist immer auch etwas Internationales –, im Moment ein Forschungsprogramm zum Thema Mobilfunk, Gesundheit und nicht-ionisierende Strahlung, dotiert mit 17 Millionen €. In der zweiten Jahreshälfte 2006 soll entschieden werden, ob das Programm verlängert werden soll oder nicht. Im Übrigen: Davon ist ab­hängig, ob die dort beteiligten Forscher bei uns dann einen eigenen Forschungsantrag stellen werden oder nicht, denn es ist auch ein österreichisches Konsortium zweier Universitäten in diese Forschung eingebunden.

Bisher konnten, nach der Vielzahl der dort durchgeführten Studien, keine Indizien auf schädigende Strahlung festgestellt werden, weshalb noch nicht sicher ist, ob es Sinn macht, nach vier Jahren dieses Programm fortzusetzen.

Am 20. und 21. April hat in Graz eine europäische Tagung der Initiative COST 281 zum Thema Mobilfunkstrahlung stattgefunden. Da waren die Kritiker eingebunden, da waren österreichische und internationale Forscher eingebunden. Insgesamtes Ergeb­nis: Wir haben keinerlei signifikanten Nachweis, dass bei Einhaltung der derzeit in Ös­terreich geltenden WHO-Grenzwerte eine negative Auswirkung auf die Gesundheit von Menschen festgestellt werden kann.

Ich glaube, dass es wichtig ist, darzustellen, welche Art der Panikmache, Frau Kollegin Moser, von den Grünen da betrieben wird! Ich glaube nämlich, es ist auch mit unsere Aufgabe, Forschungsergebnisse, die bereits vorliegen, nicht zu verschweigen, weil Menschen – und ich sage: nachvollziehbarerweise – beunruhigt sind, sondern diese Forschungsergebnisse – die vielleicht nicht ganz in Ihrem Sinne sind – auch zu trans­portieren. Ich würde auch ein Forschungsergebnis, das anders lautend ist, hier vertre­ten.

Ich möchte vielleicht auch anmerken, dass immer wieder auf Studien verwiesen wurde, die in Österreich von einschlägigen Mobilfunkkritikern gemacht wurden, wobei interna­tional, beispielsweise in der Studie der ETH-Zürich, ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Ergebnisse nicht nachvollziehbar seien, die wissenschaftliche Fragestel­lung kritisiert wird, das Layout kritisiert wird. Dies geschah gleichfalls mit einer anders lautenden Studie in den Niederlanden, die von der ETH regelrecht zerlegt wurde.


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Ich glaube, man muss endlich zur Vernunft zurückkehren. Und ich gebe Ihnen Recht damit, wenn Sie sagen, Schlafstörungen, die Menschen haben, und Befindlichkeitsstö­rungen aller Art sind jedenfalls ungesund und schädlich. Dass solche Befindlichkeits­störungen auch durch den unangenehmen und hässlichen Anblick eines Mobilfunk­mastes entstehen können, ist hinreichend untersucht und belegt – und nicht wün­schenswert. Dass so etwas durch eine Panikmache der Grünen verstärkt wird, möchte ich Ihnen hiermit mitteilen. Das halte ich nämlich für sehr kontraproduktiv, und ich glau­be, wir sind gut beraten, das weiterhin sorgfältig zu untersuchen, im Auge zu behalten und an den internationalen Forschungen teilzuhaben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP so­wie des Abg. Walch.)

17.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.

 


17.27.02

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde einmal meinen, diese Schlagworte wie „Panikmache“ und dergleichen sollten wir eigentlich unterlassen, wenn wir seriös ein Thema diskutie­ren, das ja deswegen diskutiert wird, weil es eine Petition aus dem Jahre 2003 – kon­kret: vom 7. Mai 2003 – gibt, bei der alle Fraktionen vertreten waren: durch Abgeordne­ten Zweytick, Abgeordnete Rossmann, Abgeordnete Wurm und Abgeordnete Moser, die sich ernsthaft Sorgen um ein Thema gemacht haben, das die Menschen einfach beschäftigt, und zu Recht beschäftigt.

Das Problem, das wir haben, ist natürlich, dass es auf der einen Seite, wie Herr Staats­sekretär Mainoni hier klarzustellen versucht hat – und ich will das gar nicht zu arg kriti­sieren –, das Leben ohne Mobilfunk, und zwar sowohl das wirtschaftliche als auch das private Leben, kaum mehr denkbar wäre – das ist völlig richtig und korrekt, was der Herr Staatssekretär da gesagt hat –; man muss aber andererseits auch die Sorgen der Menschen verstehen, wenn man eben nicht wirklich weiß, ob Strahlungen aus diesen Geräten, Strahlungen aus Magnetfeldern, Strahlungen von Sendemasten zu Proble­men führen oder nicht.

Daher war es für meine Fraktion immer unverständlich, dass wir zwar von WHO-Grenzwerten sprechen, aber in Österreich keine Verordnung haben mit Grenzwerten, die laut Verordnung in Österreich Gültigkeit haben, sodass auch Rechtssicherheit ge­geben wäre. Es ist in diesem Bereich ja auch keine Rechtssicherheit für die investie­renden Unternehmen gegeben. Und daher wäre es so wichtig, hier Rechtssicherheit zu schaffen.

Alle Manager aller Mobilfunkbetreiber bestätigen mir, dass ihnen natürlich auch diese Rechtsgrundlage und diese Rechtssicherheit fehlt. Diese Unternehmen investieren ja immerhin sehr viel Geld in diese Technologien, und wenn diese Rechtssicherheit fehlt, kann es natürlich sein – und das geschieht ja auch in manchen Gemeinden –, dass man von den Gemeinden selbst keine Grundstücke erhält, auf denen man dann diese Funkmaste errichten kann, dass man Probleme hat, Funkmaste zu errichten, et cetera. Und darum geht es eigentlich: Das soll einmal ausgeschaltet werden.

Wenn wir diese Verordnung verlangen, dann beginnt eine interessante Diskussion zwi­schen dem Verkehrsministerium und dem Lebensministerium beziehungsweise dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, dann will keiner die Verordnung machen. Und das ist ein Punkt, Herr Staatssekretär – und darüber haben wir auch schon per­sönlich gesprochen –, wo man sagen muss, dass es höchst an der Zeit wäre, diese Grenzwerte in Form einer Verordnung festzulegen, denn dann wäre der Streit um diese Grenzwerte ein für alle Mal beseitigt. – Das ist einmal die eine Seite der Medaille.


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Die andere Seite ist natürlich – und mit diesem Thema beschäftigt sich ja auch diese Anfragebeantwortung –, dass man Forschung unterstützen, dass man Forschung be­treiben soll. Und da, Herr Staatssekretär Mainoni, glaube ich schon, dass Sie als für Forschung zuständiger Staatssekretär das zumindest mit unterstützen sollen bezie­hungsweise sogar müssen – vielleicht machen Sie es ohnedies, ich kann das jetzt nicht beurteilen –: dass, wenn Sie schon nicht meinen, Forschungsarbeiten in diese Richtung kompetenzmäßig in Ihrem Ministerium, also im Verkehrsministerium allein machen zu müssen, dann eben auch andere Ministerien in dieser Richtung mitarbeiten sollten, nämlich Forschung dahin gehend zu betreiben, ob da gesundheitsgefährdende Dinge bestehen, und wenn ja, wie man diese bekämpfen, wie man dagegen auftreten kann.

Eines ist jedenfalls ganz schlecht – das geht für mich auch immer wieder aus vielen Briefen und Mails von Bürgerinitiativen und von einzelnen Bürgern hervor, die Sorge und Angst haben, wenn in ihren Bereichen Sendemasten montiert sind – zum Teil pas­siert das natürlich auch auf großen Wohnhäusern, wo die Bewohner nicht einmal etwas dagegen tun können; wenn der Eigentümer einverstanden ist, wird auf das Haus ein Sendemast gepflanzt! –, schlecht ist also, dass die Menschen da nicht mitreden kön­nen. Man sollte diesen Menschen doch die Möglichkeit geben, da mitsprechen zu kön­nen, da auch Mitverantwortung zu übernehmen! Und daher bedarf es einer entspre­chenden Aufklärung, bedarf es entsprechender wissenschaftlich fundierter, wissen­schaftlich untermauerter Grundlagen, damit diese Menschen mitreden können.

Was keinen Sinn macht – und das ist das Problem, mit dem wir hier konfrontiert sind –, ist, dass es unterschiedlichste Studien, unterschiedlichste Vereinigungen gibt, die alle meinen, sie hätten Recht mit ihrem Standpunkt zu diesem Thema, und im Endeffekt der betroffene Staatsbürger, der unter dieser Materie vielleicht wirklich leidet, dann keine Orientierung hat.

Da ist es Aufgabe vor allem der Regierung, Aufgabe vor allem Ihres Ministeriums und von Ihnen selbst, Herr Staatssekretär Mainoni – Sie haben das ja auch in Ihrer Rede darzustellen versucht –, diese Rechtssicherheit zu schaffen, denn Panikmache ist da sicherlich fehl am Platz. Eine seriöse Auseinandersetzung ja, für eine seriöse Ausein­andersetzung sind wir jederzeit zu haben, aber dann, bitte, sollten wir diese Auseinan­dersetzung wirklich seriös führen und versuchen, auch die Bedenken, auch die Anlie­gen, die Frau Kollegin Moser hier vorgebracht hat, ernst zu nehmen – und nicht, so wie es hier versucht wurde, einfach mit „Panikmache“ abtun. Da geht es wirklich um eine Frage der Sicherheit der Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der Grünen.)

17.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittauer spricht nunmehr gleichfalls 5 Minuten. (Abg. Wittauer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich werd’ mal schauen! Vielleicht nehm’ ich mehr!) – Mehr wird nicht gehen, Herr Kollege!

 


17.32.42

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Wenn hier von „Panikmache“ geredet wurde, so geht es dabei um die Art und Weise, wie mit etwas umgegangen wird. Jeder von uns hat doch ein Handy, jeder von uns telefoniert gerne – ich glaube, weit über 80 Prozent der Menschen telefonieren mit Handys –, und jeder weiß, dass das Handy unmittelbar den höchsten Wert an Strah­lung hat. Das heißt, das wäre sozusagen die Wurzel: Wir müssten alle unsere Handys abgeben – Frau Abgeordnete Moser, Sie zuerst, denn vielleicht hat es auch gesund­heitliche Folgen für Sie, wenn Sie andauernd telefonieren!


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Aber jetzt zur Frage: Wie geht man mit etwas um? Wie vermittelt man der Bevölkerung Sicherheit? – Sicher nicht damit, dass man andauernd sagt: Da ist etwas, was Sie krank macht! – Wenn ich lange genug jemandem sage, das macht dich krank, dann ist er im Endeffekt krank.

Wir haben da einen anderen Zugang. Wenn wir die europäischen Grenzwerte herneh­men, die bei uns auch Gültigkeit haben, so kann man nicht sagen, dass die anderen europäischen Staaten nicht das gleiche Problem haben: Ein Sendemast macht – inzwi­schen – Angst, und überall, wo einer aufgestellt wird, ist es ein Problem. Es ist aber auch folgendermaßen: Die Sendemasten selbst laufen ja als Bauwerk sehr regional ab. Das heißt, entweder ist es raumordnerisch geregelt, dann kann auch keiner gebaut werden, oder man erteilt einfach die Baubewilligung nicht. – Das ist ganz einfach! Man kann also auch regional sehr viel tun. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Sicher kann man etwas tun!

Das BMVIT selbst kann nur die Grenzwerte festlegen, und es gibt einen wissenschaftli­chen Beirat, der extra für dieses Problem eingerichtet wurde und der die neuen wissen­schaftlichen Erkenntnisse aus allen Bereichen mit einbaut und Empfehlungen gibt. Das ist doch der Weg, den man gehen sollte! – Wir können natürlich auch eines machen, nämlich diesen europäischen Grenzwert beschließen, aber das ist ja auch nicht zufrie­denstellend. Die WHO sagt, dass das, was wir an maximalen Grenzwerten für einen Sendemast haben, nicht gefährlich ist für Kinder und auch nicht für Leute, die in die­sen Bereichen arbeiten, die sich also unmittelbar daneben befinden. Da weiß ich nicht: Soll ich denen vertrauen oder soll ich denen nicht vertrauen? – Ich bin kein Wissen­schaftler.

Die Anregung damals, gemeinsam mit dem Umweltministerium diesen wissenschaft­lichen Beirat, der diese Aufgabe wahrnimmt, einzuführen, war eine gute Sache. Viel­leicht sollten wir in unserem Ausschuss – jetzt geht es nicht mehr, aber vielleicht beim nächsten Mal – Vertreter dieses wissenschaftlichen Beirates einmal einladen und mit ihnen einmal eine Diskussion führen? Das haben wir bisher verabsäumt, das wäre aber eine gute Idee, und hoffentlich nimmt man diese dann auf und versucht, über die­sen wissenschaftlichen Beirat ein Ergebnis zu bekommen. Ich wäre auch glücklicher, wenn die Menschen diese Angst nicht haben müssten.

Aber, Frau Abgeordnete Moser, nur dagegen zu sein, das ist ein bisschen wenig. Und Sie wissen ganz genau: Den Antrag vertagen wir deshalb, weil Sie den Plenarsaal – jetzt haben Sie es ohnedies geschafft – dazu benutzen wollten, Ihre Diskussion hier zu führen. Wir haben gesagt, wir wollen vor allem eine Lösung, und dann diskutieren wir. – Heute diskutieren wir ungewollt, aber trotzdem. Ich hoffe, dass das (Abg. Grad­wohl: Das ist ja das Problem, dass man euch zum Diskutieren zwingen muss!), was wir irgendwann einmal gemeinsam beschließen können werden, für die Menschen po­sitiv sein wird. – Du weißt ganz genau, dass es mit den Grünen nicht einfach ist! Da geht es ja mit euch von der SPÖ noch besser. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner spricht hiezu Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.36.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollege Wittauer hat von „nicht vorhandenen Lösungen“ gesprochen. Das ist genau das, was wir von Bundesminister Gorbach seit Jahren erwarten: dass er konkret, zumindest einmal im Ausschuss, das Maßnahmenpaket vorstellt. – Das Ge­genteil passiert: Er stellt nichts vor, sondern er kommt ganz einfach nicht zu den Sit-


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zungen; er lässt sich immer von den Staatssekretären vertreten. Und: Die Anträge wer­den vertagt. – Das ist die Praxis.

Eines zu Ihnen, Herr Staatssekretär Mainoni: Wenn Sie behaupten oder in den Raum stellen, dass Mobilfunktechnologie nicht mehr aus unserem Leben wegdenkbar ist, dann kann man dem entgegenhalten, dass es viele Technologien gibt, für die das gilt – und trotzdem behandeln wir diese Technologien nach dem Risikoansatz. Jede Stark­stromleitung wird mit einem Umweltverträglichkeitsverfahren versehen, wenn Anrainer­interessen davon betroffen sind, wenn Gesundheitsgefährdungen nicht auszuschließen sind. Und die sind natürlich nicht auszuschließen, weil elektromagnetische Felder sehr wohl auf die Gesundheit wirken können.

Völlig unverständlich ist, dass die Empfehlung der WHO überhaupt nicht berücksichtigt wird. Die WHO sagt nämlich, das elektromagnetische Felder nach dem Vorsorgeprin­zip zu behandeln sind. Und das ist eigentlich die Antwort, Kollege Wittauer: nach dem Vorsorgeprinzip! – Das haben einige Länder sehr wohl bereits gemacht, Italien und die Schweiz zum Beispiel: Beide Länder haben Grenzwerte, die deutlich unter der EU-Po­sition liegen, und das ist ein Beispiel für eine Vorsorgemaßnahme. Einheitlicher Grenz­wert und auf deutlich niedrigerem Niveau – das wäre eine Antwort.

Zu den Ausführungen von Frau Kollegin Hakl möchte ich Folgendes festhalten: Was sie hier als „grüne Panikmache“ deklariert hat, ist Position des oberösterreichischen Landtages, und zwar unterzeichnet von allen Fraktionen! Diese forderten am 5. Juli 2005 von Bundesminister Gorbach und von der gesamten Bundesregierung ganz klar, dass nach dem Vorsorgeprinzip endlich Maßnahmen ergriffen werden, dass ein Mini­mierungsgebot eingeführt wird, dass im wissenschaftlichen Beirat endlich auch kri­tische WissenschafterInnen beigezogen werden, dass sich das Ministerium für EU-weit einheitliche Grenzwerte ausspricht und vor allem eines – was nämlich genau den Bür­gerinnen und Bürgern und auch den Gemeinden so wichtig ist –: dass endlich Maßnah­men getroffen werden, damit die regionalen Mitbestimmungsmöglichkeiten gewährleis­tet sind, nämlich für Gemeinden und für die AnrainerInnen.

Genau das aber verweigern Sie seit Jahren! Sie verweigern es auf Basis des Telekom­munikationsgesetzes, und da kann sich Minister Gorbach überhaupt nicht herausre­den, wie er es in der vorliegenden Anfragebeantwortung versucht. Er sagt, er sei nicht zuständig für Forschung – im Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie! – und er habe nichts zu tun mit Risikoforschung.

Nur am Rande sei hier erwähnt, dass auch Dinge wie Asbest oder DDT jahrzehntelang als problemlose Stoffe oder Produkte im Verkehr waren und von der Wissenschaft hoch gelobt wurden, Frau Kollegin Hakl. Schon in den dreißiger Jahren gab es die ers­ten Stimmen, die vor Asbest warnten und die davon ausgehende Krebsgefährdung wissenschaftlich diskutierten. Wie lange aber hat es gedauert, bis man endlich in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit das auch mehrheitlich akzeptiert hat! – Und daher ist die Politik gefordert.

Das Vorsorgeprinzip ist der Maßstab! Der Europäische Gerichtshof hat bereits in meh­reren Entscheidungen klargelegt: Das Vorsorgeprinzip ist nicht wettbewerbsverzerrend und kann auch herangezogen werden, wenn die wissenschaftliche Beweislage noch unklar ist, wenn man noch abwarten muss, was sich in den nächsten Jahren weiter entwickelt.

Genau das hätten wir von Ihnen erwartet, nämlich dass Sie die bestehende Verord­nung, das Bundesgesetzblatt Nr. 542 aus dem Jahre 2003, die die generelle Bewilli­gung für Anlagen vorsieht, ganz einfach überarbeiten – zunächst zurückziehen, dann in der Form überarbeiten und auch den Gemeinden, den Bürgerinnen und Bürgern, wie­der ein Mitspracherecht einräumen.


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Das ist leider nicht geschehen, und daher wird das ein Thema sein, das in den nächs­ten Monaten intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Das ist der Fall, weil viele Re­solutionen auch hier im Hause nicht behandelt wurden – ich nenne nur eine: die Peti­tion Nummer 71, die auch im Verkehrsausschuss vertagt wurde, über den Wildwuchs von Handymasten in einer kleinen ländlichen Gemeinde, in Feyregg in Oberösterreich. Kollege Murauer, da hätten Sie sich einsetzen sollen, das ist auch in Ihrem Wahlbezirk! Er aber ist lieber dabei, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. (Abg. Murauer: Herr Kollege, was möchten Sie von mir?) – Ja, dann hören Sie zu, Herr Kollege Murauer! (Abg. Murauer: Sagen Sie es, bitte!)

Auf jeden Fall ist es ganz unglaublich, dass Sie diese Petition zweimal vertagt haben und nicht einmal zu einer Stellungnahme bereit sind. (Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen.) Das zeigt Ihre Ignoranz, und Sie werden bei den nächsten Wahlen se­hen: Die Bürgerinnen und Bürger werden Ihnen die Rechnung präsentieren! (Beifall bei den Grünen.)

17.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.41.485. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bun­desrates (1563 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungs­gesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1597 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bun­desrates (1561 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006) (1598 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 5. und 6. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


17.42.47

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Berichte des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu den Einsprüchen des Bundesrates gegen das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 und gegen das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 beinhalten logischerweise das, was wir hier im Haus und im Ausschuss inhaltlich schon sehr tief und weit gehend de-


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battiert haben – leider mit mäßigem Erfolg, was Änderungen oder Zugeständnisse der Regierungsparteien betrifft.

Sie können sich erinnern: Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen der Mit­versicherung von LebensgefährtInnen mit einer Frist von 31. Juli dieses Jahres wegen der Diskriminierung der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften aufgehoben.

Im letzten Abdruck haben Sie dann in der Plenardebatte in zweiter Lesung eine Rege­lung hinsichtlich der Mitversicherung in der Krankenversicherung eingebracht, die zum Inhalt hat, dass LebensgefährtInnen, die derzeit mitversichert sind, bis zum Jahr 2010 kostenlos mitversichert bleiben und dass LebensgefährtInnen, die das 27. Lebensjahr überschritten haben, ihren Anspruch auf Mitversicherung ohne jegliche zeitliche Be­grenzung behalten.

Ein Anspruch auf kostenlose Mitversicherung soll künftig nur mehr bestehen, wenn mit dem/der Versicherten nicht verwandte Personen mit diesen mindestens zehn Monate in einer Hausgemeinschaft leben und ihm oder ihr unentgeltlich den Haushalt führen, in dieser Partnerschaft Kinder erzogen werden oder der nicht selbst versicherte Partner pflegebedürftig ist oder Pflegeleistungen erbringt, die mindestens der Stufe 7 des Bun­despflegegeldgesetzes oder entsprechender Landesgesetze entsprechen.

Wir haben Ihnen bereits sehr ausführlich geschildert, Frau Bundesministerin, dass wir der Meinung sind, dass es hier nach wie vor um Diskriminierungen geht, nämlich um Diskriminierungen gegenüber dem Status der Ehe. Uns erscheinen die 27 Jahre, die Sie hier als Grenze gesetzt haben, als sehr merkwürdig, denn offensichtlich sind dann 27 Jahre schon zu alt für den Arbeitsmarkt. – Ich denke, das ist keine arbeitsmarktpoli­tische Perspektive, die gehegt werden soll.

Uns geht es vor allem darum, dass Frauenförderung nicht dazu angetan sein kann, auf der einen Seite Frauenförderpläne geltend zu machen, auf der anderen Seite je­doch zig Frauen, die andere Lebensformen für sich gewählt haben – auch Männer na­türlich, aber jetzt rede ich aus der frauenpolitischen Perspektive –, zu diskriminieren. Das ist ein Widerspruch in sich, den wir so nicht akzeptieren können – wir haben das auch schon gesagt –, noch dazu, wo die Frauenförderpläne, die von Ihnen hier fest- und niedergeschrieben sind, ohnedies auf einen sehr starken auf Frauenförderung ori­entierten Kollektivvertrag ausgerichtet sind.

Wir bleiben daher bei unserer Position: Wir bedauern sehr, dass es nicht möglich war, Sie in den Ausschussberatungen und in den letzten Plenarberatungen davon zu über­zeugen, dass wir in Österreich versuchen sollten, Menschen nicht zu diskriminieren. Wenn wir – oder wenn Sie – schon gezwungen sind, Gesetze zu reparieren, dann soll­ten sie wenigstens diskriminierungsfrei sein, was aus unserer Sicht damit und mit die­ser Reparatur nicht geschehen ist!

Der zweite Punkt, den wir heute behandeln, ist das Sozialversicherungs-Änderungsge­setz mit der Schwerarbeiterpension, der Änderung der Berechnung der Witwen- und Witwerpension, der Reisekostenvergütung für freie DienstnehmerInnen und den Be­stimmungen über die Versetzung von befristeten Bediensteten in leitenden Sozialver­sicherungsbereichen.

Zum letzten Punkt kann ich gleich ganz kurz und deutlich sagen: Das ist wieder einmal ein Eingriff, der von unserer Seite nicht erwünscht ist. Man kann nicht immer das Wort „Sozialpartnerschaft“ groß in den Mund nehmen und letzten Endes per Gesetz dort eingreifen, wo es einem nicht passt.

Zu den Änderungen bei der Berechnung der Witwen- und Witwerpension: Auch da ha­ben wir Ihnen im letzten Plenum bereits ein E-Mail vorgelesen, das – so denke ich – allen Fraktionen zur Verfügung gestanden ist, wo eindeutig anhand eines Falles aufge-


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zeigt wurde, dass die Reparatur, die Sie nun vorgenommen haben, ebenfalls viele Fälle nicht abdeckt. Ich denke, dass diese Reparatur auf Dauer nicht halten kann.

Das Allerärgste ist aber die Schwerarbeiterpension, die Sie jetzt damit regeln. Das ist typisch für Ihre Politik – und so ist es heute schon den ganzen Tag gegangen –: Sie verschlechtern die Situation für viele Menschen und versuchen dann, etwas von diesen vielen und dramatischen Verschlechterungen abzumindern, indem Sie sagen: Na, da machen wir etwas! – Ich denke, Härteausgleichsfonds haben wir zigfach gehabt! Und jetzt sagen Sie: Da machen wir sowieso eine Schwerarbeiter- und Schwerarbeiterin­nenregelung!

Sie selbst wissen, dass diese SchwerarbeiterInnenregelung genau für den Personen­kreis, für den sie gedacht ist, nicht zum Tragen kommen wird, weil die Schwerarbeit in den letzten 120 Monaten, in den letzten 20 Jahren vor dem Pensionsstichtag erfolgen muss. Sie wissen, dass damit sehr viele Menschen ausgeschlossen werden – gerade Menschen, die unter Umständen viele Jahre Schwerarbeit geleistet haben.

Alles in allem ist es bedauerlich, dass auch sachliche und konstruktive Vorschläge und Kritik bei dieser Bundesregierung auf taube Ohren stößt. Sie ziehen es vor, Gesetze zu beschließen, die vermutlich wieder aufgehoben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

17.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.48.29

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Ministerin­nen! Meine Damen und Herren! Es geht um zwei Einsprüche des Bundesrates, die aus sozialpolitischer Sicht nicht vertretbar sind und wo ich daher um einen Beharrungsbe­schluss werbe.

Gegen das erste Gesetz, das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, wurde Einspruch wegen der Schwerarbeiterregelung erhoben. – Lassen Sie kurz Revue passieren, wel­che Regelung wir getroffen haben: Pensionsreform 2003/2004, Harmonisierung, allge­meine Erhöhung des Frühpensionsantrittsalters. – Daher haben die Bundesregierung und die Mehrheit dieses Hauses versprochen, einen begünstigten Pensionsantritt für Menschen, die in ihrem Arbeitsleben mit Schwerarbeit belastet waren, zu treffen.

Das wurde mit dieser Regelung durchgeführt: 45 Versicherungsjahre, 20 Jahre Beob­achtungszeitraum. – Wir sind auch von einem längeren Zeitraum ausgegangen, aber ein sehr verantwortungsvoller Feldversuch der Pensionsversicherung hat uns gezeigt, dass das nicht administrierbar ist, daher gibt es neben der Langzeitversichertenrege­lung nun auch diese Schwerarbeitsregelung.

Das ist der SPÖ, das ist der Opposition zu wenig. Das soll – von mir aus – eine legiti­me Haltung sein, aber deshalb die ganze Regelung zu kippen, was der Fall wäre, wenn wir dem Einspruch des Bundesrates folgen würden, meine Damen und Herren, kann doch sozialpolitisch nicht verantwortbar sein! Daher bekennen wir uns dazu, diese Schwerarbeitsregelung in Kraft zu setzen.

Zweiter Punkt: Das Sozialrechts-Änderungsgesetz, wo es eine Menge von Verbesse­rungen gibt, etwa die Frauenförderungspläne – um nur ein Beispiel für die Sozialver­sicherungen zu nennen –, etwa die auf Basis einer Einigung im Hauptverband basie­renden Regelungen zur Finanzierungssicherstellung der Krankenversicherung, die Ausgleichsfondsregelung. Das wird deshalb beeinsprucht, meine Damen und Herren, weil der Opposition eine verfassungsgerichtshoferkenntniskonforme Regelung der Mit­versicherung nicht passt.


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Ich bezeichne das als sozialpolitisch unverantwortlich, und daher bitte ich Sie noch ein­mal, diesen Beharrungsbeschlüssen Ihre Zustimmung zu geben! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Walch.)

17.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.51.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Tancsits war gerade der Meinung, dem Bundesrat stehe es nicht zu, die gesamte Schwerarbeiterregelung zu kippen. – Ich sage: Das steht ihm sehr wohl zu (Abg. Mag. Tancsits: Ja?), und zwar nicht nur aus formalen Gründen, Herr Kollege Tancsits. Solange aber Sie, Herr Kollege Tancsits, genauso wenig wie die Frau Bundesministerin mir oder irgendeinem Menschen, der davon betroffen ist, er­klären können, dass es gerecht sein soll, dass 34 Jahre Schwerarbeit nicht ausreichen, um eine Schwerarbeitspension zu begründen, aber auf der anderen Seite zehn Jahre Schwerarbeit sehr wohl ausreichen, um eine Schwerarbeitspension zu begründen, so lange hat diese Regelung jeden Anspruch verspielt, irgendwie ernst genommen zu werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie wissen genau so gut wie ich, dass es nicht nur an diesem Punkt hängt. Erklären Sie irgendeinem Menschen – das ist eine Debatte, die wir in Österreich überhaupt nicht geführt haben oder kaum, weil Sie nicht bereit dazu sind –, dass es nach wie vor Gruppen gibt, die nicht unbedingt mit Schwerarbeit zu tun haben, deren durchschnitt­liches Lebensalter mit 62, 63, 64 Jahren begrenzt ist. Diese haben überhaupt nichts von ihrem Pensionsrecht, von der Schwerarbeiterregelung, man sagt ihnen nur: Tschüss, adieu, wir haben nichts für euch.

Sie sagen hier: Das ist eine wunderbare Neuregelung dessen, was wir im Pensions­recht geschaffen haben. – Das passt hinten und vorne nicht! Es ist eine schlechte, eine verpfuschte Regelung von A bis Z. Da können Sie noch so stolz sein darauf, dass Sie Kalorien nach Männern und Frauen unterschiedlich zählen. Das ändert nichts daran, dass diese Regelung ihren Ansprüchen – und die Ansprüche würde ich ja ernst neh­men wollen! – nicht gerecht wird.

Daher kann man nur sagen: Danke an den Bundesrat, dass er sich mit dieser Materie auch inhaltlich auseinander gesetzt hat. Und eigentlich Danke dem Bundesrat dafür, dass er die Sache ernst genommen und die Schwerarbeiterregelung auch daraufhin geprüft hat, ob sie adäquat und einem modernen Pensionssystem angemessen ist oder ob sie neue Ungerechtigkeiten schafft.

Jetzt aber zu dem eigentlichen Punkt – und da greife ich mir natürlich aus dem Sozial­rechts-Änderungsgesetz das heraus, was am meisten umstritten war: Das war die Mitversicherungsregelung.

Gestatten Sie mir nur – ich will da gar nicht noch einmal ins Detail gehen – einen Punkt! Ursprünglich habe ich mir gedacht: Schlau, klassisch für die Regierungspar­teien. Da wird auf der einen Seite dort, wo es etwas kostet, nämlich im Sozialversiche­rungsrecht, wo es um kostenlose oder begünstigte Mitversicherung geht, das familien­politische Modell der ÖVP ganz hart durchexerziert. Da lassen Sie sich überhaupt nichts dreinreden. Wer nach anderen Lebensnormen leben will, der soll zahlen – schlicht und ergreifend.

Dann dachte ich: Im Familienrecht – den Vorschlag der Frau Bundesminister Gastinger haben wir ungefähr zur gleichen Zeit behandelt – ist die ÖVP – man glaubt es fast nicht – zu ein paar kleinen Schrittchen bereit! Und dann stellt sich heraus, nicht einmal


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diese kleinen Schrittchen will die ÖVP gehen. Nicht einmal ein paar Schrittchen vor­wärts stolpern, wo sie ohnehin eher gedrängt wurde – nicht unbedingt vom Koalitions­partner BZÖ, aber doch auch von einer Justizministerin, die etwas eingefordert hat, sondern viel mehr von einer Öffentlichkeit, die das, was die ÖVP an familienpolitischen Vorstellungen hat, schon seit Jahren nicht mehr versteht. Österreich ist weiter als die gesamte ÖVP, das muss man sich einmal vorstellen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Heinisch-Hosek.)

Sie sitzen hier, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, um für die Zu­kunft etwas zu machen, für Partnerschaften von morgen – und nicht für Partnerschaf­ten von vorgestern! (Abg. Steibl: Sagen wir: Für Partnerschaften von heute!)

Ja, was glauben Sie denn, wozu Sie überhaupt noch das Recht haben, dass Sie auf Ihren antiquierten Familien- und Partnerschaftsvorstellungen bestehen, die im 19. Jahr­hundert angesiedelt sind. (Abg. Steibl: Sie glauben, Sie haben das Recht, Ihre Vor­stellungen zu präsentieren!) Und genau diesen Geist des 19. Jahrhunderts können Sie samt der Klimaanlage hier nicht herausbringen! Den verkörpern Sie in jeder Faser die­ses Sozialrechtsgesetzes! Und das ist furchtbar bitter für die diejenigen, die es betrifft. (Abg. Steibl: Es geht auch um die Kinder! Kinder haben auch ein Recht, in einer Fami­lie aufzuwachsen!) Insgesamt kann man nur hoffen, dass die Leute sagen: Bitte gar schön, dieses Land hat diese ÖVP wirklich nicht verdient! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

17.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.57.21

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Werte Damen! Lieber Kollege Öllinger, zur Schwerarbei­terregelung: Der Grund dafür, dass der Bundesrat die Schwerarbeiterregelung beein­sprucht hat, ist doch klar. Das habt ihr von der Opposition ihm angeschafft! Ihr seid nur beleidigt, weil es in Österreich ein Pensionssystem gegeben hat – und da muss ich speziell auf die SPÖ hinweisen –, das zwischen Privilegierten und Nichtprivilegierten unterschieden hat. Diese Regierung hat es geschafft, dass es endlich einmal eine Gleichstellung bei den Pensionssystemen gibt, dass die Pensionen gesichert sind und Gerechtigkeit geschaffen wurde.

Wir haben für jene Menschen, denen sie zusteht, einen erleichterten Zugang zur Invali­ditätspension ab dem 57. Lebensjahr geschaffen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Wir haben die Hacklerregelung mit geringeren Abschlägen verlängert, wir haben einen Pensionskorridor geschaffen (Abg. Eder: Falsche Rede!) und auf Idee unseres Sozial­ministers Haupt und Durchführung von Sozialministerin Haubner ist die Schwerarbei­terregelung geschaffen worden – und die ist sehr wohl gerecht. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Diese Schwerarbeiterregelung wird nicht nur vom Max Walch, vom BZÖ und der ÖVP gelobt, sondern sogar von der Arbeiterkammer.

Kollege Keck, Sie haben im Ausschuss behauptet, wie schlecht diese sei und in der Voest zähle niemand dazu. Von der Opposition habe ich immer gehört, die Frauen be­treffe dies auch nicht. Soll ich euch vorlesen?

Aus einer Aussendung von der Arbeiterkammer Oberösterreich vom 5. Juli: Schwer­arbeitspension. Anträge ab 1. Juli möglich.

Da schreiben sie Folgendes: Frühestens ab Anfang nächsten Jahres können die ersten Arbeitnehmer in Schwerarbeitspension gehen. „Seit 1. Juli 2006 können bei der PVA


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(Pensionsversicherungsanstalt) Anträge auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten ge­stellt werden ...“ Voraussetzung: „... ab dem 60. Lebensjahr, 45 Versicherungsjahre (Ersatzzeiten wie Arbeitslosengeldbezug, etc. zählen mit), 10 Schwerarbeitsjahre in­nerhalb der letzten 20 Jahre vor dem Stichtag“.

Und dann schreiben sie: „Der Vorteil der Schwerarbeiterregelung“ – Kollege Öllinger – „ist der frühere Pensionsantritt, die geringeren Abschläge ...“ Und jetzt passt auf: „Für Frauen wird die Schwerarbeitsregelung mit 1. Juli 2010 wirksam.“

An die Adresse von Kollegem Keck – da schreiben sie weiter –: „Als Schwerarbeit gilt unter anderem unregelmäßige Nachtarbeit, Arbeit bei Hitze und Kälte, schwere körper­liche Arbeit“. Was Kollege Keck im Ausschuss gesagt hat – dass kein einziger Voestler hineinfällt –, ist einfach unrichtig, denn es gibt auch dort einen Durchrechnungszeit­raum.

Ich muss wirklich sagen: Der Zugang zur Schwerarbeiterregelung ist gerecht geworden und ist auch durchführbar. Wir sind diese Regierung, die das Pensionssystem in Öster­reich gesichert hat, die den Menschen, die schwer arbeiten, eine Möglichkeit gegeben hat, dass sie fünf Jahre früher in Pension gehen können, dass sie nur zehn Jahre Schwerarbeit leisten müssen. Wir vertreten die Interessen der Arbeitnehmer und Ar­beitnehmerinnen in Österreich!

Ich ersuche um Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

18.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Ho­sek. Sie wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


18.01.06

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Herr Kollege Walch, beleidigt sind höchstens die Österreicherinnen und Österreicher, die Sie mit Gesetzen wie diesem diskriminieren (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Beleidigt sind die ÖGB-Mitglieder!), mit der Beharrung, die Sie heute beschließen werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die ÖGB-Mitglieder sind beleidigt, weil das Geld in der Karibik versenkt worden ist!) Wir sind für sozialpolitische Rückschritte sicherlich nicht zu haben, Kollege Scheuch, daher haben wir dem Gesamtpaket da­mals nicht zugestimmt und werden wir heute der Beharrung schon gar nicht zustim­men, das ist klar. (Abg. Steibl: Wir haben nichts anderes erwartet von der SPÖ! – Wei­tere Zwischenrufe.)

Was die Schwerarbeitsregelung für Frauen betrifft, möchte ich nur hinzufügen: Das ist eine denkbar ungünstige Regelung für Frauen mit sehr vielen Abschlägen. Sie wissen ohnehin, wie wenige Frauen es sind, die diese Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitsregelung erreichen können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Aber ich möchte noch einmal ins Detail gehen und daran erinnern, dass vergangenen Oktober die gesetzlichen Bestimmungen über die Mitversicherung von Lebensgefähr­ten und -gefährtinnen in der Krankenversicherung aufgehoben wurden, weil sie homo­sexuelle Paare eindeutig diskriminieren. Dann haben Sie fünf Minuten vor zwölf eine Neufassung beschlossen, nämlich im Mai, die diese Diskriminierungen noch auswei­tet – das ist heute schon gesagt worden – auf Lebensgemeinschaften, auf heterosexu­elle Lebensgemeinschaften, wenn keine Kinder da sind.

Wenn ich in eine dieser Begründungen nur hineinlese und hier Folgendes zitieren darf: „Die Ehe ist nach wie vor die beste Grundlage von stabilen Familien“, dann müssen wir uns schon die Frage stellen, nicht nur wir alle, sondern auch die Österreicherinnen und


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Österreicher, denn sie leben ja Familie: Was ist denn Familie? Ist nur Ehe Familie? Oder sind Lebensgemeinschaften vielleicht keine Familienformen, die Sie akzeptieren? (Abg. Dr. Fekter: Nein, das ist überhaupt nicht ...!) – Das tun Sie nämlich nicht mit die­sen Gesetzentwürfen. Wenn Menschen – ob Frauen und Frauen, Männer und Männer, Männer und Frauen – zusammenleben wollen, dann akzeptieren Sie das nicht als Fa­milie. So interpretiere ich diese Begründung.

Das ist eigentlich mehr als erschütternd, wenn ich mir die Scheidungsrate in Österreich anschaue: 47 Prozent. (Abg. Murauer: ... keine Familie! Vollkommen richtig!) Es gibt immer weniger Paare, die in aufrechter Ehe zusammenleben wollen oder können, im­mer mehr, die in Patchwork-Familien leben, die in Lebensgemeinschaften leben. (Abg. Murauer: ... zwei Männer keine Familie, Frau Kollegin! Wo ist da der Unterschied?) Das alles nehmen Sie damit nicht zur Kenntnis, nicht einmal unseren Vorschlag, die­sen Gesetzentwurf zur eingetragenen Partnerschaft einer eheähnlichen Gemeinschaft von homosexuellen Paaren.

Wenn ich Herrn Kollegen Tancsits zitieren darf, der dem „Standard“ gegenüber gesagt hat: „Geh nicht zum Fürst, wenn Du nicht gerufen wirst“, und damit gemeint hat: homo­sexuelle Paare und diese Mitversicherungs-Geschichten, so ist das schon sehr, sehr arrogant, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn Kollegin Fekter gesagt hat: sie wollen ja nur ein Signal haben, die Schwulen, und das werden sie von der ÖVP nicht kriegen, da geht es nämlich ums Geld, und das wollen sie haben, Erbrecht, Witwenpension, das kommt für uns nicht in Frage, Ehe ist nur zwischen Mann und Frau – dann entlarven Sie sich natürlich selber!

Ich bin einer Meinung mit Michael Völker vom „Standard“, der dort am 10. Juli 2006 ge­schrieben hat:

„Die ÖVP erweist sich damit wieder einmal als stockkonservative Partei, die eine ver­staubte Ideologie über die Bedürfnisse und die Lebensrealität vieler Menschen stellt. Die vermeintlichen Werte, die man hier zu vertreten glaubt, sind lebensfeindlich und alles andere als christlich-sozial.“

Mehr ist dazu nicht zu sagen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.04.33

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Was Kollegin Heinisch-Hosek jetzt vorgebracht hat, geht, glaube ich, schon ein bisschen zu weit. (Abg. Heinisch-Hosek: Ich habe zitiert!) Ich denke, das Wort „christlich-sozial“ im Zusammenhang mit dieser Rede in den Mund zu nehmen ist nicht christlich-sozial. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitli­chen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Außerdem möchte ich Ihnen sagen: Es gibt eine kostenlose Mitversicherung, wenn Kinder da sind. Die Argumentation der Opposition in Bezug auf die Mitversicherung ist für mich nicht klar, wenn sie behauptet, dass mit der vorliegenden Neuregelung die Diskriminierung nicht beseitigt, sondern ausgeweitet wird.

Ich wiederhole: Mit dem Abänderungsantrag wird den Intentionen des Verfassungsge­richtshofes vollinhaltlich entsprochen und – noch einmal sei darauf hingewiesen – auf Kinder abgestellt. Der Gesetzgeber hätte ohneweiters eine familienpolitische Zielset­zung durch eine Einschränkung auf eine Hausgemeinschaft mit Kindern vornehmen können. Das würde durchaus nicht dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen. Im Hin-


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blick auf ebendieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist der Einspruch des Bundesrates und auch die Haltung der Opposition völlig haltlos!

Mit der Neuregelung werden zwei Ziele umgesetzt – umgesetzt, das muss man auch dazusagen –, zum einen das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, indem kein Bezug mehr auf das Geschlechtermerkmal vorkommt, und zum Zweiten wird die famili­enpolitische Zielsetzung explizit in das Gesetz aufgenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese neuen Bestimmungen nicht einfach so in das Gesetz aufgenommen. Es ist dies weder ein sozialpolitischer Rück­schritt noch eine Diskriminierung anderer Lebensformen; das möchte ich der SPÖ und den Grünen wirklich mit auf den Weg geben. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Mitversicherung aller Haushaltsführenden zu ermöglichen. Für Personen – das ist schon gesagt worden (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) –, die am 31. Juli 2006 das 27. Lebensjahr bereits vollendet haben, ändert sich ja nichts.

Ich darf Sie noch einmal darauf hinweisen, dass wir mit dieser Neuregelung absolut verfassungskonform vorgehen. Über Familie und Ehe können wir später einmal disku­tieren. (Abg. Mag. Lunacek: Im nächsten Jahrtausend!) Für uns, oder für mich, hat Ehe eine große Wertigkeit. (Beifall des Abg. Murauer.) Dass nicht alle das Glück ha­ben, Ehe zu leben und länger zu leben, das ist wieder eine andere Sache. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

18.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.07.22

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Meine Damen und Herren! Was Kollegin Ridi Steibl gemeint hat – über Fragen von Ehe, Gleichstellung und Ähnliches können wir später einmal diskutieren – und wenn die ÖVP ankündigt: „später einmal“, dann, glaube ich, denken Sie wahrscheinlich in Jahrzehnten, wenn nicht gar in Jahrhunderten. (Abg. Öllinger: In Jahrtausenden! – Abg. Steibl: Wir denken im Jahr 2006!)

Frau Kollegin, im nächsten Jahrhundert ist es ein bisschen sehr spät. Und auf jeden Fall in Jahrtausenden – aber einen Trost gibt es: Da werden Sie auf keinen Fall mehr an der Regierung sein. Hoffentlich auch schon im nächsten Jahr nicht mehr, damit wir endlich tatsächliche Gleichstellungen erreichen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Steibl: Das wünsche ich der österreichischen Bevölkerung nicht! – Zwi­schenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Aber zurück zum Hauptthema: Es ist von den Vorrednerinnen und -rednern von Grü­nen und SPÖ schon gesagt worden, dass für uns – und deswegen gab es ja auch den Einspruch der beiden Parteien im Bundesrat – diese Umsetzung des VfGH-Erkenntnis­ses zur Mitversicherung auf keinen Fall akzeptabel ist. Die Befürchtung, die manche von uns schon hatten, als wir den VfGH-Beschluss genau gelesen hatten, dass näm­lich hier der Weg offen gehalten wird für eine verstärkte, aus unserer Sicht unbegrün­dete Privilegierung der Ehe – den haben Sie leider gewählt: Sie ermöglichen jetzt tat­sächlich die Möglichkeit der Mitversicherung für kinderlose Paare nur in der Ehe, statt das überhaupt abzuschaffen. Das wäre die richtige Variante gewesen. Aber das gilt nur mehr für die Ehe und nicht auch für verschiedengeschlechtliche unverheiratete Paar wie bisher.

Das heißt, Sie haben neuerlich gleichgeschlechtliche Paare diskriminiert. (Abg. Dr. Fekter: Überhaupt nicht!) Die können nämlich nicht heiraten, wie Sie ja wissen – wie Sie leider wissen und wie Sie das auch weiterhin verteidigen: Die können nicht hei-


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raten. (Abg. Dr. Fekter: Aber sie können sich mitversichern lassen, wenn sie Kinder haben!) In dem Sinn kann ich nur sagen: Ihre Umsetzung ist unserer Meinung nach nicht die richtige, sie widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, und deswegen wird es von uns sicher auch keine Zustimmung zu dem Beharrungsbeschluss geben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da wäre ich überrascht gewesen!)

Aber ich sehe das Ganze noch in einem größeren Rahmen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das bestätigt unseren Weg!), nämlich in dem, der in den letzten Tagen und Wochen die Debatte um das Familienrechtspaket, das Ministerin Gastinger vorgeschlagen hat, dominiert hat. Zuerst hat schon die eigene Fraktion, die eigene Partei sie zurückgepfif­fen – das ging dem BZÖ zu weit –, und zum Schluss auch die ÖVP.

Ich war schon sehr erstaunt, Frau Kollegin Fekter, als Sie vor wenigen Tagen gemeint haben: Nicht einmal mehr dieses Minipaket der Ministerin Gastinger kann die ÖVP akzeptieren. (Abg. Dr. Jarolim: Wir auch!) Wie ich mich erinnere, ist es etwas weniger als zwei Jahre her: Im Sommer 2004 hat Ihr steirischer Kollege Christopher Drexler eine heftige Debatte ausgelöst, weil er für Eingetragene Partnerschaften eingetreten ist – viel mehr, als jetzt Ministerin Gastinger verlangt hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die ÖVP hat danach einen Arbeitskreis eingerichtet, wie man das eben so tut in der Politik. Der Arbeitskreis hat ein paar Wochen lang getagt, und dann – es war der 22. September 2004, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern – trat Generalsekre­tär Lopatka an die Öffentlichkeit. Er präsentierte das Ergebnis des ÖVP-Arbeitskreises, die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen mit heterosexuellen Lebensgemeinschaf­ten, und sagte: Das ist jetzt der große Wurf, die ÖVP hat tatsächlich etwas erreicht, und hier ist etwas weitergegangen.

Als wir uns das genauer angeschaut haben, haben wir festgestellt: na ja, ein paar Din­ge würden schon verbessert werden, aber gleichzeitig gibt es auch jene, die gerade im finanziellen Bereich neue Pflichten aufmachen, zum Beispiel in dem Bereich, dass das Haushaltseinkommen mit einbezogen wird. Im Gesamten war das eine Bilanz, dass wir gesagt haben: Wenn Sie es machen würden, wäre es schon okay, aber die wirkliche Gleichstellung ist es nicht.

Das Erstaunliche war: Diese Vorschläge der ÖVP haben nie das Licht dieses Parla­ments erblickt, hier gab es nie einen Entwurf. Sie sind doch Regierungspartei; worauf warten Sie denn? (Abg. Dr. Fekter: Die Justizministerin ist am Wort!) – Der Justizmi­nisterin hätten Sie es ja vorschlagen können, sie hätte sicher zugestimmt. Aber nicht einmal das haben Sie sich getraut. Der Mut der ÖVP ist mehr als im Keller, was das betrifft. Jetzt gehen Sie noch dazu her und sagen: Nein, gar nichts davon kommt in Frage!

Das Zitat von Ihnen, Frau Fekter, aus dem „Standard“, das Kollegin Heinisch-Hosek soeben vorgebracht hat und in dem Sie die gleichgeschlechtlichen Paare quasi kritisie­ren: nur Geld wollen sie haben, Erbrecht und Steuerrecht – wissen Sie, was lesbische und schwule Paare in diesem Land schon lange haben? – Sie haben die Pflichten für­einander! Paare, die seit Jahren, zum Teil Jahrzehnten zusammen sind, was glauben Sie denn, was die tun? Glauben Sie, die verlassen einander in dem Moment, in dem es Schwierigkeiten gibt, in dem es Geldschwierigkeiten gibt? (Abg. Dr. Fekter: Aber Sie fordern ...!)

Ich kenne genügend Paare, die seit Jahren und Jahrzehnten beisammen sind und die­se Pflichten teilen. (Abg. Dr. Fekter: Frau Kollegin Lunacek, kennen Sie Ihre eigenen Vorschläge nicht?) Vor kurzem habe ich auf der Regenbogenparade sogar wieder jenes Paar getroffen, das seit 54 Jahren zusammen ist und die Pflichten seit 54 Jahren hat – aber von Rechten weit entfernt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Werfen Sie uns also nicht vor, dass wir nur die Rechte und das Geld wollen! Die Pflich­ten füreinander haben Lesben und Schwule schon lange, und so machen sie es auch, wie das eben in Partnerschaften so ist. Nur die Rechte – weit davon entfernt!

Ich kann nur damit schließen, dass ich mich den Worten meines Kollegen Öllinger an­schließe: Die ÖVP ist einfach nicht bereit, das wahrzunehmen, was in der österreichi­schen Bevölkerung Realität ist: dass es andere Familienformen als die Ehe gibt ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja keine Familie! Das ist ...!) – Das sind auch Familien, Frau Kollegin Partik-Pablé, und in Österreich leben Hunderte von Kindern in Familien mit zwei Vätern oder zwei Müttern! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber das ist keine Familie, wenn zwei Männer zusammenleben!) Das kommt vor, auch wenn Sie das nicht wahr­haben wollen! Und die Rechte für diese Kinder sollten Sie endlich einmal wahrnehmen und ernst nehmen.

Ich weiß, dass Sie das nicht vorhaben, deswegen ist es auch notwendig, dass diese Regierung abgewählt wird. Die österreichische Bevölkerung ist weiter als Sie, und das wird sie Ihnen hoffentlich bei der kommenden Wahl auch ausrichten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.14.12

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Die beiden Ministerinnen! Hohes Haus! Der Einspruch des Bundesrates zum Sozialrechts-Änderungsgesetz mit der Begründung der Diskriminierung im Bereich der Mitversicherung von Lebenspartnern kann von uns nicht nachvollzogen werden, weil dieses Argument nicht stimmt. Ganz im Gegenteil: Mit der vorliegenden Fassung des zu beschließenden Gesetzes entsprechen wir vollinhaltlich den Intentionen des Verfas­sungsgerichtshofes und beweisen die Familienfreundlichkeit dieser Bundesregierung. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Jetzt reicht es aber! Jetzt reicht es wirklich!)

Durch die Herausnahme des Begriffes „andersgeschlechtliche“ ist die geforderte Gleichstellung erfüllt – so ist es, Herr Kollege Öllinger –, und dass die Mitversicherung des Lebensgefährten auf Leistungen abgestellt ist, nämlich auf jene der Kindererzie­hung, ist richtig und gerechtfertigt.

Unsere Kinder und eine gute Kinderbetreuung sind heute mehr denn je ein wichtiges Anliegen. Dass hier von dieser Bundesregierung viel getan wurde, kann nicht in Ab­rede gestellt werden, vor allem im Sinne der Familien. Das Kinderbetreuungsgeld ist nicht das einzige Zeichen dafür. Auch dieses Gesetz ist ein weiterer Schritt, um opti­male Voraussetzungen für Eltern zu schaffen, die ihre Kinder selbst erziehen wollen. (Abg. Öllinger: „Optimale Voraussetzungen“?) – Selbstverständlich, Herr Kollege Öllin­ger! (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Bezüglich der Kritik aus den Reihen der Opposition, dass die Ehe gegenüber der Le­bensgemeinschaft besser gestellt wird, muss man wohl eines klar anmerken: In der Ehe gibt es, im Gegensatz zur Lebensgemeinschaft, für die Partner Rechte und Pflich­ten wie zum Beispiel die Unterhaltspflicht. Daher ist es schon richtig, dass wir die Ehe als verbindliche Partnerschaft, in der Menschen Pflichten gegenüber ihrem Partner ein­gehen, fördern und unterstützen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jede Menge!)

Wichtig sind uns aber vor allem die Familienleistungen. Abschließend daher ein klares Ja zur Mitversicherung für partnerschaftliche Familienleistungen in Kinderbetreuung


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oder Pflege, und ein klares Ja zum Beharrungsbeschluss! (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

18.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Keck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Kollegin Fekter, haben Sie den „Standard“ mit dem „verzopften Weltbild“ gelesen?)

 


18.16.31

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsident! Frauen Ministerinnen! Kollege Walch, es ist immer wieder erheiternd, dir hier am Podium zuzuhören, wenn du Aus­sendungen der Arbeiterkammer Oberösterreich vorliest, die den Tatsachen entspre­chen, wie du gesagt hast. Was hat die Arbeiterkammer Oberösterreich in dieser Aus­sendung gesagt? – Dass man ab 1. Juli 2006 einen Antrag für diese Schwerarbeiter­pension stellen kann. Alles vollkommen richtig, aber das Problem ist – Kollege Walch, vielleicht weißt du das nicht, und Sie, Frau Minister, auch nicht –, es gibt noch keine Anträge für diese Schwerarbeiterpension bei der PVA. Das heißt, weil noch keine For­mulare aufliegen, kann man die Anträge nicht stellen.

In diese Schwerarbeiterpension – das sagt auch die Arbeiterkammer – kann man mit 60 gehen, Kollege Walch, aber nur dann, wenn man die Kriterien erfüllt. Wie schauen denn diese Kriterien aus? – Da gibt es eine Formel, die 45 : 60 : 20 : 10 heißt: 45 Ver­sicherungsjahre, das 60. Lebensjahr vollendet, in den letzten 20 Jahren der Beschäfti­gung zehn Jahre Schwerarbeit geleistet. Wer das nicht erfüllt, ist durchgefallen. – Krite­rium eins.

Die nächsten Kriterien heißen zum Beispiel Hitze und Kälte, wie du erwähnt hast. Aber dieses Kriterium der Hitze und Kälte gibt es im Nachtschwerarbeitsgesetz schon seit 1981, und seit 1981 – das ist eine Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt – ist in Österreich noch kein Mensch auf Grund dieses Kriteriums in Pension gegangen.

Das nächste Kriterium sind die Kalorien: 2 000 für Männer, 1 400 für Frauen. Auch die­ses Kriterium gibt es im NSchG schon seit 1981, und auch da lautet die Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt: Seit 1981 ist auf Grund dieses Kriteriums noch keiner in Pension gegangen, weil die Kalorienmengen nicht messbar sind. Da gibt es Mess­methoden, die unzumutbar und unmenschlich sind – ich habe schon das letzte Mal erklärt, wie diese Messmethoden ausschauen –, und auf Grund dieser Methoden kann man einfach nicht messen, wie viele Kalorien jemand verbrennt. Daher kann man auf diese Weise auch nicht in Pension gehen.

Das nächste Kriterium sind die Nachtschichten. Dieses Kriterium ist auch im NSchG enthalten. Aber da ist nicht alles aus dem NSchG herausgenommen worden, sondern dieses Kriterium ist in der Schwerarbeiterregelung verschlechtert worden gegenüber dem NSchG. Denn dieses Kriterium sagt aus: sechs Nachtschichten pro Monat, und es gibt keinen Durchrechnungszeitraum wie im NSchG.

Wenn du, Kollege Walch, sagst, dass es einen Durchrechnungszeitraum gibt, dann muss ich dich dasselbe fragen wie den Kollegen Dolinschek im Sozialausschuss. Er hat auch gesagt, dass es einen Durchrechnungszeitraum gibt. Als ich ihn aber gefragt habe: wo steht das, bitte?, hat er zugeben müssen: es gibt eigentlich noch keinen Durchrechnungszeitraum, aber es wird eine Expertengruppe eingerichtet, die sich die­ser Problematik annimmt.

Meine Damen und Herren, Folgendes muss ich auch sagen: Ich brauche keine Exper­tengruppe, sondern ich nehme den kompletten Passus des Nachtschwerarbeitsgeset­zes in die Schwerarbeiterregelung hinein. Dann brauche ich keine Schwerarbeiter­gruppe, sondern dann ist ein Durchrechnungszeitraum gegeben, sodass zumindest die


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Menschen, die in einem Wechsel- und Schichtdienst sind, diese Schwerarbeiterrege­lung in Anspruch nehmen könnten, wenn sie alles erfüllen.

Aber eines war im Ausschuss auch schon klar, wenn wir hier zitieren, Kollege Walch: Auch du hast im Ausschuss angegeben, dass es in deiner Firma keinen Bauarbeiter im Alter von 55 Jahren gibt. Ich kann dir nur sagen, es gibt eine Auswertung der Bauar­beiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, die zeigt, dass jährlich etwa 1 700 Bauarbeiter zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr die Bauwirtschaft verlassen. Diese Auswertung verdeutlicht, dass Bauarbeiter zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr zwar insgesamt deutlich mehr als zehn Schwerarbeitsjahre vorweisen, aber die Anforderung von zehn Schwerarbeitsjahren in den letzten 20 Jahren nicht erfüllen können. Das heißt, dass auch die Bauarbeiter nicht hineinfallen.

Ich kann dir und auch deiner Partei nur eines versprechen, Kollege Walch (Abg. Walch: Die gehen eh früher, Kollege!): Arbeitnehmer, die solch einem Gesetz zustim­men, werden bei der Wahl einen Denkzettel bekommen. (Zwischenruf des Abg. Öllin­ger.) Denn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Österreichs werden eurer Partei die Stimme garantiert nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.)

18.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


18.20.24

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vielleicht noch einmal kurz zur Schwerarbeiterregelung Stellung nehmen. Ich denke, es ist ein Gesetz, es ist eine Verordnung, die sehr lange und sehr intensiv hier in diesem Haus, aber auch im Vorfeld diskutiert wurde. Das war richtig und gut so, denn wir be­treten mit dieser Regelung Neuland. (Abg. Öllinger: Gefährliches Neuland!)

Wir haben in diesem Bereich, gerade bei der Zusammenlegung der Pensionssysteme, aber auch im Bereich des verbesserten und vor allem des flexiblen Zugangs zur Alters­pension verschiedene Schienen eingezogen. Ich weise darauf hin, dass es nach wie vor die Möglichkeit gibt, wenn Menschen berufsunfähig sind, wenn sie krank sind, wenn sie invalid sind, früher in Pension zu gehen.

Wir haben die Möglichkeit, die Korridor-Pension als einen flexiblen Übergang zu wäh­len, und wir haben die Schwerarbeiterregelung eingeführt, eine Regelung, die – und das möchte ich hier noch einmal erwähnen – nicht Ersatz und nicht Alternative für eine Berufsunfähigkeitsregelung ist, sondern ein gutes Modell, das schwerst arbeitenden Menschen in Österreich, schwerst arbeitenden Menschen am Bau, schwerst arbeiten­den Menschen in der Pflege ermöglicht, vorzeitig und verdient in die Pension zu gehen, fünf Jahre früher in den Ruhestand zu gehen, mit wesentlich geringeren Abschlägen als bei der Invaliditätspension, als bei der Korridor-Pension und gedeckelt, also jährlich 1,8 Prozent gedeckelt mit 9 Prozent.

Wir haben damit, und davon bin ich überzeugt, ein sehr treffsicheres Modell, ein sehr faires und gerechtes Modell geschaffen, das vor allem auch umsetzbar ist. Und das war ja auch ein Teil der Diskussion der letzten Monate.

An dieser Stelle möchte ich mich einmal sehr herzlich bedanken bei allen, die an der Entwicklung und Weiterentwicklung dieser Schwerarbeiterregelung sehr positiv gear­beitet haben, bei den Vertretern der Pensionsversicherungsanstalt, bei den Vertretern der Sozialpartner und auch der Interessenvertretung, die, auch jetzt noch, sehr viele Ideen und Details eingebracht haben. Vor allem möchte ich hier aber den Beamten meines Hauses sehr herzlich danken, denn sie haben die Zeit seit der letzten Be-


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schlussfassung hier im Nationalrat sehr gut genützt und haben in einer sehr konstrukti­ven Arbeitsgruppe einige Dinge klargestellt beziehungsweise Empfehlungen erarbeitet, die demnächst auch an den Hauptverband gehen werden.

Ich darf Ihnen vielleicht auch einige dieser Empfehlungen zu Gehör bringen, denn ich möchte nicht, dass hier immer unrichtige und unwahre Behauptungen in den Raum ge­stellt werden.

Zum Beispiel wird es eine Empfehlung seitens unseres Hauses geben, dass bei Schicht- und Wechseldienst von einer Durchschnittsbetrachtung im Kalenderjahr aus­gegangen wird. Das heißt, wenn jemand nicht immer an sechs Tagen Schicht- oder Wechseldienst hat, sondern in einem Monat nur vier Tage und im nächsten Monat zum Beispiel acht Tage, so zählen diese Monate jedenfalls als Schwerarbeitsmonate, da der Durchschnitt im Kalenderjahr herangezogen wird.

Wir werden auch das Schwerarbeitsmonat bei einer Teilzeitbeschäftigung genehmigen. Das ist besonders wichtig, denn gerade im Pflegebereich haben wir sehr viele Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf Grund der Schwere der Tätigkeit Teilzeitbe­schäftigungsverhältnisse ausüben.

Darüber hinaus wird auch der Urlaub als Schwerarbeit gerechnet, wenn Sie so wollen, das heißt, der Urlaub unterbricht die Schwerarbeit nicht, und das ist auch richtig und gerecht.

Weiters haben wir sichergestellt, dass, wenn jemand mit 60 Jahren die Voraussetzun­gen für die Schwerarbeiterregelung erfüllen würde, aber aus irgendeinem Grund noch ein oder zwei Jahre einer leichten Tätigkeit nachgeht, der Anspruch auf diese Schwer­arbeitspension nicht verloren geht.

Weiters werden wir auch sicherstellen, dass mehrfach geringfügig beschäftigte Perso­nen, die eine schwere Tätigkeit ausüben, auch unter diese Schwerarbeitsregelung fal­len.

Hier habe ich Ihnen nur einige wesentliche Empfehlungen aufgezählt, die Ergebnis einer wichtigen Arbeitsgruppe sind, die nun an den Hauptverband überreicht werden, damit dann der Hauptverband in der Vollziehung dieser Schwerarbeiterregelung die Dinge genau durchziehen kann. (Abg. Öllinger: Das ist ja ein Scherz! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die Schwerarbeiterregelung eine nicht so schlechte Regelung sein kann, beweist auch, dass das Bundesland Salzburg als eines der ersten Bundesländer die Verordnung, so wie wir sie auch hier im Parlament diskutiert haben, so wie ich sie auch dem Ministerrat vorgelegt habe, mit den Tätigkei­ten, die von Vertreterinnen und Vertretern der Opposition immer wieder kritisiert wer­den, in die Begutachtung geschickt hat. Ich denke, Sie wissen alle, dass das Bundes­land Salzburg eine sozialdemokratische Mehrheit in der Regierung hat, eine sozialde­mokratische Landeshauptfrau. Ich denke, sie hat damit gezeigt, dass man nicht nur reden soll, sondern dass man auch auf Landesebene rechtzeitig handeln kann und rechtzeitig handeln soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, daher ist diese Schwerarbeiterregelung ein wichtiger Stein in der Entwicklung eines nachhaltigen Pensionssystems, das auf euro­päischer Ebene keinen Vergleich zu scheuen braucht. Ganz wichtig ist auch, dass es ein System ist, das nicht nur heute den Pensionistinnen und Pensionisten die Möglich­keit einer sicheren Pension gibt, sondern auch unserer Jugend. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

18.26



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.26.42

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Eine Sozialdebatte kann ohne weiteres kontroversiell geführt werden. (Abg. Dr. Puswald: Das muss sie auch!) Und muss das auch, okay.

Ich habe mit Interesse diese Debatte verfolgt. Wir haben von Ihnen sehr oft gute Wün­sche für die nächste Wahl mitgeteilt bekommen. Dieser nächsten Wahl sehen wir nicht gelassen, sondern sehr, sehr sachlich entgegen, denn wir haben in diesen Jahren gute Arbeit geleistet. Wissen Sie, Politik besteht nicht nur darin, an die nächste Wahl zu denken, sondern auch darin, in die Zukunft zu denken. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb war die Pensionsreform, wie wir sie gemacht haben, richtig. In der Zwischen­zeit hat es auch viele Mitteilungen diesbezüglich gegeben, die besagen, dass Öster­reich hier wie in vielen anderen Dingen beispielhaft ist.

Wenn der Bundesrat die Schwerarbeiterregelung beeinsprucht, dann ist das das gute Recht des Bundesrates, keine Frage, wenn es aber dieselbe Fraktion macht, die in einem Bundesland, nämlich Salzburg, wie wir gehört haben, Gleiches macht und dort für gut erachtet, es aber, wenn es auf Bundesebene geschieht, ablehnt, dann weiß ich nicht, wie es um Ihre internen Beziehungen steht, dann weiß ich auch nicht, wie Ihre Ausrichtung in der Sozialpolitik ist. Das kommt mir genauso vor wie bei der Ortstafel­diskussion. Hier sagt man nein, und in Kärnten sagt man: Wenn diese Regelung nur schon kommen würde! Sie müssen einmal schauen, wie Sie in Ihrer eigenen Partei eine Linie finden. Es wäre für die gesamte Sache wirklich gut.

Jedenfalls werden wir diesen Einspruch als solchen nicht zur Kenntnis nehmen, son­dern werden darauf beharren.

Punkt 2: Es geht um die Mitversicherung. – Meine Damen und Herren! Sie sind die, die immer erzählen, wie schlimm die Sozialpolitik in Österreich ist. Wir haben im Jahr 2001 die beitragsfreie Mitversicherung der Ehegatten aufgehoben, und das mit gutem Grund, weil wir glaubten, dass man hier eine Korrektur braucht. Es gab allerdings die Möglichkeit der Satzungsbestimmung. Von der haben ein paar Sozialversicherungen Gebrauch gemacht, aber es war ganz klar festgeschrieben, dass die Eigenfinanzierbar­keit eine Satzungsbestimmung ermöglichen muss. Das war aber nicht das Thema. Das Thema war, dass eine Klage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht wurde und der VfGH diese Möglichkeit einer Satzungsbestimmung aufgehoben hat. Nun gibt es die neue Regelung, die wir in zweiter Lesung wohl überlegt hier vorgetragen, diskutiert und dann auch beschlossen haben.

Es gibt die beitragsfreie Mitversicherung für EhepartnerInnen und haushaltsführende HausgenossInnen – auch gleichgeschlechtlich, Frau Kollegin Lunacek – mit den oben angeführten Betreuungspflichten. Darunter verstehen wir Kindererziehung und darunter verstehen wir Angehörigenpflege ab Pflegestufe 4. Eine sehr korrekte Sache, und da­bei wird es auch bleiben, weil wir uns diese Dinge wohl überlegt haben.

Für Ehepaare ohne die oben genannten Betreuungspflichten gibt es die Möglichkeit eines Zusatzbeitrages, das heißt einer ermäßigten Beitragsleistung, und für Lebensge­meinschaften eben nicht. Das ist unsere Wertausrichtung, das ist unser Standpunkt, zu dem stehen wir, und den werden wir auch heute wieder bejahen.


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Sie können ohne weiteres mit uns über Ihre Standpunkte diskutieren, zwar nicht heute, aber dazu wird es noch Gelegenheit genug geben, wenn die Wahl für Sie gut ausgeht. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.30.44

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! In der Frage der Mitversicherung hat der VfGH dazu aufgefordert, die Regelung neu zu ma­chen, weil er eine Diskriminierung festgestellt hat, und was Sie jetzt machen, ist nicht die Beseitigung dieser Diskriminierung, sondern diese Diskriminierung wird statt besei­tigt weiter ausgebaut. Daran ist einfach nicht zu rütteln. Frau Kollegin Steibl, es ist diese Regelung sehr wohl ein sozialpolitischer Rückschritt und eine Diskriminierung bestimmter Lebensformen. (Abg. Silhavy: Steibl hört das nicht, weil sie nicht da ist!)

Kollege Donabauer hat das jetzt auch bestätigt und hat gesagt – das finde ich auch okay, wenn Sie sagen, ich stehe dazu, das entspricht unserer Politik –: Jawohl, es entspricht unserer Wertausrichtung. Es entspricht unserer Wertausrichtung, bestimmte Lebensformen zu bevorzugen und bestimmte Lebensformen zu benachteiligen. Ich bin ja für offene Worte, dann können wir auch die entsprechende Auseinandersetzung führen.

Sie beweisen Ihre Wertausrichtung, sagen Sie, mit dieser Vorlage in vielschichtiger Form, Ihr „verzopftes Weltbild“, Ihr „verzopftes Familienbild“, so der heutige „Standard“ in Bezug auf Kollegin Fekter, die in diesem Artikel ihre Position vertritt. Es ist tatsäch­lich ein Musterbeispiel dafür, dass Sie eben bestimmte Lebensformen diskriminieren, weil Sie sie nicht wollen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist keine Diskriminierung, das ist ein Unterschied!) Sie diskriminieren die Lebensgemeinschaft gegenüber der Ehe, Sie dis­kriminieren die kinderlosen Frauen gegenüber Frauen, die Kinder haben, und Sie dis­kriminieren die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gegenüber den heterosexuellen Partnerschaften! (Abg. Dr. Fekter: Sich immer nur die Rosinen rauspicken ohne Ver­pflichtungen, das geht eben nicht! – Abg. Silhavy: So einen Holler hab’ ich noch nicht gehört!)

Es geht um gleiche Rechte und gleiche Pflichten, Frau Kollegin Fekter! Machen Sie nicht auf der einen Seite die Augen zu und sehen Sie nur den einen Teil! Es geht dar­um, tatsächlich beide Teile in gleicher Weise zu berücksichtigen, für alle Lebensformen die gleichen Rechte und Pflichten vorzusehen.

Wenn Sie hier Ihre Haltung damit begründen, dass die Ehe nach wie vor die beste Grundlage ist und die Ehe eine erhöhte Bestandssicherheit hat, und wir gleichzeitig wissen, dass die Hälfte der Ehen heute geschieden wird, kann ich nur Frau Kollegin Brinek zitieren, von der ich in den letzten Tagen in einer Zeitung – ich weiß es jetzt nicht mehr wörtlich – sinngemäß gelesen habe, dass sie einfordert: Machen wir doch Gesetze für die Welt von heute! – Diesen Satz der Kollegin Brinek kann ich zu hundert Prozent unterschreiben. (Abg. Dr. Fekter: Ich auch!)

Diese Vorlage widerspricht dem, was Kollegin Brinek selbst Ihnen eigentlich als Maß­stab gesetzt hat. 300 000 Partnerschaften, Lebensgemeinschaften gibt es im Land. Sie diskriminieren sie weiter, weil Sie sie nicht wollen, weil sie Ihrem Wertesystem nicht entsprechen. – Danke für die offenen Worte.

In diesem Sinne können wir dem Beharrungsbeschluss selbstverständlich nicht zustim­men. Ich finde nur interessant, dass es zum Thema der Mitversicherung sowohl im Ausschuss keine Stellungnahme der Ministerin gegeben hat wie auch hier bis jetzt


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nicht. Vielleicht könnte es auch zu dem Thema noch eine Stellungnahme von der Re­gierungsbank geben. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Schöls zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.34.27

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregie­rung! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Standort bestimmt den Stand­punkt, und ich vermisse bei den Abgeordneten der SPÖ heute den Button, den sie vor einigen Wochen so stolz getragen haben, nämlich die „Sackgasse“, denn Sie befinden sich mit Ihrer Politik in der Sackgasse, und Sie demonstrieren das eigentlich tagein, tagaus, indem Sie verdienten Gewerkschaftsfunktionären sagen, sie sind nicht reif für das Hohe Haus. Herr Kollege Katzian genießt die letzten Stunden, die er noch als Ab­geordneter herinnen sitzen darf. Sie teilen die Gewerkschaftsfunktionäre als Zettelver­teiler und Plakatierer ein und haben kein Verständnis für Sozialpolitik.

Sie haben uns heute in der Diskussion um die Ortstafeln auch klar gezeigt, dass Sie der Genossin Schaunig von hier die lange Nase zeigen, wenn sie sagt, sie hat eine andere Position. (Abg. Silhavy: Unglaublich!) Und genauso ignorieren Sie die Aussage des Genossen Haas, der in der Frage des 20-Jahre-Beobachtungszeitraums klar fest­gestellt hat, dass das nicht geht. Ihr ignoriert auch die Wünsche der Betroffenen, und da spreche ich jetzt Kollegen Parnigoni an, der nicht da ist; Kollege Pendl ist ja da. Durch den Einspruch, den Sie im Bundesrat eingebracht haben, der nicht im Interesse der Verfassung ist ... (Abg. Heinisch-Hosek: Der sitzt aber nicht im Bundesrat!)

Kollege Parnigoni sitzt nicht im Bundesrat, aber die SPÖ-Abgeordneten im Bundesrat hätten gewollt, dass für die Justizwachebeamten die Schwerarbeiterregelung nicht kommt. Kollege Pendl! Wir werden es im kommenden Nationalratswahlkampf sagen, was gewesen wäre. (Abg. Silhavy: Da lachen euch ohnehin alle aus!) Kollege Parni­goni, der Beschützer aller Polizisten, ist nicht da. Auch die Polizisten würden nicht in den Genuss der Schwerarbeiterregelung kommen. Also bitte taktiert hier nicht herum, sondern sagt, dass ihr nicht wollt, dass diese Bundesregierung vernünftige Sozialge­setze macht, so wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben! Wir werden es weiter machen.

Wenn sich Kollege Keck hier lustig macht über die Kalorienbestimmung und gleichzei­tig sagt, dass das in den alten NSchG-Bestimmungen schon drinnen war, dann sage ich euch: Das waren sozialistische Sozialminister, die das gewollt haben. Deshalb tut nicht so, als ob ihr in eurer Zeit die Besten gewesen wärt und jetzt nichts Gutes dabei wäre.

Da sich Kollegin Csörgits schon auf ihre nächste Rede vorbereitet, nehme ich an, dass sie als Mitglied des Präsidiums des ÖGB auch das Problem hat, dass ihr Zentralbe­triebsratsvorsitzender auch der Meinung ist, dass der ÖGB, wenn es um die eigenen Beschäftigten geht, ein schlechter Dienstgeber ist.

Also wieder: Der Standort bestimmt den Standpunkt. Ihr ordnet alles euren Parteiplä­nen unter – und wir werden das den Wählern in den nächsten Wochen sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Und ihr macht da ganz etwas anderes!)

18.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


18.37.40

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kuntzl, erstens stimmt


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es nicht, dass ich im Ausschuss nicht Stellung genommen habe, aber selbstverständ­lich bin ich gerne bereit, Ihnen die Position meiner Fraktion, auch wenn meine Kollegin­nen und Kollegen das bereits deutlich gemacht haben, wiederzugeben.

Sie wissen, dass durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes die beitragsfreie Mitversicherung aufgehoben wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat aber nicht nur das Wort „andersgeschlechtlich“ herausgestrichen. Das wäre die einfachste Variante gewesen. Im Übrigen ist das Wort „andersgeschlechtlich“ im Jahr 1981 ins Gesetz ge­kommen – das möchte ich auch festhalten –, und zwar nicht auf Druck der ÖVP, die war nämlich damals nicht in der Regierung. Das war eine SPÖ-Alleinregierung. (Abg. Mag. Kuntzl: Es hat sich die Welt verändert seither!)

Zwischen 1956 und 1981 waren überhaupt nur die Ehefrauen mitversichert. (Abg. Öl­linger: Man kann doch auch gescheiter werden!) – Natürlich, selbstverständlich! Der Verfassungsgerichtshof hätte jedoch ohne weiteres mit der Streichung des Wortes „andersgeschlechtlich“ das Problem auch so lösen können. Wenn Sie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes lesen, dann werden Sie sehen, dass er einen ganzen Satz herausgestrichen und es dem Gesetzgeber anheim gestellt hat, darauf Rücksicht zu nehmen, ob das mit Kindererziehung verbunden ist oder nicht.

Mit dem Abänderungsantrag, der in der letzten Nationalratssitzung mit Mehrheit be­schlossen wurde, wurde die gesetzliche Regelung der Mitversicherung von nicht ver­wandten anders- oder gleichgeschlechtlichen Personen, die mit dem oder der Versi­cherten seit mindestens zehn Monaten in Hausgemeinschaft leben und unentgeltlich den Haushalt führen, wenn sie sich der Kindererziehung widmen oder mindestens vier Jahre gewidmet haben, wenn sie Anspruch auf Pflegegeld haben oder den Versicher­ten mit Anspruch auf Pflegegeld ab Stufe 4 pflegen, normiert.

Hätten wir das nicht repariert, wären plötzlich auch alle Frauen, die in Lebensgemein­schaft mit einem Mann leben, aus der Mitversicherung herausgefallen. Und das wollten wir keinesfalls. Oder wäre Ihnen von der SPÖ das lieber gewesen? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Wir haben darüber hinaus auch klargestellt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine beitragsfreie Mitversicherung auch die Kindererziehungszeiten aus früheren Partnerschaften relevant sind, und Personen, die nach der vom VfGH aufgehobenen Bestimmung bis 31. Juli 2006 mitversichert waren, bleiben das, solange sich der maß­gebliche Sachverhalt nicht ändert.

Daher glaube ich, dass diese Regelung eine sehr vernünftige ist, die vollinhaltlich den Intentionen des VfGH entspricht. Ich könnte Ihnen jetzt auch noch begründen, warum, aber ich glaube, das wäre auf Grund der zahlreichen Tagesordnungspunkte, die heute noch im Hohen Haus zu behandeln sind, vielleicht nicht ganz in Ihrem Sinn, aber ich bin jederzeit gern bereit, das auch bilateral zu tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

18.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.41.24

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frauen Bundes­ministerinnen! Ich habe insbesondere Ihnen, Frau Bundesministerin Haubner, sehr in­teressiert zugehört, als Sie zum Thema Schwerarbeit geredet haben. Da ist immer da­von gesprochen worden, dass Sie Empfehlungen geben werden.

Sehr geschätzte Frau Bundesministerin, wenn Sie haben möchte, dass diese Bestim­mungen in einem Schwerarbeitergesetz drinnen sind, dann brauchen Sie als Ministerin


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keine Empfehlung zu geben, sondern dann schreibt man das schlicht und ergreifend ins Gesetz hinein, wenn man das wirklich möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Also kommen Sie mir nicht mit solchen Argumenten! Das ist doch wirklich an den Haa­ren herbeigezogen!

Jetzt möchte ich einmal in Erinnerung rufen, wie es denn eigentlich überhaupt dazu gekommen ist, dass wir in diesem Land eine Schwerarbeiterregelung brauchen. Ich darf Ihnen in Erinnerung rufen, sehr geschätzte Damen und Herren, dass diese Bun­desregierung mit der Pensionssicherungsreform 2003, wie sie sie genannt hat, erstens einmal die Frühpension wegen langer Arbeitslosigkeit überfallsartig abgeschafft hat (Abg. Auer: Denken Sie an den ÖGB! – Abg. Scheibner: Denken Sie lieber an den ÖGB! Da sind Sie Mitglied!) und zweitens die Frühpensionen wegen langer Versiche­rungsdauer, die bisher den Männern den Pensionsantritt mit 61,5 Jahren und den Frauen mit 56,5 Jahren ermöglicht hat, schrittweise zum Auslaufen gebracht hat.

Das heißt, Sie haben hier Voraussetzungen geschaffen, wodurch es sehr vielen Men­schen wesentlich schwieriger gestaltet worden ist, in die Pension zu gehen. Und Sie haben damals den Menschen versprochen, dass jene, die schwere Arbeit leisten, die Möglichkeit haben werden, früher in Pension zu gehen. (Abg. Auer: Wie ist das beim ÖGB? – Abg. Amon: Durch den ÖGB haben Sie jede Glaubwürdigkeit verloren!) Sie haben es versprochen, und Sie haben absolut nichts gehalten, denn die Regelung, die da jetzt auf dem Tisch liegt, ist eine Augenauswischerei. Sie bringen damit die Sache nicht auf den Punkt (Abg. Großruck: Sie sind unglaubwürdig!), denn lediglich 1 500 Menschen werden das im Höchstausmaß im Jahre 2010 in Anspruch nehmen können. (Abg. Mag. Molterer: Wie ist das mit dem ÖGB? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Auch wenn Sie hier noch so viel schreien (Abg. Mag. Molterer: Schwerarbeiter gibt es ja nicht beim ÖGB!): Die Leute draußen wissen ganz genau, dass Sie für die Men­schen, die schwer arbeiten in Österreich, genauso wie für viele andere Arbeitnehmer in diesem Lande absolut kein soziales Empfinden haben! Das ist so! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was kritisieren wir noch ganz entschieden im Bereich dieser Schwerarbeiterregelung? Die Frauen sind nach wie vor von dieser Schwerarbeiterregelung ausgeschlossen, auch wenn Sie es nicht hören wollen. So ist es! Menschen, die krankheitsbedingt in Pension gehen müssen, und zwar früher in Pension gehen müssen, haben von der Schwerarbeiterregelung, so wie sie auf dem Tisch liegt, nichts. Und Menschen, die zu einem früheren Zeitpunkt in ihrem Beruf schwer arbeiten mussten, haben letztendlich auch nichts von der Regelung.

Ich darf es auf den Punkt bringen. Es ist so wie in vielen Bereichen: viel versprochen, nichts gehalten! Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden sich am Wahltag sehr herzlich bei Ihnen dafür bedanken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Sie ha­ben das Geld der Schwerarbeiter vertan!)

18.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dobnigg. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

 


18.44.48

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Bundesmi­nisterinnen! Hohes Haus! Wenn die Vorredner von ÖVP und BZÖ diese Schwerarbei­terregelung hier so bejubeln, so sind sie wie bei vielen anderen in letzter Zeit beschlos­senen Gesetzen wirklich sehr, sehr weit von der Realität entfernt.


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Diese Schwerarbeiterregelung ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Trauerspiel. Das erwartete und erhoffte Ziel, Personen, die besonders hart und unter schwierigsten Be­dingungen ihre Tätigkeiten ausübten beziehungsweise noch ausüben, einen früheren Pensionsantritt zu ermöglichen, wird mit diesem Pfuschgesetz leider vertan.

Diese Schwerarbeiterregelung strotzt nur so von Ungerechtigkeiten, zeigt aber auch sehr deutlich, wie diese Bundesregierung jenen Personenkreis ernst nimmt, welcher wirklich sein Leben lang schwer gearbeitet hat.

Wenn Sie, Frau Bundesministerin, hier die Aussage treffen, dass wir Neuland betreten, stimmen wir überein, aber Sie waren bisher nicht bereit, weder bei der ersten Lesung noch hier bei der Beschlussfassung noch im Bundesrat oder im Ausschuss, die Ver­schlechterungen, die wir aufgezeigt haben, herauszunehmen, diese Bestimmungen ab­zuändern. Und Sie sprechen von fair und treffsicher – ja, Sie treffen genau wieder jene schwer, die es brauchen würden! (Abg. Walch: Und wie ist das beim ÖGB?)

Sagen Sie vielleicht, dass es gerecht ist, dass jene Menschen, die bis zum 49. Lebens­jahr Schwerarbeit leisten, dann auf Grund einer Krankheit oder eines Berufswechsels diese nicht mehr fortführen können, sodass diese Schwerarbeit wegfällt und sie die letzten elf Jahre diese Schwerarbeit eben nicht mehr leisten, aus der Schwerarbeiter­regelung herausfallen?! Wenn das gerecht und fair ist, frage ich Sie, wie Sie Gerechtig­keit definieren.

Die Kritik der Arbeiterkammer und auch unsere Kritik richtet sich dagegen, dass zum Beispiel Frauen benachteiligt sind. Und da Kollege Walch heute die Arbeiterkammer Oberösterreich zitiert hat (Abg. Walch: Das sage nicht ich, das sagt die Arbeiterkam­mer Oberösterreich!): Ja, es stimmt schon, es wird für Frauen ab dem Jahr 2010 mög­lich, nur werden auf Grund dieser Regelung fast keine Frauen diese Schwerarbeiter­pension in Anspruch nehmen können. (Abg. Mag. Molterer: Schauen Sie lieber, wie Sie die Gewerkschaft neu regeln!) Und das ist der Kritikpunkt. Es gibt noch viele weite­re Kritikpunkte der Arbeiterkammer, aber ihr seid wirklich nicht bereit, da etwas zu tun.

Aber wie wir heute schon von meiner Vorrednerin gehört haben: Diese Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer werden Sie im Oktober die Zeche bezahlen lassen.

Eines noch: Die Art dieses Drüberfahrens kennen die Menschen, und sie haben auch heute im Fernsehen miterlebt, wie arrogant und präpotent gewisse Politiker (Abg. Mag. Molterer: Wer ist präpotent? Wer ist arrogant?) hier im Hohen Haus über andere Kolleginnen und Kollegen reden und Aussagen treffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Traurig ist nur, dass hier wirklich eine große sozialpolitische Chance vertan wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ellmauer: Traurig ist die Sache mit dem ÖGB!)

18.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dobnigg, für die Worte „arro­gant und präpotent“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter beziehungsweise die Frau Berichterstatterin wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales in 1597 der Beilagen.


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Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgegebenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales in 1598 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich wiederum die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgegebenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

18.50.017. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Einspruch des Bundes­rates (1562 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhe­bung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österrei­chischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsularge­bührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird (1601 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster in der Debatte kommt Herr Abgeordneter Dr. Schieder zu Wort. Wunsch­redezeit: 8 Minuten. – Bitte. (Unruhe im Saal.)

 


18.50.39

Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist das die zweite Auflage des Konsu­largebührengesetzes, und ich ... (Der Redner schweigt einige Augenblicke auf Grund des hohen Lärmpegels im Saal.) Vielleicht, Frau Präsidentin, ist es möglich, dass ich sprechen kann. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Ruf bei der ÖVP – in Richtung SPÖ –: Bei Ihnen ist ja keiner da!) Ja, aber, Frau Kollegin, wenn da wenige sind, ist das noch kein Grund, dass die vielen lauter sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neudeck: Wir sind alle lauter!) Die kennen schon meine Mei­nung, die pflichten mir bei, die brauchen nicht da zu sein. Sie will ich überzeugen! (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Gaß­ner: Sie haben jetzt schon geklatscht! Sie möchten es nicht mehr hören!)


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Ich möchte in Erinnerung rufen, worum es geht: Es sind dem Außenamt und der Re­publik große Kosten entstanden, und es können große Kosten entstehen, wenn je­mand sich nichts pfeift, in eine Gegend fährt, wo es sehr gefährlich ist, und dann von der Republik gerettet werden muss. Alle waren der Meinung, da muss man irgendeine Vorsorge treffen.

Diese Vorsorge ist sehr schnell, ohne große Beratungen, ohne Begutachtung getroffen worden, nicht weil so dringend ein Fall vorlag, sondern weil Sie, wie wir glauben, einen Punkt noch rasch vor der Wahl abhaken wollten, um sagen zu können: Das haben wir erledigt.

Wir waren nicht dagegen, dass es geregelt wird (Abg. Scheibner: Na eben!), wir waren gegen das Handwerkliche des Regelns. Wir waren dagegen, dass eine gute Ab­sicht falsch und schlecht geregelt wird. Statt dass eine vernünftige Debatte im Aus­schuss, im Haus, mit dem Außenamt, das ich sonst sehr schätze auf dieser Ebene, darüber stattfindet, ob die Einwände stimmen, dass dies handwerklich schlecht oder gut geregelt ist, werfen Sie uns wegen unserer Kritik, es sei handwerklich schlecht, vor, wir wollen das Ganze nicht. Da heißt es dann: Warum wollen Sie nicht, dass ersetzt wird?, et cetera.

Nein, wir sind nicht gegen das Prinzip, es soll nur ordentlich und sauber durchgeführt werden.

Welche Fehler sind Ihnen bei der Durchführung passiert? – Es ging Ihnen darum, dass jemand, der sich grob fahrlässig und trotz Warnungen in bestimmte Gegenden begibt und gerettet werden muss, Schadenersatz leisten muss. Richtig! Statt dass Sie die Ge­gend, das Land hineingeschrieben hätten, haben Sie die Situation hineingeschrieben. Also wenn es irgendwo im Ausland, am sichersten Platz der Welt, etwa in der Schweiz, eine Warnung gäbe, sich nicht in eine bestimmte Situation zu begeben, und jemand müsste dort gerettet werden, würde das auch Platz greifen. (Abg. Neudeck: Das stimmt ja auch!) Ja, aber das war nicht die Absicht, sondern es ging darum, wenn je­mand sich in eine bestimmte Gegend begibt.

Es ging darum, dass Sie die ganzen Hilfsorganisationen nicht ausgenommen hatten. Als wir das kritisierten, haben Sie es flugs mit einem Antrag, ohne darüber zu beraten, ohne mit uns zu reden, halt so gelöst: „aus überwiegend touristischen Gründen“. Also derjenige, der sich aus touristischen Gründen hinbegibt, kommt zum Schadenersatz. Wer sich nicht für seine Firma, sondern aus dubiosen persönlichen, geschäftlichen In­teressen trotz Warnungen in die gleiche Gegend begibt, vielleicht weil er mit ein paar Mitarbeitern ein paar schöne Fotos für einen Katalog machen will, der auch ein Risiko eingeht, der ist ausgenommen. Der ehrliche Tourist, der kleine Rucksacktourist fällt darunter, der ist nicht ausgenommen. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Das ist eine Frage, die man regeln kann, wenn man darüber redet. Sie wollen es nicht, Sie wollen es flugs beschlossen haben.

Und so zieht sich das durch das ganze Gesetz durch. Ich vermute ja, dass dieses Ge­setz nie angewendet wird. Ich persönlich würde Wetten anbieten, dass es nie wirklich zur Anwendung kommt. Sie gehen in Wirklichkeit so vor wie der, der sich den Wach­hund ersparen will und sich nur das Schild kauft: Achtung, bissiger Hund! Das Gesetz ist das Schild, aber Sie werden es wirklich nie umsetzen können.

Sehen Sie, das ist der Grund, warum wir uns da ärgern. Leute, auch von Ihrer Seite, haben mich gefragt: Warum ist dir das so wichtig? In der Sache – ich werde wahr­scheinlich nie darunter fallen – befürchtet ohnehin niemand, dass wer verurteilt wird. Es ist mir so wichtig, weil es ein Beispiel dafür ist, wie ohne Anlass, nur um sagen zu können, wir haben das schnell gemacht, schnell, husch-pfusch etwas gemacht wird, das auch ordentlich, sorgfältig gemeinsam lösbar wäre, und zweitens – ich gebe es


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zu –, weil es mich geärgert hat, dass das Außenamt, das Völkerrechtsbüro, die ich so schätzen gelernt habe in den Jahrzehnten meiner Tätigkeit, in so einer Sache eigent­lich mitgemacht haben, statt zu sagen: So darf das nicht sein. Hier ist uns die Sache wichtiger, nicht, dass es rasch erledigt wird.

Das ist der Grund, warum wir dagegen sind, das ist der Grund, warum wir uns ärgern. Und wir glauben, dass es unnötig ist, dass Sie sich so verhalten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Spindel­egger zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.56.39

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssek­retär! Meine Damen und Herren! Die Begründung in Ehren, die Herr Kollege Schieder jetzt angeführt hat – und wenn Sie sich persönlich ärgern, Herr Kollege, tut mir das Leid, dazu kennen wir uns zu lange –, aber ich glaube nicht, dass die inhaltliche Kritik, die Sie geäußert haben, wirklich völlig zutreffend ist.

Ich darf zur Genesis, zu dem, was Sie korrekterweise gesagt haben, ergänzen, dass es für mich schon ein Kritikpunkt ist, wenn zuerst, nämlich wenn der Anlassfall da ist, alle Fraktionen sagen: Ja, selbstverständlich, da muss man was tun!, dass man aber dann, wenn es wirklich darauf ankommt, sehr gerne wieder einen Rückzieher macht. Diese Kritik müssen auch Sie sich mit Ihrer Fraktion gefallen lassen.

Zum Zweiten möchte ich ergänzen: Natürlich kann man bei einer solchen Regelung, die Neuland in Österreich bedeutet, nämlich im Verwaltungsrecht Schadenersatzregeln einzuführen, übers Ziel hinausschießen. Vielleicht war das im ersten Antrag, den wir eingebracht haben, auch durchaus der Fall. Wir haben ja deshalb auch mit den NGOs, die darüber in der Öffentlichkeit eine Debatte geführt haben, sehr eingehende Beratun­gen durchgeführt.

Ich darf Ihnen sagen, dass letztlich zu dem Ergebnis, wie wir es heute vorliegen haben, auch alle NGOs, mit denen wir geredet haben, schriftlich ihre Zustimmung deponiert haben, weil sie wissen, dass damit ihre Bedenken ausgeräumt sind, dass man etwa, wenn man aus humanitären Gründen wohin fährt (Abg. Schieder: Die fallen ja nicht mehr darunter!) – selbstverständlich fallen sie nicht mehr darunter –, dann auch in An­spruch genommen werden kann. Daher darf ich das schon einmal festhalten, dass die Betroffenen, die, wie ich meine, richtige Argumente vorgebracht haben, jetzt mit dieser Lösung zufrieden sind.

Zum Dritten darf ich schon darauf hinweisen, dass das, was wir jetzt vorgelegt haben, durchaus eine Gruppe von Personen treffen kann – es wird schon nicht so viele An­wendungsfälle geben; da gebe ich Ihnen schon Recht –, für die eine Schutzwürdigkeit wirklich nicht gegeben ist. Denn, meine Damen und Herren, für jemanden, der sich trotz aller Warnungen grob fahrlässig – das heißt persönliche Verantwortung, die man halt auch trägt, indem man sich sorgfältig auf etwas vorbereitet, gröblich vernachlässi­gend – in eine Situation begibt, wo die Republik dann Kopfstehen muss, damit man ihn rettet, für den haben wir auch kein Verständnis, und es ist nicht einzusehen, dass er sich nicht auch an den Kosten beteiligen muss, die der Republik daraus entstehen. Ich glaube, das sind wir letztlich auch dem Steuerzahler schuldig. (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Darum glaube ich, dass die Regelung, wie sie nunmehr vorliegt – es gibt ja keine neuen Argumente nach dem Einspruch des Bundesrats, sondern nur die bestehen­den –, inhaltlich sehr wohl in Ordnung ist und eine gewisse Warnung darstellt, eine Warnung für alle, die sich aus Abenteuerlust irgendwo hinbegeben und dann auf Kos-


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ten der Republik gerettet werden müssen, sich sorgfältiger auf solche Situationen vor­zubereiten, sich zu informieren und sich nicht etwa von Reisegruppen zu entfernen, ob­wohl das in diesem Land gefährlich ist.

Wir stehen daher dazu und werden diesem Einspruch nicht stattgeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich der Herr Staatssekretär Dr. Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


19.00.01

Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An sich wollte ich zu diesem Thema nicht noch einmal Stellung nehmen. Ich habe sowohl an dieser Stelle als auch im Bundesrat und im Ausschuss sehr ausführlich zu erläutern versucht, warum wir im Außenministerium glauben, dass das eine sinnvolle Regelung ist.

Ich möchte Herrn Abgeordnetem Schieder, dessen Einwände ich immer – ich bin ver­sucht zu sagen: jahrzehntelang – sehr ernst genommen habe, doch sagen, dass ich seine Auffassung da nicht teile. Sie haben sich besonders an dem Wort „Situation“ gestoßen und gemeint, dass das in diesem Zusammenhang eine schlechte Wahl ist. – Das Völkerrechtsbüro und die anderen Stellen im Außenministerium haben sich die Formulierung gerade in diesem Punkt aber sehr genau überlegt. Lassen Sie mich dies an zwei Beispielen zu erläutern versuchen.

Ich nenne das immer wieder herangezogene Beispiel der Schweiz. Wenn Sie den Text des Gesetzes lesen, dann sehen Sie, dass es hier um Aufwendungen geht, welche die Vertretungsbehörden oder sonstige Dienststellen des Bundes im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Schutze österreichischer Staatsbürger treffen. Es ist wenig wahr­scheinlich, dass die österreichische Botschaft einen Hubschrauber anmieten muss, um einen in Bergnot geratenen Österreicher in der Schweiz zu retten. Da wird es vielmehr darum gehen, dass möglicherweise Schweizer Rettungsmaßnahmen ergriffen werden und dann vielleicht von dieser Seite Aufwendungen zurückverlangt werden. – Das ist der eine Fall, der, wie ich meine, nicht wirklich stichhaltig ist.

Der andere Fall betrifft eine Situation, die sehr wohl in Frage kommen kann. Wir haben diesen Fall alle vor zwei Jahren erlebt. Touristen haben sich wirklich grob fahrlässig in Gebiete in Algerien begeben, wo sie dann zu Geiseln wurden. Wir haben nicht ge­wusst, wo sich diese Personen aufhalten. Hätten wir die Gebiete definiert, dann hätten wir das Gesetz nicht anwenden können. Dagegen ist es sehr wohl eine Situation, in die sich diese Personen begeben haben, welche die Anwendung des Gesetzes – hätte es dieses damals gegeben – durchaus gerechtfertigt hätte.

Ansonsten glaube ich, dass das ein Gesetz ist, das uns im Außenministerium auch als Abschreckung nützt. Ich hoffe, dass wir es nie anwenden müssen, aber es soll auch als Abschreckung dienen, dass Menschen, die sich eventuell in Gefahren begeben können, verantwortungsvoller umgehen. – Danke schön, Frau Präsidentin.

19.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Frau Abgeordnete Mag. Lunacek am Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


19.02.23

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Es stimmt schon: Es ist uns auch ein Anliegen, Menschen dazu zu bringen, wenn sie reisen, sich verantwortungsvoll zu verhalten.


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Ich möchte jetzt einmal klarstellen, wie der Anlassfall verlaufen ist: In der Woche zwi­schen Weihnachten und Neujahr kam an einem Tag etwa zwischen 10.30 Uhr und 11 Uhr ein Anruf von der Redaktion des ORF-„Mittagsjournals“: Was meinen Sie zum Vorschlag der ÖVP, dass man von Menschen, die sich in Gefahr begeben – in diesem Fall ging es um die Geiseln im Jemen –, einen Kostenersatz verlangt? (Abg. Scheib­ner: Da haben Sie gesagt: Ja!) Viel Zeit zum Überlegen war nicht, und da habe ich im ersten Moment gesagt: Man muss sich überlegen, ob das einen Sinn macht und in wel­cher Form man das tun kann. – Dass Sie das als Zustimmung zu jeglicher Form, die Sie dann vorschlagen, werten und uns jetzt vorwerfen, wir hätten die Meinung geän­dert, halte ich für einigermaßen übertrieben, um das hier klarzustellen: So war es nicht!

Es gibt zwei Gründe, warum wir auch diesem neuerlichen Beharrungsbeschluss nicht zustimmen: Das eine sind die formellen Hintergründe, die der Kollege Schieder schon genannt hat, vor allem auch die Tatsache, dass es kein Begutachtungsverfahren gege­ben hat. Dass die NGOs, humanitäre Organisationen überhaupt davon erfuhren, was da auf sie zukam, ist zum Teil uns zu verdanken, denn Sie haben sie nicht informiert. All diese Dinge gaben für uns am Anfang wirklich massiven Anlass zur Sorge, was da geschehen kann, weil man nicht sagen kann, dass Sie sich das genau überlegt hätten. Es gab also keine Begutachtung, das ist das eine.

Zweitens sind für mich aber auch inhaltlich noch zwei Punkte zu unklar, als dass wir dem zustimmen könnten. – Ich zitiere aus dem Gesetz: „Als grob schuldhaft gilt in die­sem Zusammenhang insbesondere die unzureichende Berücksichtigung allgemein zu­gänglicher Informationen über Gefahrensituationen.“

Okay, es gibt jetzt die Reisewarnungen auf der Website des Außenministeriums. Diese kann man sich anschauen und feststellen: In Kolumbien gelten diese für das ganze Land, in Uganda für den Norden. Es kann aber sein, dass sich jemand die Website des Außenamtes nicht ansieht – und es gibt auch Leute, die kein Internet zur Verfügung haben –, sondern in ein Reisebüro geht und sich erkundigt, und das Reisebüro sagt: In diesen Teil Kolumbiens können Sie ruhig fahren, kein Problem!

Ich frage Sie: Was geschieht dann? Wer ist dann schuld? Wer muss dann zahlen? Die­se Person oder das Reisebüro? Oder gar niemand? Das ist dann doch grob schuldhaft! Wenn das Außenministerium sagt, dass man nicht hinfahren darf, und das Reisebüro sagt, dass man sehr wohl hinfahren darf, dann erhebt sich die Frage: Wessen Informa­tion gilt? (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist rechtlich ganz klar!) – Mir ist das zu unklar, um diesem Gesetz zustimmen zu können!

Zweitens: Humanitäre Organisationen und Personen, die aus beruflichen Gründen rei­sen, sind zwar ausgenommen. Was aber ist mit Organisationen, die keinen offiziellen Status einer internationalen NGO oder Ähnliches haben? Es gibt zahlreiche Gruppen, beispielsweise im Rahmen des Klimabündnisses. Da gibt es viele, die kleine Partner­schaften mit einem Ort da und einem Ort dort haben, und die liegen dann vielleicht im Department Cauca in Kolumbien oder sonstwo, wo es durchaus gefährlich ist. Die Leute wollen aber dort hinfahren, um den Menschen Unterstützung zu gewährleisten, und sie bekommen dafür nichts bezahlt, sondern sie zahlen das von ihrem Privatgeld. Da könnte man schon sagen, das ist eine rein touristische Aktivität. – Für mich beste­hen also noch so viele Unklarheiten, dass ich sagen muss: Da kann man nicht zustim­men!

Dritter und letzter Punkt: Sich grob schuldhaft in Schwierigkeiten begeben müsste doch auch für Personen gelten, die im Ausland eine Straftat begehen, dort im Gefängnis sit­zen und dann zum Beispiel von Botschaftsvertretern besucht werden. Da kann es doch sein, dass derjenige irgendwo weit weg im Gefängnis sitzt und die Person von der Bot­schaft dort hinfliegen muss. Heißt das, dass solche Leute dann auch zur Kasse gebe-


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ten werden? Das ist zum Beispiel auch nicht klar. (Abg. Schieder: Die fallen alle dar­unter!)

Es gibt also viel zu viele Unklarheiten. Es ist besser als das, was es ursprünglich gege­ben hat, dennoch können wir der Vorlage die Zustimmung nicht geben. (Beifall bei den Grünen.)

19.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Herr Klubobmann Scheibner am Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.07.20

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lunacek, wir hatten schon ein biss­chen den Eindruck, dass Sie angesichts der damaligen Situation dieses Falles aus Algerien reflexartig gesagt haben: Ja, da sollte man etwas tun! Es gab nämlich damals eine gewisse Empörung in der Bevölkerung: Dieses Paar hat sich ja nicht nur relativ grob fahrlässig in Gefahr begeben, sondern diese beiden Herrschaften haben, als die Bemühungen der Bundesregierung gefruchtet haben und man sie aus der Gewalt der Entführer befreien konnte, dann auch noch philosophiert, wie toll das war, als sie mit ihren Entführern in der Sternennacht durch die Wüste gegangen sind, und welche nette Gedanken sie da hatten. – Das war damals eigentlich das Ausschlaggebende. Man hat sich gesagt: Die machen einen Abenteuerurlaub, während die halbe Republik versucht, sie aus der Gewalt ihrer Entführer zu retten!

Daraufhin haben wir gesagt: Wenn Menschen das tun, dann sollen sie aber in Zukunft auch einen Beitrag zu den Kosten leisten, die dabei entstehen. Und da haben auch Sie, wie alle anderen in dieser Stimmungslage, gesagt: Stimmt, da wir müssen etwas tun! Wir haben dann etwas getan, plötzlich war bei Ihnen alles auf einmal aber wieder ganz anders! – Ich gestehe Ihnen selbstverständlich zu, dass man sagt: Moment, passt auf, dass man da nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet, es sind noch diese und jene Punkte zu berücksichtigen!

Das war es aber nicht, sondern man hat so getan, als ob jetzt jeder ehrliche Tourist und jeder ehrliche Entwicklungshilfemitarbeiter in diese Falle geraten könnte. Das war die Problematik: Man hat die Bevölkerung wieder verunsichert und so getan, als ob man nicht von Haus aus hier mit dabei gewesen wäre. Das ist es, was wir Ihnen vorge­worfen haben. (Abg. Mag. Lunacek: Sie haben die Bevölkerung verunsichert!)

Herr Kollege Schieder, ich glaube, wir sollten Herrn Staatssekretär Winkler, der dann auch für die Vollziehung des Gesetzes verantwortlich ist, Glauben schenken, wenn er sagt: Dieses Gesetz ist ausreichend determiniert für die Vollziehung. Und man braucht einen gewissen Interpretationsspielraum, weil man, wie Sie ebenso gut wissen wie ich und wir alle, eben nicht jeden möglichen Fall von vornherein kasuistisch festlegen kann. Das ist nicht möglich! (Abg. Schieder: Das kann doch nicht willkürlich sein!) Das ist nicht willkürlich! Es kann doch grundsätzlich möglich sein, auch in ein Land zu fah­ren, wo es ein gewisses Gefahrenpotenzial gibt, man muss aber eben besondere Vor­kehrungen treffen.

Herr Kollege Schieder, Sie haben diesen Vergleich mit der Warntafel vor dem scharfen Hund gebracht, obwohl sich dahinter kein scharfer Hund befindet. Das ist vielleicht gar kein so dummer Vergleich! (Abg. Schieder: Danke!) Herr Staatssekretär Winkler hat nämlich gesagt: Wir wollen ja gar nicht zubeißen, wir wollen ja gar nicht, dass dieser Fall eintritt. Aber Sie wissen auch, dass Sie, wenn Sie irgendwo hinkommen und die­ses Schild mit der Warnung lesen, zumindest vorsichtiger sein werden, weil ja doch ein scharfer Hund dahinter sein könnte.


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Ich glaube, das sollte es auch sein: Dieses Gesetz ist ein Signal an potentielle Aben­teurer, vorsichtig zu sein und mehr Selbstverantwortung zu übernehmen. In diesem Sinne ist das, glaube ich, eine taugliche Lösung. Und ich meine, man sollte nicht nur dann, wenn gerade ein Anlassfall in der Öffentlichkeit groß diskutiert wird, für eine Lö­sung sein, sondern auch dann, wenn sie umgesetzt wird! (Beifall bei den Freiheitli­chen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.).

19.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses in 1601 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrats vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhe­bung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichi­scher Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührenge­setz 1992) geändert wird, zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

19.11.578. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1438 d.B.): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1602 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1442 d.B.): Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (1603 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1443 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebie­ten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (1604 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1444 d.B.): Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kul­tureller Ausdrucksformen (1605 d.B.)


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158. Sitzung / Seite 181

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1462 d.B.): Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betref­fend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Öster­reich (1606 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1463 d.B.): Europäisches Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine (1607 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 499/A (E) der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine österreichische Initiative für das Verbot von Streubomben und Streumunition (1608 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zu den Punkten 8 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit zur Debatte.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Brader. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


19.13.47

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben heute Vormittag schon eine großartige Rede unseres Bundeskanzlers über den Vorsitz Österreichs in der EU gehört (Abg. Dr. Stummvoll: Richtig! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Und jeder – auch Sie – konnte sich ein Bild machen, mit welch großem Ein­satz in dieser Zeit für Europa und damit auch für Österreich gearbeitet wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Als Abgeordneter dieses Hauses bin ich ganz besonders stolz darauf, dass es in der Zeit unserer Vorsitzführung gelungen ist, das ohnehin schon große Ansehen Öster­reichs in Europa und in der Welt noch weiter zu steigern. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Puswald: Peinliche Selbstbeweihräucherung!)

Am meisten freut mich aber, dass dieses Lob nun auch aus jenen Ländern kommt, deren Regierungsvertreter vor noch nicht gar so langer Zeit mit Kollegem Gusenbauer mit Champagner auf die Sanktionen gegenüber Österreich angestoßen haben! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Ich glaube, das muss man auch betonen, dass da ein Gesin­nungswandel in allen Ländern stattgefunden hat. – Nur Gusenbauer ist mit dem Gesin­nungswandel noch ein bisschen hinten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Ein Schwerpunkt dieses EU-Vorsitzes waren Fragen des Balkan – Kollege Spindeleg­ger hat bereits darauf hingewiesen –, und deshalb begrüße ich das heute zu beschlie­ßende Abkommen zwischen der Republik Österreich und Albanien über die Zusam­menarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft.


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Ich wünsche der Kommission viel Erfolg, und ich denke, dass auch in den Beziehun­gen zwischen Albanien und Österreich schon sehr viel geschehen ist. Es gibt auch sehr enge persönliche Beziehungen auf politischer Ebene: Kollege Großruck und viele andere haben da ja gute Kontakte.

Ich sehe dieses Abkommen mit Albanien als genauso bedeutsam wie jenes über den Schutz zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Mit diesem Abkommen wird die Tatsache unterstrichen, dass der Respekt und die Anerkennung von kultureller Vielfalt der Schlüssel zur Lösung vieler Fragen unserer Zeit ist. Die Vielfalt an kulturel­len Ausdrucksformen unterliegt in zunehmendem Maße auch der Globalisierungsent­wicklung, und ich denke, dass es vor allem darum geht, diese Vielfalt zu schützen und die kulturellen Ausdrucksformen, die in den Regionen verschieden sind, sicherzustel­len.

Mit einer eigenen Konvention sollen nun auch die Besonderheit kultureller Güter aner­kannt und durch die Stärkung der Gemeinsamkeiten zwischen Kultur, Entwicklung und Dialog sowie durch die Bildung einer innovativen Plattform für die internationale Koope­ration die Vielfalt und Kreativität geschützt und gefördert werden.

Ich glaube – und da werden Sie mir sicherlich beipflichten –, kulturelle Vielfalt und in­terkultureller Dialog sind eine sichere Garantie für die positive Weiterentwicklung in Frieden.

Ich bin überzeugt davon, dass beide Abkommen breite Zustimmung finden werden.

Auf der Tagesordnung steht auch die Änderung des Übereinkommens über den physi­schen Schutz von Kernmaterial. – Auch das ist aus Sicherheitsgründen zu begrüßen, wenngleich der Ratifizierungsprozess noch nicht wirklich weit gediehen ist.

Schließlich werden durch das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenz­überschreitende Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften die diesbezüg­lichen Möglichkeiten unmittelbar benachbarter Gebietskörperschaften und anderer Staaten geregelt. Mit einem eigenen Zusatzprotokoll wird nun auch die Zusammenar­beit nicht benachbarter Gebietskörperschaften geregelt.

Ich glaube, es sind dies alles in allem sehr positive Anträge.

Herr Staatssekretär Winkler, ich möchte mich bei Ihnen vor allem für die gute Organi­sation des EU-Vorsitzes bedanken! Ich durfte selbst bei der Europatagung in St. Pölten dabei sein, und ich war ganz begeistert von den Reaktionen der vielen Ländervertreter zur positiven Organisation dieser Veranstaltung! (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwie­ser.)

Ich glaube, dass auch die heutigen Beschlüsse ein weiterer Beitrag zu einer sehr posi­tiven Außenpolitik sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

19.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.17.56

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir hatten vor zwei Tagen bei einer Enquete, die wir gemeinsam mit den Grünen durchgeführt haben, die Gelegenheit, an einer breiten, von Experten getrage­nen Meinungsfindung zum Thema Streubomben und Streumunition teilzunehmen, eine Enquete, die in mehrerlei Hinsicht sehr nachdenklich gestimmt hat. Dabei wurde fast einhellig die Meinung vertreten, dass Streubomben und Streumunition geächtet und verboten gehören, und ich bedaure, dass wir nicht zu einer gemeinsamen Vier-Par-


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teien-Einigung gekommen sind, obwohl unsere Positionen nicht so grundverschieden gewesen wären.

Kriege sind auch im 21. Jahrhundert keine saubere Angelegenheit, selbst wenn Waffen eingesetzt werden, die angeblich zwischen Freund und Feind und Infrastruktur und Mensch unterscheiden können, wobei insinuiert wird, dass militärische Erfolge bei gleichzeitigem Rückgang von Menschenopfern zu erzielen seien. Dabei kommt es zum Großteil des Leides erst dann, wenn die Truppen und die Fernsehkameras wieder ab­gezogen und das Interesse und die Empathie der Öffentlichkeit abgeflaut sind. Vor allem trifft es Zivilisten, und insbesondere sind Kinder davon betroffen, weil diese Streumunition oft ähnlich wie Spielzeug ausschaut und es sehr viele Opfer gibt.

Diese Streubomben und Streumunition ist primär ausgerichtet, „weiche Ziele“ zu zer­stören, wie es in der militärischen Sprache heißt, also Menschen zu zerstören. Sie ha­ben auch eine sehr hohe Blindgänger-Quote, und somit lauern oft jahrelang nach den Kampfhandlungen auf dem Boden tödliche Geschoße, die auf physischen Kontakt sehr sensibel reagieren.

In zahlreichen Kriegen sind Streubomben und Streumunition in großer Menge zum Ein­satz gekommen, vor allem im Afghanistan-Krieg, im Golf-Krieg, wo etwa 50 Millionen Streumunition verschossen wurden, wo viele Zivilisten zum Teil Jahre danach ums Leben kamen. In Laos zum Beispiel geht man von zirka 11 000 Opfern aus. Nach dem Golf-Krieg 1991 starben bis zu 4 000 irakische Zivilisten an dieser Munition. Ein Experte hat bei der diesbezüglichen Enquete eindrucksvoll nachgewiesen, dass im Balkankrieg, um 14 serbische Kampfpanzer abzuschießen, an die 300 000 Streumuni­tion verschossen wurden. – Ich bringe dieses Beispiel, damit man auch das Verhältnis zwischen Einsatz und Wirkung sieht.

Solche Munition ist aber in vielen Waffenlagern auch weiterhin präsent, sie wird in den meisten EU-Staaten weiterhin produziert. Als erstes nationales Gesetzgebungsorgan hat das belgische Parlament im Februar 2006 nahezu einhellig ein Verbot von Einsatz, Produktion, Lagerung und Weiterkauf von Streubomben beschlossen. Der erste Schritt ist damit gesetzt, wie schon bei den Landminen.

Ich bedauere es, dass wir keine gemeinsame Vorgangsweise finden konnten. Wir wa­ren der Meinung, dass der von den Regierungsparteien vorgelegte Antrag wenig am Status quo ändern würde, weil auch im österreichischen Bundesheer solche Munition gelagert wird. Allerdings hat ein Experte des Verteidigungsministeriums zugegeben, dass im Hinblick auf das gegenwärtige Bedrohungsbild und auf die gegenwärtige Situation Österreichs im Zusammenhang mit der immerwährenden Neutralität solche Streumunition nicht notwendig ist. Nur im Zusammenhang mit der Erfüllung von Peters­berg-Aufgaben wird eben diese Streumunition auch in den Lagern des österreichen Bundesheeres pro futuro zur Verfügung gehalten.

Wir fordern zum einen ein Moratorium in Bezug auf Streumunition, wir fordern ein Ver­bot von Streumunition.

Wir fordern zum anderen die rasche Ratifizierung des Protokolls V der Convention on Conventional Weapons und die Nicht-Beteiligung vor allem an internationalen Militär­einsätzen, bei denen Streumunition zum Einsatz kommt.

Ich glaube, dass dies wichtig wäre – und ich ersuche Sie, diesen unseren Antrag mit zu unterstützen –, denn ein Verbot von nur blindgängeranfälliger Streumunition schließt e contrario ein schlüssiges Bekenntnis zu funktionierender Streumunition ein. Wir glau­ben, dass das eine sehr grausame Waffe, eine furchtbare Waffe ist, die verboten ge­hört. Wer es ernst meint, der sollte den Weg zu Ende gehen, sofern man sich in Fort­schreibung der österreichischen Außenpolitik auch weiterhin dem Prinzip Abrüstung


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und humanitärem Gedankengut verpflichtet fühlt. Das bedeutet Verbot von Streumuni­tion – und das möglichst rasch und ohne Ausnahmen oder sonstige Einschränkun­gen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.23.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte, ähnlich wie mein Vorredner von der ÖVP, auch ein paar Worte zur Diskussion rund um den Ratsvorsitz sagen. Im Ausschuss wurde sehr ausführlich über den Ratsvorsitz diskutiert, über die positiven Ergebnisse, aber auch über die aus dem Blickpunkt der Erwartungen der Opposition gesehen nicht eingetretenen. Ich möchte hier positiv anmerken, dass im Ausschuss selbst im Allgemeinen eine sehr gute Gesprächsbasis geherrscht hat.

Es war im Vergleich zur heutigen Diskussion, wo die Medien und das Fernsehen mit dabei waren, schon faszinierend zu sehen, wie sehr wohl auch von Seiten der Opposi­tion lobende Worte für Herrn Staatssekretär Winkler gefunden wurden, wie man doch sehr konsensual wichtige Themen der Außenpolitik und des Ratsvorsitzes Öster­reichs – sei es das Engagement in Richtung Süden, in Richtung Balkan oder anderer Länder – behandelt hat. Damit wurde gezeigt, dass man, wann immer es im Ausschuss sachlich zu diskutieren gilt, sehr wohl in der Lage ist, über Parteigrenzen hinweg Dinge zu argumentieren.

Zum Thema Splitterbomben wird mein Kollege Markus Fauland Stellung nehmen, die Meinung des Klubs dazu auch vertreten.

Abschließend möchte ich noch ganz kurz Stellung nehmen zur Diskussion über den Federschmuck von Montezuma. Auch dazu hat es im Ausschuss eine breite Diskus­sion gegeben – Herr Kollege Schieder lacht –, eine Diskussion, die für mich faszinie­rend war, weil es interessant war, wie man im Außenpolitischen Ausschuss solch ein Thema beleuchten konnte. Dabei gab es ein Hearing mit Experten, die uns mehr oder weniger alle einhellig bestätigt haben, dass dieser Federschmuck wahrscheinlich gar nicht von Montezuma ist. Es war auch interessant, mitzuverfolgen, wie sehr die Exper­ten in Österreich darauf drängen, diesen Federschmuck nicht zurückzugeben, dass man eigentlich davon Abstand nehmen möchte. Wir haben dann im Ausschuss mit breitem Konsens beschlossen, den Antrag zu vertagen, um da in keine Richtung je­manden vor den Kopf zu stoßen.

Ich glaube, dass auch das zeigt, dass man Initiativen, die an und für sich gut gemeint sind und auch wirklich zu einem guten bilateralen Klima mit anderen Staaten beitragen würden, nicht überzeichnen sollte. Ich denke, dass man hier gesehen hat, dass es nicht immer der richtige Weg ist, dass man sozusagen mit der Keule zu schwingen beginnt und fordert, dass man etwas zurückgeben muss, weil das im besonderen Lichte einer früheren Zeit zu sehen ist. Alle drei Experten, die im Ausschuss waren und das Hearing sozusagen mit begleitet haben, waren sichtlich zufrieden, dass wir da vertagt haben und durch einen Vier-Parteien-Konsens dafür gesorgt haben, dass die­ser Federschmuck in Österreich bleibt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

19.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Luna­cek zu Wort. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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19.26.22

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz zu einigen der zur Verhandlung ste­henden Tagesordnungspunkte etwas sagen – und dann länger zur Frage Streumuni­tion und Streubomben.

Der erste Punkt, zu dem ich Stellung nehmen möchte, ist die Erklärung über die Zu­rückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 11 der Konvention zur Beseiti­gung jeder Form von Diskriminierung der Frau – CEDAW – hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen.

Die Zustimmung unsererseits dazu geht nicht in die Richtung, dass wir nicht meinen würden, dass es, was Nachtarbeit betrifft, sehr wohl noch verstärkte Schutzmaßnah­men und Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vor allem für Frauen, die in der Nacht arbeiten, geben sollte. Der Hintergrund ist der, dass auch die Mitarbeiterin­nen/Mitarbeiter der CEDAW-Konvention Österreich ersucht haben, hier eine Rechtsbe­reinigung und eine Angleichung an das EU-Recht vorzunehmen, und deshalb stimmen wir diesem Punkt zu, auch wenn uns ganz klar ist – ich möchte das hier noch einmal betonen –, dass gerade, was Nachtarbeit betrifft, nach wie vor verstärkte Schutzmaß­nahmen notwendig sind, um die Situation von Frauen, aber auch von Männern, die in der Nacht arbeiten, zu verbessern. Dafür treten wir ein. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Punkten, welche die Kultur betreffen, wird mein Kollege Wolfgang Zinggl spre­chen. Zu allen anderen Punkten gibt es unsererseits Zustimmung – mit Ausnahme des letzten Punktes, nämlich des Berichtes des Außenpolitischen Ausschusses über unse­ren Antrag betreffend das Verbot von Streubomben und Streumunition. Dazu hat Kol­lege Posch schon einige Anmerkungen gemacht.

Ich möchte noch einiges dem hinzufügen, was gestern bei der von Grünen und SPÖ veranstalteten Enquete von zahlreichen Experten und Expertinnen gesagt wurde. Mich hat das gestern beeindruckt. Ich hatte zwar davor schon genügend Informationen, um hinter dem Antrag, den wir gestellt haben, zu stehen, aber die Berichte von Expertin­nen und Experten vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes, von Handicap In­ternational, von der Cluster Munition Coalition, also der Kaolition gegen Streubom­ben und Streumunition haben mich und auch, wie ich glaube, die Vertreterin des Außenministeriums, Frau Gesandte Auer, als auch den Vertreter des Verteidigungs­ministeriums, Herrn Oberst Monsberger, sehr wohl beeindruckt. Ich hoffe, dass, wenn schon die Regierungsfraktionen nicht unserem umfassenden Antrag zustimmen, diese Veranstaltung von gestern doch ein Ereignis war, das in dieser Frage in Zukunft einen weiteren Schritt möglich macht.

Ich möchte nun auf die zwei Punkte eingehen, zu denen es von den Regierungsfraktio­nen keinen Zustimmung gibt. Der eine ist ein unilaterales Moratorium, wo wir meinen, dass Österreich ein solches aussprechen sollte, nämlich dass wir diese Munition weder produzieren – das tun wir ohnehin nicht –, aber auch weder verwenden noch lagern wollen.

Das ist der Punkt, wo das Landesverteidigungsministerium und das Bundesheer sa­gen: Nein, ein derartiges Moratorium wollen wir nicht, denn wir haben eine bestimmte Art von Streumunition lagernd! Die M 85haben wir lagernd, und die möchten wir, wenn wir sie irgendwo einmal bei Auslandseinsätzen brauchen, auch verwenden können!

Bisher hat – das hat der Oberst vom Verteidigungsministeriums zugegeben – diese Munition noch nie jemand verwendet. Also die wurde irgendwann einmal angekauft, in der Hoffnung, dass es möglicherweise auch einmal obere Petersberg-Einsätze, also friedensschaffende Einsätze gibt und dass man sie dann auch verwenden kann.


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Der Rechtsexperte des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes hat gestern ge­nau dargelegt, dass gerade diese Munition eine ist, die dem internationalen humanitä­ren Recht nicht entspricht, nämlich etwa dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet: Was will man militärisch erreichen, und wie viel Zerstörung und Leid der Zivil­bevölkerung nimmt man dafür in Kauf? Das muss in einem Konflikt ein gewisses Ver­hältnis haben, und das trifft bei der Streumunition und den Streubomben nicht zu. Ein Beispiel dafür hat Kollege Posch schon gebracht: Kosovo, Juni 1999, Einsatz von 295 000 Stück dieser Streumunition, die in Streubomben abgeworfen worden waren. 14 serbische Panzer wurden damit zerstört. 14, nicht mehr! Viele dieser 295 000 klei­nen Dinge, die noch dazu färbig sind und wie Spielzeug ausschauen, liegen dort zum Teil immer noch herum.

Das ist nicht so wie bei den Landminen, wo man weiß, wenn das bekannt gegeben wird, wo sie genau liegen. Diese Streumunition wird in Form von Bomben abgeworfen, die viele kleine Munitionsteile enthalten. Die gesamte Fläche, auf die diese Munition fällt, wird von Fachleuten auf Englisch als „footprint“ bezeichnet, also „Fußabdruck“. Es hängt sehr davon ab, wie der Boden dort beschaffen ist, wo die Munition hinfällt: Wenn er hart ist, bleibt die Munition oben liegen. Viele explodieren, aber nicht alle, man kann das als Laie auch nicht erkennen, ob die Munition noch scharf ist oder nicht. Aber man­che versinken, wenn sie zum Beispiel auf Sand fallen. Wenn der Boden feucht ist, sin­ken sie auch ein. Dann weiß man nicht mehr, ob welche unter der Oberfläche liegen oder nicht. Und wenn Kinder dort herumlaufen und diese bunten Dinge, gelbe, rote, blaue, dort herumliegen sehen, greifen sie sie an, heben sie neugierig auf – und dann können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn diese Bomben vorher nicht explodiert sind. Deshalb sagen die Fachleute, dass diese Art von Munition noch viel gefährlicher ist als die Landminen.

Ein Mitarbeiter von Handicap International, der 25 Jahre lang Mitglied der Britischen Armee war und vor fünf Jahren selbst Opfer einer Landmine wurde, nämlich ein Bein verloren hat, hat bei unserer Veranstaltung am 11. Juli erzählt, dass ihm ein Freund einmal gesagt hat: Wenn du eine Landmine, auf die du steigst, überlebst, dann bist du froh, dass du das überlebt hast! Dann hast du eines deiner Gliedmaßen verloren, aber du lebst! Wenn du aber Opfer eine Streubombe, einer Streumunition wirst und du überlebst, so ist das ganz anders! Dann wäre es manchen Leuten lieber gewesen, wenn sie gestorben wären. Der Freund hat ihm Fotos von Menschen gezeigt, die nicht nur – das „nur“ ist jetzt schon zuviel gesagt – einen Arm oder ein Bein verloren haben, sondern deren Körper massivste Verletzungen aufgewiesen haben, weil das Splitter sind, die den Körper treffen und zerstören, und diese Verletzungen sind kaum heilbar.

Aus diesem Grund haben mich diese Schilderungen von gestern – das merken Sie wahrscheinlich an meiner Stellungnahme hier – mehr beeindruckt als das, was ich vor­her wusste, und mich noch mehr davon überzeugt, dass es Sinn macht, dass Öster­reich ein einseitiges Moratorium beschließt und dass insgesamt ein Verbot der Lage­rung dieser Munition beschlossen wird, und zwar nicht nur der Munition, die mehr als 1 Prozent Blindgängerrate aufweist. Auch da möchte ich Ihnen erklären, warum.

Die Fachleute von Landmine Action haben erklärt, dass diese Streumunition in der Fachsprache „bomblets“ heißt. Diejenige, die das österreichische Bundesheer la­gernd hat, ist der Typ M 85. Das Bundesheer behauptet, diese weise eine Blindgänger­rate von nur 1 Prozent auf, wo man sozusagen in Kauf nehmen kann, dass nur sehr wenige später erst explodieren und dann Menschen gefährden.

Das britische Verteidigungsministerium, also nicht irgendeine NGO, sondern das bri­tische Verteidigungsministerium hat vor kurzem, und zwar am 27. März 2006, festge­stellt, dass bei ihren Tests, die sie im September 2005 durchgeführt haben, genau die-


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se „bomblets“ eine Blindgängerrate von 2,3 Prozent gezeigt haben. Das sagt das bri­tische Verteidigungsministerium.

Meine Damen und Herren von ÖVP und BZÖ, das heißt, wenn Sie heute Ihren Antrag, wo Streumunition nicht verboten wird, bei welcher die Blindgängerrate unter 1 Prozent liegt, beschließen, dann ist eigentlich die Konsequenz daraus, dass das österreichi­sche Bundesheer die vorhandene Munition des Typs M 85 vernichten muss. Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, sollten Sie das vorhaben. Sie könnten ja auch unserem Antrag zustimmen. Dann müssten Sie die vorhandene Streumunition zwar auch ver­nichten, aber dann hätten Sie zumindest eine kohärente Haltung. (Beifall bei den Grü­nen sowie der Abg. Mag. Hakl.)

Ein Letztes noch: Es wird immer wieder gesagt – das war auch bei der Vertreterin des Außenministeriums und beim Vertreter des Verteidigungsministeriums gestern so –, dass Österreich da sehr wohl etwas tun will. Das steht auch im Antrag der Regierungs­fraktionen drinnen: Österreich sollte da eine Vorreiterrolle spielen. Aber es heißt immer: Wenn die anderen etwas machen und wenn es auf internationaler, auf multilaterale Ebene etwas gibt, dann machen wir auch mehr!

Es gab eine ganz klare Linie von den Leuten der Landminen-Aktionskampagne. Sie er­innern sich: 1995 gab es da endlich eine Dynamik. 1997 wurde das Ottawa-Protokoll beschlossen. Die Leute, die schon damals dabei waren, haben gesagt: Vor zehn Jah­ren, vor zwölf Jahren haben viele noch gefunden: Das, was diese NGOs und diese Aktivisten fordern, nämlich das Verbot von Landminen, von Anti-Personenminen, das brauchen wir alles nicht!

Diese Dynamik hat sich geändert. Es gibt das Ottawa-Protokoll. Und die Experten der Landmine Action haben bei der gestrigen Veranstaltung ganz klar gesagt: Darauf zu warten, dass auf multilateraler Ebene etwas passiert, das ist genau der falsche Weg. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Man braucht Maßnahmen auf nationaler Ebene. Es ist das belgische Gesetz ein gutes Beispiel: Österreich könnte diesem folgen. Man braucht auf nationaler Ebene Maßnahmen, und seien es auch kleine Staaten, die an­fangen und damit eine Dynamik in Gang bringen, damit es tatsächlich irgendwann ein­mal zu einem umfassenden Verbot von Streubomben und Streumunition kommt. Ich denke, Österreich sollte da eine Vorreiterrolle spielen, so, wie es bei der Landminen-Kampagne der Fall gewesen ist – und nicht auf die anderen zu warten! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Mag. Hakl.)

19.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun der Herr Staatssekretär Dr. Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


19.37.21

Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte von den Punkten, die hier unter einem behandelt werden, kurz zu zweien Stel­lung nehmen.

Erstens zu der von der Frau Abgeordneten Lunacek sehr ausführlich angesprochenen Frage der Initiative für ein Verbot von Streubomben und Streumunition.

Frau Abgeordnete Lunacek und Herr Abgeordneter Posch: Wir teilen diese humani­tären Zielsetzungen selbstverständlich vollinhaltlich. Ich darf daran erinnern, dass sich nicht erst seit dem Bemühen um ein Verbot von Landminen die österreichische Außenpolitik immer, seitdem es ein Außenministerium gibt, für Abrüstung und Rüs­tungskontrolle sehr aktiv eingesetzt hat und dabei auch immer wieder eine Vorreiter­rolle gespielt hat.


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Ich erinnere an die siebziger Jahre, als die Convention on Conventional Weapons ausgearbeitet wurde, mit den Zusatzprotokollen. In der Zwischenzeit sind wir beim Pro­tokoll V, wo österreichische Delegierte eine ganz wesentliche Rolle gespielt haben. Es gehört sozusagen zum Standard-Repertoire der österreichischen Außenpolitik – unter allen Regierungen –, dass wir uns sehr aktiv gerade mit der Frage der Weiterentwick­lung des humanitären Völkerrechts auseinandersetzen. Daher sind wir auch durchaus dankbar für diese Initiative, denn auch für uns ist das ein wichtiges Anliegen.

Es geht um die Vermeidung von unnötigen Leiden auch im Krieg. Wir alle haben, glau­be ich, realistischerweise festzustellen, dass es leider Gottes noch immer Kriege gibt. Aber wir müssen alles daransetzen, dass, wenn es schon Kriege gibt, die Leiden von Menschen möglichst gering gehalten werden.

Die Frage ist – und ich glaube, da unterscheiden wir uns voneinander –: Wie schaut das beste Vorgehen aus? – Es ist nicht so, Frau Abgeordnete Lunacek, dass wir hier dem Ruf nach einem Totalverbot nicht nachkommen, weil wir sozusagen zu feige wä­ren oder warten, dass andere diese Rolle übernehmen. Wir haben uns auch bei den Landminen von Anfang an für ein Verbot eingesetzt. Das Ganze kam schließlich und endlich von der Zivilgesellschaft, und die Regierung hat das aufgegriffen. Die von Ihnen geschilderte Ansicht von Personen: Na ja, das nehmen wir alles nicht so ernst, was wollen die?, die hat es zumindest im Außenministerium nie gegeben. Das kann ich Ihnen versichern.

Es gibt auch jetzt nicht die Meinung, dass man nicht längerfristig auf ein Verbot hinar­beiten sollte, aber wir müssen, glaube ich, überlegen, was vernünftiger ist: auf einige Jahre hinaus gar nichts zu erreichen oder in Schritten voranzugehen und zumindest die Gefahr – Sie haben das sehr eindrucksvoll beschrieben –, die von nicht-detonierter Munition ausgeht, zu verringern. Daher bemühen wir uns, im Rahmen der Verhandlun­gen über ein weiteres Zusatzprotokoll zum konventionellen Waffenabkommen Rege­lungen zu erreichen, die den Einsatz von Streumunition mit so hoher Blindgängerrate verhindern. Das scheint mir eine durchaus vernünftige strategische Vorgangsweise zu sein.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen – das hat nichts damit zu tun, dass wir das nicht wol­len –, dass ein Totalverbot heute politisch schlicht und einfach nicht umsetzbar ist und dass da noch sehr viel Arbeit von den Regierungen, aber auch von der Zivilgesellschaft geleistet werden muss. Ich begrüße das sehr, wenn sich die Zivilgesellschaft dafür einsetzt, denn sie baut auch den Druck in den öffentlichen Meinungen aus, die dann die Regierungen dazu bringen, zu handeln. Aber wir müssen realistisch sein und zu­nächst einmal mit gleichgesinnten Staaten versuchen, das humanitäre Bewusstsein zu stärken. Das kann unserer Meinung nach nur in einem Zusatz zur Waffenkonvention erfolgen und muss auch – das ist schon sehr wesentlich – die wichtigen Militärmächte einbeziehen.

Wir sollen also darauf hinarbeiten, explosive Kampfmittelrückstände und damit die von Ihnen auch sehr einträglich geschilderte Gefahr für die Zivilbevölkerung zu vermeiden.

Zur Frage, ob Österreich nunmehr das Protokoll V ratifizieren wird, kann ich sagen, dass seit wenigen Tagen alle Sprachfassungen vorliegen und daher voraussichtlich im August-Ministerrat die Weiterleitung an das Hohe Haus beschlossen werden kann. Wir werden uns sehr bemühen, und ich hoffe, dass das sehr bald vom Nationalrat geneh­migt werden kann.

Wir setzen uns auch sehr intensiv für ein Protokoll VI ein, das genau diese humanitäre Wirkung der Verminderung der Gefahrenquelle für die Zivilbevölkerung hat. Ich halte das für einen vernünftigen, realistischen und durchaus auch angemessenen Weg.


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Ich möchte noch ganz kurz einige Worte zum in einem Debattenbeitrag bereits erwähn­ten Abkommen mit Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft sagen. Mir scheint doch auch im Lichte dessen, was wir heute im Zusammenhang mit dem österreichischen Vorsitz bereits diskutiert haben, nämlich den Schwerpunkt Balkan, wesentlich zu sein, darauf hinzuweisen, dass die symbolische Bedeutung dieses Abkommens weit über den Anlass an sich hinausgeht. Das ist ein Abkommen, das wir mit vielen Staaten haben, es ist sozusagen nichts „Weltbewegendes“, aber ein sehr deutliches Symbol gegenüber einem Staat, der noch vor gar nicht so vielen Jahren in einer so totalen Isolierung gelebt hat, leben musste, wie das heute nur mehr mit Nordkorea zu vergleichen ist; allerdings wurden seitens Albaniens keine Raketen abgeschossen, also haben sie sich doch etwas besser be­nommen.

Albanien hat ungeheuer große Fortschritte gemacht. Die Menschen sind – das merkt man, wenn man mit ihnen spricht – voll europäischer Begeisterung. Es ist daher wich­tig, dass wir im Bereich der Zusammenarbeit mit den Universitäten, mit den jungen Leuten in der Berufsbildung, im Schulwesen ein Zeichen setzen. Die dafür vorgesehe­nen Budgetansätze sind weiß Gott nicht besonders hoch, sie sind auch eher symboli­scher Art, allerdings handelt es sich hiebei eher um Minimalansätze, die auch erhöht werden können. Aber für das Land, für die Einbeziehung und die Rückkehr Albaniens nach Europa ist dieses Abkommen ganz besonders wichtig. – Danke schön. (Allgemei­ner Beifall.)

19.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Herr Abgeordneter Großruck zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.44.05

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Staatssekretär Winkler, ich darf ebenfalls auf das Abkommen mit Albanien zu sprechen kommen. Ich pflichte Ihnen voll bei, dass der symbolische und der ideelle Wert dieses Abkommens viel höher sind als der mate­rielle. Ich hatte die Gelegenheit und Ehre, bei der Unterzeichnung dieses Abkommens durch Frau Bundesministerin Gehrer und dem albanischen Kulturminister dabei zu sein, und weiß, wie wichtig es für das Selbstwertgefühl der Albaner ist, mit einem euro­päischen Land eine derartige Vereinbarung zu treffen.

Das ist aber nur der Gipfel des Eisberges, der Gipfel dessen, was von Österreich aus in Albanien geschieht.

Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer war Anfang der neunziger Jahre eine der Ers­ten, die – damals noch als Präsidentin des Vorarlberger Landtages – Hilfslieferungen organisiert und Schulen eingerichtet hat, die, mit Gummistiefeln, hineingepilgert ist in die Schluchten des Balkan und den Leuten dort Hoffnung gegeben hat. Elisabeth Geh­rer ist in Albanien fast so etwas wie eine Heilige – und sie hat vom Staatspräsidenten Albaniens kürzlich den höchsten Orden, den Albanien zu vergeben hat, nämlich den Mutter-Teresa-Orden, bekommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Lachen Sie nur darüber, aber reden Sie einmal mit den Leuten vor Ort, wie diese unse­re Frau Ministerin schätzen und ihre Leistungen goutieren – im Gegensatz zu Ihnen, die Sie sie immer verteufeln, sie abqualifizieren! Bundesministerin Gehrer hat bewie­sen und beweist, dass sie ihr Herz auf dem rechten Fleck hat, und ihr Herz ist unteil­bar: So, wie sie eine gute Politik in Österreich macht, leistet sie auch humanitäre Hilfe in Albanien! – Das muss auch einmal gesagt sein.


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158. Sitzung / Seite 190

Meine Damen und Herren! Aber nicht nur ein Kulturabkommen wurde unterzeichnet, sondern unter der Ägide der Ratspräsidentschaft wurde von Frau Außenministerin Plassnik am 12. Juni 2006 auch das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Albanien unterzeichnet, mit dem Albanien an die europäischen Normen herangeführt werden soll. Albanien soll sozusagen seine Hausaufgaben erledigen.

Ich stimme da vollkommen mit Herrn Staatssekretär Winkler überein: Kein anderes Land wurde so stark gebeutelt wie Albanien in der kommunistischen Ära unter Enver Hoxha. Albanien war isoliert, war abgeschottet, hatte keinen Kontakt zur Außenwelt. Sie brauchen sich nur einmal den Bericht durchzulesen, den der ehemalige albanische Parlamentspräsident Arbnori – in den neunziger Jahren war er das – darüber geschrie­ben hat, wie er unter Hoxha fast 20 Jahre lang eingesperrt war. Arbnori musste auf Steinboden schlafen, bekam nichts zu essen, erhielt jeden Tag ein anderes Todesurteil und wusste nicht, warum er überhaupt eingesperrt war. Das war zu der Zeit, in der wir in Österreich unser Wirtschaftswachstum aufgebaut haben und kaum jemand eine Ahnung davon hatte, wie es in Albanien wirklich zugeht.

Deshalb ist es eine Verpflichtung, nicht nur für Österreich, sondern für die gesamte Ge­meinschaft, diesen Ländern zu helfen, hinzugehen nicht als Besserwisser, als Oberleh­rer, sondern als Hilfesteller. Deshalb kommt Österreich in diesen Ländern auch so gut an, vor allem in Albanien: weil wir als Freunde kommen, als jene, die helfen wollen – nicht aber ls jene, die alles besser wissen. Deshalb gibt es auch so gute Kontakte.

Albanien nimmt eine hervorragende Entwicklung. Ich habe vor vierzehn Tagen mit NGOs gesprochen, mit Mitgliedern von Pro Albanien – das ist eine NGO-Gruppe, die permanent Hilfslieferungen macht, die Kranke herausholt, damit sie bei uns operiert werden können –, die gesagt haben, mit Antritt der neuen Regierung sei es erstmals möglich gewesen, dass sie bei Hilfslieferungen in Durrës keine Schutzzölle zahlen mussten, dass sie korrekt behandelt wurden, dass sie ohne Probleme hineingelassen wurden. – Ein kleines Beispiel von vielen dafür, wie hoffnungsvoll diese Entwicklung dort ist.

Natürlich stimmen wir diesem Abkommen zu. Ich ersuche alle, auch weitere Abkom­men zu betreiben, weiterhin Hilfestellungen und ideelle Unterstützung für dieses Land zu geben.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. (Ruf bei der SPÖ: Mit einem Vier­zeiler!) Natürlich mit einem Vierzeiler und wieder auf dem Boden der politischen Natio­nalrealität zurück. Die Freunde der SPÖ haben sich heute bemüßigt gefühlt, in all ihren Reden der Regierung zu drohen und sie darauf hinzuweisen: Ihr werdets schon sehen bei den nächsten Wahlen, wartet nur darauf! Das sind eher Scheinangriffe gewesen, und wir wissen ja: Angriff ist die beste Verteidigung.

Lassen Sie mich auf diese Äußerung mit einem Vierzeiler antworten, meine Damen und Herren:

Stiftungen gibts ohne Zahl

im BAWAG-ÖGB-Skandal.

Und bei den Wahlen, wird man sehen,

werden auch die Roten stiften gehen.

Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Muttonen. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



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158. Sitzung / Seite 191

19.49.42

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Abgeordneter Großruck, das war nur mäßig lustig. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute die Ratifizierung des Unesco-Übereinkommens über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen vornehmen können und werden.

Wir haben über dieses Übereinkommen bereits vor rund einem Jahr hier im Plenum diskutiert, nämlich auf Basis eines SPÖ-Entschließungsantrages zum Schutz kultureller Vielfalt. Es haben damals alle Parteien zugestimmt, und ich nehme an und hoffe, dass das auch heute der Fall sein wird; obwohl das, meine Damen und Herren, angesichts des Slalomkurses von Herrn Bundeskanzler Schüssel und Herrn Landeshauptmann Haider in der Ortstafelfrage – was auch ein Ausdruck kultureller Vielfalt ist – beinahe zynisch zu sein scheint.

Von Herrn Haider sind wir ja schon einiges gewohnt – Sie erinnern sich: bin weg, bin da, bin weg, da und vielleicht doch wieder weg! –; der Herr Bundeskanzler versteckt das besser. Er verspricht, er kündigt an, er lässt sich von seinem Koalitionspartner trei­ben – und fällt letzten Endes um. So, meine Damen und Herren, schaut das Agieren und das Reagieren des Bundeskanzlers aus. Von einem breiten Konsens ist schon lange nicht mehr die Rede! Sehr bedauerlich!

Aber zurück zur UNESCO-Konvention. Im Oktober 2005 hat die Generalversammlung der UNESCO diese Konvention verabschiedet. Wir unterstützen die Prinzipien dieses Übereinkommens, das eine völkerrechtlich verbindliche Basis für das Recht aller Staa­ten auf eigenständige Kulturpolitik darstellen wird. Herzstück dieses Übereinkommens ist das Recht jedes Staates, regulatorische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, um die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen auf seinem Staatsgebiet zu schützen und zu fördern. Gleichzeitig soll der Austausch von künstlerischen Ideen gefördert werden.

Kurz gefasst: Es geht um die Besonderheit kultureller Güter und Dienstleistungen, denn die fortschreitende Liberalisierung macht den Schutz und die Förderung der Viel­falt kultureller Ausdrucksformen besonders bedeutsam. Die nationale Kulturpolitik, die öffentliche Kulturförderung müssen gegenüber möglichen wettbewerbsrechtlichen Ein­schränkungen gestärkt werden.

In erster Linie gilt es, die Grundsätze dieses Übereinkommens im eigenen Land anzu­wenden, aber auch die multilaterale Zusammenarbeit muss gefördert werden, sobald dieses Übereinkommen in Kraft getreten ist.

Ich glaube, die Herausforderungen werden vor allem auf nationaler Ebene sehr vielfäl­tig sein. Wenn man ein Beispiel hernimmt: In Artikel 2 Abs. 7 ist der Grundsatz des gleichberechtigten Zugangs zu einem reichen und vielfältigen Spektrum kultureller Aus­drucksformen festgelegt. Dieser Ansatz ist sehr zu begrüßen, und ich möchte das auch unterstreichen, sehe allerdings bereits hier in diesem einen Punkt deutliche Diskrepan­zen zwischen Theorie und Praxis. Ich denke da zum Beispiel an die zunehmenden Tendenzen, die Nutzung des Internets und des Cyberspace kostenpflichtig zu machen. Da werden nicht nur die Kulturpolitik, sondern auch die Justiz- und die Medienpolitik verstärkt gefordert sein.

Damit dieses Abkommen in Kraft treten kann, sind mindestens 30 Ratifizierungen bis Juni 2007 notwendig. Die ersten vier Ratifizierungen – das ist der Stand vom Juni die­ses Jahres – erfolgen durch Kanada, Mauritius, Mexiko und Burkina Faso. Es ist sehr positiv – das habe ich schon im Ausschuss erwähnt –, dass Österreich als einer der ersten EU-Staaten dieses Übereinkommen ratifizieren wird. Das Tempo, mit dem die


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einzelnen Staaten diesen Ratifizierungsprozess angehen, ist auch ein wichtiger Indika­tor dafür, wie wichtig und ernst diese Konvention genommen wird.

Ich bin überzeugt davon, dass die Fragen der kulturellen Vielfalt – wie wir das heute in der Diskussion schon erlebt haben, aber noch weiter darüber hinaus – und auch die Fragen der kulturellen Rechte angesichts der Globalisierung Schlüsselthemen in den kommenden Jahren bleiben werden. Der Erfolg dieses Abkommens wird davon abhän­gen, ob die Instrumente dieses Übereinkommens genutzt und die vereinbarten Krite­rien zum Schutz und zur Förderung kultureller Vielfalt eingehalten werden, zum Bei­spiel auch im Rahmen der WTO-Verhandlungen.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, setzen Sie ein wichtiges kultur­politisches Zeichen und schützen und fördern Sie die Vielfalt kultureller Ausdrucksfor­men! Lassen Sie breite Konsenslösungen im Bereich kultureller Vielfalt nicht in Dunst und Nebel verschwinden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Fauland. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.55.31

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Ich komme nicht umhin, ganz kurz auf die Ausführungen meiner Vorrednerin einzugehen, und zwar vor allem betreffend ihre Wickel-Wackel-Politik in der Ortstafel­frage. Ich würde den Sozialdemokraten empfehlen, vielleicht mit ihrer Kärntner Landes­gruppe unter Führung von Kollegin Schaunig eine Mediation durchzuführen, um einmal eine einhellige Meinung zu diesem Thema zu finden, bevor sie uns hier weiterhin ir­gendeine Nicht-Konsensfähigkeit vorwerfen. – Diese Nicht-Konsensfähigkeit haben Sie heute ausreichend an den Tag gelegt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Gut, dass ihr immer so harmonisch seid!)

Kommen wir aber jetzt zum Thema Streumunition, aber auch Minen, denn es wurde hier so dargestellt, dass das Ottawa-Abkommen und die Landminenproblematik gelöst seien. – Das ist eben nicht der Fall! Wenn man weiß, dass zwar 138 Staaten beigetre­ten sind, aber Staaten wie China, die Vereinigten Staaten und Russland nicht – Staa­ten, die noch immer die größten Produzenten im Landminenbereich sind –, sieht man, dass dieses Problem ganz sicherlich noch nicht gelöst – und dass sich das dann auch weiterspinnen lässt auf den Bereich Streumunition.

Was Landminen betrifft, nur eine Zahl: In den letzten zehn Jahren wurden 10 Millionen neue Landminen hergestellt, und ich glaube, dass dieses Problem noch immer äußerst vakant ist.

Was die Streumunition betrifft, so teile ich die Ansicht des Herrn Staatssekretärs Wink­ler, dass man hier keine Insel-Problemlösung anstreben sollte, denn die Landminen-Problematik sowie die Streuminen-Problematik können nur in einem gemeinsamen Konsens behandelt beziehungsweise gelöst werden. Im Unterschied zu den Land­minen, die schon seit langem, vor allem in den europäischen Staaten, verpönt sind, ist die Problematik der Streumunition anders gelagert. Streumunition – und das muss man leider eben auch einmal sagen – wird immer noch als aktives Mittel der Kriegsführung auch von europäischen Staaten eingesetzt. Es bedarf eines schwierigen Überzeu­gungsprozesses, um langfristig das Ziel zu erreichen, dass diese wirklich grausamen Waffen in die Museen der Militärgeschichte wandern und nicht weiter zum Einsatz ge­bracht werden.


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Deshalb: Aus unserer Sicht ist dieses Problem international zu lösen – eine rein natio­nale Lösung als Vorreiterrolle halten wir für nicht zielführend. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

19.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.58.12

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssek­retär! Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich zunächst einmal auch auf die Ratifi­zierung der UNESCO-Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt. Ich bin sehr froh dar­über und auch stolz auf Österreich, dass es im ganzen Prozess dieser Thematik eine so entscheidende Rolle gespielt hat. Ich war selbst in der UNESCO-Kommission, als diese Intention, diese Absicht, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen, geäußert und be­schlossen wurde. Jetzt ist Österreich eines der ersten Länder – Kollegin Muttonen hat es schon erwähnt –, die diese Konvention unterzeichnen.

Worum geht es bei dieser Konvention überhaupt? – Die GATS-Bestimmungen drohten, auf die Kultur überzuschwappen, sodass Kultur als Handelsgut oder als Dienstleistung wie alle anderen, also sazusagen wie eine Suppendose, zu verstehen wäre. In diesem Augenblick hätten sämtliche staatliche Subventionen nach und nach eingestellt werden müssen, weil gleichzeitig ein privater kommerzieller Anbieter natürlich eine „wettbe­werbsverzerrende Konkurrenz“ entdeckt hätte und das über die GATS-Bestimmungen hätte einklagen können.

Mit einem Wort: Wir hätten bis hin zur Staatsopernförderung alle kulturellen Subventio­nen einstellen müssen, und das hätte letztendlich auf der ganzen Welt die wirtschaft­lich schwächeren Kulturen gegenüber den stärkeren, gegenüber den großen Playern – Hollywood oder die großen Musik-Labels oder Verlage – ins Hintertreffen gebracht.

Letzten Endes wäre das in Richtung einer Monopolstellung, einer Einheitskultur auf der ganzen Welt gegangen. Dagegen haben natürlich sehr viele Künstler und Künstlerin­nen Protest erhoben. Und deshalb hat die UNESCO ein Vertragswerk entworfen, das sich dieser Entwicklung entgegenstemmt. Österreich unterzeichnet das jetzt, und das ist sehr schön. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Kollegin Muttonen hat auch auf etwas anderes hingewiesen, das ich auch noch einmal unterstreichen möchte, nämlich dass diese Konvention in Wirklichkeit nicht unbedingt die nationale Kultur unterstützt – das ist nur ein Teil der Absicht dieser Konvention –, sondern die kulturelle Vielfalt auch in jedem einzelnen Land. Da setzt auch ein wenig meine Kritik an, nämlich am Follow-up-Prozess, der jetzt ins Stocken gerät.

Herr Staatssekretär Winkler, Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass Österreich jetzt berufen ist, entsprechende Gesetze zu adaptieren beziehungsweise auch für den eigenen Bereich zu entwickeln. Allerdings habe ich vernommen, dass das Bundes­kanzleramt aus der Gruppe, die das betrieben hat, ausgestiegen ist und auch ein Gut­achten, das von Professor Griller und Professor Holoubek zur Notwendigkeit solcher Gesetze im eigenen Land geschrieben wurde, unter Verschluss hält, also nicht veröf­fentlicht.

Ich glaube, dass insbesondere das Kunstförderungsgesetz einen Bedarf an Anpassung hat und dass wir gut beraten sind, das im Einklang mit der Konvention weiter zu betrei­ben. Ich würde Sie bitten, sich dafür zu verwenden.

Jetzt ganz kurz zu einem anderen Thema, weil Kollege Scheuch das angesprochen hat. In der vorigen Ausschusssitzung ist es auch um den Antrag des Kollegen Schieder betreffend Schenkung der Federkrone an Mexiko gegangen. Auch wenn es da einen


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Vier-Parteien-Beschluss gegeben hat, diesen Antrag zu vertagen, möchte ich doch ganz deutlich darauf hinweisen, dass die Grünen nicht gegen diese Schenkung sind – eine Vertagung heißt ja noch lange nicht, dass man dagegen ist –, sondern ganz im Gegenteil. Ich kann das auch hier noch einmal in größerem Rahmen begründen.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Sammlung von 700 Gläsern erworben, auf die Sie ganz stolz sind, und dann kommt eine Familie auf Besuch und sieht, eines dieser Glä­ser ist das, das schon die Großeltern dieser Familie immer gerne verwendet haben und das ein besonderer Schatz dieser Familie gewesen ist. Wie auch immer, es ist dann verkauft worden, und nun bittet diese Familie, dass dieses eine Glas vielleicht erwor­ben werden könnte. Und was machen Sie dann? – Sie können sagen, nein, das ist mein Glas, das gebe ich nicht her – oder Sie schenken dieses Glas dieser Familie und freuen sich, dass Sie zu dieser Sammlung zusätzlich auch noch zu Freude beigetragen haben, wenngleich das auch eine mythologische Freude ist, die letzten Endes mehr bringt.

Das war der Grund, warum wir uns für diese Schenkung eingesetzt haben und das auch weiter tun werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Felzmann. – Bitte.

 


20.03.23

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Die Federkrone Montezumas ist heute nicht wirklich das Thema. Faktum ist auch, dass uns im Ausschuss die anwesenden Experten ganz klar erklärt haben, dass es erstens nicht die Federkrone Montezumas sei, zweitens deren Beden­ken betreffend Schenkung oder Überstellung nach Mexiko und was wir in der interna­tionalen Museumslandschaft damit womöglich an zukünftigen Konflikten auslösen wür­den. Dieses Thema steht heute nicht auf der Tagesordnung; Ihre Aussagen sind aber ganz klar zu hinterfragen.

Kulturelle Vielfalt ist ein Thema, nicht nur im Ausschuss, sondern auch heute hier. Gut ist, dass wir trotz unserer kulturellen Vielfalt in der Diskussion heute zu einem gemein­samen Vorgehen kommen.

Auch ich möchte ganz kurz zum UNESCO-Übereinkommen ein paar Worte sagen. Wenn man sich die Artikel durchsieht, dann findet man wirklich eine Fülle von hoch­interessanten und, ich denke, hochaktuellen Themen, die es laufend zu bearbeiten gilt.

Gesagt wurde schon – ganz kurz –, dass mit diesem Übereinkommen eine Grundlage dafür geschaffen werden soll, dass jeder Staat im Rahmen seiner nationalen Kultur­politik Maßnahmen zur Herstellung, Verbreitung und zum Schutz vielfältiger kultureller Dienstleistungen und Güter setzen kann – unabhängig von WTO und GATS.

Es geht in diesem Regelwerk um zwei Säulen in der Kultur. Auf der einen Seite geht es um das kulturelle Erbe, auf der anderen Seite geht es um die zeitgenössische Kreati­vität, die durch die Globalisierung natürlich auch bis zu einem gewissen Grad unter Druck gerät. Und warum? – Ich meine, Globalisierung hat immer zwei Seiten, in meiner Wahrnehmung zumindest. Positiv gesehen findet durch die weltweite Vernetzung auch ein kultureller Austausch statt; kulturelle Vielfalt kann auch über das Internet transpor­tiert werden. Auf der anderen Seite entsteht durch die Globalisierung Folgendes: Man stelle sich vor, ein Designer entwirft ein Produkt. Einen Monat später sieht er genau das gleiche Produkt in einem italienischem Magazin. Die beiden haben nicht voneinan­der abgekupfert, die hatten die gleiche Idee. Warum kommen Menschen in diesem Mo-


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ment zur gleichen Idee? – Vielleicht unter anderem deswegen, weil sie heute die glei­chen Bilder konsumieren.

Wir werden ja beeinflusst von ähnlichen Bildern, die uns über Fernsehen, über Internet, über Medien erreichen. War es früher womöglich nur die reale Landschaft, das eigene Umfeld, die auf uns wirkten und uns beeinflussten, sind es heute auch die Medien, die dazu führen, dass wir womöglich zu ähnlichen Ausdrucksformen oder Ideeen kommen. Das heißt, jedes Ding hat zwei Seiten.

Betreffend das UNESCO-Übereinkommen erachte ich es als sehr wichtig, dass darin ganz klar Gedanken-, Meinungs- und Informationsfreiheit genannt wird ebenso wie Schutz der Minderheiten und Menschenrechte. Wenn man zum Beispiel an einer inter­nationalen Diskussion teilnimmt – ich denke da etwa an den Karikaturenstreit –, dann weiß man, wie wichtig es ist, dass man auch eine andere Kultur versteht. Da sind Men­schen durchdrungen von einer anderen Wahrnehmung, einer anderen Kultur und der damit verbundenen Werte. Wenn man das nicht versteht, wird man sich nicht auf einer Ebene treffen und in der Folge auch keine politische Diskussion erfolgreich führen können.

Insofern betrachte ich diese Themen auch als jene Themen, die uns im 21. Jahrhun­dert sehr, sehr beschäftigen werden, und ich hoffe, dass wir in diesem Sinne auch wei­ter gemeinsam – oder vielleicht zum Teil gemeinsam – vorgehen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ sowie des Abg. Dr. Zinggl.)

20.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


20.06.43

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Es gibt ein Sprichwort, das lautet: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ – Streubomben und Streumunition gehören jedenfalls nicht dazu; darüber sollte eigentlich Einigkeit herrschen. Diese sind nämlich besonders verheerende und grausame Waffen. Diese Waffen sind zum Teil noch gefährlicher als Personenminen; das haben ja bereits Vorredner erwähnt.

Militärs sprechen von einer zweifachen Wirkung dieser Bomben. Der Splitter-Effekt soll „weiche Ziele“, nämlich die Menschen, „halbharte Ziele“, wie Fahrzeuge und derglei­chen, und ungeschützte Stellungen zerstören. Die glühend heißen Splitter dringen tief in die Körper ein, und die Wucht zerfetzt die Organe. Manche Streubomben haben zu­sätzlich noch einen Brandeffekt.

Es gibt also viele Gründe, die für ein Verbot sprechen. Streubomben verursachen im­menses Leid und unterscheiden nicht zwischen Soldaten, Zivilbevölkerung oder Kin­dern. Wir wissen, dass von den Streubomben in erster Linie die Zivilbevölkerung sehr negativ betroffen ist.

Ich appelliere daher ganz klar und eindeutig an die Regierungsfraktionen, insbeson­dere an den Wehrsprecher Walter Murauer, sich endlich für ein Verbot dieser Streu­bomben auch öffentlich auszusprechen!

Diese grausamen Waffen wirken wirklich großflächig. Blindgänger sind nicht zu vermei­den, wie wir heute schon gehört haben. Die Bevölkerung der betroffenen Landstriche leidet noch Jahre nach dem Krieg unter diesen Belastungen.

Wenn von Regierungsseite das Argument gebracht wird, dass Bomben mit relativ ge­ringer Fehlerhäufigkeit besser oder günstiger wären, wie schon gesagt wurde, und explosive Kampfmittelrückstände weitestgehend vermieden werden, dann wird mir da


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direkt schlecht, denn das würde ja sozusagen jeden Krieg oder jede kriegerische Akti­vität legitimieren. Ich weiß, dass das in der Diplomatie der Kriegssprache durchaus so üblich ist, aber ich glaube, da sollte man doch Ethik und Moral ein bisschen stärker in den Vordergrund stellen. Ich glaube, es ist kein Argument, die Verbesserung dieser Waffen als Zwischenstufe anzudenken, und wir sollten wirklich hier in Österreich wie­der einmal Mut fassen und gegen Streubomben und Streumunition tatkräftig antreten, wie das bereits 1996 mit Regierungsmehrheit, damals mit sozialdemokratischer Mehr­heit, der Fall gewesen ist.

Zum Thema Federkrone Montezumas ein Satz. Ich weiß, dass diese diplomatische Pattstellung im Ausschuss getroffen wurde, ich habe es dort ja auch mitgetragen, aber ich glaube, die mexikanische Regierung von 1938 hatte damals mehr Mut, war nicht so diplomatisch wie wir im Ausschuss, und wir sollten uns durchaus diese damalige Re­gierung in Mexiko bei dieser Debatte zum Vorbild nehmen, denn die waren so „undiplo­matisch“ und haben sich gegen den Einmarsch der Nazis in Österreich ausgesprochen und öffentlich demonstriert.

Daher sollten wir, glaube ich, auch einen Schuss mehr Mut bei der Frage der Feder­krone Montezumas aufbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ledol­ter. – Bitte.

 


20.10.16

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein wesentlicher Teil der umfangreichen Materien des heutigen außenpolitischen Themas ist einem Abkommen mit der Ukraine beziehungsweise der Notwendigkeit, dieses Abkommen zu suspendie­ren, gewidmet.

Der Hintergrund stellt sich so dar, dass es zwischen den Staaten des Europarates üblich ist, dass es Reiseerleichterungen gibt und die Visapflicht natürlich aufgehoben ist. Gerade im Hinblick auf die Ukraine besteht jedoch Visumpflicht. Wenn daher die Ukraine diese formalen Beitritte zur Erleichterung dieses europäischen Abkommens setzt, ist es notwendig, in einem eigenen Verfahren die Erleichterungen eben hinsicht­lich der Ukraine aufzuheben.

Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass gerade die Ukraine es verdient, dass man sich weiter – so, wie es unsere Außenministerin vorbildlich tut – damit beschäftigt, dass Verhandlungen geführt werden, dass Modalitäten festgelegt werden, beispielsweise auch im Hinblick auf Teile der Ukraine, die uns durchaus nahestehen. Ich hatte vor we­nigen Tagen den Landeshauptmann der Oblast Lemberg, Gouverneur Petro Olijnyk, in Österreich zu Gast, der in Vorbereitung des 750-Jahre-Jubiläums um Verständnis und darum ersucht hat, der Ukraine die europäischen Türen weiterhin offen zu halten.

Ein weiterer Punkt betrifft ein Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften. Da war es bisher üblich, dass nur unmittelbare Nachbarn miteinander kooperiert haben, dass beispielsweise Gemeinde­kooperationen im benachbarten In- und Ausland stattgefunden haben.

Nunmehr ist es so, dass auch interterritorial kooperiert werden soll und dafür der Rah­men geschaffen wird, wobei ich meine, dass das eine gute Maßnahme ist, um auch zu dokumentieren, dass sich Österreich als Tourismusland, als Gastgeberland, meinetwe­gen auch als „Feinkostladen Europas“ an diesem Austausch beteiligt.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal unserem Bundeskanzler und den Mit­gliedern der Bundesregierung dafür danken, dass sie die zurückliegende EU-Präsi-


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dentschaft in so hervorragender Art und Weise dafür genutzt haben, die Reputation und das Ansehen des Tourismuslandes Österreich zu heben, dass es auch gelungen ist, gute nachbarliche Gefühle zu verankern und den Besucherinnen und Besuchern aus dem gemeinsamen Heimatland Europa, aber auch aus aller Welt zu vermitteln, dass Österreich ein freundliches, aufnahmebereites und touristisch auf sehr hohem Niveau agierendes Land ist. Danke an all jene, die dazu beigetragen haben, dieses Be­wusstsein zu verankern! Danke auch, Herr Staatssekretär Winkler, für die vorbildliche Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


20.14.36

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Kunst, Kultur und Bildung stellt seit jeher eine Bereicherung für jedes Land dar und ist ein grund­legendes Element für die Verständigung zwischen den Nationen. Österreich hat da eine lange und äußerst erfolgreiche Tradition.

Mit dem vorliegenden Abkommen verfolgen die Republik Österreich und die Republik Albanien das Bestreben – wie wir ja heute schon gehört haben –, die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft best­möglich zu fördern und zu entwickeln.

Hohes Haus! Ich bin der festen Überzeugung, dass das bessere Kennenlernen anderer Lebensweisen ein Teil der Grundlage des Friedens und der Einheit in Europa ist. Ich selbst konnte mir in der Vergangenheit im Rahmen meiner Tätigkeit als Wahlbeobach­ter der OSZE selbst ein Bild vor Ort machen, und ich weiß, wie viel eine solche Koope­ration für ein Land wie Albanien bedeutet. Österreich leistet damit sicherlich einen sehr positiven Beitrag dazu, Albaniens Entwicklungs- und Reformprozess zu fördern.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, Albanien gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern Europas. Laut UNO-Bericht lebt ein Viertel der Bevölkerung – mit we­niger als 2 US-Dollar oder 1,66 € pro Tag – unter der Armutsgrenze; die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche unter 21 Jahren. Die Wirtschaft ist von einer sehr hohen Arbeitslosenrate, vor allem im Norden und Nordwesten des Landes, gekennzeichnet. Deshalb ist Bildung auch dort das Schlüsselelement für die Entwicklung des Landes.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte auch kurz diese Gelegenheit nutzen und die Unterstützung der SPÖ für das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen, das die EU vor kurzem mit Albanien geschlossen hat, zum Ausdruck bringen. Es regelt, wie Sie wissen, die Beziehungen zwischen der EU und der Republik Albanien, und zwar sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit, und sieht die Schaf­fung einer Freihandelszone zwischen der EU und Albanien innerhalb von zehn Jahren vor.

Dieses Abkommen stellt für Albanien eine große Herausforderung dar, da auf der einen Seite der Kampf gegen Korruption und internationale Kriminalität geführt werden muss, gleichzeitig auf der anderen Seite aber auch die Reformen angegangen und das politische Klima verbessert werden müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine derartige Belebung der Beziehungen wird nicht nur zu einer Stärkung der Vernetzung zwischen den beiden Ländern führen, sondern auch den Aufholprozess Albaniens unterstützen.


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Aus diesem Grunde geben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dieser Vor­lage gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

20.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mur­auer. – Bitte.

 


20.18.11

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Während der Geschäftsordnungsdebatte, die im Rundfunk übertragen wurde, war die Wortmeldung des Klubobmannes Molterer schon richtig, der gemeint hat, es geht den Grünen wieder einmal nur um eine mediale Inszenierung. Herr Pilz hat hier große Worte gesprochen, hat sich entsprechend inszeniert, hat zusammengepackt und das Haus verlassen – und ist nicht wieder gekommen. (Abg. Donabauer: Wie immer!) Es sind jetzt auch nur mehr einige Vertreter der Grünen da. Sobald der Nachmittag an­bricht, halbiert sich die Zahl der Grünen oder ihre Zahl wird noch geringer. Schon eine interessante Verhaltensweise, die festgehalten werden muss an einem Tag, an dem man Geschäftsordnungsdebatten während der ORF-Übertragung führt. (Abg. Brosz: Sind Sie sicher, dass bei Ihnen prozentuell mehr da sind als bei uns?)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun einige Sätze zum Thema Streumuni­tion sagen. Selbstverständlich sind wir alle, insbesondere auch in Österreich, gegen kriegerische Handlungen, gegen kriegerische und bewaffnete Auseinandersetzungen.

Da Herr Kollege Gartlehner mich persönlich angesprochen hat, wiederhole ich das gerne – so, wie ich das auch im Ausschuss getan habe. Es geht hier im Wesentlichen um eine einigende Materie. Wir sind alle bemüht, dass diese schreckliche Munition nicht mehr Gebrauch findet, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass jeder Staat seine Waffen, seine Munition selbst bestimmt.

Nur ein realistischer Schritt kann zum Ziel führen, indem wir eben für mehr Sicherheit dieser Streumunition sorgen, indem wir dafür eintreten, dass es keine Blindgänger mehr gibt, sondern Selbst-Deaktivierungsmechanismen bei diesen Waffen, bei dieser Munition eingesetzt werden, sodass deren Schrecklichkeit reduziert wird.

Es gibt eine Reihe von Staaten, die unserer Meinung sind, die da mit uns gehen, und deswegen ist mir ein realistischer Schritt, der uns tatsächlich und in unmittelbarer Zu­kunft gelingt, lieber als eine utopische Forderung, die über viele Jahre hinaus nicht erfüllbar ist. Deswegen meine ich, dass wir uns doch gemeinsam zu diesem realisti­schen Schritt entschließen sollten. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. – Bitte.

 


20.21.00

Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Staatssekretär! Die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft mit Albanien halte ich hier für besonders wichtig, denn Albanien war – Herr Staatssekretär Winkler hat das ja bereits erwähnt – in einem Zustand, wie er heute nur mehr in Nordkorea üblich ist, aber: Albanien hat eine große Tradition, eine große Vergangenheit – und jetzt auch wieder eine große Zukunft. Man sieht es an der Grenze von Dalmatien, an der Adria-Grenze, wie dort wieder alles aufblüht; gerade auch in diesem Bereich. Deswegen halte ich das für sehr, sehr wich­tig.


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Eine Stärkung der Zusammenarbeit ist vonnöten, auch Schutz und Förderung der Ent­wicklung. Die globale Entwicklung, die wir im Moment in Europa haben, muss von uns gesehen und auch genützt werden.

Auch das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zu­sammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusam­menarbeit ist vonnöten. Der Europarat leistet seit Jahrzehnten viel für die Einigung Europas, und wir sind da auch sehr schön weitergekommen.

Da in diesem Bereich auch über die Ukraine gesprochen wird, möchte ich dazu sagen: Auch die Ukraine ist ein Teil Europas.

Dass das Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial selbstver­ständlich notwendig ist, bedarf keiner Erwähnung. Das ist absolut klar.

In diesem Sinne darf ich auch schon schließen. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte.

 


20.23.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Auch ich möchte in meinem Debattenbeitrag kurz auf das Überein­kommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen eingehen. Die vorliegende UNESCO-Konvention ist ein äußerst bedeutsames Abkom­men. In einer Zeit, in der viele Menschen nach Orientierung suchen, in der über Jahr­hunderte geltende Werte in Frage gestellt werden und es so scheint, als wäre das geis­tige, religiöse und kulturelle Fundament verlorengegangen, kommt dem Schutz und der Förderung der Kultur beziehungsweise kultureller Ausdrucksformen stets größere Bedeutung zu.

Ziel der UNESCO ist es ja, durch Förderung und Zusammenarbeit zwischen den Völ­kern auf den Gebieten von Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Wahrung des Frie­dens und der Sicherheit beizutragen. Diesem Ziel versuchen die derzeitigen UNESCO-Mitglieder durch Kooperation und Zusammenarbeit beziehungsweise Austausch mittels Programmen auf den Gebieten Bildung, Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, Kultur sowie Kommunikation und Information gerecht zu werden.

In der heutigen Konsumgesellschaft beziehungsweise Cyberwelt ist es nicht leicht, Jahrhunderte alte kulturelle Traditionen zu bewahren, weiterzugeben und zu pflegen. Erfreulicherweise gibt es vor allem auf dem Land und teilweise auch in den Städten wieder eine vermehrte Brauchtumspflege. Gemeinsames Singen, Musizieren, Tanzen, et cetera sind wieder „in“, und zwar auch bei jüngeren Menschen. Dies ist sicherlich auch dadurch bedingt, dass sich gerade Österreich durch seinen hohen kulturellen Reichtum auszeichnet. Vor allem im Bereich Musik konnte und kann Österreich seiner Bevölkerung, aber auch der Welt insgesamt kulturelle Schätze anbieten, die ihresglei­chen suchen. Wir können stolz auf diese kuturellen Leistungen sein, haben aber natür­lich auch die Verpflichtung, diese kulturellen Güter zu bewahren, zu pflegen und an un­sere Nachfahren weiterzugeben. – Danke, das wars. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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158. Sitzung / Seite 200

Bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Aus­schussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Erklärung über die Zurück­ziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen in 1438 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Änderung des Überein­kommens über den physischen Schutz von Kernmaterial in 1442 der Beilagen die Ge­nehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die arabische, chinesische, russische und spanische Sprachfassung des Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kul­tur, der Bildung und der Wissenschaft in 1443 der Beilagen die Genehmigung zu ertei­len.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in 1444 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die einverstanden sind, um ein entsprechendes Zei­chen. – Es ist dies einstimmig der Fall.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, wonach der vorlie­gende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die arabische, chinesische, französische, rus­sische und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige An­gelegenheiten aufliegen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll Nr. 2 zum Euro­päischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich in 1462 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig der Fall und damit angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Europäisches Ab­kommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine in 1463 der Beilagen die Ge­nehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, seinen Bericht 1608 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich der Fall und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1608 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Diese Entschließung ist mit Mehrheit angenommen. (E 202.)

20.28.5215. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 836/A der Abgeordneten Dr. He­lene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Ver­braucherschutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG) (1615 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Damit gelangen wir zum 15. Punkt der Ta­gesordnung.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

 


20.29.12

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz. Es ist dies eine EU-Richtlinienumsetzung, und zwar geht es dabei darum, dass es, wenn es zu grenzüberschreitenden Verletzungen des Konsumentenschutzes gekommen ist, ausländischen Behörden möglich sein muss, einen Ansprechspartner oder einen auf Grund der gesetzlichen Regelung bekannten Ansprechspartner zu haben. (Abg. Mag. Wurm: Ansprechpartner!) – Ansprechpartner, danke, Frau Kollegin Wurm, Sie haben natürlich Recht.

In Österreich ist ja der Konsumentenschutz kompetenzmäßig auf mehrere Ministerien verteilt: die Legistik im Justizressort, überwiegend im Sozialressort der Konsumenten­schutz im eigentlichen Sinne, die Lebensmittel im Landwirtschaftsministerium und im Wirtschaftsministerium die Bundeswettbewerbsbehörde.


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Damit man das bündeln kann, ist hier Klarheit geschaffen worden. Es ist festgelegt worden, an wen sich eine ausländische Behörde im Falle einer Konsumentenschutz­verletzung wenden kann. Als beachtenswert ist hervorzuheben, dass in diesem Gesetz der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sehr prominent und klar ausgeführt ist. Das heißt, es ist zu prüfen, dass die Behörde nur insoweit in Rechte eingreifen darf, als dies ge­setzlich vorgesehen ist – denken Sie an Berufsgeheimnisse et cetera –, und dass zur Erfüllung der Aufgaben nur die erforderlichen Maßnahmen zu setzen sind und nicht überschießend vorgegangen werden darf.

Es gibt Ermittlungsbefugnisse, die nur dann gerechtfertigt sind, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt. Dann gibt es Auskunftsrechte, das Recht zur Beschaffung von Unter­lagen oder auch das Recht, Nachschau bei Unternehmen zu halten. Wenn diese Rechte verweigert werden, also keine Auskunft erteilt wird oder die Unterlagen nicht herausgerückt werden oder die – sage ich jetzt einmal – verdächtigten Konsumenten­schutzverletzer keine Nachschau erlauben, dann ist das Gericht gefordert, und dann wird es für ein Gerichtsverfahren erforderlich sein, Beweise beizubringen, damit man gerichtlich anordnen kann, Hausdurchsuchungen durchzuführen.

Ich erwähnte das hier deswegen explizit, weil die EU nicht immer ganz auf unser Rechtsschutzsystem Bedacht nimmt und nicht immer berücksichtigt, dass man in Ös­terreich eine Hausdurchsuchung, eine Nachschau nur mit Hausdurchsuchungsbefehl, der vom Gericht ausgestellt ist, durchführen kann.

Es besteht weiters die Möglichkeit, dass die Verfehlungen durch einstweilige Verfügun­gen abgestellt werden oder, wenn Schaden eingetreten ist, durch Gerichtsverfahren. Ich glaube, dass das Klarheit schafft im Hinblick auf die vielfältige Aktivität, die im Rahmen des österreichischen Konsumentenschutzes in den Ministerien stattfindet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


20.32.42

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Her Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg: Wir von der sozial­demokratischen Fraktion werden dieser Gesetzesinitiative zustimmen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich möchte aber trotzdem einige Anmerkungen da­zu machen.

Die erste Anmerkung zur Kollegin Fekter: Es ist keine Richtlinienumsetzung, es ist eine Verordnung, die in innerösterreichisches Recht transformiert wird, wobei Artikel 1 be­reits in Kraft getreten ist, Artikel 2 und Artikel 3 treten spätestens am 29. Dezember 2006 in Kraft.

Eine weitere Berichtigung zur Kollegin Fekter: Sie hat gemeint, die Lebensmittel sind im Landwirtschaftsministerium angesiedelt. – Hohes Haus! Meine sehr verehrten Da­men und Herren! Ich hoffe, dass es nie dazu kommt, dass Fragen der Lebensmittel­sicherheit im Bereich des Landwirtschaftsressorts angesiedelt sind.

Noch einige kritische Anmerkungen zu diesem Gesetz, auch zur Kollegin Fekter. Die Frage der Verhältnismäßigkeit, die im Artikel 2 geregelt ist, hätte man klarer formulie­ren können, weil es um die Durchsetzung von Konsumenteninteressen oder Verbrau­cherinteressen geht und nicht um den Schutz von Unternehmen. (Abg. Dr. Fekter: Abwägen, Jacky!) Die Frage der datenschutzrechtlichen Relevanz, Kollegin Fekter, ist in einem eigenen Artikel in der Verordnung geregelt und nicht in dieser Gesetzesvor­lage.


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Eine weitere kritische Anmerkung: Dieses Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz bezieht sich auf 17 europäische Rechtsakte. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Da­men und Herren! Verbraucherschutz oder Konsumentenschutz ist viel mehr. Zu die­sem Bereich gehören Fragen der Lebensmittelsicherheit, gehören Fragen der Finanz­dienstleistungen, gehören Fragen der neuen Kommunikationstechnologien. Das heißt, dass mit dieser Verordnung beziehungsweise mit der Tätigkeit dieser Behörden nur bestimmte Bereiche erfasst sind, die dann die einzelnen Verbraucherschutzbehörden eben zu behandeln haben.

Noch eine Klarstellung: Diese Behörden, die wir heute beschließen werden, diese fünf Behörden werden auf Ersuchen ausländischer Verbraucherschutzbehörden zur Verfol­gung innergemeinschaftlicher Rechtsverletzung tätig. Diese Verbraucherschutzbehör­den werden nicht tätig, wenn es darum geht, Individualinteressen von einzelnen Per­sonen in Österreich durchzusetzen. Es geht um die Sicherung von kollektiven Verbrau­cherinteressen.

Und zum Schluss noch eines: Wir haben fünf zuständige Verbraucherschutzbehörden. Wir glauben, dass langfristig eine Verbraucherschutzbehörde geschaffen werden soll, die genau diesen Fragen nachgeht und diese Probleme im Sinne der österreichischen Konsumenten klärt, aber nicht nur im Sinne der österreichischen Konsumenten, son­dern im Sinne der europäischen Konsumenten.

Ein Beispiel: Es gibt die Richtlinie 261/2004 über Fluggastentschädigungen. Wir haben hunderte Beschwerden in Österreich, die bisher nicht erledigt werden konnten, und wir hoffen, dass einerseits durch die Novelle zum Luftfahrtgesetz Streitschlichtung durch das Verkehrsministerium betrieben wird, und andererseits diese Behörde, wenn sie eingerichtet ist, die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, nämlich mit Unterlassungs­klagen gegen jene Airlines vorzugehen, die sich an den europäischen und österreichi­schen Rechtsbestand nicht halten.

Dies geschieht zum Schutz der europäischen wie auch der österreichischen Konsu­menten. Wir werden daher diesen Regelungen gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Par­tik-Pablé. – Bitte.

 


20.36.56

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Fekter hat ja hier schon ausreichend über die inhaltlichen The­men berichtet – das heißt, Sie sind informiert darüber, worum es geht –, korrigiert vom Kollegen Maier. Wir waren uns eigentlich einig, dass wir die Umsetzung dieser Verord­nung haben wollen, dass wir sie befürworten. Es geht darum, dass ein System gegen­seitiger Amtshilfe zum Schutze der Verbraucher geschaffen werden soll. Das unter­streichen wir. Wir haben ja in Österreich einen sehr hohen Verbraucherschutz, und das ist ein weiterer Schritt, um eben international besser agieren zu können.

Herr Kollege Maier hat einige Kritik geübt. Natürlich kann man sich mehr wünschen, und es wäre auch wünschenswert, wenn wir beispielsweise eine einheitliche Verbrau­cherschutzbehörde hätten und die Kompetenzen nicht aufgesplittert wären. Ich glaube aber, man muss auch hier schrittweise vorgehen. Schließlich und endlich handelt es sich gerade beim Verbraucherschutz um eine Materie, wo es immer darum geht, einen Kompromiss zwischen der Wirtschaft und den Konsumentenschützern zu erzielen, und ich glaube, das ist auch wieder ein solcher Kompromiss.


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Deshalb sind wir, wie bereits gesagt, dafür. Wir betrachten das als einen wichtigen Schritt. Im Laufe der Zeit wird es sicher Verbesserungen geben, die dazu führen wer­den, dass es einen noch besseren Verbraucherschutz gibt als bisher. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

20.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


20.38.48

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ihr Wort in Gottes Ohr, Frau Kollegin Partik-Pablé: Wir brau­chen natürlich verstärkte Maßnahmen, die die Situation der Konsumentinnen und Kon­sumenten unterstützen und vorantreiben. Deswegen sind wir einerseits dafür, dass dieser Antrag, der eine EU-Verordnung und eine Verordnung des Parlaments und auch des Rates in Richtung gegenseitiger Amtshilfe, in Richtung Verbraucherbehördenko­operation umsetzt, zum Tragen kommt, und andererseits brauchen wir, nachdem auf EU-Ebene Konsumentenangelegenheiten doch sehr offensiv behandelt werden, in Ös­terreich auch diese Zusammenarbeit.

Es soll, wie Kollege Maier bereits ausführte, auch eine eigene Verbraucherschutzbe­hörde etabliert werden, aber wir brauchen in Österreich auch endlich einen Beirat für Verbraucherangelegenheiten, damit verschiedene VerbraucherInnengruppen vor Ort, im Parlament ihre Erkenntnisse, ihre Erfahrungen und ihre Vorschläge deponieren kön­nen. Deshalb sehen wir diese Gesetzesvorlage als einen wesentlichen europäischen Schritt, der uns aber national noch zu weiteren maßgeblicheren Aktionen anspornen soll.

Frau Bundesministerin Gastinger, Sie kennen ja schon mein Grundanliegen – vielleicht gehen Sie noch einmal darauf ein –: Diese Angelegenheit betreffend Sammelklage wäre dringend zu erledigen gewesen. Vielleicht können Sie uns dazu noch ein paar Worte mit auf den Weg in den Herbst geben; mehr wird leider nicht mehr möglich sein.

Eine weitere Anmerkung: Wir haben im Ausschuss den Abänderungsantrag diskutiert, wonach die Finanzprokuratur auch als Ansprechpartner für die europäischen Behörden herangezogen wird und Österreich da sozusagen als Oberbehörde vertreten soll.

Feststellen möchte ich hiezu, dass auf jeden Fall die Möglichkeit vorgesehen werden muss, einen Anwalt zu benennen, dass die österreichischen Behörden – sei es die Fi­nanzprokuratur, seien es andere für Verbraucherschutz zuständige Behörden – nicht nur die Möglichkeit haben, sondern dass es ihnen tatsächlich zusteht, Anwälte für Ver­braucheranliegen zu benennen und diese dann auch in die Verhandlungen schicken zu können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Gastinger. – Bitte.

 


20.41.24

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Vorredner und Vorrednerinnen haben schon sehr ausführlich dargestellt, was mit diesem Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geregelt wird.

Ich möchte Ihnen hiezu berichten, dass da die Gesetzeswerdung besonders schwierig war – das hat ja auch schon Herr Abgeordneter Maier ausgeführt –, weil wir in Öster­reich ein sehr komplexes System im Bereich des Konsumentenschutzes haben. Es ist


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ja auch so – ich glaube, es war Frau Abgeordnete Fekter, die das gesagt hat –, dass es da tatsächlich einige Divergenzen mit dem EU-Recht gibt, da wir uns in Österreich für den Weg entschieden haben, gerade für den Verbraucherbereich sehr viele zivil­rechtliche Regelungen zu schaffen, während das in anderen europäischen Staaten – das war die Voraussetzung für diese Verordnung – in verwaltungsbehördlichen Mate­rien geregelt wurde.

In Österreich bedeutet dies, dass Verbraucherschutzangelegenheiten primär Angele­genheiten des Gerichtes sind – mit einigen wenigen Ausnahmen –, in Europa dies je­doch großteils über Verwaltungsbehörden geregelt wird.

Sie können sich daher vorstellen, meine Damen und Herren, dass das – da wir für die Ausführung dieser Verordnung, die ja an und für sich mittelbar in Österreich anwend­bar ist, eine zentrale Behörde namhaft zu machen hatten –, bedingt durch diese Rechtskonstellation in Österreich, nicht sehr einfach war.

Aus diesem Grunde bin ich doppelt froh darüber, dass es nunmehr gelungen ist, mit diesem Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz eine Regelung zu schaffen, mit der wir in Österreich mit dem derzeitigen Status quo doch sehr gut leben können werden.

Für die Zukunft wird man sich – das haben meine Vorredner und Vorrednerinnen schon ausgeführt – in Österreich sicherlich auch darüber Gedanken machen müssen, ob es sinnvoll ist, den Verbraucherschutz neu zu regeln, da es ja diesbezüglich eine starke Zersplitterung in einzelne Zuständigkeitsbereiche gibt. Das wird die nächste Bundesregierung sicherlich gerne aufnehmen, nämlich da zu einer Neuorientierung zu kommen.

Frau Abgeordnete Moser hat mich auf das Thema Sammelklage angesprochen: Wie Sie ja wissen, tagt im Justizministerium – und das schon seit geraumer Zeit – eine Ar­beitsgruppe unter der Leitung meiner Mitarbeiterin, Frau Abteilungsleiterin Dr. Kloiber, wobei ich dazu sagen möchte, dass die Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe schon sehr weit fortgeschritten ist. Ich hoffe, dass wir zu Ende dieses Sommers zu einem Gesetzesvor­schlag kommen werden, sodass hier darüber diskutiert werden kann. Ich darf Ihnen versichern, dass wir uns dieser Problematik im Justizministerium annehmen und dass wir diese Angelegenheit sicherlich vordringlich behandeln werden.

Natürlich ist es auch da – wie übrigens bei allen anderen Materien, die sich mit dem Konsumentenschutz auseinander setzen – sehr schwierig, die unterschiedlichsten In­teressen unter einen Hut zu bringen. Aber, Frau Abgeordnete Moser, ich glaube, das wissen Sie ohnehin sehr gut. – Wir werden uns jedenfalls bemühen, da einen Weg zu finden, bei dem wir alle Interessen im Sinne eines Kompromisses unter einen Hut zu bringen versuchen.

Es wird daran gearbeitet, und ich hoffe, dass wir bald mit einem Gesetzesvorschlag in die Begutachtung gehen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


20.44.52

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in­spiriert durch die Frau Bundesministerin, die Metapher verwenden zu dürfen, dass die­ses Gesetz in der Umsetzung der Verordnung keine leichte Geburt gewesen ist, es uns aber nun gelungen ist, gemeinsam ein recht properes Kind auf die Welt zu bringen.


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Es ist uns nämlich gelungen – und ich meine, das ist das, was bedeutsam ist –, be­rechtigte Konsumentenschutzinteressen mit Ausgewogenheit in die Rechts- und Wirt­schaftsstrukturen Österreichs einzugliedern. So wird einerseits dem Konsumenten­schutz Rechnung getragen, aber andererseits nicht etwa eine „Super“-Behörde mit vor allem neuer Bürokratie geschaffen, sondern in einer zentralen Verbindungsstelle im Sozialressort eine bessere Koordinierung der schon erwähnten fünf Institutionen, die jeweils in ihrer Zuständigkeit diese Aufgaben wahrnehmen werden, erreicht.

Es ist vor allem auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Das ist schon etwas sehr Wesentliches, denn wir wollen ja in Österreich keinen „Rambo-Konsumenten­schutz“ haben, sondern einen Konsumentenschutz, der sich im Rahmen unseres Rechtssystems bewegt. Ich bin überzeugt, dieser Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist jetzt auch in sehr wirksamer und Österreich-konformer Weise umgesetzt worden.

Alles in allem: ein Gesetz, das wir gemeinsam beschließen werden, ein Gesetz, das ein wichtiger weiterer Schritt ist. Gerade im Konsumentenschutz ist ja alles „work in progress“; allerdings sollten wir immer das Augenmaß, das wir jetzt auch in der Umset­zung dieser Verordnung hatten, gerade im Sinne der Unternehmen und der Wirtschaft, nicht außer Acht lassen.

Insofern – damit schließe ich schon – wird es eine interessante Diskussion werden, in welche Richtung wir uns im Verbraucherschutz weiter bewegen. Ich persönlich habe da durchaus eine Reihe von Vorbehalten, etwa, wenn es um eine Sammelklage geht. Aber sicherlich wird es noch möglich sein, das zu einem anderen Zeitpunkt und etwas intensiver zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

20.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Be­cher. – Bitte.

 


20.47.43

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie bereits im Justizausschuss, so zeigt sich auch hier in dieser Debatte, dass im Wesentlichen alle Fraktionen dieser Gesetzesvorlage zustimmen, da es notwendig ist, die Durchsetzung von Entschädigungen und auch die rechtliche Situation im Sinne der europäischen Verbraucher zu verbessern. – Die wesentlichsten Kritikpunkte hat ja mein Kollege Maier bereits dargelegt.

Grundsätzlich ist es begrüßenswert – das hat auch Kollege Ikrath erwähnt –, dass es zur Einrichtung einer zum Sozialministerium ressortierenden Verbindungsstelle für Ver­braucherschutzangelegenheiten kommen wird, aber das ist auch schon weitestgehend alles, was jetzt in Richtung Konsumentenschutzfragen beschlossen wird. Der Grund für diese Initiative ist eine EU-Verordnung; weitere Verbesserungen wurden in der letzten Ausschusssitzung nicht beschlossen.

Ein sehr gutes Beispiel für die Politik des Stillstandes ist ja auch der Gesetzesantrag meines Kollegen Maier, der auf der Tagesordnung stand, und zwar betreffend Ände­rung des Gebührengesetzes. Das wurde vertagt. Diese Gesetzesinitiative hätte nichts anderes bewirkt, als dass es zu günstigerem Wohnen gekommen wäre. Inhaltlich hat es keine Einwände gegeben; es ist das lediglich formal vertagt worden. – Die Mieterin­nen und Mieter bleiben aber so auf der Strecke.

Ein anderes Beispiel dafür, dass bei Verbraucherschutz- und Konsumentenschutzfra­gen nichts weitergeht, ist, dass vor eineinhalb Jahren ein Entschließungsantrag von mir betreffend Feststellungsverfahren beim OGH zur schnelleren und kostengünstigeren Klärung strittiger Rechtsfragen auf der Tagesordnung gestanden ist. Auch das wurde


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vertagt, und zwar mit dem Hinweis, dass „noch weitere Gespräche“ geführt werden sollen.

Es ist nichts getan worden, um das Konsumentenschutzrecht zu verbessern, um das Konsumentenschutzrecht an die moderne Industriegesellschaft und den raschen technologischen Fortschritt anzupassen. Eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Rücktrittsfristen bei Konsumentengeschäften wäre notwendig. Eine Verstärkung der außergerichtlichen Konfliktlösungsinstitutionen wie Schlichtungseinrichtungen wäre vorzunehmen. Schließlich bedürfte es auch der Einrichtung eines Konsumentenschutz­rates im Sozialministerium.

Das sind nur einige Reformvorschläge, die unter der Federführung meines Kollegen Jarolim erarbeitet wurden. Es ist aber eine Aufgabe, die der SPÖ vorbehalten bleiben wird, diese auch umzusetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Der­noscheg. – Bitte.

 


20.50.52

Abgeordneter Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was der SPÖ vorbehalten bleibt – wie die Frau Kollegin soeben erwähnt hat –, das werden die Wäh­ler entscheiden, und zwar schon relativ bald.

Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um den Verbraucherschutz. Das ist ein ge­meinschaftsrechtliches Anliegen. Es ist nur sinnvoll, dass man in einem gemeinsamen Markt auch eine Zusammenarbeit aller Stellen hat. In Österreich ist der Verbraucher­schutz bereits hervorragend umgesetzt.

Ein adäquater Verbraucherschutz – und das darf ich als Vertreter der Wirtschaft sa­gen – ist auch im Interesse der Wirtschaft und natürlich auch im Interesse jedes Unter­nehmens, das sich bemüht, die Anliegen der Kunden optimal umzusetzen.

Natürlich ist die Wirtschaft immer wieder vorsichtig, wenn es um überzogene Bestim­mungen geht, wenn es um bürokratischen Aufwand geht. Ich glaube, mit diesem Ge­setz ist es hervorragend gelungen, dass es eben nicht zu überbordenden Belastungen im Berichtswesen und Ähnlichem kommt.

Die Inhalte sind ausreichend dargelegt worden. Ich persönlich darf bedauern, dass die­se Regelungen im Verbraucherschutz nicht für Vereine gelten, denn dann hätten sehr viele ÖGB-Mitglieder durch dieses Gesetz einiges an schutzwürdigen Interessen zu re­geln. (Heiterkeit des Abg. Jakob Auer.– Danke vielmals. (Beifall der ÖVP.)

20.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1615 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls


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einstimmig der Fall. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenom­men.

20.52.5916. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1565 d.B.): Überein­kommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (1616 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 779/A (E) der Abgeordneten Bet­tina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Men­schenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen (1617 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 803/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Opfer­rechte bei Frauenhandel (1618 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zu den Punkten 16 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte.

 


20.53.44

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Das vorliegende Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Men­schenhandels ist positiv, und der heutige Beschluss ist auch positiv.

Die nationale Umsetzung lässt allerdings zu wünschen übrig: Der Entschließungsan­trag der Regierung ist äußerst mangelhaft. Die SPÖ-Fraktion hat bereits im Jänner einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem es um ein Zehn-Punkte-Programm zur Bekämpfung des Menschenhandels gegangen ist. Leider ist das ganz lange nicht behandelt worden, aber jetzt liegt Gott sei Dank zumindest das Übereinkommen vor.

Ich möchte zwei Punkte aus dem Entschließungsantrag der SPÖ herausgreifen, die mir sehr wichtig sind und anhand derer ich Ihnen zeigen möchte, warum der Entschlie­ßungsantrag der Regierung mangelhaft ist.

Erstens: Das Übereinkommen sieht eine Stabilisierungsphase von 30 Tagen für Perso­nen vor, die als Opfer von Menschenhandel identifiziert worden sind. Das gilt laut Über­einkommen nur für das Aufenthaltsrecht – das heißt, sie können theoretisch nicht ab­geschoben werden –, aber das gilt nicht in strafrechtlichen Belangen. Und das ist nicht im Sinne der Erfinder gewesen, denn die Stabilisierungsphase brauchen wir, damit sich die betroffenen Frauen sammeln können, damit die Frauen eine Beratung, eine Beglei­tung durch diese schwierige Zeit bekommen und sich innerhalb dieser 30 Tage ent­scheiden, was sie weiter unternehmen möchten. Das ist nicht gewährleistet dadurch, dass sie auf alle Fälle für etwaige Strafrechtsverhandlungen oder was auch immer zur Verfügung stehen müssen. Das müsste man in Österreich regeln, und das haben Sie nicht geregelt.


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Zweitens: Es geht darum, dass wir sehr wohl eine Diskussion über einen zusätzlichen Straftatbestand führen müssen, und zwar über das wissentliche Ausnützen einer Zwangslage einer Prostituierten.

Wir haben das bei Minderjährigen sehr gut geregelt, aber ich frage mich immer: Was ist der Unterschied zwischen einer minderjährigen Prostituierten, einer 19-jährigen, einer 25-jährigen oder älteren Prostituierten, die zur Prostitution gezwungen wird, der nichts anderes übrig bleibt, weil sie in vollkommener Abhängigkeit lebt? – Wenn das jemand weiß, wenn das ein Freier weiß, dann, so denke ich, sollte er auch bestraft werden.

Da hat es immer wieder das Gegenargument gegeben: Das ist ja eine Beweisfrage, das lässt sich so schwer beweisen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur zwei Punkte dazu sagen! Erstens: Wir kennen den Fall vom vorigen August, zu dem es Telefonprotokolle gibt und man nach­lesen kann, dass sehr wohl Zwangssituationen ausgenützt worden sind. Das heißt: Dort ist es schwarz auf weiß gestanden, das war beweisbar! Abgesehen davon wissen wir noch immer nicht, wie dieses Verfahren ausgegangen ist.

Zweitens: Für mich ist ein Gesetz immer wieder auch eine Norm dahin gehend, wie wir das gemeinsame Zusammenleben innerhalb unserer Gesellschaft gestalten wollen und welche Signale wir setzen. Und darum wäre das ganz wichtig.

Zusammenfassend ist zu sagen: Das Übereinkommen ist eine gute Grundlage. Der Entschließungsantrag der Regierung ist mangelhaft und halbherzig, aber das zieht sich leider durch diese Justizpolitik wie ein oranger Faden durch. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Fauland: Geh, geh!)

20.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 


20.57.12

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nur schade, liebe Frau Kollegin Stadlbauer, dass selbst Themen, bei denen wir uns eigentlich einig sind, ein Problem für Sie sind. Man sollte daran arbeiten, seriös und sachlich vorzugehen und sich nicht immer wieder in sehr starker Polemik ergehen. (Abg. Broukal: Im Gegensatz zu Ihnen ...!) – Genau! Richtig. Im Gegensatz zu mir. Hören Sie mir einmal zu, ob es an­ders ist oder nicht. (Abg. Broukal: Da brauchen Sie einen Besen, um vor der eigenen Tür zu kehren!)

Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass sich der Menschenhandel in den letzten Jahren zu einem der größten Betätigungsfelder der international agierenden kriminel­len Netzwerke entwickelt hat. Nach dem Waffenschmuggel und dem Drogenhandel ist der Menschenhandel nach Studien bereits die drittgrößte Einnahmequelle krimineller Organisationen. Man stelle sich vor: Nach dem illegalen Handel mit Waffen und Dro­gen ist der illegale Handel mit Menschen schon an dritter Stelle! Und das, so glaube ich, löst zu Recht Betroffenheit aus und erfordert auch effiziente Maßnahmen, um dies einzudämmen.

Eine dieser Maßnahmen ist dieses Übereinkommen, das wir heute hier genehmigen werden, weil ja Maßnahmen gegen international agierende kriminelle Banden nicht nur auf nationaler Ebene gesetzt werden oder nationale Antworten gegeben werden kön­nen, sondern weil da einfach gemeinsame Bemühungen, staatenübergreifende Bemü­hungen erforderlich sind. Und solche staatenübergreifende Bemühungen versucht die-


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ses Übereinkommen des Europarates gegen den Menschenhandel in die Tat umzu­setzen.

Es geht vor allem auch darum, dass man Maßnahmen nicht nur in den Zielländern trifft, sondern dass man auch Maßnahmen geeigneter Natur in den Ursprungsländern und in den Transitländern statuiert.

Ich glaube daher, dass dieses Übereinkommen auch ein wichtiger Schritt nach vorne ist, vor allem weil es in einigen wichtigen Punkten Begriffsbestimmungen bietet, aber auch gemeinsame Maßnahmen festsetzt, wie zum Beispiel, dass eine einheitliche Defi­nition von „Menschenhandel“ statuiert wird und dass gewisse Verpflichtungen für alle Vertragspartner festgelegt werden, einheitliche Straftatbestände zu schaffen, aber auch eine Zusammenarbeit im Bereich der Verfolgung. Letztlich sollen vorbeugende Maßnahmen möglich gemacht werden, aber auch eine Verpflichtung zu wirksamen Grenzkontrollen und zum Opferschutz in diesem Übereinkommen festgelegt werden.

Anders, als es Frau Kollegin Stadlbauer offensichtlich sieht, muss man sagen, dass wir in Österreich in den letzten Jahren – Gott sei Dank! – schon vor diesem Übereinkom­men sehr viele wichtige Maßnahmen getroffen haben, zum Beispiel einen eigenen Straftatbestand im § 104a StGB einzuführen, genauso aber im Ausländerbeschäfti­gungsgesetz und im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz Möglichkeiten eines hu­manitären Aufenthaltes und auch einer Beschäftigungsmöglichkeit für Opfer einzuräu­men. Ebenso wurde auch eine Task Force durch einen Beschluss der Bundesregie­rung aus dem Jahr 2004 gegründet, um diese Situation beobachten und künftig wich­tige Maßnahmen treffen zu können.

Ich glaube daher, dass es richtig und wichtig ist, heute dieses Übereinkommen zu genehmigen. Ich würde mir nur wünschen, dass mehr Mitgliedstaaten viel schneller dieses Übereinkommen ratifizieren und in den jeweiligen Mitgliedsländern umsetzen, damit wirklich effiziente Maßnahmen gegen den Menschenhandel gesetzt werden kön­nen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

21.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


21.01.00

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar věcer! Pǒstovane dame i gos­podo! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Auch die Grünen werden der Ratifizierung dieses Übereinkommens zustimmen. Das wird Sie nicht überraschen, denn ich würde schon irgendwie meinen, dass man schon öfter etwas von den Grünen zum Thema Menschenhandel gehört hat als vom Herrn Kollegen Donnerbauer im Justizausschuss. Eigentlich muss ich sagen, dass ich ihn jetzt erstmals dazu habe Stellung nehmen hören. Aber das mindert nicht seine Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Überzeugung, dass dieses Übereinkommen in Österreich ratifiziert werden sollte.

Papier ist geduldig. Und gerade internationale Übereinkommen, die mit einem so ge­nannten formellen Erfüllungsvorbehalt beschlossen werden, sind besonders geduldige Papiere. Wir haben uns mit der Frau Ministerin in der Vorbesprechung und dann im Ausschuss selbst ja relativ intensiv über diese Tatsache der Ratifizierung einerseits unterhalten, die von den Grünen, aber nicht nur von den Grünen schon länger einge­fordert wurde, denn im Europarat liegt dieses Übereinkommen bereits seit einem Jahr zur Ratifizierung auf. – Das ist der eine Aspekt.

Der zweite Aspekt ist: Wie schaut es in Österreich tatsächlich für Opfer von Frauen­handel aus? – Die Frau Ministerin hat das – ich sage jetzt einmal – zur Kenntnis ge-


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nommen und auch gesehen, welche Schwierigkeiten es in der Praxis gibt. Damit haben wir uns in den letzten Monaten besonders beschäftigt. Und eigentlich muss ich Ihnen ehrlich sagen, dass ich gedacht habe, dass heute die Frau Innenministerin hier sein und diese Diskussion verfolgen wird. Ich frage mich: Wo ist sie? – Ein gut Teil jener Bereiche, um die es jetzt geht, nämlich wenn es um die Umsetzung dieses lobenswer­ten internationalen Übereinkommens geht, trifft nicht das Justizressort. Es gibt zwar auch Punkte, die das Ressort der Frau Mag. Gastinger betreffen, aber im Wesentlichen ist das Innenressort betroffen. – Gut, aber vielleicht glaubt Frau Prokop, dass Sie sie ohnehin schon grundsätzlich vertreten. Das könnte ja sein.

Ich möchte Ihnen aus einer Anfragebeantwortung der Frau Ministerin Prokop auf die Frage zitieren:

„Wie stellen Sie sicher, dass die betroffenen Frauen eine Möglichkeit der Zeugenaus­sage im zu führenden Strafverfahren haben?“

Beziehungsweise: Was wurde aus den Opfern von Frauenhandel, die bei einer so ge­nannten Razzia aufgegriffen wurden, die zur Zerschlagung zweier Menschenhändler­ringe – da zitiere ich jetzt das Innenressort – geführt hat? Was ist nach der Verhaftung der mutmaßlichen Täter – das war die „Zerschlagung“ – mit den 30 betroffenen Frau­en – das waren nämlich die Opfer – chronologisch passiert?

Ich kann Ihnen sagen, was uns die Frau Ministerin geantwortet hat: „Der derzeitige Aufenthaltsort der genannten Fremden ist nicht bekannt.“ – Die genannten Fremden wurden nämlich alle nach dieser Amtshandlung, der Zerschlagung des Menschenhänd­lerringes, aus Österreich abgeschoben.

Das ist Opferschutz auf Österreichisch für Opfer, in dem Fall Frauen, von Menschen­handel! Wenn da noch jemand sagt, in Österreich sei alles wunderbar, super, diese Konvention werde jetzt ratifiziert und damit habe man seine Schuldigkeit getan, dann irrt er gewaltig. – Das ist ein Beispiel.

Ein zweites Beispiel. In der Konvention ist auch davon die Rede, dass zum Opfer­schutz natürlich Maßnahmen – jetzt in Bezug auf Österreich – des Verbrechensopfer­gesetzes gehören. Und die Erläuterungen weisen auch darauf hin. Wir haben erst kürz­lich, nämlich letztes Jahr, eine Novelle zum Verbrechensopfergesetz beschlossen. In dieser Novelle steht, dass nur Menschen, die sich zum Tatzeitpunkt rechtmäßig in Ös­terreich aufhalten, Ansprüche geltend machen können.

Es gibt Menschen, die Opfer von Menschenhandel sind, die sich rechtmäßig in Öster­reich aufhalten, die vorher unter Umgehung von gesetzlichen Bestimmungen ein Visum hatten und auf Grund falscher Versprechen – auch in Bezug auf das Visum – nach Ös­terreich gekommen sind. Aber ein gut Teil der Menschen, die Opfer von Menschen­handel sind, sind nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig und fallen deshalb unter den Schutz des Verbrechensopfergesetzes. Und da soll noch einmal jemand sagen, wir tun genug für Opfer?!

Diesbezüglich gibt es noch einige Dinge, die für uns wesentlich sind. Kollegin Weinzin­ger wird auch noch etwas zum Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen sagen, über das Desaster, das es da im Sinne der Statistik im Innenministerium gibt. Ich sage Ihnen Folgendes: Gerne stimmt die grüne Fraktion der Ratifizierung dieses Überein­kommens zu, in das sich auch amnesty international Österreich in den Vorberatun­gen eingebracht hat. Auch die Zuständigen – in dem Fall war es eine Dame, Frau Mag. Prior, die Österreich in Straßburg mit vertreten hat – haben versucht, sich einzu­bringen.

Aber den Worten meines Vorredners Mag. Donnerbauer: Wir haben alles getan, kön­nen wir uns keinesfalls anschließen. Da gibt es leider noch sehr viel zu tun. Offensicht-


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lich ist das jedoch mit der rechten Seite dieses Hauses – von mir aus gesehen – nicht zu machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fau­land. – Bitte.

 


21.07.25

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte jetzt kurz wieder dieses Übereinkommen ein wenig näher beleuch­ten. Lassen Sie mich, auf Kollegen Donnerbauer replizierend, sagen, was die Proble­matik des Menschenhandels international und auch in Europa ist! Ich möchte das mit ein paar Zahlen zusätzlich verdeutlichen. Es gibt bedauerlicherweise die Situation, dass weltweit über 700 000 Fälle von Menschenhandel pro Jahr registriert werden. Wenn man sich sie Situation in Europa ein bisschen näher anschaut, so ist die Dreh­scheibe der Balkan. Die OSZE und die UNICEF haben festgestellt, dass allein pro Jahr 120 000 Frauen und auch Kinder über dortige Menschenhändlerringe nach Westeuro­pa gebracht werden und dieses Problem wirklich eines ist, das man mit absoluter Prio­rität anzugehen hat.

Aus diesem Grund wurde auch dieses Übereinkommen des Europarates jetzt vorge­legt. Österreich ist in der doch sehr vorbildhaften Situation, dass wir die Ersten waren, die es damals unterschrieben haben und jetzt mit der Ratifizierung europaweit die Zweiten sein werden, die es auch umsetzen werden. Wir sind uns aber trotz allem be­wusst, dass das Ratifizieren alleine zu wenig sein wird, um dieser Problematik Herr zu werden, und dass es noch der notwendigen Maßnahmen bedarf.

Das, was in diesem Übereinkommen geregelt ist, ist eben nicht nur die sexuelle Aus­beutung, auf die schon sehr stark hingewiesen worden ist, sondern auch – und das ist wichtig – die Arbeitsausbeutung und ein Fall, der in seiner Grausamkeit in keiner Wei­se zu überbieten ist, nämlich die Ausbeutung durch Organentnahme. Das ist eine Sa­che, die auf Grund des sehr hohen Organbedarfs im Westen immer schlagender wird und die mit aller Stärke vollinhaltlich abzulehnen ist.

Auf die Ziele hat Kollege Donnerbauer schon hingewiesen: Verhütung, Schutz, Sicher­stellung und wirksame Ermittlungen – all das ist in diesem Übereinkommen umfasst. Ich möchte abschließend noch ganz kurz auf die innerstaatliche Seite eingehen.

Kollegin Stadlbauer hat daran ja massive Kritik geübt, Kritik, die für mich nicht ganz nachvollziehbar ist, denn mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004 wurden umfas­sende Strafbestimmungen gegen Menschenhandel erlassen. Wenn man sich jetzt an­schaut, was wir alles auf Grund dieses Übereinkommens noch nachjustieren müssen, muss man sagen, so gut wie gar nichts, denn das österreichische Recht entspricht voll­inhaltlich dem, was in diesem Übereinkommen gefordert wird.

Aus unserer Sicht besteht somit in Österreich eine ausreichende rechtliche Grundlage zur Bekämpfung des Menschenhandels. Es liegt jetzt an der Vollziehung. Dort, gebe ich zu, ist noch einiges nachzuholen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ und der ÖVP.)

21.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Bundesminister Mag. Gastinger. – Bitte.

 


21.10.34

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich kann unmittelbar an meinen


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Vorredner anschließen, der schon richtig ausgeführt hat, dass wir durch das Straf­rechtsänderungsgesetz 2004, soweit es den strafrechtlichen Teil anbelangt, schon alle nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen haben – das hat auch Herr Mag. Donnerbauer schon ausgeführt –, um dieses Übereinkommen auch tatsächlich in nationales Recht umzusetzen.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir schon heute die Ratifizierung dieses Übereinkom­mens im Hohen Haus beraten und auch beschließen können, denn wir sind tatsächlich die Zweiten, die dieses Übereinkommen ratifizieren. Darauf können wir durchaus stolz sein, denn ich glaube, diese sehr rasche Ratifizierung ist durchaus auch als politisches Signal Österreichs zu verstehen, dass wir den Kampf gegen Menschenhandel ernst nehmen. Das hier zu erwähnen ist meiner Meinung nach auch besonders wichtig.

Es sind verschiedene Bereiche involviert. Wie ich schon ausgeführt habe, haben wir im strafrechtlichen Bereich bereits im Jahr 2004 die notwendigen Änderungen einge­führt. – Das geschah auch in Umsetzung eines Rahmenbeschlusses des Rates zur Be­kämpfung des Menschenhandels, eines Zusatzprotokolls der Vereinten Nationen zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, sowie des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, Kinderprostitution und Kin­derpornographie.

In diesen Reigen fügt sich nun auch dieses Übereinkommen des Europarats zur Be­kämpfung des Menschenhandels ein.

Uns war es aber besonders wichtig, im Bereich des Menschenhandels nicht nur den strafrechtlichen Teil umzusetzen, sondern auch im Niederlassungs- und Aufenthalts­recht – das ist der Bereich, der meine Regierungskollegin Liese Prokop betrifft – haben wir die nötige Vorsorge getroffen. Es ist, wie Frau Abgeordnete Stadlbauer ausgeführt hat, auch vorgesehen, diese dreißigtägige Bedenkzeit für Opfer von Menschenhandel einzuräumen.

Ich möchte aber hinsichtlich der Kritik, die dazu angebracht wurde, nämlich dass Zeu­genaussagen während dieser dreißigtägigen Bedenkzeit durchaus möglich sind, darauf hinweisen, dass dies auch im Art. 13 Abs. 1 des Übereinkommens, dessen Ratifizie­rung Sie heute beschließen werden, so vorgesehen ist. Es hat auch auf Ebene des Europarates sicherlich Diskussionen darüber gegeben, es wurde aber für notwendig befunden, dass diese Ausnahme möglich ist.

Ich möchte auch noch gesondert darauf hinweisen, dass es laut § 72 Abs. 2 Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz möglich ist, einen humanitären Aufenthaltstitel für Opfer von Menschenhandel zu schaffen, der eine Mindestdauer von sechs Monaten vorsieht. Ich glaube, dass wir auch da sicherlich auf dem richtigen Weg sind, um die Opfer ausreichend zu schützen.

Ich möchte weiters darauf hinweisen, dass es einen Bericht des US State Department über den Menschenhandel weltweit gibt. Auch Österreich wurde geprüft und in der bes­ten Kategorie bewertet. Es wurde uns bescheinigt, dass wir in Österreich sowohl, was den Bereich der strafrechtlichen Verfolgung und des Schutzes, als auch was die Prä­vention von Menschenhandel betrifft, sehr weit fortgeschritten sind.

Ich gebe auch zu bedenken, dass wir in diesem Bereich – es handelt sich ja immerhin um organisierte Kriminalität – nicht aufhören dürfen weiterzuarbeiten. Wir alle, wie wir hier stehen und sitzen, sind uns bewusst, dass es wichtig ist, weiter an der Bekämp­fung des Menschenhandels zu arbeiten und dass es unbedingt notwendig ist, auch die Task Force, die für den Bereich Menschenhandel im Außenministerium vorgesehen ist, weiter zu unterstützen.


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Ich persönlich würde mir auch einen nationalen Koordinator für Menschenhandel wün­schen. Wie Sie wissen, arbeitet diese Task Force derzeit gerade an einem nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel, der im Laufe dieses Jahres fertig gestellt werden soll. Auch auf diesen nationalen Aktionsplan hoffe ich sehr, sodass geeignete Maßnah­men gesetzt werden können, die sicherlich als Querschnittmaterie zu betrachten sind, weil diese Maßnahmen – wie schon meine Vorredner angeführt haben – nicht nur den Bereich des Justizministeriums betreffen, sondern auch das Innenministerium, die Län­der und verschiedene Opferschutzeinrichtungen.

Das ist also eine sehr komplexe Materie, und es sind sicherlich unterschiedlichste Maßnahmen zu setzen. So glaube ich, dass wir hier im Hohen Haus nicht das letzte Mal über unseren Kampf gegen diese Form der organisierten Kriminalität diskutiert ha­ben werden. Ich glaube aber auch, dass die Ratifizierung dieses Übereinkommens des Europarats ein ganz besonders wichtiger Schritt ist, um durch die Zusammenarbeit, zu der wir uns nun verpflichten, auch auf internationaler Ebene einen Beitrag dazu zu leis­ten, diesem wirklich dramatischen Verbrechenszweig – so möchte ich es nennen – Ein­halt zu gebieten und dagegen anzukämpfen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ, der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


21.16.11

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministe­rin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin, auch ich sehe die Ratifizierung dieses Übereinkommens des Europarates als Signal und als Kampfansage gegen eines der brutalsten organisierten Verbrechen der Gegenwart.

Ich bin froh darüber und auch stolz darauf, dass wir als österreichischer Staat und als österreichisches Parlament die Zweiten nach Moldawien sind, die dieses Übereinkom­men nun ratifizieren.

Wir wissen, das Verbrechen Menschenhandel trifft vor allem Frauen und Kinder, und zwar zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung.

Nach Schätzungen der WHO werden weltweit 700 000 bis zwei Millionen Frauen und Mädchen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Menschenhändler- und Zuhäl­terringe verdienen dabei jährlich zirka unglaubliche 30 Milliarden €, so wird geschätzt. Der Europarat hat richtigerweise mit dem vorliegenden Übereinkommen reagiert, in­dem er den Menschenhandel als Menschenrechtsverletzung anerkennt, und das ist wichtig.

Ich sage das auch als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, weil ich auch im Europarat in Straßburg immer schon dafür gekämpft habe, dass nicht nur dieses Übereinkommen im Europarat beschlossen wird, sondern dass wir es auch jetzt in Österreich ratifizieren.

Künftig wird der Menschenhandel also als organisierte Kriminalität und als Menschen­rechtsverletzung anerkannt, wenn es nach diesem Übereinkommen geht und genü­gend Mitgliedstaaten es unterzeichnen. Was wir allerdings nicht übersehen dürfen – und das ist etwas ganz Zentrales, Frau Ministerin! –, ist, dass wir ein Übereinkommen beschließen, das – unter Anführungszeichen – „nur“  unter Gesetzesvorbehalt steht. Das heißt, wir müssen nach meinem Dafürhalten noch einige ergänzende Maßnahmen setzen.

Was mich zum Beispiel stört, ist, dass der Ausbau der Opferschutzrechte und die dazu notwendigen flankierenden Maßnahmen noch nicht ausreichend gegeben sind. Was


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die Opferschutzeinrichtungen betrifft, so ist es doch zu wenig, dass nur in Wien eine Anlaufstelle für Opfer von Menschenhandel existiert, dass es aber im weiteren Bundes­gebiet – zum Beispiel im Westen Österreichs – nichts in dieser Art gibt.

Bei den Opferschutzeinrichtungen wird sehr wohl gespart. Wir wissen, dass die Inter­ventionsstellen um ihr Geld kämpfen. Es bedarf da nicht nur der schönen Worte, son­dern auch der nötigen finanziellen Absicherung. – Es ist notwendig, entsprechend fi­nanziell zu dotieren.

Was mir auch ein Anliegen ist – Sie haben die Task Force angesprochen –: dass ne­ben den Ministern und den Ministerinnen, die sich mit diesem Problem befassen, auch die Länder dazugeholt werden. Wir kennen alle die Länderkompetenzen mit den Ver­anstaltungsgesetzen und den Landespolizeigesetzen.

Ich komme aus einem Land, wo der Tourismus Gott sei Dank floriert, aber es ist bei uns in Tirol zum Beispiel zu bemerken – das ist aber in anderen Ländern wie Salzburg oder der Steiermark und anderen Tourismusländern auch nicht anders –, dass diese so genannten Table-Dance-Lokale wie Schwammerln aus dem Boden schießen. Dass in diesen Table-Dance-Lokalen nicht nur getanzt wird, ist ein offenes Geheimnis. (Zwi­schenruf des Abg. Gahr.Hermann Gahr weiß es auch, er war auch schon ein paar Mal in verschiedenen Tourismusgegenden, ob im Zillertal oder in Ischgl. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Auch Massagesalons, die in Wirklichkeit nur zur Tarnung dienen und eigentlich ver­deckte Bordelle sind, gehören überprüft.

Es bedarf da entsprechender Gesetzesänderungen in den Ländern, denn es gibt Ge­setzeslücken. Ich möchte darauf hinweisen, denn, wie Frau Abgeordnete Stoisits schon gesagt hat, Papier ist geduldig. Wir haben in den letzten Jahren diesbezüglich sehr viel beschlossen, Sie haben ja einiges erwähnt, aber wir müssen noch mehr Maß­nahmen setzen, damit eines der grausamsten Verbrechen der Gegenwart entspre­chend bekämpft werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Brinek. – Bitte.

 


21.21.00

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die abscheulichen Verbrechen und Missetaten, die mit dieser Entschlie­ßung und dem Übereinkommen zum Menschenhandel verfolgt werden sollen, sind von den Vorrednerinnen schon angesprochen worden.

Leider ist es im Ausschuss nicht gelungen, auch die Oppositionsparteien zur Unterstüt­zung unserer Entschließung – zur Entschließung Partik-Pablé und Fekter – zu bewe­gen, also dazu, zumindest diesen Umfang der ausdrücklichen Brandmarkung und der Erfassung aller Formen des Menschenhandels zu unterstützen.

Ich denke, dass wir mit dem nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel einen ers­ten wichtigen Schritt setzen. Es kann natürlich immer gesagt werden, das ist zu wenig, das ist nicht schnell genug, das ist nicht umfassend genug, da ist die Table-Dancer-Problematik nicht enthalten, die wir natürlich auch absolut verurteilen, da das Hinter­gehung und in Wirklichkeit in den meisten Fällen abscheulicher Missbrauch ist.

Unser nationaler Aktionsplan gegen den Menschenhandel, der auf eine Task Force zurückgeht, die seit zwei Jahren eingerichtet ist, soll vorbereitet, vorgestellt und verab­schiedet werden.


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Wir haben zusammen mit der Frauenministerin etwa ein erstes Netzwerk gegen tradi­tionsbedingte und traditionelle Gewalt eingerichtet. Der Nationalrat soll weiters bis En­de 2006 einen Bericht über die in Aussicht genommenen Maßnahmen vorlegen, die insbesondere Folgendes enthalten: Aufklärung und Prävention in den Herkunftsländern des Frauen- und Kinderhandels, Maßnahmen zur Überprüfung der Praxis der Visa-Er­stellung, den gesamten Bereich der Fälschungssicherheit, Rechtmäßigkeit und Gültig­keit von Reisedokumenten, Maßnahmen im Bereich der Identifizierung von Opfern und deren Schutz. Dazu gibt es eben unter § 27 einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen, der sicher in der Praxis weiter verfolgt werden muss.

Dieser unser Entschließungsantrag will auch noch den verstärkten Schutz und die Hilfe für die Opfer, unabhängig von ihrer Zeugentätigkeit und Aussagebereitschaft, und Maßnahmen zur Sicherstellung einer Erholungs- und Bedenkzeit der Opfer, die ich schon angesprochen habe. Fragen der Praxis der Schubhaft sind damit inkludiert.

Meine Damen und Herren! Damit soll eine Hintanstellung von Menschenhandel erreicht werden, und ich freue mich sehr, dass in den letzten Tagen unseres EU-Vorsitzes dieser Maßnahmenkatalog noch erreicht wurde und dass wir unter diesem Aspekt einem sehr subtil ausgelebten Übel und einer subtilen Umgehungspraxis ein Stück mehr Einhalt gebieten.

Sicher brauchen wir auch ein gesteigertes öffentliches Bewusstsein. Jede Maßnahme, die nur auf dem Papier besteht und ausschließlich eine legistische Maßnahme ist, bleibt stumpf und wirkungslos, wenn sie nicht auch ein geändertes öffentliches Be­wusstsein mit sich bringt. Das beginnt bei großer Aufmerksamkeit, wenn wir uns als Touristen durch unsere Nachbarländer bewegen und sehen, wie etwa auf den nördli­chen Ausfallstraßen Kinder als Objekte so mancher schräger Begierde angeboten wer­den.

Das beginnt auch damit, dass wir in unserer eigenen Nachbarschaft aufmerksam sind und unsere Augen offen halten. Die Schaffung dieses Bewusstseins soll am Beginn dieses Maßnahmenkataloges und dieses Aktionsplanes stehen.

Ich lade die Opposition noch einmal ein, zumindest dieser Fassung, inklusive Ent­schließungsantrag Fekter, Partik-Pablé, zuzustimmen. Weitere Maßnahmen sind damit durchaus nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern absolut intendiert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen BZÖ. Abg. Mag. Wurm: Stimmen Sie unserem zu!)

21.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. – Bitte.

 


21.25.04

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Brinek, ich lade Sie herzlich ein, den weitergehenden Maßnahmen schon jetzt zuzustimmen und sie nicht in ferne Zukunft zu verschieben und auf ein unbestimmtes Datum hinzuintendieren.

Es gibt eine ganz klare Liste von Vorschlägen seitens der Grünen und auch seitens der Kollegin Stadlbauer in ihrem Entschließungsantrag, wie man das, was Sie angeblich intendieren, was Sie in der Bekenntnisliteratur, die wir jetzt mehrfach gehört haben, als Ziel durchaus gutheißen, umsetzen könnte.

Ich verstehe nicht, warum Sie dem nicht zustimmen können, warum Sie auf Ihrem eigenen Entschließungsantrag beharren, der sich in „hätte, wäre, wenn vielleicht ginge“ ergeht: Es wird vorgeschlagen, einen Aktionsplan, der angeblich ohnehin schon in Ar-


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beit ist, vorzubereiten – nicht durchzuführen, sondern vorzubereiten. (Abg. Dr. Bri­nek: Maßnahmen!)

Es wird die Regierung ersucht, über Maßnahmen zu berichten, die man in bestimmten Bereichen ins Auge fassen könnte – nicht Maßnahmen, die man durchführt, sondern die man beabsichtigen könnte. (Abg. Dr. Brinek: Es sind auch schon welche durch­geführt!) – Das ist herzlich wenig, wenn Sie tatsächlich Ziele erreichen wollen! Wenn Sie so Ihren Wahlkampf planen, werden Sie auch nicht weit kommen. Aber da sind Sie ja besser beisammen. (Beifall bei den Grünen.)

Im Konkreten gibt es allein zu der Konvention schon ein großes Defizit, auf das ich eingehen möchte. Die Konvention, deren Ratifikation wir natürlich begrüßen, legt zum Beispiel in Art. 12 Abs. 4 fest, dass die ratifizierenden Staaten sicherstellen sollen, dass Opfer von Menschenhandel Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen.

In Österreich wird auch von Ihnen, Frau Ministerin, darauf verwiesen, dass wir eigent­lich ohnehin schon alles umgesetzt haben, was wir für die Konvention brauchen, und dass zum Beispiel der Aufenthaltstitel für Opfer von Menschenhandel durch ein Aufent­haltsrecht auf Grund humanitärer Veranlassung geregelt ist.

Dieser Aufenthaltstitel humanitäre Gründe – das sollten Sie wissen, Sie haben das nämlich beschlossen – stellt fest, dass eine Beschäftigungsbewilligung mit diesem Auf­enthaltstitel nicht zulässig ist. Das heißt, in der Konvention steht, Zugang zum Arbeits­markt ist wichtig, Österreich erlaubt diesen Zugang aber nicht. Trotzdem sagen Sie hier, Sie hätten ohnehin schon alles umgesetzt. Wie kriegen Sie das im Kopf zusam­men?

Abgesehen davon – das ist die bewährte Praxis – sagt man dann, wenn das Opfer kei­nen Zugang zum Arbeitsmarkt hat und daher mittellos ist, ist eine Abschiebung auf Grund von Mittellosigkeit der nächste Schritt.

Wie man mit den Opfer umgeht kann ich Ihnen anhand eines Beispiels gerne erläutern. Wir haben das aus einer Anfragebeantwortung der Innenministerin, die diese Debatte heute durch Abwesenheit würdigt: Es gab im März 2005 einen Zwischenfall, bei dem ein Mädchenhändlerring angeblich zerschlagen wurde, bei dem es jedenfalls zu Ver­haftungen kam. Ich zitiere aus der Anfragebeantwortung der Ministerin Prokop an mei­ne Kollegin Stoisits:

„Im Zusammenhang mit diesen Amtshandlungen wurden insgesamt vier rumänische Frauen festgenommen und der Behörde zur Durchführung von fremdenpolizeilichen Verfahren vorgeführt.

Gegen eine Frau wurde in der Folge wegen Mittellosigkeit ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Nach Verhängung der Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Linz am 4.1.2006 wurde sie am 13.1.2006 am Landwege via Ungarn nach Rumänien abgeschoben.“

Das heißt, was passiert mit den Opfern? – Sie werden festgenommen und in Schubhaft gesteckt. – In diesem Fall hat die Frau etwa zehn Tage in Schubhaft verbracht. Ich frage mich, wo da ihre Bedenkfrist ist, in der sie in Ruhe nachdenken kann, ob sie als Zeugin aussagen will oder wie es weitergeht. Dann wird sie abgeschoben.

Weitere drei Frauen – das zitiere ich jetzt nicht mehr wörtlich – wurden ebenfalls in Schubhaft genommen und abgeschoben.

So geht diese Regierung mit Opfern von Menschenhandel wirklich um! Was haben diese Frauen, diese Jugendlichen, die gehandelt werden, die im Wesentlichen in der Prostitution landen, aber auch als Hausangestellte oder als Ehefrauen gehandelt wer­den, von Ihren wortreichen Bekenntnissen, dass die Ziele ja die richtigen wären und


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dass – wie es Frau Abgeordnete Brinek gesagt hat – weitere Maßnahmen „intendiert“ sind?

Erklären Sie das einmal jenen Frauen, die zuerst Opfer von Schleppern und Men­schenhändlern wurden, die dann in die Prostitution gezwungen wurden und denen Ös­terreich mit Schubhaft und Abschiebung antwortet! Das können Sie nicht wirklich ver­antworten wollen. (Beifall bei den Grünen.)

21.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


21.30.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf zwei Redebeiträge meiner Vorrednerinnen einge­hen, und zwar zuerst auf jenen der Kollegin Weinzinger. Sie mokieren sich darüber, dass es angeblich nur wortreiche Bekenntnisse der Regierung beziehungsweise der Frau Justizministerin in diesem Bereich gäbe. Aber ich möchte Ihnen noch einmal sa­gen, es ist vieles in puncto Bestrafung des Menschenhandels bereits umgesetzt wor­den. Beispielsweise haben wir strenge Strafbestimmungen den Menschenhandel be­treffend eingeführt. Wir haben bereits das, was in dem Übereinkommen steht, praktisch übererfüllt.

Frau Abgeordnete Stadlbauer, mich hat eigentlich schon sehr hart getroffen, und die Frau Minister wahrscheinlich auch, dass Sie sagen, die Justizpolitik wäre halbherzig, denn gerade im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Ausnützung der Prostituier­ten und den Menschenhandel hat diese Bundesregierung und gerade die Frau Minister enorm viel getan und enorm viel Sensibilität bewiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ihre Rede zeigt, dass Sie wirklich nicht bereit zu Sachlichkeit sind; auch der Beitrag der Frau Abgeordneten Weinzinger.

Wir haben im Ausschuss und auch in den Vorgesprächen im Justizministerium sehr lange darüber diskutiert, wie man gegen Freier vorgehen kann, die die Zwangslage von Prostituierten ausnützen – und wir haben ganz einfach noch keine Lösung gefunden. Frau Abgeordnete Stadlbauer zeigte ja wieder in ihrem Diskussionsbeitrag, dass sie die geltende rechtliche Lage nicht kennt, denn sie hat gesagt: Wenn der Freier weiß, dass sich die Frau in einer Zwangslage befindet, dann ist er zu bestrafen! – Ja, aber dann ist er ja schon jetzt zu bestrafen, da gibt es den Tatbestand der Nötigung, da gibt es den Tatbestand der Erpressung! Wir haben auch den „Zuhälter-Paragraphen“, wo das alles zu subsumieren ist.

Wie soll man nachweisen, dass der Freier weiß, dass diese Frau zur Prostitution ge­zwungen wird? Das ist das Wichtigste: die subjektive Tatseite nachzuweisen. Die Prostituierte wird nicht sagen, dass sie ausgenützt wird. Sie steht dort, schön gekleidet, lächelt wahrscheinlich, um einen Freier anzuwerben. Also er wird sie sicher nicht fra­gen: Werden Sie ausgenützt? (Abg. Öllinger: Nachher!) Und selbst wenn sie gefragt würde, dann wird sie sicher nicht die wahre Antwort geben, weil sie wahrscheinlich dann ein blaues Auge haben wird und von ihrem Freier wahrscheinlich noch mehr körperlich misshandelt wird. (Abg. Öllinger: Stimmt! Aber nachher!) – Wann soll sie es nachher denn sagen? Nachdem das Geschäft abgeschlossen ist? Dann wird sie wie­der auf die Straße gehen, wird sich wieder hinstellen und den nächsten Freier anla­chen. Das ist doch alles realitätsfremd, was Sie sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren von Grünen und von SPÖ!


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Versetzen Sie sich doch in die Lage eines Richters, der beurteilen soll, wie die Wis­sentlichkeit nachzuweisen ist! Das ist nicht so leicht zu beantworten.

Ihr Vorwurf ist deshalb auch ungerecht, von beiden, Weinzinger und auch Stadlbauer, weil wir uns ja entschlossen haben, dass wir, Vertreter aller Parteien, uns im Sommer einmal zusammensetzen und überlegen: Wie können wir auch die Freier, die die Zwangslage ausnützen, strafrechtlich zur Verantwortung ziehen? Diese Gespräche werden uns vielleicht weiterbringen. Wir können ja auch Experten beiziehen. Ich bin jedenfalls jederzeit bereit, weil auch mir das ein wichtiges Anliegen ist, auch der Frau Minister, und vielleicht finden wir eine Lösung, vielleicht finden wir auch keine.

So können wir es jedenfalls nicht machen, dass wir feste Beweisregeln einführen, das geht wirklich nicht, sondern wir müssen weiterhin an der freien Beweiswürdigung fest­halten. Wie gesagt: Wir sind bereit, diese Gespräche zu führen, und ich hoffe, dass wir dann zu einer Lösung kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

21.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


21.34.46

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir stimmen natürlich gerne dem Überein­kommen zur Bekämpfung des Menschenhandels zu. Einige Vorrednerinnen und Vor­redner haben schon auf die Wichtigkeit dieser Maßnahme hingewiesen. Ich glaube, der Menschenhandel ist im 21. Jahrhundert wirklich einer der menschenverachtendsten Bereiche, und daher ist dagegen strafrechtlich, aber vor allem auch, Frau Ministerin, präventiv vorzugehen.

Eines muss uns allen klar sein – ob das jetzt 100 000 Personen oder mehr sind; ich fürchte, dass wir in diesem Bereich eine Dunkelziffer haben, vor der wir uns wahr­scheinlich alle schrecken würden –: Ohne entsprechende Ressourcen sowohl im Sach­aufwand als auch im Personalaufwand werden wir hier nicht weiterkommen! Und es ist ja auch einer der kritischen Punkte des US State Department gewesen, dass wir dies­bezüglich entsprechende Mittel im Bereich der Vollziehung, der Verwaltung vorsehen müssen.

Ich bin ganz beim Kollegen Fauland, als er sagte, mit der Ratifizierung allein sind wir eigentlich noch keinen Schritt weiter gekommen. Ich meine, das ganze Haus mit all seinen Fraktionen ist im Interesse der Menschlichkeit aufgefordert, für diesen Bereich auch die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Frau Bundesministerin, das wird keine leichte Aufgabe, das ist überhaupt keine Frage.

Der Grund, warum wir dem Entschließungsantrag nicht zugestimmt haben, war, dass er uns nicht weit reichend genug war. Ich verstehe schon meine Vorrednerin, aber ohne Zeugenschutzprogramm in diesem Bereich, in diesem Milieu – da könnt ihr euch international erkundigen, wo ihr wollt – wird es nicht gehen. Und daher, glaube ich, soll­ten wir auch diese Frage gemeinsam noch einmal überdenken und angehen.

Ich möchte mich aber abschließend, weil wir im Justizausschuss traditionell schon eine sehr lange und gute Zusammenarbeit mit Ihrem Haus haben, bei Ihnen, Frau Bundes­ministerin, und bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Zusammenarbeit sehr herzlich bedanken. Ich denke, es ist eine wichtige Arbeit, denn vor allem die Justiz braucht unsere gemeinsame Unterstützung; ich sage das bei jeder Gelegenheit.

Ich weise hier und heute nochmals alle darauf hin, dass wir gemeinsam versuchen soll­ten, die schwierige Situation unserer Kolleginnen und Kollegen im Strafvollzug nicht


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aus den Augen zu verlieren. Die Aufgabe ist hart, sie ist eine schwierige, und ich glau­be, sie brauchen unsere gemeinsame Hilfe. Der Justizbereich ist nicht dazu geeignet, hier parteipolitische Diskussionen zu führen. Dazu, meine geschätzten Damen und Herren, lade ich Sie alle sehr herzlich ein. (Beifall bei der SPÖ.)

21.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dopp­ler. – Bitte.

 


21.38.14

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte eingangs auf den Redebeitrag von Frau Kollegin Wurm Bezug nehmen. Ich denke, es ist sicher nicht in Ordnung, wenn man hier im Rahmen eines Redebeitrages eine Pauschalverurtei­lung der Tourismusbranche und der Unterhaltungsbranche von sich gibt. Ich glaube, es ist notwendig, wenn wirklich Fakten auf dem Tisch liegen, dass man das Problem kon­kret bekämpft, aber eine Pauschalverurteilung ist jedenfalls abzulehnen.

Wir wissen, dass Menschenhandel die drittgrößte Einnahmequelle der internationalen kriminellen Netze darstellt. Alle europäischen Staaten sind davon betroffen, entweder als Ursprungsland oder als Zielland. Daher sind alle gefordert, Maßnahmen zur Be­kämpfung des Menschenhandels, und nicht nur zur Bekämpfung, sondern auch zur Prävention, umzusetzen.

Die Bedeutung des Übereinkommens liegt darin, dass Menschenhandel ausdrücklich als Menschenrechtsverletzung gebrandmarkt wird. Eine wirksame Bekämpfung ist nur durch die Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit und durch internationale Harmonisierung möglich. Es ist notwendig, dass den Opfern dabei ein besonderer Schutz garantiert wird.

Mit diesem Übereinkommen wird der erfolgreiche Weg der österreichischen Bundes­regierung fortgesetzt, welcher zum Ziel hat, jede Art der Kriminalität zu bekämpfen und das Sicherheitsgefühl zu verbessern und zu verstärken. Österreich hatte diesem The­ma nicht nur während der EU-Präsidentschaft hohe Priorität eingeräumt, es war auch bereits vorher ein großes Anliegen, und es wird in diesem Bereich auch weiterhin kon­sequente Maßnahmen geben.

Österreich hat das Übereinkommen bereits am ersten Tag unterschrieben und tritt mit der heutigen Beschlussfassung als zweiter Staat dem Übereinkommen bei. Neben die­sem Übereinkommen werden auch die zuständigen Minister ersucht, die Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels fortzusetzen. Am Ende des Jahres soll es einen Bericht geben, welcher über die in Aussicht genommenen Maßnahmen und über die durchgeführten Aufklärungen informiert.

Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

21.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort gemeldet. (Abg. Scheibner: Das auch noch!)

 


21.40.42

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Abgeordneter Doppler hat behauptet, dass ich sämtliche Tourismusbetriebe pauschal verdächtigt oder diffamiert hätte, dass sie illegale Bordelle betreiben. – Das ist nicht der Fall!


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Ich habe nur darauf hingewiesen, dass verschiedene Table-Dance-Lokale unter ande­ren wie Schwammerln aus dem Boden wachsen, wo man in der Praxis genau über­prüfen sollte, ob dort nur getanzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

21.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Ich erteile es ihr.

 


21.41.22

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! „Das Schweigen zu einer Untat, die man weiß, ist wahrscheinlich die allgemeinste Art unserer Mit­schuld“, sagt Max Frisch und meint damit auch das Wegschauen statt des Hinschau­ens, wenn es um Prostitutionstourismus geht.

Im Zusammenhang mit Menschenhandel kann dieser Bereich nicht verschwiegen wer­den. Nach Schätzungen des EU-Schulz-Berichts sind 5 bis 10 Prozent aller Prostituti­onstouristen faktisch auch Kinderschänder. Die Jugendlichen und Kinder, die davon betroffen sind, werden immer jünger, und neueste Studien belegen auch, dass der Missbrauch von Kindern mit immer brutaleren Methoden erfolgt.

Nun schreiben wir das Jahr 2006. Wir hatten in diesem Jahr die Tourismusministerkon­ferenz in Wien. Es gab auch die Anfrage an Minister Bartenstein, ob daran gedacht sei, im Jahr 2006, zehn Jahre nach dem Weltkongress gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken in Stockholm, eine Nachfolgekonferenz in Öster­reich auszurichten. Es sind 15 Jahre nach Errichtung der internationalen Hilfsorganisa­tion ECPAT, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken zu verhindern beziehungsweise zu bekämpfen. Der Minister hat geantwortet, dass sich der Tourismusminister von Frankreich in dieser Angelegen­heit sehr verdient gemacht hat.

Wir haben deshalb vorgeschlagen, dass wir in Österreich in diesem Jahr noch, also 15 Jahre nach Einrichtung der Organisation ECPAT und der Kampagnenarbeit, eine Parlamentarische Enquete dazu veranstalten wollen. Es gibt ja schon in Österreich im Strafrechtsänderungsgesetz die Bestimmung, wonach Täter, die im Ausland sexuelle Straftaten an Kindern begehen, im Inland zu bestrafen sind. Allerdings hat Frau Minis­ter Gastinger in einer Anfragebeantwortung darauf hingewiesen, dass man über die Zahlen keine Auskunft geben könne, weil nicht unterschieden wird nach Tätern im In- und im Ausland.

Wir finden es wichtig, dass hiezu Zahlen vorhanden sind, dass wir auch die internatio­nale Zusammenarbeit in diesem Bereich verbessern und vorbeugende und schützende Maßnahmen für bedrohte Kinder und Jugendliche ergreifen können. Zu diesem Zweck wollen wir in diesem Jahr noch eine Enquete zum Schutz von Kindern und Jugend­lichen abhalten und die Devise von ECPAT Österreich „Hinschauen statt wegschauen!“ aufnehmen und Aktivitäten auf politischer Ebene voranbringen. (Beifall bei den Grü­nen.)

21.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. – Bitte.

 


21.44.45

Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Zum Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Men­schenhandels. Europa braucht eine Architektur, die allen Völkern Schutz und Lebens-


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raum bietet. Der Umbau unseres Kontinents ist die größte Chance für eine Friedens­ordnung, die dieser Kontinent je hatte. Dies bedarf auch einer Stärkung der inneren Sicherheit und auch der rechtlichen und sicherheitspolitischen Möglichkeiten dazu.

Seit 17 Jahren gibt es Völker, die sich zu demokratischen Werten bekennen. Deswe­gen dürfen wir keine ausgrenzen, sonst würden wir nicht glaubwürdig sein gegenüber dem, was wir jahrzehntelang vertreten haben. Die befreiten Völker und Länder Ost­europas stehen vor einer schwierigen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Neuaufgabe. Seit der Eiserne Vorhang gefallen ist, liegt das Wohlstands- und Wohl­fahrtsgefälle in Europa teilweise offen.

Die europäischen Nationen müssen auf Souveränität verzichten, denn nur wenn Euro­pa in der Außen- und Sicherheitspolitik als Kontinent handlungsfähiger wird, werden wir unsere Rechte und Interessen in der Welt angemessen wahren. Der Binnenmarkt ohne Grenzen kann nur mit einem gemeinsamen sozial- und umweltpolitischen Min­deststandard funktionieren. Hinzu kommen müssen eine europäische Kriminalitätsbe­kämpfung und eine europäische Asyl- und Einwanderungspolitik, damit wir den Wohl­standsgewinn nicht mit einem Sicherheitsverlust bezahlen müssen. Und die europäi­sche Justiz und Polizei muss auch die nötigen Durchgriffsmöglichkeiten erhalten, um diesen kriminellen Menschenhandel nach allen Möglichkeiten zu Ende zu bringen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Weinzinger – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Dr. Liechtenstein –: Wissen Sie eigentlich, was auf der Tagesordnung steht? Falsche Rede! – Abg. Dr. Liechtenstein: Das gehört dazu!)

21.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


21.46.57

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Justizminister! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat schade, dass wir die Möglichkeiten, die wir im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Menschenhandels haben – wir sprechen hier immerhin von der größten „Einnahmequelle“ der organisierten Kriminalität –, im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft eigentlich so gut wie gar nicht be­handelt haben. Ich darf nur, Kollegin Fekter, unsere Justizausschusssitzungen im ver­gangenen November in Erinnerung rufen, in denen wir uns über die grauenhaften Entwicklungen, über die Gewalttätigkeit nicht nur den Betroffenen, sondern auch den Familien gegenüber unterhalten und darüber gesprochen haben, wie man diese orga­nisierte Kriminalität, diesen Menschenhandel hintanhalten kann.

Wir haben uns damals darauf verständigt, dass wir alle das Problem gemeinsam ange­hen und hier effiziente Maßnahmen treffen wollen, und jetzt sind wir damit konfrontiert, dass mehr oder weniger lieblos das Übereinkommen des Europarats hier übernommen wird. Wir stimmen diesem natürlich zu, aber von wirklichen Maßnahmen wird hier eigentlich Abstand genommen.

Man wird nicht umhinkommen, wenn es Maßnahmen geben soll, sich diesen Markt auch anzuschauen. Und wenn es Personen gibt, die wissentlich geknechtete, miss­brauchte Menschen jetzt noch einmal missbrauchen, indem sie diese Zwangsprosti­tuierten ausnützen, dann muss das eine strafrechtliche Relevanz haben. Ich bin der Letzte, der hier dem Strafrecht das Wort redet, wo es ineffizient ist und nur eine Scheinargumentation darstellt, aber das auszuklammern halte ich für einen völlig fal­schen Zugang und auch für unverantwortlich.


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In diesem Zusammenhang noch etwas: Der Umstand, dass in das bestehende Zeu­genschutzprogramm im Zeitraum von 2000 bis 2004 nur eine einzige Frau aufgenom­men worden ist, zeigt, wie ernst man im Innenministerium diese Maßnahme nimmt.

Wir sind entsetzt oder eigentlich erstaunt darüber, dass über das Übereinkommen des Europarats hinaus nicht einmal Mindestmaßnahmen effizienten Schutzes umgesetzt werden, und werden daher dem Entschließungsantrag nicht zustimmen und lassen un­seren eigenen aufrecht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels, in 1565 der Beilagen die Genehmigung zu ertei­len.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staats­vertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen. (Nach den Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen – BZÖ, die ihre Zustimmung erteilt haben, erheben sich nunmehr auch Abgeordnete der SPÖ von ihren Sitzen. – Abg. Scheibner – auf die SPÖ-Fraktion weisend –: Das ist eine Konfusion, bitte!)

Haben wir es uns überlegt? Wollen wir noch einmal? (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren, der Ordnung halber lese ich nochmals vor:

Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staats­vertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahen­des Zeichen. – Es ist dies überraschenderweise nun einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1616 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen. (E 203.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1617 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, sei­nen Bericht 1618 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.


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21.51.5119. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1560 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1581 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun gelangen wir zum 19. Punkt der Tages­ordnung.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


21.52.28

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Im April habe ich bei diesem Tagesord­nungspunkt zum Ausdruck gebracht: Hätten Sie das Pensionsrecht nicht verschlech­tert, würden wir nicht debattieren! – Das gilt nach wie vor. Und Ihre Reparaturmaß­nahmen sind unserer Ansicht nach nicht dazu geeignet, an unserer diesbezüglichen Einschätzung etwas zu ändern. Wir haben im Ausschuss ausführlich darüber debattiert und auch im Plenum. Ich möchte hier nur einige mir sehr wichtige Punkte aufgreifen, weil ich meine, dass wieder eine Chance ausgelassen worden ist, um halbwegs – halb­wegs! – Fairness und Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Heute Nachmittag hat Kollege Schöls gesagt, dass er sich wundert, dass wir da nicht zustimmen. – Da kann ich nur annehmen – ich weiß nicht, wo er gerade ist –, er hat sich seinerzeit den Inhalt nicht angeschaut und heute auch nicht. Eines möchte ich nämlich schon in aller Klarheit zum Ausdruck brin­gen: dass die Exekutive – und jetzt beschäftige ich mich in drei, vier Sätzen damit – schon eigene Wünsche und Vorstellungen gehabt hat, auch wenn die Politik das weg­gewischt hat. Aber ich erinnere nur daran, dass das wirklich nur eine Scheinlösung ist (Abg. Schöls: Das ist deine Meinung!), wie jeder feststellen kann, der die Organisati­onsstruktur unserer Exekutive kennt, bei der wir uns alle, über die Parteigrenzen hin­weg, bedanken sollten für ihren Einsatz für die Republik und für die Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Exekutive soll man nicht „häkeln“! Und um ein „Häkeln“ handelt es sich hier – ich bleibe dabei –, denn wenn man Organisationsmaßnahmen einführt, durch die alle, die im Außendienst sind, alle, die mehr als 50 Prozent Gefahrenzulagen haben, dann von dort wegkommen, wenn sie Karriere machen, ihr aber hineinschreibt – ich habe euch das weiß ich wie oft gesagt! –: „in den letzten 20 Jahren“, dann schließt ihr automatisch den Großteil der Exekutive aus! – Na die werden sich alle schön bedanken bei euch – das sind auch eure Leute! Das war doch nicht notwendig! Die fühlen sich doch ge­pflanzt mit dieser Vorgangsweise.

Und ich möchte nur darauf hinweisen: Ihr habt ja sogar die ehemaligen Zollwachebe­amten vergessen, die ihr ins Innenressort hinübergenommen habt, weil ihr es auf das Sicherheitspolizeigesetz abgestellt habt! (Abg. Scheibner: Aber doch nicht wirklich!) Und das kann man nicht schönreden. Die Justizwache habt ihr auch vergessen! Die Frau Ministerin – schade, sie ist schon gegangen – hat es probiert im Ministerrat und hat sich dort nicht durchgesetzt. Und da sagt ihr, es ist alles paletti!

Man könnte diese Latte jetzt noch weiter aufzählen. Ich sage euch: So geht man mit Berufsgruppen nicht um! So geht man mit Menschen nicht um, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! (Beifall bei der SPÖ.) Und ich glaube, dass es schade ist, dass wir nicht schon das letzte Mal nach einer ausführlichen Diskussion und Debatte hier der Gerechtigkeit zum Durchbruch verholfen haben. Aber es ist wirklich schade, dass


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man ohne einen einzigen Satz an inhaltlicher Diskussion ganz einfach heute einen Be­harrungsbeschluss fassen will: aus, schmecks!

Ich sage euch, die betroffene Kollegenschaft wird sich mit Sicherheit ihren Teil denken, und es wäre nicht notwendig gewesen. Es wäre wirklich nicht notwendig gewesen. Jene öffentlich Bediensteten, um die es hier geht – und es geht nicht nur um die Exe­kutive –, leisten einen hervorragenden Dienst für uns alle. Wir sollten daher über alle Parteigrenzen hinweg bei solch einem Kapitel nicht anstehen, uns gemeinsam bei den öffentlich Bediensteten unserer Republik auch einmal zu bedanken, und sie nicht im­mer nur zum Spielball der Politik machen und als Kostenfaktor sehen. (Abg. Murauer: Mach es kurz!)

Ich bedanke mich namens meiner Fraktion und auch persönlich (Abg. Murauer: Mach es kurz!), auch wenn du es nicht hören willst! Und aus inhaltlichen Gründen stimmen wir ganz einfach dagegen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

21.56



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neuge­bauer. – Bitte.

 


21.56.44

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Meine sehr geehrten Kolleginnen! Herr Prä­sident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegen! Mein lieber Kollege Otto Pendl, ich glaube, es ist nicht die Zeit, dass du als gestandener Gewerkschafter hier weinerliche Töne anschlägst. Wir haben schon ein arbeitsteiliges Verfahren entwickelt: Du be­dankst dich – und wir machen die Arbeit. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Also so in etwa kann man die Dinge schon lassen.

Wir wissen, was wir an der Exekutive haben, und wir wissen auch genau, warum und mit welchen schwierigen Verhandlungsergebnissen wir sie auch in eine Schwerarbei­terregelung hineingebracht haben. Wenn ich mir die Begründung der Ablehnung durch den Bundesrat vergegenwärtige, dann sind es die 20 Jahre, die du angesprochen hast. Du weißt aber ganz genau, dass die EDV-mäßige Erfassung und Unterstützung, die EDV-mäßige Begleitung der Berufsverläufe erst Ende der siebziger Jahre begonnen hat. In welche rechtlichen Dilemmas wir hineinkommen, wenn es darum geht, Zeiten vorher gerecht zu bewerten, möchte ich auch für einen hoch qualifizierten Rechtsstaat, wie wir ihn kennen, hintangestellt lassen. Was wir dann für Probleme haben, steht auf einem anderen Blatt. Das war eigentlich außer Streit gestellt.

Ein weiterer wesentlicher Punkt der Ablehnung in der Begründung des Bundesrates beschäftigt sich mit der Sorge, dass die Länder nicht Gleichartiges übernehmen. – Also dieses Segment ist ja vergleichsweise, um es auf Wienerisch auszudrücken, ein Lapperl gegen das, was die Länder sonst noch übernehmen könnten. Und da weißt du ganz genau, dass da jeder seine eigenen Perspektiven hat. Das haben sich die Länder mit dem Finanzminister im Wege des Finanzausgleichs auch entsprechend auszuhan­deln.

Ich denke, nichts zu tun ist die eine Variante. Die Dinge auf die Schiene zu stellen (Abg. Öllinger: Aber ja nicht aufs Abstellgleis, bitte!), sie zu entwickeln, wie es auch Frau Bundesministerin Haubner heute beim Tagesordnungspunkt 5 und 6 dargestellt hat, ist die zweite Variante. Und ich denke, dass wir das auf die Praxistauglichkeit prü­fen und damit auch eine entsprechende ordentliche Perspektive für die schwer arbei­tenden Menschen erreicht haben.

Ich bitte um Zustimmung, damit das Gesetz in der ursprünglichen Fassung auch Wirk­samkeit erlangen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitli­chen – BZÖ.)

21.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Dobar dan!)

 


21.59.07

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer! Der Herr Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat mich jetzt gänzlich verwirrt. Herr Vorsitzender Neugebauer – Sie sind ja auch mein Vorsitzender –, was war an der Rede von Otto Pendl „weinerlich“? – Otto Pendl hat hier eine Rede gehalten, nach der ich sage: Sol­che Personalvertreter, solche Gewerkschafter, solche Abgeordnete, die so Partei er­greifen für jene, die sie hier vertreten, wünsche ich mir! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Weinerlich war daran nichts! (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es ist aber tatsächlich zum Weinen, wenn der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentli­cher Dienst sagt, wir müssen diese Regelung – die wir jetzt nach dem Einspruch des Bundesrates und nach den Argumenten, die ja in der ersten Diskussion vorgebracht wurden, halt einfach noch einmal absegnen – erst auf ihre Praxistauglichkeit überprü­fen, und dann können wir erst sagen: Ist es wirklich gut? Und gibt es wirklich Verlierer oder nicht? (Abg. Neugebauer: Verlierer kann es gar keine geben! Es gibt keine Ver­lierer! Es kann keine Verlierer geben!) – Dieses Risiko für Ihre Mitglieder, aber nicht nur für Ihre Mitglieder, sondern für alle, die im öffentlichen Dienst Schwerarbeit leisten, gehen Sie als Gewerkschaftsvorsitzender ein?! (Abg. Neugebauer: Es gibt keine Ver­lierer! Es kann keine Verlierer geben!)

Ich wünsche mir einen Vorsitzenden, der sagt: Ich bin im Parlament, und ich bin hier, um zu verhindern, dass für Menschen, die im öffentlichen Dienst jahrzehntelang Schwerarbeit geleistet haben und von der Schwerarbeit dann kaputt sind, diese Rege­lung, die Sie im Pensionsgesetz eingeführt haben, dass in ihrer Berufsbiographie dann nur die letzten Jahre der Schwerarbeit zählen, zum Tragen kommt, und um Partei zu ergreifen für diejenigen, die ich vermeintlich vertrete! – Denn wirklich vertreten tun Sie die Schwerarbeiter im öffentlichen Dienst nicht.

Mit derselben Überzeugung stimme ich – und nicht nur ich, sondern die gesamte grüne Fraktion (Abg. Murauer: Die Fraktion ist nicht sehr groß! – Ruf bei der ÖVP: Sehr klein ist die!) – wieder gegen dieses Gesetz. Der Bundesrat hat mit seinem Einspruch wirk­lich Recht gehabt. Danke, Bundesrat! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Fauland. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Amon – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Fauland –: Markus, kannst du sagen, dass die grüne Fraktion schon sehr klein geworden ist? – Abg. Murauer: Die sind zu Mittag schon heimgegangen! – Abg. Fauland – an das Rednerpult tretend –: Sind die noch exis­tent?)

 


22.01.23

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Allen Zwischenrufen zum Trotz: Ein paar grüne Abgeordnete kann ich ja doch noch erkennen. Aber sehr spärlich sind sie wirklich! (Abg. Öllinger – auf unbesetzte Sitzplätze insbesondere in der ersten Bankreihe der Fraktionen von ÖVP und Freiheit­lichen – BZÖ weisend –: Was ist mit euren los? – Abg. Dr. Fekter: Aber die sind noch da! Die kommen schon ...!)

Was die Ausführungen der Kollegin Stoisits betrifft, so möchte ich einmal vehementest bestreiten, dass es mit dieser Schwerarbeiterregelung Verlierer gibt. Vielmehr ist der Bereich des öffentlichen Dienstes der Gewinner, denn eines war uns klar: Eine


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Schwerarbeiterregelung ist für den öffentlichen Dienst umzusetzen, und uns ist das ge­lungen! Dass Ihnen das manchmal zu wenig weit reichend ist, nehmen wir zur Kennt­nis, aber wir sind stolz darauf, dass wir es geschafft haben, diese Schwerarbeiterrege­lung für den öffentlichen Dienst auch umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Was eine mögliche Optimierbarkeit dieser Schwerarbeiterregelung betrifft, so ist ja nicht aller Tage Abend, sondern selbstverständlich wird man sich anschauen, wie die­se Schwerarbeiterregelung im öffentlichen Dienst angewendet werden wird. Und sollte man dann draufkommen, dass man in gewissen Bereichen noch nachjustieren könnte, dann wird das auch erfolgen.

Für uns war es aber trotz allem wichtig, dass vor allem im Bereich der Exekutive wie auch in den Bereichen der Justiz und auch des Bundesheeres anerkannt wird, dass in diesen Bereichen Schwerarbeit geleistet wird (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP), und dass diese Anerkennung auch ihren Nieder­schlag findet in Form einer tatsächlichen Anerkennung als Schwerarbeit in finanzieller Hinsicht, was die Pension betrifft.

Wir würden uns wünschen, dass alle diesen Beschluss mittragen, dass alle dafür ein­stehen, dass es Schwerarbeit im öffentlichen Dienst wirklich gibt. Es ist nicht der Fall – wir nehmen es zur Kenntnis. – Danke.

22.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. 3 Minuten. – Bitte.

 


22.03.14

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Ob jemand weinerlich argumentiert oder freudig argu­mentiert – wie auch immer –, ich denke mir: Die Vorschläge, die von der Opposition kommen, die sind dürftig. (Abg. Öllinger: Na hallo! Sie haben nicht aufgepasst!) Und die waren immer dürftig in den letzten Jahren, was die Pensionsreform und die Pensi­onsharmonisierung insgesamt betrifft. Das ist Ihr großes Problem.

Sich jetzt hier herauszustellen und so manches zu kritisieren, das ist in Ordnung, okay, ich sehe das ein. Die Schwerarbeiterregelung faktisch umzusetzen ist natürlich schwie­rig (Abg. Neudeck: Darum heißt es ja „Schwerarbeit“!), weil man das Nachtschwer­arbeitsgesetz und natürlich auch die Arbeitsmedizin und dergleichen mit einbeziehen muss. Da ist dann der Vollzug ein bisschen schwierig – überhaupt keine Frage. (Abg. Öllinger: Nicht nur der Vollzug!) Aber ich glaube, Ihre Blockade im Bundesrat und auch hier ist im Hinblick auf die Interessen vieler Betroffener wirklich nicht nachvoll­ziehbar. (Abg. Gradwohl: Herr Kollege, das ist Demokratie! Das hat mit Blockade nichts zu tun! Sie haben ein völlig falsches Verständnis von Parlamentarismus!)

Ich denke mir, man muss der Opposition hin und wieder vielleicht auch sagen, was der Succus der Pensionsharmonisierung und der Pensionsreform ist. Schauen Sie, ich sage Ihnen die ganz einfache Formel: drei Jahre mehr Ausbildungszeit, sechs Jahre weniger Lebensarbeitszeit, zwölf Jahre mehr Pensionsbezugszeiten. Was passiert, wenn nichts passiert? – Das sind ganz einfach die Realitäten! Wir müssen die Bei­tragssätze erhöhen, wir müssen die Pensionen kürzen, wir müssen das Pensionsan­trittsalter hinaufsetzen. Und deshalb haben wir in der Pensionsreform, in der Pensions­sicherung, in der Harmonisierung auch versucht, gewisse Härten abzudecken. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Bauer.) Eine Härte abzudecken war zum einen, die Schwerar­beiterregelung zu finden. (Abg. Öllinger: Das war sehr logisch erklärt von Ihnen! Ich hab’ alles verstanden! Nur: Es ist völlig falsch!) Die Frau Bundesminister hat sich be-


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müht, und genauso hat sich auch das Bundeskanzleramt bemüht, die einen oder ande­ren Härten zu verhindern. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, was insgesamt die Pensionsharmonisierung betrifft und was auch die Frage betrifft, wie die Länder damit umgehen, ist – das wissen wir alle – Wien ein ganz leuchtendes Beispiel dafür, wie man privilegiert umgeht. Und ich denke mir, wenn man weiß, dass die Länder 138 Millionen € für Beamtenpensionen ausgeben, dann ist es unsere Aufgabe, dass wir diese Beamtenpensionen auch sichern für die Zukunft, nämlich für unsere Kinder und auch Enkel. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Kollege Langreiter: Oje, oje, oje!)

22.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. Auch er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


22.05.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon unter dem Tagesordnungspunkt 6 über die Schwerarbeiterregelung gesprochen. Sie ist eine schwierige Materie, weil es keine allgemein gültige Definition gibt. Man musste sich an das Nachtschwerarbeitsgesetz anlehnen, und auch die Erkenntnisse der Arbeitsmedi­zin und der Berufskunde wurden einbezogen.

Es ist Neuland, wie es auch schon die Frau Bundesministerin heute Nachmittag gesagt hat, und zwar nicht nur in Österreich, sondern auch international. Darum ist es auch wichtig, dass eine Expertenkommission, eingerichtet im Bundesministerium, diese Schwerarbeitspensionsregelung regelmäßig evaluieren wird.

Mit diesem Gesetz gibt es nun eine Schwerarbeitspensionsregelung für alle Berufs­gruppen, und es ist wichtig, dass nun auch der öffentliche Dienst in diese Schwerarbei­terpension einbezogen ist. Demnach fallen alle Beamten künftig dann unter diese Re­gelung, wenn sie in den letzten 20 Jahren vor Pensionsantritt mindestens zehn Jahre Schwerarbeit geleistet haben. Gleichzeitig muss eine ruhegenussfähige Gesamtdienst­zeit von 42 Jahren nach dem 18. Lebensjahr vorliegen. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, hat frühestens ab dem 60. Lebensjahr Anspruch auf eine vorzeitige Ruhe­standsversetzung. Ich darf auch feststellen, dass die Schwerarbeiter einen wesentlich geringeren Abschlag als Nichtschwerarbeiter haben, nämlich 1,8 Prozent anstelle von 4,2 Prozent.

Es ist jetzt auch für den öffentlichen Dienst gelungen, auch jene Bereiche mit aufzu­nehmen, die in ihrem beruflichen Tätigkeitsfeld ein hohes Risiko für Leib und Leben haben. Es handelt sich dabei um die Exekutivbeamten beziehungsweise um Kollegen, die für die Landesverteidigung tätig sind.

Ich denke, es ist ein Weg in die richtige Richtung, und auf dieser legislativen Grundlage werden wir die Schwerarbeitspension in den nächsten Jahren weiterentwickeln kön­nen. – Danke. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall des Abg. Scheibner.)

22.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses in 1581 der Beilagen.


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Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions­gesetz und das Gehaltsgesetz geändert werden, zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 der Bundesverfassung seinen ur­sprünglichen Beschluss wiederholt.

22.09.3320. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 841/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (1582 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommen wir zum 20. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet als erster Redner Herr Abgeordneter Dr. Cap. Seine Wunschrede­zeit ist 5 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 42 Minuten. – Bitte.

 


22.10.10

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sind jetzt bei dem berühmten 20. Tagesordnungspunkt (Ruf bei der ÖVP: Und keiner da!), dessent­wegen wir heute eine Einwendungsdebatte durchgeführt haben.

Ich finde es nach wie vor schade, dass dieser Punkt nicht früher behandelt wurde. Was ich weiters bedauere, ist, dass die vielen medienpolitisch versierten Abgeordneten des BZÖ außer Abgeordnetem Scheuch nicht anwesend sind, der natürlich diesen Tages­ordnungspunkt nicht auslassen wollte. (Abg. Wattaul: Ich! – Abg. Lackner: Wo sind denn Ihre Leute?) Aber es ist jedenfalls schon so, dass es sich der ORF verdient hätte, zu einer etwas besseren Zeit und als früherer Tagesordnungspunkt behandelt zu wer­den.

Dafür ist aber der anerkannte Medienpolitiker der Regierung, Herr Staatssekretär Mol­terer, da (Rufe bei der ÖVP: Morak! – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), und es wäre einmal ganz interessant – ein Applaus hat sich gefunden –, darüber nicht nur in Bezug auf den ORF, sondern generell zu diskutieren, welche medienpolitischen Visionen die­se Regierung eigentlich hat, außer Einfluss auszuüben auf Printmedien und auf elekt­ronische Medien und außer Medien bloß als machtpolitischen Faktor zu sehen, um eben Meinung zu beeinflussen oder Meinung zu machen.

Das scheint mir aber ein bisschen zu wenig zu sein – oder bei Weitem zu wenig zu sein –, und daher wäre einmal so eine Grundsatzdebatte von größter Bedeutung. Auch eine Diskussion über die Frage öffentlich-rechtlicher Rundfunk wäre interessant und darüber, welche Rolle er in einer modernen Mediengesellschaft spielen soll – in einer Zeit, in der es kein Empfangsmonopol und kein Sendungsmonopol mehr gibt, in der wir aber alle daran interessiert sind, dass der ORF als eine Art kulturelles Identitätsele-


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ment natürlich weiter existiert und die österreichische Kulturidentität weiterzuentwickeln hat.

Aber das ist anscheinend den medienpolitischen Sonntagsrednern der ÖVP völlig gleichgültig! (Abg. Ellmauer: Nicht nur am Sonntag!) Da hört man auch nichts von Ihnen, da hört man auch nichts vom BZÖ, aber wenn es gilt, irgendwo auf der Interven­tionsskala von 1 bis 10 präsent zu sein, dann sind Sie regelmäßig bei Punkt 10 prä­sent, denn das scheint Ihnen das Wichtigste zu sein – egal, ob das jetzt für das Unter­nehmen gut oder schlecht ist. Es wird nicht einmal diskutiert, warum es die Info-Krise gibt, es interessiert niemanden in der ÖVP, die die Mehrheit im Stiftungsrat hat, warum die Einschaltquoten bei den Informationssendungen absinken.

Das hieße natürlich, sich die Frage zu stellen: Was sind die Hauptnachrichtenpunkte in den Informationssendungen? Wer kommt dort am meisten vor in Bild und Ton? (Abg. Dr. Stummvoll: Gusenbauer!) Und woher rührt die Bereitschaft, lieber den Kanal zu wechseln, als den Bundeskanzler, den Minister X oder sonst irgendjemand dort zu be­trachten? – Diesen Schock wollen Sie sich ersparen, indem Sie sich damit überhaupt nicht auseinander setzen. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wenn ich mir Ihre Fröhlichkeit ansehe, dann muss ich sagen: Sie gehören ja sowieso in ein spezielles Programm des ORF, aber sicher nicht in den Informationsteil, das ist überhaupt keine Frage. Bestenfalls ins Kabarett gehörten Sie! (Abg. Neudeck: Sie ge­hören in „Wer will mich“!) – Sie können da gleich mitmachen! Da können Sie sich dann anmelden mit Ihrer Lustigkeit, aber ob Sie dort dann eine Rolle spielen möchten, ist eine andere Frage.

Wir haben hier das letzte Mal auch die Rolle diskutiert, die diese spezielle Organisa­tionsstruktur im ORF erfüllt: Werner Mück und die Konzentration aller Entscheidungen auf seinem Schreibtisch, auf seinem Koordinationsschreibtisch – jedes Thema, jede Sendung, die Besetzung von „Offen gesagt“, wer in die „Pressestunde“ eingeladen wird. (Ruf bei der ÖVP: Genau das, was Sie machen!) – Da läuft Ihnen das Wasser im Mund zusammen, gell? Solch eine Machtposition hätten Sie auch gerne, Herr Abge­ordneter von der ÖVP! Sie haben sie ja sowieso, nur nicht Sie, sondern das macht der Klubobmann Molterer mit Werner Mück.

Da wird einmal die nächste Woche besprochen: Wen laden wir ein? Wer kommt in die „ZiB 2“? Wie schaut die „ZiB 1“ aus? – So ist es tendenziell, das muss ich schon sa­gen. Ich versuche, das wirklich gerecht und objektiv zu beurteilen, ob das jetzt unter dem ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) – Na ja, ich weiß schon: Mit Ihrem Objektivi­tätsverständnis und mit Ihrem Unabhängigkeitsverständnis journalistischer Arbeit hat das natürlich nichts zu tun! (Abg. Dr. Stummvoll: Cap weiß, wovon er redet!) Das weiß ich schon, das habe ich schon registriert, dass das in Ihrem Denken keine Rolle spielt.

Ich kann Ihnen nur sagen: Sie riskieren, dass dieses Unternehmen Schaden erleidet, nicht nur in der Glaubwürdigkeit, sondern vor allem auch finanziell, materiell, in der Ak­zeptanz des Zuschauers und des Zuhörers. Das scheint Ihnen egal zu sein. Mir ist es nicht egal, uns ist es nicht egal! Es geht darum, dass sich die österreichische Identität in diesem Unternehmen widerspiegelt, dass wir über die Grenzen Österreichs hinaus mit dem ORF auch eine gewisse Ausstrahlung haben. Das alles ist aber für Sie ohne Bedeutung.

Ich halte das für unverantwortlich! Sie provozieren damit irgendwann einmal wieder ein Volksbegehren, das sage ich Ihnen schon, als Rute ins Fenster stellend. Sie provozie­ren das! Sie sind da uneinsichtig! Ein Jahr lang haben Sie um ein ORF-Gesetz ge­kämpft, das Ihnen im Endeffekt nur mehr Einflussmöglichkeiten garantieren sollte, die Sie auch extrem wahrnehmen, wo Sie Ihre Persönlichkeiten sitzen haben, vielleicht so­gar noch zu wenige. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Der Herr Staatssekretär Morak


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hätte vielleicht Vorstellungen, wie man noch mehr Einfluss auf den ORF ausüben kann, wie alle Fraktionen der ÖVP darin vorkommen können: dass nicht nur Landes­hauptmann Pröll bestimmt, wer der nächste Generaldirektor wird, und nicht nur er sagt, ob es Wildwuchs im Radio gibt und wie man den Wildwuchs bekämpfen kann, sondern dass alle Fraktionen der ÖVP – die Molterer-Gruppe, die Morak-Gruppe, der Pröll, Kol­lege Amon darf auch eine Brotkrume im ORF aufsammeln – sich darin versammeln, damit diese alle dann zur Absenkung der Quote im Programm vorkommen.

Ich sage Ihnen: Schade um das Unternehmen, wenn das so weitergeht! (Abg. Dr. Mit­terlehner: Schade um die Redezeit!) Ich hoffe, dass es vielleicht gelingt, eine Verän­derung herbeizuführen: im Interesse Österreichs, im Interesse des ORF, im Interesse der Journalisten, die man in Ruhe lassen sollte, dass sie frei arbeiten können, und im Interesse der Zuschauer und der Zuhörer, die ein Recht haben auf einen objektiven und unabhängig agierenden Österreichischen Rundfunk anstatt eines Parteifernsehens der ÖVP. (Abg. Rädler: Das ist erst, seit der Broukal weg ist!)

Und ich sage Ihnen etwas – und damit schließe ich schon –: Ich habe mir einmal die niederösterreichischen Landesstudio-Nachrichten angeschaut. Es war beeindruckend! Erster Beitrag war: Mikl-Leitner präsentiert 50 Jahre ÖVP-Niederösterreich. – Jubel, Jubel, Jubel! (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP.) Jubel, Jubel, Jubel! Also wiederum: Nur lauter ÖVPler kommen vor.

Zweiter Beitrag: Die Mähmaschinen fahren durchs Land und schneiden das Getreide. Da winkt dann der zuständige Landesrat. (Abg. Dr. Mitterlehner: Wann war das? Wann haben Sie das gesehen?)

Dritter Beitrag: In Niederösterreich spielt man Straßenball, Streetball – tap, tap, tap, tap, tap. Die Kamera fährt mit dem Spieler mit, dann geht die Kamera hoch, und da steht zufällig die zuständige Landesrätin der ÖVP: tap, tap, tap, tap, tap. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Haben Sie schon einmal ORF-Wien gese­hen?)

Da hat Herr Abgeordneter Van der Bellen Recht: Dann kaufen Sie das Unternehmen! Machen Sie Ihr Landesfernsehen! Senden Sie dort sieben Stunden lang Pröll und hö­ren erst auf, wenn es dunkel wird, und dann schauen Sie, ob das irgendjemanden in­teressiert! Machen Sie es! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Belästigen Sie damit aber nicht den ORF und das öffentlich-rechtliche Fernsehen und den öffentlich-rechtlichen Rund­funk! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ihre Aufgeregtheit beweist mir, dass ich Recht habe: Jawohl, ich habe Recht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgart­ner-Gabitzer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


22.18.03

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Cap geht zum Redner­pult, und mit großem Interesse verfolge ich seine Rede. Ich höre, er überlegt sich am Anfang, wie denn eine Grundsatzdebatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk al­lenfalls zu halten ist. Ich lausche weiter – was höre ich? – Nichts anderes als Gerede über Macht, über Einfluss, was die Rolle des Herrn Mück ist, was über den Schreib­tisch des Herrn Mück geht. – Nicht einmal ein Fuzel Ihrer Rede beschäftigt sich mit dem vorliegenden Antrag, ob Sie diesen für sinnvoll halten oder nicht. Nicht ein einzi­ges Wort darüber, wie denn eigentlich die Rolle des ORF in Zukunft sein wird – nichts! (Abg. Broukal: Hat er am Schluss eine Minute gesagt!) Oder haben Sie etwas gehört,


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Herr Broukal? – Ich glaube nicht! Kein einziges Mal! (Abg. Broukal: Nein! Dann haben Sie aber in der letzten Minute nicht zugehört!)

Das Einzige, womit Kollege Cap sich beschäftigt hat, ist offensichtlich das, was un­unterbrochen in seinem Kopf herumgeistert: Wer wann wie warum vorkommt! Etwas anderes, Herr Kollege Cap, kennen Sie offensichtlich nicht. Und das tut mir Leid, denn wir würden gerne eine Grundsatzdebatte über einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in naher Zukunft oder auch in fernerer Zukunft führen. (Abg. Dr. Cap: Wann? – Abg. Broukal: Wann?)

Wir haben sie auch schon geführt und wir haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein sehr zukunftsorientiertes Grundsatzgesetz vorgelegt, das wissen Sie. (Abg. Brou­kal: Wann diskutieren wir es?) Sie haben die von uns vorgelegte letzte ORF-Gesetz-Novelle leider abgelehnt. Das ist ein sehr ordentliches Gesetz, das sehr gute Rahmen­bedingungen für die jetzige Führung des ORF geschaffen hat. Die derzeitige ORF-Führung und die Mitarbeiter nützen diese Möglichkeiten und haben ein hervorragendes Unternehmen mit einem sehr ordentlichen Programm geschaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie sind nicht mehr dabei, aber trotzdem – und vielleicht gerade deswegen – ist es ein sehr ordentliches Programm und auch ein durchaus herzeigbares Informationspro­gramm, verehrter Herr Kollege Broukal.

Als meinen Zeugen möchte ich einen international außerordentlich renommierten Herrn, einen der besten Kenner der internationalen Medienszene, Herrn Jan Mojto, anführen, der sagt: Der ORF „hat im internationalen Vergleich eine weit über seine eigentliche Größe hinausgehende Bedeutung“.

Das ist eigentlich das beste Zeichen dafür, dass der ORF funktioniert (Beifall bei der ÖVP), dass er, seine Führung gemeinsam mit seinen Mitarbeitern, sehr gute Sendun­gen gestaltet. (Abg. Broukal: Aus welchem Jahr ist das?) Für dieses Lob und für die eigentlich sehr gute Arbeit sind die Mitarbeiter gemeinsam mit der Führung verantwort­lich, aber natürlich auch die Stiftungsräte. Wir sollten ihnen dafür dankbar sein, und wir sollten sie eigentlich nicht mit solchen absurden Diskussionen, die wir hier gelegentlich dank Ihrer Anträge führen, belästigen! Wir sollten sie in Ruhe arbeiten lassen und sie mit parteipolitischen Manövern verschonen! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Das darf nicht wahr sein! – Abg. Broukal: Da lachen Sie jetzt aber selbst!)

Zum Antrag der Grünen: Diesen haben wir abgelehnt und das auch im Ausschuss ge­nau begründet. Wir haben die Wahl der Stiftungsräte jener einer Aktiengesellschaft nachgebildet. Wir denken, dass das richtig ist. Der ORF hat Rahmenbedingungen zu haben, die ihm ein erfolgreiches Wirtschaften möglich machen, weil er ein gutes, wich­tiges und identitätsstiftendes Unternehmen in Österreich ist, und das wird hoffentlich auch so bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

22.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Zweytick: Wo ist jetzt der Herr Pilz, Terezija? Der wollte doch reden!)

 


22.21.40

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, was ist „absurd“ an einer Diskussion wie heute (Abg. Schiefermair: Wo ist der Herr Pilz?), in der sich Mitglieder des Hohen Hauses Sorgen machen, dass – wie Joachim Riedl in der Wochenzeitung „Die Zeit“ letzte Woche ge­schrieben hat – die „fürsorgliche Umarmung“ der ÖVP des ORF“ – und jetzt nehme ich dieses Bild auf –, dass also die fürsorgliche Umarmung, die in der Regel ja Ausdruck


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von Zuneigung ist – ich möchte jetzt der ÖVP gar nicht abstreiten, dass sie dem ORF zugeneigt ist –, zum Ersticken desjenigen führt, der umarmt wird; wenn man ihn nämlich zu heftig umarmt. Und in dieser Situation ist der ORF jetzt.

Die ÖVP umarmt den ORF so lang, bis dann letztlich nur noch Erwin Pröll zu sehen ist – aber nicht bei „Niederösterreich heute“, sondern auch in der „ZiB 1“, in der „ZiB 2“, in der „ZiB 3“, in der „Mittags-ZiB“, im „Report“, in „Thema“ und all diesen Informations­sendungen –, begleitet von seinen LandesrätInnen. Es müssen keine Mähdrescher auftauchen, es gibt ja noch andere Situationen, wie hier geschildert wurde. (Abg. Kainz: Das wollen die Leute ja sehen!) Wenn wir so weit kommen, dann führt diese fürsorgliche Umarmung dazu, dass der Auftrag des ORF-Gesetzes – und jetzt bin ich wirklich todernst –, nämlich der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF erstickt ist. (Bei­fall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der öffentlich-rechtliche Auftrag und die Frage, wie durch diese Vorgangsweise redak­tionelle Inhalte im ORF weiter ausgedünnt werden – und das passiert jetzt, in dem Mo­ment, in dem wir hier diskutieren –, wie Informationsgehalt, den der ORF – und dazu gibt es den öffentlich-rechtlichen Auftrag – zu hegen und zu pflegen verpflichtet ist, weiter verwässert wird, bilden die Sorge, die die Opposition anlässlich der Debatte zum Initiativantrag der Grünen im Ausschuss und jetzt wieder bewegt.

Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer, es geht um die Forderung nach einem ver­pflichtenden medienöffentlichen Hearing von KandidatInnen – nämlich so, dass sich auch die große Öffentlichkeit, für die der ORF mit dem gesetzlichen Auftrag arbeitet, ein Bild macht, wer dieses wichtigste Medienunternehmen dieses Landes leitet. Was ist denn daran abwegig? Was ist daran so, dass man es ablehnen sollte? (Abg. Dr. Brinek: Geheime Abstimmung!) Hat man etwa Angst, dass bei medienöffentlichen Hearings zu Tage kommt, dass es vielleicht doch nicht die ganz so versiertesten, bes­ten und ausgesuchtesten Kandidaten sind, die sich bewerben? Ist das die Angst?

Welche Angst oder welche Sorge hätten Sie sonst vor mehr Öffentlichkeit als politi­sche Fraktion, die sich doch vermeintlich – jetzt kann man nur sagen: vermeintlich – ständig für mehr Transparenz, für mehr Durchschaubarkeit und für mehr Möglichkeiten des Bürgers/der Bürgerin, des Fernsehzuschauers/der Fernsehzuschauerin einsetzt. Aber das sind leere Versprechen, leere Versprechen, wenn es tatsächlich darum geht, sich ernsthaft auseinander zu setzen. Aber Sie haben den Antrag der Grünen in die­sem Punkt in einer ganz kurzen Diskussion im Verfassungsausschuss einfach aus Überzeugung abgelehnt.

Sie haben es ebenso abgelehnt, den Vorschlag ernsthaft zu diskutieren – und das ist mein Vorwurf –, das gegenwärtige ORF-Gesetz zu ändern, das eben nicht die Mög­lichkeit einer geheimen Wahl durch Stiftungsräte vorsieht, die sich durch die Tatsache, dass sie geheim wählen könnten, von einem vielleicht auf sie zukommenden Vorwurf schützen, dass der wahre Wille ihrer Intention, den sie bei der Wahl haben, nicht zum Durchbruch kommt.

Diese zwei Punkte sind es, die wir in unserem Initiativantrag für eine Novelle des ORF-Gesetzes eingebracht haben. Aber sie sind natürlich dann selbstredend auch dagegen, dass es eine geheime Abstimmung bei Abberufung aus derartigen Fraktionen gibt. Das ist auch ein Teil des Initiativantrages.

Ich sage Ihnen: Absurd ist an dieser Diskussion gar nichts! Es ist nämlich das Verhal­ten der ÖVP in Bezug auf den Druck auf den ORF auch nicht absurd. Und es ist kein absurdes Theater, sondern beinharte Realität, die hart an der Grenze des wirklichen – auch demokratiepolitischen – Missbrauchs steht. Das größte öffentlich-rechtliche Medi­enunternehmen, das es in Österreich gibt, ist so etwas wie das Gewissen des Landes und verantwortlich für die Intelligenz des Landes.


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Aber wie kann man, wenn unintelligente Politik am Werk ist, erhoffen, dass die Intel­ligenz der Zuschauer und Zuschauerinnen gestärkt wird? – Da sehe ich schwarz, aber nicht in Ihrem Sinne! (Beifall bei den Grünen.)

22.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.27.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Dr. Cap! (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) – Das ist jetzt verdächtig; Lob vorweg ist verdächtig.

Ich denke, darüber zu diskutieren, wie die Farbverteilung in den Landesstudios und die Interpretationsspielräume von außen betrachtet anzusetzen sind, kann man umgekehrt auch machen. Ich als Kärntner schaue hin und wieder „Wien heute“. Herr Dr. Cap, ich bin mindestens gleich schockiert, wie oft dort Michael Häupl auftritt. Ob Häupl in Wien, Voves in der Steiermark, Pröll in Niederösterreich oder vielleicht auch Herr Landes­hauptmann Dr. Haider in Kärnten manchmal etwas öfter in ihren Landesstudios vor­kommen, hat ja hoffentlich – und davon gehen wir aus – damit zu tun, dass die Lan­despolitiker viel unterwegs sind, viel präsentiert und deshalb natürlich auch von ihrem Landesstudio gebracht werden.

Die zweite Sache: Herr Professor Van der Bellen, Sie haben sich heute hier in einer Einwendungsdebatte darüber beschwert, dass dieses Thema so spät behandelt wird.

Ich habe jetzt einmal nachgerechnet, wieviel Zeit die Sonderaktionen der Grünen heute gebraucht haben: Es waren über drei Stunden! Über drei Stunden haben wir für die diversesten Sonderaktionen der Grünen gebraucht! (Abg. Mag. Lunacek: „Sonderak­tionen“?)

Wenn ich diese drei Stunden von der jetzigen Uhrzeit wegrechne, dann hätten wir ge­nau zur besten Zeit, nämlich um 19 Uhr – wo der ORF dann hätte breit berichten kön­nen – diese Debatte gehabt, und nicht jetzt um 22.30 Uhr. Wenn Sie schon dafür sind, dass wir früher über diese Punkte reden, dann sollten Sie nicht dazwischen stunden­lange Sonderaktionen machen. (Abg. Öllinger: „Sehr einleuchtend!“) – Es freut mich, Herr Kollege Öllinger, dass das für Sie einleuchtend ist; das ist wirklich sehr erfreulich!

Die nächste Sache, von Profi zu Profi: Media Watch im Juni. Da beschwert sich die SPÖ, dass nur die ÖVP vorkomme. Zwar bin ich nicht der Pflichtverteidiger der ÖVP – die kann sich gut und gerne selbst verteidigen –, aber aus Media Watch im Juni 2006, TV-Nachrichten, geht hervor: SPÖ in der „ZiB 1“ 22 Prozent Berichterstattung, dem­gegenüber 32 Prozent ÖVP. In der „ZiB 2“: SPÖ 29 Prozent Berichterstattung, ÖVP 20 Prozent. Und in der „ZiB 3“: SPÖ 67 Prozent Berichterstattung, ÖVP 17 Prozent. (Abg. Mag. Molterer: Das ist ja ein Skandal! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wirklich wahr, es ist skandalös: Werner Mück betreibt eine Parteipolitik auf Kosten der SPÖ! Es ist ungeheuerlich: 22 Prozent, 29 Prozent, 67 Prozent! (Abg. Parnigoni: Wenn es eine „ZiB 4“ gäbe ...!) Lieber Freund, wir könnten jetzt auch darüber diskutie­ren, ob die 13-Uhr-„ZiB“ oder die 17-Uhr-„ZiB“ von noch mehr Leuten angeschaut wird. Bleiben wir bei der „ZiB 1“: 22 Prozent zu 32 Prozent. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich glaube, da brauchen wir nicht lang und breit zu diskutieren, in Wirklichkeit ... (Abg. Par­nigoni: Wer hat denn die anderen Prozent?)

Die anderen Prozent: Es haben 14 Prozent die Grünen, 26 Prozent das BZÖ und 5 Prozent die FPÖ. So schauen wir aus! (Heiterkeit. – Abg. Parnigoni: Ist ja unglaub­lich! Das ist eine „Schweinerei“! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich beschwere


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mich ja nicht; das ist der Unterschied. (Abg. Parnigoni: Jetzt verstehe ich, warum! Jetzt ist alles klar! – Weitere Zwischenrufe.)

Jetzt abschließend noch eine Frage. (Abg. Parnigoni: Aber du bist wenigstens ehr­lich!) Ehrlichkeit siegt. (Abg. Öllinger: Ein ehrlicher Michl!) – Eine Frage noch abschlie­ßend, Herr Dr. Cap: Etwas habe ich vermisst. Da war vor wenigen Tagen ein groß angelegtes Sommerfest der SPÖ, ein parteipolitisches Fest, das steht außer Zweifel. Herr Dr. Cap, wer ist dort sehr prominent aufgetreten (Abg. Großruck: Niemand!) und hat dort Gusenbauer und Co. applaudiert? – Herr Bürgermeister Großruck, nicht „nie­mand“! Es war Frau Dr. Monika Lindner, die bei der SPÖ aufgetreten ist und geklatscht hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Um Gottes willen! Tiefe Verwunderung; auch bei den Grünen kein Aufschrei. (Abg. Parnigoni: Wir waren auch verwundert!)

Daher glaube ich, egal, ob zur Prime Time, um neun Uhr oder um halb elf: Lassen wir die Kirche im Dorf! Landesstudios gibt es rote und schwarze, die Auftritte der Frau Dr. Lindner sind anscheinend auch rot und schwarz, und die „ZiB“-Verteilung ist mehr rot als schwarz. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

22.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. Auch er wünscht, 5 Minuten zu sprechen. – Bitte.

Ich erinnere daran, Kollege Parnigoni: Zwischenrufe et cetera. Auch Kollege Broukal sitzt nicht auf seinem Platz. – Bitte, Herr Kollege Prähauser, Sie sind am Wort. (Abg. Parnigoni: Das waren keine bösen Zwischenrufe!)

 


22.33.02

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Kollege Scheuch, danke für den Hin­weis, dass jetzt das ganze Parlament weiß, dass die Sozialdemokraten um Mitternacht noch so wach sind, dass man sie in der „ZiB 3“ verwenden kann und dass man sie über das Fernsehen auch noch versteht! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Scheuch, Monika Lindner scheint voraussehend zu sein. Sie richtet es sich vermeintlich jetzt schon, wenn sie zu Alfred Gusenbauer zu Festivitäten geht. (Iro­nische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, der ORF ist selber schuld, wenn er ins Gerede kommt. In jedem Wirtschaftsunternehmen finden, wenn Spitzenpositionen besetzt werden, Hea­rings statt. Vor allem dann, wenn Aufsichtsräte bestellt, wenn Stiftungsräte bestellt werden, möchte man sich ein Bild von denjenigen machen (Abg. Großruck: Hat die BAWAG auch ein Hearing gemacht?), die in Zukunft die Verantwortung für dieses Un­ternehmen tragen sollen.

Im ORF ist das nicht so! Da reicht es offensichtlich, wenn man sich die Meriten bei Landeshauptleuten verdient hat (Abg. Großruck: In der BAWAG hat es kein Hearing gegeben!), vielleicht auch beim Bundeskanzler. Bei Landesdirektoren reicht oft der Herr Landeshauptmann; keine Frage.

Werner Mück hat meines Wissens auch kein Hearing bestritten. Werner Mück hat sich die Meriten in Salzburg verdient, er hat dort die ÖVP zehn Jahre lang ORF-mäßig ver­wöhnt, zu Haslauers Zeiten. (Abg. Mag. Donnerbauer: In der BAWAG ...!) Er ist aber dann den Wirtschaftsrufen einer WEB erlegen, eines Wirtschaftsunternehmens sehr im Nahbereich der ÖVP, das damals mit 1,5 Milliarden Schilling Schulden untergegangen ist – ein Bauskandal ersten Ranges!

Mück hat dann die Geschäftsführertätigkeit wieder zurückgelegt und wurde von seinen Freunden im ORF mit Hilfe der ÖVP wieder aufgenommen; allerdings nicht in Salz-


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burg, dort war er nicht mehr wirklich tragbar. Er ist nach Wien ausgewandert; wir in Salzburg waren froh darüber. Als ich allerdings gehört habe, welche Position er einneh­men wird, war die Sorge gleich wieder vorhanden – und sie war, wie ich heute weiß, berechtigt.

Meine Damen und Herren! Der ORF ist auch schuld, wenn er ins Gerede kommt, weil meiner Ansicht nach Kultur zum Beispiel mehr ist als vier Mal Assinger in der Woche. Vier Mal Armin Assinger in der Woche, das mag ein Anspruch für wenige sein, ich glaube aber nicht, dass das der öffentliche Auftrag des ORF ist. Ich meine, solche Spiele sind nicht dazu da, das Geld der Fernsehzuschauer, die dazu verpflichtet sind, Beiträge zu zahlen, unter die Leute zu bringen. Ich glaube, mit diesen Geldern könnte man wesentlich mehr machen, vielleicht auch einmal eine Schulung für parlamenta­rische Abgeordnete der ÖVP. Das wäre eine ganz nette Sendung, könnte ich mir vor­stellen. (Abg. Mag. Molterer: Diese Arroganz, Herr Prähauser!)

Das hat mit Arroganz überhaupt nichts zu tun. (Abg. Mag. Molterer: Die SPÖ ist ja so gut! Ihre Rede ist der Beweis!) Aber aus Ihnen, Herr Kollege Klubobmann, spricht die satte Zufriedenheit: Wir sind am Ruder, der ORF macht, was wir wollen; sollten wir es wider Erwarten doch nicht schaffen, haben wir es schon installiert; für die nächste Zeit sind wir sicher, dass wir vielleicht beim nächsten Mal wieder vorne dabei sind! – Ich glaube, Hochmut kommt vor dem Fall; das sollten doch Sie wissen, Herr Kollege. (Abg. Mag. Molterer: Ja, ja, da ist Ihre Rede der Beweis! Die BAWAG sorgt dafür, so macht man es! Spekulieren, und dann ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen Sie, wenn die Raika, wenn Raiffeisen im Osten Geld verliert, reden wir nicht darüber. (Abg. Mag. Molterer: Groß reden und spekulieren!) Wir sind nicht auf die Idee gekommen, zu sagen, Schüssel wäre schuld, weil die Raika ein Minus gebaut hat. – Das bleibt Ihnen von der ÖVP vorbehalten, hier unfair zutage zu treten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das wird ein sehr, sehr schöner Wahlkampf werden, wenn Sie als einziges „Argument“ die BAWAG anführen dürfen. Aber das wird auf Dauer zu wenig sein, um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. Sie haben in dieser Republik sehr viel gutzumachen. Wir werden das aufzeigen, wir werden täglich dazu da sein, die Menschen zu informieren. Und Sie werden mit dem BAWAG-Schmäh (Abg. Großruck: Die glauben euch ja nicht mehr!), vielleicht mit einem Vierzeiler, Herr Kollege Großruck ... (Abg. Großruck: Die glauben euch ja nichts!) Bei Ihnen möchte ich mich wirklich bedanken: Nur neun Mal haben wir dieses Mal einen Vierzeiler hören müssen – danke dafür, dass Sie nicht öfter zum Reden eingeteilt wurden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Ihr habt die Republik an den Rand des Abgrunds geführt! Mit der BAWAG!)

Meine Damen und Herren! Wir werden natürlich versuchen, daran mitzuarbeiten, dass der ORF in eine Richtung kommt (Abg. Wittauer: Wie viele Stiftungen habt ihr?), dass auch Demokratie im Programm wieder eine Rolle spielen wird. Wir werden unseren Teil dazu beitragen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie kann ich nicht mehr dazu einladen, Sie sind unverbesserlich! (Beifall bei der SPÖ.)

22.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Machne. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Großruck: Sachlichkeit und Vernunft kommen jetzt zu Wort!)

 


22.37.37

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Cap, Ihre Reden sorgen ja immer für


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einen großen Unterhaltungswert. (Abg. Dr. Cap: Sowieso! – Abg. Mag. Molterer: Nicht immer!) Heute gilt das auch für die Rede von Herrn Kollegen Scheuch ein bisschen, und deshalb ist, glaube ich, die Zeit sehr angemessen. Kabaretts fangen ja auch nach 22 Uhr an, insofern ist die Zeit sehr passend für diese Debatte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Ein bisschen engagierter, Frau Kollegin! Wir schlafen sonst ein! Lauter reden!)

Aber ich möchte nun doch wieder zur Sache kommen. Wir sprechen über den ORF, und ich glaube, wir alle sind uns einig, dass die ORF-Mitarbeiter sehr gute Arbeit machen. (Abg. Dr. Cap: Lauter einstellen oder lauter reden!) – Hören Sie nichts? Dann werde ich näher hingehen. (Abg. Mag. Molterer: Er wird auch schon alt! Josef Cap wird schon alt! Er braucht ein Hörrohr! – Weitere Zwischenrufe.)

Meiner Meinung nach – und ich bin eine Fernsehkonsumentin – macht der ORF als öffentlich-rechtliches Fernsehen ein sehr gutes und ausgewogenes Programm (Abg. Eder: Woher wissen Sie das? Haben Sie deutsches Fernsehen?): für Jung und Alt, für Sportfans, es gibt viele Kulturbeiträge, es gibt für Informationsdurstige sehr viele Bei­träge, wenn ich etwa an die schönen „Universum“-Sendungen denke, aber auch für Politikinteressierte gute Informationen. Natürlich gibt es auch viel Unterhaltung, und da muss ich Armin Assinger einmal verteidigen. (Abg. Eder: Den muss man verteidigen?) Ich glaube, dass viele in Österreich Armin Assinger anschauen und diese Sendung sehr gerne mögen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, ich glaube, ich brauche Armin Assinger in keine Partei einzuordnen.

Ich lebe in Osttirol, sehr viele meiner Bekannten in Südtirol, aber auch in Bayern – dort habe ich auch sehr viele Freunde – konsumieren den ORF. Noch nie haben sie so viele Möglichkeiten wie jetzt gehabt, andere Programme zu konsumieren. (Abg. Dr. Cap: Harry Prünster mag ich auch!) Trotzdem gibt es sehr viele Menschen in Bayern und in Südtirol (Abg. Eder: Die schauen ja „Premiere“!), die gerade die Pro­gramme des ORF sehr schätzen und konsumieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: „Ins Land einischaun“ mag ich auch!)

Jetzt darf ich noch einen Vergleich anstellen. Der ORF finanziert sich zu 40 Prozent aus Werbeeinnahmen. Das heißt, der ORF über firmenähnliche Strukturen. Der Erfolg jedes Unternehmens hängt auch von der Firmenführung ab, das werden Sie mir nicht absprechen können. (Abg. Dr. Cap: Mögen Sie den Sepp Forcher? Ich mag ihn, wirk­lich!)

Es freut mich, dass Sie ihn mögen. (Abg. Dr. Cap: Sepp Forcher ist in Ordnung!) Es freut mich, dass Sie ihn so gern mögen. Ich werde es ihm gelegentlich sagen, wenn ich ihn einmal treffe.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Cap, Sie können sich gerne noch einmal zu Wort melden – die Restredezeit Ihrer Fraktion ist 30 Minuten –, aber lassen Sie jetzt die Rednerin ungestört zu Ende kommen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Abgeordnete Helga Machne (fortsetzend): Der ORF hat jedenfalls eine über unsere Grenzen hinausgehende Bedeutung, und dafür gibt es das Beispiel, dass auch das Schweizer Fernsehen sein Schema auf die Programmphilosophie des ORF umgestellt hat. Der ORF – und ich möchte ihn hier ausdrücklich verteidigen – ist ein Hersteller eines Qualitätsproduktes von europäischem Ruf und mit internationaler Identität. (Abg. Eder: Wer hat das aufgeschrieben, was Sie uns hier erzählen?) Unsere Regierung hat mit dem bestehenden ORF-Gesetz gute Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass der ORF diesem Anspruch auch gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen – BZÖ. – Abg. Parnigoni: Diese Rede hat aber der Mück geschrieben!)


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Weil heute ja die Bestellung der ORF-Führung im Mittelpunkt unserer Debatte steht, so ist es, denke ich, auch richtig, wenn der Stiftungsrat in offener Abstimmung und ohne Mauschelei die Führung des ORF bestellt. (Abg. Öllinger: „Mauschelei“? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Daher sehen wir keinen Handlungsbedarf und lehnen den gegenständlichen Antrag ab. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen – BZÖ.)

22.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. 5 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

 


22.42.00

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Man hat ein bisschen Mühe, bei dieser Debatte festzustellen, was der Antrag eigentlich beinhaltet. Vielleicht wiederholen wir das noch einmal: Es geht eigentlich um drei konkrete Punkte. (Ruf bei der ÖVP: Für mich brauchst du es nicht zu wiederholen!) Nein, ich wiederhole es ohnehin nicht, denn bislang habt ihr nicht von dem gesprochen, was drinsteht, son­dern von dem, was euch irgendwie zum Thema ORF vielleicht gerade noch einfällt. Die Rede des Kollegen Scheuch war heute fast kabarettistischer als das, was Josef Cap in seinen Höchstleistungen zusammenbringt; das ist kaum zu überbieten gewesen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Zum Thema geheime Abstimmung: Interessant dabei war – und das ist schon span­nend –, die BZÖ-Stiftungsräte, sofern sie jetzt dazugehören, haben gefunden, dass eine geheime Abstimmung keine schlechte Idee wäre. Bei der ÖVP ist es ja nachvoll­ziehbar, dass die Stiftungsräte, wenn Herr Molterer nein sagt, einfach sagen: Nein, das machen wir im Stiftungsrat nicht!

Es stellt sich nur die Frage, was das BZÖ eigentlich davon hat. 26 Prozent, hat Scheuch jetzt gesagt, war die Berichterstattung über das BZÖ im letzten Monat. Immerhin ist so jedes Mitglied des BZÖ ungefähr 15 Sekunden in der „ZiB 1“ vorge­kommen, das ist ein guter Schnitt, dass man überhaupt zu dieser Zahl kommen kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Aber die Frage dabei ist, warum es durchaus kritische Stimmen bei den BZÖ-Vertretern im Stiftungsrat gibt. Ich meine, eine Unter­suchungskommission Mück wäre ohne Zustimmung der BZÖ-Vertreter nicht zustande gekommen. Aber Sie gehen hier im Parlament her und sagen zur ÖVP: Bitte, das ma­chen wir genau so, wie ihr wollt – euer Unternehmen, wir sind dabei, wir unterstützen euch! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lass dich überraschen!)

Insofern muss man sagen, was euer Vertreter im Stiftungsrat macht, das macht ihn ja zu einem kritischen Gremium gegenüber dem, was hier passiert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist unpolitisch! Das kapieren Sie nicht!) Das ist einfach unverständ­lich, weil die Frage der ÖVP-Unterstützung als einziges Wahlkampfziel für das BZÖ ein bisschen schwach ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das verstehen Sie nicht!)

Die Funktionen einzeln zu wählen, das wäre vielleicht die nächste Frage, die interes­sant wäre. Ist es wirklich sinnvoll, die gesamte Geschäftsführung in einem zu wählen – abgesehen von der Generaldirektorin –, oder sollte es die Möglichkeit geben, auch nach unterschiedlichen Kriterien zu bemessen, ob die Personen geeignet sind?

Der ORF ist ja wohl ein Unternehmen, das kein klassisches Wirtschaftsunternehmen ist; dort geht es um ganz andere Interessen. Ein öffentliches Interesse ist wohl unbe­stritten, die Stiftungsratbesetzung auch durch die Regierung, ebenso die Nominie­rungsrechte, weil einfach das Parlament und die Öffentlichkeit, legitimiert durch Wah­len, auch Einfluss auf einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben kann und haben


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soll. Warum schaffen wir hier nicht die Möglichkeit, auch einzeln die Funktionen best­möglich zu besetzen? – Was jetzt geschieht, ist die Bestellung einer Geschäftsführung, die eines sicherstellen soll, nämlich dass die Durchgriffsrechte der ÖVP auf allen Ebe­nen gegeben sind.

Letztlich zur Frage des öffentlichen Hearings: Was es dagegen einzuwenden gibt, das wird am schwierigsten zu argumentieren sein. Wahrscheinlich wird das Hearing so stattfinden, dass es fünf Tage vor der Wahl am 17. August wieder eine Schüssel-Rede geben wird, wobei darauf geachtet wird, wer in der zweiten Reihe sitzt und wer am besten enthusiastisch zu klatschen beginnt – und das möge dann die Entscheidung für die Generaldirektion bringen. Aber es ist die Frage, ob das hinreichend für Qualität ist. Ich meine, das war ja besonders originell, Herr Kollege Scheuch, nachdem Frau Lind­ner offenbar gemerkt hat, dass das mit dieser Schüssel-Rede nicht funktioniert hat, dann noch auf die Idee zu kommen, beim Sommerfest vielleicht, wie man aus den Me­dien vernommen hat, fast hinter den Schultern ganz leise zu klatschen ... (Abg. Amon: Herr Kollege Brosz, ich glaube, Sie waren eingeladen! – Abg. Mag. Molterer: Verhal­ten war das! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Verhalten war das? – Wenn das so verhalten war wie das Klatschen der Frau Lindner bei der ÖVP, als sie die Fotos gezeichnet hat, dann kann man nur sagen, es gibt unter­schiedliche Klatschvarianten – nicht schlecht anzuführen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zum Antrag!) Dabei würde ich Herrn Kollegen Molterer gar nicht unterstellen, dass die ÖVP auf die Idee gekommen ist, zu sagen: Monika Lindner, weißt du was, komm zu unserer Veranstaltung; das kommt ganz Weltklasse, wenn du in der zweiten Reihe sitzt und dann, wenn Schüssel geredet hat, heftig in den Applaus einfällst! (Abg. Kainz: Glaubst du ...?) – Nein, das glaube ich nicht, dass das der Fall ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt zum Antrag, und nicht zum Klatschverhalten!)

Der Punkt ist aber, dass dann die Stimmung im Unternehmen offenbar gekippt ist. Die Einflussnahmen hat es auch früher gegeben, und wir haben genug Sträuße mit der SPÖ ausgefochten, keine Frage. Josef Cap hat letztes Mal gesagt: Fehler der Vergan­genheit. Aber das, was sich verändert hat, ist, glaube ich, auch das, was Sie sagen, Herr Molterer: dass die Frage der direkten Interventionen gar keine solche Rolle mehr spielt. Das ist nicht mehr der Punkt in der Kultur. (Abg. Amon: Wo ist eigentlich Herr Pilz?) Der Punkt ist, dass Ihre politischen Umsetzer an den Machtfunktionen sitzen, und es ist gar nicht mehr die Frage, ob irgendwer bei Herrn Mück intervenieren muss – was will denn da die ÖVP intervenieren?, er weiß ohnehin genau, welche Politik er umzusetzen hat –, sondern eher, dass führende Kräfte im Unternehmen sicherstellen, dass dort ÖVP-Politik gemacht wird. (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Das ist schon ein qualitativer Unterschied zu früher. Da gab es die Klima-Affäre, dar­über brauchen wir gar nicht zu reden, dass diese Frage da war. Westenthaler hat dann angerufen und gesagt: „Dann gibt es Stunk“, meinte er; das waren, glaube ich, die Geschichten dann zu „Trunk“, dazu gab es ja einiges. Ich meine, das war peinlich, aber jetzt geht es um die Frage, wo das hinführt in diesem Unternehmen als öffentlich-recht­lichem Rundfunk, als dem Unternehmen, das in Österreich lange fast ein Monopol in der Berichterstattung im Fernsehen gehabt hat.

Das Absurde an der Situation ist ja mittlerweile, dass die Quoten dafür sprechen, dass die Wichtigkeit gar nicht mehr so groß ist, wie Sie meinen. Wenn Sie das noch fünf Jahre lang so machen, brauchen wir ohnehin nicht mehr darüber zu diskutieren, ob Schüssel dort jeden Tag 5 Minuten reden darf, weil das bei 200 000 Zuschauern nicht mehr die Frage ist. Aber es ist die Frage, ob es das Unternehmen auf Dauer aushält, dass wir in der „ZiB 1“ Quoten von, glaube ich, unter 800 000 haben, die niedrigsten Quoten der Geschichte. Das war übrigens an dem Tag, als die Fußball-WM das erste Mal Pause hatte, da gab es also parallel kein Fußball-WM-Spiel.


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Das sind Quoten, die teilweise die Hälfte von dem sind, was früher da war. Ist da zu sagen: super Unternehmen, super Berichterstattung, grandios, hervorragend, alle schauen sich das an? – Irgend wann sollten Sie einmal die Augen öffnen!

Schauen Sie sich einmal die Zahlen bei den bis zu Dreißigjährigen an: Die brechen dem Unternehmen weg! Es gibt ja keine einzige Informationssendung mehr, die regel­mäßig mehr als ein Drittel der unter Dreißigjährigen sieht, außer der „ZiB 1“, dort sind es über ein Drittel. Alle anderen Informationssendungen: bis zu dreißig unter einem Drittel – als Öffentlich-Rechtlicher mit zwei Kanälen, zum Teil mit einer durchgeschalte­ten Information auf beiden Kanälen!

Ich frage Sie nur: Wohin soll denn das führen? Was heißt denn das, wenn politische In­formation im Öffentlich-Rechtlichen so stattfindet, dass sich diese Menschen das nicht mehr anschauen? – Mittlerweile gibt es gleich viele in dieser Altersgruppe – jetzt geht auch Scheuch, das habe ich mir ohnehin gedacht –, die Pro-Sieben sehen, eine für die Altersgruppe ziemlich anders aufbereitete Sendung, wobei der politische Informations­gehalt schon problematisch wird.

Wenn man sich dann anschaut, wohin die Qualität gehen soll – ich zitiere aus der „Zeit“ –: Herr Landeshauptmann Pröll spricht davon, den Radiochef abzusetzen, weil die „Analyseseuche“ nicht eingedämmt wurde, weil die Redakteure das Land mit Nach­richten quasi überschwemmen und dies nicht eingeschränkt wird, sodass derjenige, der dafür zuständig ist, in Frage gestellt wird. – Wenn das für Sie die Qualität und die Politik im ORF ist, dann kann man nur sagen: Reden wir in zehn Jahren darüber, dann können wir schauen, ob ihr eine neue Form des öffentlich-rechtlichen Rundfunks braucht! (Abg. Neudeck: In zehn Jahren ...!)

Ich schließe mit Joachim Riedl aus der „Zeit“, der angesichts dessen, wie jetzt im ORF Politik betrieben wird, Folgendes darstellt: Wer dann noch im Fernsehen zu Wort kom­men will, der darf nun wirklich nichts mehr zu sagen haben. – Zitatende.

So sollte das Unternehmen ORF in den nächsten Jahren nicht geführt werden! (Beifall bei den Grünen.)

22.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Brinek. 3 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.49.50

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe in der Debatte konstruktive Beispiele und Vorschläge von der Opposi­tion erwartet. – Herr Cap hat aber nichts anderes gemacht, als nachzudenken, wer, wie, wo, wann interveniert. Frau Kollegin Stoisits von den Grünen hat gesagt, sie will mehr Öffentlichkeit, aber eine geheime Abstimmung. Wie passt denn das zusammen? Sie hat sich hier in der Demokratie herausgestellt und gesagt, man würde – der ORF oder wer auch immer – demokratiepolitischen Missbrauch betreiben. In einer lebendi­gen und entwickelten Demokratie kann man einen solchen Vorwurf nicht machen, ohne einen Grund dazu zu nennen! Also: Heraustreten und sagen, was gemeint ist!

Da ist mir schon lieber, dass wir den ORF international von anderen Leuten bewerten lassen. Jan Mojto ist schon zitiert worden, beispielhafte Filmförderung – das danken wir auch Staatssekretär Morak –, hervorragende kulturpolitische Beiträge, beispielhaft für ARD, ZDF, BBC, Schweizer TV und so weiter, einschließlich des hervorhebenswer­ten Mischfinanzierungsmodell, wie es der ORF pflegt.

Herr Kollege Brosz, wenn wir in der Bildungspolitik von Leseförderung sprechen und nicht haben wollen, dass Kinder zu viel vor dem Fernseher sitzen, dann dürfen wir uns andersrum nicht beklagen, wenn es weniger jugendliche Fernsehkonsumenten gibt.


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Das muss uns dann auch recht sein. Also ein bisschen mehr Logik und mehr Rationali­tät, meine Herrschaften von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Er hat junge Erwachsene gemeint!)

Noch etwas: Mir ist schon recht, wenn wir auch die inländischen Stimmen hören. Ich habe auch den Sammelband „Aufgedeckt“ gelesen. Was lese ich da heraus? Es wird der Mythos „Club 2“ aufgebaut. – Mein Gott, da war ich auch schon auf der Welt, und da war Nina Hagen noch ein wirklicher Tabubruch. Das Ganze mit der offenen Gesell­schaft und „Offen gesagt“ zu vergleichen, wo es wesentlich schwerer ist, spannende, Tabu brechende Sendungen zu veranstalten, das ist ein bisschen billig. Wenn in so ge­nannten Aufdeckerbüchern behauptet wird, dass „Philosophicum“ und „kreuz & quer“ so gut besetzt sind, ist mir das als Religionssendungseherin auch sehr recht, damit habe ich kein Problem. Alles in allem wird in diesem Buch ein sehr konservatives, ein bildungsbürgerliches Schulfernseh-Bildungsideal beschworen.

Auf der anderen Seite wurde von den Grünen, von Klubobmann Van der Bellen letztes Mal der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF als Kontrollinstanz-Sein beschworen. Ich habe mir gedacht: Kontrolle? Der Rechnungshof ist eine Kontrollinstanz, das Kontroll­amt der Stadt Wien, Oberste Richter sind Kontrollinstanzen. Der ORF soll keine Kon­trollinstanz sein!

Abgeordneter Van der Bellen hat auch beklagt, dass die Grünen nur einen Stiftungsrat haben. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ich habe doch nicht geklagt, sondern nur auf Tatsa­chen hingewiesen!) Die ÖVP fairerweise zwei. Das entspricht dem Größenverhältnis! Und noch dazu: Strobls Funktion ist in einem hohen Grade mit seiner beruflichen Posi­tion unvereinbar, weil man als Stiftungsrat nicht gleichzeitig lokale Betriebe des ORF pachten kann. Das ist eine Sache, die auch noch einmal angesprochen werden soll. (Abg. Broukal: Und wie ist ihre Meinung zu Herrn Malik als Aufsichtsrat der Bundes­bahn, oder ist das dort ganz etwas anderes?)

Meine Damen und Herren! Der ORF ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt nach dem Aktienrecht, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Broukal!

 


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (fortsetzend): ... dem sich der Bundeskanzler Klima noch anschließen konnte, als er Bundeskanzler war. Dem sollten wir auch fol­gen, das heißt: Abstimmung, so wie sie dort vorgesehen ist. Personen sind nicht ihrem persönlichen Gewissen in der geheimen Wahlzelle verantwortlich, sondern dem Unter­nehmen. Und gemäß dieser Verantwortung dem Unternehmen gegenüber soll gehan­delt werden. Wir sprechen international von einem Integrationsrundfunk, das heißt, die gemeinsame Verantwortung für das Unternehmen ist wesentlich. Und ich habe keine wirklichen, ernsthaften Reformvorschläge gehört, so dass ich sagen kann, alles in allem: Der ORF ist ein vorbildliches Unternehmen, es gibt keine Veranlassung, irgend­eine Form des Abrückens davon anzustreben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitli­chen – BZÖ.)

22.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Cap. 5 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.54.12

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich melde mich deswegen noch einmal zu Wort, weil mich etwas wirklich frappiert, nämlich das Schweigen von Klubobmann Molterer und von Staatssekretär Morak, denn die beiden sind für die Medienpolitik verant­wortlich: Klubobmann Molterer im Sinne der Intervention und im Sinne der konzeptiven Medienpolitik und Staatssekretär Morak, als derjenige, der in der Regierung sitzt. Beide


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sitzen völlig beteiligungslos da: so, als ob es da um irgendeinen Würstelstand ginge und nicht um den ORF. Ich finde, das kann man einfach nicht akzeptieren. Ich fordere daher beide auf, sie sollen sich, auch wenn es jetzt schon bald 23 Uhr ist, zu Wort mel­den. Sie sollen einfach Stellung beziehen, sie sollen sich dazu äußern, wie sie sich den weiteren Weg des ORF vorstellen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das ist doch nicht irgendein Unternehmen, da sind tausende Beschäftigte, da gibt es übrigens enorm viele Österreicherinnen und Österreicher, die Gebühren zahlen müs­sen und die dank Ihrer Initiative, mit der Sie dafür gesorgt haben, dass der ORF weni­ger Werbeeinnahmen bekommt und weil sie auf Grund der Infokrise weniger Werbe­einnahmen haben, höhere Gebühren zu zahlen haben. Was sagen Sie dazu? Sie müs­sen sich in Wahrheit verantworten gegenüber den Vielen, die Radio hören, Fernsehen schauen, die Zwangsgebühren zahlen müssen und die durch ihren Eingriff in dieses Unternehmen noch mehr Gebühren zahlen müssen. Und Sie beide sitzen da, die, die Hauptverantwortlichen sind! Der „Abnicker“ in Gestalt des Bundeskanzlers, über des­sen Schreibtisch jede Entscheidung gehen muss, ist bei diesen Tagesordnungspunkt überhaupt nicht da. Das kann man einfach nicht durchgehen lassen, dass Sie dazu nichts sagen.

Ich möchte einen zweiten Punkt aufgreifen: Ein Gedankengang war heute wirklich nicht schlecht, nämlich der, wo danach gefragt wurde, was eigentlich das BZÖ davon hat, dass sie da dabei ist, sage ich jetzt einmal. Was hat die eigentlich davon? Ich finde, das war anständig, wie die BZÖ-Stiftungsräte mitgewirkt haben, dass es diese Unter­suchungsgruppe in der Causa Werner Mück gibt, denn ich kann mich nicht erinnern, dass es im ORF jemals unter den JournalistInnen so ein Unbehagen, so eine Kritik, so eine Rebellion gegeben hat, wie gegen dieses Diktat und gegen das, was Werner Mück im Informationsbereich im ORF zu verantworten hat. Daher ist es verdienstvoll, dass das BZÖ hier mitgewirkt hat, dass es diese Untersuchungsgruppe gegeben hat. Das muss man einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dann bin ich auch dafür, dass es ein Hearing gibt. Ich finde, das ist eine gute Initiative, die hier die Grünen gesetzt haben, denn ich möchte mir nicht nur Monika Lindner im Hearing öffentlich anhören, ich möchte mir zum Beispiel auch Herrn Lorenz öffentlich anhören, Ihren Spezialisten für diese berühmte Initiative der EU-Plakate und was im­mer sonst er noch mit zu verantworten hat. Ich möchte mir Herrn Lorenz anhören, der dort als Programm-Mensch im ORF verantwortlich mitgewirkt hat. Ich möchte mir alle anhören, deren Namen als potentielle Kandidaten in der Gegend herumgeistern, bei denen in Klammern dabeisteht: Freund Wolfgang Schüssels. Das ist nämlich die Ein­trittskarte, damit er überhaupt eine Chance hat, muss dort stehen – im „Kurier“: Lorenz (Freund Wolfgang Schüssels). So schaut das nämlich aus. (Abg. Dr. Brinek: Was der alles weiß!)

Dann kriegen Sie da herinnen alle Lachkrämpfe, wenn wir sagen, es ist nur die Frage, welcher ÖVP-Mann im ORF die entscheidenden Positionen bekleidet, und dass das für die Demokratie und für den ORF unerträglich ist und dass das in Wahrheit dieses Un­ternehmen in seiner Existenz gefährden wird. Und das ist nicht mehr zum Lachen! Da sollten Sie von der ÖVP nämlich in sich gehen und traurig sein über diese Entwicklung und sie nicht lustig finden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Präsident Khol, Sie haben damals in anderer Funktion mitgewirkt, als dieses neue ORF-Gesetz beschlossen wurde. Da war auch Westenthaler noch da. Ich nehme an, er wird es inzwischen bereuen, dass er da mitgetan hat, aber damals hat er mitgewirkt. Dieses ORF-Gesetz ist nämlich die Basis für all die Dinge, die da passieren. Die Basis dafür: Durchgriffsrecht der Generaldirektorin, die Stellung des Stiftungsrates, der Schmäh mit der Entpolitisierung. Mein Gott ja, okay, Sie sind nicht mehr drinnen, ich bin nicht mehr drinnen und Westenthaler war nicht mehr drinnen, aber erzählen Sie mir


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nicht, dass die 15 Stiftungsräte, die von den Zeitungen als ÖVP-Angehörige bezeichnet werden, nicht ÖVP sind. Und ich gebe auch zu, dass andere sich durchaus auch ande­ren Weltanschauungen zugehörig fühlen, aber man soll den Leuten keinen Schmäh erzählen. Sie versuchen natürlich, da drinnen Macht auszuüben.

Die Frage ist, ob Sie die Wasserträger sind oder nicht die Wasserträger sind. Das müs­sen Sie aber für sich beantworten, ob Sie das machen wollen. Das ist Ihre Hausauf­gabe, die Sie letztendlich zu lösen haben. Und ich bin daher auch für eine geheime Wahl bei der Generaldirektorin/beim Generaldirektor. Warum nicht? Haben Sie kein Vertrauen in die Qualität und Entscheidungsfähigkeit der Stiftungsräte? Brauchen Sie die optische Kontrolle? (Abg. Neudeck: Das war doch der Blecha, oder?) Wollen Sie das Videoauge haben, das während des Wahlvorganges schaut, wer steht auf, wer nicht? Wer füllt den Stimmzettel wie aus? Natürlich wird am Stimmzettel ein Namen oben stehen, damit man es überprüfen kann, weil Sie sich unsicher sind, weil nämlich langsam Kräfte entstehen, denen das Unternehmen wichtiger ist als die Interessen der ÖVP im ORF! Das ist die Wahrheit! (Staatssekretär Morak: Dann ist es ja gut so!)

Staatssekretär Morak kann sich nicht mehr zurückhalten. Bitte (in Richtung von Präsi­dent Dr. Khol), Herr Staatssekretär Morak hat sich zu Wort gemeldet. Bitte, ihn aufzu­nehmen, er will endlich dazu Position beziehen! Und ich finde es wichtig, dass wir da herinnen einmal eine ehrliche Debatte darüber führen und dass man diese Grundsatz­diskussion auch führen und nicht nur so vornehm vor sich hindösen sollte, als ob es um einen Würstelstand ginge. Es geht um den ORF!

Nehmen Sie endlich die Verantwortung wahr und stellen Sie sich dieser Auseinander­setzung und Diskussion – und flüchten Sie nicht davor! Wir werden dafür sorgen, dass Sie noch eines Tages aufwachen; vielleicht schon im August. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Nicht früher?)

22.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


23.00.28

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Zum Abschluss zusammenfassend: Der SPÖ geht es in dieser ganzen Debatte gar nicht, wie ich am Anfang angenommen habe, darum, so viel wie möglich in den In­formationssendungen vorzukommen, denn wir haben ja festgestellt, dass das ohnehin der Fall ist. Wahrscheinlich geht es ihr gerade in letzter Zeit wohl eher darum, weniger vorzukommen als in letzter Zeit. Das ist neu an dieser heutigen Debatte.

Im Wesentlichen geht es aber auch darum, dass es ein gewisses empathisches Mitge­fühl der SPÖ geben muss mit den armen Stiftungsräten des ORF. Wahrscheinlich rührt dies aus dem permanent parteiintern schwierigen Kurs her, den Sie derzeit zu fahren haben. Ein Thema jagt das nächste, bei dem die SPÖ nicht weiß, ob links, rechts, oben oder unten, und wahrscheinlich denkt sich jeder von Ihnen einmal am Tag: Mein Gott, wäre das jetzt schön, wenn ich jetzt einmal geheim abstimmen könnte; dann müssten wir uns nicht alle einigen und könnten dann im Nachhinein alle so tun, als wären wir alle dafür oder alle dagegen gewesen! – Aus diesem Bauchgefühl heraus können Sie den Wunsch nach geheimen Abstimmungen im ORF-Stiftungsrat nachvollziehen, und Ihre Stiftungsräte wünschen sich das wahrscheinlich auch. So dieses Zickzack, Zick­zack, das wäre dann endlich alles vorbei, auch hier im Plenum. (Abg. Mag. Molterer: Cap, Cap heißt das bei der SPÖ!)

Wir haben dieses Gefühl natürlich nicht, denn wir treffen Entscheidungen, und wir ge­hen dann damit auch hinaus. Wir sagen, warum wir sie getroffen haben. Wir stehen


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dazu. Wir vertreten sie, und wir stimmen auch gemäß der Überzeugung ab, zu der wir gelangt sind. Deswegen müssen Sie auch verstehen, dass die ÖVP dieses Bedürfnis nach geheimer Wahl nicht nachvollziehen kann, und wir sind der festen Überzeugung, dass wir für den ORF, der die wichtigste Medieninstitution des Landes ist, auch ganz genau solche Stiftungsräte wollen und solche Stiftungsräte brauchen, die sich Gedan­ken darüber machen, wen sie wählen, und danach hinausgehen und das argumentie­ren, wen sie gewählt haben, und auch wirklich dazu stehen. Das ist die Zurechenbar­keit der Verantwortung, die für den ORF wie in einem Aufsichtsrat in einem Unterneh­men einfach zwingend nötig ist.

Herr Dr. Van der Bellen, wenn Ihr Stiftungsrat in einem gewissen beruflichen Nahever­hältnis zum ORF offensichtlich ähnliche Probleme hat, nämlich zu seinem eigenen Ab­stimmungsverhalten zu stehen, dann sollten Sie das hinterfragen. Ist das der Stiftungs­rat, den Sie wollen?

Bei unseren Stiftungsräten gehe ich davon aus, dass sie, ob sie nun mit uns einer Mei­nung sind oder nicht, die richtige Entscheidung treffen, dazu stehen und sie durchargu­mentieren können. Das brauchen wir. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Cap: Braun! – Rufe: Braun bei der SPÖ!)

23.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu einer ganzen Serie von Abstimmun­gen, und ich bitte daher um gewisse Aufmerksamkeit.

Wir kommen vorerst zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 1582 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich, ein Zeichen der Zustimmung auszudrücken. – Der Bericht wird mit Mehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.04.02Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nun zur Abstimmung über sieben Fristset­zungsanträge, die ich in der Reihenfolge ihrer Bekanntgabe abstimmen lasse.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Molterer und Scheibner, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 (GRÄG 2006) eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mit Mehrheit er­teilt. Angenommen.

*****

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Molterer und Scheibner, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines


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Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mit Mehrheit ge­geben. Ist daher angenommen.

*****

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend die Wohnrechtsnovelle 2006 (WRN 2006) eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das wird mit Mehrheit erteilt. An­genommen.

*****

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Molterer und Scheibner, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalra­tes vom 24. Mai 2006 betreffend die Wasserrechtsgesetznovelle 2006 eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag ihre Zustimmung ge­ben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

*****

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundes­bahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktien­gesellschaft“ geändert werden, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenom­men.

*****

Des Weiteren kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Mag. Molterer, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 848/A der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenom­men.

*****

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Scheibner, dem Ver­fassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 849/A der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volks­gruppengesetz geändert wird, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenom­men.


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23.07.59Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 853/A bis 856/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4562/J bis 4604/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.08 Uhr ein; das ist also gleich im An­schluss an diese Sitzung.

*****

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.08.33Schluss der Sitzung: 23.08 Uhr

 

 

 

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