Stenographisches Protokoll
158. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode
Mittwoch, 12. Juli 2006
158. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 12. Juli 2006
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 12. Juli 2006:
10.00 – 23.08 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichischer EU-Vorsitz im 1. Halbjahr 2006“
2. Punkt: Bericht über den Antrag 846/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird
3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden
4. Punkt: Bericht über den Antrag 502/A (E) der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend automatische Zuweisung an eine Mitarbeitervorsorgekasse
5. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006)
6. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006)
7. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 2 |
8. Punkt: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen
9. Punkt: Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial
10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft
11. Punkt: Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen
12. Punkt: Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich
13. Punkt: Europäisches Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine
14. Punkt: Bericht über den Antrag 499/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen betreffend einer österreichischen Initiative für das Verbot von Streubomben und Streumunition
15. Punkt: Bericht über den Antrag 836/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG)
16. Punkt: Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels
17. Punkt: Bericht über den Antrag 779/A (E) der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen
18. Punkt: Bericht über den Antrag 803/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Opferrechte bei Frauenhandel
19. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden
20. Punkt: Bericht über den Antrag 841/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird
*****
Inhalt
Personalien
Verhinderungen .............................................................................................................. 24
Ruf zur Sache ................................................................................................................ 43
Ordnungsruf ................................................................................................................. 173
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 3 |
Geschäftsbehandlung
Einwendungen des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 24
Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................... 42
Redner:
Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 42
Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 44
Dr.
Josef Cap ................................................................................................................ 45
Herbert Scheibner ........................................................................................................ 46
Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 47
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4000/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 49
Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 144
Redner/Rednerinnen:
Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 144
Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 147
Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 150
Kurt Eder ..................................................................................................................... 151
Klaus Wittauer ............................................................................................................ 152
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 153
Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006), (1621 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme ................. 49, 244
Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1622 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme ........................................................ 49, 244
Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006), (1623 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme 49, 245
Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Bericht-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 4 |
erstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006), (1624 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme 49, 245
Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1625 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme ...................................................................... 49, 245
Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 848/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme ........... 49, 245
Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 849/A der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen – Annahme ................. 50, 246
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 50
Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 108
Aktuelle
Stunde (39.)
Thema: „Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – Österreichs Wirtschaft wächst“ ............................................................................................................................... 24
Redner/Rednerinnen:
Fritz Neugebauer........................................................................................................... 24
Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 26
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 30
Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 32
Josef Bucher ................................................................................................................. 33
Karl Öllinger .................................................................................................................. 35
Herta Mikesch ............................................................................................................... 36
Doris Bures ................................................................................................................... 38
Maximilian Walch ......................................................................................................... 39
Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 41
Ausschüsse
Zuweisungen .................................................................................................................. 47
Dringlicher
Antrag
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (853/A) (E) 108
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 5 |
Begründung: Mag. Terezija Stoisits ........................................................................... 110
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................... 115
Debatte:
Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 118
Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 121
Dr.
Josef Cap .............................................................................................................. 123
Herbert Scheibner ...................................................................................................... 125
Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 128
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 130
Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 132
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 134
Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 136
Mag.
Melitta Trunk ..................................................................................................... 138
Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 139
Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 140
Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 142
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes – Ablehnung ............ 141, 144
Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 853/A (E) ............................. 144
Verhandlungen
1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichischer EU-Vorsitz im 1. Halbjahr 2006“ .......................................... 50
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 50
Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 50
Redner/Rednerinnen:
Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 56
Dr. h.c. Peter Schieder ................................................................................................. 59
Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 61
Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 64
Herbert Scheibner ........................................................................................................ 67
Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 70
Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 71
Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 73
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 74
Dr. Elisabeth Hlavac ..................................................................................................... 76
Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 77
Marianne Hagenhofer .................................................................................................. 78
Klaus Wittauer .............................................................................................................. 80
2. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 846/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (1578 d.B.) ............................................................................................................................... 81
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 6 |
Redner/Rednerinnen:
Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 81
Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 82
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 83
Michaela Sburny ........................................................................................................... 84
Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 86
Mag. Johann Moser ..................................................................................................... 86
Christine Marek ............................................................................................................ 87
Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 88
Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 89
Konrad Steindl .............................................................................................................. 90
Mag. Dietmar Hoscher ................................................................................................. 90
Herta Mikesch ............................................................................................................... 91
Erika Scharer ................................................................................................................ 92
Johannes Zweytick ...................................................................................................... 93
Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 93
Josef
Bucher ................................................................................................................. 94
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Michaela Sburny, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichts über die Umsetzung und die Auswirkungen des Bilanzbuchhaltungsgesetzes – Annahme (E 201) 85, 94
Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 94
3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1559 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1599 d.B.) .................................................. 94
Redner/Rednerinnen:
Ing.
Josef Winkler ......................................................................................................... 95
Manfred
Lackner .......................................................................................................... 96
Maximilian
Walch ......................................................................................................... 96
Karl Öllinger .................................................................................................................. 97
Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 98
Barbara
Riener ........................................................................................................... 100
Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 101
Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 101
4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 502/A (E) der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend automatische Zuweisung an eine Mitarbeitervorsorgekasse (1600 d.B.) .................................................................................................................... 101
Redner/Rednerinnen:
Franz Riepl .................................................................................................................. 102
Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 103
Karl Öllinger ................................................................................................................ 104
Maximilian Walch ....................................................................................................... 105
Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 105
Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 106
Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 107
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 108
Gemeinsame Beratung über
5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1563 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 7 |
vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1597 d.B.) ..................................................... 155
6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates (1561 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006) (1598 d.B.) ..................................................... 155
Redner/Rednerinnen:
Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 155
Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 157
Karl Öllinger ................................................................................................................ 158
Maximilian Walch ....................................................................................................... 159
Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 160
Ridi
Steibl .................................................................................................................... 161
Mag.
Ulrike Lunacek .................................................................................................. 162
Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 164
Dietmar Keck .............................................................................................................. 165
Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 166
Karl Donabauer .......................................................................................................... 168
Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 169
Alfred Schöls .............................................................................................................. 170
Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 170
Renate
Csörgits .......................................................................................................... 171
Karl
Dobnigg ............................................................................................................... 172
Beharrungsbeschluss in 1597 und 1598 d.B. .............................................................. 173
7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1562 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird (1601 d.B.) .......................................................................... 174
Redner/Rednerinnen:
Dr. h.c. Peter Schieder ............................................................................................... 174
Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 176
Staatssekretär Dr. Hans Winkler .............................................................................. 177
Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 177
Herbert Scheibner ...................................................................................................... 179
Beharrungsbeschluss .................................................................................................. 180
Gemeinsame Beratung über
8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1438 d.B.): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1602 d.B.) ........... 180
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 8 |
9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1442 d.B.): Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (1603 d.B.) .......... 180
10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1443 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (1604 d.B.) 180
11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1444 d.B.): Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (1605 d.B.) ............................................................................................................................. 180
12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1462 d.B.): Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich (1606 d.B.) .................................................................................................................... 181
13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1463 d.B.): Europäisches Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine (1607 d.B.) ........................... 181
14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 499/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen betreffend einer österreichischen Initiative für das Verbot von Streubomben und Streumunition (1608 d.B.) ................................ 181
Redner/Rednerinnen:
Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 181
Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 182
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 184
Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 185
Staatssekretär Dr. Hans Winkler .............................................................................. 187
Wolfgang Großruck ................................................................................................... 189
Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 191
Markus Fauland .......................................................................................................... 192
Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 193
Carina
Felzmann ........................................................................................................ 194
Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 195
Johann Ledolter ......................................................................................................... 196
Anton Heinzl ............................................................................................................... 197
Walter Murauer ........................................................................................................... 198
Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 198
Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 199
Genehmigung der sechs Staatsverträge in 1602, 1603, 1604, 1605, 1606 und 1607 d.B. 200
Beschlussfassung
im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1603 und
1605 d.B. 200
Beschlussfassung
im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1605 d.B. ....... 200
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1608 d.B. ................................................... 201
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 9 |
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1608 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend österreichische Unterstützung für ein internationales humanitäres Abkommen gegen Streubomben und Streumunition (E 202) .................................................................................................. 201
15. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 836/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG) (1615 d.B.) .................................................................................................................... 201
Redner/Rednerinnen:
Mag.
Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 201
Mag.
Johann Maier ..................................................................................................... 202
Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 203
Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 204
Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 204
Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 205
Mag.
Ruth Becher ...................................................................................................... 206
Dr. Karl-Heinz
Dernoscheg, MBA ............................................................................ 207
Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 207
Gemeinsame Beratung über
16. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1565 d.B.): Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (1616 d.B.) ................................ 208
17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 779/A (E) der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen (1617 d.B.) ....................................................................................................... 208
18. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 803/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Opferrechte bei Frauenhandel (1618 d.B.) ............................................................................................................................. 208
Redner/Rednerinnen:
Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 208
Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 209
Mag.
Terezija Stoisits ................................................................................................. 210
Markus Fauland .......................................................................................................... 212
Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 212
Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 214
Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 215
Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 216
Dr.
Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 218
Otto
Pendl ................................................................................................................... 219
Anton
Doppler ............................................................................................................ 220
Mag. Gisela Wurm
(tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 220
Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 221
Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 221
Dr.
Johannes Jarolim ................................................................................................ 222
Genehmigung des Staatsvertrages in 1616 d.B. ......................................................... 223
Beschlussfassung
im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1616 d.B. ....... 223
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 10 |
Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1616 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels (E 203) ................................... 223
Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1617 und 1618 d.B. .......................... 223
19. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1560 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1581 d.B.) 224
Redner/Rednerinnen:
Otto
Pendl ................................................................................................................... 224
Fritz
Neugebauer ........................................................................................................ 225
Mag.
Terezija Stoisits ................................................................................................. 226
Markus Fauland .......................................................................................................... 226
Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 227
Dipl.-Ing.
Günther Hütl ............................................................................................... 228
Beharrungsbeschluss .................................................................................................. 228
20. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 841/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (1582 d.B.) ......... 229
Redner/Rednerinnen:
Dr. Josef Cap ..................................................................................................... 229, 241
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 231
Mag.
Terezija Stoisits ................................................................................................. 232
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 234
Stefan Prähauser ........................................................................................................ 235
Helga Machne ............................................................................................................. 236
Dieter Brosz ................................................................................................................ 238
Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 240
Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 243
Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 244
Eingebracht wurden
Bericht ........................................................................................................................... 48
III-231: Tätigkeitsbericht der Bundesanstalt für Verkehr für das Jahr 2005; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie
Einsprüche des Bundesrates .................................................................................... 48
1621: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006)
1622: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 11 |
desgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden
1623: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006)
1624: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006)
1625: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden
Anträge
der Abgeordneten
Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (853/A) (E)
Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau
der Vor- und Ausbildung für künstlerische Berufe und Prüfung
eines erweiterten universitären Angebotes für bildende
Künste in der Steiermark (854/A) (E)
Barbara Riener, Dipl.-Ing. Elke
Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung
von Möglichkeiten der Pflegefreistellung für Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer (855/A) (E)
Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Josef Cap, Herbert Scheibner, Dr. Alexander
Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem die XXII. Gesetzgebungsperiode des
Nationalrates vorzeitig beendet wird (856/A)
Anfragen
der Abgeordneten
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Unterbringung von beschlagnahmten Arten (4469/J)
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung,
Wissenschaft und Kultur betreffend Europaratsbeschluss zur Haltung von Versuchstieren
(4470/J)
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit betreffend Importverbot von Hunde- und Katzenfellen (4471/J)
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen betreffend Umsetzung eines Importverbotes für Hunde- und Katzenfelle
(4472/J)
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen betreffend Schaffung eines Schimpansenforschungszentrums in
Gänserndorf (4473/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 12 |
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen betreffend gentechnikfreie Lebensmittelproduktion (4474/J)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend gentechnikfreie
Lebensmittelproduktion (4475/J)
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schaffung einer
Wildtierauffangstation im ehemaligen Safaripark Gänserndorf (4476/J)
Heidemarie Rest-Hinterseer,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verkauf strategisch
wichtiger Wasserressourcen im Salzburger Tennengebirge durch die Österreichische
Bundesforste AG (4477/J)
Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
freiheitlichen Missbrauch von öffentlichen Ressourcen (4478/J)
Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend freiheitlichen Missbrauch von öffentlichen
Ressourcen (4479/J)
Dr. Christoph Matznetter,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Zigarettenschmuggel in Österreich und der Europäischen
Union (4480/J)
Dr. Christoph Matznetter,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Zigarettenschmuggel in Österreich und der Europäischen
Union (4481/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 13 |
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft
(4482/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Gesamtkosten der
österreichischen EU-Präsidentschaft (4483/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft
(4484/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gesamtkosten
der österreichischen EU-Präsidentschaft (4485/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4486/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gesamtkosten
der österreichischen EU-Präsidentschaft (4487/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gesamtkosten der
österreichischen EU-Präsidentschaft (4488/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend
Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4489/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft betreffend Gesamtkosten der österreichischen
EU-Präsidentschaft (4490/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend Gesamtkosten der österreichischen
EU-Präsidentschaft (4491/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend Gesamtkosten der österreichischen
EU-Präsidentschaft (4492/J)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
Gesamtkosten der österreichischen EU-Präsidentschaft (4493/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Finanzierung
des Saftladen“ in Salzburg-Schallmoos – Budgetkürzung
durch das BMJ“ (4494/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend mangelhafte Beantwortung der Anfrage 3856/J
(4495/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend mangelhafte Beantwortung der Anfrage 3857/J
(4496/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend Verweigerung der Beantwortung der
Anfragen 3917/J, 3809/J und 3863/J (4497/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend: Die Frage ist die Antwort ist die Frage?
(4498/J)
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Weitergabe
von vertraulichen Informationen (4499/J)
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend mangelhafte Beantwortung einer
parlamentarischen Anfrage durch den Bundeskanzler (4500/J)
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend mangelhafte
Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch den BMLV (4501/J)
Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend mobile Mautaufseher/innen der ASFINAG (4502/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 14 |
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend tatsächliche Kosten der
österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4503/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft
2006 (4504/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft
2006 (4505/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend tatsächliche
Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4506/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft
2006 (4507/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend tatsächliche
Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4508/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend tatsächliche
Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4509/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend
tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft
2006 (4510/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen
EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4511/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen
EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4512/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend tatsächliche Kosten der österreichischen
EU-Ratspräsidentschaft 2006 (4513/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
tatsächliche Kosten der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2006
(4514/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend „Autobahnhalbanschluss Hagenau“ (4515/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Verlagerung
der Polizeiinspektion Lehen“ (4516/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 15 |
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler
betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und
Ergebnisse (4517/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für
auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische
EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4518/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse
(4519/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend österreichische
EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4520/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend österreichische
EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4521/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Inneres betreffend österreichische
EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4522/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Justiz betreffend österreichische
EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4523/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend österreichische
EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4524/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und
Ergebnisse (4525/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und
Ergebnisse (4526/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse
(4527/J)
Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian
Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend österreichische
EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse (4528/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Düngemittelgesetz 2004
und 2005“ (4529/J)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen betreffend Veröffentlichungen von Lebensmittelwarnungen
(4530/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 16 |
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen betreffend den Kompetenzbereich Tiertransporte (4531/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
Zivildienerzuweisung Juni 2006 (4532/J)
Mag. Terezija Stoisits,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
Konsequenzen der Innenministerin wegen rechtswidriger Ausübung unmittelbarer
behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ExekutivbeamtInnen (4533/J)
Mag. Brigid Weinzinger,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr,
Innovation und Technologie betreffend Verbesserung der Tiertransportkontrollen
(4534/J)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Heizung von
Gebäuden der ÖBF AG mit erneuerbarer Energie (4535/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend „Verkehrssicherheit in Österreich – Zahlen und
Fakten – Verkehrspolitische Maßnahmen (II)“ (4536/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend
„Strafrechtliches Entschädigungsgesetz 2005 – Zahlen und
Fakten“ (4537/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 17 |
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend erhöhte Familienbeihilfe (4538/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend 150 Pflegeschecks in der Steiermark (4539/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dienstreisen 2005 und 2006
(4540/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4541/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4542/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Dienstreisen 2005
und 2006 (4543/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
Dienstreisen 2005 und 2006 (4544/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Dienstreisen 2005
und 2006 (4545/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Dienstreisen 2005
und 2006 (4546/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend
Dienstreisen 2005 und 2006 (4547/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4548/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4549/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Dienstreisen 2005 und 2006 (4550/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
Dienstreisen 2005 und 2006 (4551/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend „Finanzielle Belastungen der Eltern im Schuljahr 2005/2006“
(4552/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Futtermittelgesetz im Jahr
2005“ (4553/J)
Dr. Helene Partik-Pablé,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres
betreffend „Hütchenspiel“ (4554/J)
Sabine Mandak, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend Kosten für diverse „Vätermaterialien“
sowie 1. Männerbericht der Bundesregierung (4555/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Wahlspenden und Universaldienstverordnung (4556/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Maßnahmen gegen Motorradunfälle (4557/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Ausbau der Bahnstrecke Summerau–Pyhrn (4558/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Bahnstrecke Attnang–Ried–Schärding (4559/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
Kraftwerksbau an der Koppentraun (4560/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft betreffend „Tirol: Illegale Tierarzneimittel bei
Milchbauern (Antibiotikaskandal) – Vollziehungsfragen“ (4561/J)
Dr. Günther Kräuter,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend „Arbeitswoche“ eines ÖBB-Topmanagers
mit 500.000 Euro-Gage (4562/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 18 |
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuergeschenk
für Elsner? (4563/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
unzureichende Anfragebeantwortung zu den Förderungsberichten 2003 und 2004
(4564/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unzureichende
Anfragebeantwortung zu den Förderungsberichten (4565/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Härtefonds,
Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare Einrichtungen im
Bereich seines Ministeriums im Jahr 2005 (4566/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und
vergleichbare Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4567/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare
Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4568/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
Härtefonds, Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare
Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4569/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz betreffend Härtefonds, Unterstützungsfonds,
Ausgleichsfonds und vergleichbare Einrichtungen im Bereich ihres Ministeriums
im Jahr 2005 (4570/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Inneres betreffend Härtefonds,
Unterstützungsfonds, Ausgleichsfonds und vergleichbare Einrichtungen
im Bereich ihres Ministeriums im Jahr 2005 (4571/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Korruption in
öffentlichen Ämtern (4572/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Blutzoll auf Eisenbahnkreuzungen – Taferl als
Scheinlösung (4573/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend Praxis bei der Begutachtung des
Pflegebedarfes (4574/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
„Zweckentfremdung“ von Zivildienstleistenden (4575/J)
Mag. Terezija Stoisits,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend
Gültigkeit bzw. Aufhebung von NS-Beschlüssen zur Zwangssterilisation
(4576/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend Herabsetzung der Pflegegeldeinstufung bei
Zuständigkeitswechsel (4577/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend Pflegegeldeinstufung von Kindern und Jugendlichen
mit Behinderungen (4578/J)
Dr. Günther Kräuter,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend
fragwürdige Hintergründe der „Verwertung der Objekte
Schillerstraße 4 (Telekom) und Elisabethstraße 9 (ÖBB)“
(4579/J)
Mag. Elisabeth Grossmann,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz betreffend umstrittene Kampagne gegen
sexuellen Kindesmissbrauch (4580/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 19 |
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „ÖVP-Freundeskreis“
(4581/J)
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Polli, Gert
(4582/J)
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
Polli-Rücktritt (4583/J)
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen
und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend ÖBB-Seebahnhof und Grundstücksverkauf am Traunsee in
Gmunden (4584/J)
Erika Scharer, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
Zwischenbilanz der Qualifizierungsoffensive (4585/J)
Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur
betreffend „Freistellung von oö. Landesschulratbediensteten für
Parteifest“ (4586/J)
Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
notwendige Maßnahmen im Bereich der Traditionellen Asiatischen
Medizin (4587/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 20 |
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Tirol:
Illegale Tierarzneimittel bei Milchbauern (Antibiotikaskandal) – Vollziehungsfragen“
(4588/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
„Tirol: Illegale Tierarzneimittel bei Milchbauern (Antibiotikaskandal)
– Vollziehungsfragen“ (4589/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
„Vollziehung der Fertigverpackungsverordnung (FPVO) Konsumentenprobleme
V“ (4590/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend
„Wild- und Wildfleischuntersuchungen 2005“ (4591/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
„Wilderer in Österreich – Sicherheitsbehördliche
Ermittlungen 2005“ (4592/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend
„Gerichtsverfahren nach §§ 137-141 StGB: Wilderei in
Österreich (2005)“ (4593/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend
„Kriminalität und Spielsucht (Glückspiele & Wetten)“
(4594/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
„Kriminalität und Spielsucht (Glückspiel & Wetten)“
(4595/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend
„Gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen in der
EU“ (4596/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend „Gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen
in der EU“ (4597/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Gegenseitige Anerkennung
von Geldstrafen und Geldbußen in der EU“ (4598/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie betreffend „Gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und
Geldbußen in der EU“ (4599/J)
Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend
„Werbung/Kampagnen/Kulturprojekte im Bundesheer“ (4600/J)
Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Verwendung des Bundeszuschusses in
der Höhe von zwei Millionen Euro an das Bundesland Kärnten aus
Anlass der 85. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung (4601/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend
Familienhospizkarenz (4602/J)
Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz betreffend Familienhospizkarenz (4603/J)
Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und
Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unhaltbaren
baulichen Zustand der Polizeiinspektion Rennbahnweg (4604/J)
*****
Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den
Präsidenten des Nationalrates betreffend Kontrollnotstand (53/JPR)
Anfragebeantwortungen
des
Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter
Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4140/AB zu 4203/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph
Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (4141/AB zu 4196/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela
Moser, Kolleginnen und Kollegen (4142/AB zu 4201/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele
Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen (4143/AB zu 4316/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen
(4144/AB zu 4207/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen
(4145/AB zu 4209/J)
der
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen
(4146/AB zu 4246/J)
der
Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid
Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4147/AB zu 4206/J)
der
Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth
Becher, Kolleginnen und Kollegen (4148/AB zu 4223/J)
der
Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid
Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4149/AB zu 4335/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 21 |
des
Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen (4150/AB zu 4202/J)
der
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,
Kolleginnen und Kollegen (4151/AB zu 4198/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia
Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4152/AB zu 4197/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann
Maier, Kolleginnen und Kollegen (4153/AB zu 4215/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (4154/AB zu 4199/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4155/AB zu 4200/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4156/AB zu 4204/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard
Steier, Kolleginnen und Kollegen (4157/AB zu 4306/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen
(4158/AB zu 4208/J)
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (4159/AB zu 4210/J)
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4160/AB zu 4241/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (4161/AB zu 4211/J)
der
Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth
Becher, Kolleginnen und Kollegen (4162/AB zu 4222/J)
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen
(4163/AB zu 4216/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4164/AB zu 4220/J)
des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4165/AB zu 4224/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Moser, Kolleginnen und Kollegen (4166/AB zu 4318/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4167/AB zu 4228/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (4168/AB zu 4292/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 22 |
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4169/AB zu 4225/J)
der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Moser,
Kolleginnen und Kollegen (4170/AB zu 4213/J)
der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher,
Kolleginnen und Kollegen (4171/AB zu 4226/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die
Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen
und Kollegen (4172/AB zu 4219/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die
Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen,
Kolleginnen und Kollegen (4173/AB zu 4230/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die
Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen
und Kollegen (4174/AB zu 4214/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die
Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen
und Kollegen (4175/AB zu 4229/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die
Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser,
Kolleginnen und Kollegen (4176/AB zu 4231/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die
Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und
Kollegen (4177/AB zu 4239/J)
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen
(4178/AB zu 4212/J)
der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der
Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen
(4179/AB zu 4221/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher,
Kolleginnen und Kollegen (4180/AB zu 4217/J)
der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die
Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen
und Kollegen (4181/AB zu 4218/J)
der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die
Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und
Kollegen (4182/AB zu 4269/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die
Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen
und Kollegen (4183/AB zu 4227/J)
des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der
Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen
(4184/AB zu 4232/J)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann
Maier, Kolleginnen und Kollegen (4185/AB zu 4290/J)
der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia
Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4186/AB zu 4331/J)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 23 |
der
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der
Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen
(4187/AB zu 4234/J)
des
Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann
Moser, Kolleginnen und Kollegen (4188/AB zu 4233/J)
*****
des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (49/ABPR zu 53/JPR)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 24 |
Beginn der Sitzung: 10 Uhr
Vorsitzende: Präsident
Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer,
Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 158. Sitzung des Nationalrates und begrüße die Damen und Herren im Hohen Haus.
Das Amtliche Protokoll der 157. Sitzung vom 29. Juni 2006 lag in der Parlamentsdirektion auf und blieb unbeanstandet.
Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Stadler, Faul, Lichtenegger und Dr. Glawischnig-Piesczek.
Herr Abgeordneter Van der Bellen hat im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Einwendungen gegen die ausgegebene Tagesordnung erhoben. Diese betreffen den Punkt 20 der Tagesordnung.
Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat darüber zu entscheiden hat.
Die Debatte über die Einwendungen wird nach Durchführung der Aktuellen Stunde stattfinden.
In der Präsidialkonferenz wurde Konsens darüber erzielt, dass jede Fraktion dabei mit einem Redner zu Wort kommt, dessen Redezeit 4 Minuten nicht überschreiten darf, wobei da die grüne Fraktion beginnen wird.
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:
„Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand –
Österreichs Wirtschaft wächst“
Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neugebauer. Seine Redezeit beträgt der Geschäftsordnung entsprechend 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
10.01
Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit 14 Monate und ein paar Tage zurück, und zwar auf den 1. Mai vergangenen Jahres lenken, an dem diese Bundesregierung zu einem Reformdialog in die Hofburg eingeladen hat, um das österreichische Aktionsprogramm für Wachstum und Beschäftigung zu beraten.
Am folgenden Tag haben die „Salzburger Nachrichten“ das ja auch entsprechend kommentiert:
„Natürlich kann man die Abhaltung eines Arbeitsmarktgipfels am 1. Mai als reine Show bezeichnen, wie dies Vertreter der Opposition im Vorfeld getan haben. Aber ein Vergleich mit unserem Nachbarland Deutschland zeigt, dass es – ... – allemal sinnvoller ist, am Tag der Arbeit über konkrete Maßnahmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 25 |
beraten, als nur Klassenkampfparolen zu verbreiten.“ (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Meine Damen und
Herren! Die sehr eingehenden Debatten haben im Wesentlichen Konsens
darüber herbeigeführt, dass die Politik selbst keine
Arbeitsplätze schaffen kann, aber sie kann Rahmenbedingungen entwickeln,
die es den Betrieben und Unternehmen ermöglichen, Arbeitsplätze
zu sichern beziehungsweise diese auszubauen. Wir dürfen heute, nach mehr
als 14 Monaten, feststellen, dass die Saat dieser Ideen eine Ernte der Erfolge ermöglicht; Erfolge deswegen, weil wir
nicht nur eine Qualifizierungs-
und Beschäftigungsoffensive für mehr als
60 000 Personen zusätzlich gestartet haben –
Beschäftigungsförderung für ältere Personen, das
„Blum-Modell“ für die Jungen, Qualifizierungsmaßnahmen
für die Frauen. Es hat noch nie ein so großes Budget für aktive
Arbeitsmarktpolitik gegeben wie diesmal: Mit einem Rekordbudget von
1,8 Milliarden € haben wir diesen Ansatz seit 1999 mehr als
verdoppelt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von
Freiheitlichen – BZÖ.)
Das ist der
wesentliche Erfolgsfaktor für diese Rahmenbedingungen, dass
Österreich heute ein herzeigbares Modell ist.
Das Zweite ist die Steuerreform, die größte Steuerreform der
Zweiten Republik. Wir haben damit die niedrigen Einkommen entlastet (Widerspruch
bei der SPÖ), und wir haben mit der Senkung der
Körperschaftsteuer auf 25 Prozent sichergestellt, dass die Betriebe
im Land bleiben – und nicht abwandern! Ein großer Erfolg eines
weitsichtigen Handelns, meine Damen und Herren! (Beifall bei der
ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft – dritter Aspekt – sind unsere Klein- und Mittelbetriebe. Ganz bewusst sage ich als Arbeitnehmervertreter: Zwei Drittel der unselbständig Erwerbstätigen haben Arbeit in unseren Klein- und Mittelbetrieben, und daher ist die Stärkung dieser Klein- und Mittelbetriebe und die Erhaltung von deren Selbständigkeit ein Gebot der Stunde.
Ein Umsatz von 290 Milliarden € und Investitionen in Höhe von 20 Milliarden € sichern die Beschäftigung, und daher haben wir auch die Zukunftschancen dieser Kolleginnen und Kollegen in den Klein- und Mittelbetrieben perfekt unterstützt; zuletzt mit der Abrundung der Steuerreform für Einnahmen- und Ausgabenrechner.
Viertens: Großunternehmen, internationale Unternehmen, rund 1 000 Headquarters haben sich in unserem Land niedergelassen, weil Sicherheit, hohe Qualifikation unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Österreich zu einer Wirtschafts- und Chancendrehscheibe auch gegenüber dem Osten machen.
Wir haben in Österreich das interessante Phänomen, dass sich manche vor der Globalisierung fürchten, obwohl Österreich mit seiner kleinen und offenen Volkswirtschaft ein klarer Globalisierungsgewinner ist. Wir sind in etwa auch die Erweiterungsgewinner, und das sollten wir deutlich punzieren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Rufe bei der SPÖ: Und was ist mit der Arbeitslosigkeit?)
In Slowenien, Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Serbien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina ist Österreich Investor Nummer eins.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat berechnet, dass die Ostöffnung und die EU-Mitgliedschaft bis zu 1 Prozent an zusätzlichem BIP-Wachstum in Österreich – kumuliert wären das in etwa 150 000 Beschäftigte – gebracht haben.
Wir in Österreich sind die Erweiterungsgewinner.
Letztendlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich auf etwas hinweisen, was in tagesaktuellen Meldungen manchmal untergeht: Österreich ist auch für ausländische
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 26 |
Unternehmer
außerordentlich attraktiv. Auslandsinvestitionen in Österreich
belaufen sich bereits auf knapp 53 Milliarden € und sichern
damit 250 000 Arbeitsplätze. Halten wir uns aber auch vor Augen,
dass bereits mehr als die Hälfte des österreichischen Wohlstandes
durch Exporte gesichert ist. Das, was uns im Fußball noch
nicht gelungen ist: Bei den Exporten sind wir Europameister, liebe
Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg.
Mag. Molterer: Kommt auch noch!)
Diese gemeinsame Leistung sollten wir nicht unter den Scheffel stellen. Helmut Gansterer hat in seinem Buch „Good News“ (Abg. Dr. Stummvoll: Das sollte man dem Matznetter schenken!), „69 Schluckimpfungen gegen Schwarzmaler, Jammerer und andere Bazillen“, gerade auf diese Leistung der Export-Europameisterschaft Österreichs hingewiesen. Kluge Volkswirtschaften feiern solche Feste, weil sie motivieren und auf dem Umweg über Stolz und Zuversicht zu weiteren Erfolgen führen. Es wäre fast logisch, sofort ein „Jahr der Feste“ und ein „Jahr des Exportes“ auszurufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich plädiere dafür, dass das Jahr 2006 jedenfalls zum Jahr der reichen Ernte ausgerufen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Das ist nicht nur der österreichische Befund, es gibt viele ausländische Stimmen dazu. Ich nehme jetzt einen für viele, nämlich den „Zürcher Trend“, in dem es heißt:
„Die ... Schüssel-Regierung präsentiert ein fast einmaliges Resultat gekonnter Politik. Wir sind von diesen Erfolgen fast ebenso überrascht wie von der Qualität überzeugt. Wien hat bis jetzt fast alles richtig gemacht.“
Österreich zeigt, wie man in einem Euro-Verbund erfolgreich seine eigenen Chancen wahrnehmen kann. Das ist keine Frage der Parteiideologie, sondern pragmatischer Überlegungen.
Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand, das ist Lebensqualität und bringt uns an die Spitze der Staaten dieser Welt.
2006 ist wahrlich ein Jahr der reichen Ernte.
(Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von
Freiheitlichen – BZÖ.)
10.09
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Sie sind am Wort, Herr Minister.
10.09
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! „Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – Österreichs Wirtschaft wächst“, der Titel dieser Aktuellen Stunde. Wachstum ist zwar nicht die Basis für alles, aber doch die Basis für vieles, insbesondere für Beschäftigung, aber natürlich hat das etwas damit zu tun, dass unser Wirtschaftswachstum heuer zwischen 2,5 und 2,6 Prozent liegt – das sind die derzeitigen Prognosen von IHS und WIFO; vielleicht wird es auch noch etwas mehr, man kann jedenfalls optimistisch sein. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)
Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir heuer in
Österreich – einmal mehr – nicht nur eine
Rekordbeschäftigung aufweisen können, sondern, sehr geehrter Herr
Abgeordneter Moser, dass wir im Jahresabstand um
51 000 Arbeitnehmer mehr in Beschäftigung haben als im Jahr
zuvor. Ein Plus von 1,6 Prozent! (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 27 |
Dass das sehr, sehr rasch Auswirkungen auf andere Bereiche hat, können Sie ja auch den gestrigen Äußerungen des Generaldirektors des Hauptverbandes Dr. Kandlhofer, sozusagen des obersten Krankenversicherers entnehmen, der sagte, dass etliche Krankenkassen, von denen man das nicht erwartet hätte, heuer, eben auf Grund der besseren Beschäftigungslage, ins Plus drehen werden. – Also gewissermaßen eine indirekte Absicherung unseres exzellenten Gesundheitssystems, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
„Zeit der Ernte“ hat Fritz Neugebauer gesagt; übrigens eine bemerkenswerte Rede eines modernen Arbeitnehmervertreters. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Es wundert mich, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, dass Sie bei der Erwähnung der Worte „Arbeitnehmervertretung“ und „modern“ ins Lächeln kommen; ich habe mich aber auf Herrn Abgeordneten Neugebauer bezogen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Zeit der Ernte“ also. Und: Von nichts kommt nichts! Diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel hat seit dem Jahre 2000 konsequent Reformpolitik, konsequent Strukturpolitik betrieben (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter), eine Politik, die gemeinsam mit Österreichs EU-Beitritt 1995, gemeinsam mit den Benefits, die wir aus der Erweiterung der Europäischen Union – in Wirklichkeit schon ab dem Jahre 1989 – gezogen haben, Österreich zu einem Role model, zu einem Vorzeigebeispiel, zu einem Vorbild in Europa gemacht hat.
So ist Österreich beispielsweise in Sachen Pro-Kopf-Einkommen – es geht ja auch darum, derartige Daten sozusagen zu übersetzen in Dinge, die die Menschen interessieren, so etwa Jobs –, so ist also in Sachen Pro-Kopf-Einkommen Österreich mittlerweile Nummer vier in Europa. Luxemburg, Irland, Dänemark sind vor uns; gemeinsam mit Holland ist Österreich da auf Platz vier. Und das ist doch sehr, sehr schön.
Österreich ist – und darauf bin ich fast
noch mehr stolz – nach einer Analyse des IMD Lausanne,
eines sehr renommierten Institutes, in Sachen verfügbare ausgebildete
Arbeitnehmer nicht etwa die Nummer drei oder vier in Europa, nein, meine sehr
verehrten Damen und Herren: Wir sind diesbezüglich die Nummer eins,
und zwar weltweit. So das IMD Lausanne. (Beifall bei der ÖVP sowie
bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Was Wachstum und Beschäftigung anlangt – wir brauchen Wachstum für mehr Beschäftigung; da ist aber das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht –, ist Österreich, so das renommierte Centre for European Reform, Nummer drei in Sachen Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben hart daran gearbeitet, dorthin zu kommen, haben einen Stockerlplatz erklommen. Auch das ist eine Basis dafür, dass wir in Sachen Beschäftigung gleich um 1,6 Prozent über den Daten des Vorjahres liegen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Nun zum wahrscheinlich Wichtigsten, nämlich zum Arbeitsmarkt insgesamt. Wir hatten zwar die letzten Jahre wachsende Beschäftigung, hatten aber trotzdem eine zwar nur leichte, aber doch steigende Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Warum? – Sehr viele Deutsche sind auf unseren Arbeitsmarkt gekommen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), mehr Frauen sind auf den Arbeitsmarkt gekommen, eine Pensionsreform, mit der das Pensionsantrittsalter nach oben verschoben wurde, hat natürlich auch ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Herr Matznetter, ich verstehe Sie nicht, die Fernsehzuschauer verstehen Sie nicht, lassen Sie daher Ihre Zwischenrufe, denn diese sind unwichtig, wie immer! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 28 |
von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Schopf: Arrogant und präpotent sind Sie! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum – erstmals ist es so, dass die Zunahme an Beschäftigung groß genug ist, um all diejenigen Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängen, aufzunehmen, ja mehr als das: Seit April dieses Jahres ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß schon, dass freut Sie nicht, denn das zerstört Ihre Wahlkampfstrategie. Sie reden lieber von „schrecklicher Rekordarbeitslosigkeit“. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Doch, das tun Sie, Herr Matznetter! Sie machen das Land schlecht – und Ihre Kollegen genauso! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Widerspruch bei der SPÖ.)
Seit April dieses Jahres haben wir auf Österreichs
Arbeitsmarkt die Trendwende. Und wie schauen die Daten im Juni
aus? – Minus 7,1 Prozent Arbeitslose im Jahresvergleich. (Neuerlicher
Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen –
BZÖ.)
Was diese Zielgruppe betrifft, derer sich ja das Hohe Haus immer gemeinsam angenommen hat – ich erinnere nur an die diversen Qualifizierungsprogramme, an den Blum-Bonus und so weiter; da haben Sie von der SPÖ doch mitgestimmt, daran werden Sie sich doch noch erinnern –, so sinkt die Arbeitslosenzahl um 11 Prozent. Besonders erfreulich auch, dass diese Zahl bei den sehr konjunkturrelevanten Gruppen, nämlich die Bauindustrie auf der einen Seite und die Sachgüterproduktion auf der anderen Seite, ebenfalls um 11 Prozent gesunken ist. Und das macht, eben auf Grund der Konjunkturlage, Hoffnung, dass dieser Prozentsatz noch etwas mehr nach unten geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In allen Bundesländern – jetzt auch in Wien – sinkt die Zahl der Arbeitslosen. Es ist das also insgesamt eine Erfolgsgeschichte. Auch die Zahl der offenen Stellen ist um 26 Prozent gestiegen. Die Lehrstellenlücke ist fast auf null geschrumpft, gerade mal 600 – und auch das werden wir noch auf null bringen. Das hat natürlich etwas mit dem „Blum-Bonus“ zu tun, hat etwas damit zu tun, dass wir fast 60 Prozent, genau 58 Prozent, mehr offene Lehrstellen als im Jahr zuvor haben. Der „Blum-Bonus“ wird ja in den nächsten Wochen Gegenstand der Diskussion sein, wobei ich davon ausgehe, dass das natürlich in Richtung Verlängerung gehen wird.
Wir haben also, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine sehr, sehr zufrieden stellende Arbeitsmarktsituation, die ich in dieser Dynamik, in dieser Entwicklung am Anfang dieses Jahres noch nicht so gesehen hätte, aber die beiden Sachen wirken: ein Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent auf der einen Seite sowie die größte Qualifizierungsoffensive, die es je in der Zweiten Republik gegeben hat, auf der anderen Seite. Fritz Neugebauer, du hast das ja erwähnt: plus 60 000 Menschen in Qualifizierung; 285 Millionen € werden dafür investiert. Das wurde ja übrigens gemeinsam mit Ihnen, Herr Matznetter und Herr Moser, beschlossen; aber auch das scheinen Sie vergessen zu haben. – Das sind also die beiden Ursachen für diese Trendwende auf dem Arbeitsmarkt.
Da auch gestern wiederum führende Exponenten der
Sozialdemokratie von „Rekordarbeitslosigkeit“ sowie von der
„höchsten Arbeitslosigkeit seit dem Zweiten Weltkrieg“
gesprochen haben, darf ich Sie daran erinnern, dass per Ende Juni 2006 die
Zahl der Arbeitslosen bei 196 000 gelegen ist. Erstmals nach drei Jahren
also jetzt wieder unter 200 000. (Abg. Mag. Johann Moser: 100 000
waren es im Jahre 2000!)
Ich darf Sie weiters daran erinnern, dass im Jahre 1998, als Sie von der SPÖ Verantwortung getragen haben und der Bundeskanzler Viktor Klima geheißen hat, die Zahl der Arbeitslosen – und das bei einem niedrigeren Beschäftigtenstand – bei 202 000 ge-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 29 |
legen ist, sehr
geehrter Herr Abgeordneter Moser. (Rufe bei der ÖVP: Ah da schau her!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum
Schluss. (Rufe bei der SPÖ: Gott sei Dank!) – Lassen Sie
den lieben Gott aus dem Spiel! Lassen Sie den lieben Gott aus dem Spiel, gerade
Sie, Frau Bures, haben das überhaupt nicht notwendig! (Beifall bei der
ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen –
BZÖ. – Abg. Schopf: Was soll das, Herr
Präsident? – Ruf bei der SPÖ: Hören Sie nur auf einem
Ohr, Herr Präsident? – Weitere Zwischenrufe bei der
SPÖ. – Gegenrufe bei der ÖVP.)
Hohes Haus! Der Konjunkturmotor läuft; der Wirtschaft geht es glänzend. Einige Faktoren, die die Grundlage dafür darstellen: Die Exporte laufen glänzend. Fritz Neugebauer hat es schon gesagt: Die EU-Erweiterung ist einer der Gründe hiefür. Im heurigen Jahr werden wir nicht weniger als 100 Milliarden € an Waren- und Güterexporten erzielen – ein neuer Rekord! –, dazu Dienstleistungsexporte in Höhe von 50 Milliarden €! 150 Milliarden €, mehr als die Hälfte des gesamten Bruttoinlandsproduktes, mehr als die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung! Bereits jeder zweite Arbeitsplatz ist in der Außenwirtschaft gesichert. Ein einzigartiger Erfolg also, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Österreichs Wirtschaft hat auch massiv im Ausland investiert. Die Notenbank hat gestern die Zahlen dazu publiziert: 370 000 Arbeitsplätze – die indirekt natürlich wieder österreichische sichern – gibt es bei österreichischen Unternehmungen im Ausland, weil dort Investitionen in Höhe von 58 Milliarden € erfolgt sind. 250 000 Arbeitsplätze gibt es in Österreich bei Investoren, die aus dem Ausland kommen, vor allem aus Deutschland. Auch das wiederum sichert indirekt zusätzlich österreichische Arbeitsplätze.
Investitionsströme in beide Richtungen also; genau das, was wir brauchen. Auch diesbezüglich war das vorige Jahr ein Rekordjahr: 7,5 Milliarden € wurden im Ausland und 7,2 Milliarden € von Ausländern in Österreich investiert! Ein Erfolgsbeispiel, ein Erfolgsnachweis für den glänzenden Wirtschaftsstandort Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Zum Mittelstand – Fritz Neugebauer hat das ja auch erwähnt –, und zwar zum Mittelstandspaket. Ganz wichtig ist es, den Österreicherinnen und Österreichern auch in dieser Phase zu sagen, wie in den letzten Jahren massiv entlastet wurde: die Unternehmungen, die Bürger, die Familien, aber insbesondere der Mittelstand. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.) – Jetzt meldet sich auch Herr Darabos zu Wort. Was wollten Sie sagen? Sie wollten nachträglich zustimmen! Gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Scheibner: Darabos ist jetzt besonders nervös!)
Völlig unstrittig ist, dass die äußerst wettbewerbsfähige Steuerpolitik in Sachen Mittelstand von den Kapitalgesellschaften über die Personengesellschaften jetzt auch auf die weit über 300 000 Einnahmen-Ausgaben-Rechner, Freiberufler und und und dazu geführt hat, dass wir dort sehr, sehr wettbewerbsfähig geworden sind. Aber nicht nur Erfolge in Bezug auf den Mittelstand: Insgesamt haben wir die Abgabenquote gesenkt!
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, Sie und Ihre Finanzminister hatten bis 2000 die Verantwortung dafür, dass wir in Österreich zu einer Abgabenquote von knapp 44 Prozent gekommen sind. Das heißt, 44 Prozent des Einkommens der Österreicher ist einmal für Steuern und Abgaben aufgegangen; 56 Prozent sind im Schnitt geblieben. – Wir haben das gedreht: 40,6 Prozent sind es heuer. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Das heißt, 60 Prozent bleiben den Österreichern im Tascherl, 40 Prozent werden für Sozialversicherung und Steuern abgegeben.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 30 |
Ich verspreche Ihnen: Die Regierung Schüssel wird nach dem Wahltag an einem Sonntag im Herbst dieses Jahres die Abgabenquote noch weiter senken, die Österreicher weiter entlasten. Dann wird ein Dreier vorne stehen, und die Österreicher werden es uns danken. – Danke vielmals. (Bravorufe und lang anhaltender lebhafter Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
10.20
Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde beträgt 5 Minuten.
Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Kollege.
10.21
Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister für Wirtschaft und Arbeit! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst ganz kurz der sozialdemokratischen Fraktion zuwenden.
Ich kann Ihre große Nervosität und Ihre ständigen Zwischenrufe durchaus verstehen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten. In einem Wahljahr zu sein, auf der einen Seite die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu sehen, auf der anderen Seite den BAWAG-Skandal zu haben – ich täte auch nervös werden, wenn ich an Ihrer Stelle wäre, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Ich verstehe das. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Aber lassen Sie mich Folgendes auch sagen: Die Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung, die Politik für Wachstum und Beschäftigung ist so stark, dass wir auch den BAWAG-Skandal wirtschaftlich verkraften werden, denn die BAWAG ist nicht unsere Wirtschaft. (Abg. Eder: Sehr primitiv ...!) Unsere Wirtschaft sind die zahlreichen Klein- und Mittelbetriebe, und unsere Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass sie nicht die Zeche für diesen BAWAG-Skandal werden zahlen müssen. Dafür werden wir geradestehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)
Nun zum eigentlichen Thema. – Die politische Wende im Frühjahr 2000 war auch eine entscheidende Wende in der Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren. (Abg. Heinzl: Das glaube ich aber nicht!) Nach 30 Jahren expansiver Schuldenpolitik sozialdemokratischer Finanzminister kam die Wende. Es kam die Wende mit einer Dreifach-Strategie: Stabilität im Staatshaushalt, Entlastung der Bürger und der Betriebe und Investitionen in die Zukunft, nämlich in Forschung, in Entwicklung, in Infrastruktur, in Bildung (Abg. Öllinger: In Bildung?!) und in den Arbeitsmarkt. Abgeordneter Fritz Neugebauer hat schon gesagt: Wir geben heute auf dem Arbeitsmarkt für Arbeitsmarktförderung doppelt so viel aus wie vor sechs Jahren. Das Ergebnis, meine Damen und Herren, sieht folgendermaßen aus: Österreich steht heute besser da als vor sechs Jahren!
Wir haben es vom Herrn Wirtschaftminister schon gehört, dass wir, was die Kaufkraft betrifft, unter 25 EU-Staaten an vierter Stelle liegen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Was die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes betrifft – und Wirtschaftsstandort heißt Arbeitsplätze, Einkommenschancen, soziale Sicherheit –, liegen wir in Europa an dritter Stelle.
Herr Kollege Matznetter, schauen Sie ein bisschen über den Tellerrand hinaus! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das täte Ihnen sehr gut. Lenken Sie Ihre negative Energie weg von Schwarzmalerei und Jammerei hin zu konstruktiven Vorschlägen! Dann ginge es unserem Land wahrscheinlich noch besser, meine sehr ge-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 31 |
ehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Erfolge sind nie Zufall; der Wirtschaftsminister hat schon
darauf hingewiesen. Diese Regierung hat konsequent Wirtschaftspolitik
betrieben: Konjunkturpaket 1, Konjunkturpaket 2, Wachstums- und
Standortpaket, Steuerreform 1, Steuerreform 2, Beschäftigungsförderungsgesetz,
Mittelstandspaket, KMU-Paket – und jetzt sehen wir die Erfolge.
(Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.)
Wir sehen jetzt die Erfolge dieser Politik: Österreich ist Vorbild für Europa!
Wenn Sie gestern die Nachrichten im Fernsehen gehört hätten und nicht nur Ihre eigenen Presseaussendungen lesen würden, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, dann hätten Sie gehört, dass zunehmend ausländische Unternehmer, ausländische Betriebe nach Österreich kommen.
Die Austrian Business Agency untersteht dem Wirtschaftsminister, und dieser hat darauf hingewiesen, dass auf Grund dieser unserer erfolgreichen Politik allein heuer 70 ausländische Betriebe Betriebsstandorte in Österreich gegründet haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) Hören Sie auf mit Ihrer Schwarzmalerei und Ihrer Jammerei, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Lassen Sie mich auch noch Folgendes sehr deutlich sagen: Wir sehen heute die Ergebnisse dieser Politik!
Österreich auf Wachstumskurs! – Wir haben in
Österreich ein höheres Wachstum, als es der Durchschnitt des
Wachstums in der EU ausmacht. Wir sind Spitzenreiter! Das
Wirtschaftsforschungsinstitut hat erst vor kurzem die Wachstumsprognose von 2,4 Prozent
auf 2,6 Prozent erhöht. Bis 2010: ein Durchschnittswachstum von
2,1 Prozent; EU-Durchschnitt: 1,8 Prozent. (Abg. Eder: Trotz dieser Regierung!)
Zweiter Punkt. Beschäftigung. – 7 Prozent höhere Beschäftigung, 6 Prozent weniger Arbeitslosigkeit!
Das haben Sie in Ihrer Regierungszeit in keinem einzigen Jahr vorweisen können (Abg. Eder: Da habt ihr den
Wirtschaftsminister gestellt! Schüssel war damals Wirtschaftsminister!): derartige Erfolge auf dem Arbeitsmarkt, derartige Erfolge, was Wachstum
und Beschäftigung betrifft! Das ist letztlich die Basis für
Wohlstand, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Und das ist
das Ergebnis der Politik dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)
Einen wesentlichen Anteil an diesem Ergebnis haben jene Betriebe – der Wirtschaftsminister hat schon darauf hingewiesen –, die dafür verantwortlich sind, dass wir heute Europameister im Export sind. Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt de facto vom Export ab.
Lassen Sie mich in aller Bescheidenheit, in aller Demut eines sagen: Wir stehen für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, aber diese allein könnte nicht diese Erfolgsstory begründen. Es ist die große Zahl unserer Klein- und Mittelbetriebe, meine Damen und Herren, die auch dazu beitragen.
Es sind tolle Unternehmer, innovative Unternehmer,
fleißige und engagierte Mitarbeiter, die aus unserer
Wirtschaftspolitik dann letztlich das machen, was zu dem Erfolg führt,
dass wir heute bei Wachstum und Beschäftigung und auch bei der sozialen Sicherheit
in Europa an der Spitze stehen. (Ironische
Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Mag. Weinzinger:
Wo leben Sie?)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 32 |
Sozial ist der, der Arbeit schafft! (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Sozial ist der, der Arbeit schafft, Herr Kollege!
Wir werden diesen erfolgreichen Kurs der Bundesregierung mit Zustimmung der Mehrheit der Wähler, meine Damen und Herren, in den nächsten vier Jahren fortsetzen. Wir setzen uns jetzt bereits die Latte, wo Österreich 2010 stehen soll. Seien Sie sicher: Wir werden 2010 genauso hier stehen und eine genauso erfolgreiche Bilanz legen können! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
10.26
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.
10.26
Abgeordneter Dr. Christoph
Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister!
Vielleicht können wir uns jetzt nach dieser Stunde der
Selbstbeweihräucherung ein bisschen den Fakten zuwenden. (Abg. Dr. Fekter: Wollen Sie
wieder alles schlecht machen? – Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
Es ist ja wirklich peinlich, welches Schauspiel die von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bezahlten Minister und Abgeordneten hier geben.
Wir stehen laut Eurostat-Statistik vom heutigen Tag bei der
Wachstumsrate an der 18. Stelle unter 25 Ländern. Aber Sie
veranstalten hier ein Theater, wo Sie sagen: Wie toll sind wir, wir haben mehr
Wachstum! (Neuerliche Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Es ist peinlich, dass vor uns Länder wie Tschechien, Dänemark, Estland, Griechenland, Spanien, Irland, Zypern, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Niederlande, Polen, Slowenien, Slowakei, Finnland und Schweden liegen. (Abg. Freund: Das glaubt Ihnen doch kein Mensch!) Ich würde mich an Ihrer Stelle hier herstellen und überlegen, wie man in diesem Bereich weiter vorne liegen kann. Ich würde nicht so peinlich agieren – wie Schulkinder, die schlechte Noten haben –, ich würde nicht sagen: Aber ich bin so toll, denn hinter mir gibt es noch sieben! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Freund.)
Das sagt leider die amtliche Statistik. Sie brauchen gar nicht so traurig zu schauen, Herr Kollege Stummvoll. Was noch viel schlimmer ist (Abg. Dr. Stummvoll: ... Eurostat!) – nein, das ist Eurostat! –: Wir fallen nächstes Jahr um einen weiteren Platz zurück, auf den 19. Platz, und zwar auf Grund Ihrer Wirtschaftspolitik.
Aber jetzt zu den Punkten, die für die Menschen in unserem Land entscheidend sind.
Den Punkt „mehr Wachstum“ haben wir abgehandelt. Nun zu dem Punkt „mehr Arbeit“. – Ja, es stimmt, die Österreicherinnen und Österreicher hatten in den letzten sechs Jahren härter und mehr zu arbeiten. Das stimmt! Teilweise müssen sie zwei oder drei Jobs annehmen, weil sie sich von einem allein ihr Leben nicht mehr leisten können. Und der Herr Minister feiert dann die Teilzeitarbeit als „mehr Jobs“. Aber bleibt ihnen für diese Mehrarbeit wirklich mehr über?
Dann sagt der Herr Finanzminister: Fühlen Sie sich entlastet! – Sie fühlen sich nicht entlastet – als Arbeiterin, als Arbeiter, als Angestellte, als kleiner Unternehmer? – Sie haben Recht! Sie sind nämlich belastet worden!
Die Lohnsteuer ist um 22 Prozent gefallen (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) – gestiegen!, und zwar bei einer fallenden Lohnquote. – Das ist „lustig“, dazu lacht der Wirtschaftsminister! – Die Lohnquote sinkt um 3 Prozent, die Steuern steigen um 22 Prozent, und die Gewinne der Großunternehmen, die explodiert sind, haben zu einer fallenden Körperschaftsteuer geführt – und der Herr Wirtschaftsminister lacht dazu!
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 33 |
Klar lacht das Herz, denn es gibt mehr Wohlstand, aber das Mehr an Wohlstand gibt es für die internationalen Konzerne und für das internationale Kapital – Stichwort: Hedge-Fonds, Investmentfonds –, für die, die dieses Kapital besitzen. (Abg. Großruck: Trotzdem ist die BAWAG Pleite gegangen! – Abg. Neudeck: Das haben wir bei der BAWAG gesehen! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: 4 Milliarden €!) Für diese wurde Politik gemacht! Aber die Menschen, die arbeiten, haben von diesem Mehr an Wohlstand nichts bekommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Herr Matznetter, was kann man mit 4 Milliarden € alles finanzieren?)
Die Realeinkommen sind seit dem Jahr 2000 um 1,3 Prozent gestiegen, und das reale BIP ist um 7,6 Prozent gestiegen. Wer hat denn die Differenz bekommen? (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Die Antwort darauf ist: Mit Ihrer Politik wurde sie in die Tasche der internationalen Spekulation geschaufelt! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie haben sich benommen wie ein Kellner mit dem Bestellhefterl: Was darf es denn sein? (Abg. Scheibner: Da verwechseln Sie jetzt etwas! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
Aber es waren nicht die Wählerin und der Wähler, deren Bestellungen Sie aufgenommen haben, nein, Sie haben mit der höchsten Reduktion der Ertragssteuern für das Großkapital dafür gesorgt, dass dort Ihre Bestellung angekommen ist. (Abg. Scheibner: Meinen Sie den Flöttl?) Und da lacht der Herr Wirtschaftsminister! Er kommt doch selbst aus diesem Bereich.
Wer aber nichts zu lachen hat, sind die Menschen – die haben mehr Lohnsteuer, mehr Umsatzsteuer, mehr Verbrauchssteuern zu zahlen und haben real keinen Zuwachs. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Wohlstand ist an ein paar wenige gegangen. (Abg. Neudeck: An Flöttl!) Der Rest zählt zu den Verlierern. Das, meine Damen und Herren, werden wir ändern! (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt zur Frage Steuerreform, die Sie als so großartig bezeichnen. – Die Menschen in unserem Lande fühlen sich nicht entlastet. (Abg. Wattaul: ... Flöttl! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Eh nicht, sagt er richtigerweise. Aber sind die Leute diejenigen, die nicht verstehen und nicht spüren, wie es geht? Nein, es ist der Herr Finanzminister, der versucht, ihnen etwas einzureden, was nicht stattgefunden hat. Die Breite der Bevölkerung wurde nicht entlastet. Im Gegenteil: Sie wurde schwer belastet! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Und für diesen Punkt haben Sie die Verantwortung zu tragen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Keine Selbstbeweihräucherung mehr!, sondern:
Korrigieren Sie die Fehler der Vergangenheit! Das würde wirklich zu
mehr Wohlstand führen – für alle, nicht nur für
wenige! (Beifall bei der
SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.)
10.31
Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.
10.32
Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet: „Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – Österreichs Wirtschaft wächst“.
Wir haben gerade die Rede des Kollegen Matznetter gehört, dem ich sagen möchte: Für Wohlstand haben Sie gesorgt – nämlich beim Herrn Kollegen Elsner, beim Herrn Kollegen Flöttl und beim Herrn Verzetnitsch. (Abg. Neudeck: Genossen!) Das ist Ihre Wohlstandspolitik, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheit-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 34 |
lichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) Jawohl, Herr Moser.
Auch für Beschäftigung haben Sie gesorgt (Neuerlicher Zwischenruf des Abg.
Mag. Johann Moser),
aber nicht auf dem Arbeitsmarkt, sondern bei den Bankprüfern, damit
endlich einmal Ihre Skandale und kriminellen Handlungen in der BAWAG aufgedeckt
werden können. (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ.) Das ist Ihre
Wohlstands- und Beschäftigungspolitik, meine sehr geehrten Damen und
Herren von der SPÖ! (Zwischenrufe
bei der SPÖ.)
Wenn wir heute über Wirtschaftswachstum, über die Entlastung des Arbeitsmarktes, über die hervorragende Bilanz dieser Bundesregierung sprechen, dann dürfen wir auf sechs Jahre zurückblicken, auf den Start dieser Wenderegierung im Jahr 2000, und da fragen wir uns: Welche Voraussetzungen waren damals vorhanden, um das Flaggschiff Österreich wieder in Schwung zu bekommen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln?
Wir hatten damals in Österreich die niedrigste Beschäftigungsrate, die höchste Schuldenquote, die höchste Arbeitslosigkeit, die höchste Steuer- und Abgabenquote. So sah unsere Ausgangsposition im Jahr 2000 aus! (Abg. Neudeck: Da hat davor die SPÖ regiert!) Heute bescheinigen uns alle wirtschaftlichen Daten, Arbeitsmarktdaten, auch die Budgetdaten, verglichen mit jenen in der Europäischen Union, dass Österreich auf der Überholspur ist. Und das verdanken wir einer weitsichtigen, einer wirtschaftsorientierten Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Österreich ist nicht zuletzt auf Grund der vielen Maßnahmen, die getroffen wurden, etwa im Bereich der Gesundheitspolitik, wo wir die Gesundheitsreform durchgeführt haben, neue Gesundheitsmaßstäbe gesetzt haben, auf der Überholspur. Schauen Sie nach Deutschland, wo Abgaben eingeführt werden, wo Leistungen zurückgefahren werden! In Österreich hingegen kann man sich darauf verlassen, dass das Gesundheitssystem in den nächsten Jahren halten wird. (Abg. Broukal: Außer man braucht eine neue Brille!)
Das Pensionssystem ist, meine sehr geehrten Damen und
Herren, ausgerichtet auf die nächsten 25 Jahre, gesichert. (Abg. Eder: Sie haben überhaupt
keine Ahnung! Das ist nur Phrasendrescherei!)
Das alles haben Sie in der Zeit Ihrer Verantwortung bis zum Jahr 2000 unterlassen. Sie haben diese heißen Eisen nie angegriffen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.) Sie haben sich davor gedrückt, diese wirklich wichtigen Reformen in Österreich anzugehen.
Oder: Verwaltungsreform II, eine Reform, die zu großen Einsparungen geführt hat. Diese Reform hat uns schlagkräftiger, dynamischer gemacht, was den Verwaltungsapparat betrifft. Das alles sind wichtige Maßnahmen gewesen!
Dazu kommen noch die Steuerreform 1 und 2, das Konjunkturpaket, das Wachstums- und Standortpaket – eine Fülle von Entlastungsmaßnahmen, die wichtig und richtig waren, um den Wirtschaftsstandort Österreich langfristig abzusichern, Arbeitsplätze zu schaffen und den Wohlstand in unserem Land zu sichern, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Letztendlich haben all diese Maßnahmen dazu geführt, dass Österreich heute zum viertreichsten Land in der Europäischen Union, dass Österreich zum siebtreichsten Land der Welt geworden ist, dass Österreich heute in der glücklichen Situation ist, die Steuer- und Abgabenquote weiter zu senken, was heißt, dass das Budget geordnet ist.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 35 |
Wir sind auf gutem Weg, bis zum Jahre 2008 eine Steuer- und Abgabenquote zu haben, die unter 40 Prozent zu liegen kommen wird. Damit sind die wichtigsten Voraussetzungen für die mittelständische Wirtschaft geschaffen, auch in Hinkunft mehr Spielraum für Expansion zu haben. Das sind auch wichtige Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit in Österreich weiter zu stärken, den Arbeitsmarkt zu entlasten, weitere Reformen anzugehen und durchzuführen, damit der Wirtschaftsstandort Österreich in Zukunft weiter expandieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind, was die Konzepte der SPÖ betrifft, völlig gegensätzlicher Meinung und Auffassung. Sie wollen die Steuern erhöhen. Sie wollen sogar Verwaltungsabgaben einführen. Sie wollen eine Vermögensbesteuerung einführen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!) Sie wollen höhere Krankenversicherungsbeiträge einführen. Und Sie wollen die 35-Stunden-Woche einführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bekennen uns zu
einem leistungsorientierten Sozialstaat Österreich – mit
weniger Reglementierungen, mit niedrigeren Steuern, mit mehr
Freiräumen für den Bürger und für die Wirtschaft, damit der
Wirtschaftsstandort Österreich auch in Hinkunft weiter expandieren
kann. – Danke schön. (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
10.37
Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult gelangt nun Herr Abgeordneter Öllinger. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.
10.37
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, wer von Ihnen gestern die Möglichkeit hatte, sich die Sendung „Wiesner fragt“ anzuschauen. Dort war der Herr Haselsteiner zu Gast, und dieser hat einen Satz gesagt, bei dem ich fand, dass Herr Haselsteiner bemerkenswert offen seine Meinung gesagt hat. Auf die Frage: Ist die ÖVP eine Wirtschaftspartei?, hat sich nämlich der Herr Haselsteiner fast „zerkugelt“ und hat gesagt: Die ÖVP eine Wirtschaftspartei?, nein wirklich nicht, schon seit Jahren ist sie keine Wirtschaftspartei mehr! (Abg. Lentsch: Wer ist das?)
Jetzt kann man natürlich – so wie die
ÖVP jetzt fast schon rituell (Abg. Lentsch:
Die Grünen sind eine Wirtschaftspartei!) – protestieren und
sagen: Na, wer ist denn schon der Herr Haselsteiner! (Abg. Dr. Stummvoll: Die Grünen sind eine
Wirtschaftspartei!)
Aber ich sage Ihnen eines, Herr Stummvoll: Schauen wir uns
zwei Bereiche an! Nämlich: Ökowende, Energiewende,
„Ökostrom-Vernichtungsgesetz“. (Abg. Freund: Solch ein Unsinn! 17 Millionen jährlich
mehr!) – Vom wem stammt das? (Neuerlicher
Zwischenruf des Abg. Freund.)
Spanien hatte gestern den höchsten Energieverbrauch – an einem für Spanien gar nicht so heißen Tag –, und zwar deswegen, weil alle Klimaanlagen Spaniens rotiert haben. Und wenn ich mir ansehe, welche Chancen darin liegen, dass beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland genau für dieses Problem Patente entwickelt werden – die werden in Österreich nicht entwickelt, obwohl das Know-how auch hier vorhanden wäre –, dann frage ich mich: Wo bleibt denn da Ihre Zukunftsfähigkeit und Ihre Wirtschaftskraft, Ihre Wirtschaftskompetenz? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Zweiter Punkt: Es hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, doch glatt jemand von Ihnen behauptet, auch im Bildungsbereich seien wir Europameister oder Weltmeister oder was weiß ich. Das ist ja unglaublich! Man muss sich das einmal vorstellen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 36 |
Herr Bundesminister, es gibt aus Ihrem Haus eine mittelfristige Beschäftigungsprognose für Österreich bis 2010. Was wird darin gefordert? – Wesentlich mehr hoch und höher qualifizierte Menschen, weil nur die eine Chance haben.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern an eine Debatte über eine Dringliche Anfrage, die die Grünen eingebracht haben, und zwar im Rahmen einer Sondersitzung zum Thema: Bildungsnotstand in Österreich. Damals waren Sie nicht da, Herr Bundesminister, obwohl Sie gut und gerne der Frau Bundesministerin Gehrer da etwas hätten sagen können.
Aber was ist da von Seiten der Regierungsparteien gekommen? – Ihr Grünen, ihr wollt immer nur noch mehr Maturanten und Akademiker! Das brauchen wir nicht! Wir brauchen nicht mehr, wir haben genug! – Das war Ihre Antwort auf die drängenden Bildungsfragen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich sage Ihnen, es ist bezeichnend, wenn das als Antwort kommt, denn bis zuletzt, bis vor wenigen Monaten hätten Sie sich das noch nicht offen zu sagen getraut.
Es geht aber nicht nur darum, dass wir mehr gut qualifizierte Maturantinnen/Maturanten, Akademikerinnen/Akademiker brauchen, sondern es geht auch darum, dass Sie komplett versagen bei den Schwächsten in der Bildung, dass wir bei den Pflichtschulabsolventen bis zu 20 Prozent funktionelle Analphabeten haben, die nicht sinnerfassend lesen können, nicht verstehen können. Sie zucken nur mit den Schultern und sagen: Na ja, mein Gott, das schaffen wir halt nicht!, und sind nicht bereit, Bildungsreformen durchzuführen, die notwendig wären, um diesen Schwächsten zu helfen.
Sie helfen nicht den Schwächsten, Sie helfen nicht den Besten, Sie helfen niemandem! – Das ist das, was im Bildungsbereich über zehn Jahre Gehrer’sche Schul- und sechs Jahre Gehrer’sche Universitätspolitik zu sagen ist. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Sie sitzen da und lächeln still. Das ist die Arroganz der Macht, dass Sie dem nichts an Argumenten entgegenzusetzen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Da ist die Rede – ich habe sehr genau zugehört, Herr Neugebauer – vom „Jahr der reichen Ernte“. (Abg. Lentsch: Hervorragend!) Ja, ein Jahr der Ernte für die Reichen war es, ein Jahr der Ernte für die Reichen war es tatsächlich! – Das höre ich von einem Gewerkschaftsvertreter, der den ÖGB der Zukunft verkörpern soll? Das ist doch ein Witz, Herr Neugebauer! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Das ist ein Witz, Herr Neugebauer! Wo haben denn die Arbeitslosen etwas davon gehabt? Der Reichtum steigt, das ist richtig, aber er steigt nicht so, dass alle etwas davon haben. Es steigen die Gewinne der großen Konzerne. Gut, aber was haben die Menschen davon? Die Armut steigt auch! Die Arbeitslosigkeit hat sich nicht so sehr zum Positiven verändert, wie der Herr Bundesminister das gerne sagen möchte. Ein paar tausend Arbeitslose gibt es weniger, aber es bleiben immer noch genügend übrig!
Es gibt genügend Armut in diesem Land, es gibt genügend Menschen, die nicht von dem Wohlstandszuwachs profitieren. Und da haben Sie in diesen Jahren, für die Sie die Verantwortung tragen, komplett versagt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
10.42
Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.
10.42
Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mehr Wachstum, mehr Arbeit, mehr Wohlstand – keine Schlagworte, sondern das sind Realitäten in Österreich für alle Männer und Frauen!
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 37 |
Ich zitiere aus der gestrigen „Wiener Zeitung“:
„Die heuer bereits einmal angehobene Wachstumsprognose von 2,6 Prozent ist der beste Wert seit sechs Jahren und trotzdem noch immer nicht das letzte Wort. Der EU-Durchschnitt wird damit bereits das vierte Jahr in Folge klar übertroffen.“
„... die österreichische Wirtschaft liegt heute in der Spitzengruppe der weltweiten Einkommenshierarchie so gut wie nie zuvor seit Maria Theresia.“
Oder weitere Zitate: „Stellenzugang im ersten Halbjahr erzielte neue Rekordmarke.“
„Wir spüren hier deutlich den breiten wirtschaftlichen Aufschwung.“
„Der Rückgang der Arbeitslosigkeit in Österreich beschleunigt sich weiter. Mit insgesamt 196 368 Jobsuchenden ging die Arbeitslosigkeit im Juni um 14 942 Personen oder 7,1 % gegenüber Juni des Vorjahres deutlich zurück.“
Das alles sind nicht Zitate aus der Regierungspresse, nein, das sind Zitate des AMS-Österreich. Wir sehen: Diese Bundesregierung leistet hervorragende Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Beispiele: eine Steuerreform mit über 3 Milliarden € an Entlastung, Karenzgeld für alle – die Zahl der Kindergeldbezieher in den letzten zwei Jahren hat sich mehr als verdoppelt –, Familienhospizkarenz, Erhöhung der Mindestpensionen um 100 € oder 30 Prozent Steigerung bei der Pendlerpauschale.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Die Stimmung bei den Menschen in unserem Land, in den Unternehmungen ist sehr, sehr gut. Es sind unsere Unternehmerinnen und unsere Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen, die für Wachstum sorgen und damit den Wohlstand sichern. An dieser Stelle bedanke ich mich sehr, sehr herzlich bei all unseren Unternehmerinnen und Unternehmern, die diese tägliche Herausforderung annehmen und mutig in die Zukunft gehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Dieser Mut, meine Damen und Herren von der SPÖ, scheint Ihnen abhanden gekommen zu sein, denn Sie reden alles schlecht, Sie machen Angst, Sie schüren Neid. Ich nenne zwei Beispiele: Ihr Wirtschaftssprecher Matznetter spricht im Zusammenhang mit Körperschaftsteuersenkung und Gruppenbesteuerung von „Steuerraub“ und einer „Politik gegen Klein- und Mittelbetriebe“. – Genau das Gegenteil ist die Aussage! Viele Klein- und Mittelbetriebe profitieren von der Körperschaftsteuersenkung, denn 83 Prozent aller GesmbHs haben weniger als 20 Mitarbeiter.
Da Sie immer gegen die Großunternehmer wettern, möchte ich Ihnen Folgendes berichten: Ich war vorige Woche im Zuge meiner laufenden Betriebsbesuche in meinem Heimatbezirk unterwegs. Ein Unternehmer, ein Elektriker, hat mir erklärt, zwei seiner Mitarbeiter könne er nur deshalb beschäftigen, weil sie ein ganzes Jahr in einem Großunternehmen beschäftigt sind. Oder: Der Nahversorger vor Ort, der dieses Großunternehmen jeden Tag beliefert, hat nur deshalb sein Auskommen. Der Wirt, der von der Firmenfeier bis zum Mittagsmenü tagtäglich in dieses Unternehmen liefert, ebenso. Können Sie sich eigentlich vorstellen, was das für eine Belebung, für eine Bereicherung für den Ort und für die Region bedeutet? 47 Großunternehmen in Österreich arbeiten mit zirka 54 000 Zulieferbetrieben zusammen. Und diese Zulieferbetriebe würde es wahrscheinlich in diesem Ausmaß nicht geben, wenn es nicht diese Konzerne, diese Großbetriebe gäbe.
Sie von der Opposition schüren Neid – wir handeln für die Zukunft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 38 |
Die Daten sprechen für unsere Politik. Mit mehr als 3,3 Millionen Beschäftigten haben in Österreich so viele Menschen Arbeit wie nie zuvor. Auch bei den Lehrlingen haben wir erfolgreiche Arbeit geleistet. In meinem Heimatbezirk Melk zum Beispiel gibt es seit dem Oktober des Vorjahres immer mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende.
Meine Damen und Herren, ich führe selbst ein Klein- und Mittelbetriebsunternehmen, daher kenne ich die Sorgen und Anliegen der Unternehmerinnen und Unternehmer und von deren Mitarbeitern. Viele meiner Kunden sind aus Deutschland. Und glauben Sie mir, die würden sich alle wünschen, es hätte Rot-Grün in Deutschland nie gegeben. Mittlerweile kommen sehr viele Deutsche nach Österreich zum Arbeiten.
Als Unternehmerin aus der Praxis kann ich Ihnen eines mitgeben: Wer nur mit sich selbst beschäftigt ist, wer intern streitet und mauert, kann weder einen Betrieb, geschweige denn ein Land erfolgreich führen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
10.47
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.
10.48
Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Bartenstein, bei Ihnen habe ich ein bisschen den Eindruck gehabt, dass Sie die parlamentarische Aktuelle Stunde mit einer Märchenstunde verwechseln. Anders kann ich mir Ihre Zahlenspiele, die Sie hier von sich gegeben haben, nicht erklären. Das Einzige, was Sie heute mit Ihren Ausführungen erreicht haben: Sie sind Ihrem Ruf gerecht geworden, nämlich dass Sie zu den unbeliebtesten und abgehobensten Regierungsmitgliedern gehören; und zwar auch deshalb, weil – wie viele Fernsehzuseher miterlebt haben – Sie etwa bei Fragen betreffend die Arbeitslosigkeit, bei Fragen betreffend die Armut in Österreich hier auf dieser Regierungsbank nichts anderes tun, als permanent zynisch zu lächeln. Damit werden Sie Ihrem Ruf nur gerecht, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Was glauben Sie, wer Sie sind, Frau Kollegin!)
Ich bin sehr stolz auf dieses Land, und ich bin auch sehr stolz darauf, dass ich in einem Land leben kann, das ohne Zweifel zu einem der reichsten Länder der Welt gehört. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir gehören deshalb zu einem der reichsten Länder der Welt, weil wir so viele fleißige Arbeiterinnen und Arbeiter, weil wir so viele fleißige Beschäftigte in Österreich haben – und nicht wegen Ihnen! Wegen der fleißigen Beschäftigten sind wir ein reiches Land. Das, was Sie machen, ist das Gegenteil. Sie sorgen nämlich dafür, dass viele Menschen in unserem Land es immer schwerer haben, immer weniger zum Leben haben und es für sie immer schwieriger wird, ihre Lebenssituation zu meistern. Es ist das Verdienst der Österreicherinnen und Österreicher, dass wir in einem reichen Land leben, nicht Ihres! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundesminister Bartenstein, es stimmt, die Wirtschaft wächst, aber die Frage, die sich stellt, ist: Was haben die Menschen davon? – Die Arbeitslosigkeit sinkt nicht, sie steigt! Sie verstecken die Menschen in manchmal haarsträubenden Kursen. Es gibt 60-jährige Bauarbeiter, die von Ihnen in Englisch-Kurse geschickt werden. (Abg. Neudeck: Und Sie schieben Sie in Russisch-Kurse!) Das ist die Realität, Ihre Zahlenspiele nimmt Ihnen niemand ab! Wir haben leider einen Rekordwert bei der Arbeitslosigkeit erreicht, den Sie politisch zu verantworten haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Alle Österreicherinnen und Österreicher arbeiten daran, dass es mehr Wohlstand gibt. – Ihre Politik sorgt aber dafür, dass nur ganz wenige von diesem Wohlstand profitieren, dass nicht alle etwas davon haben. Das ist Ihre Politik! In den letzten Jahren
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 39 |
sind
einige wenige Reiche reicher geworden, aber viele arme Menschen sind in
Österreich leider ärmer geworden. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)
Ich bin schon verwundert, Herr Bundesminister, dass Sie nur lächeln, wenn wir darüber reden, dass wir in einem Land leben, wo 50 000 junge Menschen keinen Job haben. 50 000 junge Menschen unter 24 Jahre haben keinen Job – und Sie sind nicht bereit, entsprechende Maßnahmen zu setzen!
Wir haben eine halbe Million Menschen in Österreich, die in akuter Armut leben. Sie können sich gar nicht vorstellen, was das bedeutet, mit 500 € im Monat das Auslangen zu finden. Eine halbe Million Menschen lebt in akuter Armut, und das haben Sie zu verantworten! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben 250 000 Menschen, die jeden Tag in die Arbeit gehen, die aber so wenig verdienen, dass sie davon nicht leben können. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist in Ihrer Regierungszeit um 41 Prozent gestiegen. 41 Prozent mehr Menschen sind auf Sozialhilfe angewiesen! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Ich weiß, dass Sie das nicht hören wollen, weil das Ihre traurige Bilanz ist. Weil das die Schadensbilanz ist, die Sie politisch zu verantworten haben, deshalb wollen Sie das nicht hören, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich sage Ihnen: Die Menschen spüren, dass durch Ihre Politik in den letzten Jahren Fairness abhanden gekommen ist, dass es ein soziales Ungleichgewicht in unserem Land gibt, dass es zwar mehr Dollarmillionäre gibt, aber immer mehr Menschen, die sich hier in diesem Land nichts mehr leisten können, keinen Job finden. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie gehören dazu, Herr Bundesminister, Sie sind die Profiteure Ihrer Politik, aber die Menschen draußen haben leider nichts davon, und das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)
Ich sage Ihnen, was uns von Ihnen so unterscheidbar macht: Für uns Sozialdemokraten ist das Wichtigste, dass die Arbeitslosigkeit in unserem Land bekämpft wird, dass man nicht tatenlos zusieht, wie immer mehr Menschen keinen Job haben. Für uns ist am wichtigsten, dass Menschen, die Arbeit haben, auch so viel verdienen, dass sie von dieser Arbeit leben können. Für uns ist wichtig, dass man, wenn man ein Leben lang hart gearbeitet hat, dann eine Pension bekommt, von der man auch leben kann.
Dafür werden wir eintreten, und daher sage ich Ihnen, Herr Bundesminister: In Zukunft wird es in Österreich zum Glück wieder mehr soziale Verantwortung und mehr Fairness geben! (Beifall bei der SPÖ.)
10.53
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Walch ans Rednerpult. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.
10.53
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! (Unruhe bei der SPÖ.) – Nur keine Aufregung, ihr kommt schon dran!
Kollegin Bures, Kollege Matznetter! Es ist schon interessant, dass ihr hier so tut, als ob ihr eine Wirtschaftspartei wärt; Kollegin Bures hat jetzt sowieso den Vogel abgeschossen. Wisst ihr, was ihr für eine Partei seid? Ihr seid eine Penthouse-Partei, eine Privilegienpartei, eine Doppelte-Abfertigung-Partei und eine Spekulationspartei – alles auf Kosten der österreichischen Steuerzahler, auf Kosten der Gewerkschaftsmitglieder und auf Kosten von Arbeitsplätzen von BAWAG- und ÖGB-Mitarbeitern! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 40 |
Wenn Sie, Kollege Matznetter, hier behaupten, wie gut die Sozialdemokraten wirtschaften, dann würde ich Sie ersuchen, sich einmal die Politik von Ihrem Kollegen Häupl in Wien anzuschauen. Ich habe soeben Unterlagen bekommen: In den letzten fünf Jahren gab es 47 Gebühren- und Steuererhöhungen in der Gemeinde Wien! Mir ist leid um die Zeit, dies genauer auszuführen, daher nur so viel: Im Jahr 2005 wurde in Wien unter SPÖ-Führung die Kanalgebühr ab 1. März um 28 Prozent erhöht. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Die Wienerinnen und Wiener wissen, was ihnen ins Haus steht. Ihr (in Richtung SPÖ) sorgt für Armut und für Ausbeutung der Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Diese Regierung hat es geschafft – trotz Übernahme eines Schuldenberges, erwirtschaftet von SPÖ-Kanzlern, von SPÖ-Sozialministern, 174 Milliarden € Schulden; trotz einer total abgewirtschafteten Verstaatlichten mit Milliardenabgängen, über 60 000 Mitarbeiter in der Verstaatlichten haben ihren Arbeitsplatz verloren! –, wir haben es geschafft, wieder einen Aufschwung und vieles mehr zu erreichen.
Die Arbeitslosenzahl in Österreich hat sich um mehr als 7 Prozent reduziert, und das ist erfreulich. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Seien Sie nicht so nervös! Wer schreit, hat Unrecht.
Um mehr als 7 Prozent ist die Arbeitslosenzahl gesunken. Die Regierung kann nur Rahmenbedingungen schaffen, und sie hat viele Rahmenbedingungen gesetzt, um die Wirtschaft entsprechend anzukurbeln, um die Arbeitsplätze zu sichern und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Ihr müsstet eigentlich sagen: Danke schön, dass ihr vom BZÖ und von der ÖVP einmal Regierungsverantwortung übernommen habt, damit es in Österreich wieder bergauf geht! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Zusätzlich – zusätzlich! – 114 000 Arbeitsplätze haben wir seit 2002 geschaffen, und dafür muss man viele Maßnahmen setzen. Mehrere Konjunkturpakete zum Beispiel, Investitionen in die Infrastruktur: bis 2012 über 30 Milliarden; Qualifizierungs- und Beschäftigungsoffensive: 285 Millionen seit 1. Jänner 2006 – die positiven Auswirkungen haben sich gezeigt –, 6,9 Millionen € zusätzlich für AMS, Schwerpunkt Pflege und Gesundheit, 101 Millionen € für den Schwerpunkt Frauen, 157,4 Millionen € für den Schwerpunkt Jugendliche/Beschäftigung. Die Erfolge haben sich eingestellt.
Zusätzlich haben wir noch für den Kombilohn 18,8 Millionen € bereitgestellt. Wir haben ein Betrugsbekämpfungsgesetz beschlossen, damit der Schwarzarbeit Einhalt geboten werden kann. Wir haben das schärfste Asylgesetz und – das Beste! – die größte Steuerreform der Zweiten Republik umgesetzt; mehr als 3 Milliarden € an Entlastung! (Abg. Öllinger: Für wen?) Hälfte Arbeitgeber, Hälfte Arbeitnehmer. – Das ist Wirtschaftspolitik, das ist Arbeitnehmerpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Ich müsste mindestens zwei Stunden oder länger hier am Rednerpult stehen, damit ich all die Erfolge, die wir erzielt haben und die ihr 30 Jahre lang verschlafen habt, aufzählen kann: Abfertigung neu, Angleichung Arbeiter/Angestellte, Erhöhung des Alleinverdienerabsetzbetrages, Bildungsoffensive, Erhöhung der Pendlerpauschale, Familienleistungen, Kindergeld, Pensionssicherungsreform – obwohl ihr immer so sehr dagegen angeht, das ist eine Reform!
Wir haben eure Privilegien abgeschafft! Was habt ihr gemacht? Dort, wo die SPÖ das Sagen hat, wo die SPÖ wirklich involviert ist, gibt es nur Skandale, siehe ÖGB-BAWAG-Skandal. Eines muss ich euch sagen: Was dort passiert ist – von SPÖ-Mitgliedern verursacht –, ist unverantwortlich! Penthouse-Politik, Abfertigungspolitik – unverantwortlich! 6 000 BAWAG-Mitarbeiter zittern um ihren Arbeitsplatz, 2 000 ÖGB-Mitarbeiter zittern um ihren Arbeitsplatz. Jetzt muss eine Reform durchgezogen werden.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 41 |
Unerhört finde ich, dass die SPÖ bei ihren Mitgliedern tatenlos zusieht. Jetzt haben Sie wieder – Sie lernen nicht dazu – ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!
Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): ... 11 000 € Einkommen.
Wir sichern den Standort Österreich, wir schaffen Wachstum, wir sichern die Arbeitsplätze! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
10.58
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger ans Rednerpult. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.
10.59
Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Herr Minister Bartenstein, es ist vielleicht nicht überraschend, dass Sie eine Gelegenheit wie diese nutzen, um Ihre Wahlkampfsprüche praktisch auszuprobieren. Wohl doch ein bisserl überraschend ist, dass Sie das mit einem fast schon johlenden Unterton tun und dass Sie nur das gemacht haben und nicht näher auf das Thema eingegangen sind. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es ist vielleicht auch nicht so rasend überraschend, dass Sie schönreden und schönfärben und das präsentieren, wo wir angeblich Weltmeister, Europameister und ich weiß nicht, was noch alles, sind. Aber dass Sie so kalt lächelnd alle Verweise auf Armut und Arbeitslosigkeit in diesem Land mit Belustigung wegschieben, ist überraschend. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es ist vielleicht auch nicht überraschend, dass Ihre Wertschätzung für dieses Hohe Haus, insbesondere für Abgeordnete der Opposition nicht besonders groß ist, aber dass Sie von Ihrer Regierungsbank aus einem frei gewählten Abgeordneten dieses Hauses herablassend erklären: „Lassen Sie daher Ihre Zwischenrufe, denn diese sind unwichtig, wie immer!“, spricht nicht für Sie! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie es ihm aber hineingesagt! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Zum Thema, denn eigentlich wollten Sie doch über Arbeit, Wachstum und Wohlstand in diesem Land diskutieren. Welches Wachstum meinen Sie denn da konkret? Das, wo wir ein bisschen mitgeschwommen sind und nicht ganz im Schlussfeld liegen, wie schon Vorredner ausgeführt haben? Das, wo wir neue Marktchancen, wo Österreich eine Pionier- und eine Vorreiterrolle haben könnte, das Sie aber jetzt jahrelang verschlafen haben? – In der Umwelttechnologie, im Energiebereich: ein boomender Markt, Zuwachsraten von 20, 30, 40 Prozent! Und was machen Sie? – Sie beschließen ein Gesetz im Energiebereich, das man nur als Umweltzerstörungsgesetz bezeichnen kann, das diesen Markt einbremst auf niedrigstem Niveau. Das ist Ihre Wachstumspolitik! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Sie reden von mehr Arbeit, Sie haben auch schöne Zahlen
präsentiert, nämlich wie viele Beschäftigte mehr es gibt, Sie
haben allerdings ein kleines Detail vergessen, Herr Minister: Es sind leider
keine Vollzeitjobs! Wir haben mehr Beschäftigte, weil wir mehr
geringfügig Beschäftigte haben (Zwischenbemerkung
von Bundesminister Dr. Bartenstein),
mehr Teilzeitbeschäftigte, mehr prekär Beschäftigte, und damit
haben wir mehr Beschäftigte, die von ihrem Einkommen aus ihrer eigenen
Arbeit nicht leben können. (Zwischenrufe
bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)
Bezogen auf Vollzeitjobs ist in Österreich – Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts; das werden Sie vielleicht kennen – die Beschäftigung in den letzten Jahren real
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 42 |
zurückgegangen. Für die Frauen schaut es besonders triste aus: Seit Bundeskanzler Schüssel im Jahr 2000 die Regierung übernommen hat, sind an jedem einzelnen Tag 18 Frauen zusätzlich arbeitslos geworden. Herzlichen Dank, Herr Bundeskanzler! – Die Frauen in Österreich brauchen wirklich eine andere Politik, nicht jene, die Sie betreiben, nämlich: Ist uns Wurscht. Im schlimmsten Fall bekommen sie irgendwo einen netten Kurs, auf den sie monatelang warten dürfen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Und schließlich: mehr Wohlstand – haben Sie selbst angeführt. Komisch: Wenn ich draußen mit Leuten rede, so stelle ich fest, es haben die wenigsten das Gefühl, in den letzten Jahren reicher geworden zu sein. Allerdings rede ich auch nicht mit Leuten, die ein Unternehmen führen, wie Sie, Herr Minister Bartenstein, eines führen, oder wie sie in der Industriellenvereinigung vielleicht vertreten sind, die offensichtlich Gewerkschafter Neugebauer neuerdings vertritt. Ich rede mit ganz normalen Leuten, und die haben unter der Pensionskürzung und unter den Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich zu leiden, sie klagen über Ihr Totsparen des Bildungssystems, wo die Zukunft der nächsten Generationen entschieden wird und wo Sie hineinfahren mit verzopfter Bildungspolitik aus Bestemm, vor allem aber mit einer Sparpolitik, die weder nachhaltig noch besonders intelligent ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Die Zeche für Ihre Politik zahlen damit jene Menschen, um die es geht, die die Mehrheit in unserem Land ausmachen: die Jugendlichen, die Frauen und jene, die in Armutsgefährdung leben. Darauf vergessen Sie ja tunlichst! Sie finden es zwar recht lustig hier auf der Regierungsbank, wenn Sie sich selbst beweihräuchern, aber die vielen Menschen, vor allem die vielen Frauen, die in Österreich in Armut oder in Armutsgefährdung leben, und die vielen jungen Leute, die keinen Job, keine Lehrstelle finden, keine Perspektiven haben, warten sehnsüchtig auf eine andere Variante (Abg. Ellmauer: Wie in Deutschland! Rot-Grün ...!), auf eine andere Politik und hoffentlich auf eine andere Regierung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
11.03
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.
Die Aktuelle Stunde ist daher geschlossen.
Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zur Einwendungsdebatte, nämlich über jene Einwendungen, die nunmehr schriftlich von Abgeordnetem Dr. Peter Pilz formuliert wurden. Er beantragt, den Tagesordnungspunkt 20 der ausgegebenen Tagesordnung vorzureihen und als Tagesordnungspunkt 2 zu behandeln.
Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, daher entscheidet das Hohe Haus.
Vor der Abstimmung kommt jede Fraktion mit einer Wortmeldung von 4 Minuten ans Rednerpult.
Als Erster zu Wort gemeldet hat sich der Antragsteller, Abgeordneter Dr. Pilz. – Sie sind am Wort, Herr Kollege. 4 Minuten.
11.04
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Es gibt ein lange und gut geübtes Prinzip bei der Erstellung der Tagesordnung für eine Sitzung des österreichischen Nationalrates, und dieses Prinzip heißt: Das Wichtigste zuerst!
Wir werden heute mit einer Debatte über Europa beginnen, und dann kommt als Punkt 2 der Tagesordnung – das Wichtigste zuerst! –: das Bilanzbuchhaltungsgesetz
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 43 |
(Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein wichtiger Antrag!), die Zukunft der Bilanzbuchhaltung. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)
Ja, ich weiß, dass das dem BZÖ besonders wichtig
ist (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist wichtig!) –
das wird auch ein Grund dafür sein, warum das BZÖ dem nächsten
Nationalrat wahrscheinlich nicht mehr angehören wird; aber das ist
ein völlig anderes Thema. (Ironische
Heiterkeit bei den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg.
Dr. Partik-Pablé: Sie
nicht mehr! Wir wünschen uns nur, dass Sie nicht mehr ...!)
Meine Damen und Herren! Punkt 20 der Tagesordnung betrifft die Zukunft des ORF. Jeder Mensch in Österreich – und ich glaube, auch eine große Mehrheit der Abgeordneten dieses Hauses, wenn sie frei entscheiden könnten – würde selbstverständlich sagen: Die Zukunft des ORF ist uns wichtiger als die Zukunft der Bilanzbuchhaltung. Trotzdem hat die ÖVP beschlossen: Die Frage der Zukunft des ORF darf erst spät, gegen Mitternacht, in diesem Haus diskutiert werden. Dann, wenn die Menschen Zeit haben, zuzuhören und wenn es noch Medieninteresse geben könnte, muss anstelle der Zukunft des ORF die Zukunft der Bilanzbuchhaltung besprochen werden!
Das ist gelebtes ÖVP-Hohes-Haus, das ist die Ausübung der Mehrheit durch Klubobmann Molterer im Sinne der ÖVP, nicht im Sinne des Hauses – des Klubobmannes, der auch die Fäden zieht, wenn es um den Missbrauch der Macht der ÖVP im ORF-Stiftungsrat geht.
Wir haben es heute mit einem doppelten Machtmissbrauch zu tun: dem Machtmissbrauch der ÖVP im ORF und dem Missbrauch der ÖVP-Macht hier im Hohen Haus.
Deswegen wollen wir, weil wir erstmals die Gelegenheit haben, dass die Anwesenheit des Bundeskanzlers, der nicht nur der Nutznießer, sondern auch der politisch Verantwortliche des Missbrauchs des ORF für ÖVP-Parteifernsehen ist (Abg. Dr. Rasinger: Unglaublich!), dazu genutzt wird, ihm Fragen zu stellen, ihn vor allem einmal zu fragen: Herr Bundeskanzler, warum sind Sie bereit, die wirtschaftliche Substanz des ORF, sein größtes Kapital, das Vertrauen der Zuseherinnen und Zuseher, seine journalistische Glaubwürdigkeit, seine kulturellen Stärken aufs Spiel zu setzen, nur damit die ÖVP ein paar Pluspunkte für die Nationalratswahlen bekommt? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
In der letzten Debatte, in der Sondersitzung zum ORF, Herr Bundeskanzler, haben Sie den Kulturstaatssekretär als Ersatz ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, es geht um die Frage, an welcher Stelle der Tagesordnung dieses Gesetz sein sollte! (Abg. Dr. Pilz: Richtig, Herr Präsident!) Es geht nicht um die letzte Kulturdebatte.
Ich rufe Sie das erste Mal zur Sache.
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie sehr klar zu erkennen geben, in welchem Interesse Sie hier den Vorsitz führen. Ich fahre fort und begründe weiter. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Es ist, Herr Präsident, nicht unerheblich, ob der
Bundeskanzler an einer derart wichtigen Debatte teilnimmt! Es ist
vielleicht für die ÖVP unangenehm, wenn sich der Bundeskanzler
erstmals persönlich anhören muss, was wir von seiner
persönlichen Verantwortung für den politischen Missbrauch des
ORF halten, aber es ist selbstverständlich das Recht nicht nur einer
politischen Fraktion und eines Klubs, sondern des gesamten Nationalrates,
endlich die politische Rechtfertigung des einzig Verantwortlichen für die
Missstände im ORF, nämlich des Bundeskanzlers zu hören. (Abg. Großruck:
Zurück auf den billigen Platz!)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 44 |
Der Bundeskanzler ist bereit, sich zu allem zu erklären (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), nur bei einem verschwindet er regelmäßig aus dem Plenum, nämlich bei der Frage ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, bitte!
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): ..., bei der Frage: Warum missbraucht die ÖVP ihre Macht im ORF, im Nationalrat und überall, wo sie etwas zu sagen hat?
Und das, Herr Präsident, wollen wir heute als Tagesordnungspunkt 2 hier im Lichte des Nationalrates zu rechtschaffener Zeit diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
11.09
Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Auch er spricht 4 Minuten zur Einwendung gegen die Tagesordnung.
11.09
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Gespannt warten die Österreicherinnen und Österreicher auf die Erklärung des Bundeskanzlers zur so erfolgreichen EU-Präsidentschaft. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) – Europa hat gewonnen, Europa ist nach vorwärts gebracht, und das Ansehen Österreichs ist gesteigert. Das ist das, was wir heute hier gemeinsam mit Ihnen, meine Damen und Herren, diskutieren wollen. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Kollege Pilz, Sie erheben Einwendungen gegen die Tagesordnung und begründen dies damit, dass es auf der Tagesordnung viele Dinge gibt, die nicht wichtig seien. – Ist Ihnen beispielsweise das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nicht wichtig? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Es geht um das Bilanzbuchhaltungsgesetz!) Ist Ihnen beispielsweise das Arbeitsverfassungsgesetz nicht wichtig? – Das ist auf der Tagesordnung!
Ist Ihnen das Landarbeitsgesetz nicht wichtig? (Abg. Öllinger:
Sie wissen ja gar nicht, was da besprochen wird!) Ist Ihnen beispielsweise,
Herr Kollege Öllinger, die Mitarbeitervorsorgekasse nicht wichtig? (Abg. Öllinger:
Sie wissen ja gar nicht, was da drinnen ist!) Ist Ihnen beispielsweise das
Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 nicht wichtig? Ist Ihnen das
Konsulargebührengesetz nicht wichtig? (Abg.
Öllinger: O ja, das ist ganz
wichtig!) Ist Ihnen, Herr Kollege Öllinger, Herr Kollege Van der
Bellen, etwa die Frage Beseitigung von Diskriminierung der Frau hinsichtlich
der Nachtarbeit nicht wichtig? Ist Ihnen beispielsweise
Verbraucherbehörden-Kooperation nicht wichtig? (Abg. Mag. Kogler: Sie
können sogar die Tagesordnung scheinheilig vortragen!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, damit
haben Sie sich ziemlich entlarvt. Ihre eigentliche Absicht besteht doch
darin, das, was Ihnen bei der Sondersitzung, die wir zu diesem Thema
vergangene Woche, glaube ich, gehabt haben, nicht gelungen ist, heute noch
einmal zu versuchen. (Abg. Mag. Kogler: Scheinheiligkeit ...!) Ihre
Strategie geht doch ausschließlich dahin, Druck auf den ORF und seine
unabhängigen Mitarbeiter auszuüben, meine Damen und Herren! Das
ist die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der
SPÖ.)
Ich bin, als ich das in der Präsidiale vorgeschlagen habe, bereit gewesen (Abg. Öllinger: Das ist ja Scheinheiligkeit zum Quadrat!), diesen Punkt etwas weiter vorne auf die Tagesordnung zu setzen – Kollege Schieder wird bestätigen, dass das mein Angebot gewesen ist. Das ist aber an dem Justament-Standpunkt der Grünen gescheitert.
Ihre wahre Absicht ist: Ihnen ist Europa nicht wichtig genug, Sie wollen Ihre Parteitaktik zu Lasten des ORF und zu Lasten der Europa-Debatte einsetzen. Wir werden daher
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 45 |
diesem Einwendungsantrag
selbstverständlich nicht zustimmen. (Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Da war ja der Neugebauer
noch besser als der Molterer!)
11.12
Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet in der Debatte betreffend Einwendungen gegen die Tagesordnung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap. Auch er spricht 4 Minuten. – Bitte.
11.12
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Man muss verstehen: Knisternde Spannung auf der Regierungsbank, die Regierungsmitglieder wollen endlich wieder einmal dem Bundeskanzler lauschen – man sieht ihn ja so selten bei den Regierungssitzungen. Der Klubobmann ist schon ganz aufgeregt: Was wird uns der Bundeskanzler heute sagen über die Ratspräsidentschaft? – Und jetzt plötzlich eine Debatte über die Tagesordnung!
Und da, muss ich sagen, ist die ÖVP schlecht beraten,
und sie hat sich in Wirklichkeit verraten, denn als allerletzten Punkt den ORF
anzusetzen – Behandlung quasi um Mitternacht –, das ist
natürlich verräterisch! Welcher Gedanke ist da dahinter, Herr
Klubobmann Molterer? Was wollen Sie vor der Öffentlichkeit verbergen, dass
diese Debatte über den ORF zu so später Stunde stattfinden soll? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wenn keine Dringliche kommt, ist das nicht so
spät!)
Worum wird es in dieser Debatte gehen? – Es wird um die Fragen gehen: geheime Abstimmung bei der Wahl des Generaldirektors und ob es ein öffentliches Hearing gibt. Und diese Fragen sollen nach Ihrem Willen nicht zu einer Zeit behandelt werden, zu der das von der Öffentlichkeit noch registriert wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es wurde eine ganze Sondersitzung zu diesem Thema gemacht!) Es gibt hier anscheinend etwas zu verbergen. Zu verbergen gibt es die Tatsache (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bei der BAWAG gibt es etwas zu verbergen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist Ihre Strategie, etwas zu verbergen!), dass die ÖVP Druck auf den ORF ausüben möchte, dass sie dort ihre Macht verwirklicht sehen möchte und dass sie mit dem Wahlkampfleiter Werner Mück, der für den gesamten Informationsbereich zuständig ist, ihren Wahlkampf über den ORF unterstützen möchte. (Abg. Mag. Molterer: Warum hat die SPÖ der Tagesordnung zugestimmt?!) Das ist die Wahrheit, und die ÖVP möchte nicht, dass das der Öffentlichkeit nachdrücklich bekannt gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Die SPÖ hat der Tagesordnung zugestimmt!)
Aber jetzt einen Tagesordnungspunkt gegen den anderen
auszuspielen, das ist ja nicht die Frage. Kogler hat angefangen mit der
Bilanzbuchhaltung, Sie, Kollege Molterer, haben fortgesetzt mit anderen
Tagesordnungspunkten. (Abg. Mag. Molterer: Alles wichtig!) Es
sind alle Tagesordnungspunkte wichtig, sonst wären sie ja nicht auf der
Tagesordnung – ist ja logisch. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Aber es steht dahinter
auch eine Philosophie – das haben Sie damit dargestellt. Wenn Sie
ein bisschen intelligenter gewesen wären – um jetzt einmal
in Ihren Ganglien zu denken –, hätten Sie es halt als 10.
oder 12. Punkt auf die Tagesordnung gestellt. (Abg. Mag. Molterer:
War mein Vorschlag! War mein Vorschlag!) Nein, strafversetzt als
20. Punkt, weil die Grünen eine Sondersitzung zur Situation im
ORF verlangt haben. Das ist die Wahrheit: Eine Strafexpedition ist das. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wollen Sie am Abend nicht mehr arbeiten?) Gerade noch
als 20. Punkt. Eigentlich hätten Sie es am liebsten nach Mitternacht
angesetzt, wenn überhaupt niemand mehr hier ist (Abg. Mag. Wurm:
Schwarze Pädagogik!), weil Sie diese Debatte hier nicht
wollen – und das ist das Verräterische. (Beifall bei
der SPÖ und den Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 46 |
Aber wir sollten das jetzt nicht auf die Klubleitung der
ÖVP und des BZÖ reduzieren, denn der wirkliche „Abnicker“
dieser Vorgangsweise ist natürlich der Herr Bundeskanzler. Wir alle
wissen ja: In der ÖVP geschieht nichts, ohne dass er es „abnickt“!
(Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)
Ich bin überzeugt davon, dass er heute, wenn er seine Erklärung abhalten will, wo alle seine Regierungsmitglieder schon brav angetreten sind (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unsere? Das sind ja auch Ihre Regierungsmitglieder, Herr Dr. Cap!), um dem andächtig zu lauschen, davon nicht gestört werden wollte, dass sich der 2. Tagesordnungspunkt mit dem ORF beschäftigt. Das ist der Hintergrund.
Sehen wir es, wie es ist: Der Herr Bundeskanzler wollte,
dass es gegen Mitternacht stattfindet, denn ihm gefällt es, wie es im ORF
ist – das verstehe ich schon. Er ist ja faktisch schon im ORF
drinnen, bevor er überhaupt noch aufgenommen wird. Das ist
die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
11.15
Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner in dieser Einwendungsdebatte tritt Herr Abgeordneter Scheibner ans Rednerpult. Auch er spricht 4 Minuten, und dann stimmen wir ab. – Bitte.
11.16
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Cap, wie haben Sie gesagt? – Eine „Strafexpedition“ ist es (Abg. Mag. Wurm: Schwarze Pädagogik!), dass das ORF-Gesetz als Punkt 20 auf der Tagesordnung steht.
Also: Strafexpedition. Was haben Sie noch alles
gesagt? – Vertuschungsaktion, und so weiter. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch:
Ungeheuerlich!) – Schon merkwürdig, diese Einschätzung
des Kollegen Cap, denn die SPÖ hat dieser Reihung der Tagesordnung im
Rundlauf der Klubdirektoren zugestimmt! (Oh-Rufe bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.) Herr Kollege Cap, na
selbstverständlich. Und unser gemeinsamer Vorschlag war es dann noch,
diesen Punkt auf der Tagesordnung vorzureihen, als Punkt 8, dann
hätte diese Debatte um 14 Uhr oder 15 Uhr stattgefunden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja ungeheuerlich!)
Es geht dabei, das muss man sagen, um eine Debatte nicht
betreffend die Zukunft des ORF, sondern betreffend den Modus der Wahl der
Generaldirektorin im ORF. (Abg.
Dr. Gabriela Moser: Was sucht
die Bilanzbuchhaltung auf Platz zwei?!) Ich glaube nicht, dass die Zukunft
des ORF davon abhängig ist, ob sich die Generaldirektorin einem Hearing
stellen muss oder nicht! Bleiben wir auch hier bei der Wahrheit. Sie wollen
halt hier ein Schauspiel inszenieren – das ist doch die
Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie
der ÖVP.)
Man muss sich ja wirklich bei den Fernsehzuschauern
dafür entschuldigen, dass sich dieses Schauspiel jetzt in der
Live-Übertragung abspielt und wir nicht jetzt schon über die wichtige
Frage der EU-Präsidentschaft diskutieren können. (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)
Ja, ich entschuldige mich dafür. Denn genau das sind die Punkte, die das Ansehen der Politik reduzieren, dass hier Geschäftsordnungsdebatten abgehalten werden, um Ihr Politschauspiel auch noch ins Fernsehen zu bringen! Das ist die Realität, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)
Es hat eine eigene Sondersitzung genau zu diesem Punkt, zum ORF, gegeben, in der wir darüber diskutiert haben und die drei Stunden lang live im Fernsehen übertragen wurde.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 47 |
Was ist denn der wahre Hintergrund dafür, dass man sich fürchtet, dass ein Tagesordnungspunkt ein bisschen später behandelt wird (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Weil sie heimgehen!) – nicht um Mitternacht, sondern um 15 Uhr oder 16 Uhr? Wir wissen es ja, aber der Fernsehzuschauer ist dann nicht mehr dabei, weil die Kameras abgeschaltet sind, wir wissen es ja, dass ab 14 Uhr, 15 Uhr vor allem die Grünen, aber zum Teil auch Sozialdemokraten nach Hause gehen und daher am Abend niemand mehr hier ist zum Debattieren. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)
Ja, das ist die Realität: Zwei Drittel Ihrer
Abgeordneten, meine Damen und Herren von den Grünen, fehlen am Abend, denn
Sie sind ja Fernsehpolitiker und keine Abgeordneten hier im Hohen Haus!
Und dieser Taktik werden wir nicht nachkommen! (Anhaltender lebhafter
Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
11.18
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen daher zur Abstimmung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die den Einwendungen Rechnung
tragen wollen, das heißt, dass Punkt 20 zu Punkt 2 der
Tagesordnung wird, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag
findet nicht die Mehrheit. (Abg. Neudeck: Die SPÖ
stimmt gegen sich! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Damit bleibt es bei der ausgegebenen Tagesordnung für die heutige Sitzung.
Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt eine Reihe von geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen zu machen und bitte um Ihre Aufmerksamkeit.
Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und der entsprechenden Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.
Die schriftliche
Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen: 4469/J bis 4561/J.
Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates:
53/JPR.
2. Anfragebeantwortungen: 4140/AB bis
4188/AB.
Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 49/ABPR.
B) Zuweisungen:
1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß
§§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b
Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für
Petitionen und Bürgerinitiativen an andere Ausschüsse:
Umweltausschuss:
Petition Nr. 86 betreffend „Umwidmung des
Gebietes um den Khleslplatz in ein Naherholungsgebiet
(Stadturwald)“, überreicht von der Abgeordneten Christine Marek;
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 48 |
Verkehrsausschuss:
Petition Nr. 92 betreffend „Sicher zur
Schule“, überreicht vom Abgeordneten Erwin Spindelberger,
Bürgerinitiative Nr. 30 betreffend "Sicher
zur Schule – Ein Sitzplatz und ein Gurt für jedes Kind im
Kindergarten- und Schulbus".
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
a) zur Vorberatung:
Ausschuss für Arbeit und Soziales:
Antrag 852/A (E) der Abgeordneten Gabriele
Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Personalentscheidungen
der Bundesregierung;
Gesundheitsausschuss:
Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006
gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und
Kuranstalten, das Ärztegesetz 1998 und das Rezeptpflichtgesetz geändert
werden (Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 –
GRÄG 2006) (1621 d.B.),
Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006
gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich
GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung
eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für
Gesundheitswesen“ aufgehoben und das
Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden (1622 d.B.);
Gleichbehandlungsausschuss:
Antrag 851/A (E) der Abgeordneten Gabriele
Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gender
Medicine“;
Justizausschuss:
Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006
gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das
Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz
geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006)
(1623 d.B.);
Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:
Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen
den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird
(Wasserrechtsgesetznovelle 2006) (1624 d.B.);
Verkehrsausschuss:
Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen
den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und
das Bundesgesetz zur Errichtung einer "Brenner Basistunnel
Aktiengesellschaft" geändert werden (1625 d.B.);
b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG
(vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Verkehrsausschuss:
Tätigkeitsbericht der Bundesanstalt für Verkehr
für das Jahr 2005, vorgelegt vom Bundesminister für
Verkehr, Innovation und Technologie (III-231 d.B.).
*****
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 49 |
Ankündigung eines Dringlichen Antrages
Präsident Dr. Andreas Khol: Der grüne Klub hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 853/A (E) der Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafel-Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes dringlich zu behandeln.
Der Dringliche Antrag wird um 15 Uhr behandelt werden.
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4000/AB
Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass gemäß § 92 der Geschäftsordnung das Verlangen der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4000/AB der Anfrage 4054/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser betreffend Forschung zu – insbesondere auch nichtthermischen – Auswirkungen des Mobilfunks durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie abzuhalten.
Die kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledigung des Dringlichen Antrages statt.
Fristsetzungsanträge
Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich nun auch mit, dass sieben Fristsetzungsanträge vorliegen. Alle diese Fristsetzungsanträge sind von den Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner eingebracht worden. In keinem Fall wurde eine Debatte verlangt. Ich gebe sie jetzt in der Reihenfolge bekannt.
Die Abstimmung über diese Anträge in der von mir jetzt bekannt gegebenen Reihenfolge findet nach Ende der Verhandlungen dieser Sitzung statt.
Erster Antrag zur Fristsetzung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 betreffend das Gesundheitsrechtsänderungsgesetz.
Zweitens: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben wird.
Dritte Fristsetzung: Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend die Wohnrechtsnovelle 2006.
Weitere Fristsetzung zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend Wasserrechtsgesetznovelle 2006.
Weiters der Antrag, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem unter anderem das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert wird, eine Frist zu setzen.
Schließlich der Antrag, dem Verfassungsausschuss eine Frist zur Berichterstattung über den Antrag 848/A der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Volksgruppengesetz zu setzen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 50 |
Weiters der Antrag, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 849/A der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Volksgruppengesetz eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Also alles Fristsetzungsanträge gegen Einsprüche des Bundesrates beziehungsweise Fristsetzungen bis 13. Juli 2006 für zwei Anträge betreffend das Volksgruppengesetz.
Behandlung der Tagesordnung
Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 5 und 6, 8 bis 14 und 16 bis 18 der Tagesordnung zusammenzufassen.
Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall.
Wir gehen in die Tagesordnung ein.
Redezeitbeschränkung
Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt:
Es gibt eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“, ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitliche – BZÖ 108 Minuten sowie Grüne 117 Minuten.
Bis 13 Uhr ist folgende Redezeitvereinbarung getroffen: Der Herr Bundeskanzler gibt seine Erklärung ab mit 20 Minuten, dann ein Regierungsmitglied mit 10 Minuten, weiters je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 10 Minuten sowie je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 4 Minuten.
Der den Vorsitz führende Präsident verteilt jeweils vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden die allenfalls verbleibende Redezeit gleichmäßig auf die vier Fraktionen. Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach 13 Uhr aufgerufen. Es gibt keine Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung.
Darüber entscheidet das Hohe Haus.
Wer dieser Redeordnung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Redeordnung wird einstimmig angenommen. Wir können so verfahren.
Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichischer EU-Vorsitz im 1. Halbjahr 2006“
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.
Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfinden.
Bitte, Herr Bundeskanzler.
11.25
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich denke, dass es sinnvoll ist, nach sechs Monaten österreichischem EU-Vorsitz dem höchsten Organ, dem demokratisch gewählten Nationalrat, Rechenschaft darüber abzulegen, welche Initiativen gesetzt worden sind und was das Ergebnis dieser sechs Monate intensiver Arbeit war.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 51 |
Zurückblicken möchte ich auf die Ausgangslage. Wir hatten im vorigen Jahr ein schreckliches Jahr. Wir hatten eine Schreckensstarre nach den beiden schief gegangenen Referenden. Nein haben die Wähler in Frankreich und in Holland zur Europäischen Verfassung gesagt. Es gab vor einem Jahr keine Einigung betreffend die europäische Finanzordnung für die nächsten sieben Jahre. Außerdem gab es Vertrauensstörungen aller Art, die sich kulminiert haben etwa bei der Entscheidung über den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, bezüglich derer eine sachliche Debatte über die Auswirkungen und Konsequenzen zunächst überhaupt verweigert wurde und sich erst durch das österreichische Beharren auf die Aufnahmefähigkeit ein Weg gezeigt hat, wie man das lösen kann.
Aber auch bei konkreten Rechtsvorhaben hat es enorme Spannungen gegeben, wie etwa bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen, bei der Reduzierung von hoch schädlichen Treibhausgasen, aber auch bei der Dienstleistungsrichtlinie. Das Schlagwort „Bolkestein“ war ja praktisch ein Albtraum und hat sich als Spaltpilz erwiesen, war nicht eine Hoffnung, sondern war tatsächlich ein Schreckenswort.
Unsere Zielsetzung war daher, mehr Vertrauen, mehr Klarheit, mehr Schwung für Europa zu geben, und dieses Vertrauensthema war so eine Art Basso continuo in der Arbeit unseres Vorsitzes.
Das Motto, das wir uns von Anfang an selber gestellt haben, war: „Europa hört zu“. Das war auch der Titel einer eigenen Homepage, die wir in Österreich eingerichtet haben. Mit diesen drei Worten „Europa hört zu“ haben übrigens auch die Schlussfolgerungen des letzten Europäischen Rats begonnen.
Interessant war auch die Reaktion der Öffentlichkeit. Auf diese eine Homepage erfolgten zehn Millionen Zugriffe aus ganz Europa. Wir hatten auf die Präsidentschaftswebsite der österreichischen Präsidentschaft 35 Millionen Zugriffe, was zeigt, dass wir weit über den Anlass und weit über das sonstige Thema, das wir in geschlossenen Zirkeln oder bei Konferenzen oder mediatisiert über Zeitungsberichterstattungen behandeln, hinausgekommen sind, und das finde ich sehr positiv und wichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Das zweite Motto unserer Präsidentschaft lautete: Realismus. In sechs Monaten können Sie nicht die Welt, auch nicht die kleinere Welt Europas ändern. Daher sind fundamentale Richtungsänderungen weder möglich noch sinnvoll. Wir haben weder unsere Möglichkeiten noch die unserer Partner überschätzt. Wir haben unsere Arbeit mit Augenmaß und Hausverstand gemacht.
Wir haben in diesem Semester einige Großbaustellen bearbeitet und haben dabei, so glaube ich, auch einiges leisten können in der Verfassungsdebatte, bei den Finanzen, bei der Erweiterung. Wir haben vor allem neue Themenfelder eröffnet, die Energie-, die Migrations- und Integrationsdebatte sowie die Frage um das Krisenmanagement.
In der Verfassungsdebatte war zu Jahresbeginn noch eine sehr verkrampfte Haltung vorherrschend. Ich darf nur daran erinnern, dass im Jänner etwa die Holländer erklärt haben, die Verfassung sei tot, sie seien überhaupt nicht bereit, darüber zu reden. Wir haben sehr behutsam vom „Sound of Europe“, mit Einladung auch von Balkenende, bis zur Klosterneuburger Sondertagung der Außenminister gearbeitet, und es ist uns gelungen, in Klosterneuburg das Schweigen zu durchbrechen und eine Choreographie der gemeinsamen Schritte für die Zukunft zu erarbeiten.
Es hat sich gezeigt, dass die Bürger Europas ein Europa der Resultate wollen und nicht eine Nabelschau beim Verfassungsvertrag. Sie wollen mehr Transparenz. Sie wollen ein besseres Krisenmanagement. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 52 |
Wir haben daher genau bei diesen Themen einen ganz konkreten Fahrplan für die Zukunft ausgeschildert. Ich habe mich in der Verfassungsdebatte auch sehr darum bemüht, gerade die Außenminister sehr zu stärken, denn wir brauchen Europaminister, Außenminister, die dieses Thema zentral bearbeiten.
Meine Damen und Herren! Ein besonderer Erfolg ist Karl-Heinz Grasser, der Frau Außenministerin und Staatssekretär Finz bei der Finanzvorschau gelungen. Das von uns nach wirklich tagelangen und wochenlangen Verhandlungen erzielte Ergebnis kann sich sehen lassen.
Wir haben mit dem Europäischen Parlament eine
finanzielle Sicherheit für die nächsten sieben Jahre erreicht und
dabei auch noch gerade für die zukunftsorientierten Programme und
Projekte die Mittel gezielt erhöhen können. Damit können die
Gemeinschaftsprogramme zeitgerecht tatsächlich mit dem
1. Jänner 2007 starten. Das gibt Planungssicherheit, gerade
übrigens auch im ländlichen Raum, für den wir uns immer stark
eingesetzt haben – kleiner österreichischer Erfolg!
Während insgesamt die Mittel für den ländlichen Raum leider,
sage ich, um 10 Prozent gekürzt worden sind, steigen sie in
Österreich um 10 Prozent. Danke, Josef Pröll, für deinen
Verhandlungserfolg! (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.)
Meine Damen und Herren, zur Erweiterung: Noch vor wenigen
Wochen waren einige Aspekte bei künftigen Erweiterungen ein Tabu, etwa das
Thema der Aufnahmefähigkeit. Und jetzt erfährt es endgültig
die gebührende Aufmerksamkeit. Die Bürger haben dieses Thema ins
Zentrum gerückt, und dort wird es auch bleiben, ganz gleich, was der eine
oder andere sagt. Viel ist darüber diskutiert worden, ob die
Aufnahmefähigkeit als Erweiterungskriterium beim Europäischen Rat
festgeschrieben worden ist oder nicht. Ich halte das für Spiegelfechterei.
Wichtig ist: Schriftlich von allen akzeptiert im Verhandlungsmandat für
die Türkei, 3. Oktober 2005, ist auf österreichischen Vorschlag
die Aufnahmefähigkeit ausdrücklich zu den Kriterien und zu den
Voraussetzungen für eine künftige EU-Mitgliedschaft gemacht
worden. Dieses Mandat ist vom Rat einstimmig beschlossen worden. Die
Außenministerin hat da wirklich Fundamentales geleistet. (Neuerlicher
Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Neu ist, beim letzten Europäischen Rat fixiert, dass die Kommission jetzt erstmals, bis Spätherbst, einen eigenen Bericht vorlegen wird, um zu definieren, was Aufnahmefähigkeit wirklich heißt. Und die Frage wird sich individuell je nach Fall stellen, je nachdem, um welchen Beitrittskandidaten es sich handelt.
Meine Damen und Herren, natürlich war das Ganze eine enorme Herausforderung auch im organisatorischen Bereich. Wir haben 3 300 Sitzungen leisten müssen. Es sind 16 Außenministertreffen der EU-Troika abgehalten worden, elf Assoziationsräte geleistet worden, zwei Beitrittskonferenzen auf Außenministerebene, Kroatien und die Türkei, ein Ministerrat mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik. Wir haben große Gipfel abgehalten, den EU-Japan-Gipfel in Tokio, einen mit Russland in Sochi, mit den USA in Wien und den großen EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel in Wien.
Manchmal wird natürlich auch gefragt, ob sich die rotierende Präsidentschaft eigentlich bewährt. Da sage ich ganz offen: Solange wir nicht die Verfassung haben mit einem neuen System, das sich auch erst in der Praxis wird bewähren müssen – ich hatte da immer meine Zweifel, ob dann nicht sogar ein institutionalisierter Eifersuchtsbereich, eine Art Konkurrenz entstehen wird, aber anyway –, ist die Präsidentschaft eine gute Lösung, um wirklich alle einzubinden und um vor allem sicherzustellen, dass bei bestimmten außenpolitischer Sonderformaten, wie G 8, Nahostquartett, Balkankontaktgruppe oder EU-3 im Fall des Iran, Sorge getragen wird, dass wirklich alle eingebunden werden und der Fluss der Informationen und der Meinungen zwischen den Mitgliedstaaten auch wirklich optimal funktioniert.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 53 |
Es hat sich für Österreich wirklich ausgezahlt,
dass wir zeitgerecht ein Netzwerk an Freunden und Ansprechpartnern mit den
Ländern der regionalen Partnerschaft, mit außenpolitisch besonders
engagierten Mitgliedstaaten, mit den Institutionen aufgebaut haben. Sich
rechtzeitig zu vernetzen hat sich auch in ganz konkreten Dingen sehr gelohnt,
zum Beispiel bei der Islamkonferenz im November 2005 hier in Wien, deren Kontakte
und Netzwerke wir ja in der Karikaturenkrise exzellent nützen konnten. Und
die Reaktionen etwa des europäischen Islam waren Gott sei Dank ganz anders
als in anderen Teilen der Welt. Ich halte das für ein wichtiges,
ermutigendes Zeichen. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.)
Durch frühzeitige Kontakte mit den Sozialpartnern, mit
den Parlamentariern des Europäischen Parlaments und der
Kommission – und da ist vor allem Martin Barteinstein großer
Dank und Respekt zu zollen – sind rechtzeitig jene Kontakte
aufgebaut worden, die letztlich zu einem der größten Erfolge,
nämlich zur Lösung in der Frage Dienstleistungsrichtlinie,
geführt haben. Und ich glaube, dass das sehr sinnvoll und erstklassig
professionell vom Wirtschafts- und Arbeitsminister gemacht wurde. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Es hat sich aber auch gelohnt, als ehrlicher Makler aufzutreten. Nationale Interessen kann man während der Präsidentschaft nur dann vertreten, wenn sie auch mit dem europäischen Kontext übereinstimmen wie etwa in der Frage der Balkanpriorität für den österreichischen EU-Vorsitz.
Ein Wort zur Gastfreundschaft. Manche haben kritisiert, was
ich, ehrlich gesagt, als ehemaliger Tourismusminister in einem Tourismusland
nicht ganz verstehe, dass wir gastfreundlich gewesen sind. Ich sage offen, ich
bin jemand, der die Gastfreundschaft sehr pflegt, und man legt auch im privaten
Bereich Wert darauf, seine Gäste entsprechend zu empfangen. Und mit
dem EU-Vorsitz ist es nicht anders. Es war nicht mein oder unser Anliegen, den
ersten Preis in Lieblosigkeit zu bekommen. Das ist auch Ausdruck des
Respekts vor und der Achtung für die Partner. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Und vergessen Sie nie: In diesen sechs Monaten sind weltweit 7 000 Artikel über Österreich geschrieben worden, und sie waren in Summe gesehen sehr positiv. Wir haben uns hier positionieren können: ein Land, das für andere agieren kann, das gastfreundlich ist. Ehrlich gesagt, etwas Besseres hätte uns hinsichtlich Imagewerbung nicht geschehen können.
Was hält uns nun zusammen in dieser Europäischen Union? Was ist der Kitt für fast eine halbe Million Menschen? Und da kommt die europäische Wertediskussion sehr stark herein. Die EU ist für mich eben eine Wertegemeinschaft und eine Rechtsgemeinschaft. Wir versuchten, das mit dem europäischen Lebensmodell auch in die Alltagssprache zu übertragen. Übrigens wird interessanterweise dieser Gedanke jetzt sehr populär.
Vorige Woche war der slowenische Außenminister Rupel in Wien. Er hat die Diplome an der Diplomatischen Akademie überreicht und hat das Thema seines Vortrags genau diesem Anliegen, dem europäischen Lebensmodell gewidmet. Und wir haben versucht, dieses europäische Wir-Gefühl, die Quellen dieses Gefühls ins Bewusstsein zu holen durch eine Referenz auf eine spezifisch europäische Klangwelt, „The Sound of Europe“ mit dem Geburtstag von Mozart verbunden, aber auch die europäische Alltagskultur mit dem Café d’Europe, mit dem elektronischen Speakers Corner, mit vielen Denkanstößen auch von den „25 Peaces“, die Denkanstöße im öffentlichen Raum gelebt haben.
Wir haben die Wertediskussion natürlich auch im klassischen Bereich zum Ausdruck gebracht, Stellungnahmen zu Weißrussland, zu Belarus, während der Karikaturenkrise
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 54 |
zahlreiche
Demarchen bei menschenrechtlichen Einzelfällen, die hartnäckige
Arbeit an der Umsetzung der UNO-Reform, bei der Gründung des neuen
Menschenrechtsrates, an dem die Außenministerin in Genf teilgenommen hat.
Wir haben auch in der Frage Guantánamo ganz klar und eindeutig
gegenüber den Vereinigten Staaten unsere Position vertreten, dass
kein Mensch, auch kein mutmaßlicher Terrorist im rechtsfreien Raum sein
darf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen –
BZÖ.)
Meine Damen und Herren! Die Präsidentschaft war sehr stark mit Krisen konfrontiert. Das ist immer so. Das kann man nicht vorbereiten. Man muss flexibel darauf reagieren. Aber, ehrlich gesagt, einiges von dem, was sich vor allem am Anfang abgespielt hat, hätte ich selber nicht für möglich gehalten.
Am 1. Jänner um 8 Uhr früh hat Gazprom die Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt. Martin Bartenstein als Energieverantwortlicher hat gemeinsam mit der Kommission, mit Energie-Kommissar Piebalgs am 4. Jänner dieses Thema bereits lösen können.
Am zweiten Tag der Präsidentschaft haben die maoistischen Rebellen in Nepal den Waffenstillstand beendet. Es kam zu zahlreichen Gefechten mit vielen Toten. Als einfaches Mitglied hätten wir das mit Aufmerksamkeit und Vorsicht, Besorgnis aus sicherer Distanz verfolgt. So mussten wir als Vorsitz eine kohärente EU-Position mit allen erarbeiten.
Am dritten Tag der Präsidentschaft um 11.55 Uhr hat die iranische Atombehörde angekündigt, dass die Forschung zur Gewinnung nuklearer Brennstoffe wieder aufgenommen wird.
Am Tag vier haben Kämpfer der Al-Aksa-Brigaden die Regierungsgebäude in Gaza besetzt und die Grenzanlagen bei Rafah beschädigt. Hunderte Palästinenser haben an diesem Tag die Grenze nach Ägypten überwunden.
Präsidentschaft war sehr stark Krisenmanagement, frühzeitiges Reagieren auf Unvorhergesehenes und die Mitgliedstaaten zusammenhalten. Dazu kamen die Vogelgrippe, der Tod Rugovas, die Unabhängigkeit Montenegros, der nordkoreanische Raketenstart.
Ich möchte an dieser Stelle vor allem dem
Außenministerium und seinem politischen Direktor, Staatssekretär
Winkler natürlich hier vorrangig und vielen anderen professionellen
Diplomaten ein großes Dankeschön für die professionelle Arbeit
sagen. (Allgemeiner Beifall.)
Meine Damen und Herren! Ich habe von neuen Themen gesprochen, und eines dieser großen neuen Themen war natürlich dieser Paukenschlag mit der Energiepolitik. Es hat kein Thema mehr gegeben, bei dem nicht Energiefragen ganz oben auf der Tagesordnung standen. Der Frühjahrsrat war im informellen Teil einer sehr spannenden Aussprache zu diesem Thema gewidmet. Aber auch beim Südamerikatreffen, beim USA-Gipfel war das eine der zentralen Fragen.
Wir sind, so glaube ich, aber auch innerösterreichisch sehr gut beraten, dieses Thema mit seinen Handlungsoptionen aufzugreifen.
Schön war auch, dass in der letzten Woche der Präsidentschaft das Energiesekretariat für Südosteuropa nach Wien gebracht worden ist, und die Unterzeichnung für „Nabucco“, ein Konsortium mit fünf großen Ölfirmen unter der Federführung der OMV, die etwa 10 Prozent des gesamten Gasverbrauchs der Europäischen Union über diese Pipeline nach Österreich herein- und dann weiter in andere Pipelines hineinbringen wird. Das sind schon schöne und beachtliche Erfolge, die da gelungen sind.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 55 |
Auch das Thema Migration, ausgelöst durch die Flüchtlingswellen im Mittelmeerraum, von der afrikanischen Küste weg, war ein ganz wichtiges Thema. Am Anfang dieser Woche fand auf österreichische Initiative, gemeinsam mit Spanien und afrikanischen Staaten, eine große Konferenz statt. Vizekanzler Gorbach, der sicher auch darüber noch reden wird, war der höchstrangige europäische Vertreter dort. Diese Rabat-Konferenz ist ein Meilenstein in der Entwicklung der künftigen Beziehungen mit der afrikanischen Welt, was Integration und Migration angeht.
Ich habe auch die Frage des Karikaturenstreits und den europäischen Islam erwähnt. Es war die Imame-Konferenz in Wien, es gab das jüdische Treffen der Rabbiner und der großen Führer der nationalen jüdischen Gemeinschaften hier in Wien. Ich habe gemeinsam mit Barroso ein Treffen – das erste Treffen der Religionsführer – in Brüssel abgehalten.
In Summe haben wir hier einiges erreicht, was wichtig bleiben wird.
Der Balkan – das habe ich schon gesagt – war für uns ein ganz großes Thema. Ich erinnere mich noch an den 11. März dieses Jahres, als die europäischen Außenminister – übrigens mit Beteiligung der Balkanstaaten – in Salzburg gesessen sind, beim informellen „Gymnich“-Treffen, als – Zufall oder nicht oder höheres Schicksal – die Nachricht vom Tod Milošević’ gekommen ist. In diesem Augenblick saß Europa so, wie es einmal ganz natürlich sein wird, rund um den Tisch. Und das war uns wichtig. In der österreichischen Präsidentschaft ist hier ein ganz großer Schritt nach vorne getan worden.
Es wurde das Beitrittsdatum für Rumänien und Bulgarien – 1. Jänner 2007 – bekräftigt, wenn sie die notwendigen Schritte noch setzen, was möglich ist.
Mit Kroatien ist das erste Kapitel abgeschlossen worden.
Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wurden abgekoppelt, und nicht aus politischem Bestemm, sondern aus rein sachpolitischen Überlegungen, Sachkriterien.
Mazedonien hat schon den Kandidatenstatus.
Mit Serbien-Montenegro wurden erste erfolgreiche Verhandlungsrunden abgewickelt, und vor allem mit Serbien ein eigenes Aktionsprogramm, wie mit Kroatien, in Zusammenarbeit mit dem ICTI angeregt. Die Außenministerin war am letzten Tag der österreichischen Präsidentschaft bewusst in Belgrad, um hier ein Zeichen zu setzen.
Mit Albanien wurde das Stabilisierungsabkommen unterzeichnet.
Wir haben am Balkan die friedliche Geburt eines neuen europäischen Staates, Montenegro, begleitet.
Wir unterstützen Martti Ahtisaari und sein Team in der Lösung der Kosovo-Probleme, und es ist in der österreichischen Präsidentschaft der politische Startschuss für die regionale Freihandelszone auf dem Balkan getroffen worden.
In Summe eine reiche Ernte, die hier dem
Außenministerium gelungen ist, meine Damen und Herren. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Natürlich ist der Vorsitz auch Vertrauensarbeit, und es war uns auch wichtig, in dieser Zeit auch vertrauensstärkende Maßnahmen zu setzen. Was mich freut: Das letzte Euro-Barometer ist so schlecht nicht. Die Zahl der Kritiker in Österreich ist um 11 Prozent gesunden. Zum ersten Mal haben wir in Österreich wieder eine deutliche Mehrheit von Menschen, die der Auffassung sind, die Europäische Union sei eine gute Sache. Die Österreicher fühlen sich zu 54 Prozent gut oder ziemlich gut über die EU informiert – ein Anstieg von 18 Prozent.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 56 |
Insgesamt, in der ganzen Europäischen Union, haben wir wieder den Level des Vertrauens vor den negativen Verfassungsreferenden erreicht. Mehr als 50 Prozent der Europäer glauben, dass die Mitgliedschaft sinnvoll ist.
Daher können wir in diesem Bereich durchaus zuversichtlich sein. Wir haben für Österreich einiges erreicht, die europäische Agenda nicht vernachlässigend:
Der Spatenstich auf dem Brenner für den Probestollen, den wir gemeinsam am letzten Tag in Italien, auf dem Brenner, vorgenommen haben.
Das Finanzvolumen für die Transeuropäischen Netze ist verdoppelt worden.
Die Mittel für Forschung sind um 70 Prozent erhöht worden.
Die Zulassung zum Medizinstudium wurde gemeinsam mit der Kommission gelöst.
Die Balkan-Strategie ist aufgegangen.
Die Wegekostenrichtlinie, ein Problem, das vom Vizekanzler gelöst wurde, erspart uns ein Klagsrisiko von einigen 100 Millionen €.
Und es ist zum ersten Mal gelungen, für an seltenen
Krankheiten leidende Menschen – für
„Schmetterlingskinder“, für MPS-Patienten, für an Fibrose
Erkrankte – ein europäisches Hilfsprogramm zu entwickeln,
das aus dem Forschungsprogramm finanziert wird. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich denke, dass das schon Schritte sind, die rechtfertigen, dass wir mit dieser Präsidentschaft zufrieden sein können. Sie hat etwas gekostet. Wir haben etwa 86 Millionen € ausgegeben, wenn ich alle Kosten, auch die Poolverträge, mit hereinrechne, wir haben aber immerhin 150 000 Übernachtungen mehr durch die Präsidentschaft gehabt und einen Nutzen von 150 bis 400 Millionen €, je nach Schätzung.
Ich danke daher den zehntausenden Mitarbeitern des österreichischen Präsidentschaftsteams, der Außenministerin, dem Staatssekretär, den Regierungskollegen, Beamten aller oder auch keiner politischen Couleur, den Vorsitzenden dieser tausenden Sitzungen, den Fahrern, den Betreuern, den Köchen, dem Organisationsteam, das ja von allen als hervorragend gelobt wurde, der Sicherheit. – Es ist zu keinem einzigen unangenehmen, störenden oder gefährlichen Vorfall gekommen.
Ich danke dem Ratssekretariat, der Kommission, dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten für die gute Koordination und Zusammenarbeit.
Und ich danke auch den Wiener Philharmonikern für das
„Konzert für Europa“, wo sie sogar dem Wind und dem Regen
standgehalten haben, und allen Künstlern, die sich in dieser Zeit
eingebracht haben. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.)
11.47
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die
Debatte ein, in der sich als Erster Herr Vizekanzler Gorbach zu Wort gemeldet
hat. 10 Minuten Redezeit wurden für Sie in der Präsidiale
vereinbart. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt kommt der
Höhepunkt, der eigentliche Höhepunkt!)
11.47
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! (Abg. Dr. Cap: Sind Sie noch Vizekanzler?) Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren Regierungskolleginnen und -kollegen! Ich erlaube mir dort weiterzumachen, wo der Herr Bundeskanzler aufgehört hat, nämlich beim Danken.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 57 |
Ich wurde von Journalisten immer wieder gefragt: Was ist Ihnen eigentlich im Zuge der Präsidentschaft am meisten aufgefallen (Abg. Dr. Cap: Gorbach!), innerstaatlich und im inneren Ablauf?, und ich habe spontan, weil wirklich so empfindend, gesagt: Am meisten ist mir aufgefallen, wie der Teamgeist gewachsen ist, und zwar Parteigrenzen überschreitend. Der Herr Bundeskanzler hat schon richtig gesagt, es gibt auch solche, die man nicht zuordnen kann. Das ist gut so, aber es gibt auch solche, die sich gerne zuordnen lassen; das ist ja auch in Ordnung. Da habe ich gespürt, dass nicht nur gut vorbereitet wurde, optimal unterstützt wurde vor und in schwierigen Verhandlungen und bei Nachverhandlungen, sondern dass man sich gemeinsam gefreut hat, wenn man einen rot-weiß-roten Erfolg, einen Erfolg für Österreich erzielen konnte.
Meine Damen und Herren! Ich würde empfehlen, dass wir
dieses gemeinsame Freuen, was die österreichische Präsidentschaft
betrifft, die erfolgreiche Präsidentschaft, in den
nächsten Wochen und Monaten auch gemeinsam pflegen – als
Abgeordnete und als Repräsentanten von Österreich. (Beifall bei
den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Zweifelsohne kann man nicht in zehn Minuten – übrigens auch nicht in 20 Minuten – eine wirkliche Bilanz über die halbjährige österreichische Präsidentschaft und die entsprechende Vorbereitungszeit – und Nacharbeit wird es auch noch geben – ziehen, aber man kann einige Schwerpunkte nennen und ein Gefühl vermitteln, wie man das als Mit-Verantwortlicher empfunden hat und sieht – das soll heute auch Sinn und Zweck sein, glaube ich –, und dass man darüber diskutiert.
Österreich hat gewusst, das wird eine Herausforderung sein für ein kleines Land, aber Österreich hat, da bin ich sicher, diese Herausforderung auch als Chance gesehen und als Chance genutzt. Wir haben einerseits etwas weitergebracht in Europa, alte Dossiers abgeschlossen, Dossiers, die latent diskutiert werden, weitergebracht, sodass sie in der jetzigen Präsidentschaft, in der finnischen, oder in der nächsten Präsidentschaft, der deutschen, abgeschlossen werden können.
Österreich – das ist auch nicht unwichtig – hat für sich, für Österreich, für die Politik in Österreich, für die Reformfreudigkeit, auch für die Schönheit des Landes, als Tourismusland einladend Werbung gemacht. Da kann man sagen, was man will, über Gugelhupf oder über Kaiserschmarrn oder was auch immer: Das war wichtig, das war gut so. Wir haben uns den Menschen angenehm in Erinnerung gebracht und bleiben so in Erinnerung. Den ersten Preis in Lieblosigkeit, Herr Bundeskanzler, wie Sie das genannt haben, wollten wir nicht haben – und den werden wir auch nie bekommen, davon sind wir weit entfernt.
Nicht nur die tausenden Artikel, die es in der ganzen Welt in diesem Zusammenhang gegeben hat und die auch der österreichischen Wirtschaft sehr helfen werden – es ist ja unbestritten, wenn man mit Wirtschaftlern redet; die freuen sich, dass wir das so gut gemacht haben –, sind es, sondern es wird auch darüber geredet. Die Mundpropaganda ist sehr wichtig.
Da darüber geredet wird, darf ich berichten: In Rabat stand ein sehr ernstes Thema, ein wichtiges Thema zur Diskussion: Migration. Wie können wir diese Menschenströme aus Afrika über Südeuropa nach Mitteleuropa managen, in den Griff bekommen, die Situation verbessern? – Österreich hat den Impuls gegeben, insbesondere der zuständige Ratspräsident Schüssel, aber auch die Außenministerin und die Innenministerin, Österreich hat in Klosterneuburg den Impuls für diese Konferenz gegeben. Und es war einhellig der Tenor hinter den Kulissen: Da sind einige wachgerüttelt worden. Große betroffene Länder wie Frankreich und Spanien, aber auch andere sind mit zwei Ministern vertreten gewesen – Außenminister, Innenminister – und haben erstmals offen über diese ernste Problematik gesprochen: Wie können wir Vereinbarungen treffen,
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 58 |
dass es gar nicht zu dieser Migration kommt? Wie
können wir es „handlen“, dass illegale Migranten, wenn
sie aufgegriffen werden, wieder zurückgeführt werden können?,
und Ähnliches mehr.
Bei dieser Konferenz vorgestern in Rabat, in Marokko, hat es kein Statement gegeben, in dem der österreichischen Präsidentschaft nicht gedankt wurde für diesen Anstoß, aber auch insgesamt eine Gratulation ausgesprochen wurde zu der hervorragenden Präsidentschaft Österreichs, in der die Zusammenarbeit mit Europa und damit die Zusammenarbeit Europa – Afrika, kontinentübegreifend, weitergebracht wurde. So wird das außerhalb Europas auch gesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Barroso hat gemeint, Österreich schreibe EU-Geschichte.
Vanhanen, der jetzige Ratspräsident, hat gemeint, der
österreichischen Präsidentschaft müsse man
zwölf Punkte zusprechen, also die maximale Punktezahl wie beim
Eurovision Song Contest, den ja Finnland gewonnen hatte. Er hat es damit
verglichen. Also: Höchstpunktezahl. (Ironische Heiterkeit des Abg.
Dr. Puswald.)
Wie auch immer man darüber denkt – ich glaube, wir haben guten Grund, auch positiv über diese Ratspräsidentschaft zu reden und zu denken. Das ist sehr wichtig.
Erlauben Sie mir, nur einige Punkte aus meinem Verantwortungsbereich zu erwähnen: die Verkehrssicherheit zum Beispiel. Da ist Österreich in einer Vorreiter- und Vorbildrolle. Ich habe deshalb Verkehrssicherheit zu einem Schwerpunkt der Ratspräsidentschaft in Sachen Transport und Verkehr gemacht, und Ergebnis war erstmals überhaupt eine europaweite gemeinsame Straßenverkehrssicherheits-Kampagne, in der man Alkoholmissbrauch, Drogenmissbrauch, Müdigkeit gemeinsam europaweit bekämpft. Das ist enorm wichtig, weil man mit demselben Geld viel mehr tun kann, wenn man vorhandene Aktivitäten und Sujets mit verwenden kann.
Ich glaube, das ist eine gute Sache im Hinblick darauf, dass wir europaweit die Zahl der Verkehrstoten bis 2010 halbieren wollen und damit viel menschliches Leid verhindern werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Dass im März in zweiter Lesung die Eurovignette beschlossen werden konnte, eine Sache, für die wir Österreicher jahrelang gekämpft haben, ist auch sehr positiv zu vermerken, aber nicht nur, weil wir damit, was die Mautklage betreffend Brenner betrifft, verhindern konnten, dass wir Millionen abführen müssen und auch in Zukunft jährlich etwa 46 Millionen € an Rabatten, an Reduktion von Mauten abführen müssten, nein, nicht nur deshalb, sondern auch, weil erstmals zum Beispiel die Querfinanzierung als Möglichkeit zur Forcierung des umweltverträglichen Verkehrsträgers Schiene im Europarecht festgeschrieben wird – vielen ist noch gar nicht bewusst, was das für ein Meilenstein, für ein historischer Schritt in der europäischen Verkehrspolitik ist –, aber auch, weil bis 2008 – Kompliment an die Grünen!, kommt von mir selten genug, aber heute sehr ehrlich, Sie haben es nämlich im Europaparlament ordentlich gepusht – auch externe Kosten in die Mautberechnungen mit eingerechnet werden.
Das sind Erfolge, für die wir von Österreich aus und während der österreichischen Präsidentschaft sehr erfolgreich gekämpft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Etwas untergegangen ist die Tatsache, dass seit fast sechs
Jahren etwas diskutiert wird, das sehr wichtig ist, nämlich gerade
für kleine und mittlere Betriebe, aber auch sehr wichtig für den
öffentlichen Verkehr, den wir alle in vielen Reden forcieren wollen, indem
wir sagen, wie wichtig und umweltfreundlich er ist, indem wir von der Reduzierung
des Individualverkehrs reden und Pipapo. (Abg. Öllinger:
„Pipapo“, das passt für Sie!)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 59 |
Den öffentlichen Verkehr betreffend wurde eine Richtlinie diskutiert, nämlich: Darf man direkt vergeben oder muss man öffentlich ausschreiben? – Zweiteres, um das Ganze zu attraktivieren, um den Markt zu beleben durch Liberalisierung, Ersteres aber, Direktvergabe, Schulbusse zum Beispiel an Kleinunternehmer, die im großen Konzert des Wettbewerbs untergehen würden.
Da eine Balance zu finden, war schwierig. Die EU hat auch sechs Jahre gebraucht, bis die österreichische Präsidentschaft das geklärt und geregelt hat. Wir haben im Juni bei einem Verkehrsministerrat diese so genannten PSO – public service obligations – beschlossen, mit nur vier Enthaltungen. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass Österreich imstande ist – und das haben wir uns ja vorgenommen –, zu vermitteln, dafür zu sorgen, dass man aufeinander zugeht, dass der Geist der Zusammenarbeit, der Geist, auch an die Probleme des anderen zu denken, gefördert wurde. Es heißt, eine atmosphärische Verbesserung während des österreichischen Vorsitzes hat auch zum Abschluss von alten, viel diskutierten Dossiers geführt.
Meine Damen und Herren! Auch Marco Polo 2 – nirgends hat man es gelesen – wurde beschlossen, ein Programm, das besonders die Verlagerung des Straßengüterverkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger wie Eisenbahn, wie Meeresautobahnen oder Binnenschifffahrt fördert. Das ist auch ein Programm, das lange diskutiert wurde und während der österreichischen Präsidentschaft abgeschlossen werden konnte. Der Spatenstich für den Brenner-Basistunnel ist ein äußeres Zeichen und Symbol dafür.
In Summe, meine Damen und Herren, glaube ich, ist Österreich inhaltlich sehr wohl herzeigbar unterwegs gewesen, aber vor allem atmosphärisch bleibt Österreich in der Erinnerung und im Munde vieler: als neutraler Vermittler, als fairer und ehrlicher Makler. Österreich ist nicht nur – das ist klar geworden – Teil dieser Europäischen Union, Österreich ist vielmehr wichtiger Partner und Vermittler, ja da und dort sogar Motor dieser Europäischen Union und dieses Gedankens, und das soll so bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
11.56
Präsident Dr. Andreas Khol: Ans Rednerpult gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. h.c. Schieder. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.
11.57
Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Hohe Bundesregierung! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sie haben jetzt 30 Minuten Regierungsbank erlebt, 1 800 Sekunden ohne eine einzige Sekunde der Selbstkritik. Der gelernte Österreicher kennt unsere Debatten und weiß es: Meistens finden die einen alles gut und dann die anderen alles schlecht. Und er schließt daraus, dass wahrscheinlich beides nicht ganz stimmen wird.
Ich gebe auch zu, dass es eine große Verlockung ist,
auf ein Übermaß an Eigenlob der Regierung mit einem
Übermaß an oppositioneller Kritik zu antworten, um quasi die
Wahrheit als arithmetisches Mittel zu errechnen. Ich möchte dem aber
widerstehen und mich bemühen, Positives und Negatives des
Vorsitzes zu sehen. (Beifall bei der SPÖ.)
Als einer, der sehr lange als Abgeordneter in diesem Hause ist – meine erste Rede habe ich vor mehr als 36 Jahren von diesem Pult aus gehalten, und das ist noch nicht die letzte –, weiß ich natürlich, dass die Dinge nicht so schwarz-weiß sind, wie sie meist gemalt werden. Daher: Zur Frage der Durchführung, der Organisation der Präsidentschaft und der Präsentation unseres Landes wirkliches Lob! Vom ausgezeichneten Logo bis zum perfekten Ablauf haben die Verantwortlichen und die tausenden MitarbeiterInnen großartige Arbeit geleistet! (Allgemeiner Beifall.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 60 |
Das war nicht bloß geschickte Inszenierung, statt großartig zu sein, wie es leicht abfällig ein führendes deutsches Blatt nannte. Für Österreich kam es darauf an, zu zeigen, dass ein kleines Land in der Durchführung der Präsidentschaft den großen nicht nachsteht, kam es darauf an, zu zeigen, dass Wien wunderschön und zu Recht internationaler Sitz und bedeutende Kongressstadt ist, war es wichtig, über Wien hinaus die Vielfalt des ganzen Landes und auch die anderen Städte zu präsentieren.
Ein Tourismusland lebt von seinem Bild in der Welt, lebt davon, dass Gastfreundschaft, Schönheit, Charme und angenehme Atmosphäre verbunden mit Professionalität vermittelt werden, und das ist durch den Vorsitz gut gelungen, wie auch schon beim ersten Mal, als Österreich den Vorsitz hatte.
Es hat aber auch Überinszenierungen, zu viel Selbstdarstellung und Übertreibungen gegeben: Das Café d’Europe wäre so ein Beispiel im Veranstaltungsbereich, die etwas übertriebenen Vorkehrungen beim Bush-Besuch eines im Sicherheitsbereich.
Hohes Haus!
Eine gute Organisation hat ihren Preis.
Aber es ist bedauerlich, dass wir noch keine wirkliche Aufstellung über
die Kosten erhalten haben. Der Bundeskanzler hat heute hier eine Zahl genannt,
die Außenministerin vor kurzer Zeit eine andere. In Wirklichkeit sind wir
bezüglich der Kosten auf die Beantwortung unserer schriftlichen Anfragen
angewiesen. Wir wollen wirklich nicht – ich weiß gar nicht, ob
es den Begriff überhaupt schon gibt – Cent-Fuchserei betreiben
und wir wissen auch, dass den Ausgaben Marketingwert, Imagegewinn und
Umwegrentabilität gegenüberstehen, dennoch muss man auch die Kosten
kennen, um Angemessenheit, Budgetierungsqualität und auch
Kosten-Nutzen-Relation transparent zu machen. Darauf haben nicht nur wir Parlamentarier,
sondern hat auch die Öffentlichkeit ein Recht. Und: Wer die wirklichen
Kosten nicht nennt, wird sich Vermutungen gefallen lassen müssen. (Präsidentin
Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)
Was das Inhaltliche
betrifft, ist zu sagen: Gut gewählt war der außenpolitische Schwerpunkt
Westbalkan, Südosteuropa. Hier hat Österreich Kompetenz und Erfahrung
und die konnten wir auch wirklich einbringen. Bei den vom Bundeskanzler so
genannten Großbaustellen, da war es so wie bei den meisten
Großbaustellen in der Wirklichkeit. Das meiste wurde nicht zeitgerecht
fertig. Bei der Dienstleistungsrichtlinie konnte zwar auf Basis der Vorarbeiten
im Europäischen Parlament ein Kompromiss erzielt werden, bei der
Wegekostenrichtlinie wurde auf die bestehende Lösung aufgebaut, wobei die
wichtige Frage der Einberechnung der externen Kosten, also Schäden an
Gesundheit und Umwelt durch Güterverkehr, auf die Kommission und die
nächsten Jahre verlagert wurde.
Teilerfolge gab es
bei der finanziellen Vorschau und der Subsidiarität. Die Verfassung wurde
zwar für untot erklärt, aber das Zieldatum 2009 des Treffens in
Klosterneuburg fand dann leider nicht Eingang in die Schlussfolgerungen des
Gipfels.
Bei Wachstum und
Beschäftigung setzte sich der Frühjahrsgipfel ein unambitioniertes
Ziel, das voraussichtlich allein durch die verbesserte Wirtschaftslage schon
erreicht wird. Bei Arbeitszeitrichtlinien und Alpenkonvention ist nichts
wirklich weitergegangen. Die großen Ankündigungen in den Bereichen
Frauenpolitik, Tierschutz, Entwicklungspolitik sowie Forschung und
Entwicklung sind zum Teil Ankündigungen geblieben.
Wenn wir uns also
den großen Fragen, den Lebensfragen der EU zuwenden, also
Europäische Union als Schutz gegen die negativen Auswirkungen der
Globalisierung, Europäische Union als soziales Projekt, Europäische
Union als demokratisches Projekt, als Bürgerprojekt, und wenn wir uns
mit den Fragen der weiteren Entwicklung der Union beschäftigen, dann kann
man von einem einzelnen Präsidentschaftssemester sicher nicht
Gesamtlösungen erwarten; klare Erklärungen und deutliche Schritte
allerdings schon.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 61 |
Parteivorsitzender
Dr. Alfred Gusenbauer hat zu Jahresbeginn die Messlatte der Sozialdemokratie
für eine erfolgreiche Präsidentschaft genannt. Ich zitiere:
„Gelingt es,
die soziale Schieflage in der EU zu korrigieren, oder zumindest erkennbare
Fortschritte zu machen? Gelingt es, wirksame Maßnahmen gegen eine Politik
des Steuerdumpings in der EU zu ergreifen, um zu verhindern, dass die
Finanzierung der Systeme sozialer Sicherheit untergraben wird? Gelingt es,
Konsens darüber herzustellen, dass es auch im Arbeitsleben faire
europäische Standards geben muss? Das würde unter anderem
bedeuten, dass die Bundesregierung von ihrer bisherigen Position zur
Dienstleistungsrichtlinie abrückt und anstatt des Herkunftslandprinzips
das Bestimmungslandprinzip prägen soll. Gelingt es, einen Pakt zur
Absicherung der Leistungen der Daseinsvorsorge zu schließen? Gelingt es,
durch entsprechende Vereinbarungen in der EU den freien Hochschulzugang in
Österreich abzusichern? Gelingt es, dem europäischen
Verfassungsprojekt einen neuen Impuls zu geben und die Grundlagen für ein
gesamteuropäisches Referendum zu schaffen?“ (Abg. Dr. Fekter: Es ist gelungen!)
Gusenbauer weiters: „Gelingt es, eine Mehrheit in der EU dafür herzustellen, dass die politische Konsolidierung der Europäischen Union Vorrang hat vor künftigen Erweiterungen und, dass vor allem der österreichische Vorsitz eine exakte und nachvollziehbare Definition von dem durchführt, was man gemeinhin unter der ,Aufnahmefähigkeit’ der EU versteht? Gelingt es, eine Renaissance der Atomenergie in der EU zu verhindern und ein Umdenken in Richtung erneuerbare Energien und Energieeffizienz durchzusetzen?“
Einiges von dem, meine Damen und Herren, wurde vom österreichischen EU-Vorsitz, wie erwähnt, angesprochen. Einige der Fragen wurden auch tatsächlich gelöst. Die großen Fortschritte, die wirklichen Durchbrüche blieben aus.
Aber das war leider zu erwarten: Eine Regierung, die im eigenen Land den neoliberalen Kurs einschlägt, wird ihm nicht auf europäischer Ebene gegensteuern. (Abg. Scheibner: Sagt das auch der Gusenbauer?) Da setzt der Kurswechsel für eine europäische Politik schon einen Kurswechsel im eigenen Land voraus. Aber dazu ist ja in Österreich im Herbst Gelegenheit. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Der Anfang war ja gut!)
12.06
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger zu Wort. Ebenfalls 10 Minuten Redezeit. – Bitte.
12.06
Abgeordneter Dr. Michael
Spindelegger (ÖVP):
Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr
Vizekanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Wenn man jetzt
die Rede des Kollegen Schieder,
über weite Teile den „großen“ Parteivorsitzenden
zitierend, noch einmal Revue passieren lässt, so erinnert man sich an das
alte China, in dem die Reden des Mao Tse-tung, des Großen Vorsitzenden zitiert
wurden. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist nicht das, was
wir anlässlich dieser EU-Präsidentschaftsdebatte
tun wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen –
BZÖ.)
Aber ich möchte doch anerkennend sagen – wir erwarten normalerweise von der Opposition Häme und Alles-schlecht-Machen –: Heute hat Kollege Schieder ja den Vorsitz gelobt. Darüber freue ich mich. Das zeigt eines, meine Damen und Herren: Wenn sogar die Opposition den Vorsitz Österreichs lobt, dann muss er wirklich ausgezeichnet
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 62 |
gewesen sein – und das war er auch! (Beifall
bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.) Das war ein exzellenter Vorsitz in diesen sechs Monaten.
Das sagen auch die
Österreicherinnen und Österreicher. Wir haben Ende Juni eine Umfrage
präsentiert bekommen, laut der 80 Prozent der Bevölkerung auf
diesen Vorsitz und auf die österreichische Vorsitzführung stolz
sind (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten
von Freiheitlichen – BZÖ) und laut der – das ist
auch ein besonderes Lob für den Bundeskanzler – 74 Prozent
der Befragten sagen, Wolfgang Schüssel habe diesen Vorsitz als
Ratspräsident sehr staatsmännisch und souverän gemeistert.
Meine Damen und
Herren, auch das ist ein Grund, über den wir uns freuen können! (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn wir heute resümieren und nach sechs Monaten
fragen, welche Bilanz wirklich zu ziehen ist, so möchte ich als ersten
Punkt durchaus nennen: So viel Inhalt in sechs Monaten einer
Präsidentschaft hat kaum ein anderes Land in diese Europäische Union
hineingebracht. (Abg. Reheis: Das ist überheblich!)
Meine Damen und Herren! So viel Inhalt wie in diesen sechs Monaten gab es kaum unter einem Vorsitz – und das kann uns durchaus stolz machen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.) Das ist vor allem unter folgendem Gesichtspunkt zu betrachten: Was bleibt von einem Vorsitz?
Der Bundeskanzler hat am Beginn seiner Rede erwähnt, dass in erster Linie das Thema Arbeitsplätze beim ersten Gipfel im Zentrum der Diskussionen stand – und das ist auch richtig so. Man hat gemeinsam durch einen Beschluss festgelegt, jedes Jahr 2 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze bis 2010 zu schaffen, das heißt, in den Jahren von 2006 bis 2010 insgesamt 10 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze in Europa und die Verpflichtungen der einzelnen Mitgliedstaaten dazu. Das ist es, was wir brauchen: Jobs in Europa, damit der Wirtschaftsmotor läuft und damit alle Leute eine Arbeit haben, in der sie sich verwirklichen können. Das ist eine Zielsetzung, zu der wir voll und ganz stehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, es gab den Schwerpunkt neue Energiepolitik. Auch das ist uns besonders wichtig. (Demonstrativer Beifall des Abg. Hornek.) Zum ersten Mal überhaupt hat sich die Europäische Union darauf festgelegt, neue Ziele zu definieren. Das, was dabei beschlossen wurde, kann sich auch sehen lassen, nämlich Alternativenergien zu fördern und den Biospritanteil wesentlich zu steigern. Das ist den Grünen vielleicht nicht genug, das haben sie immer wieder kritisiert, aber vergleichen wir das mit anderen Präsidentschaften! Als Ihr Aushängeschild in Europa, Joschka Fischer, Außenminister in Deutschland war, gab es keinen einzigen Vorstoß in Richtung einer neuen Energiepolitik! Das ist der österreichischen Präsidentschaft vorbehalten geblieben. Darauf können wir auch stolz sein! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Lunacek: Die Deutschen haben es wenigstens gemacht!)
Zu Recht hat Kollege Schieder den Schwerpunkt Südosteuropa, Westbalkan erwähnt. Da wurden Initiativen gesetzt, die weit in die Zukunft reichen. Ich halte das für völlig richtig. Gerade wir als das Land in der Nachbarschaft sind von jeder Krise auf dem Balkan betroffen. Darum haben wir größtes Interesse daran, dass es dort Stabilität gibt, dass es dort Wachstum gibt, dass es dort vor allem Zukunftshoffnung gibt in Richtung Europa. Diese österreichische Präsidentschaft hat auf Schiene gebracht, dass der „Zug Westbalkan“ in Richtung Europa fährt. Das ist eine sehr weit reichende Konsequenz, die ich besonders unterstreichen möchte.
Meine Damen und Herren! Wir haben auch einen vierten inhaltlichen Schwerpunkt gesetzt, der vielleicht noch ein wenig unterbelichtet wurde. Die Subsidiaritätskonferenz,
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 63 |
die in St. Pölten stattgefunden hat, hat eines klar aufgezeigt: Europa fängt zu Hause an! Das bedeutet in der politischen Umsetzung, dass man eben auch umdenken muss und viel mehr die Regionen, viel mehr die nationalen Mitgliedstaaten wieder einbinden muss, dass man die Gesetzgebung auch wieder von unten aufbaut – und nicht von oben diktiert.
Die Kommission hat sich freiwillig dazu bereit erklärt,
ab sofort alle Vorschläge einer Art Vorbegutachtung durch die nationalen
Parlamente zu unterziehen. Das ist schon ein bemerkenswerter Fortschritt, denn
wir alle haben gehofft, dass das mit der Europäischen Verfassung
Wirklichkeit werden wird. Jetzt haben wir das vorweggenommen. Dafür hat
sich auch das österreichische Parlament mit all seinen Institutionen sehr
stark gemacht, nämlich die nationalen Parlamente in einer neuen Rolle in
Europa zu definieren – und das ist gelungen. Das wird eine weit
reichende Konsequenz haben, die ich sehr begrüßen möchte. (Abg.
Dr. Cap: Sehr chinesisch!)
Geschätzte Damen und Herren! Bundeskanzler Dr. Schüssel hat auch das Krisenmanagement erwähnt – und ich glaube, Herr Kollege Cap, sogar Sie können stolz darauf sein, dass man den Vorsitz in dieser professionellen Art und Weise über die Bühne gebracht hat, denn die Gefahren, die diesbezüglich bestanden haben, waren enorm. Denken Sie nur an all das, was sich rund um den Karikaturenstreit auch in Europa abgespielt hat! Sehr leicht hätte da durch eine fehlgeleitete Reaktion einer Präsidentschaft ein Flächenbrand entstehen können, ein Flächenbrand, den wir absolut nicht brauchen. Da wurde in professioneller Gelassenheit genau das getan, was richtig ist, nämlich die Sache herunterzuspielen, den Dialog aufzunehmen und keine Eskalation in irgendeiner Art und Weise zuzulassen. Das war, so glaube ich, eine exzellente Leistung der österreichischen Präsidentschaft in dieser krisenhaften Situation! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Vieles andere ist auch weitergegangen. Herr Vizekanzler Gorbach hat erwähnt, dass auch alte Projekte der Europäischen Union, die festgefahren waren, wieder flottgemacht wurden. Ich freue mich auch, dass es in Bezug auf den europäischen Führerschein einen Durchbruch gegeben hat.
Ich halte es für sehr wichtig, dass das EU-Budget beschlossen wurde.
Die Dienstleistungsrichtlinie hat Herr Bundesminister Bartenstein durch seine Verhandlungsführung zu einem Kompromiss gebracht.
Wenn wir all das resümieren, können wir erkennen, dass in dieser Präsidentschaft tatsächlich eines gelungen ist, nämlich dass Österreich durch seine Art der Vorsitzführung das Vertrauen der anderen Staaten in der Europäischen Union auch in die Zukunft dieser Union festigen konnte. Das ist ein Punkt, der wahrscheinlich für die Zukunft eine große Bedeutung haben wird, denn die Skepsis ist überall groß. Und wenn eine Krise einmal durchschlägt und man bemerkt, es läuft nicht in die richtige Richtung, dann gibt es eine große Verzagtheit gerade bei den Europäern.
Durch die österreichische Präsidentschaft sind hier Akzente gelungen, das in ein anderes Fahrwasser zu lenken, wieder mehr Schwung in Europa deutlich zu machen und damit auch das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in dieses Friedensprojekt Europa zu festigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Wenn wir sehen, was andere dazu sagen, dann muss ich sagen, das ist schon eine wirklich beachtliche Bilanz. Wenn man sich all das vergegenwärtigt, was andere Staatsoberhäupter, was andere Regierungschefs, was auch andere Parlamentarier zu diesem österreichischen Vorsitz sagen, dann kann uns das durchaus mit Genugtuung erfüllen. Jacques Chirac, französischer Staatspräsident und nicht gerade erster Öster-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 64 |
reichfreund, sagte, die Österreicher haben eine exzellente Präsidentschaft hingelegt, voller Dynamik, Autorität und Ideenreichtum. – Beachtenswert!
Frank-Walter Steinmeier, deutscher Außenminister, sagte, die österreichische Ratspräsidentschaft war beispielhaft für Europa. Sie hat ganz ausgezeichnete Arbeit geleistet. – Ein deutscher Sozialdemokrat!
Und wenn ich Martin Schulz zitiere, Ihren Kollegen im
Europäischen Parlament, der dort die Sozialdemokraten anführt und der
sagte, er müsse vor allem die enorme Präsenz von Schüssel
und dessen Mannschaft im EU-Parlament und die enge Kooperation mit den EU-Abgeordneten
anerkennen, dann ist das durchaus etwas, wo es Ihnen auch nicht schlecht
anstünde, das einmal anzuerkennen. (Abg. Dr. Gusenbauer:
Eine ziemlich chinesische Rede!)
Meine Damen und Herren! Insgesamt, so denke ich, kann man
wirklich eine positive Bilanz ziehen. Ich möchte mich namens meiner
Fraktion bei allen Damen und Herren, die die über 3 000 Sitzungen in
diesem Halbjahr vorbereitet, geleitet und Gespräche geführt haben,
herzlich dafür bedanken, dass sie das in dieser exzellenten Art und Weise
über die Bühne gebracht haben! (Beifall bei der ÖVP, den
Freiheitlichen – BZÖ sowie der Abgeordneten Schieder und
Mag. Lunacek.)
Ich möchte mich natürlich bei den Mitgliedern der Bundesregierung bedanken: mit dem Respekt eines Parlaments vor einer Regierung, die als Visitenkarte Österreichs in Europa eine sehr gute Arbeit hingelegt hat. Meine Anerkennung, meine Damen und Herren der Bundesregierung, für diese Art der Präsenz und der Darstellung Österreichs in diesem Vorsitz!
Ich möchte daher insgesamt eine Schlussfolgerung ziehen, die da lautet: Wenn man Wolfgang Schüssel und sein Team arbeiten lässt, dann profitiert und gewinnt Österreich. Das ist ein Motto, das uns auch für die Zukunft, auch für den Wahlgang im Herbst, zuversichtlich stimmen kann. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
12.16
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.
12.16
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Kollege Spindelegger, ganz einfach machen Sie es einem ja auch nicht. Kaum bemüht man sich – auch als Oppositionspolitiker – wie Kollege Schieder, irgendwie halbwegs neutral zu schildern, wie man die österreichische diplomatische Performance et cetera einschätzt, verwenden beziehungsweise missbrauchen Sie das als Argument: Na ja, wenn die Opposition das schon nicht alles schlecht findet, dann muss es einfach hypergenial, super, großartig und einmalig gewesen sein (Rufe bei der ÖVP: Ja eh!), dass es ärger nicht mehr geht. Machen Sie es uns doch nicht so schwer! Was soll das? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Ich finde, wenn Sie jetzt nicht die österreichischen Medien anschauen und vor allem nicht die Kommentare des Herrn Kollegen Spindelegger – ich habe ehrlich gesagt die Worte von Bundeskanzler Schüssel fast wohltuend neutral empfunden verglichen mit dem, was uns die ÖVP-Kollegen jetzt wieder zumuten –, aber wenn Sie die internationalen Medien zu diesem Thema anschauen, so würde ich sagen: Die faire Bewertung unter dem Strich ist, die österreichische Präsidentschaft war okay, aber nicht aufregend. (Abg. Großruck: Muss ja nicht sein!) – Muss ja nicht unbedingt sein, da haben Sie schon Recht, Herr Kollege, aber ich glaube, damit wird gesagt, in den großen Fragen wie zum Beispiel dem Verfassungsvertrag oder der Entscheidungsfähigkeit der
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 65 |
Union stehen wir halt dort, wo wir auch vor
einem Jahr gestanden sind. Ich sage nicht, dass das die Schuld der österreichischen
Präsidentschaft ist, sondern das ist der Zustand der Union. (Abg.
Dr. Fekter: Nein! Wir sind schon weiter!)
Bevor ich fortfahre, möchte ich schon sagen, dass auch
aus der Sicht der bescheidenen Opposition dieses Hauses die
österreichische Diplomatie – und damit meine ich jetzt alle,
nicht nur die Beamten und Angehörigen des Bundesministeriums für
auswärtige Angelegenheiten, sondern auch alle anderen in den
übrigen Ministerien, in den Botschaften und so weiter – hier
wirklich eine erstklassige Performance geboten hat. Das muss man sagen! (Allgemeiner
Beifall.)
Es ist bei solch einer Hyperaufgabe, wo ja Tausende von Meetings, Hunderte von mehr oder weniger wichtigen Begegnungen zu organisieren sind, unvermeidlich, dass einmal eine Panne passiert. Aber es kann keine große Panne passiert sein, jedenfalls keine, die an die Öffentlichkeit gedrungen ist.
Es war organisatorisch und klimatisch ausgezeichnet. Ich
denke, auch in vielen kleineren, von der Öffentlichkeit jetzt nicht
so wahrgenommenen Dingen sind Fortschritte erzielt worden. Ja, aber wir
sollen nicht so tun, als würde Österreich angesichts der Verdienste
um die EU-Präsidentschaft jetzt sozusagen die würdige Nachfolge der
Habsburger im Heiligen Römischen Reich antreten. (Abg. Dr. Fasslabend:
Schlecht?)
Ein bisschen wird das Bild natürlich auch positiv gefärbt durch die Vorgeschichte. Luxemburg ist, finde ich, als Präsidentschaft bravourös gescheitert, nämlich mit dem wichtigsten Anliegen, dem Budgetentwurf für die Union. Aber ich finde das gut: mit einem großen Projekt ehrenhaft scheitern. Jean-Claude Juncker ist in seinem politischen Nachruf Jahre später dadurch kein Schaden entstanden. Also: bravourös, aber gescheitert.
Im Gegensatz dazu: Die britische Präsidentschaft hat alle Vorurteile, die man gegenüber den Briten in der Union haben kann, bravourös bestätigt. Sie haben absolut nichts getan. Allerdings: Gegen Ende der Präsidentschaft ist auf wunderbare Weise der Budgetentwurf zustande gekommen, der dann unter österreichischer Präsidentschaft mit dem Parlament noch verhandelt werden musste. Aber im Wesentlichen ist dieser Entwurf unter britischem Vorsitz zustande gekommen. So ungerecht kann die Welt sein. Diesen Erfolg habe ich der britischen Präsidentschaft nicht gegönnt – ich sage es ganz offen hier in diesem Hause –, angesichts ihres Verhaltens in anderen Dingen.
In der Energiepolitik sehe ich das schon ein bisschen differenzierter als Sie, Herr Kollege Spindelegger. Es ist richtig, dass auf europäischer Ebene, jedenfalls einmal auf Beschlussebene, auf der Ebene des Papiers, wesentliche Fortschritte erzielt worden sind in Bezug auf das Ernstnehmen der so genannten erneuerbaren Energien und insbesondere der Energieeffizienz, wo es um die Frage geht: Wie können wir Energieeinsatz sparen ohne Komfortverlust? – Und in Österreich machen wir genau das Gegenteil, nämlich Sie von der ÖVP und Sie vom BZÖ, indem Sie die Förderung der erneuerbaren Energien drastisch zurückgefahren haben, gerade im Juni dieses Jahres. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!) – Ja wenn das nicht stimmt, dann, glaube ich, ist Ihnen mit Zahlen und Fakten überhaupt nicht mehr beizukommen. (Beifall bei den Grünen.)
Was Deutschland betrifft, Herr Kollege Spindelegger, mag es richtig sein, dass Joschka Fischer als Außenminister sein Herzblut vielleicht nicht in der erneuerbaren Energie gesehen hat. Das kann ich gar nicht beurteilen. Tatsache ist aber, dass in Deutschland eines der besten Gesetze zur Förderung von erneuerbarer Energie in der ganzen Europäischen Union existiert. Reden Sie mit Leuten, die etwas davon verstehen, mit Unternehmern in Österreich, die in diesem Bereich tätig sind! Deutschland und Spanien werden regelmäßig als die Vorbildländer in diesem Bereich genannt – und nicht
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 66 |
Österreich, jedenfalls nicht seit der Kürzung der Förderung erneuerbarer Energien im Juni dieses Jahres! (Beifall bei den Grünen.)
Außerdem, Herr Bundeskanzler Schüssel: Hätten Sie uns letztes Jahr nicht vollmundig versprochen, dass im Rahmen des EURATOM-Vertrages Österreich wesentliche Initiativen setzen wird, dann wäre es jetzt nicht so offenkundig, dass im Rahmen des EURATOM-Vertrages aber schon gar nichts weitergegangen ist, ganz im Gegenteil: Auch Österreich konnte nicht verhindern, dass die Renaissance der Atomenergie innerhalb der Europäischen Union bevorsteht. Das ist wirklich ein schlimmes Zeichen für die Energiepolitik des 21. Jahrhunderts.
Ich habe mir erklären lassen, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in den letzten 30 Jahren 60 Milliarden € der Atomforschung zugebuttert haben – 60 Milliarden €! Wenn wir dieses Geld auch nur annähernd in die Forschung in den Bereichen Windkraft, Biomasse, Solartechnik, Photovoltaik gesteckt hätten, wären diese Technologien bei weitem wettbewerbsstärker, als sie es heute schon sind. Was sich im Atombereich abspielt, ist eine Wettbewerbsverzerrung erster Ordnung, die schon längst hätte beseitigt werden müssen, weil sie mit dem Grundgedanken des Binnenmarktes kollidiert. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Zur Wegekostenrichtlinie hat schon Kollege Schieder Stellung genommen. Wenn man Fortschritte in Millimetern liest, dann, muss ich sagen, hat es Fortschritte gegeben. Wenn wir noch 30 Jahre warten sollen, bis sich die Kommission und bestimmte Mitgliedstaaten zu einer Policy-Änderung bereit erklären, dann wird uns das in Österreich nicht genügen können angesichts der Verkehrsprobleme am Brenner und auf anderen Transitrouten.
Herr Bundeskanzler Schüssel, Folgendes ist mir
aufgefallen: Sie haben heute von der so genannten Aufnahmefähigkeit der
EU, der absorption capacity, als einem neuen Kriterium der Aufnahme
zukünftiger Mitgliedsländer gesprochen. (Bundeskanzler Dr. Schüssel:
Türkei! ... Türkei!) Ich habe Ihnen genau zugehört:
„Bedingung“ und „Kriterium“ haben Sie gesagt. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Türkei!) Im „Economist“ vom
1. Juli, das ist jetzt gerade zwei Wochen her, werden Sie zitiert mit der
Aussage, dass Sie bestätigen, diese „absorption capacity had not
been upgraded“ in den letzten Verhandlungen, das heißt, dass sie nicht
aufgewertet wurde. Und
Kommissionspräsident Barroso sagt ausdrücklich: This is not a
new criterion – I repeat: not a new criterion!
Das ist eben dieser Double-speak, der die Leute irritiert. In Brüssel sagt man, das ist eh kein neues Kriterium, in Österreich sagt man, nein, das ist jetzt ganz wichtig und wird viel stärker beachtet als vorher. Dieser Eindruck ist auch berechtigt, nur, meine Kollegen von der Volkspartei, wenn das immer im Kontext mit den nächsten Erweiterungskandidaten betrachtet wird, nicht im Zusammenhang mit der Türkei – die nächsten Beitrittsländer sind Kroatien und andere Länder des Westbalkans –, dann muss ich Ihnen sagen, das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, das wäre eine vollkommene Änderung der österreichischen Position, dass selbstverständlich all diese Länder ... (Abg. Mag. Molterer: Da haben Sie nicht zugehört, was der Bundeskanzler gesagt hat!) – Das wird gesagt, aber es wird gleichzeitig gesagt, dass diese absorption capacity eine ganz neue Bedeutung erhalten wird und nicht umsonst der Kommission der Auftrag erteilt wird, darüber nachzudenken und einen Bericht vorzulegen.
In Bezug auf den Westbalkan halte ich das für absolut kontraproduktiv, und ich bin dankbar, dass Bundesministerin Plassnik bei dem Salzburg-Gipfel zumindest erreicht hat, dass die Westbalkanländer die Erweiterungsperspektive behalten. Darüber muss man sich auch im Klaren sein, dass viele Mitgliedstaaten in der EU nicht einmal das wollen. Und es ist gar nicht so leicht, finde ich, der Öffentlichkeit immer wieder zu
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 67 |
erklären: Wer ist die EU? Wer ist es, der den Widerstand in der EU verkörpert? – Das sind in der Regel bestimmte Mitgliedsländer, die das machen, andere Mitgliedsländer, mit denen wir diese Streitigkeiten auszufechten haben, und in den seltensten Fällen die Kommission, die sehr wohl immer noch den Gedanken ... (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ah, danke, Herr Präsident, für die Mahnung! (Rufe: Frau! Frau!) – Frau Präsidentin, ich bitte sehr um Entschuldigung!
Ich komme zum Schluss. Eigentlich wollte ich noch über die Bürgernähe der EU reden und darüber, wie wenig in diesem Bereich weitergegangen ist. Das ist jetzt gar kein Vorwurf an Sie, Herr Bundeskanzler Schüssel. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig diese Sache ist. Nur: Wenn der sehr geschätzte Außenminister Sloweniens das Stichwort vom „europäischen Lebensmodell“ in einen Vortrag aufnimmt, dann, Herr Bundeskanzler Schüssel, ist das nicht ernsthaft ein Beweis für die Popularität dieses Stichworts. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.27
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Scheibner. Ebenfalls 10 Minuten. – Bitte.
12.27
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Als ich heute die Rednerliste gesehen habe, habe ich mich etwas gewundert, dass sich bei den Sozialdemokraten die Klubführung, die beiden Klubobleute nicht zu Wort melden, und habe mir gedacht: Ist das eine ...? (Abg. Öllinger: Und bei der ÖVP? – Abg. Krainer: Und wie ist das bei der ÖVP? Hat Sie das auch gewundert?) – Warten Sie, warten Sie! Sie regen sich schon wieder auf, bevor ich noch den Satz zu Ende gebracht habe. Ein bissel weniger Aufgeregtheit wäre schon angebracht!
Da habe ich mir gedacht: Heißt das, dass man dieser Frage zu wenig Bedeutung beimisst?, und habe dann die Rede des außenpolitischen Sprechers Peter Schieder gehört, und ich muss sagen, ich bin froh darüber, dass diese Entscheidung so getroffen worden ist. Die Klubführung der SPÖ soll sich um andere Dinge kümmern. Die Außenpolitik liegt beim Klubobmann-Stellvertreter Schieder in ganz guten Händen. Er hat diese differenzierte Sichtweise hier zum Ausdruck gebracht, mit Ausnahme des – das hat er wahrscheinlich sagen müssen – letzten Satzes, wenn er sagt, er wünscht sich eine andere Regierung, die das dann noch besser macht.
Herr Kollege Schieder, wenn man vergleicht ... (Abg. Schieder: Das wünsche ich mir wirklich!) – Ja, das glaube ich schon, aber ganz in deinem Inneren wirst du wahrscheinlich auch mit mir konform gehen und auch froh darüber sein, dass diese Regierung jetzt im Amt ist (ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Abg. Schieder: Nein, nein!), und vielleicht hoffen, dass diese Regierung auch weiter im Amt sein wird und nicht deine Partei an der Regierung beteiligt ist, denn das Chaos, das sich dann abspielen würde, wäre, glaube ich, auch nicht in deinem Sinne. – Du lachst, aber wir sind da, glaube ich, durchaus einer Meinung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Schieder schüttelt verneinend den Kopf.)
Wenn man sich die Kritiken der beiden Präsidentschaften ansieht, 1998 unter der Regierung Klima und 2006 unter der Regierung Schüssel–Gorbach, dann sieht man, die Zensuren fallen jetzt wesentlich besser aus. Damals, 1998, hat man der Präsidentschaft Österreichs noch – wie hat man gesagt? – „mildernde Umstände“ eingeräumt. Nicht viel passiert, aber auch nichts geschehen; herbe Kritik, Enttäuschung und so weiter – das war damals der Grundtenor.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 68 |
Und jetzt sehen wir Anerkennung, durchwegs Anerkennung auch dafür, dass ein kleines Land wie Österreich wirklich professionell, ambitioniert und auch mit Idealismus – und zwar nicht nur von Regierungsseite, sondern auch bis hinein in den diplomatischen Kreis, bis hinein in den Mitarbeiterbereich, jeder Botschaft – diese Aufgabe übernommen und sehr, sehr positiv umgesetzt hat. Ich glaube, diese Anerkennung ist nicht nur der Regierung, sondern auch allen Beteiligten wirklich zu zollen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)
Über die Ergebnisse wurde schon diskutiert, über die Frage der Finanzierung der Europäischen Union, die Dienstleistungsrichtlinie, die Wegekostenrichtlinie, die Verkehrssicherheit – Hubert Gorbach hat es angesprochen –, den europäischen Führerschein, viele Punkte, die andiskutiert worden sind. Selbstverständlich kann Österreich hier nicht die großen Weichen stellen. In einer Europäischen Union der 25, wo es sehr viele gegeneinander wirkende Kräfte gibt, kann man nicht erwarten, dass dieses Österreich sagt: So, jetzt haben wir die Präsidentschaft, und jetzt wird alles anders!, aber man kann Impulse geben, und das zumindest ist gemacht worden.
Sehr viele Punkte sind offen, aber nicht durch Schuld der österreichischen Präsidentschaft, sondern auf Grund der derzeitigen Situation in der Europäischen Union. Auch das muss man ansprechen. Und es ist richtig, was der Bundeskanzler gesagt hat: Wenn man die Präsidentschaft innehat, dann hat man es schwerer, eigene Positionen, nationale Interessen in die europäische Debatte einzubringen, als wenn das nicht der Fall ist. Das erwarten wir uns jetzt, und das erwarten sich auch die Österreicher, dass wir diese österreichische Position, was die Zukunft der Europäischen Union anlangt, jetzt ganz stark in die Debatte einbringen.
Wenn etwa Finnland, die finnische Präsidentschaft meint, für sie ist die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union kein wichtiger Schwerpunkt, dann erwarte ich mir von der österreichischen Außenpolitik, dass dieser Grundsatz, den wir richtigerweise im Rahmen unserer Präsidentschaft eingebracht haben, selbstverständlich auch weiter unterstützt wird: Ja, die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union im Hinblick auf weitere Erweiterungsschritte ist ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung, ob neue Mitgliedsländer in diese Union aufgenommen werden können. Dieser Grundsatz muss weiter unterstützt und verfolgt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es ist wichtig, dass neue Kandidatenländer die Kriterien für eine Mitgliedschaft erfüllen. Ich habe das immer gesagt – auch das war nicht die Entscheidung Österreichs –: Es war ein Fehler, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen, obwohl die Türkei nicht einmal das Kriterium erfüllt hat, dass von ihr alle Mitgliedsländer der Europäischen Union anerkannt werden. Da werden Grundsätze der Europäischen Union von der Europäischen Union selbst nicht ernst genommen. Wie kann man denn dann erwarten, dass man Druck auf andere Länder ausüben kann, dass sie diese Werte übernehmen und auch einhalten: Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte achten, Pressefreiheit, Rechte der Frauen? Das sind doch Werte, die wir in dieser Europäischen Union hochhalten. Wie kann man es unterstützen, dass man mit einem Land Beitrittsverhandlungen aufnimmt, das diese Grundwerte nicht achtet und auch nicht bereit ist, diese Grundwerte zu achten? Da haben wir Widersprüchlichkeiten in der Europapolitik, die sicherlich in die falsche Richtung gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
Zur Verfassungsfrage. – Auch in Österreich wird diskutiert: Wozu brauchen wir diese Verfassung? Gott sei Dank ist sie abgelehnt worden! Das ist alles unsinnig, das brauchen wir nicht! – Doch, wir brauchen eine europäische Verfassung, weil diese Europäische Union der 15 nicht für 25 oder 27 Länder ausgelegt ist. Auch hier ist zu kri-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 69 |
tisieren, dass man sich eine Nachdenkpause nach der anderen verordnet und sich in Wahrheit über Jahre hinweg über klare Lösungsansätze hinwegschwindelt.
Es wird langsam an der Zeit sein, dass man in anderen Modellen für ein gemeinsames Europa denkt, dass man sagt: Wenn wir möglichst viele europäische Länder in diese europäische Familie der Europäischen Union eingliedern wollen und auch nach außen stärker auftreten wollen, etwa im Rahmen einer gemeinsamen Außenpolitik, wenn wir eine gemeinsame Verteidigung unterstützen wollen, was ein wirklicher Vorteil für kleinere Länder wie Österreich wäre, dann muss es eine flexiblere Europäische Union geben, dann wird man dazu kommen müssen, dass nicht alle Länder dieser Europäischen Union gleich vertieft sein können, dass sie nicht alle gleich behandelt werden können, dass es – ich will nicht sagen, unterschiedliche Geschwindigkeiten – unterschiedliche Integrationstiefen wird geben müssen.
Deshalb haben wir dieses Modell des Bundes europäischer Staaten vorgeschlagen – nicht einen Bundesstaat wie die Vereinigten Staaten von Amerika, sondern einen Bund europäischer Staaten, wo jedes Land für sich selbst entscheidet, an welchen Integrationsmodellen und -modulen es teilnimmt. Dann wird sich eine Art Kerneuropa herausbilden – ich hoffe, Österreich kann dann an diesem Kerneuropa teilnehmen –, das das gesamte Spektrum dieser Integrationsschritte übernimmt: Währung, Wirtschaft, Sicherheit, Verteidigung, Außenpolitik. Darüber hinausgehend wird es andere Länder geben, die nicht dieses gesamte Spektrum abdecken können. Und im äußersten Kreis soll es eine Partnerschaft für Europa für all jene Länder geben, die nicht an dieser Union als Vollmitglied teilnehmen können oder wollen.
Das wäre eine interessante Perspektive für die Zukunft, für ein funktionierendes Europa, wo man sich nicht mit bürokratischen Finessen in Verträgen und in Gipfeln herumschlägt, wo man nicht darüber diskutieren muss, ob das Parlament jetzt dreimal, viermal oder fünfmal zwischen Straßburg und Brüssel hin- und herpendelt, sondern wo es wirklich darum geht, Zukunftsperspektiven für ein Funktionieren dieses gemeinsamen Europas zu schaffen.
Letztlich auch ein bisschen symbolhaft dafür ist die Sprache in dieser Europäischen Union, wenn man noch stolz darauf ist, dass man eine Sprache spricht, die niemand versteht, wo man „in Gipfeln“ redet: der Vertrag von Amsterdam, der Vertrag von Maastricht, die Petersberg-Aufgaben, der „JI“ – wer weiß, was der „JI“ ist? –, der Rat für Justiz und Inneres, und am Besten gefällt mir noch BESOGEKO. Damals beim BESOGEKO haben wir dieses und jenes beschlossen – niemand versteht das! Gemeint ist der Gipfel für Beschäftigung, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.
Solange Politiker, Beamte und Bürokraten dabei sind, denen es völlig egal ist, ob sie von der Bevölkerung verstanden werden, brauchen wir nicht darüber zu reden, ob es mehr Unterstützung für diese Europäische Union und für die wichtigen Fragen der Europäischen Union in der Bevölkerung gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Da brauchen wir auch nicht darüber zu diskutieren, ob es europaweite Volksabstimmungen oder Volksbegehren geben soll. Diese Grundsätze im Denken der Europapolitiker müssen geändert werden. Das wäre schon ein erster wichtiger Schritt, und da könnte auch Österreich Impulse geben.
Noch einmal danke für den Einsatz bei dieser Präsidentschaft. Ein wichtiger Schritt ist gemacht worden, wichtige kleine Schritte sind gesetzt worden, aber auf die wichtigen Weichenstellungen für ein Funktionieren der Europäischen Union auch in den nächsten 20, 30, 40 Jahren müssen wir noch warten, und wir erwarten uns in dieser Frage auch österreichische Impulse. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.38
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 70 |
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für die kommende Runde von fünf Wortmeldungen verteile ich jeweils 5 Minuten pro Redner/Rednerin, allerdings ohne Zusatz, also genau bei Abläuten bitte auch die Rede zu beenden.
Als Erster in dieser Runde gelangt Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort. Wie gesagt: 5 Minuten. – Bitte.
12.38
Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Teure Bundesregierung! Lassen Sie mich zunächst, Herr Bundeskanzler, sagen, ich bin auch froh, dass die Werte der Zustimmung zur Europäischen Union in Österreich zuletzt wieder etwas in die Höhe gegangen sind, auch wenn wir weiterhin das Land sind, das die größte Skepsis gegenüber der Union zeigt. Ich denke, dass für das Emporgehen dieser Werte natürlich mehrere Dinge verantwortlich sind.
Ein Aspekt mag durchaus sein, dass die Österreicherinnen und Österreicher auch stolz waren, dass Österreich in diesen sechs Monaten eine besondere Rolle in der EU gespielt hat. Das ist den Menschen in diesem Land nicht ganz Wurscht. Und ich denke, das sollte man durchaus auch positiv vermerken.
Das Zweite – und da möchte ich an etwas anschließen, was Kollege Van der Bellen vorhin gesagt hat –: Es ist, glaube ich, sehr, sehr nützlich, wenn das, was im Rahmen einer Präsidentschaft, auch der österreichischen Präsidentschaft, geleistet werden kann, einigermaßen realistisch und nüchtern dargestellt wird. Im Vergleich zu den Menschen, die von Regierungsseite und von den Regierungsfraktionen gesprochen haben, habe ich den Eindruck, dass der Bundeskanzler heute durchaus realistisch und nüchtern geblieben ist. Und dafür möchte ich auch danken, denn ich denke, das ist etwas, was die EU durchaus brauchen kann.
Ich möchte daher auch den Versuch unternehmen, anhand dieses sehr umfangreichen Berichtes – in diesem Fall der österreichischen Vertretung in Brüssel – über das erste Halbjahr ein paar Aspekte hervorzuheben, die noch nicht genannt worden sind – es sind einige genannt worden, und es sind einige auch durchaus mit Recht positiv genannt worden. Lassen Sie mich Folgendes sagen:
Zur finanziellen Vorausschau ist gesagt worden, was gesagt werden kann: Ja, Österreich hat seine Pflicht erfüllt. Das war schwierig. Es hätte auch noch besser ausgehen können, aber: Ist in Ordnung. Die Pflicht war mühsam, und sie ist erfüllt worden.
Im Bereich Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist nicht so viel gelungen, wie wir uns gewünscht hätten, aber es ist immerhin gelungen, im Bereich Forschung und Entwicklung zu klaren Selbstverpflichtungsentscheidungen der Mitgliedstaaten zu kommen, sodass in den nächsten Jahren die Mittel dafür auch wirklich erhöht werden.
Die Salzburger Westbalkan-Erklärung ist schon positiv angesprochen worden – und sie ist wichtig! Sie ist nur in einem gewissen Umfang auch in Konkurrenz mit der Diskussion um die Aufnahmefähigkeit, und mein Eindruck ist, dass viele von den Staaten, die derzeit noch nicht Kandidatenstatus haben, durchaus auch besorgt sind, ob eher das, was etwa in der Westbalkan-Erklärung für diese Staaten gesagt worden ist, Gültigkeit haben wird, oder eher die Vorsicht, die hinter dem Begriff der Aufnahmefähigkeit steht.
Ich denke, dass solche Dinge wie der Schweizer Finanzbeitrag und die Deblockierung dieses Schweizer Finanzbeitrages für die neuen Mitgliedsländer der EU wichtig sind. Das ist ein kleines technisches Detail, aber es geht um viel Geld! Und ich denke, solche Dinge sollte man in ihrem Zusammenhang ruhig erklären, weil sie zu den Details zählen, um die sich eine Präsidentschaft kümmern muss. – Hier ist professionell gearbeitet worden, und daher ist das gelungen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 71 |
Das Gleiche gilt etwa auch für die Finanzbeihilfe für die Palästinenser in der schwierigen Situation nach der Wahl der Hamas-Regierung. – Also auch das ist ein Punkt, den man durchaus positiv ansprechen kann.
Die Mehrwertsteuer-Einigung hat der Herr Bundeskanzler selbst angesprochen.
Ich darf aber meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, dass zum Beispiel ein Aspekt noch von überhaupt niemandem angesprochen worden ist: Wenn man sich den Bericht der österreichischen Vertretung über das erste Halbjahr ansieht, dann ist auffällig, dass das relativ erfolgreichste Ministerium das Justizministerium gewesen ist. Wenn man sich anschaut, welche Punkte die im ersten Halbjahr zustande gebracht haben, dann, denke ich mir, ist das doch zumindest eine Erwähnung von Seiten der Regierung wert! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.) – Es wundert mich, dass da überhaupt nichts erfolgt ist.
Natürlich ist das Arbeit, mit der man nicht faszinieren gehen kann. Die Frage, ob es ein europäisches Mahnverfahren gibt oder nicht, interessiert nicht wahnsinnig viele Menschen hier, aber für die Frage des Funktionierens eines gemeinsamen europäischen Rechtsraums ist das und sind andere Dinge – über außervertragliche Schuldverhältnisse, über das Bagatellverfahren, über die Zustellverordnung und, und, und – unglaublich wichtige Bausteine! Und ich möchte sagen, hier ist offenbar in aller Stille etwas gelungen, was nicht einmal dem Rest der Regierung aufgefallen ist – das finde ich bedauerlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich sagen, auch im Bereich des Innenministeriums ist das eine oder andere gelungen. Nicht alles davon hat uns gefallen – die Vorratsdatenspeicherung etwa finden wir nicht so begeisterungswürdig –, aber das ist nicht der Punkt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es ist gelungen, ein gemeinsames Informationssystem zustande zu bringen, es sind sonstige Dinge gelungen.
Frau Präsidentin! Mein Schlusssatz (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen): Ich denke, es ist durchaus anzuerkennen (Abg. Scheibner: Das geht nicht! Wir müssen das genau einhalten! Der Letzte fällt sonst wieder heraus!), dass von vielen hier sehr gute Arbeit geleistet worden ist (Abg. Mag. Molterer: Der Letzte fällt wieder heraus! – Abg. Scheibner: Das ist unmöglich!), und wir denken, dass insbesondere der Herr Staatssekretär im Außenministerium, aber auch die Justizministerin dafür Dank verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)
12.43
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend zu Wort. – Bitte.
12.44
Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde versuchen, in wenigen Minuten nüchtern und schwerpunktmäßig (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen) über diese österreichische Präsidentschaft Bilanz zu ziehen.
Zweifelsohne war die Ausgangssituation nicht leicht, weil wir uns in einer Phase befanden, wo es unmittelbar davor entscheidende Rückschläge gegeben hatte, wo die Zuversicht an einem Tiefpunkt war und wo auch das Vertrauen in das europäische Projekt enormen Schaden gelitten hatte.
Und wenn ich es zusammenfassen möchte, dann würde ich sagen: Es ist in diesen wenigen Monaten zweifelsohne nicht gelungen, alle Probleme zu lösen – das ist auch unmöglich. Aber was gelungen ist, ist, zu erreichen, dass Europa wieder Selbstvertrauen gefasst hat, dass es wieder Zuversicht hat. Es ist gelungen, einige wichtige Vor-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 72 |
haben zu einem Ende zu bringen, und es ist auch gelungen, entscheidende Weichen für die Zukunft zu stellen. Ich möchte das wie folgt konkretisieren.
Begonnen hat es für mich mit der Veranstaltung „The Sound of Europe“ in Salzburg: Da ist es wirklich gelungen, auf eine neuartige Art und Weise – wobei man Künstler, Wissenschafter, Wirtschaftsleute und Politiker, namhafte Staatsmänner zusammengefasst hat – nicht nur über Europa zu diskutieren, sondern auch klarzumachen, dass dieses europäische Projekt eine Zukunft hat und dass es notwendig ist! Und von da ist auch eine positive Stimmung ausgegangen, die sich fortgesetzt hat.
Es ist dann zweifelsohne ganz, ganz wichtig gewesen, dass es gelungen ist, die Finanzperspektive auch mit dem Parlament entsprechend gut zu verhandeln – das war ein Stolperstein, der überwunden werden musste, und da kann man nur ein Kompliment dafür aussprechen.
Dass es dann gelungen ist, eines der schwierigsten Vorhaben überhaupt, das jahrzehntelang diskutiert, aber nie zu einem Ende gebracht werden konnte, nämlich die Dienstleistungsrichtlinie, zu beschließen, und zwar so, dass es nicht nach dem Herkunftslandprinzip geht, sondern dass auch alle Unsicherheiten in der Anwendung für die Menschen dabei vermieden werden können, das war zweifellos eine Großtat und eine große Leistung, die auch auf Dauer in die Geschichte dieser Präsidentschaft eingehen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Was mir persönlich sehr gut gefallen hat – das muss ich sagen –, war, dass es während dieser Präsidentschaft auch gelungen ist, die so genannten Lissabon-Ziele oder die Lissabon-Strategie in ganz konkrete Ziele umzuwandeln: dass ein Mittelstandsprogramm beschlossen worden ist, zu dem sich alle Staaten Europas verpflichtet haben, dass es gelungen ist, ganz konkrete Ziele für den Arbeitsmarkt – nämlich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen – zu setzen, dass es dort diesen Schwerpunkt gegeben hat, dass Europa nicht Bürokratie bedeutet, sondern dass man versuchen muss, im Wettbewerb mit anderen Regionen der Welt Arbeitsplätze zu schaffen, den Menschen Arbeit zu geben. Das habe ich ganz toll gefunden, und ich glaube, dass wir da einen wichtigen Schritt weitergekommen sind.
Dass es auch gelungen ist, für den ländlichen Raum entscheidende Mittel bereitzustellen und insbesondere für Österreich dabei sehr viel herauszuholen, das ist sozusagen nur eine Ergänzung.
Wichtig war für mich auch die Frage der Subsidiarität und Proportionalität, weil dies in Zukunft bedeutet, dass bei allen wichtigen Gesetzesvorhaben alle Parlamente, auch die nationalen Parlamente, mit den EU-Vorhaben rechtzeitig befasst werden und damit auch entsprechend reagieren können und damit auch verhindert werden kann – durch unser eigenes Zutun –, dass das eine oder andere in die falsche Richtung läuft. Und dass hier, neben der Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten, gerade auch das österreichische Parlament eine wichtige Rolle gespielt hat, möchte ich nur so nebenbei erwähnen.
Zweifelsohne ist es insgesamt gelungen, das Ansehen
Österreichs durch diese Präsidentschaft zu erhöhen. Und ich
glaube, man kann ohne jegliche Übertreibung sagen, dass es auch Wolfgang
Schüssel gelungen ist, sein persönliches Ansehen in Europa ungeheuer
zu erhöhen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Wolfgang Schüssel ist heute einer jener Menschen in Europa, die nicht nur zu den großen Entscheidern zählen, sondern die wirklich das Sagen haben, und er wächst immer mehr in eine Rolle hinein, die früher vielleicht einmal Helmut Kohl oder einige ganz wenige andere Leute gehabt haben.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 73 |
Was mich freut, ist, dass es trotzdem gelungen ist, das Team entsprechend wirksam werden zu lassen. Das, was Martin Bartenstein, was Karl-Heinz Grasser hier geleistet haben, das, was auf der anderen Seite auch Hubert Gorbach, Ursula Plassnik oder Josef Pröll zustande gebracht haben (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), war zweifelsohne erstklassig. (Beifall des Abg. Dr. Stummvoll.)
In diesem Sinne war es eine hervorragende Gesamtleistung im Interesse von Europa und von Österreich! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
12.49
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
12.49
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Fasslabend, ich habe Ihnen jetzt zum Schluss genau zugehört, und jetzt muss ich doch nachfragen: Auf welche „andere Seite“ platzieren Sie Frau Außenministerin Ursula Plassnik? Auf die Seite des Herrn Vizekanzlers? Heißt das, ins BZÖ? – Das ist unklar geblieben. (Abg. Lentsch: Das ist ein Unsinn!) Sie ist leider auch nicht da, um das vielleicht selbst beantworten zu können. – Aber gut.
Lassen Sie mich beginnen mit etwas, worüber wir uns, denke ich, auch hier im Hohen Haus alle einig sind: mit dem Dank – nämlich auch von meiner Seite – an all die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem im Außenministerium, aber auch in den anderen Ministerien und rundherum, die während dieser Präsidentschaft die vielen auch kleinen wichtigen organisatorischen und politischen Arbeiten gemacht haben, die nicht das Licht der großen Öffentlichkeit erblicken. Denen möchte ich auch hier einen ganz besonderen Dank aussprechen. Das war wirklich eine harte Zeit! Danke dafür! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich möchte noch auf zwei Punkte eingehen. Das eine: Was waren die Ansagen des Herrn Bundeskanzlers, der Bundesregierung vor dieser Präsidentschaft – und was bleibt tatsächlich davon übrig? Vieles ist ja schon gesagt worden, einiges noch nicht.
Das eine war die Ansage – und das muss ich wiederholen –, auch in der Anti-Atompolitik klar Stellung zu beziehen.
Herr Bundeskanzler, das haben Sie nicht gemacht! Das ist nicht geschehen! Und wenn Sie von einem „Paukenschlag mit der Energiepolitik“ sprechen, dann kann ich nur sagen: Dieser „Paukenschlag“ hallt so weit, dass mittlerweile immer mehr Länder bereit sind, neue Atomkraftwerke zu bauen, und Österreich hat nichts getan, um das einzudämmen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Und das können wir verhindern?!)
Das hätten Sie insofern beeinflussen können, als Sie zum Beispiel schon lange vor der Präsidentschaft anfangen hätten können, mit jenen Staaten, die noch keine haben – und das ist etwa die Hälfte der derzeitigen EU-Staaten –, Allianzen zu schließen, sich die Unterstützung der Bevölkerung zu holen – die Sie ja haben! – und dann auch klarzumachen, dass Atomenergie keine sichere Energie ist. Punkt! (Abg. Gahr: Sie können es ja versuchen!) Atomenergie ist unsicher! – Und deshalb ist das einer Ihrer großen Fehler, ein Punkt Ihres großen Scheiterns im Rahmen dieser Präsidentschaft. Das muss klar und deutlich gesagt werden. (Beifall bei den Grünen.)
Die Schritte betreffend erneuerbare Energie, die auch Kollege Van der Bellen schon angesprochen hat, sind gut und wichtig, aber auch da muss ich sagen, weil Sie Joschka Fischer erwähnt haben: Wie gesagt, die deutschen Grünen haben während ihrer Regierungsbeteiligung einen Boom im Bereich der erneuerbaren Energien in Deutsch-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 74 |
land durchgesetzt, und das hat auch zu einem neuen Exportboom in der deutschen Wirtschaft geführt. Da wundert es mich, warum gerade die ÖVP, die sich immer als Wirtschaftspartei verkauft, das nicht versucht, sondern Gegenteiliges macht und ein österreichische Ökostromgesetz beschließt, das genau in die Gegenrichtung geht.
Aber gut, bleiben wir bei dem, was angesagt war und was geblieben ist.
Angesagt waren eine Nachdenkpause im Bereich der Verfassung und der Versuch, Bürgernähe herzustellen. – Die Nachdenkpause ist geblieben. Vorschläge, wie sie eigentlich angedacht waren, hat es nicht gegeben. Die Nachdenkpause geht einfach weiter, und man hofft jetzt auf die deutsche Präsidentschaft. Hiezu kann ich einfach nur sagen: Sie haben anscheinend nachgedacht mit manchen, mit manchen auch nicht, und es wird weiter nachgedacht. – Das ist wirklich kein bleibender Effekt, und das bringt Europa und auch die Bürgernähe sicher nicht weiter.
Ein Weiteres, um noch einmal die Bürgernähe anzusprechen: Worum es da eigentlich gehen sollte, wäre, sich nicht, wie Herr Kollege Scheibner es gesagt hat, in Konferenzzentren zu verstecken, in Klöstern, wie in Klosterneuburg, zu treffen – abgeschottet von der Bevölkerung – oder auch beim „Sound of Europe“ in Salzburg mit eingeschränkten Eliten zu diskutieren, die ohnedies schon wissen, dass sie für die Europäische Union sind.
Notwendig wäre es, hinauszugehen, mit den Menschen,
vor allem mit den jungen Leuten zu diskutieren! Das hätte ich mir
gewünscht und auch erwartet. – Das aber ist nicht passiert. Und
da kann ich nur mit den Worten der Schriftstellerin Marlene Streeruwitz auf Sie
zurückkommen, die in einem Artikel geschrieben hat, dass „Metaphern
in der Sprache der Politik“ „immer zum Überdecken der
Widersprüche zwischen Realität und politischer Behauptung“
dienen. – Darin sind Sie Meister (Abg.
Öllinger: Weltmeister!):
die Realität zu überdecken und schöne, große Worte zu
sagen (Beifall bei den Grünen), viel über Europa zu
reden. Aber in der Realität wissen heute in der Bevölkerung –
wobei ich natürlich auch froh bin, dass laut Eurobarometer ein paar
Prozent mehr positiv über die EU denken – viele Leute nicht,
warum wir diese Europäische Union brauchen. Dass wir eine
ökologische, soziale und demokratischere EU brauchen, das konnten Sie
der Bevölkerung leider nicht klarmachen! (Beifall bei den Grünen
sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.54
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort. – Bitte.
12.54
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Start, der Vorspann für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft war schwierig. Wir erinnern uns an das Jahr 2005 mit all den Problemen, die es gegeben hat: von den Referenden in Frankreich und Holland zur EU-Verfassung, über die schrecklichen Anschläge in der Londoner U-Bahn mit den zu beklagenden Opfern, die Zerreißprobe im Zusammenhang mit der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, bis hin zur Problematik bei der Finanzvorschau. Letztlich haben die Medien davon berichtet, dass Europa in seiner tiefsten Krise steckt. – Das war die Basis, sozusagen der Beginn der österreichischen Ratspräsidentschaft.
Berichte schwankten zwischen Resignation einerseits – man fragte sich: Was wird aus Europa? Wird überhaupt noch etwas aus Europa? – und einer großen Erwartungshaltung gegenüber der Ratspräsidentschaft andererseits. Die Erwartungshaltung war wahrscheinlich deswegen groß, weil die Mitgliedsländer der Europäischen Union er-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 75 |
kennen mussten, dass seit dem Jahr 2000, seit diese Bundesregierung angetreten ist, Reformen umzusetzen, ein sehr, sehr positiver Weg beschritten wurde, dass Österreich gleichsam auf die Überholspur gebracht wurde. Und diese Erwartungshaltung hat sich natürlich niedergeschlagen, was Europa und die Ratspräsidentschaft anbelangt. – Heute können wir auf die Ratspräsidentschaft zurückblicken.
Europa, meine geschätzten Damen und Herren, wurde weitergebracht. Europa stellt fest: Österreich hat an internationalem Ansehen gewonnen. Das Image, das gute Image Österreichs wurde weiter verbessert. Österreich hat, aus meiner Sicht jedenfalls, die Erwartungshaltung erfüllt. Es war eine gute Vorbereitung, es war eine gute Organisation. Ich darf in diesem Zusammenhang allen – nicht nur den Mitgliedern der Bundesregierung, sondern allen, die daran beteiligt waren – meinen Dank aussprechen. Und es hat während dieser Ratspräsidentschaft viele Anstöße gegeben. Es wurde der Geist der Zusammenarbeit gefördert. Österreich war, wie ich meine, ein fairer Vermittler.
Wenn Herr Kollege Van der Bellen davon spricht, dass die Ratspräsidentschaft nichts Aufregendes gewesen sei, dann sage ich: d’accord! Ich danke dem Herrn Bundeskanzler und ich danke der Bundesregierung, der Ratspräsidentschaft dafür, dass es keine Aufregungen gegeben hat! Ich danke dafür, dass man in dieser schwierigen Situation, was die EU-Verfassung und die Ablehnung anbelangt, wie ich meine, sehr, sehr sorgfältig und einfühlsam vorgegangen ist.
Ich bin der festen Überzeugung, dass Europa, ein größer werdendes Europa eine Verfassung braucht. Europa braucht, geschätzte Damen und Herren, Spielregeln. Und die Voraussetzungen dafür, dass wir dazu kommen, dass Europa dazu kommt, wurden durch diese Ratspräsidentschaft geschaffen.
Es gibt, wie ich meine, mehr Transparenz, mehr Vertrauen – nicht der Mitgliedsländer, der Regierungen der Mitgliedsländer, sondern der Bürger in Europa. Es geht darum, Europa einfach besser zu verstehen – es wurde schon angesprochen –, eine Sprache zu sprechen, die die Bürger verstehen, um mit- und nachvollziehen zu können.
Ich verhehle in diesem Zusammenhang auch nicht, dass etwas stattfindet, was ich einfach nicht fair finde. Es findet nämlich, wie ich meine, ein nationalstaatlicher Missbrauch statt: Alles, was an Negativa zu verzeichnen ist, wird gerne Richtung Europa geschoben, und alles, was positiv zu vermerken ist, vereinnahmen die jeweiligen Regierungen sehr häufig leider für sich. – Diesbezüglich soll und muss ein Umdenken erfolgen.
Aber es wurden wesentliche Inhalte, es wurden wesentliche Punkte thematisiert: die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union, eine Verankerung dieser Aufnahmefähigkeit und einfach auch der Tatsache, dass sie ihren Niederschlag in den jeweiligen Berichten findet.
Es wurden neue Themen aufgegriffen, wie auch die Energiepolitik, die von meiner Vorrednerin angesprochen wurde. Ich bitte, auch mit diesen Themen sorgfältig umzugehen. Sie haben gesagt, es wird bei EURATOM in die Atompolitik investiert, es wird in die Forschung im Bereich der Kernfusion investiert. – Ich stehe dazu, dass es Sinn macht, Investitionen in diese Technologie zu tätigen!
Der Bereich Verkehrssicherheit wurde mit klaren Zielsetzungen versehen und diese daher erhöht.
Im Forschungsbereich wird um 70 Prozent mehr investiert. Europäische Hilfsprogramme im Bereich der Medizin sind installiert worden.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 76 |
Geschätzte Damen und Herren! Die Bedeutung der klein- und mittelständischen Unternehmen für Beschäftigung und Wohlstand wurde für die Mitgliedstaaten festgeschrieben und festgemacht.
80 Prozent der Österreicher sind stolz, nicht
darauf, dass diese Bundesregierung die Ratspräsidentschaft
innehatte, sondern wie diese Bundesregierung die
Ratspräsidentschaft mit Inhalten und Leben erfüllt
hat. – Dieser Überzeugung schließe ich mich an. (Beifall
bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
13.00
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
13.01
Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bereits mehrmals wurde das „Euro-Barometer“ angesprochen, und es ist zweifellos erfreulich, wenn sich die Daten der österreichischen Bevölkerung verbessert haben, wenn die Euroskepsis doch ein bisschen zurückgegangen ist.
Leider ist Österreich aber nach wie vor Schlusslicht. Wenn man sich die Bereiche und die Sorgen im Einzelnen ansieht, dann erkennt man, dass es die Angst vor Arbeitslosigkeit, vor Kriminalität und vor dem Abbau des Sozialstaates ist, die die Menschen besonders berührt.
Damit sind wir bereits wieder bei dem Punkt, den wir hier schon öfters angesprochen haben, dass nämlich die Entwicklung einer Sozialunion das Entscheidende wäre, um die Europäische Union den Menschen nahe zu bringen und ihnen zu zeigen, dass die Union eine Union der Bürgerinnen und Bürger ist und nicht nur der Unternehmen. Leider ist aber in diesem Bereich in letzter Zeit nichts weitergegangen.
Ich möchte da besonders die Frauen ansprechen, denn bei diesem „Euro-Barometer“ zeigt sich, dass die Frauen die Europäische Union negativer sehen als die Männer, dass sie besonders wenig Vertrauen zur Europäischen Union haben. Es sind eben gerade diese Themen, die ich bereits erwähnt habe, die die Frauen besonders beschäftigen, die sie mit Sorge erfüllen und die dazu führen, dass ihr Vertrauen ein geringes ist.
Es gibt eine Reihe von Themen – wie die Einkommensentwicklung, die Arbeitslosigkeit, das Gesundheitswesen, den Sozialstaat, die Entwicklung dieses Sozialmodells –, die die Frauen besonders berühren und wozu besondere Initiativen für Frauen notwendig wären. Ich vermisse aber spezielle Initiativen für die Frauen.
Es ist positiv, dass eine Konferenz zur FGM stattgefunden hat – das möchte ich ausdrücklich anmerken –, aber in diesen anderen Fragen, die ja doch die große Mehrheit der Frauen berühren, ist leider über eine Ist-Stand-Analyse nichts herausgekommen.
Das unterscheidet sich schon wesentlich von unserer ersten EU-Präsidentschaft. Die jetzige Präsidentin, die gerade den Vorsitz führt, war damals Frauenministerin und hat die damalige Präsidentschaft, was den Frauensektor betrifft, sehr gut vorbereitet gehabt und auch gleich zu Beginn der Präsidentschaft einen Rat zu Frauen- und Gleichstellungsfragen durchgeführt. – Das ist etwas, was ich mir auch jetzt sehr gewünscht hätte.
Es gibt im Bereich der Gleichstellungspolitik in Europa eine ganze Reihe von Fragen, die sehr wichtig wären: zu viel Teilzeitbeschäftigung, Probleme mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt, das Auseinandergehen der Einkommensschere und sehr viel anderes. Da aber die Frauenministerin zugleich auch Gesundheitsministerin ist, hätte ich mir Initiativen im Bereich der
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 77 |
Frauengesundheit gewünscht. (Bundesministerin Rauch-Kallat: Da haben Sie nicht aufgepasst!) – Natürlich habe ich aufgepasst!
Es gibt verschiedene Studien, die zeigen, dass zum Beispiel Medikamente und Behandlungsmethoden für Frauen und Männer unterschiedlich wirken. Daher wäre es eben notwendig, nicht nur eine Ist-Stand-Analyse durchzuführen, sondern auch wirklich konkrete Ergebnisse zu erreichen – und das wäre bei den Beipacktexten, bei den Tests, bei der verbindlichen Implementierung genderspezifischer Lehre und Forschung, bei der Bereitstellung von Mitteln sehr wohl möglich gewesen. – Das ist jedoch leider nicht geschehen! (Beifall bei der SPÖ.)
13.05
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.
13.05
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Wenn man eine sechsmonatige Präsidentschaft Revue passieren lässt, darf man nicht ungerecht sein, und auch ich möchte das nicht sein. Es wäre vermessen, zu glauben, dass ein mittelgroßes Land wie unsere Republik innerhalb von sechs Monaten alle Probleme der Europäischen Union hätte lösen können.
Erlauben Sie mir aber dennoch, dass ich auf einige Schwerpunkte eingehe, die mir besonders wichtig erscheinen und in denen es die Bundesregierung verabsäumt hat, jene Schritte zu setzen, die ich für notwendig halte: Es geht im Wesentlichen um den Schritt des Kampfes um mehr Bürgernähe. Das ist bislang nur ein Schlagwort und meistens auch in den Reden der Politiker nur ein Schlagwort, aber wir können es mittlerweile an einigen Punkten festmachen, meine Damen und Herren.
Der eine Punkt ist die Verfassung, die in ihrem ersten Entwurf gescheitert ist und bei der es nunmehr heißt: Zurück an den Start! Diese Verfassung muss so übersetzt werden, dass sie der Bürger verstehen kann. In ihren wesentlichen Elementen muss klargemacht werden, dass diese Verfassung dem Bürger dient und nicht den EU-Bürokraten in Brüssel.
Das wird die Hauptaufgabe in Bezug auf die Neuerstellung einer neuen Verfassung mit dem klaren Hinweis und mit der klaren Ankündigung sein, dass nach dem Vorschlag einer neuen Verfassung selbstverständlich eine Volksabstimmung – und zwar hier in Österreich – in Bezug auf jene Änderungen abgehalten wird, die durch die neue EU-Verfassung in der österreichischen Bundesverfassung eintreten werden.
Meine Damen und Herren, das haben wir in den letzten Monaten verabsäumt. Hätte auch in anderen Teilen der Europäischen Union dieses Prinzip flächendeckend gegolten und hätte sich die politische Ebene dazu hinreißen lassen, diese Prinzipien an den Bürger heranzubringen und diese Begriffe richtig zu übersetzen, dann – so denke ich – wäre diese Verfassung nicht gescheitert.
Der zweite Punkt, in dem es darum gehen muss, die Bürgernähe festzumachen, ist der Punkt der Erweiterung. Auch in der Frage der Erweiterung der Europäischen Union sagen alle wichtigen Institutionen der Europäischen Union, dass es mit der überschnellen Erweiterung der Union genug sein sollte, dass es jetzt um eine Vertiefung und auch darum gehen muss, jene Elemente, die wir in Europa bereits erreicht haben, zu festigen und erst dann wieder zu einem Erweiterungsschritt zu kommen.
Diesen Erweiterungsschritt nicht zu tun hätten wir in den letzten sechs Monaten in zwei Fällen in der Hand gehabt, nämlich in Bezug auf den Beitritt der Republik Türkei, aber auch in Bezug auf den Beitritt von Bulgarien und Rumänien. Die Beitritte von Bulgarien
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 78 |
und Rumänien erfolgen – europaweit anerkannt – zu früh. In beiden Ländern sind Aspekte anzumerken, die darauf hinweisen, dass beide Länder noch nicht reif für den Beitritt zur Europäischen Union sind und dass die Europäische Union ihnen auch mehr Zeit hätte geben müssen, jenen Standard zu erreichen, der notwendig ist.
Der zweite Bereich bezüglich der Aufnahme der Türkei wären jene Prinzipien gewesen, die Österreich beim Türkeigipfel im Herbst vergangenen Jahres erwirkt hat, nämlich die Aufnahmefähigkeit als ein Kriterium in Bezug auf den Türkeibeitritt zu nehmen, aber auch eine Stopptaste einzuführen, die besagt, dass, wenn es zu Schwierigkeiten in den Verhandlungen mit der Türkei kommt und wenn die Türkei gegen wesentliche Prinzipien der Europäischen Union verstößt, es diese Stopptaste zu drücken gilt und es einen Stopp der Verhandlungen mit der Türkei geben wird.
Der dritte Punkt wäre gewesen, dass man eine Sonderregelung für die Türkei für den Fall einführt, dass es nicht zu einem Vollbeitritt kommt.
All diese drei Punkte habe ich in ihrer Wichtigkeit während dieser sechs Monate der Präsidentschaft unseres Landes nicht gehört. Im Gegenteil: Die Aufnahmefähigkeit als ein Kriterium ist zerschellt an der Meinung der anderen Mitgliedsländer. Sie wird also keine Rolle mehr spielen. Die Stopptaste, die angekündigt worden ist, wurde von niemandem gedrückt, obwohl es schon hundertmal den Grund dazu gegeben hätte, weil sich die Türkei als nicht reif für die Europäische Union und den Beitritt herausgestellt hat. Und all diese Punkte weisen darauf hin, dass man auch in diesem Bereich der Erweiterung die Stimme der europäischen Bevölkerung nicht ernst nimmt.
Meine Damen und Herren! Unabhängig von einer Präsidentschaft unseres Landes, unabhängig davon, ob wir gerade Präsident sind oder nicht, müssen wir, wenn wir wollen, dass das Experiment Europäische Union gelingt, diese beiden Prinzipien auch in den nächsten Jahren vertreten. Es muss mehr Bürgernähe in der Frage der Erstellung einer neuen europäischen Verfassung oder eines neuen europäischen Verfassungsvertrages und in der Frage der Erweiterung der Union geben.
13.11
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Hagenhofer zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
13.11
Abgeordnete Marianne Hagenhofer
(SPÖ): Frau
Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen
und Kollegen! Wir haben heute schon so ziemlich alles gehört: von
„Fundamentale Änderungen in der EU sind nicht sinnvoll!“
über „Bürger wollen ein Europa der Resultate!“, bis
hin zu „So viel Inhalt gab es in keiner Präsidentschaft!“
Jeder von uns oder von denjenigen, die politisch tätig sind, hat eine bestimmte
Wahrnehmung. Ich habe mich daher informiert, wie Außenstehende dieses
Ergebnis der EU-Präsidentschaft sehen: Im „Standard“ steht zum
Thema EU-Präsidentschaft: „Gut is’ gangen, nix is’
gschehn.“ (Abg. Dr. Mitterlehner: Was heißt
„Gut is’ gangen, nix is’ gschehn“? – Viel
ist geschehen!) Man kann sagen, das ist etwas übertrieben, aber
in zentralen europäischen Fragen muss man schon genau hinschauen und
sagen, wesentliche Schritte oder Fortschritte konnten noch nicht
erreicht werden. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Was denn?)
Bezüglich der Jugendarbeitslosigkeit: Wenn die nationalen Aktionspläne als Verpflichtung für die einzelnen Länder gelten, aber in der Zielerreichung keine Folge haben, dann kann das ein Land erfüllen, das zweite nicht.
Was passiert im Haushaltsrecht? Was passiert im Budget? Dort gibt es sehr wohl Konsequenzen. – Warum nicht im Sinne der Arbeitslosigkeit auch bei diesen nationalen Aktionsplänen Verpflichtungen einführen, Frau Kollegin? (Abg. Dr. Baumgartner-Ga-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 79 |
bitzer: Es ist schon viel passiert!) Es ist immer eine Ansichtssache und immer eine Frage, wo der Schwerpunkt genau liegt.
Zusätzlich gibt es derzeit europaweit für junge
und ältere Menschen und für Menschen mit Beeinträchtigungen
keine oder nur eine geringe Zahl von Plätzen in der Arbeitswelt. (Abg.
Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das stimmt ja nicht!) Sie verkennen
trotz der hohen Beschäftigungsquote, dass es Menschen gibt, die es
schwerer haben und die auch gerne arbeiten würden! Auch das ist eine
zentrale Frage von Europa. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Eine weitere zentrale Frage Europas ist der steigende
Transit, wenn die Zahl der LKWs auf der Straße immer größer
wird, zwar der Beschluss da ist, dass diese auf die Schiene verlagert
werden sollten, aber nichts geschieht. Das ist eine zentrale Frage für die
Umwelt und für die Menschen, die an den Straßen wohnen. Es wäre
notwendig, dass die transeuropäischen Netze ausgebaut werden. (Abg.
Dr. Mitterlehner: Die werden auch ausgebaut!)
Was wir haben, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist
eine Währungsunion – da sind wir uns alle einig, alle Kriterien
werden eingehalten –, wir haben aber keine Wirtschaftsunion.
Wir brauchen einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik in Richtung Wachstum
und Beschäftigungspolitik! (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer:
Das haben wir ja!) Derzeit läuft in Europa eine Zusammenschlusswelle
von Unternehmen, eine Gewinnmaximierung immer unter dem Titel
„Personalabbau“ – dann ist der Gewinn besonders
groß. Das sollten Sie auch sehen! Das darf man sich kritisch anschauen. (Abg.
Dr. Baumgartner-Gabitzer: Beschäftigungspolitik!) Schauen
Sie sich das an! Das ist eine zentrale Frage von Europa. (Beifall bei der
SPÖ.)
Eine EU-weite Tendenz zeigt auf: Ein Drittel der Gesellschaft hat Arbeit, ein Drittel ist arbeitslos und ein Drittel ist in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Nicht den Kopf schütteln, die Statistiken lesen! (Abg. Rädler: Was ist das eine Drittel Arbeitsloser in Österreich?) Statistiken lesen und das als zentrale Frage in Europa auch angehen! (Abg. Rädler: Sind 4 Prozent ein Drittel?)
Die Wirtschaft – und das spüren die Menschen
genau – macht sich in Europa breit – das ist auch wichtig
und richtig! –, und gleichzeitig wird über weite Strecken in
vielen Ländern der Europäischen Union bei den Menschen das
Sozialniveau nach unten gefahren. Das kann nicht ein soziales Europa sein!
Was wir brauchen, ist ein soziales Europa. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer:
Wir haben ein soziales Europa!)
Wir brauchen Ansätze in der gemeinsamen Wirtschafts-
und Wachstumspolitik. Diese gäbe es in den transeuropäischen Netzen,
die gäbe es in der Sicherung der Energie – das ist heute schon
ein paar Mal gefallen. Wenn wir Alternativenergien ausbauen, haben die
Menschen Beschäftigung. Dann sind wir unabhängig. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer:
Aber das kostet das Dreifache!) – Das andere kostet auch etwas.
Sie dürfen nicht immer nur einen Wirtschaftszweig anschauen! Lassen Sie
die Alternativenergie leben! (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Wir
lassen sie ja leben!) Lassen Sie nachwachsende Rohstoffe in
Energie umwandeln! Davon profitiert der ländliche Raum. (Abg. Wittauer:
Das tun wir ja!)
Ich möchte abschließend schon auch sagen, dass
sich die österreichische Präsidentschaft bemüht hat, die
Situation in der EU zu entkrampfen. Das ist in meinen Augen auch gelungen, und
dafür möchte ich Ihnen auch meine Anerkennung aussprechen. Wir haben
mit diesen 82 Millionen €, die die Präsidentschaft
gekostet hat, auch unserer Wirtschaft etwas zukommen lassen – und so
soll es auch sein. Wir wollen aber eine genaue Abrechnung
darüber. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.17
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 80 |
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.
13.17
Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Werte Regierungsmitglieder! Es kommt mir schon komisch vor: Herr Klubobmann Van der Bellen hat als Schwerpunkt Atompolitik in Europa gesehen, die Sozialdemokraten die Arbeitspolitik; Herr Abgeordneter Bösch die Stopptafel oder den Stopp für Beitritte.
Die Aufgabe von Österreich war in dieser Präsidentschaft – so denke ich –, die Europäische Union aus der inneren Krise herauszuführen. Das hat Österreich mit Hilfe des Vizekanzlers und des Kanzlers perfekt geschafft. Nicht nur das: Wenn man die Projekte anschaut, dann hat es eines gegeben ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Hören Sie einmal zu! Sie wollen nur plappern, aber hören nicht zu, was diese Regierung auch während der Präsidentschaft geleistet hat!
Am 30. Juni 2006, am Ende der Präsidentschaft, erfolgte der Spatenstich zum Brenner Basistunnel – das größte europäische Projekt, der größte Tunnel. Es waren alle da: der Kanzler, der Vizekanzler, also die Ratsvorsitzenden, Vertreter der Kommission, die italienische Regierung. Jeder einzelne Redner, ob von Italien oder von der Kommission, hat die Vorsitzführung von Österreich, die Leistungen der vergangenen sechs Monate gelobt.
Darüber hinaus ist es vor allem Vizekanzler Gorbach zuzuschreiben, dass wir die Anfangsfinanzierung – sei es auf europäischer Ebene, auf italienischer Ebene – mit diesem Spatenstich umgesetzt haben. Dieser Spatenstich bedeutet etwas: Der Norden wurde mit dem Süden verbunden. Güter werden in Zukunft in 12, 13 Jahren anders transportiert. Das ist für mich – so sage ich – ein Freudentag gewesen, dass dies geschehen konnte, da doch viele in diesem Hohen Haus eigentlich das Gegenteil wollten.
Frau Abgeordnete, Nachhaltigkeit, Rohstoffe – darum kümmert sich diese Regierung! Das ist eine nationale Angelegenheit. Wie viele Gemeinden, wie viele Städte – Wien ist ein Beispiel – gehen auf die Verwertung dieser Rohstoffe zu? (Abg. Hagenhofer: Zu wenig aber!) Es gibt inzwischen ein anderes Problem: Die Sägewerke haben teilweise kein Holz mehr, weil das so ist. Wir müssen schauen, dass die Bewirtschaftung besser wird, dass wir das, was nachwächst, aus dem Wald holen können. Es ist nicht so, dass wir gerade bei der Energiepolitik nur vorbeischauen und nichts machen. Das stimmt nicht.
Was die gemeinsame Sicherheit betrifft, werden wir morgen ein Abkommen mit den westlichen Balkanstaaten beschließen. Dabei geht es um die Sicherheit im gemeinsamen Luftraum. Es ist nicht immer einfach, diese Probleme zu lösen, aber auch das ist umgesetzt worden. Auch ein gemeinsamer EU-Führerschein mag keine große Sache sein, aber er ist umgesetzt worden.
Im Rahmen der gemeinsamen Projekte fordern Sie ja den Ausbau der TEN-Projekte. Der Brenner-Basistunnel ist ein Beispiel dafür, dass auch das geschieht. Wir haben sehr viele TEN-Projekte, und auch dort wird etwas geschehen. Wir haben einen Plan für die nächsten Jahre, und ich hoffe, dass er auch umgesetzt wird, damit wir die Verkehrssituation in Österreich bewältigen.
Zur dir, Reinhard (in Richtung des Abg. Dr. Bösch), möchte ich Folgendes sagen. Es war nicht die Aufgabe der Regierung, noch mehr Zündstoff in die Diskussion zu bringen. Aber ich bin der gleichen Meinung wie du: Der Beitritt der Türkei ist für mich jetzt unmöglich. Die Beitritte von Rumänien und Bulgarien sind für mich eine ganz schwierige Geschichte, wenn man die Staaten kennt. Aber es ist nicht die Aufgabe des Vorsit-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 81 |
zes der Europäischen Union, dies thematisch zum Schwerpunkt zu machen, weil dann alle anderen Themen, die mindestens gleich wichtig sind, vom Tisch sind.
Ich glaube, dass diese Regierung – man merkt es
immer wieder, auch an den Worten der Vorrednerin – ein großes
Kompliment verdient. Österreich stellt in der Welt und in Europa wieder
etwas dar. Das fällt vor allem in die Verantwortung dieser Regierung, sie
hat hervorragende Arbeit geleistet! (Beifall bei Abgeordneten der
Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)
13.21
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag
846/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die
Gewerbeordnung 1994 und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert
werden und ein Bundesgesetz über die Bilanzbuchhaltungsberufe
(Bilanzbuchhaltungsgesetz – BibuG) geschaffen wird (1578 d.B.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Somit gehen wir in die Debatte ein.
Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
13.22
Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise ist Herr Kollege Pilz noch anwesend; er hat in der Geschäftsordnungsdebatte erwähnt, wir würden heute als 2. Tagesordnungspunkt dieses sehr unwichtige Thema der Bilanzbuchhalter behandeln. – Es ist natürlich eine Frage der Perspektive: Wenn Sie die 300 000 möglichen Kunden anschauen – unter ihnen ist wahrscheinlich auch der ORF –, dann ist das, was wir hier beschließen, eine sehr weit reichende Verbesserung (Abg. Sburny: Ein Meilenstein?), und möglicherweise ist es sogar ein Meilenstein, der hier zur Beschlussfassung gelangt.
Was steht dahinter? – Im Wesentlichen war es so, dass wir uns mit dem Thema schon mehrmals befasst haben. Unter anderem haben wir im Juli des Vorjahres gemeinsam einen Entschließungsantrag beschlossen, in dem es darum gegangen ist, dass wir im Bereich der Gewerblichen Buchhalter und im Bereich der Selbständigen Buchhalter unterschiedliche Regelungen betreffend den Befähigungsnachweis gehabt haben, was schwierig war und was die Kunden möglicherweise auch verwirrt hat. Daher kam es auch zu dem Gedanken, dass wir einen einheitlichen Buchhaltungsberuf schaffen sollten.
Erstaunlicherweise ist es in dem Fall auch zur Umsetzung des Entschließungsantrags gekommen, was ja nicht immer der Fall ist. Es gibt jetzt einen Kompromiss, und zwar nach langwierigen Verhandlungen zwischen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, der WKÖ, an denen insbesondere Dr. Bock von unserer Seite sowie seitens der Wirtschaftstreuhänder Präsident Brogyányi und andere maßgeblich beteiligt waren. Wir haben jetzt endlich diesen Kom-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 82 |
promiss, aber nicht um des Kompromisses willen, sondern zu dem Zweck, dass die Rechte eindeutig klargelegt und präzisiert werden.
Es geht um Erweiterungen der Möglichkeiten für beide Bereiche, was die Geschäftsbuchhaltung anbelangt, was die Lohnverrechnung anbelangt, was die Bilanzierung bis zu einer bestimmten Größenordnung anbelangt, was in eingeschränktem Umfang auch Vertretungsrechte anbelangt. Was ich besonders erfreulich finde, ist, dass die Ausbildungs-, Prüfungs- und Zugangsbestimmungen nach modernen Qualitätskriterien vereinheitlicht worden sind. Das heißt, sowohl die Betroffenen als auch die Kunden haben durch diese Neuregelung Vorteile.
Es bleibt der einzige Wermutstropfen, dass es das alles nicht in einem einzigen Bereich gibt, sondern dass die Zugangsmöglichkeit sowohl im Bereich der WKÖ als auch im Bereich der Wirtschaftstreuhänderkammer besteht. Der Einzelne kann darüber – je nachdem, ob er später einmal auch weiter und in einen anderen Bereich hinein gehen will – selbst entscheiden. Das spiegelt irgendwo die österreichischen Gegebenheiten wider, auch wenn Sie die Ausformulierung anschauen: In der Gewerbeordnung sind wenige Änderungen notwendig, da ist praktisch alles erlaubt, was nicht verboten ist; bei den Rechten der Wirtschaftstreuhänder ist nur das erlaubt, was ausdrücklich formuliert ist. Daher war die Vorgangsweise in der Weise notwendig, aber ich glaube, damit haben wir noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Meiner Ansicht nach ist es aber doch ein sehr vernünftiger Kompromiss, den wir hier erreicht haben. Ich finde auch den Antrag von Frau Kollegin Sburny an sich vernünftig, dass wir uns das Ganze zwei Jahre lang anschauen sollten und damit auch in der Praxis sehen werden, was der Kunde davon hat und wie von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird.
Es bleibt mir noch eines zu tun, nämlich allen
Beteiligten zu danken, insbesondere auch dem Ministerium, vor allem Herrn
Dr. Bernbacher, der uns auch rechtstechnisch und beratend begleitet hat.
Ich hoffe, dass damit die Voraussetzungen dafür vorhanden sind, dass
tatsächliche Verbesserungen eintreten werden, und dass heute, wie schon
angedeutet wurde, möglicherweise alle vier Parteien diesem Gesetz
zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie
bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
13.26
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
13.26
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im vorigen Sommer haben wir als Vier-Parteien-Lösung etwas zusammengebracht, von dem manche geglaubt haben, dass wir es nicht schaffen werden. Sagen wir es einmal so: Das sind die Gunststunden des Parlaments, wenn sich die Parlamentarier dazu aufraffen, einmal jenseits so mancher Lobbyisteninteressen mit einer gewissen Clairvoyance an die Dinge heranzugehen und zu sagen: Auch im Bereich der freien Berufe muss es Wettbewerb geben, und Leute, die etwas können, sollen auch diesen Beruf ausüben dürfen.
Wir haben damals erstens das WTBG zusammengebracht, aber zweitens auch einen ganz wichtigen Entschließungsantrag hier im Hause einstimmig beschlossen, nämlich darüber, den leidigen Streit, der über Jahrzehnte ging und 1996 nur zu einer Teillösung geführt hat, noch in dieser Gesetzgebungsperiode zum Abschluss zu bringen. Das haben wir geschafft, und ich glaube, darüber dürfen wir uns freuen.
Wir haben jetzt ein Gesetz vorliegen, das die bisherigen Gewerblichen und Selbständigen Buchhalter zu einem selbständigen Bilanzbuchhalterberuf zusammenfasst, der alle
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 83 |
Formen von Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, aber vor allem auch die Bilanzierung für die kleinen Unternehmen – und das ist die große Masse der Betriebe – in einer Art und Weise durchführen kann, dass eine vollständige Betreuung für diesen Bereich umfasst ist. Das gibt natürlich auch die Chance, bei der Honorargestaltung eine bessere wirtschaftliche Situation zu erreichen. In diesem Sinne kann man das nur begrüßen.
Es gibt ein paar Wermutstropfen, die ich für das Protokoll nicht verschweigen will. Teil eins ist, ich hätte mir gewünscht, dass es nur noch Bilanzbuchhalter gibt. Wir haben jetzt noch immer eine relativ komplexe Regelung, wonach sich die Wirtschaftskammer und die Kammer der Wirtschaftstreuhänder einen Berufsstand sozusagen teilen. Nehmen wir es eben als eine Form gemeinsamer Obsorge hin, und probieren wir es aus. Ob es die glücklichste Lösung ist, weiß ich nicht, aber wir haben es versprochen: Wenn sie sich einigen, dann machen wir es so. – Sie haben sich so geeinigt, also machen wir es auch so.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen, auf den ich die Frau Bundesminister für Justiz schon kurz angesprochen habe und der uns auch im Ausschuss beschäftigt hat, nämlich die Frage, wo wir weiteren Bürokratieabbau machen können. Ein Teil davon bezieht sich darauf, dass 60 000 GmbHs als Kapitalgesellschaften und eine Reihe von Einzelfirmen, wenn sie protokolliert sind, jährlich Jahresabschlussdaten abgeben müssen. Jetzt ist es so, dass einzelne Firmenbuchgerichte über die normal, oft einfach über FinanzOnline übermittelten Daten sagen, dies sei ein Einschreiten ohne Vertretungsbefugnis.
Ich halte das für rechtlichen Unsinn, und diese Meinung deckt sich, wie ich höre, auch mit jener von Juristen und Juristinnen in den Ministerien. Nur müssen wir sicherstellen, dass nicht eines passiert: dass wir in zwei Jahren oder nächstes Jahr unter Umständen vor der Situation stehen, dass kleine Betriebe im Lande in großer Anzahl jährlich einen Notar beschäftigen dürfen, um fertige Daten vorzulegen. Das ist nicht akzeptabel, weil das eine Mehrbelastung ist, die unnötig ist.
In diesem Sinne kündige ich aber noch keinen Entschließungsantrag an, weil Frau Bundesministerin Gastinger mir gesagt hat, dass sie prüft, ob man das nicht mittels eines Briefes lösen kann. Für diese unbürokratische Lösung bin ich gerne zu haben, warte aber jetzt noch den Verlauf der Sitzung ab – auch wenn wir Basel II draußen verhandeln – und hoffe, dass wir auch da eine gemeinsame Lösung finden.
Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben. Und was den zweifelnden Blick des Herrn Ministers Bartenstein noch voriges Jahr betrifft, ob wir eine Lösung zusammenbringen werden: In diesem Sinne waren wir besser als die Skepsis und freuen uns auch darüber, Herr Minister. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
13.30
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
13.30
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben schon gehört, dass es auf Grund der Entschließung des Jahres 2005 nun zur Vereinheitlichung dieser unterschiedlichen Berufsbereiche des Selbständigen Buchhalters und des Gewerblichen Buchhalters kommt. Im Bilanzbuchhaltungsgesetz sind klare Definitionen der Befugnisse einerseits und klare Ausbildungsanforderungen andererseits festgelegt.
Es ist dies ein Kompromiss, der auf Grund von Verhandlungen gelungen ist, die von den Vertretern der jeweiligen Berufsgruppen vorgenommen wurden. Mittlerweile wur-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 84 |
den auch die Bedenken zerstreut, dass jene, die bereits Befugnisse haben, auf Grund des Bilanzbuchhaltungsgesetzes nun für Befugnisse, die sie bereits haben, nachträglich Prüfungen ablegen müssten. Ich denke, es ist klargestellt, dass dem nicht so ist.
Ich darf noch auf die Worte des Kollegen Matznetter im Zusammenhang mit den Jahresabschlüssen und dem Firmenbuchgericht eingehen. Selbstverständlich ist die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung auch jetzt schon gegeben. Es ist meiner Ansicht nach auch sinnvoll, diesen in Aussicht gestellten Entschließungsantrag nicht einzubringen, denn ich halte es durchaus für sinnvoll, wenn entsprechende, nennen wir es so, Missstände irgendwo festzustellen sind, dass diese Übermittlung auf elektronischem Wege nicht möglich ist beziehungsweise von einem Firmenbuchgericht abgelehnt wird, dies der Justiz auch mitzuteilen. Mir persönlich sind derartige Fälle nicht bekannt.
Es ist im Sinne der Justiz, diese elektronische Übermittlung zu forcieren, und es ist nicht so, dass hier ein Notar oder Rechtsanwalt eingeschaltet werden muss. Das heißt, wenn es da irgendwelche Mängel gibt, dann ersuche ich darum, diese aufzuzeigen beziehungsweise eine entsprechende Mitteilung an die Justiz zu machen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
13.33
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
13.33
Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Das Spannende ist – wie ich gerade mit meinem Kollegen besprochen habe –, dass diese Vier-Parteien-Einigungen immer so wahnsinnig langweilig sind, weil die Sache eigentlich schon erledigt ist und das Spannende ja im Vorfeld geschieht, wenn es sozusagen um die Annäherungen geht, denn die Herangehensweise ist manchmal eine durchaus unterschiedliche.
Ich freue mich, dass es zu dieser Einigung gekommen ist. Wir haben schon vor einem Jahr festgestellt, dass wir da ähnliche Anliegen haben, was den Umstand betrifft – es ist ja auch bereits einiges dazu gesagt worden –, dass die Selbständigen Buchhalter und die Gewerblichen Buchhalter, die Ähnliches tun, nicht nur in verschiedenen Kammern vertreten sind, sondern bis jetzt auch eine unterschiedliche Rechtslage gehabt haben. Das heißt, sie haben unterschiedliche Kompetenzen, was vor allem für die Unternehmer und Unternehmerinnen, die diese Dienste in Anspruch nehmen, Rechtsunsicherheit schafft und auch Unklarheit darüber schafft, was sie von wem bekommen können. Das wird mit dem neuen Gesetz geändert, zumindest einmal im Hinblick auf die Zielvorstellung, dass es nur noch Bilanzbuchhalter und Bilanzbuchhalterinnen gibt.
Einer der Wermutstropfen ist, dass es eine Übergangszeit gibt, in der einiges doch ungeregelt oder zumindest noch in einem gewissen Spannungsfeld zu sein scheint. Da sollte aus unserer Sicht sichergestellt werden, dass es keine Nachteile für den einen oder die andere gibt.
Ich möchte deswegen auch folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Michaela Sburny, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichts über die Umsetzung und die Auswirkungen des Bilanzbuchhaltungsgesetzes
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 85 |
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird ersucht, dem Nationalrat zwei Jahre nach Inkrafttreten des Bilanzbuchhaltungsgesetzes einen Bericht über die Lage der wirtschaftsberatenden Berufe in Österreich zu erstatten. Dieser Bericht soll aufgetre-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 86 |
tene Problemfelder darstellen und Möglichkeiten der einvernehmlichen Lösung aufzeigen.“
*****
Wir wollen damit dem Nationalrat, also uns, die Möglichkeit geben, in zwei Jahren zu schauen, wie sich das entwickelt hat, und eventuelle Schwierigkeiten, die auftreten und in gewisser Weise auch schon vorhersehbar sind, dann positiv zu bearbeiten, um das Ganze über mehrere Jahre hinweg vielleicht doch dort hinzubringen, wo wir es gerne hätten, nämlich zu einer klaren und eindeutigen Lösung, die auch für die Kunden Klarheit und Rechtssicherheit mit sich bringt.
Ich freue mich darüber, dass es hiefür Zustimmung auch von den anderen Fraktionen gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
13.35
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mitterlehner, Sburny, Hofmann und Matznetter ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Michaela
Sburny, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Christoph Matznetter,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichts über die
Umsetzung und die Auswirkungen des Bilanzbuchhaltungsgesetzes,
eingebracht im Zuge der Debatte über den Antrag der
Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner, Detlev Neudeck, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und
das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert und ein Bundesgesetz
über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz –
BibuG) geschaffen wird (846/A), in der Fassung des Ausschussberichtes
1578 d.B.
Mit dem Bilanzbuchhaltungsgesetz werden die Berufe der
Selbstständigen Buchhalter und der Gewerblichen Buchhalter zur Berufsgruppe
der Bilanzbuchhalter zusammengeführt. Im Übergangszeitraum sind
für einzelne Betroffene Härten zu befürchten. Darüber
hinaus gibt es nach wie vor offene Anliegen in einzelnen Detailfragen.
Um auf etwaige negative Auswirkungen eingehen zu
können und die Weiterentwicklung der wirtschaftsberatenden Berufe in
Österreich zu erleichtern, soll dem Nationalrat vom Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit ein Bericht vorgelegt werden, der aufgetretene
Problemfelder darstellt und Möglichkeiten zu deren konsensualer
Lösung aufzeigt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
wird ersucht, dem Nationalrat zwei Jahre nach Inkrafttreten des Bilanzbuchhaltungsgesetzes
einen Bericht über die Lage der wirtschaftsberatenden Berufe in
Österreich zu erstatten. Dieser Bericht soll aufgetretene
Problemfelder darstellen und Möglichkeiten der einvernehmlichen
Lösung aufzeigen.“
*****
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kopf zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
13.36
Abgeordneter Karlheinz Kopf
(ÖVP): Frau
Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Man hat bei
strukturellen Reformen in der Regel gerne die großen Würfe im Auge,
macht dazu sogar Konvente und Ähnliches. Es kommt Gott sei Dank etwas
dabei heraus, auch wenn man vielleicht nicht immer hundert Prozent dessen
erreicht. Beim Konvent waren es leider weit weniger als hundert, aber es haben sich im Besonderen Ausschuss
trotzdem einige Politikfelder oder wenigstens einige Felder gezeigt, auf denen
man in nächster Zeit zu Einigungen kommen kann oder auf denen man auch in
der nächsten Gesetzgebungsperiode aufbauen kann.
Aber nun zum
Bilanzbuchhalter: Auch hier war es, glaube ich, sehr löblich, dass sich
die Vertreter der betroffenen Berufsgruppen zusammengesetzt und eine
Lösung gesucht haben, unterstützt natürlich durch die
politisch Verantwortlichen. Jetzt liegt eine Lösung auf dem Tisch, die das
Berufsbild vereinheitlicht, wenn auch – wie Kollegin Sburny schon
gesagt hat – da oder dort ein paar Unklarheiten belassend,
vielleicht bewusst belassend, und auch mit der sicher nicht optimalen
Lösung der Zuständigkeit oder der Wahlmöglichkeit zwischen den
beiden Kammern.
Aber auch hier
meine ich, es ist allemal besser, in einem Kompromiss – und es ist
beileibe kein fauler – einen ordentlichen Schritt nach vorne zu
tun, wenn man auch vielleicht nicht hundert Prozent erreichen kann, es
aber doch zu einem guten Teil gelingt, zumindest für die Betroffenen und
vor allem für diejenigen, die Zugang zu diesen Berufen wollen oder die
umgekehrt auch Kunden sein können, eine Vereinheitlichung zu schaffen. Was
sich sozusagen dahinter abspielt – mit Kammerzugehörigkeit und
Ähnlichem –, ist für die Benützer vielleicht doch
eher sekundär.
Daher, alles in
allem, Gratulation an die politischen Verhandler, vor allem Dr. Mitterlehner
und Dr. Matznetter, aber auch an Dr. Bock und
Dr. Brogyányi, und herzlichen Dank dafür auch an die Beamten
des Ministeriums! Ich denke, wir haben wieder in einem kleineren Feld etwas
Wichtiges vorangebracht, und dazu ist zu gratulieren. – Danke. (Beifall
bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen –
BZÖ.)
13.38
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Moser zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
13.38
Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem ja die ersten beiden Tagesordnungspunkte prall mit Eigenlob gefüllt waren – und mir dazu ein Sprichwort einfällt: „Eigenlob stinkt!“, wie man weiß –, sind wir jetzt wieder bei einer Materie angelangt, die für alle sinnvoll ist und die auch zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen wird. (Ruf bei der ÖVP: Da loben sich auch alle! – Abg. Kopf: Eigenlob stimmt?)
Ich bin davon überzeugt, dass dieses Gesetz die Wirtschaftssituation sowohl für die neue Gruppe der Bilanzbuchhalter als auch für die vielen tausend Unternehmen verbessern wird. Es sind doch über 300 000, die davon betroffen sind.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 87 |
Wieso komme ich zu dieser Aussage? – Österreich zählt innerhalb der EU derzeit noch immer zu den Ländern mit dem höchsten Regulierungsgrad und mit sehr strengen Zugangsbestimmungen. Das gibt es noch immer. Laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien – die ich ungern zitiere, aber in diesem Fall mache ich es – könnten durch eine Öffnung der freien Berufe bis zu 45 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das ist wohl auch ein Ziel, insbesondere im Hinblick auf die prekäre Arbeitsmarktsituation, die wir unter den ersten beiden Tagesordnungspunkten diskutiert haben.
Wie das funktioniert, da ist die Kausalkette klar: Es geht um die Wettbewerbssituation. Wenn es mehr Wettbewerb gibt, kommt es in der Regel zu niedrigeren Preisen, die Qualität der angebotenen Leistungen steigt – das wissen wir aus der Empirie –, es kommt dadurch auch zu Innovationen, dadurch zu Wirtschaftswachstum und damit zu Arbeitsplätzen. Das ist klar.
Klare Wirtschaftsgesetze, eine transparente und offene Wirtschaftsverfassung verbessern den Standort Österreich. Das ist ein Ziel, und die österreichische Wirtschaft braucht eine Steigerung, denn dieses Wachstum von 2,4 bis 2,6 Prozent im heurigen Jahr, das ja im nächsten Jahr schon wieder deutlich zurückgehen wird, reicht nicht aus, um auf Dauer Arbeitsplatzeffekte zu erzielen.
Wenn wir uns die Prognosen ansehen, nach denen die deutschen Vorziehkäufe auf Grund der Mehrwertsteuererhöhung im nächsten Jahr zurückgehen werden, und davon ist ja Österreich unmittelbar betroffen, kommt es leider wieder zu einem Rückgang. Auch die Mittel für eine aktive Arbeitsmarktpolitik, für Umschulungen wurden ja nur für ein Jahr festgelegt.
Wenn Sie sich die Insolvenzstatistiken anschauen, dann werden Sie häufig feststellen, dass das Rechnungswesen vielfach keine gute Grundlage für die Unternehmensführung darstellt. Daher ist auch die Bilanzbuchhaltung besonders wichtig, um damit eine Grundlage für eine sinnvolle Unternehmensführung zu schaffen. Ich bin überzeugt davon, dass mit diesem Gesetz ein Steuerungshebel zur Verbesserung der Buchhaltung vorliegt. Dieses Bilanzbuchhaltungsgesetz wird sicherlich dazu führen, dass die Qualität bei diesen Dienstleistungen steigen wird. Es bietet auch eine klarere Abgrenzung – dies ist schon mehrfach gesagt worden – für die Unternehmen als Nachfrager auf der einen Seite, aber auch für die Bilanzbuchhalter selbst als Anbieter. Sie bekommen mehr Sicherheit.
Dennoch hat das Gesetz auch Pferdefüße; sie wurden bereits genannt: die Zuständigkeit zweier Kammern, die Wahlmöglichkeit zwischen ihnen, was nicht zur Verbesserung beiträgt, und auch diese unklaren Übergangsregelungen. Im Saldo ist es jedoch eine Verbesserung für alle, und daher werden wir auch zustimmen. Wir werden auch dem Ergänzungsantrag von Frau Sburny zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.42
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Marek zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
13.42
Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich sehe es sehr positiv, gerade wenn man die Diskussionen und Konflikte über die unterschiedlichen Berufsbilder, Berufsgruppen und auch zwischen den Kammern in den letzten Jahren verfolgt hat, dass es hier zu einem Kompromiss gekommen ist und hier nun ein einheitlich qualifizierter und definierter Beruf, ein Berufsbild entsteht, wobei auch die Qualifikationserfordernisse, die Grundlagen definiert sind. Das Wissen, das mitzubringen ist, und die Prüfungen, die abzulegen sind, sind
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 88 |
umfangreich. Wir haben hier also ein Berufsbild mit hoher Kompetenz vor uns. Die Angehörigen dieser Berufsgruppe werden sicher wertvolle Arbeit leisten.
Meiner Ansicht nach gibt es jedoch ein großes Aber. Obwohl es in vielen Gesprächen auch immer wieder eine dringende Forderung war, ist es leider nach wie vor draußen: Die neuen Bilanzbuchhalter dürfen nach wie vor keine Arbeitnehmerveranlagung machen, sie dürfen nach wie vor keine Einkommensteuererklärung machen.
Ich möchte das sehr, sehr kritisch auch so formulieren, dass sich die Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater mit ihren Rechten einzementiert und ihre Pfründe gesichert und damit natürlich auch andere, potentielle Konkurrenz außen vor gelassen haben. Ich finde das gerade im Sinn der Konsumentinnen und Konsumenten schade. Ich meine auch, dass das ein Markt ist, auf dem für die Steuerberater nur wenig Konkurrenz entstünde.
Bei Einkommensteuererklärungen und Arbeitnehmerveranlagungen geht es nur um sehr kleine Unternehmen oder um Privatpersonen, die mehrere Einkommen haben, und für die wäre es ein wichtiger Fortschritt, dass die Bilanzbuchhalter nach dem Gesetz, das wir heute hier beschließen werden, nicht nur in FinanzOnline Informationen abfragen, sondern tatsächlich auch die Arbeitnehmerveranlagung machen dürften. Die Steuerhoheit sozusagen sollte nicht alleine den Wirtschaftstreuhändern und Steuerberatern überlassen bleiben, sondern es wären auch die geänderten Realitäten anzuerkennen.
Ich finde es schade im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten – und kann nur den dringenden Appell an die Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater richten, sich der Realität nicht weiter zu verschließen, im Sinne einer Modernisierung einer Weiterentwicklung zuzustimmen, sodass es da zu Verbesserungen kommt, und das vielleicht sogar früher als in zwei Jahren.
Ich stimme der Gesetzesvorlage und dem Entschließungsantrag natürlich sehr gerne zu. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen.)
13.45
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Bauer zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
13.45
Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich kann mich diesem zuletzt geäußerten Wunsch durchaus anschließen. Vieles ist noch offen, aber wir stimmen diesem Gesetz deshalb zu, weil es eben ein Kompromiss nach langwierigen Verhandlungen ist. Ich betrachte dieses Gesetz auch als einen Beginn und bin überzeugt, dass in der Folge durchaus Verbesserungen in Richtung Arbeitnehmerveranlagung und auch in anderen Bereichen erfolgen werden.
Positiv ist, dass überhaupt einmal eine Vereinheitlichung geschaffen wurde. Wenn man weiß, wie zäh manche Interessenvertretungen sein können und wie wenig Bewegungsfreiheit sie zeigen, ist das ein beachtliches Ergebnis. Was den Kompromiss hinsichtlich der Wahl ihrer Interessenvertretung betrifft, also die Option, sich aussuchen zu können, welcher Kammer – Wirtschafttreuhänderkammer oder Wirtschaftskammer – man angehören möchte, ist dies ein Novum, wobei ich überzeugt bin, dass die meisten für die Wirtschaftskammer optieren werden.
Im Grunde ist jedoch gemeinsam etwas geschaffen worden, worauf wir durchaus auch stolz sein können, wenngleich auch gewisse Wermutstropfen dabei sind, wie zum Beispiel auch die Beibehaltung der relativ engen Bilanzierungsgrenzen mit rund 364 000 €
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 89 |
nach dem § 125 der BAO. All das wissen wir, aber dennoch handelt es sich um einen Fortschritt in einem sehr großen und wichtigen Bereich.
Ich betrachte dieses Ergebnis auch als wichtig für die Wirtschaft, besonders für die Klein- und Mittelbetriebe, weil damit viel an organisatorischer Arbeit nach außen vergeben werden und man sich auf die eigentliche Zielsetzung des jeweiligen Unternehmens, auf den technisch-organisatorischen Ablauf konzentrieren kann. Das bedeutet eine Entlastung für die Unternehmen und auch eine Qualitätsverbesserung. Davon gehe ich aus, sodass wir durchaus sagen können, dass zwar der Tätigkeitsumfang nicht so groß gefasst worden ist, wie manche es wollten, er aber durchaus beachtlich ist, wenn man sich überlegt, dass doch bis zu dieser Summe praktisch alles gemacht werden darf und kann. Ich bin auch überzeugt davon, dass das ausgenützt werden wird.
Ich habe mit vielen Unternehmern gesprochen, da ich auch in diesem Umfeld eine Funktion ausübe. Tatsache ist, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen sehr froh sind, dass sie diese Regelung haben, weil es noch immer besser ist, eine Regelung im ersten Schritt zu haben, als in der Luft zu hängen und keine entsprechende Anerkennung zu haben. In dem Sinne haben wir den Kompromiss auch mitgetragen und werden dem Gesetz auch zustimmen. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
13.48
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.
13.48
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Vier-Parteien-Einigungen sind wahnsinnig langweilig, hat Frau Abgeordnete Sburny gesagt. Das stimmt. Trotzdem bin ich, was meinen Verantwortungsbereich anlangt, immer wieder froh, wenn solche Vier-Parteien-Einigungen zustande kommen. Die Plenardebatte verläuft etwas ruhiger, die Öffentlichkeit ist etwas weniger bis gar nicht interessiert, aber dafür funktioniert es dann im Anschluss umso besser.
Wer so wie ich schon
etwas länger diesem Hohen Hause direkt oder indirekt angehört,
weiß, dass kaum eine andere Materie so strittig ist wie diese
Berufsabgrenzungsfragen. Es gibt da einige Beispiele, wo über Jahre
und Jahrzehnte hinweg in Wirklichkeit nichts weitergegangen ist. Die, die
herinnen sitzen, haben am wenigsten Schuld daran, sondern die nicht
konsensfähigen Berufsgruppen. Umso mehr ist es zu schätzen, dass hier
ein derartiger Konsens gelungen ist. Ja, gemeinsame Obsorge ist nur die zweitbeste
Lösung. Ich bin auch sehr damit einverstanden, dass man sich das nach zwei
Jahren anschaut. Nach einem Jahr wäre es ein bisschen kurz
gewesen – was ist da schon verfügbar? Nach zwei Jahren passt
es, und dem schließe ich mich gerne an.
Im Übrigen
schließe ich mich auch dem Dank an Dr. Bernbacher an. Ich
weiß, dass das ein Initiativantrag von Matznetter und Mitterlehner war.
Besten Dank dafür, aber ein bisschen durften da meine Leute mithelfen!
Jedenfalls bin ich froh darüber, dass das auch bedankt wurde.
Zwei Dinge noch: Frau Abgeordnete Marek hat einen weiteren Punkt angesprochen. Nicht alles kann auf einmal erledigt werden, aber das ist ein ernsthafter Mangel. Herr Abgeordneter Moser, du hast das IHS zitiert. – Na ja, das ist eine Analyse, die sicher einen Hintergrund hat. Ich verweise auf einen sehr bemerkenswerten Artikel in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vor ein paar Tagen, in dem unserer letzten Gewerbeordnungsnovelle, die auch im Konsens vor allem mit den Betroffenen durchgeführt und umgesetzt wurde, vom Ergebnis her ein hohes Maß an Erfolg zugebilligt wurde. Wir
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 90 |
bringen also doch auch im Konsenswege Dinge weiter. Dass die Angelegenheit sensibel ist, wissen wir.
In Wirklichkeit handelt es sich um eine Frage der Dienstleistungsfreiheit, in dem Fall der innerösterreichischen Dienstleistungsfreiheit. Wenn wir dann auf die europäische Ebene gehen, dann haben wir dort die Dienstleistungsrichtlinie. Wir wissen, wie umstritten die war. Und – ich erwähne dieses Unwort – wenn wir dann auf die globale Ebene gehen, auf die Ebene der WTO, heißt das dort GATS. Und da wissen wir alle, wo da die Frontlinien verlaufen.
So gesehen ist es zwar eine „unendlich langweilige“ Vier-Parteien-Einigung, die aber in der Substanz sehr wertvoll ist. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)
13.51
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
13.51
Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Ich darf mich vorweg vollinhaltlich den Ausführungen meiner Kollegin Christine Marek anschließen und vielleicht auch denen des Kollegen Bauer. Es ist so, dass der historische Ursprung der Selbständigen Buchhalter sehr weit zurückreicht.
Bis zum Jahre 1948 hat es diese selbständigen Buchhalter gegeben, dann bis zum Jahre 1999 nicht mehr. Seit 1999 bestehen neben den Wirtschaftstreuhändern zwei unterschiedliche Buchhaltungsberufe, der Gewerbliche und der Selbständige Buchhalter, mit unterschiedlichen Kammerzugehörigkeiten. Es war darum höchst an der Zeit, einen einheitlich qualifizierten Bilanzbuchhalter zu schaffen. Das ist mit diesem Gesetz auch gelungen.
Der neue Beruf des Bilanzbuchhalters umfasst die bisher getrennten Berufe des Gewerblichen und des Selbständigen Buchhalters. Die Abgrenzung zum Steuerberater bleibt ohnehin aufrecht. Zusätzlich gibt es mehrere Teilbereiche und -qualifizierungen wie die des normalen Buchhalters und des Lohnverrechners. Kompromisslösungen sind bei solch weit reichenden Gesetzesentscheidungen immer notwendig, und wir haben auch schon gehört, wo die Hauptschwerpunkte dieser Kompromissbildung liegen: Es waren einerseits diese Jahresumsatzgrenze von 363 000 € bei der Bilanzierung und auf der anderen Seite auch die Ausklammerung der Arbeitnehmerveranlagung. Hier ist nicht zu verstehen, dass Personalverrechner diese nicht durchführen sollten. Ich bin mir jedoch sicher, dass hier in Hinkunft entsprechende gesetzliche Maßnahmen folgen werden, um diese Kompromisse letztlich so auszuführen, wie sie für die Praxis notwendig sind.
Insgesamt braucht die Wirtschaft diese Selbständigen Buchhalter und Bilanzbuchhalter sehr dringend. Wir haben mittlerweile rund 2 500 Selbständige Buchhalter, die sehr qualifiziert und der neuen Materie angepasst ihre Arbeiten verrichten, und ich bin der Meinung, dass das Gesetz hier zusätzlich positive Impulse bringen kann. (Beifall bei der ÖVP.)
13.54
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hoscher zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
13.54
Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es mag schon stimmen – der Herr Bun-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 91 |
desminister hat vollkommen Recht –, das Thema zieht sich schon sehr lange durch die Debatten dieses Hauses. – Es ist auch schon fast mein siebzehntes Jahr hier. Der Beschluss mag unter Umständen langweilig sein, der Weg dorthin war es natürlich mitnichten, insbesondere in der Auseinandersetzung mit den Interessenvertretungen nicht. Wir sind sehr froh darüber, dass es letztendlich zu diesem Beschluss gekommen ist.
Kurz auf ein, zwei Details eingehend: Besonders wichtig ist auch beim Bilanzbuchhalter, dass hoher Wert auf die Ausbildung gelegt wird, auf die Qualität der Dienstleistung, die dann insbesondere den Klein- und Mittelunternehmungen zugute kommen soll. Ich verweise etwa auf die jährliche Weiterbildungsverpflichtung, die in den Ausbildungsrichtlinien festgelegt werden kann. Ich denke, dass das ein wichtiger Punkt ist, den man von einer Kann-Bestimmung dann auch letztendlich in die Tat umsetzen sollte.
Wie bereits erwähnt, ist das insbesondere für zahllose Klein- und Mittelunternehmen besonders wichtig und damit natürlich auch – wenig verwunderlich – für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Gerade in dieser Branche stehen wir ja auch vor Jahrzehnte alten Problemen, die wir mitschleppen, etwa im Bereich der Eigenkapitalausstattung, die sowohl im Gastgewerbe als auch in der Hotellerie nach wie vor im Median negativ ist. Das ist zum Teil wohl auch darauf zurückzuführen, dass bei etlichen Unternehmungen das Bewusstsein über die eigene Kostenstruktur nicht so ausgeprägt ist, weil man sich damit aus verschiedensten Gründen nicht so sehr beschäftigt hat.
Ich meine, dass durch Basel II, das wir ja morgen diskutieren werden, ohnedies großer Druck auf die Unternehmen zukommen wird. Ich denke aber auch, dass mit dem Bilanzbuchhaltungsgesetz und mit dem verstärkten Wettbewerb, den es dadurch in diesem Bereich geben wird, und damit auch mit den vermehrten Auswahlmöglichkeiten für die Unternehmen durchaus auch ein Instrument zur Hand gegeben wird, durch das man sich intensiver mit der eigenen Kostenstruktur auseinandersetzen kann und sollte.
Wir wissen, dass das Ganze ein Thema ist, das auch international breit diskutiert wird, im Moment etwa auch in Deutschland. In Deutschland ist es etwa so, dass 29 Prozent der Finanz- und Personalmanager sich mehr Bilanzbuchhalter wünschen. Es werden auch große Chancen für den Arbeitsmarkt in diesem Bereich gesehen. Auch in diesem Lichte denke ich, dass das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das wir heute beschließen werden, ein wichtiger Schritt vorwärts sein wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
13.56
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mikesch zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
13.57
Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Das Bilanzbuchhaltungsgesetz ist ein sehr wichtiges Gesetz, wichtig vor allem für unsere Klein- und Mittelbetriebe und wichtig für unsere Einzelunternehmen. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, haben heute in der von Ihnen angestrengten Debatte über die Tagesordnung gezeigt, wie Sie zu den Klein- und Mittelbetrieben in unserem Land stehen. Da helfen Ihnen in Zukunft auch die buntesten Broschüren nichts, die Sie aussenden. (Abg. Öllinger: Welche Broschüren meinen Sie da jetzt genau? – Abg. Sburny: Es sind doch Sie, die bunte Broschüren versenden, und zwar durch die Ministerien und auf Kosten der Allgemeinheit!)
Meine Damen und Herren! Das Bilanzbuchhaltungsgesetz ist eine wichtige Entscheidung für unsere Unternehmen, für die vielen Klein- und Mittelbetriebe. Klare Ausbildungskriterien, einheitliche Qualifikation, ein Gesetz, das in intensiven Gesprächen
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 92 |
zwischen den Vertretern der einzelnen Berufsgruppen und der Wirtschaftskammer verhandelt wurde.
Meine Damen und Herren! Gut ausgebildete gewerbliche und selbständige Buchhalter, Steuerberater sind wichtige Partner für unsere Unternehmungen. Wir wissen, dass gerade in unseren Klein- und Mittelbetrieben das Bewusstsein über die eigenen Kennzahlen, Daten und Fakten nicht immer so gegeben ist, wie es sein sollte. Die Unternehmensführung kann aber nur dann zielsicher und erfolgreich sein, wenn sich jede Unternehmerin und jeder Unternehmer mit seinen Zahlen und Ergebnissen auseinander setzt. Daher haben wir mit dem heutigen Gesetz einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung zur Absicherung unserer vielen Klein- und Mittelbetriebe gesetzt. Großbetriebe haben eigene Abteilungen für Lohnverrechnung, Buchhaltung, Controlling und so weiter. Von den Unternehmerinnen und Unternehmern der kleinen Betriebe aber werden gerade diese Bereiche oft als zusätzliche Belastung gesehen. Diese Arbeiten erfolgen nämlich großteils abends oder am Wochenende.
Mit dem Bilanzbuchhaltungsgesetz werden der selbständige und gewerbliche Buchhalter auf eine Basis gestellt, die wichtig und richtig ist für unsere Betriebe, weil sie die Betriebe auf ihrem erfolgreichen Weg unterstützen werden. Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen, die hier verhandelt haben, und bei allen, die an der Formulierung dieses Gesetzes mitgearbeitet haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
13.59
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Scharer zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.
13.59
Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist ja ohnehin schon ausgeführt worden, dass seit 1999 neben den Wirtschaftstreuhändern zwei unterschiedliche Buchhalterberufe mit unterschiedlichen Befugnissen bestehen. Es wurde gemeinsam eine Entschließung initiiert, durch die die Rechte der selbständigen Buchhalter und der gewerblichen Buchhalter in einem neuen, einheitlichen Bilanzbuchhaltungsgesetz zusammengeführt werden.
Das neue Gesetz bringt, wie ich meine, wesentliche Erweiterungen der Berufsrechte und orientiert sich vor allem auch an den Kundenbedürfnissen durch eine sehr praxisgerechte Flexibilisierung im Interesse von mehr als 300 000 kleinen und mittleren Unternehmen.
Das Bilanzbuchhaltungsgesetz bringt ebenfalls klare
Berufsrechte: keine Befugnisse ohne entsprechende Befähigungen. Auch sehr
positiv: Die Voraussetzungen für den Berufszugang werden wesentlich
vereinfacht und vereinheitlicht. Ich finde, ein wesentliches
Qualitätsmerkmal sind auch die neuen staatlichen Prüfungen im
Gegensatz zu den bisherigen Bilanzbuchhalterprüfungen über
verschiedene Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen. (Präsident
Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)
Wichtig ist auch, dass im Sinne der Kundenorientierung und der Qualitätssicherung Berufspflichten definiert sind; so wird zum Beispiel eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung vorgeschrieben. Die Verankerung der Verpflichtung der verbindlichen Weiterbildung ist ebenfalls als sehr positiv anzumerken.
Das Bilanzbuchhaltungsgesetz bringt insgesamt eine wesentliche Verbesserung und Chancen für den Berufsstand und eben auch für die klein- und mittelständischen Unternehmen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 93 |
Ich erlaube mir zu sagen, dass es einmal sehr angenehm ist, auf Grund der vorher geleisteten guten Arbeit hier im Plenum bei so klarer Zustimmung diskutieren zu können. (Beifall bei der SPÖ.)
14.01
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.
14.01
Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Wirtschaftsausschuss hat auf Antrag der Regierungskoalition eine diesbezügliche Änderung der Gewerbeordnung einstimmig verabschiedet. Es geht um die Angleichung und Erweiterung der Berechtigung von gewerblichen Buchhaltern und selbständigen Buchhaltern. In Zukunft können Bilanzbuchhalter für KMUs Bilanzen bis zu einer Umsatzgrenze von rund 360 000 € im Jahr erstellen.
Äußerst positiv sind die österreichweit einheitliche Ausbildung sowie das einheitliche Niveau im Prüfungswesen dieser Bilanzbuchhalter. Weiters positiv ist eine Erleichterung, vom Bilanzbuchhalter durch Fachprüfung zum Steuerberater zu werden. Dadurch können künftig auch Bilanzbuchhalter – nicht nur wie in der Vergangenheit Akademiker – zu Steuerberatern werden.
Sensationell ist für mich – auch erstmalig in Österreich – die Zugehörigkeit dieses Berufsbildes. Ausübende dieser Berufe können sich ihre Interessenvertretung selbst aussuchen. Ich glaube, das belebt das Angebot auf dem Markt und natürlich auch den Wettbewerb und die Qualität.
Wesentlich ist, dass durch diese Regelung die Bedürfnisse der Kunden, also die Bedürfnisse der über 300 000 Klein- und Mittelbetriebe, vollauf erfüllt werden.
Letztlich wurde eine Vier-Parteien-Einigung erzielt. Ich gratuliere dazu und bedanke mich insbesondere beim Ministerium und auch bei Dr. Bernbacher und bei unserem Minister. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
14.03
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.
14.03
Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin selbst seit 20 Jahren in der Steuerberatung tätig und habe die Diskussionen in den Jahren, seit es den gewerblichen und den selbständigen Buchhalter beziehungsweise Buchhalterinnen gibt, immer verfolgt. Ich glaube, dass mit diesem Kompromiss, auch wenn es in der Zukunft vielleicht noch Anpassungen geben müsste, wirklich auch für die Klein- und Mittelbetriebe ein sehr großer Schritt gesetzt wird. Wenn nämlich jemand bei einem Steuerberater vertreten ist, kann es durchaus dazu kommen, dass der Unternehmer sich erst später mit seinen eigenen Zahlen und mit seiner eigenen finanziellen Situation auseinander setzt, wenn er aber bei einem zukünftigen Bilanzbuchhalter vertreten ist, dann hat er mit diesem Bilanzbuchhalter vielleicht eine innigere Geschäftsbeziehung und beschäftigt sich doch intensiver auch mit seinen Zahlen und mit seinem wirtschaftlichen Erfolg.
Ich glaube auch, dass es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land eine gute Chance sein kann, sich einerseits in die Selbständigkeit zu wagen, sich andererseits aber vielleicht ein zweites Standbein aufzubauen als PersonalverrechnerIn oder als BuchhalterIn beziehungsweise eben als BilanzbuchhalterIn.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 94 |
Und so glaube ich, dass das ein guter Schritt ist. Andere mögliche Schritte im Zusammenhang mit den Kompetenzen können ja noch gesetzt werden, und bei einer etwaigen Evaluierung kann man dann immer noch auf gewisse Dinge eingehen. Aber ich denke, dass es für den Berufsstand Bilanzbuchhalter eine gute Zukunft werden wird – auch im Sinne der vielen Klein- und Mittelbetriebe in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
14.05
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.
14.05
Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Diese praxisorientierte Flexibilisierung der Auflagen für die gewerblichen Buchhalter und Bilanzbuchhalter waren uns natürlich auch ein sehr großes Anliegen, weil wir damit auch die Hoffnung verbinden, dass das zu einer Belebung des Wettbewerbs führt, dass es zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen kann, vor allem im ländlichen Raum, vor allem was die Betreuung der Kleinst- und Kleinbetriebe betrifft, von denen sich manche auf Grund ihrer budgetären Situation und natürlich auch der Kosten keinen Wirtschaftstreuhänder leisten können, somit auf die Betreuung durch gewerbliche Buchhalter und Bilanzbuchhalter angewiesen sind.
Daher stimmen wir dieser Novelle guten Gewissens zu, in dem Wissen, dass die klein- und mittelständische Wirtschaft damit künftig eine noch bessere Betreuung erfährt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.06
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1578 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist in dritter Lesung ebenfalls einstimmig angenommen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Sburny, Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Berichtes über die Umsetzung und die Auswirkungen des Bilanzbuchhaltungsgesetzes.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den
Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig
angenommen. (E 201.)
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die Regierungsvorlage (1559 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das
ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das
Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1599 d.B.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 95 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun kommen wir zum 3. Punkt der Tagesordnung.
Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Ing. Winkler. – Bitte.
14.07
Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im April 2006 stellte der EuGH auf Grund einer Vertragsverletzungsklage fest, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der ArbeitnehmerInnen im Rahmen des Arbeitsvertrages bei der Arbeit nicht hinreichend umgesetzt seien. Anlass war, dass die Richtlinie 391 aus dem Jahr 1989 der Europäischen Union nicht zur Gänze umgesetzt war.
Durch diese Novelle werden nun das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungs- und das Landarbeitsgesetz dem Urteil entsprechend angepasst. Ich bin auch froh darüber, dass diese Novellen heute beschlossen werden, beinhalten sie doch wichtige Punkte der Informationspflichten der Arbeitgeber an die Sicherheitsvertrauenspersonen und an die Betriebsräte. Manche Gefahrenquellen bei der täglichen Arbeit im Betrieb lassen sich oft einfach dadurch hintanhalten, dass man darüber spricht und informiert. Information, Beratung und das Aufzeigen von Gefahrenquellen im Voraus helfen sowohl Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern. Schließlich verursacht jeder Arbeitsunfall, der vermieden werden hätte können – abgesehen davon, dass jeder Unfall als solcher zu viel ist –, auch dem Betrieb und dem Dienstnehmer entsprechende Kosten. Dazu kommt noch, dass neben dem persönlichen Leid und den gesundheitlichen Schäden längere Krankenstände oft auch zum Verlust des Arbeitsplatzes führen können.
Ich betone aber, dass es viele Betriebe gibt, die nicht darauf gewartet haben, dass diese Bestimmungen erst in das Gesetz aufgenommen werden, sondern vielmehr diese Punkte in der Praxis bereits gelebtes Arbeitsrecht darstellen und deshalb die Säumigkeit gegenüber der EU wohl geringer ins Gewicht fällt, als es nach außen hin den Anschein hat.
Die Gesundheit der Beschäftigten und damit die Arbeitskraft der Arbeitnehmer stellt neben den technischen Ressourcen das eigentliche Kapital der Unternehmen dar. Wichtig ist daher nicht nur die damit gegebene gesetzliche Informationspflicht, sondern auch die ständige Weiterbildung der mit diesen Aufgaben betrauten Personen.
Der technische Fortschritt hält natürlich überall Einzug, weshalb wir alle – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – bemüht sein müssen, dieses Wissen auch im Bereich der Unfallverhütung und somit der Gesundheit der Arbeitnehmer ständig einzusetzen. Vereinzelt entsteht allerdings auch der Eindruck, dass mehr in die technische Ausrüstung von Betrieben und damit in Maschinen investiert wird als in die Gesundheit der Beschäftigten. An dieser Grundeinstellung müssen alle in diesem Bereich tätigen Institutionen noch gemeinsam arbeiten, denn wenn sich nichts ändert, können natürlich auch Säumnisverfahren vor dem EuGH nichts Wesentliches bewirken. Engagierte Betriebsräte und Sicherheitsvertrauenspersonen, aber auch Arbeitgeber waren jedoch jetzt schon bemüht, so weit es möglich ist, Gefahrenquellen im Betrieb zu erkennen und gemeinsam abzustellen.
Abschließend darf ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass im Zuge dieser Novelle auch das Landarbeitsgesetz mit einbezogen wurde. Dafür besonderen Dank, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
14.11
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 96 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Ich erteile es ihm.
14.11
Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Lassen Sie mich eingangs meiner Rede kurz zur Einwendungsdebatte und den Ausführungen des Kollegen Molterer Stellung beziehen, wo er doch so etwas unterschwellig der Opposition unterstellt hat, dass ihr andere Themen auf der Tagesordnung nicht so wichtig seien.
Ich möchte hier klarstellen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass uns Arbeitnehmerschutz natürlich wichtig ist und natürlich stets einen prominenten Platz auf der Tagesordnung einnehmen soll, weil, wie gesagt, Arbeitnehmerschutz für die ArbeitnehmerInnen in diesem Land ungeheuer wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Folgendes ist auch klar: Durch die vorliegende Novelle wird das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz leider lediglich insoweit geändert, als es unbedingt notwendig war, um dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes Rechnung zu tragen. Und so steht es auch wörtlich zitiert im Vorblatt, dass eben nur insoweit Änderungen vorgenommen werden, als dies unbedingt notwendig ist.
Das, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist eben schon leicht verräterisch. Immer dann, wenn es darum geht, Arbeitnehmerrechte beziehungsweise Arbeitnehmerschutzrechte zu fixieren, gibt es maximal die Minimalstvariante für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in diesem Lande.
Das scheint auch die Leitlinie dieser Bundesregierung in den letzten Jahren gewesen zu sein, wenn es, wie gesagt, um jene Rechte geht, die notwendig sind, um Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz in diesem Land zu stärken.
Herr Bundesminister, wer hätte Sie daran gehindert, längst überfällige Maßnahmen im Bereich des ArbeitnehmerInnenschutzes mit dieser Novelle umzusetzen? Da gäbe es noch vieles, was noch nicht erledigt ist, etwa Durchführungsverordnungen, Schließung von Regelungslücken. Aber, wie gesagt, meine Damen und Herren, wenn es um Arbeitnehmerschutz und um Arbeitnehmerrechte geht, dann gibt es eben maximal die Minimalvariante durch diese Bundesregierung.
Wir werden dieser Novelle natürlich unsere Zustimmung geben, weil es eben, wie gesagt, um die Umsetzung eines EuGH-Urteils geht, aber der ganz große Wurf für die Arbeitnehmer in diesem Land ist diese Novelle natürlich nicht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
14.14
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.
14.14
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Lackner, ich bin schon ein bisschen verwundert, wenn du dich hier heraus stellst und speziell Kritik am Arbeitnehmerschutz in Österreich übst. Ich glaube, wir haben eine Vorreiterrolle inne. Ich weiß nicht, wo du beschäftigt bist, ich bin in der Privatwirtschaft beschäftigt, und dort ist Arbeitnehmerschutz groß angesagt – auch im Interesse des Unternehmers. Der Unternehmer ist nämlich nicht daran interessiert, dass Arbeitsunfälle passieren, der Unternehmer ist nicht daran interessiert (Zwischenruf des Abg. Lackner) – hör zu, sonst kannst du es wieder nicht erzählen! –, dass der Arbeitnehmer Gesundheits-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 97 |
probleme hat und vieles mehr, denn sobald der
Arbeitnehmer in den Krankenstand geht, kostet der wirtschaftliche und der
finanzielle Ausfall den Arbeitgeber etwas. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.)
Wir haben ja in Österreich schon vorrangig, muss ich sagen, und auch gemeinsam mit den Sozialpartnern gearbeitet, eine Arbeitnehmerschutzverordnung durchzuführen und diese ständig zu verbessern. Ich möchte nur auf die Evaluierung des Arbeitsplatzes hinweisen, wo Betriebe beauftragt worden sind, bis zu einem gewissen Zeitraum jeden Arbeitsplatz im Einzelnen zu evaluieren, genau auf die Gefahren hinzuweisen, auf die Schutzmaßnahmen und das aufzuzeichnen und vorzuweisen, was auch geprüft wird. Ich glaube, es nützt überhaupt nichts, wenn man nur Gesetze macht, sie müssen auch umgesetzt werden. Und da sind alle, sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, gefordert.
Wir wissen ja, dass es in mittleren oder größeren Betrieben einen Betriebsrat gibt, dort gibt es Sicherheitsvertrauenspersonen, einen Sicherheitsingenieur, einen Umwelt- und Abfallbeauftragten und vieles mehr. Zusätzlich wird das noch kontrolliert vom Arbeitsinspektorat, von der Unfallversicherung und vieles mehr. Ich glaube, dass wir schon ein Stück weiter sind, als es uns die Maßnahme der EU vorschreibt, dass wir aber natürlich nicht auf dem Ist-Stand stehen bleiben dürfen, sondern dass wir, wenn wo Probleme auftreten, diese sofort gemeinsam lösen müssen.
Kritisieren oder nörgeln allein nützt nichts, wir müssen entsprechend zusammenarbeiten: im Sinne der Arbeitnehmer, zum Schutz der Arbeitnehmer, zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer und auch im Sinne der Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.16
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.
14.16
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Arbeitnehmerschutz ist einer der Bereiche, wo die Europäische Union in den vergangenen Jahren Maßstäbe gesetzt hat, auch für Österreich.
Herr Kollege Walch, wir waren und wir sind im Arbeitnehmerschutz – ich bitte, da nicht wieder die gleiche Platte von vorhin zu verwenden – ganz sicher nicht Weltmeister und Europameister. Wir haben keine Vorreiterrolle im Arbeitnehmerschutz, auch nicht im Vergleich innerhalb der Mitgliedsländer der Europäischen Union. Ich erinnere Kollegen Walch nur daran, wie es in seiner eigenen Branche ausschaut, nämlich am Bau. Das ist in Österreich die Branche mit dem höchsten Unfall- und höchsten Invaliditätsrisiko; neben dem Gewerbe Abfallbehandlung und Abfallbeseitigung, das hat ein noch höheres Unfall- und Invaliditätsrisiko.
Wenn man da die wenigen Parameter hernimmt, um europäische Vergleiche anstellen zu können, dann stellt man fest, dass die österreichischen Bauarbeiter und Bauarbeiterinnen ganz offensichtlich unter den Staaten, mit denen man vergleichen kann, innerhalb Europas ein überdurchschnittlich hohes Invaliditäts- und Unfallrisiko haben. Also da liegt noch manches im Argen.
Das hat ja auch mit dem Stellenwert zu tun, den der Arbeitnehmerschutz und Arbeitnehmerinnenschutz in den vergangenen Jahren immer wieder gehabt hat. Nur das Nötigste machen, nur das machen, wozu einen die EU-Richtlinien verpflichten. Und wenn es geht, dann versucht man auch da – und darum diskutieren wir ja jetzt, Kollege Walch – ein Auge zuzudrücken. Wir versuchen jetzt nämlich, zunächst einmal Betriebe
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 98 |
unter fünf Personen auszunehmen. Die beziehen wir nicht ein. Das war die Überlegung, die hinter diesem Gesetz gestanden ist.
Und dann kommt leider der Europäische Gerichtshof und sagt – Gott sei Dank, sagt er das –: Nein, liebes Österreich, so geht es nicht. Ihr müsst die wenigen verpflichtenden Elemente der europäischen Richtlinie auf Punkt und Beistrich umsetzen. Und da sagt Österreich: Na ja, machen wir es halt! – Machen wir es halt, Herr Bundesminister! Das ist noch nicht sehr aufregend.
Jetzt kann man schon sagen: Ja, wir stimmen dieser vorgeschlagenen Änderung zu, hier wird der Form Genüge getan. Aber mit Leben erfüllter Arbeitnehmerschutz ist es noch nicht. In einem Land, in dem beispielsweise der einzige Lehrstuhl für Arbeitsmedizin vor der Schließung oder Einstellung steht, ist es symptomatisch genug, wie wir mit dem Thema ArbeitnehmerInnenschutz umgehen.
Ich halte es auch nicht für gut – ich habe das dem Herrn Bundesminister schon etliche Male gesagt –, dass wir ArbeitnehmerInnenschutz mit ihm zwar diskutieren, dass wir aber über die notwendigen Schritte, die in diesem Bereich zu setzen wären – etwa betreffend Unfallversicherung, Krankenversicherung, Prävention in beiden Versicherungszweigen und Prävention über die Versicherung hinaus –, mit anderen Ministerien, nämlich mit dem Gesundheitsministerium und mit dem Sozialministerium, diskutieren müssen. Da ist ein ganz wesentlicher Bereich – nämlich der Arbeitnehmerschutz samt den umliegenden Bereichen – zerschlagen, zerteilt und zerstückelt worden, und das tut diesem sehr wichtigen Bereich nicht gut!
Diesen Geist atmet auch diese Verbesserung: Machen wir es halt! Wir müssen es machen, der Europäische Gerichtshof verpflichtet uns dazu, aber mehr als das Notwendige machen wir nicht! – Das ist traurig, das ist aber offensichtlich das Einzige, was von Ihnen zu haben ist!
Ich sage Ihnen noch einmal: Wir haben schon damals, als bei der Beschlussfassung über den Arbeitnehmerschutz diskutiert wurde, darauf aufmerksam gemacht, dass diese Einschränkungen für Betriebe unter fünf ArbeitnehmerInnen sicherlich nicht EU-konform sind!
Kollege Winkler sagt: Die Betriebe haben das eh schon gemacht! – Ich glaube auch, dass es diejenigen, die denken können, schon gemacht haben! Ich frage mich aber: Warum denkt der Gesetzgeber nicht etwas voraus? Warum ist der Gesetzgeber nicht imstande, die Mehrheit in diesem Haus, die sich ja in diesen Jahren geändert hat ... (Zwischenruf des Abg. Walch.) Das waren nicht Sie, Herr Kollege Walch! Da brauchen Sie sich nicht angesprochen zu fühlen, denn das ist damals von einer anderen Mehrheit beschlossen worden. – Warum ist der Gesetzgeber, wie leider auch manche Betriebe, wirklich nicht imstande, den Arbeitnehmerschutz als ein ganz wesentliches und auch innovatives Element für die Entwicklung der Wirtschaft zu begreifen? – Das ist das Problem, das uns eigentlich Sorge machen und Anlass zu Diskussionen geben müsste!
Diesbezüglich denkt man sich ganz offensichtlich in Österreich noch immer: Na ja, dann sind es eben ein paar Unfälle mehr! Ist eh nicht viel passiert! Machen wir halt das Notwendigste! – Das wäre aber zu wenig. (Beifall bei den Grünen.)
14.22
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.
14.22
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte drei Anmerkungen machen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 99 |
Herr Abgeordneter Öllinger, ich widerspreche Ihnen ganz deutlich, was den Stellenwert, die Effizienz und den Erfolg des Arbeitnehmerschutzes in Österreich betrifft. (Abg. Öllinger: Das können Sie nicht!) Wir gehören in Europa zur Spitzengruppe, und es gibt dazu Daten, mit welchen das nachgewiesen werden kann.
Wir haben gemeinsam einen Staatspreis für Arbeitssicherheit ins Leben gerufen, der sehr gut läuft. Wir kontrollieren und beobachten die Entwicklung der Arbeitsunfälle und auch der berufsbedingten Erkrankungen sehr genau. Wir haben das im Ausschuss mehrfach diskutiert, Sie haben dem nicht widersprochen, und ich betone noch einmal: Wir gehören hier zur europäischen Spitze und keinesfalls und nicht einmal zum Mittelfeld. (Abg. Öllinger: Das stimmt leider nicht!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zweite Anmerkung: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Lackner, ich bin doch ein bisschen überrascht: Wenn der EuGH ein österreichisches Gesetz in fünf Punkten für nicht EU-konform erachtet, das auf Basis eines Sozialpartner-Konsenses erarbeitet und von Ihnen im Parlament mit beschlossen wurde, dann wundert es mich schon, wenn Sie jetzt mit Ausdrücken im Plenum agieren, die bis zu „verräterisch“ reichen und implizieren sollen, dass manche in diesem Hause dem Arbeitnehmerschutz nicht den Stellenwert beimessen, den Sie ihm beimessen. Entweder Sie haben das mit diskutiert und mit beschlossen oder nicht. – Tatsächlich haben Sie es mit beschlossen, dann tragen Sie es hier aber auch mit!
Die zweite Verwunderungsstufe bezieht sich darauf, dass diese Sanierung beziehungsweise Novelle ja auch wieder auf einer Sozialpartner-Einigung beruht! Und wenn Sie dann von Durchführungsverordnungen sprechen, dann ist Ihnen als routiniertem Abgeordnetem sicherlich Folgendes bewusst: Erstens ist eine Durchführungsverordnung eine Verordnung und kein Gesetz und bedarf daher nicht des Nationalrats. Zweitens darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass es in letzter Zeit zum Beispiel Durchführungsverordnungen zum Thema Lärm und Vibrationen gegeben hat, die Grenzwerte-Verordnung insbesondere zur Verbesserung der Prävention betreffend Asbest und die VEXAT-Verordnung zum Thema explosionsfähige Atmosphären. – Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fühlen sich dann auch ein wenig unangenehm berührt, wenn Sie als Sprecher Ihrer Fraktion etwas kritisieren, was jeglicher faktischen Grundlage entbehrt!
Dritte Anmerkung: Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind in fünf Fällen vom EuGH verurteilt worden, und da muss es Sanierungen geben. Aber es kann schon diskutiert werden, ob man in Österreich wirklich völlig daneben gelegen ist. Die Sozialpartner haben – auch wiederum mit der SPÖ – gesagt: Wenn Betriebe bis zu fünf Mitarbeiter haben, dann müssen besondere Beauftragte für Brandbekämpfung und Evakuierung nur erforderlichenfalls bestellt werden. – Das kommt mir nicht völlig absurd vor! Stellen Sie sich eine Arbeitsstätte mit fünf Mitarbeitern vor, und dann werden solche Funktionen vergeben! Der EuGH sieht das aber anders, und wir werden das sanieren.
Es gibt aber auch Kritikpunkte des EuGH – auch das sanieren wir –, die ich als absolut überschießend betrachte. Ich behalte mir aber diese – politische und nicht juristische – Meinung vor: Wenn nämlich der EuGH sagt, dass gesetzlich – meine sehr verehrten Damen und Herren: gesetzlich! – zu regeln ist, an welchem dafür vorgesehenen Platz persönliche Schutzausrüstung nach Benutzung zu lagern ist, dann muss ich sagen: Ich verstehe nicht, warum das durch ein Gesetz geregelt werden muss! Wobei ich hinzufüge, dass meine Kritik am EuGH nur eine indirekte ist: Der EuGH wird vermutlich auf Grund von EU-Vorgaben durchaus seine Entscheidungsgrundlagen haben.
In diesem Fall waren wir an dieser überschießenden Regelungsbeschlussfassung in Europa nicht beteiligt, weil wir noch nicht Mitglied der Europäischen Union waren. Es
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 100 |
ist das für mich aber ein Paradebeispiel, dass offensichtlich nicht nur wir in Österreich manches überschießend regeln, sondern dass ganz offensichtlich auch in Europa manches überschießend geregelt ist.
Nichtsdestotrotz: Die fünf Punkte werden
natürlich saniert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von
Freiheitlichen –
BZÖ.)
14.26
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 101 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.
14.26
Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Schon viele Jahre wird der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich groß geschrieben.
Mit den heutigen kleinen Anpassungen wird dem ebenfalls Rechnung getragen: So wird – wie der Herr Bundesminister gerade ausgeführt hat – genauer definiert, dass persönliche Schutzausrüstung nach der Benützung wieder an dem dafür vorgesehenen Platz zu sein hat, was sozusagen auch eine Verpflichtung des Arbeitnehmers ist, dass jedenfalls ArbeitnehmerInnen benannt werden müssen, die für Erste Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung zuständig sind, dass vorrangig interne Fachkräfte heranzuziehen sind und, falls nicht vorhanden, auf externe Kräfte zurückgegriffen werden kann, wobei eine spezielle Anstellung von Fachkräften beziehungsweise die Ausbildung des vorhandenen Personals nicht geboten sind.
Neben dem Schutz des Lebens und der Gesundheit hat der ArbeitnehmerInnenschutz auch positive volkswirtschaftliche Auswirkungen, wie wir alle wissen. Außerdem erspart jeder einzelne Arbeitsunfall, der nicht stattfindet, dem Unternehmen durchschnittlich 2 000 €.
Das Projekt des Gesundheitsministeriums „Betriebliche Gesundheitsförderung“ unterstützt viele Unternehmen in ihrem freiwilligen – freiwilligen! – Bemühen, bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen. Zwei Beispiele seien hier genannt: das Programm BAUfit und für das Pflegepersonal das Programm PFLEGEfit.
Wichtig ist mir, auch noch darauf hinzuweisen, dass in Österreich der ArbeitnehmerInnenschutz mit dem Arbeitsmedizinischen Dienst, den Sicherheitsfachkräften und anderen Experten, insbesondere den Arbeitspsychologen, sehr stark im präventiven Beratungsbereich wirksam wird. – Auch das regelt unser sehr gutes ArbeitnehmerInnenschutzgesetz.
Aber gerade negativer Stress und psychosoziale Belastungen – das Phänomen „Burn-Out“ wird in letzter Zeit von Experten sehr oft hervorgehoben – beschäftigen und belasten die gesamte Arbeitswelt, sei es durch persönliches Leid, durch Leistungsabfall, durch Krankenstände oder durch Arbeitsverlust. In diesem Bereich könnten sich die FSG-Kollegen im ÖGB besonders hervortun, anstatt die Mitglieder durch zusätzliche Stressfaktoren, wie die Machenschaften der sozialistischen Gewerkschaftsspitzen, zu verunsichern!
Die ÖVP wird sich immer für Sicherheit und entlastende Arbeitsbedingungen einsetzen, und unser Ziel dabei ist es, dass Arbeitsleben und Familienleben harmonieren, denn für uns stehen die Menschen in Österreich mit ihren Bedürfnissen im Mittelpunkt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
14.29
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. – Bitte.
14.29
Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer in ihrem Arbeitsbereich sind wohl uns allen ein Anliegen!
Mehr als 100 000 Unfälle ereignen sich leider jährlich an Österreichs Arbeitsplätzen und verursachen neben einem volkswirtschaftlichen Schaden von 1,5 Milliarden € natürlich auch sehr viel persönliches Leid und Personenschäden. Daher sind uns Verbesserungen des Arbeitnehmerschutzes selbstverständlich willkommen.
In Österreich können wir erfreulicherweise einen starken Rückgang an Arbeitsunfällen verzeichnen, nämlich seit 1996 einen Rückgang um zirka 30 Prozent. Ein wesentlicher Aspekt dabei war sicherlich auch die Evaluierung der Arbeitsplätze und die Festlegung von Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer.
Geschätzte Kollegen der Opposition! Prävention und Weiterentwicklung des Arbeitnehmerschutzes sind dieser Bundesregierung selbstverständlich ein Anliegen. Herr Kollege Walch und der Herr Bundesminister haben selbstverständlich zu Recht darauf hingewiesen.
Die vorliegende Novelle zum Arbeitnehmerschutz ist
notwendig, um der EU-Richtlinie exakt zu entsprechen, und bedeutet eine
Verbesserung des Aufgaben- und Wirkungsbereiches der
Sicherheitsvertrauenspersonen in den Betrieben. Das ist notwendig und richtig,
denn sie tragen die Verantwortung für sichere Arbeitsplätze. Die
Novelle nimmt aber auch die Arbeitgeber stärker in die Pflicht, denn
letztlich sind sie genauso wie die Arbeitnehmer die Profiteure von verhinderten
Arbeitsunfällen. –
Daher werden wir der Anpassung an die EU-Richtlinie selbstverständlich
unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen –
BZÖ sowie bei
Abgeordneten der ÖVP.)
14.31
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1559 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über den Antrag 502/A (E) der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen
und Kollegen betreffend automatische Zuweisung an eine Mitarbeitervorsorgekasse
(1600 d. B.)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.
Erster Debattenredner ist der Antragsteller, Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 102 |
14.32
Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, Herr Bundesminister Bartenstein hat heute in der Früh einen wichtigen und richtigen Satz gesagt, den ich unterstreichen möchte. Herr Minister, Sie sagten: „Von nichts kommt nichts.“ (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ja!) Ich glaube, das ist eine Lebensweisheit, die wir gemeinsam haben, und wahrscheinliche viele andere auch.
Der Umkehrschluss dazu ist jedoch: Wo etwas ist, kommt etwas dazu. Das könnte man auch sagen. – Sie nicken dazu, und ich denke, gerade beim Mitarbeitervorsorgegesetz kann man das so sehen.
Wie ist es denn dazu gekommen? – Da war vorher etwas, und zwar nicht eine Regierungsvorlage oder eine politische Initiative Ihres Hauses, der ÖVP oder sonst einer Partei, sondern da waren eine Sozialpartnerdiskussion, ein Sozialpartnerentwurf und ein Sozialpartnerverlangen. Eigentlich ist das Mitarbeitervorsorgegesetz, das wir jetzt diskutieren, eine Art Kind der Sozialpartner, und letztendlich wurde es dann zum Gesetz und wurde als „Abfertigung neu“ auch entsprechend publiziert und allgemein angenommen.
Der Initiativantrag, der 2005 von mir und von meiner Kollegin Silhavy eingebracht wurde, hat auf ein bestimmtes Problem hingewiesen, nämlich auf das Problem, dass viele Arbeitgeber, obwohl sie es müssten, eigentlich keine Mitarbeitervorsorgekasse ausgewählt haben und deshalb für eine große Anzahl von Arbeitnehmern – 176 000 waren es damals – keine Veranlagung der Beiträge möglich war, weil die Gebietskrankenkassen nicht wussten, wohin sie das Geld weiter überweisen sollten. Zum damaligen Zeitpunkt waren es bereits 12 Millionen €, die bei den Gebietskrankenkassen sozusagen zwangsweise geparkt werden mussten.
Der Antrag hat – so sehe ich das jedenfalls – dazu geführt, dass das Problem in der Folge aufgegriffen und im vorigen Jahr auch einer Erledigung zugeführt wurde. Und heute haben wir den Antrag auf der Tagesordnung, der eigentlich der Initiator für diese Sache war.
Sehr verehrter Herr Bundesminister, im Ausschuss habe ich Sie auch gefragt, wie Sie persönlich zur Höhe des Beitrages, nämlich zu den 1,53 Prozentpunkten stehen. Und ich denke, Ihre Antwort ist legitim, wenn Sie gesagt haben, dass Sie sich dazu nicht äußern, weil das Sache der Sozialpartner sei. So haben Sie es formuliert, und daher möchte ich jetzt hier im Plenum die Frage an alle Parteien und an alle Redner, die jetzt nach mir kommen, stellen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits.)
Herr Kollege Tancsits, wie stehen Sie dazu? Soll das bleiben? Ist das zu wenig oder zu viel? Finden wir uns darin, dass wir das vielleicht erhöhen sollten? – Als Arbeitnehmervertretung wäre das ja möglich!
Daher meine Aufforderung: Diskutieren wir einmal die Beitragshöhe! Ich denke, das wäre vielleicht eine gute Gelegenheit dazu! (Abg. Mag. Tancsits: Super!)
Die Sozialpartnerschaft ist ja allseits gelobt worden, und daher, Herr Abgeordneter Tancsits, waren wir nicht nur überrascht, sondern eigentlich auch empört über Ihre letzte Bemerkung im Ausschuss, die unbedingt in ein Protokoll des Nationalrates gehört. Sie haben sinngemäß – so habe ich mir das aufgeschrieben – gesagt: Man sollte den freiwilligen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer – den Gewerkschaften – dort, wo es um Geld geht – konkret haben Sie den § 9 des Mitarbeitervorsorgegesetztes als Beispiel genannt – die Mitbestimmungsrechte bei Gesetzen entziehen. (Abg. Mag. Tancsits: Das kommt noch einmal!) Ich meine, in Anbetracht dessen kann man nicht zur Tagesordnung übergehen! Sie kommen als Sprecher zu sozialen Fragen aus einer Partei, in der hinter Ihnen ein Vorsitzender einer wichtigen Gewerkschaft sitzt und
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 103 |
sagen da so locker: Gewerkschaften sollen bei
Gesetzen keine Mitbestimmungsrechte haben! (Abg. Lentsch: Das sagt Gusenbauer!) Das
ist aufklärungsbedürftig, und ich denke, Sie sollten
diesbezüglich hier eine klare Position beziehen, damit wir uns auskennen,
denn ansonsten wird das Ganze, glaube ich, nicht klarer. – Danke schön. (Beifall bei der
SPÖ.)
14.36
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.
14.36
Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mitarbeitervorsorge ist eine tolle Sache, das hat auch mein Vorredner gesagt. Zum ursprünglichen Antrag kann er ja nicht viel sagen, da das ja bereits seit 1. Juli 2005 Gesetz ist; das hat man vielleicht übersehen.
Wir sind froh darüber, dass es die Abfertigung neu und die Mitarbeitervorsorge gibt. Wir sind auch froh darüber, dass sich die Sozialpartner im Jahr 2002, nachdem der ÖGB und die sozialistischen Gewerkschafter zehn Jahre lang gebremst und verhindert haben, als es überhaupt nicht mehr anders gegangen ist, zugestimmt haben. Diese Abfertigung neu und die Mitarbeitervorsorge stellen sicherlich einen der vielen sozialen Meilensteine dar, die diese Bundesregierung in der ablaufenden Legislaturperiode setzen konnte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Um der lieben Sozialpartnerschaft willen hat der Gesetzgeber den ausgehandelten Vorschlag 2002 so übernommen und 2003 so umgesetzt. Dieser hat natürlich einige Schönheitsfehler. Kollege Riepl, einen davon haben Sie selbst angesprochen: Wir alle wissen, dass die 1,53 Prozent vielleicht ausreichen, um eine Zusatzpension zu sichern, sicherlich aber nicht die Abfertigung neu, so wie es der ursprüngliche Vorschlag des ÖAAB und des Präsidenten Fink von der Vorarlberger Arbeiterkammer war.
Wir haben es übernommen, weil das ein ganz neuer Umgang mit Abfertigung und der Möglichkeit zur Zusatzpension ist. Und folgerichtig verlangen die ÖVP-Arbeitnehmer die Verwirklichung eines Weges in Richtung 2,5 Prozent. Das hätten Sie in den Anträgen in allen Arbeiterkammervollversammlungen der letzten drei Jahre nachlesen können.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns in Österreich zur Sozialpartnerschaft bekennen, dann sollte das aber nicht vom Gesetzgeber dekretiert werden, sondern ist von den Sozialpartnern zu bestreiten. Diesbezüglich sind Sie gefordert, die Sie derzeit bei den Arbeitnehmern noch die Mehrheit haben!
Zum dritten Punkt, zu dem Sie mich angesprochen haben: Ich habe schon bei der Gesetzwerdung, meine Damen und Herren, den § 9 Abs. 2 als unglücklich empfunden, wo man im Zuweisungsverfahren nicht der gesetzlichen Interessenvertretung, der Arbeiterkammer, das Recht der Mitwirkung gibt, sondern dem ÖGB. Ich habe das als eine Aushöhlung der Arbeiterkammern und ihrer Interessen verstanden, und ich habe mich gewundert, dass der damalige Präsident der Arbeiterkammer Tumpel, obwohl mehrfach aufgefordert, am Schluss der Verhandlungen dazu nicht Stellung bezogen hat. – In der Zwischenzeit kann ich es mir denken, warum. Er wollte ein Geschäft seiner Bank, der BAWAG, zuschanzen.
Ich glaube, dass die Arbeiterkammern gut beraten wären, hier auf die Ausübung ihrer im Gesetz verankerten Rechte der Vertretung zu pochen. (Abg. Gradwohl: Herr Kollege, Sie stehlen Ihrem Klub die Redezeit!) Ich höre nämlich gerade aus dem Bereich der Arbeiterkammern, dass man für die Sicherheit des Geldes der Arbeitnehmer hier eine Änderung vornehmen sollte. Aber wir bleiben auch hier grundsatztreu, meine Da-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 104 |
men und Herren, sowie auch beim Satz (Abg. Gradwohl: Wo sonst noch?): Das haben sich die Sozialpartner auszumachen, das hat nicht der Gesetzgeber zu dekretieren! Sie wären aber gut beraten, unseren Vorschlägen zu folgen. (Beifall bei der ÖVP.)
14.41
Präsident Dipl.-Ing. Thomas
Prinzhorn: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Öllinger. – Bitte. (Abg. Walch
ist auf dem Weg zum Rednerpult.)
14.41
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Diese Worterteilung kam für mich genauso überraschend wie für den Kollegen Walch, aber ich nehme diese Gelegenheit natürlich wahr. – Dieses Thema ist sicher nicht mit dem Entschließungsantrag des Kollegen Riepl alleine zu behandeln. Das ist schon klar, Herr Kollege Tancsits. Ich habe auch Ihren Ausführungen sehr aufmerksam zugehört und darf sagen: Auch das ist noch nicht der Kern des Problems! Sie haben ihn aber gestreift.
1,53 Prozent ist ein Teil davon. Der andere Teil waren – bitte, seien wir ehrlich! – die völlig überzogenen Erwartungen, die geweckt wurden, als das Modell ins Leben gerufen wurde, und zwar die Erwartungen in Bezug auf die sehr optimistischen Annahmen über die Renditen und die Lohnzuwächse. Es hat mit der Realität nichts zu tun gehabt, wenn man Renditezuwächse von 4 oder 6 Prozent pro Jahr und Lohnzuwächse von, wie ich glaube, 2,5 Prozent pro Jahr hineinkalkuliert, um damit nach einem langen Arbeitsleben oder, in diesem Fall, Mitarbeitervorsorge-Leben einigermaßen einen Ertrag abzuwerfen. – Das ist der eine Punkt.
Zweiter Punkt – und da würde ich doch Wert darauf legen, dass wir uns das nicht mehr in dieser Gesetzgebungsperiode, aber in einer der nächsten genauer anschauen –: „Die Presse“ vom 3. April 2004 berichtete, dass die Rendite-Unterschiede bei den Mitarbeitervorsorgekassen im ersten Jahr der Veranlagung 100 Prozent waren. – Die Unterschiede, die Differenz in der Rendite – ja, wie gibt es denn das?
In der Sendung „Help TV“ vom 27. Mai 2006 wird über den Fall eines niederösterreichischen Arbeiternehmers oder einer Arbeitnehmerin berichtet, für den oder die 4 200 € im Jahre 2005 eingezahlt wurden. Die Rendite für das Jahr 2005 betrug 118,32 €. Die Verwaltungskosten haben 93,31 € betragen, die Vermögensverwaltungskosten, extra ausgewiesen, 16,44 €, und die Barauslagen, die die Mitarbeitervorsorgekasse ebenfalls abgerechnet hat, betrugen 12,72 €. Das heißt, die Rendite wurde zur Gänze von den Verwaltungskosten aufgefressen. Es ist ein Minus von 4,15 € herausgekommen, das vom Kapitalbestand bezahlt werden muss. – Bitte um Entschuldigung, aber ich zahle als Arbeitgeber doch nicht 4 200 € für jemanden ein, damit dieser dann nicht 4 200 €, sondern 4 195 € herausbekommt! Wo sind wir denn? Mir fehlt jegliche Einsicht dafür, dass man sich da noch herstellen und sagen kann: Das ist ein Erfolgsmodell! Die Leute kriegen weniger. Hätten sie dieses Geld, die 4 200 €, auf einem täglich fälligen Konto veranlagt, dann hätten sie zwar auch sehr wenig bekommen, aber das immerhin garantiert, nämlich 40, 50 €. Da können sie sich diesen Verwaltungskostenanteil sparen.
Worüber diskutieren wir? – Der Kollege Riepl hat gesagt, da werden Gelder bei der Gebietskrankenkasse veranlagt. Dort waren immerhin 1,5 Prozent zu zahlen. Das ist nicht wenig – wenn man weiß, was die Banken auf Girokonten im Durchschnitt an Zinsen zahlen, nämlich 0,25, 0,3, 0,4 Prozent. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Kassieren!) Ja, kassieren! Danke.
Aber wir sollten schon über das Wesentliche diskutieren, nämlich über den Spielraum, den der Gesetzgeber den Mitarbeitervorsorgekassen für deren Veranlagungspolitik gewährt hat, dass sie zur Deckung der Verwaltungskosten in einer bestimmten Bandbreite abkassieren dürfen und da sogar schon auf das eingezahlte Kapital der Leute
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 105 |
zurückgreifen dürfen. Das hat nichts mehr mit Vorsorge, mit Mitarbeitervorsorge zu tun. Da nehmen sich die Banken – oder wer auch immer die Veranlager sind – ein ganz schönes Stück von dem, was eingezahlt wurde. Dass da die Betriebe und die Arbeitnehmervertretung zuschauen und sagen: Das ist ein Stück Erfolgsgeschichte!, dafür fehlt mir wirklich jegliches Verständnis! (Beifall bei den Grünen.)
14.45
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.
14.45
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Riepl hat gesagt, an und für sich sei der Initiativantrag erledigt, weil er seit 1. Juli schon verwirklicht ist.
Aber blicken wir ein bisserl zurück! Wer hat denn die „Abfertigung neu“ überhaupt ins Leben gerufen? Ich habe in der Arbeiterkammer Oberösterreich in den letzten Jahrzehnten zehnmal, glaube ich, Anträge auf Einführung einer „Abfertigung für alle“ eingebracht. 2,53 Prozent soll der Arbeitgeber 25 Jahre lang einzahlen, damit der Arbeitnehmer auf ein Jahresgehalt kommt. Ich habe das mit der damaligen Vizekanzlerin Riess-Passer besprochen. Dann ist es mit dem Koalitionspartner besprochen worden, und dann wurde das an die Sozialpartner zur Begutachtung weitergeleitet. Der Vorschlag der Sozialpartner – und die sind, wie wir wissen, von der SPÖ dominiert – sah dann so aus, dass das auf 1,53 Prozent reduziert wurde. Das hatte zur Folge, dass jetzt der Arbeitnehmer 38 Jahre arbeiten muss, damit er auf ein Jahresgehalt kommt.
Das ist von eurer Seite her gekommen, und jetzt kann sich der Kollege Riepl nicht hier herstellen und sagen: Was sagen denn jetzt ÖVP und BZÖ dazu? – Es ist ja euer Vorschlag gewesen!
Nur muss man jetzt auch Folgendes sagen: Früher haben nicht einmal 15 Prozent der arbeitenden Menschen in Österreich einen Abfertigungsanspruch gehabt. Jetzt haben ihn 100 Prozent der Arbeitnehmer. Laut Auskunft der Mitarbeitervorsorgekassen wurde bereits für 1,8 Millionen Menschen in Österreich an sie eingezahlt.
Ich bin absolut der Meinung des Kollegen Öllinger, der gesagt hat, dass nicht sein kann, dass man in den Mitarbeitervorsorgekassen zur Deckung der Verwaltungskosten auf das von den Leuten eingezahlte Kapital zurückgreift. Man muss auch dort etwas unternehmen, zum Beispiel dafür sorgen, dass die Zinsen dementsprechend erhöht werden.
Aber eines ist richtig: dass wir das ins Leben gerufen haben. Die alte Regierung – im Speziellen die Sozialdemokraten! – hätte genug Zeit gehabt, das zu verwirklichen. In der Kammer haben die Sozialdemokraten am Anfang dagegen gestimmt, und dann, damit es nicht so dumm ausschaut, wurde es einem Ausschuss zugewiesen, und dort wurde es dann schubladisiert.
Wir haben immer wieder dazu einen Antrag eingebracht und letztendlich die „Abfertigung neu“ verwirklicht. Diese Regierung hat es verwirklicht – im Sinne der Arbeitnehmer! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
14.48
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.
14.48
Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Wenn man die Debatte verfolgt
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 106 |
hat,
dann ist man jetzt wahrscheinlich ein bisschen verwirrt, denn der Kollege
Tancsits hat gesagt, dass der Herr Fink der Erfinder der „Abfertigung
neu“ sei, und der Kollege Walch hat gesagt, dass er selbst der Erfinder
der „Abfertigung neu“ sei. (Zwischenruf
des Abg. Walch.)
Tatsache ist, dass es eine Sozialpartnereinigung gewesen ist, an der die Gewerkschaften massiv beteiligt gewesen sind. Da können Sie noch so viel dagegen sprechen, das ist einfach eine Tatsache, so ist es nun einmal! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Walch.)
Herr Kollege Walch, bei der Schaffung der betrieblichen Mitarbeitervorsorge war uns allen klar, dass es bei der „Abfertigung neu“ zu einigen Problemen kommen wird, weil man da doch Neuland betreten hat. Ein Punkt ist mit dem Entschließungsantrag, der vom Kollegen Riepl eingebracht worden ist, repariert worden, nämlich jener, wo die automatische Zuweisung an die Mitarbeitervorsorgekassen nicht geregelt gewesen ist. Der Initiativantrag des Kollegen Riepl war auch da wieder die Initialzündung, dass dieses Gesetz repariert worden ist.
Es hat eine Projektgruppe gegeben – das habe ich auch schon im Ausschuss erwähnt –, nämlich die Projektgruppe „Technische Überarbeitung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes“, und dort hat man auch noch auf andere Punkte hingewiesen, die man in diesem Gesetz verändern sollte, weil es eben einige Probleme gegeben hat.
Dazu hat es einen Begutachtungsentwurf gegeben, der von den Sozialpartnern und von der Vertretung der Abfertigungskassen ausgearbeitet worden ist. Leider hat es dann vom Ministerium des Bundesministers Bartenstein kein grünes Licht gegeben, diesen Begutachtungsentwurf auszusenden. Er hätte vielleicht sogar schon als Gesetz in Kraft treten können, wenn es anders gewesen wäre.
Nun nur ganz kurz drei Punkte, die noch zu überarbeiten wären beziehungsweise die man sich im Zusammenhang mit der „Abfertigung neu“ anschauen sollte.
Der erste Punkt ist die Frage: Wie geht man um mit der Erfassung von Kurzzeitarbeitsverhältnissen in einem auf Beitragszahlungen basierenden Modell?
Ein zweiter Punkt, den man sich anschauen sollte, sind die Verbindlichkeiten der Kontonachrichten.
Und ein dritter Punkt, den man sich anschauen sollte, ist, wie es denn mit der Verfügung der Anwartschaften bei Pensionsantritt aussieht, und zwar auch bei der Korridorpension, die ja eine neue Pensionsart ist.
Das sind jetzt nur drei der Themen, die die Projektgruppe „Technische Überarbeitung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes“ behandelt hat.
Wir hoffen, dass es in einer zweiten Etappe doch zu einer
Verbesserung in diesen Punkten kommt – vor allem im Sinne der vielen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich. (Beifall bei der
SPÖ.)
14.51
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.
14.51
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vorweg darf ich feststellen, dass ich es sehr positiv finde, dass sich der Herr Kollege Riepl und die Frau Kollegin Königsberger-Ludwig klar bekennen zu einer ÖAAB-Idee, nämlich zur „Abfertigung neu“. Man darf aber schon sagen, dass zu
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 107 |
der Zeit, als der ÖAAB dafür gekämpft hat, andere noch gar nicht wussten, wie man dieses Wort wirklich schreibt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Gradwohl.) Es ist so!
Es ist eigentlich seit dem Jahr 2005 klar geregelt, wie das mit der Zuweisung funktioniert, und es ist nach einer Evaluierung und Novellierung nun auch klar geregelt, dass über die Unternehmer beziehungsweise über die Krankenversicherungen alle Arbeitnehmer zu ihren Beiträgen kommen beziehungsweise dass die Beiträge eingezahlt werden. Damit ist dafür Sorge getragen worden, dass niemand zu Schaden kommt. Da passiert also nichts.
Man darf an dieser Stelle schon festhalten – und das zeigen ein paar Jahre der Entwicklung –, dass sich das Modell der betrieblichen Vorsorge im Rahmen der „Abfertigung neu“ wirklich als Vorzeigemodell, als Erfolgsmodell etabliert hat, wo alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine entsprechende Abfertigung bekommen. Das sind immerhin 3,3 Millionen Beschäftigte in Österreich.
Herr Kollege Öllinger, vielleicht sollte man bei der Berechnung der Finanzierung beziehungsweise der Verzinsung einen längeren Zeitraum heranziehen und nicht nur ein Jahr herausgreifen. (Abg. Öllinger: Dadurch wird es nicht besser!) Wenn man sich nämlich das letzte Jahr anschaut, dann kann man feststellen, dass es mit 4 Prozent sehr positiv war. Man muss auch sagen, dass es eine Steigerung gegeben hat beim Geld, das verwaltet wird, und zwar von 365 Millionen auf 697 Millionen. (Abg. Öllinger: Da ist Geld verschwunden!) Das ist eine gewaltige Summe, das ist herzeigbar.
Im Ganzen gesehen hat sich die „Abfertigung
neu“ wirklich als tragende Säule in der Pensionssicherung
erwiesen – und genau das, meine Damen und Herren, ist zukunftsweisende
Sozialpolitik für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! (Beifall bei
der ÖVP.)
14.53
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mittermüller. Die verbleibende Redezeit vor der Debatte über den Dringlichen Antrag beträgt 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
14.53
Abgeordnete Marialuise
Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Rückblickend darf man
unter diesem Tagesordnungspunkt sicherlich daran erinnern, dass die
„Abfertigung neu“, eingeführt von dieser Bundesregierung,
für alle Arbeitnehmer wesentliche Verbesserungen gebracht hat.
Kollege Tancsits hat es als Meilenstein bezeichnet. (Abg. Riepl: Für alle nicht!) Selbstverständlich! (Abg. Riepl: Das stimmt nicht! Es
gibt Ausnahmen! Kennen Sie sich aus? – Abg. Mag. Molterer –
in Richtung des Abg. Riepl –: Wie war es vorher?)
Diese Regelung zeichnet sich durch besondere Verbesserungen für Frauen und Familien aus. So können zum Beispiel für Kindererziehungszeiten bis zu 30 Monate Abfertigungsanspruch erworben werden. Während der Dauer des Kindergeldbezuges, während der Familienhospizkarenz und während der Bildungskarenz werden Beiträge aus dem FLAF in die Vorsorgekassen eingezahlt. Die Mitarbeitervorsorge zeigt damit die starke familienpolitische Handschrift dieser Bundesregierung.
Die unter diesem Tagesordnungspunkt geforderte automatische Zuweisung von Beiträgen an eine Mitarbeitervorsorgekasse ist bereits durch das Zuweisungsverfahren, welches seit Juli 2005 in Kraft ist, erledigt. Der wichtigste Eckpunkt dieses Zuweisungsverfahrens war jener der Fristsetzung von 6 Monaten für den Arbeitgeber, um einen Beitrittsvertrag mit einer Vorsorgekasse abzuschließen. Andernfalls ist eine Zuweisung
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 108 |
einzuleiten. Dadurch wird sichergestellt, dass Abfertigungsbeiträge rasch zur Veranlagung weitergeleitet werden und dass die Erträge gesichert sind.
Auch da hat diese Bundesregierung ihre Hausaufgaben zur
Vorsorge und Absicherung der Arbeitnehmer längst erledigt, daher war eine
Zustimmung zu diesem Antrag nicht mehr notwendig. (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
14.55
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1600 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung
geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.
Angenommen.
Ich unterbreche nun für einige Minuten die Sitzung und nehme sie dann zur Behandlung des Dringlichen Antrages um 15 Uhr wieder auf.
*****
(Die Sitzung wird um
14.56 Uhr unterbrochen und um 14.58 Uhr wieder aufgenommen.)
*****
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits,
Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes
(853/A) (E)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, um zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 853/A (E) zu kommen.
Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verlesung durch den Schriftführer.
Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:
„Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen haben
deutlich gemacht, dass die Bundesangelegenheit Minderheitenschutz in
Österreich dem Kärntner Landeshauptmann zur Profilierung
überlassen wurde.
Der jahrelange Kleinkrieg um jede einzelne Ortstafel hat
namhaften Institutionen unseres Rechtsstaates schweren Schaden
zugefügt und den Rechtsbruch höchster politischer
Verantwortungsträger salonfähig gemacht. In mancher Hinsicht hat sich
dieser Rechtsbruch noch ausgezahlt. Das ist das bedenklichste Resultat der
Diskussion der letzten Tage und des vorläufig gescheiterten Versuchs von
ÖVP und BZÖ, die im Staatsvertrag von Wien verbrieften Minderheitenrechte
durch neue Verfassungsbestimmungen auszuhebeln. Einige haben diesen
Versuch sogar als ‚historische Lösung’ bezeichnet.
In seinem Erkenntnis von 13. Dezember 2001 hat der Verfassungsgerichtshof jene Passage des Volksgruppengesetzes 1976 als verfassungswidrig aufgehoben, die für das Aufstellen von zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten und in Burgenland einen
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 109 |
25 %-Anteil von
Minderheitenangehörigen vorsah. Die zu Korrektur vorgesehene Frist bis
31. 12. 2002 ließ die Bundesregierung völlig ungenutzt verstreichen.
Die Bundesregierung hat seit 2001 den Auftrag des VfGH
zur Erlassung einer neuen Topografieverordnung negiert. Am 30.06.2006 wurde
völlig überstürzt eine neue Topografieverordnung für
Kärnten im Hauptausschuss beschlossen. Diese Verordnung beinhaltet
lediglich 93 Ortstafeln und ist mit Sicherheit (erneut) verfassungswidrig. Der
Erstentwurf dieser Verordnung hatte noch 158 zweisprachige Ortstafeln
vorgesehen. Am 11. 7. 2006 wurde eine neuerliche Topografieverordnung
über 142 Ortstafeln beschlossen, die nun mangels
Verfassungsbestimmung nicht in Kraft treten kann. Diese Verordnung bezieht sich
auf ein Gesetz, welches bislang noch nicht beschlossen wurde. Das Resultat ist,
dass nun eine verfassungswidrige Topografieverordnung über 93 Ortstafeln
in Kraft ist. Dies im 51. Jahr nach in Kraft treten des Staatsvertrages
von Wien.
Der Staatsvertrag von Wien regelt im Artikel 7 die Rechte
der Minderheiten auf topografische
Aufschriften im Verfassungsrang. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem so
genannten Ortstafelerkenntnis 2001 Teile des Volksgruppengesetzes und der Topografieverordnung
als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat dabei den Staatsvertrag von Wien zur
Auslegung herangezogen und ausgesprochen an welchen Kriterien sich eine
verfassungskonforme Regelung orientieren muss. Zweisprachige Ortstafeln
müssen dem gemäß in Ortschaften mit einem
Minderheitenprozentsatz von „mehr als 10 % über einen
längeren Zeitraum“ aufgestellt werden. Die gegenständliche
Regelung des Volksgruppengesetzes hat damit nichts zu tun. Zweisprachige
Ortstafeln sind darin erst ab einem Minderheitenanteil von 10 % in
Ortschaften und ab 15 % in Gemeinden vorgesehen. Es besteht ein
doppelter Widerspruch zur Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes.
Dieser sieht in seinen Erkenntnissen eben keinen Mindestanteil von 15 %
auf Gemeindeebene vor, zum anderen differenziert der Verfassungsgerichtshof
nicht zwischen Ortschaften und Gemeinden, geschweige denn hat er eine
kumulative Verknüpfung von Prozentanteilen auf Ortsebene und Gemeindeebene
vorgesehen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, dieses Problem zu
lösen. Die Regierung hat in den letzten Tagen versucht, Bestimmungen, die
möglicherweise einer weiteren Prüfung durch den
Verfassungsgerichtshof nicht stand halten, mit einem Verfassungsgesetz jeder
Prüfung durch den VfGH zu entziehen. Sie kann dem Nationalrat aber auch
eine Vorlage, die als einfaches Gesetz den Erkenntnissen des VfGH, aber vor
allem den Bestimmungen des Staatsvertrags entspricht, zuleiten. 51 Jahre nach Unterzeichnung
des Staatsvertrages könnte dieser so endlich vollständig
umgesetzt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat
umgehend ein verfassungskonformes Volksgruppengesetz zuzuleiten, damit
sichergestellt ist, dass eine Beschlussfassung des Nationalrates noch in
dieser Legislaturperiode erfolgen kann.
In diesem Entwurf ist darauf Bedacht zu nehmen, dass
weder Landeshauptleuten noch Bürgermeistern die Möglichkeit
eröffnet wird, die Umsetzung des Gesetzes zu verhindern.
Der Entwurf soll darüber hinaus sicherstellen, dass
das Recht des Verfassungsgerichtshofes, die Einhaltung des Staatsvertrags
zu prüfen, nicht beschnitten wird.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 110 |
In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung
gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG
verlangt.“
*****
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile nun Frau Abgeordneter Mag. Stoisits als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.
Gemäß § 74a Abs. 5 der
Geschäftsordnung darf die Redezeit der Antragstellerin 20 Minuten
nicht überschreiten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Brosz begibt sich zum
Rednerpult und stellt dort eine Tafel mit der Aufschrift „Rechtsstaat –
Pravna Država“
auf.)
14.59
Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Poštovani gospod kancelar! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Die Leidensgeschichte der Minderheiten in Österreich hat nicht etwa vor eineinhalb Jahren oder vor einem halben Jahr begonnen, wie viele meinen, seit die Dinge so groß in Diskussion sind, sondern die Geschichte des Kleinkrieges um Minderheitenrechte in Österreich ist eine sehr lange.
Im 20. Jahrhundert beginnt sie mit dem Staatsvertrag
von Saint-Germain und mit der Tatsache der teilweise gänzlichen
Ignorierung der Rechte, die sich daraus für Minderheiten ergeben. (Zwischenruf bei der ÖVP.) –
Herr Kollege da in der vorletzten Bank: beim Hineinrufen groß, beim
Reden-Halten klein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer:
Hochmut kommt vor dem Fall!)
Aber die wahre Leidensgeschichte des Minderheitenschutzes in Österreich beginnt mit dem Jahr 1955, nämlich jenem Jahr, in dem der Staatsvertrag von Wien unterzeichnet wurde, der in Artikel 7 die Rechte der Minderheiten in Österreich festlegt, und zwar die Rechte der Kroaten im Burgenland und die Rechte der slowenischsprachigen Bevölkerung in Kärnten und der Steiermark. Die Steiermark erwähne ich extra, weil es vielfach so ist, dass selbst Abgeordnete des Nationalrates nicht wissen, dass auch die Rechte der steirischen Slowenen durch den Staatsvertrag von Wien gewährleistet sind.
Der nächste Schritt in dieser Leidensgeschichte war – und das möchte ich heute deshalb in Erinnerung rufen, weil es einmal in diesem Land so etwas wie einen physischen Ortstafelsturm gab –, dass einsprachige Kärntner unter Duldung der –damals noch – Gendarmerie zweisprachige Ortstafeln abmontiert haben, sie aus der Verankerung gerissen haben, um ihr Land rein Deutsch zu halten. – Das war nicht etwa in den vierziger Jahren, meine Damen und Herren, das war 1972, das war der so genannte Ortstafelsturm in Kärnten. (Abg. Scheibner: Und das wollen Sie jetzt alles wieder haben! Das ist der Hintergrund! Ihr wollt das wieder haben!)
Eine Reaktion der Politik darauf hat es gegeben. Der Versuch unter Bundeskanzler Kreisky damals, so etwas wie die Wahrheit des Staatsvertrages nach angemessener Frist gesetzlich und auch durch Taten umzusetzen, ist misslungen. Aber der nächste Versuch der Politik mit dem Volksgruppengesetz 1976 und mit der daraus resultierenden so genannten Topographieverordnung für Kärnten, nämlich jener Verordnung des seinerzeitigen Bundeskanzlers – so wie Herr Dr. Schüssel jetzt –, die festgelegt hat, dass in Kärnten 91 Ortstafeln zweisprachig zu verfassen sind, ist gelungen. Die Topographieverordnung ist 1977 in Kraft getreten, meine Damen und Herren!
Zwischen 1977 und dem Jahr 2006 ist es gerade einmal gelungen, auf Grund dieses Rechtsbestandes der Republik – das ist Recht und Gesetz! – 77 Tafeln in Kärnten aufzustellen. Ein paar davon hat ja Herr Bundeskanzler Schüssel voriges Jahr mit großer
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 111 |
Begleitmusik, Blasmusik, anlässlich des Staatsvertragsjubiläums – es war, glaube ich, nicht exakt am 15. Mai, aber rund um den 15. Mai – zusätzlich aufgestellt.
Das ist ein Beispiel jener Art symbolischer Politik, die diese Bundesregierung in den letzten Jahren sehr gerne und sehr häufig bemüht hat. Ich erinnere Sie alle an das Jahr 2000, als wir alle hier, in Eintracht, auch mit Zustimmung der Grünen, den Artikel 8 der österreichischen Bundesverfassung geändert haben, die so genannte Staatszielbestimmung, die die Vielfalt der Sprachen und Kulturen in diesem Land garantiert. (Abg. Scheibner: Na also! – Abg. Mag. Molterer: Genau!) Ja Verfassungsbestimmungen, Verfassungsgesetze, Gesetze in diesem Land sind wahnsinnig geduldig.
Damals war das sehr passend. Österreich hatte, um es ein bisschen volkstümlich zu sagen, die „drei Weisen“ im G’nack. Warum hatten wir sie im G’nack? – Auf Grund der unseligen Koalitionen, die eingegangen wurden! Damals war es durchaus opportun, zu sagen: Wir bekennen uns zur Sprachenvielfalt, zur kulturellen Vielfalt! – Schlüsse daraus hat dieses Land seither nicht gezogen. Beigesprungen ist den Minderheiten und den Minderheitenangehörigen in diesem Land bis jetzt immer nur der Verfassungsgerichtshof; so auch mit seinem Erkenntnis im Jahr 2001.
Der Verfassungsgerichtshof hat es sich nicht leicht gemacht und hat nach langen und intensiven Analysen, die Grundlage für sein Erkenntnis waren, gesagt, dass es in Österreich so sein soll, dass – was der Staatsvertrag 1955 den Minderheiten garantiert – ein 10-Prozent-Anteil der Minderheit an der Bevölkerung in einer Ortschaft ausreicht und dass das im Vergleich zur internationalen Praxis auch opportun und gegeben zu sein scheint. Er hat die 25-Prozent-Klausel des Gesetzes aus dem Jahr 1976 als verfassungswidrig aufgehoben.
Der Verfassungsgerichtshof ist immer gut zur Politik und hat ihr eine Frist gegeben; diese war gar nicht so kurz, sie endete erst mit 31. Dezember 2002. Also ein ganzes Jahr lang hätte die Politik Zeit gehabt, um auf dieses Erkenntnis und auf diese Interpretation des Artikel 7 Staatsvertrag von Wien zu reagieren. Die Politik hat – und das überrascht jetzt niemanden, denn das ist schon Geschichte, das ist schon Historie, es liegt fast fünf Jahre zurück – nicht darauf reagiert! Sie hat nicht darauf reagiert, sondern sie hat – und das ist das für mich Tragische! – eine Politik zugelassen, die Rechtsbruch durch höchste politische Entscheidungsträger in diesem Land salonfähig gemacht hat. (Beifall bei den Grünen.)
Ich erinnere Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, nur an das Ortstafel-Verrücken von Landeshauptmann Haider. Ich erinnere Sie an die Verhöhnung höchster Repräsentanten durch Landeshauptmann Haider immer im Zusammenhang mit der Frage der Ortstafeln. Ich erinnere Sie nur daran, wie Minderheitenangehörige, die das Recht wahrnehmen, das jeder Bürger und jede Bürgerin dieses Landes haben, nämlich sich an die Gerichte zu wenden, wie etwa Rudi Vouk, ein Kärntner Slowene (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein Raser!), der dieses Recht in Anspruch genommen hat, verhöhnt, desavouiert, von Bürgern und Bürgerinnen dieses Landes bedroht wurden. (Abg. Scheibner: Einer, der absichtlich schnell fährt im Ortsgebiet, das ist ein Held?) Im Fall Rudi Vouk wurde sogar seine Existenz als Rechtsanwalt in Frage gestellt. (Abg. Scheibner: Einen Schnellfahrer unterstützen Sie?) – Das alles ist passiert in diesen Jahren und das alles ist unter dem Schutzmantel der Staatszielbestimmung von Bundeskanzler Schüssel in diesem Land passiert.
Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch nicht genug. Im Burgenland hat es 45 Jahre lang gedauert, Herr Bundeskanzler, um den Staatsvertrag von Wien in Bezug auf Topographie erstmals zu erfüllen, um jene Rechte umzusetzen, die seit 1945 verbrieft waren, denen für die Angehörigen der Minderheiten aber immer nur durch den Verfassungsgerichtshof zum Durchbruch verholfen wurde. Es geht in dem Fall nicht so
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 112 |
sehr um die Ortstafeln, sondern um die Amtssprache. Ich erinnere Sie an die zweisprachige Schule in Kärnten, 4. Klasse Volksschule.
Die einzige Institution – es ist absolut legitim,
es in dieser Verknappung zu sagen –, die einzige Institution in
dieser Republik, die den Minderheiten stets zur Seite gestanden ist, war der
Verfassungsgerichtshof. Nicht Haider, nicht jene, die in Kärnten alte Mythen
bemühen und die in ihrer Ideologie und in ihrem falschen Verständnis
von Heimattreue, in ihrer Ausgrenzungsphantasie, in ihrer Phantasie der
Übernahme durch unser EU-Nachbarland Slowenien, sozusagen einer kalten
Übernahme einer Region durch zweisprachige Ortstafeln, in den zwanziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts stehen geblieben sind – ich brauche
das hier gar nicht alles zu wiederholen –, nicht jene, die solche
Dinge immer wieder strapazieren, sind es, die jetzt nach immerhin 51 Jahren
Gültigkeit des österreichischen Staatsvertrages von einem
historischen Kompromiss und von einer dauerhaften Lösung sprechen, die
darin besteht, dass die Mehrheit über Minderheitenrechte, die im
Staatsvertrag von Wien, Artikel 7, verbrieft sind, hinwegfährt. (Abg. Mag. Molterer: Nein!)
Eine Zweidrittelmehrheit hier in diesem Parlament soll
angeblich die Lösung von historischen Konflikten bewirken.
Hier – und da spreche ich jetzt alle an, die hier sitzen, nicht nur
die Vertreter der Regierungskoalition, die sozusagen auf das Kommando des
Bundeskanzlers hören, sondern auch jene, die für
Verfassungsbestimmungen und Zweidrittelmehrheiten beschlussbildend sind,
nämlich die sozialdemokratische Fraktion –, hier wird der
absolut dreiste Versuch gestartet, Rechte und Verpflichtungen, die in
Artikel 7 des Staatsvertrages verbrieft sind, durch Zweidrittelmehrheiten
dieses Hauses auszuhebeln. (Abg.
Mag. Molterer: Das ist einfach
falsch!)
Das ist der Punkt, meine Damen und Herren, gegen den sich die Grünen in den letzten Jahren und Wochen mit Vehemenz gewandt haben. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Bundeskanzler, ich zolle Ihnen großen Respekt in Ihrem Bemühen, zu sagen: 77 Ortstafeln in Kärnten sind wahrlich zu wenig. – Auch ich will mehr.
Dieses Bemühen, Herr Bundeskanzler, haben Sie vor allem
auch durch die Bitte an Herrn Professor Karner gezeigt, die slowenischen
VertreterInnen sowie die Vertreter der Kärntner –
„Zivilgesellschaft“ kann man das nicht wirklich nennen –
Abwehrkämpfer und Heimatdienstler wieder an einen Tisch zu
holen. – Jedenfalls: Das ist nicht mein Verständnis von
Zivilgesellschaft, aber Kärnten fasst das offensichtlich so auf. (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt
lassen Sie doch endlich einmal Kärnten in Ruhe!)
In diesem Fall wirft dieser Versuch ein rechtes Licht auf Kärnten insgesamt, diese Vertreterinnen und Vertreter an einen Tisch zu holen und über die Lösung dieser so genannten Problematik zu reden; eine „Problematik“, die ich im Übrigen nicht als solche erkennen kann, denn: Dabei geht es um verbriefte Rechte! Allerdings wird das auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, immer wieder so dargestellt, als gäbe es ein Problem beziehungsweise einen Konflikt.
Daher noch einmal: Es gibt Rechte, Rechte jedoch, die nicht umgesetzt sind. Der Verständigungsmechanismus, der bei dieser so genannten Konsenskonferenz zur Anwendung kam – die Annäherung der Positionen der Kärntner Slowenen auf der einen Seite und jener, die, wie Mythen und Traditionen, bis dahin geglaubt haben, Ihre Position sei wie die Zehn Gebote der Bibel –, hat sehr gut funktioniert, Herr Bundeskanzler.
Professor Karner und Dr. Sturm – Herr Dr. Sturm als Vorsitzender des Volksgruppenbeirates für die Kärntner Slowenen – haben Erfolge erzielt, die unser aller Wertschätzung verdienen. Das ist nicht mehr vom Tisch zu wischen! Das jedoch, Herr Bundeskanzler, ersetzt keinesfalls die Verpflichtung nach Artikel 7 beziehungsweise 3 des Staatsvertrages und dessen Auslegung durch den Verfassungsgerichtshof, endlich zur
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 113 |
Umsetzung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes sowohl aus dem
Jahre 2001 als auch aus dem Jahre 2006 zu schreiten.
Es geht doch nicht darum, ob sich Menschen in einem semi-privaten Raum gut verstehen, sondern: Es geht um Rechte, es geht um deren Umsetzung, es geht um Rechtsschutz – und es geht um den Rechtsstaat in Österreich sowie um den Stellenwert, den der Rechtsstaat bei uns hat! (Beifall bei den Grünen.)
Zur
Vorgangsweise, die es in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen gegeben hat,
zu der Art und Weise, wie Minderheitenangehörige durch Vorschläge,
die von Ihnen, Herr Bundeskanzler, gekommen sind, behandelt wurden, so ganz
nach dem Motto: Der Verfassungsgerichtshof hat zwar vom Aufstellen von
Ortstafeln bei einem Anteil von 10 Prozent an zweisprachiger
Bevölkerung geredet, aber so genau müssen wir das doch nicht nehmen,
denn wir verordnen uns – via Verfassungsmehrheit – Klauseln,
die weit darüber hinausgehen und letztendlich dazu führen, dass es
selbst bei einem Anteil von 33 Prozent an zweisprachiger Bevölkerung
in Kärntner Ortschaften künftig keinen Anspruch auf
zweisprachige Ortstafeln gäbe! – Der Konjunktiv ist da wirklich
sehr angebracht.
Noch ist dieser
dreiste Versuch, verbriefte Rechte aus dem Jahre 1955 durch Verfassungsbestimmungen
im Jahre 2006 auszuhebeln, nicht geglückt; bis jetzt ist er misslungen.
Und das verdanken wir VolksvertreterInnen dem Geist, der die slowenischen
VertreterInnen getragen hat, und wir verdanken das natürlich auch den
Sozialdemokraten, die diesem dreisten Versuch der Aushebelung verbriefter
Rechte bisher widerstanden haben. (Abg.
Großruck: Wenigstens eine, die
dem Herrn Gusenbauer Freude bereitet!)
Das, meine Damen
und Herren, schätze ich, das freut mich. Es freut mich tatsächlich,
dass spät, aber doch die Erkenntnis gekommen ist, dass Rechte, die es
gibt, nicht durch eine Zweidrittelmehrheit, die sich in diesem
Kontext in Wirklichkeit zufällig ergäbe, ausgehebelt werden
können.
Was uns Grüne betrifft, die wir von Anfang an Argumente in diese Diskussion einzubringen versucht haben, so hat es ja diesbezüglich nicht einmal den Versuch einer Diskussion mit uns gegeben. (Abg. Scheibner: Sie wollten ja nicht!) Oft gibt es Telefonate zwischen höchsten Repräsentanten der Regierung und der Opposition – in dieser Frage jedoch ist nie ein Vertreter/eine Vertreterin der Grünen in eines dieser stillen Kämmerlein, in denen so viel verhandelt wurde, eingeladen worden! Wir wurden niemals um unsere Ansicht in dieser Angelegenheit gefragt! (Abg. Scheibner: Weil Sie nicht wollten!) Wir haben jedoch von Anfang an die Meinung vertreten, dass man nicht mit Zweidrittelmehrheit über Minderheitenrechte drüberfahren kann. Im Jahre 2006 darf die Mehrheit nicht einfach über verbriefte Rechte, die auf das Jahr 1955, ja bis auf den Staatsvertrag von Saint-Germain 1919 zurückgehen, drüberfahren! (Beifall bei den Grünen.)
Das ist das
Resultat der so genannten historischen Lösung von Bundeskanzler Schüssel,
die dieser der Öffentlichkeit vor einigen Tagen so präsentiert hat,
als wäre das alles ohnehin schon längst geschehen. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Weiters zu
kritisieren, Herr Bundeskanzler, ist die Art und Weise, wie mit den Vertreterinnen
und Vertretern der slowenischen Organisationen verfahren wurde, wie da versucht
wurde, das drüberzubringen: durch nicht-schriftliche Festlegungen, durch
Nicht-Übermittlung von Vorschlägen, sondern lediglich durch
mündliche Zusagen, an die sich später manche nicht mehr erinnern
wollen und zu denen es die unterschiedlichsten Interpretationen gibt, und
zwar immer zu Ungunsten und nie zu Gunsten der Volksgruppe!
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 114 |
Ich würde
mich ja freuen, wenn der Herr Bundeskanzler einmal eine Zusage machen
würde – und sich dann herausstellte: In der Umsetzung ist das
ja mehr als das, was ursprünglich gedacht war! – So etwas habe
ich aber noch nie erlebt, denn alles muss immer erstritten und erkämpft
werden. Und auch in diesem Fall ist das so.
Herr
Dr. Sturm hat um eine staatsvertragskonforme Lösung gekämpft,
und er hat sich, mit dem Vertrauen der Volksgruppe ausgestattet, darum
bemüht, Sie, Herr Bundeskanzler, in Ihrem Bemühen zu
unterstützen. Anzuführen ist da wirklich das große und
ernsthafte Bemühen von Herrn Dr. Sturm – ich erinnere an
die Konsenskonferenz, ich erinnere an die jahrelangen Diskussionen auch mit
Vertreterinnen und Vertretern aus Kärnten –, eine Lösung noch
in diesem Jahr zu etablieren.
Herr Dr. Sturm
hat das ernst gemeint. Wer es allerdings nicht ernst gemeint hat,
das waren Sie, Herr Bundeskanzler (Rufe bei der ÖVP: Unerhört!), denn
sonst hätte es nicht dazu kommen können, dass es dazu den Zuruf aus Kärnten
gab, das müsse in den Verfassungsrang erhoben und dort verankert werden,
denn, so hat es geheißen: Ohne unsere Zustimmung – das
heißt, ohne die Zustimmung des Kärntner Landeshauptmannes und
ohne die Zustimmung der Bürgermeister Südkärntens –
wird es keine zusätzlichen Ortstafeln in Kärnten geben! Auf diesen
Zuruf haben Sie prompt reagiert, Herr Bundeskanzler – leider jedoch
die ausgestreckte Hand der slowenischen Vertreterinnen und Vertretern Ihnen
gegenüber ausgeschlagen! (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)
Sie, Herr
Bundeskanzler, haben in den letzten Tagen eine historische Möglichkeit vertan!
(Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten
von ÖVP, Freiheitlichen – BZÖ, Grünen und SPÖ.)
Sie, Herr
Bundeskanzler, haben die historische Möglichkeit vertan, diesen
51 Jahren Assimilationspolitik, diesen 51 Jahren des Vorenthaltens
verbriefter Rechte, diesen 51 Jahren der Nichterfüllung des
Artikels 7 des Staatsvertrages von Wien endlich ein Ende zu setzen! Das
kann man aber nicht mit der aus vielen Nichtdemokratien bekannten Methode
tun, dass die Mehrheit einfach über die Minderheit drüberfährt!
Herr
Bundeskanzler, ich sage das jetzt nicht nur als Abgeordnete der Grünen,
sondern auch aus der Betroffenheit einer Volksgruppenangehörigen dieses
Landes heraus: Ich selbst habe erlebt, Herr Bundeskanzler, was
Assimilationspolitik bedeutet, Assimilationspolitik – das
möchte ich schon dazu sagen –, die nicht von
einem ÖVP-Bundeskanzler initiiert oder geprägt war: Es waren
damals die Sozialdemokraten, die einer solchen Politik das Wort geredet haben.
In diesem Zusammenhang erwähne ich jetzt nur den Namen Friedrich Robak;
die Eingeweihten wissen etwas damit anzufangen.
Bei mir war es
so, meine Damen und Herren, dass ich als burgenländische Kroatin in der
Weise aufgewachsen bin, dass mein Vater, ein aufrechter Sozialdemokrat und
Bauarbeiter, immer gesagt hat: Meinen Kindern soll es in Zukunft besser gehen;
das Wichtigste für uns, um einen sozialen Aufstieg zu erlangen, ist, gut
Deutsch zu können!
Ich bin
während meiner ganzen Volksschulzeit jeden Tag in der Früh an meiner
örtlichen Volksschule in Stinatz vorbeigegangen, zur
Postautobus-Haltestelle jenseits der Volksschule, habe dort auf den Bus
gewartet und bin mit diesem in den Nachbarort gefahren, um eine einsprachige
Schule zu besuchen, um dort gut Deutsch zu lernen. Das durchzusetzen ist meinem
Vater gelungen. – Mein Vater sieht diese Dinge heute jedoch ganz
anders. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Mein Vater sieht
diese Dinge heute aus dem Kontext der Zeit und seinem Bemühen heraus und
steht dazu, weiß jedoch heute, dass es ein Fehler ist (Präsident
Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen) – das
ist schon mein Schlusssatz, Herr Präsident –, solchen
politischen Strömungen nachzugeben.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 115 |
Wenn der Druck auf Minderheiten groß ist, dann ist es eine Verpflichtung der Mehrheit, Minderheiten zu schützen – und nicht das Gegenteil! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
15.19
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. – Herr Bundeskanzler, Ihre Redezeit sollte 20 Minuten nicht überschreiten.
15.20
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sie haben hoffentlich registriert, welche Wortwahl gerade vorgenommen wurde: der Vergleich mit Nichtdemokratien, acht Mal – ich habe mitgezählt! – wurde von Ihnen, Frau Abgeordnete, das Wort „dreist“ verwendet, „Assimilationspolitik“ und die Aussage, dass seit 2000 nichts geschehen sei. – Frau Stoisits, Sie schreiben offensichtlich eine eigene Privatgeschichte.
Seit dem Jahr 2000 wurde – übrigens gemeinsam von allen Fraktionen hier – eine Staatszielbestimmung gewählt und verhandelt, die ihresgleichen sucht. Und wir sind stolz darauf, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Frau Abgeordnete, Sie sind burgenländische Kroatin, nur sollte man seine Privatgeschichte nicht auf alle übertragen. Ich habe mit Zustimmung dieses Hauses eingeführt, mit einem sozialdemokratischen Landeshauptmann, auf den ich sehr stolz bin, mit meinem ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreter, der hier mitgearbeitet hat, wir haben im Burgenland all das umgesetzt, was Sie vorher nie zusammengebracht haben. Gemeinsam haben wir das gemacht. Darauf können wir stolz sein, und da brauche ich mich nicht von Ihnen hier quasi vorstellen zu lassen. Das ist doch absurd! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)
Wir haben die vierte Volksschulklasse durchgesetzt. Wir haben eine verbesserte Lehrerausbildung eingeführt. Wir haben sichergestellt, dass wir heute in Kärnten ein Bildungsangebot haben – und das ist weit weg von Ihrer Privatgeschichte –, das bewirkt, dass 30 Prozent der Kärntner Pflichtschüler Slowenisch lernen – freiwillig! 70 Prozent davon haben Deutsch als Muttersprache. – Sie sollten auf diese Entwicklung stolz sein und nicht herumschimpfen, dass nichts geschieht! (Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Nun zum Staatsvertrag, Frau Abgeordnete. Viele hier sind Juristen. Lesen Sie einfach, was drinsteht. Im Staatsvertrag Artikel 7 heißt es, dass „in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens“ – um die geht es jetzt – „die slowenische ... Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen“ wird in Bezirken „gemischter Bevölkerung“. „In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen ... topographischer Natur sowohl in slowenischer ... Sprache wie in Deutsch verfasst.“ – Mehr steht hier nicht drinnen.
Bruno Kreisky hat nach einer sehr, sehr mühsamen Situation und Verhandlungsphase – Sie kennen die Vorgeschichte ein bisschen: der Heimatdienst, unter anderen hat ein gewisser (Abg. Brosz hebt die Tafel mit der Aufschrift „Rechtsstaat – Pravna Država“ in die Höhe) – Sie können das Taferl ruhig liegen lassen, das interessiert hier niemanden (Beifall bei der ÖVP – Abg. Mag. Weinzinger: Sie interessiert es vielleicht nicht!) – Josef Feldner damals den Ortstafelsturm organisiert, und er ist heute mit an Bord. Er ist heute mit an Bord, Frau Abgeordnete! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Das ist eine Konsenslösung, die fünf Jahre lang verhandelt wurde, unter meinem Vorsitz. Historiker Dr. Karner, Dr. Marjan Sturm, Bernard Sadovnik und Josef Feldner, sie alle haben mitgewirkt. Und wir hatten hier eigentlich breiten Konsens.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 116 |
Der Kern ist ja ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) – Hören Sie doch auf, ich habe ihn verlassen, ich versuche, ihn mit Leben zu erfüllen, Herr Abgeordneter! Und Sie wissen ganz genau, wie schwierig es manchmal mit den Bürgermeistern in Südkärnten ist, hier zu einem Konsens zu kommen, und wie sehr sich Ihre Landesparteivorsitzende Schaunig um einen solchen Konsens bemüht.
Wir alle sollten das tun und nicht die Mär erzählen, dass in Österreich für die Minderheit in Kärnten nichts geschieht, weil es einfach nicht wahr ist! Ich bin für alle da, auch für jene, die es vielleicht schwieriger haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Weil Sie den Verfassungsgerichtshof erwähnt haben: Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs und jetzige Rechtsberater des Bundespräsidenten Dr. Adamovich hat in diesen Tagen eine Dokumentation über „Die Ortstafelfrage aus Expertensicht“ publiziert, eine kritische Beleuchtung.
Er selbst fragt, weil es ja nicht präzise festgelegt ist: Was heißt „gemischte Bevölkerung“? – Bruno Kreisky hat seinerzeit mit Zustimmung des Parlaments – es war sogar, wenn ich mich richtig entsinne, eine einstimmige Beschlussfassung – 25 Prozent festgelegt. Das ist aufgehoben worden. Adamovich sagt: Man muss nicht unbedingt an den 10 Prozent festhalten, sie sollten sich andererseits aber nicht den als unzulässig erklärten 25 Prozent nähern.
Frau Abgeordnete, das, was wir jetzt in einem Verordnungsentwurf und in einem Gesetzentwurf vorgelegt haben – der Hauptausschuss hat ja gestern Gott sei Dank einen solchen Beschluss gefasst –, ist ziemlich präzise: 15 Prozent bei den Gemeinden und 10 Prozent bei den Ortschaften, und dazu noch eine vorgezogene Öffnungsklausel für all jene Ortschaften, die einen hohen Anteil mit etwa einem Drittel haben. Wir haben darüber lange diskutiert, wir haben hier auch Beratung durch Verfassungsjuristen, auch durch den Verfassungsgerichtshof eingeholt, und das ist mit Sicherheit eine Lösung, die hält. Das ist eine Lösung, die hält und vertretbar ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich sage noch etwas dazu: Wir sind ja nicht drübergefahren. Wenn ich drüberfahren will, dann verhandle ich nicht fünf Jahre lang. Ich habe mich wirklich wie kaum jemand vor mir um diese Lösung bemüht, und ich bereue auch keinen Tag, dies getan zu haben, weil es für mich selbstverständlich ist.
Eines sage ich aber auch dazu: Die beiden slowenischen Vertreter Sadovnik und Sturm haben dieser Lösung zugestimmt! Sie haben zugestimmt, dass wir dem Wunsch der Kärntner, dem einstimmigen Beschluss des Kärntner Landtages nachkommen. Es ist kein Diktat von mir – befreien Sie sich von dieser Vorstellung! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ )
Es war der einstimmige Wunsch des Kärntner Landtages, eine Verfassungsbestimmung zu haben, damit Rechtssicherheit einkehrt.
Zu dem von Ihnen so freundlich zitierten Dr. Vouk: Wenn wir schon vom Rechtsstaat reden, zweisprachig: Es kann doch auch kein Zustand sein, dass man permanent oder sehr häufig zu schnell durch Ortschaften, durch verbautes Gebiet fährt, nur um justament noch ein Erkenntnis zu provozieren. Das halte ich nicht für richtig. Mein Weg ist der Runde Tisch. Mein Weg ist die Verhandlung. Mein Weg ist der Konsens, die Konsenssuche, auch wenn sie mühsam ist.
Und wenn wir in den letzten Tagen – zwei Wochen ist es jetzt her – eine große Lösung vorgeschlagen haben, dann glaube ich persönlich, dass wir mit dieser Lösung tatsächlich die Quadratur des Kreises gefunden haben, weil wir auf der einen Seite – verglichen mit der Zeit Bruno Kreiskys – in fast doppelt so vielen Ortschaften zweisprachige
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 117 |
Ortstafeln aufstellen, innerhalb eines im Konsens erarbeiteten genauen Stufenplans, und weil wir auf der anderen Seite sicherstellen – und das war außer Streit zwischen den Fraktionen, jedenfalls zwischen den größeren Fraktionen hier im Hohen Hause –, eine Verfassungslösung zu machen, die für die Zeit danach eine Öffnungsklausel vorsieht, nach der 10 Prozent der Bevölkerung einen Antrag stellen können, der von der Bundesregierung nach einer entsprechenden Anhörung durch Land, Gemeinde und Volksgruppenbeirat umgesetzt werden kann.
Das ist der richtige Weg: kein Diktat, kein Automatismus, aber auch kein Veto! Das ist genau das, was die slowenischen Volksgruppenvertreter von uns verlangt beziehungsweise beantragt haben. Dafür stehe ich, und das kann ich jederzeit auch öffentlich argumentieren!
Ich bin stolz darauf, dass wir ein sehr, sehr gutes Verhältnis mit unserem Nachbarn im Süden, Slowenien, haben, denn ein altes Sprichwort sagt: Ein schlechter Nachbar kann ein Fluch sein, ein guter Nachbar ist ein Segen! – Und Slowenien ist von uns und wir sind von Slowenien ein guter Nachbar, und so muss es auch bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Letzter Satz von mir: Ich weiß, dass wir jetzt einige Aufregungen haben – das ist so bei einer schwierigen Frage. Und diese Frage ist halt nicht ganz so leicht, wie es Frau Abgeordnete Stoisits jetzt vielleicht dargestellt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald. – Abg. Großruck: Puswald, sei still!) Wir bemühen uns darum.
Ich habe auch registriert – ich habe heute
persönlich mit dem Landeshauptmann
von Kärnten, mit Frau Landesrat
Schaunig, mit Herrn Landesrat Martinz geredet – und den Eindruck
erhalten, die Bitte Kärntens war: Bemüht euch in den kommenden
48 Stunden um eine solche Lösung, die verfassungskonform ist,
staatsvertragskonform ist – selbstverständlich! –,
die den Wünschen der Minderheit über die jetzigen 141 Ortschaften
Rechnung trägt – Stufenplan bis 2009, danach eine
vernünftige Öffnungsklausel. Arbeiten wir doch einfach gemeinsam mit,
ohne jetzt wieder ein bisschen Gift hineinzuträufeln oder Emotionen
zu schüren! Das ist nicht notwendig!
Wir arbeiten daran,
glauben Sie mir, in einer guten Atmosphäre mit allen Beteiligten. Dass Sie
vielleicht das Gefühl haben, in dieser Frage nicht ausreichend eingebunden
zu sein, bedauere ich. Ich habe gestern mit Marjan Sturm eine Stunde lang
geredet – ein gutes Gespräch. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Er war sehr
unglücklich über manche Entwicklungen, die sich hier – ich
nenne jetzt nicht mehr Details – abgezeichnet haben, weil es
auch nicht gut ist, dass man wieder über die Bande von außen gewisse
Dinge spielt, wie wir das auch in der österreichischen Geschichte manchmal
erlebt haben.
Wir sind stark genug und, wie ich glaube, auch gut meinend und gutwillig genug, dass wir diese Dinge selbst in einem guten rot-weiß-roten Konsens lösen können. Ich bitte Sie darum. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
15.29
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen in die Debatte ein.
Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Van der
Bellen. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Abg. Brosz stellt die Tafel
mit der Aufschrift „Rechtsstaat – Pravna Država“ wieder auf das Rednerpult. –
Abg. Großruck: Der braucht
auch ein Taferl!)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 118 |
15.29
Abgeordneter Dr. Alexander Van
der Bellen (Grüne):
Meine Damen und Herren! Ich verstehe schon, dass auch der Bundeskanzler einmal
Emotion zeigt, denn es ist ja in der Tat so, dass es unerfreulich ist, hin und
wieder im Verlauf der Jahre großen Einsatz für etwas zu
verwenden – nur, Herr Bundeskanzler, so, wie Sie das schildern, ist
es halt auch wieder nicht. (Abg. Großruck: Genau so ist es!)
Nehmen wir einmal Herrn Rechtsanwalt Vouk. Sie sagen, Sie halten es nicht für richtig (Abg. Dr. Mitterlehner: Das ist ein Detail!), durch Geschwindigkeitsüberschreitungen den Rechtsweg bis zum VfGH, dem Verfassungsgerichtshof, zu erlangen, Ihr Weg sei der Konsens. – Ich darf aber schon darauf hinweisen, dass Rudi Vouk oder ähnlichen Personen – es ist ja ganz gleich, wer das ist – nur dieser Weg übrig geblieben ist, um die leidige Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten auf den Rechtsweg zu bringen. (Abg. Scheibner: Der Zweck heiligt die Mittel!) Und die Fama sagt, dass niemand anderer als unser Präsident Khol diese Idee ursprünglich geäußert hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich habe das nie überprüft, aber wenn es wahr ist, haben Sie, Herr Präsident Khol, ein Verdienst.
Es ist ja traurig genug, dass jemand durch solche Methoden, nämlich die Geschwindigkeitsüberschreitungen, überhaupt den Weg zum VfGH finden muss. (Abg. Scheibner: Wie weit würde Herr Vouk noch gehen?) Das Entlarvende war doch im Nachhinein, nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes im Dezember 2001 und in der Folge – zuerst noch unter Adamovich, später unter Präsident Korinek –: Wie hat sich denn der Landeshauptmann von Kärnten in dieser Frage verhalten? Haben Sie dazu heute ein Wort verloren, Herr Bundeskanzler? – Ich verstehe schon, das ist Ihr Koalitionspartner, das ist Ihr Verhandlungspartner, aber er, der Landeshauptmann von Kärnten, hat hier Grenzen überschritten (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ununterbrochen nur abrechnen!), die unter gar keinen Umständen hätten überschritten werden dürfen, nämlich die Grenzen des Rechtsstaates in einer Demokratie, meine verehrten Kollegen vom BZÖ! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie tun immer nur mit dem Zeigefinger mit jemandem abrechnen!)
Uns selbst hat auch nicht jedes Erkenntnis des VfGH in der Vergangenheit gefallen. Der VfGH ist nicht jenseits der Kritik, das ist vollkommen klar, aber wenn es ein Erkenntnis des Höchstgerichtes gibt, ist es, ob es einem passt oder nicht, auch zu beachten! – Nicht so wie der Herr Landeshauptmann Haider, der uns erst heute wieder über die APA mitteilen lässt: Die in Wien können beschließen, was sie wollen!, der uns in der Vergangenheit mitgeteilt hat, dass der VfGH und seine Entscheidungsgremien eine Juxtruppe sind und er nicht im Traum daran denkt, sich daran zu halten (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), der einzelne Richter auf verschiedene Weise persönlich diffamiert hat. Das ist nun wirklich etwas, wo ich mir auch vom Bundeskanzler erwarte – auch wenn es Ihr Koalitionspartner ist –, dass hier in öffentlichen Stellungnahmen eindeutig Grenzen gesetzt werden. Aber das ist leider auch heute nicht erfolgt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Herr Bundeskanzler! Sie gehen haarscharf an der aktuellen Auseinandersetzung vorbei, wenn Sie uns versichern, dass das, was jetzt verhandelt wurde, mit Sicherheit verfassungsrechtlich hält. (Ruf bei der ÖVP: So ist es!) Ja fein, wunderbar! Der Bundeskanzler versichert das, und ich als einsamer kleiner Abgeordneter (Abg. Lentsch: „Einsam“? Es sind eh ein paar Kollegen da!), noch dazu mit einem Studium der Volkswirtschaft statt der Jurisprudenz, muss das jetzt also glauben. Wissen Sie, was ich glaube? – Ich glaube, dass die Frage, ob solch ein Gesetz verfassungsrechtlich hält, der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden hat und sonst niemand! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 119 |
Was ist denn der einzige Sinn und Zweck, diese
Vereinbarung – mag sie ganz schlecht oder ganz gut sein –
durch ein Verfassungsgesetz abzusichern? – Der einzige Zweck ist
doch, sie der Kontrolle und Überprüfung durch den VfGH zu entziehen,
den VfGH in dieser Frage zu blockieren! Und darauf sind Sie noch stolz? (Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer.)
Machen Sie ein einfaches Gesetz, das der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof unterliegt! Es ist doch nichts einfacher als das. Es gibt keinen Grund, das verfassungsrechtlich abzusichern, außer dass Sie die Verpflichtungen des Staatsvertrags nicht einhalten wollen, dass Sie das durch ein Verfassungsgesetz absegnen und natürlich zur Vorsicht aus Ihrer Sicht gegen die Überprüfung durch den VfGH absichern wollen. Das ist miserable Verfassungspolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Heinz Mayer, der nicht irgendwer ist in dieser Republik,
sondern einer der bekanntesten Staatsrechtler, Verfassungs- und
Verwaltungsrechtler, schreibt heute im „Falter“ (Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer): historisch
erbärmlich – nicht „historischer
Kompromiss“ –, nämlich ein „erbärmlicher
Umgang mit der Verfassung“ in Österreich. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer:
Ist es nicht, auch wenn es im „Falter“ steht!)
Auch der „Falter“ kann sich irren, da haben Sie Recht. Auch Heinz Mayer kann sich irren, da haben Sie auch Recht. Aber sagen Sie mir einen vernünftigen Grund, warum gerade Sie sich in dieser Frage nicht irren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Sagen Sie mir einen vernünftigen politischen, juristischen Grund, warum das in den Verfassungsrang erhoben werden muss!
Manchmal frage ich mich: Haben Sie wirklich verstanden, was ein Minderheitenrecht ist? – Was ist ein Minderheitsrecht hier im Parlament, hier im Nationalrat? Also zum Beispiel: Fünf Abgeordnete dürfen eine schriftliche Anfrage machen. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.) Die müssen nicht die Mehrheit fragen: Dürfen wir das?, so wie in vielen Landtagen in Österreich, zum Beispiel im niederösterreichischen Landtag. Fünf Abgeordnete dürfen eine Dringliche Anfrage oder einen Dringlichen Antrag stellen, so wie heute. Die müssen nicht die Mehrheit fragen, ob sie das dürfen oder nicht. Und unter bestimmten Bedingungen darf eine Minderheit eine Sondersitzung verlangen, und so weiter. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Im Konkreten sind das immer Kompromisse nach Verhandlungen und so weiter – warum gerade fünf, warum nicht vier, warum nicht sechs?
Die 10 Prozent im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom Dezember 2001 – er hätte auch 8 Prozent oder 12 Prozent sagen können, das ist halt in der Bandbreite dessen, was er bei seinen Untersuchungen recherchiert hat, keine Frage. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Was ist 10/15?) Aber zum Beispiel 25 Prozent sind eindeutig zu viel. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Aber er sagt, mehr als 10 Prozent!) – Mehr als 10 Prozent, okay. 10,01 Prozent sind mehr als 10 Prozent. (Beifall bei den Grünen.)
Der Minderheitenschutz, das ist ein Recht. Die Slowenisch sprechenden Kärntner, die Kroatisch sprechenden Burgenländer, wer auch immer unter diesen so genannten autochthonen Minderheitenschutz fällt, haben Rechte. Die wollen das nicht erbitten, die wollen das auch nicht bei einer künftigen Bundesregierung erbitten. Wer weiß, wie die ausschaut. Das verstehe ich. Ein Recht ist etwas unmittelbar Umsetzbares und keine Bittstellerei! (Beifall bei den Grünen.)
Das ist das Gleiche, wie wenn Sie von uns erwarten würden, dass wir einer Reform der Geschäftsordnung zustimmen, nach der unsere bescheidenen Minderheitsrechte plötzlich der Beschlussfassung durch die Mehrheit unterliegen. Das ist ja nicht Minderhei-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 120 |
tenschutz. Überlegen Sie sich das einmal! Jenseits der Frage, ob jetzt diese zweisprachigen Ortstafeln wirklich das wichtigste Problem der Republik sind – nein, sind sie nicht. Sicher ist es die Sprache und deren Förderung, und im Artikel 8 B-VG heißt es: „Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.“ – Nicht zufällig wird in diesem schönen Artikel des B-VG, des Bundes-Verfassungsgesetzes, die Sprache an erster Stelle genannt, der nur mit ein bisschen Leben erfüllt werden sollte, Herr Präsident Khol, weil Sie mich so zweifelnd anschauen.
Ich stimme Ihnen zu, Herr Bundeskanzler, es ist ja ein wohltuendes, ermutigendes Zeichen, wenn die zweisprachigen Schulen in Kärnten geradezu boomen, wenn man das mit der Vergangenheit vergleicht, und dass sehr viele Eltern mit deutscher Muttersprache ihre Kinder in diese zweisprachigen, deutsch-slowenischen Schulen schicken. Da haben die Eltern viel mehr verstanden als die derzeitigen Kärntner Landespolitiker. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Broukal.)
Nichtsdestoweniger sind die Ortstafeln eine wichtige symbolische Frage: Wie wohl darf ich als Slowenisch sprechender Kärntner mich in meiner Heimat fühlen? Wie selbstverständlich ist es auch für die anderen, dass ich meine Rechte habe? Et cetera.
Wenn Sie mich fragen: Die Umsetzung des Erkenntnisses aus dem Jahre 2001 mit rund 300 Ortstafeln, wenn ich es richtig im Kopf habe, ja warum nicht? Und sollen es 150 sein, wenn die Slowenisch-Sprachigen damit einverstanden sind, ja warum nicht? Wird der Klopeiner See irgendwie heller, magersüchtiger oder milchfarben, wenn es ein paar zweisprachige Ortstafeln gibt? Wird die Gerlitzen bei mehr zweisprachigen Ortstafeln zu flach zum Schifahren? Ist es uns, der deutschsprachigen Mehrheit, wenn ich das so salopp sagen darf, der Mehrheit mit deutscher Muttersprache, nicht langsam unsäglich peinlich, was da passiert?
Haben wir es wirklich notwendig, Öffnungsklauseln in ein Gesetz zu reklamieren, die in Wirklichkeit einer Sperrklausel nahe kommen, einer Sperrklausel dahin gehend, dass es in Zukunft – verfassungsrechtlich abgesichert, noch einmal – mit Sicherheit nicht mehr zweisprachige Ortstafeln gibt? (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das ist falsch! Das ist keine Sperrklausel!) Warum probieren Sie so etwas? Warum gehen Sie so vor Haider in die Knie? Was soll das? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Dass das keine konstruktive Persönlichkeit ist, wie Sie uns jetzt seit anderthalb Jahren einzureden versuchen, das pfeifen ohnehin die Spatzen vom Dach. Zum x-ten Mal sind Sie darauf reingefallen, weil Sie halt versucht haben, auch diese Sache irgendwie zu einem Ende zu bringen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) –Danke, Herr Präsident. Meine selbst gewählte Redezeit ist ...
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nicht die selbst gewählte, die ist schon lange erschöpft, aber jetzt sind 10 Minuten auch erschöpft.
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Darf ich nur sagen, Herr Präsident, dann stimmt die Uhr da nicht. Diese zeigt nämlich 7 Minuten.
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Einen Schlusssatz dürfen Sie noch sagen.
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.
Als Schlusssatz: Versuchen Sie, den Staatsvertrag doch
endlich mit Leben zu erfüllen! Hören Sie auf, die slowenischsprachige
Minderheit zu Bittstellern zu degradieren! Seien Sie großzügig in
diesen symbolischen Fragen! Das kommt uns allen zugute und nicht nur den so
genannten autochthonen Minderheiten. – Danke. (Beifall bei den
Grünen und der SPÖ.)
15.41
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 121 |
Präsident Dipl.-Ing.
Thomas Prinzhorn: Zu Wort
gemeldet hat sich Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte. (Zwischenruf
des Abg. Dr. Jarolim.)
15.41
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen, Frau Kollegin Stoisits: Das, was Sie hier machen, ist schlicht und einfach ein Beitrag dazu, dass jedenfalls eine Lösung erschwert wird. Sie wollen offensichtlich überhaupt keine Lösung, meine Damen und Herren! Sie haben doch keine Ahnung, Herr Van der Bellen, was sich in Kärnten abspielt! Wenn Sie sich hier herausstellen und den Moralapostel spielen ohne Rücksichtnahme auf das, was in Kärnten los ist, dann, sage ich Ihnen, machen Sie einen schweren Schaden, aber keine Lösung.
Wenn Sie eine Lösung gewollt hätten, dann frage ich Sie: Warum haben Sie denn heute früh beispielsweise im Verfassungsausschuss der Aufnahme dieses Tagesordnungspunktes in die Tagesordnung nicht zugestimmt? (Rufe bei der ÖVP.) Abgelehnt haben Sie das! Damit ist nicht einmal eine Diskussion im Ausschuss möglich.
Und genau an dem Tag, Herr Kollege Van der Bellen, an dem Ihre Fraktion im Ausschuss die Aufnahme dieses Tagesordnungspunktes ablehnt, stellen Sie einen Dringlichen Antrag. Ich meine, damit präsentieren Sie ja Ihre Unglaubwürdigkeit am Servierteller, meine Damen und Herren! Sie wollen doch gar keinen Beitrag zu einer Lösung leisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Herr Kollege Van der Bellen, Frau Stoisits, überlegen Sie einmal: Da gibt es in Kärnten einen Konsens, der unter anderem zum Inhalt hat eine Zweidrittelmehrheit, eine verfassungsrechtliche Absicherung im Volksgruppengesetz. (Rufe bei den Grünen: Nein! Nein!) Konsens in Kärnten. Wer lehnt den Konsens ab? – Die Grünen! Sie wollen offensichtlich gar keinen Konsens, denn sonst müssten Sie doch auf dieses Argument, das aus Kärnten von den Konsensbereiten kommt, eingehen. Sie wollen das offensichtlich gar nicht.
Herr Kollege Van der Bellen, ich habe auch noch ein Grundproblem mit Ihrem Verständnis als Gesetzgeber. Ich sitze da herinnen nicht nur als einfacher Gesetzgeber für einfache Bundesgesetze, sondern auch als Gesetzgeber für Verfassungsgesetze. Und mein Verständnis ist absolut nicht Ihres. Ich möchte nicht die Gesetzgebung an den Verfassungsgerichtshof delegieren, sondern hier die Verantwortung auch für Verfassungsgesetze tragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Das ist mein politisches Verständnis. Da unterscheiden wir uns ganz grundlegend.
Übrigens, wenn Sie noch einen neutralen Zeugen brauchen und mich nicht akzeptieren – das verstehe ich ja –, der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Karl Korinek, der von Ihnen oft zitiert wird, sagt: Wenn es im Interesse des Konsenses ist, dann ist eine verfassungsrechtliche Absicherung im Volksgruppengesetz selbstverständlich möglich. (Abg. Öllinger: Möglich! – Das wissen wir eh!) Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes sagt das. Und diesen Weg gehen wir.
Sie haben auch – und das tut mir weh – den Begriff des historischen Kompromisses verulkt. Herr Kollege Van der Bellen und Frau Stoisits, wenn Sie das nicht begreifen, was hier gelungen ist, dann fehlt Ihnen dieses Grundverständnis, um mitzumachen. Erstmals seit den siebziger Jahren ist wirklich etwas in Bewegung. Frau Stoisits hat das ja auch anerkennend ausgesprochen. Die Europäische Union – Slowenien ist Mitglied – hat eine ganz andere Situation gebracht. Seit dem Jahr 2000 ist es Bundeskanzler Schüssel gelungen, wirklich Bewegung in die Sache hineinzubringen.
Und wenn Sie den „Report“ in Erinnerung haben – ich weiß nicht mehr genau, wann er gewesen ist; ich habe ihn in Erinnerung –, dann muss ich sagen, es war berührend, zu
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 122 |
sehen und zu hören – und gehen Sie doch nicht einfach so darüber hinweg, wie Sie es heute getan haben! –, wie die Vertreter der Slowenen und die Vertreter der Heimatverbände erklärt haben, sie haben in der Vergangenheit Fehler gemacht und sie wollen diese Fehler in Zukunft nicht nur vermeiden, sondern korrigieren. In Kärnten wird miteinander geredet.
Kärnten will einen Konsens! Kärnten will eine Lösung! Kärnten will endlich Schluss mit dem Konflikt! Tragen Sie zur Lösung bei, Herr Kollege Van der Bellen und alle anderen auch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ich kann mich erinnern, wie Sie, Herr Kollege Van der Bellen, als Vertreter der Grünen ein einziges Mal dabei gewesen sind bei der Konsenskonferenz beim Bundeskanzler. Ein einziges Mal war Kollege Van der Bellen dabei. Ich kann mich erinnern, dass Sie mir dann gesagt haben, Sie seien eigentlich berührt davon und müssten Ihr Bild ändern, als Feldner gesagt hat, er wolle eine Lösung, und Ambrozy gesagt hat: Wenn Schretter das nicht macht, mache ich es auch nicht. Sie haben gesagt: Das ist doch beeindruckend. – Dann bleiben Sie doch dabei! Gehen Sie doch diesen Weg mit!
Was liegt auf dem Tisch? – Sie werfen vor, die Regelung entspräche nicht dem Konsens, auch nicht dem mit der Minderheit in Kärnten.
Ich lese Ihnen vor: Zu Ihrem Angebot, dem Konsens, stellen Sturm und Sadovnik fest:
Erstens: Die Regelung 15/10 wird akzeptiert unter der
Maßgabe, dass damit keine Revision des Staatsvertrages und des
Artikels 7 einhergeht. – Das ist erfüllt. (Abg. Öllinger:
Unter dieser Maßgabe!)
Zweitens: Insgesamt werden bis 2009 141 zweisprachige Ortstafeln aufgestellt, und zwar 131 nach 15/10 und 11 nach einer „vorgezogenen“ Öffnungsklausel. – Erfüllt.
Dritter Punkt: Dafür gibt es eine Bestandsgarantie. – In der Verfassung unserem Antrag gemäß vorgesehen. Also erfüllt.
Viertens: Die Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln erfolgt bis Ende 2009. – In unserem Vorschlag vorgesehen, also erfüllt.
Fünftens: Danach gilt die Variante der Öffnungsklausel – darauf komme ich noch zu sprechen –, die wir ebenfalls in unserem Vorschlag drinnen haben.
Sechstens: Das Maßnahmenpaket in Zusammenarbeit Bund, Land und Beirat ist umzusetzen.
Und siebtens, Herr Van der Bellen und Frau Stoisits, steht hier: Die Regelung erfolgt als Verfassungsbestimmung.
Unterzeichnet von Sturm und Sadovnik.
Zur Öffnungsklausel hat Sturm Folgendes vorgeschlagen:
Erstens: Die Aufstellung der vereinbarten Ortstafeln, Bestandsgarantie. – Erfüllt.
Zweitens: Danach zwei Jahre vertrauensbildende Maßnahmen, Vorschlag Sturm, also nach 2009. Das heißt, er beginnt erst 2011.
Dann eine Evaluierung und erst danach die Öffnungsklausel. Und dann steht hier: Territorialer Geltungsbereich. – Das machen wir mit unserem Vorschlag autochthones Siedlungsgebiet.
Und dann nennt er ein Procedere: Petition an die Bundesregierung – genau unser Vorschlag! –, Beratung durch die Landesregierung – genau unser Vorschlag! –, Beratung durch den Volksgruppenbeirat – unser Vorschlag! –, Beschlussfassung der Bundes-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 123 |
regierung – genau unser Vorschlag! – und zweijähriger Bericht an den Nationalrat – unser Vorschlag!
Wir haben also die Öffnungsklausel so erfüllt, wie die Minderheitenvertreter sie haben wollten.
Es gibt hier einen Punkt, über den wir gerne weiterdiskutieren. Es war eine zusätzliche Anregung im Sinne der Vermeidung von Konflikten, wenn es unterschiedliche Stellungnahmen geben sollte, eine Art Konsensausschuss einzurichten.
Und jetzt gibt es eine Anregung der SPÖ-Vorsitzenden in Kärnten an die Bundes-SPÖ: Liebe Bundes-SPÖ, geht mit! – Ich kann mich diesem Appell nur anschließen. Wer staatspolitische Verantwortung hat, hat die Verpflichtung, jetzt diesen historischen Kompromiss und diesen historischen Augenblick zu erkennen. Wir sind bereit, Tag und Nacht zu verhandeln, damit wir bis Freitag eine Lösung haben. Wir sind auch bereit, über diese Frage des Konsensausschusses offen zu diskutieren, wenn es hier bessere Vorschläge gibt. Aber wir haben uns an den erreichten Konsens auf Punkt und Beistrich gehalten.
Ich lasse mir daher von niemandem vorwerfen, dass wir abgewichen seien, ganz im Gegenteil: Wir wollen eine Lösung für Kärnten und für Österreich. Mein Appell an die SPÖ gilt: Gehen Sie diesen Weg die letzten paar Zentimeter auch noch mit! Wir haben sehr gute Gespräche, und ich denke, es liegt in Ihrer Verantwortung, dass für Kärnten und für Österreich die bestmögliche Lösung, die derzeit erzielbar ist – Bundespräsident Fischer –, auch Wirklichkeit wird im Interesse der Menschen unseres Heimatlandes. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
15.50
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap. Ich erteile es ihm.
15.50
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Da gibt es unterschiedliche Sprachen, die da gesprochen werden, auch in der Aufforderung, dass wir da versuchen sollen, doch noch zu einem Kompromiss zu kommen: unsere Gaby Schaunig, der Klubobmann Molterer. Wenn ich aber die Presseaussendung von Landeshauptmann Haider jetzt durchlese, die von seiner nachmittäglichen Pressekonferenz zu mir gedrungen ist, dann liest sich das in etwa so:
„Ortstafeln: Haider stellt der SPÖ Ultimatum.“
„Entweder die SPÖ kehre bis Donnerstagabend an
den Verhandlungstisch zurück oder es gebe ,überhaupt keine
Lösung’. Denn dann werde auch er den Verhandlungstisch verlassen und
,nie mehr zurückkehren’.“ (Heiterkeit bei der SPÖ.)
Ich kann nicht alles vorlesen, aber ich komme zum dritten Absatz: „Sollte das jetzt ausverhandelte Paket nicht beschlossen werden, sei eine Wiederaufnahme der Gespräche zu einem späteren Zeitpunkt für ihn ausgeschlossen, sagte Haider, denn man habe nicht ,ewig Geduld’. Sollte dann eine Bundesregierung ein Gesetz beschließen, werde man die nötigen Maßnahmen treffen. ,Die können da draußen beschließen, was sie wollen.’“
Da sind wir beim Punkt: Das war etwas, wo wir in den Gesprächen immer wieder gesagt haben, wir glauben das alles nicht, weil Herr Landeshauptmann Haider für uns kein Garant dafür ist, dass das, was hier beschlossen wird, letztlich auch umgesetzt wird. Und deswegen waren wir so dahinter, dass es eine Rechtsdurchsetzung gibt, die uns garantiert, wenn wir schon den Weg gehen, über den man unterschiedlicher Mei-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 124 |
nung sein kann, eine Verfassungsbestimmung, ein Verfassungsgesetz zu machen, dass das dann auch umgesetzt wird. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)
Und er hat genau mit dem Satz bestätigt, was wir die ganze Zeit gesagt haben. Er hat gesagt: „Die können da draußen beschließen, was sie wollen.“ – Er meint damit: die in Wien. Es geht ja dann noch weiter: Von denen in Wien da unten lassen wir uns nichts vorschreiben! Und so weiter, wie das von ihm halt immer so formuliert wird. Dies hat das bestätigt.
Daher ist unsere Position eine richtige gewesen, als wir
gesagt haben: Wiewohl wir in vielen Punkten zu einem wirklichen Konsens
gekommen sind, das muss man da auch in aller Offenheit sagen, in vielen
Punkten, immer in Rücksprache mit den namhaften Vertretern der
slowenischen Organisationen, war das aber für uns ein ganz wesentlicher
Punkt. Und es war deswegen ein wesentlicher Punkt, weil ich auch behaupte, dass
Landeshauptmann Haider diese Verhandlungen auf eine ganz eigene, spezielle Art
begleitet hat. Immer wenn es besonders diffizil wurde, immer wenn wir in vielen
Fragen eine sehr konstruktive Gesprächsbasis hatten, auch mit den
Vertretern der Slowenen, kam Haider und hat polarisiert. (Abg. Scheibner:
Hat die SPÖ im Landtag dagegen gestimmt?) Ich verweise auf den
Landesregierungsbeschluss, den BZÖ und ÖVP gemeinsam gefasst haben,
wo das berühmte Vetorecht drinnen war. (Abg. Scheibner: In der
Landesregierung haben Sie dagegen gestimmt!) Wir haben dagegen
gestimmt, die SPÖ hat dagegen gestimmt ... (Abg. Scheibner: Haben
Sie dagegen gestimmt in der Landesregierung?)
Im Landtag gab es nur den Beschluss, man soll ein Verfassungsgesetz beschließen. Das war mit dem übereinstimmend, dass wir uns an den Tisch gesetzt und verhandelt haben. In der Landesregierung kam der beinharte Beschluss, der – und das musste Haider wissen – natürlich zur Polarisierung geführt hat und natürlich auch bei den Slowenenorganisationen zu diesen Einstellungen und Haltungen geführt hat, weil Haider ein Ziel hatte: Haider wollte zwar einen Kompromiss, aber wollte nicht, dass die Slowenen dabei sind. Das ist meine Schlussfolgerung aus der Verhaltensweise. Ich denke nur an die Pressekonferenz, die er gestern noch zu Mittag gegeben hat, wo er wieder auf die Minderheitenvertreter hingedroschen hat, auch wohl wissend, was das bedeutet: Jetzt sind wir dran.
Ich möchte nur sagen: Uns stellt man kein Ultimatum! Das sei an die Adresse des Jörg Haider gerichtet. Uns stellt man kein Ultimatum! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Mit uns kann man in einer vernünftigen Sprache sprechen, oder er kann nicht mit uns sprechen. Das ist ganz einfach: Wenn man einen Kompromiss will, wenn man verhandeln will, dann spricht man so nicht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Auch die Frau Schaunig hat ein Ultimatum gestellt!) Also will er nicht. Also wollte er nicht, dass die Slowenenorganisationen auch wirklich in eine Beschlusssituation kommen, wo sie ohne Gesichtsverlust mit beschließen konnten. Da war vieles symbolisch, vieles politisch, vieles symbolisch und nicht so sehr vieles substantiell, das muss man einmal sehen. Das haben wir jedenfalls in all diesen Gesprächen auch wirklich erleben müssen.
Dazu kommt noch etwas: Es ist das eine ganz heikle Sache. Es geht hier um Minderheitenrechte. Das ist eine ganz heikle Sache. Wenn man ein Verfassungsgesetz macht, das Minderheitenrechte berührt, dann muss man ganz präzise, ganz sensibel damit umgehen, und man muss danach trachten, dass es innerhalb der Minderheiten wenigstens eine namhafte Gruppe oder Persönlichkeit gibt, die da zustimmt. Alles andere ist, finde ich, grundrechtlich von der politischen und demokratischen Kultur her nicht akzeptabel. Und das war auch immer so.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 125 |
Herr Bundeskanzler, als Sie mit Herrn Sturm und damals mit dem BZÖ in die Öffentlichkeit gekommen sind und gesagt haben, da ist jetzt die Chance auf einen Kompromiss, und wo es anscheinend auch Eckpunkte gegeben hat, da war das meiner Auffassung nach zu unpräzise. Es hätte präziser sein müssen, denn letztlich war dann die Beschlusslage bei den Slowenen, bei einer der Slowenenorganisationen die, dass sie wollten, dass der ursprüngliche Beschluss auch wirklich herangezogen wird am Beispiel der Öffnungsklausel, die so wichtig war und die ich auch für wichtig erachte und die auch wirklich handhabbar sein musste und die anscheinend für sie eine Rolle gespielt hat. Das hat in diesen ganzen Auseinandersetzungen eine nicht unwesentliche Bedeutung gehabt und hat dann dazu geführt, dass es zu dieser Entwicklung gekommen ist, vor der wir jetzt gerade aktuell stehen.
Ich sage aber noch dazu – und das ist das, was mich an dieser Haider-Aussendung besonders verwundert –, wie wir heute schon gesagt haben, vor uns liegt jetzt ohnehin eine sehr hitzige Zeit, wie immer, wenn Wahlen angesagt sind, und da ist es nicht gerade günstig, heikle Dinge zu verhandeln. Als gelernter Österreicher weiß man das. Man kann ruhig dann in drei oder vier Monaten weiter Gespräche führen und versuchen, das Ziel, also einen Kompromiss, zu erreichen. (Abg. Mag. Molterer: Gaby Schaunig!) Aber Landeshauptmann Haider schließt auch das aus. Er sagt: entweder bis Donnerstag oder nie. Also auch nicht in drei Monaten, auch nicht in vier Monaten, auch nicht in fünf Monaten.
Das, muss ich sagen, hat eine neue Qualität, erstens, hier ein Ultimatum zu stellen, zweitens zu wissen, auf Ultimaten pflegen wir nicht zu reagieren, schon gar nicht bis Donnerstagabend, und drittens außerdem das auch noch auszuschließen für die nächsten drei, vier Monate, was bedeutet, er will in Wahrheit hier keine Lösung. (Abg. Neudeck: Sie wollen doch keine!) Er will sich dieses Thema für den Nationalratswahlkampf warm halten. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Ich finde, es ist ungustiös, auf dem Rücken einer Minderheit einen Wahlkampf zu führen, anstelle im Sinne der österreichischen Verfassung und des Staatsvertrages, Artikel 7, nach einer ehrlichen Rechtsumsetzung und Lösung zu suchen.
Noch einmal sei gesagt, wir fühlen uns bestätigt,
wenn er sagt: „Die können da draußen beschließen,
was sie wollen“, ihm, dem Landeshauptmann von Kärnten, ist es
gleichgültig. Ich sage, dass das schade ist, ich sage, dass das sehr
schade ist für Kärnten, ein wunderschönes Land, Slowenien, ein
wunderschönes Land: enge Wirtschaftsbeziehungen, Beziehungen,
Austausch auf dem Arbeitsmarkt, Investitionen, beide in der Europäischen
Union. Eine Absurdität sondergleichen, die da stattfindet und wo ich
leider sagen muss, dass federführend die Polarisierungspolitik des
Kärntner Landeshauptmannes ist. Leider für Kärnten und für
die österreichische Demokratie. (Beifall bei der SPÖ und
den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Stimmen Sie
zu!)
15.58
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.
15.58
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Cap, ich weiß schon, dass Sie jetzt mühsam nach einer Ausrede suchen, und Jörg Haider ist ja für Sie immer für etwas gut, vor allem für eine gute Ausrede, wenn Sie wieder irgendwo nicht zustimmen wollen. Wenn es Ihnen schon so um Kärnten geht, dann wäre wohl Ihre Landesparteichefin Schaunig näher dran an Kärnten und an der Realität als Sie.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 126 |
Frau Schaunig richtet es Ihnen ja aus: Fordere die Bundes-SPÖ auf, dem Vorschlag des Bundeskanzlers zuzustimmen! In erster Linie muss an Kärnten gedacht werden. Meine Damen und Herren! Das ist eine Aufforderung an Sie und wohl auch eine Rüge an Sie. Denken Sie nicht an Ihre parteipolitischen Scharmützel, sondern denken Sie endlich daran, dass wir knapp daran sind, einen 30-jährigen Konflikt rund um diese Ortstafelfrage ein für allemal zu klären. Darum geht es, Herr Kollege Cap, und um nichts anderes. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Ich weiß nicht, was Sie hier für eine Aussendung zitiert haben. Ich habe eine Originalaussendung von Jörg Haider, in der es heißt:
„Ortstafellösung ,jetzt oder nie’
Kärntner Landeshauptmann für Fortsetzung der Verhandlungen ...
Es sei ,gut für Kärnten verhandelt’ worden, der mühsam erarbeitete Konsens sei von den Slowenenvertretern ,in letzter Sekunde’ verlassen worden. ,Die Leute wünschen sich eine Lösung’, ...“
Ganz genau, Herr Kollege Cap! Die Menschen in Kärnten, die Menschen in Österreich wünschen sich eine Lösung! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das wünschen wir uns! Stimmen Sie endlich zu!) Ich glaube, das ist in erster Linie eine Frage von Interessenvertretern und Parteipolitikern. Die Menschen in Kärnten haben ganz andere Prioritäten und ganz andere Probleme, und über viele, viele Jahre hat man sich diesen Problemen in erster Linie gewidmet – ich denke etwa an das Minderheiten-Schulgesetz, an die Kindergartenförderungen, an die Förderungen der Kulturvereine. Da ist doch sehr, sehr viel passiert!
Wenn heute schon zitiert worden ist, dass die zweisprachigen Schulen in Kärnten boomen, dass 70 Prozent, so glaube ich, der Angemeldeten Deutsch als Muttersprache haben, dann zeigt das doch, was in den letzten zehn oder 15 Jahren hier an Positivem im Zusammenleben zwischen Mehrheits- und Minderheitsbevölkerung geschehen ist. Und deshalb ist es ja auch zu kritisieren, dass einige selbst ernannte Interessenvertreter, wie Herr Vouk provozierend –provozierend! – Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse mit initiieren, um diese ganze Diskussion wieder aufzukochen.
Aber gut: Wir haben uns darauf verständigt, diese Problematik zu lösen, so wie es auch die Slowenenvertreter wollen: mit Verfassungsbestimmung, damit hier Rechtsklarheit und Rechtssicherheit besteht. Auch Präsident Korinek hat das ja vorgeschlagen: dass mit großer Mehrheit diese Volksgruppengesetz-Änderung möglich gemacht wird.
Herr Kollege Cap, ich muss Ihnen schon auch eines noch
einmal in Erinnerung rufen – ich habe es im Ausschuss schon
gesagt –, weil Sie sich immer da herstellen und sagen, Sie seien
diejenigen, die eine Einigung haben wollen, nur torpediere der böse
Landeshauptmann von Kärnten das alles: Ich war auch in der
Konsens-konferenz, so wie Sie, und wir haben auch dort gut
verhandelt – sehr gut verhandelt! – und waren auch knapp
an einer Einigung. Verhindert hat die Einigung – das heißt,
verhindert nicht; sie waren dagegen – damals der Abwehrkämpferbund.
Alle anderen waren eigentlich dafür. (Abg. Dr. Cap: Die
Abwehrkämpfer nicht!)
Ja, ja, ich weiß es! Ich bin dort gesessen, Herr Kollege Cap! Und Sie wissen auch ganz genau, wer letztlich den Ausschlag gegeben hat: Das war Ihr Landeshauptmann-Stellvertreter Ambrozy, der gesagt hat: Wenn es hier nicht einen hundertprozentigen Konsens gibt, und vor allem, wenn der Abwehrkämpferbund – der Abwehrkämpferbund! – dagegen ist, dann kann er das seinen SPÖ-Bürgermeistern nicht zumuten, deshalb stimmt er gegen die Lösung.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 127 |
Das war der entscheidende Punkt, warum wir nicht schon damals, in der Konsenskonferenz, eine Lösung erzielt haben! Alle anderen – inklusive des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider – wären für eine konsensuale Lösung in dieser Konsenskonferenz gewesen! Dann hätten sich alle Streitereien und Diskussionen erübrigt!
Sie, Ihre Partei, waren es, die damals den Ausschlag gegeben haben, dass es keinen Konsens gegeben hat, und Sie sind jetzt auch knapp daran, wieder den Ausschlag zu geben, dass es keinen Konsens gibt, obwohl wir so knapp daran sind – so knapp daran sind!
Wollen Sie das, Herr Kollege Cap? – Sie wissen, ich meine das sehr, sehr ernst.
Wir drei – die Grünen brauchen sich nicht aufzuregen, denn sie haben von Haus aus gesagt, sie stimmen da nicht mit, sie wollen nicht eingebunden sein; wir hätten sie gerne dabei gehabt bei den Verhandlungen –, wir drei haben Stunde um Stunde verhandelt, um jeden Punkt, und wir haben sehr viel von dem, was Sie eingebracht haben, mit aufgenommen: den Verweis auf den Artikel 7; bei der Rechtsdurchsetzung, die Sie angesprochen haben, haben wir gesagt, machen wir eine demokratische Rechtskontrolle; die Berichtspflicht war zuerst akzeptiert, danach ist man mit derselben Geschichte wieder gekommen.
Ich habe Ihnen auch klar und deutlich gesagt: Ihr Misstrauen in Ehren, aber es geht hier nicht um Personen, sondern es geht um Staatsorgane. Und Sie wissen, dass jetzt eine andere rechtliche Situation besteht: Wenn eine Verordnung erlassen ist, dann hat jedes Staatsorgan – ob es will oder nicht – die Verpflichtung, diese Verordnung auch umzusetzen – egal, wie der Organwalter heißt und welcher Partei er angehört. – Das ist es!
Da brauchen wir keine Winkelzüge mit Völkerrechtsbestimmungen, sondern da gibt es innerstaatlich einen klaren Vollzugsmechanismus und auch einen Sanktionsmechanismus, wenn man sich nicht daran hält. Und auch Jörg Haider hat gesagt: Selbstverständlich! Jede Verordnung wird auch umgesetzt.
Nur, jetzt geht es darum, diese Verordnungen überhaupt zu ermöglichen, denn Sie wissen es ganz genau, meine Damen und Herren: Wenn Sie diesen Konsens nicht zulassen, dann heißt das nicht, dass nur pro futuro keine Ortstafeln mehr über die Öffnungsklausel aufgestellt werden können, sondern dass all diese Tafeln, auf die wir uns schon geeinigt hätten in der Verordnung, die die Bundesregierung verabschiedet hat, nicht aufgestellt werden, dass all diese Ortschaften auch in Zukunft keine zweisprachigen Ortstafeln haben werden. – Und da ist nicht der Kärntner Landeshauptmann schuld, da ist nicht die Regierung schuld! (Abg. Parnigoni: Wer denn? Nur er!) Er steht zu diesem Konsens!
Wir haben in der Bundesregierung diese Verordnung verabschiedet! Das ist dann Ihre Verantwortung, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, wenn dieser Konsens bezüglich zweisprachiger Ortstafeln, über die wir schon Einigung erzielt hatten, nicht umgesetzt werden kann, und das müssen Sie sich eben einmal vor Augen führen!
Dass es einige Slowenenvertreter gibt, die ganz gerne auch diese Polarisierung weiterführen – gut, das ist ihre Verantwortung. Und ich sage Ihnen: Wenn es auf der anderen Seite auch Leute gibt, die versuchen, mit der Polarisierung weiterzuleben, können wir auch nichts dagegen tun. Aber wir sind die politisch Verantwortlichen. Wir haben über diesen Dingen zu stehen, und wir haben jetzt die staatspolitische Verantwortung, vor der Wahl – entscheidend ist da aber nicht der Wahltermin –, jetzt, da diese Einigung zum Greifen nahe ist (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), diese Chance zu ergreifen – diese Chance zu ergreifen, Herr Kollege Parnigoni! – und das jetzt umzusetzen. Vielleicht besteht in einem halben Jahr wieder die Chance, aber niemand kann es garan-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 128 |
tieren. Wir
wissen, dass es jetzt die Möglichkeit gibt. (Präsident
Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)
Ich kann nicht an irgendein staatspolitisches Verantwortungsgefühl appellieren, ich sage Ihnen nur: Schauen Sie sich an, was Sie einbringen und was Sie riskieren. Und ist es das wirklich wert, wegen Ihrer Gegnerschaft und Ihres Misstrauens einem Politiker – Jörg Haider – gegenüber das alles aufs Spiel zu setzen?
Ich glaube, wenn Sie sich das wirklich ernsthaft überlegen, dann schaffen wir es vielleicht noch bis zum Freitag, einen Konsens im Interesse Kärntens, im Interesse des Zusammenlebens der Bevölkerungsgruppen und im Interesse auch unserer Glaubwürdigkeit in Österreich zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
16.06
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Mag. Lunacek. (Abg. Pilz steht vor dem Platz des
Abg. Dr. Van der Bellen und spricht mit diesem.) – Ich
bitte, der Rednerin nicht den Rücken zuzuwenden, Herr Kollege Pilz!
Am Wort ist die Rednerin. Wunschredezeit: 7 Minuten.
16.06
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek
(Grüne): Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und
Herren! Herr Klubobmann Molterer, Sie haben den Grünen jetzt
gewissermaßen die Schuld zugeschoben und gemeint, wir seien schuld daran,
wenn jetzt kein Konsens zustande kommt. (Abg. Mag. Molterer:
Habe ich nicht gesagt!)
Ich kann nur sagen: Nicht alles – nicht alles, Herr Kollege Molterer! –, was die ÖVP will, ist auch schon ein Konsens! (Beifall bei den Grünen.) Im Gegenteil! Im Gegenteil: Was Sie – und auch der Bundeskanzler – heute an Halb- und Unwahrheiten dargestellt haben (Abg. Dr. Fekter: Sag’ einmal! – Abg. Hornek: Das ist eine Frechheit!), das fällt auch unter den Begriff „erbärmlich“, nicht nur das historisch Erbärmliche, was hier passiert, sondern auch das.
Ein Beispiel: Herr Bundeskanzler: Sie haben behauptet, im Kärntner Landtag wäre dieser Gesetzesvorschlag einstimmig akzeptiert worden. – Das stimmt einfach nicht! Die Grünen waren dagegen – und auch die Freiheitlichen. (Abg. Scheibner: Das ist eine gute Allianz! – Abg. Mag. Molterer: Seien Sie stolz darauf!) Also bitte, wenn Sie schon Landtagsergebnisse zitieren, dann auch wahrheitsgemäß und nicht Unwahrheiten und Halbwahrheiten. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Kollege Molterer, Sie sagen jetzt: Für die Öffnungsklausel waren auch die Slowenenorganisationen! – Haben Sie Herrn Sturm gestern in der „ZiB 2“ oder heute im „Morgenjournal“ gehört, wo er dezidiert gesagt hat: Ja, ursprünglich schon, aber Sie haben sie wieder abgeändert. Sie haben auf einmal diesen Konsensausschuss wieder hineingebracht, dass sozusagen der Landeshauptmann oder irgendein Bürgermeister, dem das nicht passt, dann sagen kann: Nein, das machen wir nicht! – Dazu können die Slowenenorganisationen gar nicht ja sagen, das geht einfach nicht! Die können sich doch nicht selbst das, was vereinbart war, wieder von vornherein aushebeln! (Abg. Scheibner: Das war ja der Vorschlag von Sturm!) Also sagen Sie hier nicht die Unwahrheit! (Beifall bei den Grünen.)
Noch etwas: Ich finde es schon sehr interessant, wenn der Anwalt Rudi Vouk jetzt auf einmal zum Gesetzesbrecher stilisiert wird, nur deshalb ... (Abg. Scheibner: Aber bei 160 haben Sie etwas anderes gesagt!) – Na, wer von Ihnen ist nicht schon einmal schnell gefahren? – Aber nicht aus dem Grund, um ein Minderheitenrecht durchzusetzen, sondern weil Sie einfach zu schnell unterwegs waren! Aber ein Gesetzesbrecher ... – Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern: Der Rat dafür kam vom Herrn
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 129 |
Präsidenten dieses Nationalrates, von Ihrem Parteikollegen, dem früheren Klubobmann Khol bei einer Veranstaltung im zweisprachigen Zentrum in Tainach/Tinje in Südkärnten, wo Herr Präsident Khol klar und deutlich diesen Vorschlag einer Geschwindigkeitsüberschreitung als eine Möglichkeit gemacht hat, weil die Ortstafeln nämlich das Ortsgebiet kennzeichnen und die Geschwindigkeitsbeschränkung angeben; als eine Möglichkeit für die Minderheit, der nichts anderes mehr übrig bleibt, um ihre Rechte einzuklagen, um endlich zu ihrem Recht zu kommen.
Also stilisieren Sie nicht den Herrn Anwalt Vouk zum Gesetzesbrecher (Beifall bei den Grünen), sondern nehmen Sie das, was sogar Ihr früherer Klubobmann, der Herr Präsident dieses Nationalrates, einem österreichischen Staatsbürger geraten hat! Hören Sie auf, den Herrn Vouk als Gesetzesbrecher zu stilisieren! Wir sind dem Herrn Präsidenten Khol dankbar, dass er das gesagt hat; damit hat er nämlich einiges ins Laufen gebracht, was sonst nicht passiert wäre. (Beifall bei den Grünen.) Also: Vielen Dank, Herr Präsident Khol, für diesen Vorschlag!
Präsident Dr. Andreas Khol: „Den Dank, Dame, begehr’ ich nicht!“
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ich habe Sie jetzt leider nicht verstanden.
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich habe Schiller zitiert. (Heiterkeit.)
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ich habe es akustisch nicht verstanden. Gut.
Aber lassen Sie mich vielleicht die Diskussion noch einmal auf eine andere Ebene bringen, nämlich auf die Ebene dessen, was das im Leben von Menschen bedeutet, dieses Nichtvorhandensein von zweisprachigen Ortstafeln, und was das symbolisiert.
Terezija Stoisits hat schon gesagt – und auch andere –: Staatsvertrag von Wien, 1955. Viele von uns hier im Raum waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal auf der Welt. Das reicht länger zurück, als auch meine Lebenszeit ausmacht. Und wenn ich mich erinnere – erinnern kann ich mich natürlich nicht –, aber als ich auf die Welt kam, kam ich als Urenkelin von assimilierten Tschechen in Wien – väterlicherseits – auf die Welt. Ich habe es im Laufe meines Lebens ziemlich bedauert, dass ich nicht zweisprachig aufgewachsen bin und dass ich mich mit slawischen Sprachen immer noch schwer tue.
Ich habe dann als Kind in Südkärnten in den sechziger Jahren erlebt, wie toll das war, dass die dort zwei Sprachen gesprochen haben, in der Kirche sogar am Faaker See! (Abg. Mag. Trunk: Fast nur in der Kirche!) Es gab sogar einige zweisprachige Ortstafeln. Ich war ja ganz baff, ich habe mir gedacht: toll! Ich habe es zwar nicht verstanden, aber es hat mich interessiert, dass dort die Menschen zweisprachig sind.
Später, nach dem Ortstafelsturm, habe ich gemeinsam mit einer Organisation für Jugendliche aus anderen Teilen Österreichs organisiert, dass sie nach Südkärnten fahren, nach Šmihel nad Pliberkom, St. Michael ob Bleiburg, und dort kennen lernen, was es heißt, in slowenischen Familien zu leben – sehr katholischen im Übrigen, von wegen Kommunisten: weit entfernt davon!, sehr katholisch, brav, Bauern, Bäuerinnen –, und sie haben dort auch erlebt, was es heißt, Assimilationsdruck zu erleben: Dass sie sich nicht trauen, Slowenisch zu sprechen in der Öffentlichkeit; dass ihnen am Bahnschalter gesagt wird: Deutsch musst du reden, sonst bist du keine richtige Kärntnerin!
Solche Dinge stehen auch als Erfahrung dahinter, und ich sage: Es ist notwendig, dass auch auf Ortstafeln diese zwei Sprachen draufstehen. Was stört Sie denn daran?
In Südtirol – da wende ich mich wieder vorrangig an den Herrn Präsidenten dieses Nationalrates und auch an alle anderen – gibt es sogar dreisprachige Ortstafeln, sogar Ladinisch steht drauf. Alle sind froh drüber und empfinden das als Reichtum dieser Ge-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 130 |
sellschaft. Was hindert Sie daran, endlich diese Ortstafeln
aufzustellen? Es ist davon auszugehen, dass es in Zukunft vielleicht auch mehr
geben wird, ohne dass ein Bürgermeister oder ein Landeshauptmann
etwas dagegen sagen kann. Was stört Sie daran? Was ist hier in einem
vereinten Europa, in dem Sprachen Reichtum und Vielfalt bedeuten, das Problem?
Das hat mir noch niemand erklären können. (Beifall bei den
Grünen.)
Das einzige Problem ist wohl tatsächlich Ihr Koalitionspartner, Herr Bundeskanzler. Was sollte es sonst sein? (Abg. Scheibner: Unter den alten Koalitionspartnern ist gar nichts gegangen!) Nur deshalb, weil Herr Landeshauptmann Haider damit ein Problem hat und einige seiner Leute und ein paar andere auch noch in Kärnten, versucht man solche Wege, rechtlich so und wieder ein bisschen anders herum und hinten herum und so weiter – Regelungen, die einfach dem Staatsvertrag von 1955 nicht gerecht werden. Das ist europäisch erbärmlich! Europäisch erbärmlich!
Seit dem Ende Jugoslawiens fiel mir in Kärnten etwas
sehr Interessantes auf: Auf einmal gab es in Klagenfurt und anderswo vor
Geschäften, vor Gasthäusern Tafeln, die auf Slowenisch
angekündigt haben, was es dort zu kaufen gibt oder zu essen gibt oder zu
trinken gibt. (Abg. Scheibner: Seien Sie doch froh, dass sich das
entwickelt!) – Ja eben! (Abg. Scheibner: Hören
Sie doch auf mit Ihrer Polarisierung! Sie sind in Wahrheit von vorgestern
mit Ihrer Meinung! Die Leute interessiert das überhaupt nicht mehr, was
Sie da bringen!) Warum dann, bitte, nicht auf den Ortstafeln, wenn es auf
den Geschäftstafeln möglich ist? (Beifall bei den Grünen.)
Also: Lassen Sie doch endlich Sprachenvielfalt und
Sprachenreichtum auch auf den Ortstafeln zu! Es geht darum, dass Mehrheiten
Minderheiten schützen müssen und nicht über sie
drüberfahren dürfen. Stimmen Sie unserem Antrag zu: ein einfaches
Gesetz, kein Verfassungsgesetz, sondern ein einfaches Gesetz, und die Kontrolle
des Verfassungsgerichtshofes wird weiterhin aufrecht sein. Und befreien Sie
sich endlich aus der Geiselhaft von Jörg Haider! Hvala lepa! Srecno! (Beifall bei den Grünen.)
16.15
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.
16.15
Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man heute die bisherige Diskussion um den Dringlichen Antrag Revue passieren lässt, stellt man etwas sehr Interessantes fest, nämlich die Sprache der Grünen.
Frau Stoisits hat begann mit „dreist“, und Frau
Lunacek hat nun einen neuen Höhepunkt der schlechten Sprache
erreicht, und zwar hat sie zwei- oder dreimal „erbärmlich“
verwendet. – Das ist die Sprache der Grünen in Fragen des
Ortstafelkonflikts hier im Parlament! (Abg. Öllinger: Das ist ja
erbärmlich, was Sie da sagen! – Weitere Zwischenrufe bei
den Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das finde ich schon sehr eigenartig. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Man sollte eigentlich die ganze Rolle der Grünen im Rahmen des heutigen Dringlichen Antrages genauer beleuchten.
Das Parlament – da bin ich ganz Ihrer
Meinung – ist der Ort, wo politische Fragen diskutiert werden
sollen – insbesondere aktuelle politische Fragen. Und was bietet
sich jetzt Besseres an als die Ortstafeldiskussion, wo wir doch knapp vor einem
historischen Kompromiss stehen? (Abg. Öllinger: Mit Ihrem
Koalitionspartner!)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 131 |
Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, wo waren Sie denn heute in der Früh? Im Verfassungsausschuss – Herr Öllinger war auf jeden Fall nicht dort, daher kann er nicht mitreden; nur Frau Stoisits war dort – hat Frau Stoisits in einer Geschäftsordnungsdebatte, als wir darum gebeten haben, unseren Antrag zu verhandeln, sehr kühl und ganz lässig festgestellt: Es gibt eigentlich keinen Grund. Warum sollen wir denn das heute verhandeln?
Sie wollen ja gar nicht dort darüber
reden, wo Lösungen möglich sind, Frau Kollegin Stoisits. Sie wollen
hier offensichtlich Schimpftiraden loswerden. Sie behaupten, dass Unwahrheiten
gesprochen werden – interessanterweise über Verhandlungen, an
denen Sie nicht einmal teilgenommen haben, sehr geehrte Damen und Herren
von den Grünen. (Widerspruch bei den Grünen.) Woher wollen Sie
denn das alles wissen? Sie beziehen sich auf irgendwelche Presseaussendungen
oder Sonstiges. Sie haben die Gespräche nicht geführt, aber Sie
stellen sich hier her und werfen anderen vor, die Unwahrheiten sagen. Das ist
eine sehr, sehr schräge Rolle, sehr geehrte Damen und Herren, die Sie hier
einnehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen –
BZÖ.)
Ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass Sie an einer Lösung der Ortstafelfrage nicht interessiert sind, und ich glaube auch zu wissen, warum: Es würde Ihnen dann ein Thema abhanden kommen, und Sie wollen das Thema Ortstafeln ununterbrochen bringen und behaupten, dass diese Koalition auf diesem Gebiet nichts weitergebracht hat. Das ist Ihr politischer Hintergrund dafür, hier Anträge zu stellen, die ja schon längst durch die Wirklichkeit überholt sind.
Ihr Antrag ist ja eine wirkliche Skurrilität: Sie
fordern darin die Bundesregierung auf, dem Nationalrat ein verfassungskonformes
Volksgruppengesetz zuzuleiten. – Wir haben hier einen
Initiativantrag vorgelegt. Diskutieren Sie den gefälligst mit uns, anstatt
hier völlig sinnlose Forderungen zu stellen! (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Dass eine historische Einigung möglich ist, ist ja heute schon einige Male festgestellt worden. Seit Jahrzehnten ist endlich Bewegung in die Volksgruppen-Diskussion gekommen, bezüglich einer Novellierung der entsprechenden Gesetze. Es wäre jetzt ein hervorragender Zeitpunkt, dieses Kapitel abzuschließen.
Sie haben nicht einmal den Artikel 7 des
Staatsvertrages von Wien korrekt zitiert, Frau Kollegin Stoisits. Dort wird in
keinerlei Art und Weise irgendein Prozentsatz festgeschrieben. Das
bedeutet: Der Lösungsvorschlag mit 10 bis 15 Prozent
widerspricht natürlich keinesfalls dem Artikel 7 des Staatsvertrages
von Wien. Das wissen Sie auch ganz genau. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.)
Betrachtet man die internationale Praxis bezüglich des Schlüssels für eine gemischte Bevölkerung, so liegt die Bandbreite hier zwischen 5 und 25 Prozent. Da liegen wir mit den von uns vorgeschlagenen 10 und 15 Prozent hervorragend!
Zum Herrn Kollegen Cap: Ich denke, er hat sich sehr um Lösungen bemüht, hat sich aber dann hier in seiner Rede letztlich darauf zurückgezogen, dass es Presseaussendungen seitens des Landeshauptmannes von Kärnten gibt, die ihm nicht gefallen.
Herr Kollege Cap, Sie können ja schlicht und einfach
mit uns ein Gesetz beschließen. Da sind Sie nicht auf Presseaussendungen
oder Ähnliches angewiesen, da der hier von uns vorgelegte Entwurf nur
einer Beschlussfassung bedarf. Diesen braucht man dann nur noch zu vollziehen
und alles andere ist nicht mehr wirklich relevant. (Abg. Dr. Cap:
Aber ein Ultimatum würden Sie sich stellen lassen?!)
Das Wort „Ultimatum“ war sicher nicht sehr glücklich gewählt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist die Realität!) Auf der anderen Seite muss ich sagen: Wir haben nur
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 132 |
mehr zwei Tage Zeit; das ist es, was wirklich hinter dem Wort „Ultimatum“ steckt. Daher haben wir auch heute einen Fristsetzungsantrag eingebracht.
Wir wollen jetzt eine Lösung, wir wollen diese Lösung nicht auf den Herbst verschieben. Was soll sich denn verbessern? (Abg. Haidlmayr: Es könnte Ihnen etwas Besseres einfallen!) – Auch Sie sind hoffentlich weiterhin mit der von Ihnen angepeilten Kompromissbereitschaft dabei. Wir appellieren an Sie! Ich hoffe, dass es hier noch zu einer guten Lösung kommen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
16.21
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
16.21
Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte auf ein paar Dinge eingehen, die eingangs erwähnt worden sind und die nach meinem Dafürhalten nicht richtig sind.
Wenn etwa der Herr Bundeskanzler sagt, dass die Anmeldungen zum zweisprachigen Schulunterricht ein Indiz dafür seien, dass es keine assimilatorischen Prozesse gegeben hat, dann muss ich festhalten: Die Frage, ob Assimilation stattfindet oder nicht, misst sich objektiv am besten an den Ergebnissen der Volkszählung und die sprechen eine eindeutige Sprache, wenngleich ich Ihnen Recht gebe, dass in der Kärntner Bevölkerung Bereitschaft besteht, die slowenische Sprache zu lernen und dass es insgesamt ein offeneres und ein toleranteres Klima gibt, als dies noch vor zehn, 20 Jahren der Fall war. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist auch gut so!) – Und das ist auch gut so.
Es sind auch die Leistungen des Herrn Präsidenten Khol in der Ortstafelfrage hinreichend gewürdigt worden. Ich möchte aber noch zu ein paar Dingen Stellung nehmen.
Mir liegt eine Resolution, ein Bericht des Zentralverbandes Slowenischer Organisationen von gestern vor, in dem zu lesen steht:
Das Engagement des Zentralverbandes Slowenischer Organisationen und seines Obmanns Dr. Marjan Sturm für eine breite Konsens- und Dialoglösung in der Kärntner Ortstafelfrage wurde vom Kärntner Landeshauptmann und der Bundesregierung letztendlich nicht honoriert. – Zitatende.
Ich sage das deshalb, weil das nicht der Variante
entspricht, die Herr Klubobmann Molterer hier präsentiert hat. (Abg.
Scheibner: Fragen Sie Kollegen Cap! Der weiß es besser!)
Weiters sagt der Zentralverband:
Der seit 10. Juli, 20.30 Uhr, vorliegende Gesetzentwurf entspricht nicht dem ursprünglich am 28. Juni vereinbarten Konzept der Öffnungsklausel und wird auch der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht gerecht. – Zitatende.
Der Zentralverband regte aus diesem Grund auch an, den Dialog fortzusetzen und die für Kärnten so wichtige Frage auszusetzen, um gemeinsam mit Verfassungsexperten und Volksgruppenorganisationen eine für Kärnten zufrieden stellende Lösung zu erzielen.
So war es und nicht das Märchen, das uns Herr Molterer vorhin erzählt hat. Insbesondere die Frage der Öffnungsklausel ist problematisch. Was bedeutet es denn in der Praxis, wenn die Landesregierung und die Gemeinde nach einer entsprechenden Petition, die aus der Gemeinde kommt, anzuhören sind? Was bedeutet das de facto? – De facto bedeutet das, dass die Landesregierung und die Gemeinde ein Einspruchsrecht haben und das würde in Wirklichkeit – da hat Kollege Van der Bellen Recht – in
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 133 |
Zukunft weitere Ortstafeln verhindern. (Abg. Scheibner:
Das stimmt ja nicht! Völlig falsch!)
Das ist auch der Beweggrund für unsere Beschlusslage und da sei auch die Kärntner SPÖ-Vorsitzende davor. Wir haben gesagt – und das ist auch Beschlusslage des Kärntner Parteivorstandes, das wollte ich noch sagen –, es gibt keine Lösung gegen die Volksgruppe. Wir haben gesagt: Wenn sich einzelne Teile anders entscheiden, ist das okay, aber es gibt keine Lösung gegen die Volksgruppe, denn die Mehrheit darf nicht über Minderheitenangelegenheiten entscheiden. Das wissen auch die Kärntnerinnen und Kärntner, sie teilen diesen Wunsch auch. Sie stehen da im Wesentlichen voll hinter dieser Beschlusslage.
Die Problematik betreffend Verfassungsgerichtshof ist schon thematisiert worden. Wenn die ganze Sache im Verfassungsrang beschlossen werden soll, dann wird das natürlich problematisch, weil jeglicher Einspruch des Verfassungsgerichtshofes dann nicht mehr möglich ist. Daher muss das eine breite Lösung sein, die von allen gesellschaftlich relevanten Gruppen mitgetragen wird.
Diesbezüglich haben wir eben unsere Zweifel. Wenn ich mir die Lösung der Kärntner Ortstafelfrage laut Infodienst des Kärntner Landeshauptmannes anschaue und mir die darin verwendete Sprache vergegenwärtige, dann stelle ich einmal in Abrede (Abg. Scheibner: Schauen Sie sich die Aussendung vom Zentralverband an!), dass von dieser Seite – und das unterstelle ich jetzt nicht Ihnen, Herr Bundeskanzler – überhaupt von vornherein eine solche Lösung angestrebt wurde, denn da heißt es:
„Landeshauptmann Jörg Haider hat sich mit der 15/10 Regelung gegenüber Schüssel durchgesetzt. Damit wird es keine zweisprachigen Tafeln in 158 Ortschaften geben, sondern nur in 50 Ortschaften!“
Weiters heißt es dort:
„Bei Schüssel wären es unzählige zusätzliche zweisprachige Ortstafeln gewesen. Dank Haider sind es nur elf! (...) Der Rest sind Ortsbezeichnungen. (...) Landeshauptmann Jörg Haider hat von 18 betroffenen Gemeinde zehn herausverhandelt ... Durch ein Verfassungsgesetz wird die verhandelte Lösung endgültig und unangreifbar sein. Damit sind die Ortstafelfrage und weitere Forderungen der Slowenen für alle Zeiten vom Tisch!“
Das ist der Geist, der da dahinter steckt, damit man
weiß, wer die Verhandlungspartner waren (Abg. Scheibner: Zitieren
Sie einmal die andere Seite: Ortstafeln für ganz Kärnten!), wie
in Wirklichkeit die Beschlusslage in Kärnten ist, wie dieser so genannte
Kompromiss wirklich ausgeschaut hat und was die Intentionen waren. (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt verstehe ich, warum Frau Schaunig Sie
nicht mehr aufstellt!)
Ich gebe Ihnen noch eine Geschichte zum Nachdenken mit. Mich hat eine Story in der „Kleinen Zeitung“ von diesem Jahr sehr fasziniert. Franz Pahl, Abgeordneter der Südtiroler Volkspartei, war in Kärnten und hat, abgesehen von einigen Inhalten, die ich nicht teile, ein paar Dinge gesagt, die ich für denkwürdig halte.
So hat er zum Beispiel gesagt: Wird ein Ortsname absichtlich ausgelöscht, so wird einer Gemeinschaft die kulturelle Seele geraubt.
Er verwies auf Mussolini, der mit dem Auslöschen deutscher Ortsnamen in Südtirol auch die Geschichte auslöschen wollte.
Ich zitiere wörtlich: Dort, wo es Unterdrückung politischer Art gibt, gibt es auch Unterdrückung der Ortsnamen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 134 |
Das ist in Wahrheit ein Faktum. Wer den Namen nicht aushält, der hält die fremde Identität nicht aus und wer die fremde Identität nicht aushält, der möchte sie auslöschen. Der letzte Akt dieser rassistischen Auslöschung ist dann die Nummer, die da eintätowiert wird. (Der Redner zeigt auf die Innenseite des Unterarms. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ungeheuerlich, dieses Vergleiche-Ziehen!) Das ist der letzte Akt rassistischer Auslöschung.
Wenn der Name nichts mehr wert ist, wenn der Name entwertet wird, wenn die Identität entwertet wird, dann steht am Ende immer nur die Nummer. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Was heißt das? Was sollen solche Vergleiche? – Bundeskanzler Dr. Schüssel: Es geht um zusätzliche Ortstafeln, nicht um Auslöschung! – Abg. Scheibner: Das ist unerträglich! – Abg. Neugebauer: Diesen Vergleich hätten Sie lieber nicht gebracht!)
16.28
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
16.28
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Posch, dass bei Ihrem Schlussstatement Herr Klubobmann Cap und Herr Schieder nicht mehr geklatscht haben, richtet sich ja von selbst. Das hätten Sie sich sparen können! Hier in diesem Hohen Haus solche Vergleiche zu bringen ist einfach entbehrlich. Ich würde Sie bitten, dass Sie sich davon auch distanzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Meine geschätzten Damen und Herren! Diese Ortstafelfrage – und das kann ich aus Kärntner Sicht wirklich aus tiefem Herzen sagen – steht – stand eigentlich –, steht immer noch knapp vor einer Lösung. Es ist gelungen, etwas auf einem breiten Konsens aufzubauen.
Heute wurde sehr stark über diese Begleitmusik diskutiert. Herr Klubobmann, Sie haben Recht, es mag manchmal die eine oder andere Begleitmusik für Verhandlungen nicht einfach sein – genauso wie es Pressemeldungen von einer politischen Seite und von der anderen gibt. Ich glaube, das können wir jetzt gegeneinander aufwiegen, dann kommen wir vielleicht zu einem Gleichgewicht oder zu einem Ungleichgewicht. Das ist Auslegungssache. Es gibt von allen Seiten Bereitschaft, hier eine Lösung herbeizuführen. Frau Dr. Gaby Schaunig-Kandut bittet auch die Bundes-SPÖ, diesem Konsens, der ausgehandelt wurde, zuzustimmen.
Das war für mich heute in der Früh, als ich in das Parlament gekommen bin, ein sehr wichtiger Tag, weil ich meinen Klubobmann in den Verfassungsausschuss begleiten durfte, wo wir die Erwartungshaltung hatten, dass wir einen Schlussstrich unter diese stark polarisierende Diskussion ziehen können. Da werden mir Frau Kollegin Trunk und viele andere Recht geben.
Und ich zitiere wörtlich, weil Sie auch so gerne zitieren. Die „Kleine Zeitung“ schreibt: „Sieg der Vernunft“.
Ich zitiere auch – das können Sie nachlesen – meinen Landeshauptmann, der letzte Woche zwei Dinge gesagt hat. Die hat er im O-Ton gesagt, die sind nachvollziehbar. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Hör sie dir zuerst an, bevor du wieder hineinschimpfst!
Er hat gesagt: Eine unendliche Geschichte des Landes findet mit einer dauerhaften und unangreifbaren Lösung ein Ende.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 135 |
Das zweite Zitat war: Die nun ausverhandelte Lösung ist ein Sieg der Vernunft für das ganze Land, mit dem alle leben können. Es gibt weder Sieger noch Verlierer.
Ich glaube, man sollte bei aller Polarisierung, die es immer wieder gibt, auch das von beiden Seiten anerkennen: Es gibt weder Sieger noch Verlierer. Es ist in den letzten Tagen gelungen, wirklich eine vernünftige Lösung auf die Beine zu stellen. Dass die Grünen da nicht mitgehen, das mag in ihrer fundamentalen Einstellung liegen. Das muss man so zur Kenntnis nehmen. Das ist kein Problem, damit können wir gut leben. Das bestätigt uns auf unserem Weg. Dass ansonsten in diesem Parlament die Parteien diesem Konsens eigentlich de facto zugestimmt haben, dass man so weit gekommen ist, dass es auch von Seiten des Heimatdienstes und des Abwehrkämpferbundes, den ich hier auch als wichtig definieren möchte, und von Seiten der Slowenenverbände die Basis zu einer Zustimmung gegeben hat, das ist wirklich historisch.
Wir Kärntner wissen, dass das ein wichtiger Moment ist. Das hat uns wohl alle in den letzten Wochen bewegt. Ich nehme an, die Melitta (in Richtung der Abg. Mag. Trunk) war in Vorwahlkampfzeiten auch auf vielen Veranstaltungen. Auch zu dir wird man gesagt haben, hoffentlich gibt es jetzt eine dauerhafte Lösung. Diese dauerhafte Lösung ist gut und wichtig für das Land.
Deshalb muss ich noch einmal appellieren, dass man es auf der Basis dessen, was man hier vereinbart hat, auch schafft, eine Lösung zustande zu bringen, dass man es schafft, dass mit Ende dieser Legislaturperiode in Kärnten etwas erreicht wird, was 30 Jahre lang nicht erreicht wurde. Es waren schon SPÖ-Politiker, die jahrzehntelang die Verantwortung hatten und das Problem nicht gelöst haben.
Es ist schon so – das möchte ich Ihnen einmal ganz klar sagen –, dass dieser Konsens, der über 30 Jahre lang in Kärnten geherrscht hat, dieser Friede, auch wenn es vielleicht ein bisschen ein Scheinfriede war – wo alle politischen Kräfte, die ÖVP, die SPÖ und damals die FPÖ, heute das BZÖ in Kärnten gesagt haben, es herrscht Konsens –, nicht vom Herrn Dr. Haider aufgebrochen worden ist. Das müssen Sie mir zugestehen. Die Diskussion ist durch ein anderes Mittel aufgebrochen worden.
Dann hat es Konsenskonferenzen gegeben, der Herr Bundeskanzler, glaube ich, hat es heute richtig gesagt. Auch diese Konsenskonferenzen sind nicht an uns gescheitert. Dass der Landeshauptmann sich hinter das Land stellt, no na net und dass es natürlich für ein Land wichtig ist, dass man mit der Mehrheit etwas im Konsens vereinbart, ist wohl klar. Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist klar, dass die Minderheit Rechte hat, die ihr niemand absprechen will.
Ich erinnere an die „Sanktionen“ im Jahre 2000. Der „Weisenrat“ war in Kärnten. Minderheitenpolitik umfasst halt nicht nur die Ortstafelfrage. Das sind auch Dinge gewesen, die der Herr Bundeskanzler angesprochen hat. Ich habe vorhin geglaubt, ich höre meinem Landeshauptmann zu, als er darüber gesprochen hat, wie viele positive Dinge sich im Schulwesen und in anderen Bereichen entwickelt haben. Also: Dieser Rat der drei Weisen hat damals klar gesagt, die Minderheitenpolitik in Kärnten ist – Originalton – vorbildlich und liegt weit über dem Niveau Europas.
Ich glaube, dass das Ansätze sind, die zeigen, dass es hier bei aller Polarisierung, die es auf beiden Seiten in Randbereichen immer wieder gibt, in die richtige Richtung geht. Ich kann Ihnen ehrlich sagen, auch ich tue mich bei manchen Funktionären schwer, diesen Kompromiss zu verkaufen. Ich bin am Montag Abend in einer Bezirksparteileitung in Hermagor gewesen und wurde dort von Funktionären gefragt: Ist denn dieser Kompromiss schon gescheit? Wie schaut das jetzt wirklich aus? Gibt man da nicht zu viel nach? – Natürlich gibt es auf allen Seiten immer wieder Leute, die polarisieren. Aber es gibt eine klare Bereitschaft – meiner Fraktion im Parlament und der Landesregierung –, hier einen Schlussstrich zu ziehen. Es gibt einen guten Kompromiss, der in
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 136 |
der Sache und inhaltlich in Ordnung ist. Es gibt eine gute Basis, auch dafür zu sorgen, dass im Falle eines Dissenses zwischen einer Petition und der Bundesregierung in einer Kommission ein Versuch gemacht wird, zu schlichten.
Das halte ich einfach für äußerst wichtig. Da können alle das Archivmaterial des ORF hervorholen, da können wir den ORF in die Debatte mit hineinnehmen, da soll man auf den Küniglberg fahren und die Bilder aus den siebziger Jahren heraussuchen, wo zu sehen ist, dass diese Tafeln umgerissen wurden, es Ortstafelstürme gab und ein Bundeskanzler und ein Landeshauptmann an dieser Frage gescheitert sind.
Es ist unklug, ohne die Mehrheitsbevölkerung die Minderheit zu schützen. Nur wenn ich die Minderheit mit der Mehrheitsbevölkerung gemeinsam schütze, ist es nachhaltig und wird auch Erfolg haben. Deshalb ist diese Kommission, die angeregt und mitverhandelt wurde, gut, wichtig und richtig.
Die letzte Instanz, das wissen wir alle, die wir hier im Parlament sitzen und auf die Verfassung vereidigt sind, darüber zu entscheiden, eine Tafel aufzustellen oder nicht, ist die Bundesregierung. Das können, das wollen und das werden wir final auch nicht in Frage stellen. Wir wollen nur die Kluft zwischen einer möglichen Diskussion im Land oder in einer Gemeinde und einem Vorhaben der Bundesregierung so klein wie möglich halten und eine Brücke bauen.
Da gibt es viele Maßnahmen. Da gibt es begleitende Maßnahmen für die Gemeinde, die eine Bundesregierung starten kann. Das beginnt bei Initiativen, Unterstützung und geht bis hin zu Gesprächen, die man mit den Bürgern führt. Darum sollte es bei dieser Frage gehen.
Unsere Fraktion ist wirklich dazu bereit, diesen Schlussstrich zu ziehen. Ich kann die SPÖ nur auffordern und darf appellieren, diese Tage zu nützen.
Herr Cap, in Wirklichkeit haben Sie sich dieses Ultimatum selbst gestellt, als Sie heute nicht zugestimmt haben, dass wir bereits auf breiter Basis diskutieren können.
Wir wollen und wir müssen das in dieser Gesetzgebungsperiode lösen. Dieses Thema in den Wahlkampf zu ziehen halte ich für politisch unklug, denn diese Polarisierung wird auf dem Rücken der Minderheit ausgetragen. Das sind wir in Wirklichkeit der Minderheit in Kärnten, aber auch der Mehrheit der Kärntner Bevölkerung schuldig, die endlich Frieden haben möchte und die in der Ortstafelfrage eine endgültige, abgesicherte Lösung unterstützt.
In diesem Sinne der Appell an alle Parteien:
Unterstützen Sie diesen Antrag! (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP )
16.36
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. Seine Wunschredezeit ist 6 Minuten. – Bitte.
16.37
Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Da der Bezirk Völkermarkt zu meinem Wahlkreis gehört, bin ich natürlich sehr viel in diesem Bezirk, in dieser Region unterwegs und bin viel mit der Bevölkerung im Gespräch. Und die Bevölkerung in diesem Bezirk, in diesen Gemeinden – und viele der Gemeinden im Bezirk Völkermarkt sind zweisprachig – beschäftigt natürlich die Ortstafelfrage sehr stark.
Ortstafeln schaffen ganz einfach eine
Identifikationsmöglichkeit. Sie haben Symbolwert. Sie dienen der
Orientierung und nicht dem Besitzanspruch oder gar dem Ausdruck der
Slowenisierung, sondern sie sind Ausdruck der Zwei- – oder besser ge-
sagt –, der Gemischtsprachigkeit. Laut Volkszählung von 2001
gibt es immerhin noch
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 137 |
an die 13 000 gemischtsprachige Kärntnerinnen und Kärntner, das sind rund zweieinhalb Prozent der Bevölkerung.
Der Minderheitenschutz und die Anliegen der slowenischen Volksgruppe sind uns von der ÖVP und auch mir im Besonderen ein sehr starkes Anliegen. Die lange Geschichte, auf die heute schon hingewiesen wurde, zeigt aber, dass es ein ständiges Auf und Ab gegeben hat. Der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes Adamovich hat es unlängst in einem Interview als „Fieberkurve“ bezeichnet, in dem er gemeint hat, die Sache mit der Anzahl der Ortstafeln sei eben nicht so einfach.
Hier gilt es also sehr sensibel und behutsam vorzugehen. Es hat vor dem Jahr 1972 keine Ortstafeln gegeben. Dann kam mit dem Ortstafelgesetz der Vorschlag mit 205 Tafeln. Danach wurden sie ausgerissen. 1976 sah das Volksgruppengesetz 91 Ortstafeln vor. Und seit 2001 würde ein Verfassungsgerichtshoferkenntnis wieder wesentlich mehr ermöglichen. Das heißt, es ist wirklich ein ständiges Auf und Ab, ein ständiges Hin und Her.
Wir sind diesen behutsamen Weg gegangen, die vorliegende Verordnung und der Gesetzentwurf nehmen darauf Rücksicht. Wir bleiben verfassungskonform, wir bleiben staatsvertragskonform, wir berücksichtigen das Verfassungsgerichtshoferkenntnis. Das wurde auch mit einer Verordnung im Hauptausschuss eingehend berücksichtigt. Die Kärntner Landesregierung wurde angehört. Der Ministerrat hat beschlossen, der Hauptausschuss hat getagt, et cetera.
Meine Damen und Herren! Inhaltlich ist es ein absolut ausgeklügeltes Papier, ein absolut ausgeklügeltes System: mit der 15/10-Regelung, der Bestandsgarantie, der vorgezogenen Öffnungsklausel und einer weiteren Öffnungsklausel einschließlich dem Stufenplan.
All das sind Maßnahmen, die federführend von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der ÖVP gesetzt wurden, und daher dürfen wir auch von einem historischen Ergebnis sprechen.
Ich darf auch noch ganz kurz darauf hinweisen – es wurde schon gesagt –, dass auch die Kärntner Landesregierung, der Kärntner Landtag und das Land Kärnten im Allgemeinen viel für die Unterstützung der Volksgruppe getan haben, ob über die einzelnen Gemeinden, über die Schulen, die Kindergärten oder über die Unterstützung der Medien oder der Kulturvereine bis hin zum ländlichen Wegenetz et cetera. – Es hat da wirklich immer wieder eine ganz breite und starke Unterstützung gegeben, auch in den letzten Jahren.
Ich darf aber natürlich noch den Appell an die SPÖ und an die Grünen richten, sich im Sinne eines Konsenses und im Sinne der Kärntner Bevölkerung zu entscheiden, denn die hätte das verdient, genauso wie die Volksgruppenvertreter und die Heimatverbände. Auch unter den Volksgruppenvertretern gibt es heute schon welche wie den Herrn Sadovnik, die sich dieses Ergebnis wünschen.
Mir fällt ein, dass auch der slowenische Außenminister vor wenigen Tagen noch davon gesprochen hat, dass jetzt ein Konsens möglich ist und auch gut wäre. Ich darf die SPÖ vor allem aber auch in Hinblick auf die Bürgermeister ersuchen zuzustimmen, denn die warten wirklich seit Jahren und Jahrzehnten auf eine Einigung.
Bei den Grünen geht es, denke ich, einfach um noch mehr Mut und Ernst, denn nur deswegen nein zu sagen, weil es Ihnen um ein einfaches Gesetz im Gegensatz zu einem Verfassungsgesetz geht, das halte ich wirklich für sehr fadenscheinig.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 138 |
Liebe Abgeordnete der Kärntner SPÖ! Ich hoffe daher, dass sich Ihre Landesparteivorsitzende Gaby Schaunig durchsetzt, denn sie kennt eben auch durch ihre Bürgermeister die Anliegen der Bevölkerung, die Anliegen der Südkärntner.
Ich denke, dass da alle zur Vernunft kommen sollen. Wir von der ÖVP unter Bundeskanzler Schüssel stehen für Rechtsfrieden, für Rechtssicherheit und ganz sicher auch für Rechtsstaatlichkeit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
16.42
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Ihre Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.
16.42
Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erster Punkt: Positiv empfinde auch ich, dass heute mehrfach von den Erfolgen und dem Fortschritt etwa im Bereich der zweisprachigen Schulpolitik geredet wurde.
Herr Bundeskanzler, Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich Ihnen ein bisschen etwas von den Lorbeeren, die Sie sich umgelegt haben, abnehmen muss (Abg. Neudeck: Es bleibt noch genug übrig!), denn Tatsache ist – und ich nenne jetzt nur einen Namen –, dass neben sozialdemokratischen BildungsministerInnen vor allem ein ehemaliger Abgeordneter hier im Hohen Haus unfassbar viel für die Qualität des zweisprachigen Unterrichts in Kärnten geleistet hat, nämlich Dr. Dieter Antoni.
Ihm wurde nie gedankt, und seine Leistungen werden auch immer verschwiegen. – So viel zur historischen Korrektheit. Dr. Dieter Antoni und viele andere in diesem Bereich viel geleistet. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Zweiter Punkt: Es wird von einem Konsens gesprochen, der bis vorige Woche tatsächlich vorhanden war, soweit wir von der SPÖ das aus den Medien erfahren haben und dann später mit Klubobmann Cap verhandelt wurde. Was aber während der gesamten Debatte immer verschwiegen wird, ist, dass wesentliche Partner dieser Verhandlungen – nämlich die Vertreter und Vertreterinnen der Volksgruppe – diesen Tisch nicht verlassen haben, sondern sich – wortwörtlich – getäuscht, gelegt und über den Tisch gezogen fühlen. – Das ist die Wahrheit in dieser Frage!
Es ist nicht die Frage, ob die SPÖ einen Kompromiss
ermöglicht oder nicht. Wir sind konsensbereit, wenn wir uns
auf der Ebene des Staatsvertrages, auf der Ebene der Verfassung befinden. Es
ist der Regierung passiert, dass der ausverhandelte Konsens nicht
eingehalten wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Ist ja nicht wahr! –
Abg. Scheibner:
Falsch!)
Was ist in
erster Linie dafür verantwortlich? – Ich habe es letzte Woche
in Kärnten gehört: der Beschluss in der Kärntner
Landesregierung am Dienstag der vorigen Woche mit den Stimmen zweier
Parteien – BZÖ und ÖVP. (Abg. Scheibner: Ihnen ist
jede Ausrede recht, damit Sie nicht zustimmen müssen!) Es hat mir sehr
Leid um den Kollegen Martinz getan, der diese Vetoklausel eingebaut hat. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler
Dr. Schüssel.)
Da hat es diesen Kompromiss und diese Form der
Zusammenarbeit auch klimatisch und inhaltlich ganz offensichtlich nicht mehr
gegeben. (Abg. Baumgartner-Gabitzer: Lesen Sie doch den Antrag!) Daher ist es
jetzt am Bundeskanzler und an den Verhandlungspartnern, die Irritationen
dort wieder verschwinden zu lassen und das einzuhalten, was ausgemacht
war. – Es ist also nicht die SPÖ, die einen
Kompromiss verhindert, sondern es liegt an Ihrer
Verhandlungsstrategie. (Beifall bei der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 139 |
Ein weiterer Punkt ist der, den Kollege Scheuch angesprochen hat. Er hat gesagt, er hat auch die Sehnsucht und den Wunsch – ich denke, wir alle; wer nicht? –, dass die Stimme der Polarisierer endlich verstummt.
Herr Kollege Scheuch, in aller politischen Kultur: Sie hätten da ein großes Aufgaben- und Betätigungsfeld, denn in der Frage der Volksgruppe, der Menschen aus anderen Ländern und der Ortstafeln gibt es in Kärnten nicht wirklich viele laute Stimmen, die polarisieren. Tatsache ist, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen in Kärnten und die Volksgruppe miteinander friedvoll, kooperativ und sogar liebevoll umgehen. (Abg. Bucher: Stimmt! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch. – Abg. Bucher: Nein, das stimmt!) Jene, die polarisieren, sind außen und tragen in Kärnten leider die Verantwortung Nummer eins.
Nächster Punkt: Die absolute Mehrheit der Menschen in
Kärnten hat wirklich genug von feierlich inszenierten
Ortstafelaufstellungen – auch unter Beisein des Bundeskanzlers,
dem ich keine schlechte Absicht unterstelle; Sie haben sich damals wahrscheinlich
wirklich gefreut (Zwischenbemerkung von
Bundeskanzler Dr. Schüssel) – und dann ein paar
Tage später wieder geschulterten Ortstafeln, die weggetragen,
verrückt oder verschoben werden. (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Dann
stimmen Sie doch endlich zu!)
Die Kärntner Bevölkerung hat genug von dieser Verrückungspolitik, und ich denke, wir befinden uns in keinem rechts- und verfassungsleeren Raum. Herr Bundeskanzler, Sie hatten viereinhalb Jahre Zeit zu handeln! (Beifall bei der SPÖ.)
16.47
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gastinger. – Bitte.
16.47
Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich meine, dass diese Ortstafeldebatte, die wir heute hier führen, eine sehr wichtige ist. Es ist meiner Meinung nach auch sehr wichtig, uns darüber im Klaren zu sein, dass wir sehr kurz davor stehen, tatsächlich einen Konsens zu erreichen. Ich spreche da einerseits als Justizministerin, die natürlich Rechtssicherheit gewahrt wissen will, aber ich spreche auch als Kärntnerin und möchte feststellen, dass diese Frage wirklich einer Lösung harrt.
Wir stehen wirklich sehr kurz vor einem Konsens. – So ist zumindest mein Eindruck aus den Gesprächen, die ich bisher verfolgt habe, und auch aus den Verhandlungen, die unter der Federführung unseres Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel im Zusammenhang mit der Ortstafelverordnung geführt wurden. Es wäre sehr schade, wenn wir uns da nicht gemeinsam zu einem Konsens durchringen könnten.
Die SPÖ Kärnten mit ihrer Vorsitzenden Gaby Schaunig hat ja schon mitgeteilt, dass sie für diesen Konsens ist. Gaby Schaunig ist zwar von der SPÖ, aber sie ist auch eine Stimme Kärntens, und in Kärnten erwartet sich die Bevölkerung von der Bundesregierung, aber vor allem auch von der gesetzgebenden Kraft in Österreich eine Lösung.
Wenn ich jetzt meinem persönlichen Wunsch Ausdruck geben darf, so möchte ich sagen, ich wünsche mir wirklich, dass es in den nächsten Tagen noch gelingen möge, eine Verhandlungsbasis zu finden, der auf der einen Seite natürlich das Hohe Haus zustimmen kann, auf der anderen Seite aber auch die Volksgruppenvertreter und auch die Politiker in Kärnten. Ich habe aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir bis Freitag zu einer Lösung kommen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 140 |
In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Bereitschaft und bedanke
mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen –
BZÖ und der ÖVP.)
16.49
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Restredezeit der Fraktion: 6 Minuten; Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
16.49
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann
(SPÖ): Sehr geehrter
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen
und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch uns ist
nicht abzusprechen, dass wir uns wirklich um einen Konsens bemüht
haben und so weit gegangen sind, wie wir gehen konnten. Sie sind uns aber
nicht weit genug entgegengekommen. (Abg. Neudeck: Euch haben die Wahlkampfstrategen
einen Strich durch die Rechnung gemacht!) Sie haben zwar mit dem BZÖ
alles ausgehandelt, aber für die Verfassungsmehrheit wäre eben mehr
notwendig gewesen, insbesondere ein Rechtsdurchsetzungsmechanismus, um diese
Kasperliaden wie das Abschneiden von Ortstafeln nicht mehr zuzulassen und nicht
mehr möglich zu machen. (Abg. Neudeck: Eure Politik entscheidet die
Werbeagentur, glaub ich!)
Um unsere Ernsthaftigkeit nochmals unter Beweis zu stellen, möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, der folgendermaßen lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Posch, Mag. Trunk, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend einen Art. 7 des Staatsvertrages entsprechenden Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem der Konsens zwischen Bundeskanzler Schüssel und Vertretern der Kärntner Slowenen von vergangener Woche vollinhaltlich, insbesondere auch hinsichtlich der Öffnungsklausel, umgesetzt wird, und der ein Verfahren der Rechtsdurchsetzung enthält, das garantiert, dass gesetzlich vorgesehene zweisprachige Ortstafeln in Kärnten auch tatsächlich aufgestellt werden.
*****
Warum ist das so wichtig? – Weil unsere
Gespräche ja genau an dieser Rechtsdurchsetzungsklausel auch inhaltlich
nicht weitergekommen sind. Wir haben dieses Kasperltheater gesehen, dass
der Kärntner Landeshauptmann ein Verfassungsurteil nicht vollzogen,
sondern mit einer Verrückung der Ortstafeln geantwortet hat. (Abg.
Großruck: Wer ist der Kasperl?) Das ist doch lächerlich
in einem Rechtsstaat, und genau das ist in einer Verfassung nicht mehr tragbar!
(Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Wenn man daher zu einer Verfassungslösung kommt, muss verhindert werden, dass wir uns wieder vor der gesamten Öffentlichkeit lächerlich machen – international, aber auch national –, dass wir dann nicht in der Lage sind, Gesetze zu vollziehen, weil sich irgendjemand nicht an den Rechtsstaat halten will.
Diese Rechtsumsetzung ist eine unabdingbare Forderung, wenn man sich anschaut, was Haider aus diesem Verfassungsurteil gemacht hat. Das ist nicht wegzuverhandeln! Das muss sein! Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in der Lage sind, den Konsens
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 141 |
wiederherzustellen, ohne sicherzustellen, dass dann auch diese Ortstafeln aufgestellt werden.
Wenn ich die Presseaussendungen lese, in denen steht, die können in Wien beschließen, was sie wollen, dann sehe ich, dass das genau der Gedanke dieses Mannes ist: zwar so zu tun, als wolle er einen Konsens herstellen, aber dann ohnehin zu machen, was er will! Deshalb will man keine Rechtsumsetzungsklausel. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Wenn man eine Verfassungsbestimmung will, dann muss man das auch ernsthaft umsetzen können. Eine Verfassungsbestimmung bedeutet, dass die Mehrheit über die Minderheit bestimmt, weil zwei Drittel Mehrheit auch die Minderheit sozusagen mitnehmen muss. Daher muss man vorsichtiger damit umgehen. Man hat ja eine Verpflichtung aus dem völkerrechtlich garantierten Staatsvertrag, der in unsere Verfassung eingeflossen ist. Die Mehrheit muss sich ihrer Verpflichtung der Minderheit gegenüber bewusst sein, sodass mit dieser Minderheit, wenn man schon das Recht aus dem Staatsvertrag einschränkt, zumindest ein Konsens hergestellt werden muss. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das wollen wir ja!) Dieser Konsens ist derzeit nicht gegeben, weil momentan weder der Rat der Kärntner Slowenen noch der Zentralverband diesen Konsens bestätigen.
Wenn man die Rechte der Minderheiten einschränkt – und das passiert mit diesem Gesetz –, dann muss wohl ein kleinster gemeinsamer Nenner mit den Betroffenen gefunden werden. – Das ist derzeit jedoch nicht der Fall. (Beifall bei der SPÖ.)
Dieser Konsens ist deswegen gescheitert, weil man –
und das muss man der Regierung und auch der ÖVP
vorwerfen – von der ursprünglichen Konsenslösung abgewichen
ist (Abg. Scheibner: Stimmt nicht!), und zwar deswegen – und
da wird die Begleitmusik wieder interessant –, weil in
Kärnten eine Regelung geschaffen beziehungsweise ein
Regierungsbeschluss gefällt wurde, in dem man gesagt hat, es muss von der
Zustimmung des Landes und von der Gemeinde abhängig gemacht werden, ob
zusätzliche Ortstafeln über diesen Kompromiss, der jetzt
gefunden wurde, aufgestellt werden können. (Abg. Scheibner: Etwas
Falsches wird nicht wahrer, wenn man es auch noch so oft wiederholt!)
Wenn ich als Minderheitenvertreter sehe, dass das in den Kompromiss einfließt, dass man vom Anhörungsrecht abrückt hin zum Berücksichtigungsrecht, dann weiß ich, dass das Veto de facto kommt. Dann ist jedes Vertrauen gebrochen, und ich sehe direkt ein, warum da jetzt kein Konsens mehr besteht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
16.54
Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Wittmann eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Posch, Mag. Trunk, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Cap, Mag. Posch,
Mag. Trunk, Dr. Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Umsetzung der Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 142 |
Nach jahrelanger Säumnis der Bundesregierung wurde
in der vergangenen Woche ein Kompromiss mit einem Teil der Vertreter der
Slowenen über die Umsetzung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes
zur Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln erzielt. Wegen zusätzlicher
Forderungen Jörg Haiders, denen der Bundeskanzler nachgegeben hat,
gelang es nicht, im Verfassungsausschuss Einigkeit über Verfassungsbestimmungen
zu erzielen. Keine einzige der von der Bundesregierung vorgelegten Formulierungen
entsprach vollinhaltlich dem Konsens mit den Vertretern der Slowenen. Weiters
weigerte sich die Bundesregierung, Vorkehrungen für eine Rechtsdurchsetzung
aufzunehmen, die garantiert, dass auf Grund dieser Verfassungsbestimmungen dann
vom Kärntner Landeshauptmann auch tatsächlich zusätzliche
zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden. Obwohl die Verordnung der
Bundesregierung, die ihn dazu verpflichtet, wenigstens in Bleiburg und
Ebersdorf entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes
zweisprachige Ortstafeln aufzustellen, seit 1. Juli 2006 in Kraft ist, ist
bisher nicht einmal dort ein gesetzeskonformer Zustand geschaffen worden.
Diese Verordnung der Bundesregierung wird von Landeshauptmann Haider und seinem
zuständigen Kollegen in der Landesregierung weiterhin missachtet.
Die unterzeichneten Abgeordneten beantragen daher, der
Nationalrat wolle beschließen:
Entschließung:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat
umgehend einen Art. 7 des Staatsvertrages entsprechenden
Gesetzesvorschlag zuzuleiten, mit dem der Konsens zwischen Bundeskanzler
Schüssel und Vertretern der Kärntner Slowenen von vergangener
Woche vollinhaltlich, insbesondere auch hinsichtlich der Öffnungsklausel,
umgesetzt wird, und der ein Verfahren der Rechtsdurchsetzung enthält,
das garantiert, dass gesetzlich vorgesehene zweisprachige Ortstafeln in
Kärnten auch tatsächlich aufgestellt werden.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Seine Wunschredezeit und die Restredezeit der Grünen beträgt 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
16.54
Abgeordneter Dr. Peter Pilz
(Grüne): Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Und da richte ich mich gleich am Anfang auch an die
Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion: Ich
glaube, es ist nicht ausreichend klar – insbesondere an der Spitze
der SPÖ nicht ausreichend klar –, was der Bundeskanzler von
Ihnen will. Der Plan des Bundeskanzlers ist ein doppelter: erstens vom offenen
Verfassungsbruch überzugehen zur verfassungsmäßigen
Außerkraftsetzung von Teilen des Staatsvertrages. (Abg. Scheibner:
Sie erklären uns das jetzt alles!)
Ich frage Sie, ob Sie das wirklich wollen, denn würde
all das, was Ihnen der Bundeskanzler da anbietet, dem Staatsvertrag
entsprechen, wäre es nicht nötig, den Verfassungsgerichtshof als Kontrollinstrument auszuschalten. (Abg.
Großruck: Pilz erkennt die Wahrheit! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sehr schwach!) Warum wollen Sie da mitmachen? Nur um dabei
zu sein? Nur um wichtig zu sein? (Abg. Scheibner:
Der Wunsch der Slowenen!) – Sie gehen damit dem Bundeskanzler durchaus in eine politische Falle. (Abg. Schieder:
Wieso setzt man ihn außer Kraft, den Staatsvertrag?)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 143 |
Zweitens: In der
so genannten Öffnungsklausel geht es darum – und ich glaube, da
teilen wir die Kritik –, die Vertreter der autochtonen
Minderheiten zu Bittstellern und Bittstellerinnen herabzusetzen. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler
Dr. Schüssel. –
Abg. Ellmauer:
Hört doch endlich auf! Es gibt keinen Staat in Europa, der so viel Schutz
von Minderheiten hat wie wir!) Es
geht darum, aus ihnen Bittsteller zu machen.
Die
Slowenenorganisationen sind nach den Verhandlungen davon ausgegangen, dass,
wenn 10 Prozent der Einwohner und Einwohnerinnen einer Ortschaft sagen,
sie wollen eine zweisprachige Ortstafel, nach einem Anhörungsprozess
verschiedener Einrichtungen zum Schluss die Bundesregierung verpflichtet
ist, mittels Verordnung diese Ortstafel aufstellen zu lassen. –
Das ist die Alternative zum Bitten. (Abg. Mag. Molterer:
Nein! – Bundeskanzler Dr. Schüssel: Das haben sie nicht einmal
selber ...!)
Sie schreiben
einen Entwurf, in dem steht, die Bundesregierung kann nach Anhörung
entscheiden. – Sie
muss nicht, sie kann. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.) Sie machen aus den Vertretern der Minderheiten
gegen deren Willen Bittsteller und Bittstellerinnen.
Jetzt haben die
Slowenenorganisationen das gemeinsame Boot verlassen. Was macht der Bundeskanzler? –
Er rudert alleine weiter, und er
sagt, solange der Kärntner Landeshauptmann sicher im Boot sitzt, wird
weitergerudert – egal, wer inzwischen über Bord geht. Aber das
war doch nicht immer so! – Vor mehr als einem Jahr drohte eine
andere Organisation an, über Bord zu gehen, und zwar der Kärntner
Abwehrkämpferbund. Die Reaktion des Bundeskanzlers kam sofort: Keine
einzige der mit uns verhandelnden Organisationen darf von Bord gehen; alle
gemeinsam müssen einen Konsens finden! Es gibt keinen Konsens ohne
Abwehrkämpferbund! (Bundeskanzler
Dr. Schüssel: Das stimmt überhaupt nicht!)
Ja, warum gibt es
jetzt plötzlich einen Konsens ohne Slowenen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch:
Lassen Sie einmal die Kärntner Abwehrkämpfer in Ruhe!) Warum gibt es jetzt plötzlich einen
Konsens ohne Organisationen, die man mit Sicherheit wichtiger und dringender
braucht als den Kärntner Abwehrkämpferbund? – Das ist die
entscheidende und heikle politische Frage.
Die sachliche
Kernfrage bleibt aber nach wie vor: Warum, Herr Bundeskanzler, wollen Sie in
der Umsetzung des Staatsvertrages den Verfassungsgerichtshof ausschalten? Was
haben Sie vom Verfassungsgerichtshof zu befürchten? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was denn nur?)
Wenn Sie sich so
sicher sind, dass jeder Punkt und Beistrich Ihrer Vorschläge der Bundesverfassung
und dem Staatsvertrag entspricht, dann könnten Sie sich auf eine Überprüfung
durch den Verfassungsgerichtshof freuen, dann würden Sie nach langer Zeit
endlich einmal wieder für ein wichtiges politisches Projekt die Bestätigung
vom Verfassungsgerichtshof bekommen! Aber Sie haben Grund – Sie
haben allen Grund! –, den Verfassungsgerichtshof in dieser Frage zu
fürchten, und deshalb brauchen Sie die Zustimmung der SPÖ. (Beifall
bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch:
Noch mehr wie der Peter Pilz?)
Deswegen bleibt
die Frage an die SPÖ offen: Wollen Sie da wirklich mittun? Ist das
wirklich politisch gescheit? (Abg.
Broukal: Peter, wo warst du heute
den ganzen Tag? Wir tun nicht mit! Manche Manuskripte sind schon veraltet, bevor
sie noch gelesen sind!) Es steht
nach wie vor im Raum. Die SPÖ hat – siehe Kärnten, siehe
andere Stimmen – gewackelt, aber sie ist noch nicht umgefallen.
Solange sie noch nicht umgefallen ist, besteht Hoffnung, weil dann die
Chance besteht, dass dieser Text als einfaches Gesetz den Nationalrat
erreicht. Und dann werden wir weitersehen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 144 |
Eine letzte Frage habe ich noch an Sie, Herr Bundeskanzler, und diese ist ganz einfach: In der Topographieverordnung gibt es jetzt 16 Ortstafeln, die aufzustellen wären. Warum ist noch keine einzige dieser Ortstafeln aufgestellt? Warum haben Sie nicht dieses kleine Zeichen der Bereitschaft, da endlich erste Schritte zu setzen, in den letzten Tagen und Wochen gesetzt und diese Ortstafeln aufstellen lassen? Befürchten Sie nach wie vor, dass dann Ihr Koalitionspartner ein paar Schritte dahinter kommt, die Ortstafeln wieder ausreißt und sagt: Von Wien lasse ich mir nicht dreinregieren!? – Das ist eine Frage, Herr Bundeskanzler, die Sie wie alle anderen mit Sicherheit diesem Haus nicht beantworten werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
17.01
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 853/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafel-Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist abgelehnt.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Ortstafel-Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist ebenfalls abgelehnt.
Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4000/AB
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie mit der Ordnungszahl 4000/AB.
Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.
Wir gehen in die Debatte ein.
Erstredner: 10 Minuten, Bundesregierungsmitglied oder Staatssekretär: 10 Minuten, alle anderen 5 Minuten Redezeit.
Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. Ihre Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.
17.02
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist ja wieder einmal bezeichnend: Der Herr Vizekanzler kommt zum Repräsentieren am Vormittag – am Nachmittag, wo es um die Rechtfertigung gegenüber den Abgeordneten geht, bleibt er natürlich wieder fern. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
Nun, was ist das Thema? Die Forschungsaktivitäten in Österreich zum Problemfeld Mobilfunk, insgesamt die Problematik Mobilfunk, repräsentiert durch eine Petition, deren Behandlung der Verkehrsausschuss bereits mindestens viermal vertagt hat. Sie wurde wieder eingebracht am 7. Mai 2003. Sie wurde erstmals eingebracht, ich glaube, im Jahre 1997. Sie wurde ein zweites Mal eingebracht im Jahre 2000. Sie wurde ein
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 145 |
drittes Mal eingebracht im Jahre 2003, und ihre Behandlung ist jetzt, glaube ich, mindestens viermal im Verkehrsausschuss vertagt worden. Acht Jahre lang werden nun von Ihnen die Probleme der Anrainerinnen und Anrainer von Mobilfunkanlagen im Parlament auf die unendlich lange Bank geschoben! Und das lassen wir uns nicht mehr gefallen!
Dabei ist zu sagen, Sie alle haben diese Petition unterschrieben! Kollege Zweytick von der ÖVP hat diese Mobilfunk-Petition unterschrieben, auch die Kollegen vom BZÖ, damals noch FPÖ, haben unterschrieben, die Kollegen von der SPÖ, wir natürlich – aber diese Mobilfunk-Petition findet nicht ihren Weg in den Nationalrat, und ein Anliegen, nämlich das Anliegen, endlich in Österreich Forschung in dieser Materie voranzutreiben, findet auch keine Berücksichtigung.
Herr Staatssekretär Mainoni, der Herr Bundesminister antwortet mir auf die erste Frage, warum nicht auch in Österreich in diesem Bereich geforscht wird: Wir warten auf die Ergebnisse der Schweizer. Ich zitiere:
„Es ist zu begrüßen, dass der Schweizerische Nationalfonds in seinem Forschungsprogramm 57 Untersuchungen zum Thema nichtionisierende Strahlung durchführt. Auch mein Ressort verfolgt diese Untersuchungen und erwartet deren Ergebnisse mit großem Interesse.“
Ja, lassen wir die Schweizer forschen, wir tun nichts – aber wir lassen ständig Sendeanlagen errichten, wo NachbarInnen betroffen sind, wo NachbarInnen keine Rechte geltend machen können. § 73 Telekommunikationsgesetz sieht zwar vor, dass der Schutz des Lebens und der Gesundheit berücksichtigt werden muss, nur: Es gibt kein Verfahren! Es gibt kein Verfahren, in dem diese AnrainerInnenrechte geltend gemacht werden können. Sie werden praktisch im Kreis herumgeschickt. Die AnrainerInnen haben auch kein Recht, informiert zu werden. Nicht einmal die Bürgermeister haben ein Recht, informiert zu werden.
In Österreich besteht in diesem Bereich ein eklatanter Missstand: auf rechtlicher Ebene im Telekommunikationsgesetz, auf wissenschaftlicher Ebene, was Forschungsinitiativen anlangt, und ein demokratiepolitisches Defizit, was die Information, die Bürgerbeteiligung anlangt. Und das ist für uns Anlass, diese Anfrage zum Bereich Forschung, die uns der Herr Minister beantwortet hat, noch einmal mit Ihnen zu diskutieren. Für uns sind nämlich die Anliegen der Mobilfunk-Initiativen, die Anliegen der Mobilfunk-Petition, die von Ihnen allen auch unterschrieben wurde, ein echter parlamentarischer Auftrag, auch ein gesetzgeberischer Auftrag.
Schauen Sie es sich nur an: Was haben Sie unterschrieben – und was machen Sie nicht?
Punkt 1: Einrichtung eines Runden Tisches mit Beteiligung der Plattform und der Ministerien, die in diesem Bereich zusammenwirken sollen. Herr Minister Gorbach schickt uns immer im Kreis: Wir sollen zum Herrn Minister Pröll gehen wegen des Gesetzes betreffend den Schutz vor nichtionisierender Strahlung. Wir sollen zur Frau Ministerin Rauch-Kallat gehen wegen Gesundheitsvorkehrungen. Wir sollen zu den Ländern gehen wegen der Bauordnung. – Nur er selber, der das Telekommunikationsgesetz erlassen hat, stellt sich taub – und schickt uns im Kreis!
Was war die zweite Forderung, die Sie alle unterschrieben haben? – Erstellung eines auch für die Öffentlichkeit zugänglichen Immissionskatasters für Mobilfunksendeanlagen nach dem Vorbild Italien. – Das wäre doch ein Leichtes. Es fehlt! Es werden im Internet nur ein paar Stationen angegeben, die relativ unpräzise eingezeichnet sind.
Dritte Forderung: industrieunabhängige Überprüfung und Monitoring nach Errichtung von Anlagen. – Das wurde von Ihnen gutgeheißen, Abgeordneter Zweytick, wird aber
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 146 |
von Ihnen nie diskutiert! Es wurde im Ausschuss vertagt, im Plenum nie diskutiert. Das ist doch lächerlich! Hier könnte man doch endlich Abhilfe schaffen und die vielen Unterzeichner – es sind 4 000 bis 5 000 Unterzeichner – endlich ernst nehmen.
Was war der nächste Punkt, der vierte? – Interdisziplinäre Abklärung der von der Bevölkerung berichteten und mit der Errichtung von Mobilfunksendern in Zusammenhang gebrachten Störungen des Wohlbefindens. – Interdisziplinäre Abklärung! Es war der Konsens, wir wollen endlich interdisziplinär, zwischen den Wissenschaften, klarstellen, wie das Wohlbefinden der betroffenen Menschen gestört wird.
Fünfter Punkt: Maßnahmen bis zur Realisierung des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung. – Was glauben Sie, wie oft mich schon der Herr Minister Pröll im Kreis geschickt hat?! Ich glaube, mindestens viermal! Und womit wird immer argumentiert? – Es gibt keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse! Oder: Es gibt noch nicht genügend wissenschaftliche Erkenntnisse!
Und warum gibt es sie nicht? – Weil Sie ja nicht forschen lassen, weil Herr Minister Gorbach sagt, lassen wir in der Schweiz forschen, lassen wir – das sagt er zwar nicht, aber meint er vielleicht – in Deutschland forschen oder irgendwo anders, nur nicht bei uns! Und trotzdem wurde in Österreich geforscht, und wir haben auch gewisse Ergebnisse vom Umweltmediziner Professor Dr. Kundi und seinem Mitarbeiter Dr. Hutter. Diese Ergebnisse weisen beispielsweise nach, dass AnrainerInnen mit besonderer Sensibilität auch Schlafstörungen haben. Schlafstörungen sind ernst zu nehmen, Schlafstörungen können auch zu Herz-Kreislauf-Krankheiten führen; Schlafstörungen sind ein Element, das die Gesundheit des Menschen sehr stark beeinflusst.
Deshalb, weil es diese Ergebnisse gibt, mühsam finanziert mit einem Bettelgang durch verschiedene Institutionen, hat zum Beispiel auch die Wiener Ärztekammer aufgerufen, wir brauchen Vorsorgegrenzwerte. Deshalb haben renommierte Ärzte in Wien in ihren Ordinationen Plakate aufgehängt, die darauf hinweisen, dass man hier vorsichtig sein soll, weil die gesundheitliche Relevanz dieser neuen Technik noch nicht abgeklärt ist.
Das alles nehmen Sie aber nicht ernst, sondern verlagern dieses Thema vielleicht in die Ärztekammer-Zeitung oder in ein anderes Journal. Sie schaffen parlamentarisch nicht einmal eine Grenzwertfestsetzung, sondern das alles ist derzeit nur über eine ÖNORM geregelt, und die ÖNORM, meine Damen und Herren, berücksichtigt nicht die gefährlicheren nichtthermischen Effekte. Die ÖNORM geht nur auf die thermischen Effekte ein. Das ist auch ein Missstand, ein Defizit in dem Gesamtproblemfeld, das uns schon seit Jahren, seit mindestens acht Jahren beschäftigt.
Auf Gemeindeebene – und das ist ja interessant – gibt es Resolutionen, die immer von allen Parteien getragen werden, von ÖVP-GemeinderätInnen genauso wie von SPÖ-GemeinderätInnen, und alle verlangen die Festschreibung von Vorsorgegrenzwerten und die Möglichkeit der Geltendmachung von Nachbarschaftsrechten. – So ist es auf Gemeindeebene.
Auf Landesebene – Sie werden es nicht
glauben – ist es dasselbe: Da verlangen die ÖVP-Landtagsabgeordneten,
die SPÖ-Landtagsabgeordneten von Oberösterreich, von Salzburg, von
Kärnten und so weiter, auch die Freiheitlichen und die BZÖ-Abgeordneten
immer Nachbarschaftsrechte, Vorsorgegrenzwerte. – Aber was macht
Herr Minister Gorbach, was macht diese Bundesregierung? – Ignorieren, ignorieren,
ignorieren! – So geht das nicht mehr weiter! Und deswegen gibt es
heute die Besprechung dieser Anfragebeantwortung und diese Debatte.
Reden Sie einmal mit Vertretern Ihres eigenen Wissenschaftlichen Beirates Funk, gesponsert wahrscheinlich von der Mobilfunkindustrie! Reden Sie mit Professor Dr. Vana! Dieser wird Ihnen sicherlich sagen, dass wir mehr Forschung brauchen. – Das verlan-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 147 |
gen wir ja auch immer
wieder. Es gibt, glaube ich, fünf Anträge der Grünen in diese
Richtung! – Herr Dr. Vana verlangt aber auch
Nachbarschaftsrechte, verlangt auch Parteienstellung, verlangt dieselben
Rechte, die jedem Anrainer/jeder Anrainerin garantiert sind, wenn irgendwo
ein Hühnerstall oder eine Balkonverkleidung errichtet werden soll. In
Bezug auf Mobilfunksender gilt das jedoch offensichtlich nicht; da gilt sozusagen
das Hühnerstall- oder Balkonrecht nicht, sondern da gibt es nur das
Drüberfahren im Sinne der Telekommunikationsindustrie, deren
Handlanger anscheinend Sie sind, Herr Staatssekretär Mainoni,
beziehungsweise Herr Minister Gorbach.
Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin! „Handlanger“ sagen wir hier nicht! Nehmen Sie das bitte zurück! (Abg. Dr. Moser: Ja, nehme ich zurück! Ist gar kein Problem, Herr Präsident!) – Gut, danke.
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Auf etwas Wichtiges wollte ich noch hinweisen, und zwar auf das Fallbeispiel Müllendorf. Eine Ärztefamilie siedelt jetzt aus Müllendorf ab. Diese Ärztefamilie hat, epidemiologisch einwandfrei und statistisch belegt, festgehalten, dass seit der Etablierung eines Sendemastes in dieser Ortschaft die Tumor-Raten steigen, die Zahl der Gehörstürze rapid gestiegen ist, ebenso die der Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das alles ignorieren Sie jedoch! Geforscht braucht Ihrer Ansicht nach nicht zu werden! Vorsorgegrenzwerte brauchen wir auch nicht! Und was das Demokratiepolitische anlangt: Beteiligungsrechte sind Ihnen offensichtlich egal! – Das aber lassen wir uns nicht gefallen! Wir werden in der Wahlkampfauseinandersetzung verstärkt auf Ihre Ignoranz gerade bei der Behandlung der Mobilfunk-Petition und der massiven Anliegen der Bevölkerung eingehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
17.12
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mainoni. – Bitte.
17.12
Staatssekretär im Bundesministerium
für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus!
Lassen Sie mich eingangs zu dem von den Grünen vorgebrachten Themenbereich
Folgendes ganz grundsätzlich sagen: Mobilfunk ist eine
Technologie – darüber werden sich wohl auch die Vertreterinnen
und Vertreter der Grünen im Klaren sein –, ohne die unser Leben
nicht mehr vorstellbar ist. Und ich bezweifle, dass es bei uns irgendjemanden
gibt, der seiner Tätigkeit noch ohne Benutzung des Mobilfunks nachgehen
kann. Ich erinnere mich noch an den konkreten Fall, Frau Kollegin Moser, dass
Sie anlässlich dieses Themas im zuständigen Ausschuss gerade auch
über Mobilfunk erreicht wurden, während Sie versucht haben, im
Ausschuss eine Rede zu halten; Sie können sich sicherlich noch daran
erinnern. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)
Angesichts dieses
doch immer weiter voranschreitenden Netzausbaues verstehe ich aber natürlich
auch die Sorge jener Menschen, die in der Nähe von Mobilfunkanlagen leben,
ob dadurch nicht ihre Gesundheit leidet oder gefährdet ist.
Der Frage nach
einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch die von Mobilfunksendeanlagen
ausgehenden elektromagnetischen Feldern wird von uns größte Aufmerksamkeit
beigemessen. Wir lassen uns das wirklich nicht gerne sagen, Frau Kollegin
Moser, dass wir in Bezug auf dieses wichtige Thema sorglos vorgingen!
Im Telekommunikationsgesetz 2003 – Sie wissen das ohnehin ganz genau – sieht vor, und zwar in § 73, dass bei Errichtung und Betrieb von Funkanlagen und Telekommuni-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 148 |
kationseinrichtungen der Schutz
des Lebens und der Gesundheit von Menschen gewährleistet sein
muss. Das ist bitte gesetzlich normiert!
Als
Norm – das nur zur Verdeutlichung – dient die
EU-Ratsempfehlung zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung
elektromagnetischen Feldern gegenüber. Und, meine sehr geehrten Damen und
Herren und Frau Kollegin Moser: Die Basis dieser Norm sind die Empfehlungen der
WHO sowie der unter dem Dach der WHO agierenden International Commission on Non-Ionizing
Radiation Protection. Die
darin angeführten Werte wurden auf der Grundlage der Analyse einer
Vielzahl von wissenschaftlichen Studien ermittelt – das wurde
also nicht willkürlich oder gar durch Betreiber und
Errichter festgesetzt –, Werte also, die nach dem heutigen Stand der
wissenschaftlichen Erkenntnisse als sicher einzustufen sind.
Zu bedenken gebe
ich schon, Frau Kollegin Moser, dass alle Kriterien, die hiebei berücksichtigt
wurden, dazu beitragen, die Gesundheit der Bevölkerung nicht
zu gefährden. Deshalb haben wir ja auch im Telekommunikationsgesetz
2003 diese Vorgangsweise gewählt, um so bestmöglich
sicherzustellen, dass bei einem Auftreten möglicherweise neuer wissenschaftlicher
Erkenntnisse – das erwähnen Sie von den Grünen aber
nie – rasch reagiert werden kann.
Die Einhaltung
der Referenzwerte der EU-Ratsempfehlung wird von den Organen der
Fernmeldebehörde ständig überwacht. Aber auch darüber haben
Sie, Frau Abgeordnete Moser, nichts in Ihren Ausführungen
erwähnt.
Sollte also der
Verdacht bestehen – ich wiederhole: der Verdacht –,
dass die vorgeschriebenen Grenzwerte bei einer konkreten Anlage
überschritten werden, so kann dies jederzeit beim zuständigen
Fernmeldebüro angezeigt werden. – Das sind doch alles voll
demokratische, dem Schutz der Bevölkerung dienende Einrichtungen, die da
in Anspruch genommen werden können.
Zum Thema
Forschung noch, ein sicherlich sehr wichtiges Thema. Forschung auf diesem
Gebiet, sehr geehrte Frau Kollegin Moser, heißt in erster Linie:
Klärung gesundheitsrelevanter Fakten – und
nicht irgendein anderer Bereich. Wichtig ist, ob es gesundheitsrelevante
Fakten gibt; danach muss geforscht werden. Ich bitte aber um Verständnis dafür,
dass das nicht
im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie stattfindet,
sondern dafür sind in erster Linie das Bundesministerium für
Gesundheit und Frauen sowie das Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zuständig. Selbst infolge
Ihrer Aussagen, Frau Abgeordnete, werden wir uns nicht in fremde Kompetenzbereiche
einmischen. Nochmals: Dafür gibt es eine klare Kompetenzregelung.
Das
Lebensministerium hat die klare Kompetenz zur Erarbeitung gesetzlicher Grundlagen
in Bezug auf Grenzwerte im Bereich der nichtionisierenden Strahlung.
Nichtsdestotrotz
nehmen wir natürlich dieses Thema sehr ernst, und deshalb – Sie
haben das ja angesprochen, Frau Abgeordnete – haben wir auch
den Wissenschaftlichen Beirat Funk ins Leben gerufen, und zwar mit dem Ziel,
dass Fragen der Funkanwendung und der nichtionisierenden Strahlen,
Mobilfunk, Rundfunk, Richtfunk und dergleichen mehr, aber auch
Hochspannungsleitungen sowie Mikrowellenstrahlung, wissenschaftlich fundiert
behandelt werden.
Dieser Wissenschaftliche Beirat Funk – das erwähnen Sie jedoch auch nie, Frau Kollegin Moser – ist in seiner Tätigkeit vollkommen unabhängig. Ihre Unterstellungen, von wem dieser finanziert werde, entbehren jeglicher Realität und Richtigkeit! Dieser wissenschaftliche Beirat ist unabhängig und hat volle Entscheidungsfreiheit! Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates Funk – Frau Kollegin Moser, das wissen Sie doch – sind über jeden Verdacht erhabene Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Forschung.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 149 |
Das muss schon auch
dazugesagt werden. Die fachliche Kompetenz kann man keinem Mitglied dieses
Beirates absprechen!
Was ist der Auftrag
dieses Wissenschaftlichen Beirates Funk – auch das haben Sie noch
nie erwähnt, Frau Kollegin? – Dass alle publizierten Studien
und alle Forschungsarbeiten, die es in diesem Zusammenhang gibt, nach
wissenschaftlichen Kriterien gesichtet, geprüft und daraus
Schlussfolgerungen gezogen werden. Der Wissenschaftliche Beirat Funk wurde
ja nicht nur sozusagen einmalig eingerichtet, sondern wird sich auch
künftig mit dem Thema Mobilfunk und Gesundheit beschäftigen. Sollten
neue Studien kommen, werden diese selbstverständlich sofort vom
Wissenschaftlichen Beirat Funk behandelt.
Die bisherigen
Erkenntnisse – das muss auch gesagt werden – geben Grund
zur Entwarnung. Nach Prüfung aller vorliegenden
wissenschaftlichen Studien, auch so genannter kritischer Studien wie etwa
der „Reflex-Studie“, kommt der Wissenschaftliche Beirat Funk zum
Schluss, dass bei Einhaltung der Grenzwerte kein Anhaltspunkt
für eine Gesundheitsgefährdung besteht. Und ich habe keinen Grund, an
der Richtigkeit dieser wissenschaftlichen Aussagen zu zweifeln.
Es ist –
das muss auch gesagt werden – Aufgabe aller für
Gesundheitsagenden zuständigen Ministerien, zu Fragen des
Gesundheitsschutzes Forschungen zu betreiben, und zwar unabhängig von der
damit verbundenen Technologie, denn es ist für die Gesundheit
irrelevant, aus welchen Quellen eine mögliche Beeinträchtigung kommt.
Deshalb haben wir ja überall unsere vollste Unterstützung und
unsere Mitarbeit angeboten.
Frau Kollegin
Moser, nun zum Thema OGH, das von Ihnen angesprochen wurde. Die
zivilrechtlichen Entscheidungen – wie jene dieses OGH-Urteils zu
Schadenersatzansprüchen von Nachbarn von Telekommunikationseinrichtungen –
betreffen vertragsrechtliche Folgen, die jedenfalls in jedem Einzelfall zu
regeln sind.
Das Urteil – und das wissen Sie auch – trifft keine generellen Aussagen, die einer Umsetzung in generelle Normen zugänglich sind, da jeder Ersatzanspruch vom Vorliegen eines Verschuldens und nachgewiesener Kausalität abhängig ist. Für diese Beurteilung – aber immer: des Einzelfalles! – bestehen die notwendigen Rechtsvorschriften!
Das Anliegen des BMVIT ist aber – und das soll nicht unerwähnt bleiben – eine seriöse Auseinandersetzung mit diesem Thema und diesem Anliegen. Und deshalb haben wir uns auch mit der Gründung dieses Wissenschaftlichen Beirates Funk geholfen: um eine unabhängige wissenschaftliche Institution zu haben, die diesen Themen nachgeht.
Die seriöse Auseinandersetzung mit diesem Thema hilft den Menschen mehr – und das muss ich Frau Kollegin Moser schon auch sagen – als Panikmache und Aktionismus, der schon durch die psychologischen Faktoren das Wohlbefinden beeinträchtigt. Angst macht Menschen krank, auch wenn diese Angst unbegründet ist. Daher ist es Aufgabe aller Repräsentanten dieses Staates, an einer seriösen Meinungsbildung mitzuwirken. (Abg. Sburny: Machen Sie das endlich!) Das wird von unserem Haus, dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, seit langem so betrieben, und daran wird sich auch in Zukunft – trotz Ihrer Aussagen – nichts ändern. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.21
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gehen wir in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Ihre gesetzliche Redezeit beträgt 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 150 |
17.21
Abgeordnete Mag. Karin Hakl
(ÖVP): Sehr geehrter
Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen! Wenn man die Anfrage der Frau Kollegin Moser liest, dann
möchte man meinen, in Österreich würde im Bereich Mobilfunk und
Strahlung gar nicht geforscht. – Dem, Frau Kollegin, ist nicht so! (Abg. Dr. Gabriela Moser: ... die Antwort, Frau Kollegin! – Abg. Sburny: Diskutieren tun wir aber die
Antwort!)
Ich glaube, es ist einmal zunächst und einleitend festzustellen, dass Forschungen, sowohl in der Schweiz als auch anderswo auf der Welt, jeweils international sind, dass Forschungen auch nicht immer nur besser werden, weil vielleicht nur Österreicher irgendetwas erforschen. Ich weise darauf hin, dass die letzte Studie, die dazu in der Schweiz gemacht wurde – eine große Studie, dotiert mit 3,2 Millionen € –, auch auf die Dauer von vier Jahren angelegt war, und die Ergebnisse daraus liegen bereits vor: Im Juni 2006 publiziert von der ETH-Zürich, im Übrigen unter Beteiligung auch österreichischer Forscherinnen und Forscher, die bei dieser Studie mitgearbeitet haben.
Ergebnis: Das Schweizer Forschungskonsortium konnte keinen negativen Einfluss der Strahlung einer UMTS-Mobilfunk-Basisstation auf das Wohlbefinden und die kognitiven Fähigkeiten nachweisen.
In der Bundesrepublik Deutschland läuft, wiederum unter Beteiligung namhafter österreichischer Forscher – Forschung ist immer auch etwas Internationales –, im Moment ein Forschungsprogramm zum Thema Mobilfunk, Gesundheit und nicht-ionisierende Strahlung, dotiert mit 17 Millionen €. In der zweiten Jahreshälfte 2006 soll entschieden werden, ob das Programm verlängert werden soll oder nicht. Im Übrigen: Davon ist abhängig, ob die dort beteiligten Forscher bei uns dann einen eigenen Forschungsantrag stellen werden oder nicht, denn es ist auch ein österreichisches Konsortium zweier Universitäten in diese Forschung eingebunden.
Bisher konnten, nach der Vielzahl der dort durchgeführten Studien, keine Indizien auf schädigende Strahlung festgestellt werden, weshalb noch nicht sicher ist, ob es Sinn macht, nach vier Jahren dieses Programm fortzusetzen.
Am 20. und 21. April hat in Graz eine europäische Tagung der Initiative COST 281 zum Thema Mobilfunkstrahlung stattgefunden. Da waren die Kritiker eingebunden, da waren österreichische und internationale Forscher eingebunden. Insgesamtes Ergebnis: Wir haben keinerlei signifikanten Nachweis, dass bei Einhaltung der derzeit in Österreich geltenden WHO-Grenzwerte eine negative Auswirkung auf die Gesundheit von Menschen festgestellt werden kann.
Ich glaube, dass es wichtig ist, darzustellen, welche Art der Panikmache, Frau Kollegin Moser, von den Grünen da betrieben wird! Ich glaube nämlich, es ist auch mit unsere Aufgabe, Forschungsergebnisse, die bereits vorliegen, nicht zu verschweigen, weil Menschen – und ich sage: nachvollziehbarerweise – beunruhigt sind, sondern diese Forschungsergebnisse – die vielleicht nicht ganz in Ihrem Sinne sind – auch zu transportieren. Ich würde auch ein Forschungsergebnis, das anders lautend ist, hier vertreten.
Ich möchte vielleicht auch anmerken, dass immer wieder auf Studien verwiesen wurde, die in Österreich von einschlägigen Mobilfunkkritikern gemacht wurden, wobei international, beispielsweise in der Studie der ETH-Zürich, ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Ergebnisse nicht nachvollziehbar seien, die wissenschaftliche Fragestellung kritisiert wird, das Layout kritisiert wird. Dies geschah gleichfalls mit einer anders lautenden Studie in den Niederlanden, die von der ETH regelrecht zerlegt wurde.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 151 |
Ich glaube, man muss endlich zur Vernunft zurückkehren. Und ich gebe Ihnen Recht damit, wenn Sie sagen, Schlafstörungen, die Menschen haben, und Befindlichkeitsstörungen aller Art sind jedenfalls ungesund und schädlich. Dass solche Befindlichkeitsstörungen auch durch den unangenehmen und hässlichen Anblick eines Mobilfunkmastes entstehen können, ist hinreichend untersucht und belegt – und nicht wünschenswert. Dass so etwas durch eine Panikmache der Grünen verstärkt wird, möchte ich Ihnen hiermit mitteilen. Das halte ich nämlich für sehr kontraproduktiv, und ich glaube, wir sind gut beraten, das weiterhin sorgfältig zu untersuchen, im Auge zu behalten und an den internationalen Forschungen teilzuhaben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Walch.)
17.26
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.
17.27
Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde einmal meinen, diese Schlagworte wie „Panikmache“ und dergleichen sollten wir eigentlich unterlassen, wenn wir seriös ein Thema diskutieren, das ja deswegen diskutiert wird, weil es eine Petition aus dem Jahre 2003 – konkret: vom 7. Mai 2003 – gibt, bei der alle Fraktionen vertreten waren: durch Abgeordneten Zweytick, Abgeordnete Rossmann, Abgeordnete Wurm und Abgeordnete Moser, die sich ernsthaft Sorgen um ein Thema gemacht haben, das die Menschen einfach beschäftigt, und zu Recht beschäftigt.
Das Problem, das wir haben, ist natürlich, dass es auf der einen Seite, wie Herr Staatssekretär Mainoni hier klarzustellen versucht hat – und ich will das gar nicht zu arg kritisieren –, das Leben ohne Mobilfunk, und zwar sowohl das wirtschaftliche als auch das private Leben, kaum mehr denkbar wäre – das ist völlig richtig und korrekt, was der Herr Staatssekretär da gesagt hat –; man muss aber andererseits auch die Sorgen der Menschen verstehen, wenn man eben nicht wirklich weiß, ob Strahlungen aus diesen Geräten, Strahlungen aus Magnetfeldern, Strahlungen von Sendemasten zu Problemen führen oder nicht.
Daher war es für meine Fraktion immer unverständlich, dass wir zwar von WHO-Grenzwerten sprechen, aber in Österreich keine Verordnung haben mit Grenzwerten, die laut Verordnung in Österreich Gültigkeit haben, sodass auch Rechtssicherheit gegeben wäre. Es ist in diesem Bereich ja auch keine Rechtssicherheit für die investierenden Unternehmen gegeben. Und daher wäre es so wichtig, hier Rechtssicherheit zu schaffen.
Alle Manager aller Mobilfunkbetreiber bestätigen mir, dass ihnen natürlich auch diese Rechtsgrundlage und diese Rechtssicherheit fehlt. Diese Unternehmen investieren ja immerhin sehr viel Geld in diese Technologien, und wenn diese Rechtssicherheit fehlt, kann es natürlich sein – und das geschieht ja auch in manchen Gemeinden –, dass man von den Gemeinden selbst keine Grundstücke erhält, auf denen man dann diese Funkmaste errichten kann, dass man Probleme hat, Funkmaste zu errichten, et cetera. Und darum geht es eigentlich: Das soll einmal ausgeschaltet werden.
Wenn wir diese Verordnung verlangen, dann beginnt eine interessante Diskussion zwischen dem Verkehrsministerium und dem Lebensministerium beziehungsweise dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, dann will keiner die Verordnung machen. Und das ist ein Punkt, Herr Staatssekretär – und darüber haben wir auch schon persönlich gesprochen –, wo man sagen muss, dass es höchst an der Zeit wäre, diese Grenzwerte in Form einer Verordnung festzulegen, denn dann wäre der Streit um diese Grenzwerte ein für alle Mal beseitigt. – Das ist einmal die eine Seite der Medaille.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 152 |
Die andere Seite ist natürlich – und mit diesem Thema beschäftigt sich ja auch diese Anfragebeantwortung –, dass man Forschung unterstützen, dass man Forschung betreiben soll. Und da, Herr Staatssekretär Mainoni, glaube ich schon, dass Sie als für Forschung zuständiger Staatssekretär das zumindest mit unterstützen sollen beziehungsweise sogar müssen – vielleicht machen Sie es ohnedies, ich kann das jetzt nicht beurteilen –: dass, wenn Sie schon nicht meinen, Forschungsarbeiten in diese Richtung kompetenzmäßig in Ihrem Ministerium, also im Verkehrsministerium allein machen zu müssen, dann eben auch andere Ministerien in dieser Richtung mitarbeiten sollten, nämlich Forschung dahin gehend zu betreiben, ob da gesundheitsgefährdende Dinge bestehen, und wenn ja, wie man diese bekämpfen, wie man dagegen auftreten kann.
Eines ist jedenfalls ganz schlecht – das geht für mich auch immer wieder aus vielen Briefen und Mails von Bürgerinitiativen und von einzelnen Bürgern hervor, die Sorge und Angst haben, wenn in ihren Bereichen Sendemasten montiert sind – zum Teil passiert das natürlich auch auf großen Wohnhäusern, wo die Bewohner nicht einmal etwas dagegen tun können; wenn der Eigentümer einverstanden ist, wird auf das Haus ein Sendemast gepflanzt! –, schlecht ist also, dass die Menschen da nicht mitreden können. Man sollte diesen Menschen doch die Möglichkeit geben, da mitsprechen zu können, da auch Mitverantwortung zu übernehmen! Und daher bedarf es einer entsprechenden Aufklärung, bedarf es entsprechender wissenschaftlich fundierter, wissenschaftlich untermauerter Grundlagen, damit diese Menschen mitreden können.
Was keinen Sinn macht – und das ist das Problem, mit dem wir hier konfrontiert sind –, ist, dass es unterschiedlichste Studien, unterschiedlichste Vereinigungen gibt, die alle meinen, sie hätten Recht mit ihrem Standpunkt zu diesem Thema, und im Endeffekt der betroffene Staatsbürger, der unter dieser Materie vielleicht wirklich leidet, dann keine Orientierung hat.
Da ist es Aufgabe vor allem der Regierung, Aufgabe vor
allem Ihres Ministeriums und von Ihnen selbst, Herr Staatssekretär
Mainoni – Sie haben das ja auch in Ihrer Rede darzustellen
versucht –, diese Rechtssicherheit zu schaffen, denn Panikmache ist
da sicherlich fehl am Platz. Eine seriöse Auseinandersetzung ja, für
eine seriöse Auseinandersetzung sind wir jederzeit zu haben, aber
dann, bitte, sollten wir diese Auseinandersetzung wirklich seriös
führen und versuchen, auch die Bedenken, auch die Anliegen, die Frau
Kollegin Moser hier vorgebracht hat, ernst zu nehmen – und nicht, so
wie es hier versucht wurde, einfach mit „Panikmache“ abtun. Da geht
es wirklich um eine Frage der Sicherheit der Bevölkerung. –
Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie
bei Abgeordneten der Grünen.)
17.32
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittauer spricht nunmehr gleichfalls 5 Minuten. (Abg. Wittauer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich werd’ mal schauen! Vielleicht nehm’ ich mehr!) – Mehr wird nicht gehen, Herr Kollege!
17.32
Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wenn hier von „Panikmache“ geredet wurde, so geht es dabei um die Art und Weise, wie mit etwas umgegangen wird. Jeder von uns hat doch ein Handy, jeder von uns telefoniert gerne – ich glaube, weit über 80 Prozent der Menschen telefonieren mit Handys –, und jeder weiß, dass das Handy unmittelbar den höchsten Wert an Strahlung hat. Das heißt, das wäre sozusagen die Wurzel: Wir müssten alle unsere Handys abgeben – Frau Abgeordnete Moser, Sie zuerst, denn vielleicht hat es auch gesundheitliche Folgen für Sie, wenn Sie andauernd telefonieren!
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 153 |
Aber jetzt zur Frage: Wie geht man mit etwas um? Wie vermittelt man der Bevölkerung Sicherheit? – Sicher nicht damit, dass man andauernd sagt: Da ist etwas, was Sie krank macht! – Wenn ich lange genug jemandem sage, das macht dich krank, dann ist er im Endeffekt krank.
Wir haben da einen anderen Zugang. Wenn wir die europäischen Grenzwerte hernehmen, die bei uns auch Gültigkeit haben, so kann man nicht sagen, dass die anderen europäischen Staaten nicht das gleiche Problem haben: Ein Sendemast macht – inzwischen – Angst, und überall, wo einer aufgestellt wird, ist es ein Problem. Es ist aber auch folgendermaßen: Die Sendemasten selbst laufen ja als Bauwerk sehr regional ab. Das heißt, entweder ist es raumordnerisch geregelt, dann kann auch keiner gebaut werden, oder man erteilt einfach die Baubewilligung nicht. – Das ist ganz einfach! Man kann also auch regional sehr viel tun. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Sicher kann man etwas tun!
Das BMVIT selbst kann nur die Grenzwerte festlegen, und es gibt einen wissenschaftlichen Beirat, der extra für dieses Problem eingerichtet wurde und der die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse aus allen Bereichen mit einbaut und Empfehlungen gibt. Das ist doch der Weg, den man gehen sollte! – Wir können natürlich auch eines machen, nämlich diesen europäischen Grenzwert beschließen, aber das ist ja auch nicht zufriedenstellend. Die WHO sagt, dass das, was wir an maximalen Grenzwerten für einen Sendemast haben, nicht gefährlich ist für Kinder und auch nicht für Leute, die in diesen Bereichen arbeiten, die sich also unmittelbar daneben befinden. Da weiß ich nicht: Soll ich denen vertrauen oder soll ich denen nicht vertrauen? – Ich bin kein Wissenschaftler.
Die Anregung damals, gemeinsam mit dem Umweltministerium diesen wissenschaftlichen Beirat, der diese Aufgabe wahrnimmt, einzuführen, war eine gute Sache. Vielleicht sollten wir in unserem Ausschuss – jetzt geht es nicht mehr, aber vielleicht beim nächsten Mal – Vertreter dieses wissenschaftlichen Beirates einmal einladen und mit ihnen einmal eine Diskussion führen? Das haben wir bisher verabsäumt, das wäre aber eine gute Idee, und hoffentlich nimmt man diese dann auf und versucht, über diesen wissenschaftlichen Beirat ein Ergebnis zu bekommen. Ich wäre auch glücklicher, wenn die Menschen diese Angst nicht haben müssten.
Aber, Frau Abgeordnete Moser, nur dagegen zu sein, das ist ein bisschen wenig. Und Sie wissen ganz genau: Den Antrag vertagen wir deshalb, weil Sie den Plenarsaal – jetzt haben Sie es ohnedies geschafft – dazu benutzen wollten, Ihre Diskussion hier zu führen. Wir haben gesagt, wir wollen vor allem eine Lösung, und dann diskutieren wir. – Heute diskutieren wir ungewollt, aber trotzdem. Ich hoffe, dass das (Abg. Gradwohl: Das ist ja das Problem, dass man euch zum Diskutieren zwingen muss!), was wir irgendwann einmal gemeinsam beschließen können werden, für die Menschen positiv sein wird. – Du weißt ganz genau, dass es mit den Grünen nicht einfach ist! Da geht es ja mit euch von der SPÖ noch besser. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
17.36
Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner spricht hiezu Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.
17.36
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollege Wittauer hat von „nicht vorhandenen Lösungen“ gesprochen. Das ist genau das, was wir von Bundesminister Gorbach seit Jahren erwarten: dass er konkret, zumindest einmal im Ausschuss, das Maßnahmenpaket vorstellt. – Das Gegenteil passiert: Er stellt nichts vor, sondern er kommt ganz einfach nicht zu den Sit-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 154 |
zungen; er lässt sich immer von den Staatssekretären vertreten. Und: Die Anträge werden vertagt. – Das ist die Praxis.
Eines zu Ihnen, Herr Staatssekretär Mainoni: Wenn Sie behaupten oder in den Raum stellen, dass Mobilfunktechnologie nicht mehr aus unserem Leben wegdenkbar ist, dann kann man dem entgegenhalten, dass es viele Technologien gibt, für die das gilt – und trotzdem behandeln wir diese Technologien nach dem Risikoansatz. Jede Starkstromleitung wird mit einem Umweltverträglichkeitsverfahren versehen, wenn Anrainerinteressen davon betroffen sind, wenn Gesundheitsgefährdungen nicht auszuschließen sind. Und die sind natürlich nicht auszuschließen, weil elektromagnetische Felder sehr wohl auf die Gesundheit wirken können.
Völlig unverständlich ist, dass die Empfehlung der WHO überhaupt nicht berücksichtigt wird. Die WHO sagt nämlich, das elektromagnetische Felder nach dem Vorsorgeprinzip zu behandeln sind. Und das ist eigentlich die Antwort, Kollege Wittauer: nach dem Vorsorgeprinzip! – Das haben einige Länder sehr wohl bereits gemacht, Italien und die Schweiz zum Beispiel: Beide Länder haben Grenzwerte, die deutlich unter der EU-Position liegen, und das ist ein Beispiel für eine Vorsorgemaßnahme. Einheitlicher Grenzwert und auf deutlich niedrigerem Niveau – das wäre eine Antwort.
Zu den Ausführungen von Frau Kollegin Hakl möchte ich Folgendes festhalten: Was sie hier als „grüne Panikmache“ deklariert hat, ist Position des oberösterreichischen Landtages, und zwar unterzeichnet von allen Fraktionen! Diese forderten am 5. Juli 2005 von Bundesminister Gorbach und von der gesamten Bundesregierung ganz klar, dass nach dem Vorsorgeprinzip endlich Maßnahmen ergriffen werden, dass ein Minimierungsgebot eingeführt wird, dass im wissenschaftlichen Beirat endlich auch kritische WissenschafterInnen beigezogen werden, dass sich das Ministerium für EU-weit einheitliche Grenzwerte ausspricht und vor allem eines – was nämlich genau den Bürgerinnen und Bürgern und auch den Gemeinden so wichtig ist –: dass endlich Maßnahmen getroffen werden, damit die regionalen Mitbestimmungsmöglichkeiten gewährleistet sind, nämlich für Gemeinden und für die AnrainerInnen.
Genau das aber verweigern Sie seit Jahren! Sie verweigern es auf Basis des Telekommunikationsgesetzes, und da kann sich Minister Gorbach überhaupt nicht herausreden, wie er es in der vorliegenden Anfragebeantwortung versucht. Er sagt, er sei nicht zuständig für Forschung – im Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie! – und er habe nichts zu tun mit Risikoforschung.
Nur am Rande sei hier erwähnt, dass auch Dinge wie Asbest oder DDT jahrzehntelang als problemlose Stoffe oder Produkte im Verkehr waren und von der Wissenschaft hoch gelobt wurden, Frau Kollegin Hakl. Schon in den dreißiger Jahren gab es die ersten Stimmen, die vor Asbest warnten und die davon ausgehende Krebsgefährdung wissenschaftlich diskutierten. Wie lange aber hat es gedauert, bis man endlich in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit das auch mehrheitlich akzeptiert hat! – Und daher ist die Politik gefordert.
Das Vorsorgeprinzip ist der Maßstab! Der Europäische Gerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen klargelegt: Das Vorsorgeprinzip ist nicht wettbewerbsverzerrend und kann auch herangezogen werden, wenn die wissenschaftliche Beweislage noch unklar ist, wenn man noch abwarten muss, was sich in den nächsten Jahren weiter entwickelt.
Genau das hätten wir von Ihnen erwartet, nämlich dass Sie die bestehende Verordnung, das Bundesgesetzblatt Nr. 542 aus dem Jahre 2003, die die generelle Bewilligung für Anlagen vorsieht, ganz einfach überarbeiten – zunächst zurückziehen, dann in der Form überarbeiten und auch den Gemeinden, den Bürgerinnen und Bürgern, wieder ein Mitspracherecht einräumen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 155 |
Das ist leider nicht geschehen, und daher wird
das ein Thema sein, das in den nächsten Monaten intensiv in der
Öffentlichkeit diskutiert wird. Das ist der Fall, weil viele Resolutionen
auch hier im Hause nicht behandelt wurden – ich nenne nur eine: die
Petition Nummer 71, die auch im Verkehrsausschuss vertagt wurde,
über den Wildwuchs von Handymasten in einer kleinen ländlichen
Gemeinde, in Feyregg in Oberösterreich. Kollege Murauer, da hätten
Sie sich einsetzen sollen, das ist auch in Ihrem Wahlbezirk! Er aber ist lieber
dabei, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. (Abg. Murauer:
Herr Kollege, was möchten Sie von mir?) – Ja, dann
hören Sie zu, Herr Kollege Murauer! (Abg. Murauer: Sagen Sie es,
bitte!)
Auf jeden Fall ist es ganz unglaublich, dass Sie diese Petition zweimal vertagt haben und nicht einmal zu einer Stellungnahme bereit sind. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Das zeigt Ihre Ignoranz, und Sie werden bei den nächsten Wahlen sehen: Die Bürgerinnen und Bürger werden Ihnen die Rechnung präsentieren! (Beifall bei den Grünen.)
17.41
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates
(1563 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 24. Mai
2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz,
das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das
Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz,
das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz
geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 –
SRÄG 2006) (1597 d.B.)
6. Punkt
Bericht des
Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Einspruch des Bundesrates
(1561 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom
26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das
Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz
geändert werden
(Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG
2006) (1598 d.B.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 5. und 6. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.
17.42
Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Berichte des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu den Einsprüchen des Bundesrates gegen das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 und gegen das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 beinhalten logischerweise das, was wir hier im Haus und im Ausschuss inhaltlich schon sehr tief und weit gehend de-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 156 |
battiert haben – leider mit mäßigem Erfolg, was Änderungen oder Zugeständnisse der Regierungsparteien betrifft.
Sie können sich erinnern: Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen der Mitversicherung von LebensgefährtInnen mit einer Frist von 31. Juli dieses Jahres wegen der Diskriminierung der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften aufgehoben.
Im letzten Abdruck haben Sie dann in der Plenardebatte in zweiter Lesung eine Regelung hinsichtlich der Mitversicherung in der Krankenversicherung eingebracht, die zum Inhalt hat, dass LebensgefährtInnen, die derzeit mitversichert sind, bis zum Jahr 2010 kostenlos mitversichert bleiben und dass LebensgefährtInnen, die das 27. Lebensjahr überschritten haben, ihren Anspruch auf Mitversicherung ohne jegliche zeitliche Begrenzung behalten.
Ein Anspruch auf kostenlose Mitversicherung soll künftig nur mehr bestehen, wenn mit dem/der Versicherten nicht verwandte Personen mit diesen mindestens zehn Monate in einer Hausgemeinschaft leben und ihm oder ihr unentgeltlich den Haushalt führen, in dieser Partnerschaft Kinder erzogen werden oder der nicht selbst versicherte Partner pflegebedürftig ist oder Pflegeleistungen erbringt, die mindestens der Stufe 7 des Bundespflegegeldgesetzes oder entsprechender Landesgesetze entsprechen.
Wir haben Ihnen bereits sehr ausführlich geschildert, Frau Bundesministerin, dass wir der Meinung sind, dass es hier nach wie vor um Diskriminierungen geht, nämlich um Diskriminierungen gegenüber dem Status der Ehe. Uns erscheinen die 27 Jahre, die Sie hier als Grenze gesetzt haben, als sehr merkwürdig, denn offensichtlich sind dann 27 Jahre schon zu alt für den Arbeitsmarkt. – Ich denke, das ist keine arbeitsmarktpolitische Perspektive, die gehegt werden soll.
Uns geht es vor allem darum, dass Frauenförderung nicht dazu angetan sein kann, auf der einen Seite Frauenförderpläne geltend zu machen, auf der anderen Seite jedoch zig Frauen, die andere Lebensformen für sich gewählt haben – auch Männer natürlich, aber jetzt rede ich aus der frauenpolitischen Perspektive –, zu diskriminieren. Das ist ein Widerspruch in sich, den wir so nicht akzeptieren können – wir haben das auch schon gesagt –, noch dazu, wo die Frauenförderpläne, die von Ihnen hier fest- und niedergeschrieben sind, ohnedies auf einen sehr starken auf Frauenförderung orientierten Kollektivvertrag ausgerichtet sind.
Wir bleiben daher bei unserer Position: Wir bedauern sehr, dass es nicht möglich war, Sie in den Ausschussberatungen und in den letzten Plenarberatungen davon zu überzeugen, dass wir in Österreich versuchen sollten, Menschen nicht zu diskriminieren. Wenn wir – oder wenn Sie – schon gezwungen sind, Gesetze zu reparieren, dann sollten sie wenigstens diskriminierungsfrei sein, was aus unserer Sicht damit und mit dieser Reparatur nicht geschehen ist!
Der zweite Punkt, den wir heute behandeln, ist das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz mit der Schwerarbeiterpension, der Änderung der Berechnung der Witwen- und Witwerpension, der Reisekostenvergütung für freie DienstnehmerInnen und den Bestimmungen über die Versetzung von befristeten Bediensteten in leitenden Sozialversicherungsbereichen.
Zum letzten Punkt kann ich gleich ganz kurz und deutlich sagen: Das ist wieder einmal ein Eingriff, der von unserer Seite nicht erwünscht ist. Man kann nicht immer das Wort „Sozialpartnerschaft“ groß in den Mund nehmen und letzten Endes per Gesetz dort eingreifen, wo es einem nicht passt.
Zu den Änderungen bei der Berechnung der Witwen- und Witwerpension: Auch da haben wir Ihnen im letzten Plenum bereits ein E-Mail vorgelesen, das – so denke ich – allen Fraktionen zur Verfügung gestanden ist, wo eindeutig anhand eines Falles aufge-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 157 |
zeigt wurde, dass die Reparatur, die Sie nun vorgenommen haben, ebenfalls viele Fälle nicht abdeckt. Ich denke, dass diese Reparatur auf Dauer nicht halten kann.
Das Allerärgste ist aber die Schwerarbeiterpension, die Sie jetzt damit regeln. Das ist typisch für Ihre Politik – und so ist es heute schon den ganzen Tag gegangen –: Sie verschlechtern die Situation für viele Menschen und versuchen dann, etwas von diesen vielen und dramatischen Verschlechterungen abzumindern, indem Sie sagen: Na, da machen wir etwas! – Ich denke, Härteausgleichsfonds haben wir zigfach gehabt! Und jetzt sagen Sie: Da machen wir sowieso eine Schwerarbeiter- und Schwerarbeiterinnenregelung!
Sie selbst wissen, dass diese SchwerarbeiterInnenregelung genau für den Personenkreis, für den sie gedacht ist, nicht zum Tragen kommen wird, weil die Schwerarbeit in den letzten 120 Monaten, in den letzten 20 Jahren vor dem Pensionsstichtag erfolgen muss. Sie wissen, dass damit sehr viele Menschen ausgeschlossen werden – gerade Menschen, die unter Umständen viele Jahre Schwerarbeit geleistet haben.
Alles in allem ist es bedauerlich, dass auch sachliche und konstruktive Vorschläge und Kritik bei dieser Bundesregierung auf taube Ohren stößt. Sie ziehen es vor, Gesetze zu beschließen, die vermutlich wieder aufgehoben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)
17.48
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
17.48
Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Ministerinnen! Meine Damen und Herren! Es geht um zwei Einsprüche des Bundesrates, die aus sozialpolitischer Sicht nicht vertretbar sind und wo ich daher um einen Beharrungsbeschluss werbe.
Gegen das erste Gesetz, das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, wurde Einspruch wegen der Schwerarbeiterregelung erhoben. – Lassen Sie kurz Revue passieren, welche Regelung wir getroffen haben: Pensionsreform 2003/2004, Harmonisierung, allgemeine Erhöhung des Frühpensionsantrittsalters. – Daher haben die Bundesregierung und die Mehrheit dieses Hauses versprochen, einen begünstigten Pensionsantritt für Menschen, die in ihrem Arbeitsleben mit Schwerarbeit belastet waren, zu treffen.
Das wurde mit dieser Regelung durchgeführt: 45 Versicherungsjahre, 20 Jahre Beobachtungszeitraum. – Wir sind auch von einem längeren Zeitraum ausgegangen, aber ein sehr verantwortungsvoller Feldversuch der Pensionsversicherung hat uns gezeigt, dass das nicht administrierbar ist, daher gibt es neben der Langzeitversichertenregelung nun auch diese Schwerarbeitsregelung.
Das ist der SPÖ, das ist der Opposition zu wenig. Das soll – von mir aus – eine legitime Haltung sein, aber deshalb die ganze Regelung zu kippen, was der Fall wäre, wenn wir dem Einspruch des Bundesrates folgen würden, meine Damen und Herren, kann doch sozialpolitisch nicht verantwortbar sein! Daher bekennen wir uns dazu, diese Schwerarbeitsregelung in Kraft zu setzen.
Zweiter Punkt: Das Sozialrechts-Änderungsgesetz, wo es eine Menge von Verbesserungen gibt, etwa die Frauenförderungspläne – um nur ein Beispiel für die Sozialversicherungen zu nennen –, etwa die auf Basis einer Einigung im Hauptverband basierenden Regelungen zur Finanzierungssicherstellung der Krankenversicherung, die Ausgleichsfondsregelung. Das wird deshalb beeinsprucht, meine Damen und Herren, weil der Opposition eine verfassungsgerichtshoferkenntniskonforme Regelung der Mitversicherung nicht passt.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 158 |
Ich bezeichne das als sozialpolitisch unverantwortlich, und
daher bitte ich Sie noch einmal, diesen Beharrungsbeschlüssen Ihre
Zustimmung zu geben! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Walch.)
17.51
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.
17.51
Abgeordneter Karl Öllinger
(Grüne): Herr
Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Tancsits war
gerade der Meinung, dem Bundesrat stehe es nicht zu, die gesamte
Schwerarbeiterregelung zu kippen. – Ich sage: Das steht ihm sehr
wohl zu (Abg. Mag. Tancsits: Ja?), und zwar nicht nur aus
formalen Gründen, Herr Kollege Tancsits. Solange aber Sie, Herr Kollege
Tancsits, genauso wenig wie die Frau Bundesministerin mir oder irgendeinem
Menschen, der davon betroffen ist, erklären können, dass es
gerecht sein soll, dass 34 Jahre Schwerarbeit nicht ausreichen, um eine
Schwerarbeitspension zu begründen, aber auf der anderen Seite zehn Jahre
Schwerarbeit sehr wohl ausreichen, um eine Schwerarbeitspension zu
begründen, so lange hat diese Regelung jeden Anspruch verspielt, irgendwie
ernst genommen zu werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
Sie wissen genau so gut wie ich, dass es nicht nur an diesem Punkt hängt. Erklären Sie irgendeinem Menschen – das ist eine Debatte, die wir in Österreich überhaupt nicht geführt haben oder kaum, weil Sie nicht bereit dazu sind –, dass es nach wie vor Gruppen gibt, die nicht unbedingt mit Schwerarbeit zu tun haben, deren durchschnittliches Lebensalter mit 62, 63, 64 Jahren begrenzt ist. Diese haben überhaupt nichts von ihrem Pensionsrecht, von der Schwerarbeiterregelung, man sagt ihnen nur: Tschüss, adieu, wir haben nichts für euch.
Sie sagen hier: Das ist eine wunderbare Neuregelung dessen, was wir im Pensionsrecht geschaffen haben. – Das passt hinten und vorne nicht! Es ist eine schlechte, eine verpfuschte Regelung von A bis Z. Da können Sie noch so stolz sein darauf, dass Sie Kalorien nach Männern und Frauen unterschiedlich zählen. Das ändert nichts daran, dass diese Regelung ihren Ansprüchen – und die Ansprüche würde ich ja ernst nehmen wollen! – nicht gerecht wird.
Daher kann man nur sagen: Danke an den Bundesrat, dass er sich mit dieser Materie auch inhaltlich auseinander gesetzt hat. Und eigentlich Danke dem Bundesrat dafür, dass er die Sache ernst genommen und die Schwerarbeiterregelung auch daraufhin geprüft hat, ob sie adäquat und einem modernen Pensionssystem angemessen ist oder ob sie neue Ungerechtigkeiten schafft.
Jetzt aber zu dem eigentlichen Punkt – und da greife ich mir natürlich aus dem Sozialrechts-Änderungsgesetz das heraus, was am meisten umstritten war: Das war die Mitversicherungsregelung.
Gestatten Sie mir nur – ich will da gar nicht noch einmal ins Detail gehen – einen Punkt! Ursprünglich habe ich mir gedacht: Schlau, klassisch für die Regierungsparteien. Da wird auf der einen Seite dort, wo es etwas kostet, nämlich im Sozialversicherungsrecht, wo es um kostenlose oder begünstigte Mitversicherung geht, das familienpolitische Modell der ÖVP ganz hart durchexerziert. Da lassen Sie sich überhaupt nichts dreinreden. Wer nach anderen Lebensnormen leben will, der soll zahlen – schlicht und ergreifend.
Dann dachte ich: Im Familienrecht – den Vorschlag der Frau Bundesminister Gastinger haben wir ungefähr zur gleichen Zeit behandelt – ist die ÖVP – man glaubt es fast nicht – zu ein paar kleinen Schrittchen bereit! Und dann stellt sich heraus, nicht einmal
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 159 |
diese kleinen Schrittchen will die ÖVP gehen. Nicht einmal ein paar Schrittchen vorwärts stolpern, wo sie ohnehin eher gedrängt wurde – nicht unbedingt vom Koalitionspartner BZÖ, aber doch auch von einer Justizministerin, die etwas eingefordert hat, sondern viel mehr von einer Öffentlichkeit, die das, was die ÖVP an familienpolitischen Vorstellungen hat, schon seit Jahren nicht mehr versteht. Österreich ist weiter als die gesamte ÖVP, das muss man sich einmal vorstellen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Heinisch-Hosek.)
Sie sitzen hier, meine sehr geehrten Damen und Herren von
der ÖVP, um für die Zukunft etwas zu machen, für
Partnerschaften von morgen – und nicht für Partnerschaften
von vorgestern! (Abg. Steibl: Sagen wir: Für Partnerschaften von
heute!)
Ja, was glauben Sie denn, wozu Sie überhaupt noch das
Recht haben, dass Sie auf Ihren antiquierten Familien- und
Partnerschaftsvorstellungen bestehen, die im 19. Jahrhundert angesiedelt
sind. (Abg. Steibl: Sie glauben, Sie haben das Recht, Ihre Vorstellungen
zu präsentieren!) Und genau diesen Geist des 19. Jahrhunderts
können Sie samt der Klimaanlage hier nicht herausbringen! Den
verkörpern Sie in jeder Faser dieses Sozialrechtsgesetzes! Und das
ist furchtbar bitter für die diejenigen, die es betrifft. (Abg. Steibl:
Es geht auch um die Kinder! Kinder haben auch ein Recht, in einer Familie
aufzuwachsen!) Insgesamt kann man nur hoffen, dass die Leute sagen: Bitte
gar schön, dieses Land hat diese ÖVP wirklich nicht verdient! (Beifall
bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
17.57
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.
17.57
Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Werte Damen! Lieber Kollege Öllinger, zur Schwerarbeiterregelung: Der Grund dafür, dass der Bundesrat die Schwerarbeiterregelung beeinsprucht hat, ist doch klar. Das habt ihr von der Opposition ihm angeschafft! Ihr seid nur beleidigt, weil es in Österreich ein Pensionssystem gegeben hat – und da muss ich speziell auf die SPÖ hinweisen –, das zwischen Privilegierten und Nichtprivilegierten unterschieden hat. Diese Regierung hat es geschafft, dass es endlich einmal eine Gleichstellung bei den Pensionssystemen gibt, dass die Pensionen gesichert sind und Gerechtigkeit geschaffen wurde.
Wir haben für jene Menschen, denen sie zusteht, einen
erleichterten Zugang zur Invaliditätspension ab dem
57. Lebensjahr geschaffen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)
Wir haben die Hacklerregelung mit geringeren Abschlägen
verlängert, wir haben einen Pensionskorridor geschaffen (Abg. Eder:
Falsche Rede!) und auf Idee unseres Sozialministers Haupt und
Durchführung von Sozialministerin Haubner ist die Schwerarbeiterregelung
geschaffen worden – und die ist sehr wohl gerecht. (Beifall bei
den Freiheitlichen – BZÖ.)
Diese Schwerarbeiterregelung wird nicht nur vom Max Walch, vom BZÖ und der ÖVP gelobt, sondern sogar von der Arbeiterkammer.
Kollege Keck, Sie haben im Ausschuss behauptet, wie schlecht diese sei und in der Voest zähle niemand dazu. Von der Opposition habe ich immer gehört, die Frauen betreffe dies auch nicht. Soll ich euch vorlesen?
Aus einer Aussendung von der Arbeiterkammer Oberösterreich vom 5. Juli: Schwerarbeitspension. Anträge ab 1. Juli möglich.
Da schreiben sie Folgendes: Frühestens ab Anfang nächsten Jahres können die ersten Arbeitnehmer in Schwerarbeitspension gehen. „Seit 1. Juli 2006 können bei der PVA
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 160 |
(Pensionsversicherungsanstalt) Anträge auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten gestellt werden ...“ Voraussetzung: „... ab dem 60. Lebensjahr, 45 Versicherungsjahre (Ersatzzeiten wie Arbeitslosengeldbezug, etc. zählen mit), 10 Schwerarbeitsjahre innerhalb der letzten 20 Jahre vor dem Stichtag“.
Und dann schreiben sie: „Der Vorteil der Schwerarbeiterregelung“ – Kollege Öllinger – „ist der frühere Pensionsantritt, die geringeren Abschläge ...“ Und jetzt passt auf: „Für Frauen wird die Schwerarbeitsregelung mit 1. Juli 2010 wirksam.“
An die Adresse von Kollegem Keck – da schreiben sie weiter –: „Als Schwerarbeit gilt unter anderem unregelmäßige Nachtarbeit, Arbeit bei Hitze und Kälte, schwere körperliche Arbeit“. Was Kollege Keck im Ausschuss gesagt hat – dass kein einziger Voestler hineinfällt –, ist einfach unrichtig, denn es gibt auch dort einen Durchrechnungszeitraum.
Ich muss wirklich sagen: Der Zugang zur Schwerarbeiterregelung ist gerecht geworden und ist auch durchführbar. Wir sind diese Regierung, die das Pensionssystem in Österreich gesichert hat, die den Menschen, die schwer arbeiten, eine Möglichkeit gegeben hat, dass sie fünf Jahre früher in Pension gehen können, dass sie nur zehn Jahre Schwerarbeit leisten müssen. Wir vertreten die Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich!
Ich ersuche um Zustimmung. (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
18.01
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Sie wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.
18.01
Abgeordnete Gabriele
Heinisch-Hosek (SPÖ):
Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Herr Kollege Walch,
beleidigt sind höchstens die Österreicherinnen und Österreicher,
die Sie mit Gesetzen wie diesem diskriminieren (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch:
Beleidigt sind die ÖGB-Mitglieder!), mit der Beharrung, die Sie heute
beschließen werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die
ÖGB-Mitglieder sind beleidigt, weil das Geld in der Karibik versenkt
worden ist!) Wir sind für sozialpolitische Rückschritte
sicherlich nicht zu haben, Kollege Scheuch, daher haben wir dem Gesamtpaket damals
nicht zugestimmt und werden wir heute der Beharrung schon gar nicht zustimmen,
das ist klar. (Abg. Steibl: Wir haben nichts anderes erwartet von der
SPÖ! – Weitere Zwischenrufe.)
Was die Schwerarbeitsregelung für Frauen betrifft, möchte ich nur hinzufügen: Das ist eine denkbar ungünstige Regelung für Frauen mit sehr vielen Abschlägen. Sie wissen ohnehin, wie wenige Frauen es sind, die diese Anspruchsvoraussetzungen für die Schwerarbeitsregelung erreichen können. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)
Aber ich möchte noch einmal ins Detail gehen und daran erinnern, dass vergangenen Oktober die gesetzlichen Bestimmungen über die Mitversicherung von Lebensgefährten und -gefährtinnen in der Krankenversicherung aufgehoben wurden, weil sie homosexuelle Paare eindeutig diskriminieren. Dann haben Sie fünf Minuten vor zwölf eine Neufassung beschlossen, nämlich im Mai, die diese Diskriminierungen noch ausweitet – das ist heute schon gesagt worden – auf Lebensgemeinschaften, auf heterosexuelle Lebensgemeinschaften, wenn keine Kinder da sind.
Wenn ich in eine dieser Begründungen nur hineinlese und hier Folgendes zitieren darf: „Die Ehe ist nach wie vor die beste Grundlage von stabilen Familien“, dann müssen wir uns schon die Frage stellen, nicht nur wir alle, sondern auch die Österreicherinnen und
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 161 |
Österreicher, denn sie leben ja Familie: Was ist denn Familie? Ist nur Ehe Familie? Oder sind Lebensgemeinschaften vielleicht keine Familienformen, die Sie akzeptieren? (Abg. Dr. Fekter: Nein, das ist überhaupt nicht ...!) – Das tun Sie nämlich nicht mit diesen Gesetzentwürfen. Wenn Menschen – ob Frauen und Frauen, Männer und Männer, Männer und Frauen – zusammenleben wollen, dann akzeptieren Sie das nicht als Familie. So interpretiere ich diese Begründung.
Das ist eigentlich mehr als erschütternd, wenn ich mir die Scheidungsrate in Österreich anschaue: 47 Prozent. (Abg. Murauer: ... keine Familie! Vollkommen richtig!) Es gibt immer weniger Paare, die in aufrechter Ehe zusammenleben wollen oder können, immer mehr, die in Patchwork-Familien leben, die in Lebensgemeinschaften leben. (Abg. Murauer: ... zwei Männer keine Familie, Frau Kollegin! Wo ist da der Unterschied?) Das alles nehmen Sie damit nicht zur Kenntnis, nicht einmal unseren Vorschlag, diesen Gesetzentwurf zur eingetragenen Partnerschaft einer eheähnlichen Gemeinschaft von homosexuellen Paaren.
Wenn ich Herrn Kollegen Tancsits zitieren darf, der dem „Standard“ gegenüber gesagt hat: „Geh nicht zum Fürst, wenn Du nicht gerufen wirst“, und damit gemeint hat: homosexuelle Paare und diese Mitversicherungs-Geschichten, so ist das schon sehr, sehr arrogant, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wenn Kollegin Fekter gesagt hat: sie wollen ja nur ein Signal haben, die Schwulen, und das werden sie von der ÖVP nicht kriegen, da geht es nämlich ums Geld, und das wollen sie haben, Erbrecht, Witwenpension, das kommt für uns nicht in Frage, Ehe ist nur zwischen Mann und Frau – dann entlarven Sie sich natürlich selber!
Ich bin einer Meinung mit Michael Völker vom „Standard“, der dort am 10. Juli 2006 geschrieben hat:
„Die ÖVP erweist sich damit wieder einmal als stockkonservative Partei, die eine verstaubte Ideologie über die Bedürfnisse und die Lebensrealität vieler Menschen stellt. Die vermeintlichen Werte, die man hier zu vertreten glaubt, sind lebensfeindlich und alles andere als christlich-sozial.“
Mehr ist dazu nicht zu sagen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
18.04
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
18.04
Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Was Kollegin Heinisch-Hosek jetzt vorgebracht hat, geht, glaube ich, schon ein bisschen zu weit. (Abg. Heinisch-Hosek: Ich habe zitiert!) Ich denke, das Wort „christlich-sozial“ im Zusammenhang mit dieser Rede in den Mund zu nehmen ist nicht christlich-sozial. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Außerdem möchte ich Ihnen sagen: Es gibt eine kostenlose Mitversicherung, wenn Kinder da sind. Die Argumentation der Opposition in Bezug auf die Mitversicherung ist für mich nicht klar, wenn sie behauptet, dass mit der vorliegenden Neuregelung die Diskriminierung nicht beseitigt, sondern ausgeweitet wird.
Ich wiederhole: Mit dem Abänderungsantrag wird den Intentionen des Verfassungsgerichtshofes vollinhaltlich entsprochen und – noch einmal sei darauf hingewiesen – auf Kinder abgestellt. Der Gesetzgeber hätte ohneweiters eine familienpolitische Zielsetzung durch eine Einschränkung auf eine Hausgemeinschaft mit Kindern vornehmen können. Das würde durchaus nicht dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen. Im Hin-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 162 |
blick auf ebendieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist der Einspruch des Bundesrates und auch die Haltung der Opposition völlig haltlos!
Mit der Neuregelung werden zwei Ziele umgesetzt – umgesetzt, das muss man auch dazusagen –, zum einen das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, indem kein Bezug mehr auf das Geschlechtermerkmal vorkommt, und zum Zweiten wird die familienpolitische Zielsetzung explizit in das Gesetz aufgenommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese neuen Bestimmungen nicht einfach so in das Gesetz aufgenommen. Es ist dies weder ein sozialpolitischer Rückschritt noch eine Diskriminierung anderer Lebensformen; das möchte ich der SPÖ und den Grünen wirklich mit auf den Weg geben. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Mitversicherung aller Haushaltsführenden zu ermöglichen. Für Personen – das ist schon gesagt worden (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) –, die am 31. Juli 2006 das 27. Lebensjahr bereits vollendet haben, ändert sich ja nichts.
Ich darf Sie noch einmal darauf hinweisen, dass wir mit
dieser Neuregelung absolut verfassungskonform vorgehen. Über Familie und
Ehe können wir später einmal diskutieren. (Abg. Mag. Lunacek:
Im nächsten Jahrtausend!) Für uns, oder für mich, hat Ehe
eine große Wertigkeit. (Beifall des Abg. Murauer.) Dass
nicht alle das Glück haben, Ehe zu leben und länger zu leben,
das ist wieder eine andere Sache. (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
18.07
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
18.07
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Meine Damen und Herren! Was Kollegin Ridi Steibl gemeint hat – über Fragen von Ehe, Gleichstellung und Ähnliches können wir später einmal diskutieren – und wenn die ÖVP ankündigt: „später einmal“, dann, glaube ich, denken Sie wahrscheinlich in Jahrzehnten, wenn nicht gar in Jahrhunderten. (Abg. Öllinger: In Jahrtausenden! – Abg. Steibl: Wir denken im Jahr 2006!)
Frau Kollegin, im nächsten Jahrhundert ist es ein
bisschen sehr spät. Und auf jeden Fall in Jahrtausenden – aber
einen Trost gibt es: Da werden Sie auf keinen Fall mehr an der Regierung sein.
Hoffentlich auch schon im nächsten Jahr nicht mehr, damit wir endlich
tatsächliche Gleichstellungen erreichen! (Beifall bei den Grünen
und der SPÖ. – Abg. Steibl: Das wünsche ich der
österreichischen Bevölkerung nicht! – Zwischenruf des
Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)
Aber zurück zum Hauptthema: Es ist von den Vorrednerinnen und -rednern von Grünen und SPÖ schon gesagt worden, dass für uns – und deswegen gab es ja auch den Einspruch der beiden Parteien im Bundesrat – diese Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses zur Mitversicherung auf keinen Fall akzeptabel ist. Die Befürchtung, die manche von uns schon hatten, als wir den VfGH-Beschluss genau gelesen hatten, dass nämlich hier der Weg offen gehalten wird für eine verstärkte, aus unserer Sicht unbegründete Privilegierung der Ehe – den haben Sie leider gewählt: Sie ermöglichen jetzt tatsächlich die Möglichkeit der Mitversicherung für kinderlose Paare nur in der Ehe, statt das überhaupt abzuschaffen. Das wäre die richtige Variante gewesen. Aber das gilt nur mehr für die Ehe und nicht auch für verschiedengeschlechtliche unverheiratete Paar wie bisher.
Das heißt, Sie haben neuerlich gleichgeschlechtliche Paare diskriminiert. (Abg. Dr. Fekter: Überhaupt nicht!) Die können nämlich nicht heiraten, wie Sie ja wissen – wie Sie leider wissen und wie Sie das auch weiterhin verteidigen: Die können nicht hei-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 163 |
raten. (Abg. Dr. Fekter: Aber sie können sich mitversichern lassen, wenn sie Kinder haben!) In dem Sinn kann ich nur sagen: Ihre Umsetzung ist unserer Meinung nach nicht die richtige, sie widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, und deswegen wird es von uns sicher auch keine Zustimmung zu dem Beharrungsbeschluss geben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da wäre ich überrascht gewesen!)
Aber ich sehe das Ganze noch in einem größeren Rahmen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das bestätigt unseren Weg!), nämlich in dem, der in den letzten Tagen und Wochen die Debatte um das Familienrechtspaket, das Ministerin Gastinger vorgeschlagen hat, dominiert hat. Zuerst hat schon die eigene Fraktion, die eigene Partei sie zurückgepfiffen – das ging dem BZÖ zu weit –, und zum Schluss auch die ÖVP.
Ich war schon sehr erstaunt, Frau Kollegin Fekter, als Sie vor wenigen Tagen gemeint haben: Nicht einmal mehr dieses Minipaket der Ministerin Gastinger kann die ÖVP akzeptieren. (Abg. Dr. Jarolim: Wir auch!) Wie ich mich erinnere, ist es etwas weniger als zwei Jahre her: Im Sommer 2004 hat Ihr steirischer Kollege Christopher Drexler eine heftige Debatte ausgelöst, weil er für Eingetragene Partnerschaften eingetreten ist – viel mehr, als jetzt Ministerin Gastinger verlangt hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Die ÖVP hat danach einen Arbeitskreis eingerichtet, wie man das eben so tut in der Politik. Der Arbeitskreis hat ein paar Wochen lang getagt, und dann – es war der 22. September 2004, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern – trat Generalsekretär Lopatka an die Öffentlichkeit. Er präsentierte das Ergebnis des ÖVP-Arbeitskreises, die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen mit heterosexuellen Lebensgemeinschaften, und sagte: Das ist jetzt der große Wurf, die ÖVP hat tatsächlich etwas erreicht, und hier ist etwas weitergegangen.
Als wir uns das genauer angeschaut haben, haben wir festgestellt: na ja, ein paar Dinge würden schon verbessert werden, aber gleichzeitig gibt es auch jene, die gerade im finanziellen Bereich neue Pflichten aufmachen, zum Beispiel in dem Bereich, dass das Haushaltseinkommen mit einbezogen wird. Im Gesamten war das eine Bilanz, dass wir gesagt haben: Wenn Sie es machen würden, wäre es schon okay, aber die wirkliche Gleichstellung ist es nicht.
Das Erstaunliche war: Diese Vorschläge der ÖVP haben nie das Licht dieses Parlaments erblickt, hier gab es nie einen Entwurf. Sie sind doch Regierungspartei; worauf warten Sie denn? (Abg. Dr. Fekter: Die Justizministerin ist am Wort!) – Der Justizministerin hätten Sie es ja vorschlagen können, sie hätte sicher zugestimmt. Aber nicht einmal das haben Sie sich getraut. Der Mut der ÖVP ist mehr als im Keller, was das betrifft. Jetzt gehen Sie noch dazu her und sagen: Nein, gar nichts davon kommt in Frage!
Das Zitat von Ihnen, Frau Fekter, aus dem „Standard“, das Kollegin Heinisch-Hosek soeben vorgebracht hat und in dem Sie die gleichgeschlechtlichen Paare quasi kritisieren: nur Geld wollen sie haben, Erbrecht und Steuerrecht – wissen Sie, was lesbische und schwule Paare in diesem Land schon lange haben? – Sie haben die Pflichten füreinander! Paare, die seit Jahren, zum Teil Jahrzehnten zusammen sind, was glauben Sie denn, was die tun? Glauben Sie, die verlassen einander in dem Moment, in dem es Schwierigkeiten gibt, in dem es Geldschwierigkeiten gibt? (Abg. Dr. Fekter: Aber Sie fordern ...!)
Ich kenne genügend Paare, die seit Jahren und Jahrzehnten beisammen sind und diese Pflichten teilen. (Abg. Dr. Fekter: Frau Kollegin Lunacek, kennen Sie Ihre eigenen Vorschläge nicht?) Vor kurzem habe ich auf der Regenbogenparade sogar wieder jenes Paar getroffen, das seit 54 Jahren zusammen ist und die Pflichten seit 54 Jahren hat – aber von Rechten weit entfernt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 164 |
Werfen Sie uns also nicht vor, dass wir nur die Rechte und das Geld wollen! Die Pflichten füreinander haben Lesben und Schwule schon lange, und so machen sie es auch, wie das eben in Partnerschaften so ist. Nur die Rechte – weit davon entfernt!
Ich kann nur damit schließen, dass ich mich den Worten meines Kollegen Öllinger anschließe: Die ÖVP ist einfach nicht bereit, das wahrzunehmen, was in der österreichischen Bevölkerung Realität ist: dass es andere Familienformen als die Ehe gibt ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja keine Familie! Das ist ...!) – Das sind auch Familien, Frau Kollegin Partik-Pablé, und in Österreich leben Hunderte von Kindern in Familien mit zwei Vätern oder zwei Müttern! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber das ist keine Familie, wenn zwei Männer zusammenleben!) Das kommt vor, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen! Und die Rechte für diese Kinder sollten Sie endlich einmal wahrnehmen und ernst nehmen.
Ich weiß, dass Sie das nicht vorhaben, deswegen ist es auch notwendig, dass diese Regierung abgewählt wird. Die österreichische Bevölkerung ist weiter als Sie, und das wird sie Ihnen hoffentlich bei der kommenden Wahl auch ausrichten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
18.13
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.
18.14
Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die beiden Ministerinnen! Hohes Haus! Der Einspruch des Bundesrates zum Sozialrechts-Änderungsgesetz mit der Begründung der Diskriminierung im Bereich der Mitversicherung von Lebenspartnern kann von uns nicht nachvollzogen werden, weil dieses Argument nicht stimmt. Ganz im Gegenteil: Mit der vorliegenden Fassung des zu beschließenden Gesetzes entsprechen wir vollinhaltlich den Intentionen des Verfassungsgerichtshofes und beweisen die Familienfreundlichkeit dieser Bundesregierung. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Jetzt reicht es aber! Jetzt reicht es wirklich!)
Durch die Herausnahme des Begriffes „andersgeschlechtliche“ ist die geforderte Gleichstellung erfüllt – so ist es, Herr Kollege Öllinger –, und dass die Mitversicherung des Lebensgefährten auf Leistungen abgestellt ist, nämlich auf jene der Kindererziehung, ist richtig und gerechtfertigt.
Unsere Kinder und eine gute Kinderbetreuung sind heute mehr denn je ein wichtiges Anliegen. Dass hier von dieser Bundesregierung viel getan wurde, kann nicht in Abrede gestellt werden, vor allem im Sinne der Familien. Das Kinderbetreuungsgeld ist nicht das einzige Zeichen dafür. Auch dieses Gesetz ist ein weiterer Schritt, um optimale Voraussetzungen für Eltern zu schaffen, die ihre Kinder selbst erziehen wollen. (Abg. Öllinger: „Optimale Voraussetzungen“?) – Selbstverständlich, Herr Kollege Öllinger! (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
Bezüglich der Kritik aus den Reihen der Opposition, dass die Ehe gegenüber der Lebensgemeinschaft besser gestellt wird, muss man wohl eines klar anmerken: In der Ehe gibt es, im Gegensatz zur Lebensgemeinschaft, für die Partner Rechte und Pflichten wie zum Beispiel die Unterhaltspflicht. Daher ist es schon richtig, dass wir die Ehe als verbindliche Partnerschaft, in der Menschen Pflichten gegenüber ihrem Partner eingehen, fördern und unterstützen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jede Menge!)
Wichtig sind uns aber vor allem die Familienleistungen. Abschließend daher ein klares Ja zur Mitversicherung für partnerschaftliche Familienleistungen in Kinderbetreuung
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 165 |
oder Pflege, und ein klares Ja zum Beharrungsbeschluss! (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
18.16
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Keck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Kollegin Fekter, haben Sie den „Standard“ mit dem „verzopften Weltbild“ gelesen?)
18.16
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsident! Frauen Ministerinnen! Kollege Walch, es ist immer wieder erheiternd, dir hier am Podium zuzuhören, wenn du Aussendungen der Arbeiterkammer Oberösterreich vorliest, die den Tatsachen entsprechen, wie du gesagt hast. Was hat die Arbeiterkammer Oberösterreich in dieser Aussendung gesagt? – Dass man ab 1. Juli 2006 einen Antrag für diese Schwerarbeiterpension stellen kann. Alles vollkommen richtig, aber das Problem ist – Kollege Walch, vielleicht weißt du das nicht, und Sie, Frau Minister, auch nicht –, es gibt noch keine Anträge für diese Schwerarbeiterpension bei der PVA. Das heißt, weil noch keine Formulare aufliegen, kann man die Anträge nicht stellen.
In diese Schwerarbeiterpension – das sagt auch die Arbeiterkammer – kann man mit 60 gehen, Kollege Walch, aber nur dann, wenn man die Kriterien erfüllt. Wie schauen denn diese Kriterien aus? – Da gibt es eine Formel, die 45 : 60 : 20 : 10 heißt: 45 Versicherungsjahre, das 60. Lebensjahr vollendet, in den letzten 20 Jahren der Beschäftigung zehn Jahre Schwerarbeit geleistet. Wer das nicht erfüllt, ist durchgefallen. – Kriterium eins.
Die nächsten Kriterien heißen zum Beispiel Hitze und Kälte, wie du erwähnt hast. Aber dieses Kriterium der Hitze und Kälte gibt es im Nachtschwerarbeitsgesetz schon seit 1981, und seit 1981 – das ist eine Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt – ist in Österreich noch kein Mensch auf Grund dieses Kriteriums in Pension gegangen.
Das nächste Kriterium sind die Kalorien: 2 000 für Männer, 1 400 für Frauen. Auch dieses Kriterium gibt es im NSchG schon seit 1981, und auch da lautet die Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt: Seit 1981 ist auf Grund dieses Kriteriums noch keiner in Pension gegangen, weil die Kalorienmengen nicht messbar sind. Da gibt es Messmethoden, die unzumutbar und unmenschlich sind – ich habe schon das letzte Mal erklärt, wie diese Messmethoden ausschauen –, und auf Grund dieser Methoden kann man einfach nicht messen, wie viele Kalorien jemand verbrennt. Daher kann man auf diese Weise auch nicht in Pension gehen.
Das nächste Kriterium sind die Nachtschichten. Dieses Kriterium ist auch im NSchG enthalten. Aber da ist nicht alles aus dem NSchG herausgenommen worden, sondern dieses Kriterium ist in der Schwerarbeiterregelung verschlechtert worden gegenüber dem NSchG. Denn dieses Kriterium sagt aus: sechs Nachtschichten pro Monat, und es gibt keinen Durchrechnungszeitraum wie im NSchG.
Wenn du, Kollege Walch, sagst, dass es einen Durchrechnungszeitraum gibt, dann muss ich dich dasselbe fragen wie den Kollegen Dolinschek im Sozialausschuss. Er hat auch gesagt, dass es einen Durchrechnungszeitraum gibt. Als ich ihn aber gefragt habe: wo steht das, bitte?, hat er zugeben müssen: es gibt eigentlich noch keinen Durchrechnungszeitraum, aber es wird eine Expertengruppe eingerichtet, die sich dieser Problematik annimmt.
Meine Damen und Herren, Folgendes muss ich auch sagen: Ich brauche keine Expertengruppe, sondern ich nehme den kompletten Passus des Nachtschwerarbeitsgesetzes in die Schwerarbeiterregelung hinein. Dann brauche ich keine Schwerarbeitergruppe, sondern dann ist ein Durchrechnungszeitraum gegeben, sodass zumindest die
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 166 |
Menschen, die in einem Wechsel- und Schichtdienst sind, diese Schwerarbeiterregelung in Anspruch nehmen könnten, wenn sie alles erfüllen.
Aber eines war im Ausschuss auch schon klar, wenn wir hier zitieren, Kollege Walch: Auch du hast im Ausschuss angegeben, dass es in deiner Firma keinen Bauarbeiter im Alter von 55 Jahren gibt. Ich kann dir nur sagen, es gibt eine Auswertung der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, die zeigt, dass jährlich etwa 1 700 Bauarbeiter zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr die Bauwirtschaft verlassen. Diese Auswertung verdeutlicht, dass Bauarbeiter zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr zwar insgesamt deutlich mehr als zehn Schwerarbeitsjahre vorweisen, aber die Anforderung von zehn Schwerarbeitsjahren in den letzten 20 Jahren nicht erfüllen können. Das heißt, dass auch die Bauarbeiter nicht hineinfallen.
Ich kann dir und auch deiner Partei nur eines versprechen, Kollege Walch (Abg. Walch: Die gehen eh früher, Kollege!): Arbeitnehmer, die solch einem Gesetz zustimmen, werden bei der Wahl einen Denkzettel bekommen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Denn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Österreichs werden eurer Partei die Stimme garantiert nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.)
18.19
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.
18.20
Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vielleicht noch einmal kurz zur Schwerarbeiterregelung Stellung nehmen. Ich denke, es ist ein Gesetz, es ist eine Verordnung, die sehr lange und sehr intensiv hier in diesem Haus, aber auch im Vorfeld diskutiert wurde. Das war richtig und gut so, denn wir betreten mit dieser Regelung Neuland. (Abg. Öllinger: Gefährliches Neuland!)
Wir haben in diesem Bereich, gerade bei der Zusammenlegung der Pensionssysteme, aber auch im Bereich des verbesserten und vor allem des flexiblen Zugangs zur Alterspension verschiedene Schienen eingezogen. Ich weise darauf hin, dass es nach wie vor die Möglichkeit gibt, wenn Menschen berufsunfähig sind, wenn sie krank sind, wenn sie invalid sind, früher in Pension zu gehen.
Wir haben die Möglichkeit, die Korridor-Pension als einen flexiblen Übergang zu wählen, und wir haben die Schwerarbeiterregelung eingeführt, eine Regelung, die – und das möchte ich hier noch einmal erwähnen – nicht Ersatz und nicht Alternative für eine Berufsunfähigkeitsregelung ist, sondern ein gutes Modell, das schwerst arbeitenden Menschen in Österreich, schwerst arbeitenden Menschen am Bau, schwerst arbeitenden Menschen in der Pflege ermöglicht, vorzeitig und verdient in die Pension zu gehen, fünf Jahre früher in den Ruhestand zu gehen, mit wesentlich geringeren Abschlägen als bei der Invaliditätspension, als bei der Korridor-Pension und gedeckelt, also jährlich 1,8 Prozent gedeckelt mit 9 Prozent.
Wir haben damit, und davon bin ich überzeugt, ein sehr treffsicheres Modell, ein sehr faires und gerechtes Modell geschaffen, das vor allem auch umsetzbar ist. Und das war ja auch ein Teil der Diskussion der letzten Monate.
An dieser Stelle möchte ich mich einmal sehr herzlich bedanken bei allen, die an der Entwicklung und Weiterentwicklung dieser Schwerarbeiterregelung sehr positiv gearbeitet haben, bei den Vertretern der Pensionsversicherungsanstalt, bei den Vertretern der Sozialpartner und auch der Interessenvertretung, die, auch jetzt noch, sehr viele Ideen und Details eingebracht haben. Vor allem möchte ich hier aber den Beamten meines Hauses sehr herzlich danken, denn sie haben die Zeit seit der letzten Be-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 167 |
schlussfassung hier im Nationalrat sehr gut genützt und haben in einer sehr konstruktiven Arbeitsgruppe einige Dinge klargestellt beziehungsweise Empfehlungen erarbeitet, die demnächst auch an den Hauptverband gehen werden.
Ich darf Ihnen vielleicht auch einige dieser Empfehlungen zu Gehör bringen, denn ich möchte nicht, dass hier immer unrichtige und unwahre Behauptungen in den Raum gestellt werden.
Zum Beispiel wird es eine Empfehlung seitens unseres Hauses geben, dass bei Schicht- und Wechseldienst von einer Durchschnittsbetrachtung im Kalenderjahr ausgegangen wird. Das heißt, wenn jemand nicht immer an sechs Tagen Schicht- oder Wechseldienst hat, sondern in einem Monat nur vier Tage und im nächsten Monat zum Beispiel acht Tage, so zählen diese Monate jedenfalls als Schwerarbeitsmonate, da der Durchschnitt im Kalenderjahr herangezogen wird.
Wir werden auch das Schwerarbeitsmonat bei einer Teilzeitbeschäftigung genehmigen. Das ist besonders wichtig, denn gerade im Pflegebereich haben wir sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf Grund der Schwere der Tätigkeit Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse ausüben.
Darüber hinaus wird auch der Urlaub als Schwerarbeit gerechnet, wenn Sie so wollen, das heißt, der Urlaub unterbricht die Schwerarbeit nicht, und das ist auch richtig und gerecht.
Weiters haben wir sichergestellt, dass, wenn jemand mit 60 Jahren die Voraussetzungen für die Schwerarbeiterregelung erfüllen würde, aber aus irgendeinem Grund noch ein oder zwei Jahre einer leichten Tätigkeit nachgeht, der Anspruch auf diese Schwerarbeitspension nicht verloren geht.
Weiters werden wir auch sicherstellen, dass mehrfach geringfügig beschäftigte Personen, die eine schwere Tätigkeit ausüben, auch unter diese Schwerarbeitsregelung fallen.
Hier habe ich Ihnen nur einige wesentliche Empfehlungen aufgezählt, die Ergebnis einer wichtigen Arbeitsgruppe sind, die nun an den Hauptverband überreicht werden, damit dann der Hauptverband in der Vollziehung dieser Schwerarbeiterregelung die Dinge genau durchziehen kann. (Abg. Öllinger: Das ist ja ein Scherz! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die
Schwerarbeiterregelung eine nicht so schlechte Regelung sein kann, beweist
auch, dass das Bundesland Salzburg als eines der ersten Bundesländer die
Verordnung, so wie wir sie auch hier im Parlament diskutiert haben, so wie ich sie auch dem Ministerrat vorgelegt
habe, mit den Tätigkeiten, die von Vertreterinnen und Vertretern der
Opposition immer wieder kritisiert werden, in die Begutachtung geschickt
hat. Ich denke, Sie wissen alle, dass das Bundesland Salzburg eine
sozialdemokratische Mehrheit in der Regierung hat, eine sozialdemokratische
Landeshauptfrau. Ich denke, sie hat damit gezeigt, dass man nicht nur reden
soll, sondern dass man auch auf Landesebene rechtzeitig handeln kann und
rechtzeitig handeln soll.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren, daher ist diese Schwerarbeiterregelung ein wichtiger
Stein in der Entwicklung eines nachhaltigen Pensionssystems, das auf europäischer
Ebene keinen Vergleich zu scheuen braucht. Ganz wichtig ist auch, dass es ein
System ist, das nicht nur heute den Pensionistinnen und Pensionisten die
Möglichkeit einer sicheren Pension gibt, sondern auch unserer
Jugend. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
18.26
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 168 |
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
18.26
Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Eine Sozialdebatte kann ohne weiteres kontroversiell geführt werden. (Abg. Dr. Puswald: Das muss sie auch!) Und muss das auch, okay.
Ich habe mit Interesse diese Debatte verfolgt. Wir haben von Ihnen sehr oft gute Wünsche für die nächste Wahl mitgeteilt bekommen. Dieser nächsten Wahl sehen wir nicht gelassen, sondern sehr, sehr sachlich entgegen, denn wir haben in diesen Jahren gute Arbeit geleistet. Wissen Sie, Politik besteht nicht nur darin, an die nächste Wahl zu denken, sondern auch darin, in die Zukunft zu denken. (Beifall bei der ÖVP.)
Deshalb war die Pensionsreform, wie wir sie gemacht haben, richtig. In der Zwischenzeit hat es auch viele Mitteilungen diesbezüglich gegeben, die besagen, dass Österreich hier wie in vielen anderen Dingen beispielhaft ist.
Wenn der Bundesrat die Schwerarbeiterregelung beeinsprucht, dann ist das das gute Recht des Bundesrates, keine Frage, wenn es aber dieselbe Fraktion macht, die in einem Bundesland, nämlich Salzburg, wie wir gehört haben, Gleiches macht und dort für gut erachtet, es aber, wenn es auf Bundesebene geschieht, ablehnt, dann weiß ich nicht, wie es um Ihre internen Beziehungen steht, dann weiß ich auch nicht, wie Ihre Ausrichtung in der Sozialpolitik ist. Das kommt mir genauso vor wie bei der Ortstafeldiskussion. Hier sagt man nein, und in Kärnten sagt man: Wenn diese Regelung nur schon kommen würde! Sie müssen einmal schauen, wie Sie in Ihrer eigenen Partei eine Linie finden. Es wäre für die gesamte Sache wirklich gut.
Jedenfalls werden wir diesen Einspruch als solchen nicht zur Kenntnis nehmen, sondern werden darauf beharren.
Punkt 2: Es geht um die Mitversicherung. – Meine
Damen und Herren! Sie sind die, die immer erzählen, wie schlimm die
Sozialpolitik in Österreich ist. Wir haben im Jahr 2001 die
beitragsfreie Mitversicherung der Ehegatten aufgehoben, und das mit gutem
Grund, weil wir glaubten, dass man hier eine Korrektur braucht. Es gab
allerdings die Möglichkeit der Satzungsbestimmung. Von der haben ein paar
Sozialversicherungen Gebrauch gemacht, aber es war ganz klar festgeschrieben,
dass die Eigenfinanzierbarkeit eine Satzungsbestimmung ermöglichen
muss. Das war aber nicht das Thema. Das Thema war, dass eine Klage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht wurde
und der VfGH diese Möglichkeit einer Satzungsbestimmung aufgehoben hat.
Nun gibt es die neue Regelung, die wir in zweiter Lesung wohl überlegt
hier vorgetragen, diskutiert und dann auch beschlossen haben.
Es gibt die
beitragsfreie Mitversicherung für EhepartnerInnen und
haushaltsführende HausgenossInnen – auch gleichgeschlechtlich,
Frau Kollegin Lunacek – mit den oben angeführten
Betreuungspflichten. Darunter verstehen wir Kindererziehung und darunter
verstehen wir Angehörigenpflege ab Pflegestufe 4. Eine sehr korrekte
Sache, und dabei wird es auch bleiben, weil wir uns diese Dinge wohl
überlegt haben.
Für Ehepaare
ohne die oben genannten Betreuungspflichten gibt es die Möglichkeit eines
Zusatzbeitrages, das heißt einer ermäßigten Beitragsleistung,
und für Lebensgemeinschaften eben nicht. Das ist unsere
Wertausrichtung, das ist unser Standpunkt, zu dem stehen wir, und den werden
wir auch heute wieder bejahen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 169 |
Sie können ohne weiteres mit uns über Ihre Standpunkte diskutieren, zwar nicht heute, aber dazu wird es noch Gelegenheit genug geben, wenn die Wahl für Sie gut ausgeht. (Beifall bei der ÖVP.)
18.30
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
18.30
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl
(SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! In
der Frage der Mitversicherung hat der VfGH dazu aufgefordert, die Regelung neu
zu machen, weil er eine Diskriminierung festgestellt hat, und was Sie
jetzt machen, ist nicht die Beseitigung dieser Diskriminierung, sondern diese
Diskriminierung wird statt beseitigt weiter ausgebaut. Daran ist einfach
nicht zu rütteln. Frau Kollegin
Steibl, es ist diese Regelung sehr wohl ein sozialpolitischer Rückschritt
und eine Diskriminierung bestimmter Lebensformen. (Abg. Silhavy: Steibl hört das nicht,
weil sie nicht da ist!)
Kollege Donabauer
hat das jetzt auch bestätigt und hat gesagt – das finde ich
auch okay, wenn Sie sagen, ich stehe dazu, das entspricht unserer
Politik –: Jawohl, es entspricht unserer Wertausrichtung. Es
entspricht unserer Wertausrichtung, bestimmte Lebensformen zu bevorzugen und
bestimmte Lebensformen zu benachteiligen. Ich bin ja für offene Worte,
dann können wir auch die entsprechende Auseinandersetzung führen.
Sie beweisen Ihre
Wertausrichtung, sagen Sie, mit dieser Vorlage in vielschichtiger Form, Ihr
„verzopftes Weltbild“, Ihr „verzopftes Familienbild“,
so der heutige „Standard“ in Bezug auf Kollegin Fekter, die in
diesem Artikel ihre Position vertritt. Es ist tatsächlich ein Musterbeispiel
dafür, dass Sie eben bestimmte Lebensformen diskriminieren, weil Sie sie
nicht wollen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist keine Diskriminierung, das ist ein
Unterschied!) Sie
diskriminieren die Lebensgemeinschaft gegenüber der Ehe, Sie diskriminieren
die kinderlosen Frauen gegenüber Frauen, die Kinder haben, und Sie diskriminieren
die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gegenüber den heterosexuellen
Partnerschaften! (Abg. Dr. Fekter: Sich
immer nur die Rosinen rauspicken ohne Verpflichtungen, das geht eben
nicht! – Abg. Silhavy: So einen Holler hab’ ich noch nicht
gehört!)
Es geht um gleiche
Rechte und gleiche Pflichten, Frau Kollegin Fekter! Machen Sie nicht auf der
einen Seite die Augen zu und sehen Sie nur den einen Teil! Es geht darum,
tatsächlich beide Teile in gleicher Weise zu berücksichtigen,
für alle Lebensformen die gleichen Rechte und Pflichten vorzusehen.
Wenn Sie hier Ihre
Haltung damit begründen, dass die Ehe nach wie vor die beste Grundlage ist
und die Ehe eine erhöhte Bestandssicherheit hat, und wir gleichzeitig
wissen, dass die Hälfte der Ehen heute geschieden wird, kann ich nur Frau
Kollegin Brinek zitieren, von der ich in den letzten Tagen in einer
Zeitung – ich weiß es jetzt nicht mehr wörtlich –
sinngemäß gelesen habe, dass sie einfordert: Machen wir doch Gesetze
für die Welt von heute! – Diesen Satz der Kollegin Brinek kann ich
zu hundert Prozent unterschreiben. (Abg. Dr. Fekter: Ich auch!)
Diese Vorlage
widerspricht dem, was Kollegin Brinek selbst Ihnen eigentlich als Maßstab
gesetzt hat. 300 000 Partnerschaften, Lebensgemeinschaften gibt es im
Land. Sie diskriminieren sie weiter, weil Sie sie nicht wollen, weil sie Ihrem
Wertesystem nicht entsprechen. – Danke für die offenen Worte.
In diesem Sinne können wir dem Beharrungsbeschluss selbstverständlich nicht zustimmen. Ich finde nur interessant, dass es zum Thema der Mitversicherung sowohl im Ausschuss keine Stellungnahme der Ministerin gegeben hat wie auch hier bis jetzt
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 170 |
nicht. Vielleicht könnte es auch zu dem Thema noch eine Stellungnahme von der Regierungsbank geben. (Beifall bei der SPÖ.)
18.34
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Schöls zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
18.34
Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Standort bestimmt den Standpunkt, und ich vermisse bei den Abgeordneten der SPÖ heute den Button, den sie vor einigen Wochen so stolz getragen haben, nämlich die „Sackgasse“, denn Sie befinden sich mit Ihrer Politik in der Sackgasse, und Sie demonstrieren das eigentlich tagein, tagaus, indem Sie verdienten Gewerkschaftsfunktionären sagen, sie sind nicht reif für das Hohe Haus. Herr Kollege Katzian genießt die letzten Stunden, die er noch als Abgeordneter herinnen sitzen darf. Sie teilen die Gewerkschaftsfunktionäre als Zettelverteiler und Plakatierer ein und haben kein Verständnis für Sozialpolitik.
Sie haben uns heute in der Diskussion um die Ortstafeln auch klar gezeigt, dass Sie der Genossin Schaunig von hier die lange Nase zeigen, wenn sie sagt, sie hat eine andere Position. (Abg. Silhavy: Unglaublich!) Und genauso ignorieren Sie die Aussage des Genossen Haas, der in der Frage des 20-Jahre-Beobachtungszeitraums klar festgestellt hat, dass das nicht geht. Ihr ignoriert auch die Wünsche der Betroffenen, und da spreche ich jetzt Kollegen Parnigoni an, der nicht da ist; Kollege Pendl ist ja da. Durch den Einspruch, den Sie im Bundesrat eingebracht haben, der nicht im Interesse der Verfassung ist ... (Abg. Heinisch-Hosek: Der sitzt aber nicht im Bundesrat!)
Kollege Parnigoni sitzt nicht im Bundesrat, aber die SPÖ-Abgeordneten im Bundesrat hätten gewollt, dass für die Justizwachebeamten die Schwerarbeiterregelung nicht kommt. Kollege Pendl! Wir werden es im kommenden Nationalratswahlkampf sagen, was gewesen wäre. (Abg. Silhavy: Da lachen euch ohnehin alle aus!) Kollege Parnigoni, der Beschützer aller Polizisten, ist nicht da. Auch die Polizisten würden nicht in den Genuss der Schwerarbeiterregelung kommen. Also bitte taktiert hier nicht herum, sondern sagt, dass ihr nicht wollt, dass diese Bundesregierung vernünftige Sozialgesetze macht, so wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben! Wir werden es weiter machen.
Wenn sich Kollege Keck hier lustig macht über die Kalorienbestimmung und gleichzeitig sagt, dass das in den alten NSchG-Bestimmungen schon drinnen war, dann sage ich euch: Das waren sozialistische Sozialminister, die das gewollt haben. Deshalb tut nicht so, als ob ihr in eurer Zeit die Besten gewesen wärt und jetzt nichts Gutes dabei wäre.
Da sich Kollegin
Csörgits schon auf ihre nächste Rede vorbereitet, nehme ich an, dass
sie als Mitglied des Präsidiums des ÖGB auch das Problem hat, dass
ihr Zentralbetriebsratsvorsitzender auch der Meinung ist, dass der
ÖGB, wenn es um die eigenen Beschäftigten geht, ein schlechter
Dienstgeber ist.
Also wieder: Der Standort bestimmt den Standpunkt. Ihr ordnet alles euren Parteiplänen unter – und wir werden das den Wählern in den nächsten Wochen sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Und ihr macht da ganz etwas anderes!)
18.37
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.
18.37
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kuntzl, erstens stimmt
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 171 |
es nicht, dass ich im
Ausschuss nicht Stellung genommen habe, aber selbstverständlich bin
ich gerne bereit, Ihnen die Position meiner Fraktion, auch wenn meine Kolleginnen und Kollegen das bereits
deutlich gemacht haben, wiederzugeben.
Sie wissen, dass
durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes die beitragsfreie
Mitversicherung aufgehoben wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat aber nicht nur das Wort „andersgeschlechtlich“ herausgestrichen. Das
wäre die einfachste Variante gewesen. Im Übrigen ist das Wort
„andersgeschlechtlich“ im Jahr 1981 ins Gesetz gekommen –
das möchte ich auch festhalten –, und zwar nicht auf Druck der
ÖVP, die war nämlich damals nicht in der Regierung. Das war eine
SPÖ-Alleinregierung. (Abg. Mag. Kuntzl: Es hat
sich die Welt verändert seither!)
Zwischen 1956 und
1981 waren überhaupt nur die Ehefrauen mitversichert. (Abg. Öllinger: Man kann doch auch gescheiter
werden!) –
Natürlich, selbstverständlich! Der Verfassungsgerichtshof hätte
jedoch ohne weiteres mit der Streichung des Wortes
„andersgeschlechtlich“ das Problem auch so lösen können.
Wenn Sie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes lesen, dann werden Sie
sehen, dass er einen ganzen Satz herausgestrichen und es dem Gesetzgeber anheim
gestellt hat, darauf Rücksicht zu nehmen, ob das mit Kindererziehung
verbunden ist oder nicht.
Mit dem
Abänderungsantrag, der in der letzten Nationalratssitzung mit Mehrheit beschlossen
wurde, wurde die gesetzliche Regelung der Mitversicherung von nicht verwandten
anders- oder gleichgeschlechtlichen Personen, die mit dem oder der Versicherten
seit mindestens zehn Monaten in Hausgemeinschaft leben und unentgeltlich
den Haushalt führen, wenn sie sich der Kindererziehung widmen oder
mindestens vier Jahre gewidmet haben, wenn sie Anspruch auf Pflegegeld haben
oder den Versicherten mit Anspruch auf Pflegegeld ab Stufe 4 pflegen,
normiert.
Hätten wir das nicht repariert, wären
plötzlich auch alle Frauen, die in Lebensgemeinschaft mit einem Mann
leben, aus der Mitversicherung herausgefallen. Und das wollten wir keinesfalls.
Oder wäre Ihnen von der SPÖ das lieber gewesen? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)
Wir haben darüber hinaus auch klargestellt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine beitragsfreie Mitversicherung auch die Kindererziehungszeiten aus früheren Partnerschaften relevant sind, und Personen, die nach der vom VfGH aufgehobenen Bestimmung bis 31. Juli 2006 mitversichert waren, bleiben das, solange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert.
Daher glaube ich, dass diese Regelung eine sehr vernünftige ist, die vollinhaltlich den Intentionen des VfGH entspricht. Ich könnte Ihnen jetzt auch noch begründen, warum, aber ich glaube, das wäre auf Grund der zahlreichen Tagesordnungspunkte, die heute noch im Hohen Haus zu behandeln sind, vielleicht nicht ganz in Ihrem Sinn, aber ich bin jederzeit gern bereit, das auch bilateral zu tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
18.41
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
18.41
Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frauen Bundesministerinnen! Ich habe insbesondere Ihnen, Frau Bundesministerin Haubner, sehr interessiert zugehört, als Sie zum Thema Schwerarbeit geredet haben. Da ist immer davon gesprochen worden, dass Sie Empfehlungen geben werden.
Sehr geschätzte Frau Bundesministerin, wenn Sie haben möchte, dass diese Bestimmungen in einem Schwerarbeitergesetz drinnen sind, dann brauchen Sie als Ministerin
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 172 |
keine Empfehlung zu geben, sondern dann schreibt man das schlicht und ergreifend ins Gesetz hinein, wenn man das wirklich möchte. (Beifall bei der SPÖ.)
Also kommen Sie mir nicht mit solchen Argumenten! Das ist doch wirklich an den Haaren herbeigezogen!
Jetzt möchte ich einmal in Erinnerung rufen, wie es
denn eigentlich überhaupt dazu gekommen ist, dass wir in diesem Land eine
Schwerarbeiterregelung brauchen. Ich darf Ihnen in Erinnerung rufen, sehr
geschätzte Damen und Herren, dass diese Bundesregierung mit der
Pensionssicherungsreform 2003, wie sie sie genannt hat, erstens einmal die
Frühpension wegen langer Arbeitslosigkeit überfallsartig abgeschafft
hat (Abg. Auer: Denken Sie an den ÖGB! – Abg. Scheibner: Denken Sie lieber an den
ÖGB! Da sind Sie Mitglied!) und zweitens die Frühpensionen wegen
langer Versicherungsdauer, die bisher den Männern den Pensionsantritt
mit 61,5 Jahren und den Frauen mit
56,5 Jahren ermöglicht hat, schrittweise zum Auslaufen gebracht hat.
Das heißt,
Sie haben hier Voraussetzungen geschaffen, wodurch es sehr vielen Menschen
wesentlich schwieriger gestaltet worden ist, in die Pension zu gehen. Und Sie
haben damals den Menschen versprochen, dass jene, die schwere Arbeit leisten,
die Möglichkeit haben werden, früher in Pension zu gehen. (Abg. Auer:
Wie ist das beim ÖGB? – Abg.
Amon: Durch den ÖGB haben Sie
jede Glaubwürdigkeit verloren!) Sie haben es versprochen, und Sie
haben absolut nichts gehalten, denn die Regelung, die da jetzt auf dem Tisch
liegt, ist eine Augenauswischerei. Sie bringen damit die Sache nicht auf den
Punkt (Abg. Großruck: Sie sind unglaubwürdig!), denn lediglich
1 500 Menschen werden das im Höchstausmaß im Jahre 2010 in
Anspruch nehmen können. (Abg.
Mag. Molterer: Wie ist das mit
dem ÖGB? – Weitere
Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Auch wenn Sie hier
noch so viel schreien (Abg. Mag. Molterer: Schwerarbeiter gibt es ja
nicht beim ÖGB!): Die Leute draußen wissen ganz genau, dass Sie
für die Menschen, die schwer arbeiten in Österreich, genauso wie
für viele andere Arbeitnehmer in diesem Lande absolut kein soziales
Empfinden haben! Das ist so! (Beifall bei der SPÖ. –
Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Was kritisieren wir
noch ganz entschieden im Bereich dieser Schwerarbeiterregelung? Die Frauen sind
nach wie vor von dieser Schwerarbeiterregelung ausgeschlossen, auch wenn Sie es
nicht hören wollen. So ist es! Menschen, die krankheitsbedingt in Pension
gehen müssen, und zwar früher in Pension gehen müssen, haben von
der Schwerarbeiterregelung, so wie sie auf dem Tisch liegt, nichts. Und
Menschen, die zu einem früheren Zeitpunkt in ihrem Beruf schwer arbeiten
mussten, haben letztendlich auch nichts von der Regelung.
Ich darf es auf den Punkt bringen. Es ist so wie in vielen Bereichen: viel versprochen, nichts gehalten! Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden sich am Wahltag sehr herzlich bei Ihnen dafür bedanken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Sie haben das Geld der Schwerarbeiter vertan!)
18.44
Präsidentin Mag. Barbara
Prammer: Als Nächster
zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dobnigg. Wunschredezeit: 3 Minuten.
– Bitte. (Anhaltende Rufe und
Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)
18.44
Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Werte Bundesministerinnen! Hohes Haus! Wenn die Vorredner von ÖVP und BZÖ diese Schwerarbeiterregelung hier so bejubeln, so sind sie wie bei vielen anderen in letzter Zeit beschlossenen Gesetzen wirklich sehr, sehr weit von der Realität entfernt.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 173 |
Diese Schwerarbeiterregelung ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Trauerspiel. Das erwartete und erhoffte Ziel, Personen, die besonders hart und unter schwierigsten Bedingungen ihre Tätigkeiten ausübten beziehungsweise noch ausüben, einen früheren Pensionsantritt zu ermöglichen, wird mit diesem Pfuschgesetz leider vertan.
Diese Schwerarbeiterregelung strotzt nur so von Ungerechtigkeiten, zeigt aber auch sehr deutlich, wie diese Bundesregierung jenen Personenkreis ernst nimmt, welcher wirklich sein Leben lang schwer gearbeitet hat.
Wenn Sie, Frau Bundesministerin, hier die Aussage treffen,
dass wir Neuland betreten, stimmen wir überein, aber Sie waren bisher
nicht bereit, weder bei der ersten Lesung noch hier bei der Beschlussfassung
noch im Bundesrat oder im Ausschuss, die Verschlechterungen, die wir
aufgezeigt haben, herauszunehmen, diese Bestimmungen abzuändern. Und
Sie sprechen von fair und treffsicher – ja, Sie treffen genau wieder
jene schwer, die es brauchen würden! (Abg.
Walch: Und wie ist das beim ÖGB?)
Sagen Sie vielleicht, dass es gerecht ist, dass jene Menschen, die bis zum 49. Lebensjahr Schwerarbeit leisten, dann auf Grund einer Krankheit oder eines Berufswechsels diese nicht mehr fortführen können, sodass diese Schwerarbeit wegfällt und sie die letzten elf Jahre diese Schwerarbeit eben nicht mehr leisten, aus der Schwerarbeiterregelung herausfallen?! Wenn das gerecht und fair ist, frage ich Sie, wie Sie Gerechtigkeit definieren.
Die Kritik der Arbeiterkammer und auch unsere Kritik richtet sich dagegen, dass zum Beispiel Frauen benachteiligt sind. Und da Kollege Walch heute die Arbeiterkammer Oberösterreich zitiert hat (Abg. Walch: Das sage nicht ich, das sagt die Arbeiterkammer Oberösterreich!): Ja, es stimmt schon, es wird für Frauen ab dem Jahr 2010 möglich, nur werden auf Grund dieser Regelung fast keine Frauen diese Schwerarbeiterpension in Anspruch nehmen können. (Abg. Mag. Molterer: Schauen Sie lieber, wie Sie die Gewerkschaft neu regeln!) Und das ist der Kritikpunkt. Es gibt noch viele weitere Kritikpunkte der Arbeiterkammer, aber ihr seid wirklich nicht bereit, da etwas zu tun.
Aber wie wir heute schon von meiner Vorrednerin gehört haben: Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden Sie im Oktober die Zeche bezahlen lassen.
Eines noch: Die Art dieses Drüberfahrens kennen die Menschen, und sie haben auch heute im Fernsehen miterlebt, wie arrogant und präpotent gewisse Politiker (Abg. Mag. Molterer: Wer ist präpotent? Wer ist arrogant?) hier im Hohen Haus über andere Kolleginnen und Kollegen reden und Aussagen treffen. (Beifall bei der SPÖ.)
Traurig ist nur, dass hier wirklich eine große sozialpolitische Chance vertan wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ellmauer: Traurig ist die Sache mit dem ÖGB!)
18.48
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dobnigg, für die Worte „arrogant und präpotent“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)
Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Der Herr Berichterstatter beziehungsweise die Frau Berichterstatterin wünschen kein Schlusswort.
Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales in 1597 der Beilagen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 174 |
Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgegebenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 zu wiederholen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales in 1598 der Beilagen.
Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich wiederum die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgegebenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 zu wiederholen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.
Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über
den Einspruch des Bundesrates (1562 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss
des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz
von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer
Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz
1992 – KGG 1992) geändert wird (1601 d.B.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als Erster in der Debatte kommt Herr Abgeordneter
Dr. Schieder zu Wort. Wunschredezeit: 8 Minuten. –
Bitte. (Unruhe im Saal.)
18.50
Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist das die zweite Auflage des Konsulargebührengesetzes, und ich ... (Der Redner schweigt einige Augenblicke auf Grund des hohen Lärmpegels im Saal.) Vielleicht, Frau Präsidentin, ist es möglich, dass ich sprechen kann. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Ruf bei der ÖVP – in Richtung SPÖ –: Bei Ihnen ist ja keiner da!) Ja, aber, Frau Kollegin, wenn da wenige sind, ist das noch kein Grund, dass die vielen lauter sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neudeck: Wir sind alle lauter!) Die kennen schon meine Meinung, die pflichten mir bei, die brauchen nicht da zu sein. Sie will ich überzeugen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Sie haben jetzt schon geklatscht! Sie möchten es nicht mehr hören!)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 175 |
Ich möchte in Erinnerung rufen, worum es geht: Es sind dem Außenamt und der Republik große Kosten entstanden, und es können große Kosten entstehen, wenn jemand sich nichts pfeift, in eine Gegend fährt, wo es sehr gefährlich ist, und dann von der Republik gerettet werden muss. Alle waren der Meinung, da muss man irgendeine Vorsorge treffen.
Diese Vorsorge ist sehr schnell, ohne große Beratungen, ohne Begutachtung getroffen worden, nicht weil so dringend ein Fall vorlag, sondern weil Sie, wie wir glauben, einen Punkt noch rasch vor der Wahl abhaken wollten, um sagen zu können: Das haben wir erledigt.
Wir waren nicht dagegen, dass es geregelt wird (Abg. Scheibner: Na eben!), wir waren gegen das Handwerkliche des Regelns. Wir waren dagegen, dass eine gute Absicht falsch und schlecht geregelt wird. Statt dass eine vernünftige Debatte im Ausschuss, im Haus, mit dem Außenamt, das ich sonst sehr schätze auf dieser Ebene, darüber stattfindet, ob die Einwände stimmen, dass dies handwerklich schlecht oder gut geregelt ist, werfen Sie uns wegen unserer Kritik, es sei handwerklich schlecht, vor, wir wollen das Ganze nicht. Da heißt es dann: Warum wollen Sie nicht, dass ersetzt wird?, et cetera.
Nein, wir sind nicht gegen das Prinzip, es soll nur ordentlich und sauber durchgeführt werden.
Welche Fehler sind Ihnen bei der Durchführung passiert? – Es ging Ihnen darum, dass jemand, der sich grob fahrlässig und trotz Warnungen in bestimmte Gegenden begibt und gerettet werden muss, Schadenersatz leisten muss. Richtig! Statt dass Sie die Gegend, das Land hineingeschrieben hätten, haben Sie die Situation hineingeschrieben. Also wenn es irgendwo im Ausland, am sichersten Platz der Welt, etwa in der Schweiz, eine Warnung gäbe, sich nicht in eine bestimmte Situation zu begeben, und jemand müsste dort gerettet werden, würde das auch Platz greifen. (Abg. Neudeck: Das stimmt ja auch!) Ja, aber das war nicht die Absicht, sondern es ging darum, wenn jemand sich in eine bestimmte Gegend begibt.
Es ging darum, dass Sie die ganzen Hilfsorganisationen nicht ausgenommen hatten. Als wir das kritisierten, haben Sie es flugs mit einem Antrag, ohne darüber zu beraten, ohne mit uns zu reden, halt so gelöst: „aus überwiegend touristischen Gründen“. Also derjenige, der sich aus touristischen Gründen hinbegibt, kommt zum Schadenersatz. Wer sich nicht für seine Firma, sondern aus dubiosen persönlichen, geschäftlichen Interessen trotz Warnungen in die gleiche Gegend begibt, vielleicht weil er mit ein paar Mitarbeitern ein paar schöne Fotos für einen Katalog machen will, der auch ein Risiko eingeht, der ist ausgenommen. Der ehrliche Tourist, der kleine Rucksacktourist fällt darunter, der ist nicht ausgenommen. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Das ist eine Frage, die man regeln kann, wenn man darüber redet. Sie wollen es nicht, Sie wollen es flugs beschlossen haben.
Und so zieht sich das durch das ganze Gesetz durch. Ich vermute ja, dass dieses Gesetz nie angewendet wird. Ich persönlich würde Wetten anbieten, dass es nie wirklich zur Anwendung kommt. Sie gehen in Wirklichkeit so vor wie der, der sich den Wachhund ersparen will und sich nur das Schild kauft: Achtung, bissiger Hund! Das Gesetz ist das Schild, aber Sie werden es wirklich nie umsetzen können.
Sehen Sie, das ist der Grund, warum wir uns da ärgern. Leute, auch von Ihrer Seite, haben mich gefragt: Warum ist dir das so wichtig? In der Sache – ich werde wahrscheinlich nie darunter fallen – befürchtet ohnehin niemand, dass wer verurteilt wird. Es ist mir so wichtig, weil es ein Beispiel dafür ist, wie ohne Anlass, nur um sagen zu können, wir haben das schnell gemacht, schnell, husch-pfusch etwas gemacht wird, das auch ordentlich, sorgfältig gemeinsam lösbar wäre, und zweitens – ich gebe es
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 176 |
zu –, weil es mich geärgert hat, dass das Außenamt, das Völkerrechtsbüro, die ich so schätzen gelernt habe in den Jahrzehnten meiner Tätigkeit, in so einer Sache eigentlich mitgemacht haben, statt zu sagen: So darf das nicht sein. Hier ist uns die Sache wichtiger, nicht, dass es rasch erledigt wird.
Das ist der Grund, warum wir dagegen sind, das ist der Grund, warum wir uns ärgern. Und wir glauben, dass es unnötig ist, dass Sie sich so verhalten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
18.56
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
18.56
Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Begründung in Ehren, die Herr Kollege Schieder jetzt angeführt hat – und wenn Sie sich persönlich ärgern, Herr Kollege, tut mir das Leid, dazu kennen wir uns zu lange –, aber ich glaube nicht, dass die inhaltliche Kritik, die Sie geäußert haben, wirklich völlig zutreffend ist.
Ich darf zur Genesis, zu dem, was Sie korrekterweise gesagt haben, ergänzen, dass es für mich schon ein Kritikpunkt ist, wenn zuerst, nämlich wenn der Anlassfall da ist, alle Fraktionen sagen: Ja, selbstverständlich, da muss man was tun!, dass man aber dann, wenn es wirklich darauf ankommt, sehr gerne wieder einen Rückzieher macht. Diese Kritik müssen auch Sie sich mit Ihrer Fraktion gefallen lassen.
Zum Zweiten möchte ich ergänzen: Natürlich kann man bei einer solchen Regelung, die Neuland in Österreich bedeutet, nämlich im Verwaltungsrecht Schadenersatzregeln einzuführen, übers Ziel hinausschießen. Vielleicht war das im ersten Antrag, den wir eingebracht haben, auch durchaus der Fall. Wir haben ja deshalb auch mit den NGOs, die darüber in der Öffentlichkeit eine Debatte geführt haben, sehr eingehende Beratungen durchgeführt.
Ich darf Ihnen sagen, dass letztlich zu dem Ergebnis, wie wir es heute vorliegen haben, auch alle NGOs, mit denen wir geredet haben, schriftlich ihre Zustimmung deponiert haben, weil sie wissen, dass damit ihre Bedenken ausgeräumt sind, dass man etwa, wenn man aus humanitären Gründen wohin fährt (Abg. Schieder: Die fallen ja nicht mehr darunter!) – selbstverständlich fallen sie nicht mehr darunter –, dann auch in Anspruch genommen werden kann. Daher darf ich das schon einmal festhalten, dass die Betroffenen, die, wie ich meine, richtige Argumente vorgebracht haben, jetzt mit dieser Lösung zufrieden sind.
Zum Dritten darf ich schon darauf hinweisen, dass das, was wir jetzt vorgelegt haben, durchaus eine Gruppe von Personen treffen kann – es wird schon nicht so viele Anwendungsfälle geben; da gebe ich Ihnen schon Recht –, für die eine Schutzwürdigkeit wirklich nicht gegeben ist. Denn, meine Damen und Herren, für jemanden, der sich trotz aller Warnungen grob fahrlässig – das heißt persönliche Verantwortung, die man halt auch trägt, indem man sich sorgfältig auf etwas vorbereitet, gröblich vernachlässigend – in eine Situation begibt, wo die Republik dann Kopfstehen muss, damit man ihn rettet, für den haben wir auch kein Verständnis, und es ist nicht einzusehen, dass er sich nicht auch an den Kosten beteiligen muss, die der Republik daraus entstehen. Ich glaube, das sind wir letztlich auch dem Steuerzahler schuldig. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Darum glaube ich, dass die Regelung, wie sie nunmehr vorliegt – es gibt ja keine neuen Argumente nach dem Einspruch des Bundesrats, sondern nur die bestehenden –, inhaltlich sehr wohl in Ordnung ist und eine gewisse Warnung darstellt, eine Warnung für alle, die sich aus Abenteuerlust irgendwo hinbegeben und dann auf Kos-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 177 |
ten der Republik gerettet werden müssen, sich sorgfältiger auf solche Situationen vorzubereiten, sich zu informieren und sich nicht etwa von Reisegruppen zu entfernen, obwohl das in diesem Land gefährlich ist.
Wir stehen daher dazu und werden diesem Einspruch nicht stattgeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
18.59
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich der Herr Staatssekretär Dr. Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.
19.00
Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An sich wollte ich zu diesem Thema nicht noch einmal Stellung nehmen. Ich habe sowohl an dieser Stelle als auch im Bundesrat und im Ausschuss sehr ausführlich zu erläutern versucht, warum wir im Außenministerium glauben, dass das eine sinnvolle Regelung ist.
Ich möchte Herrn Abgeordnetem Schieder, dessen Einwände ich immer – ich bin versucht zu sagen: jahrzehntelang – sehr ernst genommen habe, doch sagen, dass ich seine Auffassung da nicht teile. Sie haben sich besonders an dem Wort „Situation“ gestoßen und gemeint, dass das in diesem Zusammenhang eine schlechte Wahl ist. – Das Völkerrechtsbüro und die anderen Stellen im Außenministerium haben sich die Formulierung gerade in diesem Punkt aber sehr genau überlegt. Lassen Sie mich dies an zwei Beispielen zu erläutern versuchen.
Ich nenne das immer wieder herangezogene Beispiel der Schweiz. Wenn Sie den Text des Gesetzes lesen, dann sehen Sie, dass es hier um Aufwendungen geht, welche die Vertretungsbehörden oder sonstige Dienststellen des Bundes im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Schutze österreichischer Staatsbürger treffen. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die österreichische Botschaft einen Hubschrauber anmieten muss, um einen in Bergnot geratenen Österreicher in der Schweiz zu retten. Da wird es vielmehr darum gehen, dass möglicherweise Schweizer Rettungsmaßnahmen ergriffen werden und dann vielleicht von dieser Seite Aufwendungen zurückverlangt werden. – Das ist der eine Fall, der, wie ich meine, nicht wirklich stichhaltig ist.
Der andere Fall betrifft eine Situation, die sehr wohl in Frage kommen kann. Wir haben diesen Fall alle vor zwei Jahren erlebt. Touristen haben sich wirklich grob fahrlässig in Gebiete in Algerien begeben, wo sie dann zu Geiseln wurden. Wir haben nicht gewusst, wo sich diese Personen aufhalten. Hätten wir die Gebiete definiert, dann hätten wir das Gesetz nicht anwenden können. Dagegen ist es sehr wohl eine Situation, in die sich diese Personen begeben haben, welche die Anwendung des Gesetzes – hätte es dieses damals gegeben – durchaus gerechtfertigt hätte.
Ansonsten glaube ich, dass das ein Gesetz ist, das uns im Außenministerium auch als Abschreckung nützt. Ich hoffe, dass wir es nie anwenden müssen, aber es soll auch als Abschreckung dienen, dass Menschen, die sich eventuell in Gefahren begeben können, verantwortungsvoller umgehen. – Danke schön, Frau Präsidentin.
19.02
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Frau Abgeordnete Mag. Lunacek am Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.
19.02
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Es stimmt schon: Es ist uns auch ein Anliegen, Menschen dazu zu bringen, wenn sie reisen, sich verantwortungsvoll zu verhalten.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 178 |
Ich möchte jetzt einmal klarstellen, wie der Anlassfall verlaufen ist: In der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr kam an einem Tag etwa zwischen 10.30 Uhr und 11 Uhr ein Anruf von der Redaktion des ORF-„Mittagsjournals“: Was meinen Sie zum Vorschlag der ÖVP, dass man von Menschen, die sich in Gefahr begeben – in diesem Fall ging es um die Geiseln im Jemen –, einen Kostenersatz verlangt? (Abg. Scheibner: Da haben Sie gesagt: Ja!) Viel Zeit zum Überlegen war nicht, und da habe ich im ersten Moment gesagt: Man muss sich überlegen, ob das einen Sinn macht und in welcher Form man das tun kann. – Dass Sie das als Zustimmung zu jeglicher Form, die Sie dann vorschlagen, werten und uns jetzt vorwerfen, wir hätten die Meinung geändert, halte ich für einigermaßen übertrieben, um das hier klarzustellen: So war es nicht!
Es gibt zwei Gründe, warum wir auch diesem neuerlichen Beharrungsbeschluss nicht zustimmen: Das eine sind die formellen Hintergründe, die der Kollege Schieder schon genannt hat, vor allem auch die Tatsache, dass es kein Begutachtungsverfahren gegeben hat. Dass die NGOs, humanitäre Organisationen überhaupt davon erfuhren, was da auf sie zukam, ist zum Teil uns zu verdanken, denn Sie haben sie nicht informiert. All diese Dinge gaben für uns am Anfang wirklich massiven Anlass zur Sorge, was da geschehen kann, weil man nicht sagen kann, dass Sie sich das genau überlegt hätten. Es gab also keine Begutachtung, das ist das eine.
Zweitens sind für mich aber auch inhaltlich noch zwei
Punkte zu unklar, als dass wir dem zustimmen könnten. – Ich zitiere aus dem Gesetz:
„Als grob schuldhaft gilt in diesem Zusammenhang insbesondere die
unzureichende Berücksichtigung allgemein zugänglicher
Informationen über Gefahrensituationen.“
Okay, es gibt jetzt die Reisewarnungen auf der Website des Außenministeriums. Diese kann man sich anschauen und feststellen: In Kolumbien gelten diese für das ganze Land, in Uganda für den Norden. Es kann aber sein, dass sich jemand die Website des Außenamtes nicht ansieht – und es gibt auch Leute, die kein Internet zur Verfügung haben –, sondern in ein Reisebüro geht und sich erkundigt, und das Reisebüro sagt: In diesen Teil Kolumbiens können Sie ruhig fahren, kein Problem!
Ich frage Sie: Was geschieht dann? Wer ist dann schuld? Wer muss dann zahlen? Diese Person oder das Reisebüro? Oder gar niemand? Das ist dann doch grob schuldhaft! Wenn das Außenministerium sagt, dass man nicht hinfahren darf, und das Reisebüro sagt, dass man sehr wohl hinfahren darf, dann erhebt sich die Frage: Wessen Information gilt? (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist rechtlich ganz klar!) – Mir ist das zu unklar, um diesem Gesetz zustimmen zu können!
Zweitens: Humanitäre Organisationen und Personen, die aus beruflichen Gründen reisen, sind zwar ausgenommen. Was aber ist mit Organisationen, die keinen offiziellen Status einer internationalen NGO oder Ähnliches haben? Es gibt zahlreiche Gruppen, beispielsweise im Rahmen des Klimabündnisses. Da gibt es viele, die kleine Partnerschaften mit einem Ort da und einem Ort dort haben, und die liegen dann vielleicht im Department Cauca in Kolumbien oder sonstwo, wo es durchaus gefährlich ist. Die Leute wollen aber dort hinfahren, um den Menschen Unterstützung zu gewährleisten, und sie bekommen dafür nichts bezahlt, sondern sie zahlen das von ihrem Privatgeld. Da könnte man schon sagen, das ist eine rein touristische Aktivität. – Für mich bestehen also noch so viele Unklarheiten, dass ich sagen muss: Da kann man nicht zustimmen!
Dritter und letzter Punkt: Sich grob schuldhaft in Schwierigkeiten begeben müsste doch auch für Personen gelten, die im Ausland eine Straftat begehen, dort im Gefängnis sitzen und dann zum Beispiel von Botschaftsvertretern besucht werden. Da kann es doch sein, dass derjenige irgendwo weit weg im Gefängnis sitzt und die Person von der Botschaft dort hinfliegen muss. Heißt das, dass solche Leute dann auch zur Kasse gebe-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 179 |
ten werden? Das ist zum Beispiel auch nicht klar. (Abg. Schieder: Die fallen
alle darunter!)
Es gibt also viel zu viele Unklarheiten. Es ist besser als
das, was es ursprünglich gegeben hat, dennoch können wir der
Vorlage die Zustimmung nicht geben. (Beifall bei den Grünen.)
19.07
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Herr Klubobmann Scheibner am Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
19.07
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lunacek, wir hatten schon ein bisschen den Eindruck, dass Sie angesichts der damaligen Situation dieses Falles aus Algerien reflexartig gesagt haben: Ja, da sollte man etwas tun! Es gab nämlich damals eine gewisse Empörung in der Bevölkerung: Dieses Paar hat sich ja nicht nur relativ grob fahrlässig in Gefahr begeben, sondern diese beiden Herrschaften haben, als die Bemühungen der Bundesregierung gefruchtet haben und man sie aus der Gewalt der Entführer befreien konnte, dann auch noch philosophiert, wie toll das war, als sie mit ihren Entführern in der Sternennacht durch die Wüste gegangen sind, und welche nette Gedanken sie da hatten. – Das war damals eigentlich das Ausschlaggebende. Man hat sich gesagt: Die machen einen Abenteuerurlaub, während die halbe Republik versucht, sie aus der Gewalt ihrer Entführer zu retten!
Daraufhin haben wir gesagt: Wenn Menschen das tun, dann sollen sie aber in Zukunft auch einen Beitrag zu den Kosten leisten, die dabei entstehen. Und da haben auch Sie, wie alle anderen in dieser Stimmungslage, gesagt: Stimmt, da wir müssen etwas tun! Wir haben dann etwas getan, plötzlich war bei Ihnen alles auf einmal aber wieder ganz anders! – Ich gestehe Ihnen selbstverständlich zu, dass man sagt: Moment, passt auf, dass man da nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet, es sind noch diese und jene Punkte zu berücksichtigen!
Das war es aber nicht, sondern man hat so getan, als ob jetzt jeder ehrliche Tourist und jeder ehrliche Entwicklungshilfemitarbeiter in diese Falle geraten könnte. Das war die Problematik: Man hat die Bevölkerung wieder verunsichert und so getan, als ob man nicht von Haus aus hier mit dabei gewesen wäre. Das ist es, was wir Ihnen vorgeworfen haben. (Abg. Mag. Lunacek: Sie haben die Bevölkerung verunsichert!)
Herr Kollege Schieder, ich glaube, wir sollten Herrn Staatssekretär Winkler, der dann auch für die Vollziehung des Gesetzes verantwortlich ist, Glauben schenken, wenn er sagt: Dieses Gesetz ist ausreichend determiniert für die Vollziehung. Und man braucht einen gewissen Interpretationsspielraum, weil man, wie Sie ebenso gut wissen wie ich und wir alle, eben nicht jeden möglichen Fall von vornherein kasuistisch festlegen kann. Das ist nicht möglich! (Abg. Schieder: Das kann doch nicht willkürlich sein!) Das ist nicht willkürlich! Es kann doch grundsätzlich möglich sein, auch in ein Land zu fahren, wo es ein gewisses Gefahrenpotenzial gibt, man muss aber eben besondere Vorkehrungen treffen.
Herr Kollege Schieder, Sie haben diesen Vergleich mit der Warntafel vor dem scharfen Hund gebracht, obwohl sich dahinter kein scharfer Hund befindet. Das ist vielleicht gar kein so dummer Vergleich! (Abg. Schieder: Danke!) Herr Staatssekretär Winkler hat nämlich gesagt: Wir wollen ja gar nicht zubeißen, wir wollen ja gar nicht, dass dieser Fall eintritt. Aber Sie wissen auch, dass Sie, wenn Sie irgendwo hinkommen und dieses Schild mit der Warnung lesen, zumindest vorsichtiger sein werden, weil ja doch ein scharfer Hund dahinter sein könnte.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 180 |
Ich glaube, das sollte es auch sein: Dieses Gesetz ist ein Signal an potentielle Abenteurer, vorsichtig zu sein und mehr Selbstverantwortung zu übernehmen. In diesem Sinne ist das, glaube ich, eine taugliche Lösung. Und ich meine, man sollte nicht nur dann, wenn gerade ein Anlassfall in der Öffentlichkeit groß diskutiert wird, für eine Lösung sein, sondern auch dann, wenn sie umgesetzt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.).
19.11
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses in 1601 der Beilagen.
Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrats vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz 1992) geändert wird, zu wiederholen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.
Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage
(1438 d.B.): Erklärung über die Zurückziehung des
österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung
jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen
(1602 d.B.)
9. Punkt
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage
(1442 d.B.): Änderung des Übereinkommens über den
physischen Schutz von Kernmaterial (1603 d.B.)
10. Punkt
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage
(1443 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich
und dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den
Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (1604 d.B.)
11. Punkt
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage
(1444 d.B.): Übereinkommen über den Schutz und die
Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (1605 d.B.)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 181 |
12. Punkt
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage
(1462 d.B.): Protokoll Nr. 2 zum Europäischen
Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale
Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich
(1606 d.B.)
13. Punkt
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage
(1463 d.B.): Europäisches Abkommen über die Regelung des
Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im
Verhältnis zur Ukraine (1607 d.B.)
14. Punkt
Bericht des
Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 499/A (E) der
Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Walter Posch, Kolleginnen
und Kollegen betreffend eine österreichische Initiative für das
Verbot von Streubomben und Streumunition (1608 d.B.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zu den Punkten 8 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Wir gelangen damit zur Debatte.
Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Brader. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
19.13
Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben heute Vormittag schon eine großartige Rede unseres Bundeskanzlers über den Vorsitz Österreichs in der EU gehört (Abg. Dr. Stummvoll: Richtig! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Und jeder – auch Sie – konnte sich ein Bild machen, mit welch großem Einsatz in dieser Zeit für Europa und damit auch für Österreich gearbeitet wurde. (Beifall bei der ÖVP.)
Als Abgeordneter dieses Hauses bin ich ganz besonders stolz darauf, dass es in der Zeit unserer Vorsitzführung gelungen ist, das ohnehin schon große Ansehen Österreichs in Europa und in der Welt noch weiter zu steigern. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Puswald: Peinliche Selbstbeweihräucherung!)
Am meisten freut mich aber, dass dieses Lob nun auch aus jenen Ländern kommt, deren Regierungsvertreter vor noch nicht gar so langer Zeit mit Kollegem Gusenbauer mit Champagner auf die Sanktionen gegenüber Österreich angestoßen haben! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich glaube, das muss man auch betonen, dass da ein Gesinnungswandel in allen Ländern stattgefunden hat. – Nur Gusenbauer ist mit dem Gesinnungswandel noch ein bisschen hinten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)
Ein Schwerpunkt dieses EU-Vorsitzes waren Fragen des Balkan – Kollege Spindelegger hat bereits darauf hingewiesen –, und deshalb begrüße ich das heute zu beschließende Abkommen zwischen der Republik Österreich und Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 182 |
Ich wünsche der Kommission viel Erfolg, und ich denke, dass auch in den Beziehungen zwischen Albanien und Österreich schon sehr viel geschehen ist. Es gibt auch sehr enge persönliche Beziehungen auf politischer Ebene: Kollege Großruck und viele andere haben da ja gute Kontakte.
Ich sehe dieses Abkommen mit Albanien als genauso bedeutsam wie jenes über den Schutz zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Mit diesem Abkommen wird die Tatsache unterstrichen, dass der Respekt und die Anerkennung von kultureller Vielfalt der Schlüssel zur Lösung vieler Fragen unserer Zeit ist. Die Vielfalt an kulturellen Ausdrucksformen unterliegt in zunehmendem Maße auch der Globalisierungsentwicklung, und ich denke, dass es vor allem darum geht, diese Vielfalt zu schützen und die kulturellen Ausdrucksformen, die in den Regionen verschieden sind, sicherzustellen.
Mit einer eigenen Konvention sollen nun auch die Besonderheit kultureller Güter anerkannt und durch die Stärkung der Gemeinsamkeiten zwischen Kultur, Entwicklung und Dialog sowie durch die Bildung einer innovativen Plattform für die internationale Kooperation die Vielfalt und Kreativität geschützt und gefördert werden.
Ich glaube – und da werden Sie mir sicherlich beipflichten –, kulturelle Vielfalt und interkultureller Dialog sind eine sichere Garantie für die positive Weiterentwicklung in Frieden.
Ich bin überzeugt davon, dass beide Abkommen breite Zustimmung finden werden.
Auf der Tagesordnung steht auch die Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial. – Auch das ist aus Sicherheitsgründen zu begrüßen, wenngleich der Ratifizierungsprozess noch nicht wirklich weit gediehen ist.
Schließlich werden durch das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften die diesbezüglichen Möglichkeiten unmittelbar benachbarter Gebietskörperschaften und anderer Staaten geregelt. Mit einem eigenen Zusatzprotokoll wird nun auch die Zusammenarbeit nicht benachbarter Gebietskörperschaften geregelt.
Ich glaube, es sind dies alles in allem sehr positive Anträge.
Herr Staatssekretär Winkler, ich möchte mich bei Ihnen vor allem für die gute Organisation des EU-Vorsitzes bedanken! Ich durfte selbst bei der Europatagung in St. Pölten dabei sein, und ich war ganz begeistert von den Reaktionen der vielen Ländervertreter zur positiven Organisation dieser Veranstaltung! (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)
Ich glaube, dass auch die heutigen Beschlüsse ein weiterer Beitrag zu einer sehr positiven Außenpolitik sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
19.17
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
19.17
Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir hatten vor zwei Tagen bei einer Enquete, die wir gemeinsam mit den Grünen durchgeführt haben, die Gelegenheit, an einer breiten, von Experten getragenen Meinungsfindung zum Thema Streubomben und Streumunition teilzunehmen, eine Enquete, die in mehrerlei Hinsicht sehr nachdenklich gestimmt hat. Dabei wurde fast einhellig die Meinung vertreten, dass Streubomben und Streumunition geächtet und verboten gehören, und ich bedaure, dass wir nicht zu einer gemeinsamen Vier-Par-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 183 |
teien-Einigung gekommen sind, obwohl unsere Positionen nicht so grundverschieden gewesen wären.
Kriege sind auch im 21. Jahrhundert keine saubere Angelegenheit, selbst wenn Waffen eingesetzt werden, die angeblich zwischen Freund und Feind und Infrastruktur und Mensch unterscheiden können, wobei insinuiert wird, dass militärische Erfolge bei gleichzeitigem Rückgang von Menschenopfern zu erzielen seien. Dabei kommt es zum Großteil des Leides erst dann, wenn die Truppen und die Fernsehkameras wieder abgezogen und das Interesse und die Empathie der Öffentlichkeit abgeflaut sind. Vor allem trifft es Zivilisten, und insbesondere sind Kinder davon betroffen, weil diese Streumunition oft ähnlich wie Spielzeug ausschaut und es sehr viele Opfer gibt.
Diese Streubomben und Streumunition ist primär ausgerichtet, „weiche Ziele“ zu zerstören, wie es in der militärischen Sprache heißt, also Menschen zu zerstören. Sie haben auch eine sehr hohe Blindgänger-Quote, und somit lauern oft jahrelang nach den Kampfhandlungen auf dem Boden tödliche Geschoße, die auf physischen Kontakt sehr sensibel reagieren.
In zahlreichen Kriegen sind Streubomben und Streumunition in großer Menge zum Einsatz gekommen, vor allem im Afghanistan-Krieg, im Golf-Krieg, wo etwa 50 Millionen Streumunition verschossen wurden, wo viele Zivilisten zum Teil Jahre danach ums Leben kamen. In Laos zum Beispiel geht man von zirka 11 000 Opfern aus. Nach dem Golf-Krieg 1991 starben bis zu 4 000 irakische Zivilisten an dieser Munition. Ein Experte hat bei der diesbezüglichen Enquete eindrucksvoll nachgewiesen, dass im Balkankrieg, um 14 serbische Kampfpanzer abzuschießen, an die 300 000 Streumunition verschossen wurden. – Ich bringe dieses Beispiel, damit man auch das Verhältnis zwischen Einsatz und Wirkung sieht.
Solche Munition ist aber in vielen Waffenlagern auch weiterhin präsent, sie wird in den meisten EU-Staaten weiterhin produziert. Als erstes nationales Gesetzgebungsorgan hat das belgische Parlament im Februar 2006 nahezu einhellig ein Verbot von Einsatz, Produktion, Lagerung und Weiterkauf von Streubomben beschlossen. Der erste Schritt ist damit gesetzt, wie schon bei den Landminen.
Ich bedauere es, dass wir keine gemeinsame Vorgangsweise finden konnten. Wir waren der Meinung, dass der von den Regierungsparteien vorgelegte Antrag wenig am Status quo ändern würde, weil auch im österreichischen Bundesheer solche Munition gelagert wird. Allerdings hat ein Experte des Verteidigungsministeriums zugegeben, dass im Hinblick auf das gegenwärtige Bedrohungsbild und auf die gegenwärtige Situation Österreichs im Zusammenhang mit der immerwährenden Neutralität solche Streumunition nicht notwendig ist. Nur im Zusammenhang mit der Erfüllung von Petersberg-Aufgaben wird eben diese Streumunition auch in den Lagern des österreichen Bundesheeres pro futuro zur Verfügung gehalten.
Wir fordern zum einen ein Moratorium in Bezug auf Streumunition, wir fordern ein Verbot von Streumunition.
Wir fordern zum anderen die rasche Ratifizierung des Protokolls V der Convention on Conventional Weapons und die Nicht-Beteiligung vor allem an internationalen Militäreinsätzen, bei denen Streumunition zum Einsatz kommt.
Ich glaube, dass dies wichtig wäre – und ich ersuche Sie, diesen unseren Antrag mit zu unterstützen –, denn ein Verbot von nur blindgängeranfälliger Streumunition schließt e contrario ein schlüssiges Bekenntnis zu funktionierender Streumunition ein. Wir glauben, dass das eine sehr grausame Waffe, eine furchtbare Waffe ist, die verboten gehört. Wer es ernst meint, der sollte den Weg zu Ende gehen, sofern man sich in Fortschreibung der österreichischen Außenpolitik auch weiterhin dem Prinzip Abrüstung
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 184 |
und humanitärem Gedankengut verpflichtet fühlt. Das
bedeutet Verbot von Streumunition – und das möglichst
rasch und ohne Ausnahmen oder sonstige Einschränkungen. –
Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
19.23
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
19.23
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte, ähnlich wie mein Vorredner von der ÖVP, auch ein paar Worte zur Diskussion rund um den Ratsvorsitz sagen. Im Ausschuss wurde sehr ausführlich über den Ratsvorsitz diskutiert, über die positiven Ergebnisse, aber auch über die aus dem Blickpunkt der Erwartungen der Opposition gesehen nicht eingetretenen. Ich möchte hier positiv anmerken, dass im Ausschuss selbst im Allgemeinen eine sehr gute Gesprächsbasis geherrscht hat.
Es war im Vergleich zur heutigen Diskussion, wo die Medien und das Fernsehen mit dabei waren, schon faszinierend zu sehen, wie sehr wohl auch von Seiten der Opposition lobende Worte für Herrn Staatssekretär Winkler gefunden wurden, wie man doch sehr konsensual wichtige Themen der Außenpolitik und des Ratsvorsitzes Österreichs – sei es das Engagement in Richtung Süden, in Richtung Balkan oder anderer Länder – behandelt hat. Damit wurde gezeigt, dass man, wann immer es im Ausschuss sachlich zu diskutieren gilt, sehr wohl in der Lage ist, über Parteigrenzen hinweg Dinge zu argumentieren.
Zum Thema Splitterbomben wird mein Kollege Markus Fauland Stellung nehmen, die Meinung des Klubs dazu auch vertreten.
Abschließend möchte ich noch ganz kurz Stellung nehmen zur Diskussion über den Federschmuck von Montezuma. Auch dazu hat es im Ausschuss eine breite Diskussion gegeben – Herr Kollege Schieder lacht –, eine Diskussion, die für mich faszinierend war, weil es interessant war, wie man im Außenpolitischen Ausschuss solch ein Thema beleuchten konnte. Dabei gab es ein Hearing mit Experten, die uns mehr oder weniger alle einhellig bestätigt haben, dass dieser Federschmuck wahrscheinlich gar nicht von Montezuma ist. Es war auch interessant, mitzuverfolgen, wie sehr die Experten in Österreich darauf drängen, diesen Federschmuck nicht zurückzugeben, dass man eigentlich davon Abstand nehmen möchte. Wir haben dann im Ausschuss mit breitem Konsens beschlossen, den Antrag zu vertagen, um da in keine Richtung jemanden vor den Kopf zu stoßen.
Ich glaube, dass auch das zeigt, dass man Initiativen, die
an und für sich gut gemeint sind und auch wirklich zu einem guten
bilateralen Klima mit anderen Staaten beitragen würden, nicht
überzeichnen sollte. Ich denke, dass man hier gesehen hat, dass es nicht
immer der richtige Weg ist, dass man sozusagen mit der Keule zu schwingen
beginnt und fordert, dass man etwas zurückgeben muss, weil das im
besonderen Lichte einer früheren Zeit zu sehen ist. Alle drei Experten,
die im Ausschuss waren und das Hearing sozusagen mit begleitet haben, waren
sichtlich zufrieden, dass wir da vertagt haben und durch einen
Vier-Parteien-Konsens dafür gesorgt haben, dass dieser Federschmuck
in Österreich bleibt. – Danke. (Beifall bei den
Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
19.26
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 185 |
19.26
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz zu einigen der zur Verhandlung stehenden Tagesordnungspunkte etwas sagen – und dann länger zur Frage Streumunition und Streubomben.
Der erste Punkt, zu dem ich Stellung nehmen möchte, ist die Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau – CEDAW – hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen.
Die Zustimmung unsererseits dazu geht nicht in die Richtung,
dass wir nicht meinen würden, dass es, was Nachtarbeit betrifft, sehr wohl
noch verstärkte Schutzmaßnahmen und Rechte für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vor allem für Frauen, die in der Nacht
arbeiten, geben sollte. Der Hintergrund ist der, dass auch die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter
der CEDAW-Konvention Österreich ersucht haben, hier eine Rechtsbereinigung
und eine Angleichung an das EU-Recht vorzunehmen, und deshalb stimmen wir
diesem Punkt zu, auch wenn uns ganz klar ist – ich möchte das
hier noch einmal betonen –, dass gerade, was Nachtarbeit betrifft,
nach wie vor verstärkte Schutzmaßnahmen notwendig sind, um die
Situation von Frauen, aber auch von Männern, die in der Nacht arbeiten, zu
verbessern. Dafür treten wir ein. (Beifall bei den Grünen.)
Zu den Punkten, welche die Kultur betreffen, wird mein Kollege Wolfgang Zinggl sprechen. Zu allen anderen Punkten gibt es unsererseits Zustimmung – mit Ausnahme des letzten Punktes, nämlich des Berichtes des Außenpolitischen Ausschusses über unseren Antrag betreffend das Verbot von Streubomben und Streumunition. Dazu hat Kollege Posch schon einige Anmerkungen gemacht.
Ich möchte noch einiges dem hinzufügen, was gestern bei der von Grünen und SPÖ veranstalteten Enquete von zahlreichen Experten und Expertinnen gesagt wurde. Mich hat das gestern beeindruckt. Ich hatte zwar davor schon genügend Informationen, um hinter dem Antrag, den wir gestellt haben, zu stehen, aber die Berichte von Expertinnen und Experten vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes, von Handicap International, von der Cluster Munition Coalition, also der Kaolition gegen Streubomben und Streumunition haben mich und auch, wie ich glaube, die Vertreterin des Außenministeriums, Frau Gesandte Auer, als auch den Vertreter des Verteidigungsministeriums, Herrn Oberst Monsberger, sehr wohl beeindruckt. Ich hoffe, dass, wenn schon die Regierungsfraktionen nicht unserem umfassenden Antrag zustimmen, diese Veranstaltung von gestern doch ein Ereignis war, das in dieser Frage in Zukunft einen weiteren Schritt möglich macht.
Ich möchte nun auf die zwei Punkte eingehen, zu denen es von den Regierungsfraktionen keinen Zustimmung gibt. Der eine ist ein unilaterales Moratorium, wo wir meinen, dass Österreich ein solches aussprechen sollte, nämlich dass wir diese Munition weder produzieren – das tun wir ohnehin nicht –, aber auch weder verwenden noch lagern wollen.
Das ist der Punkt, wo das Landesverteidigungsministerium und das Bundesheer sagen: Nein, ein derartiges Moratorium wollen wir nicht, denn wir haben eine bestimmte Art von Streumunition lagernd! Die M 85haben wir lagernd, und die möchten wir, wenn wir sie irgendwo einmal bei Auslandseinsätzen brauchen, auch verwenden können!
Bisher hat – das hat der Oberst vom Verteidigungsministeriums zugegeben – diese Munition noch nie jemand verwendet. Also die wurde irgendwann einmal angekauft, in der Hoffnung, dass es möglicherweise auch einmal obere Petersberg-Einsätze, also friedensschaffende Einsätze gibt und dass man sie dann auch verwenden kann.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 186 |
Der Rechtsexperte des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes hat gestern genau dargelegt, dass gerade diese Munition eine ist, die dem internationalen humanitären Recht nicht entspricht, nämlich etwa dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet: Was will man militärisch erreichen, und wie viel Zerstörung und Leid der Zivilbevölkerung nimmt man dafür in Kauf? Das muss in einem Konflikt ein gewisses Verhältnis haben, und das trifft bei der Streumunition und den Streubomben nicht zu. Ein Beispiel dafür hat Kollege Posch schon gebracht: Kosovo, Juni 1999, Einsatz von 295 000 Stück dieser Streumunition, die in Streubomben abgeworfen worden waren. 14 serbische Panzer wurden damit zerstört. 14, nicht mehr! Viele dieser 295 000 kleinen Dinge, die noch dazu färbig sind und wie Spielzeug ausschauen, liegen dort zum Teil immer noch herum.
Das ist nicht so wie bei den Landminen, wo man weiß, wenn das bekannt gegeben wird, wo sie genau liegen. Diese Streumunition wird in Form von Bomben abgeworfen, die viele kleine Munitionsteile enthalten. Die gesamte Fläche, auf die diese Munition fällt, wird von Fachleuten auf Englisch als „footprint“ bezeichnet, also „Fußabdruck“. Es hängt sehr davon ab, wie der Boden dort beschaffen ist, wo die Munition hinfällt: Wenn er hart ist, bleibt die Munition oben liegen. Viele explodieren, aber nicht alle, man kann das als Laie auch nicht erkennen, ob die Munition noch scharf ist oder nicht. Aber manche versinken, wenn sie zum Beispiel auf Sand fallen. Wenn der Boden feucht ist, sinken sie auch ein. Dann weiß man nicht mehr, ob welche unter der Oberfläche liegen oder nicht. Und wenn Kinder dort herumlaufen und diese bunten Dinge, gelbe, rote, blaue, dort herumliegen sehen, greifen sie sie an, heben sie neugierig auf – und dann können Sie sich vorstellen, was passiert, wenn diese Bomben vorher nicht explodiert sind. Deshalb sagen die Fachleute, dass diese Art von Munition noch viel gefährlicher ist als die Landminen.
Ein Mitarbeiter von Handicap International, der 25 Jahre lang Mitglied der Britischen Armee war und vor fünf Jahren selbst Opfer einer Landmine wurde, nämlich ein Bein verloren hat, hat bei unserer Veranstaltung am 11. Juli erzählt, dass ihm ein Freund einmal gesagt hat: Wenn du eine Landmine, auf die du steigst, überlebst, dann bist du froh, dass du das überlebt hast! Dann hast du eines deiner Gliedmaßen verloren, aber du lebst! Wenn du aber Opfer eine Streubombe, einer Streumunition wirst und du überlebst, so ist das ganz anders! Dann wäre es manchen Leuten lieber gewesen, wenn sie gestorben wären. Der Freund hat ihm Fotos von Menschen gezeigt, die nicht nur – das „nur“ ist jetzt schon zuviel gesagt – einen Arm oder ein Bein verloren haben, sondern deren Körper massivste Verletzungen aufgewiesen haben, weil das Splitter sind, die den Körper treffen und zerstören, und diese Verletzungen sind kaum heilbar.
Aus diesem Grund haben mich diese Schilderungen von gestern – das merken Sie wahrscheinlich an meiner Stellungnahme hier – mehr beeindruckt als das, was ich vorher wusste, und mich noch mehr davon überzeugt, dass es Sinn macht, dass Österreich ein einseitiges Moratorium beschließt und dass insgesamt ein Verbot der Lagerung dieser Munition beschlossen wird, und zwar nicht nur der Munition, die mehr als 1 Prozent Blindgängerrate aufweist. Auch da möchte ich Ihnen erklären, warum.
Die Fachleute von Landmine Action haben erklärt, dass diese Streumunition in der Fachsprache „bomblets“ heißt. Diejenige, die das österreichische Bundesheer lagernd hat, ist der Typ M 85. Das Bundesheer behauptet, diese weise eine Blindgängerrate von nur 1 Prozent auf, wo man sozusagen in Kauf nehmen kann, dass nur sehr wenige später erst explodieren und dann Menschen gefährden.
Das britische Verteidigungsministerium, also nicht irgendeine NGO, sondern das britische Verteidigungsministerium hat vor kurzem, und zwar am 27. März 2006, festgestellt, dass bei ihren Tests, die sie im September 2005 durchgeführt haben, genau die-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 187 |
se „bomblets“ eine Blindgängerrate von 2,3 Prozent gezeigt haben. Das sagt das britische Verteidigungsministerium.
Meine Damen und Herren von ÖVP und BZÖ, das
heißt, wenn Sie heute Ihren Antrag, wo Streumunition nicht verboten wird,
bei welcher die Blindgängerrate unter 1 Prozent liegt,
beschließen, dann ist eigentlich die Konsequenz daraus, dass das
österreichische Bundesheer die vorhandene Munition des Typs M 85
vernichten muss. Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, sollten Sie das vorhaben.
Sie könnten ja auch unserem Antrag zustimmen. Dann müssten Sie die
vorhandene Streumunition zwar auch vernichten, aber dann hätten Sie
zumindest eine kohärente Haltung. (Beifall bei den Grünen
sowie der Abg. Mag. Hakl.)
Ein Letztes noch: Es wird immer wieder gesagt – das war auch bei der Vertreterin des Außenministeriums und beim Vertreter des Verteidigungsministeriums gestern so –, dass Österreich da sehr wohl etwas tun will. Das steht auch im Antrag der Regierungsfraktionen drinnen: Österreich sollte da eine Vorreiterrolle spielen. Aber es heißt immer: Wenn die anderen etwas machen und wenn es auf internationaler, auf multilaterale Ebene etwas gibt, dann machen wir auch mehr!
Es gab eine ganz klare Linie von den Leuten der Landminen-Aktionskampagne. Sie erinnern sich: 1995 gab es da endlich eine Dynamik. 1997 wurde das Ottawa-Protokoll beschlossen. Die Leute, die schon damals dabei waren, haben gesagt: Vor zehn Jahren, vor zwölf Jahren haben viele noch gefunden: Das, was diese NGOs und diese Aktivisten fordern, nämlich das Verbot von Landminen, von Anti-Personenminen, das brauchen wir alles nicht!
Diese Dynamik hat sich geändert. Es gibt das
Ottawa-Protokoll. Und die Experten der Landmine Action haben bei der gestrigen
Veranstaltung ganz klar gesagt: Darauf zu warten, dass auf multilateraler Ebene
etwas passiert, das ist genau der falsche Weg. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Man braucht Maßnahmen auf
nationaler Ebene. Es ist das belgische Gesetz ein gutes Beispiel:
Österreich könnte diesem folgen. Man braucht auf nationaler Ebene
Maßnahmen, und seien es auch kleine Staaten, die anfangen und damit
eine Dynamik in Gang bringen, damit es tatsächlich irgendwann einmal
zu einem umfassenden Verbot von Streubomben und Streumunition kommt. Ich denke,
Österreich sollte da eine Vorreiterrolle spielen, so, wie es bei der
Landminen-Kampagne der Fall gewesen ist – und nicht auf die anderen
zu warten! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie
der Abg. Mag. Hakl.)
19.37
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun der Herr Staatssekretär Dr. Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.
19.37
Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte von den Punkten, die hier unter einem behandelt werden, kurz zu zweien Stellung nehmen.
Erstens zu der von der Frau Abgeordneten Lunacek sehr ausführlich angesprochenen Frage der Initiative für ein Verbot von Streubomben und Streumunition.
Frau Abgeordnete Lunacek und Herr Abgeordneter Posch: Wir teilen diese humanitären Zielsetzungen selbstverständlich vollinhaltlich. Ich darf daran erinnern, dass sich nicht erst seit dem Bemühen um ein Verbot von Landminen die österreichische Außenpolitik immer, seitdem es ein Außenministerium gibt, für Abrüstung und Rüstungskontrolle sehr aktiv eingesetzt hat und dabei auch immer wieder eine Vorreiterrolle gespielt hat.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 188 |
Ich erinnere an die siebziger Jahre, als die Convention on Conventional Weapons ausgearbeitet wurde, mit den Zusatzprotokollen. In der Zwischenzeit sind wir beim Protokoll V, wo österreichische Delegierte eine ganz wesentliche Rolle gespielt haben. Es gehört sozusagen zum Standard-Repertoire der österreichischen Außenpolitik – unter allen Regierungen –, dass wir uns sehr aktiv gerade mit der Frage der Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts auseinandersetzen. Daher sind wir auch durchaus dankbar für diese Initiative, denn auch für uns ist das ein wichtiges Anliegen.
Es geht um die Vermeidung von unnötigen Leiden auch im Krieg. Wir alle haben, glaube ich, realistischerweise festzustellen, dass es leider Gottes noch immer Kriege gibt. Aber wir müssen alles daransetzen, dass, wenn es schon Kriege gibt, die Leiden von Menschen möglichst gering gehalten werden.
Die Frage ist – und ich glaube, da unterscheiden wir uns voneinander –: Wie schaut das beste Vorgehen aus? – Es ist nicht so, Frau Abgeordnete Lunacek, dass wir hier dem Ruf nach einem Totalverbot nicht nachkommen, weil wir sozusagen zu feige wären oder warten, dass andere diese Rolle übernehmen. Wir haben uns auch bei den Landminen von Anfang an für ein Verbot eingesetzt. Das Ganze kam schließlich und endlich von der Zivilgesellschaft, und die Regierung hat das aufgegriffen. Die von Ihnen geschilderte Ansicht von Personen: Na ja, das nehmen wir alles nicht so ernst, was wollen die?, die hat es zumindest im Außenministerium nie gegeben. Das kann ich Ihnen versichern.
Es gibt auch jetzt nicht die Meinung, dass man nicht längerfristig auf ein Verbot hinarbeiten sollte, aber wir müssen, glaube ich, überlegen, was vernünftiger ist: auf einige Jahre hinaus gar nichts zu erreichen oder in Schritten voranzugehen und zumindest die Gefahr – Sie haben das sehr eindrucksvoll beschrieben –, die von nicht-detonierter Munition ausgeht, zu verringern. Daher bemühen wir uns, im Rahmen der Verhandlungen über ein weiteres Zusatzprotokoll zum konventionellen Waffenabkommen Regelungen zu erreichen, die den Einsatz von Streumunition mit so hoher Blindgängerrate verhindern. Das scheint mir eine durchaus vernünftige strategische Vorgangsweise zu sein.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen – das hat nichts damit zu tun, dass wir das nicht wollen –, dass ein Totalverbot heute politisch schlicht und einfach nicht umsetzbar ist und dass da noch sehr viel Arbeit von den Regierungen, aber auch von der Zivilgesellschaft geleistet werden muss. Ich begrüße das sehr, wenn sich die Zivilgesellschaft dafür einsetzt, denn sie baut auch den Druck in den öffentlichen Meinungen aus, die dann die Regierungen dazu bringen, zu handeln. Aber wir müssen realistisch sein und zunächst einmal mit gleichgesinnten Staaten versuchen, das humanitäre Bewusstsein zu stärken. Das kann unserer Meinung nach nur in einem Zusatz zur Waffenkonvention erfolgen und muss auch – das ist schon sehr wesentlich – die wichtigen Militärmächte einbeziehen.
Wir sollen also darauf hinarbeiten, explosive Kampfmittelrückstände und damit die von Ihnen auch sehr einträglich geschilderte Gefahr für die Zivilbevölkerung zu vermeiden.
Zur Frage, ob Österreich nunmehr das Protokoll V ratifizieren wird, kann ich sagen, dass seit wenigen Tagen alle Sprachfassungen vorliegen und daher voraussichtlich im August-Ministerrat die Weiterleitung an das Hohe Haus beschlossen werden kann. Wir werden uns sehr bemühen, und ich hoffe, dass das sehr bald vom Nationalrat genehmigt werden kann.
Wir setzen uns auch sehr intensiv für ein Protokoll VI ein, das genau diese humanitäre Wirkung der Verminderung der Gefahrenquelle für die Zivilbevölkerung hat. Ich halte das für einen vernünftigen, realistischen und durchaus auch angemessenen Weg.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 189 |
Ich möchte noch ganz kurz einige Worte zum in einem Debattenbeitrag bereits erwähnten Abkommen mit Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft sagen. Mir scheint doch auch im Lichte dessen, was wir heute im Zusammenhang mit dem österreichischen Vorsitz bereits diskutiert haben, nämlich den Schwerpunkt Balkan, wesentlich zu sein, darauf hinzuweisen, dass die symbolische Bedeutung dieses Abkommens weit über den Anlass an sich hinausgeht. Das ist ein Abkommen, das wir mit vielen Staaten haben, es ist sozusagen nichts „Weltbewegendes“, aber ein sehr deutliches Symbol gegenüber einem Staat, der noch vor gar nicht so vielen Jahren in einer so totalen Isolierung gelebt hat, leben musste, wie das heute nur mehr mit Nordkorea zu vergleichen ist; allerdings wurden seitens Albaniens keine Raketen abgeschossen, also haben sie sich doch etwas besser benommen.
Albanien hat ungeheuer große Fortschritte gemacht. Die Menschen sind – das merkt man, wenn man mit ihnen spricht – voll europäischer Begeisterung. Es ist daher wichtig, dass wir im Bereich der Zusammenarbeit mit den Universitäten, mit den jungen Leuten in der Berufsbildung, im Schulwesen ein Zeichen setzen. Die dafür vorgesehenen Budgetansätze sind weiß Gott nicht besonders hoch, sie sind auch eher symbolischer Art, allerdings handelt es sich hiebei eher um Minimalansätze, die auch erhöht werden können. Aber für das Land, für die Einbeziehung und die Rückkehr Albaniens nach Europa ist dieses Abkommen ganz besonders wichtig. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)
19.44
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Herr Abgeordneter Großruck zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.
19.44
Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Staatssekretär Winkler, ich darf ebenfalls auf das Abkommen mit Albanien zu sprechen kommen. Ich pflichte Ihnen voll bei, dass der symbolische und der ideelle Wert dieses Abkommens viel höher sind als der materielle. Ich hatte die Gelegenheit und Ehre, bei der Unterzeichnung dieses Abkommens durch Frau Bundesministerin Gehrer und dem albanischen Kulturminister dabei zu sein, und weiß, wie wichtig es für das Selbstwertgefühl der Albaner ist, mit einem europäischen Land eine derartige Vereinbarung zu treffen.
Das ist aber nur der Gipfel des Eisberges, der Gipfel dessen, was von Österreich aus in Albanien geschieht.
Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer war Anfang der neunziger Jahre eine der Ersten, die – damals noch als Präsidentin des Vorarlberger Landtages – Hilfslieferungen organisiert und Schulen eingerichtet hat, die, mit Gummistiefeln, hineingepilgert ist in die Schluchten des Balkan und den Leuten dort Hoffnung gegeben hat. Elisabeth Gehrer ist in Albanien fast so etwas wie eine Heilige – und sie hat vom Staatspräsidenten Albaniens kürzlich den höchsten Orden, den Albanien zu vergeben hat, nämlich den Mutter-Teresa-Orden, bekommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Lachen Sie nur darüber, aber reden Sie einmal mit den Leuten vor Ort, wie diese unsere Frau Ministerin schätzen und ihre Leistungen goutieren – im Gegensatz zu Ihnen, die Sie sie immer verteufeln, sie abqualifizieren! Bundesministerin Gehrer hat bewiesen und beweist, dass sie ihr Herz auf dem rechten Fleck hat, und ihr Herz ist unteilbar: So, wie sie eine gute Politik in Österreich macht, leistet sie auch humanitäre Hilfe in Albanien! – Das muss auch einmal gesagt sein.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 190 |
Meine Damen und Herren! Aber nicht nur ein Kulturabkommen wurde unterzeichnet, sondern unter der Ägide der Ratspräsidentschaft wurde von Frau Außenministerin Plassnik am 12. Juni 2006 auch das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Albanien unterzeichnet, mit dem Albanien an die europäischen Normen herangeführt werden soll. Albanien soll sozusagen seine Hausaufgaben erledigen.
Ich stimme da vollkommen mit Herrn Staatssekretär Winkler überein: Kein anderes Land wurde so stark gebeutelt wie Albanien in der kommunistischen Ära unter Enver Hoxha. Albanien war isoliert, war abgeschottet, hatte keinen Kontakt zur Außenwelt. Sie brauchen sich nur einmal den Bericht durchzulesen, den der ehemalige albanische Parlamentspräsident Arbnori – in den neunziger Jahren war er das – darüber geschrieben hat, wie er unter Hoxha fast 20 Jahre lang eingesperrt war. Arbnori musste auf Steinboden schlafen, bekam nichts zu essen, erhielt jeden Tag ein anderes Todesurteil und wusste nicht, warum er überhaupt eingesperrt war. Das war zu der Zeit, in der wir in Österreich unser Wirtschaftswachstum aufgebaut haben und kaum jemand eine Ahnung davon hatte, wie es in Albanien wirklich zugeht.
Deshalb ist es eine Verpflichtung, nicht nur für Österreich, sondern für die gesamte Gemeinschaft, diesen Ländern zu helfen, hinzugehen nicht als Besserwisser, als Oberlehrer, sondern als Hilfesteller. Deshalb kommt Österreich in diesen Ländern auch so gut an, vor allem in Albanien: weil wir als Freunde kommen, als jene, die helfen wollen – nicht aber ls jene, die alles besser wissen. Deshalb gibt es auch so gute Kontakte.
Albanien nimmt eine hervorragende Entwicklung. Ich habe vor vierzehn Tagen mit NGOs gesprochen, mit Mitgliedern von Pro Albanien – das ist eine NGO-Gruppe, die permanent Hilfslieferungen macht, die Kranke herausholt, damit sie bei uns operiert werden können –, die gesagt haben, mit Antritt der neuen Regierung sei es erstmals möglich gewesen, dass sie bei Hilfslieferungen in Durrës keine Schutzzölle zahlen mussten, dass sie korrekt behandelt wurden, dass sie ohne Probleme hineingelassen wurden. – Ein kleines Beispiel von vielen dafür, wie hoffnungsvoll diese Entwicklung dort ist.
Natürlich stimmen wir diesem Abkommen zu. Ich ersuche alle, auch weitere Abkommen zu betreiben, weiterhin Hilfestellungen und ideelle Unterstützung für dieses Land zu geben.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. (Ruf bei der SPÖ: Mit einem Vierzeiler!) Natürlich mit einem Vierzeiler und wieder auf dem Boden der politischen Nationalrealität zurück. Die Freunde der SPÖ haben sich heute bemüßigt gefühlt, in all ihren Reden der Regierung zu drohen und sie darauf hinzuweisen: Ihr werdet’s schon sehen bei den nächsten Wahlen, wartet nur darauf! Das sind eher Scheinangriffe gewesen, und wir wissen ja: Angriff ist die beste Verteidigung.
Lassen Sie mich auf diese Äußerung mit einem Vierzeiler antworten, meine Damen und Herren:
Stiftungen gibt’s ohne Zahl
im BAWAG-ÖGB-Skandal.
Und bei den Wahlen, wird man sehen,
werden auch die Roten stiften gehen.
Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
19.49
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 191 |
19.49
Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Abgeordneter Großruck, das war nur mäßig lustig. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute die Ratifizierung des Unesco-Übereinkommens über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen vornehmen können und werden.
Wir haben über dieses Übereinkommen bereits vor rund einem Jahr hier im Plenum diskutiert, nämlich auf Basis eines SPÖ-Entschließungsantrages zum Schutz kultureller Vielfalt. Es haben damals alle Parteien zugestimmt, und ich nehme an und hoffe, dass das auch heute der Fall sein wird; obwohl das, meine Damen und Herren, angesichts des Slalomkurses von Herrn Bundeskanzler Schüssel und Herrn Landeshauptmann Haider in der Ortstafelfrage – was auch ein Ausdruck kultureller Vielfalt ist – beinahe zynisch zu sein scheint.
Von Herrn Haider sind wir ja schon einiges gewohnt – Sie erinnern sich: bin weg, bin da, bin weg, da und vielleicht doch wieder weg! –; der Herr Bundeskanzler versteckt das besser. Er verspricht, er kündigt an, er lässt sich von seinem Koalitionspartner treiben – und fällt letzten Endes um. So, meine Damen und Herren, schaut das Agieren und das Reagieren des Bundeskanzlers aus. Von einem breiten Konsens ist schon lange nicht mehr die Rede! Sehr bedauerlich!
Aber zurück zur UNESCO-Konvention. Im Oktober 2005 hat die Generalversammlung der UNESCO diese Konvention verabschiedet. Wir unterstützen die Prinzipien dieses Übereinkommens, das eine völkerrechtlich verbindliche Basis für das Recht aller Staaten auf eigenständige Kulturpolitik darstellen wird. Herzstück dieses Übereinkommens ist das Recht jedes Staates, regulatorische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, um die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen auf seinem Staatsgebiet zu schützen und zu fördern. Gleichzeitig soll der Austausch von künstlerischen Ideen gefördert werden.
Kurz gefasst: Es geht um die Besonderheit kultureller Güter und Dienstleistungen, denn die fortschreitende Liberalisierung macht den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen besonders bedeutsam. Die nationale Kulturpolitik, die öffentliche Kulturförderung müssen gegenüber möglichen wettbewerbsrechtlichen Einschränkungen gestärkt werden.
In erster Linie gilt es, die Grundsätze dieses Übereinkommens im eigenen Land anzuwenden, aber auch die multilaterale Zusammenarbeit muss gefördert werden, sobald dieses Übereinkommen in Kraft getreten ist.
Ich glaube, die Herausforderungen werden vor allem auf nationaler Ebene sehr vielfältig sein. Wenn man ein Beispiel hernimmt: In Artikel 2 Abs. 7 ist der Grundsatz des gleichberechtigten Zugangs zu einem reichen und vielfältigen Spektrum kultureller Ausdrucksformen festgelegt. Dieser Ansatz ist sehr zu begrüßen, und ich möchte das auch unterstreichen, sehe allerdings bereits hier in diesem einen Punkt deutliche Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis. Ich denke da zum Beispiel an die zunehmenden Tendenzen, die Nutzung des Internets und des Cyberspace kostenpflichtig zu machen. Da werden nicht nur die Kulturpolitik, sondern auch die Justiz- und die Medienpolitik verstärkt gefordert sein.
Damit dieses Abkommen in Kraft treten kann, sind mindestens 30 Ratifizierungen bis Juni 2007 notwendig. Die ersten vier Ratifizierungen – das ist der Stand vom Juni dieses Jahres – erfolgen durch Kanada, Mauritius, Mexiko und Burkina Faso. Es ist sehr positiv – das habe ich schon im Ausschuss erwähnt –, dass Österreich als einer der ersten EU-Staaten dieses Übereinkommen ratifizieren wird. Das Tempo, mit dem die
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 192 |
einzelnen Staaten diesen
Ratifizierungsprozess angehen, ist auch ein wichtiger Indikator
dafür, wie wichtig und ernst diese Konvention genommen wird.
Ich bin
überzeugt davon, dass die Fragen der kulturellen Vielfalt – wie
wir das heute in der Diskussion schon erlebt haben, aber noch weiter
darüber hinaus – und auch die Fragen der kulturellen Rechte
angesichts der Globalisierung Schlüsselthemen in den kommenden Jahren
bleiben werden. Der Erfolg dieses Abkommens wird davon abhängen, ob
die Instrumente dieses Übereinkommens genutzt und die vereinbarten Kriterien
zum Schutz und zur Förderung kultureller Vielfalt eingehalten werden, zum
Beispiel auch im Rahmen der WTO-Verhandlungen.
Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, setzen Sie ein wichtiges kulturpolitisches Zeichen und schützen und fördern Sie die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen! Lassen Sie breite Konsenslösungen im Bereich kultureller Vielfalt nicht in Dunst und Nebel verschwinden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
19.55
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
19.55
Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich komme nicht umhin, ganz kurz auf die Ausführungen meiner Vorrednerin einzugehen, und zwar vor allem betreffend ihre Wickel-Wackel-Politik in der Ortstafelfrage. Ich würde den Sozialdemokraten empfehlen, vielleicht mit ihrer Kärntner Landesgruppe unter Führung von Kollegin Schaunig eine Mediation durchzuführen, um einmal eine einhellige Meinung zu diesem Thema zu finden, bevor sie uns hier weiterhin irgendeine Nicht-Konsensfähigkeit vorwerfen. – Diese Nicht-Konsensfähigkeit haben Sie heute ausreichend an den Tag gelegt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Gut, dass ihr immer so harmonisch seid!)
Kommen wir aber jetzt zum Thema Streumunition, aber auch Minen, denn es wurde hier so dargestellt, dass das Ottawa-Abkommen und die Landminenproblematik gelöst seien. – Das ist eben nicht der Fall! Wenn man weiß, dass zwar 138 Staaten beigetreten sind, aber Staaten wie China, die Vereinigten Staaten und Russland nicht – Staaten, die noch immer die größten Produzenten im Landminenbereich sind –, sieht man, dass dieses Problem ganz sicherlich noch nicht gelöst – und dass sich das dann auch weiterspinnen lässt auf den Bereich Streumunition.
Was Landminen betrifft, nur eine Zahl: In den letzten zehn Jahren wurden 10 Millionen neue Landminen hergestellt, und ich glaube, dass dieses Problem noch immer äußerst vakant ist.
Was die Streumunition betrifft, so teile ich die Ansicht des Herrn Staatssekretärs Winkler, dass man hier keine Insel-Problemlösung anstreben sollte, denn die Landminen-Problematik sowie die Streuminen-Problematik können nur in einem gemeinsamen Konsens behandelt beziehungsweise gelöst werden. Im Unterschied zu den Landminen, die schon seit langem, vor allem in den europäischen Staaten, verpönt sind, ist die Problematik der Streumunition anders gelagert. Streumunition – und das muss man leider eben auch einmal sagen – wird immer noch als aktives Mittel der Kriegsführung auch von europäischen Staaten eingesetzt. Es bedarf eines schwierigen Überzeugungsprozesses, um langfristig das Ziel zu erreichen, dass diese wirklich grausamen Waffen in die Museen der Militärgeschichte wandern und nicht weiter zum Einsatz gebracht werden.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 193 |
Deshalb: Aus unserer Sicht ist dieses Problem international zu lösen – eine rein nationale Lösung als Vorreiterrolle halten wir für nicht zielführend. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
19.58
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist nun Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.
19.58
Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich zunächst einmal auch auf die Ratifizierung der UNESCO-Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt. Ich bin sehr froh darüber und auch stolz auf Österreich, dass es im ganzen Prozess dieser Thematik eine so entscheidende Rolle gespielt hat. Ich war selbst in der UNESCO-Kommission, als diese Intention, diese Absicht, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen, geäußert und beschlossen wurde. Jetzt ist Österreich eines der ersten Länder – Kollegin Muttonen hat es schon erwähnt –, die diese Konvention unterzeichnen.
Worum geht es bei dieser Konvention überhaupt? – Die GATS-Bestimmungen drohten, auf die Kultur überzuschwappen, sodass Kultur als Handelsgut oder als Dienstleistung wie alle anderen, also sazusagen wie eine Suppendose, zu verstehen wäre. In diesem Augenblick hätten sämtliche staatliche Subventionen nach und nach eingestellt werden müssen, weil gleichzeitig ein privater kommerzieller Anbieter natürlich eine „wettbewerbsverzerrende Konkurrenz“ entdeckt hätte und das über die GATS-Bestimmungen hätte einklagen können.
Mit einem Wort: Wir hätten bis hin zur Staatsopernförderung alle kulturellen Subventionen einstellen müssen, und das hätte letztendlich auf der ganzen Welt die wirtschaftlich schwächeren Kulturen gegenüber den stärkeren, gegenüber den großen Playern – Hollywood oder die großen Musik-Labels oder Verlage – ins Hintertreffen gebracht.
Letzten Endes wäre das in Richtung einer
Monopolstellung, einer Einheitskultur auf der ganzen Welt gegangen. Dagegen
haben natürlich sehr viele Künstler und Künstlerinnen
Protest erhoben. Und deshalb hat die UNESCO ein Vertragswerk entworfen, das
sich dieser Entwicklung entgegenstemmt. Österreich unterzeichnet das
jetzt, und das ist sehr schön. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn
übernimmt den Vorsitz.)
Kollegin Muttonen
hat auch auf etwas anderes hingewiesen, das ich auch noch einmal unterstreichen
möchte, nämlich dass diese Konvention in Wirklichkeit nicht unbedingt
die nationale Kultur unterstützt – das ist nur ein Teil der
Absicht dieser Konvention –, sondern die kulturelle Vielfalt auch in
jedem einzelnen Land. Da setzt auch ein wenig meine Kritik an, nämlich am
Follow-up-Prozess, der jetzt ins Stocken gerät.
Herr
Staatssekretär Winkler, Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass
Österreich jetzt berufen ist, entsprechende Gesetze zu adaptieren
beziehungsweise auch für den eigenen Bereich zu entwickeln. Allerdings
habe ich vernommen, dass das Bundeskanzleramt aus der Gruppe, die das
betrieben hat, ausgestiegen ist und auch ein Gutachten, das von Professor
Griller und Professor Holoubek zur Notwendigkeit solcher Gesetze im eigenen
Land geschrieben wurde, unter Verschluss hält, also nicht veröffentlicht.
Ich glaube, dass
insbesondere das Kunstförderungsgesetz einen Bedarf an Anpassung hat und
dass wir gut beraten sind, das im Einklang mit der Konvention weiter zu betreiben.
Ich würde Sie bitten, sich dafür zu verwenden.
Jetzt ganz kurz zu einem anderen Thema, weil Kollege Scheuch das angesprochen hat. In der vorigen Ausschusssitzung ist es auch um den Antrag des Kollegen Schieder betreffend Schenkung der Federkrone an Mexiko gegangen. Auch wenn es da einen
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 194 |
Vier-Parteien-Beschluss gegeben hat, diesen Antrag zu vertagen, möchte ich
doch ganz deutlich darauf hinweisen, dass die Grünen nicht gegen diese Schenkung sind – eine Vertagung heißt ja
noch lange nicht, dass man dagegen ist –, sondern ganz im Gegenteil.
Ich kann das auch hier noch einmal in größerem Rahmen
begründen.
Stellen Sie sich
vor, Sie hätten eine Sammlung von 700 Gläsern erworben, auf die
Sie ganz stolz sind, und dann kommt eine Familie auf Besuch und sieht, eines
dieser Gläser ist das, das schon die Großeltern dieser Familie
immer gerne verwendet haben und das ein besonderer Schatz dieser Familie
gewesen ist. Wie auch immer, es ist dann verkauft worden, und nun bittet diese
Familie, dass dieses eine Glas vielleicht erworben werden könnte. Und
was machen Sie dann? – Sie können sagen, nein, das ist mein
Glas, das gebe ich nicht her – oder Sie schenken dieses Glas dieser
Familie und freuen sich, dass Sie zu dieser Sammlung zusätzlich auch noch
zu Freude beigetragen haben, wenngleich das auch eine mythologische Freude ist,
die letzten Endes mehr bringt.
Das war der Grund, warum wir uns für diese Schenkung eingesetzt haben und das auch weiter tun werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
20.03
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Felzmann. – Bitte.
20.03
Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Federkrone Montezumas ist heute nicht wirklich das Thema. Faktum ist auch, dass uns im Ausschuss die anwesenden Experten ganz klar erklärt haben, dass es erstens nicht die Federkrone Montezumas sei, zweitens deren Bedenken betreffend Schenkung oder Überstellung nach Mexiko und was wir in der internationalen Museumslandschaft damit womöglich an zukünftigen Konflikten auslösen würden. Dieses Thema steht heute nicht auf der Tagesordnung; Ihre Aussagen sind aber ganz klar zu hinterfragen.
Kulturelle Vielfalt
ist ein Thema, nicht nur im Ausschuss, sondern auch heute hier. Gut ist, dass
wir trotz unserer kulturellen Vielfalt in der Diskussion heute zu einem gemeinsamen
Vorgehen kommen.
Auch ich möchte
ganz kurz zum UNESCO-Übereinkommen ein paar Worte sagen. Wenn man sich die
Artikel durchsieht, dann findet man wirklich eine Fülle von hochinteressanten
und, ich denke, hochaktuellen Themen, die es laufend zu bearbeiten gilt.
Gesagt wurde
schon – ganz kurz –, dass mit diesem Übereinkommen
eine Grundlage dafür geschaffen werden soll, dass jeder Staat im Rahmen
seiner nationalen Kulturpolitik Maßnahmen zur Herstellung,
Verbreitung und zum Schutz vielfältiger kultureller Dienstleistungen und
Güter setzen kann – unabhängig von WTO und GATS.
Es geht in diesem Regelwerk um zwei Säulen in der Kultur. Auf der einen Seite geht es um das kulturelle Erbe, auf der anderen Seite geht es um die zeitgenössische Kreativität, die durch die Globalisierung natürlich auch bis zu einem gewissen Grad unter Druck gerät. Und warum? – Ich meine, Globalisierung hat immer zwei Seiten, in meiner Wahrnehmung zumindest. Positiv gesehen findet durch die weltweite Vernetzung auch ein kultureller Austausch statt; kulturelle Vielfalt kann auch über das Internet transportiert werden. Auf der anderen Seite entsteht durch die Globalisierung Folgendes: Man stelle sich vor, ein Designer entwirft ein Produkt. Einen Monat später sieht er genau das gleiche Produkt in einem italienischem Magazin. Die beiden haben nicht voneinander abgekupfert, die hatten die gleiche Idee. Warum kommen Menschen in diesem Mo-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 195 |
ment zur gleichen Idee? –
Vielleicht unter anderem deswegen, weil sie heute die gleichen Bilder
konsumieren.
Wir werden ja beeinflusst von ähnlichen Bildern, die uns über Fernsehen, über Internet, über Medien erreichen. War es früher womöglich nur die reale Landschaft, das eigene Umfeld, die auf uns wirkten und uns beeinflussten, sind es heute auch die Medien, die dazu führen, dass wir womöglich zu ähnlichen Ausdrucksformen oder Ideeen kommen. Das heißt, jedes Ding hat zwei Seiten.
Betreffend das UNESCO-Übereinkommen erachte ich es als sehr wichtig, dass darin ganz klar Gedanken-, Meinungs- und Informationsfreiheit genannt wird ebenso wie Schutz der Minderheiten und Menschenrechte. Wenn man zum Beispiel an einer internationalen Diskussion teilnimmt – ich denke da etwa an den Karikaturenstreit –, dann weiß man, wie wichtig es ist, dass man auch eine andere Kultur versteht. Da sind Menschen durchdrungen von einer anderen Wahrnehmung, einer anderen Kultur und der damit verbundenen Werte. Wenn man das nicht versteht, wird man sich nicht auf einer Ebene treffen und in der Folge auch keine politische Diskussion erfolgreich führen können.
Insofern betrachte ich diese Themen auch als jene Themen, die uns im 21. Jahrhundert sehr, sehr beschäftigen werden, und ich hoffe, dass wir in diesem Sinne auch weiter gemeinsam – oder vielleicht zum Teil gemeinsam – vorgehen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ sowie des Abg. Dr. Zinggl.)
20.06
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.
20.06
Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Es gibt ein Sprichwort, das lautet: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ – Streubomben und Streumunition gehören jedenfalls nicht dazu; darüber sollte eigentlich Einigkeit herrschen. Diese sind nämlich besonders verheerende und grausame Waffen. Diese Waffen sind zum Teil noch gefährlicher als Personenminen; das haben ja bereits Vorredner erwähnt.
Militärs sprechen von einer zweifachen Wirkung dieser Bomben. Der Splitter-Effekt soll „weiche Ziele“, nämlich die Menschen, „halbharte Ziele“, wie Fahrzeuge und dergleichen, und ungeschützte Stellungen zerstören. Die glühend heißen Splitter dringen tief in die Körper ein, und die Wucht zerfetzt die Organe. Manche Streubomben haben zusätzlich noch einen Brandeffekt.
Es gibt also viele Gründe, die für ein Verbot sprechen. Streubomben verursachen immenses Leid und unterscheiden nicht zwischen Soldaten, Zivilbevölkerung oder Kindern. Wir wissen, dass von den Streubomben in erster Linie die Zivilbevölkerung sehr negativ betroffen ist.
Ich appelliere daher ganz klar und eindeutig an die Regierungsfraktionen, insbesondere an den Wehrsprecher Walter Murauer, sich endlich für ein Verbot dieser Streubomben auch öffentlich auszusprechen!
Diese grausamen Waffen wirken wirklich großflächig. Blindgänger sind nicht zu vermeiden, wie wir heute schon gehört haben. Die Bevölkerung der betroffenen Landstriche leidet noch Jahre nach dem Krieg unter diesen Belastungen.
Wenn von Regierungsseite das Argument gebracht wird, dass Bomben mit relativ geringer Fehlerhäufigkeit besser oder günstiger wären, wie schon gesagt wurde, und explosive Kampfmittelrückstände weitestgehend vermieden werden, dann wird mir da
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 196 |
direkt schlecht, denn das würde ja sozusagen jeden Krieg oder jede kriegerische Aktivität legitimieren. Ich weiß, dass das in der Diplomatie der Kriegssprache durchaus so üblich ist, aber ich glaube, da sollte man doch Ethik und Moral ein bisschen stärker in den Vordergrund stellen. Ich glaube, es ist kein Argument, die Verbesserung dieser Waffen als Zwischenstufe anzudenken, und wir sollten wirklich hier in Österreich wieder einmal Mut fassen und gegen Streubomben und Streumunition tatkräftig antreten, wie das bereits 1996 mit Regierungsmehrheit, damals mit sozialdemokratischer Mehrheit, der Fall gewesen ist.
Zum Thema Federkrone Montezumas ein Satz. Ich weiß, dass diese diplomatische Pattstellung im Ausschuss getroffen wurde, ich habe es dort ja auch mitgetragen, aber ich glaube, die mexikanische Regierung von 1938 hatte damals mehr Mut, war nicht so diplomatisch wie wir im Ausschuss, und wir sollten uns durchaus diese damalige Regierung in Mexiko bei dieser Debatte zum Vorbild nehmen, denn die waren so „undiplomatisch“ und haben sich gegen den Einmarsch der Nazis in Österreich ausgesprochen und öffentlich demonstriert.
Daher sollten wir, glaube ich, auch einen Schuss mehr Mut bei der Frage der Federkrone Montezumas aufbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
20.09
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.
20.10
Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein wesentlicher Teil der umfangreichen Materien des heutigen außenpolitischen Themas ist einem Abkommen mit der Ukraine beziehungsweise der Notwendigkeit, dieses Abkommen zu suspendieren, gewidmet.
Der Hintergrund stellt sich so dar, dass es zwischen den Staaten des Europarates üblich ist, dass es Reiseerleichterungen gibt und die Visapflicht natürlich aufgehoben ist. Gerade im Hinblick auf die Ukraine besteht jedoch Visumpflicht. Wenn daher die Ukraine diese formalen Beitritte zur Erleichterung dieses europäischen Abkommens setzt, ist es notwendig, in einem eigenen Verfahren die Erleichterungen eben hinsichtlich der Ukraine aufzuheben.
Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass gerade die Ukraine es verdient, dass man sich weiter – so, wie es unsere Außenministerin vorbildlich tut – damit beschäftigt, dass Verhandlungen geführt werden, dass Modalitäten festgelegt werden, beispielsweise auch im Hinblick auf Teile der Ukraine, die uns durchaus nahestehen. Ich hatte vor wenigen Tagen den Landeshauptmann der Oblast Lemberg, Gouverneur Petro Olijnyk, in Österreich zu Gast, der in Vorbereitung des 750-Jahre-Jubiläums um Verständnis und darum ersucht hat, der Ukraine die europäischen Türen weiterhin offen zu halten.
Ein weiterer Punkt betrifft ein Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften. Da war es bisher üblich, dass nur unmittelbare Nachbarn miteinander kooperiert haben, dass beispielsweise Gemeindekooperationen im benachbarten In- und Ausland stattgefunden haben.
Nunmehr ist es so, dass auch interterritorial kooperiert werden soll und dafür der Rahmen geschaffen wird, wobei ich meine, dass das eine gute Maßnahme ist, um auch zu dokumentieren, dass sich Österreich als Tourismusland, als Gastgeberland, meinetwegen auch als „Feinkostladen Europas“ an diesem Austausch beteiligt.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal unserem Bundeskanzler und den Mitgliedern der Bundesregierung dafür danken, dass sie die zurückliegende EU-Präsi-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 197 |
dentschaft in so hervorragender Art und Weise dafür genutzt haben, die Reputation und das Ansehen des Tourismuslandes Österreich zu heben, dass es auch gelungen ist, gute nachbarliche Gefühle zu verankern und den Besucherinnen und Besuchern aus dem gemeinsamen Heimatland Europa, aber auch aus aller Welt zu vermitteln, dass Österreich ein freundliches, aufnahmebereites und touristisch auf sehr hohem Niveau agierendes Land ist. Danke an all jene, die dazu beigetragen haben, dieses Bewusstsein zu verankern! Danke auch, Herr Staatssekretär Winkler, für die vorbildliche Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
20.14
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.
20.14
Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Kunst, Kultur und Bildung stellt seit jeher eine Bereicherung für jedes Land dar und ist ein grundlegendes Element für die Verständigung zwischen den Nationen. Österreich hat da eine lange und äußerst erfolgreiche Tradition.
Mit dem vorliegenden Abkommen verfolgen die Republik Österreich und die Republik Albanien das Bestreben – wie wir ja heute schon gehört haben –, die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft bestmöglich zu fördern und zu entwickeln.
Hohes Haus! Ich bin der festen Überzeugung, dass das bessere Kennenlernen anderer Lebensweisen ein Teil der Grundlage des Friedens und der Einheit in Europa ist. Ich selbst konnte mir in der Vergangenheit im Rahmen meiner Tätigkeit als Wahlbeobachter der OSZE selbst ein Bild vor Ort machen, und ich weiß, wie viel eine solche Kooperation für ein Land wie Albanien bedeutet. Österreich leistet damit sicherlich einen sehr positiven Beitrag dazu, Albaniens Entwicklungs- und Reformprozess zu fördern.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, Albanien gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern Europas. Laut UNO-Bericht lebt ein Viertel der Bevölkerung – mit weniger als 2 US-Dollar oder 1,66 € pro Tag – unter der Armutsgrenze; die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche unter 21 Jahren. Die Wirtschaft ist von einer sehr hohen Arbeitslosenrate, vor allem im Norden und Nordwesten des Landes, gekennzeichnet. Deshalb ist Bildung auch dort das Schlüsselelement für die Entwicklung des Landes.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte auch kurz diese Gelegenheit nutzen und die Unterstützung der SPÖ für das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen, das die EU vor kurzem mit Albanien geschlossen hat, zum Ausdruck bringen. Es regelt, wie Sie wissen, die Beziehungen zwischen der EU und der Republik Albanien, und zwar sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit, und sieht die Schaffung einer Freihandelszone zwischen der EU und Albanien innerhalb von zehn Jahren vor.
Dieses Abkommen stellt für Albanien eine große Herausforderung dar, da auf der einen Seite der Kampf gegen Korruption und internationale Kriminalität geführt werden muss, gleichzeitig auf der anderen Seite aber auch die Reformen angegangen und das politische Klima verbessert werden müssen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Eine derartige Belebung der Beziehungen wird nicht nur zu einer Stärkung der Vernetzung zwischen den beiden Ländern führen, sondern auch den Aufholprozess Albaniens unterstützen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 198 |
Aus diesem Grunde geben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dieser Vorlage gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)
20.18
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.
20.18
Abgeordneter Walter Murauer
(ÖVP): Herr
Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Während der
Geschäftsordnungsdebatte, die im Rundfunk übertragen wurde, war die
Wortmeldung des Klubobmannes Molterer schon richtig, der gemeint hat, es geht
den Grünen wieder einmal nur um eine mediale Inszenierung. Herr Pilz hat
hier große Worte gesprochen, hat sich entsprechend inszeniert, hat zusammengepackt
und das Haus verlassen – und ist nicht wieder gekommen. (Abg. Donabauer:
Wie immer!) Es sind jetzt auch nur mehr einige Vertreter der
Grünen da. Sobald der Nachmittag anbricht, halbiert sich die Zahl der
Grünen oder ihre Zahl wird noch geringer. Schon eine interessante
Verhaltensweise, die festgehalten werden muss an einem Tag, an dem man
Geschäftsordnungsdebatten während der ORF-Übertragung
führt. (Abg. Brosz: Sind Sie sicher, dass bei Ihnen prozentuell
mehr da sind als bei uns?)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun einige Sätze zum Thema Streumunition sagen. Selbstverständlich sind wir alle, insbesondere auch in Österreich, gegen kriegerische Handlungen, gegen kriegerische und bewaffnete Auseinandersetzungen.
Da Herr Kollege Gartlehner mich persönlich angesprochen hat, wiederhole ich das gerne – so, wie ich das auch im Ausschuss getan habe. Es geht hier im Wesentlichen um eine einigende Materie. Wir sind alle bemüht, dass diese schreckliche Munition nicht mehr Gebrauch findet, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass jeder Staat seine Waffen, seine Munition selbst bestimmt.
Nur ein realistischer Schritt kann zum Ziel führen, indem wir eben für mehr Sicherheit dieser Streumunition sorgen, indem wir dafür eintreten, dass es keine Blindgänger mehr gibt, sondern Selbst-Deaktivierungsmechanismen bei diesen Waffen, bei dieser Munition eingesetzt werden, sodass deren Schrecklichkeit reduziert wird.
Es gibt eine Reihe von Staaten, die unserer Meinung sind, die da mit uns gehen, und deswegen ist mir ein realistischer Schritt, der uns tatsächlich und in unmittelbarer Zukunft gelingt, lieber als eine utopische Forderung, die über viele Jahre hinaus nicht erfüllbar ist. Deswegen meine ich, dass wir uns doch gemeinsam zu diesem realistischen Schritt entschließen sollten. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)
20.20
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. – Bitte.
20.21
Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Staatssekretär! Die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft mit Albanien halte ich hier für besonders wichtig, denn Albanien war – Herr Staatssekretär Winkler hat das ja bereits erwähnt – in einem Zustand, wie er heute nur mehr in Nordkorea üblich ist, aber: Albanien hat eine große Tradition, eine große Vergangenheit – und jetzt auch wieder eine große Zukunft. Man sieht es an der Grenze von Dalmatien, an der Adria-Grenze, wie dort wieder alles aufblüht; gerade auch in diesem Bereich. Deswegen halte ich das für sehr, sehr wichtig.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 199 |
Eine Stärkung der Zusammenarbeit ist vonnöten, auch Schutz und Förderung der Entwicklung. Die globale Entwicklung, die wir im Moment in Europa haben, muss von uns gesehen und auch genützt werden.
Auch das Europäische Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit ist vonnöten. Der Europarat leistet seit Jahrzehnten viel für die Einigung Europas, und wir sind da auch sehr schön weitergekommen.
Da in diesem Bereich auch über die Ukraine gesprochen wird, möchte ich dazu sagen: Auch die Ukraine ist ein Teil Europas.
Dass das Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial selbstverständlich notwendig ist, bedarf keiner Erwähnung. Das ist absolut klar.
In diesem Sinne darf ich auch schon
schließen. – Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP
sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)
20.22
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte.
20.23
Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auch ich möchte in meinem Debattenbeitrag kurz auf das Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen eingehen. Die vorliegende UNESCO-Konvention ist ein äußerst bedeutsames Abkommen. In einer Zeit, in der viele Menschen nach Orientierung suchen, in der über Jahrhunderte geltende Werte in Frage gestellt werden und es so scheint, als wäre das geistige, religiöse und kulturelle Fundament verlorengegangen, kommt dem Schutz und der Förderung der Kultur beziehungsweise kultureller Ausdrucksformen stets größere Bedeutung zu.
Ziel der UNESCO ist es ja, durch Förderung und Zusammenarbeit zwischen den Völkern auf den Gebieten von Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Wahrung des Friedens und der Sicherheit beizutragen. Diesem Ziel versuchen die derzeitigen UNESCO-Mitglieder durch Kooperation und Zusammenarbeit beziehungsweise Austausch mittels Programmen auf den Gebieten Bildung, Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, Kultur sowie Kommunikation und Information gerecht zu werden.
In der heutigen Konsumgesellschaft beziehungsweise Cyberwelt ist es nicht leicht, Jahrhunderte alte kulturelle Traditionen zu bewahren, weiterzugeben und zu pflegen. Erfreulicherweise gibt es vor allem auf dem Land und teilweise auch in den Städten wieder eine vermehrte Brauchtumspflege. Gemeinsames Singen, Musizieren, Tanzen, et cetera sind wieder „in“, und zwar auch bei jüngeren Menschen. Dies ist sicherlich auch dadurch bedingt, dass sich gerade Österreich durch seinen hohen kulturellen Reichtum auszeichnet. Vor allem im Bereich Musik konnte und kann Österreich seiner Bevölkerung, aber auch der Welt insgesamt kulturelle Schätze anbieten, die ihresgleichen suchen. Wir können stolz auf diese kuturellen Leistungen sein, haben aber natürlich auch die Verpflichtung, diese kulturellen Güter zu bewahren, zu pflegen und an unsere Nachfahren weiterzugeben. – Danke, das war’s. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)
20.24
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 200 |
Bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen in 1438 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial in 1442 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die arabische, chinesische, russische und spanische Sprachfassung des Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit dem Ministerrat der Republik Albanien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft in 1443 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in 1444 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die einverstanden sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig der Fall.
Ich lasse jetzt über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig der Fall.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die arabische, chinesische, französische, russische und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 201 |
Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.
Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll Nr. 2 zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften betreffend die interterritoriale Zusammenarbeit samt Erklärung der Republik Österreich in 1462 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig der Fall und damit angenommen.
Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Europäisches Abkommen über die Regelung des Personenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates; Suspendierung im Verhältnis zur Ukraine in 1463 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1608 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich der Fall und damit angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1608 der Beilagen angeschlossene Entschließung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Entschließung ist mit Mehrheit angenommen. (E 202.)
Bericht des Justizausschusses über den
Antrag 836/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé,
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucherschutz
(Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG)
(1615 d.B.)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Damit gelangen wir zum 15. Punkt der Tagesordnung.
Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.
20.29
Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz. Es ist dies eine EU-Richtlinienumsetzung, und zwar geht es dabei darum, dass es, wenn es zu grenzüberschreitenden Verletzungen des Konsumentenschutzes gekommen ist, ausländischen Behörden möglich sein muss, einen Ansprechspartner oder einen auf Grund der gesetzlichen Regelung bekannten Ansprechspartner zu haben. (Abg. Mag. Wurm: Ansprechpartner!) – Ansprechpartner, danke, Frau Kollegin Wurm, Sie haben natürlich Recht.
In Österreich ist ja der Konsumentenschutz kompetenzmäßig auf mehrere Ministerien verteilt: die Legistik im Justizressort, überwiegend im Sozialressort der Konsumentenschutz im eigentlichen Sinne, die Lebensmittel im Landwirtschaftsministerium und im Wirtschaftsministerium die Bundeswettbewerbsbehörde.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 202 |
Damit man das bündeln kann, ist hier Klarheit geschaffen worden. Es ist festgelegt worden, an wen sich eine ausländische Behörde im Falle einer Konsumentenschutzverletzung wenden kann. Als beachtenswert ist hervorzuheben, dass in diesem Gesetz der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sehr prominent und klar ausgeführt ist. Das heißt, es ist zu prüfen, dass die Behörde nur insoweit in Rechte eingreifen darf, als dies gesetzlich vorgesehen ist – denken Sie an Berufsgeheimnisse et cetera –, und dass zur Erfüllung der Aufgaben nur die erforderlichen Maßnahmen zu setzen sind und nicht überschießend vorgegangen werden darf.
Es gibt Ermittlungsbefugnisse, die nur dann gerechtfertigt sind, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt. Dann gibt es Auskunftsrechte, das Recht zur Beschaffung von Unterlagen oder auch das Recht, Nachschau bei Unternehmen zu halten. Wenn diese Rechte verweigert werden, also keine Auskunft erteilt wird oder die Unterlagen nicht herausgerückt werden oder die – sage ich jetzt einmal – verdächtigten Konsumentenschutzverletzer keine Nachschau erlauben, dann ist das Gericht gefordert, und dann wird es für ein Gerichtsverfahren erforderlich sein, Beweise beizubringen, damit man gerichtlich anordnen kann, Hausdurchsuchungen durchzuführen.
Ich erwähnte das hier deswegen explizit, weil die EU nicht immer ganz auf unser Rechtsschutzsystem Bedacht nimmt und nicht immer berücksichtigt, dass man in Österreich eine Hausdurchsuchung, eine Nachschau nur mit Hausdurchsuchungsbefehl, der vom Gericht ausgestellt ist, durchführen kann.
Es besteht weiters die Möglichkeit, dass die Verfehlungen
durch einstweilige Verfügungen abgestellt werden oder, wenn Schaden
eingetreten ist, durch Gerichtsverfahren. Ich glaube, dass das Klarheit schafft
im Hinblick auf die vielfältige Aktivität, die im Rahmen des
österreichischen Konsumentenschutzes in den Ministerien
stattfindet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.)
20.32
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.
20.32
Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Her Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg: Wir von der sozialdemokratischen Fraktion werden dieser Gesetzesinitiative zustimmen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich möchte aber trotzdem einige Anmerkungen dazu machen.
Die erste Anmerkung zur Kollegin Fekter: Es ist keine Richtlinienumsetzung, es ist eine Verordnung, die in innerösterreichisches Recht transformiert wird, wobei Artikel 1 bereits in Kraft getreten ist, Artikel 2 und Artikel 3 treten spätestens am 29. Dezember 2006 in Kraft.
Eine weitere Berichtigung zur Kollegin Fekter: Sie hat gemeint, die Lebensmittel sind im Landwirtschaftsministerium angesiedelt. – Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass es nie dazu kommt, dass Fragen der Lebensmittelsicherheit im Bereich des Landwirtschaftsressorts angesiedelt sind.
Noch einige kritische Anmerkungen zu diesem Gesetz, auch zur Kollegin Fekter. Die Frage der Verhältnismäßigkeit, die im Artikel 2 geregelt ist, hätte man klarer formulieren können, weil es um die Durchsetzung von Konsumenteninteressen oder Verbraucherinteressen geht und nicht um den Schutz von Unternehmen. (Abg. Dr. Fekter: Abwägen, Jacky!) Die Frage der datenschutzrechtlichen Relevanz, Kollegin Fekter, ist in einem eigenen Artikel in der Verordnung geregelt und nicht in dieser Gesetzesvorlage.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 203 |
Eine weitere kritische Anmerkung: Dieses Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz bezieht sich auf 17 europäische Rechtsakte. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verbraucherschutz oder Konsumentenschutz ist viel mehr. Zu diesem Bereich gehören Fragen der Lebensmittelsicherheit, gehören Fragen der Finanzdienstleistungen, gehören Fragen der neuen Kommunikationstechnologien. Das heißt, dass mit dieser Verordnung beziehungsweise mit der Tätigkeit dieser Behörden nur bestimmte Bereiche erfasst sind, die dann die einzelnen Verbraucherschutzbehörden eben zu behandeln haben.
Noch eine Klarstellung: Diese Behörden, die wir heute beschließen werden, diese fünf Behörden werden auf Ersuchen ausländischer Verbraucherschutzbehörden zur Verfolgung innergemeinschaftlicher Rechtsverletzung tätig. Diese Verbraucherschutzbehörden werden nicht tätig, wenn es darum geht, Individualinteressen von einzelnen Personen in Österreich durchzusetzen. Es geht um die Sicherung von kollektiven Verbraucherinteressen.
Und zum Schluss noch eines: Wir haben fünf zuständige Verbraucherschutzbehörden. Wir glauben, dass langfristig eine Verbraucherschutzbehörde geschaffen werden soll, die genau diesen Fragen nachgeht und diese Probleme im Sinne der österreichischen Konsumenten klärt, aber nicht nur im Sinne der österreichischen Konsumenten, sondern im Sinne der europäischen Konsumenten.
Ein Beispiel: Es gibt die Richtlinie 261/2004 über Fluggastentschädigungen. Wir haben hunderte Beschwerden in Österreich, die bisher nicht erledigt werden konnten, und wir hoffen, dass einerseits durch die Novelle zum Luftfahrtgesetz Streitschlichtung durch das Verkehrsministerium betrieben wird, und andererseits diese Behörde, wenn sie eingerichtet ist, die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, nämlich mit Unterlassungsklagen gegen jene Airlines vorzugehen, die sich an den europäischen und österreichischen Rechtsbestand nicht halten.
Dies geschieht zum Schutz der europäischen wie auch
der österreichischen Konsumenten. Wir werden daher diesen Regelungen
gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP sowie den
Freiheitlichen – BZÖ.)
20.36
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.
20.36
Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Fekter hat ja hier schon ausreichend über die inhaltlichen Themen berichtet – das heißt, Sie sind informiert darüber, worum es geht –, korrigiert vom Kollegen Maier. Wir waren uns eigentlich einig, dass wir die Umsetzung dieser Verordnung haben wollen, dass wir sie befürworten. Es geht darum, dass ein System gegenseitiger Amtshilfe zum Schutze der Verbraucher geschaffen werden soll. Das unterstreichen wir. Wir haben ja in Österreich einen sehr hohen Verbraucherschutz, und das ist ein weiterer Schritt, um eben international besser agieren zu können.
Herr Kollege Maier hat einige Kritik geübt. Natürlich kann man sich mehr wünschen, und es wäre auch wünschenswert, wenn wir beispielsweise eine einheitliche Verbraucherschutzbehörde hätten und die Kompetenzen nicht aufgesplittert wären. Ich glaube aber, man muss auch hier schrittweise vorgehen. Schließlich und endlich handelt es sich gerade beim Verbraucherschutz um eine Materie, wo es immer darum geht, einen Kompromiss zwischen der Wirtschaft und den Konsumentenschützern zu erzielen, und ich glaube, das ist auch wieder ein solcher Kompromiss.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 204 |
Deshalb sind wir, wie bereits gesagt, dafür. Wir
betrachten das als einen wichtigen Schritt. Im Laufe der Zeit wird es sicher
Verbesserungen geben, die dazu führen werden, dass es einen noch
besseren Verbraucherschutz gibt als bisher. (Beifall bei den Freiheitlichen –
BZÖ und der ÖVP.)
20.38
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.
20.38
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ihr Wort in Gottes Ohr, Frau Kollegin Partik-Pablé: Wir brauchen natürlich verstärkte Maßnahmen, die die Situation der Konsumentinnen und Konsumenten unterstützen und vorantreiben. Deswegen sind wir einerseits dafür, dass dieser Antrag, der eine EU-Verordnung und eine Verordnung des Parlaments und auch des Rates in Richtung gegenseitiger Amtshilfe, in Richtung Verbraucherbehördenkooperation umsetzt, zum Tragen kommt, und andererseits brauchen wir, nachdem auf EU-Ebene Konsumentenangelegenheiten doch sehr offensiv behandelt werden, in Österreich auch diese Zusammenarbeit.
Es soll, wie Kollege Maier bereits ausführte, auch eine eigene Verbraucherschutzbehörde etabliert werden, aber wir brauchen in Österreich auch endlich einen Beirat für Verbraucherangelegenheiten, damit verschiedene VerbraucherInnengruppen vor Ort, im Parlament ihre Erkenntnisse, ihre Erfahrungen und ihre Vorschläge deponieren können. Deshalb sehen wir diese Gesetzesvorlage als einen wesentlichen europäischen Schritt, der uns aber national noch zu weiteren maßgeblicheren Aktionen anspornen soll.
Frau Bundesministerin Gastinger, Sie kennen ja schon mein Grundanliegen – vielleicht gehen Sie noch einmal darauf ein –: Diese Angelegenheit betreffend Sammelklage wäre dringend zu erledigen gewesen. Vielleicht können Sie uns dazu noch ein paar Worte mit auf den Weg in den Herbst geben; mehr wird leider nicht mehr möglich sein.
Eine weitere Anmerkung: Wir haben im Ausschuss den Abänderungsantrag diskutiert, wonach die Finanzprokuratur auch als Ansprechpartner für die europäischen Behörden herangezogen wird und Österreich da sozusagen als Oberbehörde vertreten soll.
Feststellen möchte ich hiezu, dass auf jeden Fall die Möglichkeit vorgesehen werden muss, einen Anwalt zu benennen, dass die österreichischen Behörden – sei es die Finanzprokuratur, seien es andere für Verbraucherschutz zuständige Behörden – nicht nur die Möglichkeit haben, sondern dass es ihnen tatsächlich zusteht, Anwälte für Verbraucheranliegen zu benennen und diese dann auch in die Verhandlungen schicken zu können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
20.41
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Gastinger. – Bitte.
20.41
Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Vorredner und Vorrednerinnen haben schon sehr ausführlich dargestellt, was mit diesem Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geregelt wird.
Ich möchte Ihnen hiezu berichten, dass da die Gesetzeswerdung besonders schwierig war – das hat ja auch schon Herr Abgeordneter Maier ausgeführt –, weil wir in Österreich ein sehr komplexes System im Bereich des Konsumentenschutzes haben. Es ist
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 205 |
ja auch so – ich glaube, es war Frau Abgeordnete Fekter, die das gesagt hat –, dass es da tatsächlich einige Divergenzen mit dem EU-Recht gibt, da wir uns in Österreich für den Weg entschieden haben, gerade für den Verbraucherbereich sehr viele zivilrechtliche Regelungen zu schaffen, während das in anderen europäischen Staaten – das war die Voraussetzung für diese Verordnung – in verwaltungsbehördlichen Materien geregelt wurde.
In Österreich bedeutet dies, dass Verbraucherschutzangelegenheiten primär Angelegenheiten des Gerichtes sind – mit einigen wenigen Ausnahmen –, in Europa dies jedoch großteils über Verwaltungsbehörden geregelt wird.
Sie können sich daher vorstellen, meine Damen und Herren, dass das – da wir für die Ausführung dieser Verordnung, die ja an und für sich mittelbar in Österreich anwendbar ist, eine zentrale Behörde namhaft zu machen hatten –, bedingt durch diese Rechtskonstellation in Österreich, nicht sehr einfach war.
Aus diesem Grunde bin ich doppelt froh darüber, dass es nunmehr gelungen ist, mit diesem Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz eine Regelung zu schaffen, mit der wir in Österreich mit dem derzeitigen Status quo doch sehr gut leben können werden.
Für die Zukunft wird man sich – das haben meine Vorredner und Vorrednerinnen schon ausgeführt – in Österreich sicherlich auch darüber Gedanken machen müssen, ob es sinnvoll ist, den Verbraucherschutz neu zu regeln, da es ja diesbezüglich eine starke Zersplitterung in einzelne Zuständigkeitsbereiche gibt. Das wird die nächste Bundesregierung sicherlich gerne aufnehmen, nämlich da zu einer Neuorientierung zu kommen.
Frau Abgeordnete Moser hat mich auf das Thema Sammelklage angesprochen: Wie Sie ja wissen, tagt im Justizministerium – und das schon seit geraumer Zeit – eine Arbeitsgruppe unter der Leitung meiner Mitarbeiterin, Frau Abteilungsleiterin Dr. Kloiber, wobei ich dazu sagen möchte, dass die Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe schon sehr weit fortgeschritten ist. Ich hoffe, dass wir zu Ende dieses Sommers zu einem Gesetzesvorschlag kommen werden, sodass hier darüber diskutiert werden kann. Ich darf Ihnen versichern, dass wir uns dieser Problematik im Justizministerium annehmen und dass wir diese Angelegenheit sicherlich vordringlich behandeln werden.
Natürlich ist es auch da – wie übrigens bei allen anderen Materien, die sich mit dem Konsumentenschutz auseinander setzen – sehr schwierig, die unterschiedlichsten Interessen unter einen Hut zu bringen. Aber, Frau Abgeordnete Moser, ich glaube, das wissen Sie ohnehin sehr gut. – Wir werden uns jedenfalls bemühen, da einen Weg zu finden, bei dem wir alle Interessen im Sinne eines Kompromisses unter einen Hut zu bringen versuchen.
Es wird daran gearbeitet, und ich hoffe, dass wir bald mit einem Gesetzesvorschlag in die Begutachtung gehen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
20.44
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.
20.44
Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, inspiriert durch die Frau Bundesministerin, die Metapher verwenden zu dürfen, dass dieses Gesetz in der Umsetzung der Verordnung keine leichte Geburt gewesen ist, es uns aber nun gelungen ist, gemeinsam ein recht properes Kind auf die Welt zu bringen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 206 |
Es ist uns nämlich gelungen – und ich meine, das ist das, was bedeutsam ist –, berechtigte Konsumentenschutzinteressen mit Ausgewogenheit in die Rechts- und Wirtschaftsstrukturen Österreichs einzugliedern. So wird einerseits dem Konsumentenschutz Rechnung getragen, aber andererseits nicht etwa eine „Super“-Behörde mit vor allem neuer Bürokratie geschaffen, sondern in einer zentralen Verbindungsstelle im Sozialressort eine bessere Koordinierung der schon erwähnten fünf Institutionen, die jeweils in ihrer Zuständigkeit diese Aufgaben wahrnehmen werden, erreicht.
Es ist vor allem auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Das ist schon etwas sehr Wesentliches, denn wir wollen ja in Österreich keinen „Rambo-Konsumentenschutz“ haben, sondern einen Konsumentenschutz, der sich im Rahmen unseres Rechtssystems bewegt. Ich bin überzeugt, dieser Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist jetzt auch in sehr wirksamer und Österreich-konformer Weise umgesetzt worden.
Alles in allem: ein Gesetz, das wir gemeinsam beschließen werden, ein Gesetz, das ein wichtiger weiterer Schritt ist. Gerade im Konsumentenschutz ist ja alles „work in progress“; allerdings sollten wir immer das Augenmaß, das wir jetzt auch in der Umsetzung dieser Verordnung hatten, gerade im Sinne der Unternehmen und der Wirtschaft, nicht außer Acht lassen.
Insofern – damit schließe ich schon – wird es eine interessante Diskussion werden, in welche Richtung wir uns im Verbraucherschutz weiter bewegen. Ich persönlich habe da durchaus eine Reihe von Vorbehalten, etwa, wenn es um eine Sammelklage geht. Aber sicherlich wird es noch möglich sein, das zu einem anderen Zeitpunkt und etwas intensiver zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
20.47
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.
20.47
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie bereits im Justizausschuss, so zeigt sich auch hier in dieser Debatte, dass im Wesentlichen alle Fraktionen dieser Gesetzesvorlage zustimmen, da es notwendig ist, die Durchsetzung von Entschädigungen und auch die rechtliche Situation im Sinne der europäischen Verbraucher zu verbessern. – Die wesentlichsten Kritikpunkte hat ja mein Kollege Maier bereits dargelegt.
Grundsätzlich ist es begrüßenswert – das hat auch Kollege Ikrath erwähnt –, dass es zur Einrichtung einer zum Sozialministerium ressortierenden Verbindungsstelle für Verbraucherschutzangelegenheiten kommen wird, aber das ist auch schon weitestgehend alles, was jetzt in Richtung Konsumentenschutzfragen beschlossen wird. Der Grund für diese Initiative ist eine EU-Verordnung; weitere Verbesserungen wurden in der letzten Ausschusssitzung nicht beschlossen.
Ein sehr gutes Beispiel für die Politik des Stillstandes ist ja auch der Gesetzesantrag meines Kollegen Maier, der auf der Tagesordnung stand, und zwar betreffend Änderung des Gebührengesetzes. Das wurde vertagt. Diese Gesetzesinitiative hätte nichts anderes bewirkt, als dass es zu günstigerem Wohnen gekommen wäre. Inhaltlich hat es keine Einwände gegeben; es ist das lediglich formal vertagt worden. – Die Mieterinnen und Mieter bleiben aber so auf der Strecke.
Ein anderes Beispiel dafür, dass bei Verbraucherschutz- und Konsumentenschutzfragen nichts weitergeht, ist, dass vor eineinhalb Jahren ein Entschließungsantrag von mir betreffend Feststellungsverfahren beim OGH zur schnelleren und kostengünstigeren Klärung strittiger Rechtsfragen auf der Tagesordnung gestanden ist. Auch das wurde
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 207 |
vertagt, und zwar mit dem Hinweis, dass „noch weitere Gespräche“ geführt werden sollen.
Es ist nichts getan worden, um das Konsumentenschutzrecht zu verbessern, um das Konsumentenschutzrecht an die moderne Industriegesellschaft und den raschen technologischen Fortschritt anzupassen. Eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Rücktrittsfristen bei Konsumentengeschäften wäre notwendig. Eine Verstärkung der außergerichtlichen Konfliktlösungsinstitutionen wie Schlichtungseinrichtungen wäre vorzunehmen. Schließlich bedürfte es auch der Einrichtung eines Konsumentenschutzrates im Sozialministerium.
Das sind nur einige Reformvorschläge, die unter der
Federführung meines Kollegen Jarolim erarbeitet wurden. Es ist aber eine
Aufgabe, die der SPÖ vorbehalten bleiben wird, diese auch
umzusetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
20.50
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Dernoscheg. – Bitte.
20.50
Abgeordneter Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was der SPÖ vorbehalten bleibt – wie die Frau Kollegin soeben erwähnt hat –, das werden die Wähler entscheiden, und zwar schon relativ bald.
Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um den Verbraucherschutz. Das ist ein gemeinschaftsrechtliches Anliegen. Es ist nur sinnvoll, dass man in einem gemeinsamen Markt auch eine Zusammenarbeit aller Stellen hat. In Österreich ist der Verbraucherschutz bereits hervorragend umgesetzt.
Ein adäquater Verbraucherschutz – und das darf ich als Vertreter der Wirtschaft sagen – ist auch im Interesse der Wirtschaft und natürlich auch im Interesse jedes Unternehmens, das sich bemüht, die Anliegen der Kunden optimal umzusetzen.
Natürlich ist die Wirtschaft immer wieder vorsichtig, wenn es um überzogene Bestimmungen geht, wenn es um bürokratischen Aufwand geht. Ich glaube, mit diesem Gesetz ist es hervorragend gelungen, dass es eben nicht zu überbordenden Belastungen im Berichtswesen und Ähnlichem kommt.
Die Inhalte sind ausreichend dargelegt worden. Ich
persönlich darf bedauern, dass diese Regelungen im Verbraucherschutz
nicht für Vereine gelten, denn dann hätten sehr viele
ÖGB-Mitglieder durch dieses Gesetz einiges an schutzwürdigen
Interessen zu regeln. (Heiterkeit des Abg. Jakob Auer.) –
Danke vielmals. (Beifall der ÖVP.)
20.52
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1615 der Beilagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es dies einstimmig angenommen.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 208 |
einstimmig der Fall. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Bericht des Justizausschusses über die
Regierungsvorlage (1565 d.B.): Übereinkommen des Europarats zur
Bekämpfung des Menschenhandels (1616 d.B.)
17. Punkt
Bericht des Justizausschusses über den Antrag 779/A (E)
der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Maßnahmen gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen
(1617 d.B.)
18. Punkt
Bericht des Justizausschusses über den Antrag 803/A (E)
der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Ausbau der Opferrechte bei Frauenhandel (1618 d.B.)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zu den Punkten 16 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte.
20.53
Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Das vorliegende Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels ist positiv, und der heutige Beschluss ist auch positiv.
Die nationale Umsetzung lässt allerdings zu wünschen übrig: Der Entschließungsantrag der Regierung ist äußerst mangelhaft. Die SPÖ-Fraktion hat bereits im Jänner einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem es um ein Zehn-Punkte-Programm zur Bekämpfung des Menschenhandels gegangen ist. Leider ist das ganz lange nicht behandelt worden, aber jetzt liegt Gott sei Dank zumindest das Übereinkommen vor.
Ich möchte zwei Punkte aus dem Entschließungsantrag der SPÖ herausgreifen, die mir sehr wichtig sind und anhand derer ich Ihnen zeigen möchte, warum der Entschließungsantrag der Regierung mangelhaft ist.
Erstens: Das Übereinkommen sieht eine Stabilisierungsphase von 30 Tagen für Personen vor, die als Opfer von Menschenhandel identifiziert worden sind. Das gilt laut Übereinkommen nur für das Aufenthaltsrecht – das heißt, sie können theoretisch nicht abgeschoben werden –, aber das gilt nicht in strafrechtlichen Belangen. Und das ist nicht im Sinne der Erfinder gewesen, denn die Stabilisierungsphase brauchen wir, damit sich die betroffenen Frauen sammeln können, damit die Frauen eine Beratung, eine Begleitung durch diese schwierige Zeit bekommen und sich innerhalb dieser 30 Tage entscheiden, was sie weiter unternehmen möchten. Das ist nicht gewährleistet dadurch, dass sie auf alle Fälle für etwaige Strafrechtsverhandlungen oder was auch immer zur Verfügung stehen müssen. Das müsste man in Österreich regeln, und das haben Sie nicht geregelt.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 209 |
Zweitens: Es geht darum, dass wir sehr wohl eine Diskussion über einen zusätzlichen Straftatbestand führen müssen, und zwar über das wissentliche Ausnützen einer Zwangslage einer Prostituierten.
Wir haben das bei Minderjährigen sehr gut geregelt, aber ich frage mich immer: Was ist der Unterschied zwischen einer minderjährigen Prostituierten, einer 19-jährigen, einer 25-jährigen oder älteren Prostituierten, die zur Prostitution gezwungen wird, der nichts anderes übrig bleibt, weil sie in vollkommener Abhängigkeit lebt? – Wenn das jemand weiß, wenn das ein Freier weiß, dann, so denke ich, sollte er auch bestraft werden.
Da hat es immer wieder das Gegenargument gegeben: Das ist ja eine Beweisfrage, das lässt sich so schwer beweisen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur zwei Punkte dazu sagen! Erstens: Wir kennen den Fall vom vorigen August, zu dem es Telefonprotokolle gibt und man nachlesen kann, dass sehr wohl Zwangssituationen ausgenützt worden sind. Das heißt: Dort ist es schwarz auf weiß gestanden, das war beweisbar! Abgesehen davon wissen wir noch immer nicht, wie dieses Verfahren ausgegangen ist.
Zweitens: Für mich ist ein Gesetz immer wieder auch eine Norm dahin gehend, wie wir das gemeinsame Zusammenleben innerhalb unserer Gesellschaft gestalten wollen und welche Signale wir setzen. Und darum wäre das ganz wichtig.
Zusammenfassend ist zu sagen: Das Übereinkommen ist
eine gute Grundlage. Der Entschließungsantrag der Regierung ist
mangelhaft und halbherzig, aber das zieht sich leider durch diese Justizpolitik
wie ein oranger Faden durch. – Danke schön. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Fauland: Geh, geh!)
20.57
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.
20.57
Abgeordneter Mag. Heribert
Donnerbauer (ÖVP):
Werter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und
Herren! Es ist nur schade, liebe Frau Kollegin Stadlbauer, dass selbst Themen,
bei denen wir uns eigentlich einig sind, ein Problem für Sie sind. Man
sollte daran arbeiten, seriös und sachlich vorzugehen und sich nicht immer
wieder in sehr starker Polemik ergehen. (Abg. Broukal: Im Gegensatz
zu Ihnen ...!) – Genau! Richtig. Im Gegensatz zu mir.
Hören Sie mir einmal zu, ob es anders ist oder nicht. (Abg. Broukal:
Da brauchen Sie einen Besen, um vor der eigenen Tür zu kehren!)
Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass sich der Menschenhandel in den letzten Jahren zu einem der größten Betätigungsfelder der international agierenden kriminellen Netzwerke entwickelt hat. Nach dem Waffenschmuggel und dem Drogenhandel ist der Menschenhandel nach Studien bereits die drittgrößte Einnahmequelle krimineller Organisationen. Man stelle sich vor: Nach dem illegalen Handel mit Waffen und Drogen ist der illegale Handel mit Menschen schon an dritter Stelle! Und das, so glaube ich, löst zu Recht Betroffenheit aus und erfordert auch effiziente Maßnahmen, um dies einzudämmen.
Eine dieser Maßnahmen ist dieses Übereinkommen, das wir heute hier genehmigen werden, weil ja Maßnahmen gegen international agierende kriminelle Banden nicht nur auf nationaler Ebene gesetzt werden oder nationale Antworten gegeben werden können, sondern weil da einfach gemeinsame Bemühungen, staatenübergreifende Bemühungen erforderlich sind. Und solche staatenübergreifende Bemühungen versucht die-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 210 |
ses Übereinkommen des Europarates gegen den Menschenhandel in die Tat umzusetzen.
Es geht vor allem auch darum, dass man Maßnahmen nicht nur in den Zielländern trifft, sondern dass man auch Maßnahmen geeigneter Natur in den Ursprungsländern und in den Transitländern statuiert.
Ich glaube daher, dass dieses Übereinkommen auch ein wichtiger Schritt nach vorne ist, vor allem weil es in einigen wichtigen Punkten Begriffsbestimmungen bietet, aber auch gemeinsame Maßnahmen festsetzt, wie zum Beispiel, dass eine einheitliche Definition von „Menschenhandel“ statuiert wird und dass gewisse Verpflichtungen für alle Vertragspartner festgelegt werden, einheitliche Straftatbestände zu schaffen, aber auch eine Zusammenarbeit im Bereich der Verfolgung. Letztlich sollen vorbeugende Maßnahmen möglich gemacht werden, aber auch eine Verpflichtung zu wirksamen Grenzkontrollen und zum Opferschutz in diesem Übereinkommen festgelegt werden.
Anders, als es Frau Kollegin Stadlbauer offensichtlich sieht, muss man sagen, dass wir in Österreich in den letzten Jahren – Gott sei Dank! – schon vor diesem Übereinkommen sehr viele wichtige Maßnahmen getroffen haben, zum Beispiel einen eigenen Straftatbestand im § 104a StGB einzuführen, genauso aber im Ausländerbeschäftigungsgesetz und im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz Möglichkeiten eines humanitären Aufenthaltes und auch einer Beschäftigungsmöglichkeit für Opfer einzuräumen. Ebenso wurde auch eine Task Force durch einen Beschluss der Bundesregierung aus dem Jahr 2004 gegründet, um diese Situation beobachten und künftig wichtige Maßnahmen treffen zu können.
Ich glaube daher, dass es richtig und wichtig ist, heute
dieses Übereinkommen zu genehmigen. Ich würde mir nur wünschen,
dass mehr Mitgliedstaaten viel schneller dieses Übereinkommen ratifizieren
und in den jeweiligen Mitgliedsländern umsetzen, damit wirklich effiziente
Maßnahmen gegen den Menschenhandel gesetzt werden können. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
21.00
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.
21.01
Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar věcer! Pǒstovane dame i gospodo! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Grünen werden der Ratifizierung dieses Übereinkommens zustimmen. Das wird Sie nicht überraschen, denn ich würde schon irgendwie meinen, dass man schon öfter etwas von den Grünen zum Thema Menschenhandel gehört hat als vom Herrn Kollegen Donnerbauer im Justizausschuss. Eigentlich muss ich sagen, dass ich ihn jetzt erstmals dazu habe Stellung nehmen hören. Aber das mindert nicht seine Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Überzeugung, dass dieses Übereinkommen in Österreich ratifiziert werden sollte.
Papier ist geduldig. Und gerade internationale Übereinkommen, die mit einem so genannten formellen Erfüllungsvorbehalt beschlossen werden, sind besonders geduldige Papiere. Wir haben uns mit der Frau Ministerin in der Vorbesprechung und dann im Ausschuss selbst ja relativ intensiv über diese Tatsache der Ratifizierung einerseits unterhalten, die von den Grünen, aber nicht nur von den Grünen schon länger eingefordert wurde, denn im Europarat liegt dieses Übereinkommen bereits seit einem Jahr zur Ratifizierung auf. – Das ist der eine Aspekt.
Der zweite Aspekt ist: Wie schaut es in Österreich tatsächlich für Opfer von Frauenhandel aus? – Die Frau Ministerin hat das – ich sage jetzt einmal – zur Kenntnis ge-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 211 |
nommen und auch gesehen, welche Schwierigkeiten es in der Praxis gibt. Damit haben wir uns in den letzten Monaten besonders beschäftigt. Und eigentlich muss ich Ihnen ehrlich sagen, dass ich gedacht habe, dass heute die Frau Innenministerin hier sein und diese Diskussion verfolgen wird. Ich frage mich: Wo ist sie? – Ein gut Teil jener Bereiche, um die es jetzt geht, nämlich wenn es um die Umsetzung dieses lobenswerten internationalen Übereinkommens geht, trifft nicht das Justizressort. Es gibt zwar auch Punkte, die das Ressort der Frau Mag. Gastinger betreffen, aber im Wesentlichen ist das Innenressort betroffen. – Gut, aber vielleicht glaubt Frau Prokop, dass Sie sie ohnehin schon grundsätzlich vertreten. Das könnte ja sein.
Ich möchte Ihnen aus einer Anfragebeantwortung der Frau Ministerin Prokop auf die Frage zitieren:
„Wie stellen Sie sicher, dass die betroffenen Frauen eine Möglichkeit der Zeugenaussage im zu führenden Strafverfahren haben?“
Beziehungsweise: Was wurde aus den Opfern von Frauenhandel, die bei einer so genannten Razzia aufgegriffen wurden, die zur Zerschlagung zweier Menschenhändlerringe – da zitiere ich jetzt das Innenressort – geführt hat? Was ist nach der Verhaftung der mutmaßlichen Täter – das war die „Zerschlagung“ – mit den 30 betroffenen Frauen – das waren nämlich die Opfer – chronologisch passiert?
Ich kann Ihnen sagen, was uns die Frau Ministerin geantwortet hat: „Der derzeitige Aufenthaltsort der genannten Fremden ist nicht bekannt.“ – Die genannten Fremden wurden nämlich alle nach dieser Amtshandlung, der Zerschlagung des Menschenhändlerringes, aus Österreich abgeschoben.
Das ist Opferschutz auf Österreichisch für Opfer, in dem Fall Frauen, von Menschenhandel! Wenn da noch jemand sagt, in Österreich sei alles wunderbar, super, diese Konvention werde jetzt ratifiziert und damit habe man seine Schuldigkeit getan, dann irrt er gewaltig. – Das ist ein Beispiel.
Ein zweites Beispiel. In der Konvention ist auch davon die Rede, dass zum Opferschutz natürlich Maßnahmen – jetzt in Bezug auf Österreich – des Verbrechensopfergesetzes gehören. Und die Erläuterungen weisen auch darauf hin. Wir haben erst kürzlich, nämlich letztes Jahr, eine Novelle zum Verbrechensopfergesetz beschlossen. In dieser Novelle steht, dass nur Menschen, die sich zum Tatzeitpunkt rechtmäßig in Österreich aufhalten, Ansprüche geltend machen können.
Es gibt Menschen, die Opfer von Menschenhandel sind, die sich rechtmäßig in Österreich aufhalten, die vorher unter Umgehung von gesetzlichen Bestimmungen ein Visum hatten und auf Grund falscher Versprechen – auch in Bezug auf das Visum – nach Österreich gekommen sind. Aber ein gut Teil der Menschen, die Opfer von Menschenhandel sind, sind nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig und fallen deshalb unter den Schutz des Verbrechensopfergesetzes. Und da soll noch einmal jemand sagen, wir tun genug für Opfer?!
Diesbezüglich gibt es noch einige Dinge, die für uns wesentlich sind. Kollegin Weinzinger wird auch noch etwas zum Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen sagen, über das Desaster, das es da im Sinne der Statistik im Innenministerium gibt. Ich sage Ihnen Folgendes: Gerne stimmt die grüne Fraktion der Ratifizierung dieses Übereinkommens zu, in das sich auch amnesty international Österreich in den Vorberatungen eingebracht hat. Auch die Zuständigen – in dem Fall war es eine Dame, Frau Mag. Prior, die Österreich in Straßburg mit vertreten hat – haben versucht, sich einzubringen.
Aber den Worten meines Vorredners Mag. Donnerbauer: Wir haben alles getan, können wir uns keinesfalls anschließen. Da gibt es leider noch sehr viel zu tun. Offensicht-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 212 |
lich ist das jedoch mit
der rechten Seite dieses Hauses – von mir aus gesehen –
nicht zu machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der
SPÖ.)
21.07
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.
21.07
Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte jetzt kurz wieder dieses Übereinkommen ein wenig näher beleuchten. Lassen Sie mich, auf Kollegen Donnerbauer replizierend, sagen, was die Problematik des Menschenhandels international und auch in Europa ist! Ich möchte das mit ein paar Zahlen zusätzlich verdeutlichen. Es gibt bedauerlicherweise die Situation, dass weltweit über 700 000 Fälle von Menschenhandel pro Jahr registriert werden. Wenn man sich sie Situation in Europa ein bisschen näher anschaut, so ist die Drehscheibe der Balkan. Die OSZE und die UNICEF haben festgestellt, dass allein pro Jahr 120 000 Frauen und auch Kinder über dortige Menschenhändlerringe nach Westeuropa gebracht werden und dieses Problem wirklich eines ist, das man mit absoluter Priorität anzugehen hat.
Aus diesem Grund wurde auch dieses Übereinkommen des Europarates jetzt vorgelegt. Österreich ist in der doch sehr vorbildhaften Situation, dass wir die Ersten waren, die es damals unterschrieben haben und jetzt mit der Ratifizierung europaweit die Zweiten sein werden, die es auch umsetzen werden. Wir sind uns aber trotz allem bewusst, dass das Ratifizieren alleine zu wenig sein wird, um dieser Problematik Herr zu werden, und dass es noch der notwendigen Maßnahmen bedarf.
Das, was in diesem Übereinkommen geregelt ist, ist eben nicht nur die sexuelle Ausbeutung, auf die schon sehr stark hingewiesen worden ist, sondern auch – und das ist wichtig – die Arbeitsausbeutung und ein Fall, der in seiner Grausamkeit in keiner Weise zu überbieten ist, nämlich die Ausbeutung durch Organentnahme. Das ist eine Sache, die auf Grund des sehr hohen Organbedarfs im Westen immer schlagender wird und die mit aller Stärke vollinhaltlich abzulehnen ist.
Auf die Ziele hat Kollege Donnerbauer schon hingewiesen: Verhütung, Schutz, Sicherstellung und wirksame Ermittlungen – all das ist in diesem Übereinkommen umfasst. Ich möchte abschließend noch ganz kurz auf die innerstaatliche Seite eingehen.
Kollegin Stadlbauer hat daran ja massive Kritik geübt, Kritik, die für mich nicht ganz nachvollziehbar ist, denn mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004 wurden umfassende Strafbestimmungen gegen Menschenhandel erlassen. Wenn man sich jetzt anschaut, was wir alles auf Grund dieses Übereinkommens noch nachjustieren müssen, muss man sagen, so gut wie gar nichts, denn das österreichische Recht entspricht vollinhaltlich dem, was in diesem Übereinkommen gefordert wird.
Aus unserer Sicht besteht somit in Österreich eine ausreichende rechtliche Grundlage zur Bekämpfung des Menschenhandels. Es liegt jetzt an der Vollziehung. Dort, gebe ich zu, ist noch einiges nachzuholen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
21.10
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Mag. Gastinger. – Bitte.
21.10
Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich kann unmittelbar an meinen
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 213 |
Vorredner anschließen, der schon richtig ausgeführt hat, dass wir durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2004, soweit es den strafrechtlichen Teil anbelangt, schon alle nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen haben – das hat auch Herr Mag. Donnerbauer schon ausgeführt –, um dieses Übereinkommen auch tatsächlich in nationales Recht umzusetzen.
Ich bin sehr froh darüber, dass wir schon heute die Ratifizierung dieses Übereinkommens im Hohen Haus beraten und auch beschließen können, denn wir sind tatsächlich die Zweiten, die dieses Übereinkommen ratifizieren. Darauf können wir durchaus stolz sein, denn ich glaube, diese sehr rasche Ratifizierung ist durchaus auch als politisches Signal Österreichs zu verstehen, dass wir den Kampf gegen Menschenhandel ernst nehmen. Das hier zu erwähnen ist meiner Meinung nach auch besonders wichtig.
Es sind verschiedene Bereiche involviert. Wie ich schon ausgeführt habe, haben wir im strafrechtlichen Bereich bereits im Jahr 2004 die notwendigen Änderungen eingeführt. – Das geschah auch in Umsetzung eines Rahmenbeschlusses des Rates zur Bekämpfung des Menschenhandels, eines Zusatzprotokolls der Vereinten Nationen zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, sowie des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, Kinderprostitution und Kinderpornographie.
In diesen Reigen fügt sich nun auch dieses Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels ein.
Uns war es aber besonders wichtig, im Bereich des Menschenhandels nicht nur den strafrechtlichen Teil umzusetzen, sondern auch im Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht – das ist der Bereich, der meine Regierungskollegin Liese Prokop betrifft – haben wir die nötige Vorsorge getroffen. Es ist, wie Frau Abgeordnete Stadlbauer ausgeführt hat, auch vorgesehen, diese dreißigtägige Bedenkzeit für Opfer von Menschenhandel einzuräumen.
Ich möchte aber hinsichtlich der Kritik, die dazu angebracht wurde, nämlich dass Zeugenaussagen während dieser dreißigtägigen Bedenkzeit durchaus möglich sind, darauf hinweisen, dass dies auch im Art. 13 Abs. 1 des Übereinkommens, dessen Ratifizierung Sie heute beschließen werden, so vorgesehen ist. Es hat auch auf Ebene des Europarates sicherlich Diskussionen darüber gegeben, es wurde aber für notwendig befunden, dass diese Ausnahme möglich ist.
Ich möchte auch noch gesondert darauf hinweisen, dass es laut § 72 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz möglich ist, einen humanitären Aufenthaltstitel für Opfer von Menschenhandel zu schaffen, der eine Mindestdauer von sechs Monaten vorsieht. Ich glaube, dass wir auch da sicherlich auf dem richtigen Weg sind, um die Opfer ausreichend zu schützen.
Ich möchte weiters darauf hinweisen, dass es einen Bericht des US State Department über den Menschenhandel weltweit gibt. Auch Österreich wurde geprüft und in der besten Kategorie bewertet. Es wurde uns bescheinigt, dass wir in Österreich sowohl, was den Bereich der strafrechtlichen Verfolgung und des Schutzes, als auch was die Prävention von Menschenhandel betrifft, sehr weit fortgeschritten sind.
Ich gebe auch zu bedenken, dass wir in diesem Bereich – es handelt sich ja immerhin um organisierte Kriminalität – nicht aufhören dürfen weiterzuarbeiten. Wir alle, wie wir hier stehen und sitzen, sind uns bewusst, dass es wichtig ist, weiter an der Bekämpfung des Menschenhandels zu arbeiten und dass es unbedingt notwendig ist, auch die Task Force, die für den Bereich Menschenhandel im Außenministerium vorgesehen ist, weiter zu unterstützen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 214 |
Ich persönlich würde mir auch einen nationalen Koordinator für Menschenhandel wünschen. Wie Sie wissen, arbeitet diese Task Force derzeit gerade an einem nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel, der im Laufe dieses Jahres fertig gestellt werden soll. Auch auf diesen nationalen Aktionsplan hoffe ich sehr, sodass geeignete Maßnahmen gesetzt werden können, die sicherlich als Querschnittmaterie zu betrachten sind, weil diese Maßnahmen – wie schon meine Vorredner angeführt haben – nicht nur den Bereich des Justizministeriums betreffen, sondern auch das Innenministerium, die Länder und verschiedene Opferschutzeinrichtungen.
Das ist also eine sehr komplexe Materie, und es sind sicherlich unterschiedlichste Maßnahmen zu setzen. So glaube ich, dass wir hier im Hohen Haus nicht das letzte Mal über unseren Kampf gegen diese Form der organisierten Kriminalität diskutiert haben werden. Ich glaube aber auch, dass die Ratifizierung dieses Übereinkommens des Europarats ein ganz besonders wichtiger Schritt ist, um durch die Zusammenarbeit, zu der wir uns nun verpflichten, auch auf internationaler Ebene einen Beitrag dazu zu leisten, diesem wirklich dramatischen Verbrechenszweig – so möchte ich es nennen – Einhalt zu gebieten und dagegen anzukämpfen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ, der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
21.16
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.
21.16
Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin, auch ich sehe die Ratifizierung dieses Übereinkommens des Europarates als Signal und als Kampfansage gegen eines der brutalsten organisierten Verbrechen der Gegenwart.
Ich bin froh darüber und auch stolz darauf, dass wir als österreichischer Staat und als österreichisches Parlament die Zweiten nach Moldawien sind, die dieses Übereinkommen nun ratifizieren.
Wir wissen, das Verbrechen Menschenhandel trifft vor allem Frauen und Kinder, und zwar zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung.
Nach Schätzungen der WHO werden weltweit 700 000 bis zwei Millionen Frauen und Mädchen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Menschenhändler- und Zuhälterringe verdienen dabei jährlich zirka unglaubliche 30 Milliarden €, so wird geschätzt. Der Europarat hat richtigerweise mit dem vorliegenden Übereinkommen reagiert, indem er den Menschenhandel als Menschenrechtsverletzung anerkennt, und das ist wichtig.
Ich sage das auch als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, weil ich auch im Europarat in Straßburg immer schon dafür gekämpft habe, dass nicht nur dieses Übereinkommen im Europarat beschlossen wird, sondern dass wir es auch jetzt in Österreich ratifizieren.
Künftig wird der Menschenhandel also als organisierte Kriminalität und als Menschenrechtsverletzung anerkannt, wenn es nach diesem Übereinkommen geht und genügend Mitgliedstaaten es unterzeichnen. Was wir allerdings nicht übersehen dürfen – und das ist etwas ganz Zentrales, Frau Ministerin! –, ist, dass wir ein Übereinkommen beschließen, das – unter Anführungszeichen – „nur“ unter Gesetzesvorbehalt steht. Das heißt, wir müssen nach meinem Dafürhalten noch einige ergänzende Maßnahmen setzen.
Was mich zum Beispiel stört, ist, dass der Ausbau der Opferschutzrechte und die dazu notwendigen flankierenden Maßnahmen noch nicht ausreichend gegeben sind. Was
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 215 |
die Opferschutzeinrichtungen betrifft, so ist es doch zu wenig, dass nur in Wien eine Anlaufstelle für Opfer von Menschenhandel existiert, dass es aber im weiteren Bundesgebiet – zum Beispiel im Westen Österreichs – nichts in dieser Art gibt.
Bei den Opferschutzeinrichtungen wird sehr wohl gespart. Wir wissen, dass die Interventionsstellen um ihr Geld kämpfen. Es bedarf da nicht nur der schönen Worte, sondern auch der nötigen finanziellen Absicherung. – Es ist notwendig, entsprechend finanziell zu dotieren.
Was mir auch ein Anliegen ist – Sie haben die Task Force angesprochen –: dass neben den Ministern und den Ministerinnen, die sich mit diesem Problem befassen, auch die Länder dazugeholt werden. Wir kennen alle die Länderkompetenzen mit den Veranstaltungsgesetzen und den Landespolizeigesetzen.
Ich komme aus einem Land, wo der Tourismus Gott sei Dank floriert, aber es ist bei uns in Tirol zum Beispiel zu bemerken – das ist aber in anderen Ländern wie Salzburg oder der Steiermark und anderen Tourismusländern auch nicht anders –, dass diese so genannten Table-Dance-Lokale wie Schwammerln aus dem Boden schießen. Dass in diesen Table-Dance-Lokalen nicht nur getanzt wird, ist ein offenes Geheimnis. (Zwischenruf des Abg. Gahr.) – Hermann Gahr weiß es auch, er war auch schon ein paar Mal in verschiedenen Tourismusgegenden, ob im Zillertal oder in Ischgl. (Heiterkeit bei der ÖVP.)
Auch Massagesalons, die in Wirklichkeit nur zur Tarnung dienen und eigentlich verdeckte Bordelle sind, gehören überprüft.
Es bedarf da entsprechender Gesetzesänderungen in den Ländern, denn es gibt Gesetzeslücken. Ich möchte darauf hinweisen, denn, wie Frau Abgeordnete Stoisits schon gesagt hat, Papier ist geduldig. Wir haben in den letzten Jahren diesbezüglich sehr viel beschlossen, Sie haben ja einiges erwähnt, aber wir müssen noch mehr Maßnahmen setzen, damit eines der grausamsten Verbrechen der Gegenwart entsprechend bekämpft werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
21.20
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.
21.21
Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die abscheulichen Verbrechen und Missetaten, die mit dieser Entschließung und dem Übereinkommen zum Menschenhandel verfolgt werden sollen, sind von den Vorrednerinnen schon angesprochen worden.
Leider ist es im Ausschuss nicht gelungen, auch die Oppositionsparteien zur Unterstützung
unserer
Entschließung – zur Entschließung Partik-Pablé
und Fekter – zu bewegen, also dazu, zumindest diesen Umfang der
ausdrücklichen Brandmarkung und der Erfassung aller Formen des
Menschenhandels zu unterstützen.
Ich denke, dass
wir mit dem nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel einen ersten
wichtigen Schritt setzen. Es kann natürlich immer gesagt werden, das ist
zu wenig, das ist nicht schnell genug, das ist nicht umfassend genug, da ist
die Table-Dancer-Problematik nicht enthalten, die wir natürlich auch
absolut verurteilen, da das Hintergehung und in Wirklichkeit in den
meisten Fällen abscheulicher Missbrauch ist.
Unser nationaler
Aktionsplan gegen den Menschenhandel, der auf eine Task Force zurückgeht,
die seit zwei Jahren eingerichtet ist, soll vorbereitet, vorgestellt und verabschiedet
werden.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 216 |
Wir haben
zusammen mit der Frauenministerin etwa ein erstes Netzwerk gegen traditionsbedingte
und traditionelle Gewalt eingerichtet. Der Nationalrat soll weiters bis Ende 2006
einen Bericht über die in Aussicht genommenen Maßnahmen vorlegen,
die insbesondere Folgendes enthalten: Aufklärung und Prävention in
den Herkunftsländern des Frauen- und Kinderhandels, Maßnahmen zur
Überprüfung der Praxis der Visa-Erstellung, den gesamten Bereich
der Fälschungssicherheit, Rechtmäßigkeit und Gültigkeit
von Reisedokumenten, Maßnahmen im Bereich der Identifizierung von Opfern
und deren Schutz. Dazu gibt es eben unter § 27 einen Aufenthaltstitel
aus humanitären Gründen, der sicher in der Praxis weiter verfolgt
werden muss.
Dieser unser
Entschließungsantrag will auch noch den verstärkten Schutz und die
Hilfe für die Opfer, unabhängig von ihrer Zeugentätigkeit und
Aussagebereitschaft, und Maßnahmen zur Sicherstellung einer Erholungs-
und Bedenkzeit der Opfer, die ich schon angesprochen habe. Fragen der Praxis
der Schubhaft sind damit inkludiert.
Meine Damen und
Herren! Damit soll eine Hintanstellung von Menschenhandel erreicht werden, und
ich freue mich sehr, dass in den letzten Tagen unseres EU-Vorsitzes dieser
Maßnahmenkatalog noch erreicht wurde und dass wir unter diesem Aspekt
einem sehr subtil ausgelebten Übel und einer subtilen Umgehungspraxis ein
Stück mehr Einhalt gebieten.
Sicher brauchen
wir auch ein gesteigertes öffentliches Bewusstsein. Jede Maßnahme,
die nur auf dem Papier besteht und ausschließlich eine legistische
Maßnahme ist, bleibt stumpf und wirkungslos, wenn sie nicht auch ein
geändertes öffentliches Bewusstsein mit sich bringt. Das beginnt
bei großer Aufmerksamkeit, wenn wir uns als Touristen durch unsere
Nachbarländer bewegen und sehen, wie etwa auf den nördlichen
Ausfallstraßen Kinder als Objekte so mancher schräger Begierde
angeboten werden.
Das beginnt auch
damit, dass wir in unserer eigenen Nachbarschaft aufmerksam sind und unsere
Augen offen halten. Die Schaffung dieses Bewusstseins soll am Beginn dieses
Maßnahmenkataloges und dieses Aktionsplanes stehen.
Ich lade die
Opposition noch einmal ein, zumindest dieser Fassung, inklusive Entschließungsantrag
Fekter, Partik-Pablé, zuzustimmen. Weitere Maßnahmen sind damit
durchaus nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern absolut
intendiert. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Wurm: Stimmen Sie unserem
zu!)
21.25
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. – Bitte.
21.25
Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Brinek, ich lade Sie herzlich ein, den weitergehenden Maßnahmen schon jetzt zuzustimmen und sie nicht in ferne Zukunft zu verschieben und auf ein unbestimmtes Datum hinzuintendieren.
Es gibt eine ganz klare Liste von Vorschlägen seitens der Grünen und auch seitens der Kollegin Stadlbauer in ihrem Entschließungsantrag, wie man das, was Sie angeblich intendieren, was Sie in der Bekenntnisliteratur, die wir jetzt mehrfach gehört haben, als Ziel durchaus gutheißen, umsetzen könnte.
Ich verstehe nicht, warum Sie dem nicht zustimmen können, warum Sie auf Ihrem eigenen Entschließungsantrag beharren, der sich in „hätte, wäre, wenn vielleicht ginge“ ergeht: Es wird vorgeschlagen, einen Aktionsplan, der angeblich ohnehin schon in Ar-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 217 |
beit
ist, vorzubereiten – nicht durchzuführen, sondern vorzubereiten.
(Abg. Dr. Brinek: Maßnahmen!)
Es wird die Regierung ersucht, über Maßnahmen zu berichten, die man in bestimmten Bereichen ins Auge fassen könnte – nicht Maßnahmen, die man durchführt, sondern die man beabsichtigen könnte. (Abg. Dr. Brinek: Es sind auch schon welche durchgeführt!) – Das ist herzlich wenig, wenn Sie tatsächlich Ziele erreichen wollen! Wenn Sie so Ihren Wahlkampf planen, werden Sie auch nicht weit kommen. Aber da sind Sie ja besser beisammen. (Beifall bei den Grünen.)
Im Konkreten gibt es allein zu der Konvention schon ein großes Defizit, auf das ich eingehen möchte. Die Konvention, deren Ratifikation wir natürlich begrüßen, legt zum Beispiel in Art. 12 Abs. 4 fest, dass die ratifizierenden Staaten sicherstellen sollen, dass Opfer von Menschenhandel Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen.
In Österreich wird auch von Ihnen, Frau Ministerin, darauf verwiesen, dass wir eigentlich ohnehin schon alles umgesetzt haben, was wir für die Konvention brauchen, und dass zum Beispiel der Aufenthaltstitel für Opfer von Menschenhandel durch ein Aufenthaltsrecht auf Grund humanitärer Veranlassung geregelt ist.
Dieser Aufenthaltstitel humanitäre Gründe – das sollten Sie wissen, Sie haben das nämlich beschlossen – stellt fest, dass eine Beschäftigungsbewilligung mit diesem Aufenthaltstitel nicht zulässig ist. Das heißt, in der Konvention steht, Zugang zum Arbeitsmarkt ist wichtig, Österreich erlaubt diesen Zugang aber nicht. Trotzdem sagen Sie hier, Sie hätten ohnehin schon alles umgesetzt. Wie kriegen Sie das im Kopf zusammen?
Abgesehen davon – das ist die bewährte Praxis – sagt man dann, wenn das Opfer keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hat und daher mittellos ist, ist eine Abschiebung auf Grund von Mittellosigkeit der nächste Schritt.
Wie man mit den Opfer umgeht kann ich Ihnen anhand eines Beispiels gerne erläutern. Wir haben das aus einer Anfragebeantwortung der Innenministerin, die diese Debatte heute durch Abwesenheit würdigt: Es gab im März 2005 einen Zwischenfall, bei dem ein Mädchenhändlerring angeblich zerschlagen wurde, bei dem es jedenfalls zu Verhaftungen kam. Ich zitiere aus der Anfragebeantwortung der Ministerin Prokop an meine Kollegin Stoisits:
„Im
Zusammenhang mit diesen Amtshandlungen wurden insgesamt vier rumänische
Frauen festgenommen und der Behörde zur Durchführung von
fremdenpolizeilichen Verfahren vorgeführt.
Gegen eine Frau wurde in der Folge wegen Mittellosigkeit ein auf
fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Nach Verhängung
der Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Linz am 4.1.2006 wurde sie am 13.1.2006
am Landwege via Ungarn nach Rumänien abgeschoben.“
Das heißt, was passiert mit den Opfern? – Sie werden festgenommen und in Schubhaft gesteckt. – In diesem Fall hat die Frau etwa zehn Tage in Schubhaft verbracht. Ich frage mich, wo da ihre Bedenkfrist ist, in der sie in Ruhe nachdenken kann, ob sie als Zeugin aussagen will oder wie es weitergeht. Dann wird sie abgeschoben.
Weitere drei Frauen – das zitiere ich jetzt nicht mehr wörtlich – wurden ebenfalls in Schubhaft genommen und abgeschoben.
So geht diese Regierung mit Opfern von Menschenhandel wirklich um! Was haben diese Frauen, diese Jugendlichen, die gehandelt werden, die im Wesentlichen in der Prostitution landen, aber auch als Hausangestellte oder als Ehefrauen gehandelt werden, von Ihren wortreichen Bekenntnissen, dass die Ziele ja die richtigen wären und
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 218 |
dass – wie es Frau Abgeordnete Brinek gesagt hat – weitere Maßnahmen „intendiert“ sind?
Erklären Sie das einmal jenen Frauen, die zuerst Opfer von Schleppern und Menschenhändlern wurden, die dann in die Prostitution gezwungen wurden und denen Österreich mit Schubhaft und Abschiebung antwortet! Das können Sie nicht wirklich verantworten wollen. (Beifall bei den Grünen.)
21.29
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.
21.30
Abgeordnete Dr. Helene
Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur
ganz kurz auf zwei Redebeiträge meiner Vorrednerinnen eingehen, und
zwar zuerst auf jenen der Kollegin
Weinzinger. Sie mokieren sich darüber, dass es angeblich nur wortreiche
Bekenntnisse der Regierung beziehungsweise der Frau Justizministerin in diesem
Bereich gäbe. Aber ich möchte Ihnen noch einmal sagen, es ist
vieles in puncto Bestrafung des Menschenhandels bereits umgesetzt worden.
Beispielsweise haben wir strenge Strafbestimmungen den Menschenhandel betreffend
eingeführt. Wir haben bereits das, was in dem Übereinkommen steht,
praktisch übererfüllt.
Frau Abgeordnete
Stadlbauer, mich hat eigentlich schon sehr hart getroffen, und die Frau
Minister wahrscheinlich auch, dass Sie sagen, die Justizpolitik wäre
halbherzig, denn gerade im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Ausnützung
der Prostituierten und den Menschenhandel hat diese Bundesregierung und
gerade die Frau Minister enorm viel getan und enorm viel Sensibilität
bewiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
Ihre Rede zeigt,
dass Sie wirklich nicht bereit zu Sachlichkeit sind; auch der Beitrag der Frau
Abgeordneten Weinzinger.
Wir haben im
Ausschuss und auch in den Vorgesprächen im Justizministerium sehr lange
darüber diskutiert, wie man gegen Freier vorgehen kann, die die Zwangslage
von Prostituierten ausnützen – und wir haben ganz einfach noch keine
Lösung gefunden. Frau Abgeordnete Stadlbauer zeigte ja wieder in ihrem
Diskussionsbeitrag, dass sie die geltende rechtliche Lage nicht kennt, denn sie
hat gesagt: Wenn der Freier weiß, dass sich die Frau in einer Zwangslage
befindet, dann ist er zu bestrafen! – Ja, aber dann ist er ja schon jetzt
zu bestrafen, da gibt es den Tatbestand der Nötigung, da gibt es den
Tatbestand der Erpressung! Wir haben auch den
„Zuhälter-Paragraphen“, wo das alles zu subsumieren ist.
Wie soll man
nachweisen, dass der Freier weiß, dass diese Frau zur Prostitution gezwungen
wird? Das ist das Wichtigste: die subjektive Tatseite nachzuweisen. Die
Prostituierte wird nicht sagen, dass sie ausgenützt wird. Sie steht dort,
schön gekleidet, lächelt wahrscheinlich, um einen Freier anzuwerben.
Also er wird sie sicher nicht fragen: Werden Sie ausgenützt? (Abg. Öllinger: Nachher!)
Und selbst wenn sie gefragt würde, dann wird sie sicher nicht die wahre
Antwort geben, weil sie wahrscheinlich dann ein blaues Auge haben wird und von
ihrem Freier wahrscheinlich noch mehr körperlich misshandelt wird. (Abg. Öllinger: Stimmt! Aber
nachher!) – Wann soll sie es nachher denn sagen? Nachdem das
Geschäft abgeschlossen ist? Dann wird sie wieder auf die Straße
gehen, wird sich wieder hinstellen und den nächsten Freier anlachen.
Das ist doch alles realitätsfremd, was Sie sagen, meine sehr geehrten
Damen und Herren von Grünen und von SPÖ!
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 219 |
Versetzen Sie sich
doch in die Lage eines Richters, der beurteilen soll, wie die Wissentlichkeit
nachzuweisen ist! Das ist nicht so leicht zu beantworten.
Ihr Vorwurf ist
deshalb auch ungerecht, von beiden, Weinzinger und auch Stadlbauer, weil wir
uns ja entschlossen haben, dass wir, Vertreter aller Parteien, uns im Sommer
einmal zusammensetzen und überlegen: Wie können wir auch die Freier,
die die Zwangslage ausnützen, strafrechtlich zur Verantwortung ziehen?
Diese Gespräche werden uns vielleicht weiterbringen. Wir können ja
auch Experten beiziehen. Ich bin jedenfalls jederzeit bereit, weil auch mir das
ein wichtiges Anliegen ist, auch der Frau Minister, und vielleicht finden wir
eine Lösung, vielleicht finden wir auch keine.
So können wir es jedenfalls nicht machen, dass wir feste Beweisregeln einführen, das geht wirklich nicht, sondern wir müssen weiterhin an der freien Beweiswürdigung festhalten. Wie gesagt: Wir sind bereit, diese Gespräche zu führen, und ich hoffe, dass wir dann zu einer Lösung kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
21.34
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.
21.34
Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir stimmen natürlich gerne dem Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels zu. Einige Vorrednerinnen und Vorredner haben schon auf die Wichtigkeit dieser Maßnahme hingewiesen. Ich glaube, der Menschenhandel ist im 21. Jahrhundert wirklich einer der menschenverachtendsten Bereiche, und daher ist dagegen strafrechtlich, aber vor allem auch, Frau Ministerin, präventiv vorzugehen.
Eines muss uns allen klar sein – ob das jetzt 100 000 Personen oder mehr sind; ich fürchte, dass wir in diesem Bereich eine Dunkelziffer haben, vor der wir uns wahrscheinlich alle schrecken würden –: Ohne entsprechende Ressourcen sowohl im Sachaufwand als auch im Personalaufwand werden wir hier nicht weiterkommen! Und es ist ja auch einer der kritischen Punkte des US State Department gewesen, dass wir diesbezüglich entsprechende Mittel im Bereich der Vollziehung, der Verwaltung vorsehen müssen.
Ich bin ganz beim Kollegen Fauland, als er sagte, mit der Ratifizierung allein sind wir eigentlich noch keinen Schritt weiter gekommen. Ich meine, das ganze Haus mit all seinen Fraktionen ist im Interesse der Menschlichkeit aufgefordert, für diesen Bereich auch die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Frau Bundesministerin, das wird keine leichte Aufgabe, das ist überhaupt keine Frage.
Der Grund, warum wir dem Entschließungsantrag nicht zugestimmt haben, war, dass er uns nicht weit reichend genug war. Ich verstehe schon meine Vorrednerin, aber ohne Zeugenschutzprogramm in diesem Bereich, in diesem Milieu – da könnt ihr euch international erkundigen, wo ihr wollt – wird es nicht gehen. Und daher, glaube ich, sollten wir auch diese Frage gemeinsam noch einmal überdenken und angehen.
Ich möchte mich aber abschließend, weil wir im Justizausschuss traditionell schon eine sehr lange und gute Zusammenarbeit mit Ihrem Haus haben, bei Ihnen, Frau Bundesministerin, und bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Zusammenarbeit sehr herzlich bedanken. Ich denke, es ist eine wichtige Arbeit, denn vor allem die Justiz braucht unsere gemeinsame Unterstützung; ich sage das bei jeder Gelegenheit.
Ich weise hier und heute nochmals alle darauf hin, dass wir gemeinsam versuchen sollten, die schwierige Situation unserer Kolleginnen und Kollegen im Strafvollzug nicht
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 220 |
aus den Augen zu verlieren. Die Aufgabe ist hart, sie ist eine schwierige, und ich glaube, sie brauchen unsere gemeinsame Hilfe. Der Justizbereich ist nicht dazu geeignet, hier parteipolitische Diskussionen zu führen. Dazu, meine geschätzten Damen und Herren, lade ich Sie alle sehr herzlich ein. (Beifall bei der SPÖ.)
21.38
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.
21.38
Abgeordneter Anton Doppler
(ÖVP): Sehr geehrter
Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und
Kollegen! Hohes Haus! Ich
möchte eingangs auf den Redebeitrag von Frau Kollegin Wurm Bezug nehmen. Ich denke, es ist sicher nicht in Ordnung,
wenn man hier im Rahmen eines Redebeitrages eine Pauschalverurteilung der
Tourismusbranche und der Unterhaltungsbranche von sich gibt. Ich glaube, es ist
notwendig, wenn wirklich Fakten auf dem Tisch liegen, dass man das Problem konkret
bekämpft, aber eine Pauschalverurteilung ist jedenfalls abzulehnen.
Wir wissen, dass
Menschenhandel die drittgrößte Einnahmequelle der internationalen
kriminellen Netze darstellt. Alle europäischen Staaten sind davon
betroffen, entweder als Ursprungsland oder als Zielland. Daher sind alle
gefordert, Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels, und
nicht nur zur Bekämpfung, sondern auch zur Prävention, umzusetzen.
Die Bedeutung des
Übereinkommens liegt darin, dass Menschenhandel ausdrücklich als
Menschenrechtsverletzung gebrandmarkt wird. Eine wirksame Bekämpfung ist
nur durch die Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit und durch internationale
Harmonisierung möglich. Es ist notwendig, dass den Opfern dabei ein
besonderer Schutz garantiert wird.
Mit diesem
Übereinkommen wird der erfolgreiche Weg der österreichischen Bundesregierung
fortgesetzt, welcher zum Ziel hat, jede Art der Kriminalität zu
bekämpfen und das Sicherheitsgefühl zu verbessern und zu
verstärken. Österreich hatte diesem Thema nicht nur während
der EU-Präsidentschaft hohe Priorität eingeräumt, es war auch
bereits vorher ein großes Anliegen, und es wird in diesem Bereich auch
weiterhin konsequente Maßnahmen geben.
Österreich hat das Übereinkommen bereits am ersten Tag unterschrieben und tritt mit der heutigen Beschlussfassung als zweiter Staat dem Übereinkommen bei. Neben diesem Übereinkommen werden auch die zuständigen Minister ersucht, die Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels fortzusetzen. Am Ende des Jahres soll es einen Bericht geben, welcher über die in Aussicht genommenen Maßnahmen und über die durchgeführten Aufklärungen informiert.
Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
21.40
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort gemeldet. (Abg. Scheibner: Das auch noch!)
21.40
Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Abgeordneter Doppler hat behauptet, dass ich sämtliche Tourismusbetriebe pauschal verdächtigt oder diffamiert hätte, dass sie illegale Bordelle betreiben. – Das ist nicht der Fall!
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 221 |
Ich habe nur darauf hingewiesen, dass verschiedene Table-Dance-Lokale unter anderen wie Schwammerln aus dem Boden wachsen, wo man in der Praxis genau überprüfen sollte, ob dort nur getanzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
21.41
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Ich erteile es ihr.
21.41
Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! „Das Schweigen zu einer Untat, die man weiß, ist wahrscheinlich die allgemeinste Art unserer Mitschuld“, sagt Max Frisch und meint damit auch das Wegschauen statt des Hinschauens, wenn es um Prostitutionstourismus geht.
Im Zusammenhang mit Menschenhandel kann dieser Bereich nicht verschwiegen werden. Nach Schätzungen des EU-Schulz-Berichts sind 5 bis 10 Prozent aller Prostitutionstouristen faktisch auch Kinderschänder. Die Jugendlichen und Kinder, die davon betroffen sind, werden immer jünger, und neueste Studien belegen auch, dass der Missbrauch von Kindern mit immer brutaleren Methoden erfolgt.
Nun schreiben wir das Jahr 2006. Wir hatten in diesem Jahr die Tourismusministerkonferenz in Wien. Es gab auch die Anfrage an Minister Bartenstein, ob daran gedacht sei, im Jahr 2006, zehn Jahre nach dem Weltkongress gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken in Stockholm, eine Nachfolgekonferenz in Österreich auszurichten. Es sind 15 Jahre nach Errichtung der internationalen Hilfsorganisation ECPAT, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken zu verhindern beziehungsweise zu bekämpfen. Der Minister hat geantwortet, dass sich der Tourismusminister von Frankreich in dieser Angelegenheit sehr verdient gemacht hat.
Wir haben deshalb vorgeschlagen, dass wir in Österreich in diesem Jahr noch, also 15 Jahre nach Einrichtung der Organisation ECPAT und der Kampagnenarbeit, eine Parlamentarische Enquete dazu veranstalten wollen. Es gibt ja schon in Österreich im Strafrechtsänderungsgesetz die Bestimmung, wonach Täter, die im Ausland sexuelle Straftaten an Kindern begehen, im Inland zu bestrafen sind. Allerdings hat Frau Minister Gastinger in einer Anfragebeantwortung darauf hingewiesen, dass man über die Zahlen keine Auskunft geben könne, weil nicht unterschieden wird nach Tätern im In- und im Ausland.
Wir finden es wichtig, dass hiezu Zahlen vorhanden sind, dass wir auch die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich verbessern und vorbeugende und schützende Maßnahmen für bedrohte Kinder und Jugendliche ergreifen können. Zu diesem Zweck wollen wir in diesem Jahr noch eine Enquete zum Schutz von Kindern und Jugendlichen abhalten und die Devise von ECPAT Österreich „Hinschauen statt wegschauen!“ aufnehmen und Aktivitäten auf politischer Ebene voranbringen. (Beifall bei den Grünen.)
21.44
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. – Bitte.
21.44
Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Zum Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels. Europa braucht eine Architektur, die allen Völkern Schutz und Lebens-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 222 |
raum bietet. Der Umbau unseres Kontinents ist die größte Chance für eine Friedensordnung, die dieser Kontinent je hatte. Dies bedarf auch einer Stärkung der inneren Sicherheit und auch der rechtlichen und sicherheitspolitischen Möglichkeiten dazu.
Seit 17 Jahren gibt es Völker, die sich zu demokratischen Werten bekennen. Deswegen dürfen wir keine ausgrenzen, sonst würden wir nicht glaubwürdig sein gegenüber dem, was wir jahrzehntelang vertreten haben. Die befreiten Völker und Länder Osteuropas stehen vor einer schwierigen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Neuaufgabe. Seit der Eiserne Vorhang gefallen ist, liegt das Wohlstands- und Wohlfahrtsgefälle in Europa teilweise offen.
Die europäischen Nationen müssen auf Souveränität verzichten, denn nur wenn Europa in der Außen- und Sicherheitspolitik als Kontinent handlungsfähiger wird, werden wir unsere Rechte und Interessen in der Welt angemessen wahren. Der Binnenmarkt ohne Grenzen kann nur mit einem gemeinsamen sozial- und umweltpolitischen Mindeststandard funktionieren. Hinzu kommen müssen eine europäische Kriminalitätsbekämpfung und eine europäische Asyl- und Einwanderungspolitik, damit wir den Wohlstandsgewinn nicht mit einem Sicherheitsverlust bezahlen müssen. Und die europäische Justiz und Polizei muss auch die nötigen Durchgriffsmöglichkeiten erhalten, um diesen kriminellen Menschenhandel nach allen Möglichkeiten zu Ende zu bringen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Mag. Weinzinger – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Dr. Liechtenstein –: Wissen Sie eigentlich, was auf der Tagesordnung steht? Falsche Rede! – Abg. Dr. Liechtenstein: Das gehört dazu!)
21.46
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.
21.46
Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Justizminister! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat schade, dass wir die Möglichkeiten, die wir im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Menschenhandels haben – wir sprechen hier immerhin von der größten „Einnahmequelle“ der organisierten Kriminalität –, im Rahmen der österreichischen EU-Präsidentschaft eigentlich so gut wie gar nicht behandelt haben. Ich darf nur, Kollegin Fekter, unsere Justizausschusssitzungen im vergangenen November in Erinnerung rufen, in denen wir uns über die grauenhaften Entwicklungen, über die Gewalttätigkeit nicht nur den Betroffenen, sondern auch den Familien gegenüber unterhalten und darüber gesprochen haben, wie man diese organisierte Kriminalität, diesen Menschenhandel hintanhalten kann.
Wir haben uns damals darauf verständigt, dass wir alle das Problem gemeinsam angehen und hier effiziente Maßnahmen treffen wollen, und jetzt sind wir damit konfrontiert, dass mehr oder weniger lieblos das Übereinkommen des Europarats hier übernommen wird. Wir stimmen diesem natürlich zu, aber von wirklichen Maßnahmen wird hier eigentlich Abstand genommen.
Man wird nicht umhinkommen, wenn es Maßnahmen geben soll, sich diesen Markt auch anzuschauen. Und wenn es Personen gibt, die wissentlich geknechtete, missbrauchte Menschen jetzt noch einmal missbrauchen, indem sie diese Zwangsprostituierten ausnützen, dann muss das eine strafrechtliche Relevanz haben. Ich bin der Letzte, der hier dem Strafrecht das Wort redet, wo es ineffizient ist und nur eine Scheinargumentation darstellt, aber das auszuklammern halte ich für einen völlig falschen Zugang und auch für unverantwortlich.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 223 |
In diesem Zusammenhang noch etwas: Der Umstand, dass in das bestehende Zeugenschutzprogramm im Zeitraum von 2000 bis 2004 nur eine einzige Frau aufgenommen worden ist, zeigt, wie ernst man im Innenministerium diese Maßnahme nimmt.
Wir sind entsetzt oder eigentlich erstaunt darüber, dass über das Übereinkommen des Europarats hinaus nicht einmal Mindestmaßnahmen effizienten Schutzes umgesetzt werden, und werden daher dem Entschließungsantrag nicht zustimmen und lassen unseren eigenen aufrecht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
21.49
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich bitte, Platz zu nehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.
Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels, in 1565 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.
Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung
geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.
(Nach den Abgeordneten von ÖVP und
Freiheitlichen – BZÖ, die ihre Zustimmung erteilt haben,
erheben sich nunmehr auch Abgeordnete der SPÖ von ihren
Sitzen. – Abg. Scheibner –
auf die SPÖ-Fraktion weisend –: Das ist eine Konfusion, bitte!)
Haben wir es uns überlegt? Wollen wir noch einmal? (Heiterkeit.)
Meine Damen und Herren, der Ordnung halber lese ich nochmals vor:
Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies überraschenderweise nun einstimmig angenommen.
Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1616 der Beilagen angeschlossene Entschließung.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten,
um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies mit Mehrheit
angenommen. (E 203.)
Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1617 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.
Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1618 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 224 |
19. Punkt
Bericht des Verfassungsausschusses über den
Einspruch des Bundesrates (1560 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des
Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das
Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das
Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1581 d.B.)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun gelangen wir zum 19. Punkt der Tagesordnung.
Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.
21.52
Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Im April habe ich bei diesem Tagesordnungspunkt zum Ausdruck gebracht: Hätten Sie das Pensionsrecht nicht verschlechtert, würden wir nicht debattieren! – Das gilt nach wie vor. Und Ihre Reparaturmaßnahmen sind unserer Ansicht nach nicht dazu geeignet, an unserer diesbezüglichen Einschätzung etwas zu ändern. Wir haben im Ausschuss ausführlich darüber debattiert und auch im Plenum. Ich möchte hier nur einige mir sehr wichtige Punkte aufgreifen, weil ich meine, dass wieder eine Chance ausgelassen worden ist, um halbwegs – halbwegs! – Fairness und Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen.
Meine geschätzten Damen und Herren! Heute Nachmittag hat Kollege Schöls gesagt, dass er sich wundert, dass wir da nicht zustimmen. – Da kann ich nur annehmen – ich weiß nicht, wo er gerade ist –, er hat sich seinerzeit den Inhalt nicht angeschaut und heute auch nicht. Eines möchte ich nämlich schon in aller Klarheit zum Ausdruck bringen: dass die Exekutive – und jetzt beschäftige ich mich in drei, vier Sätzen damit – schon eigene Wünsche und Vorstellungen gehabt hat, auch wenn die Politik das weggewischt hat. Aber ich erinnere nur daran, dass das wirklich nur eine Scheinlösung ist (Abg. Schöls: Das ist deine Meinung!), wie jeder feststellen kann, der die Organisationsstruktur unserer Exekutive kennt, bei der wir uns alle, über die Parteigrenzen hinweg, bedanken sollten für ihren Einsatz für die Republik und für die Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Exekutive soll man nicht „häkeln“! Und um ein „Häkeln“ handelt es sich hier – ich bleibe dabei –, denn wenn man Organisationsmaßnahmen einführt, durch die alle, die im Außendienst sind, alle, die mehr als 50 Prozent Gefahrenzulagen haben, dann von dort wegkommen, wenn sie Karriere machen, ihr aber hineinschreibt – ich habe euch das weiß ich wie oft gesagt! –: „in den letzten 20 Jahren“, dann schließt ihr automatisch den Großteil der Exekutive aus! – Na die werden sich alle schön bedanken bei euch – das sind auch eure Leute! Das war doch nicht notwendig! Die fühlen sich doch gepflanzt mit dieser Vorgangsweise.
Und ich möchte nur darauf hinweisen: Ihr habt ja sogar die ehemaligen Zollwachebeamten vergessen, die ihr ins Innenressort hinübergenommen habt, weil ihr es auf das Sicherheitspolizeigesetz abgestellt habt! (Abg. Scheibner: Aber doch nicht wirklich!) Und das kann man nicht schönreden. Die Justizwache habt ihr auch vergessen! Die Frau Ministerin – schade, sie ist schon gegangen – hat es probiert im Ministerrat und hat sich dort nicht durchgesetzt. Und da sagt ihr, es ist alles paletti!
Man könnte diese Latte jetzt noch weiter aufzählen. Ich sage euch: So geht man mit Berufsgruppen nicht um! So geht man mit Menschen nicht um, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! (Beifall bei der SPÖ.) Und ich glaube, dass es schade ist, dass wir nicht schon das letzte Mal nach einer ausführlichen Diskussion und Debatte hier der Gerechtigkeit zum Durchbruch verholfen haben. Aber es ist wirklich schade, dass
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 225 |
man ohne einen einzigen Satz an inhaltlicher Diskussion ganz einfach heute einen Beharrungsbeschluss fassen will: aus, schmecks!
Ich sage euch, die betroffene Kollegenschaft wird sich mit
Sicherheit ihren Teil denken, und es wäre nicht notwendig gewesen. Es
wäre wirklich nicht notwendig gewesen. Jene öffentlich Bediensteten,
um die es hier geht – und es geht nicht nur um die Exekutive –,
leisten einen hervorragenden Dienst für uns alle. Wir sollten daher
über alle Parteigrenzen hinweg bei solch einem Kapitel nicht anstehen, uns
gemeinsam bei den öffentlich Bediensteten unserer Republik auch einmal zu
bedanken, und sie nicht immer nur zum Spielball der Politik machen und als
Kostenfaktor sehen. (Abg. Murauer: Mach es kurz!)
Ich bedanke mich namens meiner Fraktion und auch persönlich (Abg. Murauer: Mach es kurz!), auch wenn du es nicht hören willst! Und aus inhaltlichen Gründen stimmen wir ganz einfach dagegen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)
21.56
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 226 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neugebauer. – Bitte.
21.56
Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Meine sehr geehrten Kolleginnen! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegen! Mein lieber Kollege Otto Pendl, ich glaube, es ist nicht die Zeit, dass du als gestandener Gewerkschafter hier weinerliche Töne anschlägst. Wir haben schon ein arbeitsteiliges Verfahren entwickelt: Du bedankst dich – und wir machen die Arbeit. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Also so in etwa kann man die Dinge schon lassen.
Wir wissen, was wir an der Exekutive haben, und wir wissen auch genau, warum und mit welchen schwierigen Verhandlungsergebnissen wir sie auch in eine Schwerarbeiterregelung hineingebracht haben. Wenn ich mir die Begründung der Ablehnung durch den Bundesrat vergegenwärtige, dann sind es die 20 Jahre, die du angesprochen hast. Du weißt aber ganz genau, dass die EDV-mäßige Erfassung und Unterstützung, die EDV-mäßige Begleitung der Berufsverläufe erst Ende der siebziger Jahre begonnen hat. In welche rechtlichen Dilemmas wir hineinkommen, wenn es darum geht, Zeiten vorher gerecht zu bewerten, möchte ich auch für einen hoch qualifizierten Rechtsstaat, wie wir ihn kennen, hintangestellt lassen. Was wir dann für Probleme haben, steht auf einem anderen Blatt. Das war eigentlich außer Streit gestellt.
Ein weiterer wesentlicher Punkt der Ablehnung in der Begründung des Bundesrates beschäftigt sich mit der Sorge, dass die Länder nicht Gleichartiges übernehmen. – Also dieses Segment ist ja vergleichsweise, um es auf Wienerisch auszudrücken, ein Lapperl gegen das, was die Länder sonst noch übernehmen könnten. Und da weißt du ganz genau, dass da jeder seine eigenen Perspektiven hat. Das haben sich die Länder mit dem Finanzminister im Wege des Finanzausgleichs auch entsprechend auszuhandeln.
Ich denke, nichts zu tun ist die eine Variante. Die Dinge auf die Schiene zu stellen (Abg. Öllinger: Aber ja nicht aufs Abstellgleis, bitte!), sie zu entwickeln, wie es auch Frau Bundesministerin Haubner heute beim Tagesordnungspunkt 5 und 6 dargestellt hat, ist die zweite Variante. Und ich denke, dass wir das auf die Praxistauglichkeit prüfen und damit auch eine entsprechende ordentliche Perspektive für die schwer arbeitenden Menschen erreicht haben.
Ich bitte um Zustimmung, damit das Gesetz in der ursprünglichen Fassung auch Wirksamkeit erlangen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
21.59
Präsident Dipl.-Ing.
Thomas Prinzhorn: Zu Wort
gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Dobar dan!)
21.59
Abgeordnete Mag. Terezija
Stoisits (Grüne):
Dobar vecer! Der Herr
Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hat mich jetzt
gänzlich verwirrt. Herr Vorsitzender Neugebauer – Sie sind ja
auch mein Vorsitzender –, was war an der Rede von Otto Pendl
„weinerlich“? – Otto Pendl hat hier eine Rede gehalten,
nach der ich sage: Solche Personalvertreter, solche Gewerkschafter, solche
Abgeordnete, die so Partei ergreifen für jene, die sie hier
vertreten, wünsche ich mir! (Beifall bei den Grünen und der
SPÖ.) Weinerlich war daran nichts! (Präsident
Dr. Khol übernimmt wieder
den Vorsitz.)
Es ist aber tatsächlich zum Weinen, wenn der
Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sagt, wir
müssen diese Regelung – die wir jetzt nach dem Einspruch des
Bundesrates und nach den Argumenten, die ja in der ersten Diskussion
vorgebracht wurden, halt einfach noch einmal absegnen – erst auf
ihre Praxistauglichkeit überprüfen, und dann können wir
erst sagen: Ist es wirklich gut? Und gibt es wirklich Verlierer oder nicht? (Abg. Neugebauer:
Verlierer kann es gar keine geben! Es gibt keine Verlierer! Es kann
keine Verlierer geben!) – Dieses Risiko für Ihre
Mitglieder, aber nicht nur für Ihre Mitglieder, sondern für alle, die
im öffentlichen Dienst Schwerarbeit leisten, gehen Sie als
Gewerkschaftsvorsitzender ein?! (Abg. Neugebauer: Es gibt keine Verlierer!
Es kann keine Verlierer geben!)
Ich wünsche mir einen Vorsitzenden, der sagt: Ich bin im Parlament, und ich bin hier, um zu verhindern, dass für Menschen, die im öffentlichen Dienst jahrzehntelang Schwerarbeit geleistet haben und von der Schwerarbeit dann kaputt sind, diese Regelung, die Sie im Pensionsgesetz eingeführt haben, dass in ihrer Berufsbiographie dann nur die letzten Jahre der Schwerarbeit zählen, zum Tragen kommt, und um Partei zu ergreifen für diejenigen, die ich vermeintlich vertrete! – Denn wirklich vertreten tun Sie die Schwerarbeiter im öffentlichen Dienst nicht.
Mit derselben Überzeugung stimme ich – und
nicht nur ich, sondern die gesamte grüne Fraktion (Abg. Murauer: Die Fraktion
ist nicht sehr groß! – Ruf bei der ÖVP: Sehr klein ist
die!) – wieder gegen dieses Gesetz. Der Bundesrat hat mit seinem
Einspruch wirklich Recht gehabt. Danke, Bundesrat! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
22.01
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr
Abgeordneter Fauland. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Sie
sind am Wort. (Abg. Amon – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden
Abg. Fauland –: Markus, kannst du sagen, dass die grüne
Fraktion schon sehr klein geworden ist? – Abg. Murauer: Die sind zu Mittag schon heimgegangen! – Abg. Fauland – an das Rednerpult
tretend –: Sind die noch existent?)
22.01
Abgeordneter Markus Fauland
(Freiheitliche - BZÖ):
Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Allen Zwischenrufen zum
Trotz: Ein paar grüne Abgeordnete kann ich ja doch noch erkennen. Aber
sehr spärlich sind sie wirklich! (Abg.
Öllinger – auf
unbesetzte Sitzplätze insbesondere in der ersten Bankreihe der Fraktionen
von ÖVP und Freiheitlichen – BZÖ
weisend –: Was ist mit euren los? – Abg. Dr. Fekter: Aber die sind noch da! Die
kommen schon ...!)
Was die Ausführungen der Kollegin Stoisits betrifft, so möchte ich einmal vehementest bestreiten, dass es mit dieser Schwerarbeiterregelung Verlierer gibt. Vielmehr ist der Bereich des öffentlichen Dienstes der Gewinner, denn eines war uns klar: Eine
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 227 |
Schwerarbeiterregelung ist für den öffentlichen Dienst umzusetzen, und uns ist das gelungen! Dass Ihnen das manchmal zu wenig weit reichend ist, nehmen wir zur Kenntnis, aber wir sind stolz darauf, dass wir es geschafft haben, diese Schwerarbeiterregelung für den öffentlichen Dienst auch umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)
Was eine mögliche Optimierbarkeit dieser Schwerarbeiterregelung betrifft, so ist ja nicht aller Tage Abend, sondern selbstverständlich wird man sich anschauen, wie diese Schwerarbeiterregelung im öffentlichen Dienst angewendet werden wird. Und sollte man dann draufkommen, dass man in gewissen Bereichen noch nachjustieren könnte, dann wird das auch erfolgen.
Für uns war es aber trotz allem wichtig, dass vor allem im Bereich der Exekutive wie auch in den Bereichen der Justiz und auch des Bundesheeres anerkannt wird, dass in diesen Bereichen Schwerarbeit geleistet wird (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP), und dass diese Anerkennung auch ihren Niederschlag findet in Form einer tatsächlichen Anerkennung als Schwerarbeit in finanzieller Hinsicht, was die Pension betrifft.
Wir würden uns wünschen, dass alle diesen Beschluss mittragen, dass alle dafür einstehen, dass es Schwerarbeit im öffentlichen Dienst wirklich gibt. Es ist nicht der Fall – wir nehmen es zur Kenntnis. – Danke.
22.03
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. 3 Minuten. – Bitte.
22.03
Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ob jemand weinerlich argumentiert oder freudig argumentiert – wie auch immer –, ich denke mir: Die Vorschläge, die von der Opposition kommen, die sind dürftig. (Abg. Öllinger: Na hallo! Sie haben nicht aufgepasst!) Und die waren immer dürftig in den letzten Jahren, was die Pensionsreform und die Pensionsharmonisierung insgesamt betrifft. Das ist Ihr großes Problem.
Sich jetzt hier herauszustellen und so manches zu
kritisieren, das ist in Ordnung, okay, ich sehe das ein. Die
Schwerarbeiterregelung faktisch umzusetzen ist natürlich schwierig (Abg. Neudeck:
Darum heißt es ja „Schwerarbeit“!), weil man das
Nachtschwerarbeitsgesetz und natürlich auch die Arbeitsmedizin und
dergleichen mit einbeziehen muss. Da ist dann der Vollzug ein bisschen
schwierig – überhaupt keine Frage. (Abg. Öllinger: Nicht
nur der Vollzug!) Aber ich glaube, Ihre Blockade im Bundesrat und auch hier
ist im Hinblick auf die Interessen vieler Betroffener wirklich nicht nachvollziehbar.
(Abg. Gradwohl: Herr Kollege, das ist Demokratie! Das hat mit Blockade
nichts zu tun! Sie haben ein völlig falsches Verständnis von
Parlamentarismus!)
Ich denke mir, man muss der Opposition hin und wieder vielleicht auch sagen, was der Succus der Pensionsharmonisierung und der Pensionsreform ist. Schauen Sie, ich sage Ihnen die ganz einfache Formel: drei Jahre mehr Ausbildungszeit, sechs Jahre weniger Lebensarbeitszeit, zwölf Jahre mehr Pensionsbezugszeiten. Was passiert, wenn nichts passiert? – Das sind ganz einfach die Realitäten! Wir müssen die Beitragssätze erhöhen, wir müssen die Pensionen kürzen, wir müssen das Pensionsantrittsalter hinaufsetzen. Und deshalb haben wir in der Pensionsreform, in der Pensionssicherung, in der Harmonisierung auch versucht, gewisse Härten abzudecken. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.) Eine Härte abzudecken war zum einen, die Schwerarbeiterregelung zu finden. (Abg. Öllinger: Das war sehr logisch erklärt von Ihnen! Ich hab’ alles verstanden! Nur: Es ist völlig falsch!) Die Frau Bundesminister hat sich be-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 228 |
müht,
und genauso hat sich auch das Bundeskanzleramt bemüht, die einen oder anderen
Härten zu verhindern. (Beifall bei
Abgeordneten der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, was
insgesamt die Pensionsharmonisierung betrifft und was auch die Frage betrifft,
wie die Länder damit umgehen, ist – das wissen wir
alle – Wien ein ganz leuchtendes Beispiel dafür, wie man
privilegiert umgeht. Und ich denke mir, wenn man weiß, dass die
Länder 138 Millionen € für Beamtenpensionen ausgeben,
dann ist es unsere Aufgabe, dass wir diese Beamtenpensionen auch sichern
für die Zukunft, nämlich für unsere Kinder und auch Enkel. –
Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Kollege Langreiter: Oje, oje, oje!)
22.05
Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. Auch er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.
22.05
Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon unter dem Tagesordnungspunkt 6 über die Schwerarbeiterregelung gesprochen. Sie ist eine schwierige Materie, weil es keine allgemein gültige Definition gibt. Man musste sich an das Nachtschwerarbeitsgesetz anlehnen, und auch die Erkenntnisse der Arbeitsmedizin und der Berufskunde wurden einbezogen.
Es ist Neuland, wie es auch schon die Frau Bundesministerin heute Nachmittag gesagt hat, und zwar nicht nur in Österreich, sondern auch international. Darum ist es auch wichtig, dass eine Expertenkommission, eingerichtet im Bundesministerium, diese Schwerarbeitspensionsregelung regelmäßig evaluieren wird.
Mit diesem Gesetz gibt es nun eine Schwerarbeitspensionsregelung für alle Berufsgruppen, und es ist wichtig, dass nun auch der öffentliche Dienst in diese Schwerarbeiterpension einbezogen ist. Demnach fallen alle Beamten künftig dann unter diese Regelung, wenn sie in den letzten 20 Jahren vor Pensionsantritt mindestens zehn Jahre Schwerarbeit geleistet haben. Gleichzeitig muss eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 42 Jahren nach dem 18. Lebensjahr vorliegen. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, hat frühestens ab dem 60. Lebensjahr Anspruch auf eine vorzeitige Ruhestandsversetzung. Ich darf auch feststellen, dass die Schwerarbeiter einen wesentlich geringeren Abschlag als Nichtschwerarbeiter haben, nämlich 1,8 Prozent anstelle von 4,2 Prozent.
Es ist jetzt auch für den öffentlichen Dienst gelungen, auch jene Bereiche mit aufzunehmen, die in ihrem beruflichen Tätigkeitsfeld ein hohes Risiko für Leib und Leben haben. Es handelt sich dabei um die Exekutivbeamten beziehungsweise um Kollegen, die für die Landesverteidigung tätig sind.
Ich denke, es ist ein Weg in die richtige Richtung, und auf
dieser legislativen Grundlage werden wir die Schwerarbeitspension in den
nächsten Jahren weiterentwickeln können. – Danke. (Beifall
und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall des Abg. Scheibner.)
22.08
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet.
Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.
Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses in 1581 der Beilagen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 229 |
Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.
Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz geändert werden, zu wiederholen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.
Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 der Bundesverfassung seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.
Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag
841/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und
Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über
den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) geändert wird (1582
d.B.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommen wir zum 20. Punkt der Tagesordnung.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Die Debatte eröffnet als erster Redner Herr Abgeordneter Dr. Cap. Seine Wunschredezeit ist 5 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 42 Minuten. – Bitte.
22.10
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sind jetzt bei dem berühmten 20. Tagesordnungspunkt (Ruf bei der ÖVP: Und keiner da!), dessentwegen wir heute eine Einwendungsdebatte durchgeführt haben.
Ich finde es nach wie vor schade, dass dieser Punkt nicht früher behandelt wurde. Was ich weiters bedauere, ist, dass die vielen medienpolitisch versierten Abgeordneten des BZÖ außer Abgeordnetem Scheuch nicht anwesend sind, der natürlich diesen Tagesordnungspunkt nicht auslassen wollte. (Abg. Wattaul: Ich! – Abg. Lackner: Wo sind denn Ihre Leute?) Aber es ist jedenfalls schon so, dass es sich der ORF verdient hätte, zu einer etwas besseren Zeit und als früherer Tagesordnungspunkt behandelt zu werden.
Dafür ist aber der anerkannte Medienpolitiker der Regierung, Herr Staatssekretär Molterer, da (Rufe bei der ÖVP: Morak! – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), und es wäre einmal ganz interessant – ein Applaus hat sich gefunden –, darüber nicht nur in Bezug auf den ORF, sondern generell zu diskutieren, welche medienpolitischen Visionen diese Regierung eigentlich hat, außer Einfluss auszuüben auf Printmedien und auf elektronische Medien und außer Medien bloß als machtpolitischen Faktor zu sehen, um eben Meinung zu beeinflussen oder Meinung zu machen.
Das scheint mir aber ein bisschen zu wenig zu sein – oder bei Weitem zu wenig zu sein –, und daher wäre einmal so eine Grundsatzdebatte von größter Bedeutung. Auch eine Diskussion über die Frage öffentlich-rechtlicher Rundfunk wäre interessant und darüber, welche Rolle er in einer modernen Mediengesellschaft spielen soll – in einer Zeit, in der es kein Empfangsmonopol und kein Sendungsmonopol mehr gibt, in der wir aber alle daran interessiert sind, dass der ORF als eine Art kulturelles Identitätsele-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 230 |
ment natürlich weiter existiert und die österreichische Kulturidentität weiterzuentwickeln hat.
Aber das ist anscheinend den medienpolitischen Sonntagsrednern der ÖVP völlig gleichgültig! (Abg. Ellmauer: Nicht nur am Sonntag!) Da hört man auch nichts von Ihnen, da hört man auch nichts vom BZÖ, aber wenn es gilt, irgendwo auf der Interventionsskala von 1 bis 10 präsent zu sein, dann sind Sie regelmäßig bei Punkt 10 präsent, denn das scheint Ihnen das Wichtigste zu sein – egal, ob das jetzt für das Unternehmen gut oder schlecht ist. Es wird nicht einmal diskutiert, warum es die Info-Krise gibt, es interessiert niemanden in der ÖVP, die die Mehrheit im Stiftungsrat hat, warum die Einschaltquoten bei den Informationssendungen absinken.
Das hieße natürlich, sich die Frage zu stellen:
Was sind die Hauptnachrichtenpunkte in den Informationssendungen? Wer kommt
dort am meisten vor in Bild und Ton? (Abg. Dr. Stummvoll:
Gusenbauer!) Und woher rührt die Bereitschaft, lieber den Kanal zu
wechseln, als den Bundeskanzler, den Minister X oder sonst irgendjemand
dort zu betrachten? – Diesen Schock wollen Sie sich ersparen,
indem Sie sich damit überhaupt nicht auseinander setzen. (Heiterkeit
bei der ÖVP.)
Wenn ich mir Ihre Fröhlichkeit ansehe, dann muss ich sagen: Sie gehören ja sowieso in ein spezielles Programm des ORF, aber sicher nicht in den Informationsteil, das ist überhaupt keine Frage. Bestenfalls ins Kabarett gehörten Sie! (Abg. Neudeck: Sie gehören in „Wer will mich“!) – Sie können da gleich mitmachen! Da können Sie sich dann anmelden mit Ihrer Lustigkeit, aber ob Sie dort dann eine Rolle spielen möchten, ist eine andere Frage.
Wir haben hier das letzte Mal auch die Rolle diskutiert, die diese spezielle Organisationsstruktur im ORF erfüllt: Werner Mück und die Konzentration aller Entscheidungen auf seinem Schreibtisch, auf seinem Koordinationsschreibtisch – jedes Thema, jede Sendung, die Besetzung von „Offen gesagt“, wer in die „Pressestunde“ eingeladen wird. (Ruf bei der ÖVP: Genau das, was Sie machen!) – Da läuft Ihnen das Wasser im Mund zusammen, gell? Solch eine Machtposition hätten Sie auch gerne, Herr Abgeordneter von der ÖVP! Sie haben sie ja sowieso, nur nicht Sie, sondern das macht der Klubobmann Molterer mit Werner Mück.
Da wird einmal die nächste Woche besprochen: Wen laden wir ein? Wer kommt in die „ZiB 2“? Wie schaut die „ZiB 1“ aus? – So ist es tendenziell, das muss ich schon sagen. Ich versuche, das wirklich gerecht und objektiv zu beurteilen, ob das jetzt unter dem ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) – Na ja, ich weiß schon: Mit Ihrem Objektivitätsverständnis und mit Ihrem Unabhängigkeitsverständnis journalistischer Arbeit hat das natürlich nichts zu tun! (Abg. Dr. Stummvoll: Cap weiß, wovon er redet!) Das weiß ich schon, das habe ich schon registriert, dass das in Ihrem Denken keine Rolle spielt.
Ich kann Ihnen nur sagen: Sie riskieren, dass dieses Unternehmen Schaden erleidet, nicht nur in der Glaubwürdigkeit, sondern vor allem auch finanziell, materiell, in der Akzeptanz des Zuschauers und des Zuhörers. Das scheint Ihnen egal zu sein. Mir ist es nicht egal, uns ist es nicht egal! Es geht darum, dass sich die österreichische Identität in diesem Unternehmen widerspiegelt, dass wir über die Grenzen Österreichs hinaus mit dem ORF auch eine gewisse Ausstrahlung haben. Das alles ist aber für Sie ohne Bedeutung.
Ich halte das für unverantwortlich! Sie provozieren damit irgendwann einmal wieder ein Volksbegehren, das sage ich Ihnen schon, als Rute ins Fenster stellend. Sie provozieren das! Sie sind da uneinsichtig! Ein Jahr lang haben Sie um ein ORF-Gesetz gekämpft, das Ihnen im Endeffekt nur mehr Einflussmöglichkeiten garantieren sollte, die Sie auch extrem wahrnehmen, wo Sie Ihre Persönlichkeiten sitzen haben, vielleicht sogar noch zu wenige. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Der Herr Staatssekretär Morak
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 231 |
hätte vielleicht Vorstellungen, wie man noch mehr Einfluss auf den ORF ausüben kann, wie alle Fraktionen der ÖVP darin vorkommen können: dass nicht nur Landeshauptmann Pröll bestimmt, wer der nächste Generaldirektor wird, und nicht nur er sagt, ob es Wildwuchs im Radio gibt und wie man den Wildwuchs bekämpfen kann, sondern dass alle Fraktionen der ÖVP – die Molterer-Gruppe, die Morak-Gruppe, der Pröll, Kollege Amon darf auch eine Brotkrume im ORF aufsammeln – sich darin versammeln, damit diese alle dann zur Absenkung der Quote im Programm vorkommen.
Ich sage Ihnen: Schade um das Unternehmen, wenn das so
weitergeht! (Abg. Dr. Mitterlehner: Schade um die
Redezeit!) Ich hoffe, dass es vielleicht gelingt, eine Veränderung
herbeizuführen: im Interesse Österreichs, im Interesse des ORF, im
Interesse der Journalisten, die man in Ruhe lassen sollte, dass sie frei
arbeiten können, und im Interesse der Zuschauer und der Zuhörer, die
ein Recht haben auf einen objektiven und unabhängig agierenden
Österreichischen Rundfunk anstatt eines Parteifernsehens der ÖVP. (Abg.
Rädler: Das ist erst, seit der Broukal weg ist!)
Und ich sage Ihnen etwas – und damit schließe ich schon –: Ich habe mir einmal die niederösterreichischen Landesstudio-Nachrichten angeschaut. Es war beeindruckend! Erster Beitrag war: Mikl-Leitner präsentiert 50 Jahre ÖVP-Niederösterreich. – Jubel, Jubel, Jubel! (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP.) Jubel, Jubel, Jubel! Also wiederum: Nur lauter ÖVPler kommen vor.
Zweiter Beitrag: Die Mähmaschinen fahren durchs Land
und schneiden das Getreide. Da winkt dann der zuständige Landesrat. (Abg.
Dr. Mitterlehner: Wann war das? Wann haben Sie das gesehen?)
Dritter Beitrag: In Niederösterreich spielt man Straßenball, Streetball – tap, tap, tap, tap, tap. Die Kamera fährt mit dem Spieler mit, dann geht die Kamera hoch, und da steht zufällig die zuständige Landesrätin der ÖVP: tap, tap, tap, tap, tap. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Haben Sie schon einmal ORF-Wien gesehen?)
Da hat Herr Abgeordneter Van der Bellen Recht:
Dann kaufen Sie das Unternehmen! Machen Sie Ihr Landesfernsehen! Senden Sie
dort sieben Stunden lang Pröll und hören erst auf, wenn es
dunkel wird, und dann schauen Sie, ob das irgendjemanden interessiert!
Machen Sie es! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Belästigen Sie
damit aber nicht den ORF und das öffentlich-rechtliche Fernsehen und den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk! (Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
Ihre Aufgeregtheit beweist mir, dass ich Recht habe: Jawohl, ich habe Recht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
22.18
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
22.18
Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Cap geht zum Rednerpult, und mit großem Interesse verfolge ich seine Rede. Ich höre, er überlegt sich am Anfang, wie denn eine Grundsatzdebatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk allenfalls zu halten ist. Ich lausche weiter – was höre ich? – Nichts anderes als Gerede über Macht, über Einfluss, was die Rolle des Herrn Mück ist, was über den Schreibtisch des Herrn Mück geht. – Nicht einmal ein Fuzel Ihrer Rede beschäftigt sich mit dem vorliegenden Antrag, ob Sie diesen für sinnvoll halten oder nicht. Nicht ein einziges Wort darüber, wie denn eigentlich die Rolle des ORF in Zukunft sein wird – nichts! (Abg. Broukal: Hat er am Schluss eine Minute gesagt!) Oder haben Sie etwas gehört,
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 232 |
Herr Broukal? – Ich glaube nicht! Kein einziges Mal! (Abg.
Broukal: Nein! Dann haben Sie aber in der letzten Minute nicht
zugehört!)
Das Einzige, womit Kollege Cap sich beschäftigt hat,
ist offensichtlich das, was ununterbrochen in seinem Kopf herumgeistert:
Wer wann wie warum vorkommt! Etwas anderes, Herr Kollege Cap, kennen Sie
offensichtlich nicht. Und das tut mir Leid, denn wir würden gerne eine
Grundsatzdebatte über einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in naher
Zukunft oder auch in fernerer Zukunft führen. (Abg. Dr. Cap:
Wann? – Abg. Broukal: Wann?)
Wir haben sie auch schon geführt und wir haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein sehr zukunftsorientiertes Grundsatzgesetz vorgelegt, das wissen Sie. (Abg. Broukal: Wann diskutieren wir es?) Sie haben die von uns vorgelegte letzte ORF-Gesetz-Novelle leider abgelehnt. Das ist ein sehr ordentliches Gesetz, das sehr gute Rahmenbedingungen für die jetzige Führung des ORF geschaffen hat. Die derzeitige ORF-Führung und die Mitarbeiter nützen diese Möglichkeiten und haben ein hervorragendes Unternehmen mit einem sehr ordentlichen Programm geschaffen. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie sind nicht mehr dabei, aber trotzdem – und vielleicht gerade deswegen – ist es ein sehr ordentliches Programm und auch ein durchaus herzeigbares Informationsprogramm, verehrter Herr Kollege Broukal.
Als meinen Zeugen möchte ich einen international außerordentlich renommierten Herrn, einen der besten Kenner der internationalen Medienszene, Herrn Jan Mojto, anführen, der sagt: Der ORF „hat im internationalen Vergleich eine weit über seine eigentliche Größe hinausgehende Bedeutung“.
Das ist eigentlich das beste Zeichen dafür, dass der
ORF funktioniert (Beifall bei der ÖVP), dass er, seine Führung
gemeinsam mit seinen Mitarbeitern, sehr gute Sendungen gestaltet. (Abg.
Broukal: Aus welchem Jahr ist das?) Für dieses Lob und für
die eigentlich sehr gute Arbeit sind die Mitarbeiter gemeinsam mit der
Führung verantwortlich, aber natürlich auch die Stiftungsräte.
Wir sollten ihnen dafür dankbar sein, und wir sollten sie eigentlich nicht
mit solchen absurden Diskussionen, die wir hier gelegentlich dank Ihrer
Anträge führen, belästigen! Wir sollten sie in Ruhe arbeiten
lassen und sie mit parteipolitischen Manövern verschonen! (Ironische
Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Das darf
nicht wahr sein! – Abg. Broukal: Da lachen Sie jetzt aber
selbst!)
Zum Antrag der Grünen: Diesen haben wir abgelehnt und
das auch im Ausschuss genau begründet. Wir haben die Wahl der
Stiftungsräte jener einer Aktiengesellschaft nachgebildet. Wir denken,
dass das richtig ist. Der ORF hat Rahmenbedingungen zu haben, die ihm ein
erfolgreiches Wirtschaften möglich machen, weil er ein gutes, wichtiges
und identitätsstiftendes Unternehmen in Österreich ist, und das wird
hoffentlich auch so bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen – BZÖ.)
22.21
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte. (Abg. Zweytick: Wo ist jetzt der
Herr Pilz, Terezija? Der wollte doch reden!)
22.21
Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, was ist „absurd“ an einer Diskussion wie heute (Abg. Schiefermair: Wo ist der Herr Pilz?), in der sich Mitglieder des Hohen Hauses Sorgen machen, dass – wie Joachim Riedl in der Wochenzeitung „Die Zeit“ letzte Woche geschrieben hat – die „fürsorgliche Umarmung“ der ÖVP des ORF“ – und jetzt nehme ich dieses Bild auf –, dass also die fürsorgliche Umarmung, die in der Regel ja Ausdruck
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 233 |
von Zuneigung ist – ich möchte jetzt der ÖVP gar nicht abstreiten, dass sie dem ORF zugeneigt ist –, zum Ersticken desjenigen führt, der umarmt wird; wenn man ihn nämlich zu heftig umarmt. Und in dieser Situation ist der ORF jetzt.
Die ÖVP umarmt den ORF so lang, bis dann letztlich nur
noch Erwin Pröll zu sehen ist – aber nicht bei
„Niederösterreich heute“, sondern auch in der
„ZiB 1“, in der „ZiB 2“, in der „ZiB 3“,
in der „Mittags-ZiB“, im „Report“, in
„Thema“ und all diesen Informationssendungen –,
begleitet von seinen LandesrätInnen. Es müssen keine Mähdrescher
auftauchen, es gibt ja noch andere Situationen, wie hier geschildert wurde. (Abg.
Kainz: Das wollen die Leute ja sehen!) Wenn wir so weit kommen, dann
führt diese fürsorgliche Umarmung dazu, dass der Auftrag des
ORF-Gesetzes – und jetzt bin ich wirklich todernst –,
nämlich der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF erstickt ist. (Beifall
bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Der öffentlich-rechtliche Auftrag und die Frage, wie durch diese Vorgangsweise redaktionelle Inhalte im ORF weiter ausgedünnt werden – und das passiert jetzt, in dem Moment, in dem wir hier diskutieren –, wie Informationsgehalt, den der ORF – und dazu gibt es den öffentlich-rechtlichen Auftrag – zu hegen und zu pflegen verpflichtet ist, weiter verwässert wird, bilden die Sorge, die die Opposition anlässlich der Debatte zum Initiativantrag der Grünen im Ausschuss und jetzt wieder bewegt.
Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer, es geht um die Forderung nach einem verpflichtenden medienöffentlichen Hearing von KandidatInnen – nämlich so, dass sich auch die große Öffentlichkeit, für die der ORF mit dem gesetzlichen Auftrag arbeitet, ein Bild macht, wer dieses wichtigste Medienunternehmen dieses Landes leitet. Was ist denn daran abwegig? Was ist daran so, dass man es ablehnen sollte? (Abg. Dr. Brinek: Geheime Abstimmung!) Hat man etwa Angst, dass bei medienöffentlichen Hearings zu Tage kommt, dass es vielleicht doch nicht die ganz so versiertesten, besten und ausgesuchtesten Kandidaten sind, die sich bewerben? Ist das die Angst?
Welche Angst oder welche Sorge hätten Sie sonst vor mehr Öffentlichkeit als politische Fraktion, die sich doch vermeintlich – jetzt kann man nur sagen: vermeintlich – ständig für mehr Transparenz, für mehr Durchschaubarkeit und für mehr Möglichkeiten des Bürgers/der Bürgerin, des Fernsehzuschauers/der Fernsehzuschauerin einsetzt. Aber das sind leere Versprechen, leere Versprechen, wenn es tatsächlich darum geht, sich ernsthaft auseinander zu setzen. Aber Sie haben den Antrag der Grünen in diesem Punkt in einer ganz kurzen Diskussion im Verfassungsausschuss einfach aus Überzeugung abgelehnt.
Sie haben es ebenso abgelehnt, den Vorschlag ernsthaft zu diskutieren – und das ist mein Vorwurf –, das gegenwärtige ORF-Gesetz zu ändern, das eben nicht die Möglichkeit einer geheimen Wahl durch Stiftungsräte vorsieht, die sich durch die Tatsache, dass sie geheim wählen könnten, von einem vielleicht auf sie zukommenden Vorwurf schützen, dass der wahre Wille ihrer Intention, den sie bei der Wahl haben, nicht zum Durchbruch kommt.
Diese zwei Punkte sind es, die wir in unserem Initiativantrag für eine Novelle des ORF-Gesetzes eingebracht haben. Aber sie sind natürlich dann selbstredend auch dagegen, dass es eine geheime Abstimmung bei Abberufung aus derartigen Fraktionen gibt. Das ist auch ein Teil des Initiativantrages.
Ich sage Ihnen: Absurd ist an dieser Diskussion gar nichts! Es ist nämlich das Verhalten der ÖVP in Bezug auf den Druck auf den ORF auch nicht absurd. Und es ist kein absurdes Theater, sondern beinharte Realität, die hart an der Grenze des wirklichen – auch demokratiepolitischen – Missbrauchs steht. Das größte öffentlich-rechtliche Medienunternehmen, das es in Österreich gibt, ist so etwas wie das Gewissen des Landes und verantwortlich für die Intelligenz des Landes.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 234 |
Aber wie kann man, wenn unintelligente Politik am Werk ist,
erhoffen, dass die Intelligenz der Zuschauer und Zuschauerinnen
gestärkt wird? – Da sehe ich schwarz, aber nicht in Ihrem
Sinne! (Beifall bei den Grünen.)
22.27
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.
22.27
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Dr. Cap! (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) – Das ist jetzt verdächtig; Lob vorweg ist verdächtig.
Ich denke, darüber zu diskutieren, wie die Farbverteilung in den Landesstudios und die Interpretationsspielräume von außen betrachtet anzusetzen sind, kann man umgekehrt auch machen. Ich als Kärntner schaue hin und wieder „Wien heute“. Herr Dr. Cap, ich bin mindestens gleich schockiert, wie oft dort Michael Häupl auftritt. Ob Häupl in Wien, Voves in der Steiermark, Pröll in Niederösterreich oder vielleicht auch Herr Landeshauptmann Dr. Haider in Kärnten manchmal etwas öfter in ihren Landesstudios vorkommen, hat ja hoffentlich – und davon gehen wir aus – damit zu tun, dass die Landespolitiker viel unterwegs sind, viel präsentiert und deshalb natürlich auch von ihrem Landesstudio gebracht werden.
Die zweite Sache: Herr Professor Van der Bellen, Sie haben sich heute hier in einer Einwendungsdebatte darüber beschwert, dass dieses Thema so spät behandelt wird.
Ich habe jetzt einmal nachgerechnet, wieviel Zeit die
Sonderaktionen der Grünen heute gebraucht haben: Es waren über drei
Stunden! Über drei Stunden haben wir für die diversesten
Sonderaktionen der Grünen gebraucht! (Abg. Mag. Lunacek:
„Sonderaktionen“?)
Wenn ich diese drei Stunden von der jetzigen Uhrzeit wegrechne, dann hätten wir genau zur besten Zeit, nämlich um 19 Uhr – wo der ORF dann hätte breit berichten können – diese Debatte gehabt, und nicht jetzt um 22.30 Uhr. Wenn Sie schon dafür sind, dass wir früher über diese Punkte reden, dann sollten Sie nicht dazwischen stundenlange Sonderaktionen machen. (Abg. Öllinger: „Sehr einleuchtend!“) – Es freut mich, Herr Kollege Öllinger, dass das für Sie einleuchtend ist; das ist wirklich sehr erfreulich!
Die nächste Sache, von Profi zu Profi: Media Watch im Juni. Da beschwert sich die SPÖ, dass nur die ÖVP vorkomme. Zwar bin ich nicht der Pflichtverteidiger der ÖVP – die kann sich gut und gerne selbst verteidigen –, aber aus Media Watch im Juni 2006, TV-Nachrichten, geht hervor: SPÖ in der „ZiB 1“ 22 Prozent Berichterstattung, demgegenüber 32 Prozent ÖVP. In der „ZiB 2“: SPÖ 29 Prozent Berichterstattung, ÖVP 20 Prozent. Und in der „ZiB 3“: SPÖ 67 Prozent Berichterstattung, ÖVP 17 Prozent. (Abg. Mag. Molterer: Das ist ja ein Skandal! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wirklich wahr, es ist skandalös: Werner Mück betreibt eine Parteipolitik auf Kosten der SPÖ! Es ist ungeheuerlich: 22 Prozent, 29 Prozent, 67 Prozent! (Abg. Parnigoni: Wenn es eine „ZiB 4“ gäbe ...!) Lieber Freund, wir könnten jetzt auch darüber diskutieren, ob die 13-Uhr-„ZiB“ oder die 17-Uhr-„ZiB“ von noch mehr Leuten angeschaut wird. Bleiben wir bei der „ZiB 1“: 22 Prozent zu 32 Prozent. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich glaube, da brauchen wir nicht lang und breit zu diskutieren, in Wirklichkeit ... (Abg. Parnigoni: Wer hat denn die anderen Prozent?)
Die anderen Prozent: Es haben 14 Prozent die Grünen, 26 Prozent das BZÖ und 5 Prozent die FPÖ. So schauen wir aus! (Heiterkeit. – Abg. Parnigoni: Ist ja unglaublich! Das ist eine „Schweinerei“! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich beschwere
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 235 |
mich ja nicht; das ist der Unterschied. (Abg. Parnigoni: Jetzt verstehe ich, warum! Jetzt ist alles klar! – Weitere Zwischenrufe.)
Jetzt abschließend noch eine Frage. (Abg. Parnigoni: Aber du bist wenigstens ehrlich!) Ehrlichkeit siegt. (Abg. Öllinger: Ein ehrlicher Michl!) – Eine Frage noch abschließend, Herr Dr. Cap: Etwas habe ich vermisst. Da war vor wenigen Tagen ein groß angelegtes Sommerfest der SPÖ, ein parteipolitisches Fest, das steht außer Zweifel. Herr Dr. Cap, wer ist dort sehr prominent aufgetreten (Abg. Großruck: Niemand!) und hat dort Gusenbauer und Co. applaudiert? – Herr Bürgermeister Großruck, nicht „niemand“! Es war Frau Dr. Monika Lindner, die bei der SPÖ aufgetreten ist und geklatscht hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Um Gottes willen! Tiefe Verwunderung; auch bei den Grünen kein Aufschrei. (Abg. Parnigoni: Wir waren auch verwundert!)
Daher glaube ich, egal, ob zur Prime Time, um neun Uhr oder
um halb elf: Lassen wir die Kirche im Dorf! Landesstudios gibt es rote und
schwarze, die Auftritte der Frau Dr. Lindner sind anscheinend auch rot und
schwarz, und die „ZiB“-Verteilung ist mehr rot als
schwarz. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von
Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)
22.32
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. Auch er wünscht, 5 Minuten zu sprechen. – Bitte.
Ich erinnere daran, Kollege Parnigoni: Zwischenrufe et cetera. Auch Kollege Broukal sitzt nicht auf seinem Platz. – Bitte, Herr Kollege Prähauser, Sie sind am Wort. (Abg. Parnigoni: Das waren keine bösen Zwischenrufe!)
22.33
Abgeordneter Stefan
Prähauser (SPÖ):
Herr Kollege Scheuch, danke für den Hinweis, dass jetzt das ganze
Parlament weiß, dass die Sozialdemokraten um Mitternacht noch so wach
sind, dass man sie in der „ZiB 3“ verwenden kann und dass man
sie über das Fernsehen auch noch versteht! (Heiterkeit und Beifall bei
der SPÖ.)
Kollege Scheuch, Monika Lindner scheint voraussehend zu sein. Sie richtet es sich vermeintlich jetzt schon, wenn sie zu Alfred Gusenbauer zu Festivitäten geht. (Ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, der ORF ist selber schuld, wenn er ins Gerede kommt. In jedem Wirtschaftsunternehmen finden, wenn Spitzenpositionen besetzt werden, Hearings statt. Vor allem dann, wenn Aufsichtsräte bestellt, wenn Stiftungsräte bestellt werden, möchte man sich ein Bild von denjenigen machen (Abg. Großruck: Hat die BAWAG auch ein Hearing gemacht?), die in Zukunft die Verantwortung für dieses Unternehmen tragen sollen.
Im ORF ist das nicht so! Da reicht es offensichtlich, wenn man sich die Meriten bei Landeshauptleuten verdient hat (Abg. Großruck: In der BAWAG hat es kein Hearing gegeben!), vielleicht auch beim Bundeskanzler. Bei Landesdirektoren reicht oft der Herr Landeshauptmann; keine Frage.
Werner Mück hat meines Wissens auch kein Hearing bestritten. Werner Mück hat sich die Meriten in Salzburg verdient, er hat dort die ÖVP zehn Jahre lang ORF-mäßig verwöhnt, zu Haslauers Zeiten. (Abg. Mag. Donnerbauer: In der BAWAG ...!) Er ist aber dann den Wirtschaftsrufen einer WEB erlegen, eines Wirtschaftsunternehmens sehr im Nahbereich der ÖVP, das damals mit 1,5 Milliarden Schilling Schulden untergegangen ist – ein Bauskandal ersten Ranges!
Mück hat dann die Geschäftsführertätigkeit wieder zurückgelegt und wurde von seinen Freunden im ORF mit Hilfe der ÖVP wieder aufgenommen; allerdings nicht in Salz-
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 236 |
burg, dort war er nicht mehr wirklich tragbar. Er ist nach Wien ausgewandert; wir in Salzburg waren froh darüber. Als ich allerdings gehört habe, welche Position er einnehmen wird, war die Sorge gleich wieder vorhanden – und sie war, wie ich heute weiß, berechtigt.
Meine Damen und Herren! Der ORF ist auch schuld, wenn er ins Gerede kommt, weil meiner Ansicht nach Kultur zum Beispiel mehr ist als vier Mal Assinger in der Woche. Vier Mal Armin Assinger in der Woche, das mag ein Anspruch für wenige sein, ich glaube aber nicht, dass das der öffentliche Auftrag des ORF ist. Ich meine, solche Spiele sind nicht dazu da, das Geld der Fernsehzuschauer, die dazu verpflichtet sind, Beiträge zu zahlen, unter die Leute zu bringen. Ich glaube, mit diesen Geldern könnte man wesentlich mehr machen, vielleicht auch einmal eine Schulung für parlamentarische Abgeordnete der ÖVP. Das wäre eine ganz nette Sendung, könnte ich mir vorstellen. (Abg. Mag. Molterer: Diese Arroganz, Herr Prähauser!)
Das hat mit Arroganz überhaupt nichts zu tun. (Abg. Mag. Molterer: Die SPÖ ist ja so gut! Ihre Rede ist der Beweis!) Aber aus Ihnen, Herr Kollege Klubobmann, spricht die satte Zufriedenheit: Wir sind am Ruder, der ORF macht, was wir wollen; sollten wir es wider Erwarten doch nicht schaffen, haben wir es schon installiert; für die nächste Zeit sind wir sicher, dass wir vielleicht beim nächsten Mal wieder vorne dabei sind! – Ich glaube, Hochmut kommt vor dem Fall; das sollten doch Sie wissen, Herr Kollege. (Abg. Mag. Molterer: Ja, ja, da ist Ihre Rede der Beweis! Die BAWAG sorgt dafür, so macht man es! Spekulieren, und dann ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Schauen Sie, wenn die Raika, wenn Raiffeisen im Osten Geld
verliert, reden wir nicht darüber. (Abg. Mag. Molterer:
Groß reden und spekulieren!) Wir sind nicht auf die Idee gekommen, zu
sagen, Schüssel wäre schuld, weil die Raika ein Minus gebaut
hat. – Das bleibt Ihnen von der ÖVP vorbehalten, hier unfair
zutage zu treten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, das wird ein sehr, sehr schöner
Wahlkampf werden, wenn Sie als einziges „Argument“ die BAWAG
anführen dürfen. Aber das wird auf Dauer zu wenig sein, um von den
eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. Sie haben in dieser Republik sehr
viel gutzumachen. Wir werden das aufzeigen, wir werden täglich dazu da
sein, die Menschen zu informieren. Und Sie werden mit dem BAWAG-Schmäh (Abg.
Großruck: Die glauben euch ja nicht mehr!), vielleicht mit einem
Vierzeiler, Herr Kollege Großruck ... (Abg. Großruck: Die
glauben euch ja nichts!) Bei Ihnen möchte ich mich wirklich bedanken:
Nur neun Mal haben wir dieses Mal einen Vierzeiler hören
müssen – danke dafür, dass Sie nicht öfter zum Reden
eingeteilt wurden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck:
Ihr habt die Republik an den Rand des Abgrunds geführt! Mit der BAWAG!)
Meine Damen und Herren! Wir werden natürlich
versuchen, daran mitzuarbeiten, dass der ORF in eine Richtung kommt (Abg. Wittauer:
Wie viele Stiftungen habt ihr?), dass auch Demokratie im Programm wieder
eine Rolle spielen wird. Wir werden unseren Teil dazu beitragen. (Zwischenrufe
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie kann
ich nicht mehr dazu einladen, Sie sind unverbesserlich! (Beifall bei der
SPÖ.)
22.37
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Machne. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Großruck: Sachlichkeit und Vernunft kommen jetzt zu Wort!)
22.37
Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Cap, Ihre Reden sorgen ja immer für
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 237 |
einen großen
Unterhaltungswert. (Abg. Dr. Cap: Sowieso! – Abg.
Mag. Molterer: Nicht immer!) Heute gilt das auch für die
Rede von Herrn Kollegen Scheuch ein bisschen, und deshalb ist, glaube ich, die
Zeit sehr angemessen. Kabaretts fangen ja auch nach 22 Uhr an, insofern
ist die Zeit sehr passend für diese Debatte. (Beifall bei der
ÖVP. – Abg. Eder: Ein bisschen engagierter, Frau
Kollegin! Wir schlafen sonst ein! Lauter reden!)
Aber ich möchte nun doch wieder zur Sache kommen. Wir sprechen über den ORF, und ich glaube, wir alle sind uns einig, dass die ORF-Mitarbeiter sehr gute Arbeit machen. (Abg. Dr. Cap: Lauter einstellen oder lauter reden!) – Hören Sie nichts? Dann werde ich näher hingehen. (Abg. Mag. Molterer: Er wird auch schon alt! Josef Cap wird schon alt! Er braucht ein Hörrohr! – Weitere Zwischenrufe.)
Meiner Meinung nach – und ich bin eine Fernsehkonsumentin – macht der ORF als öffentlich-rechtliches Fernsehen ein sehr gutes und ausgewogenes Programm (Abg. Eder: Woher wissen Sie das? Haben Sie deutsches Fernsehen?): für Jung und Alt, für Sportfans, es gibt viele Kulturbeiträge, es gibt für Informationsdurstige sehr viele Beiträge, wenn ich etwa an die schönen „Universum“-Sendungen denke, aber auch für Politikinteressierte gute Informationen. Natürlich gibt es auch viel Unterhaltung, und da muss ich Armin Assinger einmal verteidigen. (Abg. Eder: Den muss man verteidigen?) Ich glaube, dass viele in Österreich Armin Assinger anschauen und diese Sendung sehr gerne mögen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, ich glaube, ich brauche Armin Assinger in keine Partei einzuordnen.
Ich lebe in Osttirol, sehr viele meiner Bekannten in
Südtirol, aber auch in Bayern – dort habe ich auch sehr viele
Freunde – konsumieren den ORF. Noch nie haben sie so viele
Möglichkeiten wie jetzt gehabt, andere Programme zu konsumieren. (Abg.
Dr. Cap: Harry Prünster mag ich auch!) Trotzdem gibt es
sehr viele Menschen in Bayern und in Südtirol (Abg. Eder: Die
schauen ja „Premiere“!), die gerade die Programme des ORF
sehr schätzen und konsumieren. (Beifall bei der ÖVP. –
Abg. Dr. Cap: „Ins Land einischaun“ mag ich auch!)
Jetzt darf ich noch einen Vergleich anstellen. Der ORF finanziert sich zu 40 Prozent aus Werbeeinnahmen. Das heißt, der ORF über firmenähnliche Strukturen. Der Erfolg jedes Unternehmens hängt auch von der Firmenführung ab, das werden Sie mir nicht absprechen können. (Abg. Dr. Cap: Mögen Sie den Sepp Forcher? Ich mag ihn, wirklich!)
Es freut mich, dass Sie ihn mögen. (Abg. Dr. Cap: Sepp Forcher ist in Ordnung!) Es freut mich, dass Sie ihn so gern mögen. Ich werde es ihm gelegentlich sagen, wenn ich ihn einmal treffe.
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Cap, Sie können sich gerne noch einmal zu Wort melden – die Restredezeit Ihrer Fraktion ist 30 Minuten –, aber lassen Sie jetzt die Rednerin ungestört zu Ende kommen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Abgeordnete Helga Machne (fortsetzend): Der ORF hat jedenfalls eine über unsere Grenzen hinausgehende Bedeutung, und dafür gibt es das Beispiel, dass auch das Schweizer Fernsehen sein Schema auf die Programmphilosophie des ORF umgestellt hat. Der ORF – und ich möchte ihn hier ausdrücklich verteidigen – ist ein Hersteller eines Qualitätsproduktes von europäischem Ruf und mit internationaler Identität. (Abg. Eder: Wer hat das aufgeschrieben, was Sie uns hier erzählen?) Unsere Regierung hat mit dem bestehenden ORF-Gesetz gute Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass der ORF diesem Anspruch auch gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Parnigoni: Diese Rede hat aber der Mück geschrieben!)
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 238 |
Weil heute ja die Bestellung der ORF-Führung im
Mittelpunkt unserer Debatte steht, so ist es, denke ich, auch richtig, wenn der
Stiftungsrat in offener Abstimmung und ohne Mauschelei die Führung des ORF
bestellt. (Abg. Öllinger: „Mauschelei“? –
Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Daher sehen wir
keinen Handlungsbedarf und lehnen den gegenständlichen Antrag ab. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
22.41
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
22.42
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Man hat ein bisschen Mühe, bei dieser Debatte festzustellen, was der Antrag eigentlich beinhaltet. Vielleicht wiederholen wir das noch einmal: Es geht eigentlich um drei konkrete Punkte. (Ruf bei der ÖVP: Für mich brauchst du es nicht zu wiederholen!) Nein, ich wiederhole es ohnehin nicht, denn bislang habt ihr nicht von dem gesprochen, was drinsteht, sondern von dem, was euch irgendwie zum Thema ORF vielleicht gerade noch einfällt. Die Rede des Kollegen Scheuch war heute fast kabarettistischer als das, was Josef Cap in seinen Höchstleistungen zusammenbringt; das ist kaum zu überbieten gewesen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)
Zum Thema geheime Abstimmung: Interessant dabei war – und das ist schon spannend –, die BZÖ-Stiftungsräte, sofern sie jetzt dazugehören, haben gefunden, dass eine geheime Abstimmung keine schlechte Idee wäre. Bei der ÖVP ist es ja nachvollziehbar, dass die Stiftungsräte, wenn Herr Molterer nein sagt, einfach sagen: Nein, das machen wir im Stiftungsrat nicht!
Es stellt sich nur die Frage, was das BZÖ eigentlich davon hat. 26 Prozent, hat Scheuch jetzt gesagt, war die Berichterstattung über das BZÖ im letzten Monat. Immerhin ist so jedes Mitglied des BZÖ ungefähr 15 Sekunden in der „ZiB 1“ vorgekommen, das ist ein guter Schnitt, dass man überhaupt zu dieser Zahl kommen kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Aber die Frage dabei ist, warum es durchaus kritische Stimmen bei den BZÖ-Vertretern im Stiftungsrat gibt. Ich meine, eine Untersuchungskommission Mück wäre ohne Zustimmung der BZÖ-Vertreter nicht zustande gekommen. Aber Sie gehen hier im Parlament her und sagen zur ÖVP: Bitte, das machen wir genau so, wie ihr wollt – euer Unternehmen, wir sind dabei, wir unterstützen euch! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lass dich überraschen!)
Insofern muss man sagen, was euer Vertreter im Stiftungsrat macht, das macht ihn ja zu einem kritischen Gremium gegenüber dem, was hier passiert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist unpolitisch! Das kapieren Sie nicht!) Das ist einfach unverständlich, weil die Frage der ÖVP-Unterstützung als einziges Wahlkampfziel für das BZÖ ein bisschen schwach ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das verstehen Sie nicht!)
Die Funktionen einzeln zu wählen, das wäre vielleicht die nächste Frage, die interessant wäre. Ist es wirklich sinnvoll, die gesamte Geschäftsführung in einem zu wählen – abgesehen von der Generaldirektorin –, oder sollte es die Möglichkeit geben, auch nach unterschiedlichen Kriterien zu bemessen, ob die Personen geeignet sind?
Der ORF ist ja wohl ein Unternehmen, das kein klassisches Wirtschaftsunternehmen ist; dort geht es um ganz andere Interessen. Ein öffentliches Interesse ist wohl unbestritten, die Stiftungsratbesetzung auch durch die Regierung, ebenso die Nominierungsrechte, weil einfach das Parlament und die Öffentlichkeit, legitimiert durch Wahlen, auch Einfluss auf einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben kann und haben
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 239 |
soll. Warum schaffen wir hier nicht die Möglichkeit, auch einzeln die Funktionen bestmöglich zu besetzen? – Was jetzt geschieht, ist die Bestellung einer Geschäftsführung, die eines sicherstellen soll, nämlich dass die Durchgriffsrechte der ÖVP auf allen Ebenen gegeben sind.
Letztlich zur Frage des öffentlichen Hearings: Was es dagegen einzuwenden gibt, das wird am schwierigsten zu argumentieren sein. Wahrscheinlich wird das Hearing so stattfinden, dass es fünf Tage vor der Wahl am 17. August wieder eine Schüssel-Rede geben wird, wobei darauf geachtet wird, wer in der zweiten Reihe sitzt und wer am besten enthusiastisch zu klatschen beginnt – und das möge dann die Entscheidung für die Generaldirektion bringen. Aber es ist die Frage, ob das hinreichend für Qualität ist. Ich meine, das war ja besonders originell, Herr Kollege Scheuch, nachdem Frau Lindner offenbar gemerkt hat, dass das mit dieser Schüssel-Rede nicht funktioniert hat, dann noch auf die Idee zu kommen, beim Sommerfest vielleicht, wie man aus den Medien vernommen hat, fast hinter den Schultern ganz leise zu klatschen ... (Abg. Amon: Herr Kollege Brosz, ich glaube, Sie waren eingeladen! – Abg. Mag. Molterer: Verhalten war das! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Verhalten war das? – Wenn das so verhalten war wie das Klatschen der Frau Lindner bei der ÖVP, als sie die Fotos gezeichnet hat, dann kann man nur sagen, es gibt unterschiedliche Klatschvarianten – nicht schlecht anzuführen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zum Antrag!) Dabei würde ich Herrn Kollegen Molterer gar nicht unterstellen, dass die ÖVP auf die Idee gekommen ist, zu sagen: Monika Lindner, weißt du was, komm zu unserer Veranstaltung; das kommt ganz Weltklasse, wenn du in der zweiten Reihe sitzt und dann, wenn Schüssel geredet hat, heftig in den Applaus einfällst! (Abg. Kainz: Glaubst du ...?) – Nein, das glaube ich nicht, dass das der Fall ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt zum Antrag, und nicht zum Klatschverhalten!)
Der Punkt ist aber, dass dann die Stimmung im Unternehmen offenbar gekippt ist. Die Einflussnahmen hat es auch früher gegeben, und wir haben genug Sträuße mit der SPÖ ausgefochten, keine Frage. Josef Cap hat letztes Mal gesagt: Fehler der Vergangenheit. Aber das, was sich verändert hat, ist, glaube ich, auch das, was Sie sagen, Herr Molterer: dass die Frage der direkten Interventionen gar keine solche Rolle mehr spielt. Das ist nicht mehr der Punkt in der Kultur. (Abg. Amon: Wo ist eigentlich Herr Pilz?) Der Punkt ist, dass Ihre politischen Umsetzer an den Machtfunktionen sitzen, und es ist gar nicht mehr die Frage, ob irgendwer bei Herrn Mück intervenieren muss – was will denn da die ÖVP intervenieren?, er weiß ohnehin genau, welche Politik er umzusetzen hat –, sondern eher, dass führende Kräfte im Unternehmen sicherstellen, dass dort ÖVP-Politik gemacht wird. (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)
Das ist schon ein qualitativer Unterschied zu früher. Da gab es die Klima-Affäre, darüber brauchen wir gar nicht zu reden, dass diese Frage da war. Westenthaler hat dann angerufen und gesagt: „Dann gibt es Stunk“, meinte er; das waren, glaube ich, die Geschichten dann zu „Trunk“, dazu gab es ja einiges. Ich meine, das war peinlich, aber jetzt geht es um die Frage, wo das hinführt in diesem Unternehmen als öffentlich-rechtlichem Rundfunk, als dem Unternehmen, das in Österreich lange fast ein Monopol in der Berichterstattung im Fernsehen gehabt hat.
Das Absurde an der Situation ist ja mittlerweile, dass die Quoten dafür sprechen, dass die Wichtigkeit gar nicht mehr so groß ist, wie Sie meinen. Wenn Sie das noch fünf Jahre lang so machen, brauchen wir ohnehin nicht mehr darüber zu diskutieren, ob Schüssel dort jeden Tag 5 Minuten reden darf, weil das bei 200 000 Zuschauern nicht mehr die Frage ist. Aber es ist die Frage, ob es das Unternehmen auf Dauer aushält, dass wir in der „ZiB 1“ Quoten von, glaube ich, unter 800 000 haben, die niedrigsten Quoten der Geschichte. Das war übrigens an dem Tag, als die Fußball-WM das erste Mal Pause hatte, da gab es also parallel kein Fußball-WM-Spiel.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 240 |
Das sind Quoten, die teilweise die Hälfte von dem sind, was früher da war. Ist da zu sagen: super Unternehmen, super Berichterstattung, grandios, hervorragend, alle schauen sich das an? – Irgend wann sollten Sie einmal die Augen öffnen!
Schauen Sie sich einmal die Zahlen bei den bis zu Dreißigjährigen an: Die brechen dem Unternehmen weg! Es gibt ja keine einzige Informationssendung mehr, die regelmäßig mehr als ein Drittel der unter Dreißigjährigen sieht, außer der „ZiB 1“, dort sind es über ein Drittel. Alle anderen Informationssendungen: bis zu dreißig unter einem Drittel – als Öffentlich-Rechtlicher mit zwei Kanälen, zum Teil mit einer durchgeschalteten Information auf beiden Kanälen!
Ich frage Sie nur: Wohin soll denn das führen? Was heißt denn das, wenn politische Information im Öffentlich-Rechtlichen so stattfindet, dass sich diese Menschen das nicht mehr anschauen? – Mittlerweile gibt es gleich viele in dieser Altersgruppe – jetzt geht auch Scheuch, das habe ich mir ohnehin gedacht –, die Pro-Sieben sehen, eine für die Altersgruppe ziemlich anders aufbereitete Sendung, wobei der politische Informationsgehalt schon problematisch wird.
Wenn man sich dann anschaut, wohin die Qualität gehen soll – ich zitiere aus der „Zeit“ –: Herr Landeshauptmann Pröll spricht davon, den Radiochef abzusetzen, weil die „Analyseseuche“ nicht eingedämmt wurde, weil die Redakteure das Land mit Nachrichten quasi überschwemmen und dies nicht eingeschränkt wird, sodass derjenige, der dafür zuständig ist, in Frage gestellt wird. – Wenn das für Sie die Qualität und die Politik im ORF ist, dann kann man nur sagen: Reden wir in zehn Jahren darüber, dann können wir schauen, ob ihr eine neue Form des öffentlich-rechtlichen Rundfunks braucht! (Abg. Neudeck: In zehn Jahren ...!)
Ich schließe mit Joachim Riedl aus der „Zeit“, der angesichts dessen, wie jetzt im ORF Politik betrieben wird, Folgendes darstellt: Wer dann noch im Fernsehen zu Wort kommen will, der darf nun wirklich nichts mehr zu sagen haben. – Zitatende.
So sollte das Unternehmen ORF in den nächsten Jahren nicht geführt werden! (Beifall bei den Grünen.)
22.49
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Brinek. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
22.49
Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe in der Debatte konstruktive Beispiele und Vorschläge von der Opposition erwartet. – Herr Cap hat aber nichts anderes gemacht, als nachzudenken, wer, wie, wo, wann interveniert. Frau Kollegin Stoisits von den Grünen hat gesagt, sie will mehr Öffentlichkeit, aber eine geheime Abstimmung. Wie passt denn das zusammen? Sie hat sich hier in der Demokratie herausgestellt und gesagt, man würde – der ORF oder wer auch immer – demokratiepolitischen Missbrauch betreiben. In einer lebendigen und entwickelten Demokratie kann man einen solchen Vorwurf nicht machen, ohne einen Grund dazu zu nennen! Also: Heraustreten und sagen, was gemeint ist!
Da ist mir schon lieber, dass wir den ORF international von anderen Leuten bewerten lassen. Jan Mojto ist schon zitiert worden, beispielhafte Filmförderung – das danken wir auch Staatssekretär Morak –, hervorragende kulturpolitische Beiträge, beispielhaft für ARD, ZDF, BBC, Schweizer TV und so weiter, einschließlich des hervorhebenswerten Mischfinanzierungsmodell, wie es der ORF pflegt.
Herr Kollege Brosz, wenn wir in der Bildungspolitik von Leseförderung sprechen und nicht haben wollen, dass Kinder zu viel vor dem Fernseher sitzen, dann dürfen wir uns andersrum nicht beklagen, wenn es weniger jugendliche Fernsehkonsumenten gibt.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 241 |
Das muss uns dann auch recht sein. Also ein bisschen mehr Logik und mehr Rationalität, meine Herrschaften von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Er hat junge Erwachsene gemeint!)
Noch etwas: Mir ist schon recht, wenn wir auch die inländischen Stimmen hören. Ich habe auch den Sammelband „Aufgedeckt“ gelesen. Was lese ich da heraus? Es wird der Mythos „Club 2“ aufgebaut. – Mein Gott, da war ich auch schon auf der Welt, und da war Nina Hagen noch ein wirklicher Tabubruch. Das Ganze mit der offenen Gesellschaft und „Offen gesagt“ zu vergleichen, wo es wesentlich schwerer ist, spannende, Tabu brechende Sendungen zu veranstalten, das ist ein bisschen billig. Wenn in so genannten Aufdeckerbüchern behauptet wird, dass „Philosophicum“ und „kreuz & quer“ so gut besetzt sind, ist mir das als Religionssendungseherin auch sehr recht, damit habe ich kein Problem. Alles in allem wird in diesem Buch ein sehr konservatives, ein bildungsbürgerliches Schulfernseh-Bildungsideal beschworen.
Auf der anderen Seite wurde von den Grünen, von Klubobmann Van der Bellen letztes Mal der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF als Kontrollinstanz-Sein beschworen. Ich habe mir gedacht: Kontrolle? Der Rechnungshof ist eine Kontrollinstanz, das Kontrollamt der Stadt Wien, Oberste Richter sind Kontrollinstanzen. Der ORF soll keine Kontrollinstanz sein!
Abgeordneter Van der Bellen hat auch beklagt, dass die Grünen nur einen Stiftungsrat haben. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ich habe doch nicht geklagt, sondern nur auf Tatsachen hingewiesen!) Die ÖVP fairerweise zwei. Das entspricht dem Größenverhältnis! Und noch dazu: Strobls Funktion ist in einem hohen Grade mit seiner beruflichen Position unvereinbar, weil man als Stiftungsrat nicht gleichzeitig lokale Betriebe des ORF pachten kann. Das ist eine Sache, die auch noch einmal angesprochen werden soll. (Abg. Broukal: Und wie ist ihre Meinung zu Herrn Malik als Aufsichtsrat der Bundesbahn, oder ist das dort ganz etwas anderes?)
Meine Damen und Herren! Der ORF ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt nach dem Aktienrecht, ...
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Broukal!
Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (fortsetzend): ... dem sich der Bundeskanzler Klima noch anschließen konnte, als er Bundeskanzler war. Dem sollten wir auch folgen, das heißt: Abstimmung, so wie sie dort vorgesehen ist. Personen sind nicht ihrem persönlichen Gewissen in der geheimen Wahlzelle verantwortlich, sondern dem Unternehmen. Und gemäß dieser Verantwortung dem Unternehmen gegenüber soll gehandelt werden. Wir sprechen international von einem Integrationsrundfunk, das heißt, die gemeinsame Verantwortung für das Unternehmen ist wesentlich. Und ich habe keine wirklichen, ernsthaften Reformvorschläge gehört, so dass ich sagen kann, alles in allem: Der ORF ist ein vorbildliches Unternehmen, es gibt keine Veranlassung, irgendeine Form des Abrückens davon anzustreben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)
22.54
Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Cap. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
22.54
Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich melde mich deswegen noch einmal zu Wort, weil mich etwas wirklich frappiert, nämlich das Schweigen von Klubobmann Molterer und von Staatssekretär Morak, denn die beiden sind für die Medienpolitik verantwortlich: Klubobmann Molterer im Sinne der Intervention und im Sinne der konzeptiven Medienpolitik und Staatssekretär Morak, als derjenige, der in der Regierung sitzt. Beide
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 242 |
sitzen völlig beteiligungslos da: so, als ob es da um irgendeinen Würstelstand ginge und nicht um den ORF. Ich finde, das kann man einfach nicht akzeptieren. Ich fordere daher beide auf, sie sollen sich, auch wenn es jetzt schon bald 23 Uhr ist, zu Wort melden. Sie sollen einfach Stellung beziehen, sie sollen sich dazu äußern, wie sie sich den weiteren Weg des ORF vorstellen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Das ist doch nicht irgendein Unternehmen, da sind tausende Beschäftigte, da gibt es übrigens enorm viele Österreicherinnen und Österreicher, die Gebühren zahlen müssen und die dank Ihrer Initiative, mit der Sie dafür gesorgt haben, dass der ORF weniger Werbeeinnahmen bekommt und weil sie auf Grund der Infokrise weniger Werbeeinnahmen haben, höhere Gebühren zu zahlen haben. Was sagen Sie dazu? Sie müssen sich in Wahrheit verantworten gegenüber den Vielen, die Radio hören, Fernsehen schauen, die Zwangsgebühren zahlen müssen und die durch ihren Eingriff in dieses Unternehmen noch mehr Gebühren zahlen müssen. Und Sie beide sitzen da, die, die Hauptverantwortlichen sind! Der „Abnicker“ in Gestalt des Bundeskanzlers, über dessen Schreibtisch jede Entscheidung gehen muss, ist bei diesen Tagesordnungspunkt überhaupt nicht da. Das kann man einfach nicht durchgehen lassen, dass Sie dazu nichts sagen.
Ich möchte einen zweiten Punkt aufgreifen: Ein Gedankengang war heute wirklich nicht schlecht, nämlich der, wo danach gefragt wurde, was eigentlich das BZÖ davon hat, dass sie da dabei ist, sage ich jetzt einmal. Was hat die eigentlich davon? Ich finde, das war anständig, wie die BZÖ-Stiftungsräte mitgewirkt haben, dass es diese Untersuchungsgruppe in der Causa Werner Mück gibt, denn ich kann mich nicht erinnern, dass es im ORF jemals unter den JournalistInnen so ein Unbehagen, so eine Kritik, so eine Rebellion gegeben hat, wie gegen dieses Diktat und gegen das, was Werner Mück im Informationsbereich im ORF zu verantworten hat. Daher ist es verdienstvoll, dass das BZÖ hier mitgewirkt hat, dass es diese Untersuchungsgruppe gegeben hat. Das muss man einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Dann bin ich auch dafür, dass es ein Hearing gibt. Ich finde, das ist eine gute Initiative, die hier die Grünen gesetzt haben, denn ich möchte mir nicht nur Monika Lindner im Hearing öffentlich anhören, ich möchte mir zum Beispiel auch Herrn Lorenz öffentlich anhören, Ihren Spezialisten für diese berühmte Initiative der EU-Plakate und was immer sonst er noch mit zu verantworten hat. Ich möchte mir Herrn Lorenz anhören, der dort als Programm-Mensch im ORF verantwortlich mitgewirkt hat. Ich möchte mir alle anhören, deren Namen als potentielle Kandidaten in der Gegend herumgeistern, bei denen in Klammern dabeisteht: Freund Wolfgang Schüssels. Das ist nämlich die Eintrittskarte, damit er überhaupt eine Chance hat, muss dort stehen – im „Kurier“: Lorenz (Freund Wolfgang Schüssels). So schaut das nämlich aus. (Abg. Dr. Brinek: Was der alles weiß!)
Dann kriegen Sie da herinnen alle Lachkrämpfe, wenn wir sagen, es ist nur die Frage, welcher ÖVP-Mann im ORF die entscheidenden Positionen bekleidet, und dass das für die Demokratie und für den ORF unerträglich ist und dass das in Wahrheit dieses Unternehmen in seiner Existenz gefährden wird. Und das ist nicht mehr zum Lachen! Da sollten Sie von der ÖVP nämlich in sich gehen und traurig sein über diese Entwicklung und sie nicht lustig finden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Herr Präsident Khol, Sie haben damals in anderer Funktion mitgewirkt, als dieses neue ORF-Gesetz beschlossen wurde. Da war auch Westenthaler noch da. Ich nehme an, er wird es inzwischen bereuen, dass er da mitgetan hat, aber damals hat er mitgewirkt. Dieses ORF-Gesetz ist nämlich die Basis für all die Dinge, die da passieren. Die Basis dafür: Durchgriffsrecht der Generaldirektorin, die Stellung des Stiftungsrates, der Schmäh mit der Entpolitisierung. Mein Gott ja, okay, Sie sind nicht mehr drinnen, ich bin nicht mehr drinnen und Westenthaler war nicht mehr drinnen, aber erzählen Sie mir
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 243 |
nicht, dass die 15 Stiftungsräte, die von den Zeitungen als ÖVP-Angehörige bezeichnet werden, nicht ÖVP sind. Und ich gebe auch zu, dass andere sich durchaus auch anderen Weltanschauungen zugehörig fühlen, aber man soll den Leuten keinen Schmäh erzählen. Sie versuchen natürlich, da drinnen Macht auszuüben.
Die Frage ist, ob Sie die Wasserträger sind oder nicht die Wasserträger sind. Das müssen Sie aber für sich beantworten, ob Sie das machen wollen. Das ist Ihre Hausaufgabe, die Sie letztendlich zu lösen haben. Und ich bin daher auch für eine geheime Wahl bei der Generaldirektorin/beim Generaldirektor. Warum nicht? Haben Sie kein Vertrauen in die Qualität und Entscheidungsfähigkeit der Stiftungsräte? Brauchen Sie die optische Kontrolle? (Abg. Neudeck: Das war doch der Blecha, oder?) Wollen Sie das Videoauge haben, das während des Wahlvorganges schaut, wer steht auf, wer nicht? Wer füllt den Stimmzettel wie aus? Natürlich wird am Stimmzettel ein Namen oben stehen, damit man es überprüfen kann, weil Sie sich unsicher sind, weil nämlich langsam Kräfte entstehen, denen das Unternehmen wichtiger ist als die Interessen der ÖVP im ORF! Das ist die Wahrheit! (Staatssekretär Morak: Dann ist es ja gut so!)
Staatssekretär Morak kann sich nicht mehr zurückhalten. Bitte (in Richtung von Präsident Dr. Khol), Herr Staatssekretär Morak hat sich zu Wort gemeldet. Bitte, ihn aufzunehmen, er will endlich dazu Position beziehen! Und ich finde es wichtig, dass wir da herinnen einmal eine ehrliche Debatte darüber führen und dass man diese Grundsatzdiskussion auch führen und nicht nur so vornehm vor sich hindösen sollte, als ob es um einen Würstelstand ginge. Es geht um den ORF!
Nehmen Sie endlich die Verantwortung wahr und stellen Sie sich dieser Auseinandersetzung und Diskussion – und flüchten Sie nicht davor! Wir werden dafür sorgen, dass Sie noch eines Tages aufwachen; vielleicht schon im August. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Nicht früher?)
22.59
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.
23.00
Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zum Abschluss zusammenfassend: Der SPÖ geht es in dieser ganzen Debatte gar nicht, wie ich am Anfang angenommen habe, darum, so viel wie möglich in den Informationssendungen vorzukommen, denn wir haben ja festgestellt, dass das ohnehin der Fall ist. Wahrscheinlich geht es ihr gerade in letzter Zeit wohl eher darum, weniger vorzukommen als in letzter Zeit. Das ist neu an dieser heutigen Debatte.
Im Wesentlichen geht
es aber auch darum, dass es ein gewisses empathisches Mitgefühl der
SPÖ geben muss mit den armen Stiftungsräten des ORF. Wahrscheinlich
rührt dies aus dem permanent parteiintern schwierigen Kurs her, den Sie
derzeit zu fahren haben. Ein Thema jagt das nächste, bei dem die SPÖ
nicht weiß, ob links, rechts, oben oder unten, und wahrscheinlich denkt
sich jeder von Ihnen einmal am Tag: Mein Gott, wäre das jetzt schön,
wenn ich jetzt einmal geheim abstimmen könnte; dann müssten wir uns
nicht alle einigen und könnten dann im Nachhinein alle so tun, als
wären wir alle dafür oder alle dagegen gewesen! – Aus
diesem Bauchgefühl heraus können Sie den Wunsch nach geheimen
Abstimmungen im ORF-Stiftungsrat nachvollziehen, und Ihre Stiftungsräte
wünschen sich das wahrscheinlich auch. So dieses Zickzack, Zickzack,
das wäre dann endlich alles vorbei, auch hier im Plenum. (Abg.
Mag. Molterer: Cap, Cap heißt das bei der SPÖ!)
Wir haben dieses Gefühl natürlich nicht, denn wir treffen Entscheidungen, und wir gehen dann damit auch hinaus. Wir sagen, warum wir sie getroffen haben. Wir stehen
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 244 |
dazu. Wir vertreten sie, und wir stimmen auch gemäß der
Überzeugung ab, zu der wir gelangt sind. Deswegen müssen Sie auch
verstehen, dass die ÖVP dieses Bedürfnis nach geheimer Wahl nicht
nachvollziehen kann, und wir sind der festen Überzeugung, dass wir
für den ORF, der die wichtigste Medieninstitution des Landes ist, auch
ganz genau solche Stiftungsräte wollen und solche Stiftungsräte
brauchen, die sich Gedanken darüber machen, wen sie wählen, und
danach hinausgehen und das argumentieren, wen sie gewählt haben, und
auch wirklich dazu stehen. Das ist die Zurechenbarkeit der Verantwortung,
die für den ORF wie in einem Aufsichtsrat in einem Unternehmen
einfach zwingend nötig ist.
Herr Dr. Van
der Bellen, wenn Ihr Stiftungsrat in einem gewissen beruflichen Naheverhältnis
zum ORF offensichtlich ähnliche Probleme hat, nämlich zu seinem
eigenen Abstimmungsverhalten zu stehen, dann sollten Sie das hinterfragen.
Ist das der Stiftungsrat, den Sie wollen?
Bei unseren Stiftungsräten gehe ich davon aus, dass sie, ob sie nun mit uns einer Meinung sind oder nicht, die richtige Entscheidung treffen, dazu stehen und sie durchargumentieren können. Das brauchen wir. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Cap: Braun! – Rufe: Braun bei der SPÖ!)
23.03
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu einer ganzen Serie von Abstimmungen, und ich bitte daher um gewisse Aufmerksamkeit.
Wir kommen vorerst zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 1582 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.
Wer dies tut, den bitte ich, ein Zeichen der Zustimmung
auszudrücken. – Der Bericht wird mit Mehrheit angenommen.
Die Tagesordnung ist erschöpft.
Abstimmung über Fristsetzungsanträge
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nun zur Abstimmung über sieben Fristsetzungsanträge, die ich in der Reihenfolge ihrer Bekanntgabe abstimmen lasse.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Molterer und Scheibner, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 (GRÄG 2006) eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. –
Das Zeichen wird mit Mehrheit erteilt. Angenommen.
*****
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Molterer und Scheibner, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 245 |
Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. –
Das Zeichen wird mit Mehrheit gegeben. Ist daher angenommen.
*****
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend die Wohnrechtsnovelle 2006 (WRN 2006) eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. –
Das wird mit Mehrheit erteilt. Angenommen.
*****
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Molterer und Scheibner, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend die Wasserrechtsgesetznovelle 2006 eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag
ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.
Angenommen.
*****
Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 6. Juli 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 23. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. –
Das ist die Mehrheit. Angenommen.
*****
Des Weiteren kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Mag. Molterer, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 848/A der Abgeordneten Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. –
Das ist die Mehrheit. Angenommen.
*****
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Scheibner, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 849/A der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird, eine Frist bis 13. Juli 2006 zu setzen.
Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.
Nationalrat, XXII.GP | 158. Sitzung / Seite 246 |
Einlauf
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 853/A bis 856/A eingebracht wurden.
Ferner sind die Anfragen 4562/J bis 4604/J eingelangt.
*****
Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.08 Uhr ein; das ist also gleich im Anschluss an diese Sitzung.
*****
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der Sitzung: 23.08 Uhr
Impressum: Parlamentsdirektion 1017 Wien |