Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

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806. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Freitag, 30. März 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

806. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 30. März 2012

Dauer der Sitzung

Freitag, 30. März 2012: 13.00 – 16.46 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Publizistikförderungsgesetz 1984, das Einkom­mensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Bewertungsgesetz 1955, die Bundesabgabenordnung, das Bundesgesetz über eine Abgabe von land- und forst­wirtschaftlichen Betrieben, das Stabilitätsabgabegesetz, das Bausparkassengesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden (1. Stabilitätsgesetz 2012 – 1. StabG 2012)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Konsularge­bührengesetz 1992, das Stellenbesetzungsgesetz, das Aktiengesetz, das Unterneh­mensgesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, die Strafprozessord­nung 1975, das Bundespensionsamtsübertragungs-Gesetz, das Bundeshaushaltsge­setz 2013, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkas­sengesetz, das Zahlungsdienstegesetz, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglome­rategesetz, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Invest­mentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Pensionskassen­gesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Versiche­rungsaufsichtsgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Waffengesetz 1996, das Bundeskriminalamt-Gesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz, das Bundesimmobiliengesetz, das Schönbrun­ner Schloßgesetz, das Marchfeldschlösser-Gesetz, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Rich­ter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbahngesetz, das Bezügegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Bundesgesetz über einen Kassenstrukturfonds für die Gebietskrankenkas­sen, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitskräf­teüberlassungsgesetz, das Arbeitsruhegesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Kin-


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 2

der- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Bauarbeiten­koordinationsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Wasserstraßen­gesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Containersicherheitsgesetz, das Post-Betriebs­verfassungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Ein­führungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Strahlenschutzge­setz, das Universitätsgesetz 2002, das Umweltkontrollgesetz und das Umweltförde­rungsgesetz geändert werden, ein IKT-Konsolidierungsgesetz und ein Bundesgesetz über die Veräußerung von beweglichem Bundesvermögen erlassen werden sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und die Gerichtstagsverordnung aufgehoben werden (2. Stabilitätsgesetz 2012 – 2. StabG 2012)

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten Dr. Johannes Kyrle gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über eine Übereinkunft über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch den Herrn Bundespräsidenten .................. 5

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 (3) GO-BR ................................................................................................... 9

Wortmeldung des Bundesrates Mag. Gerald Klug zur Geschäftsbehandlung .......... 17

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Vizepräsidenten Mag. Harald Himmer ....................................................................... 65

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .................................. 65

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 5

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 5

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ......................................................  8, 8, 8

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .............................................................................. 9

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 9

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Publizistikförderungsgesetz 1984, das Einkommen­steuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuerge-


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setz 1994, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Gesundheits- und Sozialbe­reich-Beihilfengesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Bewertungsge­setz 1955, die Bundesabgabenordnung, das Bundesgesetz über eine Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, das Stabilitätsabgabegesetz, das Bausparkassengesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden (1. Sta­bilitätsgesetz 2012 – 1. StabG 2012) (1680 d.B. und 1707 d.B. sowie 8685/BR d.B. und 8687/BR d.B.)               ............................................................................................................................... 10

Berichterstatter: Michael Lampel .................................................................................. 11

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Konsulargebühren­gesetz 1992, das Stellenbesetzungsgesetz, das Aktiengesetz, das Unterneh­mensgesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, die Strafpro­zessordnung 1975, das Bundespensionsamtsübertragungs-Gesetz, das Bundes­haushaltsgesetz 2013, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Zahlungsdienstegesetz, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichts­gesetz 2007, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investmentfonds­gesetz, das Pensionskassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständi­genvorsorgegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Ratingagenturenvoll­zugsgesetz, das Waffengesetz 1996, das Bundeskriminalamt-Gesetz, das Wa­chebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Polizeibefugnis-Entschädigungsge­setz, das Bundesimmobiliengesetz, das Schönbrunner Schloßgesetz, das March­feldschlösser-Gesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes­bahngesetz, das Bezügegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz, das Bundesgesetz über einen Kassenstrukturfonds für die Gebiets­krankenkassen, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Arbeitslosenversicherungs­gesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeitsruhegesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Bauarbeitenkoordinationsgesetz, das Bauarbeiter-Ur­laubs- und Abfertigungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Biozid-Pro­dukte-Gesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Bundes-Bedienstetenschutzge­setz, das Eisenbahngesetz 1957, das Wasserstraßengesetz, das Kraftfahrge­setz 1967, das Containersicherheitsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Einführungsge­setz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Strahlenschutzgesetz, das Universitätsgesetz 2002, das Umweltkontrollgesetz und das Umweltförde­rungsgesetz geändert werden, ein IKT-Konsolidierungsgesetz und ein Bundesge­setz über die Veräußerung von beweglichem Bundesvermögen erlassen werden sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion und die Gerichts­tagsverordnung aufgehoben werden (2. Stabilitätsgesetz 2012 – 2. StabG 2012) (1685 d.B. und 1708 d.B. sowie 8686/BR d.B. und 8688/BR d.B.) ...... 10

Berichterstatter: Michael Lampel .................................................................................. 11

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth ........................................................................................................ 11


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 4

Gottfried Kneifel ........................................................................................................... 17

Marco Schreuder .......................................................................................................... 20

Mag. Gerald Klug ...................................................................................................  22, 63

Franz Pirolt ................................................................................................................... 24

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ..............................................................  26, 62

Dr. Angelika Winzig ..................................................................................................... 29

Elisabeth Kerschbaum ................................................................................................ 30

Johann Schweigkofler ................................................................................................. 32

Cornelia Michalke ......................................................................................................... 34

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ......................................................................... 38

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .......................................................... 41

Franz Perhab ................................................................................................................ 42

Marco Schreuder (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 44

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................  44, 64

Reinhard Todt ............................................................................................................... 46

Gerd Krusche ............................................................................................................... 49

Peter Mitterer ................................................................................................................ 52

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ........................................................................ 54

Mag. Reinhard Pisec .................................................................................................... 57

Johann Ertl .................................................................................................................... 59

Edgar Mayer .................................................................................................................. 60

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 64

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................... 64

Eingebracht wurde

Anfragebeantwortung

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vollziehung der Ersatzbestimmung für das anti-homosexuelle Sonderstrafgesetz § 209 StGB (§ 207b StGB) (2663/AB-BR/2012 zu 2873/J-BR/2012)


 


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 5

13.00.27Beginn der Sitzung: 13 Uhr

 


Präsident Gregor Hammerl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 806. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 805. Sitzung des Bundesrates vom 15. März 2012 ist aufge­legen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Dr. Magnus Brunner, Mag. Muna Duzdar, Adelheid Ebner, Monika Kemperle, Johanna Köberl, Josef Saller und Walter Temmel.

13.01.10Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Gregor Hammerl: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteil­ten Anfragebeantwortung 2663/AB beziehungsweise jenes Verhandlungsgegenstan­des, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates un­terliegt, und

jenes Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Arti­kel 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über eine Überein­kunft über den Beitritt der EU zur Europäischen Konvention zum Schutze der Men­schenrechte und Grundfreiheiten sowie der

Mitteilungen des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Dipl.-Ing. Nikolaus Berla­kovich, vom 28. bis 30. März 2012 innerhalb eines EU-Mitgliedstaates beziehungs­weise den

Aufenthalt der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Dr. Claudia Schmied, vom 30. März bis 6. April 2012 innerhalb eines EU-Mitgliedstaates und den

Aufenthalt der Bundesministerin für Justiz, Dr. Beatrix Karl, vom 30. März bis 6. Ap-
ril 2012 in China bei gleichzeitiger Betrauung der Bundesministerin für Inneres, Mag. Johanna Mikl-Leitner, mit ihrer Vertretung sowie den

Aufenthalt der Bundesministerin für Finanzen, Dr. Maria Fekter, vom 29. bis 31. März 2012 innerhalb eines EU-Mitgliedstaates

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Anfragebeantwortung (siehe S. 4)

*****

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

                                                                                                                                     „Der Generalsekretär

                                                                                                                 für auswärtige Angelegenheiten

                                                                                                                                         Dr. Johannes Kyrle


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 6

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Gregor Hammerl                                                                                                                  15. März 2012

Parlament, Dr. Karl Renner Ring 1-3

1017 Wien                                                                              GZ: BMeiA-AT.8.33.02/0003-l.2a/2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Im Auftrag von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger unterrichte ich Sie gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG, dass aufgrund des Vorschlages der Bundesregierung vom 28. Fe­bruar 2012 (Pkt. 10 des Beschl.Prot. Nr. 132) der Herr Bundespräsident am 2. März 2012 die Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über eine Übereinkunft über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Men­schenrechte und Grundfreiheiten erteilt hat. Die Aufnahme dieser Verhandlungen wird ehestmöglich erfolgen.

Zur näheren Information lege ich eine Kopie des Vortrages an den Ministerrat bei.

Mit meinen besten Grüßen

Beilage“

                                                                                                        „Bundesministerium für europäische

                                                                                                         und internationale Angelegenheiten

BMeiA-AT.8.19.06/0070-I.4/2011

Übereinkunft über den Beitritt der Europäischen Union zur

Europäischen Konvention zum Schutze der

Menschenrechte und Grundfreiheiten; Verhandlungen

Vortrag

an den

Ministerrat

Gemäß Art. 6 Abs. 2 EUV tritt die Europäische Union der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bei. Der Unionsbeitritt zur EMRK garantiert, dass Unionsrechtsakte hinkünftig vor dem Europäischen Ge­richtshof für Menschenrechte (EGMR) auf deren Vereinbarkeit mit der EMRK überprüft werden können. Es wird demnach nach dem Unionsbeitritt zur EMRK möglich sein, Beschwerden wegen EMRK-Widrigkeit nicht nur – wie bereits bisher – gegen Mitglied­staaten der EU, sondern auch gegen die Union zu erheben. Damit wird eine Rechts­schutzlücke geschlossen.

Auf Seiten der Union hat der Beitritt mittels Beschlusses zum Abschluss des Abkom­mens gemäß Art. 218 Abs. 6 lit. a Nr. ii und Abs. 8 UAbs. 2 AEUV zu erfolgen, der vom Rat einstimmig mit Zustimmung des Europäischen Parlaments zu fassen ist. Der Rats­beschluss über den Abschluss des Abkommens tritt allerdings erst in Kraft, nachdem die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschrif­ten zugestimmt haben (in Österreich parlamentarische Genehmigung nach Art. 23i Abs. 4 iVm Art. 50 Abs. 4 B-VG).

Auf Seiten des Europarats wurde mit Inkrafttreten des 14. Zusatzprotokolls zur EMRK am 1. Juni 2010 die Beitrittsmöglichkeit für die Union eröffnet. Das Beitrittsabkommen bedarf eines Beschlusses des Ministerkomitees des Europarates und der Ratifikation durch alle EMRK-Vertragsstaaten.

Das Ministerkomitee des Europarats hat am 26. Mai 2010 dem Lenkungsausschuss für Menschenrechte (CDDH) ein ad-hoc-Mandat erteilt, damit dieser in Zusammenarbeit


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 7

mit Vertretern der EU ein Rechtsinstrument bzw. Rechtsinstrumente mit den Modalitä­ten für den Beitritt der EU zur EMRK ausarbeitet. Der CDDH hat diese Aufgabe einer informellen Arbeitsgruppe CDDH-EU übertragen. Diese Gruppe, in der Österreich nicht vertreten war, hat acht Verhandlungsrunden mit der Europäischen Kommission abge­halten und ihre Arbeit mit der Vorlage eines vorläufigen Abkommensentwurfes abge­schlossen. Dieser vorläufige Entwurf wurde sodann zur weiteren Beratung dem CDDH weitergeleitet und wird in weiterer Folge dem Ministerkomitee des Europarates zur Klärung anstehender – weitgehend politischer – Fragen vorgelegt, ehe die Arbeit an dem Entwurf fortgesetzt wird. Auch unionsintern wurden von einigen Mitgliedstaaten Forderungen erhoben, die derzeit in den zuständigen Gremien der Union erörtert wer­den.

Für die Union führte gemäß Verhandlungsmandat des Rates vom 4. Juni 2010 die Europäische Kommission die Verhandlungen mit dem CDDH-EU. Österreich war als Mitglied der Europäischen Union im Rahmen der Ratsarbeitsgruppe Grundrechte, Bür­gerrechte und Freizügigkeit (als Sonderausschuss im Sinne des Art. 218 Abs. 4 AEUV) begleitend in die Verhandlungen eingebunden.

Auf Ebene des Europarats nimmt Österreich als Vertragspartei der EMRK im Minis­terkomitee an den Verhandlungen teil; der aus nationalen Experten aller Mitgliedstaa­ten bestehende CDDH unterstützt das Ministerkomitee in legistischer Hinsicht.

Das Abkommen soll die Anpassungen der EMRK vornehmen, die mit Blick darauf er­forderlich sind, dass mit der Union erstmals eine internationale Organisation Vertrags­partei wird. Darüber hinaus sollen die im Protokoll Nr. 8 zu Art. 6 Abs. 2 EUV vorge­gebenen Bedingungen für den Beitritt umgesetzt werden, u.a. mittels eines so genann­ten Ko-Verteidigungs-Mechanismus, der es der Union und den Mitgliedstaaten ermögli­chen soll, Verfahren gegen den jeweiligen anderen beizutreten, bzw. einer Vorabbefas­sung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wenn dieser noch keine Gelegenheit hatte, über die Grundrechtskonformität der umstrittenen unionsrechtlichen Bestimmun­gen zu befinden.

Die finanzielle Beteiligung der Europäischen Union aus dem EU-Budget wird nach ei­nem in Art. 8 des Entwurfs der Übereinkunft angegebenen Schlüssel berechnet und wird voraussichtlich 9,3 Millionen Euro jährlich betragen.

Das Abkommen wird gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter haben und daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat bedürfen. Der Verfassungsrang der EMRK wird dabei entsprechend zu berücksichtigen sein.

Der Nationalrat und der Bundesrat werden gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG von der Auf­nahme der Verhandlungen unverzüglich unterrichtet werden.

Im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler stelle ich den

Antrag,

die Bundesregierung wolle dem Herrn Bundespräsidenten vorschlagen, Botschafter Dr. Thomas Hajnoczi zur Leitung der Verhandlungen über eine Übereinkunft über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Men­schenrechte und Grundfreiheiten zu bevollmächtigen.

Wien, am 22. Februar 2012

SPINDELEGGER m.p.“

*****


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 8

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundes­regierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:

„BUNDESKANZLERAMT : ÖSTERREICH

Mag. Stephan Leitner

MINISTERRATSDIENST                                                     Geschäftszahl: 350.200/0023-I/4/12

An den                                                                                                                                   Abteilungsmail:

Präsidenten des Bundesrates                                            Sachbearbeiterin: Gabriele Munsch

                                                                                              Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at

Parlament                                                                                                          Telefon: 01/531 15/2264

1017 Wien                                                                                                                 Datum: 1. März 2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.lng. Nikolaus BERLA­KOVICH am 19. und 20. März 2012 in Brüssel bzw. innerhalb des Zeitraumes vom 28. bis 30. März 2012 in Paris aufhalten wird. Seine Angelegenheiten im Nationalrat ge­mäß Art. 73 Abs. 3 B-VG lässt er am 28. (abends) und am 29. März 2012 durch Bun­desministerin Mag. Johanna MIKL-LEITNER wahrnehmen.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

„BUNDESKANZLERAMT : ÖSTERREICH

Mag. Stephan Leitner

MINISTERRATSDIENST                                                     Geschäftszahl: 350.200/0034-I/4/12

An den                                                                                                                                   Abteilungsmail:

Präsidenten des Bundesrates                                            Sachbearbeiterin: Gabriele Munsch

                                                                                              Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at

Parlament                                                                                                          Telefon: 01/531 15/2264

1017 Wien                                                                                                              Datum: 22. März 2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundesministe­rin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia SCHMIED innerhalb des Zeitraumes vom 30. März bis 6. April 2012 in Italien aufhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

„BUNDESKANZLERAMT : ÖSTERREICH

Mag. Stephan Leitner

MINISTERRATSDIENST                                                     Geschäftszahl: 350.200/0037-I/4/12

An den                                                                                                                                   Abteilungsmail:

Präsidenten des Bundesrates                                            Sachbearbeiterin: Gabriele Munsch

                                                                                              Pers. eMail: gabriele.munsch@bka.gv.at

Parlament                                                                                                          Telefon: 01/531 15/2264

1017 Wien                                                                                                              Datum: 27. März 2012


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 9

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramtes teilt mit, dass sich die Bundes-minis­terin für Finanzen Dr. Maria FEKTER innerhalb des Zeitraumes vom 29. bis 31. März 2012 in Kopenhagen bzw. innerhalb des Zeitraumes vom 22. bis 24. April 2012 in London aufhalten wird. Ihre Angelegenheiten im Nationalrat gemäß Art. 73 Abs. 3 B-VG lässt sie am 29. März 2012 durch Staatssekretär Mag. Andreas SCHIEDER wahr­nehmen.

Mit freundlichen Grüßen“

*****

Beschluss des Nationalrates, der gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegt:

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 ge­ändert werden und das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 erlassen wird (1681 und 1709/NR der Beilagen)

*****

 


Präsident Gregor Hammerl: Meine Damen und Herren! Eingelangt sind das 1. Stabili­tätsgesetz 2012 und das 2. Stabilitätsgesetz 2012, die beide heute dem Finanzaus­schuss zur Vorberatung zugewiesen wurden und in der heutigen Sitzung jeweils einen Tagesordnungspunkt bilden.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Gregor Hammerl: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stün­digen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte Abstand zu nehmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Abstandnah­me von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte einver­standen sind, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Der Vorschlag ist somit mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesra­tes erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

*****

Eingelangt sind und dem zuständigen Finanzausschuss zugewiesen wurden jene Be­schlüsse des Nationalrates, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Der Ausschuss hat seine Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussbe­richte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Gregor Hammerl: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 unter einem zu ver­handeln.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 10

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir werden daher so vorgehen.

13.04.401. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Publizistikförderungsgesetz 1984, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Grunder­werbsteuergesetz 1987, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Bewertungsgesetz 1955, die Bundesabga­benordnung, das Bundesgesetz über eine Abgabe von land- und forstwirtschaft­lichen Betrieben, das Stabilitätsabgabegesetz, das Bausparkassengesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden (1. Stabilitätsgesetz 2012 – 1. StabG 2012) (1680 d.B. und 1707 d.B. sowie 8685/BR d.B. und 8687/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986, das Konsulargebührengesetz 1992, das Stellenbesetzungsgesetz, das Aktiengesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Arbeits- und So­zialgerichtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Bundespensionsamtsübertragungs-Gesetz, das Bundeshaushaltsgesetz 2013, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassenge­setz, das Zahlungsdienstegesetz, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglome­rategesetz, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das In­vestmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Pensions­kassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Waffengesetz 1996, das Bundeskriminalamt-Gesetz, das Wachebediensteten-Hil­feleistungsgesetz, das Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz, das Bundesim­mobiliengesetz, das Schönbrunner Schloßgesetz, das Marchfeldschlösser-Ge­setz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ver­tragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstge­setz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheater­pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundesbahngesetz, das Bezügegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche So­zialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über einen Kassenstrukturfonds für die Gebietskrankenkassen, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeitsruhegesetz, das Mutterschutzge­setz 1979, das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz, das Arbeitszeit­gesetz, das Bauarbeitenkoordinationsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Ab­fertigungsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Chemikaliengesetz 1996, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Eisen­bahngesetz 1957, das Wasserstraßengesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Con­tainersicherheitsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, die Gewerbeord­nung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Einführungsgesetz zu den Verwal-


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tungsverfahrensgesetzen 2008, das Strahlenschutzgesetz, das Universitätsge­setz 2002, das Umweltkontrollgesetz und das Umweltförderungsgesetz geändert werden, ein IKT-Konsolidierungsgesetz und ein Bundesgesetz über die Veräuße­rung von beweglichem Bundesvermögen erlassen werden und das Bundesge­setz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion, die Gerichtstagsverordnung sowie zwei Verordnungen betreffend die Dienstzeit bestimmter Bedienstetengruppen aufgehoben werden (2. Stabilitätsgesetz 2012 – 2. StabG 2012) (1685 d.B. und 1708 d.B. sowie 8686/BR d.B. und 8688/BR d.B.)

 


Präsident Gregor Hammerl: Wir gehen in die Tagesordnung ein und kommen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Davor darf ich herzlich unsere Herren Staatssekretäre Dr. Ostermayer und Mag. Schie­der bei uns hier im Bundesrat begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatter zu den Punkten 1 und 2 ist Herr Bundesrat Lampel. Ich bitte um die Berichterstattung.

 


13.05.27

Berichterstatter Michael Lampel: Sehr geschätzter Herr Präsident! Werte Staatsse­kretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erstatte den Bericht des Finanzaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend das 1. Stabilitätsgesetz 2012.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am heutigen Tag mit Stimmen­mehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich erstatte ferner den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 28. März 2012 betreffend das 2. Stabilitätsgesetz 2012.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher sogleich zur An­tragstellung:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am heutigen Tag mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Gregor Hammerl: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


13.06.47

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Ich freue mich, dass die Übertragung durch ORF III heute doch möglich ist, denn das war nicht ganz so sicher. Ich halte es aber für selbstverständlich, dass auch die Bundesratssitzung zu dem Finanzpaket, dem Spar- und Belastungspaket übertragen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, Ihr Kollege von der SPÖ, Landeshauptmann Voves, hat in der letzten Sitzung im Februar, als er hier bei uns war und als Landeshauptmann gesprochen hat, gesagt: Europa hat 8 Billionen € Schulden, davon sind 1,5 Billionen der Finanz- und Wirtschaftskrise zuzuordnen, der Rest ist hausgemacht.

Das heißt, heruntergebrochen auf Österreich ist der überwiegende Teil hausgemacht, und Sie wissen das nicht erst seit gestern. Es ist nichts Neues, dass gespart werden


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muss, aber die Regierung hat sich sehr lange Zeit gelassen, hat monatelang herumge­feilscht, bis irgendein Kompromiss zustande gekommen ist, und hat dann ein Paket zu­sammengezimmert, das diesen Namen überhaupt nicht verdient. (Zwischenrufe der Bun­desräte Mayer und Perhab.)

Und dann musste es ganz schnell gehen – ganz schnell durch den Nationalrat, noch schneller durch den Bundesrat. Wir haben einen Tag Zeit gehabt, dieses Paket inhalt­lich zu prüfen, und da nützt es uns wenig, dass das erste Mal die Gelegenheit ge­geben wurde, auch die Bundesräte bei einem Expertenhearing einzuladen und teil­nehmen zu lassen. Das ist wirklich nur ein kleiner Fleck auf der Landkarte. Da konnte man die Erkenntnisse nicht gewinnen, was dieses Spar- und Belastungspaket tatsäch­lich – auch an Grauslichkeiten – beinhaltet. (Beifall bei FPÖ und Grünen. Bundesrat Mag. Klug: Sie waren ja gar nicht da!)

Selbst der Bundespräsident hat in einer seltsamen Anwandlung von Mut gesagt, dass er zu wenig Zeit hat, um dieses Gesetz zu prüfen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mag. Neuwirth.) Und der Bundespräsident muss dieses Gesetz ja nicht einmal inhalt­lich prüfen, er muss ja nur prüfen, ob dieses Gesetz verfassungsgemäß zustande ge­kommen ist. Wir sollen aber inhaltlich darüber befinden, und dafür haben Sie uns dann großzügigerweise noch einen Tag Zeit gegeben, denn der ursprüngliche Fahrplan war ja gleich der nächste Tag. (Bundesrat Mag. Klug: Wir haben sofort reagiert!)

Also kann man sich fragen und kann darüber nachdenken, was man damit eigentlich verschleiern möchte. Das hat ja System in dieser Regierung. Wir erinnern uns an das letzte Budget, das verschoben worden ist. Warum? – weil Landtagswahlen waren und man nicht wollte, dass da vielleicht für SPÖ oder ÖVP irgendetwas überschwappen könnte beim Budget, was Ihre Mandatszahl mindern könnte.

Das hat Ihnen alles nichts genützt, Sie haben sowieso überall verloren. Sie hätten es also ruhig verfassungskonform – denn das, was Sie gemacht haben, war ja klar verfas­sungswidrig – beschließen können. Das heißt, bei Ihnen hat das System.

Und damit das Paket, mit dem Sie den Leuten jetzt etwas aus der Tasche ziehen, gleich in Kraft treten kann, herrscht jetzt diese Eile. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. KIug.) Das tritt nämlich schon am 1. April in Kraft, bei allem anderen heißt es ja: Bitte warten! Also bei allen Maßnahmen, wo es darum geht, zurückzufahren, sind Sie ja nicht so schnell unterwegs. Daher frage ich mich die ganze Zeit, von welchem Re­formpaket Sie eigentlich reden.

Überhaupt sind Sie ja in Zugzwang gekommen oder haben sich einmal überlegt, dass man etwas tun müsste, nachdem das Triple A verloren war. Vorher hat ja die Regie­rung überhaupt keine Notwendigkeit gesehen, irgendwo einzusparen, da war ja nicht einmal ein Gedanke da. Aber nach dem Verlust des Triple A war natürlich Feuer am Dach und haben selbst Sie eingesehen, dass da jetzt irgendwann einmal etwas pas­sieren muss. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Also: Was für eine Regierung ist das, die nicht erkennt  ohne dass von außen der Impuls kommt , dass gespart werden muss? Denn wenn ich zurückgehe zu Voves, der sagt, dass der überwiegende Teil hausgemacht ist, hätte die Regierung schon viel früher sagen müssen: Wir müssen da einsparen, wir geben einfach zu viel Geld aus!

Und dann hat sich im Nationalrat Ihr Kollege von der ÖVP, Herr Auer, auch noch auf die Schulter geklopft und gesagt: Wir haben ja eh über Weihnachten verhandelt, also während der Feiertage, wo alle Welt Ferien hat, haben wir und unsere Experten ver­handelt!  Na, toll! Am Abend wird der Faule fleißig, nicht?! Und wenn man vorher nichts gemacht hat, dann muss man eben auch über die Weihnachtsfeiertage verhan­deln. Das halte ich für selbstverständlich und nicht für besonders erwähnenswert. (Bei­fall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 13

Ein Drittel dieses Belastungspaketes soll ja durch Steuereinnahmen hereingebracht werden. Komischerweise hat es bei der Schuldenbremse im November noch gehei­ßen – zumindest von ÖVP-Seite –, dass mehr Steuereinnahmen überhaupt nicht nötig seien, da es ja genügend Sparpotentiale gebe, und zwar Sparpotentiale bei den Pen­sionen, im Gesundheitsbereich und bei der Förderquote. Das seien genug Sparpoten­tiale und daher müsse bei den Steuern überhaupt nicht an der Schraube gedreht wer­den.

Was ist jetzt die Tatsache?  Die Tatsache ist, dass natürlich die Menschen wieder Einbußen hinnehmen müssen. Das ist zum Beispiel die Halbierung der Bausparprämie. Ich weiß, Sie sagen dann sehr salopp: Ja, das sind ja nur 18 € im Jahr, was regt Ihr euch darüber auf? (Bundesrat Mag. Himmer: Aber Sparen ohne sparen !) Aber die Bausparprämie war schon für viele Menschen auch ein Anreiz zu sparen, und wir wissen, dass das nicht immer selbstverständlich ist. (Zwischenrufe der Bundesräte Mayer und Perhab.)

Sie haben den Zuschuss für die Zukunftsvorsorge ebenfalls halbiert. Wir brauchen uns gar nicht mit der Bausparprämie aufzuhalten. Auch das ist eigentlich ein Wahnsinn. Und der Gewinnfreibetrag für die Unternehmer sinkt. Also bei den Unternehmern – wo es ja in Österreich ohnehin nicht so selbstverständlich ist, dass die Leute in die Selb­ständigkeit gehen wollen – nehmen Sie auch in Kauf, dass der Gewinnfreibetrag sinkt. (Staatssekretär Mag. Schieder: Ab welcher Höhe? Sagen Sie das dazu!)  Der sinkt unterschiedlich, also nicht alles auf einmal. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Der öffentliche Dienst muss mit 2,5 Milliarden € auch dazu beitragen, wo man jetzt nicht generell etwas dagegen haben kann, aber beim öffentlichen Dienst wird halt auch allzu gerne nach der Rasenmähermethode drübergefahren und nicht geschaut, wo es wirklich nötig ist und wo man das braucht.

Und wo sind wir jetzt bei den Einsparungen?  Das kommt ja erst später und muss erst mit den Ländern ausverhandelt werden. Wir sind alle gelernte Österreicher, wir wissen ganz genau, was es heißt, wenn mit den Ländern irgendetwas ausverhandelt werden muss. Die Länder leisten meistens hinreichenden Widerstand und sagen: Nein, das geht alles so nicht und nicht in dem Umfang! Und daher kommt dann am Ende nie das heraus, was am Anfang geplant war.

Bei der Gesundheitsreform wird es besonders interessant werden, wir wissen das jetzt schon. Wir haben ja über die Landesgrenzen hinweg Schwerpunktspitäler, die ja blei­ben werden. Da gibt es zum Beispiel zwei Schwerpunktspitäler in unmittelbarer Nähe zueinander, und zwar nur deswegen, weil eine Landesgrenze dazwischen ist, nicht deshalb, weil man sie unbedingt braucht.

Auch bei den Förderungen und bei der Zusammenlegung der Bezirksgerichte zeigt sich ja jetzt schon aus den Ländern wieder Widerstand. Also was da herauskommen soll, steht ja alles noch in den Sternen. Sie können also nicht behaupten, dass Sie wissen, was da wirklich herauskommt. Aber es kann sich ja – in altbewährter Manier, wie es zwischen Bund und Ländern so üblich ist –, wenn es dann doch nicht so klappt, jeweils die eine Seite auf die andere ausreden. Der Bund kann sagen: Die Länder wollten nicht! Die Länder werden wieder sagen: Der Bund hat zu viel verlangt! Dieses Spiel wird fortgesetzt werden, und da kann man nicht mehr von einem Sparpaket re­den, da es eine Minivariante werden wird.

Dann kommt die nächste Hoffnung: die Finanztransaktionssteuer. – Ja, wir hoffen alle, dass sie wenigstens in einer anderen Form kommt. Tatsache ist aber, dass keiner weiß, ob sie kommt und wie sie kommt. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Schäuble, der deutsche Finanzminister, hat sie ja eigentlich schon für tot erklärt. Wa­rum?  Weil ja sehr viele EU-Länder überhaupt nicht mitmachen wollen! Die sagen: Wir wollen diese Finanztransaktionssteuer nicht! Zum Beispiel Großbritannien, dort hat


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gleich einmal abgewunken und hat gesagt: Die brauchen wir nicht! – Das heißt, diese 1,5 Milliarden €, die Sie sich daraus erhoffen, stehen auch in den Sternen. (Bundesrat Mag. Klug: Sie hätten heute in den Finanzausschuss gehen sollen!)

Sie hoffen, dass es kommt, aber wissen Sie, was der Josef Urschitz in der „Presse“ da­rüber gesagt hat?  Er hat das „gelebte Realitätsverweigerung“ genannt. Und das ist es auch! Das leben Sie sehr oft: Realitätsverweigerung! Das haben wir schon oft zu se­hen und auch zu spüren bekommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesrat Mag. Klug: Finanzausschuss!)

Das Nächste ist das Steuerabkommen mit der Schweiz. 1 Milliarde € erhoffen Sie sich dadurch. Es gibt aber überhaupt noch keine Verhandlungen, es gibt bestenfalls Vor­gespräche – bestenfalls Vorgespräche! (Zwischenrufe der Bundesräte Mayer und Mag. Klug.) Und die Schweiz hat es Ihnen ja schon ausgerichtet, hat gesagt: Bevor das mit Deutschland nicht geklärt ist, gibt es das für Österreich überhaupt nicht! – Also woher wollen Sie wissen, dass Sie diese 1 Milliarde € auch tatsächlich bekommen!

Auch dazu darf ich die „Presse“ zitieren, denn es ist ja immer interessant, was die Me­dien dann darüber schreiben. Die „Presse“ schreibt: „Beim Steuersünderabkommen“  und darum geht es ja: um die Steuersünder!  „mit der Schweiz sind Dilettanten am Werk“. Also auch die „Presse“ bezeichnet Sie als „Dilettanten“ und sagt weiter: „Die heimischen Steuersünder, die angeblich 20 Milliarden in der Schweiz bunkern, haben nämlich viel Zeit, ihre Dispositionen zu treffen.“

Das heißt, was Sie dann am Ende des Tages, wenn alles so klappt, wie Sie es sich vorstellen, tatsächlich bekommen, weiß niemand. Sie wissen es nicht, wir wissen es natürlich noch viel weniger. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Und wenn sich die Hoffnungen in Luft auflösen, was wird dann passieren? Irgendwoher muss ja das Geld kommen, das Ihnen da entgeht! Das heißt, der Steuerzahler wird ein­mal mehr dafür geradestehen müssen, wie er das ja immer machen muss, wenn etwas nicht klappt. Und das ist ja nicht gerade wenig, wovon wir jetzt hier reden: Wir haben die Finanztransaktionssteuer und das Steuersünderabkommen, gemeinsam sind es schon 2,5 Milliarden €. 2,5 Milliarden € sind ja jetzt keine Kleinigkeit.

Die Sparbeiträge der Länder sind noch einmal mit 2,5 Milliarden € beziffert. Bei der Ge­sundheit sollen 1,4 Milliarden € eingespart werden. Nur ist völlig offen, auch mit 98 Ge­setzen ist es völlig offen, wie das gehen soll. (Bundesrat Mag. Klug: Weil Sie nicht im Hearing waren, wissen Sie das nicht!) Wie Sie mit diesem „Luftpaket“, das hier ge­schnürt worden ist, bis 2016 ein ausgeglichenes Budget erhalten wollen und wie Sie bis 2020 die Maastricht-Kriterien von 60 Prozent erreichen wollen, das müssen Sie erst einmal erklären, wie Sie das bewerkstelligen wollen! – Nach diesem Plan wird es nicht gelingen!

Und da haben wir ja noch nicht einmal darüber geredet, dass wir jetzt im Rahmen des Fiskalpakts noch einmal 2,5 Milliarden Bares in die Hand nehmen müssen, was den EMS betrifft! Da muss gezahlt werden, unabhängig von den Haftungen, die ja auch noch dahinterstehen, die ja noch einmal 22 Milliarden ausmachen. Da hoffen Sie – und ehrlich gesagt: Wir auch! –, dass die nie schlagend werden. Aber so, wie sich derzeit in Europa die Finanzkrise und die Wirtschaftskrise auswirken, weiß man nicht, wie viel und ob etwas davon schlagend werden wird. Das heißt also, dafür, dass Sie auf Hoff­nungen aufbauen, ist schon ganz schön viel auf der anderen Seite, was hergenommen werden muss.

Das Paket – und das ist ja auch im Nationalrat ganz offen gesagt worden – bedeutet auch, dass es Arbeitsplätze kostet, Arbeitsplätze, die nicht geschaffen werden können. Ihre Kollegen haben das mit rund 10 000 Arbeitsplätzen beziffert. (Bundesrat Mag. Klug: Die Experten!) Da kann man auch nicht sagen: Ja, wir sind eigentlich eh gut bei der Ar-


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beitslosenquote, die Beschäftigung bei uns ist ganz gut (Bundesrat Mag. Klug: Sind wir das nicht? – weitere Zwischenrufe), die Jugendarbeitslosigkeit ist bei uns beson­ders niedrig, und da sind wir besonders gut!

Das möchte ich gar nicht verhehlen: Bei der Jugendarbeitslosigkeit sind wir wirklich gut unterwegs. (Bundesrat Mag. Klug: Nein, überall! Finanzausschuss!) Da muss man auch schauen, dass das so bleibt. Aber wenn Sie ein Paket machen, das verhindert, dass 10 000 Arbeitsplätze geschaffen werden, dann finde ich das einfach nicht in Ord­nung, denn da kann man nicht mit dem Argument kommen: Wir haben eine niedrige Arbeitslosenquote!

Sie müssen einfach daran denken, dass jeder Arbeitslose einer zu viel ist! Das sind Menschen, die keinen Job haben, die vielleicht auch keine Aussicht haben, einen Job zu bekommen. Das ist für diejenigen fatal, denn es gibt – und das wissen wir alle – nichts Schlimmeres als diese Hoffnungslosigkeit, sein Leben wirklich gestalten zu kön­nen, ohne von irgendjemandem abhängig zu sein, ob man dann die Notstandshilfe noch bekommt, in welcher Höhe et cetera, et cetera. Das ist eigentlich wirklich äußerst bedauerlich!

Zum Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst: Wie ich am Anfang schon gesagt habe, ist nicht grundsätzlich etwas dagegen einzuwenden. Aber ich habe es in den letzten Jahren immer wieder gesehen: Sie fahren sehr gerne mit dem Rasenmäher drüber und sagen, insgesamt müssen x Beamte eingespart werden, und es wird kaum geschaut, wo. (Bundesrat Mag. Klug: Da aber nicht!) Sie nehmen die Exekutive aus, das habe ich sehr wohl positiv registriert. (Bundesrat Mag. Klug: Ah!) Sie nehmen die Lehrer aus, das habe ich auch positiv registriert.

Aber bei allen anderen ist es nicht so, dass es nicht Bereiche gäbe, wo jetzt schon Mangel herrscht. Vor allem im Bereich der Justiz! Die Frau Justizministerin hat das ja schon öfter beklagt. Sie begründet es unter anderem auch damit, dass Verfahren län­ger dauern, weil es einen Personalmangel gibt. Daher muss man, wenn man beim Ein­sparen Ja sagt, auch schauen, wo man das macht.

Dies ist daher aus unserer Sicht ein unausgewogenes und auch unambitioniertes Spar- und Belastungspaket, das zu einem Drittel – und das haben Ihnen alle Experten be­scheinigt – auf Hoffnungen und Vermutungen fußt. Mutige Schritte sind nicht gesetzt worden. Sie hätten jetzt die Möglichkeit dazu gehabt, vor allem dann, wenn man sagt: Es ist jetzt wirklich wichtig, zu sparen, weil wir das Triple A wieder zurückhaben wol­len!, da muss man sich besonders in die Riemen legen. – Das alles vermisse ich!

Wo ist der mutige Schritt zu einer Verwaltungsreform? – Sagen Sie jetzt bitte nicht, die Zusammenlegung der Bezirksgerichte sei der mutige Schritt der Verwaltungsreform! (Bundesrat Boden: Was würden Sie denn dann heute kritisieren? Dann hätten Sie ja heute nichts mehr zu kritisieren! – Weitere Zwischenrufe.)

Wo ist der mutige Schritt im Schulbereich? Wo ist eigentlich Ihr Anspruch, eine Ebene einzusparen, zum Beispiel bei den Bezirksschulräten? – Das haben wir ja bis heute nicht!

Wo sind die mutigen Schritte im Gesundheitsbereich, aber in einer Art und Weise, dass nicht in einer Zwei-Klassen-Medizin – die es übrigens in vielen Bereichen schon gibt, auch wenn das immer wieder geleugnet wird – der Patient der Leidtragende ist (Bun­desrat Mag. Klug: Steht das jetzt auch im Stabilitätspaket drin?), man aber trotzdem einsparen kann? – Sie kennen ja die Potenziale, Sie wissen, wo Sie es machen kön­nen. Das hoffe ich jedenfalls, weil ich hoffe, dass die Regierung wenigstens irgendei­nen Plan hat.

Aber Sie trauen sich offensichtlich nicht drüber, weil das ja immer nur in Verhandlung mit den Landeshauptleuten zu machen ist. Diese haben aber ihre Landeshauptleute-


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konferenz, ein außerparlamentarisches Gremium (Bundesrat Schreuder: Außerhalb der Verfassung!) mit keinerlei Verfassungsberechtigung, wollte ich gerade sagen – aber danke für den Hinweis, Kollege Schreuder! –, also mit keinerlei Verfassungslegiti­mität. Die sagen Ihnen immer, wo es langgeht, und brav wie die Hündchen folgen Sie dem auch und machen alles, was die Ihnen mit auf den Weg geben.

Nullpensionsrunden sind vorgesehen – sehr gut, die Pensionisten, vor allem diejeni­gen, die weniger haben, werden sich sicher sehr freuen! (Bundesrat Mag. Klug: Das war unter eurer Zeit so! Das war bei euch so!) Aber die Pensionen der Alt-Politiker an­zugreifen, haben Sie sich wieder nicht getraut! Es wäre nicht das erste Mal, dass man in ein Pensionsrecht rückwirkend eingreift. (Bundesrat Todt: Keine Nullpensionsrun­den! Keine!) Aber auch da hat Sie offensichtlich wieder einmal der Mut verlassen. Damit bleiben die unangetastet und müssen keinen Beitrag leisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben das in den letzten Tagen immer als das größte Reformpaket aller Zeiten be­zeichnet. Das ist ein Begriff, den Sie so vor sich hertragen, dass man den Eindruck hat, Sie müssen sich das dauernd vorsagen, damit Sie es auch wirklich glauben! Das ist so, wie wenn Hänschen durch den Wald geht und laut pfeift, um zu zeigen, dass er oh­nehin keine Angst hat. So ähnlich machen Sie das mit der Bezeichnung „Das größte Reformpaket aller Zeiten“!

Aber dieses „größte Reformpaket aller Zeiten“ haben Sie – ich sage es noch einmal – mit Windeseile durch das Parlament gepeitscht; offensichtlich, damit man nicht zu ge­nau hinter diese 98 Gesetze blicken kann. Dass der Nationalrat gerade eine Woche Zeit hatte, der Bundesrat einen Tag, dazu sage ich jetzt hier: Das ist eine Frechheit, das ist im höchsten Maße undemokratisch! (Beifall bei der FPÖ.) Es ist auch eine Verhöhnung des Parlaments, weil es signalisiert, dass Sie überhaupt nicht wollen, dass die Parlamentarier da mitreden. Sie machen sich das großkoalitionär aus – noch kann man Sie „große Koalition“ nennen, auch das wird sich ändern –, und es genügt Ihnen, wenn Sie das machen.

Dazu schreibt auch – das noch zum Drüberstreuen – der „Standard“ von heute. Es geht ja auch darum, dass Sie in Ihre Abänderungsanträge nach der Unterschriftsleis­tung noch ein paar handschriftliche Anmerkungen oder Änderungen hineingeschrieben haben, was nach unserer Auffassung nicht verfassungskonform ist. Aber darüber wird man sich noch unterhalten, das haben wir zur Sprache gebracht. Es hat natürlich auch wieder einige Änderungen gegeben, weil ja nicht alles immer so ist, womit noch einmal dokumentiert ist, dass die Zahlen, die Sie hoffen, ins Budget gespielt zu bekommen, noch einmal sinken werden, weil allein, wie der „Standard“ schreibt (Bundesrat Mag. Klug: Ach, der „Standard“?! Budget-Hearing!), die Abmilderungen beim verlängerten Dienst­plan der Soldaten – wir gönnen das den Soldaten, aber trotzdem! – auch etwas aus­machen werden. – Faktum ist: Es wird nur noch die Hälfte der prognostizierten Einnah­men geben. (Bundesrat Mag. Klug: Nicht „Standard“! Budget-Hearing! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es gibt auch Abstriche zeitlicher Natur, wie der „Standard“ schreibt, bei der Ein­schränkung des Vorsteuerabzuges bei den Bauten. Dieser ist auf Wunsch der Gemein­den vom 1. April auf den 1. September verschoben worden. Da hätten wir schon ein­mal ein Beispiel für das, was ich anfangs gesagt habe: Dort, wo die Verhandlungen mit den Ländern noch ausstehen, wird es sehr fraglich sein, ob das, was hier angenom­men wird oder worauf gehofft wird, auch tatsächlich kommt. (Bundesrat Mag. Klug: Bei euch ist alles fraglich!)

Wir sind erfahren genug als Österreicher, aber auch als Parlamentarier: Wir wissen, dass alle diese Ankündigungen bisher in den wenigsten Fällen gehalten haben. Für ein


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solches Spar- und Belastungspaket, sage ich Ihnen, werden Sie unsere Stimmen nicht bekommen! (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

13.27


Präsident Gregor Hammerl: Ein herzliches Grüß Gott, Frau Innenminister Mikl-Leitner und Herr Sozialminister Hundstorfer! Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


13.27.28

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen von der Regierung! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Wenn wir die Stimmen der Freiheitlichen zu dem Paket nicht krie­gen, ist das wirklich bitter. (Bundesrat Jenewein: Sonst kriegt ihr auch keine Stimmen mehr!) Aber erlauben Sie mir, dass ich zur Geschäftsordnung einen Kommentar abge­be, zumindest für die sozialdemokratische Fraktion.

Dass das Stabilitätspaket 2012 bis 2016 durch das Parlament gepeitscht wird oder durch den Bundesrat gepeitscht wird, undemokratisch, und nur einen Tag Zeit zur in­haltlichen Bearbeitung überlässt, weise ich auf das Entschiedenste zurück! (Bundesrat Pirolt: Jede einzelne Stimme ...!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 23.2. hat es die erste Sondersitzung zu diesem Thema gegeben. Frau Kollegin Mühlwerth, ersparen Sie mir bitte, zu sagen, wer bis dorthin auf Urlaub war! Das wird unangenehm, aber nicht für uns. (Bundesrat Jenewein: Für euch werden die nächsten Wahlen unange­nehm! – Weitere Zwischenrufe.)

Am 8. März hat es die nächste Sitzung gegeben. Wir hatten bei uns am 5. März – am 5. März, Kolleginnen und Kollegen! – eine Sonderpräsidiale zur Abarbeitung des Stabi­litätspaketes, unter Anwesenheit eines Vertreters der Freiheitlichen. Ich habe für beide Regierungsfraktionen zur Behandlung der parlamentarischen Arbeit sowohl einen in­haltlichen als auch einen Zeitplan vorgelegt, und wir kamen in dieser Sonderpräsidiale zu einem einstimmigen Beschluss. (Ruf bei der ÖVP: Hört, hört!) Ich betone: Zu ei­nem einstimmigen Beschluss!

An sich tue ich das nicht, dass ich einzelne Stellungnahmen aus der Präsidiale auch ins Plenum trage, aber in diesem Zusammenhang schon. Der Vertreter der Freiheitli­chen in der Sonderpräsidiale hat gesagt: Ein sehr guter Vorschlag! (Ruf bei der FPÖ: Zur Geschäftsordnung, Herr Kollege!) Ein sehr guter Vorschlag für die parlamentari­sche Behandlung! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu guter Letzt haben wir jetzt auch noch einen weite­ren Tag später die Plenarsitzung gemacht. Insofern ist das aus meiner Sicht zum The­ma: Nichts durchpeitschen! Nichts undemokratisch! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sau­bere parlamentarische Beratung im Bundesrat! (Bundesrat Jenewein: Was ist denn das für eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung?)

13.29


Präsident Gregor Hammerl: Bitte um inhaltliche Worte! (Bundesrat Mag. Klug ver­lässt das Rednerpult. – Beifall bei SPÖ und ÖVP für den das Rednerpult verlassenden Bundesrat Mag. Klug.) – Danke, Herr Bundesrat.

Wir gehen in der Debatte weiter. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte.

 


13.30.19

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Minister! Geschätzte Staatssekretäre! Wenn man sich die Rede von Frau Kollegin Mühlwerth von der Freiheitlichen Partei aufmerksam zu


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Gemüte geführt hat – und ich habe versucht, diesen Worten auch zu folgen, mit großer Aufmerksamkeit –, dann glaubt man: Man ist in einem undemokratischen Bananen­staat! Irgendwo, wo vorwiegend Ungelernte und Dilettanten am Werk sind, die nicht wissen, was sie wollen und was sie beschließen, und die die die Bevölkerung im Un­klaren darüber lassen, wie die Geschicke des Staates weitergehen.

Schauen Sie, Frau Kollegin, ich möchte zuerst einmal anerkennen, dass Sie sich posi­tiv über die Jugendbeschäftigung geäußert haben. Das finde ich ganz wichtig, und ich halte das auch fest. So, wie Sie das festgehalten haben, hätten Sie auch noch andere positive Dinge erwähnen können. Wir leben nämlich in einem ganz tollen Staat! Wir ha­ben die höchste Beschäftigung von den meisten europäischen Staaten. Wir haben eine tolle Konjunktur. Die Auftragsbücher der meisten Betriebe sind randvoll! Wir haben eine gute Aussicht für die wirtschaftliche Entwicklung der Zukunft. Ja wir haben sogar das Problem des Facharbeiterinnen- und Facharbeitermangels, weil die Auftragsbü­cher sehr voll sind!

Ich weiß schon, das ist in erster Linie das große Verdienst der Unternehmerinnen und Unternehmer und der in diesen Betrieben tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Arbeit leisten. Das ist auch – wenn ich auf die Jugendbeschäftigung zu sprechen komme – ein klarer Ausfluss und eine Konsequenz unseres Systems der dualen Ju­gendausbildung und ‑beschäftigung. In allen Ländern Europas – und ich bin auch in meiner Zeit als Präsident des Bundesrates in viele Länder gekommen – beneidet man uns um dieses Ausbildungssystem! Es ist sehr praxisnahe. Sie haben gestern wieder im Fernsehen gesehen, wie es in Spanien ausschaut: Dort gibt es eine Jugendarbeits­losigkeit von 48 Prozent. – Bitte, das kommt doch von irgendwo her! Das ist eine Leis­tung der Unternehmerinnen und Unternehmer, der Mitarbeiter/innen, aber auch der po­litischen Arbeit in dieser Republik! Das soll man in aller Bescheidenheit auch einmal sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Frau Kollegin, Sie haben gesagt: Schnell, schnell muss das alles gehen. – Ja, genauso schnell, wie die Wirtschaftskrise hereingebrochen ist, müssen wir auch handeln, und diese Regierung ist handlungsfähig! (Bundesrat Jenewein: Das ist ja erst vier Jahre her!) Ja, das war die erste, und dann hat es wieder einen Crash gegeben. Die Regie­rung war immer auf Spannung und war immer gefordert, und das, was herausgekom­men ist, kann sich sehen lassen.

Wenn Sie sagen, das geht zu schnell, Frau Kollegin Mühlwerth, dann muss ich sagen: Die Leute sind schon viel weiter! Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat eine Umfrage gemacht. 66 Prozent sprechen sich für ordentliche Reformen aus und haben gesagt: Macht doch diese Reformen!

Dass man nicht alle befriedigen kann, ist mir völlig klar. Es wird nicht ein Paket geben, das alle in Zufriedenheit frohlocken und auf der Straße tanzen lässt. Das wird nicht so sein. Aber diese Regierung tut etwas, wir steuern dagegen! Wir haben natürlich enor­me Ausgaben gehabt aufgrund der Konjunkturpakete in den vergangenen Monaten und im vergangenen Jahr, das hat natürlich einen Preis. Jetzt geht es darum, die Spiel­räume für den Staat wiederherzustellen, damit dieser Staat auf gesunden Beinen steht und sich wieder rühren kann. (Bundesrat Jenewein: Dann sollte die Regierung zurück­treten!)

Zur Schnelligkeit noch ein Wort: Sie werden doch nicht glauben, dass wir, wenn wir nicht in einer Bundesratssitzung sind, nur Daumen drehen. Alle – und da meine ich die Mitglieder aller Fraktionen hier –, alle sind verankert in den Landtagsklubs, wo es darum geht, die Achse Bund/Land herzustellen. Ich war etwas überrascht davon, dass Sie als Ländervertreterin nicht an die Mitarbeit, an die Kooperationsfähigkeit der Län­der bei diesem Stabilitätspakt glauben. (Bundesrätin Mühlwerth: Da brauchen wir ja nur Wien anzuschauen, wie es nicht funktioniert!)


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 19

Ich bin davon überzeugt, und ich sage Ihnen auch, was das Land Oberösterreich dafür leistet. Wir kommen ordentlich dran: 980 Millionen müssen wir aufbringen für den Bei­trag von 5,2 Milliarden, den die Bundesländer leisten, das muss das Land Oberöster­reich zu diesem Paket beitragen. Das ist keine Kleinigkeit! Ich bin davon überzeugt, dass alle Länder diese Beiträge je nach Größe leisten werden – zu einem guten Ge­samtpaket für diese Republik.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sie haben gesagt: neue Steuern, Einspa­rungen und so weiter. Ja, es ist nicht mit dem Rasenmäher drübergefahren worden! – Sie merken, ich versuche sehr stark auf Ihre Argumente einzugehen, weil ich es für sinnvoll halte, dass wir das auch vor laufender Kamera aufarbeiten und dass nicht das im Raum stehen bleibt, was Sie gesagt haben.

Es trägt auf der einen Seite ein Bausparer 18 € dazu bei. Aber der Herr Treichl, der Generaldirektor einer großen Bank in Österreich, wird eben mit 150 000 € zur Kasse gebeten. Wenn Sie das eine Rasenmäher-Methode nennen, dann lachen die Hühner! Dann lachen die Hühner, denn das ist sehr ausgewogen. Sehr ausgewogen und sozial austariert! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben auch bezweifelt, dass die Finanz­transaktionssteuer kommt. Ich habe auch die Meldung in der Zeitung gelesen, dass der deutsche Finanzminister Schäuble seine Zweifel daran hat. Aber das heißt doch für uns nicht, dass wir mutlos werden, dass wir jetzt die Flinte ins Korn werfen! Ich kenne genug Staaten – auch wieder von direkten Kontakten im Ausland –, die sehr wohl den Spekulanten auf der Ebene der globalen Welt einfach einmal den Stecken ins Radl hineintreiben wollen, dass sich dieses Rad nicht mehr weiterdreht! (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Das wollen wir, und wir werden mit Leidenschaft und mit großem Engagement für die Einführung dieser Steuer – egal, wie sie heißen wird – kämpfen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Jenewein: Irgendeine wird schon kommen!) Was muss sich denn diese Regierung noch vornehmen, damit sie die Wünsche der Opposition befriedigt? Was noch? (Bundesrat Mag. Klug: Das geht gar nicht! – Weitere Zwischenrufe.)

Frau Kollegin Mühlwerth! Das sind zugegebenermaßen sehr ehrgeizige Ziele, und ich bin stolz auf diese Regierung, weil sie trotz unterschiedlicher gesellschaftspolitischer Programme und verschiedener Perspektiven zu diesem Paket zusammengefunden hat. Das ist eine enorme politische Leistung, die gar nicht hoch genug bewertet werden kann. Das, glaube ich, sollte man bei so einer Debatte erwähnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt in diesem Paket auch den Konnex und die Verbindung zwischen Sozialpolitik und Wirtschaftspolitik. Diese Zusammenar­beit ist weitgehend gelungen. Denn ohne Wirtschaftspolitik, ohne gute Fundamente in der Wirtschaft können wir noch so nette Sozialgesetze beschließen – wenn sie nicht fi­nanziell bedient werden können, wird das keine Zukunft haben!

Daher respektiere ich die Ansätze, die davon ausgehen, dass durch dieses Maßnah­menpaket die Konjunktur nicht beeinträchtigt wird (Bundesrätin Mühlwerth: Darum geht es ja!), dass weiterhin konjunktureller Aufschwung ermöglicht wird. Man hat sich also sehr wohl Gedanken darüber gemacht, wie dieses Paket im Detail ausschauen soll, und es ist ein verträgliches Paket geworden.

Und ich sage Ihnen abschließend noch eines: Das Unsozialste, das es in einem staatli­chen System gibt, sind hohe öffentliche Schulden, denn das ist eine Verteilung vom Kleinen, von unten nach oben. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Schauen Sie, reden Sie nicht zu dritt! Ich bin gerne bereit, auf Zwischenrufe einzugehen, aber einer nach dem anderen, bitte. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 20

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Unsozialste, das es gibt, sind Schulden­berge. Und ich muss Ihnen sagen, ich habe selber vier Kinder. (Heiterkeit.) Nein, das ist nicht zum Lachen, das ist ernst. Das eignet sich nicht dafür, lächerlich gemacht zu werden, das ist mir sehr ernst. Und ich habe neben den vier Kindern auch drei Enkel­kinder. Sie werden es mir nicht glauben, aber ich denke bei solchen Beschlüssen auch an diese.

Wenn junge Menschen für einen Staat etwas Wertvolles sind, dann muss er sich fra­gen, wie dieser auszurichten ist, damit junge Menschen ihn noch interessant finden, damit junge Menschen noch Chancen haben in dieser Republik, in diesem Staat. Das muss unsere erste Überlegung sein, dass wir den Jungen Chancen bieten statt Schul­den, dass wir ihnen ein Bildungssystem, Aus- und Weiterbildung garantieren können, damit sie im gar nicht so einfachen nationalen und internationalen Wettbewerb beste­hen können. Und dafür liefert dieses Sparpaket ganz respektable und anerkennens­werte Anreize. Und ich bedanke mich bei allen in der Bundesregierung, die daran mit­gewirkt haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.42


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


13.42.29

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Staatssekretäre! Ich weiß nicht, ob ich jetzt emotional werden oder für die neue Sachlichkeit plädieren soll. Aber Fakt ist natürlich, und da brauchen wir uns keinen Illusionen hinzugeben, dass dieses Thema Menschen bewegt wie viele andere Themen, die derzeit in dieser Republik anstehen. Es gibt da einen Reformstau und die berechtigte Hoffnung von vielen Bürgern und Bür­gerinnen, dass da endlich etwas weitergeht, ganz egal, ob es sich um den Klima­schutz, um die Schulden, um die Eurokrise, die Wirtschaftspolitik oder um Korruption handelt.

Ich habe nicht den Eindruck, dass hier von der großen Koalition ein großer Reform­druck aufgebaut wird. Ganz im Gegenteil. Wer mich kennt, der weiß, dass sich ideolo­gisch zwischen der Freiheitlichen Partei und mir quasi Universen befinden. Aber ich muss ehrlich sagen, dem, was die Frau Kollegin Mühlwerth über das Zustandekommen dieses Gesetzes gesagt hat, kann ich zustimmen. Das stimmt, was sie gesagt hat.

Zum einen gab es einen Abänderungsantrag im Nationalrat, der nicht verfassungskon­form eingebracht worden ist, und es gab auch einen offenen Brief der Grünen Klubob­frau im Nationalrat an den Herrn Bundespräsidenten Heinz Fischer. Dieser wird das noch prüfen, und wir werden sehen, ob das verfassungskonform eingebracht worden ist.

Und wahr ist auch, dass das Paket, das wir heute beschließen, eine Begutachtungszeit von zehn Tagen hatte. Wenn ich die Wochenenden abziehe, dann waren das sechs oder sieben Werktage. Das ist für mich für so ein großes Vorhaben nicht ausreichend, und ich halte das tatsächlich für demokratisch bedenklich. Da muss ich meiner Kollegin von der FPÖ recht geben.

Wir behandeln also jetzt, man kann es nennen, wie man mag, ein Sparpaket, Stabili­tätspaket oder Reformpaket. Da haben sich Spindoktoren sicherlich Gedanken ge­macht und sich wahrscheinlich überlegt, Stabilität klingt in unsicheren Zeiten gut, so nennen wir das Ganze jetzt. Seien wir ehrlich: Wenn es ein Reformpaket gewesen wäre, hätten wir alle gejubelt. Wir hätten gerne alle mitgearbeitet, und das wäre auch möglich gewesen.

Ich erinnere daran, welch großartige Diskussionen wir hier im Bundesrat hatten, ich bin erst seit fünf Monaten Mitglied dieses Hauses, ich kann mich an die Diskussion mit der


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 21

Frau Landeshauptfrau Burgstaller erinnern, ich kann mich an die Diskussion mit dem Landeshauptmann Voves erinnern. Das waren sehr inhaltsreiche, gute Diskussionen, wo es ganz klar um neue Strukturen, neue Reformen, modernen Föderalismus und da­rum, wie wir uns organisieren und wie das auch sparsam geht, gegangen ist. In diesem Paket finde ich von diesen Diskussionen nichts. Und das bedaure ich.

Die Euro-Krise, wie man es allgemein nennt, dominiert ja derzeit Europa und die Innen­politik, und zu Recht werden Reformen gefordert. Und das, was mein Vorredner gesagt hat, stimmt ja, Schulden machen alleine geht natürlich nicht, da sind wir ja d’accord.

Wenn eine Krise ausbricht, dann bietet dies immer auch eine Chance, und ich sage das sehr oft. Eine Krise ist immer eine Chance, neue Wege zu gehen, neu darüber nachzudenken, wie wir organisiert sind und ob wir so organisiert sein wollen, wie wir organisiert sind, ob wir etwas kostengünstiger, effektiver und klüger machen können. Das gilt für Europa, das gilt für Österreich, das gilt für den Föderalismus.

Diese Chance auf Reformen sehe ich in diesem Paket vertan. Was nämlich notwendig wäre, wären tatsächlich die großen Strukturreformen, die uns weiterbringen, die uns viel Geld einsparen. Davon ist in diesem Paket nichts zu sehen. Eine Krankenkasse für alle, eine Pensionsversicherung für alle, eine Schulverwaltung – das wäre Strukturre­form und moderner Föderalismus gewesen. Davon ist nichts zu sehen.

Und Sie haben recht, wenn wir dieses Paket beschließen, müssen wir an die nächste Generation denken. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Das heißt, bei jeder Einsparung muss man auch darüber nachdenken, wo wir investieren – die Investition ist ja ge­nauso notwendig wie das Einsparen –, was zukunftsreich ist, was Österreich auch in der Zukunft vorwärtsbringen wird.

Natürlich stehen Bildung und Forschung an erster Stelle. Aber die Antwort darauf, wie diese Mittel aufgebracht werden sollen – man hört zwar ein paar Millionenbeträge –, woher diese kommen sollen und wie diese aufgebracht werden, ist uns die Regierung bisher schuldig geblieben.

Wenn man über dieses sogenannte Stabilitätspaket spricht, dann muss man natürlich auch über Gerechtigkeit sprechen. Und ich glaube nicht, dass dieses Paket die Schere zwischen Arm und Reich schließen wird. Da bin ich besonders von der Sozialdemo­kratie enttäuscht. Wir haben zwar die sogenannte Solidarabgabe, die 440 Millionen € einbringen soll – nicht pro Jahr, sondern insgesamt bis 2016! Wenn man bedenkt, dass jetzt gerade für Volksbanken wieder eine Milliarde investiert worden ist, dann relativiert sich dieser Betrag ja schon enorm. Und es wurde uns von der Sozialdemokratie Ge­rechtigkeit versprochen, das möchte ich hier festhalten, und dieses Versprechen wird mit diesem Stabilitätspaket, mit Verlaub, gebrochen.

Das 13. und 14. Monatsgehalt werden bei höheren Einkommen stärker besteuert, es werden also Steuerprivilegien abgebaut. Das nennt man jetzt Solidarabgabe der Rei­chen. Aber wir wissen auch, dass ein 13. und 14. Einkommen keine Vermögen sind. Das sind Einkommen. Die Vermögen in diesem Land bleiben unangetastet.

Ich bin schwer enttäuscht von der Sozialdemokratie, dass sie nicht in der Lage war, in den Verhandlungen da für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, da uns die Ungerech­tigkeit, die wir in diesem Land haben, und die zunehmende Schere bleiben. Das gilt üb­rigens genauso für Erbschaftssteuern und dergleichen, für hohe Einkommen, für hohe Erbschaften, und es gilt auch für die Stiftungsprivilegien, die unangetastet bleiben. Ich bin wirklich maßlos enttäuscht.

Und als nächsten Punkt möchte ich schon auch die mögliche Ökologisierung im Rah­men von Steuerreformen ansprechen, meine Kollegin Kerschbaum wird dann noch nä­her darauf eingehen, denn auch hier sind Chancen vertan worden. Wir freuen uns na-


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 22

türlich über die Abschaffung der Privilegien für Agrardiesel, aber, Entschuldigung, das ist ja ein gutes Beispiel für dieses Stabilisierungspaket. Es wurde nicht in einer breiten demokratischen Debatte, und da hat die Freiheitliche Partei recht, neu angedacht, wie organisieren wir uns, sondern das basiert eigentlich auf Vorhandenem. Es musste das Vorhandene bleiben, es durfte nichts neu gedacht werden, und es wurden nur einzelne Schräubchen neu gedreht. Ein bisschen schrauben da, ein bisschen drehen dort, ohne dass man das Gefühl hat, wir gehen jetzt neue Wege in dieser Republik. Das ist ein Fehler dieses ganzen Pakets. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Ich kann am Schluss nur festhalten, dass die SPÖ und ÖVP entweder schlecht kom­munizieren können oder wirklich ein schlechtes Paket vorgelegt haben, wahrscheinlich beides. Also wie hier bejubelt wird, was da jetzt für tolle neue Reformen kommen: Lest bitte einmal die Zeitungen, lest einmal die Kommentare! Ich sehe diesen Jubel nirgend­wo außer in den eigenen Reden, um ich weiß nicht was zu schützen – die eigene Par­tei wahrscheinlich. Ich sehe nicht mehr die Kraft, die notwendig wäre, um neue Refor­men anzugehen. (Bundesrat Mag. Klug: Oh!) Ich sehe nur noch die Ängstlichkeit, ei­gene Privilegien zu verlieren. Ich sehe bei der SPÖ ein Verlassen des Weges in Rich­tung mehr Gerechtigkeit. Das ist mein trauriges Fazit zur Steuerreform. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

13.51


Präsident Gregor Hammerl: Nächste Wortmeldung: Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


13.51.39

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ein guter Tag beginnt mit einem  (Bundesrat Dönmez: Na, bitte nicht! – Bundesrätin Kerschbaum: Das ist aber schon sehr peinlich! – Neu­start!) Ich versuche das gerne auch ein zweites Mal.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein guter Tag beginnt mit einem ausgeglichenen Maastricht-Defizit bis 2016. Wer das nicht hören oder nicht sehen will, hat den Stabili­tätspakt nicht gelesen oder nicht inhaltlich aufgenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute im Finanzausschuss eigentlich schon vieles befürchtet, wie sich zum Teil die Opposition heute bemühen wird, wieder aus anderen Ecken ein gemeinsames Paket madig zu machen. Insbesondere an die Adresse der Freiheitlichen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird nicht gelingen! (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Es wird Ihnen nicht gelingen, die Kernelemente die­ses gemeinsamen Paketes so zu verschleiern und am Ende des Tages versuchen zu erklären, dass das hinten und vorne nicht hält.

Es ist gemeinsam gelungen – Kollege Jenewein, lachen Sie nicht, Kollege Pisec war nämlich im Finanzausschuss –, auf viele Fragen inhaltlich einzugehen. Ich darf daher zusammenfassend gleich zu Beginn sagen: Der Bundesregierung und den beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP ist es mit diesem Stabilitätspakt gelungen, eine Ab­wandlung des magischen Dreiecks auf die Beine zu stellen. Eine Abwandlung des ma­gischen Dreiecks ist eine Begrifflichkeit aus der Vermögensveranlagung. Umgelegt auf die Fiskal- und Budgetpolitik bedeutet es heute sparen, sparen und investieren und drittens – und damit schließt sich das Dreieck – Steuerlücken schließen. Sparen, inves­tieren und Steuerlücken schließen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf in diesem Zusammenhang für die sozialde­mokratische Bundesratsfraktion sagen, dass wir nach unserer Einschätzung in diesem Zusammenhang in der Fiskal- und Budgetpolitik konsequent einen Weg fortsetzen, den wir in Loipersdorf eingeschlagen haben. Konsequent!


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 23

Ich erinnere daher – für all jene, die dann noch von der FPÖ kommen werden und das wieder madig machen wollen – noch einmal an die ersten Schritte in Loipersdorf, nur damit wir es nicht vergessen: Bankenabgabe, Wertpapier-KESt, Streichung von Stif­tungsprivilegien, Konzernbesteuerung, damit die Debatte 13. und 14. noch einmal hochkommt, Stock Options, Betrugsbekämpfungsgesetz und Betrugsbekämpfungs­maßnahmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Einnahmenseite im öffentlichen Haushalt rund 6,8 Milliarden €.

Auf dieses Paket von Loipersdorf setzen wir heute ein weiteres Paket drauf, das da lautet: Gruppenbesteuerung, Immobilienspekulationen, Solidarbeitrag, Abgeltungssteu­er, Finanztransaktionssteuer, Agrardieselbegünstigung und erhöhte Bankenabgabe. Liebe Kolleginnen und Kollegen, 9,2 Milliarden € neue Einnahmen auf der Einnahmen­seite! (Bundesrat Jenewein: Neue Belastungen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das sind inhaltlich Maßnahmen, von denen wir über­zeugt sind, dass sie mehr soziale Gerechtigkeit im Bereich der Steuer- und Finanz­politik bringen werden.

Auch wenn es einige Vertreter von der Opposition wirklich schmerzt, der Kern dieses heutigen Pakets ist doch der, dass es der SPÖ und der ÖVP gemeinsam gelungen ist, ein rund 28 Milliarden €-Paket gemeinsam auf die Reise zu schicken und dabei trotz­dem ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben zu erreichen. (Bundesrat Jenewein: Bis zur nächsten Wahl!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache kein Hehl daraus, dass das in einer großen Koalition kein einfaches Unterfangen ist, denn die Ausgangssituation – erinnern wir uns an den Start! – war nicht einfach. Klar ist, dass wir mit einem Koalitionspartner re­gieren, der anfänglich davon ausgegangen ist, dass ein Sanierungspaket auf die Reise geschickt wird, das überhaupt keine neuen Einnahmen beinhaltet. Letztlich ist es ge­meinsam gelungen, auf der Einnahmenseite rund 38 Prozent des Gesamtpakets abzu­schließen. Insofern sind wir der Meinung, dass in diesem Zusammenhang vieles gelun­gen ist.

Wenn es jetzt noch immer einige von der Opposition gibt, denen das inhaltliche Er­fassen dieses Paketes schwerfällt, dann darf ich in diesem Zusammenhang noch ein drittes Argument in die Diskussion einbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen vor allem von der FPÖ! Der Vergleich macht uns si­cher. Schauen wir gemeinsam über die Grenzen, schauen wir uns an, wie es anderen Ländern, anderen Staaten gelingt, in diesen schwierigen Zeiten die öffentlichen Haus­halte und die wirtschafts-, steuer- und finanzpolitischen Herausforderungen zu bewälti­gen. Wenn man sich das in anderen Ländern ehrlich anschaut, dann ist zusammenfas­send festzustellen: Beamtenabbau, Pensionskürzungen, Erhöhung von Massensteu­ern, Streichung des 13. und 14. Gehalts und Ausverkauf von Staatseigentum. (Bundes­rat Boden: Das haben wir schon alles gehabt!)

All das, werte Kolleginnen und Kollegen, gibt es mit dieser Bundesregierung nicht!

Daher schließe ich aus unserer Sicht die Einschätzungen wie folgt ab: sinnvolles Spa­ren, sozial gerechte neue Einnahmen, Schließen von Steuerlücken und öffentliche Mittel für Investitionen in Zukunftsbereiche, Arbeitsmarkt, Bildung und Forschung, um letztlich trotz Sparens Wirtschaftswachstum zu ermöglichen.

Das angestrebte Ziel, den öffentlichen Haushalt bis 2016 in ruhige Gewässer zu brin­gen, haben auch die Experten beim Hearing bestätigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das und nichts anderes sind die Kernelemente unse­rer beiden heutigen Beschlüsse, und das und nichts anderes sind die Kernelemente eines sozial gerechten Konsolidierungspaktes. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.59



BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 24

Präsident Gregor Hammerl: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Pirolt zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


14.00.02

Bundesrat Franz Pirolt (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Werte Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Dies ist heute eine durchaus spannende Diskussion, vor allem wenn man sich das Zu­standekommen des Gesetzentwurfes genauer ansieht. Dieser Gesetzentwurf ist durch­aus eine defekte Angelegenheit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber die Chronologie, meine Damen und Herren, beginnt ja wesentlich früher. (Zwi­schenruf des Bundesrates Keuschnigg.) Ungefähr 40 Jahre zurück, lieber Herr Kol­lege, hat es einen Tabubruch gegeben – und da spricht vielleicht etwas für Sie. Es hat einen Tabubruch gegeben unter dem „Sonnenkönig“ Kreisky. Schulden machen ist auf einmal salonfähig geworden – und das halte ich Ihnen zugute (Bundesrätin Mag. Neu­wirth: Das muss er sagen!) –: Sie haben damals noch auf das Sparen geschaut. Dann sind Sie von diesem Wege abgekommen (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl), und heute sind wir so weit, dass wir solche Regierungsvorlagen zu debattieren haben. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Und wenn man jetzt nur ein paar Jahre zurückgeht, bis zur letzten Wahl ... (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Seid doch nicht so nervös! (Bundesrat Mag. Klug: Gehen Sie
bis 2000 zurück!)
Nein, brauchen wir nicht! Wir gehen zurück bis zur letzten ... (Bun­desrat Mag. Klug: Bis 2000!) – Lieber Herr Kollege Klug! (Bundesrat Mag. Klug: Das wäre ein Gewinn!) – Nein! Wir gehen die letzten paar Jahre zurück. Die letzte Wahl ... (Bundesrat Mag. Klug: Nein! Warum Sie das ...!) – Ja, ist ja in Ordnung, das können wir auch beleuchten. Dort hat es einmal annähernd ein Nulldefizit gegeben: Damals hatten wir lediglich 61 Prozent des nationalen BIP Gesamtverschuldung, meine Herren. So ist es nicht! Jetzt liegen wir bei 70! (Bundesrat Boden: Der größte Minister-Ver­schleiß, den wir jemals gehabt haben!) – Na kommts!

Trotzdem, letzte Wahl – lassen wir das Revue passieren, Sie wissen es –: Es hat da­mals geheißen, es ist alles in Ordnung. Man hat damals gleich für fünf Jahre gewählt – das war aus heutiger Sicht auch ein Fehler, weil die Regierung aus meiner Sicht nicht dazu in der Lage war, in dieser Zeit etwas zu verändern. (Zwischenruf des Bundesra­tes Mag. Klug.) Man hat vor der letzten Wahl vor lauter „viel Geld“ in dieser Republik die letzten zwei Tage vor der Wahl mit Milliardenkoffern herumgeschmissen – und jetzt sind wir in dieser Situation.

Dann hat man eine Regierung gehabt, die in Untätigkeit versunken ist. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Der Bundeskanzler und der Vizekanzler haben ... (Bundesrat Mag. Klug: Das wird nichts mehr! – Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) – Meine lieben Herren! Es ändert dennoch nichts ... (Bundesrat Mag. Klug: Das wird nichts mehr! Das können wir abkürzen! Das wird nichts mehr!) – Nein, das macht nichts! Und dennoch: Es ist nichts geworden, Sie haben recht, Herr Kollege Klug. (Ruf bei der SPÖ: Fang noch einmal an! – Bundesrat Mag. Klug: Das wird nichts mehr!)

Es ist nichts geworden – da haben Sie recht – mit dieser Regierung, denn es hat jah­relange Untätigkeit gegeben. Und dann hatte man irgendwann die Idee von einer Schuldenbremse. Man hat gestrahlt wie kleine Kinder. – Dann hat man 14 Tage darü­ber nachgedacht, und dann ist man draufgekommen: Ja, was hat denn so eine Bremse für einen Wert, wenn man sie nicht einmal ein paar Monate später einhalten kann? (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Natürlich, denn es hat ja aus Ihrer Sicht noch immer kei­nen Notstand gegeben.

Dann kommt wider Erwarten ein Downgrading, und siehe da ... (Bundesrat Mag. Klug: Was kommt? Ein Downgrading?) – Ja, Herr Kollege Klug, wissen Sie, was passiert,


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 25

wenn ein Fuchs in einen Hühnerstall kommt? Haben Sie davon eine Ahnung? Ja, ich habe es gesehen! Wissen Sie das? Dann entsteht eine ganz eigenartige Dynamik, meine Damen und Herren. (Bundesrat Stadler: Ist der Fuchs in die Hypo gekommen, oder was? – Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) – Und in die Kommunalkredit und so weiter und so fort, und die Volksbank nehmen wir auch nicht aus, Sie wissen das. (Zwi­schenruf des Bundesrates Kneifel.) Aber es entsteht eine Dynamik, und dann wird irgendetwas getan. Alle laufen in eine Richtung, aber man formiert sich nicht und be­gegnet dem wahren Problem, sage ich einmal, nicht geschlossen. Und das ist eigent­lich das Problem, das wir heute und hier haben.

Dieser Entwurf ist eine Zumutung! Er ist für Experten schwer lesbar und er ist letzten Endes eine Beschäftigungsgarantie für Steuerberater und für Notare und Rechtsan­wälte geworden. Lassen Sie mich als Bürgermeister jetzt das Ganze auf die Gemein­den herunterbrechen. Ich bekomme jede Woche drei Briefe vom Herrn Gemeindebund­präsidenten Mödlhammer, der gehört (in Richtung ÖVP) Ihrer Reichshälfte an (Bundes­rat Boden: Sie können ihm sagen, er soll nicht mehr schreiben!) und schreibt, dass man die Gemeinden nicht mehr belasten kann. Hier sitzen einige Bürgermeister, und Sie werden heute alle zustimmen, obwohl die Gemeinden nicht mehr belastbar sind. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es ist schon erstaunlich, wie man hier Ansichten vertritt. Zu Hause über gewisse Dinge schimpfen, und hier ist überall die Hand oben. Das kann nicht sein!

Wenn der Vorsteuerabzug jetzt fällt, wird es in der Finanzierung für Gemeinden durch­aus das eine oder andere Mal zu Problemen kommen. (Bundesrat Mag. Klug: Steuer­lücke! Steuerlücke!) – Aber, Herr Kollege Klug, das ist keine Steuerlücke, denn wenn Hoheiten Steuern zahlen müssen, ist es im Prinzip ein Kreislauf, der nicht sehr gesund ist. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist eine Lücke!)

Und außerdem: Ein Gesetz in dieser Art und Weise und in dieser Geschwindigkeit hier durchzubringen, sodass alle Stellungnahmen denselben Text aufweisen – in 5 Tagen, 7 Tagen seriöse Stellungnahmen abzugeben ist eigentlich unmöglich –, das sagt doch sehr viel aus. (Bundesrat Mag. Klug: Wären Sie in den Finanzausschuss gegangen!) Und es ist unsere Pflicht, heute hier dagegen zu stimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Und des Weiteren: Wenn man schon Korrekturmaßnahmen ... (Bundesrat Mag. Klug: Sie müssen „Parteipflicht“ dazusagen! Parteipflicht!) – Es gibt auch Überzeugungen, Herr Kollege Klug! (Bundesrat Jenewein: Nein, Staatsbürgerpflicht, Herr Kollege Klug!) – Die gibt es auch, ja.

Aber einen Übergewichtigen, der sich in 40 Jahren zu viele Kilos hinaufisst, den kann man nicht in zwei Monaten wieder auf das Normalmaß reduzieren. Auch hier sollte man darüber nachdenken, wie dem, was in 40 Jahren an Schulden angehäuft worden ist, in einem Jahr, in zwei Jahren – aber in Gemeinsamkeit und vernünftig und vor al­lem mit Reformen – zu begegnen ist. (Bundesrat Mag. Klug: Wir machen es in vier! 2016!) – Ja, 2016! Und das Nullergebnis – und das wird auch hier heute festgeschrie­ben – wird nicht erreicht sein.

In diesem Sinne, meine lieben Kollegen: Ich wünsche Ihnen frohe Ostern! (Bundesrat Mag. Klug: Ja, frohe Ostern! – Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Und du, lieber Herr Kol­lege Karl – du bist ebenfalls Bürgermeister, und zwar in meiner Fast-Nachbargemeinde in Kärnten –, kannst dir heute Ansehen erwerben, wenn du dagegen stimmst. (Beifall bei der FPÖ.)

14.06


Präsident Gregor Hammerl: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. Schie­der. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 26

14.06.40

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir nach der ersten Runde von Wortmeldungen auch aus Sicht der Regierung und des Finanzministeriums ein paar wichtige Punkte zu bringen.

Aber davor vielleicht auch ein Satz zum Herrn Bundesrat Pirolt, der gerade den Ver­gleich mit dem Fuchs und dem Hühnerstall gebracht hat: Hätten wir die Republik von Ihnen verwalten lassen, dann wäre unser Hühnerstall jetzt schon ein „z’rupftes Hendl“, so wie das Kärntner Landesbudget, und das wollten wir nicht riskieren. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Bundesrat Pirolt: Niederösterreich haben Sie ver­gessen!)

Ganz im Gegenteil: Es ist darum gegangen, zu schauen, dass unser Land möglichst gut durch die Krise, die die tiefste seit Jahrzehnten war, durchkommt. Und den Erfolg kann man auch nachvollziehen, wir haben nämlich in der tiefsten Finanzkrise und da­mit verbunden auch Wirtschaftskrise, die wir seit Jahrzehnten gesehen haben, die niedrigste Arbeitslosigkeit innerhalb Europas, die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit, re­lativ stabile Staatseinnahmen und ein relativ stabiles wirtschaftliches Geschehen.

Das ist Resultat des Regierungshandelns, zeigt aber natürlich auch seine Effekte im Budget, und daher heißt es auch, rechtzeitig daran zu denken, das Budget wieder so in Ordnung zu bringen, dass wir in Zukunft genug Handlungsspielraum haben, falls wir ihn wieder brauchen sollten – was wir nicht hoffen, aber was immer notwendig ist, da­mit wir auch, wenn wieder eine Krise kommt, gegensteuern können.

Das heißt aber auch – das haben wir aus den letzten Jahren gelernt –, uns ein Stück weit von den Finanzmärkten unabhängig zu machen. Gerade, wenn wir uns jährlich mit zig Milliarden Verschuldung auf den Finanzmärkten refinanzieren müssen, heißt das auch, abhängig zu sein von Ratingagenturen – egal, ob wir sie wollen oder nicht –, ab­hängig zu sein von Zinsentwicklungen, abhängig zu sein von europäischen Entwicklun­gen und anderen großen Entwicklungen. Und daher heißt Schuldenreduktion und aus­geglichener Haushalt, sich auch wieder ein Stück Unabhängigkeit von den Finanz­märkten zu holen.

Und das Konsolidierungs- und Reformpaket ist wahrlich beides: Es ist ein Konsolidie­rungspaket – wenn Sie so wollen, ein Sparpaket –, das auch Effekte hat, wo es auch heißt, es gibt in manchen Bereichen in Zukunft weniger und wir verlangen auch von manchen Bereichen mehr Steuern, es ist aber auch ein Reformpaket.

Zum Sparpaket: Es geht um das Schließen von Gerechtigkeitslücken im Steuersystem, das heißt, einen gerechten Anteil auch dort zu verlangen, wo man zu Recht sagt, dort „geht noch was“, denn das sind die Vermögenden und die Top-Einkommen in unserem Land, und das heißt andererseits, im Reformbereich zum Beispiel auch zu schauen, dass Arbeitnehmer in diesem Land länger in Beschäftigung bleiben können, de facto länger in Beschäftigung bleiben können, die Qualität im Gesundheitssystem so umzu­gestalten, dass durch mehr und bessere Steuerung das Geld effizienter eingesetzt wird und die Kostenzuwächse eingedämmt werden.

Das heißt aber auch effizientere Verwaltung, ja, auch durch einen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst; aber nicht dort, wo wir die Zukunftschancen sehen – nicht bei den Lehrerinnen und Lehrern –, nicht bei der Sicherheit, nicht bei der Justiz, auch nicht bei der Finanzpolizei, die auch dafür zuständig ist, Steuereinnahmen einzutreiben, denn wir brauchen ja auch die Kontrolle der Steuerhinterziehung (Bundesrätin Mühlwerth: Die haben da ja jetzt schon zu wenig! – Bundesrat Ertl: ... in den letzten Jahren!) und auch nicht zum Beispiel beim Arbeitsinspektorat, weil es uns auch darum geht, ge-


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rechte soziale Verhältnisse auf den Arbeitsmärkten sicherzustellen. – Das nur um Ih­nen auch zu zeigen, dass man hier eben auch am Detail der Ausnahmen sieht, wo es hingehen soll.

Zu den einnahmenseitigen Maßnahmen. – Lassen Sie mich nur noch ein paar erwäh­nen, nämlich auch in Richtung Bundesrat Schreuder gesagt: Hohe Einkommen und Vermögen hängen auch ökonomisch zusammen und es gibt aus Vermögen auch hohe Vermögenseinkommen. Und ja, es gab auch den Wunsch, eine Vermögensbesteue­rung einzuführen, aber es ist gelungen, zum Beispiel durch die Immobilienwertzu­wachsbesteuerung die Vermögenseinkommen aus Immobilienspekulation zu besteu­ern, und es ist gelungen, durch den Solidarbeitrag auf die extrem hohen Einkommen in Österreich zu einem zusätzlichen Steuerbeitrag, befristet bis 2016, zu kommen, näm­lich ab 150 000 € Jahresbemessungsgrundlage 3,5 Prozent auf den Spitzensteuersatz, ab 300 000 € 5 Prozent und ab 500 000 € sogar 7,5 Prozent Zuschlag, was eben dann auch die vorher genannten Beiträge von den Großverdienern in Österreich bedeutet.

Darüber hinaus schafft die Einschränkung bei der Gruppenbesteuerung Fairness im Wirtschaftsbereich, aber auch die Finanztransaktionssteuer und das Abkommen mit der Schweiz sind zwei wichtige Punkte.

Und bevor ich dann kurz auf ein Detail eingehe, möchte ich schon noch etwas betref­fend Stiftungen sagen, weil sich das immer noch beharrlich hält: Stiftungen haben kei­ne steuerlichen Privilegien mehr in Österreich. Sie haben einen Zwischensteuersatz, der dem KöSt-Steuersatz entspricht – das heißt, sie zahlen genauso viel Zwischen­steuer wie alle anderen Unternehmen –, sie haben kein Wertpapierprivileg mehr – sie zahlen Wertpapier-Spekulationssteuer – und sie haben kein Immobilienprivileg mehr, weil sie jetzt auch die Immobilien-Wertzuwächse voll versteuern. Das Einzige, das sie noch haben, ist die Aufdeckung der stillen Reserven, allerdings ist auch das kein Al­leinstellungsmerkmal der Stiftungen. Bitte nehmt auch im Grünen Klub zur Kenntnis, dass sich die letzten drei Jahre genau auf dieser Gerechtigkeitsschiene in Österreich etwas auch im Positiven getan hat!

Nun noch kurz zu den zwei in den letzten Tagen so gerne diskutierten Paketen, näm­lich Finanztransaktionssteuer und Schweiz-Abkommen.

Auch hier ein klares Wort zum Abkommen mit der Schweiz: Es ist aus meiner Sicht dringend notwendig, dass es ein Ende haben muss, dass Schwarzgeld unversteuert in der Schweiz gelagert wird, für das seine Besitzer ihren Steuerbeitrag nicht, so wie alle anderen in diesem Land, geleistet haben, sondern das Leute außer Landes geschafft haben, damit sie sich nicht die Steuer legal ersparen, sondern diese hinterziehen, und dass man daher, wenn das Bankgeheimnis und die rechtliche Situation mit der Schweiz dem entgegensteht, dass man es direkt besteuern kann, ein bilaterales Abkommen mit der Schweiz abschließt, dass diese Gelder auch „ihren“ Steuerbeitrag leisten. – Und das ist die Abgeltungsabgabe, die das bringen soll.

Ich halte diese aus Gerechtigkeitsgründen für notwendig, ich halte sie aus Einnahmen­gründen für notwendig und sie hat – drittens – auch noch den Struktureffekt, dass sich die Leute dieses Vorgehen abgewöhnen werden und das Geld lieber gleich sauber in Österreich versteuern werden. (Zwischenrufe der Bundesräte Mühlwerth und Ertl.)

Wir werden daran arbeiten, und es wird schon längst auf Beamtenebene, auf Experten­ebene darüber gesprochen und diesbezüglich verhandelt. Und wir wissen auch – wenn Sie alle Meldungen der Schweiz lesen –, dass auch die Schweizer das möglichst schnell über die Runden bringen wollen, und daher stehen die Chancen dafür gut.

Aber ja, es stimmt, wir haben einen Finanzrahmen für die nächsten fünf Jahre aufge­stellt, aber nicht jede Maßnahme ist jetzt schon in ein Gesetz gießbar, weil wir das noch quasi mit der Schweiz fertig verhandeln und dann hier dem Hause zuleiten müs-


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sen. Aber dass das bis 2013 gelingt, dafür stehen die Zeichen sehr, sehr gut. Und für die Zuschauer, auch jene an den Fernsehschirmen: Anfang dieser Woche war ein ho­her Beamter des österreichischen Finanzministeriums in der Schweiz, um mit seinem Schweizer Gegenüber genau diese Fragen zu besprechen und zu verhandeln.

Und auch zur Finanztransaktionssteuer ein ganz klares Wort: Ja, es stimmt, es wird jetzt in Europa sehr heftig und kontroversiell darüber diskutiert – übrigens viel kontro­versieller in den Zeitungen und in den Oppositionsparteien, viel weniger über das, was der Herr Schäuble gesagt hat, denn der Herr Schäuble hat nicht die Finanztransak­tionssteuer in Zweifel gezogen, er hat nur gesagt, er sieht noch Widerstände und er denkt auch über Alternativen nach, die nämlich erstens sicherstellen sollen, dass der Finanzsektor einen Beitrag leistet, zweitens, dass er ihn in der entsprechenden Höhe leistet und dass drittens auch diese regulatorische Idee, nämlich dass diese Hochfre­quenzspekulation, diese extreme Spekulation, eingedämmt wird, nicht zu kurz kommt.

Wir sind als österreichische Bundesregierung vor drei, vier Jahren oft belächelt wor­den, wenn der Herr Bundeskanzler auf einen Europäischen Rat gefahren ist und sich immer wieder gemeldet hat und gesagt hat: Österreich hat einen einstimmigen Natio­nalratsbeschluss zur Einsetzung einer Finanztransaktionssteuer, wir fordern das.

Jetzt ist es endlich so weit, dass die Europäische Kommission diese Finanztransak­tionssteuer einmal auch in ihren Vorhabensbericht, in ihren Finanzrahmen hineinge­schrieben hat, und wir haben sie in unser Budget übernommen. Und wir werden jetzt – zwei Jahre, bevor klar ist, wie sie kommt, in welchen Details sie kommt – nicht die Flinte ins Korn werfen und sagen, nur weil da jetzt einmal ein bisschen herumdiskutiert wird, rücken wir von diesem Ziel ab. – Ganz im Gegenteil, das ist unser Ansporn, jetzt weiterhin dafür einzutreten und zu kämpfen, dass die Finanztransaktionssteuer kommt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Und um das auch zu sagen: Das ist auch unsere Verpflichtung gegenüber dem Parla­ment, denn wir sind durch einen einstimmigen Parlamentsbeschluss genau dazu ver­pflichtet.

Aber lassen Sie mich abschließend noch einmal Folgendes sagen: Wir haben hier ei­nen Plan vorgelegt, wie wir bis 2016 ausgeglichen bilanzieren beziehungsweise unse­ren Staatshaushalt gestalten wollen. – Ja, den Gesamtstaat, auch inklusive der Länder! Und es gab ja mit den Ländern schon im Vorjahr Verhandlungen und Gespräche da­rüber, dass auch dort etwas passieren muss, daher ist dieses Gesamtpaket ja auch mit vielen Reformen, die die Länder betreffen, durchzogen. – Ich erwähne nur die Förder­pyramide, und ich sage nur, auch die ganze Frage der Krankenhausfinanzierung in ein neues System zu bringen und eine neue Steuerung einzuführen, hat Vorteile nicht nur für die Krankenkassen und den Bund, sondern in der Summe auch für die Länder. – Und so gibt es hier auch im System sehr viele Punkte, wo die Vorteile nicht nur beim Bund liegen, sondern auch bei den Ländern, wenn man sie nutzt.

Ich habe aber auch die Diskussionen mit den zwei Landeshauptleuten, die Sie hier erwähnt haben, und unsere Gespräche mit den anderen Landeshauptleuten immer so empfunden, dass jeder in Österreich verstanden hat: Jetzt ist die Chance gekommen, die Strukturen in unserem Land zu ändern, zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen – aber nicht, wie Sie wollen, nämlich indem man die Strukturen auf den Kopf stellt. Und warum stellen wir sie nicht auf den Kopf? Weil sich in den letzten Jahren ge­zeigt hat, dass Österreich an sich gut durch die Krise gekommen ist, und das werden wir nicht infrage stellen. Wir werden uns nur für die Zukunft rüsten, indem wir einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen werden. (Bundesrat Mag. Klug: Bravo! – Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.17



BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 29

Präsident Gregor Hammerl: Als nächste Rednerin gelangt Frau Bundesrätin Dr. Win­zig zu Wort. – Bitte.

 


14.17.44

Bundesrätin Dr. Angelika Winzig (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Konsolidierungspaket ist sicherlich kein Sonntagsspaziergang, aber wir wissen alle, dass es notwendig ist.

Wie alle Volkswirtschaften, die hoch entwickelt sind, haben auch wir zu hohe Staats­schulden, und da wir nicht so enden wollen wie Griechenland oder auch eine Staats­verschuldung haben wollen wie Japan mit 230 Prozent ... (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Die sind hausgemacht!) – Aber nicht nur bei uns. Sie können sich einmal die Ausführungen von Herrn Professor Weber von der University of Chica­go zu Gemüte führen. Er sagt, alle hoch entwickelten Volkswirtschaften – und dazu zählen auch wir – haben eine hohe Staatsverschuldung.

Und außerdem, Frau Kollegin Mühlwerth, sind Schulden in einer Firma per se nichts Negatives, wenn sie für Erträge in der Zukunft investiert werden. (Beifall der Bundes­rätin Kerschbaum. – Bundesrätin Mühlwerth: Es kommt darauf an, wie hoch sie sind!) Bei uns ist eben das Problem, dass wir die Hälfte unseres Budgets für die ÖBB, für Zinsen und für Pensionen ausgeben und so unseren Gestaltungsspielraum einschrän­ken.

Aber eines habe ich mir schon erwartet, nämlich dass wir gerade in so einer Situation alle zusammenhalten und anpacken. Aber gerade Ihre Fraktion ist gegen alles. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ihr seid gegen Stillstand, ihr seid gegen Refor­men, es ist zu kurz, zu lang. – Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Ihr Klubobmann vorgestern ins Pippi-Langstrumpf-Land verreist ist, und ihr macht es euch so, wie es euch gefällt. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Bundesra-
tes Ertl.)

Mit diesem Reformpaket sind auch wesentliche Forderungen der Wirtschaft umgesetzt worden, nämlich zu erneuern statt zu besteuern. – Das heißt ja nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen, sondern dass wir diesen Reformprozess weiter vorantreiben werden, und das in vielen Bereichen.

Ich möchte nur ein paar Punkte herausgreifen. Meiner Ansicht nach sehr wesentlich ist die Änderung des Pensionssystems, dass unsere Jugend motiviert ist und dass auch für sie Anreize geschaffen werden, denn wir können es uns nicht leisten, 22 Jahre in Pension zu sein, auch nicht von der demographischen Entwicklung her. Schauen Sie nur nach Oberösterreich! Wir haben im Jahr 2020 um 15 000 Jugendliche zwischen 16 und 19 Jahren weniger, das heißt, wir brauchen die Menschen länger in Beschäftigung.

Auch die Invaliditätspension ist mir ein großes Anliegen, denn unser Gesundheitssys­tem zählt zu den besten der Welt. Ich verstehe daher nicht, wieso wir kranker sein soll­ten als andere. Ich glaube auch nicht, dass wir schlechter gebaut sind als unsere Nach­barn.

Bei den ÖBB wird es weiterhin Reformen geben müssen.

Sie, Frau Bundesrätin (in Richtung Bundesrätin Mühlwerth), haben heute schon das Bausparmodell angeschnitten. Sie waren leider nicht im Ausschuss (Bundesrätin Mühl­werth: Weil ja nur einer von uns teilnehmen kann!), deshalb: Die Förderung wird hal­biert, das stimmt, das sind im Höchstfall 1,5 € pro Monat. Ich verstehe, dass es bei der Schaffung von Wohnraum, für den Hausbau wichtig ist, dass die Leute jeden Euro um­drehen, aber beim Bausparvertrag geht es im Wesentlichen auch um die Kreditver­gabe, die in diesem Zusammenhang steht. Sie haben wahrscheinlich wirklich zu wenig


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Zeit gehabt, denn Herr Staatssekretär Schieder hat das heute im Ausschuss ausführ­lichst erwähnt: Die Bausparkassen haben sehr viele Möglichkeiten bekommen, den Bausparern in Zukunft attraktive Angebote zu machen – ich glaube, Herr Staatssekre­tär, Sie werden auch noch darauf eingehen.

Sicherlich wäre es mir lieber gewesen, wenn alles ausgabenseitig hätte eingespart werden können. Ich bin auch kein Befürworter der Auflösungsabgabe, aber unsere Wirtschaft steht dazu. Das Einzige, das mich daran stört, ist, dass es im Moment so ausschaut, als würde die Wirtschaft die Mitarbeiter aus Jux und Tollerei kündigen. Das ist nicht der Fall! Wir kündigen, wenn die Leistung nicht mehr passt oder die Betref­fenden im Arbeitsteam nicht mehr integriert sind oder die finanzielle Situation der Be­triebe es erfordert. Ich habe seit 15 Jahren meine Firma, und ich kann Ihnen sagen, es bereitet mir noch immer schlaflose Nächte, wenn ich jemandem kündigen muss.

Summa summarum hält dieses Paket die richtige Balance: Einsparungen bei den Kos­tentreibern und Investitionen in die Zukunftsbereiche Familie, Bildung und Forschung, damit wir unseren Wirtschaftsstandort auch weiterhin absichern; das haben wir aber heute auch schon im Ausschuss diskutiert.

Ich möchte den Damen und Herren, die die Debatte vor den Fernsehschirmen verfol­gen, noch Folgendes raten: Verlassen Sie sich bei der Bewertung dieses Pakets nicht auf die Opposition – deren Vertreter haben ja schon zum Ausdruck gebracht, dass sie zu wenig Zeit hatten, das genauer zu betrachten (Beifall bei der ÖVP) –, verlassen Sie sich auch nicht auf diejenigen, die am lautesten und aggressivsten argumentieren, denn es wird oft die geistige Windstille durch operative Hektik ersetzt (Zwischenrufe bei der FPÖ), sondern schauen Sie lieber, wie wir international bewertet werden! Wieso haben wir jetzt, obwohl wir das Triple A verloren haben, einen niedrigeren Zinssatz von 2,8 Prozent? – Nur deshalb, weil die internationalen Akteure offensichtlich schon Zeit gefunden haben, sich das Paket genauer anzuschauen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.23


Präsident Gregor Hammerl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte. (Bundesrätin Kerschbaum begibt sich unter Zuhilfenahme von Gehstützen ans Rednerpult. – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


14.23.52

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Kollege Kneifel hat es am Anfang gesagt: Es geht um die Krise, deshalb müssen wir schnell agieren! Daraufhin ist dann auch schon die Debatte los­gebrochen: Wir haben die Krise seit 2008! (Bundesrat Mag. Klug: Da haben wir eh gut agiert!) Seit 2008 geht es immer um die Krise. Das, was uns bei der Bekämpfung der Krise fehlt, ist die Nachhaltigkeit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist das, was wir eigentlich schon seit Langem einfordern. Wir müssen nachhaltig gegen diese Krise ankämpfen und nicht, so wie jetzt, mit 98 kleinen Gesetzesschrau­berln. (Bundesrat Kneifel: Ich wünsche mir keine nachhaltige Krise!) – Mit Nachhaltig­keit gegen die Krise ankämpfen! (Beifall bei den Grünen.) Hast du das verstanden, Herr Kollege? Das ist das Gegenteil von dem, was du dir offensichtlich wünschst. (Ruf bei der ÖVP: Dann sag es aber auch so!) Habe ich so gesagt.

Mit Nachhaltigkeit gegen diese Krise ankämpfen, das wäre das, was wir uns wün­schen, und zwar mit Nachhaltigkeit, so wie es sich gehört: ökologisch, ökonomisch und sozial. Wenn ich mir das vorliegende Paket anschaue, dann sehe ich auf der sozialen Seite Pensionseinfrierungen. – Ja, nein. Es gibt Pensionen, die man sicher einfrieren kann, aber es gibt auch Pensionen, wenn man die einfriert, dann wird sich das sehr wohl auch auf das Wirtschaftswachstum auswirken und vor allem auch auf die privaten Einkäufe, weil eben die Leute dann kein Geld mehr haben.


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Auf der sozialen Seite steht die Höchstbemessungsgrundlagen-Anhebung. (Bundesrat Mag. Klug: Beitrag!) Entschuldigung, ja, Höchstbemessungsbeitrag. 90 € pro Monat – es ist gut und nett, wenn wir ein bisschen mehr Geld einnehmen, auf der anderen Seite wissen wir genau, nachhaltig ist das nicht, weil wir es dann ja später auch ausgeben werden.

Auf der ökologischen Seite wird gestrafft oder gestraft, je nachdem. Das UBA, das Um­weltbundesamt, wird gestrafft. Vielleicht waren manche Sachen zu kritisch, ich weiß es nicht, das Personal wird jedenfalls reduziert. Das Institut für Bergbauernfragen wird ge­strafft, eigentlich nicht gestrafft, sondern es wird zusammengelegt mit dem Institut für Agrarwirtschaft; man kann auch sagen, es wird geschluckt. (Rufe bei der ÖVP: Das stimmt ja alles nicht! Das ist falsch! – Staatssekretär Dr. Ostermayer: Das ist falsch!)

Aber das Problem ist: Wenn wir bei den Kosten für die wissenschaftlichen Studien spa­ren, die Grundlage für Änderungen wären, dann sparen wir in letzter Konsequenz nichts. Denn wenn wir die Empfehlungen des UBA und die Studien des UBA immer ernst genommen hätten, dann bräuchten wir jetzt nicht noch einmal viele Millionen für zusätzliche Verschmutzungsrechte auszugeben. Würden wir die Studien ernst neh­men, die von diesen kritischen Instituten kommen, dann hätten wir wirklich gespart, und zwar nachhaltig.

Ein weiteres Problemfeld ist – wie immer bei mir – die Verkehrspolitik. Bei den ÖBB hat gleich bei Bekanntwerden, dass gespart werden muss, der Herr Vorstandsdirektor so­fort gesagt: Wir sparen und streichen die kleinen Verbindungen, wir brauchen nicht al­les zu investieren, wir brauchen auch den Marchegger Ast nicht zu elektrifizieren! Ein paar Wochen später hat der niederösterreichische Landeshauptmann gesagt, die Marchegger Schnellstraße muss sofort ausgebaut werden, selbst wenn das das Land Niederösterreich bezahlt. – Das ist nicht nachhaltig! Wenn man weiterhin wie in den letzten zig Jahren immer nur in die Straße investiert und bei der Bahn spart, dann wird sich das auf Dauer auswirken, und zwar ökologisch, ökonomisch und sozial.

Zum ökonomischen Bereich. – Es wäre schön – etwas, das wir uns immer wünschen und das auch die ÖVP angeblich gerne hätte –, eine Entlastung des Faktors Arbeit zu erreichen. Da sind wir sofort dabei. Das wäre hilfreich für die Arbeitnehmer, hilfreich für die Arbeitgeber, und Arbeitsplätze sind wichtig, dort und da, keine Frage. Aber, klar, wenn man auf der einen Seite den Faktor Arbeit entlastet, müsste man auf der anderen Seite einen anderen Faktor besteuern, und wenn es nach unserer ökologischen Steu­erreform ginge, dann wären das der Faktor Ressourcen und der Faktor Energie. Wir haben im vergangenen Jahr 12 Milliarden für Energieimporte ausgegeben. Das heißt, da ist es noch möglich, zu sparen, wenn wir Energie nicht importieren müssen, son­dern einfach durch unsere Wirtschaft produzieren. – Das ist einfach nicht passiert, die Energieimporte steigen weiter an.

Das heißt, es muss auch mit einer Steuerreform umgesteuert werden, mit einer ökolo­gischen Steuerreform, einer ökosozialen Steuerreform – dieses Wort hat die ÖVP schon oft in den Mund genommen; die SPÖ sagt meistens „soziale Steuerreform“ da­zu, wir kennen das Wort schon lange. Aber es passiert leider nicht! Es gibt immer nur so kleine Schrauben, 98 kleine Gesetzesänderungen, aber die haben nicht wirklich et­was mit sozialer Gerechtigkeit zu tun, diese 98 Schrauben, die da angezogen werden.

Es sind nicht alle schlecht, keine Frage, aber insgesamt ist das in Wirklichkeit ein Stückwerk und keine große Reform. Warum ihr so lange dazu gebraucht habt, um die­ses Stückwerk auszuklügeln und dann zu sagen, es sei nur alles in einem möglich, weshalb wir heute an einem Tag über 98 Gesetzesänderungen reden, das verstehe ich einfach nicht. Abgesehen davon, dass in Wirklichkeit die Opposition von der Diskus­sion ausgeschlossen wurde. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Na geh!)


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Ja, wir haben uns bei einer Ausschusssitzung dazusetzen dürfen und haben auch et­was sagen dürfen (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Na eben!), aber es ist doch von An­fang an verkündet worden: Das Paket ist fix geschnürt, daran wird nichts geändert. – Also was soll das? „Einbindung der Opposition“ ist einfach ein lächerlicher Ausdruck, weil es nicht passiert ist. (Bundesrat Mag. Klug: Es gibt halt welche, die regieren, und welche, die in Opposition sind!) Ja, es gibt welche, die regieren, und es gibt welche, die in Opposition sind, aber dann kann man das auch so sagen, dann braucht man nicht zu sagen: Das machen wir miteinander! (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Wenn ihr nicht wollt!), dann kann man nicht erwarten, dass die Opposition die Hand hebt; ich meine, ihr erwartet euch das ohnehin nicht wirklich, aber ihr tut halt so. In Wirklichkeit sagt ihr dann nicht einmal: Hebt die Hand! – Also das ist lächerlich. (Staatssekretär Dr. Oster­mayer: Dann müssen Sie es anschauen, Frau Kerschbaum!) Ihr schnürt ein Paket von 98 Gesetzesänderungen und sagt dann: Das machen wir miteinander! (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Das stimmt ja nicht!)

Ich sage ja, manche Dinge würde ich auch unterschreiben (Staatssekretär Dr. Oster­mayer: Aber Sie sagen, das Institut für Bergbauern wird gestrichen, aber es stimmt nicht!), aber ein Paket zu schnüren und dann zu sagen: Das machen wir miteinander, aber wir ändern nichts mehr!, das ist einfach lächerlich. Das ist keine Einladung, das ist eigentlich ein Schuss ins Knie. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vor­sitz.)

Kurzum – wir wünschen uns eine ehrliche ökosoziale Steuerreform und nicht 98 Geset­zesänderungen, die offenbar im Brainstorming entstanden sind und zum Teil leider sehr unausgereift sind. (Bundesrat Mag. Klug: Die akzeptiert werden von der Bevölke­rung!) – Die akzeptiert werden von den Regierungspolitikern (Bundesrat Mag. Klug: Von der Bevölkerung auch!), keine Frage, ihr habt sie ausgemacht, aber ihr könnt nicht verlangen, dass die Opposition bei so einem Stückwerk mitmacht. – Danke. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

14.30


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schweigkofler. – Bitte.

 


14.30.53

Bundesrat Johann Schweigkofler (SPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Werte Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie kön­nen sich vorstellen, dann, wenn das Wort „Sparpaket“ oder „Stabilitätspaket“ fällt – wie immer man das auch sieht; das ist so wie bei einem Glas, halb voll oder halb leer, oder wie bei einer Flasche, von welcher Seite man sie eben anschaut –, wird natürlich ein Bürgermeister immer sehr hellhörig und schaut sich an, was damit auf die Gemeinden zukommt. Das eigene Gemeindebudget kennt man am besten, und man weiß genau, wie es um die Finanzen der Gemeinde steht. Deshalb habe ich mir bei diesem Stabili­tätspaket natürlich ganz genau angesehen, was da auf uns Gemeinden zukommt.

Es wurde heute erwähnt, dass unser Gemeindebund-Präsident Mödlhammer immer warnend darauf hinweist, dass die Gemeinden keine Belastungen mehr vertragen. Dazu muss ich eines sagen: Gott sei Dank gibt es diesen Präsidenten! Würde er nicht warnen, sondern würde er sagen: Nur herbei mit den Belastungen! – was wäre das für ein Präsident? Solch einen hätten wir sofort abgewählt. Also ich muss sagen, unser Präsident schaut auf uns Gemeinden. Das sehen wir auch bei den Verhandlungen rund um die Vorsteuerabzugsberechtigung. Es ist gelungen, eben in ganz intensiven Verhandlungen, den Termin 1. April hinauszuschieben auf den 1. September, sodass die Gemeinden noch Investitionen tätigen können, die ja wiederum – muss man sa­gen – der Bauwirtschaft dienen und die dann letztendlich auch wieder Steuergeld in die Steuerkassen spülen.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 33

Aber schauen wir uns die Finanzen der Gemeinden in Österreich an. Dazu muss man eines sagen: Die Gemeinden kennen das Wort „sparen“ ja schon längst. Es hat auch kaum ein Bürgermeister freie Hand, denn die Gemeindebürger achten sehr genau da­rauf, wie man in der Gemeinde wirtschaftet. Die Zahlen 2010 der österreichischen Ge­meinden zeigen eindeutig, dass die Gemeinden damals ein absolut ausgeglichenes Budget hatten, ja sogar einen Überschuss von 48 Millionen €; 2010, die Zahlen für 2011 liegen noch nicht so genau vor. Wir wissen aber, dass im Jahre 2011 die Ertrags­anteile gestiegen sind, sodass auch 2011 die Gemeinden auf jeden Fall wieder ausge­glichen bilanzieren. Also wir haben unseren Teil zu diesem Sparpaket ja längst ge­leistet und werden ihn auch weiterhin leisten. Wenn jetzt 5,2 Milliarden von den Län­dern und Gemeinden – wir werden immer in einen Topf geworfen – verlangt werden, so haben die Gemeinden ihren Anteil sicherlich längst geleistet.

Was kommt auf die Gemeinden noch zu? – Etwas für uns sehr Erfreuliches: Die Be­wertung der Einheitswerte wurde vorgezogen. Wir alle drängen schon lange darauf, dass der Einheitswert endlich näher an den Verkehrswert heranrückt, sodass für die Fi­nanzierung der Gemeinden mehr Grundsteuer herausschaut. Das ist sicherlich einmal sehr positiv.

Vorsteuerabzugsberechtigung. – Das ist eine Trickserei gewesen. Ich bin jetzt seit 20 Jahren Bürgermeister, und ich kann sagen, es gab den Herrn Finanzminister Gras­ser, der, wie bekannt, sehr viel getrickst hat, Finanzkonstruktionen und solche Sachen (Zwischenruf des Bundesrates Pirolt), und der hat dann halt auch den Gemeinden das Angebot gemacht: Macht doch solche Finanzkonstruktionen! Gott sei Dank hat es da­mals bei uns in Tirol – Gott sei Dank, muss ich sagen – eine ÖVP-Landesrätin gege­ben, Frau Anna Hosp, die uns davor gewarnt und gesagt hat: Macht das nicht, lasst die Finger von solchen Sachen, irgendwann fällt ihr damit vielleicht auf die Nase!

Von 279 Gemeinden in Tirol haben 80 Gemeinden eine solche Konstruktion gewählt, haben ausgegliedert und so weiter. Auch mein Steuerberater in meiner Gemeinde hat gemeint: Das musst du machen, da ersparst du dir doch so viel Geld! Was, du sanierst jetzt die Volksschule und das Gemeindeamt und zahlst immer 20 Prozent Mehrwert­steuer?! – Da sagte ich: Nona! Das fließt in den allgemeinen Steuersäckel, und die Ge­meinden bekommen 11,7 Prozent davon. Mit der Trickserei beschneiden wir uns doch selbst! – Dass das abgeschafft worden ist, darüber bin ich persönlich, muss ich sagen, sehr froh.

Dasselbe habe ich auch bei den Banken gesehen. Bei uns in meiner Heimatgemeinde hat – Gott sei Dank – eine große Bank gebaut, also nicht die örtliche Bank, sondern ei­ne Immobiliengesellschaft der Bank, die ihren Sitz in Wien hat, um sich diese 20 Pro­zent zu ersparen.

Auf jeden Fall ist das aus meiner Sicht erfreulich, dass diese Steuerlücke jetzt ge­schlossen worden ist. Natürlich jammern manche Gemeinden sehr darüber – ich lese auch die Zeitungen –, und natürlich gibt es auch Vertreter des Gemeindebundes und des Städtebundes, die sagen, jetzt seien die Gemeinden nicht mehr zu finanzieren. Aber das stimmt wirklich nicht. In Österreich geben 50 Prozent der Gemeinden mehr aus, als sie einnehmen, aber 50 Prozent nehmen Gott sei Dank mehr ein – und es ist im Sinne der Solidarität, wenn man diese Mehreinnahmen aufteilt auf jene, die eben keinen ausgeglichenen Haushalt mehr erzielen können.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen – und ich muss sagen, das freut mich sehr, und dafür bedanke ich mich auch bei der Bundesregierung –, nämlich: Es gibt endlich eine Immobiliensteuer. Das muss ich wirklich sagen, denn das ist das Schließen einer Gerechtigkeitslücke.

Ich komme aus Oberndorf, Nachbargemeinde der Stadt Kitzbühel, und wir haben der­zeit einen Freilandpreis von 20 €. Wenn die Gemeinde umwidmet, liegt der Preis in


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Oberndorf bei 500 €, aber jenseits der Gemeindegrenze strahlt der Name Kitzbühel, und dort liegen die Preise bei mindestens 1 000 € oder auch bei 2 000, 3 000, 4 000 €. Wissen Sie, wozu das heute führt? – Heute gehen Grundbesitzer zur Gemeinde, ver­schenken von ihren 3 Hektar Grund 2 Hektar an die Gemeinde und lassen 1 Hektar umwidmen. Die cashen voll ab, steuerfrei!

Gott sei Dank ist diese Lücke jetzt geschlossen. (Zwischenruf der Bundesrätin Jun­ker.) – Du hast schon recht, aber ich würde manchmal fragen, ob das ein seriöses Ge­schäft ist. Ich weiß nicht, aber ich als Bürgermeister hätte da etwas Bedenken, ob ich mich nicht kaufen lasse, wenn jemand sagt: Da hast 2 Hektar und 1 Hektar widmest mir um! Er kann den Grund um 3 000, 4 000 € pro Quadratmeter verkaufen und muss dafür nie einen Cent Steuern zahlen, außer er legt es irgendwo an. Daher bin ich froh über diese Neuregelung.

In Tirol hat man auch überlegt, so eine Umwidmungssteuer zu machen, aber das ist verhindert worden. Landesrat Switak wollte das machen, muss ich zu seiner Ehre sa­gen, aber es hat dann große Lobbys gegeben, die das verhindert haben, und vor allem war der Landtag zu geizig, er wollte uns, den Gemeinden, nicht die 10 Prozent geben, die geplant gewesen sind. Das Land Tirol wollte alles kassieren, und so ist es dann letztendlich nicht dazu gekommen. Jetzt hat es der Bund gemacht – Gott sei Dank hat er es gemacht, der Bund –, und damit ist diese Gerechtigkeitslücke geschlossen wor­den.

Ich kann aus meiner Sicht und auch aus Sicht der Gemeinden, glaube ich, sagen, dass wir diesem Stabilitätspaket ruhigen Gewissens zustimmen können. Letztendlich kommt ja von den 5,2 Milliarden, die die Länder und Gemeinden einsparen sollen, die Hälfte wieder retour über diesen allgemeinen Ausgleich. Somit kann ich sagen: Als Bürger­meister bin ich zufrieden! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.38


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte.

 


14.39.09

Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Werte Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen heute wieder einmal hier, wir Bundesrätinnen und Bundesräte, und es wird, wie schon häufig, von uns erwartet, dass wir diese vor­gestern durch den Nationalrat gebrachte Gesetzesvorlage mehr oder weniger durch­winken. Das erwarten die Regierungsparteien von uns.

Als Optimistin gehe ich davon aus, wenn ich hier in die Runde schaue, dass wir tat­sächlich heute die Möglichkeit hätten, locker zwei Drittel zusammenzubringen, die die­sem Paket nicht die Zustimmung geben. Wenn ich in die Runde schaue, wie der Bun­desrat zusammengesetzt ist, dann sehe ich Vertreter der Arbeiterkammern, Vorstände, die denen zugehören, Vertreter der Wirtschaftsbünde, der Wirtschaftskammer, der In­dustriellenvereinigung, Bürgermeister, Vizebürgermeister, Touristiker, Landwirte und auch noch ein paar, die Lobbying für das Volk betreiben. Das bringt mich doch tat­sächlich zu der Aussage, dass ich Hoffnung hätte, dass man heute diesem Paket ein­fach eine Absage erteilt.

Ich möchte Ihnen heute die Aussagen in diversen Neujahrsreden von Vertretern der Arbeiterkammer, also von Menschen, die da an vorderster Front stehen, von AK-Präsi­denten, Wirtschaftsbündlern, in Erinnerung rufen. Es sind deren eigenen Worte – nicht, dass ich Gefahr laufe, dass man meint, diese Aussagen könnten auf irgendeinem per­sönlichen Ausfluss gewachsen sein. Das sind tatsächlich Aussagen von Menschen, die durchaus aus Ihren Reihen kommen, und ich gehe davon aus, das sind Experten, das


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sind Menschen, die sich tatsächlich auskennen, die wissen, wovon sie reden. Das sind nicht Träumer, sondern Menschen, die im tagtäglichen Umgang mit der Bevölkerung, mit dem Steuerzahler stehen und ihre Interessen vertreten. Das sind Interessenver­treter, und wir sind der verlängerte Arm und haben nichts anderes zu tun, als diese In­teressen der steuerzahlenden Bevölkerung zu vertreten und durchzusetzen.

Ich beginne mit der Arbeiterkammer Vorarlberg. Unser Arbeiterkammerpräsident Hu­bert Hämmerle hat in seiner Ansprache zum Beispiel ganz klar den aktuellen Stillstand in der Bundespolitik bemängelt, die Allmacht der Finanzmärkte und auch den schlei­chenden Demokratieverlust angesprochen. Er hat weiters darauf hingewiesen, dass Schröpfaktionen bei der steuerzahlenden Bevölkerung unfair, unsozial und einfallslos sind. Hämmerle hat das gesagt, nicht ich!

AK-Direktor Rainer Keckeis hat sogar gemeint, dass, obwohl die Erwartungshaltung eh schon nicht besonders groß war, der Regierung mit der Vorlage dieses Planes schon fast ein gelungener Akt geglückt sei. Und hier möchte ich ihn tatsächlich wörtlich zi­tieren, und er wusste damals nicht, dass mein Kollege Marco Schreuder heute fast das Gleiche sagen wird – die beiden trennen ja Welten. Also unser Direktor Rainer Keckeis hat wortwörtlich gemeint:

„Immerhin jammern alle betroffenen Gruppen mit angezogener Handbremse, weil letzt­lich die anstehenden Belastungen und Kürzungen nicht wirklich existenzgefährdend sind. Neben vielen kleinen Verlierern gibt es nur eine große Gruppe der Gewinner: das sind jene Personen, die über große Vermögen verfügen. Sie dürfen weiterhin ihre Stif­tungsprivilegien genießen und ihre Vermögen steuerfrei weitergeben, während alle an­deren, die ihr Geld mit Arbeit verdienen, kräftig zur Kasse gebeten werden. Das ist be­dauerlich und ungerecht, aber Ausdruck der herrschenden politischen Situation.

Aus Arbeitnehmersicht völlig unverständlich ist die Tatsache, dass zwar der Einstieg in die Pension schwerer und vor allem auch teurer wird, gleichzeitig aber keine Maßnah­me beschlossen wurde, die ein längeres Arbeiten überhaupt möglich macht.“ – Zitat­ende.

Ähnlich oder fast gleich gelagert sind auch die Aussagen von AK-Präsidenten Zangerl in Tirol sowie auch seiner Kollegen der anderen drei in der AK Tirol vertretenen Frak­tionen, die von No-Gos, von vertanenen Gelegenheiten und von Kürzungen reden. Al­so gehen natürlich die AK-Präsidenten davon aus, dass deren Vorstandsmitglieder, Kammerräte und wie sie denn alle heißen dieses äußerst mangelhafte Sparpaket ab­lehnen. Und solche Vertreter haben wir hier in unseren Reihen ja genug.

Das war jetzt einmal die Sicht der Arbeiterkammer – nicht meine, sondern die offizielle Arbeiterkammer-Meinung! (Staatssekretär Mag. Schieder: Tirol und Vorarlberg! Lan­desarbeitskammern!) Die anderen habe ich mir jetzt erspart. Es gibt ja auch noch  (Bundesrat Mayer: Dein Problem ist, du verstehst die Zusammenhänge nicht!) – Kol­lege Mayer, dein AK-Präsident Hubert Hämmerle hat ganz klar erwartet, dass du hier in diesem Gremium nicht zustimmst! (Bundesrat Mayer: Wir haben Strukturreformen gemacht!)

Wie auch immer, wir haben auch die Sicht der Wirtschaft zu beleuchten. Da gibt es ja die Wirtschaftsbünde, es gibt die Industriellenvereinigung, es gibt die Wirtschaftskam­mer. Von dieser Seite heißt es, dass diese Pläne nicht alternativlos sind, wie die Regie­rung das bezeichnet hat, sondern einfallslos sind. Die Regierung rechnet fix mit Ein­nahmen aus der Transaktionssteuer und den Goodwill-Zahlungen aus der Schweiz. Sie rechnet also mit Geld, das noch gar nicht da ist. Wenn das ein Unternehmen oder ein Privathaushalt tun würde, der würde um Kopf und Kragen kommen. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Zum Beispiel Veit Sorger von der Industriellenvereinigung – er ist sicher allen ein Be­griff – sagt ganz klar: Neue Steuern vernichten Arbeitsplätze und Wachstum. Sie ge-


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fährden den Wirtschaftsstandort und insbesondere die Leitbetriebe mit ihren über 250 000 Arbeitsplätzen. Statt falsch zu besteuern, muss die Regierung das Budget ausgabenseitig in den Griff bekommen.

Aus der IV kommt klar der Tenor: Steuern runter, Effizienz rauf! Neben der dringend er­forderlichen Umsetzung von Strukturreformen braucht der Industrie- und Arbeitsstand­ort eine offensive Wachstumsstrategie. Das heißt in Zukunft niedrigere Steuern und ei­nen effizienteren Einsatz der Mittel. Ziel muss es in einem Höchststeuerland sein, das wir ja sind, die Abgabenquote in einem ersten Schritt auf unter 40 Prozent zu bringen, mittelfristig sogar noch weiter auf das Niveau von Deutschland, das bei zirka 37 Pro­zent liegt, zu senken. Österreich liegt im Moment bei fast 46 Prozent, und alle schönen Worte in der Vergangenheit, aller Finanzminister, die wir bisher hatten, die immer die Abgabenquote senken wollten, hatten leider Gottes bis heute das Gegenteil zur Folge.

Alle Sparvolumina bei den Ausgaben hätten umgehend angegangen werden müssen. Wir leisten uns OECD-weit das viertteuerste öffentliche Gesundheitswesen und haben dennoch OECD-weit die zweithöchste Frühpensionsrate. Wir haben EU-weit die zweit­höchsten Bildungsausgaben pro Schüler und dennoch eines der schlechtesten PISA-Ergebnisse. Wir haben OECD-weit eine der höchsten monetären staatlichen Familien­leistungen und eine der geringsten Fertilitätsraten. Diese Zahlen zeigen, dass unser staatliches Transfersystem nicht effizient ist.

Die Industriellenvereinigung sagt auch, wo die Milliarden liegen: Die größten Einspa­rungspotentiale bestehen im Gesundheitswesen, in der Verwaltung und im Pensions­system. Ungerechte Frühpensionsprivilegien wie etwa die Hacklerpensionsregelung, die massive Verschwendung von Geld im Gesundheitswesen, Doppelstrukturen und unklare Zuständigkeiten in der Verwaltung sind sündteure Missstände, die endlich be­hoben werden müssen.

Und ein Bonmot vom Rechnungshofpräsidenten Dr. Josef Moser möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten. Er sagt nämlich:

Es kann nicht sein, dass man in das Budgetfass nur Steuergelder oben hineingießt, die dann unten bei den Effizienzlöchern wieder hinausfließen. Ohne umfassende und nachhaltige Strukturmaßnahmen wird es nicht gehen. (Bundesrat Perhab: Wo sind die FPÖ-Vorschläge? – Bundesrätin Zwazl: Was ist ein Effizienzloch? Ich weiß, was Ef­fizienz ist, und ich weiß, was ein Loch ist, aber was ist ein Effizienzloch?) – Fragen Sie Herrn Rechnungshofpräsidenten Moser, der wird Ihnen das im Detail erklären. Das wür­de jetzt zu weit führen.

Ich möchte aber auch noch die Sicht der Bürgermeister und der Vizebürgermeister, sprich der Gemeinden, hier ansprechen. Als Gemeindevertreterin ist mir dieses Thema nämlich ein ganz besonderes Anliegen.

Wie kann einem Politiker und seinen für ihn tätigen Beamten nur so etwas einfallen, von heute auf morgen Vorsteuerabzugsberechtigungen für Gemeindeprojekte einfach abzuschaffen, von heute auf morgen notwendige Projekte einfach um 20 Prozent zu verteuern?! Und das „Beste“ daran ist, diese wurden nur bei den GIGs und LIGs, also Gemeinde- und Länderimmobiliengesellschaften, zurückgenommen, nicht bei den Bun­desimmobiliengesellschaften. (Staatssekretär Mag. Schieder: Das stimmt doch gar nicht!) Selbstverständlich stimmt das! (Staatssekretär Mag. Schieder: Das stimmt nicht!) Ja selbstverständlich stimmt das! (Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner: Das stimmt doch nicht!) Dann nimmt mich wunder, wieso die Länder (Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner: Sie haben alte Papiere!)

Ich habe keine alten Papiere, Frau Bundesminister, ich habe schon die neuen Papiere. Ich weiß auch, dass die Landeshauptleute versucht haben, diesem Gleichheitsgrund­satz entgegenzuwirken, und erreicht haben, dass jetzt diese Vorsteuerabzugsvariante


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verschoben wurde bis September. Aber sie ist nur verschoben. Was notwendig ge­wesen wäre, ist, dass man sie verhindert hätte, nicht sie nur zu verschieben, weil sich diese Verteuerung auf den gemeinnützigen Wohnbau auswirkt und sich dadurch die Wohnbaukosten ganz gewaltig erhöhen werden. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein Blöd­sinn! – Ruf bei der ÖVP: Das hat mit dem gemeinnützigen Wohnbau überhaupt nichts zu tun!) Das ist aber traurig genug, wenn Ihnen diese Zusammenhänge nicht bekannt sind! (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Weil es keine gibt!)

Es gibt eine ganz klare Aussage – der Kollege Bürgermeister hat es bereits gesagt – von den diversen Bürgermeisterkollegen, die Resolutionen geschickt haben. Ich gehe schon davon aus, dass Sie das auch gelesen haben, und nicht nur ich. Mödlhammer hat sich dementsprechend zu Wort gemeldet oder zum Beispiel auch die Pinzgauer Bürgermeister, die in diversen Resolutionen darum gebeten haben, diesem Paket nicht zuzustimmen. Also offensichtlich sind Ihnen diese Resolutionen nicht bekannt. Das ist schade.

Dann gibt es zu guter Letzt noch die Sicht des Bürgers, des Steuerzahlers. Wir Politi­kerinnen und Politiker sind immer enttäuscht und haben Frust, wenn wir der Meinung sind, dass wir beim Bürger nicht mehr gut angesehen sind. Aber wir sollten nicht glau­ben, dass der Bürger die Machenschaften nicht durchschaut.

In der letzten Vergangenheit musste der Bürger mit ansehen, dass Banken Gelder in einer Größenordnung verzockt haben, die sich die Menschen gar nicht vorstellen kön­nen. Diese verzockten Gelder wurden mit den Steuereinlagen oder mit den Geldeinla­gen der Steuerzahler abgedeckt (Bundesrat Tiefnig: So ein Blödsinn!), und nun, nach­dem es tatsächlich Crashs gegeben hat, müssen noch einmal die Steuerzahler diese Banken sanieren.

Die dafür Verantwortlichen wurden nicht zur Verantwortung gezogen, es gibt also keine entsprechende Strafverfolgung, nein, die Verantwortlichen werden dann noch mit zu­sätzlichen Boni dafür belohnt.

Die Leute sehen auch, dass die aktuellen Verträge von Lissabon – jetzt kann man da­für sein oder nicht dafür sein, Fakt ist, dass wir diese Verträge haben – schon sie­benfach von den Regierungen gebrochen wurden, was überhaupt keine Konsequen­zen hat. Ich möchte nur drei Punkte herausnehmen:

1. Die Regierungen dürfen einander nicht mit Finanzhilfen stützen. Das steht in Arti­kel 125 VAEU. Die Rettungsschirme wurden aber genau zu diesem Zweck aufge­spannt.

2. Milliardenunterstützungen für Industriekonzerne und Banken verstoßen gegen das Beihilferecht: Artikel 107 VAEU.

3. Das Defizit der Eurostaaten darf 3 Prozent nicht übersteigen. Das schreibt Arti­kel 126 VAEU fest. 2011 betrug das durchschnittliche Defizit in der gesamten Eurozo­ne jedoch 6,1 Prozent.

So viel dazu, wie Verträge eingehalten werden. Diese Vertragsbrüche sind nie Gegen­stand von Strafverfolgungen, darüber wird nicht einmal aufgeregt diskutiert.

Zusammenfassend möchte ich sagen, das Wort „Sparen“ sollte nicht nur als Teil des Wortes „Sparpaket“ festgeschrieben sein, nein, es gäbe Möglichkeiten genug, tatsäch­lich zu sparen. Jeder kleine Unternehmer, jede Familie, jeder Einzelne muss eigenver­antwortlich seine Ausgaben entsprechend kürzen, wenn die Einnahmen nicht reichen. Der Österreich-Konvent, der Rechnungshof sowie WIFO und IHS weisen darauf hin, dass sich die Koalition alle geplanten Maßnahmen ersparen könnte, wenn sie nur end­lich die Verwaltungsreform angehen würde. Aber auch durch das Aussetzen der jährli­chen Werbekosten für Ministerien, Staatsbetriebe und öffentliche Institutionen oder


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durch den kurzfristigen Abbau von Pensionsprivilegien, den Ausstieg aus den Euratom-Verträgen oder auch aus dem Kyoto-Protokoll könnten Millionenbeträge eingespart wer­den.

Setzen wir also ein Zeichen und sagen wir Nein zu diesem alternativlosen, aber durch­aus einfallslosen Sparpaket! Die FPÖ tut es hiermit. (Beifall bei FPÖ und Grünen. – Staatssekretär Dr. Ostermayer: „Alternativlosen“?!)

14.54


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


14.54.10

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das einmal heute schon gesagt und ich kann es nur wiederholen: Ich würde Sie von der Freiheitlichen Partei bitten: Sagen Sie gleich, Sie wollen nicht – und aus! Konfrontieren Sie uns doch bitte nicht immer mit Plattitüden!

Mein Werbebudget in meinem Haus beträgt 2 Millionen €. Wollen Sie den Österreiche­rinnen und Österreichern erklären, wenn ich die 2 Millionen € einspare, dass alles gut ist?! Für wie vertrottelt halten Sie die Menschen?! (Zwischenruf der Bundesrätin Mi­chalke.) Ich nehme das Wort zurück, aber: Für wie naiv halten Sie die Menschen?

Behaupten Sie doch bitte nicht Dinge, die nicht stimmen! Es ist die BIG überhaupt nicht ausgenommen, es sind die Bundesforste überhaupt nicht ausgenommen. Es sind alle hier im gleichen Boot. (Bundesrätin Michalke: Seit wann?) Na seit immer! Entschuldi­gen Sie, lesen Sie doch, Frau Kollegin! Seit der Regierungsvorlage ist keiner ausge­nommen. Punkt. Ende. Und das ist das, was die Regierung eingebracht hat, und das, was zählt. Es gibt keine Ausnahmen!

Ich verstehe natürlich, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister da jetzt etwas emo­tional sind, das kann ich schon verstehen. Das wird die Gemeinden Österreichs zwi­schen 40 und 50 Millionen € mehr kosten. (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.) Nein, kosten! Bitte hören Sie zu! 100 Millionen € netto sind die Mehreinnahmen, die die Gemeinden bekommen durch das, was an Steuern mehr aufkommt. Schauen wir uns doch einmal die Gesamtrechnung an, und streuen Sie da nicht immer etwas hi­nein!

Wenn Sie hier heute behaupten, es sind zwei Punkte drinnen, die noch nicht ganz ab­gesichert sind: Ja, wir sind dabei! Jeder Betrieb, der sein Budget erstellt, trifft eine vo­raussichtliche Annahme, was er an Aufträgen erzielen wird, aber es gibt keinen Betrieb in Österreich, der bei Beginn der Budgeterstellung bereits für das gesamte Budgetvoll­zugsjahr 100 Prozent der Aufträge rechtskräftig unter Dach und Fach hat. Keinen Be­trieb Österreichs! Wir haben sehr viele KMUs, die einen ungefähren Umsatz wissen, aber es weiß keiner, ob er das, was er jetzt im April an Aufträgen hereinbringt, auch im September an Aufträgen hereinbekommen wird. Die Tourismusbranche stellt tausende Betten zur Verfügung, sie weiß aber auch nicht, ob sie jeden Tag belegt sein werden.

Wir haben hier Aufgaben vor uns, die wir in den beiden Punkten seriös abarbeiten kön­nen, und das werden wir auch tun. Nicht umsonst haben wir auf Beamtenebene mit der Schweiz schon längere Zeit Verhandlungen. Das ist ja nicht aus Jux und Tollerei, das ist ja keine Showpartie! Halten Sie doch bitte nicht die Regierung für so naiv, dass wir da etwas hineinschreiben, was wir nicht einigermaßen abgesichert haben! Was fehlt, ist die rechtskräftige Unterschrift, ist der Beschluss des Schweizer Bundestages, auch der Beschluss der österreichischen Gremien. Das fehlt, ja. Und wenn man der Frau Fi­nanzministerin zugehört hat, weiß man, das wird ein Jahr dauern, bis wir das Proce-


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 39

dere durch haben. Aber wir haben das gesamte Jahr 2013 Zeit, diese Einnahme zu lu­krieren.

Wenn hier die Hacklerpension angesprochen wird, dann darf ich Sie an etwas erinnern. Schauen Sie sich die Anträge Ihrer Partei an, die ich bekomme, weil ich vorgeschlagen habe, die Regelungen betreffend die Langzeitversichertenpension mit „Loipersdorf“ zu verändern! Ihre Partei hat mich kritisiert auf Teufel komm raus, wie ich es wagen kann, diese Pensionsform für die Fleißigen, für die Tüchtigen, für die Braven zu verändern. Und dann stellen Sie sich da her ... (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke.) – Na ha­ben Sie überhaupt keine Meinung? War das eine Leseübung, oder hat die FPÖ auch eine Meinung dazu? Nicht böse sein!

Die FPÖ hat mich persönlich angegriffen, weil ich in Loipersdorf– wie auch die Interes­senvertretungen – zugestimmt habe, dass wir bei der Langzeitversichertenpension von 60 auf 62 hinaufgehen. Und sich heute hinzustellen und zu sagen, die Langzeitpension gehört überhaupt ersatzlos weg: Na bitte, was soll das? Wir haben uns bemüht, diese Pensionsform zu verändern, und das haben wir getan, weil wir der Meinung sind – und da sind wir uns alle einig –, dass ein längerer Verbleib im Erwerbsleben ein notwendi­ger Punkt ist.

Wir haben aber noch etwas bei diesem Paket gemacht. Ich habe zuerst meinem Kolle­gen Schieder nicht zugehört, das ist fast nicht entschuldbar. (Heiterkeit.) Vielleicht wie­derhole ich da jetzt etwas, wenn ich sage, wir haben auch ein ganzes Paket von Of­fensivmitteln hier mitverhandelt. Und zwei Punkte der Offensivmittel betreffen mein Ressort. Wir haben den Pflegefonds bis 2016 abgesichert, und wir haben die Mittel für die „Aktivierende Arbeitsmarktpolitik“ für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wo wir wissen, dass wir große Schwierigkeiten haben, in diesen vier Jahren um noch einmal 750 Millionen € in Summe erhöht, weil wir der Meinung sind, wir brauchen diese Offensivmittel, um diesen Menschen auch die Chance zu geben, länger im Erwerbsle­ben verbleiben zu können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Ertl: Und dann noch mit Freizeitausgleich in Pension schicken!)

Ich weiß nicht, was Sie mit „mit Freizeitausgleich in Pension schicken“ meinen. Ich ha­be keine Ahnung. (Bundesrat Ertl: Die Frau Minister hat gesagt, dass Polizisten die letzten Jahre die Überstunden ! – Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner: Aber vom Zeitwertkonto!)

Ja, schauen Sie, Herr Bundesrat, da muss man halt immer zuhören. Die Frau Innenmi­nisterin kann das natürlich alles selber beantworten, aber: Die Frau Innenministerin und die Personalvertretung des Ressorts, vor allem der sogenannten Sicherheitswache oder Polizei, sind dabei, ein längerfristiges Lebensarbeitszeitkonto zu verhandeln. Das kann man in einem so geschlossenen Korps, wo es keine Betriebswechsel gibt, ma­chen – es gibt Dienststellenwechsel, aber es bleibt immer Polizei. Da kann man so et­was verhandeln.

Und wenn diese Verhandlungen gelingen, mit allem, was da dazugehört – das sind sehr komplizierte Verhandlungen mit sehr vielen Wenn und Aber, Für und Wider, aber wenn es gelingt, dass diese Verhandlungen positiv geführt werden können, dann sind das Zeiten, die sich die Menschen selbst erarbeitet haben. Da ist nichts geschenkt, sondern das sind Zeiten, für die die Menschen massiv viel selber gearbeitet haben.

Wenn es gelingt, so ein Modell zu entwickeln, wo man sagt, man hat auch Freizeitpha­sen drinnen – denn es kann ja auch sein, dass einer mit 50 sagt: Ich nehme mir jetzt ein halbes Jahr Auszeit!; das ist bei einem Zeitwertkonto möglich –, und ich nehme an, dass die Verhandlungen sehr intensiv werden – wer die Personalvertretungen dort kennt, weiß, dass das sehr intensive Verhandlungen werden –, dann bedeutet das aber doch nicht, jemanden etwas früher in Pension zu schicken, sondern für einen Teil seiner


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Zeit, die er sich erarbeitet hat, bekommt er eben nicht Überstunden ausbezahlt, son­dern konsumiert das mit einem Speicher. – Das sind ganz klare Punkte. (Bundesrat Ertl: Aber es fallen die Überstunden weg, und das ganze Geld fällt weg für die Kolle­gen!)

Aber überhaupt nicht! – Schauen Sie, wir haben in Österreich ein bisschen ein Pro­blem: Wir sind Weltmeister im Überstundenmachen, sind Weltmeister in „Gib ihm, gib ihm!“ – und dann sind wir Weltmeister darin, zu sagen, mit 58 muss es aus sein.

Das müssen wir durchbrechen, es hilft nichts. Wir müssen versuchen, länger gesünder im Erwerbsprozess zu bleiben. Und Sie können versichert sein – noch einmal: das ist eigentlich nicht mein Ressort und geht mich nichts an, aber: Sie können versichert sein, dass das, wenn es umgesetzt wird, mit einem vernünftigen Kompromiss der Ge­werkschaft Öffentlicher Dienst, der Personalvertretung in diesem Ressort umgesetzt wird. Das ist kein Diktat, das ist nichts Einseitiges – überhaupt nicht, nicht einmal an­satzweise.

Und der Grund, warum die Interessenvertreter, die teilweise auch anwesend sind, ei­nem vernünftigen Kompromiss zustimmen, ist eben: weil dieses Paket ein Kompromiss ist. Wie jedes Stabilitätspaket bringt es natürlich Betroffenheiten mit sich, gar keine Frage, aber es ist ein Paket, das einigermaßen sozial ausgewogen ist und einigerma­ßen eine soziale Symmetrie aufweist.

Dass wir seitens meiner Regierungspartei in dem einen oder anderen Punkt mehr ma­chen wollten, ja, das ist kein Geheimnis, genauso wie die andere Regierungspartei in dem einen oder anderen Punkt. Aber wir leben in einer Welt einer Koalition und eines Kompromisses.

Und dass wir in dieser Welt nicht so schlecht liegen, zeigt auch der Umstand, dass die wesentlichsten Interessenvertretungen dieses Landes mit diesem Paket leben können. Ja, sie können damit leben. So werden Sie zum Beispiel alle No-gos, die die Arbeiter­kammer definiert hat, in diesem Paket nicht vorfinden, wenn man es genau betrachtet. Demzufolge ist es ein Paket, das in die richtige Richtung geht.

Eines nämlich möchte ich schon erwähnen – Sie werden es am Montag und am Diens­tag in den österreichischen Zeitungen und auch in den internationalen Zeitungen le­sen –: Es wird uns mit hoher Wahrscheinlichkeit gelungen sein, das 20. Monat Europa­meister zu sein mit der niedrigsten Arbeitslosigkeitsquote der Europäischen Union. Und ich glaube, darauf können wir stolz sein, dass wir die niedrigste Arbeitslosigkeitsquote haben. Und worauf wir auch stolz sein können – wir werden das auch nächste Woche ausweisen –, ist ein weiteres Plus bei den Beschäftigten.

Machen wir daher das Land nicht schlecht! Wir sind gut unterwegs. Wir sind aber auch in dieser Phase des Gut-unterwegs-Seins verpflichtet, gewisse Ausgabenrahmen zu reduzieren, gewisse Grenzen wiederum etwas zu minimieren.

Und das tun wir mit diesem Paket. Wir fahren nicht brutal rein. Wir sagen nicht brutal: Das muss weg, das muss weg! – Das tun wir nicht. Es ist ein ausgewogener Kom­promiss, zu dem Sie gerne Ihre Zustimmung geben könnten, wissend, dass Sie das seitens Ihrer Parteileitung nicht tun dürfen. – Danke schön. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Bundesrates Ertl.)

15.05


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Ich begrüße Herrn Wissenschaftsminister Dr. Töchterle bei uns hier im Bundesrat. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Frau Innenministerin Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 41

15.05.29

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Geschätzte Herren Minister! Geschätzte Staatssekretäre! Ich möchte ganz kurz auf die Zwischenrufe des Herrn Bundesrates Ertl replizieren. Zuvor möchte ich aber die Chance und die Möglichkeit nutzen, einmal ein herzliches Danke auch an unseren Koalitionspartner, an die SPÖ, für die wirklich sehr konstruktiven Verhandlungen in den letzten Wochen und Monaten zu sagen.

Ja, wir können stolz sagen, wir haben hier ein Konsolidierungspaket auf den Weg ge­bracht, mit dem wir in erster Linie ausgabenseitig sparen und dann eben auch gewisse Steuerlücken geschlossen haben.

Warum dieser Fokus auf die Ausgabenseite? – Weil wir ganz klar wissen, dass wir in der Republik Österreich zu viel ausgeben, aber sicherlich nicht zu wenig einnehmen. Deswegen sind wir auch stolz, dass wir gerade im Bereich der ausgabenseitigen Maß­nahmen sehr viel zustande gebracht haben und dass hier vor allem auch sehr viele Verwaltungsreformen mit dabei sind.

Eine wurde heute schon angesprochen, nämlich im Bereich des Pensionssystems: ein Pensionskonto ab dem Jahr 2014 – ein ganz, ganz großer Sprung. Und selbstver­ständlich gibt es auch viele andere Verwaltungsreformen in den anderen Bereichen.

Ich möchte zu meinem Bereich kommen und zu den Anmerkungen des Herrn Bundes­rates Ertl. Selbstverständlich ist jeder einzelne Minister hier gefordert, in seinem Res­sort Reformen zu setzen, und selbstverständlich ist da auch das Bundesministerium für Inneres nicht ausgenommen, wo auch wir, seitens der Polizei, unseren Beitrag zu leis­ten haben.

Es sind dies durchschnittlich pro Jahr 50 Millionen € bis zum Jahr 2016. Und Sie wis­sen ganz genau, dass wir mit der Personalvertretung vereinbart haben, dass es dazu entsprechende Arbeitskreise, Verhandlungen geben wird: zum Ersten zum Thema Zeit­wertkonto, zum Zweiten zum Thema Einsatz von Expertinnen und Experten und zum Dritten zum Thema Verbesserung der Organisation, noch mehr an Effizienz.

Und was das Thema Zeitwertkonto betrifft, so wissen Sie auch ganz genau, dass das sogar eine Forderung ist, die die Gewerkschaft, die Personalvertretung innerhalb der letzten Jahre nicht nur einmal, sondern öfters gestellt hat.

Und jetzt ergreifen wir die Chance und setzen dieses Zeitwertkonto letztendlich auch um, ein Zeitwertkonto, das zu einer Win-win-Situation für alle Betroffenen führen soll – sowohl für die Polizistinnen und Polizisten als auch selbstverständlich für den Dienst­geber. Wir sind da auf einem sehr guten Weg und haben sehr konstruktive Verhand­lungen.

Ich bitte Sie aufseiten der freiheitlichen Fraktion nur, nach all dem, was ich heute hier von Ihrer Seite gehört habe: Beschäftigen Sie sich bitte mit dem Konsolidierungspaket! Beschäftigen Sie sich mit seinen Inhalten – und dann, bitte, erst die Kritik!

Akzeptieren Sie es, dass das das größte Reformpaket in der Zweiten Republik ist und dass wir hier sehr gut gearbeitet haben. Stellen Sie einen internationalen Vergleich an! Schauen Sie sich um in anderen europäischen Ländern, dort, wo auch Maßnahmen und Reformen gesetzt worden sind, wo die Menschen demonstriert haben, wo die Menschen auf die Straße gegangen sind – und schauen Sie sich um in Österreich, wo jeder sagt: Ja, wir sind mit diesem Paket gefordert, aber nicht überfordert! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.08


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 42

15.09.06

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Minister und Ministerinnen! Ich freue mich, dass heute die Regie­rungsbank derartig gut besetzt ist. Das ist, glaube ich, ein Zeichen dafür, dass der Bun­desrat doch nicht umsonst ist, so wie die Herren Jenewein und Schreuder in der Sen­dung „Report“ im Fernsehen gesagt haben, nämlich dass der Bundesrat in dieser Form aus ihrer Sicht ja sowieso aufgelöst gehört. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Herr Kollege Schreuder, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen: Eintritt in die Politik und Austritt aus der Politik sind noch immer freiwillig. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

Vielleicht – beziehungsweise das ist ja ziemlich sicher – kandidiert ja in Wien nächstes Jahr auch die Piratenpartei. Vielleicht ist dort noch ein Obmann gesucht. Ich glaube, dann hätten Sie dort eine hilfreiche Aufgabenteilung. (Ruf bei den Grünen: Zur Sache!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Michalke, man kann Ihnen ja in der Analyse in großen Punkten auch zustimmen. Das ist ja gar nicht so weit weg von der sachlichen Ebene. Aber was ich vermisst habe in Ihren Ausführungen: Wo ist ein Vorschlag gewesen, wie Sie es machen würden, wenn Sie in der Regierung wären, wie Sie die Kunst zusammenbringen würden, ein Budget und Konsolidierungspaket zu erstellen, das es aber der Wirtschaft, dem Wirtschaftsstandort Österreich ermöglicht, auch in Zukunft positive Zahlen zu schreiben?

Wenn Sie heute die „Presse“ oder sonstige Medien lesen, dann erfahren Sie, dass wir Gott sei Dank im ersten Quartal schon wieder positive Konjunkturdaten haben. Das heißt, die Realwirtschaft wird nicht gedämpft. (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, das ist 2011, bitte! Ich hab’ das gelesen! 2011!) – Auf der zweiten Seite ist das erste Quartal abgebildet – des Jahres 2012 –: Also das Konsolidierungspaket verursacht keinen Ab­schwung oder keine Abschwächung der Konjunktur, beziehungsweise in einem margi­nalen Ausmaß. Das, glaube ich, können die Wirtschaftsforscher jetzt schon konstatie­ren.

Und das Zweite, die zweite Kunst bei diesem Konsolidierungspaket – und daher ge­bührt der Regierung hier doch einmal auch Respekt und Anerkennung (Staatssekretär Dr. Ostermayer: „Doch einmal“?! – Hallo!) – ist, dass durch die Verhinderung von Massensteuern die Kaufkraft gewahrt bleibt und wir in Österreich davon ausgehen kön­nen, dass auch der private Konsum nicht wegbricht, sondern die nötigen Umsätze für die österreichische Wirtschaft weiterhin gesichert sind.

Und weil Sie gesagt haben, Frau Kollegin Mühlwerth, es sei alles viel zu kurz gewesen und zu schnell gegangen und so weiter: Ich habe als Touristiker dieses Stabilitätspaket vor zwölf Tagen bekommen, wir haben es aufmerksam durchgelesen und sind draufge­kommen, dass auch für uns in der Tourismuswirtschaft einige Punkte drin sind, die uns gar nicht gefallen haben. Was haben wir gemacht? – Wir haben uns auf Sozialpartner­ebene zusammengesetzt, und wir haben Gott sei Dank den Herrn Sozialminister Hundstorfer mit Argumenten überzeugen können, dass die Auflösungsabgabe im Tou­rismus nur auf langjährige Dienstverhältnisse zutrifft und nicht auf rein saisonale Dienstverhältnisse. Wir haben im Tourismus 60 000 Dienstverhältnisse, die gelöst wer­den, aber nicht aus Jux und Tollerei, weil die Arbeitgeber keine Mitarbeiter beschäfti­gen wollen, sondern weil die Planai eine Woche nach Ostern zusperrt und im Winter 370 Mitarbeiter hat und im Sommer 80. Also muss sie 290 kündigen, und die fangen im nächsten Winter in der Saison wieder an. Diese Abgabe hätte die Planai allein mit 60 000 € belastet. Und das haben wir Gott sei Dank wegverhandelt. Das ist gute ös­terreichische Tradition, in der Begutachtungszeit auf Sozialpartnerebene zu versuchen, solche Dinge mit Argumenten wegzubringen, und nicht im Nachhinein zu sagen: Das geht zu schnell! Oder: Das geht zu langsam! Wir hatten keine Möglichkeit, das Paket


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zu studieren! (Bundesrätin Mühlwerth: Die Anträge der Opposition werden ja sowieso immer abgelehnt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wenn Sie der Bevölkerung – und hören Sie sich an der Basis ein bisschen um! (Bundesrat Ertl: Die haben eine ganz schlechte Meinung über die ÖVP!) – heute reinen Wein einschenken – und wenn ich als Gastwirt das sage, dann hat das eine besondere Bedeutung; der steirische Wein ist ja außer Obligo, der ist ja sowieso der beste Österreichs (Bundesrätin Zwazl: Na, na, na, na, na!); aber das sei nur nebenbei gesagt –, wenn Sie der Bevölkerung reinen Wein einschenken in dem Sinne, dass Sie sagen: Lieber Mitbürger, was ist dir lieber: Ist dir lieber, wir machen diese Maßnahmen nicht, wir schauen zu, wie der österreichi­sche Staatshaushalt bis 2016 in eine Dimension gerät, wo wir jede Handlungsfähigkeit verlieren, wo wir nicht mehr Herr im eigenen Haus sind und wo wir uns damit abfinden müssen, dass, wie in Griechenland oder vielleicht demnächst auch in Spanien oder sonstwo, eine Troika kommt, die uns vorgibt, was wir im Parlament zu beschließen ha­ben, ob wir Pensionen kürzen, ob wir das 13. und 14. Monatsgehalt abschaffen, ob wir den Mindestlohn senken, und, und, und?, dann glaube ich: Dieses Szenario will die österreichische Bevölkerung ganz sicher nicht. Und daher wird sie meiner Meinung nach dieses Maßnahmenpaket mit großer Mehrheit mittragen, zwar teilweise mit Schmer­zen, aber mittragen, weil die Zukunft unserer nächsten Generationen einfach zu sichern ist.

Da Sie, Herr Kollege Schreuder, immer von den Vermögensteuern und sonstigen Steu­ern sprechen: Wissen Sie überhaupt, wie in Österreich Vermögen entstanden ist? Schauen Sie sich einmal die Landkarte von Österreich 1945 an, wo die österreichische Bevölkerung mit nichts begonnen hat, tatsächlich mit nichts – mit einer demontierten Industrie, mit einer zerstörten Infrastruktur! Meine Großeltern, meine Eltern und viele Tausende andere haben damals begonnen, sich aus dem Nichts einen spärlichen Wohlstand mittels Vermögensaufbau zu erwirtschaften.

Und genau die wollen Sie heute wieder zur Kasse bitten, weil sie sich ein Haus gebaut haben (Bundesrat Schreuder: Wie wollen Sie die Schere schließen?), weil sie sich ei­nen Betrieb geschaffen haben? (Bundesrat Schreuder: Wie wollen Sie die Schere schließen?) Meine Eltern haben mit null begonnen, aber nicht mit einer 38,5-Stunden-Woche und mit sechs Wochen Urlaub, sondern mit sieben Tagen Arbeit in der Woche, ohne Urlaub, ohne Ruhetag, mit Fleiß und ihrer Hände Arbeit (Bundesrat Schreuder: Wie wollen Sie die Schere schließen?), damit ich heute einen Betrieb führen kann mit acht Mitarbeitern. Das ist zwar nicht viel, aber es ist ein Betrieb, der noch immer Profite abwirft und der hoffentlich auch in Zukunft Mitarbeiter beschäftigen wird. – So ist in Ös­terreich Vermögen entstanden! Und: Lassen Sie die Finger vom Eigentum der österrei­chischen Bürger! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch einen Punkt hervorheben, den Herr Bundesminister Hundstorfer schon angesprochen hat. Erstens einmal möchte ich Danke sagen für seine Aufnahme unserer Argumente betreffend die Auflösungsabgabe. Minister Mitterlehner und er ha­ben das auf der Sozialpartnerebene verhandelt. Besonders für uns aus der Wirtschaft ist auch die Verlängerung der Aktion zur thermischen Sanierung erfreulich, also ein Teil der Offensivmaßnahmen, die sich insgesamt auf 6 Milliarden € belaufen. Ich glaube, das ist auch ein Beispiel dafür, dass sowohl auf der einen Seite als auch auf der an­deren Seite ausgeglichen ein Paket erstellt wurde, mit dem die Österreicher in Zukunft gut leben werden und das sie auch akzeptieren werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.16


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Schreuder zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass eine tat-


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 44

sächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und die Darstellung des berichtigten Sachverhalts zu beschränken. – Ich erteile Ihnen das Wort.

 


15.17.05

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Wort zum „Report“-Interview, das Sie hier erwähnt haben, Herr Kollege Perhab. – Wo sitzt er? – Da.

Ja, ich habe gesagt, dass, wenn der Bundesrat nicht reformiert wird, ich für die Ab­schaffung bin. Dazu stehe ich.

Zum Zweiten: Wenn Sie mir, einem kritischen Geist, der hier arbeitet, das nicht zuge­stehen wollen, kritisch zu sein und zu hinterfragen, ob das Sinn macht, was wir hier machen, und darüber nachzudenken, wie man es reformieren kann, dann haben Sie, mit Verlaub, ein anderes Berufsethos als ich. Denn ich finde: Je mehr kritische Geister hier sind, desto mehr würde das dem Haus guttun. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Bundesräten der FPÖ. – Staatssekretär Mag. Schieder: Das war eine tatsächliche Bestätigung!)

15.17


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte.

 


15.18.08

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Vieles wurde schon gesagt. Ich möchte auf ganz wenige Punkte ein­gehen. Und Sie, sehr geehrte ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen, können die Diskussion ja zum Glück mitverfolgen, und es ist eine Diskussion um das berühmte Glas: Ist das Glas halb voll oder halb leer? (Der Redner hebt das auf dem Rednerpult stehende Wasserglas in die Höhe. – Bundesrat Kneifel: Das ist halb voll! – Weitere Zwischenrufe.) Halb voll. – Und da das Wiener Wasser sehr gut ist, trinke ich einmal einen Schluck herunter. (Der Redner trinkt aus dem Glas. – Bundesrat Kneifel: Jetzt wird es schon leer!)

Aber Spaß beiseite! Ich glaube, es geht darum, was wir alle daraus herauslesen möch­ten. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Mag. Klug.) Und dass da die Opposition einen anderen Zugang hat als die Regierungsparteien, das liegt, glaube ich, auch ganz klar auf der Hand und in der Natur der Sache.

Faktum ist: Das, was der Herr Sozialminister gesagt hat, stimmt: Wir haben eine hohe Beschäftigung, wir haben die geringsten Arbeitslosenzahlen, und wir haben im euro­päischen Vergleich die geringsten Arbeitslosenzahlen unter Jugendlichen. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist das Erfolgsmodell Österreich!) Das ist ein Erfolgsmodell. (Ruf bei der ÖVP: Danke!)

Faktum ist auch, dass wir eines der besten Sozialsysteme in Österreich haben (neuer­licher Ruf bei der ÖVP: Danke!) – auch da stimmen Sie sicherlich mit mir überein. (Bundesrat Mag. Klug: Bravo!) Danke.

Aber ich sehe, wenn ich hier reinschaue, auch Folgendes – und das ist das, was der Kollege Franz Perhab angesprochen hat –, und zwar nicht nur ich, sondern auch viele, viele andere, Institutionen und Wissenschaftler, die in diesem Bereich tätig sind: dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht.

Wenn freiheitliche und grüne PolitikerInnen anfangen, hohe Funktionäre aus der Arbei­terkammer zu zitieren, dann müssten insbesondere bei der Sozialdemokratie die Alarmglocken läuten. (Ruf: Das waren die schwarzen Arbeiterkämmerer! – Zwischenruf


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 45

der Bundesrätin Mühlwerth.) Denn: Die Steuern sind zum Steuern da, das wissen wir. Es steht in keinem objektiven Gesetz geschrieben, dass der Großteil des volkswirt­schaftlichen Reichtums nur einer Minderheit zugutekommen muss.

Schauen wir uns das an! Das sind aktuelle Zahlen zur Verteilung von Reichtum und Armut: „Die Einkommens- und Vermögensschere in Österreich geht immer weiter aus­einander. Im vom Sozialministerium veröffentlichten Sozialbericht wird diese Entwick­lung mit aktuellen Zahlen der Nationalbank untermauert.“ – Na da schau her, das sind doch keine Grünen, gell?

„Die Konzentration des Vermögens in diesem Bereich“ – bei den Immobilien – „ist be­trächtlich, heißt es im Sozialbericht.“ (Bundesrat Mag. Klug: Deshalb tun wir dort was!) Kollege Perhab, gut zuhören! „So besitzen 10 Prozent der Bevölkerung 61 Prozent al­ler Immobilien im Land; 40 Prozent besitzen gar keine Immobilien.“ (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Bei den Spareinlagen geht es so weiter, beim Geldvermögen geht es so weiter, beim Arbeitseinkommen geht die Schere sogar noch weiter ausein­ander.

Uns geht es gar nicht darum, die hart arbeitende Bevölkerung abzuschröpfen, so wie Sie das immer versuchen darzustellen – überhaupt nicht! Der Mittelstand trägt diese Last. Die unteren Einkommen verdienen eh zu wenig, dass noch mehr zu holen wäre. Das heißt, der Mittelstand hat diese große Last zu tragen, weil die Spitzenverdiener und die, die am meisten verdienen, nach wie vor unter der schützenden Hand von Ih­nen stehen. Da werden 110 Millionen € pro Jahr an Solidarabgaben von den Besser­verdienenden einbehalten. Das ist gut und schön, nur wenn man sich die Zahlen genau anschaut, dann weiß man, dass das nur ein Sand-in-die-Augen-Streuen ist, denn die breite Masse muss nach wie vor Milliardenkürzungen hinnehmen. Die wenigen, die sehr viel verdienen, leisten über die nächsten Jahre einen Beitrag von 440 Milliarden. (Bundesrat Mag. Klug: Milliardenkürzungen? – Ruf bei der ÖVP: Welche Milliardenkür­zungen? Was meinst du?) Das ist Ihr Verständnis von Sparen und Fortschreibung die­ses Weges. (Ruf bei der ÖVP: Was meinst du mit Milliardenkürzungen? – Bundesrat Mag. Klug: Welche Milliardenkürzungen?) Na ja, wenn Bausparprämien gekürzt wer­den, dann trifft das die breite Masse. (Bundesrat Mag. Klug: Die breite Masse, wer ist denn das? – Ruf bei der ÖVP: 1,5 € pro Monat!)

Aber sei es, wie es sei. Wir wissen, worum es geht. Diese Änderung ist notwendig, wir wissen das, da brauchen wir nicht um den heißen Brei herumzureden. Es ist eine Ent­scheidung der Politik, in welche Richtung es geht. Sie haben sich dafür entschieden, dass der bisherige Weg beibehalten wird. Es wäre nämlich eine Gelegenheit gewesen, dass man einen ökosozialen Weg einschlägt, dass man Arbeit endlich entlastet, die Besteuerung der Arbeit. Sie brauchen sich nur Wien anzuschauen, wie viele Firmen, die im Dienstleistungssektor tätig sind, mittlerweile nach Bratislava – 50, 60 Kilometer über die Grenze – hinübersiedeln, weil dort einfach bessere Rahmenbedingungen vor­zufinden sind.

Wir hätten mit diesem Sparpaket die Gelegenheit gehabt, zu steuern. Und wir steuern nicht. Wir machen weiter wie bisher. Das ist der Kritikpunkt! Wir hätten es nämlich nut­zen können, dass alles, das umweltschädlich, umweltbelastend und klimaschädlich ist, besteuert wird. Da hätten wir ansetzen können. Wir hätten ansetzen können, dass Ar­beit entlastet wird. Aber nein, wir machen so weiter wie bisher.

Einen zweiten Punkt möchte ich ansprechen, den bisher noch keiner meiner Vorred­nerInnen angesprochen hat. Ich habe schon ein bisschen die Panik bekommen, was ich jetzt sagen werde, denn es ist eh schon fast alles gesagt worden. Aber es ist doch nicht alles gesagt worden.

Wenn Kollege Kneifel, den ich sehr schätze, von ordentlichen Reformen spricht, dann hat er sicher nicht gemeint, dass wirklich mit dem Rasenmäher über den Nationalrat


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 46

darübergefahren wird, dass 183 Abgeordnete auf 164 (Bundesrat Mag. Klug: 165!) – 165 – reduziert werden und dass der Bundesrat um ein Drittel reduziert wird. (Bundes­rat Mag. Klug: Was für ein Drittel?) Sind das die Reformen? – Das ist alles beim Sta­tus quo. Eine Reform wäre es, wenn man sich gemeinsam Gedanken machen würde, wie wir die direkte Demokratie verstärken könnten, weiter ausbauen könnten, wie wir gesellschaftliche Prozesse besser, optimaler mit den neuen Technologien – Internet, Bürgerbeteiligung und so weiter – an die realen Gegebenheiten anpassen könnten. Aber die Reduzierung alleine, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, ist doch bitte kei­ne Reform! Verkauft das den Leuten doch nicht als Reform! (Bundesrat Mag. Klug: Aber welches Drittel?) – Der Bundesrat wird ja auch verkleinert, das steht ja auch zur Diskussion, oder? (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.) – Ja, aber er wird verkleinert, und das verkauft ihr als Reform. Das Ein­sparungspotential liegt in etwa bei 8 Millionen €, wenn ich mich nicht täusche.

Übrigens: Stichwort „8 Millionen €“.– Die Bundesregierung hätte sich 105 Luxusschlit­ten in Zeiten wie diesen angeschafft, wenn der Kollege Pilz das nicht aufgedeckt hätte. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und das in Zeiten wie diesen! Das macht eine „super“ Optik! – Deshalb bin ich froh, dass endlich auch die Bundes­ratssitzungen übertragen werden. – Noch dazu mit Allradantrieb! Wozu braucht man in Wien, bitte, Autos mit einem Allradantrieb? (Beifall des Bundesrates Schreuder.) Ich meine, was ist denn los mit euch?! – Und das verkaufen Sie dann als große Reform?! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das sind keine Reformen! Eine Reform würde anders ausschauen. Es ist ein Fortschreiten des Weges, dass Reiche reicher werden und die Armen arm bleiben oder noch ärmer werden. Seit Jahren redet insbesondere die Sozialdemokratie von Verteilungsgerechtigkeit und Gleichheit und was weiß ich – super Plakate! –, aber in der Realität ist Faktum, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. – Das ist das eigentliche Problem, das wir haben werden: ein Auseinanderdriften in der Europäischen Union, weil wir nationalstaatlich denken und weil die Kluft zwischen Arm und Reich weiter auseinandergeht! Das bringt Sprengstoff für die Demokratie!

Insbesondere ist es bedenklich, dass durch die Verkleinerung die Kontrollmöglichkeiten der Opposition noch weiter erschwert und eingeschränkt werden. Das ist nämlich wirk­lich das große Problem. Dann sind wir nämlich beim Thema „Demokratie“, aber das würde den Rahmen sprengen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.27


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster ist Herr Bundesrat Todt zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.27.17

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr ge­ehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zur Einleitung möchte ich einmal prinzipiell sagen, dass die uns zum Be­schluss vorliegenden Gesetze ausgewogene, gute Gesetze sind. Sie sichern eigent­lich – und das ist das Wichtigste – unser Land für die Zukunft.

Ich habe natürlich auch volles Verständnis dafür, wenn die Opposition das eine oder andere kritisiert und das eine oder andere schlechtmacht. Aber vielleicht sollte ich der Opposition einmal etwas zeigen. (Der Redner zeigt eine Seite aus einer Zeitung.) Ges­tern ist eine Studie erschienen: „Wir sind die Glücklichsten.“

Wir sind die Glücklichsten in Europa, und von den Menschen, die in Österreich leben, sagen 89 Prozent: Wir haben eine super Lebensqualität. Ich glaube, Sie kennen das,


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 47

oder? Haben Sie das gelesen? Das sollte einem zu denken geben, wenn ihr auch da herausgeht und das eine oder andere wieder schlechtmacht. 42 Prozent sagen: Es geht uns finanziell gut, über 30 Prozent sagen, sie sind optimistisch, dass sie auch heuer eine Lohnerhöhung bekommen. Das sind ja gute Zeichen. In Zeiten von Sparpa­keten ist es eigentlich ganz hervorragend, wenn 84 Prozent sagen, sie sind mit dem Leben in diesem Land zufrieden. Das freut mich, und das kann die Regierungsparteien natürlich noch mehr freuen.

Vieles, was das Sparpaket betrifft, ist ja schon gesagt worden. Wir haben ja derzeit das sogenannte Maastricht-Kriterium bereits erreicht, also schon unterschritten, glaube ich, mit 2,6 Prozent. Dass es ein ausgeglichenes Budget  (Bundesrätin Mühlwerth: 2011 war das!) – Ja, es ist ein guter Weg, 2012 wird es noch besser sein. (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, das wird eben nicht so sein!) Es ist ein guter Weg, und 2012 wird es noch besser sein. 2016 wird es dann überhaupt ein ausgeglichenes Budget geben. Dann werden diese Worte eines Finanzministers, der derzeit größere Probleme hat, von einem anderen oder einer anderen FinanzministerIn gesagt werden können, und das mit Recht.

Vielleicht noch ein paar Sätze zu dem, was Kollege Dönmez vorher angesprochen hat, die Frage der Vermögenssteuern in Österreich und die Diskussion darüber, und viel­leicht ein paar Positionen, die auch mir, und vor allen Dingen unserer Partei, zu denken geben: Dass die Vermögensschere auseinanderklafft, wissen wir auch. Daher reden wir von Gerechtigkeit. Nur: Gerechtigkeit durchzusetzen und umzusetzen ist eine Fra­ge der Mehrheit. Wenn man in einer Koalitionsregierung ist, dann gilt es, Kompromisse zu machen und auch Prinzipien, die der Koalitionspartner hat, zu akzeptieren. Man kann eben nicht alles durchsetzen, es muss Kompromisse geben, und es gab einfach Kompromisse.

Natürlich gibt es mir zu denken, dass 2 Prozent aller Haushalte 40 Prozent des ge­samten Immobilienvermögens besitzen. Natürlich gibt es mir zu denken, dass die obersten 10 Prozent der Haushalte 54 Prozent des Bruttogeldvermögens besitzen. Na­türlich gibt es mir auch zu denken, dass nur 2 Prozent der Sparbuchbesitzer Spareinla­gen über 50 000 € auf ihrem Sparbuch haben.

Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass Vermögenssteuern und mehr Gerech­tigkeit in dem Bereich mit unserem Koalitionspartner nicht durchsetzbar sind, und wir akzeptieren auch, wie ich schon gesagt habe, diese Prinzipien.

Ein Hauptpunkt, mit dem ich mich im Zuge des Sparpaketes beschäftigt habe, betrifft Pensionen und Pensionisten und das Rundherum, worum es dabei geht. Zu Beginn der Verhandlungen, zu Beginn der Diskussion über das Sparen konnte man hören, se­hen, lesen, dass es viele selbst ernannte Pensionsexperten gibt, die sagen: Das Sys­tem ist unfinanzierbar, es funktioniert nicht! Die Redakteure schreiben darüber, dass wir viel zu viel Geld ausgeben und vieles andere mehr. Das ist ja immer in aller Munde. Angekündigt wird dann noch dazu, dass es Nullrunden bei den Pensionen geben soll und vieles andere mehr.

Tatsächlich kommt – und das ist sicher etwas, das sich auch die Seniorenvertreter in den Vorverhandlungen miterkämpft haben – eine Dämpfung des Pensionszuwachses. Das heißt, wenn Anfang Juli diese Kommission feststellen wird, dass es 2,6 oder 3 Prozent – oder wie auch immer – an Pensionszuwachs geben wird, wird das im Jahr 2013 um 1 Prozent gedämpft. Das heißt also, der Zuwachs ist einmal um 1 Pro­zent weniger, aber es ist keine Nullrunde. 2014 ist er um 0,8 Prozent weniger, und dann ist es schon wieder vorbei. Jeder wird verstehen, dass man das auch mittragen kann.

Ich war am Montag mit Staatssekretär Schieder bei einer großen Obmännerversamm­lung des Pensionistenverbandes, über 300 Obmänner aus Ortsgruppen haben daran


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 48

teilgenommen. Wenn man es den Menschen klar erklärt, dann verstehen sie es auch und dann tragen sie das auch mit. Das gehört auch dazu, dieses Sparpaket ordentlich zu verkaufen.

Vielleicht noch ein Punkt dazu: Es ist im Rahmen dieses Sparpaketes auch gelungen, etwas zu erreichen, das die private Zukunftsvorsorge betrifft. Sie beklagen, dass hier gekürzt wird. Tatsache ist ganz einfach, dass wir diese Kürzung befürworten. Wir be­fürworten diese Kürzung deswegen, weil das Ganze eine Mogelpackung war. Dieses Geld, das der Staat aufgewendet hat, ist für Werbung und zur Miesmachung des staat­lichen Pensionssystems verwendet worden. Uns ist es lieber, wenn dieses Geld in das staatliche Pensionssystem als an diese sogenannte Zukunftsvorsorge geht. (Beifall bei der SPÖ.) Diese sogenannte Zukunftsvorsorge hat schlechtere Erträge als ein ganz normales Sparbuch, und dafür gibt der Staat Geld aus.

Was auch gelungen ist – ich gebe zu, weil man es auch braucht –, ist die Frage der Betriebspensionen. Man hat also ein Paket geschnürt. Es ist nicht das Paket, das vom Verband der Betriebspensionisten verlangt worden ist, aber es kann helfen, ein bisschen Erleichterung zu bringen. Sie wissen ja alle, dass die Betriebspensionen und die Pensionskassen zwischen 10 Prozent und 45 Prozent verloren haben und dass es ein sogenanntes Vorabsteuermodell dafür gibt, um Abhilfe zu schaffen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, um auch den kleinen Betriebspensionisten helfen zu können. Die meisten davon haben ja nicht 3 000, 4 000, 5 000 oder 6 000 €, sondern die meis­ten Betriebspensionisten haben 100 oder 200 € im Monat.

Wesentlich war auch ein anderer wichtiger Teil im Rahmen dieses Konsolidierungspa­ketes, der auch Reformen – es ist schon genannt worden – beim Pensionssystem be­deutet. Es kommt ein Kontogutschriftsmodell, und 2014 gibt es eine einzige Rechts­grundlage dafür. Ein wichtiger Teil ist auch, dass die Höchstbeitragsgrundlage für die Pensionsversicherung um 90 € angehoben wird.

Wesentlich ist – die Frau Innenminister oder Bundesminister Hundstorfer hat es ge­nannt –, dass es auch gelungen ist, dass die Pflegefinanzierung gesichert wird, dass der Pflegefonds bis 2016 abgesichert ist und ein großer Teil auch für ältere Arbeitneh­mer gemacht wird. Ich erinnere an das Programm fit2work, das schon durchgeführt wird, und vieles andere mehr.

Schauen wir uns in Europa um und schauen uns die Forderungen an, die so manche andere Ministerpräsidenten haben! Im sogenannten Weißbuch der EU steht zum Bei­spiel, dass man das Regelpensionsalter bis auf 72 Jahre erhöhen soll, der schwedi­sche Ministerpräsident fordert, dass das Regelpensionsalter mit 75 Jahren festgelegt wird. Da können wir stolz darauf sein, dass wir Maßnahmen setzen, dass ältere Ar­beitnehmer länger arbeiten dürfen und arbeiten können. Da muss es auch entspre­chende Maßnahmen geben. (Bundesrätin Mühlwerth: Das war aber bis jetzt nicht der Fall!)

Es gibt ganz einfach eine Maßnahme: 750 Millionen € werden für ältere Arbeitnehmer ausgegeben – ob das für Umschulungen ist, oder ob das Prämien oder Hilfen für Be­triebe sind, die auch wesentlich sind. (Ruf bei der FPÖ: Für was brauche ich einen Pensionisten umzuschulen?) – Das ist ganz einfach ein wichtiger Teil, weil Menschen, wenn sie länger arbeiten sollen, gesund arbeiten sollen. Dabei müssen die Menschen entsprechend unterstützt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich möchte nur eines sagen: Ich bin stolz darauf, dass wir in Österreich nicht den Weg gehen, den andere Regierungen gehen müssen. Wir erhöhen keine Massensteuer. Es gibt keine Lohneinbußen, und es gibt keine realen Pensionskürzungen. Das ist ganz wichtig. Sondern: Von dem Plus, das es geben soll, wird ein kleiner Teil abgezwackt, und damit trägt natürlich eine der größten Gruppen, die Pensionisten, zu diesem Paket


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 49

sehr viel bei. Ich bin stolz, dass sie es auch tun werden. Ich danke der Bundesregie­rung, dass sie so ein hervorragendes Paket geschnürt und der Bevölkerung vorgelegt hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.39


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Kru­sche zu Wort. – Bitte.

 


15.40.06

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher an den Bild­schirmen! Liebe Kollegen von den Regierungsparteien, als Steirer wäre ich hier fast versucht gewesen, Reformpartner zu sagen. Sie werden vielleicht überrascht sein, aber es ist Ihnen nicht gelungen, mich jetzt zu einer Zustimmung zu diesen beiden Vorlagen zu bewegen. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist bitter!)

Frau Kollegin Winzig, auch wenn Sie so eindringlich daran appelliert haben, dass wir das nicht madigmachen sollen und dass die Opposition den Leuten nicht etwas erzäh­len soll, was gar nicht wahr ist – Frau Kollegin, die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sind sehr wohl so intelligent, dass sie sich ihre Meinung selber bilden können. Und ich glaube nicht, dass unsere Aussagen alleine hier wesentlich in diesem Maße dazu beitragen.

Ich habe mit diesem ganzen sogenannten Reformpaket (Bundesrat Mayer: Stabilitäts­pakt!) eigentlich drei wesentliche Probleme. Das erste ist: Es ist ein Sammelsirium (Bundesrat Mag. Klug: Sammelsurium heißt das!), und es geht um die Glaubwürdig­keit – nicht gegenüber uns, sondern gegenüber den Bürgern.

Da sind wir wieder bei dem Punkt, der bereits eingangs erwähnt worden ist: die Finanz­transaktionssteuer und das Abkommen mit der Schweiz. Es wurde in geradezu be­schwörerischer Weise hier gesagt, auch vom Kollegen Kneifel: Wir geben die Hoffnung nicht auf, wir kämpfen weiter dafür, die Hoffnung stirbt zuletzt. (Bundesrat Kneifel: Nein, ich habe gesagt: mit Begeisterung und Leidenschaft!) – Das ist schon richtig, ja, das Ganze erinnert mich ein bisschen an irgendjemanden, der nicht viel Geld hat, zur Bank geht, dort einen Kredit aufnehmen will, und keine Sicherheiten hat. Und der Bankbeamte sagt dann: Leider, Kredit kriegen Sie keinen. Dann winkt der Kunde mit drei Lottoscheinen und sagt: Schau, ich habe aber Lotto gespielt, ich habe zehn Tipps abgegeben, übermorgen ist die Ziehung, und wenn ich schon keinen Sechser mache, einen Fünfer mit Zusatzzahl werde ich sicher machen.

Auch dieser gute Mann wird bei seiner Bank die Glaubwürdigkeit verspielen, und ge­nauso tun Sie es beim Bürger. (Bundesrat Mag. Klug: Herr Kollege Krusche! Der kriegt ja aus einem anderen Grund keinen Kredit! Wenn einer kommt mit drei Lottoscheinen und zehn Tipps abgibt, kriegt er nie einen Kredit!) – Ja, ja, das wollen Sie auch.

Wie wollen Sie den Menschen kommunizieren, dass das so ein wichtiges Versprechen für die Zukunft unserer Jugend ist? Auch wieder die Frau Kollegin Winzig hat heute gesagt: Wir haben zu hohe Schulden. – Ja, da stimme ich überein mit Ihnen. Aber Tat­sache ist, dass wir mit diesem Paket und mit all diesen Unsicherheiten im Jahr 2016 fast 40 Milliarden mehr Schulden haben werden. (Bundesrat Kneifel: Das stimmt ja nicht!)

Ist das Ihr Versprechen an die Zukunft der Jugend? Wollen Sie damit die Glaubwürdig­keit untermauern?

Lassen Sie mich vielleicht noch ein Beispiel aus der Steiermark bringen! Wir sitzen ja hier im Bundesrat (Bundesrat Kneifel: Das stimmt!), in der Steiermark haben wir ja die­se Reformpartnerschaft, und die ist auch gezwungen, zu sparen. Die Länder sind ja


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 50

miteingebunden. Wie passieren diese Einsparungen? – Sie passieren eigentlich durch Streichen, Kürzen, Zusperren. Das ist diese großartig angekündigte Strukturreform, Gemeindestrukturreform, wo über Gemeinden einfach mit Erpressung drübergefahren wird (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ) – jawohl, das ist so –: Wenn ihr euch nicht zu­sammenlegt, dann bekommt ihr kein Geld mehr. Das ist Faktum.

Und auf der anderen Seite hat man Gesetze in der Steiermark, die dem genau wider­sprechen, nämlich das ziemlich neue Raumordnungsgesetz in der Steiermark, Herr Kollege Klug. Da steht zum Beispiel drinnen, und das ist essenziell für das Erlangen der Wohnbauförderung: Örtlicher Siedlungsschwerpunkt kann nur mehr sein, wer ne­ben mindestens zehn Wohneinheiten fünf Buspaare pro Tag, aber auch eine gemisch­te Nutzung, kommunale Einrichtungen, wie Schulen, Rüsthäuser und Verwaltungsein­richtungen aufweist. Und das ist genau das, was den Menschen jetzt weggenommen wird. (Bundesrat Mag. Klug: Aber nein!)

Damit macht man nichts anderes als Aushöhlung  (Bundesrat Mag. Klug: Das ist ein Thema für den Landtag! Raumordnung ist Landessache!) – Das ist Landessache. Ich habe ja gesagt, steirisches Beispiel. Das sind die Auswüchse. Und da macht man die Aushöhlung des ländlichen Raumes.

Vor wenigen Jahren noch hat man den Menschen in der Steiermark erklärt, mit Re­gionext gibt es eine Stärkung der Regionen und man hat Millionen in dieses Konzept investiert. Und heute sagt man, Zusammenarbeit interessiert uns nicht mehr, Zusam­menlegung muss kommen. Das soll die Glaubwürdigkeit in die Politik stärken? – Mit­nichten! Genau das Gegenteil wird damit erreicht.

Wir haben ja bereits von der Erstrednerin gehört, was der „Standard“ heute geschrie­ben hat. Es fehlen jetzt schon 16 Millionen im Verteidigungsministerium. Im Justizaus­schuss wurde gesagt, aufgrund einer Änderung wird  Im Finanzausschuss wurde ge­sagt, das wird durch irgendwelche Umschichtungen wieder hereingespielt. Also das Verteidigungsministerium wird wegen dieser Regelung bezüglich der 41. Stunde etwas tun.

Da gibt es noch andere Beispiele. Mit dem Vorsteuerabzug allein sollen es heuer 90 Milliarden sein, die jetzt noch irgendwie aus dem Ganzen herausverhandelt wurden, die uns dann irgendwo fehlen. (Bundesrat Mag. Klug: 90 Milliarden?) – 90 Millionen, Entschuldigung, aber wir reden hier von so viel Geld. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist ja wurscht! Passt schon!)

Aber auch der Dilettantismus, der bereits von der Kollegin Mühlwerth angesprochen wurde, trägt nicht unbedingt zur Glaubwürdigkeit bei. Ich war heute etwas überrascht, Kollege Hundstorfer ist jetzt nicht mehr hier, der im Justizausschuss zum Thema Grup­penbesteuerung (Bundesrat Todt: Finanzausschuss war heute!) – im Finanzaus­schuss; Entschuldigung! – für Klein- und Mittelbetriebe, die ja die wesentliche Stütze unserer Wirtschaft, des Exportes sind, gemeint hat, die wissen ja gar nicht, was das heißt, die wissen das überhaupt nicht, die kennen das gar nicht. Da sieht man, wie er daneben ist.

Jedes Klein- und Mittelunternehmen, das heute in der Dienstleistung exportorientiert tätig ist, muss lokale Firmen, muss lokale Partner haben, mit denen es in Form von Fir­men zusammenarbeitet. (Staatssekretär Mag. Schieder: Das ist keine Gruppenbe­steuerung!) Und daher kommt die Gruppenbesteuerung zum Tragen; sobald ich eine Firma im Ausland habe, kommt das Ganze zum Tragen. (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ.) Da gäbe es noch viele Dinge aufzuzählen.

Aber ein ganz wesentlicher Punkt ist die Akzeptanz in der Bevölkerung, wir haben schon darüber geredet. Sie beschwören das so, Herr Perhab. Sie meinen, die Bevölke­rung wird das akzeptieren, wenn man es ihr erklärt. Aber die Beispiele Bausparprä-


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 51

mienkürzung, Nulllohnrunden und all diese Dinge – da wollen Sie Akzeptanz haben? Wenn Sie sagen, 66 Prozent (Bundesrat Kneifel: Wollen Reformen!) sind für Refor­men, da gebe ich Ihnen recht, aber Reformen, und nicht das, was hier vorliegt. Das ist keine Reform. (Bundesrat Kneifel: Was glauben Sie?) Das hat der Kollege Dönmez bereits ausgeführt, das ist etwas, um Geld zu beschaffen. (Bundesrat Kneifel: Was würden Sie machen?)

Auch wenn es heißt, es wird ja zum überwiegenden Teil ausgabenseitig gespart – wo wird denn gespart? – Beispielsweise bei der Infrastruktur. Auch das geht zulasten der Bevölkerung, das geht zulasten der regionalen Wirtschaftsentwicklung. Ich sage nur, S 37 gestrichen, Steiermark, Kärnten. Das sind zwar Einsparungen, aber sie belasten sehr wohl die Bevölkerung.

Bei den Schulen wird gespart. Wir haben in Leoben eine Schule, da muss man rund­herum absperren, weil die Trümmer herunterfallen, weil sie baufällig ist. Das Sanie­rungskonzept liegt seit Jahren in der Schublade, aber es wird keine Zusage vom Land gegeben, dass diese Schule saniert werden kann. Das ist Kaputtsparen.

Die Erzbergbahn, eine traditionsreiche, historisch touristische Bahn ist aufgrund dieser Sparmaßnahmen in ihrer Existenz bedroht, weil die ÖBB einfach die ganze Strecke verkaufen wollen. Wenn sie sie nicht um den von ihnen diktierten Preis verkaufen kön­nen, dann wird sie rückgebaut. Hier wird sogar Kulturgut unter dem Deckmantel des Sparens vernichtet.

Das führt mich zum dritten Punkt, nämlich der Sorge, dass irgendwann einmal die Lei­densfähigkeit sowohl der Wirtschaftsbetriebe als auch der Steuerzahler in unserem Land erschöpft sein wird.

Sie sprechen hier immer von den guten Arbeitslosenstatistiken, die wir haben. Das stelle ich nicht in Abrede, das ist auch positiv. Aber wir reden hier von einem Gesetz, das erst in Kraft tritt, wir reden in einem, in zwei, in drei Jahren, und dann werden wir schauen, ob diese Statistiken vor diesem Hintergrund halten. (Bundesrat Kneifel: Wel­che Statistiken?) – Die Arbeitslosenstatistiken. Schauen wir sie uns in zwei, drei Jahren an! (Bundesrat Kneifel: Die sind ja positiv!) – Jetzt noch. Das Gesetz tritt aber erst übermorgen in Kraft, Herr Kollege Kneifel. Wir können hier nicht die Vergangenheit mit der Zukunft mischen. (Bundesrat Mag. Klug: BIP-Wachstum 0,15!) – 0,15 Dämpfung, jawohl, aber das ist bei einem prognostizierten Wachstum von 0,4 Prozent schon re­lativ bedeutsam. (Staatssekretär Mag. Schieder: Über fünf Jahre! – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Klug.) – Das werden wir erst sehen. (Bundesrat Kneifel: Das sind ja fünf Jahre! – Ruf bei der ÖVP: Das ist ein alter Hut, Herr Kollege!)

Herr Kollege Kneifel, ich habe Zweifel, ob dieses Paket die Zahlen einspielen wird (Bundesrat Mag. Klug: Wir haben auch Zweifel! Wir zweifeln auch!) und ob wir nicht in weniger als einem Jahr wieder hier sitzen werden und neue Belastungen beschließen müssen.

Wenn Sie von Steuergerechtigkeit reden – die gibt es in Österreich nicht. Es wird im­mer nur die Steuerschraube angezogen, wir haben eine der höchsten Pro-Kopf-Quoten.

Da lassen Sie mich mit einem Satz vom leider viel zu früh verstorbenen, tödlich verun­glückten Wirtschaftsprofessor Clemens Andreae schließen (Bundesrat Mag. Klug: Nur nicht falsch zitieren!):

Wer keine Besteuerungsmoral an den Tag legt, kann vom Bürger auch keine Steuer­moral erwarten. (Beifall bei der FPÖ.)

15.53


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mitterer. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug: Peter, jetzt wird es wieder ein biss­chen seriöser!)

 



BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 52

15.53.21

Bundesrat Peter Mitterer (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Werte Staatssekretäre! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Klug, der in einer tatsächlichen Berichtigung erklärt hat, dass das freiheitliche Mitglied in der Präsidialkonferenz auch diesem Zeitplan zuge­stimmt hat. – Ja, ich war derjenige, der die Klubobfrau bei einer Sitzung vertreten durf­te, zu der vom Herrn Klubobmann Klug eingeladen wurde. Im Prinzip eine Alibisitzung, man hat dort mehr oder weniger der Opposition das Recht gegeben (Bundesrat Mag. Klug: Dem Bundesrat!), am 14. bei einer Sitzung des Finanzausschusses des Natio­nalrates als Auskunftspersonen teilzunehmen, um damit der Opposition im Bundesrat den Wind aus den Segeln zu nehmen. (Bundesrat Mag. Klug: Deshalb hast du ja ge­sagt!)

Ich habe das sehr wohl durchschaut. Aber ich bin auf der anderen Seite auch kein Realitätsverweigerer, sondern Realist. Wenn wir im Bundesrat ein Verhältnis von 49 : 13 haben, was Koalition und Opposition anlangt, dann hat das keinen Sinn, dort dagegen­zustimmen. Ich habe einfach dort diesem Zeitplan zugestimmt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Wenn das dann als Negativum in den Raum gestellt wird, dann tut es mir leid. (Bundesrat Mag. Klug: Es war eh positiv!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Belastungspaket, Sparpaket – wie auch im­mer, aus welcher Sichtweite man es betrachtet. Ich glaube, dass die Bevölkerung auch in der Lage wäre, vieles davon zu akzeptieren, wenn am Ende des Tages tatsächlich auch der Staat besser dastehen würde. Dem ist es aber nicht so.

Wir haben laut Professor Bernhard Felderer eine Staatsverschuldung in der Größen­ordnung von 72 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, diese wird im kommenden Jahr trotz dieses Belastungspaketes noch auf 73 Prozent ansteigen und dann erst schön langsam nach unten sinken.

Ich glaube, es müsste in der Bevölkerung Sehnsucht nach einer anderen Regierungs­koalition geben. (Bundesrat Mag. Klug: Na, na! Das hättet ihr gerne! Das mit den Sehnsüchten ist so eine Sache!) – Ich erinnere, Herr Kollege Klug, an die Jahre 2000 bis 2007, als es in Österreich  (Bundesrat Mag. Klug: Die böse Vergangenheit!) – Entschuldigung, Herr Kollege. Ich zitiere Herrn Professor Felderer, IHS-Studie, und nicht freiheitliches Gedankengut (Bundesrat Boden: Das geht schief! – Bundesrat Mag. Klug: Es wird nicht besser!), der festgestellt hat, dass von 2000 bis 2007 die Staatsverschuldung von 72 auf 61 Prozent heruntergefahren werden konnte, und seit 2007, schwarz-rote Regierung, sind wir wieder auf 72 Prozent oben und steuern jetzt 73 Prozent an. (Bundesrat Mag. Klug: Peter! Die Parameter sowohl national wie in­ternational sind nicht vergleichbar!) – Die Parameter heißen Koalitionsregierung rot-schwarz oder schwarz-blau-orange. Das sind meine Parameter. (Beifall bei der FPÖ.)

Die durfte natürlich der Herr Professor Felderer nicht nennen, er hat einfach gesagt, dass es damals eine andere Situation war. Er durfte natürlich nicht  (Bundesrat Mag. Klug: Nicht die Farbenlehre hat er gemeint !)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den ganzen Grauslichkeiten, die in die­sem Belastungspaket enthalten sind, möchte ich nur zwei kleine Dinge, die monetär eigentlich gar nicht so stark zu Buche schlagen, erwähnen. Eines davon hat der Herr Kollege Perhab ja angesprochen: diese sogenannte Strafsteuer für Unternehmer bei Auflösung von Dienstverhältnissen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Staatssekretäre! Glauben Sie, dass die Bauwirtschaft aus Jux und Tollerei im Dezember ihre Leute nach Hause schickt, weil es Schneefälle gibt, weil keine Aufträge mehr zu erledigen sind, oder glauben Sie, dass sie das deshalb tut, damit der Betrieb überlebt? Die können sie nicht durchbeschäfti­gen, wenn es keine Aufträge zu erledigen gibt.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 53

Denken Sie an die Tourismuswirtschaft! Wir reden zwar immer von einer Ganzjahres­saison, aber es ist nicht möglich, auch im November Tourismus zu betreiben, wenn es noch keinen Schnee gibt und die Badeseen nicht mehr badefähig sind. Es muss also auch dort etwas passieren.

Nun, etwas ist passiert, Herr Kollege Perhab hat darauf hingewiesen. Bei Beschäfti­gungen, bei Beschäftigungsdauern unter einem halben Jahr entfällt diese Strafsteuer. Welcher Schwachsinn da eigentlich beschlossen wurde mithilfe der Wirtschaftskam­mer, lässt sich alleine an einigen Beispielen beweisen. Die gute Sommertourismuswirt­schaft in Kärnten beginnt zu Ostern und endet Gott sei Dank erst Mitte Oktober. Sie überschreitet ein, zwei, drei Wochen diese sechs Monate.

Wissen Sie, was ein größerer Betrieb tun wird, wenn er noch 20 Mitarbeiter aufgrund des Saisonschlusses hat? – Er wird zwei Wochen früher zusperren, um dieser Straf­steuer zu entgehen. Hier schießt sich aber der Steuerzahler und die Regierung ins Knie. Denn dann sind diese Personen um zwei Wochen länger in der Arbeitslose und werden Arbeitslosenunterstützung bekommen, nur damit der Betrieb nicht bestraft wird. Das ist ein kleines Beispiel, woran man also wirklich überhaupt nicht gedacht hat.

Das zweite Beispiel ist monetär auch eher kein großes. Es sind 100 Millionen € im so­genannten Siedlungswasserwirtschaftsfonds, die ab 2013 gestrichen werden. Das wird wiederum der kleine Steuerzahler in Österreich zu bezahlen haben.

Was passiert denn, wenn die Gemeinden Wasserleitungen reparieren, neue verlegen, Abwasseranlagen bauen und erneuern, wenn sie die 18 Prozent Zuschuss nicht mehr bekommen? Das sind alles Gebührenhaushalte, meine sehr geehrten Damen und Her­ren. Die Gebührenhaushalte müssen sich selbst finanzieren. Das wird eins zu eins der Mieter mit den Betriebskosten, der Häuslbauer und Hausbesitzer mit den Wasser- und Kanalgebühren zu bezahlen haben.

Das sind also zwei Beispiele, die Ihnen vor Augen führen sollten, dass hier zu wenig nachgedacht wurde und dass vor allem auch nicht an den kleinen Steuerzahler ge­dacht wurde. (Vizepräsident Mag. Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Anders in Kärnten – Herr Staatssekretär Schieder ist natürlich kein Kärnten-Freund (Staatssekretär Mag. Schieder: O ja! Kein Kärnten-Regierung-Freund!), er hat ja statt Niederösterreich, was die Negativ-Bilanz der Bundesländer anlangt, versehentlich Kärn­ten genannt; genauso wie unsere Finanzministerin Fekter, die ja auch keine Kärnten-Freundin ist –: Kärnten hat in dieser Frage rechtzeitig entgegengesteuert! Kärnten wird bereits 2015 ein Nulldefizit vorzuweisen haben, weil wir einfach früh genug begonnen haben. Kärnten hätte laut Vorgabe des Bundes im Budget 2012 164,6 Millionen € netto an Neuverschuldung haben dürfen; wir nehmen nur 50 Prozent davon in Anspruch! Das führt dazu, dass wir sukzessive unseren Haushalt entlasten.

Wir haben Konsolidierungsmaßnahmen seit 2010. Alljährlich haben wir einen Budget­konvent; er wird dieses Jahr am 17./18. April stattfinden. Kärnten ist es gelungen, rechtzeitig entgegenzusteuern, auch in dem Bereich, was die Neuaufnahme von Be­amten anlangt, die Zusammenlegung von 23 auf zehn Abteilungen in der Landesregie­rung, auf zehn sogenannte Kompetenzzentren. Das alles sind Dinge, die dazu führen, dass Kärnten sich schnell konsolidieren wird, noch um ein Jahr früher. Die Regierung träumt für 2016 – ich sage, sie träumt – von einem Nulldefizit. (Bundesrat Pirolt: Die Kärntner Gemeinden sind die am wenigsten verschuldeten! – Weitere Zwischenrufe.) Wir in Kärnten sind wieder einmal schneller und werden ein Jahr vorher dieses Nullde­fizit erreichen. Dort, wo Blau regiert oder mitregiert, geht es den Menschen gut. (Ironi­sche Heiterkeit bei der SPÖ.)

Dem vorliegenden Belastungspaket werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.01



BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 54

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Staats­sekretär Dr. Ostermayer. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


16.01.56

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzter Staatssekretär! Ich wer­de nicht alles wiederholen, was schon gesagt wurde. Es ist sehr viel gesagt worden, manches sehr Richtige – ich nenne beispielsweise Kollegen Klug, Kollegen Kneifel, Andreas Schieder –; manches war sehr oberflächlich, manches falsch. Falsch war bei­spielsweise die Streichung des Bergbauerninstituts, die kritisiert wurde. Es ist schlicht und einfach falsch: Es wird nicht gestrichen! Es wird auch nicht zusammengelegt.

Manchmal gab es sehr widersprüchliche Positionen, insbesondere in der Lesung der einen Kollegin, die die Arbeiterkammer zitiert hat, die die IV zitiert hat. Unsere Aufgabe war ja nicht, die verschiedenen Positionen zu zitieren, sondern zu versuchen, ein Pa­ket – Sie können es auch kleinreden wollen, aber 27,8 Milliarden sind 27,8 Milliarden, es ist also ein großes Paket –, wie es eigentlich noch nie stattgefunden hat, zu schnü­ren, um hier Lösungen für die Menschen in Österreich zu finden.

Es gibt zwei Punkte, in denen ich auch den Rednern und Rednerinnen der FPÖ zu­stimmen kann. Das eine ist die Aussage des Abgeordneten Krusche, in der er gesagt hat: Wir sitzen im Bundesrat. – Ja, dem stimme ich zu. Für ihn hat es nicht gestimmt, weil er am Rednerpult gestanden ist.

Das Zweite kam von Kollegin Mühlwerth; sie sagte: Jeder Arbeitslose ist einer zu viel. Das teile ich zu hundert Prozent! Genau deshalb haben wir in der größten Krise, die es seit 1945 – oder man kann auch sagen, seit der Weltwirtschaftskrise in der Zwi­schenkriegszeit – gegeben hat, gegengesteuert, indem wir Konjunkturpakete gemacht haben, indem wir auch im jetzigen Paket Offensivmaßnahmen vorgesehen haben: Of­fensivmaßnahmen im Bildungsbereich, im Bereich der Schule, im Bereich der Univer­sitäten – 1 Milliarde zusätzlich für die Universitäten –, im Bereich des Arbeitsmarktes – Rudi Hundstorfer hat es schon gesagt –, auch im Bereich der Pflege, wir verlängern den Pflegefonds.

Wir haben also versucht, drei Dinge zu vereinen: einerseits Offensivmaßnahmen zu setzen; auf der anderen Seite bei Ausgaben so zu reduzieren, dass es nicht die Kon­junktur abwürgt, dass es nicht die Arbeitslosigkeit erhöht; und gleichzeitig Einnahmen zu lukrieren, Einnahmen zu erhöhen, Lücken zu schließen, neue Einnahmen zu finden, die eben nicht konjunkturdämpfend oder möglichst nicht konjunkturdämpfend sind.

Ich möchte aber gerne auch zu einigen Punkten, die angesprochen wurden, Richtig­stellungen oder Klarstellungen vornehmen.

Kollegin Mühlwerth hat gesagt, dass sozusagen die Steuergeschichten jetzt an der Reihe sind, die Reformen später, und dass das quasi auf die Äußerung des Herrn Bun­despräsidenten zurückginge. Nachdem ich selber und der Bundeskanzler mit ihm ge­sprochen haben, haben wir damals vereinbart, dass wir das Stabilitätspaket in zwei Teilen machen, um das, was von Anfang an vorgesehen war, nämlich unterschiedliche Inkrafttretens-Zeitpunkte, auch zu gewährleisten. Da war immer vorgesehen, dass die steuerlichen Maßnahmen mit 1. April – wir haben jetzt die eine Vorsteuergeschichte auf 1. September verschoben – und dass alle anderen Maßnahmen sukzessive – 1. Mai, 1. Juni, 1. Jänner 2013, teilweise sogar 1. Jänner 2014 – in Kraft treten, weil da näm­lich auch einige relativ große Reformprojekte drinnen sind, die schlicht und einfach, wenn man es seriös machen will, eine gewisse Zeit der Umsetzung brauchen. Eines hat schon Kollegin Mikl-Leitner genannt: Das Pensionskonto ist ein Riesenprojekt, das einen gewissen Vorlauf braucht.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 55

Sie haben auch kritisiert, dass es in dem Bereich keine Verwaltungsreformprojekte gibt. Ich sage Ihnen, wir arbeiten an riesengroßen Verwaltungsreformprojekten! Aber wenn man Verwaltungsreform sagt und nicht auch mit bedenkt, dass das natürlich Per­sonalkosten, Personaleinsparungen mit beinhaltet – ein Aufnahmestopp ist ein Projekt, das natürlich dazu führt, dass man in der Verwaltung effizienter werden muss –, dann lügen Sie sich schlicht und einfach etwas vor!

Natürlich hat auch das, was Kärnten macht – die Kompetenzzentren zu schaffen –, den Sinn, wenn es erfolgreich sein soll, dass Effizienzsteigerungen erfolgen und man in der Folge wahrscheinlich weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter braucht. Auch unter den 599 Projekten, die der Rechnungshof nennt, sind sehr viele Projekte, bei denen es nicht um Kosteneinsparungen, sondern um Effizienzsteigerung und Qualitätssteigerung geht.

Unser Ziel der Verwaltungsreformmaßnahmen ist, dass es den Menschen nützt und dass es womöglich natürlich auch Kosten einspart. Ich sage Ihnen, wir haben einige ganz große Projekte, die gerade laufen.

Verwaltungsgerichtsbarkeit: etwas, das seit 1985 nicht geschafft wurde. Wir sind im Finale, wir werden am 2. Mai im Verfassungsausschuss hoffentlich eine sehr breite Mehrheit haben. Es ist dies ein Projekt, über das die Experten, die übrigens hier im Hearing gesessen sind und geredet haben, gesagt haben: Jahrhundertwurf, epochales Werk, so gut ausgearbeitet, dass sie dem ohne Bedenken zustimmen können, et ce­tera.

Wir haben ein zweites Projekt, das wir letzten Dienstag in der Regierung beschlossen haben: Polizeireform, wo Landespolizeidirektionen geschaffen werden und Zusammen­legungen erfolgen.

Wir haben ein Projekt, das wahrscheinlich nächste Woche in Begutachtung geht: das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Da ist gestern die letzte Abschlussbespre­chung mit der Frau Innenministerin gewesen.

Da gibt es also vieles, und wenn man es sehen will, dann kann man es sehen. Wenn man es natürlich relativ oberflächlich anschaut und glaubt, es gibt bestimmte Dinge, die gestrichen werden, obwohl sie gar nicht gestrichen werden, dann wird es auch keine fundierte Diskussion geben.

Es ist vorhin auch ein Vergleich von Abgeltungssteuer und Finanztransaktionssteuer mit einem Lottoschein gezogen worden. Da gibt es einen ganz großen Unterschied. Der Unterschied ist, dass ich beim Lottoschein null beeinflussen kann, ob etwas kommt oder nicht kommt. Bei diesen beiden Projekten können wir beeinflussen! Wir haben dort Partner, und es ist notwendig, dass wir mit Partnern zu Ergebnissen kommen. Aber Kollege Kneifel hat, quasi Weber zitierend, gesagt: mit Begeisterung, Zähigkeit und so weiter.

Ich habe gestern mit dem österreichischen Botschafter in der Schweiz ein Gespräch gehabt, der auch mit dem Finanzstaatsekretär der Schweiz ein Gespräch hatte. Die In­nenministerin hatte Gespräche, auch Sektionschef Nolz ist schon erwähnt worden. Wenn Sie die deutschen Zeitungen oder die Schweizer Zeitungen lesen, dann werden Sie sehen, dass es, was das Vorbild betrifft, nämlich einerseits Deutschland, anderer­seits Großbritannien, sehr große Fortschritte gibt. Und unser Ziel ist es ja, dass wir ein analoges Modell übernehmen.

Zur Finanztransaktionssteuer – Andreas Schieder hat es vorhin schon gesagt –: Als wir im Dezember 2008 gestartet sind, waren wir mit diesem Thema eigentlich einsam. Das sind wir mittlerweile überhaupt nicht mehr! Es ist inzwischen sogar so weit gegangen, dass die Kommission, die am Beginn auch nicht begeistert war, aber überzeugt wurde,


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 56

selber aktiv wurde und einen Vorschlag gemacht hat, der in den Grundzügen auf die Idee dessen zurückgeht, was Österreich ausgearbeitet und vorgeschlagen hat. (Bun­desrätin Mühlwerth: Das genügt aber nicht!)

Nein, das genügt nicht, da haben Sie vollkommen recht. Ich habe auch nicht gesagt, dass wir es jetzt schon haben, sondern dass wir daran arbeiten. Und weil wir davon überzeugt sind, dass wir es schaffen, haben wir es für die Jahre 2014 und folgende hi­neingenommen. Wir haben auch die Abgeltungssteuer nicht für das Jahr 2012 hi­neingenommen, weil es unser Ziel war, einen realistischen Pfad vorzulegen, daher ha­ben wir es für 2013 hineingenommen.

Dass die größte Unsicherheit bei einer Vorausschau bis 2016 die Wirtschaftspro­gnose ist, die wir zugrundlegen, das werden hoffentlich auch Sie einsehen. Gestern hat sich wieder gezeigt, nachdem WIFO und IHS ihre Prognosen präsentiert hatten, dass es bei diesen zwei Instituten allein für das heurige Jahr – also das, was am leich­testen abschätzbar ist – eine Prognose-Differenz von 0,4 Prozent gibt. Die einen haben gesagt: 0,4 Prozent Wachstum; die anderen haben gesagt: 0,8 Prozent Wachstum. Also man könnte auch sagen: 100 Prozent Unterschied.

Niemand kann heute sagen, welches Wirtschaftswachstum es im Jahre 2016 geben wird. Wir sind angewiesen auf Prognosen wie jedes andere Unternehmen, das eine Vorschau, einen Wirtschaftsplan macht; auch diese Unternehmen sind auf Prognosen angewiesen. Bei Unternehmen macht man es oft eben nur für ein Jahr. Wir haben auf­grund unseres Regelwerkes Prognosen für bis zu vier Jahre, also bis zum Jahr 2016 zu machen.

Was haben wir daher gemacht? – Wir sind auf die niedrigsten Werte gegangen und ha­ben das Vorsichtsprinzip, das Sorgfaltsprinzip walten lassen – in der Erwartung, das sage ich Ihnen ganz offen, dass die Wirtschaft besser wächst als prognostiziert. Wir haben dazu gute Beispiele aus der Vergangenheit. Es hat einmal Prognosen gegeben, dass wir, glaube ich, 400 000 oder 600 000 Arbeitslose haben werden – es ist nicht eingetreten! Es ist viel, viel besser geworden, weil wir eben entsprechende Maßnah­men gesetzt haben.

Daher: Genauso wenig, wie Sie wissen werden, was in vier Jahren sein wird – ich un­terstelle das jetzt einmal –, wissen wir das auch nicht genau. Niemand weiß genau, was die Zukunft wirklich bringen wird, aber man kann Prognosen zugrunde legen. Auf­grund der Volatilität ist es jetzt natürlich schwieriger, als es vielleicht vor fünf oder zehn Jahren war, Prognosen abzugeben.

Weil auch in Bezug auf Steuern und Verteilungsgerechtigkeit Kritik geübt wurde: Was haben wir gemacht? – Wir haben in Loipersdorf eine Trendwende geschafft, und diese Trendwende hat geheißen, dass wir vermögensbezogene Steuern schaffen. In der Vergangenheit sind ja vermögensbezogene Steuern immer abgeschafft worden. Und genau diesen Trend haben wir fortgesetzt: Wir haben wiederum vermögensbezogene Steuern in diesem Paket drinnen. Das unterscheidet uns von vielen anderen Staaten, nicht nur der Punkt, dass in Spanien, in Griechenland, in anderen Staaten heftigste De­monstrationen stattfinden, wir hingegen ein Paket geschafft haben, das sozialen Frie­den ausstrahlt, das sozialen Frieden sichert.

Der Unterschied ist auch noch der: Wir haben keine Massensteuern neu geschaffen oder erhöht. Das ist ein ganz großer Unterschied zu einem Konzept, das ich von Ihnen von der FPÖ gelesen habe, namentlich von Frau Barbara Kappel, die ja immer wieder genannt wird als mögliche Finanzministerin oder Wirtschaftsministerin der FPÖ. Frau Kappel hat nämlich vor einiger Zeit den „Salzburger Nachrichten“ gegenüber gesagt, dass man, wenn es sich nicht ausgeht, Massensteuern wie die Mehrwertsteuer erhö­hen müsse. (Bundesrat Mag. Klug: Na bravo! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 57

Genau das haben wir jedoch nicht gemacht, und genau das ist der Unterschied zwi­schen dem, was wir in der Koalition geschafft haben, und dem, was Sie vielleicht ma­chen würden. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.13


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte. (Bundesrat Mag. Klug: Jetzt werden wir vielleicht etwas aus dem Finanzausschuss hören! Vielleicht!)

 


16.14.02

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich den Text der Berichte durchliest und die Zahlen sozusagen einmal außen vor lässt, sieht man, dass immer gesprochen wird von einer Wirt­schafts- und Finanzkrise, obwohl eigentlich hinlänglich bekannt ist – gerade auch, wenn man ein bisschen über die Grenzen Österreichs hinausblickt, vor allem auf die asiatischen Wachstumsmärkte –, dass es sich dabei um eine europäische Staaten­krise handelt. Und Österreich ist da ganz vorne mit dabei!

Daher sollte man eigentlich einmal zur Sache kommen und eingestehen: Wir hier in Österreich haben es mit einer Staatswirtschaftskrise zu tun. Sie aber schnüren interes­santerweise ein Belastungspaket auf Kosten der Wirtschaft, weil Sie sich selber sa­nieren müssen, weil Sie sich selber sanieren wollen. (Bundesrat Kneifel: Eine Staats­krise ist etwas ganz anderes!)

Das Ganze zeigt sich ja auch – wenn ich zu den Ausführungen von Frau Kollegin Win­zig kommen darf – gleich am Beginn mit den Zinsen, die Sie interessanterweise die­sem Belastungspaket zugute schreiben, was absolut ein Fehler ist! Denn die Zinsen sind deswegen so niedrig, weil die EZB bekanntlich diese Tenderverfahren mit 1 Pro­zent macht, damit sich die Staaten sanieren können, damit eben diese Staatsanleihen endlich Absatzmärkte finden. Würde das nämlich nicht geschehen, lägen die Zinsen bei 5 bis 6 Prozentpunkten. Das ist eindeutig erwiesen. (Bundesrat Kneifel: Warum zahlt dann Spanien doppelt so viel?)

Interessant wird es für die Wirtschaft in Österreich erst dann werden, wenn diese ganze Geldschwemme wirklich in die Märkte kommt, wenn die Geldschwemme endlich in der Wirtschaft ankommen wird. Wie dann die Inflation ausschaut, wird mich interes­sieren, und wie es dann um den Wechselkurs des berühmt-berüchtigten Euro stehen wird, wird mich besonders interessieren. Das kommt mit Sicherheit vor 2016 – und dann müssen Sie wahrscheinlich wieder ein neues Belastungspaket schnüren. Aber bitte nicht mehr auf Kosten der Wirtschaft!

Es ist schon die Frage zu stellen, was Sie unter einem Wirtschaftsstandort verste­hen, weil Sie ja immer wieder texten: Mit diesem Belastungspaket halten Sie den öster­reichischen Wirtschaftsstandort, halten Sie den Wiener Wirtschaftsstandort attraktiv. – Da muss man sagen: Es gibt einen eindeutigen kausalen Zusammenhang zwischen Steuerpolitik und Standortpolitik, den Sie von ÖVP und SPÖ aber offensichtlich negie­ren. Je höher Sie die Steuer bringen, je höher Sie die Abgabenquote setzen, desto ge­ringer wird die Attraktivität des österreichischen Wirtschaftsstandortes. Das kann Ih­nen jeder Ökonom sagen, das kann Ihnen jeder Mensch in Österreich sagen (Bun­desrat Mag. Klug: Ja, ja – und wie geht die Nummer aus?), aber offensichtlich ist das noch nicht in dieser Bundesregierung angekommen. (Bundesrat Mag. Klug: Wie geht denn die Nummer aus?)

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Bei geringem Wirtschaftswachstum mit höheren Steuern daherzukommen, ist für den Wirtschaftsstandort Österreich ökonomischer Selbst­mord! Das sollte eigentlich allen klar sein.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 58

Was verstehen wir Freiheitliche unter einem besseren Wirtschaftsstandort? – Steuer­senkungen auf allen Linien, damit Sie das schaffen, was bis jetzt nicht der Fall ist: die Sparquote erhöhen, den privaten Konsum erhöhen, nicht aber den staatlichen Kon­sum erhöhen. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Weiters: Arbeitsplätze schaffen so­wie ein positives Wirtschafts- und Investitionsklima für die österreichischen Wirtschafts­betriebe, denn diese leiden massiv unter den hohen Belastungen, die Sie den Betrie­ben aufzwingen. (Bundesrat Mag. Klug: Bleiben Sie am Papier! Das ist eine Kickl-Re­de!) Sehr geehrter Herr Staatssekretär, das geht so nicht! (Staatssekretär Mag. Schie­der: Cholesterinfreie Eier auch noch!)

Wenn ich noch kurz darauf replizieren darf, Herr Staatssekretär Ostermayer: Mit diesen Konjunkturpaketen haben Sie die Verschuldungsquote in Österreich um zirka 8 Pro­zent erhöht. Seitdem sind wir auf diesem hohen Prozentsatz geblieben. Was also der Effekt dieser sogenannten Konjunkturpakete sein soll, ist mir schleierhaft, denn au-
ßer dass Sie die Staatsschulden weiter angehoben haben, ist da nichts (Bundesrat Mag. Klug: Geringe Arbeitslosigkeit zum Beispiel!) – außer einer Reihe von Nachteilen (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Nein, das ist falsch!), mit denen wir heute zu tun ha­ben. (Bundesrat Mag. Klug: Das ist ja unglaublich! Null Verständnis! Null!)

Warum Sie die Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich so belasten, ist mir ein Rätsel. Die lohnabhängigen Abgaben steigen, steigen und steigen! (Bundesrat Mag. Klug: Das ist eine Kickl-Rede! Bleiben Sie am Konzept!) Herr Sozialminister Hundstorfer hat im Dezember auch hier im Haus gesagt: Nein, wir erhöhen die lohn­abhängigen Abgaben nicht, diese sind an der Grenze angelangt! – Dafür Verständnis hat also sogar der ehemalige Gewerkschaftsführer oder Gewerkschaftsboss, Herr Hundstorfer – und trotzdem erhöhen Sie weiter die lohnabhängigen Abgaben! (Bun­desrat Mag. Klug: Vorsitzender!) Das ist nicht richtig! (Bundesrat Mag. Klug: Herr Kol­lege! Bei uns gibt es Vorsitzende! Führer gibt es bei uns nicht! Bei uns nicht!)

Weiters reduzieren Sie den Gewinnbeitrag. Das sind jene Beträge, die Unternehmer benötigen würden, um Investitionen zu tätigen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Sogar diese Gewinne gönnen Sie den Unternehmen nicht und besteuern sie weg, damit Sie Ihre marode Staatswirtschaft sanieren können, was Ihnen aber mit diesem Paket si­cherlich nicht gelingen wird. (Bundesrat Mag. Klug: Sinnlos! Trotz Finanzausschuss! Völlig sinnlos! Schade!)

Zu einem weiteren Punkt in diesem Bericht ist mir aufgefallen, dass Sie eine Staats- und Abgabenquote von 42 Prozent festlegen, im EUROSTAT-Bericht aber von 43,7 Pro­zent die Rede ist. Die Differenz ist die nicht einbringliche Steuer- und Abgabenquote, die bei diesen hohen Sätzen ja immer erhöht wird. (Staatssekretär Mag. Schieder: Sie wissen aber schon, dass sie bei Schwarz-Blau höher war?) Pardon? (Staatssekretär Mag. Schieder: Bei Schwarz-Blau war sie höher! – Bundesrat Mag. Klug: Haben wir schon vergessen! Macht nichts! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich rede jetzt von der Differenz zwischen Einnahmen und nicht ausgewiesenen Einnah­men, weil die Steuern so hoch sind, dass die Bürgerinnen und Bürger diese Belastun­gen einfach nicht mehr verkraften können. Geschätzter Herr Klubobmann Klug, das wollen Sie zwar nicht glauben, aber es ist tatsächlich so, dass die SPÖ als Arbeitneh­merpartei die verfügbaren Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher erheb­lich reduziert hat. Diese hohen Belastungen kann niemand mehr verkraften! (Bundesrat Mag. Klug: Reine Sprechblasen! Nichts drinnen!)

Zu dem, was Sie, geschätzter Herr Bundesrat Todt, hier gemeint haben, kann ich nur sagen: Die lohnabhängigen Abgaben steigen, daher sinkt das verfügbare Einkommen, daher sinken die Realeinkommen in Österreich! Wir Freiheitliche wollen die Einkom­men stärken und erhöhen, und zwar für alle Österreicherinnen und Österreicher! (Bei­fall bei der FPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 59

Arbeit und Kapital sind in Österreich viel zu hoch besteuert. Wir brauchen eine Steu­erreduktion, um Belastungen hintanhalten zu können. Es ist die Aufgabe des Staates, sich selbst zu sanieren, sich endlich selbst in die Pflicht zu nehmen, statt immer auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger zu agieren, auf Kosten der privaten Haushalte, vor allem auf Kosten der Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Lande! (Bun­desrat Mag. Klug: Wer ist denn das? Wer ist der Staat in diesem Konzept?)

Noch kurz zur Transaktionssteuer. Wenn ich dazu folgenden Exkurs machen darf: Sie budgetieren das für das Jahr 2014 mit 500 Millionen € – das haben wir ja schon kurz im Finanzausschuss angesprochen, daher möchte ich nicht mehr näher darauf eingehen – und meinen, dass es hierüber einen gemeinsamen Beschluss aller Parla­mentsfraktionen geben wird, wobei ich dazu sagen möchte, dass da der Devisenhan­del ausgenommen ist. Der deutsche Finanzminister Schäuble hat das erkannt, als er meinte, dass man, wenn man den Devisenhandel da nicht mitnimmt, niemals auf diese Summe kommt.

Der Devisenhandel spielt sich nicht auf der Börse ab – wenn Sie keine Futures kau­fen –, sondern der Devisenhandel spielt sich ab auf dem Over-the-counter-Market. Und wie diese Besteuerung stattfinden soll – das hat Minister Schäuble richtig erkannt –, ist ein Rätsel, denn das ist technisch nicht möglich – und deswegen hat Schäuble da zu Recht die Kurve gekratzt. – Sie von ÖVP und SPÖ bleiben aber dabei, sind jedoch eine Antwort, wie der Devisenhandel besteuert werden soll, bis jetzt schuldig geblie­ben. – Ich sage Ihnen: Das ist doch gar nicht möglich.

Die Transaktionssteuer kann nicht jene Summen erbringen, wie Sie das prognostizie­ren, denn das geht nicht allein durch Abgaben an der Wiener Börse; dieser Kapital­markt macht doch lediglich ein Hundertstel des Xetra-Handels deutscher Börsen aus. Wenn Sie da von einem Faktor von 1 : 10 im Vergleich zu Deutschland ausgehen, so ist diese Rechnung einfach falsch; Österreich liegt da leider Gottes viel weiter drunter – außer wenn Sie Staatsanleihen an der Wiener Börse mit in die Notierung nehmen, da­mit Sie eben irgendwie zu Ihren Notierungen kommen, obwohl diese Staatsanleihen überhaupt nicht gehandelt werden.

Sie müssen ja bei diesem unglaublichen Volumen von 230 Milliarden € an Staatsan­leihen froh sein, überhaupt noch Investoren zu finden. Deswegen hat ja die EZB die Zinsen gesenkt, damit diese Staatsanleihen überhaupt einen Käufer finden! Da findet man doch überhaupt keinen Käufer! Griechenland hat als Erstes die Schulden ge­drückt, Portugal wird das zweite Land sein – und ich bin gespannt, wann Österreich drankommt. Ich sage Ihnen, das findet noch vor 2016 statt.

Last but not least würde mich interessieren – wir haben ja letztes Mal hier gesprochen über eine Banken-Insolvenzordnung –, wie eine Insolvenzordnung für den österreichi­schen Staat aussieht, damit es einen Gläubigerschutz gibt, falls Österreich nicht mehr imstande ist, seine Staatsanleihen zu bedienen, zu begeben (Bundesrat Mag. Klug: Was ist das für ein Holler?), wenn die Zinsen ansteigen. Und das wird in Bälde ge­schehen, wenn nämlich die EZB die Zinsen nicht mehr subventioniert.

Aus diesem Grund lehnen wir dieses Belastungspaket vehement ab! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.22


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ertl. – Bitte, Herr Kollege. (Bundesrat Mag. Klug: Die Polizeireform ist angekündigt!)

 


16.22.40

Bundesrat Johann Ertl (FPÖ, Niederösterreich): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Als Schlussredner in dieser Debatte werde ich mich kurz fassen, möchte jedoch trotzdem auf die Aussagen von Frau Innenminister


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 60

Mikl-Leitner über das Zeitwertkonto bei der Exekutive eingehen. Bekanntlich ist ja vorgesehen, dass die jungen Exekutivbeamten Überstunden, die sie machen müssen, ausbezahlt bekommen, dass aber bei älteren Exekutivbeamten, die auch Überstunden machen müssen, das auf das Zeitwertkonto kommen soll und diese dann früher in Pension gehen sollen.

Ich weiß nicht, wie viele ältere Kollegen das überleben werden, und ich halte das je­denfalls für keine gute Idee. (Bundesrätin Zwazl: Überleben?) Ja, da geht es ums Überleben, wenn diese Kollegen mit 55 Jahren gezwungen werden, zehn Jahre lang Überstunden zu machen. Da geht es oft um 100 bis 150 Überstunden – und das ist sehr, sehr viel, insbesondere für einen älteren Kollegen. Diese Zeit ist meistens nicht überlebbar.

Zu den Ausführungen des Kollegen Todt: Sie haben die Einsparungen bei den Pen­sionisten angeschnitten und gesagt, das ist doch eigentlich gar nicht so, da werde nichts passieren. Kollege Todt, es kommt zu Einsparungen bei den Pensionen in Mil­liardenhöhe! (Bundesrat Todt: Das habe ich nicht gesagt! Es gibt keine Nulllohnrunde!) Schauen Sie sich doch diesen sogenannten Stabilitätspakt an! Es kommt zu einer Er­höhung der Versicherungsjahre von 37,5 auf 40 Jahre, was die Korridorpension an­langt. Das trifft alle Pensionisten. (Bundesrat Todt: Nur die, die arbeiten, trifft es!)

Nulllohnrunden bei den Beamten, Gehaltskürzungen bei Heeresangestellten durch Streichung der Pauschalvergütung, Entfall der Rückerstattung der Mineralölsteuer auf Agrardiesel sowie Schienenfahrzeuge sowie Entfall der Steuerbefreiung für Busse im Ortslinienverkehr: All das wird letztendlich wieder der Konsument zu bezahlen haben!

Der geforderte Sparbeitrag der Länder von 2,6 Milliarden € in fünf Jahren trifft ebenfalls den Durchschnittsbürger; ebenso die Halbierung der Bausparprämie.

Meine Damen und Herren, ich bin dazu der letzte Redner und möchte daher sagen: Ich wünsche Ihnen und uns allen sowie den Zuschauern zu Hause trotz dieses Stabilitäts­paketes „Frohe Ostern!“ – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.25


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.26.00

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Minister! Sehr geehrte Staatssekre­täre! Herr Präsident! Naja, es ist schon schwierig, sozusagen nach so einer großen blauen Kolonne zu reden, das gebe ich schon zu. (Beifall der Bundesrätin Kersch­baum.) Und dazu, Kollege Ertl, dass du deine Eierwünsche schon deponiert hast, möchte ich sagen, dass ich diese am Schluss vielleicht noch bekräftigen werde. Das sind ja zum Teil blaue Eier, die ihr gelegt habt, aber die sind nicht genießbar. Das muss ich Ihnen von der FPÖ schon in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Auch wenn Sie sich jetzt so echauffieren: Da waren schon viele Halbwahrheiten dabei; Dinge wurden zum Teil aus dem Zusammenhang gerissen. Ich denke, man muss mit diesem politischen Märchen schon einmal aufhören, dass ein Staat auf Dauer mehr ausgeben kann als er einnimmt. Gerade jene Maßnahmen in diesem Stabilitätspakt, den wir heute beschließen, sind sehr wohl dazu geeignet, einiges wieder geradezurich­ten. Wir nehmen unsere Regierungsverantwortung wahr. Und dass Sie mit Ihrer Oppo­sitionspolitik nicht im selben Boot sind, das mag schon sein, Frau Kollegin Mühlwerth.

Da wir gerade bei der Märchenstunde sind: Ich möchte ja nicht Ihren Parteiobmann mit der Pippi Langstrumpf-Geschichte hier zitieren; das war ja nicht unbedingt ein Brüller. (Bundesrat Mag. Klug: Schäbiger geht es nicht!)


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 61

Wenn man jetzt, Frau Kollegin Mühlwerth, hier hergeht und Sachen zitiert, die wir im Finanzausschuss vom Herrn Staatssekretär wirklich bis ins Detail erklärt bekommen haben, Sie sich aber nicht die Mühe machen, dort anwesend zu sein – man kann ja auch zuhören, man muss dort nicht Mitglied sein –, dann aber hier genau das Gegen­teil behaupten und den Kollegen Pisec im Finanzausschuss kämpfen lassen wie den „König der Löwen“, dann muss ich schon sagen: Das Problem ist aber, der „König der Löwen“ setzt dann das auch um, aber Herr Kollege Pisec ist leider beratungsresistent, denn genau das, was wir heute Morgen im Finanzausschuss diskutiert haben und was vom Herrn Staatssekretär wirklich eindeutig klargestellt wurde, hat Kollege Pisec jetzt hier sozusagen 1 : 1 wieder nachgebetet.

Dazu kann ich nur sagen: sensationelle „Leistung“, Herr Kollege Pisec! (Bundesrat Mag. Klug: Ganz genau!) – Genau! Ja, der war neu! Ein Brüller – wunderbar! (Heiter­keit bei der SPÖ.)

Natürlich ist es nicht gerade angenehm – das sage ich hier als Arbeitnehmervertreter auch –, bestimmte Themen anzusprechen, wobei ich in diesem Zusammenhang nur anführe: das faktische Pensionsantrittsalter, Steuerlücken schließen zu müssen, von den Beamten und Pensionisten einen großen Beitrag zu fordern. Ja, das ist nicht gera­de einfach.

Zu Zitaten von Interessenvertretungen, die da einiges mit eingebracht haben. Ich habe mir dazu ein paar geradezu sensationelle Äußerungen notiert, aber das wäre ja an und für sich Stoff genug, um darüber eine Expertise oder ein Buch zu verfassen.

Zur Aussage, die Sozialpartner seien nicht in dem Maße eingebunden worden: Das ist unrichtig! Selbstverständlich wurden die Sozialpartner mit eingebunden. Selbstver­ständlich haben die Sozialpartner Entschärfungen versucht, haben sie sich darum be­müht, Kanten und Ecken wegzunehmen.

Frau Kollegin Michalke, es ist falsch, wenn du sagst, dass gar nichts entschärft wurde. Na selbstverständlich ist das geschehen! Es gibt einen ganzen Maßnahmenkatalog, aus dem hervorgeht, was alles sozusagen berichtigt und in guter sozialpartnerschaftli­cher Manier geändert wurde.

Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass die Sozialpartner – Kollege Perhab hat das ja auch schon angesprochen – da mitgearbeitet haben.

Nun zu diesem Vorarlberg-spezifischen Problem in Bezug auf die Arbeiterkammer. Ar­beiterkammern sind natürlich auch Interessenvertretungen, und sie sind auch dazu be­rechtigt, ihre entsprechenden Forderungen einzubringen.

Selbstverständlich hat der Präsident der Vorarlberger Arbeiterkammer Hämmerle auch in einer ersten Stellungnahme, aber das war noch im Jänner, gesagt: Wir wollen keine Schröpfaktion. – Na selbstverständlich hat man hier auch seitens der Arbeiterkammern interveniert! Auch der Herr Direktor hat sich hier entsprechend eingebracht.

Aber man muss sagen, diese ganze Vorlesungsübung von eurer Seite, liebe Kollegen, war halt eben aus dem Zusammenhang gerissen. Hier sind wirklich einige Entschär­fungen gemacht worden, was selbstverständlich wichtig ist. Der Präsident der Vorarl­berger Arbeiterkammer hat auch gesagt, es soll eine Strukturreform stattfinden, eine Steuerreform, wir wollen den Faktor Arbeit entlasten. – Ja, selbstverständlich, das ist ein erster Schritt, und dieses Modell werden die Arbeiterkammern nach wie vor einfor­dern. Aber es ist nicht korrekt, jetzt einfach etwas aus dem Zusammenhang gerissen zu bringen und zu sagen, dass man die Arbeiterkammer hier nicht gehört hat. Die hat man genauso gehört wie die Wirtschaftskammer.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass man das Ganze verherrlicht. Das habe ich hier eindeutig und klar gesagt.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 62

Außerdem, Frau Kollegin Michalke, hier waren doch einige Aussagen dabei, die sofort einer tatsächlichen Berichtigung bedurft hätten, das hat Herr Minister Hundstorfer dann auch gesagt, zum Beispiel was die Hacklerregelung betrifft. Wenn man schon ein Pa­pier zitiert, dann soll es auf dem neuesten Stand sein und nicht auf dem Stand von ägyptischen Hieroglyphen. Das möchte ich hier in aller Bescheidenheit noch einmal an­merken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Auf die Finanztransaktionssteuer und das Schweizer Modell möchte ich jetzt hier wirk­lich nicht mehr eingehen. Herr Kollege Pisec – ich habe es schon gesagt –, du bist da beratungsresistent, denn das wurde wirklich in eindeutiger Art und Weise dargelegt. Da spare ich mir jetzt wirklich jeden Kommentar, weil es auch wieder um die Schaffung von Arbeitsplätzen gegangen ist, darum, dass wir dem Wirtschaftsstandort schaden und die Konjunktur schwächen. – In keiner Weise! Kollege Hundstorfer hat erklärt, wo wir stehen. Wir sind Europameister, was die Beschäftigung und auch was die Jugend­beschäftigung betrifft. Da können sich alle in Europa von unserem kleinen Land Öster­reich eine dicke Scheibe abschneiden. Und genau da sind wir, Herr Kollege Pisec. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich kann auch die Sorgen der Gemeinden und der Bürgermeister verstehen. Das kann ich nachvollziehen. Da hat man wirklich auch noch nachgebessert, und zwar gibt es bei Projekten, die laufen, die bereits begonnen wurden, wo es Baubescheide gibt, wo es dann auch entsprechende „Spatenstiche“ – unter Anführungszeichen – gibt – das hat man heute auch ganz eindeutig erklärt –, eine Abfederung bis zum 1. September. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, sich mit ihren Projekten entsprechend zu verwirkli­chen, und das ist auch wichtig. Da hat man sich auch in sozialpartnerschaftlicher Ma­nier gegenüber dem Gemeinde- und Städtebund entsprechend eingebracht, damit kei­ne Gemeinde einen Nachteil erfährt.

Herr Kollege Mitterer, ich darf schon erwähnen, ich bin an und für sich von deiner Se­riosität sehr begeistert und ich liebe immer auch deinen Exkurs zum Kärntner Modell, das taugt mir schon: keine Schulden – ich möchte das nicht ausführen, die Hypo-Bank et cetera. (Bundesrat Mitterer: Wir machen Gewinne!) Aus Respekt vor dem Kollegen Petritz von meiner Fraktion sage ich zu diesem Thema jetzt überhaupt nichts mehr, weil ich ihn sehr schätze und wir das Kärntner Modell nicht immer für gut befinden kön­nen, Herr Kollege Petritz.

Die Freiheitlichen sollen uns jetzt endlich einmal in aller Deutlichkeit sagen, wo wir sparen sollen, wie wir sparen sollen, und sie sollen endlich einmal auch konkrete Zah­len auf den Tisch legen, wo wir Einsparungen vornehmen können. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das habe ich von euch heute Nachmittag in keinem einzigen Satz gehört, und das ist tragisch. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Freiheitliche Politik ist eben eine Politik ohne Ziele und Konzepte. Und das ist nicht die „Pippi Langstrumpf“, sondern das ist ein „Pippi Kurzstrumpf“, in aller Deutlichkeit, ein „Pippi Kurzstrumpf“ ist das. Österreich wäre unter einer freiheitlichen Verantwortung wahrscheinlich dort, wo Portugal und Spanien heute sind. Und da sage ich nur: Gute Nacht, Österreich! Frohe Ostern zu Hause an den Bildschirmen! Wir bedanken uns im Namen des Bundesrates. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

16.34


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schie­der. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


16.34.50

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie nicht lange aufhalten. Mir war unklar, ob das Instrument der tatsächlichen Berichtigung auch einem Regierungsmitglied zusteht, aber es ja auch egal.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 63

Ich möchte nur berichtigen, was der Herr Bundesrat von der FPÖ gesagt hat, nämlich dass der Nationalratsbeschluss zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer den De­visenhandel ausklammern würde, wie Sie gesagt haben. Ich möchte Ihnen den Be­schluss vorlesen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Finanzminister werden aufgefordert, sich für einheitliche Umsetzungsschritte einer Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene und auf internationaler Ebene einzusetzen, insbesondere für folgende Punkte:

In einem ersten Schritt eine verbindliche Einführung einer allgemeinen Finanztransak­tionssteuer auf EU-Ebene und Vereinbarung von einheitlichen Umsetzungsschritten.

In einem zweiten Schritt soll die EU die Einführung einer weltweiten Transaktionssteuer fordern und einen globalen Umsetzungsplan vorschlagen.“

Sie sehen, die Behauptung, die Sie aufgestellt haben, hat wieder nicht gestimmt, denn der Devisenhandel ist nicht ausgenommen, sondern ganz im Gegenteil, es ist einstim­mig eine allgemeine Finanztransaktionssteuer beschlossen worden. Das sei nur richtig­gestellt. Sie können es aber gerne nachlesen: Am 10.12.2008 im österreichischen Na­tionalrat so beschlossen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.36.16

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Liebe Kolleginnen und liebe Kolle­gen! Bei einem längeren Reigen der Oppositionsparteien ist es fast aufgelegt, dass von den Regierungsparteien zum Schluss noch jemand einen Durchgang probiert, und ich versuche jetzt einen Durchgang, von dem ich, ehrlich gesagt, selber nicht weiß, ob er mir gelingen wird, und ich weiß auch nicht, ob so ein Durchgang einem Politiker gelin­gen kann, aber ich versuche das jetzt trotzdem. Und ich lade jetzt alle ein, mich ganz kurz gedanklich zu begleiten.

Inhaltlich geht es um den Vorwurf, der von den Grünen gekommen ist, im Konkreten vom Kollegen Dönmez, und zwar reagiere ich deshalb, weil auch ich den Kollegen Dönmez sehr schätze. Efi, du kommst heraus und greifst als Vertreter einer Opposi­tionspartei die Regierungsparteien, die Bundesregierung an im Zusammenhang mit der Debatte zum Sparpaket und sagst sinngemäß: Da macht ihr ein großes Sparpaket, und gleichzeitig kommt die Dienstwagennummer, Zitat: Wenn das der Pilz nicht aufgedeckt hätte.

Und jetzt, Kolleginnen und Kollegen, lade ich euch wirklich ein, ich versuche jetzt – kei­ne Ahnung, ob es gelingt – folgende Sache, Efi. Dieser angebliche Aufdecker redet im Zusammenhang mit dem Sparpaket Finanzen über die Dienstwagennummer der Politi­ker, die im Hintergrund folgende Geschichte hat.

Die Bundesbeschaffungsagentur schreibt den Kauf von Dienstwägen aus, BMW ge­winnt. Basis dafür ist ein Leasing-Vertrag mit den beiden Kriterien: 40 000 km oder in­nerhalb eines Jahres den Pkw zurück. Und der Bund, nämlich der Steuerzahler, zahlt für den Pkw 300 € Leasingrate. Derjenige Politiker, der den Pkw benutzt, hat gemäß den geltenden Lohnsteuerrichtlinien einen Sachbezug. Dadurch erhöht sich der Brutto­bezug nach den Richtlinien, in diesem Fall 600 € Höchstgrenze. Die haben eine Be­steuerung von 50 Prozent und zahlen netto 300 €. Das ist in diesem Modell für den Steuerzahler und für den Bund ein Nullsummenspiel. Das zum angeblichen Aufdecker Pilz.

Und warum strapaziere ich das jetzt, Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat? Es ist wirklich ein Versuch. Ich selber habe keinen Dienst-Pkw. Ich mache kein Hehl daraus,


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 64

es gibt manchmal Situationen, da wäre es klasse, wenn ich einen hätte. Ich habe aber keinen. Somit bin ich auch nicht verdächtig, dass ich meinen Dienst-Pkw verteidige. Aber was bleibt übrig? – Im Zusammenhang mit Sparpaketen, im Zusammenhang mit Finanzpolitik, Fragen des öffentlichen Haushaltes, im Zusammenhang mit Steuerzah­lerdebatten bleibt übrig eine primitivste Wirtshaus- und Neiddebatte, die sich wieder gegen Politikerinnen und Politiker richtet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage das in aller Offenheit: Wir tragen auch selbst Verantwortung für eigenes Handeln – da spreche ich jetzt nichts explizit an –, und wir tragen auch Verantwortung für blindes Zitieren von angeblichen Aufdeckern. – Glück auf! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.40


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zweite Wortmeldung: Herr Kollege Dönmez. – Bitte.

 


16.40.47

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Geschätzte KollegInnen! Wertes Präsidium! Sehr geehrte Staatssekretäre! (Bundesrat Boden: Jetzt musst erklären !) – Verzeihung! Herr Minister! Lieber Gerald Klug, damit das nicht falsch verstanden wird: Ich vergönne den Ministern, den Regierungsmitgliedern die Fahrzeu­ge. Sie sollen Fahrzeuge haben, sie brauchen Fahrzeuge; aber es ist eine Frage, wel­che Fahrzeuge angeschafft werden.

Dass es da Luxusschlitten der Marke BMW sein müssen, ist eine Entscheidung, die nehmen wir zur Kenntnis. Auch wir haben ein Regierungsmitglied in Oberösterreich, nämlich den Umweltlandesrat. Er fährt einen Toyota Hybrid. Auch das wäre eine Mög­lichkeit gewesen. Darum geht es! (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Todt: Kein ein­ziger Teil von Toyota Hybrid wird in Österreich erzeugt! BMW  – Bundesrat Kneifel:  70 Prozent!)

Wenn wir draußen sagen, dass man sparen muss, dass wir auf umweltschonendere Fahrzeuge umsteigen sollen, dann sollte die Bundesregierung doch mit bestem Bei­spiel voranschreiten. Aber 7er-BMW?“ (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Aber wir in Oberösterreich haben auch ein Regierungsmitglied, und der hat sich bewusst für ein Hybridfahrzeug entschieden. Auch das wäre ein gangbarer Weg gewesen. Und übri­gens: Ich fahre mit dem Radl. (Beifall bei den Grünen.)

16.42


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend 1. Stabilitätsgesetz 2012.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend 2. Stabilitätsgesetz 2012.

Ich ersuche abermals jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben, um ein Handzeichen. – Das ist wieder die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist so­mit ebenfalls angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 65

16.43.33Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesord­nungspunkte 1 und 2 über die Beschlüsse des Nationalrates vom 28. März 2012 be­treffend 1. Stabilitätsgesetz 2012 und 2. Stabilitätsgesetz 2012 zu verlesen, damit die­ser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Dadurch soll die umgehende Beschlussfassung ermöglicht werden.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr den entsprechenden Teil des Amt­lichen Protokolls.

Ich verlese:

Der Vorschlag des Präsidenten auf Abstandnahme von der 24-stündigen Auflagefrist der gegenständlichen Ausschussberichte wird gemäß § 44 Abs. 3 der Geschäftsord­nung des Bundesrates mit Stimmenmehrheit, das heißt, mit der erforderlichen Zweidrit­telmehrheit, angenommen.

Gegen den Vorschlag des Präsidenten, die Tagesordnungspunkte 1 und 2 unter einem zu verhandeln, wird kein Einwand erhoben.

Tagesordnungspunkt 1: Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend 1. Stabilitätsgesetz 2012, 1680 der Beilagen und 1707 der Beilagen sowie 8685/BR der Beilagen und 8687/BR der Beilagen.

Tagesordnungspunkt 2: Beschluss des Nationalrates vom 28. März 2012 betreffend 2. Stabilitätsgesetz 2012, 1685 der Beilagen und 1708 der Beilagen sowie 8686/BR der Beilagen und 8688/BR der Beilagen.

Die Abstimmungen zu Tagesordnungspunkt 1, Berichterstattung: Antrag, keinen Ein­spruch zu erheben, wird mit Stimmenmehrheit angenommen.

Zu Tagesordnungspunkt 2, Bericht: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nommen, ebenfalls mit Stimmenmehrheit.

Es liegt ein schriftliches Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates gemäß § 64 Abs. 2 Geschäftsordnung auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Ta­gesordnungspunkte 1 und 2 vor – was soeben stattgefunden hat.

Erheben sich gegen die Fassung und den Inhalt des Amtlichen Protokolls Einwen­dungen? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsord­nung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Weg erfolgen.

Als Sitzungstermin ist Freitag, der 13. April 2012, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Wie immer kommen für die Tagesordnung dieser Sitzung jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchs- be­ziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussberatungen sind für Mittwoch, den 11. April 2012, ab 14 Uhr, vorgese­hen.


BundesratStenographisches Protokoll806. Sitzung / Seite 66

Meine Damen und Herren, kommen Sie gut nach Hause!

Die Sitzung ist geschlossen.

16.46.23Schluss der Sitzung: 16.46 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien