Stenographisches Protokoll

84. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 18. September 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

84. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 18. September 1997

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 18. September 1997: 9.01 – 23.56 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen

2. Punkt: Bundesgesetz zur Festlegung von Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates vom 22. November 1996 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen

3. Punkt: Interregionales Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Mercado Comun del Sur und seinen Teilnehmerstaaten andererseits samt Gemeinsamer Erklärung

4. Punkt: Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zur Vorbereitung einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Unterzeichnungsprotokoll und Gemeinsamen Erklärungen

5. Punkt: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte

6. Punkt: Protokoll zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits und der Schlußakte

7. Punkt: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über


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Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits und der Schlußakte

8. Punkt: Änderungen zur Anlage des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfangs, 1946

9. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über den Amtssitz der Kommission samt Anhängen und Briefwechsel

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute samt Anhang

11. Punkt: Sicherheitsbericht 1995

12. Punkt: Bericht des Bundesministers für Inneres über den Zivildienst und die mit ihm zusammenhängende finanzielle Gebarung für die Jahre 1995 und 1996

13. Punkt: Bericht über den Antrag 172/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992, geändert wird

14. Punkt: Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung betreffend die Jahresberichte 1994 und 1995 der Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung

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Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 1997/98 35

Personalien

Verhinderungen 35

Geschäftsbehandlung

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a Abs. 1 der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vorberatung der Regierungsvorlage 844 d. B.) 57

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2702/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 58

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 153

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 153

Dr. Ewald Nowotny 155

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 157

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 158

Dr. Hans Peter Haselsteiner 159

Bundesminister Rudolf Edlinger 160


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Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 58

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen in erste Lesung zu nehmen 70

Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler, Dr. Martina Gredler, Mag. Doris Kammerlander und Genossen, die Regierungsvorlage: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte (799 d. B.), in der Fassung des Ausschußberichtes (856 d. B.), gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Außenpolitischen Ausschuß rückzuverweisen – Ablehnung 94, 99

Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbesondere, ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, "die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg" preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet –, erteilt wurden, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 235

Bekanntgabe 117

Ablehnung des Antrages 236

Unterbrechung der Sitzung 119

Aktuelle Stunde (17.)

Thema: "Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung"

Redner:

Friedrich Verzetnitsch 35

Bundesministerin Eleonora Hostasch 38

Günter Kiermaier 40

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 41

Dr. Jörg Haider 42

Mag. Helmut Peter 44

Karl Öllinger 45

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 46

Brigitte Tegischer 48

Walter Murauer 49

Mag. Karl Schweitzer 50

Maria Schaffenrath 51

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 53

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 35


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Ausschüsse

Zuweisungen 5


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5

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner 55

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend "Heeres-Geheim-Dienste – 12 Jahre Wildwuchs sind genug" (555/A) (E) 120

Begründung: Rudolf Anschober 121

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 125

Debatte:

Andreas Wabl 130

Dr. Peter Kostelka 133

Dr. Karl Maitz 135

Herbert Scheibner 137

Mag. Thomas Barmüller 139

Mag. Terezija Stoisits 142

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 143

Wolfgang Jung 145

Dr. Volker Kier 147

Dr. Alexander Van der Bellen 149

Werner Amon 151

Dr. Harald Ofner 152

Ablehnung des Dringlichen Antrages 153

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen – Beschluß auf erste Lesung 58, 70

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (703 d. B.): Bundesgesetz zur Festlegung von Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates vom 22. November 1996 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen (850 d. B.) 70

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (705 d. B.): Interregionales Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Mercado Comun del Sur und seinen Teilnehmerstaaten andererseits samt Gemeinsamer Erklärung (851 d. B.) 71

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (706 d. B.): Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zur Vorbereitung einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Unterzeichnungsprotokoll und Gemeinsamen Erklärungen (852 d. B.) 71

5. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (799 d. B.): Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte (856 d. B.) 71

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (800 d. B.): Protokoll zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits und der Schlußakte (857 d. B.) 71

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (801 d. B.): Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits und der Schlußakte (858 d. B.) 71

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 72

Dr. Michael Spindelegger 73

Dr. Martina Gredler 75

Peter Schieder 77

Rudolf Anschober 79

Bundesminister Dr. Wolfgang Schüssel 81

Dr. Martina Gredler (tatsächliche Berichtigung) 85

Ingrid Tichy-Schreder 85

Herbert Scheibner 87

Dr. Alfred Gusenbauer 88

Mag. Thomas Barmüller 90

Dr. Walter Schwimmer 92

Dkfm. Holger Bauer 93

Otmar Brix 95

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 97

Annahme des Gesetzentwurfes in 850 d. B. 98

Genehmigung der Staatsverträge in 851, 852, 856, 857 und 858 d. B. 99

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 99

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Otmar Brix und Genossen betreffend Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (799 d. B.): Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlos


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senen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte (856 d. B.) – Annahme E 83 96, 100

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (707 d. B.): Änderungen zur Anlage des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfangs, 1946 (853 d. B.) 101

Redner:

Hermann Mentil 101

Inge Jäger 102

Klara Motter 103

Ing. Monika Langthaler 104

Bundesminister Dr. Wolfgang Schüssel 105

Genehmigung des Staatsvertrages in 853 d. B. 106

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 106

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (710 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über den Amtssitz der Kommission samt Anhängen und Briefwechsel (854 d. B.) 106

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (711 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute samt Anhang (855 d. B.) 106

Redner:

Dkfm. Holger Bauer 107

Dr. Irmtraut Karlsson 108

Dr. Martina Gredler 109

Dkfm. Holger Bauer (tatsächliche Berichtigung) 110

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 111

Bundesminister Dr. Wolfgang Schüssel 112, 114

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 113

Genehmigung der Staatsverträge in 854 und 855 d. B. 114

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bundesregierung (III-82 und Zu III-82 d. B.) über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1995) (772 d. B.) 114

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 115

Anton Leikam 117

Dr. Volker Kier 119, 162

Paul Kiss 164

Rudolf Anschober 167

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 170

Dr. Willi Fuhrmann 174

Franz Lafer 175

Günther Platter 176

Dr. Martina Gredler 178


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Anton Gaál 179

Mag. Terezija Stoisits 180

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 182

Karl Freund 185

Herbert Scheibner 186

Dr. Elisabeth Hlavac 188

Mag. Thomas Barmüller 190

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 190

Dr. Harald Ofner 192

Günter Kiermaier 194

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 194

Mag. Franz Steindl 196, 199

Elfriede Madl (tatsächliche Berichtigung) 198

Ludmilla Parfuss 198

Kenntnisnahme des Berichtes III-82 und Zu III-82 d. B. 200


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Leikam, Paul Kiss, Dr. Helene Partik-Pablé, Rudolf Anschober, Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Bericht über die Anwendung des Schengener Durchführungsübereinkommens – Annahme E 84 189, 200

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht des Bundesministers für Inneres (III-83 d. B.) über den Zivildienst und die mit ihm zusammenhängende finanzielle Gebarung für die Jahre 1995 und 1996 (773 d. B.) 200

Redner:

Herbert Scheibner 200

Emmerich Schwemlein 202

Dr. Volker Kier 203

Dr. Karl Maitz 204

Theresia Haidlmayr 205, 211

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) 207

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 208

Matthias Achs 210

Helmut Dietachmayr 211

Kenntnisnahme des Berichtes III-83 d. B. 212

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 172/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992, geändert wird (775 d. B.) 212

Redner:

Dr. Volker Kier 213, 220

Heinz Gradwohl 214

Dr. Helene Partik-Pablé 214

Dr. Andreas Khol 216

Dr. Martina Gredler (tatsächliche Berichtigung) 217

Mag. Terezija Stoisits 218

Mag. Franz Steindl 219

Elfriede Madl 219

Mag. Johann Ewald Stadler 222

Kenntnisnahme des Berichtes 775 d. B. 223

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Angabe des Religionsbekenntnisses am Meldezettel – Ablehnung 215, 223

14. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung (III-76 und Zu III-76 d. B.) betreffend die Jahresberichte 1994 und 1995 der Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung (827 d. B.) 224

Redner:

Andreas Wabl 224

Walter Murauer 225

Ing. Gerald Tychtl 226

Dr. Harald Ofner 228

Dr. Martina Gredler 230

Anton Gaál 231

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 231

Herbert Scheibner 232

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 233

Wolfgang Jung 234

Kenntnisnahme des Berichtes III-76 und Zu III-76 d. B. 235

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 55

Bürgerinitiative betreffend Klonierungsverbot von Tieren (Ordnungsnummer 13)

Regierungsvorlagen 54

771: Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen samt Anlagen und Protokoll samt Anlagen

839: Artenhandelsgesetz – ArtHG

840: Genossenschaftsrevisionsrechtsänderungsgesetz 1997 – GenRevRÄG 1997

841 und Zu 841: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen

842: Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz geändert wird

844: Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion (Genf 1992) samt Anlagen und Fakultativprotokoll sowie Änderungsurkunden von Kyoto 1994 samt Anlage und Vorbehalte der Republik Österreich

845: Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird

846: Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsgesetz !SSR und das Verteilungsgesetz DDR geändert werden

847: Anlage E des Übereinkommens über die vorübergehende Verwendung samt Vorbehalten der Republik Österreich

848: Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der "Dachstein" Fremdenverkehrs-Aktiengesellschaft


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84. Sitzung / Seite 9

849: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird

Berichte 55

Vorlage 25 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 2. Quartal 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 26 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 2. Quartal 1997; BM f. Finanzen

III-93: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1996; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

III-94: Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr gemäß § 3 (2) Bundesbahngesetz 1992 über die von ihm bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die eingetretenen Veränderungen

III-95: Bericht über die Finanzschuld des Bundes 1996; BM f. Finanzen

III-96: Bericht über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1980 aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 2. Juli 1986 betreffend Durchführung der UrhG-Nov. 1986 (Geschäftsjahr 1996); Bundeskanzler

III-97: Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1996 (Grüner Bericht 1996); Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Rudolf Anschober und Genossen betreffend "Heeres-Geheim-Dienste – 12 Jahre Wildwuchs sind genug" (555/A) (E)

Rudolf Anschober und Genossen betreffend Maßnahmenpaket zur Vermeidung einer Transitlawine als Folge der verzögerten Installation der elektronischen Ökopunktekontrolle (556/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Neuregelung der gesetzlichen Bestimmungen zur Sterilisation Minderjähriger, geistig behinderter oder psychisch kranker Menschen (557/A) (E)

Karl Öllinger und Genossen betreffend Bundessozialhilfegesetz (558/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Erstellung von Berechnungsgrundlagen zur Finanzierung einer Grundsicherung (559/A) (E)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Einführung einer "geschlechterbewußten Koedukation" (560/A) (E)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ausbau der finanziellen Mittel für das Internationale Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien (561/A) (E)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (562/A) (E)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von blindmachenden Laserwaffen (563/A)


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84. Sitzung / Seite 10

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Rudolf Anschober und Genossen betreffend Schaffung europäischer Atomausstiegspläne im Zusammenhang mit der Osterweiterung der EU (194/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend "Fischer-Deponie-Sanierung oder -Sicherung" (2627/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend unbewiesene Vorwürfe gegen die Firma Koller (2899/J)

Dr. Irmtraut Karlsson und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Vollziehung des Bundesgesetzes über das Verbot von Anti-Personen-Minen und der damit in Zusammenhang stehenden Entschließung des Nationalrates (2900/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Vergabe von Laboraufträgen in östliche Nachbarländer (2901/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vervielfältigung von Personalakten (2902/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend beleidigende Aussagen gegenüber ausländischen Politikern (2903/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend homosexuellen Szeneanwalt als Lehrenden an der Tourismusschule "Modul" (2904/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylwerber Elmar Vakkas (2905/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend forstliche Förderungen (2906/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Menschenrechts- und Umweltsituation in Peru (2907/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Objektivität der Kontrolle im biologischen Landbau (2908/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Schutz der KonsumentInnen vor britischem Rindfleisch (2909/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Menschenrechtsverletzungen in Peru (2910/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend den Bau einer Autobahnraststätte in Hohenems (2911/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Verzögerungen beim Bau der B 301 (Wiener Südumfahrung) (2912/J)


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84. Sitzung / Seite 11

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Zusammenlegung der Vermessungsämter in Kärnten (2913/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Drogenersatztherapie (2914/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Kürzung des Ausbildungsbeitrages für Rechtspraktikanten (2915/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend sexuelle Belästigung im Kinderfreunde-Zeltlager (2916/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verlegung von Zollaktivitäten von Vorarlberg nach Tirol (2917/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bundesgesetz II Nr. 162: "Änderung der Verbrauchersteuerbefreiung" (2918/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend sozialversicherungsrechtliche Stellung freiberuflich tätiger MusikerInnen und weiterer gemäß § 4 Abs. 3 ASVG vollversicherter Berufe (2919/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulversuch "Ethik" in Tiroler Schulen (2920/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Initiative gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (2921/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Bestellung der Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) (2922/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Opferschutz für Betroffene des Frauenhandels (2923/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Mißbrauch von Bankomatkarten (2924/J)

*****

Dr. Martin Graf und Genossen an den Präsidenten des Nationalrats betreffend Verdacht auf politisch motivierte Sabotage seitens der Parlaments-EDV (14/JPR)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Nichtbeantwortung von Briefen (2696/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2398/AB zu 2407/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (2399/AB zu 2431/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2400/AB zu 2403/J)


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84. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen (2401/AB zu 2396/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (2402/AB zu 2399/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2403/AB zu 2422/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2404/AB zu 2454/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (2405/AB zu 2419/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (2406/AB zu 2400/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2407/AB zu 2442/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2408/AB zu 2547/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2409/AB zu 2437/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2410/AB zu 2465/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (2411/AB zu 2450/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2412/AB zu 2425/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2413/AB zu 2406/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen (2414/AB zu 2397/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2415/AB zu 2405/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2416/AB zu 2409/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2417/AB zu 2410/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2418/AB zu 2447/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 13

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen (2419/AB zu 2426/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Arnold Grabner und Genossen (2420/AB zu 2427/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (2421/AB zu 2424/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2422/AB zu 2462/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2423/AB zu 2490/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2424/AB zu 2505/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2425/AB zu 2553/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (2426/AB zu 2567/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2427/AB zu 2595/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2428/AB zu 2602/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (2429/AB zu 2432/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2430/AB zu 2411/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen (2431/AB zu 2541/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2432/AB zu 2564/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2433/AB zu 2467/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (2434/AB zu 2566/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2435/AB zu 2533/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2436/AB zu 2434/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (2437/AB zu 2518/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2438/AB zu 2449/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 14

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2439/AB zu 2416/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2440/AB zu 2455/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2441/AB zu 2420/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (2442/AB zu 2436/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (2443/AB zu 2438/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2444/AB zu 2540/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (2445/AB zu 2577/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2446/AB zu 2478/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2447/AB zu 2507/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (2448/AB zu 2520/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (2449/AB zu 2543/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (2450/AB zu 2508/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Brigitte Tegischer und Genossen (2451/AB zu 2515/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (2452/AB zu 2544/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (2453/AB zu 2565/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2454/AB zu 2469/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2455/AB zu 2615/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2456/AB zu 2503/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2457/AB zu 2484/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (2458/AB zu 2485/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 15

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2459/AB zu 2495/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2460/AB zu 2496/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2461/AB zu 2521/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2462/AB zu 2530/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2463/AB zu 2575/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2464/AB zu 2510/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2465/AB zu 2551/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2466/AB zu 2555/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (2467/AB zu 2598/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2468/AB zu 2487/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2469/AB zu 2404/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2470/AB zu 2415/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2471/AB zu 2444/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2472/AB zu 2448/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2473/AB zu 2470/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2474/AB zu 2463/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2475/AB zu 2491/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2476/AB zu 2538/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Schwimmer und Genossen (2477/AB zu 2610/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (2478/AB zu 2519/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2479/AB zu 2535/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (2480/AB zu 2604/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (2481/AB zu 2605/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2482/AB zu 2471/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Edler und Genossen (2483/AB zu 2581/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (2484/AB zu 2603/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2485/AB zu 2554/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (2486/AB zu 2592/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2487/AB zu 2461/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2488/AB zu 2473/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2489/AB zu 2482/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2490/AB zu 2468/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (2491/AB zu 2475/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (2492/AB zu 2476/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (2493/AB zu 2479/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2494/AB zu 2488/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2495/AB zu 2464/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen (2496/AB zu 2580/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (2497/AB zu 2549/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2498/AB zu 2556/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (2499/AB zu 2684/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (2500/AB zu 2721/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2501/AB zu 2765/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2502/AB zu 2532/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2503/AB zu 2545/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (2504/AB zu 2500/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen (2505/AB zu 2599/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2506/AB zu 2563/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2507/AB zu 2625/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2508/AB zu 2498/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2509/AB zu 2499/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2510/AB zu 2489/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (2511/AB zu 2501/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2512/AB zu 2525/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2513/AB zu 2546/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2514/AB zu 2497/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2515/AB zu 2494/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2516/AB zu 2466/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (2517/AB zu 2480/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2518/AB zu 2483/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2519/AB zu 2624/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2520/AB zu 2492/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2521/AB zu 2561/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2522/AB zu 2557/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2523/AB zu 2548/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2524/AB zu 2698/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2525/AB zu 2560/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (2526/AB zu 2892/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2527/AB zu 2558/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (2528/AB zu 2570/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (2529/AB zu 2513/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2530/AB zu 2529/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2531/AB zu 2531/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2532/AB zu 2539/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2533/AB zu 2579/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2534/AB zu 2583/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (2535/AB zu 2586/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2536/AB zu 2588/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2537/AB zu 2589/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (2538/AB zu 2502/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (2539/AB zu 2542/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (2540/AB zu 2587/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2541/AB zu 2526/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (2542/AB zu 2609/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Freund und Genossen (2543/AB zu 2805/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2544/AB zu 2504/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2545/AB zu 2509/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (2546/AB zu 2514/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2547/AB zu 2537/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2548/AB zu 2571/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2549/AB zu 2591/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Hannelore Buder und Genossen (2550/AB zu 2600/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (2551/AB zu 2607/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2552/AB zu 2523/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2553/AB zu 2584/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2554/AB zu 2628/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Salzl und Genossen (2555/AB zu 2524/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2556/AB zu 2527/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2557/AB zu 2552/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2558/AB zu 2582/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 20

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2559/AB zu 2585/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (2560/AB zu 2611/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (2561/AB zu 2511/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Brigitte Tegischer und Genossen (2562/AB zu 2516/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen (2563/AB zu 2517/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2564/AB zu 2528/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2565/AB zu 2671/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2566/AB zu 2572/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2567/AB zu 2559/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2568/AB zu 2597/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (2569/AB zu 2576/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2570/AB zu 2578/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2571/AB zu 2593/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2572/AB zu 2594/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2573/AB zu 2574/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2574/AB zu 2716/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (2575/AB zu 2573/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2576/AB zu 2590/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2577/AB zu 2606/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Johannes Zweytick und Genossen (2578/AB zu 2608/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2579/AB zu 2742/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2580/AB zu 2887/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2581/AB zu 2601/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen (2582/AB zu 2697/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2583/AB zu 2618/J)

des  Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2584/AB zu 2825/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2585/AB zu 2650/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2586/AB zu 2631/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2587/AB zu 2622/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2588/AB zu 2616/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2589/AB zu 2840/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2590/AB zu 2857/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2591/AB zu 2886/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2592/AB zu 2613/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2593/AB zu 2619/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2594/AB zu 2621/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2595/AB zu 2646/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2596/AB zu 2626/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2597/AB zu 2612/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2598/AB zu 2614/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2599/AB zu 2617/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2600/AB zu 2710/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2601/AB zu 2694/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2602/AB zu 2701/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2603/AB zu 2833/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2604/AB zu 2647/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2605/AB zu 2875/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (2606/AB zu 2898/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2607/AB zu 2768/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (2608/AB zu 2685/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2609/AB zu 2835/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2610/AB zu 2879/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2611/AB zu 2620/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2612/AB zu 2623/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2613/AB zu 2747/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2614/AB zu 2645/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2615/AB zu 2702/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Genossen (2616/AB zu 2760/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (2617/AB zu 2815/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 23

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen (2618/AB zu 2830/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2619/AB zu 2880/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen (2620/AB zu 2629/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2621/AB zu 2712/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (2622/AB zu 2717/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2623/AB zu 2866/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2624/AB zu 2881/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2625/AB zu 2634/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2626/AB zu 2657/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (2627/AB zu 2764/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2628/AB zu 2782/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2629/AB zu 2638/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2630/AB zu 2643/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2631/AB zu 2695/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2632/AB zu 2773/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (2633/AB zu 2828/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2634/AB zu 2640/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2635/AB zu 2751/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2636/AB zu 2883/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2637/AB zu 2740/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (2638/AB zu 2851/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2639/AB zu 2730/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2640/AB zu 2753/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2641/AB zu 2656/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2642/AB zu 2662/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (2643/AB zu 2707/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2644/AB zu 2715/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2645/AB zu 2724/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2646/AB zu 2855/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2647/AB zu 2871/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2648/AB zu 2839/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2649/AB zu 2635/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und Genossen (2650/AB zu 2677/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (2651/AB zu 2679/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2652/AB zu 2877/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2653/AB zu 2878/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2654/AB zu 2649/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2655/AB zu 2644/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2656/AB zu 2755/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2657/AB zu 2714/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 25

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2658/AB zu 2785/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (2659/AB zu 2761/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2660/AB zu 2627/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2661/AB zu 2630/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2662/AB zu 2642/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen 2663/AB zu 2648/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2664/AB zu 2722/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2665/AB zu 2795/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2666/AB zu 2783/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2667/AB zu 2821/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2668/AB zu 2842/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2669/AB zu 2641/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (2670/AB zu 2848/J)

des   Bundesministers  für  Inneres   auf  die   Anfrage  der  Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (2671/AB zu 2853/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2672/AB zu 2633/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2673/AB zu 2637/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ilse Mertel und Genossen (2674/AB zu 2729/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.  Johann Maier und Genossen (2675/AB zu 2737/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2676/AB zu 2759/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2677/AB zu 2736/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (2678/AB zu 2675/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2679/AB zu 2820/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2680/AB zu 2735/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2681/AB zu 2746/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2682/AB zu 2771/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2683/AB zu 2774/J)

Des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2684/AB zu 2784/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Brigitte Tegischer und Genossen (2685/AB zu 2797/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (2686/AB zu 2816/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen (2687/AB zu 2823/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (2688/AB zu 2691/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen (2689/AB zu 2832/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Genossen (2690/AB zu 2891/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2691/AB zu 2873/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ernst Fink und Genossen (2692/AB zu 2804/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2693/AB zu 2779/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (2694/AB zu 2725/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (2695/AB zu 2827/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (2696/AB zu 2706/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (2697/AB zu 2731/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 27

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2698/AB zu 2772/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2699/AB zu 2693/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2700/AB zu 2756/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (2701/AB zu 2680/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2702/AB zu 2829/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2703/AB zu 2775/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny und Genossen (2704/AB zu 2734/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2705/AB zu 2719/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2706/AB zu 2711/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2707/AB zu 2894/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2708/AB zu 2852/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr.  Martin Graf und Genossen (2709/AB zu 2723/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2710/AB zu 2687/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2711/AB zu 2682/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2712/AB zu 2688/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2713/AB zu 2882/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2714/AB zu 2844/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2715/AB zu 2792/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2716/AB zu 2794/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (2717/AB zu 2809/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 28

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2718/AB zu 2672/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2719/AB zu 2819/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2720/AB zu 2658/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2721/AB zu 2781/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2722/AB zu 2681/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2723/AB zu 2632/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2724/AB zu 2758/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2725/AB zu 2791/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (2726/AB zu 2884/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2727/AB zu 2739/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (2728/AB zu 2788/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Schwimmer und Genossen (2729/AB zu 2802/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (2730/AB zu 2676/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2731/AB zu 2683/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2732/AB zu 2813/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2733/AB zu 2636/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2734/AB zu 2665/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2735/AB zu 2666/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2736/AB zu 2745/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (2737/AB zu 2803/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2738/AB zu 2888/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (2739/AB zu 2763/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (2740/AB zu 2796/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2741/AB zu 2654/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2742/AB zu 2670/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (2743/AB zu 2678/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2744/AB zu 2824/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner und Genossen (2745/AB zu 2831/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2746/AB zu 2689/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2747/AB zu 2699/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (2748/AB zu 2850/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (2749/AB zu 2867/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2750/AB zu 2664/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (2751/AB zu 2727/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2752/AB zu 2766/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2753/AB zu 2786/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2754/AB zu 2787/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (2755/AB zu 2704/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2756/AB zu 2858/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 30

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2757/AB zu 2865/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2758/AB zu 2652/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2759/AB zu 2655/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2760/AB zu 2668/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2761/AB zu 2674/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (2762/AB zu 2690/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2763/AB zu 2709/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2764/AB zu 2741/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (2765/AB zu 2748/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (2766/AB zu 2757/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2767/AB zu 2769/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2768/AB zu 2777/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2769/AB zu 2778/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2770/AB zu 2812/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2771/AB zu 2817/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2772/AB zu 2837/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2773/AB zu 2660/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2774/AB zu 2661/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2775/AB zu 2700/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (2776/AB zu 2789/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2777/AB zu 2836/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 31

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2778/AB zu 2669/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2779/AB zu 2776/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (2780/AB zu 2800/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2781/AB zu 2810/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2782/AB zu 2790/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2783/AB zu 2843/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2784/AB zu 2659/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (2785/AB zu 2651/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2786/AB zu 2653/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2787/AB zu 2673/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2788/AB zu 2705/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Sigl und Genossen (2789/AB zu 2890/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2790/AB zu 2667/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2791/AB zu 2728/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2792/AB zu 2750/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (2793/AB zu 2818/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2794/AB zu 2826/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (2795/AB zu 2889/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2796/AB zu 2893/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen (2797/AB zu 2732/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner und Genossen (2798/AB zu 2733/J)


Nationalrat, XX.GP
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84. Sitzung / Seite 32

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (2799/AB zu 2713/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2800/AB zu 2793/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2801/AB zu 2838/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2802/AB zu 2876/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2803/AB zu 2862/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (2804/AB zu 2718/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2805/AB zu 2767/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Genossen (2806/AB zu 2854/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2807/AB zu 2686/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2808/AB zu 2856/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2809/AB zu 2822/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (2810/AB zu 2762/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (2811/AB zu 2780/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (2812/AB zu 2847/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Genossen (2813/AB zu 2692/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2814/AB zu 2743/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2815/AB zu 2749/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2816/AB zu 2752/J)


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84. Sitzung / Seite 33

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2817/AB zu 2868/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2818/AB zu 2869/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2819/AB zu 2870/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2820/AB zu 2845/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2821/AB zu 2861/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2822/AB zu 2639/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2823/AB zu 2663/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2824/AB zu 2703/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Kurzbauer und Genossen (2825/AB zu 2708/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (2826/AB zu 2726/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2827/AB zu 2770/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2828/AB zu 2814/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2829/AB zu 2846/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2830/AB zu 2744/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2831/AB zu 2864/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2832/AB zu 2720/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2833/AB zu 2885/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Gatterer und Genossen (2834/AB zu 2849/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen (2835/AB zu 2807/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2836/AB zu 2863/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2837/AB zu 2841/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (2838/AB zu 2806/J)


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84. Sitzung / Seite 34

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (2839/AB zu 2897/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2840/AB zu 2811/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2841/AB zu 2895/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2842/AB zu 2896/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2843/AB zu 2754/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2844/AB zu 2859/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Schwimmer und Genossen (2845/AB zu 2799/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Schwimmer und Genossen (2846/AB zu 2801/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (2847/AB zu 2808/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2848/AB zu 2834/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2849/AB zu 2860/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2850/AB zu 2872/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (2851/AB zu 2798/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2852/AB zu 2874/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (Zu 2392/AB zu 2395/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (Zu 2432/AB zu 2564/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Freund und Genossen (Zu 2543/AB zu 2805/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (13/ABPR zu 13/JPR)

 


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84. Sitzung / Seite 35

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich zur ersten Sitzung nach der Sommerpause begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Die Sitzung ist eröffnet.

Einberufung der ordentlichen Tagung 1997/98

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundespräsident hat mit der Entschließung vom 8. September 1997 gemäß Art. 28 Abs. 1 der Bundesverfassung den Nationalrat für den 15. September 1997 zur ordentlichen Tagung 1997/98 der XX. Gesetzgebungsperiode einberufen.

Aufgrund dieser Entschließung des Herrn Bundespräsidenten wurde die heutige Sitzung einberufen.

Die Amtlichen Protokolle der 81. Sitzung vom 9. und 10. Juli 1997, der 82. Sitzung vom 10. und 11. Juli 1997 sowie der 83. Sitzung vom 11. Juli 1997 sind unbeanstandet geblieben und gelten daher als genehmigt.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Aumayr, Hans Helmut Moser, Dr. Schmidt und Dr. Mock.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat über Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Herr Wissenschaftsminister Dr. Caspar Einem wird durch Herrn Bundesminister Mag. Karl Schlögl vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur verlangten Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung"

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die erste Wortmeldung liegt vom Herrn Abgeordneten Verzetnitsch vor. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte sehr.

9.03

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung sind zurzeit in allen Tageszeitungen, in den veröffentlichten Berichten der Medien, aber auch in vielen Diskussionen in unserem Lande bestimmend. Ich finde das gut so. Es muß unser Anliegen sein, der Jugend eine Chance für die Zukunft zu geben, und zwar unabhängig davon, ob es Lehrlinge oder nach einer schulischen Ausbildung in das Berufsleben Eintretende sind. Wir dürfen da keine Unterscheidung machen. Wir müssen einerseits danach


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84. Sitzung / Seite 36

trachten, jenen Jugendlichen, die eine Lehre ergreifen wollen, diese Chance auch zu eröffnen, und andererseits jenen Jugendlichen, die nach Absolvierung weiterführender Schulen in das Arbeitsleben eintreten wollen, eine Beschäftigung zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In einigen Schlagzeilen zu diesem Thema wird einerseits die Frage aufgeworfen: Werden unsere Lehrlinge immer dümmer? – nachzulesen in einer Zeitung, die sich mit Wohnproblemen beschäftigt – und andererseits festgestellt, daß es aufgrund der vielen Förderungsmaßnahmen, die es gibt, noch nie so günstig war wie jetzt, Lehrlinge auszubilden.

Meine Damen und Herren! Wir sollten aber bei der Behandlung dieses Themas auf die Jugendlichen nicht vergessen. Im internationalen Vergleich ist die Entwicklung der Beschäftigung Jugendlicher in Österreich hervorragend, aber dennoch muß es unsere Sorge sein, daß kein Jugendlicher, der arbeiten will, der eine Lehre ergreifen will, auf der Straße bleibt. Diesbezüglich müssen wir, glaube ich, mit vielen Argumenten, die wir in diesen Tagen zu hören bekommen, aufräumen. So heißt es zum Beispiel, daß ein Spenglerlehrling auf dem Dach nicht arbeiten darf. Dieses Gerücht zieht sich wie ein roter Faden durch die Medienberichte. Aber es wird vor allem von der Wirtschaftskammer weitertransportiert, die unter anderem behauptet, es sei unmöglich, einen Lehrling vernünftig auszubilden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verbot an und für sich beschränkt sich nur dann auf die Beschäftigung von Jugendlichen, wenn es dabei um Gefahrenquellen geht. Ein Lehrling kann ohne Probleme auf dem Flachdach beschäftigt werden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. ) Ein Lehrling kann problemlos (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie bei den Freiheitlichen) – Herr Generalsekretär, hören Sie doch zu! – ohne Sicherung auf dem Flachdach beschäftigt werden, wie ich es soeben gesagt habe. Ein Lehrling kann aber auch, Herr Generalsekretär, auf dem Steildach beschäftigt werden, wenn er entsprechend gesichert ist. – Ich meine, wir sollten endlich aufräumen mit Gerüchten, die jeder Grundlage entbehren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben am 1. Juli das Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz in diesem Zusammenhang noch klarer definiert. Das Arbeitnehmerschutzgesetz gilt für alle Arbeitnehmer, ob Lehrlinge oder Erwachsene, und schreibt vor, daß der Verantwortliche dafür zu sorgen hat, daß gemäß den Gefahren entsprechende Maßnahmen getroffen werden.

Meine Damen und Herren! Es stimmt schon, daß die Wirtschaftskammer, aber auch andere Stellen sich gemeinsam anstrengen, zusätzliche Lehrlinge zu beschäftigen. Doch die Tücke liegt im Detail. Ein Beispiel: Als in Niederösterreich zwei große Industriebetriebe mehr Lehrlinge aufnehmen wollten und die Arbeitsmarktverwaltung darüber informierten, hörte man von der Wirtschaftskammer Niederösterreich, es sei kein Bedarf vorhanden.

Meine Damen und Herren! Wie ernst nehmen wir die Frage der Jugendbeschäftigung tatsächlich? Wollen wir mehr Lehrlinge haben? Wollen wir mehr Jugendlichenbeschäftigung haben? Wenn ja, dann sollten wir meiner Meinung nach mit solchen Aktionen aufhören und unser Interesse in eine andere Richtung lenken, nämlich der Jugendbeschäftigung mehr Augenmerk zu schenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es wird in diesen Tagen aber auch immer wieder darüber gesprochen, weshalb es keine neuen Lehrberufe gibt. Wir brauchen dringend neue Berufe! Wer hindert uns denn eigentlich daran, neue Lehrberufe einzuführen? Da ist der Wunsch stärker als der Wille zur Tat. Ich habe mich informiert, wie es denn tatsächlich im Zusammenhang mit neuen Lehrberufen ausschaut, welche diesbezüglichen Anträge zurzeit in Diskussion sind. Zurzeit sind in Diskussion die Berufe Bankkaufmann, Sonnenschutztechniker und Fertigungstechniker. Mehr Wünsche nach neuen Lehrberufen gibt es von seiten der Wirtschaft gar nicht.

Meine Damen und Herren! Mir fällt dazu eine ganze Reihe von Argumenten ein, wie zum Beispiel die Frage: Wie wird in unserem Land dem Umstand Rechnung getragen, daß der Kongreßtourismus immer mehr zunimmt? Haben wir in diesem Bereich genug ausgebildete Fachkräfte? – Ich meine, wir sollten darüber nachdenken, ob nicht auch dieser Bereich Wesen eines Lehrberufes sein könnte.


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Meine Damen und Herren! Wir sollten aber auch darüber diskutieren, ob zum Beispiel die neuen technologischen Entwicklungen im Druckereibereich nicht auch zu neuen Lehrberufen führen sollten. Das sind Zukunftsthemen.

Aber wie sieht es in der Realität aus? Wir – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – sitzen gemeinsam im Berufsausbildungsbeirat. Wir haben dort in der letzten Zeit über drei Lehrberufe diskutiert. Einer davon ist der Betonfertiger. Diesbezüglich ist vom Berufsausbildungsbeirat im November 1995 ein Antrag an das zuständige Wirtschaftsministerium gestellt worden. Wissen Sie, wann der neue Lehrberuf erlassen wird? Die Premiere ist heute! Heute wird dieser neue Lehrberuf erlassen. Von November 1995 bis September 1997, also fast zwei Jahre lang, braucht die Administration, um das, was gemeinsam vereinbart worden ist, in die Realität umzusetzen. Wir sollten auch da schneller werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dasselbe gilt für den Beruf Hohlgasveredler. Der diesbezügliche Antrag ist im März 1996 eingebracht worden. Auch dieser Beruf wird erst heute verordnet. Auch dazu brauchte man lange Zeit.

Schneller ist es erfreulicherweise beim Beruf Kommunikationstechniker gegangen. Die Arbeiten dazu sind im März 1997 abgeschlossen worden, und die Verordnung dazu wird ebenfalls mit dem heutigen Tage erlassen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es auch wichtig ist, daß die Betroffenen selbst die Chance haben, sich entsprechend einzubringen. Beschäftigte Jugend muß unser Anliegen sein. Daher meine Bitte an die Vertreter der Wirtschaft, da mitzutun. Denn wenn sich die Junge Industrie mit der Gewerkschaftsjugend zusammensetzt und gemeinsam ein Acht-Punkte-Programm zu der Frage entwickelt, wie man der Jugendbeschäftigung besser Herr werden kann, dann ist es nicht gerade förderlich, wenn die Antwort der Wirtschaftskammer darauf lautet: Daran nehmen wir nicht teil, da setzen wir uns nicht an einen Tisch! Diese Haltung ist aber auch in anderen Bereichen feststellbar. Vielleicht ist das die neue Linie. Ich glaube jedoch nicht, daß das Sinn und Zweck unserer Bemühungen sein kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir dürfen beim Thema Jugendbeschäftigung keine Zeit verlieren. Jugendliche, die aus der Schule kommen, brauchen die Chance, in einen Lehrberuf einsteigen zu können. Da sind viele aufgefordert, mitzuwirken, wie zum Beispiel die Eltern, aber auch die Jugendlichen selbst. Was die Eltern betrifft, so meine ich, daß es nicht zielführend ist, wenn, wie man immer wieder von seiten der Lehrbetriebe hört, das Elternpaar zwar bei der Unterschrift des Lehrvertrages anwesend ist, sich aber dann die nächsten drei Jahre überhaupt nicht darum kümmert, wie es denn eigentlich um die Entwicklung des Lehrlings bestellt ist.

Was die Jugendlichen selbst betrifft, so drängen bei einer Palette von über 200 Lehrberufen die meisten Jugendlichen in nur ganz wenige Berufe, wie beispielsweise in jene des Automechanikers, der Friseurin oder des Einzelhandelskaufmanns. Sehr salopp ausgedrückt: Jeder, der glaubt, daß er vielleicht irgendwann einmal am Österreichring starten kann, wenn er Automechaniker wird, wird sich sehr bald bei der Ölwanne wiederfinden, die er zu reinigen hat. Und jeder, der glaubt, daß er die schönsten Frisuren gestalten kann, wird feststellen, daß der Berufswechsel in diesem Bereich enorm häufig ist.

Wir brauchen den Zustrom zu mehr Lehrberufen. Das Angebot liegt auf dem Tisch und sollte entsprechend genützt werden.

Wir brauchen aber auch mehr Information und mehr Initiative. Ich glaube, daß es der falsche Ansatz ist, herzugehen und der Regierung vorzuwerfen, sie wache erst jetzt auf. Es ist nachweisbar, daß wir alle in diesem Hohen Haus schon sehr lange an der Frage Jugendbeschäftigung arbeiten. Wir hätten zum Beispiel das Problem des Jugendarbeitsschutzes auch in bezug auf die Bäcker schon vor dem Sommer erledigen können, wenn es von seiten der ÖVP keine Widerstände gegeben hätte.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nehmen wir das Problem der Jugendbeschäftigung ernst, bevor es zu Kriminalität und Jugendausschreitungen kommt. Geben wir der Jugend eine Chance! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP sowie Beifall des Abg. Dr. Van der Bellen. )

9.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Thema der Aktuellen Stunde wird jetzt Frau Bundesministerin Hostasch Stellung nehmen. Auch ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundesministerin.

9.12

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir zu dem ganz wichtigen Anliegen, alles zu tun, um der Jugend eine Chance zu geben, und dafür zu sorgen, daß wir in Österreich nie wieder arbeitslose Jugendliche haben, vorerst einige Zahlen bekanntzugeben, weil ich meine, daß gerade aus diesen klar erkennbar ist, daß viele der Maßnahmen, die von diesem Hohes Haus, aber auch von seiten der Bundesregierung gesetzt wurden, bereits positive Auswirkungen zeitigen.

Wir hatten in Österreich Ende August trotz schwieriger Rahmenbedingungen – diese können nicht geleugnet werden – eine geringere Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen zu verzeichnen als zum selben Zeitpunkt im vergangenen Jahr, nämlich um 3,1 Prozent weniger. Es ging die Arbeitslosigkeit sowohl bei den 15- bis 18jährigen als auch bei den 19- bis 24jährigen zurück, was bedeutet, daß wir nicht nur die Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren erfassen konnten, sondern auch jene zwischen 20 und 30 Jahren.

Gerade das Arbeitsmarktservice leistet sehr viel, um diese Tendenz zu unterstützen. Es wurde bei den Jugendlichen im Jahresdurchschnitt beinahe doppelt so schnell und auch sehr erfolgreich vermittelt. So liegt die Verweildauer der Jugendlichen in der Arbeitslosigkeit mit 84 Tagen deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt anderer Arbeitslosen.

Auch im internationalen Vergleich ist die Arbeitsplatzsituation bei den Jugendlichen in Österreich recht günstig. Innerhalb der EU weist Österreich mit Abstand den niedrigsten Wert an jugendlichen Arbeitslosen aus, was unterstreicht, daß wir das Problem Jugendarbeitslosigkeit rechtzeitig erkannt und auch rechtzeitig gehandelt haben. Ich bedanke mich von dieser Stelle aus für Ihre Unterstützung in diesem Zusammenhang. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir können feststellen, sehr geschätzte Damen und Herren, daß wir eine besondere Dynamik auf dem Arbeitsmarkt- und Lehrstellenmarkt der Jugendlichen haben. Diese ist insbesondere durch die demographische Entwicklung bedingt. Der Anteil der 15jährigen an der Bevölkerung stieg von 1994 auf 1996 um 7,3 Prozent. Die Bundesregierung und das Hohe Haus haben diese Entwicklung rechtzeitig erkannt und sind bereits seit Februar dieses Jahres intensiv bemüht, dem Rechnung zu tragen und dementsprechende Maßnahmen zu setzen.

So konnten wir, sehr geschätzte Damen und Herren, zum Beispiel erreichen, daß im Juli und August dieses Jahres vom Arbeitsmarktservice 12 396 Lehrstellensuchende vermittelt werden konnten. Diese Zahl ist um 33 Prozent höher als der Vorjahreswert. An diesem Erfolg können Sie sehen, wie intensiv unsere Bemühungen sind.

Dem Arbeitsmarktservice ist es auch gelungen, innerhalb sehr kurzer Zeit zu einer Schwerpunktverlagerung der Unterstützung bei den Jugendlichen zu kommen. 1997 werden für Maßnahmen für Jugendliche insgesamt 1,4 Milliarden Schilling aufgewendet. Ich meine, daß auch dies beweist, wie ernst wir die Entwicklung bei den Jugendlichen nehmen und wie sehr wir uns um diese bemühen.

Es sind zum Beispiel neben der Förderung der Lehrausbildung in Unternehmen und Lehrwerkstätten sechs Einrichtungen zur überbetrieblichen Lehrausbildung geschaffen worden. Rund 1 400 Jugendliche, um 1 200 mehr als im Vorjahr, werden heuer in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen ihre Lehre beginnen. Wie Sie aus eigener Erfahrung wissen werden,


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hat gerade die Ausbildung in diesen Bereichen hohe Qualität und bietet daher auch große Berufschancen für die Zukunft.

Ich darf Sie, sehr geschätzte Damen und Herren, an jene Maßnahmen erinnern – Maßnahmen, die wir in diesem Hohen Haus mit Ihnen gemeinsam beschließen konnten –, die dazu geführt haben, daß erstens Unternehmungen beim Krankenversicherungsbeitrag in den ersten drei Lehrjahren entlastet wurden, daß wir zweitens das Jugendbeschäftigungsgesetz mehr an die Praxis angepaßt haben und daß drittens gemeinsam gewonnene Erfahrungen umgesetzt wurden, wie etwa im Bereich der Berufsausbildung bei neuen Berufen.

Sehr geschätzte Damen Herren! Nicht nur dieses Programm, sondern insbesondere das Sonderprogramm, das die Bundesregierung im Juli der Öffentlichkeit präsentiert hat, wird dazu beitragen, daß es uns gelingt, der Jugend jene Chancen zu geben, die sie braucht. Wir sind verpflichtet, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll. )

Sehr geschätzte Damen und Herren! Primäres Ziel dieses Sonderprogramms ist es, in Kontakten mit der Privatwirtschaft zu motivieren und zu erreichen, daß noch mehr Lehrlinge als in der Vergangenheit beschäftigt werden, und zwar ungeachtet dessen, daß, wie wir wissen, gerade im industriellen Bereich massive Strukturveränderungen eine gegenläufige Tendenz haben. Trotzdem bin ich sehr froh, auch von sehr vielen Industrieunternehmen die Rückmeldung erhalten zu haben, daß nunmehr mehr Lehrlinge eingestellt werden.

Wir haben aber darüber hinaus auch die Städte, die Gemeinden und die Bundesländer in unser Programm eingebunden. Mein Kollege Farnleitner und ich haben an alle Bürgermeister in unserem Land Schreiben gerichtet mit der Bitte, diese Initiative der Bundesregierung zu unterstützen. Wir haben sehr positive Rückmeldungen erhalten. So darf ich Ihnen beispielsweise berichten, daß allein in Niederösterreich 200 zusätzliche Lehrstellen der Jugend angeboten werden. Auch von Wien haben wir die Mitteilung erhalten, daß 100 zusätzliche Lehrstellen bereitgestellt werden. Aber auch kleinere Gemeinden, kleinere Länder haben uns gemeldet, daß ein, zwei oder drei Lehrlinge mehr eingestellt werden. In der Summe – davon bin ich überzeugt – werden wir also jenes Ziel erreichen, das wir gemeinsam mit unseren Städten und Gemeinden anstreben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! In Erreichung dieses Ziels ist es natürlich auch sehr wichtig, daß es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Institutionen des Arbeitsmarktservice und den Schulbehörden gibt. Ich darf Ihnen berichten, daß es in allen Bundesländern zu institutionalisierten Kooperationen zwischen dem Arbeitsmarktservice und den Schulbehörden gekommen ist, die mit dazu beitragen, dieses Konzept erfolgreich umzusetzen.

Darüber hinaus haben wir im Rahmen des Arbeitsmarktservice zusätzliche Beraterteams zu den bereits bestehenden Abteilungen eingerichtet, die den direkten Kontakt mit den Unternehmungen verstärken und gerade Unternehmungen der freien Berufe motivieren sollen, ebenfalls Lehrlinge einzustellen und sich der Ausbildung der Jugend zu widmen.

Wir wissen aber, sehr geschätzte Damen und Herren, daß Jugendliche sich oft sehr spät entscheiden, ob sie einen Lehrplatz anstreben oder ob sie ihre Ausbildung in einer weiterführenden Schule fortsetzen möchten. Dementsprechend wurde seitens des Unterrichtsressorts vorgesehen, daß für Jugendliche, die sich entweder erst sehr spät entscheiden oder keinen Zugang zum Lehrstellenmarkt gefunden haben, zusätzlich 5 600 Schulplätze angeboten werden.

Das bedeutet, daß mit dem Gesamtangebot, das seitens der Bundesregierung mit Unterstützung der Wirtschaft, mit Unterstützung der Länder und Gemeinden, aber auch aus eigenen Aktivitäten des Bundes besteht, jetzt im Herbst eine Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung steht, die dem Ziel, der Jugend eine Chance zu geben, gerecht werden wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf zum Schluß noch etwas sehr ehrlich sagen: Wir können jenen Jugendlichen, die heuer im Herbst den Zugang zu einer weiterführenden Aus


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bildung auf diesem oder jenem Weg bekommen, nicht garantieren, daß in drei oder vier Jahren, wenn diese Ausbildung beendet sein wird, eine unmittelbare Integration in die Arbeitswelt erfolgen kann. Wir können das nicht voraussehen. Trotzdem meine ich, daß es ganz wichtig ist, dafür Sorge zu tragen, daß die Jugend weitergebildet wird und daß sie eine Perspektive hat. Alle Erfahrungen zeigen: Je besser eine Ausbildung ist, desto besser sind auch die Zukunftschancen für die Bewährung auf dem Arbeitsmarkt und damit auch für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte zum Thema der Aktuellen Stunde ein. Die Redezeiten betragen in dieser Debatte jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte.

9.22

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Ministerbank! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut ausgebildete und leistungsbereite Mitarbeiter stellen den wahren Standortvorteil Österreichs dar. Daher ist der Ausbildung größtes Augenmerk zu widmen.

Es geht dabei nicht nur um die eigentliche betriebswirtschaftliche Seite, sondern auch um einen echten Beitrag zur gesamten Volkswirtschaft. Es sind daher nicht nur die Betriebe aufgerufen, sich hier anzustrengen, sondern auch die Städte, die Gemeinden, die Gebietskörperschaften, ja ich möchte sagen, die gesamte öffentliche Hand. Dabei ist nicht nur die Anzahl von Lehrplätzen, die geschaffen werden, entscheidend, sondern es ist vor allem die Beispielswirkung besonders wichtig.

Ich möchte hier als ein Unternehmer, der ständig drei Lehrlinge ausbildet und selbst zwei Berufe erlernt hat, ein ehrliches Wort sagen: Natürlich kostet ein Lehrling zu Beginn seiner Ausbildungszeit erhebliches Geld. Es ist aber unehrlich, wenn man nicht zugibt, daß mit zunehmender Lehrzeitdauer die Leistung der Lehrlinge unentwegt ansteigt und daß dann die Sache schon wesentlich besser ausschaut.

Noch etwas: Man hat, wenn man Lehrlinge beschäftigt und das Betriebsklima einigermaßen paßt, in einem Betrieb drei oder vier Jahre lang, je nach Lehrzeitdauer, keine Fluktuation, und man hat Mitarbeiter, auf die man sich verlassen kann.

Das Thema ist wirklich wichtig, und ich meine, daß mit dem Lehrlingspaket alle ihren guten Willen gezeigt haben. In der heutigen Zeit darf es keine unsinnigen Bestimmungen mehr geben – Herr Präsident Verzetnitsch hat das schon angeschnitten –, und es war wirklich an der Zeit, daß neue Regelungen geschaffen werden. Auch die Arbeitszeitregelungen sind heute schon wesentlich moderater. Ich als Gastwirt weiß, wovon ich rede.

Man sieht also: Wenn alle Kräfte zusammenarbeiten und zusammenspielen, dann kann man dieser schwierigen Materie auch entsprechend entgegentreten.

Meine Damen und Herren! Gefordert sind aber auch die Schulen. Wenn wir den Lehrling zum traditionell guten österreichischen Facharbeiter ausbilden wollen, dann muß er schon in der Pflichtschule das nötige Rüstzeug mitbekommen. Das ist aber leider oft nicht der Fall, wie man nicht selten von den Berufsschullehrern hört. Wenn der Lehrling erst in der Berufsschule die Grundrechnungsarten und die Orthographie erlernen muß, dann ist das einfach zu spät! Dann ist in der Pflichtschule etwas versäumt worden.

Es gibt aber auch in der Berufsschule Reformbedarf. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, daß man in den Berufsschulen, die im Sommer geschlossen sind, die Fortbildung sowohl der Facharbeiter als auch der Betriebsinhaber, die sich ständig nachschulen lassen müssen – das ist an sich nichts Neues –, durchführt. Auch angesichts des Lehrerüberschusses wäre es gar nicht schlecht, wenn man diese Häuser im Sommer benützen und damit der Weiterbildung, die so wichtig ist, Tür und Tor öffnen könnte.


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Die Wertigkeit des Lehrlings ist untrennbar mit der des Facharbeiters verbunden. Es wäre daher, glaube ich, gar nicht falsch, so manchen Eltern ins Stammbuch zu schreiben, daß es menschlich vernünftiger, fairer und schöner wäre, ihre Kinder nicht mit aller Gewalt durch das Gymnasium zu pressen, sondern auch einmal daran zu denken, sie einen ordentlichen, schönen Beruf erlernen zu lassen. Denn eines ist klar: Die Kinder sind dann später in diesem Beruf glücklicher und dementsprechend auch besser plaziert, als wenn sie schlechte Akademiker werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fühle mich, wenn ich das so sagen darf, wohl als Facharbeiter, und zwar sowohl als Einzelhandelskaufmann als auch als Kellner, und ich habe keine Komplexe, weil ich kein Studium absolviert habe. So wie ich leisten Tausende für dieses Land den gleichen Dienst, und diese Tätigkeit ist mindestens genauso viel wert wie eine, für die jemand ein hochkarätiges Studium absolviert hat. – Ich danke Ihnen schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte sehr.

9.27

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin Prammer! Sehr geehrte Frau Ministerin Hostasch! Lieber Minister Farnleitner! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mir heute überlegt, ob ich hier als Rednerin des Koalitionspartners auftreten oder nicht doch als Unternehmerin reden soll. (Abg. Haigermoser: Entscheiden Sie sich! Ihre Persönlichkeit ist gespalten, das ist das Problem!) Herr Kollege Haigermoser! Ich habe beschlossen, zum Thema Lehrlingsausbildung als Unternehmerin zu reden (Beifall bei der ÖVP) , und zwar deshalb (weiterer Zwischenruf des Abg. Haigermoser ), Herr Kollege Haigermoser, weil ich in meinem Betrieb immer Lehrlinge ausgebildet habe und nach wie vor ausbilde und daher sicherlich einen praxisbezogenen Beitrag zu dieser Debatte leisten kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Haben Sie diese Rede selbst vorbereitet, oder hat der Herr Gemahl diese Rede diktiert?)

Unser duales Ausbildungssystem ist immer als eines der besten der Welt beschrieben worden, weil es Jugendbeschäftigung sichert, weil es praxisorientiert ist und weil es Fachkräfte für den Markt schafft. Ob das heute noch gilt, möchte ich insofern relativieren, als ich sagen muß: Wenn wir das System nicht durch entsprechende Reformen den heutigen Erfordernissen anpassen, dann werden wir bald nicht mehr im bisherigen Ausmaß das weltbeste System haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Das wissen inzwischen viele, das weiß natürlich auch die Regierung, und es ist bereits im Frühsommer hier im Hohen Haus einiges in die Richtung beschlossen worden, daß mehr Lehrplätze geschaffen werden können. Auch ich kann in meinem Betrieb zum Beispiel jetzt zusätzliche Lehrplätze anbieten, und zwar im Kfz-Mechaniker- und im Kfz-Elektromechanikerbereich, obwohl ich keinen Kfz-Meisterbetrieb habe, sondern nur einen ausreichend großen Fuhrpark mit einer dazugehörigen Werkstätte, die das gesamte Berufsbild anbietet. – Wir haben also die Möglichkeiten für Betriebe, Lehrplätze zur Verfügung zu stellen, entscheidend erweitert, und das war gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche auch deshalb heute mehr als Unternehmerin, weil ja nicht die Politiker Lehrlinge ausbilden. Die Lehrlinge werden in der Wirtschaft ausgebildet, in den Betrieben, und die Politik hat die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen!

120 000 Lehrlinge werden derzeit in Österreich ausgebildet. Frau Ministerin Hostasch hat die Zahlen erläutert. Ich als Oberösterreicherin bin stolz darauf, daß die meisten Lehrplätze im Land Oberösterreich zu finden sind: Jeder fünfte Lehrplatz befindet sich in einem oberösterreichischen Betrieb! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Anschober: Dort gibt es die meisten Lehrplatzsuchenden!)


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Der größte Anbieter von Lehrstellen ist der Mittelstand. Die meisten Lehrstellen bieten der Mittelstand, Klein- und Mittelbetriebe, Gewerbe und Handwerk an. Daher bedanke ich mich von hier aus ... (Abg. Koppler: Daher warten auch die meisten Jugendlichen in Oberösterreich auf einen Lehrplatz!) Kollege Koppler! Eines ist natürlich richtig: Wenn sich 20 Prozent des gesamten Lehrlingskuchens, und zwar sowohl des Bedarfs als auch des Angebots, in Oberösterreich befinden, dann ist natürlich auch die Problematik in Oberösterreich am größten. Daher hat das Land mit Landeshauptmann Pühringer ein intensives Lehrlingsbeschäftigungsprogramm beschlossen. (Lebhafte ironische Heiterkeit des Abg . Koppler. ) Wir haben das Problem hervorragend gelöst! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurden 2 000 zusätzliche Lehrstellen geschaffen. (Abg. Koppler: Da müssen Sie doch selbst lachen!) Ich möchte mich von hier aus bei allen diesen Betrieben, die zusätzliche Lehrplätze geschaffen haben, ganz besonders bedanken. (Beifall bei der ÖVP.) Ich meine dabei aber nicht bestimmte Betriebswerkstätten, wie zum Beispiel jene der ÖBB, die zuerst zugesperrt worden sind, damit man nachher, wenn man sie wieder aufsperrt, Gelder für zusätzliche Arbeitsplätze lukrieren kann. Diese meine ich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Kiermaier hat gesagt, es darf keine unsinnigen Bestimmungen mehr geben. Es gibt sie aber nach wie vor. So ist etwa die Arbeitszeitregelung, wonach jemand, der am Samstag arbeitet, am Montag freihaben muß, unsinnig. (Abg. Haigermoser: Das haben ja Sie mitbeschlossen! Das ist ja ungeheuerlich, das ist ja peinlich!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Das gehört geändert, ebenso wie die 23-Uhr-Regelung für das Gastgewerbe. Außerdem muß die Teillehre geschaffen werden. (Abg. Haigermoser: Das ist ja peinlich! – Anhaltende Zwischenrufe.) Und vor allem sollten die Kosten der Schulbesuchszeiten vom AMS getragen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

9.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haider. Er hat das Wort. Gleiche Redezeit.

9.33

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich interessant, ÖVP-Redner mit ihrer politischen Bewußtseinsspaltung hier beim Rednerpult zu bewundern. Frau Kollegin Fekter kritisierte als Verschlechterung der Arbeitszeitregelung, daß Lehrlinge, die am Samstag arbeiten, jetzt am Montag freihaben. – Sie kritisieren das, haben es aber selber mitbeschlossen, liebe Damen und Herren von der ÖVP! Das müssen Sie doch wissen: Sie haben das mitbeschlossen! (Abg. Dr. Fekter: Sie auch! – Abg. Dr. Khol: Sie haben das auch mitbeschlossen!) Ich habe es ja nicht kritisiert, aber Sie kritisieren es, meine Damen und Herren von der ÖVP.

Frau Kollegin Hostasch hat sich hier zum Rednerpult gestellt und gesagt, die Jugendarbeitslosigkeit sei überhaupt kein Problem. – Ich darf Ihnen folgendes sagen, Frau Bundesminister: Wir hatten im gleichen Monat des vergangenen Jahres immerhin noch 6 400 offene Lehrstellen, heuer gibt es nur mehr 3 500; voriges Jahr suchten 6 000 Jugendliche eine Lehrstelle, und zurzeit gibt es über 10 000, die Sie bisher noch nicht auf Lehrstellen vermitteln konnten. Das ist die Realität! Daher kann ich nur ich sagen: Am Abend wird der Faule fleißig.

Ich gebe Kollegen Verzetnitsch schon recht, wenn er sagt, daß man für die Jugendlichen etwas tun muß, wenn sie die Schule verlassen. Nur: Schulschluß war im Juli, meine Damen und Herren – und erst jetzt beginnen Sie, tätig zu werden. Vergangenen Montag lud die Frau Sozialministerin erstmals Vertreter der Arbeitsmarktverwaltung zu einer Krisensitzung. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Hier ist die Einladung, meine Damen und Herren! Dort hat sie dann ihr Credo verbreitet.

Ich zitiere aus dem Protokoll dieser Sitzung: Jugendlichen muß man jetzt eine Ausbildung anbieten, auch wenn sie danach in diesem Beruf keinen Job mehr finden können. – Meine


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Damen und Herren! Was ist denn das für eine Politik? Jetzt versteckt man die arbeitslosen Jugendlichen, und wenn die Wahlen vorbei sind, dann können sie alle wieder arbeitslos sein. Es interessiert Sie in Wirklichkeit überhaupt nicht, wie es den Jugendlichen geht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Sozialministerin Hostasch würdigte, daß eine Hotline dazu eingerichtet wurde, obwohl von 108 Anfragen laut Protokoll der AMS-Chefs 81 Jugendliche ohnedies schon bei der Arbeitsmarktverwaltung in Betreuung sind. Das heißt, es geht immer im Kreis. Sie beschäftigen sich selbst, Frau Sozialministerin! Sie sind zu spät aufgestanden, Sie setzen falsche Maßnahmen und Sie sind unsozial, indem Sie sagen: Verstecken wir die Jugendlichen – egal, ob sie dadurch eine Lehre haben, die ihnen für später eine Berufsausbildung gibt.

Unser Ziel muß doch sein, den Jugendlichen eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Zu den Schmähs mit der Hotline, über die Sie sagen: Diese Aktion sind wir dem Kanzler und Vizekanzler schuldig, diese Aktion für die beiden muß Früchte tragen!, muß ich feststellen: Das ist doch keine Werbeaktion für die Regierung! Sie sollen für die Jugendlichen Arbeitsplätze schaffen, das ist die Aufgabe, um die es hier geht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Reichhold: Wo war diese Sitzung?)

Wo diese Sitzung der Frau Sozialminister, diese "Feuerwehrsitzung", war? – Natürlich im BAWAG-Gebäude in der Seitzergasse, im Hochholzerhof in Wien, meine Damen und Herren – vornehm, wie es dabei zugeht. (Abg. Mag. Stadler: Das paßt!)

Frau Bundesministerin! Noch etwas ist bezeichnend dafür, wie "ernst" Sie die Jugendarbeit nehmen; Sie kennen ja Ihr eigenes Konzept. Obwohl wir seit 1993 wissen, daß es eine wachsende Lehrstellenproblematik gibt, ist dieses Konzept am 30. Juli 1997 veröffentlicht und erst jetzt, am vergangenen Montag, erstmals den Mitgliedern, den Leitern vom Arbeitsmarktservice zur Verfügung gestellt worden. (Abg. Mag. Stadler: So schnell?)

Jetzt schauen Sie sich das einmal an. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Dieses Konzept schreitet mutig voran bis zur Seite 19. Auf dieser Seite haben wir also noch ein Konzept. Dann kommt eine weitere Seite dieses Konzepts. (Der Redner blättert um und zeigt zwei leere weiße Seiten.) Dann kommt eine weitere Seite dieses Konzepts. (Der Redner blättert abermals um und zeigt wieder eine leere Seite. – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Das ist die Jugendbeschäftigungspolitik der Frau Bundesministerin! Dann kommt eine weitere Seite (der Redner zeigt eine leere rote Seite) , nur rot ist diese gehalten. Diese Röte ist gefährlich, meine Damen und Herren! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher sage ich Ihnen: Ihre Strategie ist sehr leicht durchschaubar, auch in Oberösterreich. Heute steht ein Artikel in einer Zeitung, in dem ein oberösterreichischer ÖVP-Politiker zugibt, daß man die Lehrlinge nicht unterbringen kann und daher Arbeitsplätze für Anlernkräfte schafft. – Wissen Sie, warum Sie Anlernkräfte propagieren? – Weil das für Sie die billigeren Arbeitskräfte sind. Diese können Sie auch unter dem Kollektivvertrag entlohnen. Deshalb schafft die oberösterreichische ÖVP Arbeitsplätze für Anlernkräfte. Lesen Sie das einmal nach, meine Damen und Herren! Sie tun das, damit Sie wegkommen von der Lehre! Sie wollen Anlernkräfte, denen Sie nicht einmal mehr eine Lehrlingsentschädigung zahlen müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da sitzt Herr Kollege Maderthaner, der noch vor kurzem eine Senkung der Lehrlingsentschädigung gefordert hat. Das ist die Realität, meine Damen und Herren, wie Sie Ihre Politik machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend) : Mein Schlußsatz, Herr Kollege Maderthaner: Berücksichtigen Sie Ihr eigenes Konzept! Setzen Sie sich hier dafür ein, daß die Lehrlingsentschädigung entsteuert wird, daß für Ausbildungsbetriebe ein Absetzbetrag in der Höhe von 30 Prozent eingeführt wird – dann werden Sie ausreichend Lehrstellen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter.

9.38

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen Bundesminister! Mein Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist positiv, daß alle Kräfte dieses Hohen Hauses die Arbeitslosigkeit als das erste Problem erkannt haben. Es ist weiters positiv, daß sie die Jugendarbeitslosigkeit als das drückendste, gefährlichste Problem erkannt haben, das den meisten sozialen Sprengstoff enthält. Und es ist typisch österreichisch, daß wir wieder einmal auf der Ebene der Improvisation Weltmeister sind.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Manchmal habe ich den Eindruck, daß Ihnen das Lehrlingsproblem vorgestern eingefallen ist. Kennen Sie die Demographie nicht? Kennen Sie die Veränderungen der Technologien, die seit Jahren stattfinden, nicht? Kennen Sie die Veränderungen der betrieblichen Organisationen nicht? – Seit 1992 hat die Anzahl der Lehrstellen, die angeboten werden, zu sinken begonnen. Seit 1992 sind Sie an der Regierung. Warum fangen Sie jetzt an, hektisch zu agieren? Warum haben Sie nicht schon vor fünf Jahren begonnen, über dieses wirklich dramatische Problem, den Verlust der Attraktivität der dualen Ausbildung, nachzudenken, Reformvorschläge hier im Hohen Haus einzubringen und darüber zu diskutieren?

Ich begrüße ausdrücklich, daß Sie zumindest jetzt etwas tun. Ich danke Ihnen sogar dafür. Sie geben jetzt viele, viele Millionen beziehungsweise Milliarden Schilling aus, um Ihre Reformunfähigkeit vor fünf Jahren auszugleichen. Das hilft punktuell den jungen Menschen, die hier und heute eine Lehrstelle bekommen, die hier und heute einen Ausbildungsplatz bekommen, die Sie hier und heute in einer Schule behalten, denn das ist allemal noch besser, als wenn der oder die 16jährige arbeitslos auf der Straße steht. Aber bekennen Sie sich doch zu Ihrer Verantwortung dafür, daß Sie fünf Jahre lang geschlafen haben. Sie haben die Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt nicht antizipiert. Sie haben nichts unternommen. Sie haben die duale Ausbildung weiter schwieriger gemacht, Sie haben diese duale Ausbildung, von der ich heute immer noch überzeugt bin, daß sie in Wirklichkeit eines der ganz großen Erfolgsgeheimnisse dieses Landes ist, sehenden Auges schrittweise ihrer Attraktivität entkleidet. Die Entwicklungen hinsichtlich Demographie, Technologie, betrieblicher Organisation hätten Ihnen das zeigen müssen.

Jetzt reden und fördern Sie Lehrstellen herbei. Das ist sehr, sehr teuer. Es hilft kurzfristig, löst aber mittelfristig kein Problem. Daher meine ich: Bekennen Sie sich doch zu einem wirklichen Gespräch hier im Hohen Haus! Ich bitte Sie schon das zweite oder dritte Mal von diesem Pult aus darum, daß wir die Lehre als einen wirklichen Teil der sekundären Bildungsstufe begreifen, daß wir einsehen, daß neben der allgemeinbildenden höheren Schule und der berufsbildenden höheren Schule die Lehre als eine dritte, voll integrierte Säule stehen muß (Beifall des Abg. Koppler ), daß wir die Lehrzeit und die Berufsschulzeit entkoppeln müssen, daß wir aus der Berufsschule ein Berufsausbildungszentrum machen müssen. Die Ausbildung junger Menschen, gleichgültig, in welchem Teil der sekundären Bildungsstufe sie sind, ist immer eine Ausbildung für das Leben und für den Beruf. Daher ist die Lehre da voll zu integrieren.

Meine Damen und Herren! Ich bitte die Bildungspolitiker, das einmal zur Kenntnis zu nehmen und zu diskutieren. Ich sage das als Wirtschafter. Wir werden in Zukunft eine verpflichtende Ausbildung bis zum 18. Lebensjahr haben müssen. Wir leben in einer Informationsgesellschaft, in der Gesellschaft der Europäischen Union. Die Erweiterung der Europäischen Union wird unsere Gesellschaft immer komplexer machen. Die Lehrlingsausbildung, die Berufsschule ist nicht nur eine Ausbildung für den beruflichen Teil, sie ist auch eine Ausbildung für den jungen Menschen, der in dieser immer komplexer, in dieser immer schwieriger werdenden Gesellschaft seinen Platz als Bürger dieses Landes finden muß.

Wir haben heute in den BHS, in den berufsbildenden höheren Schulen, eine Drop-out-Quote von 50 Prozent. Kiermaier hat dankenswerterweise einen schönen Satz geprägt, indem er gesagt hat: Warum junge Menschen ins Gymnasium pressen, statt sie eine Lehre machen zu lassen? –


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Ja, Kiermaier hat recht. Was wir aber tun müssen, ist, die Lehre nach oben zu öffnen, klarzumachen, daß der Einstieg für 14jährige ohne Polytechnischen Lehrgang ganz klar entweder berufsbildende höhere Schule oder Lehre sein kann. Es gibt heute Öffnungen nach oben, das weiß ich schon, aber es sind viel zu wenige, und sie sind zu schwierig. Wir müssen die duale Ausbildung völlig neu organisieren. Es gibt entsprechende Anträge der Liberalen – bitte behandeln Sie diese! Und wenn Sie aufgrund parteipolitischer Bretter vor dem Hirn Anträge der Liberalen nicht behandeln wollen, dann ziehen wir unsere zurück, und Sie dürfen sie selber einbringen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

9.43

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der MinisterInnenbank! Hohes Haus! Es ist natürlich schon nett, wenn uns die Frau Bundesministerin hier erklärt, seit Februar 1997 werde der demographischen Entwicklung in diesem Land im Bereich der jugendlichen Arbeitslosen gegengesteuert. Das Problem dabei ist nur: Februar 1997 – das haben einige Vorredner schon betont – ist reichlich spät dafür!

Meine Damen und Herren! Seit Jahren wissen Sie über die Situation auf dem Lehrstellenmarkt Bescheid. Seit Jahren wird hier in diesem Haus über die Entwicklung auf dem Lehrstellensektor debattiert. Seit Jahren haben Sie keine Maßnahmen getroffen. Und ausgerechnet heuer bemühen Sie sich, hier kurzfristig Maßnahmen zu setzen. Ich betone ausdrücklich "kurzfristig" und komme noch zu einer weiteren Einschränkung: Wir diskutieren hier – und das ist wertvoll und auch wichtig – über die Lehrlinge, aber das Thema der Debatte ist eigentlich die Jugendarbeitslosigkeit.

Meine Damen und Herren! Es geht nicht nur um die Lehrlinge. Es geht auch um die Tatsache, daß offiziell über 30 000 Jugendliche beziehungsweise junge Menschen arbeitslos gemeldet sind. Sie alle hier in diesem Haus wissen: Das ist nicht die richtige Zahl, es sind selbstverständlich viel mehr Jugendliche arbeitslos, viel mehr suchen eine Arbeit und finden sich nicht in den Statistiken des Arbeitsamtes wieder, weil sie halt irgendwo doch noch irgendeine Beschäftigung haben, vielleicht von den Familien noch ein oder zwei Jahre länger gehalten werden. Das ist doch die reale Situation, die sich aus diesen Statistiken überhaupt nicht erkennen läßt.

Zurück zur Lehrlingssituation. Ich anerkenne, daß die Bundesregierung heuer Maßnahmen trifft. Ja, aber, Frau Ministerin, auf wessen Kosten? – Da gibt es heute die Meldung im "Kurier", wonach der Leiter des AMS – und das ist ja nicht neu, wir haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen – erklärt, die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik seien zu knapp. Wenn der Anteil an Lehrlingsförderung weiterhin gehalten werden solle, dann bleibe für die anderen Bereiche nichts mehr. – Das ist die Realität, mit der wir uns eigentlich auch auseinandersetzen sollten. Sie haben sich entschlossen, heuer über eine Milliarde Schilling in den Bereich der Lehrlingsförderung zu stecken. Gut, anerkennenswert! Aber Sie sagen nicht, Herr Verzetnitsch sagt nicht, daß gleichzeitig für die Jahre 1998 und 1999 15 Milliarden, die dem Budget der Arbeitsmarktverwaltung entnommen werden, für die aktive Arbeitsmarktpolitik verlorengehen. 15 Milliarden! Diese Zahlen stimmen. Ich kann Ihnen das auch vorrechnen, Frau Ministerin: 15 Milliarden werden entnommen und fehlen daher nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für die anderen Problembereiche auf dem Arbeitsmarkt. Das ist die Situation!

Wenn wir von diesen 5 Milliarden, die für die aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen, eineinhalb Milliarden für die Jugendlichen wegnehmen, dann haben die anderen weniger. Im nächsten Jahr werden wir uns daher in einer Debatte damit zu befassen haben, daß sich für die älteren Arbeitnehmer, wie schon jetzt auf dem Arbeitsmarkt erkennbar ist, die Situation weiter verschlechtert hat. Dann wird sich die Bundesregierung herstellen und sagen: Wir machen eben jetzt ein Programm für die älteren Arbeitnehmer. Damit werden wir übernächstes Jahr wieder das Problem haben, daß wir für die Jugendlichen neue Maßnahmen setzen müssen.


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Meine Damen und Herren! Nur: Das geht sich nicht aus, weil Sie nämlich die Mittel umgeschichtet haben. Aus den Budgets für die aktive Arbeitsmarktpolitik nehmen Sie sich heraus, was Sie zur Pensionsfinanzierung brauchen. Das heißt, wir werden zwar darüber debattieren müssen, aber Geld haben wir keines. – Das ist der völlig falsche Ansatz, dessen Sie sich schon seit geraumer Zeit befleißigen. Sie geben immer ein Jahr da ein bißchen, das andere Jahr dort ein bißchen hinein.

Ich mache Sie darauf aufmerksam, meine Damen und Herren, daß es Länder gibt, die eine andere Politik entwickeln, beispielsweise Frankreich. 700 000 Arbeitsplätze für Jugendliche sollen in den nächsten Jahren in Frankreich geschaffen werden – ein mutiges Programm, wie ich meine –, davon 350 000 Arbeitsplätze allein im öffentlichen Dienst für soziale Dienstleistungen, für ökologische Dienstleistungen. Die französische Regierung versucht wenigstens, ein Konzept zu entwickeln und Arbeitsplätze zu offerieren. (Abg. Dr. Fekter: Wer zahlt denn dann den öffentlichen Dienst?)

Frau Kollegin Fekter! Gestern hat die französische Nationalversammlung debattiert, und die Konservativen haben gesagt, sie werden nicht dagegen stimmen, da es sinnvoll ist, Maßnahmen zu setzen, auch wenn sich möglicherweise in einigen Jahren herausstellen könnte, daß es nicht gereicht hat. Aber dort werden Maßnahmen gesetzt. 700 000 Arbeitsplätze – das ist etwas anderes, Frau Kollegin Fekter, als sich hierherzustellen und mit Zahlen über Oberösterreich zu kommen, wo der Herr Landeshauptmann im Wahljahr schnell eine Milliarde ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... für die Finanzierung lockermacht. Es wird nicht ausreichen, nur im Wahljahr einige Millionen für Lobpreisungen zu reservieren, sondern es wird generell ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte trotz des "Wahljahres" um den Schlußsatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Es wird generell nicht ausreichen, meine Damen und Herren, wenn wir nur debattieren, Sie von der Bundesregierung müssen Maßnahmen setzen! (Beifall bei den Grünen.)

9.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

9.49

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Geschätzte Kollegen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn man die Entwicklung in Österreich über Jahrzehnte hinweg verfolgt, muß man feststellen: Schon seit 1985 ist die Zahl der Lehranfänger zurückgegangen. Wir hatten einen Trend in der Wirtschaft, der sich längerfristig nicht nur für die Jugendbeschäftigung, sondern auch für die – im positiven Sinn – Versorgung des österreichischen Arbeitsmarktes mit einer hinreichenden Zahl von Facharbeitern als fatal herausstellte.

Wenn man die heuer im Juli in Kraft getretenen Maßnahmen im Bereich des Berufsausbildungsgesetzes, des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes sowie auch der sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen verfolgt, so kann man unstrittig feststellen, daß es gelungen ist, in Österreich eine Trendumkehr dieser Entwicklung einzuleiten.

Ich erinnere an eine Umfrage. 4 000 Lehrstellen mehr wurden zugesagt. Es wurden bis jetzt der Wirtschaftskammer auch über 2 000 neue Lehrstellen von den diversen einschlägigen Einrichtungen gemeldet. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Man muß in aller Fairneß dazusagen, daß es schwieriger ist, in einem Land mit wenigen Prozentpunkten an Jugendarbeitslosigkeit Maßnahmen zu setzen, als zum Beispiel in Frankreich, wo es über 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit gibt, oder etwa in Spanien mit


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40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Daher ist die Feinadjustierung bei uns eine schwierigere Aufgabe.

Lassen Sie mich zwei Dinge erwähnen. Was passiert weiters? – Wir haben in der Zwischenzeit neue Ausbildungsverordnungen in Kraft gesetzt – auf einen Teil hat Präsident Verzetnitsch hingewiesen. Dazu muß man auch sagen: Wir müssen die Fristen bei allen Begutachtungen verkürzen. Es dauert oft zu lange, bis wir neue Berufsbilder in die Wege leiten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es stehen im Augenblick weitere neue Berufsbilder in Diskussion, aber ich weise alle, die an dieser Diskussion teilnehmen, darauf hin: Das Problem ist, daß zwar sehr viele jeweils in Presseaussendungen genannt werden, aber keine Vorschläge nachkommen, und es kann nicht die Aufgabe der Bürokratie sein, Berufe zu erfinden. Es gibt neue technische Felder, in denen es eine Reihe von neuen Berufen geben wird. Ich denke an Medienassistenten, ich denke an die Systemtechniker im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie und an Alternativenergietechniker oder -systemberater. Es gibt deren genug, wir müssen die Neuerlassung beschleunigen.

Ein weiterer Punkt, der aus meinem Haus zu berichten ist: Wir haben in der Zwischenzeit in unserer Vergabetätigkeit sichergestellt, daß jene Unternehmen, die ausbilden, jedenfalls einen Vorrang bei der Vergabe unter gleichen Bedingungen erhalten. Dasselbe wird in sämtlichen Förderungsbedingungen der Aktionen, die mein Haus zu verfolgen hat, durchgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich noch einen Punkt herausstreichen. Es steht außer Streit, daß die österreichische Ausbildung von Jungfacharbeitskräften weltweit gesehen einzigartig ist. Wir haben beim 34. Berufswettbewerb in St. Gallen wieder mehr Goldmedaillen gewonnen, als wir bei jeglichen internationalen Sportveranstaltungen erhoffen dürfen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Daher wäre es bei dieser Gelegenheit auch an der Zeit, sich bei allen Jugendlichen, die tüchtig im Lehrberuf arbeiten, sowie auch bei jenen Ausbildnern, die sich in endlosen Stunden bemühen, jugendlichen Arbeitskräften die erforderlichen Qualifikationen zu vermitteln, zu bedanken. (Erneuter Beifall bei der ÖVP.)

Eine Bemerkung noch zur Feinadjustierung. Meine Damen und Herren! Natürlich geht es darum, diesen "Betriebsunfall" bei Bäckern und Co. so rasch wie möglich zu sanieren. Weiters fällt auf, wenn man sich ansieht, wie die Diskussion läuft, daß auf dem Arbeitsmarkt jedes Jahr immer einige hundert Jugendliche überbleiben, die von der Mindestqualifikation her Probleme haben. Daher sollten wir uns dem Problem nicht verschließen, das wir bei der letzten Reformnovelle leider nicht lösen konnten, nämlich daß wir diesbezüglich etwas brauchen – ob es ein Anlehresystem nach Schweizer Muster oder ob es eine Teillehre ist, wie sie sich mein Haus vorgestellt hat. Jedenfalls müssen wir uns um die weniger Qualifizierten mehr kümmern. Die Guten kommen unter und bewähren sich auch. (Beifall bei der ÖVP.)

Da es nicht um die Verschulung dieser Jugendlichen geht, sondern um ihre Qualifikation, habe ich mir vorgestellt, daß es zweckmäßig wäre, im Polytechnischen Lehrgang eine Vereinfachung zu treffen. Sehr viele Lehrlinge kommen heute aus dem Polytechnischen Lehrgang und müssen sich Zugangseignungstests unterwerfen, die zum Teil sehr enttäuschend enden. Wie wäre es, wenn wir diesen Test bereits ins polytechnische Schuljahr vorverlegen, wenn wir dort einen vereinheitlichen Standardtest machen würden? Wenn dieser nicht bestanden wird, ist noch ein halbes Jahr Zeit, in der Schule die Defizite zu bewältigen. Damit würden diese Klagen wahrscheinlich dramatisch zurückgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluß. Hohes Haus! Wir brauchen im Hinblick auf das Anspringen der Exportkonjunktur, auf das stärkere Wachstum, das wir jetzt sehen, genügend junge Facharbeitskräfte für die nächsten Jahre. Es liegt in unserem Interesse, daß wir durch konzentrierte Maßnahmen in allen Bereichen und als Gemeinschaftsaufgabe von den Gemeinden bis hinauf zum Bund


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dieses Problem weiterhin so energisch verfolgen, wie wir glauben, dies jetzt zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tegischer. – Bitte sehr.

9.55

Abgeordnete Brigitte Tegischer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen Ministerinnen! Hohes Haus! Ich möchte aus meiner Sicht als Jugendsprecherin meiner Fraktion einen Beitrag zu diesem Thema leisten.

Vorweg eine Berichtigung, Frau Kollegin Fekter: Die ÖBB haben keine Lehrwerkstätten geschlossen. Im Gegenteil, sie bilden Jugendliche über den Bedarf hinaus aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, wir sind uns alle einig, daß wir Politikerinnen und Politiker dafür sorgen müssen, daß kein einziger junger Mensch den angestrebten Weg ins Berufsleben mit dem Gefühl, überflüssig zu sein, beginnen muß. Meiner Meinung nach ist das Recht auf eine fundierte Ausbildung und auf einen Ausbildungsplatz ein Menschenrecht. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung, wie schon öfter erwähnt worden ist, ein Maßnahmenpaket geschnürt, das besonders Jugendliche berücksichtigt. Das Sonderprogramm "Der Jugend eine Chance" ist eine Hilfestellung für Lehrstellensuchende und setzt gezielte Initiativen für Ausbildungsplätze. Ich möchte bei dieser Gelegenheit Kollegen Haider ein vollständiges Exemplar übergeben. Es haben in seinem einige Seiten gefehlt, ich weiß nicht, wohin sie verschwunden sind. – Ich überreiche Ihnen jetzt das vollständige Exemplar. (Die Rednerin überreicht Abg. Dr. Haider ein Schriftstück. – Beifall bei der SPÖ.) Es ist nicht handschriftlich, Sie können es sich ja anschauen. (Abg. Dr. Haider  – eine leere Seite des Schriftstückes in die Höhe haltend –: Ist schon wieder leer!) Die letzte Seite. Sie können diese vielleicht mit Vorschlägen von Ihnen ausfüllen, wir wären Ihnen dankbar dafür. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Besonders hervorheben von diesen zehn Maßnahmen möchte ich, daß die Vergabe von öffentlichen Aufträgen mit der Ausbildung von Jugendlichen verknüpft wird.

Meine Redezeit ist beschränkt, deshalb möchte ich nur noch einen Punkt von diesen zehn Maßnahmen herausgreifen. Das sind die Beraterteams zur Akquisition von Lehrstellensuchenden, aber auch die Maßnahmen, die vom AMS zur Akquisition ergriffen werden. Allein in Tirol sind durch Sonderlehrstellenwerbung 350 Lehrstellen geschaffen worden. Aber auch die Hotline der Bundesregierung halte ich für eine absolut wertvolle Einrichtung. Unter der Nummer 0660-19 96 wurden bereits 838 Anrufer registriert, darunter 634 Jugendliche. Ich bin absolut sicher, daß dies einmal mehr die Zusammenarbeit der betroffenen Ministerien, der Sozialpartnerorganisationen und des Arbeitsmarktservice dokumentiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen nun aus meiner Erfahrung als Sozialarbeiterin, als Jugendleiterin, als Streetworkerin darlegen, wie die Spirale funktioniert, wenn Menschen schon dann, wenn ihre Zukunft eigentlich erst beginnen sollte, keine Perspektiven mehr sehen. Ich habe tagtäglich erlebt, was es auslöst, wenn Jugendliche keinen Arbeitsplatz haben. Sie fühlen sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt – mit allen Konsequenzen, die dazugehören. Sie fühlen sich hilflos. Es gibt einen Vertrauensverlust in die Erwachsenen. Und die fatalen Verhaltensweisen, die sich daraus ergeben, sind Sucht, Gewaltbereitschaft, Intoleranz gegenüber anderen Randgruppen und auch die Flucht in gesellschaftsverachtende Gruppierungen. Die Folgen dieser Verhaltensweisen erzeugen volkswirtschaftlich wesentlich höhere Kosten als eine gezielte Integration in den Arbeitsmarkt.

Ich bin mir dessen bewußt, daß Ausbildung Kosten verursacht. Der rezessions- und rationalisierungsbedingte Verlust von Ausbildungsplätzen erzwingt geradezu eine Umlagefinanzierung als Ausbildungsvergütung in der Berufsschulzeit oder eben einen Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Betrieben. Dänemark hat solch ein Modell bereits seit 1977.


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Ich möchte abschließend noch festhalten, wie wichtig es mir ist, daß Unternehmer die Jugendlichen auch nach Abschluß der Lehre zumindest für sechs Monate behalten. Dadurch bekommen sie Praxis, sie fallen nicht gleich in Arbeitslosigkeit. Das sollte in Zusammenarbeit mit dem AMS, von dem sie betreut werden, ermöglicht werden, um dann einen Ausbildungsplatz beziehungsweise einen Arbeitsplatz zu finden. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich habe eine Vielzahl von persönlichen Schicksalen mit allen Konsequenzen, mit psychischer und sozialer Verelendung miterlebt. Ich kann daher nur an euch alle appellieren, mit uns gemeinsam dafür zu sorgen, daß den Jugendlichen Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung stehen (Präsident Dr. Fischer gibt erneut das Glockenzeichen), damit sie Hoffnung und Vertrauen in die Gesellschaft gewinnen und eine positive Zukunft erkennen können. (Beifall bei der SPÖ.)

10.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.01

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Minister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Kollegin Tegischer! Zu den Bundesbahnen nur einen Satz: In Attnang-Puchheim haben die Bundesbahnen im Juni die Lehrlingsausbildung eingestellt und im Herbst wegen der Förderungen wieder aktiviert – damit wir da punktgenau sind und alles im Lot bleibt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leikam: Schon wieder die Unwahrheit! – Abg. Koppler: Das stimmt nicht! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Meine Damen und Herren! Zum Thema Jugendbeschäftigung. Wer sich mit Leuten aus den Betrieben unterhält und wer mit der Jugend spricht, weiß, daß man eigentlich das Thema darauf reduzieren könnte: Laßt die Betriebe ausbilden, stellt ihnen keine Hürden in den Weg, und laßt die Jugend arbeiten! Sie will arbeiten, sie will eine Leistung erbringen, sie will Jobs, sie will eine ordentliche Ausbildung. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Koppler! Ich kann verstehen, daß du mit der Erfolgsstory Oberösterreichs keine Freude hast, weil du diesbezüglich im Out gestanden bist. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Koppler. ) Trotzdem darf ich erwähnen, daß wir in Oberösterreich – und ich habe gedacht, daß du dich eigentlich darüber freuen wirst, daß du als Oberösterreicher quasi mit dabeisein könntest; natürlich nur, wenn du dich eingebracht hättest – um 2 000 Lehrplätze mehr geschaffen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Das war langfristige Planung, das war mit Unterstützung aller – des Landes, der Betriebe, der Gewerbetreibenden, der Schulterschluß zwischen Politik und Wirtschaft, meine Damen und Herren! Das ist kein Geheimnis, sondern ein Erfolgsrezept. (Beifall bei der ÖVP.)

Die ÖVP hat ein Lehrlingspaket, ein Jugendbeschäftigungspaket vorgelegt. Vieles davon ist erledigt worden, was wir auch in den Ländern umgesetzt haben. Ich erinnere daran, daß Flachdächer, von denen Kollege Verzetnitsch gesprochen hat, auch mit Hilfe von Lehrlingen ausgebessert beziehungsweise neu errichtet werden können, daß in diesem Bereich Lehrlinge ausgebildet werden können. Das ist aber noch nicht Beschäftigungspolitik, Herr Kollege Verzetnitsch. Da muß es mehr geben, und wir müssen weg von diesen bürokratischen Hürden, wir müssen noch weiter vordringen, um es für die Wirtschaft attraktiver und leichter zu machen, Lehrlinge auszubilden. Wir müssen auch – neben der Hotline und neben Ihren Vorwürfen, Herr Kollege Verzetnitsch – mehr tun, wir müssen politische Rahmenbedingungen schaffen und es der Wirtschaft ermöglichen, Jugend zu beschäftigen, Jugend auszubilden. (Beifall bei der ÖVP.)

Dem Arbeitsmarktservice kommt in diesem Bereich eine besondere Aufgabe zu. Es muß gemeinsam mit seinen Arbeitsinspektoren davon abgehen, sozusagen eine Großinquisition zu machen. Vielmehr soll es dazu übergehen, als Berater und als Trainer für die Betriebe zu fungieren. Das ist die Zukunft des Arbeitsmarktservice und der Arbeitsinspektoren.


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Meine Damen und Herren! Wir brauchen auch Startjobs für jene, die von der AHS, BHS oder Uni abgehen. Wir müssen ihnen eine Praxislehre ermöglichen. Wenn sie sich in der Wirtschaft bewerben, wird oft gesagt: Na ja, sie haben jetzt eine gute Ausbildung, was ist mit ihrer Praxis? Die jungen Leute müssen dann leider sagen: Praxis haben wir keine, wir haben nur die theoretische Ausbildung in den höheren Schulen gemacht. Deswegen fordert die ÖVP, möglichst umgehend für diese Jugendlichen in unserem Land Startjobs zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Da Sie, Herr Haider, die Forderung nach einer Teillehre oder Anlehre in Oberösterreich anprangern, meine ich, daß Ihr soziales Verständnis in diesem Bereich nicht so weit reicht und diesbezüglich korrigiert werden muß, weil es einfach leistungsschwächere, lernschwächere Jugendliche gibt, denen wir entgegenkommen müssen, damit sie auch einen Beruf erlernen können. Wir müssen für sie Berufsbilder schaffen, damit sie in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Haider! Da können Sie sich ausnahmsweise oberösterreichischen Ideen anschließen, auch wenn es für Sie und Achatz hart ist.

Meine Damen und Herren! Abschließend: Wir brauchen ein weiteres Sofortprogramm (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) zur Deregulierung und Attraktivierung, wir brauchen neue Berufsbilder, wir brauchen auch, um der Flexibilisierung nachzukommen, Wohnmöglichkeiten für Jugendliche in zentralen Orten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Walter Murauer (fortsetzend): Ich meine, unser gemeinsames Ziel müßte, anstatt einander Vorwürfe zu machen, sein, der Jugend Beschäftigung, Ausbildung und Zukunft zu geben und den Facharbeiterstandort Österreich zu sichern. (Beifall bei der ÖVP.)

10.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen mir dazu noch drei Wortmeldungen vor. Diese werden noch zum Aufruf gelangen, und danach wird die Aktuelle Stunde abgeschlossen.

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Schweitzer. – Bitte.

10.07

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin Hostasch! Sie haben von besserer Ausbildung gesprochen, die unserer Jugend große Chancen im Lehrstellenbereich bietet. Tatsächlich greift Ihre Aktion bereits in Oberösterreich: Vier Lehrplätze mehr! entnehme ich einer neuesten Information des Arbeitsmarktservice Oberösterreich.

Ich habe mir angeschaut, was der Grund für diese vier zusätzlichen Lehrstellen – immerhin vier Lehrstellen! – in Oberösterreich ist: Der Grund ist eine monatliche Förderung im Rahmen des Lehrstellenservices, im Rahmen einer Lehrstelleninitiative. Ich habe mir diese Lehrstelleninitiative der Bundesregierung, des Arbeitsmarktservices näher angeschaut, Frau Bundesministerin, und bin draufgekommen, daß das Arbeitsmarktservice all jenen Betrieben eine Förderung zahlt, die Lehrlinge mit negativem Schulabschluß anstellen. Meine Damen und Herren! Ist das die Mehrqualifikation, die zu mehr Lehrstellen führt? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Murauer: Das tut halt weh, wenn die ÖVP Erfolge verzeichnet!)

Herr Kollege Murauer! Was heißt denn das? – Der/die am wenigsten kann, hat die besten Aussichten auf einen der so begehrten Arbeitsplätze! (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Murauer. ) Die sogenannte Lehrstellenförderung des AMS – ich zitiere; warum werden Sie so rot im Gesicht, Herr Kollege Murauer? – für Drop-outs beträgt 2 400 S pro Monat, und das ein ganzes Jahr lang. Für Drop-outs, nicht für gut Qualifizierte, sondern für Leute mit negativem Schulabschluß setzt sich die Bundesregierung mit einer Unzahl von finanziellen Mitteln ein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Nicht die Leistung, nicht das, was man kann, zählt in diesem Lande, sondern die Nichtleistung wird in diesem Lande belohnt! Das ist die typische Fortsetzung des sozialistischen Weges, der von der ÖVP mitgetragen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nicht die Fleißigen, sondern die, die nicht arbeiten wollen, werden unterstützt! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was bedeutet denn das für Jugendliche? – Diese müssen ja schon überlegen, ob sie überhaupt einen positiven Schulabschluß anstreben sollen, meine Damen und Herren! Wer in diesem Lande mehr Chancen haben will, muß sich um einen negativen Schulabschluß bemühen. Eine derartige Arbeitsmarktförderung ist unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Konzept der SPÖ lautet: Staatliche Unterstützung für all jene, die nicht können, die nicht wollen. Das ist ein Weg, den wir nicht mitgehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tegischer: Das ist eine Unterstellung!)

Aber diese Drop-out-Förderung, die genau Ihrer Mentalität entspricht, Herr Kollege Koppler, diese Drop-out-Förderung (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) ist die konsequente Fortsetzung einer völlig verfehlten sozialistischen Bildungspolitik.

Sie sind ja die Ursache dafür, daß die Hauptschule zur Restschule mit Negativauslese degradiert wurde. (Zwischenrufe des Abg. Koppler. ) Diese Absolventen sind natürlich auf dem österreichischen Arbeitsmarkt schwer unterzubringen, weil nur die Negativauslese bemüht ist, Lehrstellen zu bekommen.

Sie haben die Hauptschule mit der Einführung der Leistungsstufen, mit der Abschaffung der Aufnahmeprüfung für AHS völlig ruiniert; Sie haben damit die Hauptschule zur Restschule degradiert. Was bleibt für den Lehrstellenmarkt tatsächlich? Was bleibt denn? – Im großen und ganzen bleibt eine Auslese von intellektuell und sozial Benachteiligten. Man muß dann mit großzügigen staatlichen Förderungen versuchen, diese auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen. Und das ist der Grund, warum immer weniger Betriebe Lehrlinge einstellen, da diese nicht einmal den Mindestanforderungen gerecht werden; das ist der eigentliche Grund.

Meine Damen und Herren! Aus diesem Dilemma befreit uns nur eine umfassende Reform der Hauptschule, nur sie kann das Dilemma wirklich lösen. Auf keinen Fall aber bedarf es dubioser Prämien für die Aufnahme von Negativauslese.

Deshalb schlagen wir Freiheitlichen vor, die Hauptschule zu reformieren: ersatzlose Streichung der Leistungsgruppen, Abschaffung der wortidentischen Lehrpläne – künftig sollen die Hauptschullehrpläne berufsbezogen sein –, und vor allem sollte man das 9. Schuljahr endlich als Berufsfindungsjahr, das der Ausbildungszeit angerechnet wird, attraktiv machen. Dann wird auch der Lehrling, der bereits ein Ausbildungsjahr absolviert hat, für die Wirtschaft wieder interessanter. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht der Dumme soll gefördert werden, sondern der Fleißige, den man weniger in die Schule schicken muß, weil er schon vorher mehr gelernt hat. Das ist der richtige Weg für eine vernünftige Lehrstellenpolitik in diesem Lande, aber nicht dieser verfehlte sozialistische Weg, mitgetragen von der ÖVP. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Maria Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.12

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Ich meine, die Sorge um die jungen Menschen und um ihre Möglichkeit, eine Ausbildung zu erhalten, ist ja berechtigt, aber Jubelmeldungen darüber, daß Maßnahmen bereits gegriffen hätten, halte ich wirklich für verfrüht, denn die Situation wird sich in den kommenden Jahren noch weitaus verschlechtern.


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Heute zu sagen, wir hätten im Sommer beziehungsweise vor der Parlamentspause ein Reformpaket beschlossen, das jetzt greift, das halte ich für wirklich übertrieben; dieses Paket hat den Namen Reform tatsächlich nicht verdient.

Frau Kollegin Fekter! Ich freue mich ja, daß Sie heute hier als Unternehmerin gesprochen haben. (Abg. Dr. Khol: War gut, sehr gut!) Ich würde mir sehr wünschen, daß Sie auch einmal als Unternehmerin – vielleicht in Begleitung des Wirtschaftskammerpräsidenten, vielleicht in Begleitung des Generalsekretärs Dr. Stummvoll – abstimmen würden. (Abg. Dr. Khol: Das machen wir ja immer!) Das wäre, glaube ich, gerade im Bereich des Ausbildungssystems von Vorteil.

Ich erinnere: Auch von Ihrer Seite wurde dieses sogenannte Reformpaket gestützt. Wir haben massive Mängel im Berufsausbildungsgesetz, wir haben die Quasipragmatisierung von Lehrlingen, es gibt im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz Bestimmungen, die Unternehmer geradezu auffordern, die Lehrlingsausbildung einzustellen; ich erinnere in diesem Zusammenhang an Bäcker, Fleischer, an das Handelsgewerbe. Es gibt keine dauernde Kostenentlastung für die Unternehmungen, keine Attraktivierung und Flexibilisierung, um dieses Ausbildungssystem auch für leistungsfähige und leistungswillige junge Menschen attraktiver zu machen. (Abg. Dr. Fekter: Frau Kollegin! Da sind wir voll bei Ihnen!)  – Dann stimmen Sie doch bitte auch einmal so ab, und sprechen Sie nicht nur in den Medien und von diesem Pult aus in diese Richtung! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sehr geehrte Frau Sozialministerin! Es ist keine Lösung, jene, die keinen Ausbildungsplatz haben werden, in einem Schulsystem "zwischenzuparken", noch dazu in einem Bereich, in dem wir bereits eine Abbrecherquote von 40 Prozent und unwahrscheinliche Repetentenquoten haben, welche Kosten in Milliardenhöhe verursachen. Die Entwicklung war vorhersehbar. Notwendige Strukturmaßnahmen wurden jedoch von dieser Regierung nicht rechtzeitig eingeleitet.

Jetzt gibt es krisenmanagementartige Förderungsaktionen durch das AMS. Kollege Öllinger hat bereits darauf verwiesen, daß das künftige Budget belastet wird. Aber nicht nur das. Dieses massive Fördersystem benachteiligt eigentlich auch all jene Unternehmen, die bereits bisher ihre Ausbildungsverantwortung tatsächlich wahrgenommen haben. Es findet auch in diesem Bereich keine Zustimmung. Es wurde uns bereits von vielen Seiten zugetragen, daß die Unternehmer lediglich entsprechende Rahmenbedingungen wollen.

Aber diese Förderaktion benachteiligt auch die kommende Abgängergruppe. Es wird geburtenstärkere Jahrgänge geben, und dieses Ausreizen des Arbeits- beziehungsweise Lehrlingsmarktes durch massive Förderaktionen, um vielleicht auch noch mitzuhelfen, die populistischen Versprechungen des Bundeskanzlers in dieser Richtung einzulösen, wird jedenfalls zu Lasten der kommenden Lehrlinge gehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben der sehr ernsten Lehrlingsproblematik haben wir aber auch rund 20 000 19- bis 25jährige junge Menschen, die trotz abgeschlossener Ausbildung im schulischen Bereich, im betrieblichen Bereich keine Arbeitsstelle haben. In Ihrem Bericht "Jugend, Bildung, Beschäftigung" wird sogar von seiten des AMS bestätigt, daß es zwischen Ausbildung und Beschäftigungsmöglichkeit Diskrepanzen gibt. Daher ist es dringend notwendig, die Ausbildungsziele, die Ausbildungsinhalte in unserem gesamten Schulsystem wirklich kritisch zu beleuchten und gerade in zukunftsträchtigen wirtschaftlichen Bereichen die notwendigen Flexibilisierungen und laufenden Anpassungen in Richtung neuer Berufsbilder einzuleiten.

Jetzt werden natürlich sehr kostenintensive Nachqualifizierungen notwendig sein, und ich hoffe, das AMS verfügt trotz dieser Förderungsaktion noch über ausreichende Mittel.

Vergessen wir auch die 8 000 arbeitslosen Junglehrer und Junglehrerinnen nicht, die trotz Überstundenbudgets in Milliardenhöhe immer noch keine Stelle bekommen haben. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Während die Unterrichtsministerin – ich komme schon zum Schlußsatz – noch darüber verhandelt, ob nur tatsächlich geleistete Überstunden bezahlt werden sollen, warten diese Menschen auf einen Arbeitsplatz. Mit Ankündigungen und mit


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krisenmanagementartigen Maßnahmen werden wir jedenfalls der drohenden Gefahr der Jugendarbeitslosigkeit nicht begegnen können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

10.18

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Die sozialdemokratische Fraktion hat – fast möchte ich sagen: wie das eine Regierungsfraktion natürlich tut – bei der Auswahl ihres Themas einer Aktuellen Stunde nach einem Bereich gesucht, wo ihrer Meinung nach das eigene Regierungsmitglied glänzen kann, wo man auf Erfolge verweisen kann.

Natürlich ist es auch positiv, wenn zumindest einmal die politische Aufmerksamkeit auf den Bereich der Lehrlinge und Lehrlingsausbildung gefallen ist. Aber gleichzeitig nehmen Sie damit auch wesentliche negative Erscheinungen in Kauf. Allein dadurch, daß Sie dieses Thema jetzt als politische Hauptaufgabe, als politisches Hauptaugenmerk bezeichnen, grenzen sie wiederum andere aus.

Sie operieren mit einem verengten Jugendbegriff. Meine Vorrednerin hat schon darauf hingewiesen: Was ist mit den AbsolventInnen der AHS? Was ist mit den jungen Leuten nach einer Hochschulausbildung, die vor dem Nichts stehen? Verdienen sie nicht dieselbe Aufmerksamkeit dieser Bundesregierung? Was ist vor allem mit jungen Frauen, die durch die Sparpakete, einer konservativen Ideologie folgend, wieder an den Herd gedrängt werden sollen? Sie wissen, es gibt keine Kinderbetreuungsmöglichkeiten in ausreichender Zahl und Qualität.

Was ist mit den behinderten Menschen? Selbst wenn sie – was ohnehin selten genug ist – eine Ausbildung bekommen, was passiert nachher mit ihnen, wenn sich die Betriebe, ja sogar die öffentlichen Dienststellen von ihrer Verpflichtung freikaufen, behinderte Menschen einzustellen? Was ist dann mit all diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern?

Was passiert im Bereich der Ausbildung selbst? Es wurde darauf hingewiesen, daß die Hauptschule dazu tendiert, zu einer Restschule, einer Restgröße zu werden. Warum machen Sie dann nicht den einzig angebrachten mutigen politischen Schritt in Richtung einer gemeinsamen Schule aller 10- bis 15jährigen? Wo bleibt denn da der politische Mut? Ist es nicht so, daß man das auch einmal zur Koalititonsfrage machen könnte, daß man es nicht schon längst dazu hätte machen müssen? (Beifall bei den Grünen.) Ich frage Sie von der Sozialdemokratie: Wo bleibt denn da die politische Courage? Das wäre doch notwendig!

Wenn es so ist, daß die Schule dem Leben dienen soll, dann meine ich, daß sich gerade besondere Talente nur in der sozialen Gemeinschaft bewähren können. Es ist ein wichtiges Segment, den Lehrstellenmarkt herauszugreifen, aber ich sage Ihnen, Sie laufen Gefahr, all die anderen Bereiche der Ausbildung und der Berufskarriere aus den Augen zu verlieren.

Noch ein wichtiger Punkt: Menschen und gerade auch junge Menschen planen doch für ihr Leben. Was soll ich aber heute einem jungen Menschen – sei es jetzt ein Lehrling, eine AHS-Absolventin, eine Studentin oder eine Hochschulabgängerin – sagen? Wir alle wissen doch, was dann auf dem Arbeitsmarkt los ist: Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst und keine Förderungen mehr für den Umstieg von – es ist fast zynisch zu sagen – "älteren" Arbeitnehmerinnen ab 35. Offenbar zählt man für diese Bundesregierung ab diesem Alter schon zum alten Eisen. Was ist denn dann mit den jungen Leuten? Wohin sollen sie denn gehen?

Die Bundesregierung hat ja keine Antwort. Es wird Druck gemacht, damit die Leute nicht in Frühpension gehen, weil es nicht mehr finanzierbar ist. Aber wo sollen die jungen Leute unterkommen? Was ist dann in der Mitte ihres Lebens? Wo liegt ihre Perspektive? Ich vermisse eine wirkliche Anstrengung, einen quantifizierbaren Vorstoß der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften in Richtung Arbeitszeitverkürzung.


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Wir schaffen nicht die Probleme aus der Welt, wenn man jetzt die Alten gegen die Jungen, die Lehrlinge gegen die StudentInnen ausspielt. Wir brauchen eine Umverteilung der Arbeit und des Geldes. Es gibt genug Arbeit für alle, vielleicht nicht für 40 Stunden, aber bestimmt für 30 Stunden. 30 Stunden sind jetzt genug. Aber was tun Sie? – Sie arbeiten an der gemeinsamen Währungsunion (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), an gemeinsamen Märkten. Ein gemeinsamer Sozialraum ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): ... eine gemeinsame Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, eine europäische Arbeitszeitverkürzung jetzt, hier und heute – das wäre die Aufgabe! (Beifall bei den Grünen.)

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Ich begrüße respektvoll Herrn Bundespräsidenten Dr. Klestil, der hier im Haus erschienen ist. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die schriftlich verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände

1. Schriftliche Anfragen: 2627/J, 2899/J bis 2901/J,

Zurückziehung: 2696/J;

2. Anfragebeantwortungen: 2398/AB bis 2852/AB,

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 2392/AB,

Berichtigungen zu den Anfragebeantwortungen: Zu 2432/AB und Zu 2543/AB,

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 13/ABPR;

3. Initiativanträge:

Zurückziehung: 194/A (E);

4. Regierungsvorlagen:

Artenhandelsgesetz – ArtHG (839 der Beilagen),

Genossenschaftsrevisionsrechtsänderungsgesetz 1997 – GenRevRÄG 1997 (840 der Beilagen),

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen (841 und Zu 841 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz geändert wird (842 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (845 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsgesetz !SSR und das Verteilungsgesetz DDR geändert werden (846 der Beilagen),


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Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des Bundes an der "Dachstein" Fremdenverkehrs-Aktiengesellschaft (848 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (849 der Beilagen);

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 2. Quartal 1997 (Vorlage 25 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 2. Quartal 1997 (Vorlage 26 BA);

Immunitätsausschuß:

Ersuchen des Landesgerichtes Linz (24 EVr 1370/97, 24 EHv 95/97) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Kurt Gaßner wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 StGB (üble Nachrede) und § 115 StGB (Beleidigung);

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 13 betreffend Klonierungsverbot von Tieren;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Antrag 539/A (E) der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Schaffung eines Berufsschutzes für dauernd erwerbsunfähige Bauern und Gewerbetreibende,

Antrag 540/A der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden,

Antrag 552/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz 1955 geändert wird,

Antrag 553/A der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG) geändert wird;

Außenpolitischer Ausschuß:

Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen samt Anlagen und Protokoll samt Anlagen (771 der Beilagen),

Antrag 538/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Militär- und Rüstungsausgaben in den Entwicklungsländern als Kriterium der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit,

Antrag 541/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Sistierung der Mitgliedschaft in der NATO-PfP nach 1998 und Rückkehr der österreichischen Bundesregierung zur immerwährenden Neutralität,


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Antrag 544/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Europa,

Antrag 551/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Nicht-Ratifizierung der derzeitigen Fassung der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (früher Bioethik-Konvention) des Europarates durch Österreich;

Bautenausschuß:

Antrag 542/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird;

Finanzausschuß:

Anlage E des Übereinkommens über die vorübergehende Verwendung samt Vorbehalten der Republik Österreich (847 der Beilagen),

Antrag 546/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden;

Gesundheitsausschuß:

Antrag 536/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend zeitgemäße Regelungen für alle Gesundheits- und Krankenpflegeberufe,

Antrag 537/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Verankerung der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege im tertiären Sektor;

Gleichbehandlungsausschuß:

Antrag 545/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird;

Kulturausschuß:

Antrag 550/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Förderung und steuerliche Absetzbarkeit von Kunstsponsoring;

Unterrichtsausschuß:

Antrag 548/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Gleichberechtigung von Schulkindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf bezüglich der Schulbesuchsdauer;

Verfassungsausschuß:

Antrag 549/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung,

Antrag 554/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Überprüfung der Verfassungskonformität der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin;

Wirtschaftsausschuß:

Antrag 543/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Neuorganisation der österreichischen Elektrizitätswirtschaft;


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Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 547/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Anwendung der "neuen" Kommunikationstechnologien bei der administrativen Abwicklung der Studienbeihilfe;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Finanzschuld des Bundes 1996 (III-95 der Beilagen);

Justizausschuß:

Bericht des Bundeskanzlers über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1980 aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 2. Juli 1986 betreffend Durchführung der UrhG-Nov. 1986 (Geschäftsjahr 1996) (III-96 der Beilagen);

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesregierung über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 1996 (Grüner Bericht 1996) (III-97 der Beilagen);

Verkehrsausschuß:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr gemäß § 3 (2) Bundesbahngesetz 1992 über die von ihm bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die eingetretenen Veränderungen (III-94 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuß:

Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1996 (III-93 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusätzlich ist noch folgende Regierungsvorlage eingelangt: Vertrag der Internationalen Fernmeldeunion samt Anlagen und Fakultativprotokoll sowie Änderungsurkunden von Kyoto 1994 samt Anlage und Vorbehalten der Republik Österreich in 844 der Beilagen.

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich vor, von der Zuweisung dieses Gegenstandes an einen Ausschuß Abstand zu nehmen und diesen Gegenstand auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit werde ich so vorgehen.

Ankündigung eines Dringlichen Antrags

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich teile mit, daß die Abgeordneten Anschober und Genossen vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt haben, den soeben eingebrachten Selbständigen Antrag 555/A (E) der Abgeordneten Anschober und Genossen betreffen Heeres-Geheim-Dienste dringlich zu behandeln

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung werden der Aufruf dieses Antrages und die Diskussion darüber um 15 Uhr stattfinden.


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Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2702/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung der Anfrage 2829/J der Abgeordneten Mag. Trattner und Genossen betreffend gesonderter Verkauf der PSK-Anteile an der Österreichischen Lotterien GesmbH durch den Herrn Bundesminister für Finanzen abzuhalten. Die Anfragebeantwortung hat die Nummer 2702/AB.

Da für die heutige Sitzung soeben die Behandlung eines Dringlichen Antrages festgelegt wurde, wird diese Kurzdebatte im Anschluß an die Diskussion über den Dringlichen Antrag durchgeführt werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 7 sowie 9 und 10 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen eine Einwendung? – Das ist nicht der Fall. Wir werden so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gehen wir in die Tagesordnung der heutigen Sitzung ein.

Es wurde folgender Konsens über die Dauer der Debatten erzielt: Tagesblockredezeit von insgesamt 8 "Wiener Stunden", sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112, Freiheitliche 104, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist nach entsprechender Vorberatung mit Mehrheit angenommen.

1. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich erteile dem Herrn Bundesminister für Finanzen das Wort. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.27

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lege Ihnen heute plangemäß den Entwurf für das Budget 1998 vor, der in den nächsten Wochen hier im Hohen Haus diskutiert und, wie ich hoffe und auch überzeugt bin, beschlossen werden wird.

Dieses Budget 1998 ist der finanzielle Rahmen und der Ausdruck dessen, was sich die österreichische Bundesregierung an politischen Aufgaben und Zielsetzungen vorgenommen hat. Wir müssen uns aber darüber im klaren sein – und ich betone das ganz bewußt –, daß die Gestaltungsmöglichkeiten der nationalen Politik aufgrund der Bedeutung der internationalen Entwicklungen heute eingeschränkter sind als früher.

Die Welt um uns verändert sich immer schneller. Der wirtschaftliche Wettbewerb ist freier und damit auch härter geworden. Er stellt höhere Anforderungen an die Betriebe und auch an die Arbeitnehmer, und damit ist auch der Kampf um Beschäftigung und Arbeitsplätze verbunden. Die Anstrengungen zum Erhalt sozialer Standards sind schwieriger geworden.


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Europa befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel hin zu einer Wirtschafts- und Währungsunion. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Union ist zum Teil Antwort und auch das Konzept, um uns für die neuen Herausforderungen zu stärken. Internationale Zusammenarbeit, also Kooperation und Koordination werden in Zukunft in Europa noch wichtiger, wenn es darum geht, die guten Lebensbedingungen in unserem Land zu erhalten. In vielen Ländern hat eine Vielzahl oft ähnlicher Ursachen die Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen Haushalte eingeschränkt. Darauf galt und gilt es mit engagierten Reformmaßnahmen zu reagieren, um die Gestaltungskraft zurückzugewinnen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ziel dieser Bundesregierung ist es, in einer sehr bewegten Zeit unserem Lande und den Menschen in Österreich ein größtmögliches Maß an Stabilität und Sicherheit zu verschaffen. Wir wollen unser Land und viele seiner Einrichtungen so gestalten, daß Österreich auch in Zukunft ein lebenswertes Land bleibt. Sowohl die Budgetpolitik als auch die vielfältigen Strukturreformen dienen diesem Ziel.

Ich möchte versuchen, das beispielhaft an vier Bereichen darzustellen.

Erstens: Wir wollen den Wirtschaftsstandort Österreich weiterentwickeln. Aus dem Budget sollen gezielte Impulse für mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung kommen, denn der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist unser wichtigstes Ziel. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zweitens: Wir wollen den Bürgern unseres Landes auch in Zukunft soziale Sicherheit garantieren. Das soziale Netz muß aber finanzierbar bleiben, und seine Treffsicherheit muß verbessert werden. Dafür müssen und werden wir zeitgerecht vorsorgen.

Drittens: Wir wollen den Staat und seine Einrichtungen effizienter machen und noch stärker an den Bedürfnissen der Bürger orientieren. Wir haben eine Reihe von Strukturmaßnahmen begonnen, um die Verwaltung einfacher und schlanker zu machen, und wir werden daran weiterarbeiten.

Viertens: In einem immer härteren globalen Wettbewerb, der viele Chancen bietet, wollen wir unserem Land einen stabilen und sicheren Platz im neuen Europa verschaffen. Das wird uns gelingen, wenn wir in der Liga der stärksten Wirtschaftsnationen, nämlich der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, teilnehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hochgeschätzte Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung hat bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen bereits beachtliche Leistungen zuwege gebracht. So ist Österreich durch den EU-Beitritt eines der preisstabilsten Länder der Welt geworden; eine gute Wirtschafts- und Geldpolitik haben das unterstützt. Weiters haben wir die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union und eine der niedrigsten der Welt. Schließlich sind kaum anderswo die Lebens- und Umweltqualität, der soziale Friede und die Sicherheit so groß wie in Österreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Qualitäten will die Bundesregierung erhalten und auch für die Zukunft sicherstellen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das funktioniert aber nicht ohne aktives Zutun. Die Haushaltskonsolidierung war ein erster Schritt. Sie schuf die grundlegende, nämlich die finanzielle Voraussetzung für die Sicherung von Beschäftigung und des sozialen Systems. Viele weitere wichtige Strukturreformen wurden im Vorjahr begonnen und müssen noch folgen.

Diese Regierung hat damit Handlungskompetenz bewiesen. Innerhalb von nur 18 Monaten, meine sehr verehrten Damen und Herren, konnte mit zwei Doppelbudgets die finanzielle Grundlage für die gesamte Legislaturperiode 1996 bis 1999 erarbeitet werden.

Es geht jetzt beim Budget für 1998 erstens darum, die Haushaltskonsolidierung abzusichern, zweitens mit Nachdruck die notwendigen Strukturreformen voranzutreiben und drittens neue Impulse für Wachstum und Beschäftigung zu setzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dafür ist es aber erforderlich, auch in Zukunft eine entsprechende Sparsamkeit an den Tag zu legen. Da wir im Vorjahr und auch heuer erhebliche


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Schritte auf diesem Wege weitergekommen sind, wird es 1998 und auch 1999 weder ein Sparpaket noch neue Steuern oder drastische Ausgabenkürzungen geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Im Gegenteil: Es wird trotz gegenteiliger Behauptungen sowohl eine Pensionserhöhung als auch die erforderlichen Ergänzungen im sozialen Gefüge unseres Staates geben. Neue kreative Förderungsinitiativen werden den Strukturwandel der Wirtschaft unterstützen und damit zur Beschäftigung der Menschen beitragen.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Der Bundesvoranschlag 1998 sieht Einnahmen von 682 Milliarden Schilling, Ausgaben von 749,3 Milliarden Schilling und damit einen Abgang von 67,3 Milliarden Schilling vor. Dies entspricht 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von voraussichtlich etwa 2 555 Milliarden Schilling. Das Haushaltsdefizit wird damit nur knapp über dem für 1998 prognostizierten Wirtschaftswachstum liegen, und 1999 wird das Wachstum das laufende Defizit bereits überschreiten. Das Budgetdefizit 1998 wird also weiter zurückgehen.

Die mit den Bundesvoranschlägen 1996 und 1997 begonnene Konsolidierung der österreichischen Staatsfinanzen wird damit abgesichert, und zwar durch Ausgabendisziplin – ich habe das erwähnt – unter Beachtung der sozialen Ausgewogenheit und der wirtschaftlichen Auswirkungen sowie durch Lückenschlüsse auf der Einnahmenseite. Um die Grundlagen für einzelne Einnahmen- und Ausgabenpositionen zu fixieren, sind allerdings noch politische Entscheidungen erforderlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube aber, daß es nichts Ungewöhnliches ist, wenn zum Zeitpunkt der Budgetrede noch nicht alles bis ins Detail, wie etwa die Gehaltsrunde bei den Beamten oder die Pensionsanpassung, endgültig fixiert ist. Selbstverständlich wird in all diesen Bereichen konsequent und im erforderlichen Tempo weitergearbeitet.

Ich darf beispielsweise ganz aktuell berichten, daß gestern abend die angestrebte Einigung mit den Lehrern erreicht wurde, und zwar in den Bereichen der Neubewertung der Überstunden, der Durchrechnung der Arbeitszeit bei Maturaklassen, der Vorruhestandsregelung sowie Sabbatical. – Sie sehen, wir gehen zügig an die Reform heran. Ich möchte in diesem Zusammenhang Frau Bundesministerin Gehrer und Herrn Staatssekretär Ruttensdorfer recht herzlich für ihre Arbeit danken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der Bundesvoranschlag 1998 baut auf guten Grundlagen auf, denn der Budgetvollzug für 1997 verläuft planmäßig. Viele europäische Finanzminister wären glücklich, wenn sie das ihrem Parlament berichten könnten. Sofern Sie die europäische Diskussion verfolgen, werden Sie sehen, daß es überall Budgetdebatten, Budgetgespräche und Diskussionen innerhalb und auch außerhalb der Parlamente gibt, aber in nahezu allen anderen Ländern macht man sich Sorgen über den Vollzug des Budgets 1997.

Ich kann Ihnen in aller Deutlichkeit erklären, daß wir diesbezüglich plangemäß unterwegs sind, daß wir die Ziele des Budgets 1997 einhalten werden und wir eines der wenigen Länder Europas sind, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt das Budget 1998 konkret behandeln. Das Budget 1999 werden wir im Frühjahr diesem Hause vorlegen und damit sicherstellen, daß auch Investoren, also diejenigen, die uns helfen müssen, die Wirtschaft voranzutreiben, jene Sicherheit haben, die notwendig ist, um Investitionen anregen zu können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt, daß sich die Einnahmen im erforderlichen Ausmaß entwickeln. Viele Ausgaben konnten in ihrer Dynamik gebremst werden. Die im Vorjahr eingeleiteten strukturellen Reformen haben gegriffen. Österreich wird daher mit dem Budget 1997 auch die Teilnahmekriterien für die Wirtschafts- und Währungsunion erfüllen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Ich möchte an dieser Stelle besonders meinem Amtsvorgänger, Herrn Bundeskanzler Mag. Viktor Klima, für seine schwierige, aber erfolgreiche Arbeit im Vorjahr ausdrücklich danken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere daran, daß wir zu Beginn des Vorjahres ein umfangreiches und tiefgreifendes Konsolidierungsprogramm für den Bundeshaushalt erarbeiten mußten, denn es waren in den Jahren vorher mehrere Entwicklungen zusammengetroffen, die die Budgetsituation dramatisch verschlechterten. Das waren vor allem rezessionsbedingte Einnahmenausfälle und Ausgabensteigerungen in den Jahren 1992/93, die Ausweitung des Personalaufwandes im öffentlichen Dienst, zusätzliche Familien- und Sozialleistungen, die in den Jahren 1992/93 beschlossen wurden, und erhebliche Einnahmenausfälle durch die Steuerreform 1994.

Das Budgetdefizit verdoppelte sich in den Jahren zwischen 1992 und 1995 auf rund 118 Milliarden Schilling. Hätte es keine Veränderung in der Defizitentwicklung gegeben, so wäre der budgetpolitische Handlungsspielraum völlig verlorengegangen. Die Schulden wären noch stärker angewachsen, und immer höhere Anteile der Steuereinnahmen müßten für Zinsenzahlungen aufgewendet werden.

Auch heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, muß fast jeder siebente Budgetschilling allein für die Zinsen der Staatsschulden ausgegeben werden; Budgetmittel, die ohne jeden Zweifel sinnvoller für Investitionen, für Beschäftigung, für Förderungen, für die Ausbildung oder auch im Sozialbereich verwendet werden könnten.

Das Defizit senken und die Verschuldung begrenzen sind daher nicht Selbstzweck oder etwa eine von Brüssel auferlegte Aufgabe, wie manche glauben oder behaupten. Eine vernünftige, sparsame Budgetpolitik führt nicht zu Arbeitslosigkeit, sondern sie ist im Gegenteil sogar die Voraussetzung dafür, daß Beschäftigung wirkungsvoll gesichert werden kann.

Wir sparen also nicht für den Euro, wie man oft hört, sondern in unserem ureigensten Interesse als Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Weniger Budgetgeld für Zinsen und Schulden ausgeben, aber dafür mehr Budgetgeld für Leistungen an die Bürger und die Wirtschaft haben, das ist – einfach gesagt – unser mittelfristiges Budgetziel.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Budgetpolitik ist also nicht Selbstzweck, sondern ein ganz entscheidender Faktor der österreichischen Wirtschaftspolitik. Budgetpolitik ist entscheidend bei der Beschäftigung und dann, wenn es um die Finanzierungen der Leistungen des Wohlfahrtsstaates geht.

Wir haben es in den vergangenen Jahrzehnten unleugbar geschafft, daß unsere Wirtschaft, die Produktivität, die Beschäftigung und auch die Einkommen stärker gewachsen sind als in vielen anderen vergleichbaren Ländern. Wir zählen zu den wohlhabendsten Staaten der Welt, und wir wollen, daß das so bleibt.

Unsere Vision oder unser Bild von Österreich ist das einer fairen Marktwirtschaft, einer fairen Marktwirtschaft mit sozialer Verantwortung für die Menschen und mit ökologischer Verantwortung für unsere Umwelt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine erfolgreiche Wirtschaft, leistungsfähige öffentliche Dienstleistungen, die Chance für jeden Menschen, Arbeit zu finden, eine gerechte Gesellschaft, eine intakte Umwelt und eine lebendige Demokratie sind auf breiter Basis konsensfähige Wertvorstellungen.

Faire Wettbewerbsbedingungen, niedrige Inflationsraten, Investitionen in Forschung und Entwicklung, gut ausgebildete Mitarbeiter, erstklassige Infrastruktur, weltweite Erschließung von Märkten sind Erfolgsfaktoren für unsere Zukunft. Diese Erfolgsfaktoren und diese konsensfähigen Wertvorstellungen gilt es mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Budgetpolitik spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir können heute sagen, es ist uns gelungen, die negativen wirtschaftlichen Effekte der Budgetkonsolidierung zu minimieren und eine vorübergehende Dämpfung des Wachstums auf 1996 zu beschränken. 1997 wird der Wachstumsprozeß nicht mehr gebremst, was das Institut für Wirtschaftsforschung bereits im Frühjahr 1997 zu der Feststellung veranlaßte, die restriktive Wir


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kung der Budgetkonsolidierung könne sich als schwächer erweisen, als zunächst vielfach befürchtet wurde.

Diese Prognose wurde durch die Realität bestätigt. Die Signale zeigen wieder deutlich nach oben. Wir stehen mitten in einem Wirtschaftsaufschwung. Österreich wird 1998 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent die Wachstumsschwäche der letzten Jahre überwinden. Für 1999 wird ein noch stärkeres Wachstum erwartet.

Die Inflation wird heuer mit 1,4 Prozent – die Augustwerte liegen bei 1,2 Prozent – und im kommenden Jahr mit 1,6 Prozent auf ihrem tiefen Wert bleiben. Österreich hat damit gegenüber der Zeit vor dem EU-Beitritt seine Inflationsrate halbiert. Die Stabilität der Preise wird auch in den kommenden Jahren – und davon bin ich überzeugt – fortwirken.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs wird sich sowohl durch Verbesserungen bei den Lohnstückkosten der Industrie als auch durch einen leichten Rückgang des realen effektiven Wechselkurses gegenüber den Handelspartnern verbessern, wenn auch entsprechende unterstützende Maßnahmen dafür zu setzen sind.

Die Wachstumsimpulse – das steht, glaube ich, außer Frage – werden vor allem von den Nettoexporten kommen, womit sich auch das Leistungsbilanzdefizit verringern wird.

Das Wirtschaftswachstum wird heuer und nächstes Jahr aber noch nicht ausreichen, um die Arbeitslosenquote entscheidend zu senken. Heuer ist die österreichische Arbeitslosenrate mit 4,4 Prozent kaum halb so hoch wie jene Deutschlands. Ein merkbarer Rückgang der Arbeitslosigkeit ist in Österreich, wie ich meine, erst für 1999 zu erwarten.

Aber was folgt daraus ganz klar? – Daß wir unsere Bemühungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit weiter mit aller Kraft fortsetzen müssen. Die Bundesregierung wird daher aktiv und vor allem auch nachhaltig zur wirtschaftlichen Entwicklung und Erhöhung der Beschäftigtenzahlen beitragen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dazu haben wir eine Reihe wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Initiativen erarbeitet, die ich anhand einiger Beispiele skizzieren möchte.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Unsere Anstrengungen müssen besonders dem Abbau struktureller Schwächen innerhalb der Wirtschaft gelten. Ein signifikantes Signal – ich habe das erwähnt – ist die österreichische Leistungsbilanz, die sich in den letzten Jahren beträchtlich verschlechtert hat. Der Tourismus kann die großen Defizite der Handelsbilanz nicht mehr abdecken. Für heuer prognostiziert das Wifo ein Leistungsbilanzdefizit von knapp 55 Milliarden Schilling. 1991 konnten wir noch Überschüsse aufweisen.

Die österreichische Bundesregierung setzt daher konkrete Schritte zur Verbesserung der Außenhandelsposition. Es sind dies – ich nenne das nur beispielhaft – die weitere Verringerung des Budgetdefizits, die Eindämmung des Einkaufstourismus im nahen Ausland durch offensive Maßnahmen und vor allem unsere Technologie- und Exportoffensive, auf die ich noch zu sprechen kommen werde. Denn vor allem von ihr erwarten wir entscheidende und längerfristige Impulse für Wachstum und Beschäftigung.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Mehr Exporte, weil der Exportradius der Betriebe erweitert und neue Märkte erschlossen werden, aber auch mehr Erlöse aus den Exporten, weil ihre Qualität und ihr Wert durch Forschung und Entwicklung steigen müssen, sind unser Ziel.

Wir werden daher neue Garantiefonds der Finanzierungsgarantiegesellschaft einrichten und die FGG zu einer Investitionsgesellschaft für Projekte im Ausland ausbauen. Wir werden das Exportfinanzierungs- und das Exportgarantiesystem der Kontrollbank verbessern. Und wir sehen gemeinsam mit der Wirtschaftskammer einen Beratungsschwerpunkt für Klein- und mittelständische Unternehmungen vor. Damit sollte es uns gelingen, das für 1998 prognostizierte reale Exportwachstum von 8,5 Prozent sogar noch zu übertreffen.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Know-how ist ein entscheidender Schlüssel für den Erfolg unserer Wirtschaft. Vor allem das Entwickeln und auch Nutzen neuer Technologien müssen wir verstärkt unterstützen. Wir haben daher bereits heuer zusätzliche Mittel für diesen Zweck – die sogenannte Technologiemilliarde – bereitgestellt.

Jedoch sage ich ganz offen, daß ich meine, daß es bei der Technologieoffensive nicht ausschließlich um mehr Geld, sondern in erster Linie darum geht, daß mit den öffentlichen Forschungsausgaben auch treffsicherer gearbeitet wird. Es ist aus Budgetsicht nicht effizient, Forschungsdarlehen aus Budgetmitteln zu finanzieren. Wir entwickeln daher neue Finanzierungskonzepte.

Wir werden beispielsweise die Banken in die Technologieförderung stärker einbinden. Auch ERP-Mittel werden verstärkt zur Kreditfinanzierung von marktnahen Technologieprojekten eingesetzt.

Aber ich möchte schon erwähnen, daß die gesamten forschungswirksamen Ausgaben des Bundes – aller Ressorts gemeinsam – 1998 rund 17 Milliarden Schilling betragen werden. Es muß uns auch gelingen, damit Schwerpunkte im wirtschaftsnahen Bereich zu setzen. Denn eines unserer Probleme ist ja, daß der öffentliche Anteil der Forschungsausgaben in Österreich 50 Prozent, im EU-Durchschnitt 39 Prozent beträgt. Wir müssen daher Methoden und Finanzierungsunterstützungen finden, die auch privates Kapital in stärkerem Maße in Forschung und Entwicklung in diesem unserem Lande einbinden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Neben der Verbesserung der finanziellen Unterstützung geht es eben auch um Hilfestellung bei der Umsetzung von Forschung und Entwicklung in erfolgversprechende exportfähige Produkte. Das heißt, wir wollen auch die Beratungsleistungen verbessern. Wir wollen bei der Strategieentwicklung, bei der Maßnahmenplanung und beim Marketing unterstützend wirken, wo immer dies in einer Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft, von öffentlichen und privaten Mitteln im öffentlichen und privaten Sektor möglich ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Strukturell wirksame Maßnahmen setzen wir auch, um die heimische Bauwirtschaft zu unterstützen und zugleich eine Verbesserung der Infrastruktur zu bewirken. Eine entwickelte Infrastruktur – und ich meine, daß auch diese Feststellung außer Zweifel steht – ist die Grundlage für Produktivitätszuwächse der Wirtschaft, denn diese sind wiederum eine Voraussetzung für mehr Wettbewerbskraft und damit Beschäftigung.

In nenne die große Infrastrukturinitiative zum verstärkten Eisenbahnbau. Jährlich werden wir bis zu 12 Milliarden Schilling in wichtige Vorhaben investieren. Erst kürzlich hat die Bundesregierung den Haftungsrahmen für die Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft sogar erweitert und dadurch weitere Vorhaben ermöglicht, womit sowohl wichtige verkehrs- als auch beschäftigungspolitische Weichenstellungen für die Zukunft erfolgten.

Auch durch die Neukonzeption der ASFINAG wird es uns im Sinne einer offensiven Wirtschaftspolitik gelingen, die Nachfrage nach Bauleistungen aufrechtzuerhalten, ohne auf der anderen Seite das Budget höher belasten zu müssen. Nicht ständige Budgetzuschüsse für neue Straßenbauten, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern eine rationelle, in vielen Bereichen eigenverantwortliche Bewirtschaftung des hochrangigen Straßennetzes ist unser Ziel. Das bedeutet aber auch – und ich sage das ganz offen –, daß neue Bauvorhaben nur in dem Maße verwirklicht werden können, als Einnahmen aus der Bewirtschaftung vorhanden sind.

Eine Ausgliederung der ASFINAG aus dem Bundesbudget und damit auch von Schulden in der Höhe von rund 80 Milliarden Schilling führt gleichzeitig zu einer deutlichen Absenkung des Schuldenstandes des Gesamtstaates. Dieser wird in Prozent des Bruttoinlandproduktes von 70,2 Prozent im Vorjahr auf 67,5 Prozent im heurigen Jahr sinken. Wir sind daher auch im Hinblick auf die Konvergenzkriterien auf dem richtigen Wege. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. )


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Übertragung zahlreicher Bundesliegenschaften an die Bundesimmobiliengesellschaft wird ein weiterer Impuls zur Realisierung von Hochbauprojekten sein.

Im Zusammenhang mit dem Baugeschehen möchte ich aber auch erwähnen, daß das Ansteigen der Wohnbauförderungsmittel nicht zu vernachlässigen ist. Ein umfangreiches Reformpaket beim Bausparen wird weiterhin diese attraktivste Sparform sichern, aber den Bausparern den Zugang zum Bauspargeld erleichtern. Besonders wichtig – und ich möchte nicht vergessen, darauf hinzuweisen – vor allem für viele Menschen in den Städten ist, daß Bauspargeld künftig auch für den Erwerb von Miet- und Genossenschaftswohnungen eingesetzt werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir alle – die Regierung, die Wirtschaft, die Bevölkerung – müssen offensiv jenen Strukturwandel vorantreiben und unterstützen, der uns für die großen neuen wirtschaftlichen Herausforderungen – die Integration in Europa, die Ostöffnung und die Globalisierung – stärkt.

Mehr Wirtschaftswachstum, die Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich und der Erfolg der Technologie- und Exportoffensive werden entscheidend vom Engagement und auch von der Qualifikation der Arbeitnehmer abhängen. Das heißt, daß ein weiterer Schwerpunkt dieser Bundesregierung in der Aus- und Weiterbildung der österreichischen Bevölkerung liegt.

Wir haben ein international anerkanntes Bildungs-, Aus- und Weiterbildungssystem. Daher war bei der Budgeterstellung klar: Auch in diesem Bereich müssen wir Maßnahmen setzen, die von der Lehrlingsausbildung bis zum Hochschulstudium für noch mehr Qualität sorgen und ein zielgerichtetes, aber auch wirtschaftsorientiertes Lehren und Lernen sicherstellen. Immer mehr ist die Herausforderung des lebenslangen Lernens anzunehmen. Ich erwähne in diesem Zusammenhang beispielhaft die Teilrechtsfähigkeit von Schulen, die ihnen mehr Freiraum für Eigeninitiative gibt und budgetschonend wirken soll, die Lehrlingsoffensive der Bundesregierung, die das Lehrstellenangebot vergrößern soll, oder die Reformvorhaben im Hochschulbereich.

Dies schlägt sich auch in konkreten Zahlen nieder. Die Ausgaben im Unterrichtsressort werden 1998 um 2,3 Milliarden Schilling steigen. Es werden 250 zusätzlich benötigte Lehrer aufgenommen. Im Wissenschafts- und Forschungsbereich werden die Ausgaben um 2 Milliarden Schilling höher sein. An den Universitäten können dadurch notwendige Stellen nachbesetzt werden. Statt dessen wird bei den Zentralstellen gespart.

Qualifizierungsprogramme für Arbeitnehmer werden vor allem über das bewährte Arbeitsmarktservice gefördert und abgewickelt. Die aktive Hilfe für Menschen, die von Arbeitslosigkeit bedroht oder betroffen sind, wird in Österreich weiterhin einen hohen Stellenwert haben. Die Schwerpunkte werden vor allem zielgerichtete Programme für ältere und langzeitarbeitslose sowie Hilfen für junge Menschen sein. Aber auch Wiedereinstiegshilfen für Frauen – etwa nach Zeiten der Kindererziehung – sind erforderlich.

Österreich ist ein Sozialstaat. Für uns steht der Mensch im Vordergrund; und so wird es auch bleiben. Das schlägt sich auch im Budget für 1998 nieder. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hohes Haus! Die Sicherung dieses Sozialstaates und der Pensionen ist für die österreichische Bundesregierung ein ganz wichtiges, entscheidendes Anliegen.

Unser Sozialsystem ist im Vergleich zu anderen Staaten quantitativ und qualitativ sehr gut ausgebaut. Es ist eines der besten. Rund ein Viertel der Budgetmittel werden im kommenden Jahr für Soziales, Familienleistungen und Pensionen aufgewendet. Das heißt, der Bund gibt jeden vierten Budgetschilling für soziale Leistungen an seine Bürger aus.

Wir müssen aber auch erkennen, daß es Entwicklungen gibt, die die Finanzierung unseres Sozialsystems gefährden könnten. Neue Formen der Beschäftigung beispielsweise verringern den Kreis der Versicherten und wirken sich nachteilig auf die Beitragsleistungen aus. Der stei


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gende Anteil der älteren Bevölkerung und die steigende Lebenserwartung erhöhen die Ausgaben bei Pensionen und im Gesundheitswesen beträchtlich.

Meine Damen und Herren! Die Reaktion darauf kann aber nicht im Sozialabbau liegen. Das ist nicht unser Ziel. Ganz im Gegenteil: Wir wollen die Leistungsfähigkeit unseres Systems langfristig sichern und aufrechterhalten. Das kostet aber viel Geld, Mut und auch Kreativität. Wir müssen daher immer wieder unser Sozialsystem prüfen und Maßnahmen setzen, die seine Treffsicherheit und Finanzierbarkeit sicherstellen. Wenn Veränderungen erforderlich sind, dann geschehen sie im Interesse der Sicherung dieses unseres wichtigsten Systems.

Die Bundesregierung hat daher eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet, die die Beitragsentwicklung stabilisieren, die Finanzierung des Sozialsystems sicherstellen und sogar das soziale Netz vergrößern werden. Ich möchte die wesentlichsten davon nennen:

Erstens: In einem neuen Sozialversicherungssystem sollen grundsätzlich alle Erwerbseinkommen – also jede selbständige Arbeit – bis zur Höchstbeitragsgrundlage berücksichtigt werden.

Zweitens: Geringfügig Beschäftigte – und das ist ganz wichtig in einer Zeit der Strukturveränderungen auf dem Arbeitsmarkt – werden in das Sozialsystem einbezogen. Wir müssen den sozialen Schutz dieser meist Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Drittens: Die Bauern und Selbständigen werden durch nachhaltige und strukturelle Maßnahmen den Eigenfinanzierungsgrad in der Pensionsversicherung erhöhen.

Viertens: Ein Bündel von Maßnahmen soll die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters bewirken. Ältere Arbeitnehmer sollen verstärkt teilzeitarbeiten oder einen Langzeiturlaub in Anspruch nehmen können. Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik sowie eine Ausweitung der Gleitpensionen sollen die längere Beschäftigung älterer Arbeitnehmer unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der öffentlichen Diskussion gab und gibt es viel Unruhe, aber auch viel Desinformation. Insbesondere wurden Maßnahmen der Budgeterstellung mit langfristigen Reformschritten zur Pensionsreform vermischt.

Ich möchte an dieser Stelle nochmals klarstellen und betonen: Es wird im kommenden Jahr eine Pensionserhöhung geben. Trotzdem müssen wir rechtzeitig Weichenstellungen vornehmen, damit das Pensionssystem und seine Finanzierung auch langfristig gesichert bleiben.

Der international anerkannte Experte Professor Rürup empfiehlt in seinem Gutachten eindringlich, jetzt strukturelle, langfristig wirksame Reformen, wie etwa die Erhöhung des Durchrechnungszeitraumes, in Angriff zu nehmen. Wir wollen dies behutsam und schrittweise tun. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Die begonnene Diskussion über die notwendigen Reformschritte sollte in den nächsten Wochen weitergeführt und abgeschlossen werden. Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung bewußt und auch an der Beibehaltung des österreichischen Weges der Problembewältigung interessiert. Die Sozialpartner sind und bleiben kompetente Gesprächspartner, und es entspricht der österreichischen politischen Kultur, daß wir uns alle gemeinsam bemühen, den Aufgabenstellungen zu entsprechen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser gemeinsames Ziel muß es daher sein, das Pensionssystem in Österreich langfristig zu sichern, es effizienter, stabiler, transparenter, aber auch gerechter zu gestalten. Ein wichtiger Schritt dazu ist die schrittweise Annäherung aller öffentlichen Pensionssysteme. Es muß ein gerechteres Verhältnis zwischen Beitragsleistungen, öffentlichen Zuschüssen und Pensionshöhen geben. Es geht auch um mehr Transparenz bei der Finanzierung der Altersversorgung und um eine Beitragsgestaltung, die der Leistungsfähigkeit der versicherten Gruppen besser entspricht.

Es muß der sogenannte Generationenvertrag durch eine ausgewogene Verteilung der Lasten der Alterssicherung zwischen Jungen und Älteren nachhaltig gesichert sein.


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Hohes Haus! Diese Regierung ist zu tiefgreifenden und auch langfristig wirkenden Strukturreformen bereit und auch dazu entschlossen.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Strukturreformen betrifft die öffentliche Verwaltung. Wir haben in Österreich eine in vielen Bereichen hervorragend funktionierende Verwaltung. Diese Leistungskraft wollen wir erhalten und noch verbessern. Möglichkeiten der Qualitätssteigerung müssen daher ständig überprüft und auch ausgeschöpft werden.

Die kritische Analyse öffentlicher Aufgaben hat schon in der Vergangenheit zu Ausgliederungen marktfähiger Leistungsbereiche aus der Hoheitsverwaltung geführt. Große Bereiche wie Post, Bahn und Bundesforste wurden in den vergangenen Jahren ausgegliedert und in Unternehmungen umgewandelt. Die Eigenverantwortung in diesen Leistungsbereichen wurde dadurch vergrößert. Gestiegen ist aber auch die Verantwortung, diese Leistungen effizient zu erbringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kunden- und damit Bürgerorientierung muß im öffentlichen Bereich zur Selbstverständlichkeit, zur selbstverständlich gelebten Werthaltung erklärt und vorgelebt werden. Der öffentliche Sektor muß seine Verantwortung zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Privatsektor annehmen. Denn der Umbau vom Hoheitsstaat zum Leistungsstaat ist eine wichtige Zielsetzung für die Zukunft.

Für die österreichische Bundesregierung ist es klar, daß Leistung auch im öffentlichen Dienst adäquat entlohnt werden muß. Zweifellos wurden in der Vergangenheit viele Fortschritte zur Einkommensverbesserung im öffentlichen Dienst erzielt. Darauf muß nun aber bei der Gestaltung und Sicherung der Pensionen verstärkt Rücksicht genommen werden. Denn erhebliche Anteile des Budgets werden für die Aktivbezüge und Pensionen der Bundesbediensteten, den Aufwandsersatz für die Lehrer sowie die Pensionen der ÖBB- und Postbediensteten aufgewendet. Es muß uns gelingen, die Ausgaben so zu gestalten, daß sie auch für den Steuerzahler vertretbar bleiben.

Weitere sehr wichtige Reformschritte im öffentlichen Dienst sind daher in Verhandlung, und ich bin zuversichtlich, daß wir – wie bei den Lehrern – auch bei den anderen noch offenen Punkten zu konstruktiven Ergebnissen kommen werden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß die Bundesregierung bei Reformmaßnahmen im öffentlichen Dienst sehr verantwortungsbewußt und zielgerichtet vorgeht, zeigt auch der Bereich der Sicherheit. Trotz Sparmaßnahmen gehen wir nicht mit der Gießkanne oder Heckenschere über das System. Die erforderliche Sicherung der EU-Außengrenze oder der Kampf gegen die internationale Kriminalität ist wichtig, und sie haben ihren Preis. Daher wird beispielsweise das Innenressort im Jahr 1998 steigende Ausgaben verzeichnen. Es werden zusätzlich 500 Beamte sowie eine leistungsorientierte Bezahlung der Exekutive dazu beitragen, die gestellten Aufgaben besser erfüllen zu können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe bewußt nur auf jene Teile des Budgets hingewiesen, wo es zu Strukturreformen kommen wird, Bereiche, die teilweise in heftiger Diskussion stehen, aber auch auf jene Teile, die die Ausgabendynamik einbremsen sollen. Und im Zuge der Budgetverhandlungen lag der Schwerpunkt bei der Stabilisierung der Ausgaben.

Trotz Einsparungen und Kostenstabilisierung entstehen aber in manchen Bereichen Ausgabenzuwächse. Es ist daher auch erforderlich, zusätzliche Einnahmen zu erschließen, um die Aufgabenstellungen finanzieren zu können. Ich stelle aber doch eindeutig klar und weise nochmals darauf hin: Das Ziel der Budgeterstellung für 1998 – und auch jenes für 1999 – war und ist es, die zusätzlich notwendigen Einnahmen ohne neue Steuern und ohne Erhöhungen der Steuersätze durch Lückenschließungen zu erzielen.

Ich erwähne die Einschränkung von steuerfreien Zigarettenimporten aus osteuropäischen Ländern. Da dadurch auch die Einkaufsfahrten zurückgehen werden, rechnen wir aufgrund eines verstärkten Inlandsumsatzes insgesamt mit Mehreinnahmen bei der Tabak-, Mineralöl- und Umsatzsteuer von etwa 4,5 Milliarden Schilling. Gerade die Grenzregionen sollten damit auch an


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Wirtschaftskraft zurückgewinnen. Diese Maßnahme ist daher nicht nur eine fiskalpolitische, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur regionalen Entwicklung.

Im Bereich der direkten Steuern sind zwei temporäre Maßnahmen vorgesehen, die das Budget entlasten werden: Die Freibetragsbescheide werden ein weiteres Jahr sistiert. Für die Selbständigen soll der 5prozentige Zuschlag bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer-Vorauszahlung auch im Jahr 1998 beibehalten werden. Beide Maßnahmen bewirken keine dauernde Belastung der Betroffenen. Beide Maßnahmen werden bei der Steuerveranlagung selbstverständlich voll berücksichtigt.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Durch die Umstellung der Versicherungs- und Kfz-Steuer von quartalsmäßiger auf monatliche Zahlung – einer Anregung aus diesem Hause folgend – werden im kommenden Jahr Einnahmen von zusätzlich 1,5 Milliarden Schilling erwartet.

Die Stempelgebühren wurden zuletzt im Jahr 1984 – also vor 14 Jahren – an die Inflation angepaßt und sollen daher ab 1.1.1998 um 50 Prozent erhöht werden. Die Einnahmen des Staates werden dadurch um etwa 1,2 Milliarden Schilling steigen.

Beim Bausparen wurde, wie bereits erwähnt, ein Reformpaket erarbeitet. Zudem wird die Bausparprämie künftig dem generellen Zinsniveau dynamisch angepaßt. Für das Budget wichtig ist, daß die Bausparkassen die Prämien künftighin nicht mehr monatlich beim Staat abrufen, sondern nur mehr einmal im Jahr. Dadurch wird das Budget 1998 um rund 1,8 Milliarden Schilling entlastet.

Die Einnahmen des Staates werden schließlich noch durch Erlöse aus Privatisierungen verbessert, die wir für das Jahr 1998 mit rund 3 Milliarden Schilling angesetzt haben.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Große Privatisierungsvorhaben des Bundes – etwa im Bereich der verstaatlichten Industrie – sind, wie Sie wissen, abgeschlossen beziehungsweise in anderen Bereichen sehr weit fortgeschritten.

Der Verkauf von öffentlichen Unternehmensbeteiligungen – ich möchte das schon im Zusammenhang mit der heutigen Darlegung feststellen – ist allerdings nicht nur betriebswirtschaftlich oder budgettechnisch zu sehen. Privatisierungsfragen haben immer auch gesamtwirtschaftliche Aspekte und sind damit eine Frage der Wirtschaftspolitik.

Bekannte Beispiele mahnen uns beim Verkauf von Unternehmen zur Vorsicht. Eine solche Vorsicht ist meines Erachtens ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Wir müssen darauf achten – und ich sage das ganz dezidiert und deutlich –, daß strategisches Eigentum und damit zentrale Unternehmensfunktionen wie Planung, Forschung und Entwicklung auch nach einem Unternehmensverkauf in Österreich verankert bleiben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir werden dafür sorgen müssen, daß bei anstehenden Privatisierungen österreichische Unternehmungen und industrielle Wertschöpfung – soweit wirtschaftlich vertretbar – erhalten bleiben.

Vor allem in industriellen Schlüsselbranchen wird dieses Ziel nur über strategische Beteiligungen möglich sein. Da kommen neue Aufgaben auf die ÖIAG zu, die sie bereits heute bei Industriekonzernen als Kernaktionär übernommen hat. Diese wichtige Funktion der ÖIAG werden wir in Zukunft stärken und weiter ausbauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Privatisierungen haben aber auch den österreichischen Kapitalmarkt belebt. Insgesamt wurden die Kapitalmärkte in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit stark liberalisiert. Eine von den USA Anfang der achtziger Jahre ausgehende und in vielen Ländern mitverfolgte Geldpolitik mit hohen Zinsen hat zusätzlich Finanzanlagen ertragreicher gemacht als reale Investitionen.

Der mobile Produktionsfaktor Kapital beeinflußt dadurch zunehmend das Wirtschaftsgeschehen, wobei Renditen oftmals wichtiger sind als Menschenschicksale. Ich meine, es ist Zeit für eine


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Wirtschaftspolitik in Europa, die den Menschen, seine aktive Teilnahme an der Gemeinschaft und faire Wettbewerbsbedingungen in den Mittelpunkt stellt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Denn Arbeitslosigkeit ist nicht nur, wie viele meinen, ein soziales, sondern auch ein immens wirtschaftspolitisches Problem.

Wenn wir daher für den heimischen Kapitalmarkt Reformen vorsehen, so wollen wir erreichen, daß unserer Wirtschaft bei der Aufbringung von Eigenkapital geholfen wird. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für Investitionen und somit für Wachstum und Beschäftigung in Österreich. Weiters sehen wir die Umwandlung der Börse in eine Aktiengesellschaft und einen verbesserten Schutz von Minderheitsaktionären bei Übernahmen vor.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Möglichkeiten der nationalen Wirtschaftspolitik in einer im internationalen Wettbewerb stehenden Volkswirtschaft sind – wie viele praktische Beispiele zeigen – zunehmend begrenzt, aber immer noch entscheidend. Die Chancen zu mehr Mitgestaltung müssen wir daher wahrnehmen.

Nicht veralteten, unerfüllbaren Illusionen einer geschlossenen, national steuerbaren Volkswirtschaft nacheilen, sondern verstärkt auf gemeinsamer, internationaler, insbesondere europäischer Ebene etwas bewirken – das ist das moderne Rezept, um für unser Land eine gute Position im globalen Wettbewerb zu erreichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Die europäische Integration schreitet zügig voran und wird in der Wirtschafts- und Währungsunion einen bedeutenden Höhepunkt finden. Sich von dieser Entwicklung auszuschließen wäre von Nachteil für unser Land. Die WWU wird aber auch geänderte wirtschaftliche, fiskalische und währungspolitische Herausforderungen bringen.

Die verstärkte Globalisierung der Wirtschaft schuf den europäischen Volkswirtschaften eine Vielzahl von Konkurrenten, und zwar auf Gebieten, welche früher den höchst entwickelten Ländern vorbehalten waren. Die Globalisierung bietet aber auf der anderen Seite wieder große Chancen – Chancen, die wir wahrzunehmen haben. Eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Standortpolitik kann stärker und damit erfolgreicher sein als die Bemühungen einzelner kleiner europäischer Länder.

Die Ostöffnung brachte für die Länder Mitteleuropas – ich zähle dazu im besonderen Maße Deutschland und Österreich – neue Märkte und Expansionsmöglichkeiten sowie demokratische und stabile politische Verhältnisse in unmittelbarer Nachbarschaft. Aber sie hat uns auch Konkurrenten direkt vor die Haustür gesetzt. Diese produzieren heute noch zu Lohnkosten, die weit unter den westeuropäischen liegen. Die Heranführung dieser Länder an westeuropäische Standards kann daher vielfache positive wirtschafts- und gesellschaftspolitische Aufgaben, Aspekte und Effekte haben und ist daher eine politische Aufgabe des gesamten sonstigen Europas. Das ist ein Projekt europäischer Dimension.

Meine Damen und Herren! Die Spielregeln der Marktwirtschaft, die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen, müssen also den Mittelpunkt gemeinsamer wirtschaftspolitischer Anliegen in Europa bilden. Und für uns ist dabei eines klar: daß es sich dabei nur um eine soziale Marktwirtschaft handeln kann. Wettbewerbsvorteile als Ergebnis von Sozial-, Steuer- oder Umweltdumping wollen wir daher im Interesse einer fairen Marktwirtschaft nicht.

Für die Bundesregierung ist daher klar: Europa und auch Österreich brauchen die Wirtschafts- und Währungsunion. Europa muß neben den USA und Ostasien eines der drei großen Wirtschaftszentren der nächsten Jahrzehnte sein.

Die Wirtschafts- und Währungsunion ist notwendig. Sie muß rasch und pünktlich kommen, und Österreich muß ihr von Anfang an angehören. Nur eine Wirtschafts- und Währungsunion kann dauerhaft die Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber anderen Wirtschaftsräumen sichern.

Die rasche Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion ist auch deshalb notwendig, weil die gegenwärtige Phase der Europäischen Integration ökonomisch instabil sein könnte.


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Vollständig liberalisierter Kapitalverkehr und feste Wechselkurse vertragen sich nämlich auf Dauer ebensowenig wie schwankende Wechselkurse mit einem einheitlichen Binnenmarkt.

Eine Verschiebung der WWU würde zu tiefgreifenden Turbulenzen auf den Devisenmärkten führen. Eine beträchtliche Wachstumsverlangsamung, wenn nicht sogar Rezession könnte die Folge solcher Entscheidungen sein.

Hochgeschätzte Damen und Herren! Berechnungen von Wissenschaftlern zeigen, daß allein die Währungsturbulenzen der Jahre 1994 und 1995 das Wirtschaftswachstum in den Hartwährungsländern um insgesamt rund 1,5 Prozent gebremst haben.

Künftig werden die Devisenmärkte durch die Wirtschafts- und Währungsunion weniger Einfluß auf das Schicksal der europäischen Währungen haben. Mit dem Euro werden daher Stabilität und Sicherheit für die Wechselkurse der Währungen der teilnehmenden Länder eintreten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der zunehmenden wirtschaftlichen Integration in Europa gewinnt die Mitbestimmung Österreichs in der Europäischen Union, gewinnen die Koordination und die Einflußnahme auf die Politik der Union insgesamt an Bedeutung. Wir sind uns dieser stärkeren europäischen Verantwortung der österreichischen Politik voll bewußt. Wir arbeiten daher aktiv an der Verstärkung jener Einrichtungen mit, die diese Kooperation gewährleisten werden.

Auch die Teilnehmer an der Wirtschafts- und Währungsunion müssen ihre Fiskal- und Wirtschaftspolitik, ihre Geld-, Lohn- und Steuerpolitik mehr als bisher koordinieren. Die Diskussionen dazu sind in vollem Gange. Es geht um mehr Koordination, nicht nur untereinander, sondern auch mit der künftigen europäischen Zentralbank und, wie ich meine, mit den europäischen Sozialpartnern. Dies ist erforderlich, wenn wir in Europa den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gewinnen wollen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der europäische Rat in Amsterdam und die Vorbereitungen für den Beschäftigungsgipfel im November in Luxemburg zeigen, daß es in die richtige Richtung geht. Es wurden Schritte gesetzt, die eines deutlich machen: In dieser EU geht es nicht nur um Geld- und Budgetfragen, sondern es geht um das Ziel, eine soziale Union zu erreichen. Es geht um das Ziel einer Union, in der die Menschen Beschäftigung, soziale Sicherheit und Wohlstand haben. Dafür arbeiten wir in diesem Bereiche mit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich wird die EU-Präsidentschaft in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres zur Mitgestaltung in Europa nutzen. Wir sehen es als große Chance, durch die Vorsitzführung in verschiedensten Experten-, Minister- und Regierungstreffen mehr Einfluß auf die Tagesordnungen, Diskussionen und Entscheidungen zu haben. Wir haben uns auch schon etliches vorgenommen.

Ich möchte beispielsweise aus meinem Ressort den Schwerpunkt "Harmonisierung des europäischen Steuerrechtes und Beseitigung von wettbewerbsverzerrenden Steueroasen" anführen. Ich habe schon vor Monaten in vielen bilateralen Gesprächen mit Finanzministern von Mitgliedsländern der Europäischen Union begonnen, für Österreichs Positionen Interesse und Unterstützung zu finden. Es muß meiner Ansicht nach in einem ersten Schritt gelingen, eine Mindestbesteuerung von Kapitalerträgen für Gebietsfremde zu erreichen, den Informationsaustausch zu verstärken und einen wirksamen Verhaltenskodex gegen Steueroasen festzulegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einem zweiten Schritt wollen wir eine weitergehende europaweite Harmonisierung bei der Besteuerung von Arbeit, Kapital und Energie erreichen. Unser vordringliches Ziel ist die Entlastung des Faktors Arbeit und eine Ökologisierung des Steuersystems. Aber Steuerharmonisierung ist ein Prozeß, ein Prozeß der permanenten Annäherung unterschiedlicher nationaler Steuersysteme. Diese Zielsetzung – nämlich: Faktor Arbeit, Ökologisierung, Kapitalbesteuerung – verfolgt auch die von mir im Früh


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jahr eingesetzte Steuerreformkommission, die für Österreich eine Steuerreform für das Jahr 2000 erarbeiten wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor uns stehen viele große und wichtige Aufgaben und Herausforderungen. Die Bundesregierung hat mit dem Bundesvoranschlag für 1998 und dem vorläufigen Voranschlag für 1999, der im kommenden Frühjahr hier behandelt werden wird, eine stabile und sichere Grundlage für die kommenden Jahre erarbeitet.

Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die an der Budgeterstellung konstruktiv mitgewirkt haben. Ich danke meinen Ressortkollegen, die auf Basis einer gemeinsamen Zielsetzung sehr engagiert an deren Umsetzung gearbeitet haben. Ich danke aber insbesondere Herrn Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner, der alle Verhandlungen mitgeführt hat. Herzlichen Dank, Herr Bundesminister! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich danke auch den hervorragenden Mitarbeitern im Bundesministerium für Finanzen sowie den anderen Ministerien und Stellen, die mit ihrem Detailwissen und mit vielen Ideen zum Erfolg dieser Maßnahmen beigetragen haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich gehe davon aus, daß die notwendigen Abstimmungen für die Formulierung der Budgetbegleitgesetze wie beabsichtigt so rechtzeitig erfolgen, daß eine zeitgleiche Behandlung und Beschlußfassung hier im Hause möglich ist.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich ersuche Sie, den Bundesvoranschlag in den kommenden Wochen als das zu sehen, zu behandeln und letztlich auch zu beschließen, was er ist: ein engagiertes Unterfangen, der Versuch der Kunst des Möglichen in einer nicht einfachen Zeit, aber dennoch eine gute, stabile Grundlage für unser Land zur Bewältigung der Aufgaben der Zukunft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit! (Langanhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke Herrn Bundesminister Edlinger für seine Ausführungen.

Es liegt mir ein Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, die Regierungsvorlage betreffend Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1998 samt Anlagen – 841 der Beilagen – in erste Lesung zu nehmen.

Wir werden jetzt über den Antrag abstimmen. Ich bitte die Abgeordneten, zu ihren Plätzen zurückzukehren. (Einige Abgeordnete sind in Gespräche vertieft.) Der Sommer wirkt noch nach.

Wir stimmen jetzt über diesen Antrag ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag auf Durchführung einer ersten Lesung ist mehrheitlich angenommen.

2. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (703 der Beilagen): Bundesgesetz zur Festlegung von Sanktionen bei Zuwiderhandlungen gegen die Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates vom 22. November 1996 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen (850 der Beilagen)


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3. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (705 der Beilagen): Interregionales Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Mercado Comun del Sur und seinen Teilnehmerstaaten andererseits samt Gemeinsamer Erklärung (851 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (706 der Beilagen): Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zur Vorbereitung einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Unterzeichnungsprotokoll und Gemeinsamen Erklärungen (852 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (799 der Beilagen): Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte (856 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (800 der Beilagen): Protokoll zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits und der Schlußakte (857 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (801 der Beilagen): Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits und der Schlußakte (858 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 2 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir beginnen sofort mit der Debatte. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Ein bißchen mehr Ruhe wäre wünschenswert.


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Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Mag. Stadler das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.30

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die heute in Verhandlung stehende Regierungsvorlage stellt auf eine Ratsverordnung vom 22. November 1996 ab, in der ausdrücklich – ohne daß man die Vereinigten Staaten von Amerika beim Namen nennt – darauf hingewiesen wird ... (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) In der Einleitung dieser Ratsverordnung wird darauf hingewiesen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika durch ihre Gesetze, Verordnungen und andere Rechtsakte sowie deren extraterritoriale Anwendung geltendes Völkerrecht brechen.

Meine Damen und Herren! Es heißt in der Einleitung zur Ratsverordnung: Ein Drittstaat – gemeint sind die Vereinigten Staaten von Amerika – bricht geltendes Völkerrecht. Dies bezieht sich auf zwei Gesetze, das Helms-Burton-Gesetz und das D’Amato-Gesetz. Das erste richtet sich gegen Kuba, das zweite Gesetz richtet sich gegen den Iran und gegen Libyen.

Meine Damen und Herren! Amerika hat diese Gesetze nicht beschlossen, weil es ihm um die Sicherung irgendwelcher Menschenrechte geht, die ja immer dann als Vorwand dienen, wenn die Amerikaner ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen wahren wollen. Nein, diesmal geht es – wie sogar offen zugegeben wird – darum, die politischen und wirtschaftlichen Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika in diesen drei Ländern zu wahren. Die entsprechenden Rechtsakte richten sich gegen Firmen, die der Jurisdiktion der Europäischen Gemeinschaft unterliegen, über die die Amerikaner überhaupt keine Jurisdiktionsgewalt hätten – Frau Staatssekretärin, Sie werden sich an die entsprechende Debatte im Ausschuß erinnern –, sodaß die Amerikaner deswegen, weil sie dabei eine Jurisdiktionsgewalt behaupten, schlicht und einfach geltendes Völkerrecht brechen.

Nun aber geht die Europäische Union her und sagt: Die Firmen, die aufgrund völkerrechtswidrigen Verhaltens der amerikanischen Gerichte und des amerikanischen Staates belangt werden, müssen das innerhalb von 30 Tagen den Behörden der Europäischen Union melden. Unterbleibt diese Meldung, wird eine Strafe verhängt. Die in Rede stehende Regierungsvorlage nennt die Strafhöhe und schafft dafür die Rechtsgrundlage, indem sie dies als Verwaltungsübertretung einstuft. Wer keine Meldung erstattet, kommt nicht nur in die Schere der Amerikaner, sondern wird auch noch vom eigenen Staat mit einer Million Schilling bestraft. Meine Damen und Herren! Das ist die Politik der Europäischen Union! (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unglaublich!)

Frau Staatssekretärin! Sie und Ihre Partei haben uns erklärt, die Europäische Union werde bewirken, daß Europa gemeinschaftlich stärker gegen Amerika auftreten und die Interessen europäischer Firmen gegen Amerika besser schützen können wird. – Wo ist nun der Schutz, den die Europäische Union den Firmen gewährt, die zu Unrecht, unter Bruch des geltenden Völkerrechtes, von den Amerikanern aus politischen und ökonomischen Motiven belangt werden? Wo ist dieser Schutz, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er ist nicht vorhanden, ja diese Firmen werden auch noch zusätzlich bestraft! In der Ratsverordnung wird eindeutig darauf hingewiesen, daß sich betroffene Unternehmen, wenn sie Schadenersatz bezahlen müssen, überdies selbst darum kümmern müssen, diesen wieder ersetzt zu bekommen. In diesem Fall müssen sie unter Umständen selbst in Amerika Klage einbringen, um dort gegen eine Entscheidung eines amerikanischen Gerichtes einen Schadenersatz für die Strafen, die Amerika ihnen aufgebrummt hat, durchzusetzen. – Dabei ist keine Rede davon, daß die Europäische Union zu jenen Maßnahmen griff, die gemäß Völkerrecht notwendig und üblich sind und die seit Jahrhunderten von den betroffenen Staaten praktiziert werden: nämlich Retorsionsmaßnahmen.

Frau Staatssekretärin! Bitte erklären Sie mir das! Sie waren im Ausschuß nicht in der Lage, zu sagen, warum die Europäische Union nicht das tut, was man bei einem Bruch des Völkerrechtes


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durch Dritte immer tut: nämlich zu Retorsionsmaßnahmen greifen – genauso, wie es die Amerikaner selbst den Europäern vorführen. Wenn Ihnen der Fall der "Dollarbananen" geläufig ist, wissen Sie, wie die Amerikaner ihre eigenen Interessen beim Bananenexport brutal durchgesetzt haben: dadurch, daß sie bereits eine Liste für den Fall erstellt haben, daß sich die europäischen Staaten nicht daran halten, eine Liste, aus der hervorgeht, welche Produkte in Amerika mit Strafzöllen belegt werden, vom Champagner bis hin zum Käse und zum Rotwein, eine vollständige Liste für Retorsionsmaßnahmen.

Wo ist eine derartige Liste in Europa, die dann in Anwendung kommt, wenn die amerikanischen Behörden geltendes Völkerrecht brechen? Davon ist keine Rede! Wohl aber redet man – wie in der Regierungsvorlage – davon, daß die Firmen, die ihrer Meldepflicht nicht nachkommen, wenn sie von den Amerikanern bestraft werden und diese Strafe auch akzeptieren, zusätzlich in Österreich mit einer Million Schilling bestraft werden. Meine Damen und Herren! Es ist unglaublich, wie dabei dem Bruch des Völkerrechtes durch die Amerikaner auch noch Vorschub geleistet wird! Es ist unglaublich, wie Sie mit Ihrer gesamten Europäischen Union zu Lasten der europäischen Unternehmen in die Knie gehen! (Abg. Dr. Graf: Man fordert die Amerikaner auch noch dazu auf!)

Da hat uns die Frau Staatssekretärin im Ausschuß folgendes berichtet: Nun ja, es ist eben so fürchterlich, daß wir derzeit nur eine Weltmacht haben, nämlich die Amerikaner, und gegen diese eine Weltmacht der Amerikaner kann man sich leider nicht zur Wehr setzen. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine Einladung!) Man leistet diesen amerikanischen Weltpolizeibestrebungen auch noch Vorschub, indem man die eigenen Firmen mit Strafen bis zu einer Million Schilling bedroht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Sie können doch nicht ernsthaft erwarten, daß so eine Form des Auslieferns eigener Unternehmen an die Behördenpraxis eines Staates, der offenkundig und ungeniert vor der gesamten Weltöffentlichkeit geltendes Völkerrecht bricht, und die Tatsache, daß man dies auch noch in die Verordnung des Rates hineinschreibt, daß also eine solche Vorgangsweise auch nur eine Fraktion des Hauses – es sei denn Ihre eigene, die ja überall mitspielt – auch noch unterstützt! Oder glauben Sie tatsächlich, uns oder sonst jemandem in diesem Land zumuten zu können, Ihre Politik, die Firmen doppelt zu bestrafen – nämlich zum einen auf der amerikanischen Seite und obendrein auch noch auf der österreichischen Seite –, zu unterstützen?

Wir fordern Sie auf, in der Europäischen Union dafür zu sorgen, daß dort Retorsionsmaßnahmen gegen den Bruch des Völkerrechtes ergriffen werden – auch wenn es sich beim Völkerrechtsbrecher um Amerika handelt! (Abg. Dr. Graf: Anständige Firmen werden bestraft!) Wir fordern Sie auf, das zu tun, was die Amerikaner im Fall der "Dollarbanane" und in jedem anderen Fall auch getan haben: daß Sie sich mit Retorsionsmaßnahmen gegen den Bruch des Völkerrechtes zur Wehr setzen, statt österreichische Unternehmen auch noch mit bis zu einer Million bestrafen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Das ist eine Einladung zum Völkerrechtsbruch!)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Ich erteile Ihnen das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.36

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Auf der heutigen Tagesordnung stehen drei Punkte, die für unsere Zukunft auch eine entscheidende Rolle spielen, nachdem wir Mitglied der Europäischen Union geworden sind. Es geht um die Abkommen mit der Ukraine, der Russischen Föderation und der Republik Moldau. Diese sind Abkommen, die noch nicht ratifiziert wurden und mit gewissen Schatten der Entwicklung in diesen Ländern belastet sind. Deshalb haben wir im Ausschuß darüber diskutiert, ob wir ein Zeichen setzen oder zustimmen sollen trotz mancher Entwicklungen dort, die nicht unseren Vorstellungen entsprechen. (Abg. Dr. Graf: Sie haben kein Zeichen gesetzt!)


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Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Hätte es denn einen Sinn, zu sagen: Wir ratifizieren einfach nicht, wir drehen diesen Ländern und der gesamten Entwicklung den Rücken zu, obwohl wir eigentlich genau das Gegenteil erreichen wollen? (Abg. Scheibner: Zeichen setzen!) Wir wollen ja, daß dort demokratiepolitische Entwicklungen in Kraft treten, die jenen entsprechen, die wir von einer großen Staatengemeinschaft erwarten. Deshalb haben wir im Ausschuß dafür gestimmt. Damit haben wir, wie ich glaube, die richtige Entscheidung getroffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dies steht selbstverständlich in einem größeren Zusammenhang, nämlich jenem der Erweiterung der Europäischen Union. Es ist für mich wieder einmal bezeichnend gewesen, wie sich die FPÖ bei dieser Frage im Außenpolitischen Ausschuß, aber auch schon davor in allen Diskussionen zu diesem Erweiterungsprozeß verhalten hat: Sie sagt nein, meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Aus Überzeugung!) Nein aus Überzeugung! Ich möchte Ihnen jetzt sagen, was das – konsequent weitergedacht – eigentlich heißt: eine FPÖ-Außenpolitik, die sich gegen eine EU-Osterweiterung richtet. (Abg. Mag. Schreiner: Besser als eure, die nur auf die Interessen des Auslandes gerichtet ist!)

Zum ersten, lieber Kollege Schreiner: Wo leben Sie eigentlich? – Sie leben in einer Welt, in der die Europäische Union beschlossen hat, daß es sechs Monate nach der Regierungskonferenz den ersten Erweiterungsschritt gibt. Sie sagen dazu nein. Wo leben Sie? – Sie leben abseits jeglicher Realität! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ihre Politik, geschätzte Kollegen von der Freiheitlichen Partei, ist eine völlig unrealistische, die den Tatsachen nicht ins Auge sieht! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Beachten Sie das Vokabular, das Sie gebrauchen!)

Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Wenn Sie gegen eine Erweiterung sind, gegen die Übertragung ökonomischer Stabililtät in diese Länder, dann nehmen Sie die Gefahr in Kauf, daß dort ein Rückfall in kommunistische Zeiten stattfindet und wir einen Herd von Instabilität in unserer unmittelbaren Nachbarschaft haben. Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren! Wir wollen in unserer Umgebung keine Gefahr, sondern Sicherheit haben. Darum sind wir gegen Ihren Weg. Ihre Politik ist eine gefährliche Außenpolitik! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Müssen wir alles schlucken?)

Denken wir das noch einen Schritt weiter. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Welches Vokabular gebrauchen Sie?) Ist es denn tatsächlich mehrheitsfähig, sich gegen eine Osterweiterung der Europäischen Union zu stellen? – Nein, absolut nicht! Das ist nicht mehrheitsfähig.

Was würde es bedeuten, wenn sich Österreich im Rahmen der EU dagegen stellt? – Es würde bedeuten, daß wir als lächerlich gelten, daß wir die Isolation innerhalb der Europäischen Union zur Kenntnis nehmen müssen. (Abg. Scheibner: Wenn Sie ein Europäer sind, warum sind Sie dann nicht im Europaparlament? Da war man von Ihren Qualitäten nicht so überzeugt!)

Ihre Außenpolitik, meine Damen und Herren, wäre darauf gerichtet, Österreich in eine isolierte Position zu bringen. Das wollen wir nicht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Die eigene Partei will ihn nicht!)

Es ist daher für mich ein weiteres Mal klar geworden: Ihre Außenpolitik geht an den Tatsachen vorbei, sie ist gefährlich und sie würde uns in Isolation bringen. Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie sind keine Regierungspartei, sondern eine Negierungspartei, und ich meine, das haben Sie einmal mehr bewiesen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Sie sind eine Verschleierungspartei!)

Meine Damen und Herren! Wir haben einen anderen Weg eingeschlagen, getragen von den Ängsten der Bürger. Wir wollen versuchen, ihnen mit einem realistischen Konzept den Weg in die Osterweiterung der Europäischen Union aufzuzeigen. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ein paar sind gescheiter als der junge Kollege!)


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Wir glauben, daß man den Osterweiterungsprozeß bejahen, aber auch klare Begleitmaßnahmen definieren sollte. In Verhandlungen muß erreicht werden, daß erstens ein Zeitplan eingehalten wird, der eine Osterweiterung erst dann möglich macht, wenn die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in diesen Ländern tatsächlich erfüllt sind und eine sinnvolle Teilnahme am Binnenmarkt möglich ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Sie fangen ja schon an mit den Verhandlungen!)

Wir meinen zum zweiten, daß wir den Beitrag mit 1,27 Prozent, berechnet von unserem Bruttoinlandsprodukt, begrenzen müssen. Wir wollen also nicht alles Weitere finanzieren, sondern bei dem jetzigen Beitrag zur Europäischen Union bleiben. (Abg. Mag. Schweitzer: Illusorisch! Jeder, der beim Round table war, weiß, daß das illusorisch ist!)

Wir fordern drittens auch spezielle Rahmenbedingungen gerade für jene Regionen, die an der Grenze zu den ehemaligen Ostländern liegen. Wir wollen eine spezielle Grenzregionsförderung und direkte Zuschüsse an Unternehmen in der Grenzregion, die ja von einer solchen Entwicklung besonders belastet sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist ein Weg, der, wie ich glaube, der Realität entspricht (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wider besseres Wissen!), der uns Perspektiven aufzeigt und der den Veränderungen Rechnung trägt. Meine Damen und Herren! Ihre Politik einer Negierungspartei wird uns keinen Schritt weiterbringen.

Ich meine weiters, meine Damen und Herren, daß wir uns heute auch auf einen Erfolg unserer Außenpolitik besinnen sollten. Gestern wurde in Oslo von 89 Staaten ein Abkommen unterzeichnet, das auf ein generelles Verbot von Anti-Personen-Minen gerichtet ist. – Meine Damen und Herren! Das ist konkrete österreichische Außenpolitik! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Karlsson. )

Zigtausende Österreicher haben sich, initiiert vom Roten Kreuz, mit ihrer Unterschrift zu diesem Anliegen bekannt (Abg. Großruck: Jung war dagegen!), weil dies ein humanitäres Vorhaben ist, zu dem wir in Wahrheit alle stehen müßten. (Abg. Großruck: Er hat dagegen gestimmt!) Es ist aber darüber hinaus den Vertretern des österreichischen Außenministeriums zu verdanken, daß sich bei dieser Konferenz 89 Staaten gegen den Widerstand von Ländern wie den Vereinigten Staaten durchgesetzt und einen diesbezüglichen Beschluß gefaßt haben. (Beifall des Abg. Kröll. )  – Meine Damen und Herren! Das ist im Hinblick auf das Ansehen Österreichs, vor allem aber im Interesse der Humanität ein wesentlicher Meilenstein unserer Außenpolitik. Herr Bundesminister! Ich darf herzlich dazu gratulieren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Da waren die Freiheitlichen auch dagegen! Sie sind für die Minen!)

Die Freiheitlichen haben in diesem Zusammenhang wieder einmal ein Beispiel dafür gegeben, daß sie eben eine Negierungspartei sind.

Wir können dem nicht unsere Zustimmung geben. Wir wollen eine positive Außenpolitik (Abg. Dr. Khol: Die legen Minen überall!), eine, die etwas für Österreich erreicht. Ich glaube, wir haben dazu geeignete Vertreter auf der Regierungsbank. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sehenden Auges in den Untergang!)

11.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.44

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Es ist interessant, daß der Herr Außenminister jetzt hierher zurückgekommen ist und sich offenbar doch für Außenpolitik interessiert. Ich hatte diesbezüglich schon Sorge, weil er nicht einmal Zeit gefunden hat, bei der Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses anwesend zu sein, was ich sehr bedauert habe. Allerdings war seine Vertretung eigentlich ausgezeichnet, wenn man die Möglichkeiten bedenkt, die ihr gegeben sind, sich zu präsentieren.


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Jetzt aber zu den Konsequenzen dessen, was wir heute beschließen werden. Erstens geht es um die Reaktion der EU ... (Abg. Dr. Khol: Frau Gredler, Sie wissen aber schon, daß der Minister in der Regierungssitzung war, und Sie kennen die Verfassung, daß ein Staatssekretär ...!) Entschuldigen Sie, aber ich habe nicht so viel Zeit zu reden wie Sie, deshalb muß ich mich zur Sache äußern. (Abg. Dr. Khol: Wenn Sie angreifen, müssen Sie das erdulden!)

Es geht um das Helms-Burton-Gesetz und um das D´Amato-Gesetz. Richtig ist, daß die Europäische Union ein Mittel braucht, um gegenüber der WTO zu reagieren. Es liegt eine Klage vor, die so lange ruht, solange Bill Clinton den dritten Teil dieser Rechtsakte aussetzt und nicht vollzieht. Er hat versprochen, das bis zum Ende seiner Amtszeit zu machen – was dann passiert, wissen wir nicht.

Es ist wirklich eigenartig – und da gebe ich den Kollegen von der Freiheitlichen Partei recht –, zu sagen, wenn man ein von Helms-Burton Geschädigter ist, soll man sich melden. Bis dahin bin ich d’accord, da diese Informationen wirklich gesammelt und verwendet werden sollten. Aber daß man jemandem, dem Schaden durch ein Gesetz, das in Amerika erlassen wurde, zugefügt worden ist und der sich nicht meldet, sofort unterstellt, daß sich dieser damit eigentlich Wettbewerbsvorteile verschaffen möchte, und diese Person daher mit maximal einer Million Schilling bestraft, halte ich für völlig wahnwitzig von der europäischen Seite. (Abg. Dr. Graf: Abgehen von jeglicher Rechtskultur!) Ich sage dazu: Dafür kann die österreichische Regierung nichts, sondern das ist die Mentalität der Kommission, die manchmal wirklich nicht nachzuvollziehen ist.

Ich denke, daß das in Österreich praktisch nicht operationsfähig ist – ich nehme nicht an, daß einem  österreichischen  Unternehmen  jemals  eine  Million  Schilling  Strafe  auferlegt  werden wird –, aber trotzdem meine ich, man sollte von seiten der EU aktiv werden und als Reaktion auf diese Rechtsakte klarmachen, daß eine solche Vorgangsweise nicht zu wählen ist. Da vermisse ich eigentlich Aktivitäten.

Wie werden eigentlich die Betriebe aufgeklärt? Wird jeder Betrieb angeschrieben: Paßt auf, wenn ihr davon betroffen seid oder in Gefahr kommt, betroffen zu werden, bitte sofort eine Meldung abzugeben? – Also ich weiß nicht, über welches Instrumentarium Sie welche Firmen informieren. Oder muß man sich immer melden, wenn man Geschäfte mit den USA abwickelt, seien es direkte oder indirekte? – Ich halte das eigentlich für besonders absurd. (Beifall des Abg. Mag. Barmüller. )

Das zweite, was ich ansprechen möchte, sind die Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und der Ukraine. Damit habe ich ein echtes politisches Problem, das man eigentlich recht elegant und diplomatisch lösen hätte können, wenn man diesen Punkt von der heutigen Tagesordnung abgesetzt, noch einmal im Ausschuß diskutiert und das nächste Mal – das heißt also im Oktober – wieder auf die Tagesordnung genommen hätte. Im Prinzip bin ich ja für solch ein Abkommen, das zum Ziel hat – ich lese vor –, "den politischen Dialog zu fördern, die Ausweitung von Handel und Investitionen anzuregen, die dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung der Wirtschaft der Vertragsparteien zu sichern und die Festigung der Demokratie. (...) Die Achtung der demokratischen Prinzipien, Grundrechte des Völkerrechtes und der Menschenrechte ..."

D’accord, das würden wir auch gerne unterstützen, nur habe ich in diesem Zusammenhang ein echtes Problem, ursprünglich resultierend aus dem Beschluß der G 7, der Ukraine 3,1 Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen, um das Atomkraftwerk Tschernobyl schließen und andere Möglichkeiten finden zu können, die jetzt fehlende Energie zu substituieren. Es wurden diesbezüglich Studien erstellt, und zwar Studien, die von der Kommission und von der Agency for International Development, also von den USA, bezahlt worden sind. Diese besagten, daß die beiden Atomkraftwerke, die als Ersatz für Tschernobyl geplant sind, weder wirtschaftlich interessant noch umweltverträglich sind, und es wurde eigentlich ein vernichtendes Urteil über diese beiden Vorhaben abgegeben.


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Was war die Reaktion der Ukraine? – Die Ukraine drohte damit, Tschernobyl weiterhin arbeiten zu lassen und damit nicht nur sich selbst zu gefährden, sondern selbstverständlich auch alle umgebenden Länder.

Wir haben das ja erlebt. Österreich war einer der Hauptbetroffenen von diesem radioaktiven Fallout. Und was macht man jetzt? – Jetzt akzeptiert man das offensichtlich, ja muß es akzeptieren, weil von seiten der Ukraine Druck ausgeübt wird, zwei Atomkraftwerke zu bewilligen beziehungsweise mitzufinanzieren – Rovno und Chmelnitsky –, die demselben Typ entsprechen wie das Atomkraftwerk 50 Kilometer von Wien entfernt, das wir versuchen zu verhindern, nämlich Mochovce. Und das Interessante ist: Bei Mochovce sind wir alle dagegen, es wurden massive Anstrengungen unternommen, um den Fluß der Gelder, die für die Errichtung zur Verfügung gestellt werden sollten, zu verhindern. Jetzt bei der Ukraine schaut das ganz anders aus!

Ich habe 1996 vom damaligen Bundeskanzler Vranitzky einen diesbezüglichen Brief erhalten, weil ich mich schon damals damit befaßt habe. Am 30. April 1996 habe ich ihn gebeten, in der EBRD dafür einzutreten, daß diese Mittel nicht freigegeben werden. Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, er wird sich kundig machen. Er hat mir am 4. Juni 1996, also vor über einem Jahr, geantwortet, daß die österreichischen Vertreter in dieser Institution angehalten sind, die Prinzipien der österreichischen Politik betreffend Nuklearkraftwerke mit Nachdruck zu vertreten. Dies bedeute, daß Finanzierungen zur Stillegung oder Konvertierung von Atomkraftwerken beziehungsweise im Bau befindlicher Anlagen befürwortet, der Bau, Ausbau solcher Werke oder die Finanzierung von Maßnahmen zur Verlängerung ihrer Lebensdauer jedoch abgelehnt würden. – Es gab also von Herrn Bundeskanzler Vranitzky 1996 eine klare Reaktion.

Mein Bestreben war, daß wir den Ukrainern die Rute ins Fenster stellen und sagen: Wenn ihr ein Partnerschaftsabkommen wollt, wenn wir mit europäischem Geld Projekte finanzieren sollen, dann müßt ihr beachten, daß unsere Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit in bezug auf Energiepolitik beachtet werden. Aber wider Erwarten wurde auch nach längeren Diskussionen innerhalb der Koalitionsparteien kein Weg gefunden, diese wirklich mildeste Form des Protestes, den ein Parlament artikulieren kann, auszudrücken. Ich würde mir wünschen, es könnten mehr europäische Parlamente eine solche Vorgangsweise wählen, aber auch in Österreich wurde dieser milde Protest unmöglich gemacht.

Das ist auch der einzige Grund, warum ich gegen dieses Abkommen bin und warum ich es schlußendlich ablehnen werde: nicht, weil ich gegen das Prinzip eines Abkommens bin, nicht, weil ich gegen den Inhalt bin, sondern weil ich mich nicht erpressen lassen möchte, weil ich nicht will, daß Atomkraftwerke dort hingestellt werden, wo sie uns alle gefährden, und daß die Aufbereitung von Atomenergie verlängert wird, damit auch die übernächste Generation noch mit den Konsequenzen zu leben hat. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

11.53

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auch ich glaube, daß die Debatte über diese Punkte und deren Zusammenfassung uns Gelegenheit gibt, quasi an exemplarischen Fällen generelle Linien der Außenpolitik zu behandeln. Ein solcher Fall ist in diesem Zusammenhang sicherlich die Frage Amerika: Wie verhält man sich gegenüber einer Supermacht, und wie hat sich eine Supermacht zu verhalten?

Ich stehe nicht an, zu sagen, daß ich in diesem Zusammenhang manchem, was Kollege Stadler gesagt hat, durchaus beipflichte. Denn auch ich glaube nicht, daß es so sein kann, daß der Starke oder der Superstarke sagt, er allein ist der Mächtigste. Gerade wenn einer so stark ist, hat er darauf zu achten, daß dies von einem System persönlicher Stärke auf eine starke Herrschaft des Rechtes im internationalen Bereich übergeht. (Beifall bei der SPÖ.)


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Das ist kein Antiamerikanismus – wir sind diesem Land freundschaftlich verbunden –, sondern ich möchte der Verpflichtung Ausdruck geben, daß, wenn einer allein so stark ist, daß er etwas bewirken kann, er diese Stärke auch so einzusetzen hat, daß er sich selbst demokratische, rechtliche Fesseln anlegt. Und so stimme ich zu, daß das diesbezügliche Abkommen natürlich nur eine Hilfe für Opfer internationalen Rechtsbruchs darstellt und noch nicht den Rechtsbruch selbst bekämpft. Auch diesen gilt es jedoch zu bekämpfen, und ich hoffe, daß die österreichische Haltung bei der kommenden UNO-Generalversammlung – denn das ist einer der Plätze, wo man so etwas diskutieren kann – eine entsprechend klare sein wird. (Abg. Dr. Graf: Helfen mit Strafdrohung?)

Ich glaube, daß man über die Frage, die Sie als Strafdrohung ansehen, sicherlich sprechen kann. Aber Sie haben recht: Das ist nur eine Grenze für die Hilfe. Der Unrechtsgehalt der Maßnahme bleibt bestehen – ob die Frist abgelaufen ist oder nicht.

Diese Vorlagen beziehen sich nicht nur auf die Frage nach den Stärksten, sondern auch auf die Frage nach den ehemaligen Starken. Diese Vorlagen behandeln auch, wie man sich gegenüber Rußland, der Ukraine und anderen Staaten verhalten soll. Muß man ihnen das Gefühl geben, noch der ehemals Starke, die Weltmacht zu sein? – Sicherlich nicht! Muß man sie so schlecht behandeln, daß sie täglich, in jeder Maßnahme spüren, daß sie nicht mehr zu den ganz Starken gehören? – Das wäre genauso falsch und genauso nicht zielführend für den Westen. Muß man sie draußen halten, wie manche sagen, und warten, bis sie selbst alles erfüllen, um an manchen Dingen teilnehmen zu können – ich bin kein Anhänger dieser Linie –, oder ist es das Richtige, wie hier mit diesem Vertrag, wie auch im Europarat versucht wird, ein gewisses System zu finden? Sie müssen selbst Leistungen erbringen und manches zusagen, dann können sie mit hineingenommen werden, was wiederum bewirkt, daß es zu Veränderungen kommt. Ist dieser Prozeß des bedingten, teilweisen oder stufenweisen Hineinnehmens mit dem Druck, weitere Veränderungen durchzuführen – also nicht bloß das Zuwarten unsererseits, sondern das aktive Eingehen und Mitdrängen und Mithelfen – nicht ein besserer Weg, Veränderungen zu schaffen, als das bloße Stillstehen und Warten darauf?

Es ist legitim, zu diskutieren, welcher Weg der bessere ist. Ich glaube aber, daß der gewählte Weg, wie auch Kollege Spindelegger hier gesagt hat, nämlich manches zu geben und dadurch das Recht zu erhalten, in Zukunft mehr zu erwarten, der bessere Weg für die internationale Entwicklung ist.

Ich stimme auch dem zu, was zur Frage der Osterweiterung gesagt wurde. Manches, was an Sorgen auch in unserem Land betreffend Osterweiterung vorhanden ist, sind eigentlich Sorgen, die aus Erfahrungen mit einem Zustand entstanden sind, der eine Vorstufe zur Erweiterung selbst darstellt. Und manches, was als Argument von der Bevölkerung, auch von Institutionen, gegen die Osterweiterung gebracht wird, ist eigentlich ein Argument gegen den derzeitigen Zustand und würde tendenziell durch die Erweiterung und Mitgliedschaft eher beseitigt werden.

Sicherlich ist aber auch richtig, was mein Kollege Spindelegger gesagt hat: Man kann nicht doppelt spielen. Man kann nicht im Ausland für die Osterweiterung und im Inland dagegen sein. Eine derartige Außenpolitik kann sich heutzutage kein Staat mehr leisten, es muß mit einer Zunge gesprochen werden! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: So wie Sie das bei der NATO machen!)

Alle, die glauben, daß da innerpolitische Süppchen zu kochen sind, werden sich und müssen sich irren, wenn man aus der Geschichte in diesem Land vernünftige Lehren zieht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich glaube, daß die EU-Punkte ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wie ist das bei der NATO? Wo ist die gemeinsame Zunge bei der NATO?) Kollege Bauer! Du bist so laut, daß man dich nicht mehr hört!

Neben vielen Punkten wird auch die Frage der EU im Detail und in der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang die Frage, wie die Vorbereitungen in Österreich auf den Vorsitz in der EU sind, gestellt. In einigen Zeitungen war gerade in den letzten Tagen zu lesen, die Vorbereitungen in


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Österreich auf den EU-Vorsitz seien mangelhaft. Ich möchte daher hier vor dem Plenum sagen, daß alle Fraktionen des Hohen Hauses von der Frau Staatssekretärin im Auftrag des Herrn Ministers über die technisch-organisatorischen Vorarbeiten für den österreichischen Vorsitz informiert worden sind und daß wir hier im Haus den Eindruck gewonnen haben, daß diese Vorbereitungen gut sind, daß Österreich gut auf den Vorsitz vorbereitet ist.

Was die inhaltliche Vorbereitung betrifft, gibt es einen Punkt, der noch zu besprechen sein wird, nämlich wann die Debatte mit dem Parlament, mit den Abgeordneten über die inhaltliche Vorbereitung des österreichischen Vorsitzes stattfinden wird. Wir Abgeordneten haben diese Frage bei der Botschafterkonferenz releviert. Und da ist uns vom Herrn Generalsekretär gesagt worden, diese inhaltliche Vorbereitung im Außenamt finde zwar derzeit schon statt, es sei aber üblich, daß man damit erst knapp vor der Übernahme des Vorsitzes an die Öffentlichkeit gehe. Das mag stimmen, das mag so Usance sein, aber es wäre doch gescheiter, vor allem wenn dieses Parlament in EU-Angelegenheiten ein verfassungsmäßiges Mitbestimmungsrecht hat, früher diesen Konsens mit dem Parlament herzustellen. Es geht nicht darum, daß wir kontrollieren können, ob die inhaltlichen Vorarbeiten geschehen – ich will das gar nicht anzweifeln –, sondern es geht darum, sicherzustellen, daß dann knapp vor dem Vorsitz oder während des Vorsitzes, wenn das quasi ein EU-Vorhaben geworden ist und die Verfassungsbestimmung greift und der EU-Hauptausschuß mitbestimmen darf, die Regierung keine Überraschungen erlebt, die dann doppelt peinlich wären, wenn Österreich gerade den Vorsitz hat.

Es wäre also gescheiter, schon vorher diese Fragen Außenpolitischer Rat, Fraktionen et cetera abzuklären. Somit würden auch die inhaltlichen Dinge, die geplant sind, und die inhaltlichen Dinge, die auf uns zukommen können, schon einer gewissen Erstabsprache zugeführt. Das wäre wichtig, damit Österreich diesen Vorsitz mit einer Stimme, mit einer geschlossenen Haltung und möglichst positiv für unser Land und die EU abwickeln kann. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte.

12.02

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einem grundsätzlichen Punkt möchte ich Kollegen Schieder völlig recht geben, nämlich daß eine derartige Debatte anhand von exemplarischen Fällen eine Chance ist, grundsätzlich die Außenpolitik und das Vorgehen Österreichs zu diskutieren, wiewohl wir in einigen Punkten unterschiedliche Schlüsse aus diesen Anlaßfällen ziehen. Aber das ist ja durchaus etwas Legitimes, wenn das in einer akzeptablen Diskussionskultur passiert, und das ist offensichtlich heute hier in dieser Diskussion der Fall.

Zunächst möchte ich ganz kurz zur Frage Osterweiterung etwas sagen. Da kann ich dem durchaus folgen, was Kollege Schieder angesprochen hat, ich sehe das auch als eine intakte Chance, auch was die ökologischen, die wirtschaftspolitischen und die sozialpolitischen Fragen betrifft. Auch ich halte es für nicht legitim – legitim ist jegliches politisches gewaltfreies Handeln –, zumindest für nicht fair und nicht seriös, im Inland und im Ausland unterschiedliche Argumentationslinien zu verwenden und im innenpolitischen Bereich zu versuchen, mit Ängsten, Ängsten, die durchaus berechtigt sind, Grundlagen haben, mit Ängsten, über die man reden muß, über deren Beseitigung man reden muß, politisches Kleingeld zu machen.

Nun konkret zum ersten Punkt, der hier zur Diskussion steht: Es ist nicht häufig der Fall, aber in diesem Punkt muß ich dem Kollegen Stadler vollinhaltlich recht geben: Auch ich erachte diesen doch sehr, sehr weichen österreichischen Umgang, wie ihn Kollege Schieder schon beschrieben hat, mit einem tatsächlichen Völkerrechtsbruch – und das steht außer jeglicher Diskussion – für nicht akzeptabel. Auch ich teile die Ansicht, daß es dabei absolut nicht um die Menschenrechtsfrage in den USA geht, und das ist ja auch so formuliert und sehr klar erkennbar: Da geht es ausschließlich um politische und wirtschaftspolitische Interessensphären und um deren Abklärung. Würden wir in dieser Causa eine Menschenrechtsdebatte führen, würde die Debatte völlig anders laufen, und da wären wir uns in diesem Haus in den wesentlichen Details vermut


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lich auch einig. In dieser Frage geht das aber nicht. Man kann einen Bruch des Völkerrechtes nicht damit beantworten, indem man versucht, irgendwelche Sanierungsvorgänge für die potentiellen Opfer zu erstellen. (Abg. Schieder: Auch das ist wichtig! – Abg. Mag. Stadler: Man bestraft die Opfer noch!)

Auch das ist möglich, das ist richtig, aber ich erachte das nicht als einen seriösen und politisch akzeptablen Umgang, denn das macht ja Schule, und es stellt sich die Frage, ob dieser Opferschutz und diese Sanierung im Bereich potentieller Opfer tatsächlich gewährleistet sind. Man legitimiert damit im Endeffekt unter dem Strich den Völkerrechtsbruch, man beugt sich einer Gewalt. Das ist nicht akzeptabel, und ich halte es für völlig falsch, daß dies de facto mit getragen und mit unterstützt wird.

Zweiter Punkt – da kann ich Frau Kollegin Gredler vollinhaltlich zustimmen – ist die Frage Nachbarschaftsabkommen mit der Ukraine. Die nicht seriöse Darstellung der österreichischen Linie bezüglich Tschernobyl, Rowno und Chmelnizkij ist von Frau Kollegin Gredler bereits dargelegt worden. Wir diskutieren seit sechs Jahren – und das ist ja auch kein einfaches Unterfangen, ich bin froh darüber, daß es eine gemeinsame Position diesbezüglich gibt, auch das war ja in der österreichischen Geschichte nicht immer selbstverständlich – den Umgang mit potentiellen Gefahren aufgrund von Grenzreaktoren. Ob das jetzt Tschechien, die Slowakei, Slowenien oder in diesem Fall die Ukraine betrifft, ist gleichgültig. Ein Phänomen ist, daß immer wieder gleich reagiert wird. Das Instrument des Entschließungsantrages, in dem wir unsere grundsätzlichen Positionen formulieren, ist zwar innenpolitisch möglicherweise ein beruhigendes Instrument, diplomatisch gesehen ist es ein völlig unzureichendes. Da gehört Druck gemacht, da gehört im Endeffekt jede einzelne Möglichkeit genutzt, um Druck zu machen, um eine laufende Gefährdung wie den Weiterbetrieb von Tschernobyl und eine Fertigstellung der 1 000-Megawatt-Reaktoren in Rowno und Chmelnizkij hintanzuhalten. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Chance wird vergeben. Ich persönlich verstehe das nicht, daß man diese kleine Chance – viele kleine Schritte sind ein richtiger Weg – nicht realisiert hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum nächsten Punkt, anschließend an das, was Kollege Schieder zu Beginn gesagt hat, nämlich daß diese Debatte über exemplarische Fälle die Chance eröffnet, die generelle Linie im Bereich der Außenpolitik zu thematisieren. Ein Punkt, der mir sehr, sehr am Herzen liegt und der sehr aktuell ist: Österreich hat 1993 das Transitübereinkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet, und ich glaube, man muß hier und heute in dieser durchaus allgemeinen außenpolitischen Debatte darüber diskutieren, was daraus geworden ist. In der aktuellen Situation ist Gefahr im Verzug, denn es besteht tatsächlich die riesige Gefahr, daß dieser Transitvertrag mit 1. Jänner 1998 de facto außer Kraft tritt, weil der Vollzug der Öko-Punkte nicht mehr verwirklicht werden kann, weil das vertraglich fixierte elektronische Abbuchungssystem nicht realisiert werden kann.

Sie alle, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben die Debatte über die Frage der Legitimität der Vergabe des Auftrags an Kapsch öffentlich wahrgenommen. Einige haben sie sogar sehr intensiv thematisiert. Die Frau Kollegin Rauch-Kallat ist ja auch heute bei uns. Ich halte diese Thematisierung für völlig legitim, das sind offene Fragen, die geklärt werden müssen. Gleichzeitig ist aber die Situation die, daß 90 bis 95 Prozent der Bauarbeiten verwirklicht sind und daß die Firma Kapsch – und das ist eine korrekte Aussage, das haben wir überprüft – öffentlich erklärt hat, daß, wenn dieser Baustopp nicht bis 1. Oktober aufgehoben ist, man mit Sicherheit die notwendigen Anlagen für die elektronische Abbuchung bis Jahresende nicht errichten kann.

Das würde bedeuten: völlig freier, ungehinderter Transit durch Österreich. (Abg. DDr. Niederwieser: Du weißt genau, daß das nicht stimmt! Das ist die Unwahrheit! Das ist die Unwahrheit!) Und ich würde mir gerade von Tiroler Abgeordneten, wie Sie einer sind, Kollege Niederwieser, erwarten, daß sie gemeinsam mit allen anderen Parteien hier wirklich Druck machen (Beifall bei den Grünen) und die Bundesregierung auffordern, daß diese Gefahr im Verzug gestoppt wird, daß es ein Maßnahmenpaket gibt, damit die elektronische Abbuchung ab 1. Jänner machbar und verwirklicht wird. (Abg. DDr. Niederwieser: Da brauchen wir aber nicht


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Sie dazu! Nur weil Sie Landtagswahlen haben! Sie möchten nur für die Landtagswahlen in die "ZiB" kommen!) Das ist der entscheidende Punkt, Herr Kollege Niederwieser. Es kann doch nicht im Interesse eines Tiroler Abgeordneten sein, es kann doch nicht im Interesse der Bundesregierung sein, daß es ab 1. Jänner 1998 de facto keinen gültigen Transitvertrag, keine Mengenbeschränkungen für den Transitverkehr mehr gibt.

Sie wissen ganz genau, was das bedeuten würde. Das würde für die wesentlichen Verkehrs- und Transitrouten durch Österreich, durch Tirol, durch Salzburg, durch Oberösterreich, einen völlig unbeschränkten, ungehinderten Transitverkehr bedeuten. (Abg. DDr. Niederwieser: Das ist die Unwahrheit! Das ist die Unwahrheit!) – Der Herr Präsident hört Ihre Zwischenrufe, Herr Kollege Niederwieser, und wird Sie dementsprechend behandeln.

Wir haben heute einen Entschließungsantrag eingebracht, der von der Bundesregierung ein Maßnahmenpaket zur Vermeidung dieser Transitlawine als Folge der verzögerten Installation der elektronischen Ökopunkte-Kontrolle fordert. Ich möchte Sie dazu aufrufen – und wir werden morgen noch Gelegenheit haben, über diesen Antrag im Detail zu diskutieren –, hier mit uns gemeinsam Druck in Richtung Bundesregierung zu machen, damit nicht ein völliges Fiasko in der österreichischen Transitpolitik eintritt. Das ist unsere Verantwortung den vielen, vielen Tausenden Anrainern gegenüber. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich nunmehr der Herr Bundesminister Dr. Schüssel gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

12.11

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie, daß ich auf einige Fragen beziehungsweise Redebeiträge eingehe. Das erste und sicherlich eines der wichtigsten Themen überhaupt ist natürlich die Frage der Vorbereitung Österreichs auf den EU-Vorsitz. Ich gebe hier gerne meine Stellungnahme dazu ab. Es gibt Dinge, die automatisch – "Pflicht" nenne ich das immer wieder – auf das jeweilige Vorsitzland zukommen, und das hängt davon ab, was in den Monaten davor beziehungsweise in den Monaten danach sein wird. Daher ist ja auch das Konzept der Troika nicht unvernünftig.

Für diese längerfristige Planung – das kann man jetzt schon sagen – sind die inhaltlichen Vorbereitungen sehr gut gediehen. Ich habe schon Anfang des Jahres mit den Deutschen, die nach uns den Vorsitz führen werden, ein eigenes Seminar gemacht, um diese aufeinanderfolgenden Präsidentschaften gut abzustimmen. Ich habe gewartet, wie die britischen Wahlen ausgehen, und unmittelbar danach mit dem neuen Amtskollegen Robin Cook vereinbart, daß wir Anfang September ein eigenes Treffen in London abhalten werden, und das hat vorige Woche stattgefunden. Das hat ein sehr erfreuliches und aus österreichischer Sicht absolut zufriedenstellendes Ergebnis gebracht. Wir haben Kongruenz in unseren Zielen. Die Briten wollen in der ersten Hälfte Jobs, environment, safety and security for citizens, enlargement klarerweise und die Vollendung des Binnenmarktes thematisieren. Ich habe ihm gesagt, er hätte nicht besser unsere eigenen Ideen und unsere eigenen Inhalte beschreiben können. Es gibt also eine ganz natürliche und inhaltlich sehr gut aufeinander abgestimmte britisch-österreichische Position. Die Briten haben uns auch angeboten, einen Vertreter des österreichischen Außenministeriums in ihre Präsidentschaft mit hineinzunehmen. Wir werden also diese Frage ganz friktionslos und gut vorbereiten können.

Das zweite, was man kaum planen kann, sind die Dinge, die sich einfach spontan ergeben. Ich sage ganz offen, es wird in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik natürlich einige sehr spannende Zeitpunkte geben. Ich erwarte, daß der Friedensprozeß im Nahen Osten eine gewisse Dynamik im nächsten Jahr gewinnen kann, hoffentlich jedenfalls. Wir haben sowohl mit den Briten als auch mit den Deutschen vorbesprochen, daß wir als die Länder, die gerade an dieser Friedensoperation größtes Interesse haben, diesbezüglich wirklich offensiv handeln wollen, natürlich in Abstimmung und Koordination mit den Vereinigten Staaten, aber durchaus im Sinne einer eigenständigen österreichischen Rolle in dieser Region.


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Dann darf man nicht übersehen, daß das Datum 1. Juli 1998, zu dem das Mandat für die SFOR in Bosnien-Herzegowina ausläuft, ein ganz dramatisches Datum werden könnte. Cook und ich haben volle Übereinstimmung erzielt, daß wir es als eine Katastrophe ansehen würden, würde sich die Staatengemeinschaft in dieser schwierigen Situation zurückziehen. Man hat jetzt bei den bosnischen Kommunalwahlen gesehen, wie wichtig es war, nicht nur die Präsenz dort zu haben, sondern die Präsenz für diese heikle Wahl von 33 000 auf 38 000 Mann sogar zu erhöhen, sodaß tatsächlich relativ faire und freie Wahlen im Rahmen der Möglichkeiten garantiert werden konnten.

Aber zu glauben, daß all diese Konflikte in den wenigen Monaten bis zum 1. Juli 1998 beendet sein werden und es dann ein friedliches Zusammenleben, eine multikulturelle Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes geben wird, das halte ich für eine gefährliche Illusion.

Diese Fragen sind schwer planbar und müssen gut vorbereitet werden. Und da können natürlich auch verschiedene andere Dinge, wie etwa die Zypern-Verhandlungen, die auch für den Bereich der Erweiterung sehr wichtig sein werden, die Ukraine – ich komme noch darauf zu sprechen – oder Konflikte auf dem Gebiet der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, Stichwort Tadschikistan, Konflikte im Kaukasus-Bereich, eine Rolle spielen. Das alles ist schwer planbar, sollte aber schon jetzt gut vorbereitet werden, damit man dann ohne Probleme darauf reagieren kann.

Wir haben uns eigenständige Initiativen vorgestellt. Wir wollen vor allem das Thema Bildung als eine Standortqualität für das 21. Jahrhundert besonders in den Vordergrund rücken, und ich meine, daß Europa diesbezüglich sehr viel machen kann: durch Austauschprogramme, durch eine Koordinierung, durch Best-practice-Modelle und den Austausch der besten Erfahrungen der verschiedenen europäischen Länder. Dieser Bereich ist vielleicht noch der weichste, da können wir intern, natürlich interministeriell gut abgestimmt, etwas vorarbeiten und weiterentwickeln.

Man muß ganz offen sagen, die Vorsitzführung kann man parlamentarisch schwer binden, das ist unmöglich, aber man kann selbstverständlich vollinhaltlich und offen und ehrlich informieren, denn wir haben jedes Interesse daran, daß die österreichische Position als Vorsitzland in der Europäischen Union innerstaatlich möglichst außer Streit bleibt und auf einer breiten, abgesicherten Unterstützung beruhen kann.

Wir werden etwa 1 000 Termine haben, 200 Ratsarbeitsgruppen unter unserem Vorsitz, elf informelle Ministerräte, und wenn ich alle bilateralen Termine zusammenzähle, die wir etwa mit Rußland, mit dem Transatlantischen Dialog, mit der Rio-Gruppe und so weiter haben, komme ich auf etwa noch einmal 40 Ministertermine. Allein in der UNO-Woche – ich bin ja nächste Woche bei den Vereinten Nationen in New York und werde das auch sehr aktiv im Lichte dieser Vorbereitung mitverfolgen – sind ungefähr hundert verschiedene Gesprächstermine auf Spitzenebene vorgesehen. Ich sage das, damit man ungefähr sieht, welch beachtliche quantitative – ich rede nicht von der Qualität – Herausforderung das ist.

Ich möchte an dieser Stelle vor allem meiner Staatssekretärin danken, die zu Recht von der liberalen Sprecherin gelobt wurde, weil sie wirklich höchst professionell und hervorragend eigenständig – und das ist ja unter anderem ihr Verantwortungsbereich im Außenministerium – diese Frage vorbereitet. Ich möchte aber an dieser Stelle auch den interministeriellen Arbeitsgruppen im Bundeskanzleramt, wo eine Reihe von sehr qualifizierten Mitarbeitern diese Vorbereitung mitträgt, aber auch in den anderen Ressorts, im Finanzministerium, im Wirtschafts- und im Landwirtschaftsministerium, im Sozialministerium, sehr, sehr herzlich für diese reibungslose Zusammenarbeit danken. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Erlauben Sie mir, daß ich auch noch ein paar Worte zur Erweiterung sage. Diese wird uns inhaltlich noch sehr beschäftigen. Es geht mir aber doch auch um eine politische Wertung, die mir persönlich sehr wichtig ist. Es ist mir völlig klar, daß Erweiterungsverhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern nicht vergleichbar sind mit dem Beitritt Österreichs, Schwedens oder Finnlands, das ist nicht vergleichbar, auch nicht vergleichbar mit dem Beitritt Großbritanniens, Portugals, Irlands oder Dänemarks, aber man denke an Spanien oder Grie


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chenland, wo es zum damaligen Zeitpunkt schon beachtliche Schwierigkeiten gegeben hat. Und ich möchte darauf hinweisen, daß bisher in der Geschichte der Union, die von sechs auf 15 Mitglieder aufgestockt hat, jede Erweiterung ein politischer, wirtschaftlicher und europäischer Erfolg gewesen ist, und das soll nicht verschwiegen werden. Das waren Länder, wie etwa Spanien oder Griechenland, die gerade einer Diktatur oder einem sehr autoritären Regime entkommen sind, die wirtschaftlich keineswegs noch auf dem Niveau der anderen entwickelten europäischen Länder gestanden sind, und dennoch war es möglich, diese Erweiterung zu einem echten Erfolg zu machen.

Und so muß unsere Ambition sein: Wir dürfen nicht leugnen, daß es schwierige Verhandlungen sind, wir müssen aber offen in diese Verhandlungen gehen und sagen, ja, diese Erweiterung ist unverzichtbar, denn das größte Risiko für uns wäre, wenn diese Länder in Planwirtschaft oder gar Kommunismus oder was immer zurückfielen. Das wäre für uns wirtschaftlich, politisch, sozial, gesellschaftspolitisch das weitaus größere Risiko als eine vernünftig, behutsam und verträglich geführte Erweiterungsrunde. Und diese These möchte ich gerade an den Beginn der Erweiterungsverhandlungen stellen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zweiter Punkt: die Ukraine. Es ist zu Recht angesprochen worden, daß in der Ukraine – ich kann das alles nur unterschreiben – sowohl der wirtschaftliche Umgestaltungsprozeß, der Reformprozeß nicht engagiert genug geführt wurde, nicht rasch genug geführt wurde als auch die Menschenrechtssituation nicht befriedigend ist, daß das interne Zusammenspiel – ob jetzt freie Presse, Zusammenspiel Regierung/Parlament, Zusammenspiel der Volksgruppen oder was immer – nicht optimal ist. Aber – jetzt kommt das Aber – viele dieser Schwierigkeiten hängen auch damit zusammen, daß eben die Ukraine jahrzehntelang nicht selbständig gewesen ist, daß in der Transition vieles behindert wird und manches auch extrem schwierig ist. Es handelt sich um ein Land mit 52 Millionen Menschen, davon 12 bis 13 Millionen gebürtige Russen, die zum Teil gar nicht Ukrainisch sprechen, nicht sprechen können, nicht sprechen lernen wollen, es herrscht eine Situation, in der das Ancien Regime noch immer stark ist und der Präsident und seine Regierung vielleicht viele eigene Fehler gemacht haben, aber natürlich auch durch die alten Strukturen äußerst behindert worden sind. Das alles sei hier auch erwähnt und sollte bei einer fairen Beurteilung der Ukraine nicht vergessen werden.

Die Ukraine hat heute im wesentlichen zwei strategische Möglichkeiten: Entweder sie orientiert sich klar prowestlich nach Europa, das bedeutet Assoziierungsabkommen, Partnerschaftsabkommen, fortschreitende Strukturreformen auf dem Weg zur Marktwirtschaft, zur Demokratie, zur Entwicklung der Menschenrechte, oder es kommt zu einem Zurück. Und unterschätzen Sie nicht die Dramatik, die heute in der innerukrainischen Situation gegeben ist! Die Wahlen sind im Frühjahr 1998. Kein Mensch kann heute sagen, ob es nicht zu einem Zurückkippen der gesamten Ukraine kommen wird.

Ich meine daher, es muß unser Interesse sein, die Alternative 1 in der Ukraine zu stärken. Das heißt, daß wir klug beraten sind, so wie die anderen zwölf alten Mitgliedsländer der Union, die ja dieses Partnerschaftsabkommen längst ratifiziert haben, zu handeln. Nur die drei Neuen, die Schweden, die Finnen und wir, müssen ein Zusatzprotokoll abschließen – ein Land, ich glaube, die Schweden, hat es schon gemacht, nur die Finnen und wir hängen noch ein bißchen hinten nach –, und es wäre ganz unklug, würden wir etwa mit einem Signal der Verschiebung eigentlich jenen Kräften Vorschub leisten, die eine proeuropäische Hinwendung der Ukraine, ein Mehr an Menschenrechten, ein Mehr an Pluralismus oder Ökologie ganz sicher nicht haben wollen. (Abg. Mag. Stadler: Kollege Heindl, Sie sehen das offensichtlich anders!)

Ein paar Sätze noch zu Tschernobyl. Bei meinen Gesprächen in der Vorwoche habe ich natürlich alle diese Themen – Beschwerden österreichischer Unternehmer über eine zum Teil wirklich unglaubliche Ungleichbehandlung, geradezu Hinausschieben von notwendigen Entscheidungen, ein abenteuerliches Hin und Her der Stadt Kiew etwa und der staatlichen Behörden gegenüber Eigentümern oder Investoren von österreichischer Seite – klar zur Sprache gebracht. Ich habe auch massiv die österreichische Position zur Stillegung des Kernkraftwerks Tschernobyl zum Ausdruck gebracht. Gar keine Frage! Das ist eine gemeinsame Position aller Demokraten und aller Österreicher. Nur die Antwort – das sei hier auch nicht verschwiegen –


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war: Freunde, die Ukraine hat Tschernobyl nicht gebaut. Das ist ein Erbe der Sowjetunion. Wir haben uns diesen heute immer noch strahlenden Sarkophag nicht ausgesucht. Wir sind die Opfer. 15 Milliarden Dollar betragen die Schäden, die die Ukraine zu begleichen hat. Und das bei all den notwendigen Reformen und bei einem Absinken ihres Bruttoinlandsproduktes auf 40 Prozent des Standes gegenüber der Zeit, als sie noch im alten sowjetischen Staatenverbund gewesen ist! Jährlich muß sie eine Milliarde Dollar an langfristiger Schadensbeseitigung und zum Teil für Maßnahmen zahlen, die dringend notwendig sind. Die Staatengemeinschaft – auch die G 7; ich sage das hier ganz offen – hat zwar allgemeine Beschlüsse gefaßt, aber Geld ist bisher nicht geflossen.

Daher meine ich, die Position Österreichs ist völlig klar: Wir wollen nicht nur die Schließung Tschernobyls und kein Aufsperren von zwei neuen Kernkraftwerken – das wissen sie in der ukrainischen Regierung vom Präsidenten abwärts ganz genau –, wir wollen andere, erneuerbare Energien, etwa Wasserkraftpotentiale, die es gibt, oder Einsparpotentiale, die es gerade bei der verschwenderischen Situation der alten sowjetischen Energieeinsatzplanung ja nach wie vor gibt, genützt haben. Nur müssen wir auch zugeben – wir sind nicht stark genug, um bei den G 7 aus eigener Kraft vertreten zu sein –, daß die Position der G-7-Länder natürlich diametral entgegengesetzt zu dem ist, was wir Österreicher und mit uns eine kleine Handvoll von anderen Nicht-AKW-Ländern haben wollen.

Ich meine daher: Das Signal, das wir heute aussenden – auch mit dem Entschließungsantrag, den ich vollinhaltlich unterstütze –, ist gut. Es ist ein klares Signal in Richtung Demokratie, marktwirtschaftlicher Weiterentwicklung, Schließung von Tschernobyl mit einer vernünftigen ökologischen Alternative. Ich bin daher auch wirklich dankbar, daß Sie unserer Argumentation gefolgt sind, daß die Verschiebung eigentlich den reformfeindlichen Kräften angenehmer wäre als den Reformkräften, die es sicherlich in der Ukraine auch gibt.

Letzter Punkt: Ich danke dem Abgeordneten Spindelegger, daß er den wahrhaft historischen Erfolg, der gestern in Oslo mit der Anti-Minen-Konferenz erreicht wurde, erwähnt hat. Ich möchte hier betonen: Das ist wirklich ein österreichischer Erfolg, und zwar – ich darf auch das wiederum sagen – ein gemeinsamer. Wir haben in dieser Frage wie die Löwen gekämpft und haben am Ende auch gesiegt. Das war überhaupt nicht selbstverständlich. Wer sich einige Monate zurückerinnert, der weiß, daß es nicht sicher gewesen ist, ob wir die Oslo-Konferenz zu einem Erfolg machen können und ob beispielsweise Anfang Dezember in Ottawa dieser Vertrag unterzeichnet werden kann. Und ich weiß, daß natürlich auch heute wichtige Mitspieler nicht dabei oder nur als Beobachter dabei waren. So etwa waren die Chinesen, die Inder, die Pakistani, die Russen nur als Beobachter anwesend. Selbst zwei EU-Mitgliedsländer waren – leider! – nicht als Vollmitglieder vertreten.

Die Amerikaner haben – das sei zumindest positiv erwähnt – an der Konferenz teilgenommen, und es hat in den letzten Tagen ein sehr schwieriges und intensives Lobbying gegeben. Die Amerikaner haben uns sehr ernst genommen, gerade uns Österreicher, weil sie ja auch genau wissen, wer die treibenden Kräfte hinter dieser Anti-Personen-Minen-Vertragskonferenz gewesen sind – das waren die Südafrikaner, die Kanadier, wir und sicherlich auch die Norweger –, und es hat bis in die letzten Tage hinein auf höchster Ebene persönliche Gespräche, Telefonate gegeben. Ich selbst habe mit Madeleine Albright telefoniert, die natürlich auch mit allen Mitteln versucht hat, noch einen Aufschub zu erreichen. Wir haben dem stattgegeben – 24 Stunden – mit der Bitte, daß die USA solche Kompromißvorschläge machen möge, die tatsächlich die Substanz des Vertrages unter Einschluß der Amerikaner wahren. Leider haben die Kräfte im Senat – ich spreche es hier ganz offen aus – gesiegt, die die Reformbemühungen, gerade auch jene von Madeleine Albright, eher behindert haben, und am Ende konnten wir die Amerikaner nicht an Bord bringen. Aber immerhin ein großer Erfolg: Die Amerikaner haben öffentlich erklärt, sie treten für ein Anti-Personen-Minen-Verbot ein. Sie sind bereit, im Rahmen der Abrüstungsverhandlungen zusätzliche Vorschläge zu machen, um auch andere, die jetzt beim APM-Verbot noch nicht dabei sind, mit hereinzubringen.

Und das Spiel ist noch nicht zu Ende. Ich bin ganz überzeugt davon, daß es nicht lange dauern wird, bis auch in den Vereinigten Staaten die öffentliche Meinung sich drehen wird und jene


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Kräfte, die für ein Totalverbot eintreten, auch in Amerika, in der amerikanischen Öffentlichkeit die Oberhand gewinnen werden.

Ich möchte hier eine berührende Szene, die nicht von mir ist, sondern die eigentlich von den Teilnehmern gekommen ist und in den Presseorganen ihren Niederschlag gefunden hat, skizzieren. Am Ende der Tagung sind die NGOs, die ja in diese Konferenz voll eingebunden gewesen sind, in lauten Freudenjubel ausgebrochen, was ich sehr verstehen kann, weil es eben nicht selbstverständlich gewesen ist, daß man zu einem Verbot der rund 100 Millionen Landminen, die heute weltweit verlegt sind, kommen wird, wenngleich wir wissen, daß wir Milliarden Dollar, wahrscheinlich 200, 300 Milliarden Dollar, brauchen werden, um alle diese Landminen innerhalb der nächsten Jahre – das wird Jahrzehnte dauern – wirklich wegbekommen zu können. Am Ende der Konferenz haben nun die NGOs die drei Ländernamen skandiert, die sich hauptverantwortlich für das Zustandekommen dieses Vertrags eingesetzt haben: Das waren die Norweger, die Südafrikaner als Konferenzpräsidium und wir Österreicher.

Das sei hier dem österreichischen Parlament und der österreichischen Öffentlichkeit gesagt (Beifall bei ÖVP und SPÖ) , weil man daraus genau ersieht, daß sich die klare österreichische Position, die als erstes zu einem totalen gesetzlichen innerösterreichischen Verbot von Minen und zur Zerstörung der Bestände, die es auch beim österreichischen Bundesheer gibt, geführt hat, lohnt.

Ich möchte an dieser Stelle einem Diplomaten sehr danken, der diesen Vertrag geschrieben und formuliert hat: Es ist Botschafter Dr. Hajnoczi. Er war und ist unser Delegationsleiter, er ist der Vater dieses Vertrages, und ich möchte ihm und seinen Mitarbeitern an dieser Stelle auch die gebührenden Lorbeeren zukommen lassen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Gredler hat eine tatsächliche Berichtigung begehrt. – Frau Abgeordnete, bitte beginnen Sie mit der Darstellung des Sachverhalts, den Sie berichtigen wollen.

12.30

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Vielen Dank, Herr Präsident!

Ich berichtige ungern einen Minister, aber er hat in bezug auf die Staatssekretärin gesagt: von der liberalen Abgeordneten gelobt für ihre Tätigkeit im Rahmen der Vorbereitung der österreichischen EU-Präsidentschaft (Abg. Dr. Leiner: So war das auch! – Abg. Schwarzenberger: So war das auszulegen!) , insbesondere weil sie da federführend ist.

Tatsächlich habe ich Ihre Frau Staatssekretärin gelobt für ihre Vorgangsweise in dieser Woche im Außenpolitischen Ausschuß. Insbesondere möchte ich sie eigentlich loben für die Expertise, die sie in bezug auf Chile und auf den Mercado Comun del Sur hat. Ich glaube, daß sie offensichtlich nicht nur dieses Gebiet der Welt als besonders interessant empfindet, sondern daß da wahrscheinlich auch emotionelle Verbindungen bestehen. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Loben für die Präsidentschaft kann ich sie erst, wenn ich weiß, was Österreich wirklich machen wird. Außer einem Logo kenne ich nichts. (Beifall beim Liberalen Forum sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Bravo! Danke! – Abg. Schwarzenberger: Das war eine "tatsächliche Bestätigung"!)

12.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.32

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Frau Kollegin Dr. Gredler! Ich habe den Herrn Vizekanzler und Außenminister schon verstanden. Er hat die Frau Staatssekretärin gelobt, weil sie sachkundig ist, und gleich ange


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hängt an dieses Lob, das Sie ihr gespendet haben bezüglich des Außenpolitischen Ausschusses, daß sie eine sehr tüchtige Staatssekretärin ist, die sehr wohl von der Materie etwas versteht und eben auch – und da ist er umgeschwenkt auf die Europäischen Union – bei der Vorbereitung unserer Vorsitzführung federführend tätig ist.

Also ich möchte nur sagen, ich habe die tatsächliche Berichtigung nicht ganz verstanden (Abg. Schieder: Hauptsache, sie loben!) , aber es freut mich, Frau Dr. Gredler, daß Sie immerhin das Lob wiederholt haben, allerdings sind Sie noch nicht ganz zufrieden, was die Frau Staatssekretärin im Rahmen der Europäischen Union an Vorbereitungen leistet. Sicher werden wir bei einem der nächsten Außenpolitischen Ausschüsse Gelegenheit haben, auch darüber zu sprechen, sodaß Sie dann vielleicht auch dafür das richtige Lob finden werden. (Abg. Dr. Gredler: Ich würde mich freuen!) Es freut mich, wenn Oppositionsabgeordnete loben.

Frau Kollegin Dr. Gredler! Ich möchte Sie aber gleich in einem Punkt ein wenig berichtigen, denn ich glaube, es dürfte ein Mißverständnis vorliegen bezüglich des Vertrages, den wir hinsichtlich Drittstaatwirkung – USA abgeschlossen haben. Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt: Wie können Firmen, die in die USA liefern, von diesem Vertrag wissen? Nur zum Verständnis: Es geht bei diesem Abkommen nicht um Firmen, die in die USA liefern, es geht um Firmen, die nach Kuba liefern.

Das Problem, das sich dabei stellt – Kollege Mag. Stadler sagt, daß es gegen das Völkerrecht ist; da kann man verschiedener Auffassung sein ... (Abg. Mag. Stadler: Das steht in der Verordnung!) Herr Mag. Stadler, lassen Sie mich bitte weiter ausführen! (Abg. Mag. Stadler: Ich zitiere sie nur!) Es geht dabei darum: Wie schützt man sich, beziehungsweise wie geht man, wenn jemand gegen ein Völkerrecht verstößt, dagegen vor? Wir alle wissen, als Einzelstaat hat man die größten Probleme. Gott sei Dank sind wir Mitglied der Europäischen Union, und die Europäische Union bemüht sich ... (Abg. Mag. Stadler: Die wehren sich ja auch nicht! Das ist ja das Problem!) Herr Kollege Mag. Stadler, wenn Sie zuhören könnten, wäre das angenehm. (Abg. Mag. Stadler: Es wehren sich immer nur die Firmen!) Ich weiß, das fällt Ihnen immer sehr schwer, aber es wäre schön, wenn Sie einmal auch andere Argumente anhören könnten, denn eigentlich soll das Parlament eine Bühne sein, um Gedanken auszutauschen. (Abg. Haigermoser: Nennen Sie Argumente!) Das ist aber nicht möglich, wenn man Gedanken nicht einmal zu Ende anhören kann. (Abg. Mag. Stadler: Frau Kollegin! Einen Zwischenruf gestatten Sie mir noch! Ich möchte nur verhindern, daß Sie im Irrtum verharren!)

Herr Kollege Mag. Stadler! Sie wissen nicht, was ich sagen möchte, aber ich werde versuchen, es Ihnen zu sagen, bevor mir die Zeit davonläuft. Ich möchte Ihnen folgendes sagen: Das Problem, das sich stellt, ist, daß die Europäische Union eine Handhabe braucht, um Firmen, um Menschen, um Unternehmen in ihrem Bereich zu schützen. Aus diesem Grund ist das gemacht worden.

Vielleicht ein Vergleich dazu. Es ist ein sehr schwieriger Vergleich, aber in Italien hat man folgendes gemacht: Man hat ein Gesetz verabschiedet, um gegen die Mafiabosse vorzugehen, die Kidnapping von Kindern et cetera machen, wo bisher sehr vieles in der Verschwiegenheit abgelaufen ist. Man hat in Italien ein Gesetz beschlossen, daß diejenigen, die das nicht melden, auch einer Strafe zugeführt werden. Denn nur so, wenn man Meldungen hat, kann man gegen Rechtsbrecher in Italien vorgehen. (Abg. Mag. Stadler: Da kennt man den Rechtsbrecher! Aber was ist mit Amerika?) Auf diese Art und Weise versuche ich, Ihnen das zu erklären, warum das gemacht worden ist. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Vergleich!)

Ich möchte noch auf etwas anderes zu sprechen kommen, und zwar auf die Ukraine. Der Herr Bundesminister ist auch darauf eingegangen, und wir haben diesbezüglich auch eine lange Debatte im Ausschuß gehabt. Nur müssen wir sehen – und ich würde jedem Parlamentarier raten, in diese Länder zu fahren – und wissen, von welchen Voraussetzungen ausgehend diese Länder diesen Umstrukturierungsprozeß in Angriff nehmen. Ich glaube, wir alle hier – Österreich hat ja noch etwas mehr Ahnung, muß man dazusagen, als andere Länder in Europa, die ganz anders ausgerichtet sind – wissen nicht oder viel zuwenig – gerade die ehemalige Sowjetunion war sehr lange vom Westen abgeschottet –, welche Probleme dort in den einzelnen Ländern


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herrschen, wie viele Menschen, wie viele unterschiedliche Völker dort zusammenleben und in welchen Schwierigkeiten sie sind. (Abg. Mag. Stadler  – in Richtung der Rednerin weisend –: Kollege Heindl! Bundeswirtschaftskammer!)

Es wäre wichtig, wenn wir uns als Parlamentarier mit diesen Problemen befaßten, dann würden wir auch verstehen, warum es notwendig ist, in Gespräche einzutreten. Es gab einmal eine Diskussion in Deutschland. Damals hat es der spätere Bundespräsident Weizsäcker verstanden, seine Partei davon zu überzeugen, in Gespräche mit dem Osten, mit Rußland, mit der DDR, zur Unterstützung einzutreten.

Das Wichtigste ist – das zeigen alle diese Abkommen –, in Gespräche einzutreten, denn nur dann, wenn ich mit den Repräsentanten anderer Länder in Gespräche eintrete, sie kennenlerne, kann ich sie auch von unserer Meinung überzeugen und ihnen beim Umstrukturierungsprozeß helfen – und auch etwas von ihnen lernen.

Das gilt auch für Südamerika. Wir sind sehr zufrieden, daß Südamerika sich nicht nur nach den USA, sondern auch nach Europa ausrichtet. Auch dort gibt es eine wunderbare wirtschaftliche Entwicklung, aber auf dem Menschenrechtssektor ist die Entwicklung nicht so, wie wir sie uns vorstellen.

Die einzige Möglichkeit besteht darin, in Gespräche zu einzutreten, und ich glaube, diese Offenheit zeigen diese Abkommen. Es würde mich freuen, wenn wir hier im Parlament mehr Diskussionen darüber hätten, um ein besseres Verständnis im Zusammenwirken der einzelnen Länder zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Am Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.38

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Erstredner der Volkspartei, Kollege Spindelegger, hat sich in seiner Rede zur Außenpolitik wieder einmal sehr ausführlich mit der freiheitlichen Fraktion beschäftigt, denn zur Außenpolitik seiner Fraktion fällt ihm berechtigterweise nicht sehr viel ein. Aber, Kollege Spindelegger, Sie haben heute die falsche Platte aufgelegt, denn heute wäre Kreide angesagt gewesen, freundliche, frühlingshafte Musik gegenüber den Freiheitlichen wäre heute angesagt gewesen. Denn das ist doch die Taktik der Volkspartei: Wenn man die Freiheitlichen braucht, wenn es gerade unangenehm wird, wenn von da herüben, von den Sozialisten oder Grünen, ein bisserl ein rauherer Wind kommt, dann möchte man die Freiheitlichen gerne wohlwollend stimmen, da säuselt man, da kommt man in der Früh her und sagt: Was tut ihr denn? Das macht ihr doch eh alles so!, aber dann, wenn sich dieser Sturm wieder legt, wenn Sie wieder einmal umgefallen sind und genau das gemacht haben, was hier verlangt worden ist (Abg. Haigermoser: Wenn sie wieder einmal den Watschenmann gespielt haben!) , wie zum Beispiel bei den von Ihnen angesprochenen Minen, dann weiß man von der Säuselei, von den Bitten und von den Gesprächen nichts mehr, dann setzt man wieder die Keule an, dann legt man wieder Technomusik auf. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Am besten wäre, zu schweigen!)

Kollege Spindelegger! Heute wäre Säuseln angesagt gewesen, Frühlingsmusik wäre heute angesagt gewesen, denn heute kommt ja am Nachmittag noch irgend etwas Unangenehmes – und heute hat es ja das Säuseln und das Weinen schon wieder gegeben, Kollege Spindelegger. Aber so, wie Sie sich das vorstellen, wird es halt nicht gehen: daß Sie intern immer versuchen, uns für Ihre Zwecke zu instrumentalisieren, aber dann, wenn Sie glauben, nach außen ist es wieder einmal wichtig, irgend etwas zu kaschieren, auf die Freiheitlichen hinhauen.

Ihre "lichtvollen" Aussagen im Außenpolitischen Ausschuß zu Ihrer mittlerweile ablehnenden NATO-Haltung waren ja auch entsprechend geistreich.


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Wenn Sie ein solch guter Europapolitiker wären, dann würden Sie noch im Europaparlament sitzen. Also irgend etwas paßt da nicht ganz zusammen, Kollege Spindelegger!

Zu Ihrem Vorwurf betreffend gefährliche Außenpolitik: Was ist der Zweck einer richtigen Außenpolitik? – Der Zweck einer richtigen Außenpolitik sollte sein, Österreich und seine Bürger und die Interessen seiner Bürger gegenüber dem Ausland und im Ausland zu vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der Zweck ist nicht das, was Sie machen, nämlich in vorauseilendem Gehorsam schon all das vorweg zu organisieren, was vielleicht einmal vom Ausland und von den Lobbies im Ausland von uns verlangt wird. Sie machen es jetzt schon so in der Europapolitik, ohne Wenn und Aber in die EU, Sie übernehmen ohne Wenn und Aber den Euro und sind jetzt auch noch ohne Wenn und Aber für die Osterweiterung.

Kollege Schwarzenberger wird sich darüber "freuen", wenn Sie ohne Wenn und Aber die Agrarstrukturen der osteuropäischen Staaten in diese Europäische Union hineinnehmen, obwohl Sie genau wissen, daß es dort keine unterschiedlichen Bedingungen für unterschiedliche Kriterien gibt, sondern daß in der EU alles gleich behandelt wird. – Wunderbar! Ich freue mich für Ihre Bauern und für Ihre Agrarier, wenn das einmal umgesetzt wird, Herr Kollege Spindelegger! (Zwischenruf des Abg. Dr. Spindelegger. )

Genauso haben wir das jetzt bei dem Abkommen mit der Ukraine gehabt. Wir haben im Ausschuß gehört, daß es auch österreichische Firmen gewesen sind, die in der Ukraine unter dem Druck des Staates zu leiden haben und Hilfe bräuchten. Da kann man nicht sagen, das sind Relikte aus dem Kommunismus, denn das ist tagtägliche Politik dieses Regimes, das auf Wirtschaftsunternehmen, auf österreichische Staatsbürger Druck ausübt.

Kollege Spindelegger! Es wäre für eine aktive Außenpolitik, der die Interessen Österreichs und der österreichischen Bevölkerung ein Anliegen sind, das mindeste gewesen, daß man zumindest hier im Parlament ein Signal setzt, indem dieses Abkommen von der Tagesordnung genommen wird, daß der Ausschuß darüber nicht befindet und daß die Entscheidung darüber auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Das kann vielleicht nicht viel bewirken, aber das wäre ein Signal gewesen. Wir hätten auch gegenüber den Österreichern gezeigt, die darauf gewartet haben, daß wir sie vertreten und daß wir nicht in einem vorauseilenden Gehorsam irgendwelchen Lobbies Vorschub leisten und alles akzeptieren, was dort auf unserem Rücken passiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

12.42

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich nicht in die emotionelle Punktaufnahme der Selbsthilfegruppe Scheibner/Spindelegger einbringen, sondern mich mit den sachlichen Fragen, die Kollege Stadler unter anderem angesprochen hat, auseinandersetzen.

Der Punkt ist ein ernsthafter. Es handelt sich beim Verhalten der USA im Hinblick auf die Helms-Burton-Gesetze und andere natürlich um einen klaren Bruch des Völkerrechts. (Ruf bei den Freiheitlichen: Bravo!) Jetzt stellt sich die Frage: Wie geht man damit um? – Es gibt im wesentlichen zwei Möglichkeiten.

Der eine Weg ist, daß man, wie Sie vorgeschlagen haben, zu Retorsionsmaßnahmen greift und auch eine Diskriminierung amerikanischer Produkte oder Firmen vornimmt, oder man geht den zweiten Weg und versucht, über Verhandlungen mit den USA zu einer Bereinigung dieser Situation zu kommen. (Abg. Mag. Stadler: Das hat leider nichts gebracht!)

Die Europäische Union hat sich für den zweiten Weg entschieden. Es hat im April dieses Jahres diesbezüglich Gespräche und Vereinbarungen mit den USA gegeben. Frau Staatssekretärin! Aber auch da – das sage ich ganz offen – bin ich außerordentlich skeptisch, wenn ich beobachte, was seit dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten


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von Amerika in den USA stattgefunden hat, nämlich daß nach diesem Abkommen im amerikanischen Kongreß, im Außenpolitischen Ausschuß schon wieder Vorlagen auf dem Tisch liegen, die eine Verschärfung jener Gesetze vorsehen, die mit Recht von der Europäischen Union kritisiert worden sind.

Es stellt sich daher natürlich für uns und für die Europäische Union schon die Frage, wie wir darauf eingehen. Versuchen wir, auf dem Verhandlungswege mit den Amerikanern zu einer Lösung zu kommen – die Lösung kann man als mehr oder weniger gut oder schlecht bezeichnen –, dann ist die Antwort im amerikanischen Repräsentantenhaus, noch über das hinauszugehen, was wir schon bisher als kritisierenswert festgehalten haben. Ich finde schon, daß man sich das so nicht gefallen lassen kann.

Ich verstehe schon, daß unser Problem ist, daß immer wieder das Damoklesschwert eines heranschwelenden Handelskrieges in der Luft hängt. Ich meine, man sieht in verschiedenen Bereichen, daß die industriellen und die Wirtschaftszentren in einer Art und Weise miteinander verkehren, die außerordentlich problematisch ist. Vor allem durch diese sehr stark egoistische, nationalistische Politik, die von den USA betrieben wird, wird das Prinzip des freien Welthandels, das früher immer von den USA vertreten wurde, über eine andere Seite untergraben. Wir kommen damit in eine Situation, die ganz und gar keinen Fortschritt darstellt, sondern über die Hintertür wieder Protektionismus hereinträgt – einen Protektionismus, der zum Unterschied von der Vergangenheit nicht mehr nur ausschließlich ökonomisch, sondern auch politisch geprägt ist.

In diesem Zusammenhang ist – ganz offen gesagt – die Europäische Union gefordert. Wenn gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einen Sinn haben soll, dann vor allem in dem Bereich, in dem ein einzelner Staat nie die Möglichkeit hätte, sich gegenüber den USA zur Wehr zu setzen; dort muß die Europäische Union gefordert sein. Ich finde es sehr gut, daß wir anläßlich dieser Angelegenheit heute auch eine kritische Diskussion hier im Parlament durchführen, weil nämlich unsere Regierungsmitglieder wissen sollen, was wir als österreichische Parlamentarier von ihnen erwarten, das sie jetzt auch als Reaktion auf die amerikanischen Maßnahmen in der Europäischen Union durchzusetzen versuchen sollten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gredler. )

Zweiter Punkt: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Vizekanzler hat die Frage der Osterweiterung der Europäischen Union angesprochen, und ich teile die strategische Zielsetzung völlig, daß eine Erweiterung der europäischen Friedenszone durch eine fortgesetzte Erweiterung stattfinden soll.

Gleichzeitig bin ich aber der Meinung, daß wir verhindern sollten, daß wir im Inneren wie im Äußeren in gewisse Widersprüche geraten; im Äußeren insofern, als man gegenüber vielen osteuropäischen Staaten freundliche Nasenlöcher macht und sagt, die Erweiterung kommt, aber gleichzeitig jeder weiß, daß diese Erweiterung nicht kommen wird, wenn nicht innerhalb der Europäischen Union fundamentale Reformen stattfinden. Wir haben jetzt das Beispiel Frankreichs, Belgiens und anderer, die sehr stark auf die Institutionenreform drängen. Wer die "Agenda 2000" gelesen hat, weiß, welch maßgebliche Reformen im Bereich der Strukturfonds und der Agrarfonds nach Vorstellung der Kommission anstehen würden. Jeder, der es sich angeschaut hat, weiß auch, was das für einzelne Interessengruppen bedeuten wird. Das heißt, ohne fundamentaler Veränderungen mit all den Auseinandersetzungen, die es innerhalb der Europäischen Union gibt, ist die Osterweiterung nicht machbar.

Daher, so glaube ich, sollte man gegenüber den osteuropäischen Staaten auch den notwendigen Realismus signalisieren, was die Länge und die Intensität der Verhandlungen betrifft.

Das zweite ist die innere Situation. Wir sollten eine Dreiteilung der Positionen zum Thema Osterweiterung je nach Betätigungsfeld verhindern. Ich habe sehr oft den Eindruck, die Außenpolitiker sind für die Osterweiterung, die Wirtschaftspolitiker sind skeptisch, und die Sozialpolitiker sind dagegen. So in etwa spielt sich die Debatte zu diesem Thema ab. Natürlich hat jede der drei Positionen etwas für sich. Ich bin der Meinung, wir sollten nicht auf verschie


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denen Schienen durch die Gegend fahren, sondern versuchen, die Argumentationsstränge zu verknüpfen. Denn sehr vieles von dem, was die Sozialpolitiker sagen, stimmt, nämlich daß eine solche Erweiterung der Europäischen Union mit diesem groben Mißverhältnis in bezug auf das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf noch nie stattgefunden hat und daß die Erweiterung für ein Grenzland wie Österreich und die neuen Mitgliedsstaaten nicht vergleichbar ist mit der erfolgten Erweiterung um Spanien, Portugal und Griechenland. Zum zweiten kommt dazu, daß Österreich ganz besonders betroffen sein wird und das vor allem für den gesamten Grenzbereich massive Herausforderungen und Veränderungen bedeuten wird.

Diese Bedenken muß man meiner Meinung nach ernst nehmen und in die Verhandlungen mit einbeziehen und auch den osteuropäischen Partnern klar signalisieren: Das hat nichts mit einer politischen Ablehnung zu tun, sondern sie selbst sollen in die Bewältigung der Herausforderungen, die sich letztendlich für das gemeinsame und ganze Europa stellen, auch einbezogen werden.

Daher würde ich schon dafür plädieren, daß man – bei all der Klarheit der außenpolitischen Zielsetzung – versucht, die Frage der Osterweiterung auf jene Ebene zu bringen, auf der die Integration mit den anderen Politikbereichen auch vorhanden ist, denn letztendlich sind auch die Menschen in diesem Land und auch die Menschen in den Beitrittsländern davon betroffen.

Sagen wir es ganz offen: Wenn wir die Umweltstandards der Europäischen Union von heute auf morgen in den Beitrittsländern anwenden würden, kann sich jeder ausrechnen, was das für die Industrie dort bedeuten würde. Das heißt, dasselbe, was für die Umweltstandards im Osten gilt, gilt natürlich auf der anderen Seite für die Sozialstandards im Westen. Ich bin dafür, daß man eine einheitliche und klare Linie hat und nicht versucht, sich mit Augenzwinkern über gewisse Schwierigkeiten hinwegzuschwindeln, denn die Bevölkerung verfolgt das meiner Auffassung nach sehr genau, sehr präzise und völlig zu Recht sehr intensiv, weil es Auswirkungen auf das künftige Leben in Österreich haben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dritter und letzter Punkt: Ich finde, im Rahmen dieser Abkommen ist ein Punkt heute wenig diskutiert worden, wahrscheinlich auch deswegen, weil er relativ unbestritten ist. Das sind die Abkommen mit den südamerikanischen Staaten, also die Mercado-del-Sur-Angelegenheiten.

Das ist deswegen von Bedeutung, weil es doch signalisiert, daß sich Europa in einer sich zwar immer stärker globalisierenden Weltwirtschaft, die aber auch immer stärker regionale Integrationstendenzen aufweist, nicht von dieser Entwicklung abkoppelt, sondern dort, wo es regionale Kooperationen gibt, wie in diesem Raum, versucht, mit diesen Strukturen in Kontakt und in Austausch zu kommen, um damit eine ökonomisch bessere "Verwertungsbedingung" Europas zu signalisieren und um zum zweiten auch in Bereichen, die einmal als die "Hinterhöfe" anderer bezeichnet wurden, politisch und ökonomisch präsent zu sein. Das ist ein Schritt dazu, daß dieses Europa letztendlich das sein soll, als was es auch gedacht ist, nämlich als eine ganz potente Einheit, die nicht nur in der Weltökonomie, sondern auch in der Weltpolitik eine entscheidende Rolle spielt. Denn diese Welt braucht eine neue Balance. Derzeit ist die Weltpolitik nicht im Gleichgewicht, und das ist ungesund.

Daher hat Europa diese Verantwortung wahrzunehmen. Ich begrüße es sehr, daß die Frau Staatssekretärin die betroffenen Staaten besucht und, wie ich höre, einen sehr erfolgreichen Aufenthalt absolviert hat. Das zeigt auch, daß sich Österreich und die österreichische Außenpolitik diesbezüglich nicht ausklinken, sondern einen aktiven Beitrag leisten. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

12.53

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Zuerst noch ein Wort zur Frau Abgeordneten Tichy-


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Schreder, die gemeint hat, Abgeordnete Gredler hätte das Helms-Burton-Gesetz falsch dargestellt. – Das möchte ich insofern zurückweisen, als Martina Gredler klargelegt hat, daß Firmen, wenn sie nach Kuba Waren liefern, mit den USA Schwierigkeiten bekommen, wenn sie Handel mit den USA treiben wollen. Natürlich können die Amerikaner auch nur Druck auf Firmen ausüben, wenn es um Firmenlieferungen auf ihr eigenes Staatsgebiet geht. Das ist der Zusammenhang, um den es geht, und das hat Frau Abgeordnete Martina Gredler richtig dargestellt. Es ist nicht nett, vom Rednerpult aus im nachhinein so zu tun, als hätte jemand den Inhalt nicht richtig wiedergegeben oder vielleicht gar nicht verstanden.

Mir geht es aber in meinem Redebeitrag darum, meine Damen und Herren, daß wir insbesondere das Partnerschaftsabkommen mit der Ukraine noch einmal betrachten sollten, auch hier im Hause inhaltlich betrachten sollten. Die Motivation, die der Herr Außenminister dargestellt hat, die Motivation zur Hilfe, zur Durchsetzung der Menschenrechte, zum Etablieren von Marktwirtschaft in diesem Bereich, ist doch unbestritten, aber dann muß man auch dazusagen, daß es nicht nur ein freundliches Geschenk ist, sondern daß es natürlich auch im europäischen Raum Firmen gibt, die massive Interessen haben, ihre Technologie in der Ukraine anzubringen und dorthin zu verkaufen.

Das betrifft natürlich insbesondere jene Firmen, die atomtechnologische Nutzungen in ihrem Programm haben. Deshalb meinen wir von seiten des Liberalen Forums – das ist auch schon von anderen Rednerinnen und Rednern angeschnitten worden –, daß in diesem Abkommen zuwenig darauf Bedacht genommen worden ist, daß wir uns im Grunde genommen doch in der Außenpolitik vor kurzem wieder darauf verständigt haben, eine Antiatompolitik zu betreiben.

Wir sollten, wenn es um diese Partnerschaftsabkommen geht, schon auch klarlegen, daß damit etwa in der Ukraine die Atomtechnologie und die Atomkraft intensiv genutzt werden und daß man offenbar nicht bereit ist – sogar unter Androhung quasi der Nichtschließung von Tschernobyl –, diese Einstellung zu ändern, wiewohl die notwendige Energie, die für eine Wirtschaftsentwicklung gebraucht wird, etwa auch durch Energieeffizienzmaßnahmen oder durch erneuerbare Energieträger, durch Kraft-Wärme-Kopplung ebenso aufgebracht werden könnte, ohne daß man ein Risiko für andere europäische Staaten erzeugt.

Das wird in diesem Abkommen zuwenig berücksichtigt. Ich glaube, das müssen wir noch einmal herausstreichen. Insofern bin ich auch nicht zufrieden mit dem Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Spindelegger eingebracht hat, denn der Antrag bleibt inhaltlich nach meinem Dafürhalten hinter dem zurück, was wir bereits vor dem Sommer als Fünfparteienantrag beschlossen haben.

Meine Damen und Herren! Wiewohl in der Begründung dieses Entschließungsantrages davon die Rede ist, daß die österreichische Bundesregierung auch einen Umstieg auf erneuerbare Energieträger in bilateralen Verhandlungen einmahnen soll – womit indirekt schon eingestanden ist, daß das im Partnerschaftsabkommen nicht enthalten ist –, kommt das im konkreten Text des Entschließungsantrags nicht mehr vor. Es kommt im konkreten Text des Entschließungsantrags, also in dem, was dann letztlich der Auftrag an die Bundesregierung ist, nicht mehr vor, daß ein Umstieg auf erneuerbare Energieträger vorgenommen und daß vermehrt Energieeffizienzmaßnahmen ergriffen werden sollen, sondern es wird nur davon geredet, daß es zu einer raschen Erhöhung der Sicherheitsstandards der ukrainischen Kernkraftwerke und insbesondere in weiterer Folge zu einer Schließung des Kernkraftwerkes Tschernobyl kommen soll.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns in einem Fünfparteienantrag vor dem Sommer darauf verständigt – Sie wissen, daß dem sehr intensive Diskussionen vorausgegangen sind –, daß es wieder einen Konsens im Rahmen der österreichischen Antiatompolitik geben soll. Ich meine, es wäre falsch, den Antrag, so wie er hier liegt, zu beschließen und damit nach meinem Dafürhalten hinter das zurückzugehen, was der Fünfparteienantrag vor dem Sommer bereits festgeschrieben hat.


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Daher ist es nach meinem Dafürhalten richtig, daß wir diese gesamte Materie, den Tagesordnungspunkt 5, das Partnerschaftsabkommen, noch einmal an den Ausschuß rückverweisen und dann unter Einbeziehung dieses Entschließungsantrages noch darüber reden.

Ich möchte Ihnen aber zum Schluß meiner Rede nicht verheimlichen, daß es auch innerhalb der liberalen Fraktion eine differenzierte Meinung dazu gibt, ob es denn der konkrete Punkt der Kernkraftnutzung rechtfertigt, das gesamte Abkommen abzulehnen. Es wird insofern auch zu einem unterschiedlichen Abstimmungsverhalten kommen, aber vielleicht könnte man dem insofern – ich nehme an, daß auch in den anderen Fraktionen diesbezüglich "Nachdenklichkeiten" entstanden sind – begegnen, als man diese Materie noch einmal an den Ausschuß rückverweist und dann unter Einbeziehung des auch hier vorgelegten Entschließungsantrages einer neuerlichen Verhandlung unterzieht. Vielleicht ist dann eine breitere Zustimmung möglich. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.58

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Scheibner hat sich einige Krokodilstränen wegen der angeblich mangelnden Kreide in der Rede des Abgeordneten Spindelegger gegenüber den Freiheitlichen herausgequetscht.

Was erwarten Sie sich, Kollege Scheibner? Was erwarten Sie sich, wenn man Ihre Reden hört, die, was ich im Falle der Freiheitlichen annehme, wider besseres Wissen gehalten werden? (Abg. Scheibner: Von euch erwarten wir uns gar nichts! – Abg. Dr. Ofner: Von euch schon lange nichts mehr! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Bei der Abgeordneten Gredler und dem Abgeordneten Anschober halte ich das für Naivität, was hier vertreten worden ist. Bei Ihnen glaube ich aber, es war wider besseres Wissen.

Da wird durchaus zu Recht im Falle des Helms-Burton-Gesetzes der Schutz der europäischen und natürlich auch der österreichischen Firmen verlangt, die unter amerikanische Sanktionen fallen. Aber Sie sind dagegen, daß man dafür sorgt, daß man überhaupt weiß, wer davon betroffen ist. Sie wissen ganz genau – auch speziell in Kenntnis des amerikanischen Rechtssystems –, welche zusätzlichen Pressionen entstehen können, in Europa oder in Österreich gar nicht zu sagen, daß man unter die Sanktionen fällt.

Da hilft halt auch in der normalen Sicherheitspolitik oft nichts anderes, als auch den Erpreßten dazu zu veranlassen, die Behörden davon in Kenntnis zu setzen, daß er erpreßt wird (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler ) , sonst kann man ihm gar nicht helfen. Bestraft wird man dafür, wenn man nicht meldet, daß man unter diese Sanktionen gefallen ist. Das ist wohl eine sehr geringe Verpflichtung, und diese ist notwendig, wenn der Schutz auch tatsächlich gegeben werden soll.

Betreffend die Ukraine und die anderen Abkommen mit den ehemaligen Staaten der Sowjetunion haben Sie auch wider besseres Wissen gesprochen.

Herr Abgeordneter Scheibner weiß zum Beispiel ganz genau, wie erfolgreich diese Politik im Europarat gewesen ist. Wenn man Veränderungen herbeiführen will, dann muß man den Dialog aufnehmen. Im Fall der Ukraine hat man den Dialog aufgenommen. Obwohl die Öffentlichkeit in der Ukraine zu 80 Prozent für die Todesstrafe ist, ist es dort gelungen, die Gesetzgebung zur Abschaffung der Todesstrafe einzuleiten, weil eben der Dialog geführt wird. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt offensichtlich und offenkundig Schwierigkeiten in der Ukraine. Ich möchte Frau Abgeordneter Gredler folgendes sagen: 75 Jahre lang Kommunismus und Zugehörigkeit zur Sowjetunion – fünf Jahre Unabhängigkeit. Frau Abgeordnete Gredler glaubt, drei Wochen Verschie


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bung sind eine Rute im Fenster, die größere Veränderungen herbeiführt als die fünf Jahre Unabhängigkeit nach 75 Jahren Kommunismus.

Es gibt Schwierigkeiten für österreichische Firmen in Kiew; Herr Abgeordneter Scheibner hat darauf Bezug genommen. Herr Abgeordneter Scheibner! Das ist aber die Kommunalverwaltung von Kiew, die im Gegensatz zur Regierung und zum Präsidenten steht. Sie machen denen keine größere Freude, als wenn Sie der Regierung Schwierigkeiten machen. (Abg. Scheibner: Warum hat man die Aufnahme von Kroatien im Europarat verschoben? Sagen Sie mir das!) Wichtig ist, daß der Dialog beginnt. Was will das Abkommen? (Abg. Scheibner: ... die Österreicher, die wir zu vertreten haben, Kollege Schwimmer! Das ist Ihnen völlig fremd!)  – Den Rahmen für den politischen Dialog schaffen, damit wir Einfluß darauf nehmen können, daß diese Schwierigkeiten abgebaut werden. Dieses Abkommen gibt mit dem Tacis-Programm der Ukraine Möglichkeiten und keine Rechtsansprüche. Man kann dann sehr wohl auch gewisse Maßnahmen treffen.

Wenn etwa die Stadtverwaltung von Kiew gegen Marktwirtschaft ist und wenn die Stadtverwaltung von Kiew gegen die Sicherheit österreichischer Investitionen ist, dann werden wir dafür sorgen, daß im Rahmen des Tacis-Programms die Stadtverwaltung von Kiew nicht begünstigt wird, sondern jene begünstigt werden, die sich an demokratische und marktwirtschaftliche Reformen halten. Das kann aber erst dann geschehen, wenn das Abkommen in Kraft tritt.

Was mein Vorredner, Herr Abgeordneter Barmüller, gerade gesagt hat, zeigt auch, daß er wenig Ahnung davon hat, was in diesem Abkommen wirklich steht. Er hat vor allem wenig Ahnung davon, wann das Abkommen zustande gekommen ist. Daran war Österreich nicht beteiligt, konnte auch nicht beteiligt sein, weil das Abkommen vor dem österreichischen EU-Beitritt abgeschlossen worden ist. Sie wissen ganz genau, daß das Abkommen nachher nicht veränderbar ist. Man kann beitreten oder nicht beitreten. Aber: Im Rahmen dieses Abkommens, im Rahmen von Tacis, werden ausschließlich Maßnahmen gefördert, die zur Schließung von Tschernobyl führen sollen. Allein im Rahmen von Tacis werden 100 Millionen Ecu und weitere 400 Millionen Kredit der Ukraine im Rahmen des EU-Planes 1997 zur Schließung von Tschernobyl zur Verfügung gestellt. Das wollen Sie verzögern? Das wollen Sie aufschieben?

Ich glaube, sowohl der politische Dialog als auch die Unterstützung für wirtschaftliche und demokratische Reformen in der Ukraine, als auch alle Maßnahmen zur Schließung von Tschernobyl sollten so rasch wie möglich in Kraft treten und nicht weiter verschleppt und verzögert werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.04

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Wir haben heute das eher seltene Vergnügen gehabt, zu erleben, daß die Redner der Österreichischen Volkspartei an einem Strang gezogen haben, indem sie nämlich den Freiheitlichen die große weite Welt und wie man sich auf diplomatischem Parkett (Heiterkeit der Abg. Rosemarie Bauer )  – ja, ja, Frau Kollegin – zu bewegen hätte, zu erklären versucht haben – beispielsweise im Falle der Ukraine.

Weil Sie so aufquieken, Frau Kollegin Bauer, nehme ich an ... (Zwischenruf des Abg. Schieder. ) Warum? Ist das diskriminierend, oder was? (Abg. Schieder: "Aufquieken" ist nicht elegant, ist nicht schön!) Nicht elegant! Also dann: aufschreien! Entschuldigen Sie, das Wort "aufschreien" ist einer Dame gegenüber auch nicht fein. Frau Kollegin Bauer! Solche Ausrutscher wie Ihr Außenminister und Vizekanzler haben wir uns bislang auf diplomatischem Parkett nicht geleistet. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daher brauchen wir Ihre Erklärungen über die große weite Welt und wie es in der Diplomatie zugeht, nicht unbedingt.

Im konkreten Fall geht es um ein Abkommen über eine geplante Zusammenarbeit mit der Ukraine. Frau Kollegin Tichy-Schreder hat gemeint, wir sollten einmal in dieses Land reisen, um


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zu sehen, wie es dort zugeht, und um zu wissen, worauf es dort ankommt. Ich weiß nicht, wie oft Sie dort waren, Frau Kollegin Tichy-Schreder – ich war einmal dort, ich gebe zu, sehr kurz, aber jemand anderer war sehr oft dort, der kennt sich dort sehr gut aus. Ich weiß nicht, ob er sich dort wie in seiner eigenen Westentasche auskennt, das weiß ich nicht, aber doch sehr gut. Es ist dies Kollege Heindl, Abgeordneter Ihres Koalitionspartners. Er war es, der im Ausschuß sehr dezidiert und sehr beeindruckend erklärt hat, wie es dort zugeht. Er hat uns erklärt, warum wir diesem Abkommen eigentlich nicht zustimmen sollten. Ich nehme an, er hat sich dann letztlich aus Koalitionsräson, weil Sie so getrommelt haben: Das muß sein – ich weiß eigentlich nicht, warum –, die Welt geht unter, wir werden isoliert sein!, Ihrem Druck, Ihren Pressionen gebeugt und hat gemeinsam mit den anderen Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion diesem Abkommen im Ausschuß zugestimmt.

Herr Kollege Spindelegger hat bei seinem Versuch, uns die große weite Welt der Diplomatie zu erklären, gesagt, die FPÖ sei bekannt als Außenseiter und Neinsager. Herr Kollege Spindelegger! Es dürfte Ihnen entgangen sein – daß Ihnen manchmal etwas entgeht, dürfte wahrscheinlich der Hintergrund dessen sein, daß Sie nicht mehr im EU-Parlament sitzen, daß Sie von dort abgezogen worden sind –, daß es ... (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer. ) Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück, Frau Kollegin Bauer! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Genauso ist es! Ich habe vorgehabt, eine ganz ruhige Rede zu halten, aber wenn Herr Kollege Spindelegger den Diskurs so eröffnet, wie er es getan hat, dann darf er sich nicht wundern, wenn er einiges zurückbekommt. Nur austeilen und nicht einstecken, das geht nicht – jedenfalls nicht mit mir und meiner Fraktion! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Hätte er nicht angefangen. An sich ist er ja ein sympathischer Mensch, aber er hätte sich ein bißchen anders ausdrücken sollen. Das, was er kann, kann ich auch.

Wir sind keine isolierten Außenseiter. Es dürfte nämlich Herrn Kollegen Spindelegger entgangen sein, daß fünf weitere EU-Mitgliedstaaten das eigentliche Abkommen nicht unterzeichnet haben. Wir sind also nicht alleine. Wenn wir heute das Beitrittsprotokoll unterzeichnen, dann bedeutet das aufgrund unserer Rechtsordnung – wir haben das im Ausschuß genau diskutiert –, als würden wir das eigentliche Abkommen auch unterzeichnen. Das heißt, wir sind nicht alleine, oder wir wären nicht alleine, Herr Kollege Spindelegger, wenn wir das gleiche täten wie fünf andere EU-Mitgliedstaaten. Ich nehme an, die haben sich das gleiche gedacht wie wir Freiheitlichen und auch Kollege Heindl, der es nicht unterzeichnet haben wollte. Also so arg wäre es nicht. Wir Freiheitlichen sind keine isolierten Außenseiter, wenn wir die Dinge so sehen.

Ich sage Ihnen noch etwas: Neinsagen kann oft sehr gut und richtig sein, vor allem bei der Partnerwahl, Herr Kollege Spindelegger! Während Sie sich mittlerweile jedem an die Brust werfen, so nach dem Motto: "Wer nimmt mich?", überlegen wir uns ganz genau, mit wem wir uns in eine wirtschaftliche und politische Kooperation einlassen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht ist das eine Neurose Ihrerseits aufgrund Ihres ständigen Wähler- und Vertrauensverlustes. Da bekommt man dann solch eine Psychose: Wer nimmt mich?, Wer will mich? Ich nehme jeden und alles! – Mit uns nicht!

Hohes Haus! Wir sind daher der Auffassung, daß diese Vorlage an den entsprechenden Ausschuß rückverwiesen werden soll. Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen betreffend Rückverweisung gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Regierungsvorlage: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen


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Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte (799 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes (856 der Beilagen), wird zur weiteren Behandlung an den Außenpolitischen Ausschuß rückverwiesen."

*****

Ich bitte, diesem Antrag beizutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.10

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Die Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Ukraine ist gerade für eine junge Demokratie ein sehr wesentlicher Schritt zur Lebensverbesserung der Menschen in diesem Land. Herr Abgeordneter Bauer! Wenn Sie hier von Ihrer Reise erzählen, dann darf ich Ihnen sagen, daß es auch andere Mandatare dieses Hauses gegeben hat, die bereits dieses Land bereist haben. Und jemand, der dort sehr wieselhaft und erfolgreich in den zwei Tagen mit Freunden ins Gespräch gekommen ist und sehr viel in diesem Land gelobt hat, war kein anderer als der von uns sehr geschätzte Abgeordnete Haigermoser, der dort seine Kontakte gepflegt und gar nichts dabei gefunden hat. Dies ist auch richtig; ich unterstütze das auch, daß man mit den dortigen Menschen in Kontakt tritt und man das hier auch lobt. (Abg. Haigermoser: Brixi, komm!) – Ich wollte das nur einmal erwähnen, damit man nicht immer sagt, nur das, was die Regierungsfraktionen sagen, ist schlecht, und die FPÖ ist auserwählt worden, um das Gute vom Bösen zu trennen. (Abg. Haigermoser: Diese Rede ist sogar unter deiner Würde!)

Ich glaube, meine Damen und Herren, daß Sie mit Ihrer Politik oder zumindest mit den Ansichten, die Sie hier vertreten haben, dieses Land sehr wohl in die Isolation treiben wollen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie reden sich in einen Wirbel!)

Der Herr Vizekanzler hat zuerst berichtet, daß nur mehr drei oder sogar nur mehr zwei Staaten fehlen, die dieses Partnerschaftsabkommen noch nicht unterschrieben haben. (Abg. Haigermoser: Einen ukrainischen Schweinsbraten habe ich auch verzehrt!) – Er wird dir wohl geschmeckt haben. Er hat aber auch gesagt, es gibt für diese Menschen nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie kehren wieder zum kommunistischen System zurück, oder man hilft ihnen weiter, zu einer demokratischen Lebensform zu gelangen.

Aber ich verhehle hier auch nicht, daß es sehr wohl im Ausschuß ernsthafte Diskussionen darüber gegeben hat, ob wir dem ohne Vorbehalte zustimmen können. Ich verhehle auch nicht den Bericht, den Kollege Dr. Heindl im Ausschuß gebracht hat, dieser war wichtig, aber er hat auch dazugesagt, daß der Vizekanzler bei seinem Besuch in Kiew zwei Memorandi vorgebracht und gesagt hat, die österreichischen Firmen – explizit zwei Fälle – müssen geschützt werden. Es wurde von den staatlichen Stellen die Zusage gegeben, daß das auch eintritt. Und es waren nicht die staatlichen Stellen, sondern es war in erster Linie die Kommunalverwaltung von Kiew, die man in die Mangel nehmen und die etwas ändern muß.

Ein anderes Kapitel, meine Damen und Herren, sind selbstverständlich die Kernkraftwerke, ist selbstverständlich Tschernobyl. Ich bekenne mich vielleicht viel mehr als jeder andere oder genauso wie jeder andere dazu, daß nicht nur Österreich ein kernkraftwerkfreies Land ist, sondern daß wir versuchen müssen, ein kernkraftwerkfreies Europa zu schaffen. Ich bekenne mich dazu, und ich gestehe: Ja, ich habe Angst vor Tschernobyl. Aber ich habe nicht nur Angst vor den ukrainischen Kraftwerken, sondern ich habe auch Angst vor Mochovce, vor Bohunice,


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vor Temelin – auch alle diese Kraftwerke müssen weg. Aber wir können doch nicht folgenden Weg beschreiten, indem wir sagen: Jetzt, wo dieses Land den wirtschaftlichen und notwendigen Aufschwung braucht, drehen wir ihm sofort die Energie ab. Noch immer stammen 42 Prozent dieser Energie in der Ukraine aus Kernkraftwerken. Mit der Schließung von Tschernobyl würde man sofort 8 Prozent dieser Energie verlieren. Man muß den Menschen dort auch die Möglichkeiten geben, neue Energiequellen zu schaffen. Und dazu fehlt zum Beispiel – das müssen wir auch hier reklamieren – noch immer das Geld der G-7-Staaten und der EU-Staaten zur Fertigstellung der von uns nicht gewollten, aber momentan – das kann nur eine Momentanlösung sein – sicheren Kraftwerke, die in Chmelnizkij und Rowno neu gebaut werden sollen.

Aber das kann nur ein Zwischenschritt sein, Frau Abgeordnete Gredler! Jawohl, das kann nur ein Zwischenschritt sein, denn der nächste Schritt muß heißen: umweltfreundliche Kraftwerke zum Schutz der Menschen in Europa. Das muß ein Bestandteil unserer Politik sein, und das ist auch ein Bestandteil der sozialdemokratischen Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Von dem verabschieden wir uns nicht, sondern dazu bekennen wir uns in erster Linie. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Daher muß man auch darüber nachdenken, warum es zu alldem kommt. – Weil halt die Ukraine den Energieträgern aus Rußland in erster Linie ausgeliefert ist, weil sie aus Rußland die Energie in Form von Gas und Öl bezieht, und damit wird die Ukraine in die Abhängigkeit gebracht. Wenn wir jetzt nicht diesen partnerschaftlichen Vertrag unterschreiben, würde das erst recht heißen, daß wir sie in die Abhängigkeitspolitik Rußlands weiter hineintreiben. Daher, meine geschätzten Damen und Herren, erlaube ich mir, einen Entschließungsantrag einzubringen. Dieser Entschließungsantrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Otmar Brix, Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, in ihren Kontakten mit der ukrainischen Regierung und insbesondere im Rahmen des Kooperationsrates zwischen der Europäischen Union und der Ukraine darauf hinzuwirken, daß beim Ausbau der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine der Achtung demokratischer Prinzipien und der Schaffung der Grundlagen für die Marktwirtschaft besondere Bedeutung beigemessen wird. Insbesondere soll dabei auf die Schaffung eines der Marktwirtschaft entsprechenden Rechtsrahmens, auf das rechtsstaatliche Handeln der Behörden und auf die Bekämpfung der Korruption hingewirkt werden. Weiters soll im Rahmen der Kooperation mit der Ukraine die rasche Erhöhung der Sicherheitsstandards der ukrainischen Kernkraftwerke und insbesondere die Schließung des Kernkraftwerkes Tschernobyl angestrebt werden. Die Bundesregierung wird weiters ersucht, in den bilateralen Kontakten mit der Ukraine die beiden oben genannten Bereiche zur Sprache zu bringen und auch auf eine alsbaldige Einhaltung aller Punkte des Investitionsschutzabkommens zu drängen."

*****

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist ein richtiger Weg, wenn sich die österreichische Bundesregierung vehement dieser jungen Republik annimmt. Denn eines muß man auch dazu sagen, wer es vielleicht noch nicht nachgelesen hat: Die Ukraine war eines jener Länder, die sofort bereit waren, ihre atomaren Waffen abzuliefern, zu vernichten. Das war ein sehr wichtiger Schritt in diesem Europa, ein sehr wichtiger Schritt für den Frieden, den wir haben wollen. Und dafür muß man auch der Ukraine danken, daß sie diesen Schritt gesetzt hat. (Beifall bei der SPÖ.)


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Daher stellt sich für mich abschließend die Frage: Ist es richtig, den Menschen dort die Hand zu reichen und ihnen zu helfen, eine ordentliche Politik in Europa, in unserem Europa, mitzugestalten, oder ist es richtiger, diese Menschen in eine Isolation zu treiben? – Ich glaube, aus der Sicht meines demokratischen Bewußtseins ist es richtiger, Menschen zu helfen, eine Demokratie aufzubauen. Daher bitte ich Sie, diesem Entschließungsantrag heute auch Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde gleichfalls ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung liegt vor Frau Abgeordneter Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.18

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Berichte über diverse Abkommen der Republik Österreich mit anderen Staaten beziehungsweise zwischen der Europäischen Union und anderen Staaten haben zu einer etwas allgemeineren außenpolitischen Debatte Anlaß gegeben. Ich fand es sehr bemerkenswert und an sich auch begrüßenswert, daß im Zentrum der Ausführungen zum internationalen Bereich – also dem außereuropäischen Bereich – vor allem das Thema der Atomkraft hier angesprochen wurde und der notwendigen Hilfestellung für die Reformstaaten, aber auch für andere Staaten, aus dieser lebensgefährlichen, mörderischen Technologie auszusteigen, und ein wichtiges Menschenrechtsthema: die Ächtung von lebensgefährlichen Waffen, von Waffen, die insbesondere der Zivilbevölkerung schaden – von Minen.

Herr Außenminister! Aus Ihren Ausführungen geht ja folgendes sehr klar hervor: Auch wenn nicht die mächtigsten, nicht die größten, nicht die reichsten Staaten der Welt ein Thema mit großem Nachdruck verfolgen, wie etwa das Verbot von Anti-Personen-Minen, ist es durch beharrliche, durch zähe Verhandlungen, durch immer neue Vorstöße möglich, zu Erfolgen zu kommen. Es waren Mitglieder der österreichischen Bundesregierung, es waren auch etliche Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen dieses Hauses, die nicht müde wurden, einen Vorstoß nach dem anderen zu unternehmen. Und wenn Sie die Bemühungen von Südafrika, Norwegen und Österreich erwähnen, dann zeigt das, daß der Spruch "Steter Tropfen höhlt den Stein!" im internationalen Bereich tatsächlich etwas für sich hat.

Umso trauriger und umso bedauerlicher ist es aus meiner Sicht, Herr Bundesminister, daß Sie das zentrale Thema der europäischen Außenpolitik Österreichs, das heißt unseres Verhältnisses zur Europäischen Union in bezug auf den Schutz der Umweltstandards, insbesondere im Zusammenhang mit dem Transitverkehr, überhaupt nicht erwähnt haben.

Herr Bundesminister! Es hat den Anschein, als seien Sie als Außenminister sehr froh darüber, daß Sie im Zusammenhang mit dem Transitvertrag – und dessen Herzstück ist die Ökopunkte-Regelung – sagen können: Es war damals der heutige Bundeskanzler Klima, der darüber verhandelt hat, dieser Bereich ist jetzt überwiegend im Verkehrsressort angesiedelt – was hat das mit der Außenpolitik zu tun? – Herr Bundesminister, sehr viel! Wir hatten in der letzten Sitzung des Integrationsbeirates auch eine Debatte darüber, was Österreich jetzt tut, um den Alpenraum wirksam zu schützen, um die Bemühungen der Schweiz, die schon viel weiter gediehen sind, zu unterstützen, statt der Schweiz in den Verhandlungen in den Rücken zu fallen und zu sagen: Die dürfen keine Privilegien haben, die dürfen ihren Alpenraum nicht besser schützen.

Herr Bundesminister! Vor welcher Situation stehen wir jetzt? – Mein Kollege Rudi Anschober hat es ja sehr deutlich formuliert: Das Ökopunkte-System, das Herz- und Kernstück des Transitvertrages, ist mit Jahresende in seiner Vollziehung, das heißt in seiner Existenz, bedroht. Ich frage Sie: Welches Gewicht hat das in der österreichischen Außenpolitik? Haben Sie diese Lebensinteressen der österreichischen Bevölkerung mit Nachdruck verteidigt? Was haben Sie in diesem Zusammenhang getan? Welchen Stellenwert hat der Schutz des Alpenraumes, der


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Schutz vor einem ausufernden, überbordenden Transitverkehr? Ist es so wie in der heutigen außenpolitischen Debatte, daß Ihnen das nicht einmal eine Erwähnung wert ist?

Es hat den Anschein, als würde sich auch die sozialdemokratische Fraktion, deren heutiger Bundeskanzler damals bei den Verhandlungen federführend war, von dieser Thematik verabschieden. Herr Kollege Niederwieser! Sie haben sich vorhin zwar mit Zwischenrufen bemerkbar gemacht, aber in Ihrer Aussendung heißt es wortwörtlich: "Sollten die Kontrolleinrichtungen nicht rechtzeitig fertiggestellt werden, ... müsse man sich eben etwas anderes einfallen lassen." – Herr Kollege Niederwieser! Ich frage Sie: Wer läßt sich denn etwas einfallen? Und wo wird das diskutiert? Hat die österreichische Bevölkerung nicht das Recht, im Rahmen einer außenpolitischen Debatte zu erfahren, was "man sich denn da einfallen lassen" wird? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Niederwieser! Sie schreiben, man werde dann eben irgendwie im Inland kontrollieren müssen. Ich frage Sie: Wie wollen Sie denn das machen? Vor allem: Es gibt ja jetzt eine außenpolitische Verpflichtung zur Umstellung! Wie wird Österreich mit dieser Verpflichtung umgehen? Werden Sie dann sagen: Es tut uns leid, wir haben die Vergabebestimmungen – das weiß man auch nicht – eingehalten/nicht eingehalten.

Ich entnehme dem Pressedienst des Verkehrsressorts jetzt auch, daß der Verkehrsminister zum Verfassungsgerichtshof gehen wird. Es läuft das also über ein paar Presseaussendungen, in denen es heißt, man werde sich eben etwas einfallen lassen müssen, und der andere geht zum Verfassungsgerichtshof.

Ich frage Sie heute hier: Wo bleiben die Interessen der österreichischen Bevölkerung? Hat nicht die Bevölkerung das Recht, bei einer außenpolitischen Debatte, in der es um internationale und um europäische Anliegen, um Menschenrechte, um den Umweltschutz geht, zu erfahren, was Sie sich da einfallen lassen werden und ob das funktionieren wird?

Ich kann mich nur wundern darüber, daß sich jetzt keiner der Abgeordneten aus Tirol zu Wort gemeldet hat und irgend etwas dazu zu sagen hat. Ich weiß nicht, welche außenpolitischen Themen Sie verhandeln, es ist sicher auch notwendig, daß Österreich seinen Ratsvorsitz vorbereitet, aber, Herr Bundesminister, es scheint zuwenig zu sein, wenn sich die Vorbereitungen auf diplomatische Prozeduren und Rituale sowie auf das Rahmenprogramm dieses Ratsvorsitzes beschränken – es geht doch um Inhalte! Meine Frage hier und heute lautet daher: Was sagen die Vertreter auf der Regierungsbank, was sagt der Außenminister und was sagen die betroffenen Abgeordneten dieses Hauses zu dem drohenden Fiasko, das die österreichische Bevölkerung treffen wird?

Ich denke, eine außenpolitische Debatte abzuschließen, ohne daß Sie der österreichischen Bevölkerung irgend etwas zu diesem drohenden Eklat sagen, wäre wirklich ein Affront, den sich gerade die Bevölkerung in Tirol, aber auch dieses Haus wahrlich nicht verdient haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt, und wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils Ihren Platz einzunehmen, und die Mitarbeiter, die Zwischengänge zu verlassen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 703 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.


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Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen, gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist ebenfalls die Mehrheit. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Mag. Stadler: Herr Kollege Öllinger! Warum stimmen Sie da mit?)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich: Interregionales Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Mercado Comun del Sur und seinen Teilnehmerstaaten andererseits samt Gemeinsamer Erklärung, in 705 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung wird stimmeneinhellig erteilt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung dieses Abkommens samt Gemeinsamer Erklärung in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich: Rahmenabkommen über die Zusammenarbeit zur Vorbereitung einer politischen und wirtschaftlichen Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Chile andererseits samt Unterzeichnungsprotokoll und Gemeinsamen Erklärungen, in 706 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Die Genehmigung ist damit einhellig erteilt.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung dieses Abkommens samt Unterzeichnungsprotokoll und Gemeinsamen Erklärungen in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt mit Stimmenmehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Gredler und Mag. Kammerlander, den Staatsvertrag, nämlich: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit und der Schlußakte, in 799 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes an den Außenpolitischen Ausschuß rückzuverweisen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist nicht die Mehrheit. Dieser Antrag ist damit abgelehnt.

Daher kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage

 


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angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit und der Schlußakte, in 799 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie die Genehmigung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Dr. Heindl und Genossen betreffend den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage 799 der Beilagen, nämlich: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits und der Schlußakte (856 der Beilagen).

Jene Damen und Herren, die zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen. (E 83.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung des Protokolls


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sowie der Erklärung in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich: Protokoll zu dem Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit und der Schlußakte, in 800 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt mehrheitlich. Der Antrag ist damit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, gemäß Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung des Protokolls sowie der Erklärung in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich: Protokoll zum Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits samt Erklärung einschließlich des diesen als Anlage angeschlossenen Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit und der Schlußakte, in 801 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses gemäß Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung des Protokolls

 

sowie der Erklärung in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

8. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (707 der Beilagen): Änderungen zur Anlage des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfangs, 1946 (853 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum Punkt 8 der Tagesordnung. – Mündliche Berichterstattung findet keine statt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mentil. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 6 Minuten wird angezeigt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.35

Abgeordneter Hermann Mentil (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Erlauben Sie, daß ich eingangs feststelle, daß Sie den zuständigen Ausschuß wieder einmal verspätet mit der Materie beschäftigt haben; aber das hat mir Ihre Staatssekretärin erklärt und erörtert.

Für meine Fraktion möchte ich feststellen, daß wir dokumentieren und beweisen können, daß wir seit 1990 in dieser Angelegenheit, in dieser Problematik eine klare Linie vorgeben. Wir haben sie am 20. 4. 1994 mit einem Entschließungsantrag gekrönt, dem man klar entnehmen kann, daß dieses Problem nur mit einem vorübergehenden Walfangstopp zu lösen ist. Und das behaupten nicht nur wir, sondern das sagen Ihnen alle Experten und Wissenschaftler. Alle Umweltschutzorganisationen, die ernst zu nehmen sind, die engagiert in Richtung Walschutz unterwegs sind, alle Menschen, die für Tierschutz etwas übrig haben, die diese Materie bewegt, verlangen: Laßt die Wale leben! – Sie können das in diversen Medien nachlesen.

Seit Jahren bemühen sich Wissenschaftler und Vereinigungen in aller Welt, die Ausrottung dieser riesigen Wassersäugetiere zu verhindern. Von einigen Walarten – die Wale können bis zu 30 Meter lang und 150 Tonnen schwer werden – sind nur noch einige hundert Stück in den Meeren unterwegs – einige hundert, meine Kolleginnen und Kollegen!

Die Wale wurden jahrzehntelang brutal abgeschlachtet: 2 Millionen in 50 Jahren! Der Mensch – "das Säugetier Mensch" hätte ich fast gesagt – schafft es, in 50 Jahren 2 Millionen Wale – Säugetiere – aus Profitgier abzuschlachten, und diese Profithaie sind, wie es scheint, nicht zu stoppen. Die letzten Abkommen zeigen ja, daß diese Schutzmaßnahmen nicht funktionieren, und die sogenannten Tagungen dieser Walfischkommission 1994/95/96 haben ja in letzter Konsequenz viel Lärm um nichts produziert. Man konnte danach in Beiträgen lesen, daß die Welt der Wale in der Antarktis geschützt werden soll. Geschützt wird sie jedoch leider nicht; das ist nicht gelungen. Hoffnung für die Welt der Wale? – Wissenschaftlich gut fundierte Beiträge zeigen auf, daß diese Walfangkommission eine Alibieinrichtung ist und in ihrer Funktion eigentlich in Frage zu stellen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seehunde, Schweinswale und Kegelrobben sind sehr gefährdet. – Sie können Dokumentation um Dokumentation zur Hand nehmen und werden erkennen, daß das einzige Ergebnis dieser Kommission der sogenannte wissenschaftliche Walfang ist. Der Ausfluß dieser Tagungen ist nämlich, daß unter dem Titel "wissenschaftlicher Walfang" das Unwesen beziehungsweise der Vernichtungsfeldzug gegen die Wale fortgesetzt wird.

Wenn man nachliest, sieht man, daß der "wissenschaftliche Walfang" sogar so weit geht, daß man eine Quotenüberrechnung von einem Jahr auf das andere durchführen kann. Das ist ja hochinteressant. Diese wissenschaftliche Tätigkeit findet in der Quotenüberrechnung ihren Höhepunkt. Mir muß einmal jemand erklären, wie ein wissenschaftlicher Walfang funktioniert,

 


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der eine Quotenregelung zur Grundlage hat. Es wäre hochinteressant zu wissen, wie das gehen soll.

Wir alle, die wir hier sitzen, wissen, daß nur ein befristetes, aber sofortiges Walfangverbot das Problem lösen kann.

Wir mußten im Ausschuß leider erleben, daß gerade die Kollegen von der ÖVP wieder einmal einen Kniefall in Richtung Brüssel gemacht haben. Die EU-Hörigkeit der ÖVP kam wieder einmal in einer Form zum Tragen, daß es fast unanständig war. Kollege Schwimmer hat die Logik entwickelt: Lieber ein unseriöses, "unanständiges" Reformwerk, das zwar die Existenz der Wale nicht bedroht, aber in letzter Konsequenz das Überleben der Wale nicht garantiert. Ich verstehe es eigentlich nicht, daß ein schöpfungsgläubiger Mensch einem Christdemokraten bei derlei Überlegungen und Ansinnen zuhören muß und daß man die Schöpfung in der Form mißachtet, daß man dem Ausrotten einer Tierart nichts anderes als Untertänigkeit entgegenstellt, weil diese von Straßburg verlangt wird. Das ist mir unerklärbar und unverständlich.

Wir werden seitens unserer Fraktion jedenfalls diese modifizierte, nicht wirkliche Reform nicht mittragen, konsequent unseren Weg weitergehen, nämlich nach wie vor einen Walfangstopp verlangen, der mittlerweile absolut machbar und möglich wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.42

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Regierungsvorlage enthält Bestimmungen, die eine Verschärfung des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfanges bewirken; das hat Kollege Mentil hier nicht erwähnt. (Abg. Schwarzenberger: Er ist offensichtlich gegen die Verschärfung! – Abg. Dr. Graf: Es wird in der Regierung eine schärfere Gangart eingelegt!)

Grundsätzlich muß gesagt werden, daß diese Schutzbestimmungen dringend notwendig sind, weil das Überleben dieser sensiblen, hochintelligenten Meeressäuger tatsächlich nur dann gesichert werden kann, wenn die Tötung dieser Tiere massiv eingeschränkt wird. Natürlich geht das am besten mit einem Walfangstopp.

Die neuen Bestimmungen sehen eine absolute Schutzzone im Südpolarmeer und eine genaue Festlegung von Fangquoten und von Fangzeiten vor. Österreich, das seit 1994 Mitglied der Internationalen Walfangkommission ist, hat sich auch aktiv dafür eingesetzt.

Herr Kollege Mentil! Sie haben hier auch nicht erwähnt, daß es – und das halte ich für das Hauptproblem beim Walfang – massive Wirtschaftsinteressen gibt. Vor allem die internationalen Fischfangflotten treten ganz massiv dafür ein, auch weiterhin Wale zu fangen. (Abg. Dr. Graf: Das hat er doch auch gesagt! Von der Schutzzone hat er auch gesprochen!) Das sind insbesondere die Fischfangflotten Norwegens und Japans.

Ich ersuche Sie, Herr Vizekanzler, auch auf diplomatischem Wege bei allen Kontakten mit diesen ja sogar befreundeten Ländern, kann man sagen, auch diese Problematik anzusprechen und einzufordern, daß sich auch diese Regierungen an die internationalen Abkommen halten.

Trotz der Faszination, die Wale auf Menschen ausüben, sind sie in ihrem Überleben bedroht. Von den früher vorhandenen 250 000 Blauwalen sind nur mehr 1 000 übrig, von den eineinhalb Millionen Finnwalen sind heute nur mehr 20 000 übrig, und alle großen Walarten sind nahezu ausgerottet, und jetzt sind die kleinen Wale und Delphine bedroht.

Weil ich auf der Galerie auch viele junge Zuhörer sehe, möchte ich sagen: Millionen Kinder und Jugendliche haben Freundschaft mit "Flipper" geschlossen, und sie erwarten von uns, daß wir alles zum Schutz dieser Tiere unternehmen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ein Hauptproblem gerade für die kleineren Walarten sind auch die hundert Kilometer langen Treibnetze, die Art des Fischens und die technischen Vorrichtungen. Hunderttausend Delphine ersticken alljährlich in diesen Netzen. Dazu kommt die Belastung der Tiere durch die Verschmutzung der Meere und die Zerstörung ihres Lebensraumes durch Ozonloch und Klimawandel.

An dieser Stelle möchte ich mich auch einmal bei den Umweltschutzorganisationen, auch bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace, bedanken, die wirklich viel dazu beigetragen haben, daß uns diese ganze Problematik bewußt geworden ist und daß es überhaupt dazu kam, daß wir uns mit diesem Thema beschäftigen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Einzigartigkeit und die Schönheit unseres Planeten Erde ist nur durch die Vielfalt des Lebens gesichert. Nur eine nachhaltige Wirtschaft, die mit Natur und Umwelt und den natürlichen Ressourcen rücksichtsvoll umgeht, wird längerfristig auch die Lebensgrundlagen der Menschen gewährleisten. Dazu brauchen wir aber noch mehr verbesserte Arbeit in den internationalen Gremien. Wir brauchen auch eine bessere Kontrolle der Gesetze, die auf internationaler Ebene ausgearbeitet worden sind.

Angesichts der Globalisierung sind wir alle aufgefordert, mehr dazu beizutragen, daß auf internationaler Ebene Umweltschutzbestimmungen eingehalten werden, daß wir alle Lebensräume schützen – vor dem Sommer haben wir das Thema der indigenen Völker besprochen –, daß wir uns all dieser Themen annehmen und das nicht allein den NGOs überlassen, daß die österreichische Bundesregierung und auch wir als Abgeordnete diesen Themen jenen Stellenwert geben, den sie verdienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte mit einem Zitat von Sir Peter Scott schließen, der 1986 gesagt hat: Wenn wir die Wale nicht retten können, dann können wir gar nichts mehr retten, einschließlich der menschlichen Spezies. Wale sind ein Symbol des Überlebens, vielleicht ein Symbol allen Bewahrens. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Haselsteiner. )

13.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Mag. Mühlbachler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Er ist nicht im Sitzungssaal, damit verfällt seine Wortmeldung.

Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Klara Motter vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.48

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Obwohl Österreich als Binnenland von der Problematik des Walfanges nicht direkt betroffen ist, traten wir doch 1994 dem Internationalen Übereinkommen zur Regelung des Walfanges bei, um die Phalanx der Walschützer zu stärken. Weil wir wissen, daß durch die Bedrohung beziehungsweise Ausrottung verschiedener Walarten und die damit verbundene Gefährdung des Meereshaushaltes nicht nur die Küstenstaaten direkt betroffen sind, sondern daß das auch globale Auswirkungen hat, darf das auch uns nicht gleichgültig sein. Wir sollten daher weiter daran interessiert sein, daß im Rahmen einer internationalen Gemeinschaft zum Schutz von bedrohten Tierarten, wie den Walen, Konsens herrscht.

Wir wissen, daß es immer wieder aus wirtschaftlichem Interesse Konflikte mit Lobbys gibt, die sich leider häufig in den Vordergrund drängen. So gelang es zum Beispiel Norwegen noch im Juni dieses Jahres, im Rahmen der Artenschutzkonferenz einen Antrag auf Jagdfreigabe für den nordostatlantischen Zwergwal durchzubringen. Begründet wurde dieser Antrag mit sogenannten wissenschaftlichen Erfordernissen. Auch in Japan wird nach wie vor zu wissenschaftlich Zwecken Walfang betrieben. Unsere Bemühungen müssen daher in die Richtung gehen, daß das für den kommerziellen Walfang bestehende Moratorium auch auf den wissenschaftlich


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begründeten Walfang ausgedehnt werden muß. Darum bitte ich alle um Unterstützung. Ich verstehe eigentlich die Haltung der Freiheitlichen nicht, daß sie diesem Gesetz nicht zustimmen können, obwohl es ein Fortschritt ist und obwohl wir auch in diesem Gesetz und darüber hinaus Möglichkeiten haben, die Situation für die Wale zu verbessern. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Argumente jener Staaten, die auch weiterhin exzessiven Walfang betreiben, betreffen auch häufig die wirtschaftliche Abhängigkeit vieler Menschen von den Einnahmen durch den Walfang. Dem ist entgegenzuhalten, daß Projekte, wie zum Beispiel das vom WWF durchgeführte Schutzprojekt für Buckelwale in Japan, gezeigt haben, daß es Möglichkeiten gibt, gleichzeitig die Wale zu schützen und den Menschen zu helfen, wenn auch tatsächlich der Wille besteht, sich an die Konvention zu halten.

Meine Damen und Herren! Eine große Schwäche der Walfangkonvention betrifft weiters das Recht einzelner Mitgliedstaaten, einen Vorbehalt gegen etwaige Änderungen der Anlagen einlegen zu dürfen, wodurch dieser Staat an die Änderung nicht gebunden ist, wie es dies die Walfangnation Japan getan hat, womit die Sinnhaftigkeit der Konvention weiter in Frage gestellt wird. Wenn es uns Österreicherinnen und Österreichern Ernst ist mit der Sorge um die bedrohten Walarten – und davon gehe ich aus –, ist es unsere Pflicht, im Rahmen von bilateralen und internationalen Beziehungen, insbesondere mit Norwegen und Japan, dieses Thema immer wieder anzusprechen und darauf hinzuwirken, daß der Walfang, besonders auch der wissenschaftlich begründete Walfang, eingestellt wird.

Herr Vizekanzler und Außenminister! Ich bitte Sie daher, sich in Zukunft dieses Themas weiter anzunehmen.

Meine Damen und Herren! Im Sinne der Weiterentwicklung stimmen wir gerne der vorliegenden Regierungsvorlage zu.

Meine Damen und Herren! Ich darf hier auch als Tierschutzsprecherin an Sie appellieren, das Thema ernst zu nehmen und weiterhin an der Umsetzung der Konvention zu arbeiten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.52

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Vielleicht kann sich jemand von Ihnen noch an die letzte Diskussion rund um die Walfangkommission in diesem Haus erinnern, daran, daß sich damals im Bundesgesetzblatt ein kleiner Druckfehler eingeschlichen hat. Es stand nämlich nicht "Walfangkommission" von "Walen" abgeleitet, sondern "Wahlfangkommission" mit stummem H im Bundesgesetzblatt. Einzelne Abgeordnete können sich, glaube ich, noch gut an diesen Druckfehler erinnern, so wahrscheinlich Kollege Mühlbachler, der wahrscheinlich auf Wahlfang in Oberösterreich ist und heute hier zu uns nicht sprechen kann (Abg. Kiss: Nein!), und möglicherweise auch Kollege Mentil von der Freiheitlichen Partei, dessen Appell, einen Walfangstopp zu verlangen, ich nur so verstehen kann, daß er damit einen "Wahlfangstopp" – mit "h" – für seine Partei meint (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ganz im Gegenteil!) , denn was er hier in seiner Rede sonst noch gesagt hat, entbehrt jeder inhaltlichen Grundlage.

Meine Damen und Herren! Ich kann die Meinung des Herrn Abgeordneten Mentil nicht teilen, denn das, was heute hier beschlossen wird, ist zwar ein kleiner, aber doch ein Fortschritt.

Sie sprachen, Herr Kollege Mentil, auch von den Umweltorganisationen in Norwegen. Ich war erst vor einigen Monaten bei einem Treffen norwegischer Umweltorganisationen, bei dem auch überzeugte Umweltschützer dabei waren. Diese könnten Ihnen genau erklären, wie viele verschiedene Walarten es gibt und daß sich die Walfangkommission auch mit jenen Walarten auseinandersetzen muß, die tatsächlich vom Aussterben bedroht sind und bei denen es zu


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überhaupt keinem Walfang kommen darf. Aber es gibt zweifellos auch Walarten, die zur Bedrohung anderer Arten werden, und wenn diese nicht – zum Teil gezielt – gejagt werden dürfen, dann entsteht ein Mißverhältnis, das auch aus ökologischer Sicht nicht mehr gerechtfertigt ist. Das ist nicht so einfach, denn es gibt – Gott sei Dank! – auch bei den Walen sehr viele verschiedene Arten, und jene Walen, die tatsächlich vom Aussterben bedroht sind, müssen natürlich kategorisch geschützt werden, und das soll durch dieses internationale Abkommen verbessert werden. (Abg. Dr. Graf: Nichts anderes sagen wir!)

Nein, Sie haben von einem generellen Walfangstopp gesprochen. Es gibt seit sehr vielen Jahren gute Unterlagen, die erklären, um welche Walarten es dabei geht. Die Kollegin Motter hat es auch schon angesprochen. Es geht vor allem um die Blauwale, die wir alle gut kennen. Die Blauwale werden von den Umweltorganisationen zu Recht als Beispiel herangezogen, um plakativ aufzuzeigen, worum es dabei geht, nämlich um Artenschutz. Daß sich Österreich dafür engagiert und dem zustimmt, ist erfreulich.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber schon darauf hinweisen, daß wir immer bei jenen Problemen sehr fortschrittlich sind, die uns nichts angehen. Österreich hat das Problem nicht, im Walfang entsprechend tätig zu sein, so wie die beiden Staaten Norwegen oder Japan, die mit dem Walfang sehr viel Geld verdienen, und deshalb sind wir sehr schnell beim Schützen von Arten. Ich würde mich freuen, wenn sich die Kollegin Jäger auch dort durchsetzen würde, wo es um den Artenschutz in Österreich geht. Aus den roten Listen können Sie ersehen, daß es in unserem Lande viele vom Aussterben bedrohte Arten gibt. Aber ich erkenne weder bei der ÖVP noch bei der SPÖ eine diesbezügliche Initiative.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß seit sehr vielen Jahren von seiten der Grünen die Forderung erhoben wird, daß Naturschutz eine Bundeskompetenz werden soll, daß der Bund eine Grundsatzkompetenz für den Naturschutz haben soll. Es soll auch endlich der Vollzug des Washingtoner Artenschutzabkommens vom Wirtschaftsministerium ins Umweltministerium verlagert werden. Auch das ist eine von den Grünen seit langem erhobene Forderung. Es ist völlig absurd, daß das Artenschutzabkommen nicht im Umweltministerium vollzogen wird und dahin gehend Druck gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Konvention zur Erhaltung der Artenvielfalt. Auch da könnte ich nicht behaupten, daß sich Österreich besonders hervortut.

Ich würde mich freuen, wenn der Artenschutz im eigenen Land ein Thema wäre, bei dem sich die Regierung ähnlich konsens- und diskussionsbereit zeigen würde wie bei dieser zwar richtigen, aber uns nicht betreffenden internationalen Konvention. Bei etwas, was uns nichts angeht und Österreich nicht betrifft, kann es sehr leicht sein, zu sagen: Ja, wir sind dafür, und wir stimmen dem zu!

Nutzen wir die Debatte und auch die Anwesenheit des Umweltministers, daran zu erinnern, daß es in Österreich viele gefährdete Arten gibt, um die es in diesem Hohen Haus in erster Linie gehen muß. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums sowie des Abg. Dr. Cap. )

13.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte, Herr Vizekanzler.

13.57

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Plenum! Ich möchte mich natürlich den Wortmeldungen aller Fraktionen anschließen. Es ist auch die Politik der Bundesregierung, ein absolutes Walfangverbot durchzusetzen. Heute liegt eine Verschärfung vor, und ich meine, daß das in Ordnung ist. Ich lade daher alle Abgeordneten, die so wie ich der Meinung sind, daß wir ein umfassendes und absolutes Fangverbot brauchen, ein, heute dieser Verschärfung zuzustimmen, denn sonst wäre dieses Signal genau kontraproduktiv, nämlich daß man die Verschärfung, die immerhin eine absolute


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Fangzone mit Verbot vorsieht, nicht haben will. Ich glaube, das können vor allem die Tierschützer nicht haben wollen.

Ich möchte aber etwas ankündigen, was schon in den Debattenbeiträgen angeklungen ist und einer Entschließung des Nationalrates, die gemeinsam im Juli beschlossen wurde, entspricht: Die nächste Tagung der Internationalen Walfangkommission findet Ende Oktober dieses Jahres statt, und die österreichische Delegation wird sich selbstverständlich gemäß der Entschließung des Nationalrates dafür einsetzen, daß der wissenschaftlich begründete Walfang eingeschränkt wird und daß auch der Walfang in anderen Bereichen, bei den sogenannten indigenous people, soweit wie möglich unterbunden wird. Das gilt vor allem in bezug auf Japan und Norwegen. Damit glaube ich, der Entschließung des Nationalrats vollinhaltlich zu entsprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Vizekanzler.

Die Rednerliste ist erschöpft. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren ein.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, zu diesem Zweck jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 707 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung ist mit Mehrheit erteilt.

Ich lasse nun über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag gemäß Art. 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit . Auch dieser Antrag ist somit angenommen .

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (710 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über den Amtssitz der Kommission samt Anhängen und Briefwechsel (854 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (711 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute samt Anhang (855 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die Berichterstattung wurde verzichtet.


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Die erste Wortmeldung hiezu liegt von Herrn Abgeordneten Dkfm. Bauer vor. Eine freiwilllige Redezeitbeschränkung von 6 Minuten wird angezeigt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.00

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Österreich beabsichtigt, mit den gegenständlichen Vorlagen zwei Abkommen über die Amtssitze von zwei internationalen Teilorganisationen abzuschließen. Es ist mehr oder minder selbstverständlich – leider muß man sagen: beinahe selbstverständlich –, daß dabei den dort Beschäftigten generöse Privilegien, Steuerfreiheit und Immunität eingeräumt werden. Wenn ich sage "beinahe selbstverständlich", dann deswegen, weil ich weiß – meine Fraktion weiß das auch –, daß das in einem gewissen Rahmen – ich betone: in einem gewissen Rahmen – international, weltweit üblich ist. In Österreich werden allerdings Ausnahmen, Privilegien gewährt, die erheblich – erheblich! – zumindest einmal über das hinausgehen, was ursprünglich beim eigentlichen Amtssitzübereinkommen mit der UNIDO zugestanden worden ist.

Ich möchte Ihnen eine kleine Kostprobe, was es da so alles gibt, was Sie da zuzugestehen bereit sind, nicht vorenthalten, genauso wie wir Freiheitlichen das auch anderswo der Bevölkerung nicht vorenthalten werden. Es sind kleinere Dinge – heute würde man flott sagen: Peanuts –, aber auch gewichtigere Dinge dabei. Es gibt Zollfreiläden für so gut wie alle Dinge und Waren, die es dort gibt, und zwar nicht nur für die Diplomaten, sondern für alle Angestellten und auch für die wenigen dort beschäftigten Österreicher.

Es gibt also Zollfreiläden für alle Waren. Darüber werden sich einmal alle Österreicherinnen und Österreicher freuen, die seit kurzer Zeit nur mehr ein Päckchen Zigaretten zollfrei einkaufen dürfen. Die werden sich sehr darüber freuen, daß es eine Gruppe von Mitbürgern oder in Österreich lebenden Personen gibt, einschließlich gewisser Österreicher, die das Privileg haben, mehr oder minder alles zollfrei kaufen zu können.

Zweitens – zugegebenermaßen Peanuts, aber gerade diese ärgern die Leute ja besonders, und ich werde Ihnen diese mit Genuß erzählen –: kostenlose und bewachte Parkmöglichkeiten auf dem Flughafen Schwechat. Darüber werden sich wieder alle Urlauber freuen, die dort nicht kostenlos bewacht parken können, die vielleicht deswegen, weil es ihnen zu teuer ist, ihren PKW dort eine Woche oder 14 Tage abzustellen, mit dem Bus zum Flughafen fahren. Sie werden sich alle über solche Dinge sehr freuen. Weil bekanntermaßen alle, die im diplomatischen Dienst tätig sind, ja "so schlecht" bezahlt werden, muß man ihnen den Parkschein dort vergüten.

Nun etwas Gewichtigeres: bevorzugter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt (Abg. Dr. Graf: Für die Angehörigen!) , und zwar für die Angehörigen der Diplomaten und Angestellten dieser Kommissionen. Da frage ich mich: Warum? Weshalb? (Abg. Dr. Graf: Weil wir so viele Arbeitsplätze haben!)

Ja, weil wir so viele Arbeitsplätze haben. Wie immer es sein mag. Es werden sich zumindest alle arbeitslosen Österreicherinnen und Österreicher darüber sehr freuen, daß man den Angehörigen der Diplomaten, nicht den Diplomaten selber, und aller dort Angestellten einen bevorzugten Zugang zum Arbeitsmarkt einräumt. Sie werden sich sehr freuen, wenn ich das – ich habe im Ausschuß schon darauf hingewiesen – in meinem Wahlkreis, der ein typisch roter Wahlkreis ist, nämlich Wien Süd, erzähle.

Nächster Punkt: In einem dieser Übereinkommen ist die Rückerstattung bereits geleisteter Umsatzsteuer bis in das Jahr 1994 hinein vorgesehen. Darüber werden sich wieder alle Österreicherinnen und Österreicher sehr freuen, denen Sie im Zuge der letzten beiden Belastungspakete Steuern nicht rückerstattet, sondern zusätzlich auferlegt haben. Sie werden sich alle darüber sehr freuen. Sie werden sagen: Ja, das ist wirklich eine ordentliche Vertretung!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt noch eine Menge solcher Dinge, aber das Licht hier leuchtet schon auf und ich muß mit deren Aufzählung aufhören. Ich weiß jetzt schon,


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welches Argument von den Verteidigern dieser Privilegienwirtschaft, dieses Privilegienstadels kommen wird. Es wird heißen: Ja, das ist die eine Seite der Medaille, das geben wir schon zu, aber Sie müßten doch wissen – und Sie wissen es auch –, daß sich dann, wenn wir diese Privilegien nicht einräumen, nicht zugestehen, diese internationalen Organisationen nicht bei uns ansiedeln! Auch die Umwegrentabilität müssen Sie bedenken, Herr Abgeordneter!

Herr Außenminister! Ich möchte gerne einmal erstens eine solche Umwegrentabilitätsrechnung sehen und zweitens eine Auflistung haben, welche Privilegien wo in welchem Ausmaß und in welcher Form wem in welchen Amtssitzen eingeräumt werden, um einen Vergleich zu haben. Ich weiß nämlich folgendes: daß das, was da kolportiert wird, nämlich daß das überall gleich und üblich ist, nicht stimmt. Wahr ist vielmehr, daß wir uns – und das ist das, was ich Ihnen sagen möchte – mit dem Einräumen solcher Privilegien, die natürlich all jene ärgern, die davon nicht profitieren, und die aus den Gründen, die ich Ihnen genannt habe, besonders die Österreicherinnen und Österreicher ärgern müssen, Amtssitze erkaufen, die wir nicht imstande sind, in Verhandlungen auf dem diplomatischen Parkett aufgrund von Standortattraktivität im eigentlichen Sinn des Wortes zu erwerben. Was wir auf diplomatischer Ebene auf dem Verhandlungsweg nicht erreichen, das erkaufen wir uns auf diese Art und Weise – zum Ärgernis der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein letzter Satz: Ich weiß nämlich, Herr Außenminister, daß es beispielsweise in den Amtssitzen New York und Genf für die dort beschäftigten Diplomaten keine Zollfreiläden gibt. Mehr weiß ich nicht, und daher hätte ich gerne eine Liste darüber. Aber das weiß ich definitiv. Wir aber geben sie ihnen. Ich frage mich: Warum sind wir so großzügig? – Weil Sie es nicht schaffen, auf andere Art und Weise diese Amtssitze nach Österreich zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.08

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin sehr erstaunt – aber es war im Ausschuß ja auch schon zu bemerken –, daß von seiten der Freiheitlichen Partei eine neue Form des unqualifizierten Vernaderns eingeschlagen wird (Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Die Linksaußen als Privilegienverteidigerin für die kleinen Leute!) , nämlich das Vernadern des dritten UNO-Amtssitzes und seiner Einrichtung und die Hatz gegen die "gestopften" Diplomaten. Jedoch noch erstaunlicher ist, daß Sie eine Bestimmung vernadern (Abg. Dr. Graf: Wie kann man etwas, was im Gesetz steht, vernadern?) , die bei jeder Diskussion des Außenpolitischen Berichtes sehr wohl auch von Ihrer Fraktion als Problematik der Beschäftigung von Angehörigen der Österreicher im Ausland aufgegriffen wird.

Abgeordneter Bauer nahm sich anscheinend nicht einmal die Mühe, das Abkommen zu lesen, denn sonst könnte er nicht sagen, daß es einen unbeschränkten bevorzugten Zugang der Angehörigen der in den internationalen Amtssitzen Beschäftigten gibt. Genau das Gegenteil ist der Fall: Im Annex 1 bei einem Abkommen und im Annex 4 beim anderen Abkommen ist ganz genau definiert, daß die Beschäftigungsbewilligung insofern erteilt wird, als die Beschäftigung nicht in einem Arbeitsmarktsektor oder in einer Region aufgenommen werden soll, wo laut Arbeitsmarktservice gravierende Arbeitsmarktprobleme bestehen. Das heißt, sie ist genau dort eingeschränkt, wo die Konkurrenz mit österreichischen Arbeitskräften besteht. Da vernadern Sie wirklich undifferenziert und erzeugen Neidgenossenschaft, und das muß man eindeutig zurückweisen, bei aller Sensibilität, die man diesen Privilegien vielleicht entgegenbringen soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie Sie wahrscheinlich auch wissen, befindet sich Österreich in enormer Konkurrenz, was die Ansiedlung internationaler Institutionen betrifft, und da geht es nicht nur um diplomatische Verhandlungen, sondern um Bedingungen, warum internationale Organisationen bei uns angesiedelt werden sollen.


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84. Sitzung / Seite 109

Herr Abgeordneter Bauer! Sie haben auch die Umwegrentabilität angesprochen. Mein Wahlkreis, Wien Innen/West, spürt diese Umwegrentabilität sehr wohl. Dort werden Hotelzimmer auch außerhalb der Saison gefüllt. Dort können Gaststätten auch außerhalb der Saison ein Geschäft machen.

Demnächst beginnt die Generalversammlung der Internationalen Atomenergiebehörde. Man kann sich auf Schilling und Groschen genau ausrechnen, was dabei für die Stadt Wien neben dem internationalen Prestige hereinkommen wird. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ohne diese Privilegien ...!) Nein, aber die Organisation.

Aber jetzt gehen wir weiter. Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden. Der zollfreie Laden "Commissary" ist seit Bestehen der Internationalen Atomenergiekommission in Wien, also seit den früheren sechziger Jahren, Bestandteil des Internationalen Zentrums. Jetzt kann man sagen: Die anderen Länder haben so etwas nicht! Aber die OECD in Paris hat zum Beispiel ein ebensolches Geschäft. Das liegt zwar sehr verborgen im tiefsten Keller dieser Organisation, aber es existiert. Also hier zu sagen: Nein, nein, das gibt es auf der ganzen Welt nicht!, ist einfach auf Uninformiertheit zurückzuführen! (Abg. Dr. Graf: In New York und Genf!)

Ich sage nicht, daß man diese Privilegien uneingeschränkt ausweiten soll, aber man soll nicht hetzen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollten sich schämen, daß Sie sich für diese Privilegien einsetzen!) , man soll keinen Neid erzeugen, man soll hier nicht unverständlicherweise vernadern und verhetzen. Dagegen, daß Sie hier eine Institution, auf die wir stolz sein können, nämlich den dritten Amtssitz der UNO, schlechtmachen, wehre ich mich! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch auf ein weiteres Problem hinweisen. Mit diesen Amtssitzen sind auch gewisse Immunitäten verbunden. Diese betreffen die Unverletzlichkeit der dort Angestellten, die Unverletzlichkeit der Wohnungen und der Amtsräume der dort Angestellten, und dafür sollten wir, wie ich meine, eine sehr große Sensibilität entwickeln. Wir haben heuer im Sommer gewisse Übergriffe auf Schwarzafrikaner, die zuerst verhaftet und erst danach befragt worden sind, erlebt. Ich hoffe, daß in Zukunft größere Sensibilität, was die Immunität insgesamt betrifft, was die Immunität der Person betrifft, was die Immunität der Amtssitze und Wohnungen betrifft, auch bei der österreichischen Exekutive zum Tragen kommt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.14

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Eigentlich bin ich sehr froh darüber, daß wir zwei neue internationale Organisationen dafür gewinnen konnten, sich in Wien anzusiedeln. Eigentlich bin ich froh darüber, daß wir uns gegen die Versuche, die UNIDO auszuhungern und unter Umständen auch abzusiedeln, wehren. Ich freue mich auch, daß wir diesen Menschen sämtliche Attraktivitäten anbieten konnten, so auch den Zugang zum Arbeitsmarkt für Angehörige der dort Angestellten, und zwar dann, wenn es maximal 35 Personen sind, die akkreditiert werden, wie zum Beispiel beim Joint Vienna Institute. Man kann davon ausgehen, daß maximal 35 bis 50 Angehörige das überhaupt jemals anstreben werden. Diese Menschen in adäquater Form zu behandeln, halte ich eigentlich nicht für verwerflich.

Holger Bauer! Es ist enorm schwierig, als Angehöriger eines Diplomaten auf seinen Beruf verzichten zu müssen und dieser Person in ein anderes Land zu folgen. Wenn man ein bißchen Rücksicht nehmen möchte und Partnerschaften ernst nimmt, dann sollte man es den Partnerinnen und Partnern, die davon betroffen sind, auch ermöglichen, in dem betreffenden Land unterzukommen und sich auf dem Arbeitsmarkt zu bewähren, und zwar unter den Kriterien des Arbeitsmarktes, die dort gegeben sind. Das heißt nicht, daß sie bevorzugt werden sollen, wenn sie keine Qualifikationen vorweisen, sondern selbstverständlich müssen sie über die Qualifikationen verfügen, die für den jeweiligen Jobs erforderlich sind. Ich halte es für wirklich billige


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Polemik, wenn man gerade diese Personen attackiert. Das ist, wie ich meine, nicht dein übliches Niveau!

Was die Organisation der CTBTO anlangt, muß ich sagen, daß das eine sehr interessante Sache ist. Am 24. September 1996 wurde ein Vertrag über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen unterzeichnet. Daraus resultiert auch diese Organisation, die zurzeit von einem Bundesdeutschen geleitet wird. Das ist deswegen eine interessante Sache, weil das, wie ich meine, jene Länder, die über Nuklearwaffen verfügen, zur Raison bringen kann.

Ich wurde ein klein wenig enttäuscht, als vor nicht allzu langer Zeit der USA gestattet wurde, Versuche durchzuführen, die nach meinem Verständnis eigentlich nicht zulässig waren. Aber offensichtlich habe ich mich in der Beurteilung dieser Situation geirrt. Das waren sozusagen Bomben mit beschränkten Auswirkungen, "kleine" Bomben sozusagen, die extra – man ist fast versucht zu sagen: für den Hausgebrauch – entwickelt worden sind. Diese Bomben fallen nicht unter die Bestimmungen des Vertrages, daher kann man sie testen.

Ich glaube aber, daß es nicht die Intention der Internationalen Gemeinschaft war, daß Nuklearversuche mit Bomben, die "ganz klein" und "sehr putzig" sind, gemacht werden dürfen. Das, was die Internationale Gemeinschaft vielmehr möchte, ist, daß sämtliche Nuklearwaffen auf dieser Welt verschwinden.

Deshalb bin ich froh darüber, daß es diese Organisation gibt und daß sie in Wien angesiedelt ist, denn vielleicht können wir wirklich das bewirken, was wir eigentlich wollten, nämlich daß auch Bomben mit beschränktem Radius, mit einer beschränkten Wirkung unter diesen Vertrag fallen. Wir sollten eine Erweiterung dieses Verbots erwirken, und damit das, was wir alle eigentlich wollen, erreichen.

Herr Bundesminister! Sie haben Österreich sehr gelobt, weil wir, was die Bekämpfung der Landminen, der Anti-Personen-Minen anlangt, aktiv geworden sind. Da stimme ich Ihnen zu. Ich glaube allerdings, daß der Riesenerfolg, der in Oslo erzielt wurde, der Umstand, daß so viele Länder unterzeichnet haben und noch unterzeichnen werden, darauf zurückzuführen ist, daß Prinzessin Diana unter unglückseligen Umständen ums Leben gekommen ist. Es hat sich der öffentliche Druck eigentlich darin artikuliert, daß man eben da, wo sie sich besonders engagiert hat und wo sie ihre Person eigentlich gegen die damalige Regierung – ich erinnere daran, daß es damals in Großbritannien noch eine konservative Regierung gab – gestellt und gesagt hat, da müsse es Grenzen geben und diese Waffen solle es nicht geben, ein Zeichen setzen wollte. Ich glaube, das hat letztlich den Durchbruch in den Verhandlungen bewirkt, und das war der eigentliche Grund, warum dieser Sieg errungen werden konnte – allerdings unter tragischen Umständen.

Ich möchte Ihnen dazu gratulieren, daß ein österreichischer Diplomat einen ausgezeichneten Vertragstext konzipiert hat. Das zeigt, daß wir eigentlich in der Diplomatie eine sehr gute Tradition haben. Schade ist allerdings, Herr Bundesminister, daß Sie offensichtlich die Außenpolitik nicht als Ihre Herzensangelegenheit betrachten, sondern nur als ein notwendiges Übel. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.19

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Frau Abgeordnete Martina Gredler hat in ihrem Debattenbeitrag gesagt, es gäbe für die Angestellten der gegenständlichen Institute keinen bevorzugten Zugang zum Arbeitsmarkt, sie müßten sich unter den gleichen Bedingungen und mit den gleichen Qualifikationen wie die Österreicher bewähren und bewerben.


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84. Sitzung / Seite 111

Ich berichtige tatsächlich wie folgt und zitiere zu diesem Zweck Artikel 14 lit. 1 und lit. k:

Die Angestellten des Instituts genießen in und gegenüber der Republik Österreich folgende Privilegien: lit. k: die Möglichkeit eines bevorzugten Zugangs zum Arbeitsmarkt für ihre im selben Haushalt lebenden Ehepartner und unterhaltsberechtigten Angehörigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.20


Nationalrat, XX.GP
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84. Sitzung / Seite 112

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.20

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Ich bin zum vorigen Tagesordnungspunkt als Redner aufgerufen worden, und ich möchte dazu erklären: Ich verstehe etwas von Wahlen, von Blauwalen aber weniger. Daher habe ich dazu auch nicht gesprochen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Haben Sie die richtige Rede mit?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mir bei dieser Debatte auffällt, ist folgendes: Abgeordneter Bauer hat von vornherein versucht, die Debatte in eine unverständliche Richtung zu drehen. Im Grunde genommen sind wir Österreicher bemüht, unsere Reputation bei derartigen Dingen tatsächlich ins Verhandlungskalkül zu ziehen. Nunmehr aber versucht die Freiheitliche Partei, eine Neiddebatte – selbst schon bei diplomatischem Personal –, ins Spiel zu bringen. Es darf uns nicht verwundern, wenn irgendwann einmal diese Organisationen sagen: Nach Österreich können wir nicht mehr, denn dort sind wir ständigen Anfeindungen ausgesetzt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Ich verstehe nicht, wieso diese Debatte überhaupt geführt wird. – Abgesehen davon, Abgeordneter Bauer, hat sich das, was du in deiner tatsächlichen Berichtigung gebracht hast, im Grunde genommen erübrigt, denn es war nicht mehr und nicht weniger als das, was Frau Abgeordnete Karlsson beziehungsweise Frau Abgeordnete Gredler bereits vorher hier beim Rednerpult gesagt haben, nämlich daß natürlich diesen Leuten auch der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt – mit gewissen Erleichterungen im Hinblick auf Ausländerbeschäftigungsgesetz – möglich ist. Genau darum geht es. (Abg. Dr. Graf: Bevorzugt! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Der Finanzminister hat gesagt, Unregelmäßigkeiten gehören beseitigt!) Offensichtlich geht es Ihnen von den Freiheitlichen immer wieder darum, Angst und Neid zu schüren – und um sonst gar nichts! (Beifall bei der ÖVP.  – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Ich bin sehr froh, daß diese Organisation ihren Sitz in Wien haben wird, denn, liebe Freunde, eines ist klar: Da geht es um ein generelles Verbot von Nuklearversuchen, und zwar nicht nur im militärischen, sondern auch im zivilen Bereich, und gerade deswegen ist das für uns auch höchst interessant, weil wir von Ländern umgeben sind, die Atomstrom herstellen und daher erleichterten Zugang zu Nuklearversuchen haben.

Uns interessiert sehr wohl, was beispielsweise in Tschechien passiert. Uns interessiert sehr wohl – und diesbezüglich haben wir auch gegenüber der Bevölkerung eine Verantwortung –, wie die Konsequenzen aussehen, wenn der Bau des AKW Temelin tatsächlich nicht zu verhindern ist. Was passiert dann in Tschechien? Da wollen wir schon entsprechende Kontrollen haben. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) – Es erübrigt sich, auf diesen Zwischenruf auch nur im geringsten einzugehen. Kollege Meisinger, Sie zeigen damit, daß Sie an der Sache selbst, nämlich der Bevölkerung eine Hilfestellung zu leisten, überhaupt kein Interesse haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher meine ich: Es geht hier nicht darum, diesbezüglich Neid oder Angst zu schüren, sondern einzig und allein darum, dem Außenministerium, im besonderen Herrn Vizekanzler Schüssel, Dank dafür auszusprechen, daß diese Organisation in Österreich tatsächlich Fuß faßt. (Beifall bei der ÖVP.)

14.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte, Herr Vizekanzler.

14.25

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! So einfach wie offensichtlich Holger Bauer glaubt, daß internationale Organisationen nach Wien zu bekommen sind – nämlich mit Privilegien oder zusätzlichen materiellen Versprechungen –, ist es nun wirklich nicht. Ich darf übrigens darauf hinweisen, daß meistens der Zuschlag ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) Darf ich argumentieren?

Normalerweise steckt zunächst einmal hinter dem Zuschlag – bevor die konkreten Verhandlungen gelaufen sind, wie hoch dann wirklich Miete, Investitionskosten und so weiter sind – härtestes politisches Lobbying.

Österreich hat sich – und das ist ein wirkliches Verdienst aus früheren Jahren beziehungsweise Jahrzehnten, beginnend mit Josef Klaus, später dann natürlich Bruno Kreisky, bis herauf zur Jetztzeit – als einer der ganz großen weltweiten Standorte internationaler Organisationen, als der einzige Standort innerhalb der Europäischen Union für die UNO und einer der vier Standorte weltweit durchgesetzt.

Das war nur möglich, weil Österreich ein gastfreundliches Land ist, weil wir vergleichbare Bedingungen anbieten, Bedingungen, die natürlich international vergleichbar sein müssen. Und gerade in diesem Fall, nämlich bei der CTBTO, zeigt sich, daß andere Standorte – Bonn, New York oder Genf – in manchen Bereichen einfach schon mehr angeboten haben, und zwar weit mehr als wir, und zwar gerade was den Zugang zum Arbeitsmarkt betrifft.

Es ist wirklich nicht richtig, was Sie hier behauptet haben, nämlich daß wir großzügige Geschenke anbieten, damit sich internationale Organisationen bei uns niederlassen.

Kurz zur CTBTO: Das ist eine der spannendsten Organisationen, die Wien zu einer Welthauptstadt im Kampf gegen die Atombombe, gegen die Weitergabe von Nukleartechnologie und zur Überprüfung des weltweiten Atomteststopps machen. Das ist eine der ganz großen neuen Organisationen, eine Organisation, die in den nächsten Jahren bis auf 300 Mitarbeiter ansteigen wird und damit den Schrumpfungsprozeß der UNIDO wettmacht, sodaß heute gesagt werden kann: Das Vienna International Center hat keine freien Kapazitäten mehr.

Es ist doch immerhin für Österreichs Außenpolitik ein ganz ordentlicher Erfolg, daß wir den Standort Wien aufgewertet und zu einem großen Erfolg gemacht haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun hat Holger Bauer zu Recht gefragt – das ist eine ganz notwendige und richtige Frage –, wie jetzt die Rechnung ausschaut. Darf ich das ganz kurz anhand dieses Falles erläutern: Wir investieren einmalig 30 Millionen Schilling, weil die Räume zum Teil abgewohnt sind und auf den letzten Stand gebracht werden müssen, verpflichten uns, pro Jahr 1 Million Schilling über fünf Jahre einzubringen, wissen aber, daß die Ausgaben dieser einen Organisation in Österreich jährlich ungefähr 200 Millionen Schilling ausmachen werden.

Eine einmalige Investition von 30 Millionen und weitere – auf fünf Jahre limitiert – jährliche Investitionen von 1 Million, also 35 Millionen Schilling, stehen jährlich 200 Millionen Schilling gegenüber. – Freunde, ein solches Geschäft empfehle ich jedem Investor! Das ist eine sehr gute Investition – auch in die österreichische Wirtschaft. Bitte nachzurechnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines möchte ich ganz deutlich zurückweisen: Ich lehne es – wie auch andere Redner – ab, daß man hier jetzt ein Spiel mit der Angst, mit dem Neid oder mit Privilegien beginnt. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. ) Darf ich argumentieren, lieber Abgeordneter Holger Bauer?


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84. Sitzung / Seite 113

Zur Frage "Zugang zum Arbeitsmarkt": Ja, es steht im Vertrag "präfenzieller Zugang zum Arbeitsmarkt" – aber innerhalb der Ausländerquote. Deswegen haben wir doch eine ganz bestimmte Ausländerbeschäftigungsquote. (Abg. Schieder: Richtig!)

Sie haben hier den Eindruck zu erwecken versucht, als würden dadurch Österreicher einen Arbeitsplatz verlieren beziehungsweise nicht bekommen können. Aber es wird doch möglich sein, daß man argumentiert, daß innerhalb der Ausländerquote, die gemeinsam vom Parlament beschlossen wurde, Angehörige von Diplomaten oder Mitarbeiter – das ist genau der Text, bitte glauben Sie mir das – bevorzugt einen Arbeitsplatz bekommen. Ich setze mich auch dafür ein, daß, wenn beispielsweise eine ausländische Fluglinie eine Flugverbindung nach Wien eröffnet, sie dann selbstverständlich, wer auch immer – China Airlines, Japan Airlines oder die United Delta Airlines –, im Rahmen der Ausländerquote bevorzugt auf dem österreichischen Arbeitsmarkt behandelt werden. Deswegen wollten wir diese spezifische Quote von 1 Prozent.

Deswegen haben wir das geschaffen; das hilft und nützt dem Standort Österreich. Machen Sie hier bitte kein Spiel mit dem Neid, denn wir sind in Wirklichkeit restriktiver als New York, Genf oder Bonn. Der Zugang zum Arbeitsmarkt innerhalb der Ausländerquote – ich wiederhole das – gefährdet keinen einzigen österreichischen Arbeitsplatz und hilft, den Standort Wien, auch den internationalen Standort, besser abzusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt zu den Zollfreiläden: Das klingt natürlich stark, wenn Sie sagen, jeder Diplomat kann Whiskey und Zigaretten zollfrei kaufen. Es stimmt, dieser Einwand ist berechtigt: Es gibt nicht überall solche Zollfreiläden, aber es gibt sehr viele internationale Organisationen, wo ähnliche Möglichkeiten vorhanden sind.

Ich möchte der Faktenfeststellung nachhelfen und sagen, daß es weltweit immer unbestritten gewesen ist – so steht es auch in den internationalen Verträgen –, daß jeder Diplomat selbstverständlich zollfrei und mehrwertsteuerfrei Produkte importieren kann, was immer er will. Es ist daher aber auch ein Zollfreiladen in der Vienna International City eine Chance, dort österreichische Produkte verkaufen zu können und auch eine Chance, daß dort Österreicher einen Arbeitsplatz finden.

Hören Sie also bitte mit diesem Neid- und Privilegiengetue auf! Der Wiener Standort soll nicht schlechtgemacht werden – nicht einmal durch die Opposition. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.32


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84. Sitzung / Seite 114

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Graf gemeldet. Maximale Redezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.32

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Vizekanzler, Sie haben gesagt, daß eine Privilegierung des Zugangs zum Arbeitsmarkt lediglich innerhalb der Quote festgelegt sei. – Diese Behauptung ist unrichtig. Im Artikel 14 ist die Privilegierung festgeschrieben. In Ihrer eigenen Regierungsvorlage, und zwar in den Erläuternden Bemerkungen zum Artikel 14, steht auf Seite 20 – ich zitiere –:

Für diese Personengruppe, nämlich die Diplomatenangestellten und -angehörigen derselben, kann eine Beschäftigungsbewilligung auch nach Überschreitung der gesetzlichen Bundeshöchstzahl im Rahmen der Bundeshöchstzahl-Überziehungssverordnung erteilt werden. (Rufe bei den Freiheitlichen: Ah da schau her!)

Herr Bundesminister! Ich glaube, diese kleinen "Unschärfen", die da permanent zutage treten, machen Ihre Politik nicht glaubwürdiger. Ich würde Sie bitten, daß Sie sich, wenn Sie schon von der Regierungsbank etwas sagen, an Ihre eigene Regierungsvorlage halten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Vizekanzler. – Bitte, Herr Vizekanzler.

14.33

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter, es bleibt dabei: Deshalb haben wir ja eine Quote – das eine ist ja nationales Recht und das andere ist ein internationaler Vertrag –, die nicht voll ausgeschöpft wurde und wird, damit wir für diese Bereiche Arbeitsplätze finden können – egal, ob das jetzt Fluglinien, internationale Investoren oder beispielsweise Diplomatenangehörige und ihre Kinder sind, und zwar ohne einem Österreicher einen Arbeitsplatz wegzunehmen.

Drehen Sie das Argument einmal um: Es gibt ja auch Österreicher, die im internationalen Umfeld als Diplomaten tätig sind. Ich möchte Ihnen schon deutlich sagen, daß ich auch möchte, daß unsere Diplomaten in New York, in Genf, in Bonn oder wo immer die Chance haben, mit ihren Angehörigen im Rahmen der dortigen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zugelassen zu werden.

Das ist ja überhaupt noch so skurril, daß es nicht einmal die Möglichkeit gibt – derzeit jedenfalls nicht, ich kämpfe aber um das Verständnis des Hohen Hauses, damit wir diese Situation verbessern –, daß man sich selbst, im Rahmen der Möglichkeiten eben, weiterversichern kann, damit dann, wenn die Ehefrau, die Tochter oder wer immer zurückkommt, Versicherungszeiten nicht verloren sind. Es muß doch möglich sein – Herz haben, wurde zuerst erwähnt; glauben Sie mir, ich habe es –, ein Herz auch für jene Menschen in unserem Land zu haben, die für uns und unseren Standort wichtig sind! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstatterin findet nicht statt. Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen lasse.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich Abkommen mit der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über den Amtssitz der Kommission samt Anhängen und Briefwechsel in 710 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht mit Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist damit angenommen .

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich Abkommen mit dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute samt Anhang in 711 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht mit Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen .

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bundesregierung (III-82 und Zu III-82 der Beilagen) über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 1995) (772 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zum Punkt 11 der Tagesordnung.


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84. Sitzung / Seite 115

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung hiezu liegt von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé vor. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 8 Minuten wird angezeigt. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

14.36

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Sicherheitsbericht zeigt uns sehr signifikant und schwarz auf weiß, wie sich die kriminelle Szene in Österreich in den vergangenen Jahren geändert hat. Schon im Inhaltsverzeichnis dieses Berichtes wird der organisierten Kriminalität sehr breiter Raum gewidmet. Da lesen wir von chinesischen kriminellen Organisationen, türkischen kriminellen Organisationen, italienischen kriminellen Organisationen und so weiter und so fort.

Den russischen kriminellen Organisationen wird im Sicherheitsbericht bestätigt, daß sie eine steigende Tendenz aufweisen. 30 bis 40 Firmen werden in Österreich monatlich gegründet, von denen man annimmt, daß ihre Tätigkeit hauptsächlich im kriminellen Bereich liegt. Bei den Aktivitäten der Jugo-Mafia ist ebenfalls verstärkte Aktivität spürbar. Die chinesischen kriminellen Organisationen – das wurde festgestellt – betätigen sich hauptsächlich im Schlepperunwesen; es werden immer wieder sich illegal hier aufhaltende Asiaten festgenommen.

Die italienische Mafia hat sich Österreich sozusagen als Rückzugsgebiet beziehungsweise auch – das bestätigt dieser Bericht – als Transitland vorbehalten. Damit kommen natürlich auch kriminelle Aktivitäten in Österreich zum Tragen. – Die türkischen kriminellen Organisationen beschäftigen sich hauptsächlich mit KFZ-Verschiebungen und Suchtgifthandel.

Daran sieht man schon, daß sich das kriminelle Leben in Österreich ganz radikal verändert hat. Wir leben nicht mehr auf der sogenannten Insel der Seligen, wo es hin und wieder einmal eine Wirtshausrauferei oder leichte Kriminalität gibt, sondern die organisierte Kriminalität hat sich in Österreich fest verankert – mit allen Gefahren, mit allen Aggressionsauswirkungen und mit allen negativen Auswirkungen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es wird immer wieder erwähnt, daß die Kriminalitätsrate um 1 oder 2 Prozent zurückgegangen ist. Das dürfte sich jedoch in letzter Zeit geändert haben. Herr Abgeordneter Kiss hat heute eine Presseaussendung herausgegeben, in der es heißt, daß in Österreich in jeder Minute ein Delikt begangen wird. Das würde bedeuten, daß in Österreich in der Vergangenheit 525 000 Delikte gesetzt wurden, und das heißt weiters: um 70 000 Delikte mehr als im Jahre 1996. Es gibt also bei uns ein ganz eklatantes Ansteigen der Kriminalität, wenn man den Worten des Herrn Abgeordneten Kiss glauben darf. – Ich habe jedoch keine Veranlassung, an seinen Ausführungen zu zweifeln,  denn er hat ja wahrscheinlich ganz gute Kanäle ins Innenministerium.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß die schwere Kriminalität zugenommen hat, daß die Kriminalität sich überhaupt auf einem sehr hohen Niveau befindet. Nach dem Bericht des Innenministeriums wurden 486 000 Delikte im Berichtsjahr begangen, nach Informationen des Herrn Abgeordneten Kiss sogar 525 000! (Abg. Mag. Posch: Ja, ja, alle sind kriminell!)

Ich möchte Ihnen auch folgendes vor Augen halten: Die Kriminalität hat seit dem Jahre 1970 um mehr als 70 Prozent zugenommen. Vergleicht man das mit dem Jahr 1989, dann kommt man auf eine Steigerung der Kriminalität um 21,1 Prozent; die Verbrechen sind sogar um 33,7 Prozent gestiegen. Auf diesem hohen Niveau nimmt die organisierte Kriminalität einen sehr großen Stellenwert ein: Laut Sicherheitsbericht betreffen davon 30 bis 35 Prozent die organisierte Kriminalität.

Herr Innenminister! Es trifft mich besonders hart, daß Sie dieser Entwicklung überhaupt keine Strategie entgegenzusetzen haben. Sie schreiben sowohl in Ihrem Sicherheitsbericht und


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84. Sitzung / Seite 116

sagten auch im Ausschuß, daß "das rechtliche und organisatorische Instrumentarium zur Bekämpfung der neuen Formen der organisierten Kriminalität auszubauen" sei. – Ich muß sagen, das ist wirklich sehr nebulos! Diese nebulose Aussage entspricht überhaupt nicht der wirklich gravierenden Bedrohung, die es in Österreich durch die organisierte Kriminalität gibt. Herr Minister! Solche Formeln, die Sie da von sich gegeben haben, sind die Formeln der Ratlosen! Anstatt sich zu überlegen, wie man das neue Waffengesetz wieder ändern könnte – obwohl es erst seit zwei Monaten in Kraft ist –, sollten Sie einmal Ihre und die Energie Ihrer Mitarbeiter dazu verwenden, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie man die organisierte Kriminalität in Österreich wirksamer bekämpfen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität möchte ich Ihnen auch noch vor Augen führen – bitte, bagatellisieren Sie das nicht! –, in welchem Ausmaß die Suchtgiftkriminalität gestiegen ist. Das paßt ja mit der organisierten Kriminalität zusammen, denn laut Sicherheitsbericht kommen 90 Prozent der in Österreich vertriebenen Heroinmengen über die Balkanroute, sie kommen also illegal nach Österreich. Es ist wirklich alarmierend, wie die Suchtgiftkriminalität in diesem Berichtsjahr gestiegen ist. (Abg. Schieder: Hoffentlich illegal! – Abg. Mag. Posch: Wie oft haben Sie heute schon das Wort "Kriminalität" in den Mund genommen?)

Ich wiederhole, daß 90 Prozent über die Balkanroute kommen, Herr Abgeordneter! (Abg. Schieder: Hoffentlich 100 Prozent illegal!) Ja, das nehme ich an, außer vielleicht für medizinische Zwecke. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. ) Passen Sie auf, denn Sie waren, glaube ich, nicht im Ausschuß! (Abg. Mag. Posch: Wie oft haben Sie das Wort "Kriminalität" in Ihrem Konzept?) Wir diskutieren jetzt über die Kriminalitätsstatistik, also kann ich folglich nicht über die Umwelt reden, denn das wäre eine Themenverfehlung, Herr Abgeordneter! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Suchtgiftkriminalität ist enorm, und zwar um 9 Prozent gestiegen. Herr Minister, auch diesbezüglich bagatellisieren Sie wieder! (Abg. Dr. Graf: Aber der Herr Minister ist lernfähig!) Im Ausschuß haben Sie gemeint: Je mehr wir tun, desto mehr wird aufgeklärt! – Das kann schon wahr sein, aber: Wieviel wird nicht aufgeklärt? Wir wissen, daß besonders im Suchtgiftbereich die Dunkelziffer enorm groß ist. Da frisieren Sie ja auch wieder an der Statistik herum. Ich habe von einem Erlaß gehört, der besagt: Die Anzahl der bekannt gewordenen strafbaren Handlungen im Suchtgiftbereich darf jene der Tatverdächtigen nicht überschreiten. – Das heißt, wenn ein Tatverdächtiger mehrere Suchtgiftverfehlungen begangen hat, dann wird das nur als ein Delikt gewertet, weil – nach Ihrem Erlaß – nicht jede Handlung gegen das Suchtgiftgesetz extra in die Statistik aufgenommen werden darf. (Rufe bei den Freiheitlichen: Unglaublich!)

Sehr geehrter Herr Minister! Ich habe wirklich den Eindruck, daß Sie und Ihr ganzer Apparat nicht mehr Bekämpfer, sondern nur noch Beobachter der Suchtgiftszene sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.  – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In der Wiener Innenstadt, in den U-Bahnstationen und Parks wird ungehindert gedealt. Es gibt überall, von der Innenstadt bis hinauf zum Gürtel, eine Suchtgiftszene, wo ohne Hemmungen gedealt wird. Erst vor einigen Tagen hat mir ein Suchtgiftdealer beziehungsweise einer, der solches vermittelt, erzählt, daß man in der U-Bahn bereits weiß, daß, wenn ein Schwarzafrikaner im Waggon sitzt, das ein Suchtgifthändler ist. (Abg. Tichy-Schreder: Haben Sie ihn angezeigt?) Dort wird die Vermittlertätigkeit abgewickelt, Herr Minister! Das passiert alles vor den Augen Ihres Polizeiapparates! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. ) Sie können mich dann später privat alles Mögliche fragen.

Herr Minister! Das wird noch von Ihrem Apparat unterstützt, denn vielfach sind diese Suchtgiftdealer Schwarzafrikaner – man weiß, daß es hauptsächlich Nigerianer sind –, die sich illegal in Österreich aufhalten. Da kann man Ihnen wirklich nur schwerstes Versagen anlasten. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf einen heutigen Artikel der "Kronen-Zeitung", denn im Bereich der Illegalen passiert eine Groteske nach der anderen. (Abg. Schieder: Ausländer


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feinde!) Leute werden von der Grenzgendarmerie, die wir extra mit mehreren Milliarden Schilling bezahlen, eingefangen – und nach ein paar Stunden wieder freigelassen, weil es keine Schubhafträume gibt. In Graz beispielsweise wurden 24 Rumänen festgenommen, aber man hatte gerade für 23 Schubräume zur Verfügung. Zu einem hat man dann gesagt: Sie müssen Österreich verlassen! Bitte, tun Sie das!

Jene fünf in Niederösterreich aufgegriffenen Illegalen, die angegeben haben, daß sie nach Italien wollen, sind inständigst gebeten worden, auch dorthin zu gehen und nicht in Österreich zu bleiben. – Das sind die Methoden Ihres Sicherheitsapparates, Herr Minister! Da sage ich Ihnen schon: Lassen wir lieber gleich den ganzen Grenzdienst, wenn so gehandelt wird, denn das hat überhaupt keinen Sinn. Es ist sowohl gegenüber Schengen als auch gegenüber denjenigen Ländern, denen wir uns verpflichtet haben, verantwortungslos – aber auch gegenüber den Österreichern –, so zu handeln. (Abg. Schieder: Man kann halt nicht nur deutsche Verbrecher haben! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Herr Minister! Ich sehe ja ein, daß Ihre Aufgabe äußerst schwierig ist. Aber wenn Sie dem Ganzen nicht gewachsen sind, dann würde ich Ihnen empfehlen, nach New York zu fahren und dort Nachhilfeunterricht beim ehemaligen Polizeipräsidenten Bill Bratton zu nehmen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Diesem ist es nämlich innerhalb von zwei Jahren gelungen, in New York sowohl hinsichtlich der Gesamt– als auch der Drogenkriminalität Ordnung zu machen. (Rufe bei der SPÖ: Polizeistaat!) Ein Staat ist kein Polizeistaat, wenn die Bürger damit einverstanden sind, daß die Kriminalität bekämpft wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Holen Sie sich das Know-how in Amerika, Herr Minister! Ich gebe Ihnen dann einen Artikel, in dem Sie nachlesen können, was alles in New York geschehen ist, damit die Stadt wieder in Ordnung kommt. Herr Minister Schlögl, Ihre "Schonzeit" ist jedenfalls vorbei. Wir erwarten uns, daß Sie endlich Initiativen zur Eindämmung der Kriminalität setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.48

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die Abgeordneten Kammerlander und Genossen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen betreffend die Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbesondere ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet –, erteilt wurden.

Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht verlangt. Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Leikam vor. – Bitte.

14.49

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, daß ich zu Beginn meiner Ausführungen zum Sicherheitsbericht 1995 kurz eines Mannes gedenke, dem die innere Sicherheit über die Parteigrenzen hinweg immer ein besonderes Anliegen war und der mit seinen Beiträgen zur Sicherheitsdebatte hier im Hause ganz entscheidend die Sicherheitspolitik unseres Landes mitgeprägt hat: Ich


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spreche hier von unserem Kollegen Robert Elmecker, der nach kurzer Krankheit im Juli dieses Jahres verstorben ist. (Die Anwesenden verharren in Trauer.) – Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren! Der Sicherheitsbericht 1995 ist der vierte Bericht in Folge – und für 1996 wird es der fünfte Sicherheitsbericht sein –, der eine ständig fallende Kriminalitätsentwicklung und eine ständig höhere Aufklärungsquote aufzuweisen hat.

Frau Kollegin Partik-Pablé! Da Sie auf das Jahr 1989 zurückgegriffen haben: Es stimmen zwar diese Zahlen, die Sie hier genannt haben, Se wissen aber genauso wie wir alle, daß es seit 1992 der Exekutive durch ihre Aktionen und Aktivitäten jedes Jahr gelungen ist – nicht zuletzt durch die rechtlichen Voraussetzungen, die das Parlament der Exekutive in die Hand gegeben hat –, die Kriminalität in unserem Lande sukzessive zurückzudrängen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber 525 000 sagt Herr Abgeordneter Kiss!)

Es ist nun einmal eine Tatsache und auch im Sicherheitsbericht nachzulesen – nicht in allen Fällen hat Paul Kiss recht, das muß ich gleich dazusagen –, daß 1995 die Gesamtzahl der strafbaren Handlungen um 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr oder um rund 18 000 Fälle zurückgegangen ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Abgeordneter Kiss sagt, jede Minute passiert ein Delikt!) Es stimmt auch nicht, daß bei den schweren Delikten ein Ansteigen festzustellen ist: Bei den strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben gibt es ein Minus von 1,7 Prozent, bei den strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen ein Minus von 4,3 Prozent, bei den strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit ein Minus von 21,3 Prozent, und die Aufklärungsquote ist ebenfalls, wie bereits gesagt, gestiegen und wird 1996 erstmals die über 50 Prozent-Marke erreichen. Meine Damen und Herren! Das ist international gesehen ein absoluter Spitzenwert! (Beifall bei der SPÖ.) Man kann daher ohne Übertreibung feststellen, daß die Sicherheitspolitik in Österreich auf dem richtigen Weg und Österreich damit eines der sichersten Länder der Welt ist. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Aufrechterhaltung und Gewährleistung der inneren Sicherheit in Österreich müssen ein gemeinsamer Auftrag und eine gemeinsame Verpflichtung der österreichischen Bundesregierung, insbesondere der beiden Bundesminister für Justiz und Inneres, aber auch aller Mandatare sein. Es ist uns allen klar, daß das Grundrecht auf Sicherheit in seiner gesamten Bandbreite für den einzelnen Staatsbürger nicht allein durch polizeiliche Mittel sichergestellt werden kann – das wissen wir alle sehr genau –, aber der demokratische Rechtsstaat und auch die Sicherheitsexekutive leisten hiebei einen ganz wichtigen Beitrag.

Frau Kollegin Partik-Pablé! Sie haben zu Recht auf die organisierte Kriminalität hingewiesen. Gerade deshalb hat das Parlament im Juli dieses Jahres ein Gesetz zur besonderen elektronischen Überwachung beschlossen, weil gerade mit diesem Gesetz – besser bekannt unter "Lauschangriff" und "Rasterfahndung" – die organisierte Kriminalität in unserem Lande erfolgreicher bekämpft werden soll, als das in der Vergangenheit mit den bisher üblichen Methoden der Fall gewesen ist.

Meine Damen und Herren! Für die kommenden Monate wird der Innenminister dem Nationalrat wieder einige ganz wesentliche Vorlagen überreichen, mit denen wir uns zu befassen haben werden. Es wird dies eine Vorlage zur Errichtung einer Sicherheitsakademie sein, eine Forderung, die schon viele Jahre im Raum steht, bei der wir aber im Grunde genommen nicht weitergekommen sind, aber nun freuen wir uns, daß es ernst wird mit der Sicherheitsakademie.

Weiters werden wir die Reform der Staatspolizei in Angriff nehmen; die entsprechende Unterlagen sind bereits ausgearbeitet. Ich sage an dieser Stelle aber gleich dazu, es wird nicht so sein, daß wir nur die eine Seite, nämlich die Staatspolizei, reformieren, aber auf der anderen Seite bei den Heeresdiensten nichts geschieht. Diesbezüglich wird es eine gemeinsame Debatte geben müssen.

Schließlich – das möchte ich überhaupt nicht verschweigen, gerade in den letzten Wochen hat es ja eine sehr umfangreiche Diskussion darüber im gesamten Land gegeben hat – ist eine


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weitere Novelle zum Waffengesetz vorgesehen. Unser Koalitionspartner ist noch nicht ganz so weit, um da mitgehen zu können, aber ich bin dennoch guter Hoffnung und voller Zuversicht, daß es nach gründlicher Diskussion und genauer Abwägung aller Vor- und Nachteile möglich sein müßte, eine weitere Verschärfung des Waffengesetzes zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß alle Abgeordneten, die bereit sind, Verantwortung in diesem Lande zu tragen, einen positiven Beitrag zu einer weiteren Verbesserung der inneren Sicherheit leisten werden, denn zu einer guten Lebensqualität in einem Land gehört auch die innere Sicherheit. Wir Österreicherinnen und Österreicher können uns glücklich schätzen, in einem Land zu leben, in dem es eine beachtliche Lebensqualität und eine hohe innere Sicherheit gibt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Abschluß meines Debattenbeitrages allen Exekutivbeamten danken, die mit ihrem Dienst dazu beitragen, daß diese Erfolgsziffern möglich sind. Weiters möchte ich den beiden Ministern für Inneres und Justiz und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken. Abschließend möchte ich meine herzliche Gratulation dem Herrn Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Mag. Sika übermitteln, der vor wenigen Tagen sein 40jähriges Dienstjubiläum gefeiert und, wie er selbst einmal gesagt hat, bereits zwölf Innenminister "überlebt" hat: Herzliche Gratulation namens unserer Fraktion! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Tichy-Schreder.  – Ruf bei den Freiheitlichen: Der wird auch dich "überleben"! – Der sich im Sitzungssaal befindliche Generaldirektor Mag. Sika verbeugt sich in Richtung der Abgeordneten.)

14.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Kier. Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich Sie um 15 Uhr unterbrechen muß. – Bitte.

14.57

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nütze diese 2 Minuten eigentlich nur dahin gehend, von diesem Rednerpult aus die grundsätzliche Feststellung zu treffen, über die ich mich nach der Unterbrechung meiner Rede gerne vertiefend unterhalten möchte, daß nämlich diesem Sicherheitsbericht der politische Teil fehlt. Es fehlt ihm die politische Einschätzung durch den Bundesminister! Ich meine, die Zahlen sind zwar ganz interessant, aber leider geradezu historisch.

Es fehlt also die politische Bewertung – und das ist nicht nur schade, sondern zum Teil auch gesetzesverletzend, denn im Sicherheitspolizeigesetz steht, daß im darauffolgenden Jahr die entsprechenden Daten vorzulegen sind. Wir schreiben nun das Jahr 1997, aber diese Daten sind von 1995. Nach den Gesetzesvorschriften müßten wir heute eigentlich die Daten des Jahres 1996 besprechen. Die Ignorierung dieser Vorschrift ist eine politische "Aussage".

Was sonst noch dazu zu sagen ist, darauf möchte ich nach Behandlung des nun folgenden Dringlichen Antrages eingehen. Ich möchte nur schon jetzt die Gelegenheit dazu nützen, dem Herrn Bundesminister persönlich ein Schreiben zu überreichen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Kier überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Schlögl ein Schriftstück.)

14.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wie ich gerade höre, ist Herr Minister Fasslabend noch nicht im Hause. Ich unterbreche daher die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 15.02 Uhr wiederaufgenommen.  – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 555/ A (E).


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Dieser Antrag ist inzwischen allen Abgeordneten zugegangen, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Rudolf Anschober, Freundinnen und Freunde betreffend "Heeres-Geheim-Dienste – 12 Jahre Wildwuchs sind genug"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, dem Ministerrat bis 31. 12. 1997 den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Organisation, Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle der Nachrichtendienste (Dienstgesetz-DG) mit folgendem Inhalt vorzulegen:

Zusammenlegung der drei Nachrichtendienste des Innen- und Verteidigungsministeriums zu einer einzigen Einrichtung – mit einer staatspolizeilichen und einer heeresnachrichtlichen Abteilung;

dabei sollen die Aufgaben der heeresnachrichtendienstlichen Abteilung auf die Beobachtung und Analyse von militärisch oder sicherheitspolizeilich bedeutsamen Ereignissen und Entwicklungen im Ausland beschränkt werden;

Unterstellung dieses Nachrichtendienstes einer Staatsschutzkommission bestehend aus einem vom Bundeskanzler zu nominierendem Mitglied als Vorsitzendem, dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit im Bundesministerium für Inneres, dem Generaltruppeninspektor im Bundesministerium für Landesverteidigung, dem Generalsekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, die vom jeweils zuständigen Bundesminister mit der Leitung dieses Dienstes beauftragten Beamten sowie je einem Vertreter der im Hauptausschuß vertretenen Parteien, wobei der Bundesminister für Landesverteidigung wie der Bundesminister für Inneres dieser Kommission regelmäßig über die Ergebnisse der Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Abteilung zu unterrichten hat;

keine Übertragung von Aufgaben betreffend die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit an die heeresnachrichtendienstliche Abteilung, da diese Aufgaben ausschließlich den Sicherheitsbehörden obliegen sollen;

keine Legitimierung von Grundrechtseingriffen durch ein zu schaffendes Militärbefugnisgesetz;

Gewährung von Akteneinsicht und Auskunft für die betroffenen BürgerInnen im Sinne der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24. 10. 1995 zum Schutze natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr;

Erstellung eines Berichtes über die Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Abteilungen durch die Staatsschutzkommission bis zum 31.3. eines jeden folgenden Jahres."

In formeller Hinsicht wird die dringliche Abhandlung dieses Antrages gemäß §§ 74a (2) i.V.m. 93 (1) GOG verlangt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Antragsteller erhält zunächst Herr Abgeordneter Anschober das Wort zur Begründung. Seine Redezeit beträgt nach § 74a Abs. 5 GOG 20 Minuten. – Bitte.


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15.03

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Einleitung zunächst zwei Sätze, die mir sehr wichtig sind.

Erstens meine ich, es ist wichtig festzuhalten, daß, was die Arbeit der beiden Kontrollausschüsse im Parlament zu den Heeresgeheimdiensten betrifft – auf diese Arbeit werden wir ja sicherlich noch eingehen –, Vertraulichkeit gilt. Diese ist selbstverständlich auch in dieser Debatte einzuhalten, und daran halte ich mich selbstverständlich.

Zweiter Punkt: Dies ist keine Bundesheer-Debatte, sondern eine Debatte über die Demokratie in unserem Lande. Dies ist eine Debatte über die Grundrechte in diesem Land und die Frage, wie man mit Bereichen, in denen es zumindest diskussionswürdige Fragen über Demokratieverträglichkeit gibt, politisch umgeht und wie eine parlamentarisch-politische Kontrolle diesbezüglich im Detail aussehen könnte, daß sich das Bundesheer im eigenen Territorium, in eigenen Bereichen selbst schützt. Auch das – vorweggestellt – ist für mich eine Selbstverständlichkeit und sollte nicht Kern und Gegenstand einer Debatte sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die österreichischen militärischen Dienste haben eine lange Tradition, sind nach 1955 Schritt für Schritt wieder entstanden. Das Heeres-Nachrichtenamt wurde 1972 gegründet, 1985 gab es die politisch bekannte Situation der Teilung dieses Dienstes in ein Heeres-Abwehramt und in einen Heeres-Nachrichtendienst durch den damaligen Verteidigungsminister Dr. Frischenschlager. Er wird seine Gründe gehabt haben. Er hat damals auch einiges über die Notwendigkeit von klaren, konkreten gesetzlichen Rahmenbedingungen formuliert. Verteidigungsminister Fasslabend hat dies bereits mehrfach anders gesehen. Ich zitiere aus einer APA-Aussendung des Verteidigungsministers vom 16. April 1996, in der Minister Fasslabend folgendermaßen zitiert wird: Die Einrichtung der Heeres-Nachrichtendienste und die Festlegung ihrer Kompetenzen muß nicht gesetzlich geregelt sein. – Zitatende.

Das war erstens eine sehr klare Aussage darüber, daß es derzeit – abgesehen von Verordnungen und Weisungen – diese detaillierte, konkrete gesetzliche Festlegung von Rahmenbedingungen nicht gibt; und genau das ist derzeit die problematische und politisch höchst fragwürdige Praxis.

Es existieren im Bereich des Bundesheeres zwei große Dienste, die von ihrer Budgetierung, von ihrer Personalausstattung, von ihrer technischen Ausstattung her bedeutend über die Staatspolizei zu stellen sind. Es existieren zwei große Dienste ohne einen konkreten, detaillierten gesetzlichen Rahmen. Es existieren zwei Geheimdienste im militärischen Bereich ohne eine konkrete gesetzliche Definition ihrer Arbeitsbefugnisse und Arbeitslegitimationen und ohne eine detaillierte Verankerung der Bürger- und Grundrechte. Deshalb können diese beiden großen Dienste seit vielen Jahren in einem weitgehend gesetzesfreien Raum arbeiten. Österreich ist damit – und ich habe mir vieles an vergleichenden Studien angesehen –, was die Einbindung von Grundrechten, Transparenz und Bürgerrechten bei den Geheimdiensten betrifft, europaweit das Schlußlicht.

Das ist die derzeitige Situation aus unserer Sicht. Zwölf Jahre Wildwuchs in diesem Bereich – seit 1985, seit der Teilung – müßten eigentlich endlich genug sein. Zwölf Jahre Wildwuchs, zwölf Jahre Entwicklung zu einem Staat im Staat müßten endlich reichen und längstens genug sein.

Es wurde heuer zu Jahresbeginn – auch parlamentarisch öffentlich – angekündigt, daß es sehr wohl einen Fortschritt in die Richtung geben würde, daß mittels eines Militärbefugnisgesetzes diese gesetzliche Legitimation für die Arbeit der Nachrichtendienste, der militärischen Geheimdienste in Österreich geschaffen werde.

Das wurde für das erste Quartal dieses Jahres angekündigt. Anfang August dieses Jahres wurde – nach meinem Informationsstand – der Entwurf für ein derartiges Militärbefugnisgesetz an das Innenressort und an die Parlamentsklubs von ÖVP und SPÖ übermittelt. Dieser Entwurf wurde uns vor wenigen Tagen zugespielt; er ist erschreckend genug. (Abg. Scheibner: Diskretion!) Es handelt sich hiebei um einen Entwurf, der nicht nur auf Beamtenebene ein Vorentwurf ist, Herr Minister, sondern dies ist ein Entwurf, der in weiten Bereichen – natürlich nicht nur im Heeresbereich – politisch akkordiert ist und der eben in der regierungsinternen Vorbegut


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achtung mit dem Innenressort, das von einem derartigen Entwurf mit diesem Inhalt selbstverständlich betroffen wäre, bereits in einem Abklärungsprozeß stand.

Ich bin daher sehr froh darüber, daß wir diesen Entwurf rechtzeitig erhalten haben. Ich bin sehr froh darüber, daß durch das Aufzeigen durch die Grünen dieser Entwurf noch rechtzeitig gestoppt werden konnte und daß nun fast alle Parteien dieses Parlaments klargestellt haben, daß es auf diese Art und Weise nicht geht.

Was hat sich das Militär in diesem Entwurf für ein Militärbefugnisgesetz im Detail zu erarbeiten und selbst an Befugnissen zuzubilligen versucht? – Es gibt hier weitgehende militärische Legitimierungen. Es gibt in diesem Bereich kein Militärbefugnisgesetz, sondern meines Erachtens nach ein Militärermächtigungsgesetz und den Versuch, in weiten Bereichen Parallelstrukturen zur Exekutive im militärischen Bereich aufzubauen sowie Eingriffe in Grundrechte zu realisieren, die auf diese Art nicht einmal im Bereich der Exekutive vorhanden sind.

Dazu möchte ich ganz konkret sagen: Es gibt in diesem Entwurf eines Militäbefugnisgesetzes Vorkehrungen, und zwar was die Datenermittlung mit Bild und Ton betrifft, die absolut die Ermächtigung für die Durchführung eines Lauschangriffes darstellen. (Abg. Scheibner: Wo?) Wir haben in diesem Haus lange Jahre hindurch über die Frage Lauschangriff für die Staatspolizei, für das Innenressort (Abg. Dr. Khol: Wo ist das? Sagen Sie mir den Paragraphen!) – ich komme sofort zu Ihnen, Herr Khol – diskutiert. Da hat es viele lange, erbitterte und vehemente Diskussionen gegeben.

Es gab Bedenken von Datenschützern und Grundrechtsexperten, Bedenken der Grünen und Liberalen, Bedenken von Teilen der sozialdemokratischen Fraktion und auch Bedenken von etlichen Mitgliedern der ÖVP-Fraktion. Das hat zumindest dazu geführt (Abg. Dr. Khol: Welcher Paragraph?)  – und ich bin damit überhaupt noch nicht glücklich – , daß es einen verstärkten rechtlichen Filter gibt, der eingebaut wurde. Es wurde zwar die Genehmigungspflicht – wie etwa bei Telefonüberwachungen – durch richterliche Behörden eingeführt, doch es hat eine Beschränkung und zumindest ein Abschneiden verschiedener Kanten und Auswuchsmöglichkeiten in diesem Bereich gegeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das gibt es im § 48 (1) dieses Gesetzentwurfes nicht. § 48 (1) sieht im Detail eine ganz umfassende Datenerhebungsmöglichkeit vor. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) § 48 (1) dieses Entwurfes, den Sie sich mittlerweile offensichtlich selbst zu Gemüte geführt haben, sieht folgendes vor. Ich zitiere nun Abs. 2 des § 48 (Abg. Jung: Die Erläuterungen hat Ihnen die SPÖ nicht zugeschickt?):

Militärische Dienststellen dürfen von den Organen der Gebietskörperschaften und der anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von den durch diese Körperschaften betriebenen Stiftungen, Anstalten und Fonds jene Auskünfte verlangen, die diese Dienststellen als wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung von Aufgaben nach Abs. 1 benötigen. – Zitatende.

Eingefügt in Abs. 1 ist folgendes: Militärische Dienststellen dürfen Daten ermitteln und verarbeiten zur Vorbereitung und Durchführung der Ergänzung, zur Vorbereitung und Durchführung einer Inanspruchnahme von Leistungen und zur nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr. – Das ist nicht konkret definiert, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich zitiere weiter aus Abs. 2: Die ersuchte Stelle, von der die Daten abgehoben und abgefragt werden, ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Diese Verpflichtung besteht auch für Auskünfte aus der zentralen Informationssammlung et cetera et cetera. (Abg. Dr. Khol: Lesen Sie weiter!) Ich kann gerne weiterlesen, Herr Klubobmann. Ich habe 20 Minuten Redezeit zur Verfügung.

Die Auskunft hat sich zu beschränken auf Namen, Geschlecht, Wohnsitz, Geburtsdatum und Geburtsort einer Person sowie auf die von den militärischen Dienststellen zum Gegenstand der Anfrage gemachten Umstände. – Das heißt, auf alles (ironische Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Khol und Amon ), weil die militärischen Dienststellen nach diesem Gesetz – und darauf komme ich noch, Herr Klubobmann Dr. Khol – weitestgehende Befugnisse haben, die weit über den engeren militärischen Bereich hinausgehen.


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Ausdrücklich lautet Abs. 3 des § 48: Zur Erfüllung dieser Aufgaben nach Abs. 1 sind militärische Dienststellen darüber hinaus berechtigt, Daten aus allen anderen verfügbaren Quellen durch Einsatz geeigneter Mittel zu ermitteln, insbesondere durch Zugriff auf allgemein zugängliche Daten, Einholen von Auskünften, Beobachten und durch Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten. (Abg. Dr. Khol: Von allgemein zugänglichen Daten!) Was anderes als die Durchführung ... (Abg. Dr. Khol: Das ist weder Lausch noch Raster!) Herr Klubobmann Dr. Khol! Was anderes als die Legitimierung des Lauschangriffes ohne richterliche Erlaubnis, ohne richterlichen Filter, ist dieses?! (Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

Genau das wird Ihnen von Militärexperten in der Öffentlichkeit gesagt. Genau das wird Ihnen von den Experten des Innenministeriums gesagt. (Abg. Dr. Khol: Überhaupt nicht!) Genau das wird Ihnen von den Experten der Exekutive gesagt, daß dies nämlich ein klarer, unkontrollierbarer Schritt in Richtung Lauschangriff und – was die Datenverarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeit betrifft – auch in Richtung des Rasterns ist.

Ein weiterer Punkt ist der Bereich der Observation, und sehr entscheidend ist der Punkt der Weitergabe von ermittelten Daten im § 51 dieses Entwurfes. In diesem § 51 wird dargestellt, daß militärische Dienststellen Daten nur – Punkt 6 – übermitteln dürfen, neben einigen anderen Bereichen, an ausländische Militärbehörden, soweit dies militärischen Interessen der Republik Österreich oder des Empfängerstaates dient. – Wie dies mit dem Gebot zur Neutralität vereinbar ist, Herr Klubobmann Dr. Khol, Herr Klubobmann Dr. Kostelka, ist mir schleierhaft! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Es ist mir schleierhaft, daß man derartige Daten an ausländische Militärbehörden, und zwar im Interesse dieser fremden Militärbehörden übermitteln darf. Das ist ein Passus, der völlig untragbar und mit dem Neutralitätsgebot unvereinbar ist.

Nächster Punkt: Es wird im § 23 dieses Gesetzentwurfes auch die Frage des Betretens von Grundstücken und Räumen definiert. Diesen Paragraphen zitiere ich Ihnen in der Folge konkret und ausführlich.

§ 23: Militärische Organe dürfen bei Gefahr in Verzug – diese "Gefahr im Verzug" ist nicht definiert – Grundstücke, Räume und Fahrzeuge betreten, sofern dies zur Abwehr einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung gegen Personen oder Sachen nach § 10 Abs. 2 und 3 erforderlich ist, oder dadurch ein zulässiger Waffengebrauch vermieden werden kann oder dies zur Erfüllung von Einsatzaufgaben im Einsatzraum erforderlich ist.

Was immer das auch heißen mag: Das ist ein völliger Gummiparagraph (Abg. Wabl: Militärdiktatur!), ein völlig weich formulierter Paragraph in diesem Bereich, der mit dem "Höhepunkt" schließt – ich zitiere weiter: Zu diesen Zwecken dürfen militärische Organe auch Behältnisse, die sich in den zu betretenden Objekten befinden, öffnen. – Es gibt wieder keine Konkretisierung, sondern eine völlig schwammige, breite Formulierung und damit eine Legitimierung von weitesten Handlungsmöglichkeiten für die militärischen Organe.

Dann kommt man zu § 4, nämlich zum Geltungsbereich dieses Gesetzes. Herr Minister! Sie wissen genau, daß dieser einer der zentralsten Kritikpunkte ist. Mich würde interessieren, ob Sie heute hergehen werden und sich ganz einfach, wie es sich für einen Verteidigungsminister gehört, vor diesen Entwurf stellen – oder ob Sie doch die politische Sensibilität haben, zu sagen: In einigen Bereichen ist man da wirklich zu weit gegangen; so wird das nicht durchgehen. – Das ist für mich die politische Frage.

§ 4 des Entwurfes – ich zitiere –: § 4 dieses Gesetzes regelt den Geltungsbereich dieses Gesetzes durch die Definition der sogenannten militärischen Bereiche. Unter § 4 fällt unter Punkt 4 zum Beispiel als militärischer Bereich, für den dieses Gesetz Gültigkeit haben würde, der Standort von Heeresgut.

Wir wissen, daß es relativ mobile Standorte von Heeresgut – zum Beispiel Lastkraftwagen, Jeeps oder ähnliches – gibt. Wenn man hier nicht definiert, für welche Formen von Heeresgut und in welchem Umfeld dieses Gesetz zu gelten hat, dann würde dieser militärische Bereich überall dort gelten, wo man einen Militär-LKW parkt. Das kann doch bitte nicht Sinn und Zweck der Übung sein, denn damit könnte man das militärische Feld, den militärischen Bereich de


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facto jederzeit mobil auf ganz Österreich ausdehnen. – Das kann nicht der Punkt sein! Ich hoffe, Herr Minister, daß das zumindest Ihrer Aufmerksamkeit entgangen ist.

Wenn dieser Gesetzentwurf Realität werden würde, wäre der täglichen Bespitzelung in unserem Lande Tür und Tor geöffnet. Das kann doch nicht akzeptabel sein! Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie selbst Hardliner der ÖVP ein solches Gesetz verteidigen wollen.

Ich habe, nachdem wir diesen Gesetzentwurf veröffentlicht haben, in erster Linie Anrufe von besorgten Militärs bekommen (ironische Heiterkeit bei der ÖVP – Abg. Dr. Ofner: Welcher Nation?) , von Militärs, die gesagt haben: Danke dafür, daß das abgewendet worden ist. – Es gibt nicht nur solche Stahlhelme wie Sie, Herr Maitz! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Haha!) Es gibt nicht nur Militärs, die einer demokratischen Gesinnung nicht erste Priorität zuschreiben. – Danke dafür, daß ein derartiges Ermächtigungsgesetz in diesem Lande nicht Wirklichkeit wird, hieß es.

Herr Minister Fasslabend! Die entscheidenden Fragen sind für mich folgende: Sagen Sie uns ganz konkret: Waren Sie über diesen Gesetzentwurf informiert? Haben Sie dieses Gesetz politisch akzeptiert? Haben Sie diesen Entwurf bereits unterzeichnet? Tragen Sie diesen Entwurf in allen Details politisch mit? Oder: In welchen konkreten politischen Details finden Sie, daß dieser Entwurf zu weit geht? (Abg. Dr. Maitz: Die Inquisition ist am Werk!) Wo werden Sie die eigenen Militärs zurücknehmen?

Welche konkreten politischen Konsequenzen ziehen Sie daraus? Oder ziehen Sie sich jetzt, nachdem dieses Militärermächtigungsgesetz gescheitert ist, auf den Standpunkt zurück, den Sie im April 1996 der APA mitgeteilt haben, daß nämlich derartige Heeresdienste keinen gesetzlichen Rahmen bräuchten? Das sind die entscheidenden Fragen, die Sie uns heute beantworten müssen.

Es sind mittlerweile nur wenige Akten der Heeresdienste bekannt. Einer davon ist der Akt meiner Kollegin Doris Pollet-Kammerlander. In diesem Akt wird dargestellt, was über Frau Kollegin Kammerlander konkret seitens der Heeresdienste ermittelt wurde. Unter anderem wird ihre Teilnahme an einer Anti-Atomdemonstration angeführt. – Was geht es militärische Geheimdienste in diesem Land an, wohin sich Frau Pollet-Kammerlander oder Frau Müller oder Herr Meier bei Anti-Atomangelegenheiten bewegt? (Abg. Schieder: Man sollte die überwachen, die zu einer Atomdemonstration gehen!) Warum kann ein militärischer Geheimdienst in diesen Bereichen aktiv werden?

Flugblätter der Bürgerinitiative "Parlament" befinden sich in diesem Akt, weiters Unterlagen über einen Alpen-Adria-Alternativkongreß – völlig gewaltfreie Aktivitäten, die mit Militär und militärischer Landesverteidigung überhaupt nichts zu tun haben.

Ein weiterer Punkt, der sich aus diesem Akt ergibt: Über Ihre steirischen Parteifreunde gibt es wahrscheinlich auch Akten der Heeresdienste. Es werden nämlich die Teilnahme und die Aktivität von Frau Abgeordneter Pollet-Kammerlander im Umkreis der Anti-Abfangjägerdemonstrationen dargestellt – unter Anführung des Kfz-Kennzeichens der Frau Abgeordneten. (Abg. Mag. Kukacka: Zu Recht! Zu Recht!)

Wenn das Sinn und Tätigkeit der Heeresdienste sind, dann, so meine ich, muß diesem zwölfjährigen Wildwuchs raschest ein Ende bereitet werden! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier. )

Genau das ist nun der Gegenstand dieses Dringlichen Antrages, daß nämlich, basierend auf zehn konkreten Reformpunkten, der Verteidigungsminister aufgefordert wird, bis Jahresende ein realistisches, den Wildwuchs zähmendes Reformpaket in diesem Zusammenhang vorzulegen. Es muß garantiert werden, daß es eine parlamentarische Kontrolle gibt, die dem Niveau etwa der USA, Italiens oder Deutschlands entspricht, ... (Abg. Mag. Kukacka: Die gibt es die ganze Zeit schon!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!


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Abgeordneter Rudolf Anschober
(fortsetzend): ... und daß jeder einzelne Abgeordnete diese Kontrollrechte selbst ausüben kann: etwa durch Akteneinsicht, Einberufungsrecht und Zeugenbefragungsrecht.

Nur dann, wenn diese parlamentarisch-politische Kontrolle stimmt, nur wenn diese konkret realisierbar ist, wird dieser Heeresapparat auf den Boden der Demokratieverträglichkeit zurückgeführt werden können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zu diesem Thema hat sich der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.23

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In der Begründung für die heutige Antragstellung lautete der erste Satz des Herrn Abgeordneten Anschober sinngemäß, das sei keine Bundesheerdebatte, sondern eine Debatte über die Nachrichtendienste und die Demokratie.

Ich frage mich: Warum hat er diesen Satz gewählt? (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. ) Hat er selbst den Verdacht gehabt, daß irgend jemand auf die Idee kommen könnte, daß das eine Bundesheerdebatte ist, die nur in anderer Form ausgetragen wird? (Abg. Dr. Petrovic: Eine Debatte über die Militärs!) Zweifelsohne gibt aus meiner Sicht einiges von den Abläufen durchaus zu denken. Ich werde mir daher, bevor ich auf die Inhalte des Antrags eingehe, erlauben, auch einige Worte zum angesprochenen Entwurf zu diesen Arbeitspapieren zu sagen.

Die Debatte über eine weitere Verrechtlichung auch im militärischen Bereich ist nicht neu, sondern wird bereits seit längerer Zeit geführt. In Österreich ist infolge dieser Debatte in den neunziger Jahren einiges realisiert worden. Es ging nicht nur um eine weitere Verrechtlichung der militärischen Aufgabenstellung, sondern auch um eine der Exekutive. Die Vorgangsweise, zuerst ein Polizeibefugnisgesetz zu erstellen und danach auf Grundlage der Erfahrungen mit diesem Gesetz ein neues zu beschließen, das auch in militärischen Angelegenheiten eine weitere Verrechtlichung bringt – aber selbstverständlich von seiner Bedeutung her als sekundär zu betrachten ist, weil es nur einen sehr eingeschränkten Bereich betrifft –, ist zweckentsprechend und war von vornherein so abgeklärt.

So wurde zunächst ein Gesetzentwurf über die Rechte und Befugnisse der Polizei, der Exekutive verfaßt und von diesem Haus beschlossen, nämlich das Sicherheitspolizeigesetz. Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes wurde auch die Verrechtlichung im militärischen Bereich eingehend diskutiert beziehungsweise haben intensive Arbeiten daran begonnen.

Es ist daher – durchaus auch im Sinne des Gleichklanges in der österreichischen Rechtsordnung – ein Entwurf von den Juristen unseres Hauses ausgearbeitet worden. Ich sage ganz bewußt: von Verfassungs- und Verwaltungsjuristen, nicht von irgendwelchen Militärs, sondern von Kennern der Materie, von zivilen Personen, die sich mit Rechtsangelegenheiten befassen. Dieser Entwurf baut im wesentlichen nicht nur auf der Gliederung und den Inhalten des Polizeibefugnisgesetzes auf, sondern hat darüber hinaus gleichzeitig in sehr kritischer Weise untersucht und eingearbeitet, inwieweit es diesbezüglich gesetzliche Regelungen und Bestimmungen im Ausland gibt, insbesondere unter Einbeziehung der gesamten dogmatischen Diskussion und der gesetzlichen Lage in Deutschland, wo von allen europäischen Staaten die rechtspolitische Debatte wahrscheinlich am stärksten, intensivsten und längsten geführt worden ist, und auch der Schweizer Erfahrungen.

Das Ergebnis der Überlegungen der Experten – unter Einbeziehung des Polizeibefugnisgesetzes und mit Berücksichtigung der internationalen Rechtslage – liegt nun als ein erster Entwurf vor. Er ist, wie Sie genau wissen, noch lange nicht reif, um tatsächlich als Gesetz in diesem Haus beschlossen zu werden!


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Ich möchte auch die weitere Vorgangsweise noch kurz zur Sprache bringen. Wir haben uns in den Reihen der Regierungsparteien selbstverständlich über den Terminkalender unterhalten und die Erstellung dieses Entwurfes für das erste Halbjahr in Aussicht genommen. Ich wurde vom Klubobmann unseres Regierungspartners ersucht, ihm einen Expertenentwurf zu übermitteln, und zwar nicht, wie üblich, erst dann, wenn alles bereits ausdiskutiert, klar und das Gesetz begutachtungsreif ist, sondern schon in einem sehr frühen Stadium, damit, da es sich hiebei um eine sensible Materie handelt, darüber entsprechend diskutiert werden kann.

Selbstverständlich habe ich es als meine Sorgfaltspflicht angesehen, nicht nur die Experten meines Hauses zu befragen, sondern auch einen Experten aus einem verwandten Ressort, dem Innenressort, beziehungsweise jemanden aus dem Justizbereich heranzuziehen, um auch etwas von der Außensicht zu erfahren. Deren Ergebnis ist noch nicht eingearbeitet. In einem Fall liegt die Stellungnahme noch nicht einmal vor, weil es eben ein erster Expertenentwurf ist.

Es ist erst soweit, daß sich die Experten unseres Hauses mit anderen Experten noch kein einziges Mal darüber unterhalten haben, geschweige denn, daß politische Gespräche stattgefunden haben. (Abg. Öllinger: Das sind die richtigen Experten!) Daß es so ist, war nicht nur innerhalb der Regierungsparteien klar, sondern – das wissen auch Sie, Herr Abgeordneter Anschober – seit Beginn dieses Sommers, weil Sie mich persönlich dazu befragt haben. Ich habe Ihnen gesagt, daß zwar ein erster Expertenentwurf vorliegt, dieser aber für die politische Diskussion noch nicht reif ist. Daher verbleibt er auch im Schoße der Regierungsparteien, bis er soweit ausgereift ist, daß er vorgelegt werden kann. (Abg. Scheibner: Das war aber ein großer Schoß! – Zwischenruf des Abg. Wabl. )

Wie er trotzdem zu Ihnen und von Ihnen mit den entsprechenden Kommentaren versehen sofort in die Redaktionen verschiedener Zeitungen gelangt ist, das überlasse ich der Bewertung der Mitglieder dieses Hohen Hauses. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Kostelka.  – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Es ist ein Gebot der Fairneß, daß man bei einem Expertenentwurf, wenn man weiß, daß er noch unausgereift ist – und der Minister ausdrücklich darauf hinweist –, nicht so tut, als würde damit ein Überraschungscoup gelandet. Diese Fairneß erwarte ich mir von einem Parlamentarier. Ich sage das durchaus persönlich, Herr Abgeordneter: Ich habe in meiner bisherigen Tätigkeit als Bundesminister für Landesverteidigung des öfteren Kontakt mit Ihnen gehabt und bisher nie schlechte Erfahrungen gemacht. Diese Ihre Vorgangsweise aber hat mich enttäuscht. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Grund dafür, daß ich die Mutmaßung habe, daß politische, nämlich innenpolitische Gründe dahinter stehen könnten, ergibt sich nicht nur aus Ihrem Einführungsstatement. Auch die Genese und die Inhalte legen nahe, daß die politische Debatte, die auch nach außen geführt wurde, eine andere ist als das, was in Ihrem Antrag steht.

Das, was auch als erster Punkt im Antrag steht, ist das gleiche Ziel, das Sie immer gehabt haben (Abg. Wabl: Was denn? Keine Polemiken!) , wenn ich mir erlauben darf, das zu sagen: Das ist der Versuch, zwei funktionierende Sicherheitseinrichtungen unseres Staates nicht nur in der öffentlichen Diskussion abzuwerten, sondern sie möglichst auch zu zerschlagen. (Abg. Wabl: Geh, bitte schön! Erzählen Sie einmal ...!) Ich sage Ihnen: Das wird Ihnen mit Sicherheit nicht gelingen, denn das sind wertvolle Einrichtungen für die Sicherheit unseres Landes und der Bürger und stellen jetzt und in Zukunft unverzichtbare Bestandteile unseres Staates dar. (Beifall bei der ÖVP.)

Das, was in der Öffentlichkeit diesbezüglich verbreitet wurde, nämlich daß es sich dabei um einen Eingriff in Bürgerrechte handelt, daß es um Rasterfahndung, Lauschangriff et cetera geht, ist in der Debatte in diesem Haus ganz anders dargestellt worden. (Abg. Dr. Petrovic: Was hat das mit der Atomdemonstration zu tun?) Tatsache ist, daß das Gesetz in seinem Entwurf keine einzige Verfassungbestimmung enthält und daher schon von vornherein entgegen der Verfassung kein maßgeblicher Eingriff in Bürgerrechte sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)


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Zweitens: Es ist auch im Beamtenentwurf ausdrücklich festgestellt, daß, wenn Lauschangriff oder Rasterfahndung erforderlich sein sollten (Abg. Dr. Petrovic: Wieso werden gerade Anti-Atomdemonstrationen bespitzelt?) , diese selbstverständlich ausschließlich im militärischen Bereich unter den gesetzlichen Bedingungen der Strafprozeßordnung und des Strafprozesses anzuwenden sind und diese Bedingungen von all den Vorschlägen, die vorliegen, in keinster Weise berührt sind. (Abg. Dr. Petrovic: Was tut der Heeres-Nachrichtendienst bei Anti-Atomdemonstrationen?) Ich möchte Sie bitten, auch das zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz zu den Inhalten: Wir verfügen über zwei Dienste (Abg. Wabl: Zwei zu viel!) , und die Tätigkeit dieser Dienste ist für eine qualifizierte Öffentlichkeit transparent (Abg. Wabl: Transparent!) , im Sinne des parlamentarischen Kontrollausschusses, der im Hause regelmäßig tagt und in dem, wie Sie wissen, jegliche Auskunft vom Minister und seinen Beamten gefordert werden kann. (Abg. Scheibner: Gefordert werden sie schon, aber nicht vom Minister!) Über Beschluß dieses Gremiums kann auch Einsicht in alle Akten genommen werden, und zwar nicht, wenn Sie einen persönlichen Akt sehen wollen, sondern wenn dieses Gremium, das eine große Verantwortung hat, das beschließt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das österreichische Heer verfügt über zwei Nachrichtendienste (Abg. Dr. Kostelka: Zwei Nachrichtendienste? – Abg. Wabl: Einer zu viel!) : das Heeres-Nachrichtenamt, das sich ausschließlich mit den Ereignissen im Ausland beschäftigt und eine unverzichtbare Quelle für die sicherheitsmäßige Beurteilung in unserem Umfeld darstellt. Seine Qualität ist auch von internationalen Experten immer wieder anerkannt worden. (Abg. Wabl: Iranischer Geheimdienst, KGB, Securitate, CIA ...!) Seine Ergebnisse verschwinden nicht, wie Sie meinen, irgendwo in der Schublade, sondern werden selbstverständlich auch allen entsprechenden Ressorts in der Bundesregierung und Einzelpersönlichkeiten zur Verfügung gestellt. (Abg. Wabl: Iranischer Geheimdienst, KGB, Securitate, CIA ...!) Warum man unbedingt möchte, daß die zweite Organisation, nämlich das Heeres-Abwehramt, welches die Sicherheitseinrichtung des Heeres darstellt, verschwindet (Abg. Dr. Petrovic: Was macht das bei Anti-Atomdemonstrationen?) oder mit einer weiteren Sicherheitseinrichtung des Staates, nämlich der Staatspolizei, zusammengelegt wird, verstehe ich vom demokratiepolitischen Standpunkt aus überhaupt nicht. (Abg. Wabl: Was machen sie bei Waffenschiebereien?) Was könnte oder sollte eine Ansammlung von Kapazitäten in diesem Bereich mehr erbringen? (Beifall bei der ÖVP.)

Eine paar Fragen zu: Wozu diese Sicherheit? (Abg. Dr. Petrovic: Wieso bei Anti-Atomdemonstrationen, Herr Bundesminister?) Haben Sie jemals darüber nachgedacht, wie wichtig es ist, daß die Munitionslager des österreichischen Bundesheeres und dessen Waffen, die komplex, in ihrer Wirkungsweise zweifellos von ganz besonderer Bedeutung sind, gesichert werden? Das ist keine Aufgabe, die man einem Wachdienst übertragen kann, denn dabei geht es selbstverständlich nicht nur um die Sicherung dieser Geräte, Waffen und Munition (Abg. Wabl: Keine Anti-AKW-Initiativen!) , sondern darum, daß man sich auch damit auseinandersetzt, welche Leute zum Beispiel befugt sind, die Waffenkammer, ein Munitionslager oder geheime Einrichtungen des Staates zu betreten. In diesem Bereich ist es absolut notwendig, entsprechende Sicherheitsauskünfte zu haben und Vorkehrungen zu treffen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic. ) Das ist eine Sicherheitsleistung, die auch in der Zukunft absolut unverzichtbar ist. Es gibt keinen Staat und keine Armee der Welt, in der man darauf in irgendeiner Form verzichten könnte. (Beifall bei der ÖVP.)

Das, wofür wir stehen, wofür ich mich immer eingesetzt habe und einsetzen werde, ist, daß die Dinge auch transparent sind. Und die Transparenz geht bei uns so weit (Abg. Dr. Petrovic: Alle Bürgerinitiativen!) , daß alle Geräte-Bestellungen nicht in einem geheimen Kämmerlein von den Amtsleitern durchgeführt werden können, sondern über den normalen Bestellweg und über das Budget gehen. Das ist Tatsache, und das steht in tiefgreifendem Widerspruch zu dem, was Sie gesagt haben! (Zwischenruf des Abg. Anschober. )

Herr Abgeordneter! Sie haben noch einige ganz konkrete Punkte angesprochen. Punkt 1 betrifft – ich bin bereits darauf eingegangen – die Zusammenlegung der Dienste. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es zielführend ist, die Befugnis für einen Waffen- oder Munitionstransport


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Polizeikräften zu übertragen und nicht beim Bundesheer selbst zu belassen, also bei jeder Übung, bei der Waffen und Geräte verwendet werden, deren Bewachung nicht von Soldaten, sondern durch extra angeforderte Polizeikräfte durchführen zu lassen. (Abg. Dr. Petrovic: Was haben die bei Anti-Atomdemonstrationen zu suchen?) Ich glaube, das würde eine Verminderung der Kapazität im Bereich von Polizei und Gendarmerie mit sich bringen, was für die Sicherheit unseres Landes zweifellos sehr, sehr schlecht sein würde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Was hat das mit der Bürgerinitiative zu tun?)

In Punkt 2 Ihres Antrages sprechen Sie die Aufgabenstellung von Staatspolizei und Heeres-Nachrichtendienst an. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Wissen Sie, daß die Aufgabenbeschreibung der "heeresnachrichtendienstlichen Abteilung", wie Sie es nennen, exakt dem Beamtenentwurf entspricht? Das ist eine Tatsache! Machen Sie sich doch einmal die Mühe und vergleichen Sie die gesetzlichen Bestimmungen, dann werden Sie draufkommen, daß jeder Staat und jede Armee die Notwendigkeit eines entsprechenden Selbstschutzes haben. Darauf habe ich bereits hingewiesen.

Zweitens: Sie reden von der Unterstellung des Nachrichtendienstes unter eine "Staatsschutzkommission". In einer Demokratie kann man natürlich über alle möglichen Formen der Kontrolle, auch über alle möglichen administrativen Formen, diskutieren, und das ist auch sinnvoll. Ich kann jedoch keinen Sinn darin sehen, wenn eine Einrichtung der Regierung, der Exekutive nicht durch eine parlamentarische Kommission, sondern durch eine andere Einrichtung dieser Regierung kontrolliert werden soll. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Die Kontrolle auf Kommissionen abzuschieben, ist nichts anderes als ein Delegieren von Verantwortung, wo dann niemand mehr zuständig und auch die Effizienz der Instrumente entsprechend herabgemindert ist, weil niemand wirklich dahintersteht und jeder den ganzen Bereich an jemand anderen abschiebt – bis es zu spät ist. (Abg. Anschober: Zusätzlich!)

Ich möchte Ihnen auch sagen, wie sehr ich selbst von den Informationen profitiert habe, als es etwa in der Jugoslawien-Krise unmittelbar an unserer Grenze kriegerische Ereignisse gegeben hat.

Damals haben Leute auch im Ministerium angerufen und gesagt: Es wird bereits geschossen, die ersten Bomben haben dort eingeschlagen. Warum geht denn das Bundesheer nicht an die Grenze? – Wissen Sie, warum wir nicht hingegangen sind? – Weil wir die nachrichtendienstliche Information gehabt haben, daß es kontraproduktiv gewesen wäre hinzugehen. Wir haben gewußt, daß in diesem Fall die Soldaten der jugoslawischen Volksarmee die Information hatten, daß österreichische Kräfte an der Grenze stehen und sie deshalb in den Norden geschickt werden. Ein zu frühes Entsenden des österreichischen Bundesheeres an die Grenze hätte daher bedeutet, daß das Risiko eines Konfliktes ganz enorm gestiegen wäre. – Dazu sind diese Dienste da, und sie haben auch im weiteren Verlauf entsprechende Dienste geleistet, auch kostenmäßig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Was hat das mit Doris Pollet-Kammerlander zu tun? Was hat das mit der Atomkraftgegnerin zu tun?)

Ich erinnere mich auch daran, daß ich durchaus nicht nur von Angehörigen der Grenzbevölkerung, sondern selbst von Angehörigen dieses Hauses kritisiert worden bin, als ich den Abzug unserer Truppen von der jugoslawischen Grenze verfügt habe. Dazu war ich deshalb in der Lage, weil ich gewußt habe, daß die Kräfteverteilung auf der anderen Seite der Grenze so ist, daß wir uns das erlauben können, daß es nicht nur ratsam, sondern kostenmäßig günstiger, wirtschaftlicher und auch demokratiepolitisch besser ist. – Das ist der Sinn von Nachrichtendiensten, nicht das, was Sie immer wieder dahinter vermuten! (Abg. Anschober: Was hat das mit der Anti-Atomdemo zu tun?)

Nun zu Ihrem Punkt 4 damit ich nichts vergesse – : Sie behaupten, daß eine Übertragung von sicherheitspolizeilichen Aufgaben an das Militär mit diesem Entwurf beabsichtigt ist. – Ich möchte dazu sagen: In keiner Weise. Wir sind mit den Agenden, mit welchen wir betraut sind, mehr als ausgelastet. Sicherheitspolizeiliche Aufgaben soll die Polizei erledigen! Das ist Aufgabe der Staatspolizei! Auf der anderen Seite ist es jetzt notwendig und wird es auch in Zukunft notwendig sein, daß die Sicherheitsbedrohungen im militärischen Bereich auch von militärischen


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Organisationen entsprechend beantwortet werden. Dafür sind unsere Dienste da, und zwar ausschließlich dafür. Für diese Abgrenzung werde ich mich jetzt und auch in Zukunft immer entsprechend einsetzen! (Abg.  Dr. Petrovic: Wieso wird ein Parlamentarier bespitzelt?)

In Punkt 5 zitieren Sie eine EU-Richtlinie. Sie zitieren sie allerdings leider nicht vollständig, weil genau diese EU-Richtlinie auch eine Reihe von Ausnahmen in bezug auf den Datenschutz vorsieht, und zwar dort, wo es erforderlich ist: zugunsten der öffentlichen Sicherheit. Und darum handelt es sich hier: Es geht um Ausnahmen zugunsten der öffentlichen Sicherheit und nicht um eine Spielwiese für irgendwelche Persönlichkeiten! Das ist das Kriterium, das dahinter steht, und das sollte man, glaube ich, auch in aller Objektivität anerkennen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Punkt "Legitimierung von Grundrechtseingriffen" möchte ich nur noch einmal wiederholen: Dieser erste Expertenentwurf ist sozusagen noch nicht reif für eine qualifizierte Diskussion, schon gar nicht über den Rahmen dieses Hauses hinaus, die Diskussion ist selbst in Expertenkreisen noch nicht abgeschlossen, weil die ersten Stellungnahmen noch nicht eingearbeitet sind. Dennoch möchte ich sagen: Dieser Entwurf sieht keine einzige Verfassungsbestimmung vor, daher kann es aufgrund dieses Gesetzes auch keinen Eingriff in irgendwelche Grundrechte geben. Er ist im wesentlichen eine Zusammenfassung von notwendigen Befugnissen. (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Grünen.)

Sie fordern weiters noch die jährliche Überprüfung beziehungsweise den jährlichen Bericht der Staatsschutzkommission und auch die Möglichkeit zur persönlichen Akteneinsicht. – Ich habe auch diesbezüglich bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht: Ich glaube nicht, daß ein jährlicher Bericht das richtige Instrument ist, sondern ich meine, daß regelmäßige Sitzungen viel mehr bringen. Und genau das sieht die österreichische Rechtsordnung vor, und zwar nicht durch Zufall. Erst im heurigen Frühjahr haben wir beschlossen, daß es eine höhere Anzahl von Sitzungen geben soll, und zwar soll mindestens einmal im Quartal eine Sitzung stattfinden. Ich glaube, daß wir das zur Kenntnis nehmen sollten! (Zwischenruf des Abg. Anschober. ) Das ist neuestes Recht, Herr Abgeordneter, und daher, wie ich meine, eine durchaus geeignete Grundlage!

Im vorletzten Punkt haben Sie das Recht der persönlichen Akteneinsicht angesprochen. – Die jetzige Regelung des Gesetzes und der Geschäftsordnung sieht nicht nur vor, daß jede einzelne Auskunft verlangt werden kann, sondern daß selbstverständlich auch das Recht auf persönliche Akteneinsicht, wenn gewünscht, auch jedes Mitglieds dieser Kommission, besteht. Das ist ein Recht, mit dem sich dieser Ausschuß in seiner Gesamtheit zu beschäftigen hat. (Abg. Wabl: Sie blockieren ja alles! In wie viele Akten wurde schon Einsicht genommen?) Nicht der einzelne Abgeordnete soll darüber entscheiden, ob er sich einen Akt vorlegen läßt, ob er ein besonderes persönliches Interesse an einer anderen Person hat. Er soll um nichts bessergestellt werden als jeder andere Staatsbürger. Aber für den Fall, daß die Notwendigkeit besteht, sehen das Gesetz und die Geschäftsordnung auch diese Berechtigung vor. (Abg. Anschober: Wie oft hat es schon Akteneinsicht gegeben?)

Ich komme damit zum Schluß. (Abg. Öllinger: Wie oft durfte man in einen Akt schon Einsicht nehmen?) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verrechtlichung in Bereichen, die mit Sicherheit zu tun haben, ist diesem Hause und unserem Ministerium ein langjähriges Anliegen, dessen Umsetzung im Interesse der Sicherheit unseres Landes notwendig ist. (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Grünen.) Denn wir haben etwa in der Jugoslawien-Krise die Erfahrung gemacht, daß wir eigentlich keine ausgesprochene rechtliche Handhabe für den Fall haben, daß ein Besucher aus der Umgebung versucht, eine Kanone oder einen Panzer zu erklettern. Wir haben kein ausgesprochenes Recht, ihn abzuweisen. Daher dient dieses Gesetz auch dazu, die Rechtsbefugnisse und die Rechtsnotwendigkeiten, die es bei der Auftragserfüllung gibt, auch entsprechend sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel Probleme aufgetaucht, weil irgendein Grundbesitzer der Meinung war, daß man, wenn es schon sein muß, den Wachestand doch möglichst beim Nachbarn bauen soll. So ist es halt üblich: Man soll nichts vor dem eigenen Haus aufbauen, sondern möglichst beim Nachbarn, damit die eigenen Gartenbeete nicht zerstört


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werden. – In Anbetracht dessen ist es notwendig, daß man unseren Soldaten, die diesen Dienst ja nicht nur aus lauter Begeisterung tun, sondern weil dieser eine Verpflichtung der Republik, unseres Volkes ist, auch die Möglichkeit gibt, ihre Aufgabe zu erfüllen, wenn sie schon ihr Leben riskieren müssen. Vor diesem Hintergrund sehe ich das, und daher sind diese Rechtsbefugnisse notwendig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich daher zum Schluß sagen: Ich stehe allen Anregungen, die es in diesem Bereich gibt, sehr positiv gegenüber, weil ich glaube, daß wir alle die Verpflichtung haben, das bestmögliche Gesetz zu machen, und daß wir die Verpflichtung haben, für Sicherheit zu sorgen und natürlich auch in der Abgrenzung so exakt wie möglich zu sein. Ich meine, daß wir aber auch die Verpflichtung haben, den einen oder anderen Fall, den wir jetzt vielleicht nicht in ganz klarer Deutlichkeit sehen, in der Praxis zu ermöglichen und es den Soldaten zu ermöglichen, daß sie Sicherheit bieten können, indem zum Beispiel Munitionslager nicht betreten oder Waffen nicht einfach irgendwo in Anspruch genommen werden dürfen. Wenn aber ein diesbezüglicher Verdacht besteht, sollen diese Personen auch durchsucht werden dürfen, und zwar nicht außerhalb der Rechtsordnung, sondern innerhalb, unter den entsprechenden Kautelen und unter den entsprechenden Auflagen. (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Dafür, daß es diese rechtliche Grundlage gibt, werde ich kämpfen!

Ich bin davon überzeugt, daß wir, wenn Sie sich auch dafür einsetzen, daß nicht immer nur auf die Nachrichtendienste losgegangen wird, die ihre Geschäfte im Zuge ihrer ganz normalen Tätigkeit erfüllen, als Staatsbürger, als Beamte unserer Republik, die ihren Eid auf die Verfassung abgelegt haben und die in all den Jahren ihren Dienst wirklich vorzüglich, gewissenhaft und verantwortungsvoll getan haben, letztendlich, wenn die Papiere wirklich diskussionsreif sind, in eine konstruktive Diskussion eingehen können. (Abg. Dr. Petrovic: Jetzt verwechseln Sie Täter und Opfer!) Darauf freue ich mich, und ich bin bereit, auch jeden Termin wahrzunehmen, um diese Diskussion zu führen!

Das möchte ich an dieser Stelle sagen, weil ich es im Interesse der Demokratie, aber noch mehr im Interesse der Sicherheit unseres Landes für notwendig halte, daß wir alles unternehmen, um auf diesem Gebiet eine Verrechtlichung zu erreichen, die tauglich ist und die auf der anderen Seite auch die Grundrechte unseres Staates so selbstverständlich schützt und behandelt wie alles andere. Was ich mir in Zukunft jedoch nicht mehr wünsche, sind Vorstöße wenige Tage vor bestimmten Wahlen in bestimmten Bundesländern unter diesen Umständen! (Beifall bei der ÖVP.)

15.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für die Stellungnahme zum Thema des Antrages.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Die Redezeit für jeden Redner beträgt jetzt maximal 10 Minuten, die Gesamtredezeit der Klubs 25 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte sehr.

15.50

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich eingangs ein Rätsel ansprechen: Wie konnte es in dieser Republik passieren, daß die Nachrichtendienste Frau Kollegin Kammerlander während ihrer Anti-AKW-Tätigkeiten überprüften und Udo Proksch in die Munitionslager gelangt ist?

Herr Fasslabend! Sagen Sie uns bitte, wie das möglich war! Sie haben heute von großen Erfolgen gesprochen. Wo waren denn die Erfolge? Zählen Sie die Erfolge auf! Sie tun so, als ob die Munitionslager nicht gesichert werden. Was haben Ihre Leute, was hat Ihre Privatarmee gegen die politische Opposition bei Anti-AKW-Demonstrationen verloren? (Beifall bei den Grünen.)


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Heute hat ein Sozialdemokrat hier gesagt, daß er Angst vor den Atomkraftwerken rundherum hat. Damals haben Sie Angst vor den Anti-AKW-Demonstranten gehabt! Was war das für ein heeresnachrichtendienstlicher Auftrag, den Herr Jung zu erfüllen hatte, der jetzt hier sitzt, um sein übriges Geschäft auch noch ganz geheim zu vollziehen? Erklären Sie das! Herr Bundesminister! Sagen Sie einen Satz dazu!

Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, daß Sie gegen die Zerschlagung dieser beiden Nachrichtendienste sind. Meine Damen und Herren! Es ist ja nicht das Problem, daß irgend jemandem beim Nachrichtendienst Böses getan werden soll. Wir sind dafür, daß es, wenn in Österreich Beamte tätig werden, klare rechtliche Grundlagen gibt. Aber das sind keine Grundlagen, das ist kein Befugnisgesetz, sondern ein Ermächtigungsgesetz, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Das, was Sie hier vorgelegt haben, würde jeder Militärdiktatur zu Ehre gereichen, Herr Kukacka! Ich weiß nicht, ob das aus Ihrer Feder stammt. Es klingt ungefähr so wie die Ausführungen zu den 0,8 Promille, ungefähr so kurvig!

Meine Damen und Herren! Das ist alles, was Sie in diesem wunderbaren Regierungskoalitionsschoß aufbewahrt haben. Treiben Sie dieses Gesetz möglichst rasch ab! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen diesen Wildwuchs zurechtstutzen! Seit meinem 16. Lebensjahr verfolgen mich nette Menschen wie Herr Jung und andere Bier trinkend in Versammlungssälen, auf Demonstrationen, wo ich das verbriefte Recht eines Demokraten wie viele andere Bürgerinnen und Bürger ausübe. Sie verteidigen ein staatliches Instrument, das zu einer Privatarmee verkommen ist, von dem Sie glauben, daß Sie es nach Ihren politischen Belieben einsetzen können! Dieses Instrument wurde gegen politisch Mißliebige eingesetzt! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Das ist ja absurd! – Abg. Dr. Maitz: So ein Blödsinn!)

Es gibt noch ein zweites wunderbares Beispiel. Herr Maitz wird davon wissen. Meine Damen und Herren! Sie können sich wahrscheinlich alle an den engagierten Kampf der Vertreter der Friedensbewegung gegen den unsinnigen Ankauf der Abfangjäger erinnern. Sie wurden alle Tag und Nacht bespitzelt. Jedes Kennzeichen und jede Zeitung und alles, was dort ein- und ausgegangen ist, wurde von Ihren netten Herren Jungs und anderen beobachtet. (Abg. Dr. Leiner: Wieso weiß das Wabl? Haben Sie selbst einen Sicherheitsdienst?) Als dann aber die politisch mißliebige ÖVP Steiermark insgesamt angetreten ist, gegen Abfangjäger zu sein ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Kollege! Ich weiß nicht, ob es ein Kabarett von Herrn Krainer war, daß er gegen die Abfangjäger war. Es kann schon sein, daß das ein Kabarett war. Es ist auch als solches vom politischen Gegner erkannt worden.

Aber wenn das Landesverteidigungsministerium schreibt, daß die subversive Tätigkeit zu untersuchen und zu beobachten zur Aufgabe des Heeresnachrichtendienstes gehört und Frau Pollet-Kammerlander deshalb bespitzelt wurde, weil sie damals gegen den Draken war, meine Damen und Herren, dann sagen Sie mir: Was ist mit Herrn Krainer, mit Herrn Maitz, mit Herrn Schilcher, mit Herrn Burgstaller? Sind die auch alle observiert worden? (Abg. Dr. Brinek: Ja!) Selbstverständlich sagt Frau Brinek ja! – Deshalb muß das wahrscheinlich wieder ausgeweitet werden. Ich glaube, daß Herr Fasslabend endlich observiert werden muß! Denn er ist eindeutig umtriebig, um Artikel 9 Bundes-Verfassungsgesetz zu torpedieren. Er untergräbt die immerwährende Neutralität, meine Damen und Herren. Wie verhält es sich denn in diesem Fall? Richtet sich der Heeresnachrichtendienst gegen den eigenen Chef? – Meine Damen und Herren! Das ist absurd! Aber eigentlich ist es gar nicht so ungewöhnlich, denn dieses Instrument wird wirklich nur gegen politisch Mißliebige eingesetzt!

Meine Damen und Herren! Nennen Sie bitte einen rationalen Grund, warum bei Anti-AKW-Demonstrationen der Heeresnachrichtendienst anwesend war! (Abg. Mag. Kukacka: Frau Pollet-Kammerlander agitierte auch gegen das Bundesheer!) Nennen Sie einen vernünftigen Grund dafür! Ist es um die Sicherung der atombetriebenen U-Boote österreichischer Marine


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gegangen? Ist das möglich? Oder ist es um den Turbo des Herrn Kukacka in der Verkehrspolitik gegangen, atombetrieben natürlich?

Meine Damen und Herren! Ich sehe keinen rationalen Grund dafür. Es ging nur darum, die politische Opposition zu bespitzeln und dagegen ein politisches Instrument zu haben, ein Kampfinstrument, und dafür wurden Budgetmittel bereitgestellt, Personen abgestellt, die den ganzen Tag bei irgendwelchen Versammlungen herumgesessen sind, biertrinkend, mitschreibend und apportierend an den Herrn Bundesminister. (Abg. Mag. Kukacka: Sie nehmen sich viel zu wichtig! Sie sind nicht so wichtig, daß Sie bespitzelt werden müssen!)

Meine Damen und Herren! Hier gibt es einen Bescheid. Tausende Seiten von Berichten wurden verfaßt, um die Opposition damals systematisch zu bespitzeln, zu observieren und dann zu denunzieren. Meine Damen und Herren! Es gab in Zeltweg unzählige Fälle, in denen die Beamten zu den Vätern der Demonstranten, zu deren Verwandten oder in Firmen gegangen sind, um nachzufragen, was dort alles vor sich geht. Man hat systematisch Druck auf diese Bürgerinitiativen ausgeübt.

Meine Damen und Herren! Wir haben heute einen Antrag gestellt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. ) Herr Maitz! Sie sind subversiv. Sie sind aus einer subversiven Partei, um nicht zu sagen: aus einer subversiven Sekte! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kukacka! Hier habe ich Bescheide, in welchen das bestätigt wird: Aktivitäten Ihrer Person im Rahmen der Bewegung gegen die Abfängjäger, unter anderem auch gegen Frau Pollet-Kammerlander wurden festgestellt. Ferner wurden solche Aktivitäten im Anti-Draken-Camp, bei Anti-AKW-Demonstrationen, bei der Arge Alpen-Adria festgestellt. – Wissen Sie, was das ist? (Abg. Mag. Kukacka: Beweisen Sie Ihre Unterstellungen! Das sind ja reine Behauptungen!) Was heißt beweisen? (Abg. Mag. Kukacka: ..., dann wird sie beobachtet!)

Das ist ein ganz normaler Vorgang? So wie Sie immer beobachtet werden bei Ihren subversiven Tätigkeiten in den Gasthäusern und Auto fahrend durch Oberösterreich, nicht wahr? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Mühlbachler: Jetzt treibt der Spaß dem Höhepunkt zu!)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat festgehalten ... (Abg. Mag. Mühlbachler: Deine Rede ist ein Schuß ins Knie!) Gerade weil ich Angst habe vor Schüssen ins Knie gerade von solchen Organisationen, die der Herr Bundesminister als seine Privatarmee betrachtet, kämpfe und argumentiere ich hier! Sie haben ja nie das Problem gehabt, von solchen Institutionen belästigt zu werden! Sie haben ja nie das Problem gehabt, daß Sie bei Ihrer politischen Arbeit behindert worden sind! Sie haben ja nie das Problem gehabt, daß Sie an Ihrem Arbeitsplatz von Leuten unter Druck gesetzt worden sind, die gemeint haben, sie haben die Wahrheit gepachtet und sind auf seiten der Staatsschützer. Das ist Ihr Problem: Sie haben keine Ahnung davon! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Argumente bringen, nicht laut schreien!)

Meine Damen und Herren! Die Parallelstrukturen der Nachrichtendienste sind kein Geheimnis. Herr Klubobmann Kostelka und die Sozialdemokratie werden sicher unserem Antrag beitreten, denn es ist aus allen öffentlichen Statements erkennbar, daß auch den Sozialdemokraten diese Doppelgleisigkeiten ein Dorn im Auge sind. Die demokratiefeindlichen Strukturen müssen abgeschafft werden. In diesem Punkt gibt es keinen Kompromiß. Nur ein bißchen Krebsgeschwür gibt es nicht, meine Damen und Herren, und in diesem Bereich gibt es Krebsgeschwüre. Diese sind demokratiefeindlich und ein Überbleibsel aus obrigkeitsstaatlichen Organisationen. Mit dem Privateigentum des Ministers muß es ein Ende haben. Hier der rote Nachrichtendienst und dort der schwarze Nachrichtendienst – meine Damen und Herren, das ist unzulässig! (Beifall bei den Grünen.)

Ich weiß schon, Herr Abgeordneter Kostelka, Sie haben den staatspolizeilichen Dienst nicht mehr so ganz unter Kontrolle. Jetzt sind auch schon Blaue drin! (Abg. Dr. Ofner: Um Gottes willen! Das ist ja schrecklich!) Ich weiß, daß dieses Schema in letzter Zeit nicht mehr ganz stimmt. Aber trotzdem können wir das nicht tolerieren!


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Meine Damen und Herren! Bei der Staatsschutzkommission, die in unserem Antrag vorgeschlagen wurde, geht es nicht darum, ein neues Kontrollinstrument zu schaffen. Kontrolle sollte hier im Parlament ausgeübt werden. – Aber zur Frage, die Sie nicht beantworten wollten, Herr Bundesminister: Wie oft ist denn ein Akt vorgelegt worden? Wie oft war denn das der Fall? Wie oft ist denn diese Kontrolleinrichtung tatsächlich genutzt worden? – Sie konnte nicht genutzt werden, weil Sie mit Ihrer Mehrheit immer verhindert haben, daß die Akten tatsächlich vorgelegt werden! Sie haben das einfach damit erklärt, daß es dabei um höhere staatliche Interessen ging und man im Sicherheitsinteresse handelte. So haben Sie es auch im Rechnungshofunterausschuß gemacht.

Meine Damen und Herren! Die Staatsschutzkommission sollte den Arbeitsbereich klar definieren. Das ist ihre Aufgabe, ähnlich wie in der BRD. Aber Sie können natürlich noch radikaler vorgehen und diese Organisation überhaupt abschaffen!

Meine Damen und Herren! Wie sich die Akteneinsicht für Betroffene gestaltet, können wir aus vielen Fällen belegen: Menschen wollen ihre Akten einsehen und bekommen dann einen Bescheid, daß das zum Schutze Dritter leider nicht geht. Und so verfährt man akkurat immer bei jenen Akten, die im politischen Bereich sehr sensibel sind, weil Abgeordnete der Opposition bespitzelt worden sind. Wenn das nicht Methode hat, Herr Bundesminister! Wir müssen dann zum Obersten Gerichtshof gehen, um Auskunft über unsere Akten zu bekommen. Das ist ein schwerer Eingriff in die Grundrechte, Herr Bundesminister! Das möchte ich betonen, weil Sie hier gesagt haben, daß das mit den Grundrechten nichts zu tun hat, weil das kein Verfassungsgesetz ist. (Abg. Dr. Kostelka: Schlußsatz!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend) : Wir wollen, daß das Vertrauen zu den staatlichen Einrichtungen wächst! Wir wollen einen schlanken Staat, wir wollen auch eine schlanke Organisation in dem Bereich, in dem tatsächlich Sicherheitsinteressen berührt sind. Und wir wollen ein Ende der Bespitzelung und der Denunzierung der politischen Opposition! (Beifall bei den Grünen.)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Die Redezeit ist ebenfalls 10 Minuten.

16.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Artikel 18 unserer Bundesverfassung bestimmt völlig eindeutig, daß die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden darf.

Seit 1920 gibt es im Exekutivbereich gerade zu dieser Bestimmung Diskussionen, weil die Normendichte im Exekutivbereich wesentlich geringer war als in allen anderen Bereichen. Es hat lange Jahre die Argumentation gegeben, daß die Sicherheitsexekutive eine entsprechende Bewegungsfreiheit braucht, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Letztendlich hat es in den achtziger Jahren in diesem Zusammenhang ein klares Bekenntnis gegeben. Artikel 18 gilt für die gesamte Exekutive – für die Sicherheitsexekutive, aber auch für die militärische.

Wir haben daher Ende der achtziger Jahre in langen, diffizilen und komplexen Diskussionen das "Polizeibefugnisgesetz" – wie es in der Entstehungsphase geheißen hat – entwickelt, das 1991 beschlossene und 1993 in Kraft getretene Sicherheitspolizeigesetz.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion steht schlicht und einfach auf dem Standpunkt, daß das, was für die innere Sicherheit gilt, nämlich eine klare gesetzliche Determination, was die Exekutive darf und, e contrario, was sie nicht darf, natürlich auch für den militärischen Bereich zu gelten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher wurde der erste Schritt Anfang der neunziger Jahre mit der Beschlußfassung des Polizeibefugnisgesetzes gesetzt, und der nächste Schritt hat jetzt mit der Beschlußfassung eines


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Militärbefugnisgesetzes – oder nennen Sie es Militärgesetz, wie immer Sie wollen – zu erfolgen. Das ist unsere Zielsetzung, und diese werden wir verfolgen, und diese Zielsetzung verfolgen wir nicht erst jetzt, wir können nämlich darauf verweisen, daß wir dieses Ziel auch in der Vergangenheit verfolgt haben. Als es in den diesbezüglichen schwierigen Diskussionen – und sie werden nicht weniger schwierig sein als die Diskussionen im Polizeibereich – eine für unseren Geschmack zu langsame Weiterentwicklung gegeben hat, haben wir in diesem Haus vor etwa einem Jahr Anträge für ein Dienstegesetz, einen kleinen Bereich dieses militärischen Sicherheitsbereiches, eingebracht, mit welchen wir genau das verwirklichen wollen, was in nahezu jedem demokratischen Staat schon Selbstverständlichkeit ist – schauen Sie in die Bundesrepublik Deutschland! –, nämlich daß es eine klare Determination der Befugnisse gibt, die das Militär solchen Diensten, die in der Zwischenzeit völlig zu Unrecht die Bezeichnung "Geheimdienste" tragen, auch tatsächlich einräumt.

Meine Damen und Herren! Kollege Wabl hat davon gesprochen, daß er Angst vor Schüssen ins Knie hat. Das verstehe ich, weil damit im Sprachgebrauch in der Regel eigene Schüsse ins Knie gemeint sind.

Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang sagen, daß nicht jedes Papier, über dem "Bundesgesetz" steht, auch tatsächlich im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Ich sage Ihnen mit allem Nachdruck: Ich bin dem Verteidigungsministerium dankbar, daß es die Arbeiten begonnen hat, daß aber das, was jetzt vorliegt, bestenfalls ein erster, vorläufiger Diskussionsrohentwurf ist.

Wir von der sozialdemokratischen Fraktion haben auf der einen Seite die Arbeit initiiert und das Verteidigungsministerium ermuntert, diese Arbeiten aufzunehmen, aber wir haben in diesem Zusammenhang sehr klare Kriterien. Erstes Kriterium: Die Rechtsstaatlichkeit ist in vollem Umfang auch in diesem Bereich zu verwirklichen. Zweitens: Das Bundesheer und seine Organisationen haben sich auf die militärischen Aufgaben zu beschränken, was drittens bedeutet, daß es keine sicherheitspolizeilichen Aufgaben beim Bundesheer geben soll, sondern diese ausschließlich die Exekutive wahrzunehmen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden – das scheint in diesem Entwurf überhaupt nicht auf – wahrscheinlich auch eine Differenzierung der Befugnisse für den Einsatz und für den Friedensfall brauchen. Darüber hinaus werden wir – auch das fehlt noch, aber Entwürfe und erst recht Rohentwürfe sind gegebenermaßen unvollkommen – eine glasklare Trennung zwischen Heeresverwaltung und dem eigentlichen militärischen Teil des Bundesheeres vorzunehmen haben. Ferner werden wir für die Dienste eine entsprechende Regelung brauchen.

Wir werden sicherstellen, daß das Ergebnis der entsprechenden Studien, die im allergrößten Umfang auf offenen Quellen beruhen, der gesamten Bundesregierung zur Verfügung stehen und nicht nur einem Teil. Wir werden darauf zu dringen haben, daß die Befugnisse des Bundesheeres und seiner Einrichtungen taxativ aufgezählt werden. Und wir werden auch in einigen Bereichen Einschränkungen des Geltungsbereiches, sowohl in sachlicher wie auch in personeller Hinsicht, vorzunehmen haben. Formulierungen wie die recht globale "Vorsorge gegen subversive Bedrohungsformen" lassen mich als Juristen eine Notwendigkeit erkennen, konkreter, deutlicher und vor allem militärisch bezogener zu formulieren. Das Bundesheer hat Aufgaben – ich bekenne mich voll dazu –, aber es hat diese Aufgaben wie jeder andere Bereich in Kooperation mit den zuständigen Teilen der Sicherheitsexekutive vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden einen weitreichenden Grundrechtsschutz in diesem Zusammenhang und auch eine Information der Bürger sicherzustellen haben. Meine Fraktion, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat schon vor langem begonnen, daran zu arbeiten. Ich anerkenne noch einmal die Bereitschaft des Bundesheeres und des Landesverteidigungsministeriums, in diese Diskussion einzutreten.

Mein Damen und Herren von der grünen Fraktion! Ich darf Ihnen auch mitteilen: Für uns ist das ein Thema sowohl vor dem 5. Oktober als auch nach dem 5. Oktober. Sie wissen, was ich damit meine: die oberösterreichischen Landtagswahlen! (Beifall bei der SPÖ.)

16.08


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.08

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Dringliche Antrag, der dieser Debatte zugrunde liegt, trifft zweifellos einen sensiblen Bereich, der für die Bevölkerung allerdings sehr wichtig ist, weil er Sicherheit bietet. (Zwischenruf des Abg. Wabl. )

Kollege Klubobmann Kostelka hat hier eine Liste von sechs Punkten bekanntgegeben, die für die Verhandlungen sein Credo sind, das Credo der SPÖ-Fraktion. Ich darf Sie beruhigen: Der allergrößte Teil ist in diesem Entwurf bereits so enthalten. Natürlich gibt es Verhandlungspunkte, aber im wesentlichen haben wir keine Probleme mit diesen Vorschlägen.

Das Heeres-Nachrichtenamt beschafft und verarbeitet Informationen aus dem Ausland über sicherheitspolitische Entwicklungen – hat also gar nichts zu tun mit irgendwelchen Bespitzelungen – und berichtet laufend dem Bundeskanzleramt, den Bundesministern für Auswärtiges, für Inneres und für Landesverteidigung.

Das Abwehramt ist der innere Sicherheitsdienst des Heeres. Es dient der Sicherung der Einsatzbereitschaft und der Abwehr von mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen gegen Personen und Einrichtungen des Heeres. Beide stehen – wie Sie ja wissen – unter der Kontrolle des Ständigen Unterausschusses. (Abg. Dr. Petrovic: Wie war das bei den Anti-AKW-Demonstrationen?)

Völlig andere Aufgaben hat hingegen die Staatspolizei, die dem Innenminister untersteht. Eine Zusammenlegung dieser Dienste ist rein fachlich in keiner Weise zu vertreten. (Beifall bei der ÖVP.)

Über diese drei Dienste wird seit langem im Hohen Haus und in der Öffentlichkeit diskutiert. Zurzeit finden in den verantwortlichen Ministerien Verhandlungen statt, und danach ist die parlamentarische Behandlung selbstverständlich in all ihrer Breite notwendig, erwünscht und erforderlich.

Warum also heute diese Debatte, Herr Kollege Anschober? – Ganz einfach: Demnächst sind oberösterreichische Landtagswahlen. Kollege Anschober ist dort Spitzenkandidat der Grünen, und er benützt das Thema für einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt hier im Parlament im Rahmen seiner Wahlwerbung. Das ist selbstverständlich erlaubt und möglich. Ebenso muß es möglich sein, darauf hinzuweisen, daß dies der tiefliegende Grund für Ihr neuerliches Vorpreschen ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic. )

Eine gewisse Konsequenz kann man den Grünen nicht absprechen, Frau Kollegin Petrovic. Denn 1991 haben sie gegen das Sicherheitspolizeigesetz gestimmt, und heute bekämpfen sie das Militärbefugnisgesetz als die parallele Gesetzesmaterie für das österreichische Bundesheer. Die Grünen sind eben gegen alles, was Polizei, was Militär und was Sicherheit für den Bürger bedeutet. (Zwischenruf bei den Grünen.) Okay, das ist Ihr Problem.

Aber besonders verwerflich ist es, Herr Kollege Anschober oder Wabl – ich weiß nicht, wo Herr Kollege Wabl sich jetzt aufhält, vielleicht hört er irgendwo am Lautsprecher zu –, besonders verwerflich ist es, wenn man gegen besseres Wissen öffentlich behauptet, die Militärs wollten sich ohne rechtsstaatliche Schranken Lauschangriff und Rasterfahndung durchs Hintertürl unter den Nagel reißen. Das ist absurd und eine gegen besseres Wissen ausgesprochene falsche Behauptung! (Abg. Anschober: Was sagt das Justizministerium dazu?)

Denn jede österreichische Institution hat sich an alle bestehenden Gesetze zu halten, selbstverständlich auch das Verteidigungsministerium beziehungsweise seine Einrichtungen. (Abg. Anschober: Was sagt das Justizministerium?) Wenn es einmal der Fall sein sollte, daß


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ein solches Instrument notwendig ist, dann ist selbstverständlich der dafür vorgesehene Weg über die Justiz zu nehmen und kein anderer! (Beifall bei der ÖVP.) Sonst hätte man eine Verfassungsbestimmung beschließen müssen.

Aber wer es nicht verstehen will, versteht es nicht, weil sonst seine ganze Argumentation für die Wahlwerbung kaputt ist. Das wollen die Kollegen Anschober und Wabl nicht wahrhaben. (Abg. Anschober: Was sagt das Justizressort dazu?) Das werden wir jetzt sehen.

Über jede Verbesserung in der Formulierung kann man reden. Aber was Sie betreiben, ist Unwahrheit auf dem Rücken der Bevölkerung, um Ihre persönliche Wahlwerbung zu zelebrieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Entwurf, der nun im Umfang von 70 Paragraphen vorliegt, ist eine ausgezeichnete Arbeit von drei Legisten des Verteidigungsministeriums. Diese Arbeit wird aus durchsichtigen, parteiegoistischen Überlegungen skandalisiert. Dagegen verwahren wir uns strikte!

Die Aufgaben des Bundesheeres und die Befugnisse, diese Aufgaben erfüllen zu können – immer eingeschränkt auf den militärischen Bereich –, möchte ich Ihnen an vier einfachen Beispielen darlegen.

Das Wegweiserecht von einem Ort: Ich kann mich erinnern, als ich 1991 beim Sicherungseinsatz an der steirisch-kärntnerischen Grenze stand, daß dort Jugendliche aus Neugierde zu den in Stellung gegangenen Panzern hingegangen, ja sogar hinaufgeklettert sind. Glauben Sie, Herr Kollege Anschober, wir hätten damals die Gendarmerie rufen und sagen sollen: Bitte entfernt diese Leute, das ist gefährlich! Selbstverständlich muß das der Kommandant selber tun können. (Abg. Dr. Petrovic: Was war bei den Anti-Atomkraft-Demonstrationen?)

Oder können Sie sich an den Absturz einer SAAB 105 im Bergland erinnern? Damals mußten von militärischen Einrichtungen sofort Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden, damit nicht die Bevölkerung gefährdet wird, und außerdem ging es um die Beweissicherung. (Abg. Dr. Petrovic: Wie war das bei den Atom-Demonstrationen? – Abg. Anschober: Lauschangriff!)

Drittes Beispiel: Absicherung eines Munitionstransportes. Zum Schutz vor Unfällen mit unabsehbaren Folgen ist eine Befugnis zu erteilen, ist diese militärischen Einrichtungen zu übertragen. (Abg. Dr. Petrovic: Warum wollen Sie nicht über Anti-AKW-Demonstrationen reden? Das ist Ihnen ein unangenehmes Thema!)

Viertes Beispiel: Es muß möglich sein, daß ein Wachkommandant in die Reisetasche eines Besuchers hineinschauen kann, wenn dieser Besucher eine Kaserne verläßt. Sie erinnern sich daran, daß in einer Kaserne ein Sturmgewehr verschwunden ist. (Abg. Dr. Petrovic: Anti-Atom-Demonstrationen!) Das muß möglich sein. Daher wollen wir für eine weitere Verrechtlichung der Arbeit im Bundesheer dieses Militärbefugnisgesetz haben. (Abg. Dr. Petrovic: Wieso reden Sie nicht über die Anti-Atom-Demonstrationen?) Sie können sicher sein, daß alle Beamten des Nachrichtenamtes und die Beamten des Abwehramtes ebenso korrekt und engagiert arbeiten wie andere Beamte und daß sie sicherlich keine demokratiepolitische Nachhilfe ausgerechnet der grünen Abgeordneten brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Beamten in unseren militärischen Dienststellen haben keine Sonderrechte. Sie bemühen sich, ihre Verantwortung ordentlich und korrekt wahrzunehmen, und es ist überhaupt keine Frage, daß in jedem Fall alle diese Beamten die österreichischen Gesetze beachten. Daher ist das Märchen von Rasterfahndung und Lauschangriff durchs Hintertürl ein grüner Rohrkrepierer. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Wie war das bei den Anti-AKW-Demonstrationen?)


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16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Gleiche Redezeit.

16.17

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben heute – wie leider allzuoft – wieder eine Debatte der anderen Art. Wir debattieren nämlich über einen Entwurf, der keiner ist. Dabei kann man Sie, Herr Bundesminister, nicht ganz aus der Ziehung lassen. Denn daß wir dieses Gesetz brauchen, wissen wir nicht erst seit der in Rede stehenden Veröffentlichung, sondern schon seit Jahren warten wir auf dieses Militärbefugnisgesetz, um einen besonders wichtigen Bereich der Landesverteidigung abzudecken, in dem große Unsicherheit bestanden hat.

Es war im Einsatz, aber auch bei Übungen nicht immer völlig klar, was die Bundesheerangehörigen dürfen und was sie nicht dürfen. Umgekehrt lautet die Frage, welche Rechte der Staatsbürger hat. In dieser Hinsicht haben wir – man braucht sich dabei nicht auf das Sicherheitspolizeigesetz auszureden – uns schon längst erhofft, daß Sie endlich mit einem Entwurf hierher ins Parlament kommen. Hier sollten wir über eine Regierungsvorlage diskutieren und die entsprechenden Abänderungen anbringen.

Wie aber ist es jetzt wieder abgelaufen, wie ist dieser Entwurf bekanntgeworden? Es ist leider – ich sage es noch einmal – wieder in der Weise abgelaufen, die typisch für Ihre Politik ist, mit der wir immer wieder zu kämpfen haben. Zunächst arbeiten irgendwelche Experten etwas aus, dabei muß alles streng geheim bleiben und darf nur ja nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Spät, aber doch schanzt man es danach irgendwie dem Koalitionspartner zu. So kommt es in den SPÖ-Klub – an niemanden sonst, da es anscheinend nur ein Exemplar gibt. Dann aber – man höre und staune! – wissen plötzlich einige Medien davon, und ebenso plötzlich kommt es zu einem Dringlichen Antrag seitens der Grünen.

Ich frage Sie jetzt, Herr Bundesminister, da Sie dazu nicht Stellung genommen haben: Wie kann das in einer Bundesregierung passieren, in der zwei angeblich staatstragende Fraktionen zusammenarbeiten und in der es einen Koalitionsausschuß gibt, in dem so wichtige Dinge wie ein Militärbefugnisgesetz abgesprochen werden könnte? Wie kann es sein, daß eine so wichtige Materie anscheinend aus dem SPÖ-Klub hinausgelangt – oder gibt es vielleicht eine Querverbindung von Ihrem Ressort zum grünen Klub? Wie kann es sein, daß plötzlich die Grünen einen derartigen Antrag stellen?

Sieht man sich diesen Antrag an, so ist daran besonders interessant, daß es auf der ersten halben Seite im Prinzip nur um den Klubobmann der sozialistischen Fraktion, den Herrn Kostelka, geht. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Da geht es um seine Anträge, und seine Forderungen werden ausgeführt – alles sehr interessant. Mir scheint, es liegt hier mehr eine Auftragsarbeit des Klubobmannes der sozialdemokratischen Fraktion vor, und die Grünen lassen sich sehr gerne für die Interessen des Herrn Klubobmannes und seiner linken Freunde benutzen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Langthaler: Genau! Super! – Heiterkeit bei den Grünen.) Das haben wir schon des öfteren gehabt, Frau Kollegin Langthaler. Ich werde Ihnen dann noch zeigen, daß sich der Kreis ganz nett schließt.

Bundesheergegner formieren sich ja immer sehr gerne, wenn es darum geht, eine Initiative der Landesverteidigung zu skandalisieren. Wir haben das immer wieder erlebt. Außerdem wird mit der Angst spekuliert. Kollege Anschober hat gesagt: Dabei geht es nicht um die Landesverteidigung, sondern um die Interessen der Staatsbürger; diese werden bespitzelt, und das ist alles ganz furchtbar. Kollege Wabl hat noch hinzugefügt, es sei furchtbar, daß bei politischen Veranstaltungen gefilmt und Aufnahmen gemacht würden.

Kollege Wabl – er ist jetzt nicht da –, Sie könnten bei den Dingen anfangen, die wirklich reformiert gehören. Selbstverständlich ist es ein Anschlag auf den Rechtsstaat, wenn politische Parteien bei der Abhaltung ihrer Veranstaltungen massiv gestört werden. Aber das geschieht nicht nur durchs Filmen. In Ihrem eigenen Bereich könnten Sie einiges aufarbeiten. Auch ich habe schon an politischen Veranstaltungen teilgenommen, die massiv gestört wurden, durch Filmereien und Fotografierereien, aber außerdem mit ganz anderen Mitteln wie Trillerpfeifen, Stahlketten, Eisenketten und Schlagstöcken. Mit solchen Dingen haben wir auch zu kämpfen gehabt. Es ging dabei um Leute, die unter anderem auch Abzeichen von Gruppierungen trugen,


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die Ihrem Bereich ganz nahestehen, Frau Kollegin Langthaler. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. )

Ich bringe Ihnen nur ein paar Beispiele, damit man sieht, in welchem Umkreis sich all das bewegt. Da gibt es eine Zeitung der "Revolutionären Kommunistischen Liga". Es sind dies all diese "armen" Staatsbürger, die bespitzelt werden und doch so "harmlos" sind. Sie haben im Jahr 1995 – damals war das zentralisiert, wir haben aber gesehen, daß es immer zu solchen Aktionen kommt – vor der grandiosen Parade am 26. Oktober 1995 dazu aufgerufen, diese Veranstaltung zu stören. "Nieder mit diesem Bundesheer!" lautete das Credo einer Plattform, die sich bei dieser kommunistischen Liga gegründet hatte.

In dieser Plattform – der Kollege Kostelka kann jetzt auch aufpassen – ist ein sehr interessantes Konglomerat verschiedener "demokratischer" Organisationen zusammengeschlossen. Da gibt es die Kommunistische Partei Österreichs, da gibt es das Ernst-Kirchweger-Haus – das kennen wir alle aus einschlägigen Diskussionen –, da gibt es die Friedenswerkstatt Linz – einmal habe ich gesehen, wie diese agiert und zu welch gewalttätigen Maßnahmen sie greift, wenn es darum geht, eine Bundesheerveranstaltung zu stören –, und – jetzt wird es interessant – es gibt ein paar alternative Gruppen und die Aktion kritischer Schüler, es gibt da die Junge Generation in der SPÖ und die Sozialistische Jugend, und gleich nach der Sozialistischen Jugend folgt das "TATblatt". Alle zusammen auf einer Plattform gegen das Bundesheer, meine Damen und Herren!

Das "TATblatt" gibt in einer Nummer zur selben Veranstaltung gleich auch das Handwerkszeug an, das man verwenden soll, um diese Heeresveranstaltung zu stören. (Abg. Ing. Langthaler: Wie hängt das zusammen?) Dabei bezieht man sich – damit schließt sich der Kreis, Frau Kollegin Langthaler – auf ein Aktionshandbuch des Peter Pilz. Dieser war nicht immer so ein Bundesheerfreund wie im Jahr 1991, als er sagte, daß es gut ist, daß jetzt die Abfangjäger unsere Grenzen sichern. (Abg. Ing. Langthaler: Ich habe nicht gewußt, daß das Heeres-Nachrichtenamt so viele Mitarbeiter hat!) Er gab – ich zitiere das "TATblatt" – einst ein Aktionshandbuch heraus, in dem er sagte, daß man eigentlich nur Luftballons steigen zu lassen braucht, damit Flugzeuge gestört und am Überfliegen gehindert werden. Daß man damit auch bezwecken kann, daß dieses Flugzeug abstürzt, wird dabei zumindest angedeutet.

Meine Damen und Herren von den Grünen! Das sind die Leute, für die Sie sich immer auf die Schienen werfen, zu denen Sie gute Kontakte haben und die Sie hier vertreten. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich hätte mir von Ihnen – wenn es Ihnen wirklich um die Staatsbürgerrechte geht – erwartet, daß Sie auch dann aufgeschrien und den Rechtsstaat bemüht hätten, als es darum gegangen ist, daß auch die Staatspolizei all diese Kriterien, die Sie einmahnen, erfüllen hätte sollen, und nicht bei 80- und 85jährigen Hausdurchsuchungen durchgeführt hätte, nur weil sie eine Zeitung, über die man sicher diskutieren kann, abonniert haben, und nicht in eine falsche Richtung untersucht hätte, und zwar nur deshalb, weil es politischen Einfluß gab, während man die wahren Verantwortlichen, welche zur Aufklärung dieser Verbrechen beitragen hätten können, laufen ließ, meine Damen und Herren von den Grünen. Auch dabei sind immer wieder das Kirchweger-Haus und all diese Organisationen mit im Gespräch gewesen.

Das sind die Dinge, Frau Kollegin Langthaler, die Sie immer verdecken. Dabei sollte es Ihnen nicht unangenehm sein, wenn das Bundesheer eigene Veranstaltungen auch absichern kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich sage Ihnen: Seien Sie froh, wenn es diese Befugnisse – etwa das Wegweiserecht – in dieser Vorlage gibt, denn dann können jene Zehntausende Bürger, die an diesen Veranstaltungen als Zuschauer teilnehmen, weggewiesen werden, und das schützt in Wirklichkeit nur die Demonstranten, weil sie sonst den Volkszorn der Bevölkerung zu spüren bekommen hätten. Das haben wir bei den verschiedensten Großeranstaltungen immer wieder gemerkt. (Abg. Dr. Petrovic: Wie war das bei den Anti-AKW-Demonstrationen?)

Herr Bundesminister! Die in Rede stehende Nicht-Vorlage ist sicherlich als Diskussionsgrundlage geeignet. Sie enthält eine Reihe wichtiger Dinge, die zu einer klareren Feststellung der militärischen Befugnissse und auch der Kontrollmöglichkeiten führen können. Da Sie jetzt aber den parlamentarischen Kontrollausschuß als Allheilmittel hingestellt haben, möchte ich Ihnen sagen, daß das ein sehr schlechtes Beispiel ist. Interessant ist nur, daß auch Sie, Herr Bun


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desminister, das Verschwiegenheitsgebot gebrochen haben. Denn die Dinge über Ex-Jugoslawien, die Sie uns hier erzählt haben, haben Sie in eben diesem Ausschuß unter dem Siegel der strengsten Verschwiegenheit berichtet. Das ist, glaube ich, ein Zeichen dafür, daß nicht alles, was dort berichtet wird, auch in Wirklichkeit etwas so Geheimes ist.

Sie wissen ganz genau, daß wir überhaupt keine Möglichkeit haben, die Arbeit der Nachrichtendienste und der Staatspolizei zu kontrollieren, und daß wir nie wissen, welche Informationen geheim sind und welche Informationen allgemein gegeben wurden, jedoch dadurch, daß sie in diesem Ausschuß gegeben worden sind, immunisiert werden. Klarheit darüber wäre auch eines der Dinge, die wir uns in all diesen Bereichen erwarten.

Herr Bundesminister! Ich hoffe, daß Sie sich durch diese Aktion Kostelkas jetzt nicht einschüchtern lassen, wie es in anderen Angelegenheiten so oft geschehen ist. Ich hoffe, daß jetzt nicht all das wieder zu Lasten und zum Schaden der österreichischen Landesverteidigung aufgeschoben wird, sondern daß Sie endlich einmal Courage zeigen, wie Sie sie jetzt auch in Ihrer Beantwortung dieses Antrags durchaus gezeigt haben (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und diesen Nicht-Entwurf endlich in einen Entwurf kleiden und ihn an die zuständige Stelle in das Parlament bringen, damit wir diese Materie endlich ordnungsgemäß abhandeln können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. Ich erteile ihm das Wort.

16.27

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß gerade die letzten Debattenbeiträge gezeigt haben, daß diese Materie sehr wohl dringlich ist, ich hoffe nur, daß wir nicht damit konfrontiert werden, daß Demonstranten in Zukunft einmal den Volkszorn oder dergleichen zu spüren bekommen, weil das genau jene ... (Abg. Scheibner: Das habe ich nicht gesagt!) Ich sage auch nicht, daß das gesagt worden ist, ich sage nur, ich hoffe, daß wir nicht in jene Verhältnisse geraten. Denn es geht in diese Richtung. Es ist nicht das sachlich differenzierte Gespräch, das dominiert, sondern es geht – ganz im Gegenteil – in die andere Richtung, wobei das durchaus auch von allen Seiten betrieben wird, die ein Interesse an einer Destabilisierung haben.

Daß man hier quasi aufrechnet – diejenigen, die eher zum rechten Bereich gezählt werden, sagen, ihr im linken Teil habt auch ganz schön Extreme, und diejenigen, die eher im linken Bereich stehen, sagen, ihr im rechten Bereich habt Extreme –, hilft uns in dieser Sache nicht weiter. Das Zuschieben solcher Verantwortlichkeiten bringt in der Diskussion nichts. Es brächte nur etwas, wenn alle in ihren eigenen oder den ihnen nahestehenden Bereichen klar sagen würden, daß sie solche Aktionen verurteilen.

Mir liegt daran, herauszustreichen, daß der Herr Bundesminister in seiner Einleitung gesagt hat, daß der Entwurf, um den es hier geht, ein reiner Vorentwurf sei, über den man in Wirklichkeit noch nicht diskutieren könne, weil er überhaupt nicht abgestimmt sei. Dagegen war es der Herr Abgeordnete Maitz, der gesagt hat, es handle sich dabei um einen sehr guten Entwurf, der von drei Legisten im Bundesministerium für Landesverteidigung ausgearbeitet worden ist. Jetzt müßten Sie sich intern einig werden: Ist es ein noch nicht beachtlicher Vorentwurf oder ist es schon eine sehr gute Diskussionsgrundlage, wie Sie es dargestellt haben? (Abg. Dr. Maitz: So ist es!) Wie jetzt? Nicht beachtlich? (Abg. Dr. Maitz: Jawohl, eine sehr gute Diskussionsgrundlage!) Also doch! Dann hat der Herr Minister unrecht. Das müssen Sie ihm nachher ausrichten. (Abg. Dr. Maitz: Ich stimme mit ihm voll überein!) Ach so, die ÖVP stimmt überein, wenn sie nicht einer Meinung ist! Das ist das einzige, worin Sie in der Regel übereinstimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich verstehe nicht, warum Sie einen Vorentwurf, der schon eine gute Grundlage für eine Diskussion ist, nicht auch an die anderen Fraktionen aussenden. Es wäre nichts dabei, da er ja schon eine gute Grundlage ist, und wir könnten im Parlament über die Grundzüge diskutieren. Der Herr Bundesminister hat es angeschnitten, daß er auch sonst Gespräche mit den einzelnen Fraktionen führt.


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Es wäre ja kein Problem gewesen, das den einzelnen Fraktionen zu überreichen und zu sagen: Ich gebe euch das, dies ist unser erster Entwurf, ich hätte gern die Meinung eurer Fraktion dazu. Ich halte es nicht für geeignet, daß man es öffentlich diskutiert. – So ist es ein bißchen anders gelaufen, und ich nehme an, daß da innerkoalitionäre Zwistigkeiten schon einen wesentlichen Aspekt ausgemacht haben. Aber der Grund, warum natürlich der Entwurf für die Opposition interessant ist, und zwar gerade deshalb, weil der Herr Minister davon ausgeht, daß es ein nicht zu veröffentlichender Vorentwurf ist, ist der, daß dort so ungeschminkt formuliert wird. Und wenn ungeschminkt formuliert wird, dann weiß man, was wirklich in diesem Bereich gewünscht wird und was man sich so gern in diesem Bereich aneignen möchte – ob jetzt Ermächtigung oder Befugnis, ist ja Wurscht –, was man gerne machen können möchte: nämlich möglichst alles und dies auch noch, ohne Verantwortung dafür übernehmen zu müssen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Haben Sie ihn gelesen, Herr Kollege?) Sie haben ihn offenbar gelesen, weil Sie aus diesem Bereich kommen; da gibt es einfach unterschiedliche Informationsstände hier im Hause.

Eine gute parlamentarische Kultur ist das nicht. Das kritisieren ja Sie oft genug. Drehen Sie es daher nicht zu dem Zeitpunkt um, zu dem es Ihnen gerade gelegen kommt, Herr Abgeordneter!

Wichtig zu vermerken ist, daß wir angeblich darüber im Hause nicht diskutieren können, weil es, wie der Herr Bundesminister gesagt hat, eine Information nur für eine qualifizierte Öffentlichkeit gibt, die im Ausschuß stattfindet, sonst nirgendwo. Ich möchte, um nicht mißverstanden zu werden, eines voranstellen: Es geht nicht darum, daß die Sinnhaftigkeit von solchen Nachrichtendiensten angezweifelt wird – von meiner Seite her jedenfalls nicht –, aber was ich anzweifle und was ich entschieden in Abrede stelle, ist, daß dies in einem Raum geschehen muß, der eine so geringe rechtsstaatliche Determinierung hat, wie das derzeit noch der Fall ist und wie man es offenbar mit einem Gesetz noch immer aufrechterhalten will. Denn wenn Sie solche Entscheidungsspielräume aufmachen und in Wahrheit keine parlamentarische Kontrolle haben, dann ist das keine dem Artikel 18 B-VG entsprechende Determinierung, sondern in Wahrheit eine Ermächtigung, alles tun zu können, was Sie wollen, und nicht die Verantwortung dafür übernehmen zu müssen.

Der Herr Bundesminister hat gesagt: So kann es doch nicht sein, denn es gibt Akteneinsicht. Es gibt im Parlament einen Ausschuß, und dieser Ausschuß beschließt, daß Akteneinsicht genommen werden kann. – Jetzt brauchen wir aber nicht darüber zu reden, daß in diesem Ausschuß die Koalitionsparteien die Mehrheit haben. Und wahr ist doch, daß die ganze Debatte eine besondere politische Dimension hat, nämlich jene, daß man von einem Heeres-Nachrichtenamt oder einem Heeresnachrichtendienst zwar nicht weiß, wie viele Leute dort arbeiten, auch nicht weiß, wieviel Geld dort hineingeht, auch nicht weiß, was herauskommt, denn es ist ja alles geheim, aber eines weiß man sicher: welcher politischen Partei das zugeordnet wird, Herr Abgeordneter Maitz. Und da gibt es sehr klare Zuordnungen; das wissen Sie auch. (Abg. Dr. Maitz: Nichts geheim! Vier Ministerien!)

Sie wissen auch, Herr Abgeordneter Maitz, daß die politische Zuordnung sowohl des Heeresabwehramtes wie auch des Heeresnachrichtendienstes eine eindeutige ist. Und wenn diese Diskussion heute aufgebrochen ist, dann doch wohl auch deshalb, weil einzelne um ihre parteipolitischen Entscheidungsräume oder Einflußbereiche fürchten. Das ist ja das Besondere, das zwischen den Koalitionsparteien die Diskussion bestimmt, und das wissen Sie auch. Sie wissen, daß es so ist, das ist ein offenes Geheimnis, aber was man natürlich in der Diskussion nicht haben will, ist, das auch offen auf den Tisch zu legen. Daher ist sehr wohl darüber zu reden, ob es nicht sinnvoll wäre, daß es eine stärkere parlamentarische Kontrolle in diesem Bereich gibt.

Mich wundert überhaupt, daß man sich jetzt so quasi über einen Entwurf aufregt im Bereich des Militärs, der derzeit von einem ÖVP-Minister dominiert beziehungsweise von einem ÖVP-Minister (Abg. Dr. Maitz: Verantwortet!) verantwortet – danke schön, Herr Abgeordneter Maitz – wird, zu einem Zeitpunkt, zu dem von seiten der SPÖ – wenn ich mich recht erinnere – etwa für den Bereich der Polizei, bei dem es um die Verantwortung eines roten Ministers gegangen ist, schon längst diese Maßnahmen gefordert worden sind. Rasterfahndung und Lauschangriff sind mittlerweile beschlossen. Also Sie brauchen sich nicht so aufzuregen, wenn jetzt natürlich von seiten des Militärs die Forderung kommt: Wir möchten das auch dürfen! So quasi: Die SPÖ in ihrem Einflußbereich hat das schon, die ÖVP hätte es natürlich auch gerne.


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Da hat sich offenbar die SPÖ gedacht: Na, so leicht werden wir euch nicht durchkommen lassen! Und dann kommt es eben zu einem Dringlichen Antrag, der natürlich auch von besonderen Informationen von seiten einer Regierungspartei (Abg. Scheibner: Wer sagt, daß das der Kostelka war?) getragen wird. Wenn auf der ersten Seite, die in der Regel gelesen und hergezeigt wird, primär die Aussagen eines einzelnen stehen, dann nehme ich schon an, daß das einen besonderen Bezug hat.

Das ändert nichts daran, daß die rechtsstaatliche Dimension dieser Debatte nicht unterschätzt werden darf. Und sie sollte auch nicht verschleiert werden, indem man sagt: Das ist ein parteipolitisches Taktieren, und deshalb ist das andere unwichtig!, sondern es gehört in der österreichischen politischen Realität dazu, daß wir auch darüber reden, wie politische Einflußnahmen in diesen Bereichen vonstatten gehen. (Abg. Scheibner: Der Minister soll endlich den Entwurf bringen!) Die Einflußnahmen sind ein Faktum, und das habe ich auch schon oftmals von den besonderen Kennern, die in den Reihen der Freiheitlichen sitzen und aus diesem Bereich kommen, gehört. Daher sollten wir darüber nicht hinweggehen.

Meine Damen und Herren! Abschließend noch kurz zu jenen Punkten, die in dem Dringlichen Antrag enthalten sind. Ob es eine Zusammenlegung der Nachrichtendienste geben soll, ist nach meinem Dafürhalten nicht die wesentliche Frage, aber wichtig ist, daß es eine wirkliche Staatsschutzkommission geben soll – ob sie jetzt einen anderen Namen hat, ob Sie sie "parlamentarische Kontrollkommission" oder "Staatsschutzkommission" nennen, ist doch einerlei – und daß diese Kontrollinstitution wirklich die Möglichkeit haben muß, nachzufragen. Und diese Möglichkeit sollte auch jeder einzelne Abgeordnete in diesem Ausschuß haben. Denn, meine Damen und Herren, auch in Deutschland ist das Gesetz über die parlamentarische Kontrolle der Dienste so ausgestaltet, daß die einzelnen Abgeordneten ein Fragerecht und ein Recht auf Antwort haben. Und wenn dies für einzelne Bereiche in Deutschland gemacht werden kann, dann, so behaupte ich, wird die nationale Sicherheit in Österreich doch nicht gefährdet sein, wenn auch wir in Österreich ein strenges Kontrollrecht, Herr Abgeordneter Lukesch, einführen. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist ja dann ein anderes Gesetz! Das ist eine Geschäftsordnung!)

Nein, es geht darum, daß das nur im Paket zu verhandeln ist, denn wahr ist, daß derzeit in einem Ausmaß über Befugnisse oder vielleicht sogar Ermächtigungen nachgedacht wird, dem die parlamentarische Kontrolle hinterherhinkt. Wenn etwa das Heeresabwehramt die Aufgabe hat, zu verhindern, daß eine Unterwanderung durch Extremisten im Bereich des Heeres stattfindet – was ich für eine sehr sinnvolle Aufgabe halte –, dann müßte sich eigentlich Abgeordneter Kiss als Sicherheitssprecher der ÖVP fürchten, da er mit seiner Nähe zu den Scientologen, in die er gekommen ist, doch wohl auch in diesem Bereich einer besonderen Beachtung unterzogen worden ist. (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Oder glauben Sie, daß diese Leute nicht gefährlich sind?

Ich kann nämlich ein Argument – das sage ich abschließend – sicher nicht teilen, Herr Abgeordneter Kiss: Daß in Akten von einzelnen Personen – sei es jetzt zum Beispiel Frau Abgeordnete Kammerlander – drinnensteht, an welchen Demonstrationen sie teilnahmen, welche Autonummern sie haben, was sie sonst noch machen – wir erinnern uns an die Diskussion, die es etwa über die Stapo-Akten gegeben hat, als solche Akteninhalte aufgeflogen ist –, das halte ich für die Sicherheit der Bürger in diesem Land nicht für relevant. Und wenn Sie sich im Bereich des Bundesheeres umschauen, dann werden Sie dort auch extreme Einstellungen finden, und ich meine, es wäre an der Zeit gewesen, daß etwa auch der Herr Bundesminister wesentlich rigorosere Worte dazu gefunden hätte.

Ich glaube daher, daß diese heutige Debatte eine stark parteipolitisch motivierte Debatte ist (Ruf bei der ÖVP: Das kann man sagen!) , daß aber der Dringliche Antrag, Herr Abgeordneter Amon, eine demokratiepolitische Dimension hat, die in dieser ganzen Diskussion nicht untergehen darf, und daß daher die Punkte (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), die in diesem Dringlichen Antrag aufgezählt sind, wert sind, ernsthaft mit in Verhandlung genommen zu werden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.38


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. – Gleiche Redezeit.

16.38

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Mehrere Vorredner haben hier schon ihre Dankbarkeit gegenüber dem Verteidigungsministerium für diesen Entwurf zum Ausdruck gebracht. (Abg. Dr. Khol: Machen Sie es bitte auf kroatisch!) Natürlich erfolgte dies aus unterschiedlichen Motiven: die einen, wie etwa der Kollege Maitz, deshalb, weil sie damit das schriftlich vorliegen haben, was in ihren Köpfen als Begehrlichkeit ja schon immer existiert hat, die anderen – so habe ich jedenfalls Herrn Klubobmann Kostelka und auch Kollegen Barmüller verstanden – deshalb, weil jetzt endlich einmal eine Diskussion zustande gekommen ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. )

Herr Verteidigungsminister! Ich bin auch den Legisten des Verteidigungsministeriums dankbar, daß sie dieses Papier geschrieben haben, weil damit endlich verschriftlicht ist, was tatsächlich Ihre Mitarbeiter, die Beamten des Ressorts und damit auch Sie – weil das alles ja unter Ihrer Anleitung, mit Ihrem Einverständnis und auf Ihren Auftrag hin als Ressortchef, so muß ich doch annehmen, geschah – wollen, sodaß wir, das heißt die österreichische Bevölkerung, jetzt wissen, worum es geht.

Es geht mitnichten um eine Beschränkung oder um eine Regelung der Tätigkeit von Geheimdiensten oder Nachrichtendiensten, es geht – das ist einem klar, wenn man den Inhalt dieses Papiers kennt – um Befugnisse für das Militär, um Befugnisse, die in fast allen Punkten absolut übers Ziel schießen. Und deshalb, Herr Bundesminister, bin ich auch dankbar, daß dieses Papier an die Öffentlichkeit gekommen ist und in diesem Stadium eine Diskussion darüber stattfindet. Und worum es in dieser Diskussion jetzt geht, ist, das in den Mittelpunkt zu rücken, was unser aller – sowohl Ihres als auch meines – legitimes Interesse ist, nämlich die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung.

Wozu brauche ich Militär, wozu brauche ich Sicherheitsbehörden, ob Polizei, ob Gendarmerie, wenn nicht das Wohlbefinden und die Sicherheit der Bevölkerung im Mittelpunkt stehen? Einer der Vorredner hat auch von nationaler Sicherheit gesprochen. Darum geht es auch, aber worum es im Überbau absolut immer und unabdingbar gehen muß, das ist doch wohl der Schutz der demokratischen Freiheiten und der Schutz der Rechte der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. (Beifall bei den Grünen.)

Das hat bei jeder gesetzlichen Bestimmung, bei jeder Überlegung eines Ressorts selbstverständlich im Zentrum zu stehen. Es gibt Gesetze – das gebe ich zu –, wo man sich nicht permanent damit beschäftigen muß, weil sie nicht so hautnah gefährlich für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger sind wie etwa jene betreffend HNA und Heeresabwehramt. Kollege Wabl hat ja in seiner Wortmeldung davon gesprochen, wie sich die Arbeit dieser Dienste in der Vergangenheit gestaltet hat. Diese Arbeit, das, was sie leisten, bringt mich zu dem Schluß, daß ich als Abgeordnete absolut dafür plädieren würde, diese beiden Dienste abzuschaffen, ersatzlos zu streichen, sie einzusparen und in einem Gesetz die Befugnisse von Sicherheitsbehörden – wir haben ja bereits ein entsprechendes Gesetz, das Sicherheitspolizeigesetz –, die Arbeit, die Dienste, die Aufgaben und Befugnisse – man möge diesen Dienst nennen, wie man will; wir haben ja jetzt schon die Staatspolizei – unter Berücksichtigung der demokratischen Grundrechte zusammenzufassen.

Das, was bis jetzt passierte, war ein permanenter Aufbau von Parallelstrukturen und damit auch von Infrastrukturleistungen, die ich für absolut unvertretbar ansehe, dies auch im Sinne des Spargedankens in der Bürokratie und im Sinne der Sparintention insgesamt, die sich die Bundesregierung ja auf ihre Fahnen geheftet hat.

Darum, Herr Bundesminister, ist es doch Ihre Pflicht und Ihre Aufgabe, diesem Spitzelwesen ein Ende zu bereiten. Etwas anderes ist es nicht, denn wie soll ich das, was Ihre Dienste betreiben, anders nennen als "Spitzelwesen"? (Abg. Dr. Maitz: Das ist ein völliger Unsinn!) Es wurde aus


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dem Akt der Frau Kollegin Pollet-Kammerlander zitiert. Bitte versuchen Sie, irgend jemandem – es muß nicht ich sein, Sie müssen ja nicht mich überzeugen – zu erklären, was die Autonummer des Kraftfahrzeuges von Frau Mag. Pollet-Kammerlander mit nationaler Sicherheit in Österreich zu tun hat! Das ermitteln aber die Beamten, die dafür bezahlt bekommen. Das ist es, was dort passiert! (Abg. Dr. Lukesch: Sie behaupten das!)

Sie haben in Ihrem Redebeitrag ein Beispiel zum Thema "nationale Sicherheit" genannt, wo meiner Ansicht nach – und diese Auffassung teilen alle Kolleginnen und Kollegen – sehr sorgfältig mit der Problematik umzugehen ist, nämlich die ernste Situation – ich vermeide jetzt, das Wort "Krisenfall" zu sagen – im Jugoslawienkrieg; es war dies ja vor dem Bosnienkrieg.

Herr Bundesminister! Sie haben aufgezählt, was die Militärs gemacht haben. Unter anderem haben Sie auch den Schutz der österreichischen Bevölkerung, als schon Bomben in Grenznähe geflogen sind, zitiert. Wissen Sie, was passiert ist? – Man hat die Murbrücke in Radkersburg vermint, damit nur ja niemand auf die Idee kommt, aus dem vom Krieg bedrohten und im Krieg stehenden Slowenien nach Österreich zu flüchten. Das wären die wesentlichen Auswirkungen gewesen, wenn die Situation noch ernster gewesen wäre.

Herr Kollege Maitz! Nicht nur Sie, auch ich bin damals in dieser unangenehmen Situation gewesen. Die Auswirkungen zum Beispiel am Seebergsattel sind ja dramatisch gewesen. Ich habe diese 19jährigen bibbernden Soldaten gesehen, die ohne Ausbildung, nicht wissend, was sie dort am Seebergsattel sollen, in eine Situation gesteckt worden sind, die ich für so unverantwortlich halte. (Abg. Dr. Maitz: Die Märchentante Stoisits! Das ist lächerlich, was Sie da treiben!) Das ist es, was Ihnen Kopfzerbrechen bereiten sollte, nicht, wie Sie das Militär mit mehr Befugnissen und mit mehr Bespitzelungsmöglichkeiten ausstatten können (Beifall bei den Grünen) , sondern was man tatsächlich in einem sogenannten Ernstfall tun sollte: nämlich hoffentlich nie mehr wieder zitternde 19jährige auf den Seebergsattel zu stellen. Das sollte auch gerade Ihnen als Wehrsprecher der ÖVP Sorgen machen.

Wir wollen – das ist die Intention der heutigen Diskussion, und das ist der Inhalt dieses Antrags – mehr Transparenz, mehr Bürgerrechte, wir wollen Demokratieverträglichkeit, wenn es darum geht, gesetzliche Grundlagen für die Arbeit dieser Dienste in Österreich zu schaffen, und zwar nicht um den Preis von Grundrechtsbrüchen und nicht über das Ziel jener gesetzlichen Grundlagen, die es bereits gibt, wie das Sicherheitspolizeigesetz, hinausschießend. (Abg. Dr. Maitz: Sprüche, nichts als Sprüche!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Auch ich bin dafür, daß man, wenn man als Bürger oder Bürgerin eine Kaserne betritt und wieder verläßt, in der Praxis andere Sicherheitsmaßnahmen vorsieht als zum Beispiel in einem ganz gewöhnlichen Amt oder in einer Schule. Selbstverständlich, Herr Bundesminister, da eine Kaserne auch eine andere Intention hat. Aber dazu braucht es eben gesetzliche Grundlagen und Kontrollen. Und was wir an diesem Papier, an diesem Entwurf, der hoffentlich nie Gesetz werden wird, so kritisieren, ist, daß dies so überschießend geregelt ist. Daß diese Begehrlichkeiten so offenkundig zutage treten, dafür bin ich Ihnen schlußendlich dankbar. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Haben Sie die 70 Paragraphen überhaupt gelesen? Da könnten Sie so nicht reden, wenn Sie sie gelesen hätten! Sie haben sie offenkundig nicht gelesen!)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte sehr.

16.47

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Stoisits! Langsam beginnt die grüne Fraktion, sich in ihrer eigenen Argumentation massiv zu widersprechen. Auf der einen Seite halten Sie es für eine Zumutung beziehungsweise für einen Anschlag auf die Bürgerrechte, wenn das Militär Befugnisse bekommt, und auf der anderen Seite sagen Sie: Ja, es braucht natürlich andere rechtliche Normen, wenn man jemanden, der aus einer Kaserne herausgeht, kontrollieren möchte im Gegensatz zu jemanden, der etwa aus einer Schule herausgeht.


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Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß dieses "Non-paper", dieser Nichtentwurf, dieses Diskussionspapier mit der Intention verfaßt worden ist, die rechtliche Grundlage für offensichtliche Notwendigkeiten und Ermächtigungen für das österreichische Bundesheer abzugeben! Und seien Sie konsequent in Ihrer Argumentation! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Anschober. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aber es geht ja gar nicht darum, es geht ganz einfach um den heutigen Tag, der sicher ein denkwürdiger ist: Der Herr Bundesfinanzminister hat seine Budgetrede gehalten, die Österreichische Volkspartei und die Sozialdemokraten haben sich nicht nur auf ein, sondern auf zwei Budgets geeinigt. Damit ist bewiesen worden, daß diese Koalition Konzepte hat zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich, zur Sicherung der Zukunft, zur Sicherung des sozialen Friedens. (Ruf bei den Freiheitlichen: Eigenlob!) Aber das paßt Ihnen nicht ins Konzept, und daher nimmt man irgendeinen Anlaß her, um das medial zuzudecken und zu kaschieren. Darum geht es. (Beifall bei der ÖVP.)

Das paßt natürlich besonders Kollegen Anschober in seinem oberösterreichischen Wahlkampf nicht. Das wurde ja schon von mehreren Rednern gesagt, ich wiederhole es nur. Sie haben ja in Oberösterreich wirklich nichts Wesentliches vorzuweisen. Nicht zuletzt haben ja die obersten Gerichte in der Frage des Kraftwerks Lambach die Linie des Landeshauptmannes voll bestätigt. Der Rechtsstaat hat gesiegt entgegen Ihren Intentionen, und das ärgert Sie. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Daher sprechen Sie jetzt fälschlicherweise von einer Bedrohung der Bürgerrechte, von umtriebigen Diensten, die da ihre Tätigkeit unkontrolliert gegen unschuldige Bürger entwickeln. Sie wollen damit den Menschen angst machen, darauf ist Ihre Politik ausgerichtet. Wir werden Ihre Politik nicht mitmachen. Sie sind demaskiert. In Wirklichkeit geht es nicht um dieses Militärbefugnisgesetz, sondern um ein Ablenkungsmanöver, das Sie für Ihren Wahlkampf brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Wabl hat mich ein wenig herausgefordert, daher muß ich ihm antworten. (Abg. Dr. Khol: Ein wenig nur?) Er und auch die Kolleginnen Stoisits und Petrovic haben immer wieder darauf hingewiesen, daß die Grünen sozusagen die Opfer der Dienste sind, daß es über sie Geheimakte gibt und daß das eventuell zu Nachteilen führt, daß ihre Bürgerrechte eingeschränkt sind und so weiter.

Als ich als Abgeordneter noch ganz neu war in diesem Hause, im Jahre 1991, da gab es die Kuwait-Krise; ältere Abgeordnete werden sich noch daran erinnern. Da haben Abgeordnete von den Grünen die gesamte Bundesregierung bei der Staatsanwaltschaft wegen Verletzung der Bundesverfassung, des Neutralitätsgesetzes geklagt, weil Österreich daran war, zuzulassen, daß Bergegeräte, Bergepanzer durch Tirol transportiert werden, um diesem Überfall des Irak auf Kuwait entsprechend kräftig entgegenzutreten. – Erinnern Sie sich daran?

Es kam noch zu anderen sogenannten friedlichen Demonstrationen. Grüne Abgeordnete des Tiroler Landes haben sich an die Gleise der Westbahnstrecke angekettet und andere Demonstranten mit ihnen. Am nächsten Tag explodierte eine Gasbombe auf der Westbahnstrecke und eine zweite konnte im letzten Moment entschärft werden. Wenn sie nicht entschärft worden wäre, hätte man eben Menschenopfer in Kauf genommen. Ich wäre in der damaligen Zeit froh gewesen, wenn wir effiziente Dienste gehabt hätten, die so etwas verhindern, die solche Gewalttaten in der Nähe der Grünen verhindern könnten. (Beifall bei der ÖVP.)

Was hier vorliegt, sind natürlich erste Entwürfe zu einem Militärbefugnisgesetz, das dem österreichischen Bundesheer, so wie das auch Herr Klubobmann Kostelka gefordert hat, klar definierte Rechte und Befugnisse auf der Basis des Rechtsstaates und der Verfassung geben soll. Den Grünen kann das natürlich nicht recht sein. Dem Militär Befugnisse zu erteilen, das ist natürlich ganz gegen ihre Linie.


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Abgeordnete Ihrer Fraktion – ich kann Ihnen das nicht ersparen – haben öffentlich zum Bruch der Verfassung, zum Widerstand gegen das Wehrgesetz aufgerufen. Einige davon sind auch verurteilt worden. Frau Abgeordnete Kammerlander hat heute einen Antrag eingebracht, daß sich Österreich von der Zusammenarbeit in der Partnerschaft für den Frieden verabschieden und diese Partnerschaft sistieren soll. – Sie wollen in Wirklichkeit die Entwaffnung des Bundesheeres, und zwar sowohl die militärische als auch die rechtliche Entwaffnung des Bundesheeres. Da paßt Ihnen ein Ermächtigungsgesetz absolut nicht in das Konzept. (Beifall bei der ÖVP.)

Wer sich für die Landesverteidigung unter Einschluß der militärischen Landesverteidigung bekennt, der wird auch ein Militärbefugnisgesetz haben wollen. Wer die sicherheitspolitischen Herausforderungen dieser Zeit negiert, das Bundesheer abschaffen will, der will natürlich kein Militärbefugnisgesetz. Den Sicherheitsinteressen Österreichs, seiner Bürgerinnen und Bürger dienen Sie damit aber absolut nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.55

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da wird über ein Militärleistungsgesetz, das noch nicht einmal als Entwurf existiert, debattiert, und es wird eine künstliche Aufregung, vor allem von seiten der Grünen, verursacht und eine Skandalisierung von etwas versucht, was überhaupt nichts damit zu tun hat.

Welchen Zweck hat dieses Gesetz? – Erinnern wir uns: Es geht in seinen Ursprüngen auf die Zeit der Raumverteidigung zurück, als es darum ging, sicherzustellen, daß dem Militär das notwendige Instrumentarium gegeben wurde, um vorbereitend für einen Einsatz – als Verteidiger mußte man das schon zwei, drei, fünf Tage oder eine Woche vor einem Angriff – hinauszugehen, Stellungen auszubauen, zu beziehen und so weiter. Das geschieht natürlich noch unter relativen Friedensbedingungen, und da hat keiner Freude, wenn plötzlich in seinem Garten gegraben wird.

Von diesen 71 Paragraphen, die das Gesetz hat, sind ganze zwei Paragraphen mit Nachrichtendiensten, nämlich mit der nachrichtendienstlichen Aufklärung und der nachrichtendienstlichen Abwehr, befaßt. Es ist also hier ein Popanz konstruiert worden. Man hat von Lauschangriff und Rasterfahndung gesprochen. Das Gesetz stammt im Entwurf, glaube ich, aus dem Jahre 1995. Damals haben wir noch nicht von Lauschangriff und Rasterfahndung gesprochen. Zeigen Sie mir bitte, wo das im Text zu finden ist!

Herr Kollege Anschober! Ich will auch auf Ihre lächerlichen Konstruktionen bezüglich der LKWs, die in Österreich verteilt werden könnten, damit das Bundesheer Festnahmeberechtigungen hätte, gar nicht weiter eingehen. Die richten sich selber. (Zwischenruf des Abg. Anschober. )

Was ist der wahre Hintergrund unserer heutigen Diskussion? – Der SPÖ wurde vom Verteidigungsminister ein Papier übergeben, um dieses Thema zu diskutieren; wohlgemerkt: nur der SPÖ. Es wäre vielleicht kein Nachteil gewesen, es auch den anderen Parlamentsparteien zu geben. Aber er argumentiert, es sei noch zu früh gewesen. – Darüber kann man geteilter Meinung sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun landet dieses Papier aber ganz unversehens beim Kollegen Anschober. Da fragt man sich natürlich: Wie war der Weg? Hat es da vielleicht in der SPÖ jemanden gegeben, der geglaubt hat, im Zuge der linken Internationale Entwicklungshilfe leisten zu müssen? Oder gab es jemanden in der SPÖ, der von den SPÖ-internen Streitigkeiten ablenken wollte? Man erinnere sich daran, daß Kollege Kostelka ja zurzeit größte Schwierigkeiten in der Bundespräsidentendebatte beziehungsweise in der Neutralitätsdebatte hat und so weiter. Ich glaube also, der wahre Grund war ein anderer, und die Grünen wurden als Instrument benutzt beziehungsweise benutzen es auch oder versuchen – ich glaube zwar nicht, daß ihnen das im oberösterreichischen Wahlkampf viel bringt –, wieder einmal ein bisserl Wirbel zu schlagen.


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Prügelknabe des Ganzen – und das stört mich schon – sind Einrichtungen der Republik, und zwar die beiden Nachrichtendienste des Bundesheeres. Es gibt ja noch einen dritten, die Staatspolizei, aber über die wird ja bewußt zurzeit nicht geredet. Es würde auch der SPÖ weniger ins Konzept passen, denn auch da gab es einen gewaltig rechtsfreien Raum: eine Staatspolizei, die von Anfang an viel mehr als die militärischen Dienste politisiert war, mit einer Struktur, die dem Teufel zu schlecht war – zugegebenermaßen mit einer mangelhaften Ausstattung. Aber es war Zeit genug für SPÖ-Regierungen, sowohl die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen als auch diese Staatspolizei besser auszurüsten. Aber es hat genügt, um sie als politisches Totschlaginstrument gegen Leute zu verwenden, die politisch unliebsam waren. Kollege Scheibner hat ja heute schon einmal darauf hingewiesen.

Herr Kollege Anschober! Ich vermisse Ihre Wortmeldung. Damals bei den ziemlich willkürlichen Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit der Aula-Geschichte haben Sie sich nicht für die Bürgerrechte "ins Gei geschmissen", wie es in Oberösterreich so schön heißt. Das haben Sie vergessen. Sie machen das immer sehr selektiv. Sie kennen die Bürgerrechte anscheinend nur für die linken Bürger, bei den rechten schaut das anders aus.

Welche anderen Dienste gibt es noch? – Wir haben die beiden Heeresdienste: das Abwehramt und Heeres-Nachrichtenamt. Wieso haben wir zwei? – Das kann man sich wirklich fragen, aber als gelernte Österreicher müssen Sie doch wissen, daß es überall dort, wo es etwas Rotes gibt, auch etwas Schwarzes gibt – und umgekehrt. Genau das ist da der Fall.

Deshalb habe ich mich vorhin auch gewundert, als Kollege Schieder so mißbilligend sein Haupt geschüttelt hat, als von der Verfolgung der Frau Kollegin Pollet-Kammerlander die Rede war. Ja bitte schön, Herr Kollege Schieder, wissen Sie nicht, daß das Abwehramt der roten Reichshälfte zuzuordnen ist? Das waren Ihre Leute, die das gemacht haben. Ich glaube zwar durchaus, daß die Frau Kollegin Pollet-Kammerlander manchmal mit ihren Ausführungen meinen Blutdruck hochtreibt, aber sie gefährdet sicherlich nicht die Republik. Da stimme ich zu. Da wurde wahrscheinlich – ich kenne das Abwehramt nicht – über das Ziel hinausgeschossen, das ist möglich. Über so etwas kann man durchaus reden.

Es gibt jedoch auch sehr, sehr wichtige Aufgaben, vor allem im Bereich des Heeres-Nachrichtenamtes, die heute in der Form überhaupt noch nicht erwähnt wurden. Man spricht immer nur über den militärischen Bereich und über den polizeilichen Bereich, der sicher nicht in die Kompetenz des Heeres-Nachrichtenamtes oder eines anderen militärischen Dienstes fällt. Dem könnte man leicht entgegenwirken. Ein Vorschlag für den Herrn Bundesminister (Zwischenruf des Abg. Anschober )  – hören Sie mir einmal zu, Herr Kollege! –, entnommen aus dem Bundesnachrichtendienstgesetz: Man fügt in dieses Gesetz einen Punkt ein, der besagt, daß den Nachrichtendiensten keine polizeilichen Befugnisse zukommen.

Das wollen sie auch gar nicht, denn diese Wegweiserechte wurden alle durch die Militärstreife wahrgenommen. Das sind keine nachrichtendienstlichen Tätigkeiten. Das wäre leicht zu lösen. Wir können das einmal als Vorschlag einbringen, wenn es ernsthaft debattiert werden soll, und darüber reden.

Es geht – da stimme ich Ihnen zu – um die Kontrolle dieser Dienste; ich bin voll Ihrer Meinung: Diesbezüglich sind wir unterentwickelt, und zwar nicht zuletzt deswegen, weil die Kontrolle durch den Unterausschuß nur dadurch erfolgt, daß man immer dann, wenn es zu einer Skandalisierung kommt, darüber redet – wobei der Minister das möglichst selbst macht und nicht die zuständigen Leute reden läßt. Ich bin davon überzeugt, daß letztere es unter Umständen vielleicht sogar noch etwas besser aufklären könnten. Diesbezüglich fehlt also noch einiges, da stimme ich Ihnen zu. Man könnte vielleicht im Zuge der Verabschiedung dieses Gesetzes oder eines Dienstegesetzes ein weiteres Instrumentarium einbauen.

Sehen Sie sich die Dienstgesetzgebung in Deutschland an, die drei verschiedene Kontrollinstrumente kennt: im finanziellen Bereich, im Personalbereich, die G-10-Kommission und die PKK, die Parlamentarische Kontrollkommission. Das wäre durchaus ein Punkt, über den man


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ernsthaft reden könnte, wenn man nicht nur polemisieren möchte. Und ich bin überzeugt davon, daß wir alle über dieses Thema reden können.

Man kann und wird auch – davon bin ich überzeugt – langfristig nicht nur über die Heeresnachrichtendienste reden müssen, sondern auch über einen Vorschlag der SPÖ – wäre er nicht so durchsichtig, wie er jetzt ist –, nämlich über den, einen Bundesnachrichtendienst zu schaffen. Denn es fehlt ein wichtiger Punkt: Es geht nicht nur um die militärische Überwachung des Umfeldes, sondern auch um die sicherheitspolitische. Das ist keine rein militärische Aufgabe, das ist richtig, aber es ist eine wichtige Aufgabe. Man wird auch darüber reden müssen, wo der Dienst angesiedelt ist, aber nicht in der Form, daß man einen funktionierenden Dienst auflöst, einen gut funktionierenden Dienst zerschlägt, nur damit das Bundeskanzleramt dann womöglich die alleinige Kontrolle über die Dienste in Österreich hat. Dazu bin ich als gelernter Österreicher zu mißtrauisch, und dazu werden wir Freiheitlichen sicher nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Dienste selbst – auch davon bin ich überzeugt – haben diese Kontrolle nicht zu fürchten. Ich habe lange genug in diesem Bereich gearbeitet und würde nicht einen einzigen Punkt in dem Ganzen sehen, bei dem ich auch nur das geringste Bauchweh hätte, Einblick zu gewähren. Ich möchte aber nicht, daß dann nachher im "TATblatt" oder sonstwo etwas darüber steht. Denn Kontrolle muß in jenen Bereichen sein, wo die Menschen gefährdet sind.

Die deutschen Grünen, die zuerst nicht im Kontrollausschuß waren, die jetzt dort auch vertreten sind, sagen immer, daß sie nach etwa einer Legislaturperiode begriffen haben, wie es wirklich läuft, und daß es ein recht vernünftiges Zusammenarbeiten ist. Ich bin davon überzeugt, daß vielleicht sogar Kollege Wabl endlich einmal lernen und auch die Unterschiede zwischen Nachrichtendienst und Abwehr begreifen würde. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Es ist eine künstlich vom Zaun gebrochene Debatte, die aber meiner Meinung nach vielleicht doch auch etwas Gutes hat, nämlich daß wir in Zukunft wirklich ernsthaft über diese Themen reden werden. Dazu verweigern wir Freiheitlichen unsere Diskussionsbereitschaft keineswegs.

Zum Abschluß noch ein Kuriosum – es ist nur schade, daß Kollege Khol nicht da ist: Als ich heute früh da so gesessen bin, kommt er plötzlich auf mich zu, gibt mir die Hand und sagt: Herr Kollege, heute geht es um uns. – Ich war verblüfft und wußte gar nicht, worum es geht. Dann habe ich nachgedacht und merkte, es geht um den Dringlichen Antrag. Ich habe mich auch daran erinnert, daß er mich doch vor nicht allzu langer Zeit in ganz eigenartiger Weise als Agenten des Heeres-Nachrichtenamtes angeflogen hat, um nicht ein anderes Wort zu gebrauchen. Er hat sich dann nachher heimlich bei mir entschuldigt, nicht vor dem Plenum, das ist etwas anderes.

Ich möchte dem Kollegen Khol – vielleicht können Sie es ihm ausrichten – etwas sagen: Es geht dabei in erster Linie nicht um uns, nicht um ihn, nicht um mich und auch nicht um das Heeres-Nachrichtenamt. Es geht darum, daß ein Instrumentarium geschaffen wird, das unter vernünftiger und ausreichender parlamentarischer Kontrolle durchaus in der Lage ist, den verantwortlichen Politikern jene Informationen zu geben, die sie im Rahmen der Sicherheit der Republik für diese Republik brauchen – um nichts anderes. Alles andere ist billige Polemik. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.04

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte ist recht erhellend, und zwar vor allem in ihrer demokratiepolitischen Dimension: Herr Bundesminister Fasslabend hat ganz deutlich ausgeführt, es handle sich dabei um einen ersten Entwurf, Kollege Lukesch hat gemeint, es sei ein Non-paper. Aber es wurde durchaus darüber diskutiert, weil es natürlich auch Charakter eines Non-paper ist, daß es einen Text, möglicherweise tatsächlich einen Entwurf in einem erst sehr frühen Sta


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dium enthält, das will ich gar nicht in Zweifel ziehen. Aber in welcher Demokratie leben wir, wenn wir der Meinung sind, daß die demokratische Diskussion unter dem Anspruch, unter dem ein solches Gesetz beschlossen werden soll, gar nicht früh genug beginnen kann?

Ich bin nämlich der Meinung, Demokratie ist eine Gesellschaftsordnung, in der nicht ausschließlich die Experten das letzte Sagen haben, sondern Demokratie ist eine Gesellschaftsordnung, in der letztlich die demokratischen Gremien das letzte Sagen haben, und die Experten haben ihnen zuzuarbeiten. Das ist nicht zwangsläufig ein eindimensionaler zeitlicher Ablauf, etwa: Zuerst machen die Experten das Gesetz fix und fertig, und dann dürfen wir Parlamentarier auch noch ein bißchen darüber diskutieren – gerade in einer solch wichtigen Materie, wo es tatsächlich darum geht, mehrere verfassungsrechtliche Ansprüche, grundrechtliche Ansprüche, aber auch Staatsaufgaben von entscheidender Bedeutung so miteinander zu harmonisieren, daß alle Schutzinteressen bestmöglich gewahrt bleiben, aber auch die Zielerreichung der Staatsaufgabe – Verteidigung und Sicherheit – nicht vereitelt wird. Das ist etwas sehr Schwieriges. Ob nun dieser Zielkonflikt richtig aufgelöst ist oder nicht, das können nicht Experten entscheiden, sondern das müssen wir hier politisch entscheiden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher: Je früher die Diskussion beginnt, wenn sie sich nur auf die Sache konzentriert, desto besser ist es. Ich kann in diesem konkreten Antrag, über dessen Qualität man sicher diskutieren kann, nichts anderes erkennen als eine Positionierung zu einem Gesetz und nicht eine Positionierung zu keinem Gesetz. Daher habe ich den Kollegen Lukesch nicht verstanden – ich verstehe schon, daß er sich durch diese parlamentarische Aktion sehr stark angegriffen fühlt –, als er argumentiert hat, dieser Dringliche Antrag ziele darauf ab, daß es kein Gesetz geben möge. Ich meine, vielleicht handelt es sich um ein Gesetz, das Ihnen nicht gefällt, Kollege Lukesch, aber er ist zweifellos auf ein Gesetz hin abzielend, sonst macht der ganze Antrag gar keinen Sinn. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Da hätte Kollege Anschober eine Zeile schreiben dürfen, etwa: Heeresnachrichtendienste dürfen nicht sein! oder so ähnlich, vielleicht ein bißchen blumiger. Das steht aber nicht da.

Kollege Lukesch! Es ist vielleicht so, daß Sie mit diesem organisationsmäßigen Vorschlag nicht einverstanden sind, darüber kann man diskutieren. Aber gleich so weit zu gehen, daß man, wenn jemand, der frühzeitig gut informiert ist und einen bestimmten Vorschlag macht, der Ihnen nicht gefällt – mir vielleicht auch nicht, ich verstehe allerdings zuwenig davon im technischen Detail –, behauptet, er will das überhaupt nicht, das ist genau die Diskussion, die wir nicht führen sollten, die macht nämlich die Bürger verdrossen. Denn es ist so klar erkennbar, daß es auf ein Gesetz hinzielt – vielleicht auf ein falsches, das lasse ich jetzt offen –, daß jeder sofort begreift, daß das nur mehr Polemik ist.

Das ist bei einer solchen Materie besonders giftig, weil dahinter schon ein paar tiefere Probleme stecken. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) In diesem Haus wurden der Lauschangriff und die Rasterfahndung beschlossen, und bei dieser Gelegenheit wurde leider die Grenze zwischen Sicherheitspolizei und Geheimdienst sträflich überschritten. Die Abgrenzung, um die wir geradezu händeringend von diesem Pult aus gebeten haben, wurde bei Lauschangriff und Rasterfahndung nicht beachtet. Aber immerhin gibt es den vermeintlichen Ansatz irgendwelcher Kontrollen. – Gut.

Sie haben der Sicherheitspolizei indirekt geheimdienstliche Funktionen untergejubelt. Und jetzt wundern Sie sich, wenn die zwingende Notwendigkeit auftaucht, die bisher völlig rechtsfrei agierenden Bereiche – völlig rechtsfrei! – auch zu ordnen, und daß die natürlich jetzt nicht weniger haben wollen als die Polizei, sondern mehr. Das ist völlig logisch: Ein Geheimdienst wird immer mehr verlangen als eine Sicherheitspolizei. Das liegt in der Tendenz seines Wesens begründet. Wenn er seine Aufgaben maximal erreichen will, dann ist ihm an sich keine "Behinderung" angenehm. Er nimmt vielleicht zur Kenntnis – da knüpfe ich an den Kollegen Jung an –, daß man in einem Rechtsstaat solche Rahmen braucht, aber begeistert ist er verständlicherweise nicht.


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Wenn Sie aber jetzt der Polizei bereits umfassende geheimdienstliche Befugnisse gegeben haben, dürfen Sie sich nicht wundern, daß die Geheimdienste das erst recht wollen; und in diesem Fall wollen sie das selbstverständlich ohne richterliche Kontrolle. Das ist aus deren Sicht nur konsequent.

Sie haben ja die Saat heuer im Sommer gesät, als Sie Lauschangriff und Rasterfahndung beschlossen haben, denn man hätte schon bei dieser Gelegenheit die Abgrenzung diskutieren müssen. Das haben die Regierungsparteien aber versäumt, und jetzt schlägt – Kollege Barmüller hat das schon gesagt – der Proporz zu. Es hat, für Herrn Bundesminister Fasslabend – bekanntlich der ÖVP angehörend – deutlich erkennbar, Herr Bundesminister Schlögl – bekanntlich der SPÖ angehörend – ein komfortables geheimdienstliches Gesetz bekommen, und jetzt hätte er das natürlich auch selber gern. Selbst Kollege Jung, der in Passagen hier mit seinem fachlichen Wissen argumentiert hat, hat sich pragmatisch mit dem Aspekt des Proporzes abgefunden, indem er – ein Blauer – gesagt hat: Wir werden nicht zusehen, wie das rote Instrument zerschlagen wird zugunsten des schwarzen – oder umgekehrt.

Daß diese Instrumente überhaupt mit Farben belegt sind, ist ja schon ein demokratiepolitisches Problem! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Jung: Leben Sie in Österreich, Herr Kollege?) Wir sind es zwar schon gewöhnt – ich erinnere an die Privatisierungsversuche –, daß wir rote und schwarze Banken haben und uns damit auf internationalen Finanzmärkten teilweise kasperlhaft ausnehmen, aber bei diesem Thema geht es sozusagen noch einmal ans Eingemachte, nämlich an die höchstpersönlichen Sphären. Daher ist es keineswegs so, daß man eine solche Diskussion auf die leichte Schulter nehmen darf.

Aus diesem Grund meine ich, daß – Zitat Fasslabend sinngemäß – der Anspruch, es gehe hierbei um eine weitere Verrechtlichung, leicht blasphemischen Charakter hat. Es geht nämlich nicht um eine weitere Verrechtlichung eines Bereiches, der derzeit gar nicht verrechtlicht ist, sondern es geht offenbar um die Legitimierung von etwas, was ohnedies schon stattfindet. (Abg. Dr. Maitz: Verfassungsgesetz!) Das als weitere Verrechtlichung zu bezeichnen, halte ich für euphemistisch, sage ich einmal, also für schönfärberisch bis zum Gehtnichtmehr. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Richtiger wäre es gewesen, wenn Bundesminister Fasslabend das Wort "weitere" weggelassen hätte – und das ist jetzt keine sprachliche Beckmesserei –, es geht nämlich um die erstmalige Verrechtlichung dieser Bereiche im eigentlichen Sinn. Und da wollen wir gerne alle mitreden, so früh als möglich und mit dem demokratischen Anspruch, daß, wenn uns die Fachleute sagen, wie sie gerne Geheimdienst machen möchten, nicht das herauskommen wird, was sich mit Grund- und Freiheitsrechten nicht ohne weiteres vereinbaren läßt. Wenn man von jemandem verlangt, daß er effizient nachforscht und bespitzelt, dann sind ihm Grundrechte unangenehm. Daher müssen wir die Grenzen setzen, damit jene Personen innerhalb dieser Grenzen erfolgreich arbeiten können und kontrolliert sind.

Bundesminister Fasslabend hat in seinem heutigen Redebeitrag bewiesen, daß er das nicht weiß oder nicht wissen will, daß er mit anderen Worten ein Demokratieverständnis hat, das beschämend ist. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Herr Abgeordneter, für Sie bleibt noch eine Restredezeit von 6 Minuten.

17.13

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Vorgestern habe ich mein Leibblatt aufgeschlagen, das bekannte linksgrüne Kampfblatt (Abg. Dr. Maitz: "TATblatt"!), in dem immer tendenziöse Meldungen zugunsten der Grünen, zugunsten der Menschenrechte und so weiter vertreten werden, nämlich die Tageszeitung "Die Presse" auf Seite 5 oder so. Da ist zwar nicht das gesamte Gesetz abgedruckt, also der Entwurf, das Non-Papier oder dieser Freßzettel, von dem hier die Rede ist, sondern nur der § 48 Abs. 2.


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Der § 48 Abs. 2 lautet – ich vertraue hier blind der "Presse" –: "Militärische Dienststellen dürfen von den Organen der Gebietskörperschaften und denen anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts jene Auskünfte verlangen, die diese Dienststellen", nämlich die militärischen, "als wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung von Aufgaben nach Abs. 1 benötigen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen." (Abg. Dr. Lukesch: Das hat Anschober schon einmal vorgelesen!) Das haben Sie heute schon einmal gehört. Ich hoffe, daß Sie das noch unzählige Male hören werden. (Abg. Dr. Maitz: Das ist aus dem Zusammenhang gerissen!)

Das soll ein Befugnisgesetz sein, das verstehen Sie unter Verrechtlichung? Ich werde Ihnen sagen, was das ist: Das ist eine Unverschämtheit! (Beifall bei den Grünen.) Für jeden rechtstaatlich denkenden Menschen ist die Vorstellung, daß ich als Institutsvorstand, als Dekan oder in sonst irgendeiner x-beliebigen Funktion einer Gebietskörperschaft einer militärischen Dienststelle worüber auch immer Auskunft erteilen muß, einfach deswegen, weil diese militärische Dienststelle es so will, eine Zumutung! Aus, basta! Das sagt das Gesetz. (Abg. Dr. Maitz: Da muß man alles lesen! Im § 2 steht das genau!) Die militärische Dienststelle hat die volle sogenannte Definitionsmacht, was im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der militärischen Sicherheit liegt.

Solche quasi-legalen Legitimationsbefugnisse kennen wir aus der Geschichte. Das sind in Wahrheit Notstandsparagraphen. Das ist kein Befugnisgesetz, sondern das ist ein Willkür-Legalisierungsgesetz! Ich beziehe mich auf den § 48 Abs. 2. (Abg. Dr. Maitz: Sie müssen die anderen auch lesen!) Wenn dieser Geist aus dem Gesetz spricht, Herr Maitz – na dann gute Nacht! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist jene Art von Verrechtlichung, wie sie sich irgendwelche anonymen Experten – wenigstens hat sie der Verteidigungsminister nicht genannt – vorstellen. – Herr Verteidigungsminister, Sie haben in Ihrer Rede – ich habe es nicht mitgeschrieben und nicht mitgezählt – mindestens 778mal das Wort "Experten" erwähnt. Ich weiß nicht, wie viele es waren und wie oft sie getagt haben. Es werden schon Experten für militärische Sicherheit – was immer das auch ist – gewesen sein. Wenn Sie nur einen einzigen Menschenrechtsexperten, nur einen einzigen Grundrechtsexperten in dieser Kommission oder was immer das gewesen sein mag gehabt hätten, dann wären Sie vor dieser Blamage von heute bewahrt worden. – Schade nur, daß Sie es nicht selber gemerkt haben, was hier läuft. (Abg. Dr. Maitz: Auch ein Professor hat nicht den einzigen Anspruch auf die Wahrheit!)

Herr Maitz! In ebendieser "Presse", diesem "linksgrünen Kampfblatt", werden Sie zitiert: Die Grünen machen wieder einmal hysterische Übertreibungen, sie sind einfach gegen das Bundesheer und so weiter. (Abg. Dr. Lukesch: Stimmt ja!)

Haben Sie den Kommentar in der "Presse" auch gelesen? (Abg. Dr. Maitz: Das habe ich getan!) Haben Sie das auch gelesen (Abg. Dr. Leiner: Freilich!), unter dem Titel "Außer Kontrolle", "Die Erregung war absehbar" und so weiter? Eine ganz harte Kritik war das, härter, finde ich, als das, was wir heute gesagt haben, mit dem Abschluß: Probieren wird man es ja noch dürfen, nämlich die Grundrechte außer Kraft setzen. – Das schreibt das bekannte linksgrüne Kampfblatt über Sie, die Volkspartei, nicht über die Grünen. Ich könnte Ihnen noch andere Zitate vorlesen, aber ich mag es nicht. Ich sage das auch nicht, um mich hinter diesem Kommentar zu verstecken, sondern weil ich ihn für absolut richtig halte. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Ich hoffe, Sie haben auch eine eigene Meinung!)

Zum Kollegen Lukesch. – Man bekommt den Eindruck, daß jede Demonstration sozusagen per definitionem an den Rand, in die Nähe des Terrors gerückt wird (Abg. Dr. Lukesch: Nicht jede, aber ich habe ein paar sehr pointiert herausgestrichen!), nicht jede, aber auf jeden Fall jene, die von den Grünen inszeniert werden, mit der unterschwelligen Begleitmusik: Solche Leute wird man ja wohl nicht nur observieren dürfen, sondern müssen! – Ich finde langsam, daß du eine merkwürdige Auffassung von Bürgerrechten hast. Es gibt nun seit ungefähr 100 oder 150 Jahren nicht nur die Pflichten von Untertanen, sondern tatsächlich auch die Rechte von Bürgern, und wenn du dir das überlegst, bin ich sicher, daß du auch zu dieser Auffassung kommst, wenn


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auch vielleicht im Anschluß an diese Diskussion. (Abg. Dr. Lukesch: Gasbomben legen gehört nicht dazu!)

Herr Maitz, abschließend: Wenn das gesamte Gesetz so ausschaut wie der Geist des § 48 Abs. 2, dann handelt es sich nicht um eine Verrechtlichung, sondern um etwas ganz anderes, nämlich um den Versuch der Legalisierung von Unrecht. Und das ist etwas ganz anderes, da werden Sie mir sicherlich zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Sie müssen das Gesetz lesen, dann sind Sie anderer Meinung!)

17.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Amon gemeldet. – Bitte.

17.19

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bei der heutigen Debatte und bei diesem Dringlichen Antrag geht es wirklich nicht um den Inhalt dieses Referentenentwurfs, und somit ist dieser Antrag der Grünen in doppelter Hinsicht ein Flop: Zum einen, weil es schon eigenartig und auch nicht besonders seriös ist, wenn ein Referentenentwurf, der weder Regierungsvorlage noch Initiativantrag, also eigentlich überhaupt nicht für die parlamentarischen Beratungen gedacht ist, hier dazu verwendet wird, eine Diskussion über das Bundesheer zu führen – denn darum geht es Ihnen. Es geht Ihnen, wie gesagt, nicht um den Inhalt dieses Referentenentwurfs. Es wäre auch ganz interessant zu erfahren, auf welch unseriöse Art und Weise dieser Referentenentwurf überhaupt zu Ihnen gekommen ist.

Zum zweiten ist es deshalb ein Flop, weil ja in diesem Referentenentwurf – Sie behaupten das ja immer wieder – angeblich die Rasterfahndung und der Lauschangriff für die Nachrichtendienste eingeführt werden sollen. Sie wissen, ich habe beispielsweise als einer meiner Fraktion gegen den Lauschangriff und die Rasterfahndung gestimmt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Sie sind das Feigenblatt!) Nein, weil ich in diesem Bereich auch eine besondere Sensibilität habe!

Ich habe mir diesen Referentenentwurf angeschaut: Es steht darin mit keinem Wort etwas im Zusammenhang mit der Einführung des Lauschangriffs und der Rasterfahndung. Dieser Referentenentwurf macht in Wahrheit durchaus Sinn, weil er die Möglichkeiten, die die Nachrichtendienste gegenüber den Bürgern haben, dementsprechend regelt. Das paßt Ihnen nicht, weil Sie die Diskussion natürlich nicht allein über die Nachrichtendienste führen wollen, sondern auch über das Bundesheer.

Abgeordneter Kier etwa hat gemeint, daß es, unabhängig davon, ob der Referentenentwurf auf seriöse oder auf nicht seriöse Art und Weise zu den Grünen gekommen ist (Abg. Anschober: Per Post ist er zu uns gekommen!), aus demokratiepolitischen Gründen notwendig ist, diese Diskussion zu führen, weil es ja nicht Sinn und Zweck sein kann, daß Referenten ein fertiges Gesetz machen. Darum geht es aber nicht, sondern die Referenten machen einen fertigen Entwurf, und wir befinden dann darüber, wie das Gesetz ausschauen soll – in den Ausschußberatungen oder auch hier im Plenum.

Ich glaube darüber hinaus, daß man im Zusammenhang mit den nachrichtendienstlichen Tätigkeiten auch eine entsprechende Sensibilität im Hinblick auf den Bürgerschutz an den Tag legen muß. Sie als Grüne verlangen etwa in Ihrem Papier, daß jedermann in diese Akten Einsicht nehmen darf. – Ich glaube, daß gerade das nicht der richtige Weg ist. Der richtige Weg ist, daß im Rahmen einer Kontrollinstanz, wie wir sie in Form des Unterausschusses dieses Hauses haben, selbstverständlich die Einsichtnahme ermöglicht wird. Also ich würde mir nicht wünschen, daß jeder von Ihnen in alle möglichen Akten Einsicht nehmen kann – ich sage Ihnen das sehr deutlich –, denn es gibt viele unter Ihnen, die etwa zur Totalverweigerung aufgerufen, also einen glatten Verfassungsbruch begangen haben. Damit habe ich schon gewisse Probleme.

In Summe sage ich Ihnen, daß ich es für nicht besonders seriös halte, über einen Referentenentwurf hier eine Diskussion zu entfachen, der auf unseriöse Art und Weise zu Ihnen gelangt ist (Abg. Anschober: Per Post!), der hier nicht diskussionswürdig ist. Per Post wird er wahr


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scheinlich nicht gekommen sein. (Abg. Wabl: Per Post, einer staatlichen Einrichtung!) Ich möchte Ihnen eines sagen, Herr Kollege Anschober: Bleiben Sie doch bei uns im Nationalrat und ersparen Sie den Oberösterreichern diese Form der Politik! (Beifall bei der ÖVP.)

17.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der letzte Redner in dieser Debatte ist Abgeordneter Dr. Ofner. – Für Sie bleibt noch eine Redezeit von 6 Minuten. – Bitte.

17.24

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Man muß für solche Anlässe wie die heutige Debatte dankbar sein. Das sind Stunden des politischen Exhibitionismus, des Offenbarungseides, und der eine oder andere legt einmal mehr vor der Öffentlichkeit des Hauses und vor den Wählern dar, worum es ihm wirklich geht. Den Grünen, die vor allem junge Menschen immer wieder glauben machen wollen, es gehe ihnen um die Au und um Ähnliches, um die Gentechnik bei den Paradeisern, geht es in Wahrheit um etwas ganz anderes. Wir müssen froh sein, wenn sie das einmal mehr offenlegen – hier im Haus und in der Öffentlichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Worum geht es? Sagen Sie es doch!)

Meine Damen und Herren! Ein "Dienst" unter Anführungszeichen ist kein Pensionat für höhere Töchter, das wissen wir alle. Und wenn es darum geht, die Aufgaben eines Dienstes, einer Abwehr – oder wie immer wir es nennen wollen – in die Form eines Gesetzes zu gießen, dann hat man eigentlich nur die Wahl, entweder zu einem sehr weitgefaßten Gesetz zu greifen, so wie es hier offenbar versucht wird, oder aber man ist sich dessen bewußt, daß eine sehr zahme rechtliche Regelung kommt und der Dienst dann macht, was er will. Denn wenn er auf diesem sehr konkurrenzträchtigen internationalen Feld erfolgreich arbeiten möchte, dann wird er bis an die Grenze des überhaupt Denkbaren gehen müssen.

Ich glaube, daß wir den Autoren in gewissem Sinn dankbar sein müssen, daß sie versuchen, den erstgenannten Weg zu gehen, nämlich ein weitgefaßtes Gesetz zu gestalten und durchzubringen, offenbar mit der Prämisse, sich dann auch an die Regeln des Gesetzes halten zu können und das tatsächlich zu tun.

Wissen ist ja Macht, meine Damen und Herren, und auf dem Gebiet der militärischen Nachrichtendienste ist es nicht nur Macht, es ist auch Sicherheit. Sicherheit erspart Konflikte und erspart auch Opfer, vielleicht Menschenleben, und daher genießt das österreichische Heeres-Nachrichtenamt im In- und Ausland – mehr im Ausland; im Inland fällt es, wie alle guten Dienste, weniger auf – einen hervorragenden Ruf, vor allem was die geographischen Bereiche in der Umgebung Österreichs, im Osten, im Südosten et cetera anlangt. Es ist ein gutes Organ, das international anerkannt hervorragend arbeitet, und die Tätigkeit eines solchen Organs stärkt die Position Österreichs und damit jedes einzelnen seiner Bürger. Wer eine solche Einrichtung schwächen möchte, der nimmt zumindest dolos in Kauf, daß er damit die Position Österreichs, die Sicherheit Österreichs und die Sicherheit jedes einzelnen österreichischen Bürgers schwächt. Und damit hat man sich heute ja eigentlich abfinden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Wurmitzer. )

Mir ist auch nicht sehr wohl bei dem Gedanken, daß man alles, was es auf diesem Sektor gibt, in einer einzigen Hand zusammenlegen möchte, und zwar in gewissem Sinne in der Hand des Bundeskanzlers: alles, was es auf diesem Sektor gibt, und zwar ausgestattet mit Lauschangriff und Rasterfahndung von der Staatspolizei her, nicht vom Nachrichtenamt. Das wäre zu viel Macht in einer Hand und auch zu viel Macht in einer politischen Richtung.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang eine scherzhafte Bemerkung. Wer aus dem linken Reichsdrittel sich so ein bißchen vorstellt, das wird immer "einer von uns" – unter Anführungszeichen – sein, immer ein Sozialdemokrat, immer ein Genosse – zuerst hat er Vranitzky geheißen, jetzt heißt er Klima, und es wird der nächste nachkommen –, dem sei gesagt: Vielleicht heißt der nächste Kanzler mit Vornamen Jörg. Spielen Sie es doch einmal durch: Dann hat auf einmal er alles in der Hand! Ist das wirklich gut und richtig? Wollen wir das nicht aufgeteilt


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haben? Ist es nicht so, daß zu viel Macht in einer Hand nicht sein soll, meine Damen und Herren?

Wenn man sich die ganze Liste derer anschaut, die nach dem Dringlichen Antrag mitreden können sollen, dann wird einem schwummerig. Es fällt einem nicht nur ein, daß zu viele Köche den Brei verderben. Es handelt sich ja auch um eine sehr heikle Materie, bei der ich mir immer wünsche, daß ich gar nicht allzuviel weiß, und mir geht es auch darum, daß nicht allzu viele Leute allzuviel wissen in diesem Zusammenhang.

Den Grünen möchte ich noch ein Zitat bringen – so viele Sekunden habe ich noch Zeit –, ein Zitat, das sie und ihre Gesinnungsgenossen selbst lange verwendet haben, allerdings bezeichnenderweise nur bruchstückhaft. Sie haben plakatiert, und sie haben Aufkleber an den Autos angebracht und auch gesagt: "Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin." Aber sie haben den jungen Menschen verschwiegen, daß dieses Zitat von Bert Brecht weitergeht. Es heißt weiter und als Ganzes: "Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin. Dann kommt der Krieg zu dir, und willst du nicht die Waffen der Deinen tragen, dann wirst du die der Feinde tragen müssen." – Bert Brecht. Das haben Sie gewußt, ich unterstelle es Ihnen! Sie haben aber verschwiegen, wie dieses Zitat zur Gänze lautet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber noch ein Zitat aus Ihren Zeitungen, aus dem "TATblatt" und ähnlichem: "Haut die Bullen platt wie Stullen." – Das paßt auch zur Methode, die Sie heute an den Tag gelegt haben. Das Ihnen ins Stammbuch, aber auch jenen, die glauben, im Windschatten der Protagonisten aus der grünen Ecke still und heimlich mitsegeln zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Lassen Sie den rechtsextremen Hosenlatz zu!)

17.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt hiezu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 555/A (E) der Abgeordneten Anschober und Genossen betreffend Heeresgeheimdienste: "Zwölf Jahre Wildwuchs sind genug".

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2702/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen jetzt zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungszahl 2702/AB.

Diese Anfragebeantwortung ist im Saal verteilt worden. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich rufe die Bestimmungen des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung hinsichtlich der Redezeit in Erinnerung. Kein Redner darf länger als 5 Minuten sprechen. Dem Erstredner und Antragsteller kommt eine Redezeit von 10 Minuten zu. Wortmeldungen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von Staatssekretären sollen sich gleichfalls an den 10 Minuten orientieren.

Als erster erhält Abgeordneter Mag. Trattner als Antragsteller das Wort, um die Debatte zu eröffnen. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.31

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ich habe eine Anfrage an Sie gerichtet betreffend die Veräußerung der Anteile der Postsparkasse, und zwar in der Größenordnung von 49 Prozent, die immerhin 34 Prozent Lotto-Toto-Anteile enthalten. Ich


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habe Sie in dieser Anfrage ersucht, zu einigen Fragen Stellung zu nehmen, und es ist dabei etwas herausgekommen, was ich befürchtet habe: Sie haben keine Bewertung dieser Anteile vorgenommen.

Herr Bundesminister! Erinnern wir uns doch ein bißchen zurück an die Zeit, als es die Diskussion über die Veräußerung des Verkehrsbüros gab. Damals bei der Veräußerung des Verkehrsbüros wollte man auch stillschweigend die Anteile an der CasAG verschwinden lassen. Man wollte das Ganze um 170 Millionen Schilling veräußern, und erst aufgrund des Drucks der Freiheitlichen Partei, die darauf hingewiesen hat, daß darin hochwertige Anteile an der CasAG enthalten sind, wurde eine Bewertung vorgenommen, und der Verkaufserlös war um 400 Millionen Schilling höher. Das ist erfolgreiche Oppositionspolitik, die dem Budget zugute gekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich verstehe nicht, warum Sie bei der zweitgrößten Transaktion in der Zweiten Republik keine Bewertung haben durchführen lassen. Bei der ersten Transaktion Bank Austria/CA gab es ein Bewertungsgutachten, aber bezüglich der P.S.K-Anteile beziehungsweise der Anteile der Lotto-Toto-GmbH an der P.S.K. gibt es bis heute nach wie vor kein Gutachten.

Herr Bundesminister! Ich kann mir nicht vorstellen, daß es noch kein Bewertungsgutachten gibt. In einer Ausgabe des "Kurier" aus dem Monat Juli hat ein Interessent an diesen Anteilen, nämlich der Direktor der CasAG, Wallner, gesagt, es gebe ein Gutachten aus dem Jahr 1996 mit einer Bewertung von 4,6 Milliarden, aber wahrscheinlich würden es 6 Milliarden sein.

Herr Bundesminister! Wir haben in Erfahrung gebracht, daß die Bewertung der Lotto-Toto-Anteile 10 Milliarden Schilling ergeben hat. Die 34 Prozent Anteile an der Lotto-Toto-Gesellschaft seitens der P.S.K. machen somit 3 bis 3,5 Milliarden Schilling aus. Und da gehen Sie her und greifen wieder einmal in die Taschen der "kleinen" österreichischen Bürger, wie wir heute in der Budgetrede vernehmen konnten! Sie halten es nicht für notwendig und sinnvoll, diese Bewertung vorzunehmen, daß diese Anteile rasch herausgelöst werden beziehungsweise bestmöglich veräußert werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man muß sich einmal die Beteiligungsverhältnisse der Lotto-Toto-Gesellschaft anschauen: Immerhin 34 Prozent hält die CasAG, 34 Prozent die P.S.K., 29 Prozent eine Bankenholding, der die Raika und die Sparkassen angehören, Rest mit Bank Austria, CA und Bankhaus Schellhammer & Schatterer und 6 Prozent der ORF: Wie Sie auch ganz genau wissen, gibt es ein Bundesgesetz, wonach von dieser Glücksspielgesellschaft eine Konzessionsabgabe abzuführen ist, und zwar eine Konzessionsabgabe, deren Bemessungsgrundlage der Wetteinsatz ist. Und des weiteren, Herr Bundesminister, gibt es auch noch eine Gebühr, die an den Lotteriekonzessionär, das heißt an das Finanzministerium, abzuführen ist, und zwar in der Größenordnung von 16 Prozent, ebenfalls abhängig vom Wetteinsatz.

Herr Finanzminister! Sie wissen auch ganz genau, wenn Sie den letzten Rechnungshofbericht über die Lotto-Toto-Gesellschaft gelesen haben, welche Kritik dort angebracht worden ist, nämlich daß in der Bilanz der Lotto-Toto-Gesellschaft bei den Umsatzerlösen nicht der Wetteinsatz aufscheint, sondern der Wetteinsatz abzüglich einer sogenannten Verwaltungsgebühr, und diese Verwaltungsgebühr macht immerhin 2 Milliarden Schilling aus. Wenn die Berichte, die dem Rechnungshof zugrunde liegen, stimmen, dann gehen Ihnen allein aus diesem Tatbestand, daß eben nicht gesetzeskonform die Konzessionsabgabe beziehungsweise die Lotteriekonzessionärgebühr vom Wetteinsatz abzüglich der Verwaltungskosten berechnet wird, jährlich 630 Millionen Schilling verloren. Das geht aber bitte jetzt schon seit Jahren so.

In dieser Lotto-Toto-Gesellschaft gibt es noch einen zweiten Pott, dieser nennt sich "Aufwand für generelle mediale Unterstützung" – das ist ebenfalls im Rechnungshofbericht enthalten. Und wer bekommt denn die Gelder aus der sogenannten medialen Unterstützung? – Der ORF bekommt 190 Millionen Schilling, der Verband der Österreichischen Zeitungsherausgeber 45,7 Millionen Schilling, die Kinderhilfe 16 Millionen Schilling, die Seniorenhilfe 16 Millionen Schilling, die Sporthilfe 16 Millionen Schilling, der Wiener Trabrennverein 1,5 Millionen Schilling, der Wiener Galopprennverein 1 Million Schilling. Und seit der Herr Direktor Wallner Präsident des ÖOC ist,


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gehen 9 Millionen Schilling an das Österreichische Olympische Comité. Das sind wieder 300 Millionen Schilling, die ebenfalls nicht dort hineingehören. Was hat denn das für einen Sinn? Jede Fernsehanstalt in Europa ist daran interessiert, die Lotto-Toto-Zahlen zu veröffentlichen, und zwar aufgrund der hohen Einschaltzahlen, die das bringt. Bei uns in Österreich gibt es das einmalige Phänomen, daß der ORF für die Veröffentlichung, die ihm zu einer erhöhten Seherfrequenz verhilft, zusätzlich 180 Millionen Schilling bekommt. Wie Sie wissen, hat der Rechnungshof ganz eindeutig festgestellt, daß diese Vorgangsweise nicht tragbar ist, weil das dem ORF in diesem Zusammenhang nicht zusteht.

Wenn Sie einem Konzessionär die Begünstigung erteilen, daß er die Verwaltungsabgabe von der Bemessungsgrundlage der Steuer absetzen kann, was aber nicht rechtens ist, ist das auch nicht EU-konform. Ich warte nur darauf, daß der erste zum Europäischen Gerichtshof geht und diesen Mißstand anprangert.

Herr Finanzminister! Es hat auch damals Malversationen gegeben, als Ihre Beamten aus dem Finanzministerium, die damals aus der ehemaligen Monopolverwaltung ausgeschieden sind, ins Finanzministerium hinübergewandert sind und es nicht der Mühe wert gefunden haben, dort eine ordentliche Prüfung vonstatten gehen zu lassen, sondern sie haben sich lediglich mit Erklärungen abgefunden, welche sie dort von den Bediensteten bekommen haben.

Wenn man jetzt diese Bereiche zusammenfaßt, die 630 Millionen Schilling plus die 300 Millionen Schilling, dann sind das pro Jahr 930 Millionen Schilling, die Ihnen für das Budget abgehen. Die gehen Ihnen aber jährlich verloren, das ist unabhängig vom Verkauf der Anteile der P.S.K. beziehungsweise der Lotto-Toto-Gesellschaft.

Wir wollen endlich von Ihnen eine Antwort haben, was Sie hier zu tun beabsichtigen. Wir wollen wissen, ob Sie bereits ein Bewertungsgutachten erstellt haben, ob Sie eines erstellen werden, wenn Sie noch keines haben, und wie die weitere Vorgangsweise ausschaut. Es geht uns darum, daß die richtige Bewertung zum Tragen kommt, daß nicht eine Bewertung in der Größenordnung von 4 Milliarden Schilling vorgenommen wird, die sich der Bankenbereich wieder untereinander aufteilen kann, sondern eine Bewertung gemacht wird, die dem tatsächlichen Wert entspricht. Denn trotz dieser gesamten Abgaben macht die Lotto-Toto-Gesellschaft einen jährlichen Gewinn in der Höhe von 600 Millionen Schilling, obwohl sie vorher noch einmal 600 Millionen Schilling in mediale Werbung hineinsteckt, rein für ihre Imagepflege. Für irgendwelche Beilagen beziehungsweise Artikel im "trend" und "profil", die eben zu diesem grünen Riesenbereich gehören, werden pro Ausgabe zwischen 500 000 und 700 000 S ausgegeben. Das sind Mittel, die nicht den Medien zur Verfügung gestellt gehören. Diese Mittel gehören dem österreichischen Budget zur Verfügung gestellt, und Sie sind aufgefordert, zuerst einmal diese Mittel abzuschöpfen, bevor Sie in die Taschen der Österreicher greifen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. Für die folgenden Redner beträgt die Redezeit 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.40

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal zur ursprünglichen Anfrage ein paar kleine Bemerkungen machen: Es wird in dieser Anfrage der Eindruck erweckt, als ob die Beteiligung der P.S.K. an der Lotto-Toto-GesmbH verschwiegen würde, was natürlich überhaupt nicht der Fall ist. Aus jedem Geschäftsbericht ist das zu ersehen, auch aus den Organen. Da wird also überhaupt nichts verschwiegen; das ist ja auch eine vernünftige Sache.

Zum zweiten eine kleine Anmerkung zur deutschen Sprache, wenn ich das darf, Herr Kollege Trattner. Sie verlangen hier eine "optimalste Lösung" für den Steuerzahler. Ich fürchte, das ist grammatikalisch nicht möglich, wir werden uns aber um eine optimale Lösung bemühen. Ich glaube, dem werden auch Sie nicht widersprechen können. (Abg. Haigermoser: Oberlehrer! Sie können dann die Rede korrigieren! – Abg. Mag. Stadler: Schüler Nowotny! Sehr gut, setzen!)


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Dritter Punkt: die Frage des Verkehrsbüros, weil das hier wieder gebracht wurde. Die Sache mit dem Verkehrsbüro ist kein ... (Abg. Dr. Haider: Wie war das mit Ihrem arbeitslosen Einkommen?) Optimal korrekt. Offensichtlich ist das etwas, was bei Ihnen immer ein bißchen Reflexe erweckt. (Abg. Mag. Stadler: Wissen Sie, Herr Professor, was optimal ist? Am 14. einen Entschließungsantrag zu beschließen, von dem der Finanzminister sagt, er sei ein Blödsinn! Das ist optimal!)

Dritter Punkt: die Frage des Verkehrsbüros. Da möchte ich doch darauf hinweisen – ohne daß ich jetzt hier Urheberschaftsstreitigkeiten verursachen möchte –: Es geht darum, daß der erste Verkaufsversuch vom Obmann des Finanzausschusses, der bereits zu dieser Zeit ich war, abgesetzt wurde. Ich glaube, daß wir hier richtig gehandelt haben, aber wir haben dazu nicht die FPÖ gebraucht, sondern das haben wir beziehungsweise ich als Obmann im Finanzausschuß so gemacht. Letztlich darf ich Sie darauf hinweisen, daß Sie auch dort keine Mehrheit haben. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß überhaupt nicht, warum Sie sich so aufregen. Das sind alles Fakten, die ich hier gesagt habe. (Abg. Haigermoser: Empört sind wir!) Offensichtlich sind Fakten etwas, mit dem Sie nicht wirklich leben können. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage des Anteilsverkaufes. (Abg. Mag. Stadler: Was ist mit der Entschließung vom 14. Jänner?) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum heutigen Thema möchte ich jetzt sehr deutlich sagen: Das ist keine politische Frage! (Abg. Mag. Stadler: Was ist mit der Entschließung vom 14. Jänner?) – Zu dem können wir auch gerne sprechen. Herr Kollege! Entweder – oder. Ich glaube, eine gewisse logische Konsistenz werden Sie sich einmal angewöhnen müssen. Sie haben jetzt hier ein Thema aufs Tapet gebracht, zu dem jetzt hier gesprochen wird. Wenn Sie zu etwas anderem sprechen wollen, dann müssen Sie das auf parlamentarischem Weg einbringen! Sie haben ja die entsprechenden parlamentarischen Möglichkeiten dazu. Jetzt wird zu dem gesprochen, was Sie hier vorgegeben haben. Es ist Ihre eigene Initiative! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich merke, Herr Kollege, daß Sie offensichtlich Ihre eigene Initiative nicht mehr interessiert, weil Sie auf einmal von etwas anderem sprechen. Wir können daraus unsere Schlüsse ziehen. (Abg. Mag. Stadler: Herr Professor! Nicht nervös werden! Ich wollte Sie nur fragen, was aus Ihrer Entschließung vom 14. Jänner geworden ist!) An Ihrem Verhalten kann man ersehen, wie Sie offensichtlich die Qualität Ihrer eigenen Anfragen einschätzen. Tut mir leid für Sie! Tut mir auch leid für den Kollegen Trattner, den ich an sich schätze und der es nicht verdient, daß er durch solche Ablenkungsmanöver eigentlich um seine Antwort kommt. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider: Rührend! – Abg. Haigermoser: Hören Sie auf mit dem Eiertanz!) Daher, wenn es Ihnen möglich ist, kurz zuzuhören, jetzt zum Inhaltlichen.

Es geht hier überhaupt nicht um eine politische Frage. Das ist eine rein sachliche Frage, die man hier ganz nüchtern durchzudiskutieren hat. Es geht um die Frage des Ertrags für das Budget, und das werden wir entsprechend untersuchen. Es geht natürlich auch um Fragen der Bankenstruktur, das heißt um die Frage, was das für die Postsparkasse bedeutet. Immerhin hat ja die Postsparkasse auch private Eigentümer – auch jetzt schon, aufgrund der ausgegebenen Partizipationsscheine. Was geschieht mit den Inhabern dieser Partizipationsscheine? Was geschieht mit den aushaftenden Anleihen der Postsparkasse? Das sind alles rein technische Fragen, und die werden in aller Ruhe geklärt werden.

Letzter Punkt: Ich glaube, wir sollten auch im Zusammenhang mit dem Glücksspielmonopolgesetz ganz klar davon ausgehen, daß auch das eine Frage ist, die korrekt und seriös zu beantworten ist. Wir sollten uns hier nicht zu Lobbyisten für irgendwelche Unternehmen machen lassen, nicht für die Lotto-Toto-Gesellschaft, aber bitte auch nicht für andere. Sie wissen genau, daß es da natürlich einen erheblichen Konkurrenzkampf gibt, und ich würde jeden davor warnen, sich hier als Lobbyist für bestimmte Unternehmungen einspannen zu lassen.

Es läuft diesbezüglich ein korrektes Verfahren. Der Finanzminister hat es eingeleitet, und ich hoffe sehr, daß auch die FPÖ bereit ist, den Ablauf eines korrekten Verfahrens, das unter


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genauer Beobachtung aller Regeln und unter Einschaltung seriöser Gutachter abgewickelt wird, zu akzeptieren. Andernfalls würden Sie den Eindruck erwecken, daß es Ihnen nicht um die Sache geht, sondern daß Sie politisches Kleingeld aus einer Sache schlagen wollen, die eigentlich eine rein ökonomische, praktische Frage ist, die in bewährten Händen liegt. (Abg. Haigermoser: Das ist kein Kleingeld mehr, das sind schon Scheine!) Das ist, glaube ich, der Punkt. Es gibt keinen Grund zu irgendeiner Aufregung. Es ist ein normales Verfahren, das entsprechend abzuwickeln ist. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.46

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier in diesem Hohen Haus im letzten Jahr wiederholt Fragen des Kapitalmarktes und Fragen der Bankenstruktur diskutiert. Ich erinnere etwa an die Frage Bank Austria und CA. (Abg. Mag. Stadler: Haben nicht auch Sie den Entschließungsantrag am 14. Jänner eingebracht?) Sie haben meine Position in diesen Fragen gekannt, aber ich habe trotz aller Unterschiede – und tue es auch heute bei dieser Diskussion – davor gewarnt, angesehene Geld- und Kreditinstitute in das tagespolitische Hickhack hineinzuziehen. (Abg. Dkfm. Holger  Bauer: Das sagt ein ÖVPler!) Das ist nicht Aufgabe des Parlaments, daß wir Geld- und Kreditinstitute, die international Rang und Namen haben, durch Tageshickhack in die politischen Schlagzeilen bringen, Herr Kollege Bauer! Sie versuchen hier politisches Kleingeld zu wechseln, zu Lasten der Seriosität unseres Geld- und Kreditapparates, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Wer hat denn die Bank Austria ins Gerede gebracht, Herr Stummvoll? Wer war denn das? Das waren Sie, Herr Stummvoll!)

Worum geht es in der Sache? In der Sache geht es darum, ob im Zuge der Veräußerung von 49 Prozent der Anteile an der P.S.K. ein besserer Erlös zu erzielen ist, wenn man die Lotterieanteile herauslöst oder nicht herauslöst. Das ist die Frage. Es deutet überhaupt nichts darauf hin, wie schon Kollege Nowotny gesagt hat, daß da irgend etwas verschwiegen oder vertuscht werden soll. Das ist immer die Stoßrichtung Ihrer Anfragen: den Eindruck zu erwecken, da gehe es nicht ganz geheuer zu, da werde etwas vertuscht oder verschwiegen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Herr Kollege Stadler! Wir kennen Ihre Strategie! Lassen Sie doch wenigstens den Ruf unserer Geldinstitute aus der politischen Polemik heraus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sie haben die Bank Austria ins Gerede gebracht! Sie waren das!)

Ich getraue mich heute nicht zu sagen, welche der beiden Varianten für den Steuerzahler das bessere Ergebnis bringt: die Variante, 49 Prozent P.S.K.-Anteile inklusive Lotterieanteile zu veräußern, oder die Variante, die Lotterieanteile vorher herauszulösen. Ich gebe gerne zu: Auf den ersten Blick mag es so erscheinen, daß der höhere Ertrag zu erzielen ist, wenn man vorher die Lotterieanteile herauslöst. Mag schon sein. Aber das ist sehr, sehr sorgfältig und seriös zu prüfen, meine Damen und Herren. Ich lege mich auf keine Variante fest, das ist sehr seriös zu hinterfragen und mit Gutachten und so weiter zu untermauern, aber ich mache nur darauf aufmerksam: Ein Herauslösen der Lotterieanteile aus der P.S.K. bedeutet zweifellos den Entzug von Eigenmitteln der P.S.K., bedeutet den Entzug der einzigen großen stillen Reserve, die die Postsparkasse hat. Das ist zu beachten.

Das zweite ist, daß bei internationalen Emissionen in den Vertragsbedingungen sehr oft – und auch in diesem Fall – eine Bestimmung enthalten ist, wonach eine Rückgabeverpflichtung des Investors vorgesehen ist, wenn dem Emittenten von seinem Eigentümer Kapital entzogen wird. Genau das würde hier eintreten. Das ist also eine sehr heikle und sensible Frage.

Sie wissen ja: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, Herr Kollege Stadler. Vom Kollegen Trattner wurde der Vergleich Verkehrsbüro – Casino gebracht. Es ist sicherlich richtig, daß ein Verkehrsbüro nicht unbedingt die Aufgabe hat, Casino-Anteile zu halten. Aber ob wir einer Bank


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Eigenmittel entziehen, hat schon beachtliche Auswirkungen, auch auf die internationalen Finanzmärkte. (Abg. Dr. Haider: 600 Millionen wollte der Schüssel wegräumen! – Abg. Mag. Stadler: Ihr Frühstückskanzler wollte 600 Millionen wegräumen!)

Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Ich bin dafür, daß hier seriös geprüft wird, korrekt vorgegangen wird, daß ein Gutachten erstellt wird und daß dann abgewogen wird, welche Variante für den Steuerzahler die günstigere ist. Und ich bin sehr dafür, daß Sie sich mit Ihrer ganzen Polemik und Demagogie in diesem Haus ein bißchen zurückhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte.

17.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Es ist bemerkenswert, wie Herr Abgeordneter Nowotny und Herr Abgeordneter Stummvoll gleich argumentieren, vorgegeben schon im heutigen "Standard": Die stillen Reserven der P.S.K. machen den Wert aus. Das sind ausgerechnet die Sportwetten. Das läßt tief blicken hinsichtlich des Wertes der P.S.K., wenn man die Sportwetten als den Wertmaßstab für die P.S.K. heranzieht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber, Herr Abgeordneter Stummvoll, eines ist wirklich nicht fair: zu sagen, wir würden die Finanzinstitute in das politische Hickhack hineinziehen. Ja wer ist denn Generaldirektor der P.S.K.? Ich glaube, das ist ein Kanzlersekretär. Ich glaube, das ist nicht der einzige Kanzlersekretär, der etwas geworden ist. Ist es nicht bei der Investkredit der Kreisky-Sekretär, der Vranitzky-Sekretär, haben Sie nicht heute den Marc Hall zum Vorstand der OMV gemacht? Machen wir mit der OMV jetzt auch politisches Kleingeld? Was ist denn da schon wieder los? (Abg. Dr. Nowotny: Was soll diese Frage? Gibt es eine Sippenhaftung?)

Also ich muß Ihnen sagen, das ist unfair! Das geschieht nur, weil Sie im Moment mit Ihren Mandataren politisch nicht punkten bei den Banken und der Wallner der letzte Kanzlersekretär war, der es zu etwas gebracht hat! Ich muß Ihnen sagen: Gönnen Sie denen doch den Erfolg und sagen Sie nicht, daß wir politisches Kleingeld machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch wenn der Herr Schimetschek und der Herr Konrad keinen Kopf haben und das Ganze wie der schiefe Turm von Pisa ist, weil der Parteiobmann irgendwie in abeundi ist und der neue Fischl noch nicht da ist – die haben ihre Struktur! Denn da ist ja der Sellitsch, da ist der Häupl von Wien und darüber ist noch der Bundeskanzler. – Das ist ja eine tolle Struktur, muß ich sagen! So werden die Posten vergeben und nicht anders! Also unterstellen Sie nicht uns etwas, sondern hören Sie auf mit dem Postenschacher! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ein Gesellschaftsvertrag und kein Postenschacher!)

Aber ich muß Ihnen sagen, Sie haben schon wieder eine Position zu verlieren. Der Hampel hat heute schon wieder einen dritten Vorstand bei der PTV vorgeschlagen. Wissen Sie, warum? – Die PTV hat 15 Prozent Beschäftigte abgebaut, da braucht man natürlich einen sozialdemokratischen Vorstandsaufbau. Das ist ganz klar! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist nicht das Thema!) Das ist schon das Thema. Sie sagen nämlich, daß wir das Thema zu einem politischen Hickhack machen. (Abg. Dr.  Stummvoll: Dann haben Sie die falsche Anfrage gestellt! Es geht um die P.S.K.!) Bezüglich P.S.K. werden wir ja sehen! Ob nicht zwischen Sellitsch und Schimetschek – Ihrem Schimetschek! – die P.S.K. dann schön filetiert wird im Proporzstil, das werden wir ja noch sehen. Es schaut ja ganz so aus, wie der "Standard" schreibt. Oder wird es anders werden? – Das glaube ich nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und daß Sie die Position des Personalchefs in der CA geräumt haben, Herr Abgeordneter Stummvoll, daß der jetzt, nur weil er Ihr Parteibuch, nur weil er ein ÖVP-Parteibuch gehabt hat und nichts dazu gesagt hat, fünf Jahre lang bei vollen Bezügen – zweieinhalb Millionen Schilling im Jahr – auf der Straße steht, da, muß ich sagen, hätten Sie sich auch einmal einschalten


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können für Ihre Leute, denn dieser Personalchef ist ein guter Mann gewesen. (Abg. Dr. Stummvoll: Wann geht er spazieren?) Sie haben nie etwas gesagt, daß vielleicht dort nicht wieder einer mit einem neuen roten Parteibuch Personalchef wird. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie halten entweder die falsche Rede oder Sie haben die falsche Anfrage gestellt!) Das ist der Postenschacher auf dem Finanzsektor, den Sie letztlich leidvoll mittragen müssen, weil Ihnen irgendwo die Bizeps fehlen, das aufzuhalten, was sich hier ständig weiterentwickelt. Das ist es doch! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Freundschaft!

Ich muß Ihnen sagen, wenn Sie das Umtauschoffert der CA mit 4: 3 so toll finden, ohne daß Ihre Leute ein Bewertungsgutachten der CA vorgelegt bekommen, wenn der Aufsichtsrat gar nicht davon informiert wird und der Kleinaktionärsvertreter, der gesagt hat, ohne Bewertungsgutachten stimmen wir dem Umtauschoffert nicht zu, eigentlich auch nie eines gesehen hat, nur weil seine Kanzlei ein Mandat für die Fusion Bank Austria – CA hat, dann ist das die Gesinnung am Finanzsektor, mit der Sie einmal aufhören müssen.

Die Postsparkasse geht dann in dieselbe Struktur, das habe ich Ihnen schon gesagt. Da ist die rote Versicherung, da ist die schwarze Versicherung. Das werden wir ja alles wieder neu erleben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß wir in diesem Spiel nicht mitspielen, ist eigentlich logisch. Einer Opposition werden Sie vielleicht noch zubilligen, daß sie solche Mißstände, wie sie sich auf dem Kapitalmarkt in Österreich abspielt haben und die international zum Gelächter geführt haben, aufzeigt. Es ist besser, wir legen diesen Morast trocken. Sagen Sie nicht, daß wir im Morast der Verdächtigungen wühlen, sondern wir versuchen eben, diesen Morast trockenzulegen. Und wenn uns der Herr Bundespräsident in Zukunft dabei etwas helfen würde, wenn Sie ihn dazu motivieren könnten, wären wir auch ganz dankbar. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider: Sehr gut!)

17.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Günter, das ist heute nicht dein Tag gewesen! Man hat nicht jeden Tag ein Erfolgserlebnis! – Abg. Dr. Haider: Der Prinzhorn war ausgezeichnet! Ausgezeichnet! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider – zu Abg. Dr. Haselsteiner gewendet –: Kannst schon reden! Kannst schon reden, wir horchen dir zu!)

17.55

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muß sagen, ich habe mich bemüht, den Argumenten meiner Vorredner zu folgen, aber über eines scheint ein großes Mißverständnis zu herrschen: Die in Rede stehende Beteiligung an der Lotto-Toto gehört einer österreichischen Aktiengesellschaft, und wenn wir davon reden, daß die Republik oder der Minister oder irgendein anderer das herauslösen wird, dann gibt es da ja noch ein Aktiengesetz, einen weisungsungebundenen – zumindest theoretisch weisungsungebunden – Vorstand, der auf fünf Jahre bestellt ist (Abg. Dr. Haider: Wem wispern Sie es denn heute wieder hinein?) , und vor allem gibt es Minderheitsgesellschafter. Und einer steht hier! Ich besitze solche Anteile. (Abg. Dr. Haider: Na großartig!) Und wenn diese Republik in die autonome Entscheidung eines Vorstandes eingreift und wenn das nicht um mindestens den Marktwert verkauft wird, dann wird es hier Zoff geben, meine Damen und Herren. Das ist überhaupt keine Frage! (Beifall beim Liberalen Forum.) Ich lasse mir doch nicht von meiner P.S.K., an der ich Anteile besitze, von irgend jemandem das Tafelsilber stehlen. Auch nicht vom Herrn Finanzminister!

Auf der anderen Seite muß ich sagen, Herr Stummvoll, ich verstehe Sie nicht. Sie reden noch davon, daß es zwei Varianten gibt. Ja welche Varianten gäbe es da Ihrer Meinung nach? Es gibt nur eine: wenn es der Vorstand beschließt, mit Aufsichtsratgenehmigung und dann selbstverständlich zum besten Preis! Das wird natürlich nach leidvollen Erfahrungen, insbesondere mit Ihnen nahestehenden Bietergruppen, genauestens beobachtet werden. Denn Sie erinnern sich ja: Die Creditanstalt sollte 7 Milliarden Schilling kosten – für eine schwarze Partie, sage ich jetzt einmal –, gebracht hat sie dann einen Zehner mehr. Das ist ja ein doch beachtlicher Unter


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schied. Wir werden also darauf achten, daß diese Lotto-Toto-Beteiligung zum echten Marktwert drübergeht. Was dann die Gesellschafter beschließen, welche Kapitalausstattung die P.S.K. AG haben soll, ob das drinnen bleiben soll oder ob es ausgeschüttet werden soll, das wird man sehen, und natürlich wird eine solche Beschlußfassung den Preis des P.S.K.-Anteiles von 49 Prozent beeinflussen.

Aber eines geht natürlich nicht: Man kann nicht, wie es der Herr Nowotny getan hat, sagen, diese Lotto-Toto ist die stille Reserve. Meine Damen und Herren, nichtbetriebsnotwendiges Vermögen hat nichts mit Eigenkapitalausstattung zu tun. Das nichtbetriebsnotwendige Vermögen steht selbstverständlich zur Disposition, und es ist legitim vom Eigentümer, zu sagen: Davon möchte ich meinen Teil haben.

Und jetzt muß ich natürlich sagen: Von dieser Variante aus gesehen wird der Herr Finanzminister gut beraten sein, diesen Verkauf zu ermöglichen, denn es wird ihm ja in jedem Fall der doppelte "Privatisierungserlös" – unter Anführungszeichen – zufließen. Das ist doch ganz klar! Zur Disposition stehen 49 Prozent der P.S.K.-Anteile, aber die P.S.K. kann volle 34 Prozent ihrer Lotto-Toto-Beteiligung verkaufen und nicht 17. Daher wird es im Interesse der Republik sein, den Privatisierungserlös für die Republik zu maximieren, wenn dieser Verkauf und diese Veräußerung von nichtbetriebsnotwendigem Vermögen vor sich geht. Darüber sollte doch überhaupt keine Debatte entstehen müssen.

Daß das Mißtrauen groß ist, daß man sagt, da werden es sich einige schon wieder richten, da gibt es schwarze und rote Versicherungen, bitte, meine Damen und Herren, das haben Sie sich selbst zuzuschreiben. Daß Sie sich nicht entschließen konnten, eine echte Mehrheit an der P.S.K. AG zu verkaufen, sondern daß Sie weiterhin 51 Prozent und damit die beherrschende Mehrheit in einer staatlich dominierten Holding halten wollen, schürt dieses Mißtrauen noch eher, als es dieses zu beruhigen vermag.

Alle diese Dinge, meine Damen und Herren, sind leidvoll in der Vergangenheit erfahren worden. Sie haben nichts damit zu tun, Herr Stummvoll, daß wir den guten Ruf der P.S.K. zerreden. Wir schauen – insbesondere die Anteils-, die Partizipationsscheinbesitzer – auf unser "Gerstl", und wir schauen sehr auf Ihre Finger, Herr Stummvoll und Herr Nowotny – nicht Ihre persönlichen, aber die Ihrer Parteien –, denn in der Vergangenheit haben wir kein Vertrauen aufbauen können. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr hat sich noch Herr Bundesminister Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

18.00

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin kein Besitzer von Partizipationsscheinen, daher kann ich entemotionalisierter reden als Herr Abgeordneter Haselsteiner, aber ich möchte doch auch bemerken – weil das im Protokoll steht –, daß ich nicht die Absicht habe – weder Ihnen noch sonst irgend jemanden –, das Tafelsilber zu entwenden. Nur damit das auch im Protokoll steht und klargestellt ist.

Zum zweiten: Ich stelle fest, daß ich mit sehr großer Nachhaltigkeit von Herrn Abgeordneten Mag. Trattner auf einen gesonderten Verkauf der P.S.K.-Anteile an der Österreichischen Lotterien GesmbH angesprochen werde, und zwar in sehr kurzen Abständen: in der Parlamentsdebatte am 11. Juni, in der Fragestunde am 11. Juli, im Rahmen einer schriftlichen Anfrage, ebenfalls am 11. Juli, auf die ich bekanntlich, soweit es die Rechtslage zuläßt, ausführlichst geantwortet habe, und schließlich heute zu Beginn unserer Herbstarbeit.

Ich möchte aber durchaus in Erinnerung bringen, welche Haltung ich bisher eingenommen habe, weil überhaupt keine Veranlassung besteht, sich prophylaktisch irgendeinen Pappsoldaten aufzubauen und so in den Raum zu stellen, welche Ungeheuerlichkeiten möglicherweise im Zuge der Teilprivatisierung der P.S.K. vorgesehen sein könnten.


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Ich möchte daher noch einmal in aller Kürze meinen persönlichen Standpunkt darlegen, wobei es richtig ist, daß es sich hier weitgehend um Organentscheidungen der dazu vorgesehenen Organe handelt, aber selbstverständlich auch im Auftrag der Eigentümer gehandelt werden soll.

Es ist im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung der P.S.K. AG eingehend zu prüfen – und hier teile ich Ihre Meinung, sehr geehrter Herr Abgeordneter Trattner –, welche Lösung wirtschaftlich optimal und rechtlich, vor allem auch EU-rechtlich, durchzuführen ist und in welcher bestmöglichen Weise die Eigentümer an der P.S.K. nicht in irgendwelche nachteiligen Situationen kommen, wie das etwa der Eigentümer Dr. Haselsteiner befürchtet: der Verkauf von 49 Prozent der P.S.K. inklusive Lotterieanteil oder – das ist die zweite Variante – der separate Verkauf von 49 Prozent der P.S.K.-Anteile und von 34 Prozent der Lotterien.

Es ist unbestritten – und insofern verstehe ich eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Prinzhorn nicht, wenn er meint, die Lotterie ist das einzige, was die P.S.K. hat –, daß in der Tat – Sie argumentieren das zu Recht immer, Herr Mag. Trattner – die Lotterie ein durchaus wertvolles Unternehmen ist, und Sie haben das auch in großer Ausführlichkeit dargelegt. Der Anteil der P.S.K. AG an der Österreichischen Lotterie ist daher ein wesentlicher Bestandteil des Wertes der P.S.K. selbst.

Wir haben uns entschlossen und wir haben das per Gesetz im Jahre 1996 auch festgelegt, die P.S.K. AG teilzuprivatisieren. Der Bund wird – und das ist auch im Gesetz so vorgeschrieben – aber weiterhin mit einem Anteil von 51 Prozent die Mehrheit an der P.S.K. halten. Daher ist es natürlich auch von nicht vernachlässigbarem Interesse, darauf aufzupassen, daß auch die P.S.K. in ihrer Gesamtheit natürlich ein funktionsfähiges, ein innovatorisches, ein den neuen Marktbedingungen entsprechend gerecht werdendes Institut bleibt. Ich meine daher, daß es ganz wichtig ist, daß man den Schritt der Privatisierung äußerst exakt vorbereitet und auch entsprechend überprüft.

Die Schritte, die zur Privatisierung führen – das auch in aller Kürze –, werden so funktionieren, daß die PTBG, wie Sie ja wissen, beauftragt ist, ein Privatisierungskonzept für die P.S.K. AG auszuarbeiten. Dieses Privatisierungskonzept muß Art, Ausmaß und Termin der Privatisierung beinhalten. Es wird also auch festhalten, ob die P.S.K. AG mit oder ohne Lotteriebeteiligung verkauft werden soll. Das ist also eine durchaus denkbare Variante.

Dieses Privatisierungskonzept ist nach dem neuen im Juli 1997 von diesem Hause beschlossenen Privatisierungsgesetz der Bundesregierung zur Beschlußfassung vorzulegen. Dann wird das Privatisierungsverfahren durchgeführt. Interessenten werden zur Anbotslegung eingeladen, Verkaufsgespräche werden geführt. Vor Erteilung des Zuschlages muß dann natürlich die Zustimmung der Generalversammlung eingeholt werden.

Zum derzeitigen Stand – damit nicht in vier Wochen wieder die nächste Anfrage gestellt werden muß (Abg. Böhacker: Die kommt sicher!)  –: Wir befinden uns derzeit in einer wichtigen Phase der P.S.K.-Teilprivatisierung. Die SBC Warburg, ein internationales Investmenthaus, arbeitet daran, strategische Optionen für die P.S.K. selbst zu prüfen, wobei – ich habe bereits darauf hingewiesen – nicht vernachlässigt werden darf, daß der Bund weiterhin 51 Prozent Anteil halten wird.

In Ergänzung zu meiner Auskunft an Sie in der Fragestunde vom Juli kann ich Sie in der Zwischenzeit dahin gehend informieren, daß eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei mit der Bewertung der P.S.K. AG und des Anteils der P.S.K. an der Österreichischen Lotterien GesmbH beauftragt wurde. Eine solche abschließende Bewertung liegt allerdings noch nicht vor. (Abg. Böhacker: Welche Kanzlei ist das?) Ich möchte Sie daher bitten, sich noch ein wenig in Geduld zu üben. (Abg. Böhacker: Ist bekannt, welche Kanzlei das ist?) Ich habe nicht die Absicht, in irgendeiner Weise so vorzugehen, daß das nicht sauber, transparent und optimal für die Eigentümer an der P.S.K. ist. Ich möchte die bestmögliche Verwertung in diesem Zusammenhang erreichen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Böhacker: Kann man nicht sagen, welche Kanzlei das ist? Das ist ja nichts Unanständiges!)

18.07


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über den 11. Punkt der Tagesordnung betreffend Sicherheitsbericht 1995 wieder auf.

Wir fahren in der Rednerliste fort. Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. (Rufe bei der ÖVP: Kier! Kier! Kier hat unterbrochen! – Abg. Mag. Stadler: Kier was here!)

Bitte um Entschuldigung! Ich habe eine unvollkommene Information gehabt. Herr Abgeordneter Kier, ich entschuldige mich! Sie haben offensichtlich Ihre Wortmeldung schon vor 15 Uhr begonnen und setzen sie jetzt fort. – Bitte, Sie sind am Wort.

18.08

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich schwierig, nach so einer Debatte jetzt anzuknüpfen an das, was letztlich vor 15 Uhr geschah, ich möchte aber ein paar Rückbezüge setzen, insbesondere an die Kollegin Partik-Pablé, aber auch an den Kollegen Leikam, die bisher schon das Wort ergriffen hatten.

Frau Kollegin Partik-Pablé! Das Problem eines Sicherheitsberichtes ist natürlich, daß er sich unterschiedlich lesen läßt. Man kann ihn nach Gutdünken interpretieren, und es ist jetzt die Frage zu stellen, welche Interpretationsform bei einem Sicherheitsbericht die adäquate ist. Natürlich können Interpretationen nicht besser sein als der Bericht selbst, und daher ist es bedauerlich, daß er tatsächlich einige Mängel hat. Aber alles andere in sicherheitspolitischen Fragen als eine langfristige Betrachtung, eine nachhaltige Betrachtung ist grundsätzlich Panikmache, denn es gibt statistische Werte, die über kürzere Perioden stärker schwanken, und es gibt statistische Werte, die über kürzere Perioden unauffällig bleiben, aber trotzdem Anlaß zur Sorge geben können – und umgekehrt.

Daher ist es eine der Hauptschwächen des Sicherheitsberichtes, daß er es an der langfristigen Betrachtungsweise tatsächlich mangeln läßt und dadurch die Türe aufmacht, daß beliebig interpretiert wird, daß aus den subjektiven Möglichkeiten heraus so stark Schindluder getrieben wird, daß er sich auch dafür eignet – so sorgfältig er in seinen Fakten teilweise ist –, daß man damit Angst erzeugen kann. Das ist eine politische Schwäche dieses Berichtes, die im übrigen direkt damit zusammenhängt, daß ihm ein politischer Teil fehlt.

Der Sicherheitsbericht enthält keine echte Bewertung in politischer Hinsicht, was zumindest in der Form eines ausführlichen Vorwortes möglich wäre, und ich meine, es genügt eben nicht, uninterpretierte Zahlen in den Raum zu stellen, sondern es ist eine wesentliche Aufgabe der Politik oder der verantwortlichen Ministerien, auch ihre Einschätzung dieser Zahlen mitzuliefern. Darüber kann man dann wieder geteilter Auffassung sein, aber es ist ganz wesentlich, daß Minister in Ministerverantwortlichkeit auch ihre Einschätzung im Hinblick auf erreichte Ziele, auf nicht gut erreichte Ziele, auf noch zu erreichende Ziele in Form einer politischen Bewertung festhalten.

Dieses Element fehlt in diesem Bericht. Insofern ist er hauptsächlich ein statistischer Bericht, hauptsächlich ein Bericht von Zahlen, und in diesem Punkt wieder ist sein ärgster Mangel, daß er grundsätzlich immer ein Jahr zu spät kommt. Im Sicherheitspolizeigesetz § 93 Abs. 2 ist nämlich normiert: Der Sicherheitsbericht enthält einen Bericht über die Vollziehung des Bundesgesetzes im abgelaufenen Jahr. – Und das abgelaufene Jahr ist zum Zeitpunkt der Berichterstattung allemal das zurückliegende Jahr und nicht das vorvergangene Jahr. Daher müßten wir jetzt über die Zahlen aus 1996 sprechen.


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Ich habe das im Ausschuß auch schon thematisiert, und dort wurden mir technische Schwierigkeiten vorgehalten, die im Zusammenhang mit der Interaktion zwischen Justiz- und Innenministerium bestehen. Ich sage Ihnen, das mag schon sein, es mag schon sein, daß Sie es nicht absichtlich verspätet machen, aber wenn ein gesetzlicher Auftrag besteht und er nicht erfüllt werden kann, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man schafft die Hindernisse aus dem Weg, oder man ändert das Gesetz und gibt zu, daß man zwei Jahre braucht. Aber das will man offenbar nicht, weil natürlich ein Sicherheitsbericht, der zwei Jahre nachhinkt, viel weniger nahe am Problem ist als einer, der aus dem Vorjahr stammt.

All das sind Aspekte, die es ermöglichen, daß manche auf dem Thema Sicherheit die kleine Münze herunterschlagen, indem sie beliebige Behauptungen über die Entwicklung in der Kriminalität aufstellen können, weil es von der jeweils kurz zurückliegenden Referenzperiode gar keine offiziellen Daten gibt. Dann kann man frei interpretieren oder zum Beispiel – wie das im vorliegenden Fall Kollegin Partik-Pablé gemacht hat – die vielleicht etwas salopp formulierte Aussage von Kollegen Kiss "pro Minute ein Verbrechen" absichtlich mißinterpretieren, indem man einfach mit allen Jahresminuten multipliziert. Das war eine Metapher, würde ich sagen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war nicht salopp! Nein, nein! Das war die Überschrift vom Pressedienst! Das war die Überschrift vom Pressedienst!)

Jetzt braucht er nicht meine Verteidigung, aber es darf nicht sein, daß man solche Dinge in absolute Zahlen umrechnet und sie dann als fix hinstellt. Dann wird zitiert, und an den Stammtischen kursiert diese fixe Zahl. Wenn noch dazu ein Kollege, mit dem ich durchaus gelegentlich meine Differenzen habe, in diesem Fall als Zeuge für etwas mißbraucht wird, was er so gar nicht gemeint haben kann, dann ist das eine Art von Sicherheitsdebatte, die ich nicht mag. Das mag ich nicht. Ich bin mit Kollegen Kiss gewißlich nur ganz selten einer Meinung, aber das, bitte, geht nicht! So kann man das nicht machen.

Es wird dann mit Begriffen wie die Asiaten oder die Russen oder die Italiener oder die Türken herumgeworfen, also in einer völlig allgemeinen, pauschalierenden Form. Natürlich wissen wir, daß das organisierte Verbrechen auch solche Anknüpfungspunkte hat, und natürlich werden, wenn sich Kriminelle in Rußland etwas ausdenken, was sie unter dem Anschein der Legalität hier veranstalten wollen, indem sie eine Firma gründen, die Gesellschafter dann wohl hauptsächlich Russen sein. Das ist schon richtig, aber das ist kein nationalistisches Problem, sondern das ist ein Problem der Herkunft von Verbrechensorganisationen. Diese haben zwar einen lokalen Bezug, aber das – noch dazu in einer Sicherheitsdebatte – so zu überhöhen, als ob das sozusagen ein Wesensmerkmal der Russen, der Asiaten oder der Türken wäre, das dient der Angst und nicht der Sachlichkeit. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, 30 bis 40 Firmen mit russischen Gesellschaftern werden pro Jahr gegründet, die im Verdacht stehen, daß sie der Kriminalität dienen, dann sage ich Ihnen: Jede Firma, die gegründet wird, kann, wenn man es möchte, in den Verdacht gestellt werden, daß sie der Kriminalität dient, weil im Zeitpunkt der Gründung alle Firmen annähernd gleich ausschauen. Sie haben einen Gesellschaftsvertrag, sie haben die Mindestorgane, sie werden in das Firmenbuch eingetragen – das macht üblicherweise ein Notar –, es sind üblicherweise Rechtsanwälte beschäftigt, und sie haben das Mindestkapital oder auch mehr. Das ist ausgewiesen, das steht in den Firmenbüchern.

Das kann natürlich immer alles Schein und Trug sein. Immer ist das möglich. Deshalb brauchen wir Möglichkeiten, das zu hinterfragen, aber zum Gründungszeitpunkt wird das schwer gelingen, es sei denn, Sie sind der Meinung, Firmen zu gründen an und für sich sei das Merkmal des organisierten Verbrechens.

Manchmal denke ich mir, unsere Wirtschaftspolitik hat das Aussehen einer Gründungsverhinderungspolitik und daß man glaubt, das sei vielleicht ein Element der Kriminalitätsbekämpfung – so unsere Gewerbeordnung, die es kaum möglich macht, sich selbständig zu machen, und so weiter und so fort –, aber ich glaube, so hat das Kollegin Partik-Pablé nicht gemeint, denn in diese Tiefe wollte sie nicht vordringen. Aber ich habe manchmal das Gefühl, daß das so ist.


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An und für sich ist es nicht unangenehm, wenn ausländische Investoren hier Firmen gründen und vielleicht ihr Geld herlegen, und zwar indem sie es hier investieren und damit ding- und ortsfest machen und es nicht mehr so leicht davontragen können, außer daß sie vielleicht die Beteiligung verkaufen. Aber die Investition steht trotzdem hier. Diesen Unterschied merken die Leute manchmal nicht so ohne weiteres. Natürlich kann er beträchtlich sein, wenn es dann zu einer Veränderung der Geschäftspolitik führt. Aber all das, Frau Kollegin Partik-Pablé, benützen Sie nur, um Angst zu machen. (Abg. Mag. Stadler: Wie war das bei der Alpha Bau? – Das ist auch eine Firmengründung gewesen! Alpha Bau!)

Frau Kollegin Partik-Pablé meinte, strukturelle Veränderungen seien wesentlich. Ich analysiere jetzt nur das, was sie gesagt hat, damit man sich wieder an die Debatte und die Debattenbeiträge erinnern kann, die vor der Dringlichen stattfanden; das sind nämlich ganz hübsche Sachen. Daß die Aufklärungsquote steigt, davon war nicht die Rede. Wenn ich mir über die Entwicklung in der Kriminalität Sorgen mache und bei der Gelegenheit verschweige, daß die Aufklärungsrate gestiegen ist, dann bin ich unaufrichtig! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Leikam! Lauschangriff und Rasterfahndung als Mittel gegen die organisierte Kriminalität. Ich frage Sie: Was ist der Zusammenhang? Wo ist er im Sicherheitsbericht erkennbar? – Im Sicherheitsbericht ist kein Zusammenhang, weil Sie das erst später eingeführt haben. Oder die Novelle zum Waffengesetz im Sicherheitsbericht. Wo ist der Zusammenhang erkennbar, wenn im Sicherheitsbericht keinerlei Aussagen darüber getroffen werden, ob Schußwaffenkriminalität mit legalen Schußwaffen oder mit illegalen Schußwaffen – entweder mit solchen, die mit Waffenbesitzkarte oder mit Waffenpaß erworben wurden, oder mit anderen – durchgeführt worden ist, wenn es keine internationalen Vergleiche gibt und wenn jegliche Aussagen über das Waffengesetz und Delikte gegen das Waffengesetz fehlen? – Ohne diese Informationen ist aber eine Diskussion über die Weiterentwicklung der Schußwaffenkriminalität sehr schwer möglich.

Letzter Aspekt: Wenn wir uns zu einer ordentlichen Sicherheitsdebatte finden wollen, brauchen wir erstens einmal aktuellere Zahlen, zweitens die langfristige Komponente als Betrachtungsweise und drittens eine politische Bewertung durch die Berichterstatter. Über diese kann man dann streiten, und es wäre viel leichter möglich, eine Diskussion zu führen, wenn die verantwortlichen Minister eine konkrete Position beziehen würden.

Noch etwas noch einmal zum Schluß: Wenn in einem Gesetz eine Frist vorgesehen ist, innerhalb der berichtet werden muß, und nicht innerhalb dieser Frist berichtet wird, dann kann man einem solchen Bericht nicht zustimmen, weil das ein schwerer, das Parlament an und für sich mißachtender Formmangel ist. Und ich bitte Sie, sich zu überlegen, ob Sie zustimmen. Wenn Sie hier zustimmen, dann stimmen Sie zu, daß wir uns gefallen lassen, daß wir ein Jahr zu spät berichtet bekommen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt ist Herr Abgeordneter Kiss am Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

18.19

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Minister! Hohes Haus! Ich möchte als erstes eine atmosphärische Feststellung treffen – das Kompliment gebe ich einmal weiter an die beiden verantwortlichen Minister –: Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahren eine Debatte über den Sicherheitsbericht verfolgt zu haben, die so entemotionalisiert gewesen ist. Ich glaube, es liegt auch am neuen Innenminister. Herr Kollege Leikam nickt mir zu, und ich nehme an, das ist eine zustimmende Überlegung (Abg. Leikam: Immer, immer! Sonst hätte ich den Kopf geschüttelt!) , weil ich weiß, daß Innenminister Schlögl seine Arbeit in einer Art und Weise verrichtet, daß er alle Fraktionssprecher im Sicherheitsbereich informiert, einbindet und daraus natürlich dann die entsprechenden Schlußfolgerungen zieht.

Am Anfang also ein Danke dafür, daß ein Sicherheitsbericht in einer Atmosphäre diskutiert werden kann, von der ich glaube, daß sie sachlich ist und der Sache an sich auch dient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Kolleginnen und Kollegen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. ) – Wie war das, Kollege Haider? (Abg. Mag. Stadler: Mister Hubbard hat Sie in Verlegenheit gebracht!) – Geh bitte, streuen nicht Sie auch noch Salz in die Wunden, die schon teilweise vernarben!

Der Kollegin Partik-Pablé, die mich in einer Art und Weise interpretiert, die nicht zutrifft, weswegen mich Kollege Kier verteidigt hat, sei ins Stammbuch geschrieben: Selbstverständlich! Wenn ich dividiere – die Zahl der strafbaren Handlungen, ob Verbrechen oder Vergehen, liegt ja in diesem Sicherheitsbericht für uns nachvollziehbar auf –, dann kommt eben, vereinfacht gesagt, auf eine Minute eine strafbare Handlung. Das ist plakativ gesagt (Abg. Mag. Stadler: Das hat sie auch gesagt!) , aber das, was sie aus dieser Feststellung ableitet, ist falsch, was sie macht, ist (Abg. Mag. Stadler: Sie liest den Pressedienst von Ihnen! Den liest sonst eh niemand! Und dann regen Sie sich darüber auf!) – nein –, daß sie genau das Gegenteil dessen sagt, was ich sagen will.

Weil es eine Zahl an Verbrechen und Vergehen gibt, wollen wir uns – das ist unser Stil, und das ist unsere Linie – gemeinsam (Abg. Mag. Stadler: Es ist wirklich schlecht, wenn man einen Pressedienst erklären muß!) – nein, nein –, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner in einer verantwortungsbewußten, nachvollziehbaren, positiven Art und Weise für die Bevölkerung und die Republik einsetzen – und dies immer motivierend für die Exekutive und nicht aus Angstmacherei und aus Panikmacherei heraus! (Beifall bei der ÖVP.)

Denn sie hat wohlweislich vergessen, zu sagen, daß es natürlich auch eine Aufklärungsquote gibt (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler ), eine Aufklärungsquote von 45,4 Prozent. (Abg. Leikam: 49,3!) – Ja, wenn man natürlich auch die Verkehrsdelikte mit einbezieht, dann sind es fast 50 Prozent. (Abg. Leikam: 45,3 war 1990!) – Selbstverständlich! Das ist eine Aufklärungsquote, die sich international sehen lassen kann, eine Aufklärungsquote, die keinen wie immer gearteten Vergleich zu scheuen braucht. (Abg. Mag. Stadler: Wieviel Minuten sind das, die Aufklärungsquote? Wieviel Minuten sind das im Jahr?) – Dazu bräuchte ich einen Taschenrechner, Kollege Stadler, dazu bräuchte ich ihn! (Abg. Mag. Stadler: Ich habe geglaubt, das haben Sie auch schon ausgerechnet!) – Nein, das habe ich nicht getan. (Abg. Mag. Stadler: Aber dann werfen Sie es Kollegin Partik-Pablé nicht vor!)

Die ÖVP bringt ihre Positionen in diesem Sicherheitsbericht akzentuiert und klar ein, so wie wir auch versuchen, in der Koalition unsere Positionen gemeinsam mit dem Koalitionspartner nachvollziehbar zu fixieren. Wir wollen als ÖVP unmißverständlich einen starken Staat. Wir wollen diesen starken Staat und haben nie auch nur im Ansatz das staatliche Gewaltmonopol in Zweifel gestellt. Ein starker Staat ist ein Grundrecht für die Bürger. Dieses Grundrecht gilt es, auf Dauer nachdrücklich zu sichern. Wir wollen, daß sich der Bürger sicher fühlt. Der sichere Bürger ist derjenige, der sich in einem Gemeinwohl auch entsprechend einbringen kann, der eben keine Angst hat, der keine Panik verspürt, der weiß, daß diese Legitimation aus dem staatlichen Auftrag und von den Exekutivbeamten her tagtäglich in die Lebenswelt eingebracht wird.

Und wir wollen den motivierten Exekutivbeamten. Wir wollen, daß er entsprechend motiviert, leistungsbewußt und engagiert seine Tätigkeit versieht, und wir sind überzeugt davon, daß wir auf einem guten Weg sind. Es ist bei unseren vielfältigen Besuchen, bei den Gesprächen, die wir mit den Kolleginnen und Kollegen führen, jeweils eines zum Ausdruck gekommen: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wenn der politische Auftrag klar ist in dem Sinne: Die Politik steht zu uns, die Politik schützt uns, die Politik will uns!, dann ist es klar, daß auch die Motivation entsprechend ist.

Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte natürlich auch etwas anmerken, was mir persönlich wichtig ist: Ich habe die Verhandlungen gemeinsam mit Klubobmann Khol und Abgeordneten Platter in einer Art und Weise führen dürfen, als wir dem Herrn Innenminister und dem Herrn Justizminister gegenübergesessen sind, die friktionsfrei war. So selbstverständlich ist das ja nicht. Es sind klar und unmißverständlich die Standpunkte der politischen Parteien auf den Tisch gekommen. (Abg. Dr. Haider: Das ist ein Gewinsel!)  – Nein, Kollege Haider, so verhandelt man eben in einer Koalition! (Abg. Dr. Haider: So eine Winselei!) – Nein, so geht man miteinander


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um. (Abg. Dr. Haider: Jetzt seid ihr wieder unter dem Teppich!) – Das ist eine Art und Weise, wie man es ganz einfach zu tun hat. (Abg. Mag. Stadler: "Wir bedanken uns bei der SPÖ, daß wir nicht durch die Hintertür hinausgeschickt werden! Danke! Danke!")

Faktum ist, daß nur in diesem Ringen um den Kompromiß, um das Argumentieren, und dies in einem akzeptablen Klima, das friktionsfrei ist, auch der gemeinsame politische Weg erfolgreich sein wird. Dieses Verhältnis hat die Verhandlungen ausgezeichnet, und darum ging auch im letzten halben Jahr einiges Respektables weiter.

Ich registriere übrigens auch, daß es gerade die Freiheitliche Partei und gerade Kollegin Partik-Pablé ist, die in ihrer heutigen Wortmeldung all das nicht gesagt hat, was ich in den letzten Jahren hören mußte. Das war für mich in etwa so wie damals, als noch Kollege Löschnak Innenminister war. Haider-Zitat: Unser Mann in der Regierung! – Über Schlögl wird das noch nicht gesagt, aber ich habe auch noch kein einziges Wort von Kollegin Partik-Pablé gehört, auch heute nicht, die in einer kritischen Art und Weise zur Amtsführung des Innenministers Stellung genommen hat. Also bitte nicht uns, der ÖVP, nicht dem Klubobmann und mir, dem Kollegen Platter etwas zu unterstellen, was auch die FPÖ in keiner anderen Art und Weise interpretiert! Nur damit das auch klar und deutlich gesagt wird!

Die ÖVP setzt auch reformatorische Ansätze. Wohin wollen wir also? Wohin geht unsere Überlegung? Welchen Weg wollen wir gehen? – Wir sagen, daß vorrangiges Prinzip der sichtbare Polizist und der sichtbare Gendarm ist. Also weg mit dem Beamten aus den Zentralstellen, hinaus mit ihm auf die Straße, dorthin, wo er allein schon durch seine persönliche, physische Präsenz präventiv wirkt. Dort wollen die Bürger, dort wollen wir, die wir politische Verantwortung tragen, unsere Polizisten und Gendarmen sehen. Das ist der erste und wichtigste Grundsatz.

Zum zweiten: Diese reformatorischen Ansätze sind natürlich auch in der Struktur des Innenministeriums notwendigerweise umzusetzen. (Abg. Mag. Stadler: Warum werden dann so viele Wachzimmer geschlossen?)

Wir wollen das auch in bezug auf die Staatspolizei, in bezug auf die Sonderorgane. Die entsprechenden strukturellen reformatorischen Ansätze kommen, die Verhandlungen sind im Gange, und ich bin überzeugt davon, daß wir einen guten und richtigen Weg gehen.

Es muß unsere Exekutive aber auch einen ideellen und einen inhaltlichen Ansatz haben. Eine neue Sicherheitsakademie – dieses Konzept habe ich am 10. Feber dem Herrn Innenminister überreicht –, die einen qualitativen Quantensprung notwendig machen wird – ich glaube, es ist gut, daß wir diesen anstreben –, wird die Exekutive auf Dauer mehr dazu befähigen, als sie derzeit imstande ist. Der Beamte, der geschult ist, der Beamte, der den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht, der Beamte, der die Informationen auch aus dem Bereich der Wissenschaft, auch aus dem Bereich der Forschung hat, wird jener Beamte sein, der sich bestmöglich in seine Arbeit einbringt.

Grenzsicherung – ein klares, unmißverständliches Wort dazu: Die personelle, die technische, aber auch die organisatorische Ausrichtung muß Schengen-Standard haben. Wir haben ihn noch nicht. Wir sind dorthin unterwegs, und ich bin überzeugt davon, daß wir ihn erreichen werden. An dieser Stelle sei aber auch von mir als Sicherheitssprecher der ÖVP ein Wunsch geäußert, den nur der Nationalrat in seiner Gesamtheit erfüllen kann: Für diese Legislaturperiode haben wir vereinbart, daß der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der burgenländischen Grenze bestehen bleibt. Ich glaube, daß dieser Assistenzeinsatz auch über das Jahr 1999, nach den Nationalratswahlen, hinaus Sinn macht, weil ich aus der tagtäglichen Überprüfung als Burgenländer beobachten kann, daß die 2 000 Mann Bundesheer ihre Arbeit in einer Form versehen, von der ich persönlich hoffe – und das ist mein Ersuchen –, daß sie auch über 1999 hinaus bestehen bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Waffengesetz: Kollegen Leikam und dem Herrn Innenminister haben wir es bereits persönlich gesagt, aber ich möchte es hier wiederholend noch einmal deponieren: Ein klares Nein zur Waffensteuer! An dem Nein führt kein Weg vorbei, dazu werden wir uns nicht herablassen, dazu wird man uns nicht zwingen. Wir sind der Auffassung, daß es dieses Nein zur Waffen


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steuer, solange wir politische Verantwortung in dieser Koalition tragen, auch wirklich geben wird. (Abg. Mag. Stadler: Was ist mit den anderen Vorschlägen?)

Ein letzter Punkt: Die ÖVP ist der Meinung, daß Sicherheit nicht nur auf die Erwachsenen, sondern auch auf die Kinder auszudehnen ist. Wir wollen mit unserer Initiative für mehr Sicherheit auch für unsere Kinder, für den Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt, vor physischer, psychischer Gewalt, also seelischer Zerstörung warnen. Wir werden sie zum Mittelpunkt unserer politischen Initiativen, unserer reformatorischen Ansätze machen. Ich glaube, das ist ein Weg, den man ruhigen Gewissens für die ÖVP und in der Koalition gehen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. )

18.30

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kostelka! Sie hätten mich jetzt fast zu einer Bemerkung provoziert, aber ich kann sie noch gerade hintanhalten! (Abg. Dr. Kostelka: Ich kann es weiter versuchen!) Wir werden sehen! Ich bin sehr froh darüber, daß wir nach den ersten beiden Reden, die um zirka 14.30 Uhr zum Thema Sicherheitsbericht gehalten wurden, einen durchaus interessanten zeitlichen Puffer hatten – drei Stunden, fast vier Stunden sind vergangen –, sonst hätte ich kaum Worte gefunden, denn Jahr für Jahr bin ich davon geplagt, daß ich immer in Angst und Schrecken versetzt werde, wenn ich den Debattenbeitrag von Frau Kollegin Partik-Pablé zum Thema "Sicherheit in Österreich" höre. Immerhin erfahre ich 15 Minuten lang, daß Österreich ein furchtbar unsicheres Land ist, wo Angst und Schrecken angebracht sind, wo Unbill und Unheil an jeder Ecke lauern. Manchmal ist es mir nach sicherheitspolitischen Debatten so ergangen – ganz ehrlich –, daß ich auf dem Heimweg fast schon in der Säulenhalle Angst hatte, daß hier ein Bösewicht lauert.

Ich bin froh, daß sich das jetzt ein bisserl beruhigt hat. (Abg. Dr. Fuhrmann: Da lauern manchmal genug Bösianer!)  – Es gibt genug Bösewichte, das ist richtig, aber, Kollege Fuhrmann, ich glaube, Sie meinen ganz andere Bösewichte, die da lauern.

Interessant war dann die Wortmeldung des Herrn Kollegen Leikam als Gegensatz dazu. Zuerst hat die – wie heißt diese Popgruppe? – "Erste Allgemeine Verunsicherung" zu Tagesordnungspunkt 1 gesprochen, als nächstes hat dann – auch da hat es eine Fernsehserie gegeben, die mit der Farbe Rosarot zu tun hatte  der "rosarote Panther" gesprochen. Ich glaube, beides ist nicht ganz realistisch. (Abg. Mag. Stadler: Ein bißchen Geduld! Wir werden schon die Ersten werden, das verspreche ich Ihnen!) 

Interessant habe ich die Aussage des Kollegen Kiss gefunden, der gemeint hat ... (Abg. Haigermoser: Der Schlumpf! Sie sind der Hauptdarsteller in der Muppet-Show!) Ja, Herr Kollege Haigermoser, wir kennen Ihren Sinn für Humor. Das wollen wir jetzt nicht zum Gegenstand einer Sicherheitsdebatte machen. – Herr Kollege Kiss hat gemeint, ein starker Staat sei ein Grundrecht für die Bürger, und diese Form von Grundrecht wolle er nachhaltig erhalten.

Kollege Kiss! Ich bin auch dafür, daß Sicherheit herrscht. Ich glaube, wir haben im Innenauschuß oft bewiesen, daß es mit uns sehr konstruktive Debatten gibt, aber das als das alleinige Grundrecht, das schützenswert ist, das nachhaltig schützenswert ist, in den Mittelpunkt zu stellen, das halte ich für verfehlt. Mit der gleichen Priorität und im gleichen Atemzug müßten wir natürlich die herkömmlichen Grundrechte im Bereich Bürgerrechte mit anführen, und diesbezüglich hat die ÖVP sehr wenig Initiative in den vergangenen Wochen und Monaten und Jahren – Stichwort: Vorantreiben von Lauschangriff und Rasterfahndung – gezeigt.

Eine ganz negative Entwicklung, die sehr wohl mit diesem subjektiven Sicherheitsgefühl zu tun hat, das auch politisch erzeugt wurde, zeigt sich meiner Ansicht nach – dazu höre ich auch viel zu wenig politischen Kommentar aus dem Innenressort – mit dem Trend in Richtung privater Sicherheitsdienste. Es gibt mittlerweile etliche Gemeinden, wo es sozusagen eine Sonder


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ausrüstung durch private Sicherheitsdienste, die Gott sei Dank ohnedies kaum Kompetenzen haben, gibt. Der letzte Fall wurde mir vom Kollegen Bürgermeister Großruck – jetzt wollte ich schon fast sagen, er ist wahlkämpfen, aber er ist da, Gott sei Dank –, geschildert, wonach es eine Initiative in Grieskirchen gibt, es gibt in Oberösterreich eine vehemente Initiative der Freiheitlichen in Wels, auch eine in Gmunden. (Abg. Dr. Fuhrmann: Anschober ist auch da und geht trotzdem auch wahlkämpfen!)

Diese Tendenz in Richtung privater Sicherheitsdienste halte ich für eine sehr, sehr sensible Entwicklung. Ich glaube nicht, daß das ein sinnvoller Weg ist. Ich glaube, daß es sinnvoller wäre, im Bereich der Exekutive Reformmaßnahmen durchzuführen, wie wir sie seit einiger Zeit diskutieren – die wesentlichen und notwendigen Strukturreformen, Ausbildungsreformen, Weiterbildungsreformen liegen klar auf der Hand –, und in Richtung Effizienzverstärkung einiges zu tun. Hier muß etwas getan werden. Es ist aber völlig verfehlt, diesen Sicherheitsgedanken zu privatisieren und damit so manchen bayrischen Vorbildern nachzueifern. Man braucht sich ja nur anzusehen, daß sich die Aufklärungsquoten durchaus positiv entwickeln. Das heißt unter dem Strich: Im großen und ganzen ist Österreich ein sicheres Land. Jeder, der das Gegenteil behauptet, macht hier auf Panik und versucht, aus dieser Panik politisches Kleingeld zu schlagen.

Ein wesentlicher Punkt, bei dem ich sicherheitspolitisch noch sehr unzufrieden bin – das ist meiner Ansicht nach in Österreich derzeit das größte Sicherheitsproblem –, ist der große Bereich der Verkehrssicherheit, in dem es einige notwendige Initiativen in nächster Zeit geben müßte. Es ist in Österreich derzeit mit Sicherheit gefährlicher, am Straßenverkehr teilzunehmen, als durch eine dunkle Gasse von Wien zu gehen. Nur um einmal gegenüberzustellen, welcher Punkt der Sicherheit immer in den Mittelpunkt gerückt wird, und aufzuzeigen, daß dieses politische Zurechtrücken statistisch durch nichts belegbar und durch nichts begründbar ist.

Ein weiterer Bereich – da spreche ich vor allem den Herrn Justizminister an; wir haben da schon regen Kontakt in Form parlamentarischer Anfragen gehabt – ist der große Tatbereich Umweltkriminalität. Ich glaube, daß dieses Thema bei der Exekutive nach wie vor etwas unterschätzt wird. Wir wünschen uns im Bereich der Umweltkriminalität eine Gruppe von Spezialisten, die effizient arbeiten kann. Es gibt bei den Landesgendarmeriekommanden durchaus einige Ansätze, höchst engagierte Leute, ich glaube aber, daß man diesbezüglich noch engagierter vorgehen sollte und könnte und daß mehr Kompetenzen, mehr Unterstützung, mehr Personalmöglichkeiten und auch eine bessere Technik vonnöten sind, weil in dieser hochkomplizierten und detaillierten Materie der Großumweltkriminalfälle tatsächlich Spezialistentum gefragt ist.

Das gleiche gilt auch für den Bereich der Justiz. Wir wissen aufgrund dieser Anfragebeantwortungen, daß es in manchen Bereichen teilweise einen unbefriedigenden Zustand aufgrund der sehr, sehr langen Verfahrensdauer gibt. Ich will das überhaupt nicht verallgemeinern, aber es gibt einige Fälle, die sich zu lange hinziehen. Dafür gibt es einige Lösungsmöglichkeiten.

Ein Bereich ist jener der Sachverständigen, der sicher eine Hauptursache ist. Hier gäbe es Modelle, etwa die Vergabe ins deutschsprachige Ausland. Diese Öffnung wäre für mich ein interessantes Faktum, um zu Beschleunigungen zu kommen.

Der zweite Bereich ist eine weitere Spezialisierung auch im Bereich der Justiz. Das ist im staatsanwaltlichen Bereich bereits in ein paar interessanten Schritten erfolgt. Da gibt es Spezialisten, das war erfolgreich, da hat es eine Professionalisierung gegeben. Ich glaube, daß man im Bereich der Untersuchungsrichter, obwohl es nicht einfach regelbar ist, dennoch eine weitere Professionalisierung in dieser Richtung machen sollte.

Der dritte Bereich, bei dem ich glaube, daß sicherheitspolitisch noch einiges an Reformnotwendigkeiten gegeben ist, ist der Bereich potentieller Mißbrauch von Waffen. Ich bin sehr froh, daß es dazu ein paar sehr couragierte Aussagen aufgrund von Anlaßfällen gegeben hat. Mir geht es jetzt gar nicht so sehr um die Waffensteuer, ja oder nein, ich hätte mir gewünscht, daß Kollege Kiss klar und deutlich sagt, was er generell von der Verschärfung des Waffengesetzes hält. Dabei müssen wir uns jetzt gar nicht so sehr in einen Dissens um die Waffensteuer als


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solche hineinbegeben, aber ich glaube, es ist tatsächlich ein sinnvoller, wichtiger Schritt, die britischen Planungen und teilweise bereits erfolgten Regelungen auch in Österreich umzusetzen. Das ist ein Mehr an Sicherheit, das ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn manche Kräfte in diesem Haus damit keine Freude haben.

Vorletzter Punkt, der für mich ganz wichtig ist: der Ausbildungs- und Weiterbildungsbereich der Exekutive. Sicherheitsarbeit wird immer mobiler, wird immer differenzierter, wird immer schwieriger. Das heißt, daß die Arbeitssituation für Beamte immer komplizierter wird. Das heißt, die einzige Chance im Ausbildungsbereich, im Weiterbildungsbereich besteht darin, dem Beamten, der Beamtin ganz einfach ein verbessertes Grundwerkzeug mitzugeben. Ich bin froh darüber, daß nach einigen Ankündigungsschritten, die ja dazu geführt haben, daß in den letzten Jahren der Acker von Traiskirchen beinahe schon umgepflügt war, so viele Spatenstiche sind vor jeder Wahl jeweils erfolgt, nun eine tatsächlich realistische Ankündigung gemacht wurde und es tatsächlich ernst wird.

Es ist allerdings so, daß das Problem mit dem Gebäude allein noch nicht erledigt ist. Ich würde es spannend finden, wenn es in diesem Haus in nächster Zeit auch einen Dialog über die Formen dieser Ausbildungstätigkeit gäbe. Das ist im wesentlichen eine äußerst sozialkommunikative Tätigkeit und Fähigkeit, die erworben werden muß, mit allen wissenschaftlichen Ansätzen, die dazu nur irgendwie zu erheben sind.

Es gibt zur derzeitigen Situation etwa auch der Lehrer im Ausbildungs- und im Weiterbildungsbereich einige Studien, Herr Minister, die Sie sicher im Detail kennen, die nicht ermutigend sind. Ich glaube daher, hier ist absoluter Reformbedarf und eine absolute Notwendigkeit gegeben, das Handwerkzeug, die Voraussetzungen, sich bewähren zu können, für die einzelnen Beamten massiv zu verbessern. Dies gilt etwa auch im Bereich Konfliktlösungsmodelle, politische Bildung, Menschenrechtsbildung, also in diesen drei Schwerpunktbereichen.

Darüber hinausgehend denke ich, daß, bedingt durch die zugespitzte Budgetsituation, die Frage des Beibehaltens der derzeitigen Gehaltssituation, des Beibehaltens der derzeitigen Überstundensituation bei gleichzeitig geplantem Personalabbau ein ganz problematischer Bereich ist. Ich glaube nicht, daß das der richtige Weg ist. Wir haben vor drei Wochen versucht, eine öffentliche Diskussion über die Frage auszulösen, ob es nicht – wie soll man formulieren? – Einkommensbereiche für das Innenressort geben könnte, die diesem eigentlich meines Erachtens nach zustehen.

Ich spreche diese Summe von rund 1,5 Milliarden Schilling aus den Strafgeldeinnahmen an, die derzeit zumindest zu 80 Prozent in das allgemeine Budget fließen; nur 20 Prozent davon laufen direkt in das Budgetressort des Inneren. Diese 1,5 Milliarden Schilling könnten sehr effizient verwendet werden, wenn sie zweckgebunden wären, und zwar unserer Vorstellung nach für eine massiv verbesserte Aus- und Weiterbildung, für einen Ausbau der Verkehrskontrolle – die ÖVP hat das immer gefordert; das wäre ein klassischer Bereich, für den man dann auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen könnte – und für eine Gehaltsreform samt Überstundenabbau, weil die Überbelastung von verschiedenen Beamten natürlich sehr wohl auch ein Problem ist, das manchmal auch zu Überreaktionen führt.

Letzter Punkt und letzter Bereich ist Schengen. Wir haben über Schengen, über die Sinnhaftigkeiten und Rahmenbedingungen schon sehr intensiv und heftig auch in diesem Haus diskutiert. Ich möchte das jetzt nicht wiederholen, denn es ist jetzt nicht der Ort und die Zeit dafür, aber ein ganz wesentlicher Bereich ist für mich die Frage der Information über politische Prozesse, Entwicklungen, Entscheidungen auf dieser europäischen Ebene, über dieses Schengener Übereinkommen.

Ich war nahezu begeistert darüber, als ich die Erläuterungen zum Übereinkommen über den Beitritt Österreichs erhalten habe und als letzten Punkt den Punkt 7 gelesen habe, der sich "Die Unterrichtung des österreichischen Parlaments" nennt. Ich möchte diesen zum Abschluß kurz zitieren. Ich weiß, daß es Überlegungen gibt, im Nationalrat zu einem parteiübergreifenden


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Beschluß zu diesem Punkt in diese Richtung zu kommen, deswegen bringe ich noch keinen Antrag ein.

Ich zitiere aus diesem Beitrittsübereinkommen beziehungsweise aus den Erläuterungen zum Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich den Punkt 7, der, wie gesagt, die Unterrichtung des österreichischen Parlaments betrifft: "Aus der Gemeinsamen Erklärung zu Art. 132 der Schlußakte des Schengener Durchführungsübereinkommens ergibt sich die Verpflichtung der Vertragsparteien, ihre nationalen Parlamente über die Anwendung des SDÜ zu unterrichten. Unvorgreiflich der Entscheidung des Nationalrates wird vorgeschlagen, diese Unterrichtung" – gemeint ist Österreich, der österreichische Nationalrat – "entweder in Form einer Information anläßlich der jeweiligen Sitzung des Exekutivausschusses durchzuführen oder dadurch, daß nach jeder Sitzung des Exekutivausschusses ein Bericht an das Plenum des Nationalrates übermittelt wird."

Wenn der Herr Innenminister international verkündet, daß das passieren wird, gehe ich davon aus, daß es auch geschieht und daß wir einen entsprechenden parlamentarischen Beschluß in diesem Haus fassen können. Wir erachten das für einen wichtigen Fortschritt, daß es tatsächlich einen Informationsstand darüber, was auf Schengener Ebene konkret an politischer, an sicherheitspolitischer Entwicklung passiert, für den Innenausschuß, für das Plenum gibt.

Ich möchte deshalb anregen, daß die begonnenen Verhandlungen fortgesetzt werden und daß die Absicht, möglicherweise einen Fünfparteienantrag im Sinne der Ankündigung des Ministers zu formulieren, auch tatsächlich realisiert wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Anschober! Das zuletzt gebrachte Zitat des Artikels 132 der Schlußakte des Schengener Durchführungsübereinkommens ist auch in einer Begründung eines Entschließungsantrages enthalten (Abg. Anschober: Wir warten noch darauf, denn möglicherweise kommt ein Fünfparteienantrag!) , den Sie aber noch nicht eingebracht haben. Er ist zwar überreicht worden, aber er wurde nicht verlesen. Ich halte das nur der Vollständigkeit halber fest. – Danke.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister für Inneres Mag. Schlögl. – Bitte, Herr Minister.

18.45

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich vorerst einmal sehr herzlich für die engagierte Debatte bedanken. Ich glaube, daß alle fünf Sicherheitssprecher der Parlamentsparteien hier ein deutliches Bekenntnis zur inneren Sicherheit abgegeben haben und auch ein deutliches Bekenntnis dazu abgegeben haben, daß es den Parteien im Parlament wichtig und notwendig ist, daß man mit voller Kraft und mit ganzem Einsatz dafür kämpft, daß die Anzahl der Verbrechen, die Anzahl der Kriminalitätsfälle in Österreich weiter zurückgeht.

Die Sicht der einzelnen Sicherheitssprecher war natürlich unterschiedlich, und ich möchte versuchen, auf das eine oder andere, was hier aufgeworfen worden ist, einzugehen.

Ohne Zweifel stimmt es – und ich glaube, es ist keine Lobhudelei, wenn man das feststellt –, daß gemäß der Kriminalstatistik die Zahl der gerichtlich strafbaren Handlungen in Österreich in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Natürlich kann man diese Zahlen nicht mit denen von Anfang der siebziger Jahre vergleichen, wie es Frau Abgeordnete Pablé gemacht hat, weil damals eine ganz andere Situation, eine ganz andere gesellschaftspolitische Situation vorgeherrscht hat. Wenn man sie schon vergleichen möchte, dann müßte man sie fairerweise auch international vergleichen, dann würde man sehen, daß es seit 1970 in allen Staaten dieser Welt eine ähnliche Entwicklung wie in Österreich gibt.

Faktum ist aber – darauf möchte ich schon Wert legen –, daß es in Österreich seit 1992 eine deutliche Abnahme aller gerichtlich strafbaren Handlungen gibt – und das entgegen dem


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internationalen Trend. Österreich ist das einzige Land Europas, das eine sinkende Kriminalitätsrate und eine steigende Aufklärungsquote hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darauf können wir stolz sein. Stolz sein können wir vor allem auch auf die Arbeit, die unsere Exekutive leistet, und ich glaube, es besteht die Notwendigkeit, daß die politische Führung dieses Landes, aber auch alle politischen Parteien dieses Landes die Exekutive auch in Zukunft mit ganzer Kraft in ihrer Arbeit unterstützen.

Ich gebe aber zu, daß wir natürlich manche Problembereiche haben und daß es in unserem Land gewisse Entwicklungen gibt, die auch mich als Innenminister mit Sorge erfüllen. Ich möchte auf drei Problembereiche eingehen, die ich sehr kritisch sehe und bei denen ich glaube, daß wir in der nächsten Zukunft verstärkten Handlungsbedarf haben. Der erste Problembereich ist die organisierte Kriminalität, der zweiter Problembereich ist die Drogenkriminalität, und der dritte Problembereich ist für mich die Gewalt in der Familie.

Wenn ich auf den ersten Bereich eingehe, die organisierte Kriminalität, so zeigen alle internationalen Erfahrungen und auch unsere nationalen Indikatoren, daß nahezu ein Drittel der gesamten Kriminalität, die es in Europa, aber auch in Österreich gibt, auf das organisierte Verbrechen zurückzuführen ist. Deshalb hat die Bekämpfung der organisierten Kriminalität in der nächsten Zukunft für mich als Innenminister, aber auch für uns alle, glaube ich, oberste Priorität.

Wir müssen uns aber auch dessen bewußt sein, daß wir mit den herkömmlichen Mitteln und mit den herkömmlichen Methoden keine Chance haben, dieser organisierten Kriminalität auch nur annähernd Herr zu werden. So wichtig und notwendig ich die Forderung halte, daß mehr Wachebeamte, mehr Polizisten und Gendarmen auf der Straße sind, so bin ich auch der Meinung, daß man mit der Umsetzung dieser notwendigen und wichtigen Forderungen nicht erreichen wird, daß die organisierte Kriminalität in Österreich oder in Europa einigermaßen eingedämmt wird. Dazu bedarf es anderer Maßnahmen, die ich nur ganz kurz und oberflächlich darlegen möchte.

Erstens bedanke ich mich sehr herzlich beim Parlament, bei all den Abgeordneten aus den unterschiedlichsten politischen Parteien, die der österreichischen Exekutive die Möglichkeit gegeben haben, neue Fahndungsmethoden in nächster Zukunft einzusetzen. Diese neuen Fahndungsmethoden dienen nahezu ausschließlich dazu, der organisierten Kriminalität in Österreich Herr zu werden. Ob das jetzt Lauschangriff ist, ob das Rasterfahndung ist, ob das die verdeckte Ermittlung ist oder ob das vor allem der Zeugenschutz ist – all das sind Maßnahmen, von denen ich glaube, daß sie uns die Möglichkeit geben, gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen.

Darüber hinaus möchte ich ankündigen, daß wir ab Oktober dieses Jahres eine eigene OK-Kartei und -Datei in Österreich anlegen werden, und ich hoffe, daß damit auch die Möglichkeit besteht, stärker gegen organisierte Kriminalität vorzugehen. Wir werden die österreichischen Kriminalbeamten in der nächsten Zukunft von der Bekämpfung der Kleinkriminalität entlasten. Die Sicherheitswache soll das künftig übernehmen, und ich hoffe, daß dadurch unsere Kriminalbeamten vermehrt die Möglichkeit haben, gegen Schwerkriminalität und vor allem gegen organisierte Kriminalität vorzugehen.

Notwendig und wichtig ist es auch, alles gegen Geldwäscherei zu tun. In diesem Zusammenhang gibt es sehr, sehr wenige Verurteilungen; ich glaube, zwei bis drei pro Jahr. Wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie wir durch Kontrolle, aber auch durch andere Maßnahmen effektiv gegen die Geldwäscherei vorgehen. Ich sage auch gleich dazu, daß ich das für das Wichtigste halte, denn wenn es uns gelingt, bei der organisierten Kriminalität den Profit zu reduzieren, dann sind wir an der entscheidenden Stelle angelangt. Das ist daher die entscheidendste und wichtigste Maßnahme.

Der Ausbau der Sicherheitsakademie, der Ausbau der Ausbildung der österreichischen Exekutive ist eine weitere Maßnahme.


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Und schlußendlich können wir der organisierten Kriminalität nur dann entgegentreten, wenn wir bei der Verbrechensbekämpfung international zusammenarbeiten. Daher ist Europol für mich sehr, sehr wichtig, und ich glaube, daß es uns damit gelingen wird, auch hier der Kriminalität Herr zu werden.

Der nächste Bereich, meine sehr geehrten Damen und Herren – Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat das nicht zu Unrecht angeschnitten –, ist die Drogenkriminalität. Aber – das möchte ich auch klar sagen – machen wir bitte nicht den Fehler, zu glauben, daß die Drogenkriminalität durch die österreichische Exekutive, durch die Gendarmerie und Polizei allein bekämpft werden kann. Ich halte die Bekämpfung der Drogenkriminalität für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und für einen gesamtgesellschaftlichen Auftrag, und wir müssen alles unternehmen, daß alle gesellschaftlichen Institutionen, alle sozialen Vereine gemeinsam versuchen, in diesem Bereich Erfolge zu erzielen.

Wir haben Erfolge bei der Drogenbekämpfung. Wir nehmen immer mehr Drogendealer fest, wir haben eine ständig steigende Zahl von Anzeigen, und wir stellen jedes Jahr mehr Drogen sicher als im vergangenen Jahr, aber trotzdem sind die Erfolge noch viel zu gering. Ich meine, daß das neue Suchtmittelgesetz, das die Therapie und vor allem die Strafe für den Händler in den Vordergrund stellt, auch eine wichtige Maßnahme sein wird. Dadurch wird es uns vielleicht gelingen, der Drogenkriminalität ein wenig Herr zu werden.

Der letzte Punkt, auf den ich im Zusammenhang mit Sorgen hinsichtlich der Kriminalitätsentwicklung eingehen möchte, ist die Gewalt in der Familie. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte glauben Sie nicht, daß ein Großteil der Verbrechen, vor allem der Verbrechen gegen Leib und Leben und der Morde, die in Österreich geschehen, von anonymen Tätern an anonymen Opfern ausgeübt werden. Das ist leider nicht der Fall. Es ist so, daß zwei Drittel der 170 Morde, die im vergangenen Jahr begangen wurden, Morde innerhalb des Familienverbandes waren, und mehr als drei Viertel aller Morde, die in Österreich stattgefunden haben, waren Beziehungsmorde, das bedeutet Morde im unmittelbaren Verwandten- und Bekanntenkreis. Diese Tatsache muß uns zum Nachdenken anregen und uns bewußt machen, daß diesbezüglich sehr viele Maßnahmen notwendig sind. (Zwischenruf der Abg. Rossmann. ) In der Familie, ja.

Das Phänomen Gewalt in der Familie zu bekämpfen, ist eine notwendige Maßnahme, die ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag ist. Es bedarf dazu sehr großer Zivilcourage jedes einzelnen von uns; nicht nur der Politiker, sondern jeder einzelnen Person in Österreich.

Was noch wichtiger und noch notwendiger ist, ist ein entschiedenes Vorgehen gegen die Mißhandlung von Kindern, vor allem gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im vergangenen Jahr hat es knapp 800 Anzeigen gegeben. Es sind dann wahrscheinlich bei einem Drittel bis maximal der Hälfte der Anzeigen die Täter auch verurteilt worden.

Vorsichtig geschätzte Dunkelziffern besagen jedoch, daß es nicht 800 Verbrechen gibt, sondern daß mindestens 15 000 bis 20 000 Kinder pro Jahr in Österreich sexuell ausgebeutet oder mißbraucht werden. Dagegen müssen wir gemeinsam entschieden vorgehen. Wir müssen gemeinsam die Mauer des Schweigens durchbrechen und mit aller Kraft und aller Gewalt – das sage ich ganz bewußt – versuchen, dieser schrecklichen Mißstände in Österreich Herr zu werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Kiss ist ausführlich auf die Grenzsicherung eingegangen. Ich meine, daß es zur Grenzsicherung in Österreich keine Alternative gibt und daß es unser gemeinsamer Auftrag sein muß, keinen neuen eisernen Stacheldrahtzaun an unserer 1 260 Kilometer langen Ostgrenze zu errichten, aber doch sehr wirkungsvoll gegen den illegalen Menschenschmuggel, den es über unsere Grenzen gibt, vorzugehen, damit uns die Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des Schlepperunwesens und des organisierten Menschenschmuggels gelingt. Es ist das in den letzten Jahren ein Milliardengeschäft geworden, und daher ist es notwendig und wichtig, den Schlepperorganisationen, die Menschen unter den


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unwürdigsten Bedingungen ausbeuten, das Handwerk zu legen. Es ist dazu eine bestimmte personelle Ausstattung erforderlich, und ich bin froh darüber, daß es gelungen ist, bei den Budgetverhandlungen sicherzustellen, daß in den nächsten zwei Jahren das entsprechende Personal zur Verfügung gestellt wird.

Ich gehe davon aus, daß das österreichische Bundesheer über das Jahr 1999 hinaus im Assistenzeinsatz für die österreichische Exekutive tätig sein wird. Das österreichische Bundesheer leistet hervorragende und wichtige Arbeit entlang der burgenländisch-ungarischen Grenze, und ich hoffe, daß es diese Arbeit noch lange leisten wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden im Innenausschuß noch ausreichend die Möglichkeit haben, über den Problembereich Waffengesetz und Verschärfung des Waffengesetzes, das mit 1. Juli in Kraft getreten ist, miteinander zu diskutieren. Ich habe nicht vor, eine Gesetzesnovelle beziehungsweise ein neues Gesetz einzubringen, bevor es zwischen den politischen Parteien nicht ausführlich diskutiert worden ist, gehe aber davon aus, daß in manchen Bereichen eine Verschärfung sinnvoll und notwendig ist.

Vier Punkte erscheinen mir als besonders notwendig: Erstens meine ich, daß die Genehmigungspflicht für Waffen ausgedehnt werden sollte; zum Beispiel auch auf Schrotgewehre und ähnliche Waffen, zweitens gehe ich davon aus, daß die Verwahrung von Waffen noch sicherer als bisher sein sollte und auch kontrolliert werden soll – auf diese Art könnten Unglücksfälle wie beispielsweise jener in Zöbern verhindert werden –, drittens bin ich der Meinung, daß jeder, der eine Waffe erwirbt, auch eine entsprechende Information erhalten und Schulung haben sollte (Abg. Mag. Stadler: Ich bin für eine Registrierungspflicht für Küchenmesser!) , und viertens, meine sehr geehrten Damen und Herren, glaube ich, daß der psychologische Test, der für neue Waffenbesitzer bereits vorgeschrieben ist, auch schrittweise für jene, die schon eine Waffe besitzen, eingeführt werden sollte, denn die Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, zeigen, daß ungefähr 10 bis 15 Prozent all jener, die zu diesem Test antreten, nicht die notwendigen Voraussetzungen für den Besitz einer Waffe erfüllen. Wenn das für die neuen gilt, dann, so behaupte ich, gilt das auch für die alten, und ich glaube, daß wir Risikofälle ausschließen sollten.

Ich weiß, daß dieser Punkt innerhalb der politischen Parteien sehr umstritten ist, aber wir sollten uns dieser Diskussion stellen, und das Parlament sollte den Mut und die Entscheidungskraft haben, darüber abzustimmen.

Abgeordneter Anschober ist auf die Frage der privaten Sicherheitsdienste eingegangen. Meine Meinung dazu ist sehr klar: Eine der ureigensten Aufgaben der öffentlichen Hand, des Staates ist es, für innere Sicherheit in diesem Lande zu sorgen. (Abg. Mag. Stadler: Da haben Sie unseren Programmentwurf aber genau gelesen! Das steht drinnen!) Ich habe den Programmentwurf der Freiheitlichen Partei noch nicht genau gelesen (Abg. Mag. Stadler: Das empfehle ich Ihnen!), aber wenn wir in dieser Frage einer Meinung wären, wäre ich gar nicht unglücklich und würde mir in manchen Bundesländern, in denen die Freiheitliche Partei private Sicherheitsdienste errichten will, die Diskussion ersparen. Ich lehne diese privaten Sicherheitsdienste entschieden ab (Beifall bei SPÖ und ÖVP) , denn ich glaube, es ist eine Aufgabe des österreichischen Staates, für die innere Sicherheit zu sorgen.

Anders verhält es sich hinsichtlich der Gemeindewachen. Sie sind eine notwendige und wichtige Ergänzung zur österreichischen Exekutive, zu Polizei und Gendarmerie. Ich meine, daß es da eine viel bessere und engere Verzahnung geben sollte, als es bisher der Fall gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicherheit ist ein umfassender Begriff, Sicherheit sollte nicht nur die innere Sicherheit, sondern auch die soziale Sicherheit und selbstverständlich auch die Verkehrssicherheit umfassen. Abgeordneter Anschober hat recht: In diesem Bereich haben wir wirklich Handlungsbedarf. Österreich ist in Sachen Verkehrssicherheit ein Entwicklungsland!

Es gibt internationale Vergleichszahlen, die deutlich besagen, daß Österreich im Vergleich mit allen anderen europäischen Staaten die höchste Zahl von Verkehrstoten gemessen an der Ein-


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wohnerzahl hat, und das stimmt mich nachdenklich. Ich meine, daß wir diesbezüglich Maßnahmen setzen müssen.

Herr Abgeordneter Kukacka! Auf eine Million Einwohner kommen in Österreich 150 Verkehrstote pro Jahr. In Deutschland sind es zirka 120, in der Schweiz sind es knapp 100 und in Großbritannien sind es nur 64 – um Ihnen aus dem Kopf einige Zahlen zu nennen. Ich glaube, das zeigt, daß wir in Österreich sehr unsicher leben. Im vergangenen Jahr gab es 1 027 Verkehrstote. Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, Maßnahmen zu setzen, mit denen wir erreichen können, daß wir bis in das Jahr 2000 auf mindestens 800 bis 750 herunterkommen. Es wäre sehr notwendig und wichtig, daß uns das gelingt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte ich Sie, den Sicherheitsbericht 1995 zur Kenntnis zu nehmen. Ich gebe dem Abgeordneten Kier recht, daß dieser Sicherheitsbericht erst sehr spät im Ministerrat beschlossen worden ist, nämlich im April 1997. Herr Minister Michalek und ich können aber garantieren, daß der Sicherheitsbericht 1996 auf jeden Fall noch im Oktober im Ministerrat beschlossen wird, sodaß er noch heuer im Parlament diskutiert werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fuhrmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.02

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bin, wenn ich recht informiert bin, der erste aus dem Justizbereich, der einiges zum Sicherheitsbericht sagen kann. Wenn ich "einiges" sage, dann ist das vielleicht eine Übertreibung, ich korrigiere also: der weniges zum Sicherheitsbericht sagen kann, denn wenn man für ein Werk von 317 Seiten, davon 70 Druckseiten, die sich mit der Justiz befassen, nur fünf Minuten Redezeit hat, dann kann man sicherlich nicht den "tour d’horizon" machen, wie man es früher einmal gewohnt war, vor den Zeiten der Redezeitbeschränkungen in diesem Parlament, sondern man muß sich auf ein paar knappe Punkte beschränken.

Grundsätzlich, meine Damen und Herren, ist es doch sicher so, daß Justiz und Sicherheitsexekutive, was die Sicherheit eines Landes betrifft, in etwa – es ist vielleicht physikalisch nicht ganz richtig, aber Sie wissen ja: nicht alles, was ein Vergleich ist, hinkt, ich verwende den Ausdruck trotzdem – nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße funktionieren. Und das ist sicher notwendig, wenn in einem Land die Behauptung gerechtfertigt sein soll, daß es ein sicheres Land ist, in dem nicht nur die Sicherheitsexekutive dafür die Verantwortung trägt, sondern sehr wohl auch jener Teil der Justiz, der mit den kriminalpolitischen Fragen zu tun hat.

Als Justizsprecher meiner Fraktion kann ich guten Gewissens deponieren, daß nach unserer Auffassung der Justizbereich sehr wohl zu dieser schon von einigen Vorrednern konstatierten günstigen Situation unseres Landes, ein sicheres Land zu sein, sein gerüttelt Maß beiträgt. Es ist in Österreich nicht so, daß die Beamten der Sicherheitsexekutive verzweifeln, weil sie ihre Arbeit gut machen oder gut zu machen glauben, aber auf der anderen Seite das Gefühl haben, daß alle Verbrecher, die erwischt werden, später von einer lässigen beziehungsweise nachlässigen Justiz locker wieder auf die Bevölkerung losgelassen werden. Das ist in Österreich nicht so, und ich glaube, darüber kann man froh sein.

Ich möchte mich nach diesen allgemeinen Ausführungen noch auf einen speziellen Punkt konzentrieren – ich habe mir den Bericht eigens mitgenommen, damit ich mir die Zahlen nicht herausschreiben muß –, weil er mir ein großes Anliegen ist: die Problematik der Jugendkriminalität, die aber auch nach diesem Bericht keine Problematik, sondern etwas ist, was man als österreichischer Politiker durchaus positiv und erfreut hervorheben kann.

Wenn man nämlich liest, daß im Berichtsjahr 3 335 Jugendliche rechtskräftig verurteilt worden sind, und dann weiters zur Kenntnis nimmt, daß das rund zwei Drittel weniger Verurteilungen


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von Jugendlichen sind, als sie noch im Jahr 1988 stattgefunden haben, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das, wie ich meine, eine Zahl, die uns hoffnungsvoll stimmen kann, weil wir in Österreich nicht mit dem konfrontiert sind, was in vielen anderen vergleichbaren Ländern dieser Welt ein ganz, ganz großes Problem darstellt. In zahlreichen anderen Ländern gibt es eine zunehmende Jugendkriminalität, angesichts derer die Verantwortlichen sich mit großer Sorge fragen müssen: Wie soll das weitergehen, wenn es im Bereich der Jugendlichen immer schlechter wird?

Nun könnte man mir entgegenhalten: Na, das ist schon klar, daß es seit 1988 zwei Drittel weniger sind, es ist ja in der Zwischenzeit die Altersgrenze um ein Jahr erhöht worden. – Das ist schon richtig und führt sicherlich auch zu diesem im Vergleich exorbitant guten Ergebnis. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch so, daß von 1994 auf 1995 praktisch keine Steigerung bei den ermittelten tatverdächtigen Jugendlichen zu verzeichnen ist. Das bestätigt genau das, was ich vorhin gesagt habe, daß wir uns nämlich erfreulicherweise nicht allzu große Sorgen in Richtung Jugendkriminalität machen müssen.

Ich denke, daß es auch sehr wichtig ist, daß im Jugendstrafbereich der außergerichtliche Tatausgleich exzellent eingeschlagen hat, und daß uns damit – ich muß schön langsam zu meinem Schlußsatz kommen – eine sehr positive und gute Entwicklung ermutigen kann und soll, diesen außergerichtlichen Tatausgleich auch im Erwachsenenstrafrecht für ganz Österreich flächendeckend, und nicht mehr nur als Versuch, durchzuführen. (Abg. Mag. Stadler: Richtig!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß vom Herrn Bundesminister, daß man das ohnehin vorhat, weil das ein Beitrag dazu ist, die Österreicherinnen und Österreicher, die Opfer eines Verbrechens wurden, davon zu überzeugen, daß sie in einem Land leben, in dem sie sich sicher fühlen können und wo sie in vielen Bereichen dann wenigstens den Schaden direkt und ohne großen Verfahrensaufwand vom reuigen und einsichtigen Täter gutgemacht bekommen.

Herr Bundesminister! Sie wissen es ja, aber ich möchte es auch zu Protokoll geben, daß meine Fraktion Ihnen bei diesem Vorhaben sicherlich alle Unterstützung geben wird, die Sie nötig haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Lafer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.08

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Diesen Sicherheitsbericht, der heute auf der Tagesordnung steht, könnte man an und für sich als Verhandlungsgegenstand mit historischer Betrachtung der Kriminalität, der Vorbeugung, der Aufklärung und der Strafrechtspflege sehen. Es ist ein Bericht über das Jahr 1995, der im Jahre 1997 behandelt wird. Ich meine, das sagt schon alles, darüber braucht man keine Worte mehr zu verlieren. Herr Bundesminister! Sie haben jedoch heute bereits erwähnt, daß der Bericht 1996 hoffentlich noch im Oktober dem Nationalrat vorgelegt und behandelt werden kann.

Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Aussage eine fallende Kriminalstatistik angeführt. Das hört sich natürlich gut an, aber ich behaupte immer wieder, Statistiken kann man sehen, wie man will. Zwei Ereignisse, die ich unbedingt anführen muß, haben dazu geführt, daß diese Statistik überhaupt rückläufig sein konnte. Eines hat Frau Kollegin Partik-Pablé schon angeführt, und zwar hat man versucht, Delikte, an denen ein Täter beteiligt war, der mehrere Delikte gesetzt hat, als ein Delikt in die Statistik aufzunehmen. Zum zweiten, und das haben Sie mit Ihrer Aussage selbst bestätigt, ist sie seit 1992 rückläufig. Seit 1992 gibt es aber auch ein neues Dienstsystem in der Exekutive, wodurch zumindest in der Nachtzeit um mindestens ein Drittel bis zu 50 Prozent weniger Exekutivbeamte Dienst verrichten.

Wenn Sie sich das zu Gemüte führen und vor Ort bei den Dienststellen sehen – ich mache noch Dienst –, daß in der Nacht um mindestens diese Anzahl weniger Anzeigen anfallen, dann wissen Sie, wieso die Statistik zurückgeht. Den Betroffenen, den Geschädigten ist es einfach zu müh


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sam und zu weit, bis zur nächsten Dienststelle zu fahren und dort, ich sage das einmal so, die Kleinkriminalität anzuzeigen.

Das gleiche haben wir auch – und der Herr Bundesminister weiß das ja genau – bei der Belastungsstudie, bei diesem Tätigkeitsnachweis, in den die Exekutive ihre Tätigkeiten, ihre Erfolge einzutragen hat, die in der Statistik zusammengefaßt werden. Das hat man da gemacht. Es gibt eine Statistik, in der die Ergebnisse von 1992, 1993 und 1994 zusammengefaßt wurden, und dann, ein Jahr später, von 1993, 1994, und 1995.

Nach dieser Statistik und nach dieser Belastungsstudie hätten bei der Exekutive unbedingt mehr Beamte eingestellt werden müssen. Und was haben wir seit 1995? – Einsparungen, und zwar 1995 über 500 Beamte, 1996 über 500 Beamte, und das geht auch 1997 so weiter. Das hat diese Regierung beschlossen.

Was sagt diese Belastungsstudie aus? – Aus dieser Studie ist ersichtlich, daß es zum Beispiel bei den Verwaltungsanzeigen und bei den Organstrafverfügungen aufgrund der Laserpistole und auch anderer technischer Hilfsmittel, die ja Gott sei Dank zur Verfügung gestellt worden sind, zu einer immer höheren Anzahl gekommen ist. Man muß aber auch berücksichtigen, daß damit eine sogenannte Einschleifregelung vorgenommen wurde. Das heißt, man hat – zumindest bei der Gendarmerie – den möglichen Erfolg der Beamten pro Kopf errechnet, wurde jedoch mehr gemacht, wurde das nicht mehr zur Kenntnis genommen. Das heißt, der Beamte, der brav Außendienst gemacht hat, wurde gewissermaßen bestraft – beziehungsweise seine Dienststelle –, weil die Dienststelle ja nach dieser Belastungsstudie eingestuft wurde. Der andere, der weniger gemacht hat, hat den Erfolg dadurch ohnehin gehabt.

All diese Dinge führen dazu, daß derartige Statistiken dazu benutzt werden, um, sagen wir es einmal so, ein brauchbares Ergebnis für den Personalstand zu bekommen. Dieser Rückgang in der Kriminalstatistik erfolgt nicht nur aus dem Grund, den ich angeführt habe, sondern auch aufgrund anderer Maßnahmen, die getroffen wurden. Daß die Statistik im Fallen begriffen ist beziehungsweise daß es weniger Kriminalität gibt, ist – ich sage das ganz bewußt – auch der Exekutive zu verdanken, da sie ja wirklich unermüdlich im Einsatz ist und versucht, dem Bürger zu seinem Recht zu verhelfen. Diesbezüglich muß man der Exekutive ein Lob aussprechen, weil sie wirklich Tag und Nacht im Einsatz ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Es gäbe zu Ihren Aussagen noch einiges zu sagen, und ich hoffe, ich werde einmal Gelegenheit haben, mit Ihnen darüber näher zu diskutieren. Zu den Schwerpunkten, die Sie angeführt haben, möchte ich sagen: Wenn Sie Maßnahmen vorschlagen, die wirklich sinnvoll sind und zu einem weiteren Fortschritt für die Exekutive führen, dann können Sie mit der Unterstützung der FPÖ rechnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Platter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.13

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf den Sicherheitsbericht 1995 ist mein Kollege Sicherheitssprecher Paul Kiss bereits ausreichend eingegangen. Ich möchte heute diese Debatte nützen, um auf sonstige aktuelle sicherheitspolitische Themen einzugehen.

Zuerst möchte ich noch eine Anmerkung zur Suchtgiftkriminalität machen. Wenn man nämlich die Statistik im Bereich der Suchtgiftdelikte betrachtet, so fällt neben der erfreulichen Entwicklung, daß die Gesamtkriminalität um zirka 3,6 Prozent zurückgegangen ist, auf, daß eine äußerst unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Bundesländern gegeben ist. Ich nenne hiezu einige Beispiele.

Bei der Anzeigenerstattung von Suchtgiftdelikten hat es Veränderungen gegeben, und zwar wurden 1995 im Burgenland 95 Prozent mehr Anzeigen erstattet als im Jahre 1994, in Oberösterreich im Jahre 1995 24 Prozent mehr Anzeigen als im Jahre 1994, in Vorarlberg plus


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21 Prozent mehr Anzeigen, in Salzburg jedoch um 18 Prozent weniger, in der Steiermark um 15 Prozent weniger und in Tirol um 23 Prozent weniger. Nun läuft man Gefahr, zu glauben, daß die Suchtgiftkriminalität im Burgenland gewaltig gestiegen und in Tirol zurückgegangen ist. Ich warne jedoch vor dieser Meinung, weil es nämlich ausschließlich auf das Engagement, aber auch auf die Anzahl der Gendarmeriebeamten ankommt, die im Bereich des Suchtgiftes tätig sind. Daher, Herr Minister, wäre es interessant zu erfahren, welche personellen Veränderungen es bei den Suchtgiftfahndern in den einzelnen Bundesländern von 1994 auf 1995 gegeben hat.

Herr Minister! Zumal ich gerade von Planstellen spreche, möchte ich ganz kurz auf die Belastungsstudie eingehen. Ich habe Herrn Kollegen Lafer nicht verstehen können (der Redner spielt darauf an, daß Abg. Lafer zeitweise in Richtung Regierungsbank gesprochen hat), ich konnte nicht hören, was er gesagt hat. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)  – Nein, es war sehr still, man konnte nichts verstehen. (Abg. Kiss: Nobel!)

Aus dieser Belastungsstudie 1996 ist zu entnehmen, daß manche Bundesländer personell benachteiligt sind. Nicht etwa, weil ich Tiroler bin, nehme ich das Tiroler Beispiel her, sondern weil die Tiroler personell im Bereich der Sicherheit benachteiligt sind. Diese Belastungsstudie zeigt auf, daß wir in Tirol 135 Beamte zuwenig haben, daß es in Oberösterreich 107 Beamte, in Salzburg 53 Beamte und in Vorarlberg 40 Beamte zuwenig gibt, während in anderen Bundesländern zu viele Beamte sind. Herr Minister! Ich habe mit Ihnen über dieses Problem schon gesprochen und frage Sie nun: Stehen Sie zu dieser Belastungsstudie, die vom GZK erstellt worden ist, und bis wann ist ein personeller Ausgleich zwischen den Bundesländern möglich?

Darüber hinaus ist geplant, und das hat mich doch etwas gewundert, daß im Jahr 1998 und im Jahr 1999 je 90 Planstellen eingespart werden sollen. Über diese Einsparungsabsichten im Bereich der Exekutive, im Bereich der Sicherheit, bin ich sehr beunruhigt. Es wird meiner Einschätzung nach nicht möglich sein, daß diese Einsparungen im Bereich der Zentralstellen durchgeführt werden, sondern diese Einsparungsmaßnahmen werden voll und ganz die Gendarmerieposten, die Wachzimmer, die Verkehrsabteilungen und die Kriminalabteilungen treffen. Daher, Herr Minister – und ich glaube, da renne ich bei Ihnen offene Türen ein –, wird es notwendig sein, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit es nicht zu diesen geplanten Posteneinsparungen kommt. In diesem Zusammenhang erinnere ich auch daran, daß es immer wieder geheißen hat, im Bereich der Sicherheit werde es keine Einsparungsmaßnahmen geben.

Zum Schluß möchte ich noch zu einem aktuellen Thema kommen, das auch Abgeordneter Leikam angesprochen hat, und zwar zum Waffengesetz. Der "Presse" entnehme ich, daß der Herr Minister das Waffengesetz weiter verschärfen will. Dazu möchte ich meine persönliche Meinung abgeben. (Abg. Mag. Stadler: Wie wäre es mit der politischen? Die Jäger und ich würden gerne wissen, wie die ÖVP darüber denkt!)  – Herr Abgeordneter Stadler! Ich kann mir derzeit keine Verschärfung des Waffengesetzes vorstellen. Zum einen deshalb nicht – (Abg. Mag. Stadler: Ich traue der ÖVP in dieser Frage nicht mehr!) ich habe leider nicht mehr viel Redezeit; lassen Sie mich bitte weiterreden! –, weil das Waffengesetz bereits wesentlich verschärft wurde und erst am 1. Juli 1997 in Kraft getreten ist und man daher noch keine Erfahrungen mit diesem Gesetz sammeln konnte. Zweitens, weil jede weitere Verschärfung des Waffengesetzes den Schritt in den illegalen Waffenbesitz fördert. Ich warne daher vor solchen Entwicklungen. Sollte beabsichtigt sein, eine bessere Verwahrung der Waffen zu beschließen, so glaube ich, daß das auch im Verordnungswege möglich wäre.

Nun zu den Ausführungen des Abgeordneten Leikam. Er hat von einer Waffensteuer in Verbindung mit der Hundesteuer gesprochen. Da müßte ich als Bürgermeister zwar sagen: Selbstverständlich, wenn es eine Gemeindeabgabe ist!, aber ich warne davor, eine weitere Steuer einzuheben, weil das nur eine Belastung brächte und andererseits wiederum den illegalen Zugang zu Waffen fördern würde.

Ich würde Herrn Abgeordneten Leikam raten, diesbezüglich den Ehrgeiz etwas zurückzunehmen und die Kraft für wichtigere Dinge zu verwenden, zum Beispiel für die Sicherheitsakademie, Europol, Schengen, die organisierte Kriminalität, oder vielleicht auch die Kraft für eine Novellierung des Staatsbürgerschaftsrechtes zu verwenden, damit nur jene die österreichische


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Staatsbürgerschaft bekommen, die Deutsch in Wort und Schrift beherrschen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Gredler vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.20

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst auf das Kapitel der Jugendkriminalität beziehen – ein leidiges Kapitel insofern, als leider Gottes die Anzahl der Delikte in diesem Bereich gestiegen ist. Interessant ist es, sich zu überlegen, warum eigentlich in einer Zeit, in der Jugendarbeitslosigkeit herrscht, in der Lehrplatzmangel herrscht, die Jugendkriminalität steigt. Ich weiß von der Europäischen Union, daß es ein spezielles Programm dagegen gibt, weil man herausgefunden hat, daß man gerade in der Zeit, in der man einerseits die Schule abgeschlossen hat und auf der anderen Seite keinen Job findet, am anfälligsten überhaupt ist, um auf den falschen Weg zu geraten. Deshalb, glaube ich, wäre es wirklich positiv, wenn sich im Sinne der Reduzierung der Jugendkriminalität einiges bewegen ließe.

Wir haben von den Lehrplätzen gesprochen. Wir Liberale stellen uns andere Möglichkeiten der Ausbildung vor.

Ein Ereignis hat mich im Sommer sehr schockiert, und ich habe mir gedacht, da müssen wir dringend etwas tun. Ich bin daher sehr froh, Herr Justizminister, daß Sie jetzt hier sind. Es wurde ein Kind zu Tode gequält, und derjenige, der es gequält hat, wurde angeklagt und mit nur fünf Jahren Gefängnis bestraft. – Ich halte das fast für eine "Okkasion", muß ich sagen, daß man nur fünf Jahre hinter Gitter gehen muß, wenn man ein Kind quält! Das ist ein derartiges Mißverhältnis, daß ich mir denke, da besteht dringender Reformbedarf. Wenn man Menschen, die sich gar nicht schützen können – und das sind nun einmal die kleinen Stöpsel von drei, vier Jahren –, in siedendes Wasser taucht oder ihnen den Schädel frakturiert und dann mit einem "Diskontpreis" von fünf Jahren eingesperrt werden kann, dann ist das ein absolut unhaltbarer Zustand! Möglicherweise bringt das diesen Menschen auch gar nicht zur Raison. Ich glaube, da ist auf jeden Fall Reformbedarf gegeben.

Ein weiterer Bereich, der mich als Medizinerin, ehrlich gesagt, auch ziemlich irritiert hat, ist der Bereich der Flugrettung. Von den zehn für Rettungsaufgaben eingesetzten Hubschraubern dürfen gemäß EU-Verordnung 01/04/1988 sechs nicht mehr fliegen, da sie einmotorig sind. Es wird bis 1999 dauern, bis entsprechende Ersatzgeräte ausgeliefert werden können. Meine Frage lautet: Wie wird die Zeit bis dahin überbrückt, wenn sechs von zehn Rettungshubschraubern fehlen? Wie wird man jene Personen, die in Not geraten sind, für die man das Problem nicht politisch, sondern sofort lösen muß, retten? Im Sommer gab es durch die Alpinunfälle einen steigenden Bedarf. Ich hoffe, daß wir in diesem Bereich in der Zwischenzeit doch einiges erreichen können beziehungsweise auch private Unternehmen besser unterstützen können.

Jetzt zum Thema Schengen, weil mein Kollege von der grünen Fraktion, Herr Anschober, gesagt hat, es ist eigentlich nicht Gegenstand der Debatte. Es ist sehr wohl Gegenstand der Debatte, weil es hier auch erwähnt worden ist. Ich möchte Ihnen einen Bericht von Frau Anne Van Lancker vom 22. Jänner 1997, vorgetragen im Europäischen Parlament, zur Kenntnis bringen. Diese Frau Anne Van Lancker ist Abgeordnete der SPD, wenn ich das richtig im Kopf habe, und hat in ihrem Bericht geschrieben, und das wurde vom Europäischen Parlament auch verabschiedet: Sie bedauert, daß das Schengener Übereinkommen durch die starke Betonung der Politik zur Einschränkung der Einwanderung und Wahrung der öffentlichen Ordnung ein Ungleichgewicht geschaffen habe. Sie kritisiert den Mangel an Transparenz und demokratischer Kontrolle bezüglich des Schengener Übereinkommens und weist darauf hin, daß die Überwachung seiner Durchführung und der Rechtsschutz der Bürger nicht angemessen sind.

Ich weiß schon, daß sich seit dem Vertrag von Amsterdam ein wenig geändert hat, und zwar daß der Europäische Gerichtshof jetzt eine Zugriffsmöglichkeit hat. Doch was wir nicht haben, ist, daß von seiten des Parlaments eine Zugriffsmöglichkeit besteht. Weder vom Europäischen


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Parlament aus hat man die Möglichkeit, eine Kontrolle durchzuführen, noch von den jeweiligen Staaten aus, die davon betroffen sind.

Zu dem sensiblen Bereich der Datenvernetzung fordert sie, daß die Aufnahme in polizeiliche Datenbestände auf die Verhütung tatsächlicher Gefahren beziehungsweise spezifischer krimineller Tätigkeiten im Einklang mit den internationalen Rechtsvorschriften im Rahmen des Europarats beschränkt wird. Sie weist darauf hin, daß die Aufnahme von Ausländern in das SIS in der Absicht, ihnen den Zugang zu Hoheitsgebieten zu verweigern, diesem Kriterium nicht gerecht wird und damit eine ganze Gruppe von Menschen kriminalisiert wird, ohne daß sie Einspruch dagegen erheben kann.

Das ist die Meinung des Europäischen Parlaments, formuliert von einer sozialdemokratischen Abgeordneten. Ich wollte Ihnen das nur zur Kenntnis bringen. Wenn man so sorglos mit Datenvernetzungen umgeht wie in Österreich, dann sollte man wissen, daß in den Einflußsphären anderer Länder durchaus kritischere Meinungen existieren.

Diesbezüglich wollte ich Sie auffordern, im Parlament die Möglichkeit zu schaffen, mit diesen EU-Politikern zu kooperieren. Es geht mir nicht darum, daß wir die internationale Kriminalität nicht bekämpfen; das ist auch unser Anliegen. Es geht mir nicht darum, sozusagen einen Klotz zu bilden, damit die Grenzen nicht fallen können. Ganz im Gegenteil: Ich bin eine Europäerin aus ganzem Herzen, und ich bin begeistert, wenn ich über die Grenzen fahren kann, ohne Paßkontrollen zu haben. Nur: So, wie das vorgesehen ist, und so die Unmöglichkeit zu dokumentieren, daß Betroffene nicht einmal ein Klagerecht haben, das geht mir zu weit, und ich hoffe auf Ihr Verständnis. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. Freiwillige Beschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.27

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der heute hier zur Diskussion stehende Sicherheitsbericht stellt unserer Exekutive ein hervorragendes Zeugnis aus. Es ist das Verdienst der Exekutivbeamten, daß dieses Land so sicher ist und daß Wien – und das freut mich gerade als Wiener Abgeordneten – eine der sichersten Metropolen ist. Daher kann ich Frau Dr. Partik-Pablé nur sagen: Wir brauchen wirklich keine Anleihen aus New York. Diese Sicherheitsverhältnisse wünschen wir uns nicht, und auch nicht den Stil und die dortige Art der Polizeiarbeit!

Meine Damen und Herren! Der Sicherheitsbericht ist ein sehr erfreulicher Nachweis dafür, daß die Sicherheitspolitik in diesem Land Maßnahmen setzt, die auch wirklich gegriffen haben. Wir stehen gut da und halten jedem internationalen Vergleich stand. Es gibt österreichweit eine rückläufige Kriminalitätsentwicklung und höhere Aufklärungsraten, und vor allem in Wien – und das freut gerade mich als Wiener Abgeordneten – konnte die Zahl der strafbaren Handlungen um nicht weniger als 3,1 Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig wurde mehr als die Hälfte der strafbaren Handlungen aufgeklärt. Dabei gibt es hier einen starken Rückgang bei Verbrechen, immerhin um 4,7 Prozent, und bei Vergehen einen Rückgang um 2,4 Prozent. Meine Damen und Herren! Das ist ein ganz anderes Bild als das, welches heute hier von Frau Dr. Partik-Pablé gezeichnet worden ist.

Und daß dieser erfolgreiche Weg vor allem auch in Wien fortgesetzt wird, beweisen die großen Reformvorhaben in der Bundeshauptstadt. Die Organisation der Wiener Exekutive wird grundlegend geändert. Unter der Bezeichnung "Kommissariat neu" macht sich ein großer, gewaltiger Effizienzschub breit. So können in Zukunft die uniformierten Beamten, also die Sicherheitswachebeamten, Anzeigen und Strafverfolgungen gleich selbst durchführen. Sie können auch selbst ermitteln und die erforderlichen Einvernahmen durchführen. Und das garantiert rasche und straffere Verwaltungsabläufe, Vermeidung von Doppelarbeiten, Kosteneinsparungen und erhöht auch die Motivation der Beamten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Darüber hinaus gibt es dadurch auch mehr Polizisten auf der Straße, die verstärkt vor Ort im Einsatz sind. Diese im Vorjahr gestartete Reform, die bis jetzt in elf Bezirkspolizeikommissariaten zum Tragen gekommen ist, hat dort positive Ergebnisse gebracht und wird Ende dieses Jahres abgeschlossen. Das Wiener Konzept geht vor allem auf das so wichtige subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung ein, das wir, wo immer wir die Möglichkeit haben, auch verbessern können, denn die objektive Sicherheit, meine Damen und Herren, können wir ja durch Zahlen und Fakten belegen. Das alles ist im Sicherheitsbericht dokumentiert und wurde heute hier schon ausführlich dargelegt.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer wichtiger Bereich einer umfassenden Sicherheit ist natürlich auch der Zivilschutz. Ich glaube, daß man diesen Bereich nicht vergessen darf. Zivil- und Selbstschutz bedeuten: wissen, wie man sich selbst und andere Menschen im Katastrophenfall schützen und helfen kann. Leider wissen noch immer sehr wenige Bürger, wie sie schlimmste Gefahren bis zum Eintreffen der Rettungs- und Einsatzorganisationen möglichst ohne Schaden überstehen können. Das geht bis hin zur Arbeit und zu den Aktivitäten der heute von Frau Dr. Gredler angesprochenen Flugrettung. Ich würde allerdings meinen, daß wir nicht der Privatisierung das Wort reden sollen, sondern ich habe einen anderen Vorschlag. Wir sollten gemeinsam dafür eintreten, daß der Flugrettungsdienst des Bundesministeriums für Inneres auf keinen Fall abgegeben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Innenressort deckt mit den bewährten Hubschrauberrettungsflügen einen wichtigen Aufgabenbereich ab und leistet einen wesentlichen Beitrag zur unmittelbaren Hilfestellung für den einzelnen in Not geratenen Menschen. Allein in den letzten 15 Jahren hat das Innenministerium mit seinen Einsatzflügen an die 50 000 Menschen, viele davon aus lebensbedrohlichen Situationen, gerettet. Natürlich muß diese Hilfestellung mit den nötigen finanziellen Mitteln unterstützt werden. Die Länder haben da immense und massive Vorteile und profitieren davon. Sie sind auch bereit, hiefür einen höheren finanziellen Beitrag zu leisten. Sie würden diese finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, und daher sollten wir nicht nur den Piloten, Notärzten, Flugärzten, Sanitätern und den zuständigen Beamten des Innenministeriums danken, die tagtäglich rund um die Uhr im Dienst stehen, sondern auch den Verantwortlichen in den Ländern, die bereit sind, gemeinsam mit dem Innenministerium dafür zu sorgen, daß dieser Flugrettungsdienst weiterhin tätig sein kann.

Meine Damen und Herren! Einen Satz noch: Wir haben ein weitreichendes Sicherheitspaket mit ganz konkreten Reformansätzen geschnürt. Wir werden uns gemeinsam bemühen, daß dieser erfolgreiche Weg weiterbeschritten werden kann, damit sich die Bürger dieses Landes wohl und sicher fühlen und gerne in Österreich und hier bei uns in Wien leben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.33

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister Michalek! Sehr geehrter Herr Bundesminister Schlögl! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde kein Bekenntnis zur öffentlichen Sicherheit ablegen, denn ich halte das für eine ganz hohle Phrase. Gibt es einen Politiker, der sich nicht Sorgen um die öffentliche Sicherheit macht? Der Herr Bundesminister wird es mir verzeihen, aber daß ein Innenminister im Parlament ständig Bekenntnisse zur öffentlichen Sicherheit ablegt, das halte ich irgendwie für überflüssig. Das ist für mich der Ausdruck eines bestimmten Denkens, das auch Sie als Innenminister an den Tag legen und das sich dann auch in den weiteren Ausführungen fortgesetzt hat. Ich stelle das nur ungern fest und wollte eigentlich heute in erster Linie zu diesem Sicherheitsbericht Stellung nehmen, aber Ihre Worte haben mich aufgestachelt.

Wenn Sie tatsächlich zum Sicherheitsbericht und mit dem Bekenntnis zur öffentlichen Sicherheit hier 15 Minuten lang sprechen und es in diesen 15 Minuten schaffen, im Zusammenhang mit diesem Sicherheitsgefühl oder mit dem Bedürfnis nach Sicherheit nicht ein einziges Mal das Wort "Prävention" in den Mund zu nehmen beziehungsweise auszusprechen, dann stimmt da


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irgend etwas nicht! Dann ist das – Herr Bundesminister, verzeihen Sie mir, wenn ich das so direkt sage! – ein völlig falsches Verständnis. Ihr Verständnis von Bekenntnis zur Sicherheit zielt in erster Linie auf Strafverfolgung und vor allem auf Aufklärungsquoten ab und nicht auf den umgekehrten Ansatz der Prävention.

Kollege Gaál hat von Schutz, Hilfe und neuen Wegen der Kriminalitätsverhütung gesprochen. Das wäre es, was ich mir vom Verständnis her wünschen würde. Über die positive Aufklärungsquote freue ich mich natürlich auch. Viel mehr freue ich mich aber über sinkende Kriminalitätsraten. Weil eben in bestimmten Bereichen die Kriminalität sinkt, sind diese Überlegungen zur Prävention und zur Kriminalitätsverhütung jetzt ganz besonders am Platz.

Sicherheit birgt natürlich nicht nur ein objektives oder ein immer objektivierbares Element, sondern Sicherheit und Unsicherheit sind etwas ganz Subjektives. Die größte Bedrohung, die Menschen in Österreich haben, und das führe ich jetzt nur sehr kurz aus, ist eine ganz andere. Untersuchungen des kriminalsoziologischen Instituts haben gezeigt, daß die Menschen im ersten Wiener Gemeindebezirk, wo zwar bestimmte Kriminalitätsarten wie Einbruch am häufigsten sind, subjektiv das höchste Sicherheitsgefühl haben. Das ist so – und das sage ich jetzt auch sehr vereinfacht –, weil in Wien I. halt viel weniger arme Menschen leben und die Menschen dort vor ganz anderen Dingen Angst haben oder Unsicherheit verspüren als in anderen Gegenden Wiens, wo objektiv die Kriminalitätsrate eine niedrigere ist als in Wien I. Darum ist dieses Unsicherheitsgefühl der Leute ein anderes – man kann es auch beim Namen nennen und es nicht umschreiben –, die Angst vor ganz anderen Elementen steht im Vordergrund als die Angst vor dem, worunter wir tatsächlich Kriminalität verstehen. Die Leute haben viel mehr Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren als Opfer eines Mordes oder eines Einbruchsdiebstahles zu werden. Aber es gibt sehr wenig Ventile, um diese Angst auch zu artikulieren.

Diese Art und Weise, an Kriminalität oder an Sicherheits- und Unsicherheitsgefühl heranzugehen, ist in Österreich verbreitet, und das ist nicht Ihr Verschulden oder Ihre Verantwortung alleine, Herr Minister, sondern das ist auch darauf zurückzuführen, wie die Medien und unsere Gesellschaft insgesamt mit diesem Thema umgehen. Darum meine ich, daß wir das sozusagen mit einer neuen Brille sehen sollten. Ich meine, daß diese neuen Wege der Kriminalitätsverhütung im Mittelpunkt unserer Bestrebungen stehen müssen. Etwas wie einen Dialog mit der Bevölkerung über Sicherheit zu führen, das ist, wie ich glaube, die Herausforderung des nächsten Jahrtausends.

Dafür, daß es in Österreich in der Vergangenheit viele Unsicherheitsgefühle gegeben hat, gibt es ja Fakten. Wenn wir etwa an die neunziger Jahre zurückdenken – jetzt sind wir schon im Jahr 1997, fast am Ende dieses Jahrzehnts –, dann sieht man, daß das, was sich am Beginn dieses Jahrzehnts in Österreich abgespielt hat – die Zuwanderung nach Österreich bedingt durch die Ostöffnung –, eigentlich nur mit den Wanderungsbewegungen zu Beginn dieses Jahrhunderts vergleichbar ist. Das war ein Jahrhundertereignis, und daraus haben sich ja auch Schwierigkeiten ergeben.

Diese Schwierigkeiten sind natürlich, und das will ich in keiner Weise negieren, reale große Ärgernisse für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist es, was wir auch sehen müssen. In Österreich ist man den Weg gegangen, reale Ärgernisse gewissermaßen durch populistische, fremdenfeindliche Töne auch noch anzuheizen. Daß das kein passendes Mittel und kein passender Weg ist, sich dem Problem Unsicherheit oder Angst zu nähern, das, Herr Bundesminister Schlögl und auch Herr Bundesminister Michalek, wissen Sie. Dazu kenne ich Sie beide viel zu gut, als daß ich nicht wüßte, daß Sie das auch so verstehen wie ich.

Daß man da aber bewußt oder unbewußt – wenn es unbewußt ist, dann ist das eine läßliche Sünde, aber ich glaube ja nicht so ganz daran – immer wieder in die Falle der populistischen Demagogie geht oder sie auch bewußt als Werkzeug benutzt, diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen. Ich habe heuer im Sommer im Urlaub und sozusagen völlig entspannt und ruhig österreichische Zeitungen gelesen und darin Zitate von Ihnen gefunden wie: "Es muß endlich Schluß sein mit der Unterstützung bosnischer Flüchtlinge!" – Sie sagen, es muß endlich Schluß sein. Das ist ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Schlögl. ) So wird das in den


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Zeitungen zitiert, Herr Bundesminister. (Bundesminister Mag. Schlögl: So wird es von Frau Kollegin Stoisits interpretiert!) – Nein, so ist es in den Zeitungen gestanden.

Das stimmt mit meinem Verständnis eines Innenministers absolut nicht überein. Sie, Herr Bundesminister, wären – jetzt muß ich im Konjunktiv sprechen – ja derjenige in der österreichischen Bundesregierung, der nicht sozusagen Unsicherheit noch aufwiegeln soll, sondern im Gegenteil Ängste und latent aufkeimende Tendenzen, Sündenpolitik zu machen, bekämpfen muß und nicht auf diesem Klavier des demagogischen Populismus auch noch spielen soll. Das ist unser Hauptvorwurf an Sie als Zuständiger für das objektive, aber auch das subjektive Sicherheitsgefühl der österreichischen Bevölkerung.

Da meine Kolleginnen und Kollegen auch zu anderen Tagesordnungspunkten noch sprechen wollen, nur noch ein letztes Wort an Herrn Bundesminister Dr. Michalek. Herr Dr. Michalek! Bitte lassen Sie sich nicht davon abbringen, den außergerichtlichen Tatausgleich durchzusetzen, der für mich das neue Modell der Konfliktbewältigung par excellence darstellt, nämlich ohne die staatliche Keule zu beanspruchen, sozusagen mit dem Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch zu arbeiten. Lassen Sie sich nicht von der Linie, die das Bundesministerium für Justiz und Sie persönlich eingeschlagen haben, abbringen, auch wenn es jetzt, etwa von seiten der Frau Kollegin Fekter von der ÖVP, wie ich in den Zeitungen gelesen habe, Tendenzen gibt, von diesem Weg wieder abzugehen. Ich möchte, weil ich ihr als Vorsitzende des Justizausschusses höchst positiv gesinnt bin, darin nur sozusagen eine Wahlrede für den oberösterreichischen Landtagswahlkampf sehen, weil sie ja Oberösterreicherin ist. Aber es kommt dann auch der 6. Oktober, und da muß im wahrsten Sinne des Wortes Farbe bekannt werden betreffend diese neuen und modernen Methoden.

Ich glaube, daß kein Mitglied des Nationalrates nicht sagt: Vorrang für Opferentschädigung. Vorrang für Opferentschädigung heißt aber auch Verzicht auf den staatlichen Strafanspruch und Förderung dieser Modelle. – Was heißt "Förderung dieser Modelle"?! – Einführung, weg vom Modell, weg vom Versuch hin zur gesetzlichen Normierung!

Meine Herren Minister! Ich meine, kaum ein Minister – abgesehen vom Herrn Finanzminister – hat einen so großen gesellschaftspolitisch relevanten Arbeitsbereich wie Sie beide. Daß man diesen auch so nützen kann, wie es meiner Meinung nach nicht richtig ist, nämlich einschränkend im Sinne der Rechte der Bürgerinnen und Bürger, hat die Diskussion um Rasterfahndung und Lauschangriff gezeigt. Herr Bundesminister Schlögl! Wenn schon ab 1. Oktober Rasterfahndung, dann möchte ich auch spätestens am Jahrestag der Briefbombenattentate die Täter präsentiert bekommen. Das ist ja eines Ihrer Hauptargumente. Dazu kann man nur sagen: Da müssen wir uns alle gemeinsam anstrengen! (Beifall bei den Grünen.)

19.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte, Herr Bundesminister.

19.44

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Schwerpunkte der Justizpolitik in Sachen innere Sicherheit ergeben sich aus der Notwendigkeit eines entschlossenen Kampfes gegen schwere und organisierte Kriminalität einerseits, aber auch aus der Notwendigkeit möglichst sinnvoller täter- und opferorientierter Reaktionen im Bereich der massenhaft auftretenden Alltagskriminalität. Im gleichen Maße müssen wir einen von rationalen Überlegungen geprägten Strafvollzug gewährleisten, der sowohl der sicheren Verwahrung des Straftäters als auch seiner optimalen Vorbereitung auf die Entlassung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft gerecht wird.

Bei allem, was wir zur Gewährleistung der inneren Sicherheit unternehmen, haben wir einen Rechtsstandard zu wahren, der jedenfalls den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen gerecht wird. Das sind unbestrittenermaßen Ziele, die gelegentlich miteinander in Konflikt stehen. Eine moderne Justizpolitik muß daher immer wieder aufs neue Anstrengungen unternehmen, um diese unterschiedlichen Ziele in Einklang zu bringen.


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Was den Kampf gegen das schwere Verbrechen und die organisierte Kriminalität betrifft, möchte ich einmal mehr darauf hinweisen – es tut mir leid, daß meine Vorrednerin gerade so beschäftigt ist –, daß deren Bekämpfung nicht nur einen Ausbau des den Sicherheits- und Justizbehörden zur Verfügung stehenden rechtlichen und faktischen Instrumentariums, sondern ebenso eine Gesamtstrategie mit Elementen technischer, organisatorischer, sozialer und rechtlicher, vor allem auch verwaltungsrechtlicher, Prävention erfordert. Das bedeutet, daß neue Erscheinungsformen der Schwerkriminalität zwar auch, aber nicht nur durch punktuelle Maßnahmen auf dem Gebiete des materiellen und formellen Strafrechts bekämpft werden müssen.

Trotzdem war es natürlich notwendig, daß der Kampf gegen die organisierte Kriminalität in den letzten Jahren durch den Gesetzgeber massive Unterstützungen erhalten hat. Ich erinnere an die neuen Straftatbestände gegen Geldwäscherei und kriminelle Organisation sowie an die neuen Bestimmungen über Abschöpfung, Einziehung und Verfall krimineller Gewinne, also Maßnahmen, die die international organisierte Kriminalität in ihrem Nerv, in ihrem finanziellen Zentrum treffen sollen.

Daß der vorliegende Sicherheitsbericht 1995 nur eine geringe Zahl an Verurteilungen nach dem Geldwäschereitatbestand ausweist, verwundert mich nicht, wenn man bedenkt, daß dieser erst seit 1994 in Kraft ist und nur rechtskräftige Verurteilungen in diesem Bericht Niederschlag finden. Ich fürchte aber, daß es seither nicht viel mehr geworden sein dürften, was ich vor allem darauf zurückführen möchte, daß diese Fälle sehr oft Auslandsbezug haben und da die Rechtshilfe nicht nur langwierig ist, sondern häufig auch administrativ, aber auch – mangels vergleichbarer Strafbarkeiten – rechtlich auf Schwierigkeiten stößt, wobei zum Glück aber manchmal doch wenigstens die Verfolgung der strafbaren Vortat zur Geldwäsche übrigbleibt.

Auch ich möchte an das vor dem Sommer beschlossene Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die StPO eingeführt wurden, erinnern. Im Zuge der Gesetzesvorbereitung war das Justizressort immer um einen sorgfältigen Ausgleich zwischen der Verbesserung der polizeilichen Effizienz und der weitestmöglichen Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte des einzelnen bemüht. Die Gesetz gewordenen Bestimmungen, insbesondere die mehrstufigen Vorkehrungen gegen jeden denkbaren Mißbrauch, spiegeln dieses Bemühen wider.

Es war mir daher ein besonderes Anliegen, rechtzeitig vor Inkrafttreten der Bestimmungen über den Datenabgleich zu Beginn des Oktobers namhafte und bestens qualifizierte Persönlichkeiten zu Rechtsschutzbeauftragten ernennen zu können, die als unabhängige Verfahrenspartei sowohl zur Kontrolle der Recht- und Verhältnismäßigkeit als auch zur begleitenden Kontrolle der Durchführung der besonderen Ermittlungsmaßnahmen berufen sind.

Meine Damen und Herren! Bei der Bekämpfung der zunehmend grenzüberschreitend stattfindenden organisierten Kriminalität kommt der internationalen Zusammenarbeit eine besondere Bedeutung zu. Gerade deshalb haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres verstärkte Anstrengungen unternommen und einen umfassenden Aktionsplan zur Bekämpfung und Prävention der organisierten Kriminalität ausgearbeitet, der durch den letzten Europäischen Rat in Amsterdam angenommen wurde.

Dieses Dokument umfaßt nicht nur 15 politische Leitlinien zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, sondern auch einen detaillierten, 30 Empfehlungen umfassenden, mit Zeitvorgaben versehenen Aktionsplan, der sich an die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten selbst richtet und Fragen der Prävention, der Effektuierung des rechtlichen Instrumentariums, der Verbesserung der praktischen Zusammenarbeit zwischen Justizbehörden, Polizei und Zoll, die Erweiterung von Europol und Maßnahmen, die die organisierte Kriminalität in ihrem finanziellen Zentrum treffen sollen, behandelt.

Im Bundesministerium für Justiz laufen derzeit Vorarbeiten zur Umsetzung mehrerer Rechtsakte, die im Rahmen der dritten Säule bereits abgeschlossen wurden und den Bereich Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft, Betrugsbekämpfung sowie Korruption betreffen.


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Zur Umsetzung dieser Übereinkommen sollen der Betrugstatbestand um alle Arten von Subventionsmißbrauch ergänzt und die bestehenden Straftatbestände gegen Beamtenbestechung auch auf die Gemeinschaftsbeamten und auf die Beamten der anderen Mitgliedstaaten für anwendbar erklärt werden.

Meine Damen und Herren! Was den Umgang mit der Alltagskriminalität anlangt, möchte ich auch hier ankündigen, daß dieser in zeitgemäßer Weise verbessert und die Möglichkeiten dazu erweitert werden sollen. Dazu gehört der faktische Ausbau des schon seit einem Jahrzehnt erfolgreich durchgeführten außergerichtlichen Tatausgleichs ebenso wie die möglichst baldige Gesetzwerdung einer derzeit in Begutachtung befindlichen Strafprozeßnovelle 1998. Die darin vorgesehene Diversion soll künftig eine einfachere, zugleich aber besser auf den Einzelfall abgestimmte Erledigung minder schwerer Verstöße weniger gefährlicher Straftäter ermöglichen. Dabei soll in erster Linie der Schadenswiedergutmachung und den anderen Interessen der Opfer, zu welchen auch eine ideelle Genugtuung gehört, besonderes Augenmerk geschenkt werden.

Die Justiz entspricht mit dieser StPO-Novelle nicht nur der einstimmigen Entschließung des Nationalrats vom Juli 1994, sondern ich denke, daß jene, die den Entwurf kennen, mir recht geben werden, daß er in seinen Auswirkungen den Opfern von Straftaten mehr geben wird als irgendein Justizgesetz in der Zweiten Republik zuvor. Und wir haben gerade im letzten Jahrzehnt nicht wenige Justizgesetze beschlossen, die eine verstärkte Berücksichtigung der Opferinteressen und eine wesentliche Verbesserung der Situation der durch Straftaten Verletzten gebracht haben.

Unabhängig von dieser schrittweisen stärkeren Opferorientierung des Strafrechts und des Strafverfahrens erscheinen allerdings nach wie vor die staatlichen Maßnahmen zur Hilfeleistung an Verbrechensopfern bei der Bereinigung der materiellen und immateriellen Tatfolgen unbefriedigend. Dabei sind den Möglichkeiten des Strafverfahrensrechts aber enge Grenzen gesetzt. Vielmehr wird es entschlossener gemeinsamer Anstrengungen von Bund und Ländern bedürfen, um mehr Opferhilfe- und Opferberatungseinrichtungen einzurichten und zu fördern. Als erster Schritt könnte eine stärkere Koordinierung und Vernetzung von bestehenden Einrichtungen, insbesondere auf dem Gebiete der Jugendwohlfahrt und der Beratung von Opfern von Sexualdelikten, angestrebt werden, die sich der rechtlichen und psychosozialen Beratung von Verbrechensopfern und der Verfahrensbegleitung durch eine Vertrauensperson mit den erforderlichen Kontakten zu Gericht und Staatsanwaltschaft widmen können.

Der in Begutachtung befindliche erwähnte Entwurf einer Strafprozeßnovelle 1998 sieht in diesem Zusammenhang vor, daß das Justizressort aus den in den Diversionsverfahren voraussichtlich zu erzielenden Mehreinnahmen an Geldbußen Einrichtungen der Opferhilfe fördert. Dabei sollen insbesondere solche unterstützt werden, die sich der Betreuung von minderjährigen Opfern oder von Personen widmen, die in ihrer Geschlechtssphäre verletzt worden sind.

Unsere weiteren Reformüberlegungen im Bereich des Opferschutzes reichen von der Verfahrensbegleitung samt Beratung während und nach Beendigung des Strafverfahrens bis hin zu der verfahrensrechtlichen Stellung des Verbrechensopfers im Gesamtgefüge des Strafprozesses. Die damit zusammenhängenden Strukturfragen, die insbesondere auch die schwierig zu lösende Frage nach der verfahrensrechtlichen Sicherung und Durchsetzung der Einhaltung von Opferrechten berühren, müssen im Lichte der nunmehr fälligen Neugestaltung des strafprozessualen Vorverfahrens behandelt werden.

Im Rahmen dieses von mir mit höchster Priorität verfolgten Vorhabens – ein Diskussionsentwurf soll etwa zur Jahreswende 1997/98 vorgelegt werden – soll nach unseren Vorstellungen eine weitergehende Aufwertung der Rechtsstellung des Verletzten erreicht werden, indem dem Opfer – über die nach der derzeitigen Rechtslage dem Privatbeteiligten zustehenden Rechte hinaus – weitergehende Informations- und Parteienrechte eingeräumt werden.

Noch einige Worte zu einem weiteren Reformvorhaben im Justizbereich. Unter Bedachtnahme auf erschütternde Fälle sexuellen Mißbrauchs insbesondere von Kindern, nicht nur im Inland,


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auch im Ausland, sowie vor dem Hintergrund eines jedenfalls bis zur letzten größeren Änderung des Sexualstrafrechtes im Jahr 1989 zurückreichenden Reformbedarfs habe ich zu Jahresbeginn eine multidisziplinäre Arbeitsgruppe einberufen, deren Ziel es ist, Grundlagen für eine umfassende Erneuerung des Sexualstrafrechts zu erarbeiten. Ganz allgemein soll dabei stärker auf das sexuelle Selbstbestimmungsrecht statt auf einen nicht mehr zeitgemäßen Sittlichkeitsbegriff abgestellt werden.

Insbesondere ist an eine Vereinigung der Tatbestände des Beischlafs und sonstiger Unzuchtshandlungen an Unmündigen, die mit einer Penetration verbunden sind, gedacht, mit dem Ziel, daß es auch bei solchen zu strengeren Bestrafungen kommen wird. Daneben werden auch flankierende Bereiche, wie etwa die Frage der Verjährung bei sexuellem Kindesmißbrauch, erörtert. Bei Abwägung aller Für und Wider scheint mir doch Überwiegendes für eine Verlängerung dieser Verjährungsfrist über das Erreichen des Volljährigkeitsalters hinaus zu sprechen.

Abschließend einige Worte zu Verbrechensopfern und Kriminalitätsangst im internationalen Vergleich. Soeben hat uns der Endbericht einer internationalen, im Jahr 1996 durchgeführten Verbrechensopferbefragung erreicht. Faßt man die Ergebnisse zusammen, zeigt sich, daß Österreich in fast allen untersuchten Bereichen eine vergleichsweise niedrige Kriminalitätsrate und gemeinsam mit Finnland die geringste Zahl von Verbrechensopfern aufweist. Ähnlich sieht es mit der Angst der Befragten aus, im kommenden Jahr Opfer eines deliktischen Angriffes zu werden.

Ich meine, daß man zur fairen, vollständigen Information der Öffentlichkeit auch solche gute Botschaften verkünden muß und daß auch sie in die Überlegungen zu einer ausgewogenen Strafrechtspolitik einzubeziehen sind. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.59

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Aufgabe der Politik ist es, Sicherheit und Stabilität der Österreicher und Österreicherinnen zu gewährleisten. Da meine Vorredner bereits ausführlich zu den Statistiken des Sicherheitsberichtes Stellung genommen haben, möchte ich ein paar Worte zum Schengener Abkommen sagen.

Ich bin überzeugt davon, daß die Umsetzung des Schengener Abkommens und die dadurch erhöhte internationale Zusammenarbeit und die Einführung eines automatisierten Fahndungs- und Informationssystems ein wichtiger Schritt sind, um das Sicherheitsgefühl der einzelnen Staatsbürger zu erhöhen. Der Wegfall der Kontrollen an den EU-Innengrenzen bedeutet eine Erleichterung für den einzelnen EU-Bürger: keine Ausweispflicht, keine Visapflicht, keine sonstigen Grenzkontrollen.

Diese Vereinfachung darf aber keinesfalls eine Erleichterung für die Gesetzesbrecher bedeuten. Durch die künftige Zusammenarbeit der Polizeibehörden der EU-Mitgliedstaaten in Form von gemeinsamen Kontaktdienststellen und Verbindungsbeamten kann gezielter und wirksamer denn je gegen die organisierte Kriminalität vorgegangen werden.

Die organisierte Kriminalität ist jene Form, die es vornehmlich zu bekämpfen gilt, da sie seit der Öffnung des Ostens noch stärker in Erscheinung tritt und sich kontinuierlich auf alle Bereiche der Kriminalität auszuweiten droht.

Die Zahlen, die aus dem heute zur Diskussion stehenden Sicherheitsbericht 1995 hervorgehen, zeigen österreichweit einen allgemeinen Rückgang, und zwar sowohl im Verbrechens- als auch im Vergehensbereich. Besonders erfreulich ist die Statistik für das Land Oberösterreich: Wäh


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rend die Gesamtkriminalität von 1993 auf 1994 gestiegen ist, ist von 1994 auf 1995 ein Rückgang von 5,9 Prozent zu verzeichnen. Als oberösterreichischer Abgeordneter bin ich stolz darauf, daß die österreichische Exekutive außerordentlich gut arbeitet; dafür will ich meinen besonderen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der oberösterreichische Landesrat Achatz, der im Mai dieses Jahres in Oberösterreich ankündigte, daß sich in Tschechien 50 000 Albaner zusammenrotten und dem "Sicherheitsloch" Mühlviertel eine Albaner-Invasion droht, provoziert mit derartigen Aussagen lediglich eine Verunsicherung bei der Bevölkerung und macht Angst. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bin aber trotz dieser offensichtlichen Panikmache fest davon überzeugt, daß der illegale Grenzübertritt durch die Verstärkung an den Ostgrenzen Österreichs zurückgehen wird. Freilich ist es so, daß sich die Zahl der illegalen Grenzgänger im Vergleich zum ersten Halbjahr 1996 fast verdoppelt hat; das Schlepperunwesen ist noch immer ein sehr großes Problem. Die Hälfte davon waren aber Rumänen, die andere Hälfte kam aus der Ukraine, aus Polen, oder es waren Tschechen. Es war aber kein einziger Albaner unter den Aufgegriffenen.

Meine Damen und Herren! Als Vertreter dreier Grenzbezirke begrüße ich die verschärften Maßnahmen, die Österreich durch den Einsatz der Grenzgendarmerie des österreichischen Bundesheeres zur Erlangung der Schengen-Reife in den letzten zwei Jahren gesetzt hat. Dieser Grenzschutz bedarf keiner zusätzlichen Unterstützung durch das Bundesheer, wie von Landesrat Achatz jüngst wiederum für den Grenzabschnitt zu Tschechien gefordert wurde. Wir wissen, es werden im Zuge der Durchsetzung des Schengener Abkommens die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze vom 1. Dezember 1997 an stufenweise abgebaut und per 1. April 1998 schließlich ganz wegfallen. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es gibt eine diesbezügliche Einigung zwischen unserem Innenminister Schlögl und dem Innenminister aus Bayern, Beckstein.

Meiner Ansicht nach ist die Zollwache neben der Bundesgendarmerie ein wichtiger Bestandteil des österreichischen Sicherheitsapparats. In der jüngsten Vergangenheit konnte die Zollwache wiederholt durch spektakuläre Erfolge auf dem Gebiet des Schmugglerunwesens auf sich aufmerksam machen. Die mobilen Überwachungsgruppen sind gemeinsam bei der Überwachung von Tiertransporten, dem Transport von radioaktivem Material durch Österreich im Rahmen ihrer Arbeitsrichtlinien tätig. Diese Aufgaben sind im Rahmen der mobilen Kontrollen jedoch bei weitem schwieriger, seit die Grenzen gefallen sind.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Bürger. Gestalten wir unsere Politik auch künftig so, daß wir diesem Bedürfnis gerecht werden können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Scheibner vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Ich weiß nicht, die wievielte Wahlkampfrede das soeben war. Kollege Freund! Es wäre gescheiter, anstatt den Landesrat Achatz zu kritisieren, der da nicht zuhören kann (Abg. Schwarzenberger: Ihr könnt es ihm ja ausrichten!) , sich über die wirklichen Probleme auch der Oberösterreicher zu informieren, denn ich glaube, daß dem nicht ganz so ist, wie du das siehst, daß nämlich dadurch, daß jetzt die Grenze zu Bayern geöffnet wird, die Probleme an der Grenze zu Tschechien gelöst werden. Du hast das in einen Zusammenhang gebracht; es ist aber nicht ganz verständlich, was das eine mit dem anderen zu tun haben soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde auch den Vergleich etwas merkwürdig, daß das Bundesheer für den Grenzeinsatz an der Nordgrenze Österreichs nicht notwendig sei, weil da ohnehin nur Rumänen und keine Albaner kommen. Ich glaube, daß man das nüchtern betrachten sollte und daß uns schon klar sein muß, daß die Grenzabschnitte gegen Norden und Osten, die nicht überwacht sind, natürlich


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in Zukunft immer stärker von Schleppern genützt werden, um illegale Einwanderer nach oder durch Österreich zu bringen.

Das wird in Zukunft gerade Oberösterreich noch stärker treffen. Da wäre es gescheiter, sich einen Weg zu überlegen, wie wir bei diesem problematischen Landesverteidigungsbudget, das Ihr Minister vorgelegt hat, trotzdem eine Ausweitung des Grenzeinsatzes erreichen können, damit auch die oberösterreichischen Grenzen gesichert sind. Das wäre sinnvoll und wäre wahrscheinlich auch für Wahlerfolge in Oberösterreich wesentlich besser. Es ist halt viel leichter, hier beim Rednerpult über Leute zu urteilen, die in diesem Hohen Haus kein Mandat haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist ja meistens so: Bei den Sicherheitsdebatten wird gelobt, wie gut ... (Abg. Leikam: Das hat es aber bei den Freiheitlichen auch schon gegeben!)  – Was denn? (Abg. Leikam: Daß ihr über Leute hergezogen seid, die nicht da waren!)  – Na vielleicht bringst du mir dann ein Beispiel dafür. Aber solche Wahlreden, wie sie da stattgefunden haben, hast du von uns sicher noch nicht gehört, Kollege Leikam! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Du hast auch gesagt, wie gut es in Österreich läuft und wie sicher alles im Vergleich zu anderen Staaten ist. Man kann dir – Gott sei Dank – durchaus recht geben, daß es woanders schlechter ist, nur frage ich: Ist es genug, wenn wir das heute hier feststellen, oder sollten wir nicht überlegen, welche Probleme wirklich aktuell und brennend sind und wie man auch für diese brennenden Probleme Lösungen finden kann?

Meine Damen und Herren! Ein Beispiel dafür ist die Jugendkriminalität. In einigen Ausführungen hier wurde diese Problematik ein wenig beschönigt, es gehe uns besser als anderen Staaten. Gerade im Bereich der Jugendkriminalität kann das aber keine Beruhigung für uns sein, denn entgegen dem "normalen" Trend, der auch nicht so besonders rosig ist – es ist ein ständiges Auf und Ab, aber im großen und ganzen bewegen wir uns doch auf hohem Niveau bei der Kriminalität –, haben wir bei der Jugendkriminalität einen Zuwachs von 4 Prozent zu verzeichnen, meine Damen und Herren!

Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Fragen: Wie bringen wir Lehrstellensuchende unter? Was machen wir mit Schulabbrechern? Was machen wir mit Maturanten? hat der Präsident des Jugendgerichtshofes, Dr. Jesionek, gemeint: Jugendarbeitslosigkeit und die Orientierungslosigkeit der Jugend, die daraus folgt, ist die Urquelle für steigende Jugendkriminalität. Ich glaube, diese 4 Prozent sind bereits ein Indiz und sollten ein Alarmsignal sein, daß wir im Verbund – das ist nicht allein eine Frage des Innenministers, auch nicht des Justizministers – mit dem Unterrichtsressort, dem Sozialressort, dem Jugendressort neue Maßnahmen setzen, um gegen diese Problematik der Jugendarbeitslosigkeit, gegen die zunehmende Orientierungslosigkeit und damit indirekt auch gegen ein Ansteigen der Jugendkriminalität zu arbeiten. Mir fehlt der Verbund dieser Konzepte und dieser Ideen. Das wären wichtige Ansätze, die wir heute auch diskutieren sollten.

Im Zusammenhang damit stellt sich auch das Problem der Drogenkriminalität, auch das wird immer stärker. Ich wehre mich wirklich dagegen, daß es in Österreich nach wie vor gesellschaftspolitische Gruppen gibt, die das Drogenproblem verharmlosen, die sagen, das ist keine Frage der Kriminalität, sondern bestenfalls ein Gesundheitsproblem, und damit zusehen, wie immer mehr Dealer – zum Teil vor den Augen der Polizei – ganz offen ihre Geschäfte machen und immer mehr Jugendliche in den tödlichen Kreislauf von Drogen und Drogenabhängigkeit hineinziehen.

Meine Damen und Herren! Auch bei den Sittlichkeitsdelikten ist ein gravierender Anstieg zu verzeichnen, vor allem bei der Unzucht mit Unmündigen – plus 25 Prozent! Da soll aber jetzt niemand mehr kommen und sagen: Das ist eine Frage der höheren Aufklärung, es sind einfach mehr Delikte bekanntgeworden. Auch in diesem Zusammenhang fehlt mir der Verbund von gemeinsamen Maßnahmen, um vor allem unsere Jugendlichen, unsere Kinder vor dieser anscheinend immer stärker werdenden Zeitgeisterscheinung zu schützen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es kann nun einmal nicht sein, daß es Bagatellstrafen dafür gibt, daß Kinder für ihr


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ganzes Leben lang geschädigt werden, während der Täter vielleicht nach einem Jahr oder zwei Jahren wieder in Freiheit ist und weiter seiner abartigen Natur nachgehen kann.

Herr Innenminister! Wie sieht es denn weiters mit der Fremdenkriminalität aus? Auch da ist doch in Wirklichkeit kein Durchbruch gelungen. Sie sagen immer wieder, daß Gastarbeiter nicht die Problemgruppe sind, das stimmt ja auch. Es sind die "Kriminaltouristen", wie Sie sie genannt haben. Aber Sie haben auch behauptet, es gebe jetzt eine restriktivere Zuwanderungspolitik. Also dürfte es diese "Touristen" ja gar nicht mehr in diesem Ausmaß geben. Trotzdem hat sich bei der Ausländerkriminalität nicht viel getan: 20 Prozent Anteil an der Gesamtkriminalität, 30 Prozent bei den Verbrechen. Also auch da ist die Lage längst nicht so rosig, wie Sie das immer wieder darstellen. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag.  Schlögl. )

Herr Justizminister! Die Polizisten klagen immer wieder, sie nehmen illegale, kriminelle Ausländer fest – und am nächsten Tag winken diese schon wieder bei der Tür herein, weil keine Haftbefehle ausgestellt werden. Das sind doch jene Probleme, die gerade hier in der Ostregion und im speziellen in Wien der Bevölkerung unter den Nägeln brennen.

Zum Schluß noch die Frage Grenzeinsatz, Herr Innenminister. Jetzt lesen wir in der Zeitung, daß der Grenzeinsatz in Zusammenarbeit mit dem Bundesheer ausgeweitet wird. Wir haben da einen schönen Hubschrauber gesehen – Kosten: 180 Millionen Schilling! Ich hoffe, daß auch Ihr Ressort einen erklecklichen Teil zu diesen Kosten beitragen wird, damit nicht wieder, wie in der Vergangenheit, allein das Verteidigungsressort alles übernehmen muß.

Aber auch da fehlt uns ein Verbund zwischen den beiden Ressorts. Nach wie vor gibt es das Provisorium des Assistenzeinsatzes, und nach wie vor glauben Sie, daß Sie auf Dauer einige tausend beamtete Gendarmen an die Grenze bringen. Dabei wissen wir nicht einmal genau, wie lange die Probleme an der Ostgrenze dauern werden. Wir alle hoffen, daß irgendwann einmal die Situation so sein wird, daß wir diese Gendarmen wieder abziehen werden können. Wo wollen Sie diese dann einsetzen? Wohin wollen Sie sie versetzen? – Da wäre es wohl besser, das Bundesheer zu professionalisieren und diesen Einsatz auch als eine Aufgabe der österreichischen Landesverteidigung zu definieren und die Gelder, die Sie dafür beantragen, vermehrt auch dem Landesverteidigungsbudget zuzuweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.12

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war etwas überrascht, daß die Kollegin Stoisits den Herrn Bundesminister für Inneres so vehement angegriffen hat. Mir ist klar, daß eine Oppositionspolitikerin keine Lobreden hält, aber ich denke, daß diese Angriffe unfair waren. Der Herr Bundesminister hat ausdrücklich gesagt, daß zur Frage der Sicherheit nicht nur die Sicherheit vor Verbrechen gehört, sondern auch Fragen der sozialen Sicherheit, Fragen der gesellschaftlichen Sicherheit und der Konfliktbewältigung überhaupt.

Ich denke, daß der Herr Bundesminister sich dieser Problematik sehr wohl bewußt ist. Er ist aber zuständig für die Kriminalitätsbekämpfung, und daher konzentrieren sich seine Ausführungen in erster Linie darauf. Er hat auch sehr wichtige Fragen angesprochen, indem er die drei wichtigsten Bereiche seiner Arbeit genannt hat: Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Drogenbekämpfung, Bekämpfung der Gewalt in der Familie. Das sind die tatsächlich gravierenden Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.

Natürlich ist es auch wichtig, sich mit der Prävention von Verbrechen zu befassen. Es gibt Modelle aus dem Ausland und Vorstellungen dazu. Wir werden darüber eine Diskussion zu führen haben. Es ist auch ganz klar, daß wir das soziale Umfeld für eine friedliche Gesellschaft erhalten und ausbauen und darauf achten müssen, daß die Wurzeln der Kriminalität, soweit es möglich ist, auch tatsächlich bekämpft werden, deshalb auch im Zusammenhang mit der Jugendkriminalität. Es wurde heute schon von Arbeitsplatzsicherung, von der Ausbildung junger Menschen ge


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sprochen. Es ist eine ganz zentrale Frage, daß die jungen Menschen wissen, daß sie einen Platz in der Gesellschaft haben, daß sie als Person anerkannt werden und wichtig sind. Daher denke ich, daß uns sehr wohl die gesamte Problematik bewußt ist, wir sie im Auge haben und versuchen, in den verschiedensten Bereichen tätig zu werden, um die Kriminalität zu bekämpfen, um Sicherheit auf allen Gebieten herzustellen.

Ich möchte im Zusammenhang mit der Gewalt in der Familie auf folgendes zu sprechen kommen, das ich sehr positiv finde: Es gibt seit einiger Zeit – eingeführt von Herrn Bundesminister Löschnak, weitergeführt von seinen Nachfolgern – das Projekt, daß in der Polizeischule auch Sozialarbeiterinnen der Frauenhäuser als Lehrende auftreten und tätig sind. Am Anfang hat es Vorurteile von beiden Seiten gegeben, die aber sehr schnell abgebaut werden konnten.

Diese Zusammenarbeit ist für beide Seiten sehr wichtig und wird, soviel ich weiß, auch von beiden Seiten jetzt sehr gelobt. Ich weiß das vor allem von den Sozialarbeiterinnen, die sagen, daß sich das Verhältnis zur Polizei sehr verbessert hat, daß viel mehr Verständnis von seiten der Polizei für die Frauen mit ihren Problemen in der Familie kommt und daß auch umgekehrt die Sozialarbeiterinnen besser sehen, wie sich die Problematik für die Polizei darstellt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch sagen, daß es sehr wichtig ist, daß es sehr viele Polizistinnen gibt, wie das schon jetzt der Fall ist. Man sieht immer wieder auf der Straße eine Reihe von Frauen, die sehr energisch, sehr selbstbewußt auftreten und ihre Aufgabe erfüllen. Das hat sich sehr positiv auf das Klima in den Wachstuben ausgewirkt. Es gibt auch viele junge ehrgeizige Frauen, die eine Weiterbildung, nämlich die Offiziersausbildung, machen. Ich finde das sehr, sehr positiv.

Ich möchte noch einige Worte zum außergerichtlichen Tatausgleich sagen, weil mir dieses Thema so wichtig erscheint. Er hat sich bei den Jugendlichen sehr bewährt und wird jetzt – davon bin ich überzeugt – auch im Erwachsenenstrafrecht zur Gänze, also nicht als Pilotprojekt, übernommen werden. Ich glaube wirklich, daß wir da nicht nachlassen sollen, sondern die erforderlichen gesetzlichen Bestimmungen treffen müssen. Denn es ist für das Opfer viel besser, die Genugtuung zu erfahren, wenn gesagt wird, daß ein schuldhaftes Verhalten vorliegt, und versucht wird, die Tat wiedergutzumachen. Das ist für das Opfer mehr als die Befriedigung eines Rachegedankens, und das ist auch für den Täter eine Möglichkeit, sich mit dem, was er getan hat, auseinanderzusetzen und Wiedergutmachung zu leisten.

Abschließend darf ich noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leikam, Kiss, Dr. Partik-Pablé, Anschober und Dr. Kier

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, im Rahmen des jährlichen Sicherheitsberichtes gemäß § 93 SPG auch über die Anwendung des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) zu berichten sowie die Mitglieder des Ausschusses für innere Angelegenheiten im voraus von den Tagesordnungen für die Sitzungen des Exekutivausschusses in Kenntnis zu setzen.

*****

Herr Präsident! Ich ersuche, diesen Antrag in die Debatte aufzunehmen, und möchte abschließend noch sagen, daß der Sicherheitsbericht, auch wenn er vielleicht nicht auf dem allerletzten Stand ist – ich habe gehört, wir werden bald den Bericht für 1996 bekommen –, doch eine sehr wichtige Unterlage für unsere Arbeit darstellt und viele Anregungen für uns bietet. Denn wir alle wollen doch, daß unser – international gesehen – wirklich sehr sicheres Land noch sicherer wird. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

20.19

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist bereits heute mehrmals gesagt worden, daß der Sicherheitsbericht einen stark beschreibenden Charakter hat, einen stark bloß auf das Statistische begrenzten Charakter hat. Ich habe den Eindruck, daß dem im Bereich Umweltstrafrecht, sowohl was den Berichtsteil des Innenministeriums als auch den des Justizministeriums angeht, auch so ist. Damit ist dieser Bericht bloß eine Arbeitsgrundlage.

Ich möchte, da ja in Wirklichkeit offenbar zum Sicherheitsbericht schon alles gesagt wurde – jedoch noch nicht von allen –, nur einen Bereich herausgreifen, den Sie, Herr Bundesminister, unmittelbar angeschnitten haben: den Opferschutz.

Sie haben gesagt, daß das ein Thema ist, an dem Sie in Ihrem Ministerium mit höchster Priorität arbeiten. Es war auch Thema des 13. Österreichischen Juristentages. Und nicht umsonst ist es ein Thema, das die Geister sehr stark scheidet. Ich bitte Sie, im Rahmen der Erarbeitung eines Vorschlages vor allem auch zu beachten, daß – wenngleich es sehr populär ist, unmittelbar von Opferschutz zu reden –, wenn es darum geht, jemanden an einem konkreten Verfahren zu beteiligen oder ihn dort einzubinden, ihm Informationsrechte zu gewähren, das zwar wahrscheinlich eine geschädigte Person ist, eine Person, die einem bestimmten Verbrechen oder Vergehen zum Opfer gefallen ist, aber daß nicht unbedingt der Beschuldigte, über den in dieser Verhandlung zu Gericht gesessen wird, der Täter war.

Das ist etwas, was in der Diskussion generell, wie mir scheint, vergessen wird. Gerade von liberaler Seite wird Ihr Vorschlag sehr genau dahin gehend betrachtet werden, ob auch die Beschuldigtenrechte nach wie vor gewahrt bleiben. Denn es darf nicht so sein, daß das wünschenswerte Unterfangen, Personen, die Opfer eines Verbrechens geworden sind, auch von gesellschaftlicher Seite Unterstützung zu geben, quasi auf Kosten der Rechte der Beschuldigten geht. Nach unserer Auffassung muß dem Beschuldigten natürlich in erster Linie die Gewißheit gegeben werden, daß das Strafverfahren schnell abgewickelt wird und daß dort seine Schuld oder Unschuld primäres Thema ist.

Ich meine daher als Anregung zum Bericht, daß es gut wäre, alles, was Hilfeleistung für Verbrechensopfer angeht – Seite 316 folgende –, von den Zahlen her nicht nur auf die Budgetansätze zu beschränken, sondern darauf auszuweiten, was die durchschnittliche Entschädigung ausmacht, wie viele Geschädigte es gibt, die etwas bekommen, und insbesondere auch, da es ja nicht nur um materielle Ansprüche geht, wie die Betreuung jener Personen aussieht, die psychologische Hilfe brauchen.

Insbesondere wenn in Ihrem Ministerium Verbrechensopferschutz in Zukunft eine größere Rolle spielen wird, könnte es eine wichtige Grundlage sein, daß in diesem Bericht auch mehr darüber zu lesen sein wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.22

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Da sich die meisten meiner Vorredner im Bereich des Inneren bewegt haben, möchte ich mich ein bißchen mit dem Bereich Justiz auseinandersetzen. So erfreulich der aufgezeigte Neuanzeigenrückgang auch ist – mehr als 4 Prozent, das sind mehr als 7 000 Fälle, und bei den Fällen mit unbekannten Tätern über 6 Prozent –, umso unerfreulicher, Herr Bundesminister, ist die Tatsache, daß sich immer noch so viele Verfahren über mehrere Jahre hinweg ziehen. Von den


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7 334 Verfahren aus übernommenen Fällen stammten 6 630 aus 1994, 510 aus 1993, 194 aus dem Jahre 1992 und früher.

In all unseren Bereichen des Lebens werden mehr Effizienz, Schnelligkeit und Bürokratieabbau gefordert. Diese Begriffe müssen auch in der Justiz gelten. Ich glaube, ein rascher Abbau ist dringend geboten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kiermaier. )

Als nächstes möchte ich auf die Gerichte zu sprechen kommen. Neben einem Rückgang des Neuanfalls an Strafsachen um 1 Prozent gab es insgesamt 144 512 Strafverfahren, von denen 70,7 Prozent in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fielen. Das sind immerhin über 100 000, genau 102 195 Fälle. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Zahl dokumentiert eindeutig die Bedeutung und die Notwendigkeit unserer Bezirksgerichte. Ich appelliere an Sie, Herr Bundesminister, alles zu tun, um die Bezirksgerichte zu erhalten. Recht kann nicht eine Frage der Entfernung sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Nahversorgung im Bereich der Justiz ist mehr, als Sprechtage abzuhalten. Nahversorgung im Bereich der Justiz ist mehr, als einen Verhandlungstag pro Woche abzuhalten. Nahversorgung im Bereich der Justiz ist mehr, als Grundbuchauszüge per Computer zu erstellen. Erhalten wir diesen kleinen Mosaikstein der Nahversorgung für unsere ländliche Infrastruktur! Ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, diese Aspekte in Ihre Überlegungen mit einzubeziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Als dritten Schwerpunkt möchte ich mich mit der Untersuchungshaft beschäftigen. Positiv ist, daß sie kürzer als in den vergangenen Jahren ist. Unerfreulich ist die Tatsache, daß die Zahl der in Untersuchungshaft genommenen Personen im Berichtsjahr um 7,2 Prozent angestiegen ist – von 8 600 auf ungefähr 9 300. Insgesamt hat sich der Häftlingsstand in Österreich im internationalen Vergleich in den letzten Jahren kontinuierlich verringert: von 102 Gefangenen auf 76 im Jahre 1995.

Ich möchte nun als nächsten Punkt nochmals die gravierend unterschiedliche Praxis in bezug auf die Untersuchungshaft anschneiden. Ich möchte festhalten, daß dieses Kapitel im Bericht wiederum fast identisch ist mit den entsprechenden Kapiteln der Sicherheitsberichte der vergangenen Jahre und sich auf das Jahr 1991 bezieht. Und wie in allen bisherigen Berichten wird eine völlig unterschiedliche Anwendung der Untersuchungshaft in den vier Straflandesgerichtsanstalten sichtbar.

Leider wurden auch heuer keine neuen und aktuellen Zahlen eingefügt. Die Studie zeigt, daß die Wahrscheinlichkeit, in Wien in Untersuchungshaft zu kommen, viermal so hoch ist als in Innsbruck. Die durchschnittliche Haftdauer liegt in Graz bei sieben Wochen, während sie in den anderen Städten um 30 oder noch mehr Prozent höher ist. Es kann doch bei der Rechtsprechung nicht mit zweierlei Maß gemessen werden! Wird in Wien die Untersuchungshaft rigoroser verhängt oder in Graz geringer? – Ich bitte wirklich darum, daß wir in dieser Hinsicht in Zukunft doch einheitlichere Werte bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Als fünften und letzten Punkt möchte ich ein Thema ansprechen, das bereits mehrere Redner angeschnitten haben, nämlich das Drogenproblem. Gerade in meinem Bundesland konnte zwar ein Rückgang der Zahl der Anzeigen nach dem Suchtgiftgesetz registriert werden – 18,6 Prozent, das wurde schon gesagt –, meiner Ansicht nach erschreckend ist jedoch die Tatsache, daß die Zahl der Straftaten der 14- bis 19jährigen dramatisch anstieg. Waren es 1994 53 Jugendliche, die als Tatverdächtige ermittelt wurden, so waren es 1995 85 Jugendliche. Das ist eine Steigerung von 60 Prozent. Bei den 16- bis 18jährigen stieg die Zahl von 18 Tatverdächtigen auf 44 – eine Steigerung um 144 Prozent!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind alarmierende und besorgniserregende Zahlen. Wenn wir nicht alles versuchen, unsere Jugend vor der Drogengefahr zu bewahren, so steht unsere Gesellschaft meiner Meinung nach vor einer ernsten Bedrohung. Ich kann daher dem Sicherheitsbericht in einem Punkt nicht zustimmen, nämlich wenn es auf Seite 168 heißt, daß bei der Betrachtung der in Österreich erstatteten Anzeigen nach dem Suchtgiftgesetz nach Altersgruppen "keine gravierenden Veränderungen" festgestellt werden. Es geht meiner Ansicht


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nach nicht um die Zahl der Anzeigen – so ehrlich müssen wir sein! –, sondern es geht um die Zahl der tatsächlichen Vorkommnisse, es geht um die Ereignisse, es geht um die Tatverdächtigen, und diese Zahlen sind in ihrer Vielfalt wesentlich höher als die hier angegebene Zahl.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir von der ÖVP werden alles tun, um die Jugend vor diesen Gefahren zu schützen. Ich möchte festhalten, daß dort, wo die Familie, die soziale Struktur intakt ist, wo man sich um die Jugendlichen kümmert, die Drogengefahr wesentlich geringer ist.

Zum Abschluß möchte ich ganz kurz auf die Ausführungen der Frau Stoisits und auch auf die des Herrn Barmüller eingehen. Für mich – und ich glaube, auch für die ÖVP – ist der Täterschutz sehr wichtig, aber letzten Endes ist der Opferschutz wichtiger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.29

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe hier nicht den heutigen "Kurier", wie der eine oder andere glauben mag, sondern den vom 14. August, und damit möchte ich mich auseinandersetzen. (Abg. Wallner hält eine Ausgabe des "Kurier" in die Höhe.) Es geht nichts über eine gute Pressearbeit; Redaktionsschluß ist schon früh, lieber Kollege. Es nützt mir also nichts, wenn ich jetzt etwas absetze, denn es kommt nicht mehr hinein. Beachte das in Zukunft, vielleicht bist du dann öfters in der Zeitung. Aber du kannst es ja nachlesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich möchte mich mit den Aussagen jener Vorredner auseinandersetzen, die sich darüber gefreut haben, daß die Kriminalität zurückgeht, vor allem auch die Drogenkriminalität in manchen Bereichen.

Wir dürfen uns bitte nicht selber in den Sack lügen. Ich zitiere den "Kurier" vom 14. August. Da heißt es unter anderem: "Bisweilen lügt die Statistik". Glaubt man. "Laut Jahresbericht des Innenressorts gab es 1996 wegen Suchtgiftdelikten um rund 24 Prozent mehr Anzeigen als im Vorjahr. Die Drogenkriminalität ist auf den ersten Blick gestiegen. Doch diese Zahl täuscht. In Wahrheit ist die organisierte Drogenkriminalität rückläufig." Und das muß man sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen: "1996 wurden um 12 Prozent weniger Drogenhändler erwischt als 1995." Das heißt, nicht die Kriminalität geht zurück – erwischt werden weniger, und schon freuen wir uns darüber, daß die Kriminalität zurückgegangen sei.

Es liegen die Dinge in Österreich nicht so, daß man sagen könnte, die Drogenkriminalität explodiert. Aber zu Euphorie, wie wir sie durchklingen hören konnten, besteht jedenfalls kein Anlaß.

Ich bleibe gleich bei dem Artikel. Die neue "Strafrechtsministerin" Hostasch befaßt sich nun mit der Bekämpfung der Drogenkriminalität. – Ich kann nur einmal mehr sagen, so wie ich es schon seinerzeit bei der Suchtgiftregelungs-Novelle zum Ausdruck gebracht habe: Es erscheint mir absurd, daß das seinerzeitige Suchtgiftgesetz jetzt auf einmal "Suchtmittelgesetz" heißt und daß ein Gesetz, in dem es um Schwerstkriminalität geht, mit einer Höchststrafdrohung von 20 Jahren, auf einmal nicht mehr zum Herrn Justizminister ressortiert, sondern zur Frau Gesundheitsministerin. Es wurde ja auch die Vorlage damals von der Gesundheitsministerin erstellt. Das ist genau jene optisch-politische Verniedlichung und Romantisierung, die wir alle miteinander bekämpfen sollten und bekämpfen müssen. Das gehört nicht ins Gesundheitsressort, sondern das gehört ins Justizressort! Das gehört von den dortigen Fachleuten behandelt und nicht von den Gesundheitsleuten in einem Ressort, das damit nichts zu tun hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darum kommt es auch zu solchen Schlüssen, wie sie die Frau Ministerin zum besten gibt. Sie sagt, man darf sich nicht mit den kleinen Dealern auseinandersetzen und sich nicht darum bemühen, diese dingfest zu machen, sie zu bekämpfen, sondern es geht vielmehr um Konzentration auf die organisierte Drogenkriminalität: Um die großen Fische muß man sich kümmern


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und nicht um die kleinen. – Das wissen die Polizeibeamten, das wissen die Staatsanwälte, das wissen die Richter schon lange! Aber leider ist es so, daß die großen Fische sich nicht darum drängen, an die Angel oder ins Netz zu gehen. All jene, die sich mit dieser Problematik schon länger und professioneller befassen, wissen längst, daß man die Drogenkriminalität wie jede andere Form der Kriminalität auch auf allen Ebenen nachhaltig bekämpfen muß. Man darf nicht dem untergeordneten Dealer das Gefühl geben, daß sich nach den Intentionen der jetzt zuständigen Frau Gesundheitsministerin eh niemand um ihn schert, alle den großen Fischen nachjagen, die man so schwer erwischt, sodaß er sich mehr oder weniger berechtigt in Sicherheit wiegen kann. Man muß auf allen Ebenen entsprechend einschreiten. Lassen Sie sich bitte von einer materiell nicht zuständigen Ministerin, die nur formell in diese Materie geraten ist, nicht das Gegenteil einreden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich gebe Vorrednern recht, die den Standpunkt vertreten haben, daß die Kriminalitätsrate bei den Gastarbeitern nicht höher ist als bei den Österreichern. Das ist zweifellos richtig. Trotzdem sind weite Bereiche, vor allem der Schwerkriminalität, fest in ausländischer Hand. Einige Zahlen, man kann sie schon nachlesen, sprechen eine sehr deutliche Sprache. Es ist tatsächlich so, daß in Österreich von 100 Häftlingen 24 Ausländer sind – in Wien im legendären Grauen Haus sogar ein Drittel – und 41 Prozent aller Untersuchungshäftlinge in Österreich ausländischer Provenienz – 41,3 Prozent genau. Also etwas locker gesprochen ... (Abg. Wallner zeigt eine Ausgabe des "Kurier".) Du kannst es nachlesen. Stimmt es? Ist es richtig gedruckt? – Wunderbar. Danke.

Das heißt, es steht schon in der Zeitung, und was in der Zeitung steht, ist ja immer richtig. Das heißt, 41,3 Prozent, fast jeder zweite Untersuchungshäftling, ist ausländischer Provenienz.

In ganz Österreich werden in den Justizanstalten unter den Häftlingen 74 Sprachen gesprochen, 74 Sprachen! Das zeigt ein deutliches Bild. Rechnen Sie sich bitte aus, was das für die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Anstalten bedeutet, was für eine Belastung für die Mitarbeiter dort, für jeden einzelnen Justizwachebeamten ist, wenn es Häftlinge sonder Zahl gibt, die sich in allen möglichen Sprachen unterhalten, und keiner weiß, was sie sagen, Sprachen, für die es in Österreich nicht einmal Dolmetscher gibt, die sich damit befassen.

Nebenbei: Was das kostet, wenn zu Strafverhandlungen etwa bei größeren Einbruchsserien für sieben, acht, neun Beschuldigte fünf oder sechs Dolmetscher beschäftigt werden müssen – einer für die russische, einer für die serbokroatische, einer für die rumänische, einer für die tschechische Sprache und so weiter –, welch Vermögen das kostet, brauchen wir uns nicht zu fragen. Das ist tatsächlich eine sehr hohe Summe.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang noch mit einem kleinen Problem auseinandersetzen. Mir fehlt in der ... (Abg. Schwemlein: Wie heißt die Lösung?) Die Lösung heißt, daß wir weniger Kriminelle hereinlassen und mehr Kriminelle abschieben und sie nicht bei uns durchfüttern. Ein bißchen rigider müssen wir sein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Wenn wir sie schon erwischt haben!) Ich sage es dir gleich, wart ein bißchen!

Es nützt überhaupt nichts, jemanden wegen einer strafbaren Handlung aus dem Land zu befördern, wenn er beim anderen Grenzübergang wieder hereinkommt, weil die Exekutive mit ihren schwachen Kräften die Situation nicht im Griff hat, ja gar nicht im Griff haben kann. (Abg. Schwemlein: Das ist ja nicht das Problem!) Ich erzähle dir dann, wenn das rote Licht für uns beide nicht mehr gilt, aus meiner Praxis Fälle, wie die Leute bei einem Türl hinausgeschoben werden und beim anderen Türl wieder hereinkommen. Laß dir das von Leuten sagen, die sich ein bißchen auskennen dabei!

Ich wünsche mir noch etwas: Ich wünsche mir, daß es endlich eine Rückfallstatistik gibt, die auch veröffentlicht wird. Ich kann mich erinnern, vor zehn, zwölf Jahren hat es noch keine gegeben. Ich habe mich bemüht, sie einzuführen. Man hat danach getrachtet, sie auf die Beine zu stellen. Ich frage nach dem Schicksal dieser Bemühungen, ich frage danach, ob es derzeit eine griffige Rückfallstatistik gibt, und ich rate, sie das nächste Mal im Sicherheitsbericht mit zu veröffentlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.37


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.37

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als der 19. Redner zum selben Thema möchte ich keine Wiederholungen bringen; ich möchte mich wirklich sehr kurz fassen.

Ich freue mich über die internationale Beurteilung, über die Spitzenwerte, die wir in den Bereichen Sicherheit und Aufklärung bekommen haben. Und ich verstehe schon, daß die Opposition kritisiert, selbstverständlich. Das ist das Grundrecht der Opposition. (Abg. Dr. Ofner: Ich rede ja bei den Gastwirten auch nicht mit!) So sehe ich das auch; ich nehme es zur Kenntnis.

Wir ergehen uns nicht in Euphorie, keine Frage, aber wir sind doch froh darüber und freuen uns, daß es so läuft.

Ich möchte meinem Innenminister recht herzlich zu seinem Erfolg gratulieren. Gleichzeitig nutze ich diese Gelegenheit, auch seinen Vorvorgänger Löschnak hier zu erwähnen – damit nicht der Eindruck entsteht: aus den Augen, aus dem Sinn –, denn dieser hat letztendlich den Grundstein für die derzeitige Politik gelegt. Meine Damen und Herren, ich erinnere an folgendes: Die Diskussionen über die Postenzusammenlegungen, die Sektorstreifen und so weiter haben dieses Haus sehr bewegt, und vor allem Vertreter der Opposition haben so getan, als ob die Sicherheit auf einen Schlag nicht mehr gegeben wäre. – Nichts ist passiert, die Sache funktioniert einwandfrei! (Beifall bei der SPÖ.) Wenn man sich alles vor Ort ansieht, dann wird man draufkommen, wie gut das war und wie unberechtigt all jene Vorwürfe gewesen sind.

Schauen Sie sich die Bekleidung an, die Bewaffnung, die Einrichtungen in den Posten: Das alles sind Erfolge, über die man sich freuen kann. Wir freuen uns jedenfalls schlicht und einfach darüber, das möchte ich einmal mehr hier gesagt haben.

Ein Blick in die Zukunft: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im "Kurier" von heute steht, daß Geldstrafen für Raser empfindlich erhöht werden. Ich halte das für eine sehr, sehr gute Maßnahme. Die Raser auf der Autobahn, die Rechtsüberholer werden in letzter Zeit direkt zur Seuche! Als ich das letzte Mal nach Wien gefahren bin, haben mich 14 Autos auf der rechten Seite überholt. Das beginnt geradezu zu einem Kavaliersdelikt zu werden, genauso wie das Ignorieren der Sperrlinien! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Selber rechts fahren!) Ich bin mein Tempo gefahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber auch das aufnehmen, was der Herr Bundesminister im Zusammenhang mit den Gemeindewachkörpern gesagt hat. Einmal mehr hat es mich sehr gefreut, daß er diese Gemeindewachkörper für die Zukunft so positiv bewertet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich richte hier – wie allemal – meinen Dank an die Exekutivbeamten, an die Landesgendarmeriekommanden, aber auch an die Stabsstellen im Ministerium. Auch dort wird Knochenarbeit geleistet, dort wird viel gearbeitet, und das ist auch der Grundstein für diesen Erfolg. Ich bin stolz darauf, daß diese sieben Jahre, in denen ich hier im Hause die Sicherheitspolitik unter sozialdemokratischer Führung mitbestimmen konnte, für die Sicherheit in Österreich sieben gute Jahre gewesen sind! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Sicherheitsbericht beschäftigt sich im Bereich der Wirtschaftskriminalität ausschließlich mit Geldwäsche. Ich denke, daß da


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ein Defizit vorliegt. Sicherlich sollte auch professionell organisierte Steuerhinterziehung ein Teil des Berichtes sein, oder beispielsweise auch Wertpapierbetrug, Kreditbetrug, Immobilienbetrug. Da gäbe es noch einiges mehr.

Herr Innenminister! Ich meine, daß die personelle Besetzung der Wirtschaftspolizei ganz offensichtlich unzureichend ist. Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf einige Vorgänge und Geschäftsabwicklungen in Oberösterreich zu richten, die, wie ich meine, auch für Sie von Bedeutung sind. Ich spreche jetzt von der WTK, der Wolfseck-Traunthaler Kohlenwerks GmbH. Es handelt sich hiebei um ein Bergbauunternehmen, bei welchem im Jahre 1994 ein Vertrag mit den oberösterreichischen Kraftwerken betreffend die Kohlelieferungen nach Timelkam auslief. Dieses Unternehmen – das wurde durch Gutachten festgestellt – konnte nicht mehr wirtschaftlich geführt werden.

Dieses Unternehmen wurde in Liquidation geführt, und jener, der seit dem Jahre 1985 bis zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer dieses Unternehmens war, war auch einer der beiden Liquidatoren. Im Zuge dieser Liquidation wurden einige Grundverkäufe, allerdings kleineren Ausmaßes, bezogen auf das Gesamtmaß der Grundstücke, durchgeführt, sodaß rund 500 Hektar bei dieser in Liquidation befindlichen GmbH verblieben.

Die Liquidationsbilanzen, die Aktiva- und Passiva-Bewertungen, scheinen mir persönlich nicht ganz schlüssig und nicht ganz richtig zu sein. Ich zweifle die Höhe der festgelegten Aktiva und Passiva an, ich zweifle die Höhe der Bemessung der Grundstückswerte an, und ich zweifle die Bemessung für die Rückstellungen – Stichwort: Bergbauschäden – ebenso an. Das heißt: Die Aktiva wurden entsprechend niedrig und die Passiva entsprechend hoch bewertet, sodaß es letztlich zu einem Liquiditätskapital von 16,7 Millionen Schilling kam.

Dann kam ein Angebot, und zwar stellte der ehemalige Geschäftsführer und Liquidator selbst ein Angebot, um diese in Liquidation befindliche Firma, die Wolfseck-Traunthaler Kohlenwerksgesellschaft, zu kaufen, und er erhielt auch den Zuschlag. Es hat ihn offensichtlich das Bergbaufieber wieder gepackt; das kann sein. Es ist festzustellen, daß der Bergbau offensichtlich wirtschaftlich wieder weiterbetrieben werden kann. (Abg. Kiss: Kollege Hofmann! Ich frage Sie: Was hat das mit dem Sicherheitsbericht zu tun? – Abg. Dr. Krüger: Das ist Wirtschaftskriminalität!)

Tatsache, Herr Innenminister, ist jedenfalls, daß ich Unterlagen darüber habe, daß während der Liquidation mit dem Liquidator Dr. Schabel ein Angebot unterbreitet wurde, das für einen verhältnismäßig kleinen Teil des Areals und das Doppelte ausgemacht hat, als es letztlich der Summe entsprach, die beim Kaufabschluß festgelegt wurde. Das Angebot betrug rund 40 Millionen Schilling für 100 Hektar dieses Areals; dem gegenüber steht der Kauf dieses Unternehmens um 20 Millionen.

Aber nicht genug der Dinge: Bergbauförderung – und deswegen erscheint auch der Bergbau wiederum besonders wirtschaftlich und sinnvoll – ist im Ausmaß von 36 Millionen Schilling für den Zeitraum von 1996 bis 1998 im Abtretungsvertrag zu finden. Und um den Bergbau tatsächlich auch betreiben zu können, bedarf es ja auch einiger Abnehmer, und diese Abnehmer gibt es auch. Es gibt Deputate im Ausmaß von rund 2 000 Jahrestonnen für die ehemals bei der WTK Beschäftigten, die nun jenes Unternehmen, das die Gesellschaftsanteile abgelöst hat, wieder fördert. Diese Verpflichtung, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Herr Minister, wurde beim Kauf der Anteile aus der ÖBAG Bergbauholding nicht übernommen, sondern diese Verpflichtung verblieb bei der ÖBAG, und die Schabel-Beteiligungsgesellschaft, die Käuferin, wurde beauftragt, dieser Deputatsverpflichtung beziehungsweise der Lieferung hiefür nachzukommen. Abgesehen davon, daß noch eine ganze Menge anderer Möglichkeiten vom Schotterabbau angefangen über die Filetierung und so weiter bestehen ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Ein gewisser Zusammenhang mit der Thematik des Sicherheitsberichtes sollte allmählich erkennbar werden. Ich bitte Sie, dies zu beachten! (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)


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Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann
(fortsetzend): Ich erlaube mir, den Zusammenhang darzustellen (Zwischenruf des Abg. Koppler ): Ich habe davon gesprochen, daß die personelle Besetzung im Bereich der Wirtschaftspolizei zu gering ist und ich davon ausgehe, daß es durchaus Sinn machen würde, verschiedenen Geschäftsabwicklungen auch seitens der Wirtschaftspolizei nachzugehen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt noch viele, viele in diesem Zusammenhang sehr erwähnenswerte Vorgänge, etwa die Tatsache, daß ein Teil des Gebietes im Ausmaß von rund 70 000 Quadratmetern an die Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte um 1 S verkauft wurde. Der Abbau der Gleisanlagen ist mit der Stillegung oder dem Verkauf verpflichtend vorgeschrieben, wenn keine Notwendigkeit für eine Gleisanlage mehr gegeben ist und deren Nutzung nicht mehr besteht. Nun ist die ÖGEG, die Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte, ein Verein, Besitzer. Die Schienen werden nicht abgebaut, die Kosten hierfür von 17 Millionen Schilling werden eingespart, sie kommen nicht zum Tragen, zumindest nicht für den neuen Besitzer dieses Unternehmens.

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ist die Frage nach den Haftungen zu stellen. Im Abtretungsvertrag ist festgehalten, daß die Haftungen mit 30. Juni 1999 auslaufen, daß dann keine Übertragungsverpflichtung mehr besteht. – Ich sage Ihnen bereits heute, daß Haftungen, so sie schlagend werden, auf Kosten der Bürger gehen werden, auf Kosten des Steuerzahlers, der diese Zeche wiederum zu bezahlen hat.

Wenn am 24. Mai 1995 der letzte Hunt aus dem Stollen gefahren ist und – wie in der Zeitung zu lesen ist – sich nur die Bonzen im Zelt zur Feier versammelt und gequält zur Musik gelächelt haben, während die Kumpels, die herausgefahren sind, Tränen in den Augen hatten, dann bin ich der Meinung, daß man nicht auf diese Art und Weise zur Tagesordnung übergehen kann, sondern daß dieser Sache nachzugehen ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Denn es ist gewiß nicht alles mit rechten Dingen zugegangen und rechtens abgelaufen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Koppler und Dr. Karlsson.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es freut mich, wenn Sie wieder etwas munterer geworden sind, und ich freue mich, daß Sie sich für meine Rede so sehr interessiert haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Sicherheitsbericht gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.50

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Verkehrstechnisch gesehen waren die zwei letzten Reden meiner Vorgänger sehr problematisch. Herr Abgeordneter Kiermaier hat gemeint, er sei Linksfahrer auf der Autobahn und werde pausenlos rechts überholt. – Dazu möchte ich festhalten: Man müßte normalerweise rechts fahren, denn auch die Linksfahrer auf der Autobahn werden nach diesem Artikel gestraft, auch denen geht es an den Kragen! Sie waren auf der falschen Spur! (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Sie waren auf dem Pannenstreifen!) Ja, das war eine Panne von Ihnen! (Heiterkeit.)

Herr Abgeordneter Hofmann ist offenbar in den Tunnel hinein gefahren, jedoch verkehrstechnisch nicht mehr herausgekommen. Auch das kann passieren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich nun dem Sicherheitsbericht zuwenden: Ich meine, daß dieser Bericht sehr umfassend ist und viele Statistiken enthält. Das ist das Positive. Das Negative daran, Herr Minister – das wurde von Ihnen auch schon betont –, ist, daß die Zahlen aus dem Jahre 1995 und zum Großteil überholt sind.

Als Burgenländer möchte ich mich dem Thema Grenzschutz widmen. Man muß sich das auf der Zunge zergehen lassen: Österreich hat 1 460 Kilometer EU-Außengrenze, von dieser EU-


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Außengrenze befinden sich zirka 400 Kilometer im Burgenland. Es gibt tagtäglich Schlagzeilen betreffend illegale Grenzübertritte. Ich kann Ihnen das anhand verschiedener Meldungen beweisen. So wird heute beispielsweise in der "Kronen Zeitung" gemeldet: "Illegaler lag im Kofferraum". – Jeden Tag gibt es ähnliche diesbezügliche Überschriften, es werden immer mehr, und das Burgenland ist beim Aufgreifen Spitzenreiter geworden.

In einem Artikel wird nachgewiesen, daß es innerhalb eines halben Jahres 2 429 Aufgriffe allein im Burgenland gab! – Das zeigt, wie wichtig es ist, daß unsere Grenze vom Bundesheer, von der Gendarmerie, aber auch vom Zoll kontrolliert und geschützt wird. Ich bin daher froh darüber, daß es diesen Grenzdienst gibt, daß dieser sukzessive ausgebaut und modernisiert wird. Heute ist der Hubschrauber in Eisenstadt vorgestellt worden, mit welchem unsere Grenze kontrolliert werden wird. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie leben auch auf gefährlichem Terrain!) Sie können nicht darüber reden, höchstens theoretisch, weil Sie in Wien wohnen und daher von diesen Problemen nur theoretisch eine Ahnung haben! Das muß man einmal sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie aber hinausfahren und sich das ansehen oder so wie ich an der Grenze im Burgenland leben, dann wissen Sie, was das bedeutet! Sie können hier gar nicht mitreden! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich bin ununterbrochen dort! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich bin sicher, Herr Minister, daß dort bald auf 3 000 Mann aufgestockt werden wird.

Ein Wermutstropfen, Herr Minister, sind die 60 im Vorjahr und 41 heuer gestrichenen Dienstposten bei der Gendarmerie allgemein, wovon auch die Kriminalabteilung betroffen ist. Das tut weh! – Sie haben in einem Artikel gemeint, das wäre ein Erbe der Vergangenheit. – Ich möchte nur betonen: Dieses Ressort war bisher immer mit SPÖ-Ministern besetzt!

Sie haben richtigerweise zwei Schwerpunkte formuliert, die in engem Zusammenhang mit den illegalen Grenzübertritten zu sehen sind, nämlich die organisierte Kriminalität – die Zahl der Schlepper nimmt zu – und damit verbunden auch die Suchtgiftkriminalität. All diese Probleme bedürfen großer Anstrengung, sie zu lösen. (Abg. Scheibner: Dann tun wir doch etwas!) Es ist daher unverständlich, Herr Abgeordneter Scheibner, daß zum Beispiel einer von Ihnen hier vorschlägt, eine Art "Bürgerwehr" ins Leben zu rufen. Wissen Sie überhaupt, was eine Bürgerwehr ist, haben Sie eine Ahnung, was das sein sollte? Ich glaube nicht! Das wäre doch eine Art Selbstjustiz, und das entbehrt wirklich jeder gesetzlichen Grundlage! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie verwechseln Selbstschutz mit Selbstjustiz!)

Ich habe mir einen Artikel aus dem "Standard" heraussuchen lassen, in welchem berichtet wird, daß es in der Bezirksstadt Gmunden offenbar eine derartige Schutztruppe gibt, die von Ihnen aufgestellt wurde. Ich lese Ihnen das vor – ich zitiere –:

"Derzeit finanziert die FPÖ beispielsweise in der oberösterreichischen Bezirksstadt Gmunden einen privaten Wachdienst, um der Bevölkerung das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Seit die Privatsheriffs zwischen 23 und 4 Uhr früh durch die Stadt ziehen, soll die Nachtruhe aber mehr gestört sein als vorher, weil die Wachmänner nicht ganz voll genommen und häufig mit Gelächter konfrontiert werden sollen."

Das ist Ihre Auffassung von Sicherheitspolitik: Das ist die Auffassung einer Altpartei, wie es die Freiheitlichen eben sind! Das ist nicht unsere Politik! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Du bist in der Regierung: Was schlägst du vor?)

Unsere Politik steht für stärkeren Staat, für motiviertere Exekutive und für sichere Bürger. Und diese Politik wollen wir auch in Zukunft realisieren! (Beifall bei der ÖVP.)


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20.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Madl gemeldet. – Die Geschäftsordnungsbestimmungen sind bekannt, und ich bitte, diese einzuhalten.

20.57

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner hat behauptet, daß ein privater Sicherheitsdienst in Gmunden mehr Gelächter hervorrufe, als Sicherheit vermittelt werde. Diese Behauptung ist unrichtig. (Abg. Kiss: Er hat zitiert! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Richtig ist vielmehr: Seitdem der von der FPÖ bezahlte private Sicherheitsdienst Samstag und Sonntag seinen Dienst versieht, sind Zerstörungen zurückgegangen, die Bevölkerung von Gmunden ist sehr zufrieden – und von Gelächter kann weit und breit keine Rede sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ... (Abg. Mag. Steindl: Ich möchte eine persönliche Erwiderung machen!) Herr Abgeordneter! Eine tatsächliche Berichtigung auf eine tatsächliche Berichtigung ist nicht möglich, und persönlich sind Sie nicht angesprochen worden! (Abg. Dr. Fekter: Er kann sehr wohl eine persönliche Erwiderung machen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bitte um Aufmerksamkeit für Frau Abgeordnete Parfuss!

20.59

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Geschätzte Bundesminister! Meine Damen und Herren! – Ich hoffe, Sie haben sich nun wieder beruhigt!

Wir haben zu diesem Tagesordnungspunkt den Sicherheitsbericht betreffend ein breites Feld diskutiert. Ich habe den Rednern der Opposition genau zugehört; es ist ja sehr viel gesagt worden. Als ich den Abgeordneten der Freiheitlichen zuhörte, habe ich den Eindruck gewonnen, daß ihre Parole lautete: Was Unsicherheit, Angst und Bedrohung ist, bestimmen wir Freiheitlichen. (Abg. Scheibner: Wo haben Sie das wieder her? – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Beweise dafür gibt es genug in Ihren Reden! Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Bei allem Respekt vor Ihrer Person muß ich sagen: Das Bedrohungsszenario, das Sie heute gezeichnet haben, hat wirklich alle "Stückl" gespielt – jedoch wider die vorliegenden Fakten, die im Bericht stehen. Ich muß mich schon sehr wundern! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Lesen Sie doch den Sicherheitsbericht!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe zwei Botschaften von Ihnen vernommen: Erstens: Österreich wird immer unsicherer. Zweitens: Die Mafia treibt ihr verderbliches Unwesen in Österreich. – Der vorliegende Sicherheitsbericht – er liegt Ihnen doch vor! – belegt mit Zahlen einen deutlichen Rückgang der Zahl gerichtlich strafbarer Handlungen und auch Verbrechen. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Auch die Tendenz ist rückläufig, das ist ja das Schöne daran! Richtig ist: Österreich wird sicherer, während in allen anderen westlichen Staaten die Kriminalität zunimmt. Daher hört es sich auch übertrieben an, Frau Partik-Pablé, wenn Sie von Massenkraftfahrzeugverschiebungen der türkischen Mafia hier in Österreich sprechen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das steht ja im Sicherheitsbericht!)

Daher an die Kollegen von den Freiheitlichen: Lassen wir doch die Kirche im Dorf! (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Natürlich gibt es ähnliche Delikte! (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Hören Sie mir zu! Ein internationaler Vergleich beweist, daß die österreichischen Kraftfahrzeugbesitzer am sichersten sein können. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe lediglich aus dem Sicherheitsbericht zitiert!)

Bitte hören Sie mir doch einmal zu! Werden europaweit von 1 000 zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen 9,5 Fahrzeuge gestohlen, so sind es in Österreich nur 1,4! In Großbritannien sind es 22, in Frankreich 11,4, in Italien 10,2, in Deutschland 3,2, in Österreich nur 1,4! Diese


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Zahlen, geschätzte Damen und Herren von den Freiheitlichen, sprechen doch für sich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Reden Sie doch nicht von der türkischen Mafia, die in Österreich ihr Unwesen treibt! Das ist doch nur ein Schüren von Ängsten.

Geschätzte Damen und Herren! Ich bin froh darüber, daß sich unsere Bürgerinnen und Bürger kein X für ein U vormachen lassen, wiewohl Sie sich redlich darum bemühen! (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Eine EU-Umfrage der EU-Kommission ist äußerst interessant. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollten sich den Sicherheitsbericht einmal anschauen!) Hören Sie doch zu! Die genannte Umfrage besagt, daß sich die Österreicherinnen und Österreicher weniger bedroht fühlen als andere Europäer.

Unter dem Aspekt politischer Panikmache hat auch mein Vorredner, Herr Mag. Steindl, darauf hingewiesen – im Burgenland ist ja bald, glaube ich, Gemeinderatswahl, ist das richtig? (Abg. Mag. Steindl: Ja!)  –, daß der freiheitliche Gemeindevorstand von Deutschkreutz eine Bürgerwehr und eine landesweite Unterschriftenaktion gegen Kriminalität fordert. Was soll das bedeuten? – Das ist so eine No-na-Aktion: Wer wird denn für Kriminalität sein? In der Psychologie nennt man diese Art der Agitation, wie sie von Ihnen kommt, und zwar bis in die kleinste Gemeinde, eine "sich selbst erfüllende Prophezeiung": Man trommelt das Unglück so lange herbei, bis es sich endlich ereignet. Dann kann man sagen: Wir haben ja ohnehin immer darauf hingewiesen. Das ist ja fast Paranoia! Aber im Fall der Freiheitlichen handelt es sich nur um politisches Kalkül. (Abg. Rosenstingl: Welcher Sekretär hat Ihnen das geschrieben?) Wir wissen es doch: Es kommen Gemeinderatswahlen – Ihre Vorgangsweise ist verwerflich, unmoralisch und unverantwortlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das Licht hier beim Rednerpult leuchtet schon. Ich möchte mich daher zum Schluß bei Herrn Bundesminister Schlögl für das heutige Bekenntnis bedanken, in den Bereichen Gewalt in der Familie, sexuelle Gewalt und Mißbrauch von Jugendlichen und Kindern und Drogenkonsum Schwerpunkte zu setzen. Es wäre wünschenswert, wenn wir in diesen Bereichen Erfolge den nächsten Sicherheitsberichten entnehmen könnten! (Beifall bei der SPÖ.)

21.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl: Zweite Wortmeldung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.03

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Da jetzt das Plenum vollzählig versammelt ist, möchte ich nochmals auf die Behauptung der Kollegin Madl von der Freiheitlichen Partei replizieren.

Im "Standard" vom 3. September 1997 ist unter dem Titel "Ideen für Bürgerwehren oder Privatsheriffs kommen oft von rechts" zu lesen – ich zitiere –:

"Im Innenministerium kennt man derartige Selbstschutzvorschläge schon. Nicht selten kämen sie aus der Richtung der FPÖ, so ein Sprecher. Derzeit finanziert die FPÖ beispielsweise in der oberösterreichischen Bezirksstadt Gmunden einen privaten Wachdienst, um der Bevölkerung das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln." (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) "Seit die Privatsheriffs zwischen 23 und 4 Uhr durch die Stadt ziehen, soll die Nachtruhe aber mehr gestört sein als vorher, weil die Wachmänner nicht ganz voll genommen und häufig mit Gelächter konfrontiert werden sollen." – Zitatende.

Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wollten Sie uns jetzt beweisen, daß Sie lesen können?)

21.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.


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Ein Verlangen von seiten der Berichterstatter betreffend ein Schlußwort liegt nicht vor.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Es wird abgestimmt über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, den vorliegenden Bericht III-82 und Zu III-82 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieser Berichte eintreten, um Zeichen der Zustimmung. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Leikam, Kiss, Partik-Pablé, Anschober und Kier betreffend die Berichterstattung des Bundesministers für Inneres über die Anwendung des Schengener Durchführungsübereinkommens.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Antrag, da auch Abgeordneter Wabl offenbar zustimmt, einstimmig angenommen ist. (E 84.)

Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht des Bundesministers für Inneres (III-83 der Beilagen) über den Zivildienst und die mit ihm zusammenhängende finanzielle Gebarung für die Jahre 1995 und 1996 (773 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Ein Verlangen auf Berichterstattung liegt nicht vor.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Die freiwillige Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.07

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Zivildienstbericht ist der erste nach der Beschlußfassung der wahrscheinlich endgültigen Zivildienstreform. – So ganz sicher kann man bei Ihnen ja nie sein, da wir fast jährlich eine andere Regelung über den Wehrersatzdienst hier im Haus diskutiert haben.

Es ist ganz interessant, jetzt einmal ein Resümee über diese beiden Berichte zu ziehen, denn wenn man sich daran erinnert, wie diese Zivildienstgesetz-Novelle von beiden Ressorts, sowohl vom Innenressort als auch vom Verteidigungsressort, hochgejubelt worden ist, dann muß man sich doch die Zahlen ansehen.

Verteidigungsminister Fasslabend hat gesagt, daß er mit dieser Reform genug Grundwehrdiener für seine Heeresgliederung Neu bekomme. Erinnern Sie sich: Die Grenze dafür waren 6 000 Zivildiener im Jahr. Das war immer die magische Grenze, die nicht überschritten werden durfte, da sonst die Zahl der Grundwehrdiener zu gering gewesen wäre. Also wurde diese Reform hochgejubelt: Jetzt ist alles erledigt!

Nun, wie schauen die Zahlen aus, meine Damen und Herren? – Es gab nach dem Hoch von fast 15 000 Zivildienstmeldungen im Jahre 1994 tatsächlich einen scheinbaren Einbruch im Jahr 1995 auf 5 986 Zivildienstmeldungen, scheinbar deshalb, weil die Übergangsregelungen, die zu diesem Anwachsen der Zivildiensterklärungen geführt hatten, ausgelaufen sind. Die Meldungen für den Zivildienst lagen ganz knapp unter der Sechstausendergrenze, mit der der Zivildienst nach der alten Regelung automatisch auf zwölf Monate erhöht worden wäre.


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Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! 1996 haben wir allerdings plötzlich wieder einen Anstieg der Zivildienstmeldungen von 12 Prozent. Kollege Maitz! Was sagt Ihr Verteidigungsminister jetzt dazu? Jetzt sind wir plötzlich wieder über dieser magischen Grenze, die er selbst als das absolute Höchstmaß an Zivildienern angesehen hat, um die militärische Landesverteidigung aufrechtzuerhalten.

Wir hatten 6 700 Zivildienstmeldungen im Jahre 1996. Meine Damen und Herren! Warum lege ich auf diese Feststellung so großen Wert? Sie wissen, wir haben derzeit noch – darüber kann man diskutieren, ob es weiterhin sinnhaft ist – eine Verfassungslage, wonach jeder männliche Staatsbürger, der tauglich zum Wehrdienst ist, diesen auch ableisten muß. Wir haben eine allgemeine Wehrpflicht, und nur dann, wenn es Gewissensgründe gibt, die er glaubhaft machen muß, ist es ihm möglich, einen Wehrersatzdienst zu leisten. Die Einsatzgebiete, in welchen dieser Wehrersatzdienst zu leisten ist, sollten im Bereich der umfassenden Landesverteidigung und im Sozialbereich liegen.

Herr Bundesminister! Die Übersicht über die Einsatzgebiete zeigt schon, daß von dem verfassungsgemäßen Auftrag, daß es sich beim Zivildienst um einen Wehrersatzdienst im Bereich der umfassenden Landesverteidigung handelt, nicht mehr viel übriggeblieben ist. Zwar gibt es zahlreiche Dienste in Spitälern, bei karitativen und sozialen Einrichtungen, die selbstverständlich hoch zu schätzen sind. Dort wird wirklich – das sei auch von unserer Seite ausdrücklich ausgesprochen – wichtige Arbeit für die Gesellschaft geleistet. Daneben aber gibt es eine Reihe von Diensten und Einsatzgebieten, die nicht diesen Kriterien entsprechen, so zum Beispiel Hilfsdienste in Büros sowie Einsätze als Schülerlotsen oder Zivildiener in Ihrem Ministerium, Herr Innenminister. Wo ist dort der Ansatz der umfassenden Landesverteidigung, des Wehrersatzdienstes oder der sozialen Komponente zu finden? Das reicht bis hin zu dem im Ausschuß schon zitierten Einsatzgebiet bei Radio Mosambik.

Herr Innenminister! Sie haben zwar gesagt, es gebe derzeit keinen Zivildiener bei Radio Mosambik, aber ich frage mich, wie diese Einrichtung überhaupt zu einer anerkannten Trägerorganisation werden konnte und warum sie sich um österreichische Zivildiener im Bereich der umfassenden Landesverteidigung und des Sozialbereiches bewerben kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist ein aussagekräftiges Beispiel dafür, wie dabei teilweise Schindluder getrieben wird.

Immer wieder wird argumentiert, daß man in diesem Bereich nicht wirklich kürzen könne. Das haben Sie jetzt auch wieder bemerkt, da Sie Einsparungen vornehmen wollten. Denn, so hört man immer wieder, wir brauchen genau diese Anzahl von Zivildienern, sonst bricht das gesamte Sozialsystem zusammen. – Wie sieht es wirklich damit aus, daß "das Sozialsystem zusammenbricht"?

Meine Damen und Herren! Es gibt derzeit, im Jahr 1997, etwa 8 000 Zivildienstplätze, die auch besetzt sind. Bevor die Regelungen zur Liberalisierung des Zivildienstes Platz gegriffen haben, waren es zwischen 2 000 und 2 500 Plätze, und zwar bis Anfang der neunziger Jahre. Jetzt frage ich Sie, Herr Innenminister: Ist in den letzten fünf Jahren der Bedarf in den sozialen und karitativen Einrichtungen so exorbitant gestiegen, daß wir jetzt nicht mehr 2 500 Zivildiener brauchen, sondern unbedingt diese 8 000, von denen uns jeder erzählt, daß sie notwendig sind, weil sonst alles "zusammenbricht"? – Wenn dem so wäre, dann wäre das zugleich ein Armutszeugnis für diese Regierung. Denn dann müßte in diesen wenigen Jahren im Sozialsystem so viel passiert sein, daß es eigentlich unglaublich und ungeheuerlich ist, und dann hätten Sie extremen Erklärungsbedarf.

Ich glaube aber, daß das Gegenteil der Fall ist und in Wirklichkeit mit diesen billigen Arbeitskräften auch Schindluder getrieben wird. Durchaus positive Einrichtungen wie das Rote Kreuz bekommen dadurch billige und kostenlose Arbeitskräfte, sie weiten ihre Einsatzgebiete dermaßen aus, daß sie anderen Wirtschaftszweigen Konkurrenz machen, wie zum Beispiel bei den im Ausschuß schon diskutierten Sitzend-Krankentransporten, vor allem in den ländlichen Bereichen. Diese waren dort vorher eine wichtige Aufgabe und Erwerbskomponente der privaten Taxiunternehmen, werden jetzt aber wegen des möglich gewordenen Einsatzes kostenloser


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Zivildiener flächendeckend durch das Rote Kreuz besorgt. Die privaten Unternehmen hingegen sind in große wirtschaftliche Probleme geraten. Dafür gibt es genug Beispiele.

Wenn man schon kritisiert, daß diese sozialen Einrichtungen keine freiwilligen Mitarbeiter mehr bekommen, Herr Innenminister, dann wäre das ein Auftrag insbesondere an Sie in der Regierung, aber auch insgesamt für uns in der Politik, einmal zu hinterfragen, warum es so ist. Warum sind immer weniger junge Leute bereit, freiwillig Dienst an der Gemeinschaft zu leisten, sei es beim Roten Kreuz, bei der freiwilligen Feuerwehr oder letztlich im Rahmen der Landesverteidigung? Tragen daran nicht auch die Schulen und die Politik Mitverantwortung? Wenn wir das hinterfragen und vielleicht einen Bewußtseinsänderungsprozeß bewirken könnten, dann bräuchten wir solche Zwangsmaßnahmen und Alibiaktionen nicht, sondern dann würden junge Leute wieder vermehrt stolz darauf sein, im freiwilligen Bereich einen Dienst an der Gesellschaft leisten zu können.

Meine Damen und Herren! Das wäre auch unser Ziel. Wir haben gesagt, wir sollten sowohl im Bereich der Landesverteidigung als auch im wichtigen, aber längst vernachlässigten Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes die bedeutsamen und notwendigen Einsatzgebiete genau definieren und durch ein Anreizsystem versuchen, genug Freiwillige für diese unentbehrlichen Funktionen zu finden. Dann bräuchte man sich über die Fiktionen, die wir nach wie vor aufrechterhalten – daß wir eine allgemeine Wehrpflicht sowie einen Wehrersatzdienst hätten –, nicht länger selbst zu belügen, sondern hätte ein positives System zur Verfügung.

Auch wir glauben, daß ein Freiwilliger vier Zwangsverpflichtete ersetzen kann. Damit wäre allen geholfen: dem Budget und letztlich auch der Gesellschaft. Das wären die Ansätze, die wir hier diskutieren müßten – nicht aber Jubelzahlen und Greuelmeldungen –, wenn man entsprechende Reformen umsetzen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Sehr freundlich war das nicht!)

21.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeit wird eingestellt.

21.15

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, daß ich von meinem Vorredner keine andere Rede erwartet habe als die, die er uns geliefert hat: im wesentlichen eine Anhäufung von Fragen, aber die Antworten ist er nicht nur sich selbst, sondern uns allen schuldig geblieben. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. ) Ich möchte jetzt nicht in diesem Stil der Freiheitlichen fortfahren. Denn würde ich mich nach Kollegen Hofmann orientieren, dann müßte ich Ihnen von den Zahnschmerzen meiner Tante erzählen, und das paßt nicht unbedingt zur Debatte über den Bericht zum Zivildienstgesetz.

Meine Damen und Herren! Wir haben im Jahre 1996 – darauf hat Kollege Scheibner berechtigterweise hingewiesen – einen wesentlichen Schritt gesetzt. Herr Kollege Scheibner! Nehmen Sie uns einmal soweit beim Wort, daß jetzt eine sehr brauchbare Lösung vorliegt und im Augenblick überhaupt kein Handlungsbedarf besteht, Veränderungen vorzunehmen. Wir haben mit der Zivildienstgesetz-Novelle 1996 auf alle Fälle sichergestellt, daß der Zivildienst als solcher erhalten bleibt. Sie haben hier die Frage in den Raum gestellt, ob denn auch sinnvoll sei, was so alles passiert. Folgendes ist mir aufgefallen: Sie verstehen die umfassende Landesverteidigung im wesentlichen anscheinend als rein militärische. (Abg. Scheibner: Überhaupt nicht!) Wenn Sie das aber nicht tun, dann dürfen Sie den Zivildienst nicht in der Form in Frage stellen, wie Sie das getan haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Rahmen der Zivildienstgesetz-Novelle 1996 haben wir die Dauer festgelegt; das ist ein wesentlicher Punkt ist. Wir haben die Gewissensprüfung abgeschafft. Wir haben weiters die Möglichkeit geschaffen, die Erklärung über einen Gewissenswandel erst im nachhinein abzugeben.


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Jetzt zur Realität, meine Damen und Herren. Man kann und soll überall berechtigte Kritik anbringen. Faktum aber ist – das ist auch dem Bericht zu entnehmen –, daß 83 Prozent der Zivildiener ihre Tätigkeit positiv bewerten. Das ist ein mehr als signifikanter Prozentsatz. Gleichzeitig ist es eine Tatsache, daß die Bevölkerung sehr wohl etwas mit dem Begriff "Zivildienst" anfangen kann und zu drei Vierteln dazu eine sehr positive Einstellung hat. Daher glaube ich, daß wir den richtigen Weg gehen, auch weil wir sagen können, daß ein sehr großer Teil der Zivildiener – Kollege Scheibner, ich glaube, daß wir das in diesem Haus hervorheben sollen und müssen –, nämlich weit mehr als 90 Prozent, in sozialen Betätigungsfeldern arbeitet. (Abg. Scheibner: Dazu haben sie ja oft keine Ausbildung!)

Sie haben richtigerweise gesagt, daß man den Zivildienern danken soll. Ich möchte dies noch erweitern: Seien wir froh, daß diese jungen Menschen genau jene Signale setzen, die Sie eingefordert haben, nämlich bereit zu sein, sich für ältere und gebrechliche Menschen zur Verfügung zu stellen und unter sehr harten Bedingungen den Menschen Hilfe zu leisten. Das ist ein wesentlicher Punkt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidlmayr. )

Wir sind uns, glaube ich, darüber einig, daß es sehr wohl einen Grund hat, wenn heute ungefähr jeder fünfte sagt: Ich bin bereit, die mitunter größeren Mühen einer Zivildienstleistung in Kauf zu nehmen und nicht den Wehrdienst anzutreten. – Wenn jemand diese persönliche Entscheidung trifft, dann sollten wir meiner Ansicht nach unser Denken und Handeln in erster Linie so ansetzen, daß wir dafür die bestmöglichen Bedingungen schaffen. Der Herr Minister tut das in ausgezeichneter Art und Weise, denn wir haben jetzt brauchbare und sehr gute finanzielle Rahmenbedingungen, mit denen alle Betroffenen leben können. Meiner Ansicht nach ist außerdem entscheidend, daß damit für die Zukunft sichergestellt ist, daß wir all diejenigen – dieses dramatische Bild, daß die magische Zahl von 6 000 überschritten worden ist, betrachte ich nicht als so dramatisch –, die einen Zivildienst antreten wollen, unterbringen können. (Abg. Scheibner: Was sagt dazu euer Minister?)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß der Bericht, der uns vorgelegt wurde, ein sehr gutes Bild der Jahre 1995 und 1996 darlegt. Er bestätigt uns, daß wir einen richtigen Weg eingeschlagen und die sehr heikle Thematik des Zivildienstes mit der Novelle 1996 bestens gelöst haben. Ich darf Ihnen, Herr Minister, nicht nur zu Ihrer Arbeit gratulieren, sondern Ihnen und Ihren Beamten für den Bericht herzlich danken. (Beifall bei der SPÖ.)

21.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

Wollen Sie eine Redezeit eingestellt haben? (Abg. Dr. Kier: 3 Minuten!)  – Bitte.

21.21

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich möchte nur ein paar Überlegungen zum Mengenfluß in die Debatte einbringen. Ich halte fest, daß wir zirka 14 200 Zivildiener im Aufschub haben. Nachdem wir das Gesetz dramatisch verschlechtert und bis an die Grenzen der Gleichheitswidrigkeit verändert haben, treten immer noch rund 6 600 Zivildiener im Jahr den Dienst neu an. Wir stehen vor einer 8prozentigen Kürzung der Ermessensausgaben, die zu einer sinkenden Zahl von zuzuweisenden Zivildienstplätzen von zuletzt 6 800 auf 6 400 geführt hat. Es werden wesentlich mehr Zivildienstplätze nachgefragt, als wir – zugegebenermaßen durch die Budgetenge bedingt – zuteilen können.

Wenn ich davon ausgehe, daß für die im Aufschub Befindlichen die durchschnittliche Verweildauer im Aufschub sieben Jahre beträgt, dann heißt das, daß jährlich allenfalls ein Siebentel von den im Aufschub Befindlichen durch dessen Auslaufen sozusagen abreift. Es gibt ein Zuwachspotential an Leuten, die eigentlich zugewiesen werden müßten, und zwar in einer Größenordnung von 2 000 Köpfen – es mögen auch nur 1 000 sein – im Jahr. Das heißt, wir haben mehr Zivildiener, einen größeren Polster und sinkende Zuweisungszahlen. Daher bleibt für mich die Frage offen: Was tun wir mit den Zivildienern, die übrigbleiben? Weisen wir diese dann gar nicht zu, und ist es so wie im Spiel "6 aus 45": Manche haben Glück und werden nicht einberufen,


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oder manche haben Pech, wenn sie – weil sie den Zivildienst durchaus positiv auffassen – nicht einberufen werden?

Das ist die Quintessenz dieses Berichtes: Wenn wir den Zivildienst ernst nehmen, dann müssen wir ein Mengengerüst schaffen, bei dem grundsätzlich alle, die sich zum Zivildienst melden, in angemessener Frist tatsächlich auf Zivildienstplätze zugewiesen werden, denn sonst verlieren wir den Anspruch, daß dies etwas ist, das wir ernst nehmen, und geben jenen recht, die behaupten, dies sei nur sozusagen der Parkplatz für die Wehrdienst-Tachinierer. – Das ist ja Ihre Philosophie, sonst hätten Sie nicht auf 12 Monate aufgestockt.

In anderen Ländern wird das anders gesehen. Wenn wir schon so restriktive und merkwürdige Gesetze haben, bitte ich Sie aber, wenigstens darauf zu achten, daß der Mengenfluß stimmt und die Leute, die sich zum Zivildienst melden – einschließlich der sozusagen Zurückgestellten –, unter normalen Fristigkeiten auf Zivildienstplätze zugewiesen werden können. Bei den karitativen Einrichtungen besteht hinlänglich Nachfrage. Immerhin sind es soziale Dienste. Ich war erst dieser Tage unterwegs in Oberösterreich im Bereich einschlägiger Rechtsträger, die sich um Pflegefälle, Behinderte und so weiter kümmern. Sie sind für jeden Zivildiener, den sie zur Verfügung gestellt bekommen, wirklich dankbar. Sie leisten real gesamtgesellschaftlich wertvolle Arbeit, und daher bitte ich Sie: Ziehen Sie aus Ihrem Bericht die Konklusionen, die man einfach ziehen muß! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Khol: Ein guter Mann, der Maitz!)

21.24

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zivildienstbericht für die Jahre 1995 und 1996 bietet ein vollständiges Bild der Entwicklung dieses sozialen Dienstes in diesen zwei Jahren. Er kennzeichnet die Gesetzesänderungen durch die veröffentlichten Zahlen und die öffentliche Diskussion zur Zivildienstgesetz-Novelle. Positiv ist in diesem Bericht auch eine komplette Darstellung des neuen Zivildienstrechtes und das Meinungsbild in der Öffentlichkeit, das darin widergespiegelt wird. Als Wehrsprecher unserer Partei sage ich auch hier und heute: Allen Respekt und Anerkennung für jeden, der Wehrdienst macht, aber auch allen Respekt und Anerkennung für jeden, der seinen Zivildienst in einer sozialen Organisation leistet! (Beifall bei der ÖVP.)

Die von den Kollegen Scheibner und Kier angesprochene Diskrepanz zwischen dem, wieviel Zivildiener unsere Gesellschaft brauchen würde, und dem, wieviel das Bundesministerium für Inneres zugewiesen hat, möchte ich an ein paar Zahlen festmachen, bevor ich einen Lösungsvorschlag präsentiere, von dem ich glaube, daß er dem Bedarf nahekommt und das Budget nicht wesentlich belastet. Im Jahre 1996 gab es, wie gesagt, 6 853 Zuteilungen, der Bedarf lag bei 7 936. Es hätten also rund 1 000 Zivildiener mehr eingesetzt werden können. In den Jahren 1997 und 1998 pendelt sich diese Differenz allem Anschein nach so ein, daß unsere Gesellschaft ungefähr 2 000 Zivildiener mehr für soziale Dienste brauchen könnte, als wir in der Zuweisung vorgesehen haben. Wie kann man dieses Problem lösen?

Herr Innenminister! Wir haben gemeinsam für Heer und Zivildienst eine neue Aufschubregelung beschlossen. Wenn wir also nicht mehr wie bisher jeden, der höhere Bildung anstrebt, automatisch vom Zivildienst freistellen, ihn älter werden lassen und damit Kosten verursachen, sondern – so wie beim Heer – nur in begründeten Fällen Aufschub gewähren und den größeren Teil innerhalb eines Jahres zum Zivildienst einberufen, dann könnte sich diese Rechnung ausgehen. Denn es gibt zurzeit 13 625 Zivildienstwillige, deren Dienst wegen Besuches einer höheren Schule, einer höheren Ausbildung oder – zwar nur wenige, aber immerhin – nach dem Ärztegesetz aufgeschoben worden ist.

Nach den neuen Aufschubsregelungen könnte die finanzielle Bedeckung im Budget des Innenressorts für die Normalkosten langsam geschaffen werden, indem die Wohnkosten und Familienunterhaltskosten heruntergedrückt werden. Es hat mich erstaunt, daß die Pauschalvergütung für die 6 500 Zivildiener rund 150 Millionen Schilling im Jahr beträgt und die Wohn- und


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Familienunterhaltskosten sich mit 140 Millionen Schilling auf fast dieselbe Summe belaufen. Deshalb sollten wir darauf drängen, die Zivildiener relativ jung einzuberufen, denn dann verursachen sie nicht doppelte Kosten: zum einen die Kosten für die Pauschalvergütung, die selbstverständlich jedem zusteht, und zum anderen, wenn sie älter sind sowie Familie und eine eigene Wohnung haben, die Wohnungs- und Familienkosten, die sie nach unserer Gesetzeslage selbstverständlich ersetzt bekommen müssen.

Es liegt also an uns, die Zivildiener jünger einzuberufen und keine Wohnkostenbeihilfe sowie keinen Familienunterhalt anfallen zu lassen, allenfalls nur dort, wo für den einzelnen tatsächlich begründete Notwendigkeit besteht. Dadurch wird diese Rechnung meiner Ansicht nach längerfristig aufgehen. Wir können die rund 8 500 Zivildiener einberufen, dienen lassen und mit Pauschalvergütungen ordentlich versorgen. Damit haben wir zwei Fliegen auf einen Schlag: keine höheren Kosten im Budget und Bedarfsdeckung.

Ich bitte Sie, diese Überlegungen aufzunehmen. Wir von der Volkspartei werden für die Kenntnisnahme dieses Berichtes stimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Sie hätten auch von der Bank aus sprechen können.

21.30

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg möchte ich sagen, daß wir dem Zivildienstbericht zustimmen werden, aber nicht deshalb, weil wir die Lösung des Zivildienstes in der derzeitigen Form für gut und richtig befinden, sondern weil der Bericht als solcher eine klare Aussage gibt, weil er leicht verständlich ist und weil er vor allem aufzeigt, wo die Schwächen dieses neuen Gesetzes nach wie vor liegen.

Herr Minister! Seit der Einführung des Zivildienstes im Ausmaß von 12 Monaten kommt es dazu, daß Personen wie zum Beispiel Lehrer, die ein Studium abgeschlossen haben und eigentlich ihre berufliche Tätigkeit aufnehmen sollten, de facto durch diese Anhebung der Zivildienstdauer ein Schuljahr verlieren. Denn wenn heute ein Lehrer mit seinem Studium im Juli fertig wird, wenn er im Oktober den Zivildienst antritt und diesen bis zum 30. September des Folgejahres absolviert, dann kann er in seinen Schulbereich nicht mehr einsteigen, weil die Schule bereits Anfang September begonnen hat. Er wird keinen Zuweisungsplatz als Lehrer mehr bekommen, das heißt, er steht ein Jahr lang sozusagen auf der Straße. Das resultiert ausschließlich daraus, daß der Zivildienst auf 12 Monate verlängert worden ist.

Diese Verlängerung des Zivildienstes führt in der Praxis auch zu einer Situation, die für sehr viele Zivildiener kaum lösbar ist, und zwar deshalb, weil es insbesondere im Sozialbereich kaum möglich ist, elfeinhalb Monate zu arbeiten, ohne entsprechenden Urlaub nehmen zu können. Ich glaube, es wäre für jemanden, der heute im Sozialbereich tätig ist, unzumutbar, wenn er elfeinhalb Monate ohne Urlaub arbeiten müßte. Sie wissen genau, daß die Arbeitsbedingungen im Sozialbereich sehr schwer sind. Auch für Zivildiener ist es in letzter Zeit meist nicht mehr möglich, den Zivildienst zur Gänze durchzuhalten und nicht dazwischen länger in den Krankenstand zu gehen. Die körperliche und psychische Belastung ist zu hoch.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen und von der ÖVP! Sie gehören denjenigen Parteien an, die sich immer gegen den Zivildienst ausgesprochen und dafür gesorgt haben, daß die Zivildienstzeit verlängert worden ist. Freilich hat auch die SPÖ schließlich zugestimmt, aber Sie sind es, die immer etwas gegen den Zivildienst gehabt haben, und von Ihnen werden Zivildiener noch immer nicht als das anerkannt, was sie sind. (Abg. Dr. Maitz: Das ist eine Unterstellung!)

Zivildiener sind im Sozialbereich unentbehrlich, und Sie, die Sie immer noch Ihre Probleme mit dem Zivildienst haben, machen am allermeisten davon Gebrauch. (Abg. Scheibner: Das hat er eh gerade gesagt!) Wer hat denn die meisten Zivildiener? – Das Rote Kreuz. Wo aber ist das Rote Kreuz zuzuordnen? – Damit haben wir die Frage beantwortet. Sie können nicht auf etwas


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schimpfen, von dem Sie selbst am meisten Gebrauch machen! (Beifall der Abgeordneten Wabl und Dr. Gredler.  – Abg. Dr. Maitz: Was ist denn das Grüne Kreuz?)

Niemand von Ihnen, der hier herinnen sitzt und eine Funktion als Bürgermeister, Altenheimerhalter oder Leiter einer Behindertenwerkstätte et cetera innehat, wird eine Ausnahme sein und auf Zivildiener verzichten. Sie alle nehmen Ihre Zivildiener in Anspruch, und Sie alle müssen froh darüber sein, daß wir in Österreich Menschen haben, die bereit sind, Zivildienst zu leisten. Wir könnten es uns in Österreich nicht leisten, 6 000 Personen zusätzlich im Sozialbereich anzustellen, weil die Mittel für diesen Bereich Jahr für Jahr drastisch gekürzt wurden. Jetzt den Zivildienern ihre Arbeitsbedingungen noch mehr zu vermiesen, halte ich schlichtweg für das falsche Signal.

Es kommt aber noch viel schärfer. Die Freiheitlichen fordern jetzt plötzlich einen Zwangsdienst auch für Frauen im Sozialbereich. Meine Damen und Herren! Wer im Sozialbereich tätig ist, der kann diese Arbeit nur machen, wenn er sie nicht unter Zwang erledigen muß. Sie können im Sozialbereich niemanden verpflichten, unter Zwang eine Tätigkeit auszuüben. Meine Damen und Herren! Dort geht es um Menschen, die Hilfe und Betreuung brauchen, und das kann jeder nur freiwillig tun. Dazu werden viele Menschen auch in Zukunft weiterhin freiwillig bereit sein, wenn man die nötigen finanziellen Voraussetzungen schafft.

Im Sozialbereich ist es nun einmal so, daß immer noch alle glauben, die Arbeit solle umsonst gemacht werden und keiner dürfe etwas dafür verlangen. Niemand von Ihnen hier ist bereit, seine Tätigkeit umsonst auszuüben! Aber im Sozialbereich müßte es nach wie vor alles gratis geben? – Meine Damen und Herren! So ist es nicht. Der Sozialbereich ist keine Gratisleistung an der Bevölkerung. Der Sozialbereich ist ein Bereich mit harter Arbeit, und diese gehört ordentlich bezahlt! (Beifall des Abg. Wabl. )

Wenn Sie heute hier hergehen und den Zivildienstbericht belobigen und sagen, die neue Zivildienstgesetz-Novelle sei ein Riesenfortschritt, dann sollten Sie auch wissen, daß alle Einrichtungen diese Ihre Ansicht widerlegen. Diese Novellierung war kein Fortschritt. Die Einrichtungen haben jetzt das Problem, daß sie vier Monate lang in ihrer Organisation mit Zivildienern doppelgleisig fahren müssen. Sie schöpfen in diesen vier Monaten zwar ihren Stand an Zivildienstplätzen aus, aber danach fehlt ihnen die Hälfte der Zivildiener. Es ist unzumutbar für jede Zivildienststelle, daß sie vier Monate mit der doppelten Anzahl von Zivildienern arbeiten kann und nach dieser Zeit ein Einbruch um die Hälfte erfolgt.

Was sollen wir denn im ambulanten Betreuungsbereich tun? Dort ist es unsere Aufgabe, die Zivildiener entsprechend auszulasten. Das versuchen wir, und das tun wir. Aber sollen wir, nur weil Zivildiener wegen der doppelten Überschneidung ungleichmäßig mit dem Dienst aufhören, plötzlich 20 oder 30 Leute nicht mehr betreuen, weil wir die Zivildiener dafür nicht mehr haben? – Die sind ja weg!

So geht das nicht, Herr Minister! Wir können uns nur eine Lösung derart vorstellen, daß die Überschneidung maximal zwei Monate dauert. Denn mit zwei Monaten Überschneidungszeit hätten wir im Sozialbereich die Chance, einen Monat dafür zu verwenden, die Zivildiener in der Einrichtung entsprechend einzuschulen. Drei Wochen sind sie auf Grundlehrgang, und damit wäre es möglich, sowohl die Anzahl der Betreuungen als auch die Anzahl der Zivildiener, die dann kontinuierlich verfügbar wären, zu halten. Aber unter den heutigen Bedingungen ist das ein Ding der Unmöglichkeit.

Unbedingt notwendig ist, daß sich die Zuweisungstermine zum Zivildienst entsprechend verändern. Die Einrichtungen können in dieser Form längerfristig nicht weiterarbeiten. Die bestehende Überschneidung ist zu hoch und kann von den Einrichtungen nicht in der Weise bewältigt werden, wie diese es gerne möchten.

Ich bin froh darüber, daß wir genug Zivildiener in Österreich haben, und ich bin persönlich stolz darauf, daß ich die erste weibliche Zivildienstbeauftragte in Österreich war. Ich bin auch stolz darauf, daß meine, daß unsere Zivildiener eine Krankenstandsrate von nur 0,017 Promille aufgewiesen haben. Das heißt, wer sich für den Zivildienst entscheidet, der weiß, was er tut, und


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macht es mit Engagement. Dieses Engagement der Zivildiener sollte endlich anerkannt werden. Zivildiener haben ganz einfach das Recht, dieselbe finanzielle Leistung wie die Grundwehrdiener zu erhalten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Herr Minister! Darüber, warum man die Pauschalvergütungen für Zivildiener geringer hält als jene für die Wehrpflichtigen, haben Sie noch Erklärungsbedarf. Es ist heute nicht möglich, daß ein Zivildiener mit 2 222 S im Monat sein Überleben sichert. Es wird auch von einem Wehrdiener nicht verlangt, daß er mit 2 222 S seine Existenz oder sein Überleben sichert.

Sie müssen bereit sein, die Vergütungen anzuheben, damit Zivildiener auch die Chance haben, nicht nur ihren Dienst zu leisten, sondern auch menschenwürdig zu wohnen und ein menschenwürdiges Dasein zu führen. Und sie müssen zumindest so viel an Pauschalvergütung erhalten, daß sie sich wenigstens die minimalen Aufwendungen für den persönlichen Gebrauch leisten können.

Herr Minister! Noch etwas: Es ist für mich unvorstellbar, warum ein Zivildiener, wenn er in einer Wohngemeinschaft wohnt, keinen Anspruch auf Mietzinserstattung hat. Hat er eine eigene Wohnung, dann bekommt er diese selbstverständlich. Wie soll ein Zivildiener, der vorher Student war und in einer Wohngemeinschaft gelebt hat, seine Wohnverhältnisse sichern, wenn er dafür keinen einzigen Schilling bekommt? Auch in diesem Bereich muß noch einiges geändert werden, um die Situation der Zivildiener zu verbessern! (Beifall bei den Grünen.)

Ich persönlich möchte mich bei allen, die Zivildienst gemacht haben oder machen, herzlich für die großartige Arbeit bedanken, die sie leisten. Ohne die Hilfe der Zivildiener würde wir im Sozialbereich elendig ausschauen! Wir könnten den Standard, den wir jetzt in diesem Bereich haben, niemals aufrechterhalten. Daß in Österreich behinderte, alte und pflegebedürftige Menschen ein halbwegs menschenwürdiges Dasein fristen können, ist auch auf die Leistungen unserer Zivildiener in Österreich zurückzuführen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und des Liberalen Forums.)

In Anbetracht dessen schätzen wir, glaube ich, die Bedeutung und den Stellenwert der Zivildiener viel zu gering ein. Wir dürfen die Zivildienstgesetze nicht verschärfen! Wir müssen sie lockern, und wir müssen sie jenen der Wehrpflichtigen anpassen. Acht Monate sind genug!, sowohl für den Zivildienst als auch für den Wehrdienst. Alles andere ist eine Ungleichstellung und eine eklatante Benachteiligung für Zivildienstleistende, und wir wissen doch, daß wir sie sehr notwendig brauchen! Wir sollten nicht den großen Fehler begehen und für die Zivildiener noch schlechtere Bedingungen schaffen, als wir sie jetzt ohnehin schon haben. Denn wenn es in Österreich keine Menschen mehr gäbe, die sich für den Zivildienst melden, dann, meine Damen und Herren, müßte Ihnen ganz plötzlich sehr viel einfallen, wie Sie den sozialen Standard in den Altenheimen, in den Pflegeheimen und im Rettungswesen sicherstellen können. Ich glaube, eine derartige Situation wäre unvorstellbar!

Deshalb mein Ersuchen an Sie, Herr Minister: Schaffen Sie für die Zivildiener Bedingungen, bei denen sie nicht schlechtergestellt sind als die Wehrdiener! Die Zivildiener leisten große Arbeit, und sie haben es sich verdient, auch ordentlich behandelt zu werden! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordnete Scheibner gemeldet. 2 Minuten. – Bitte.

21.44

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Haidlmayr hat in ihrer Rede die Behauptung aufgestellt, daß die Freiheitlichen einen zwangsweisen Sozialdienst für Frauen verlangen. Diese Behauptung ist unrichtig.

Das freiheitliche Konzept und auch die freiheitliche Programmatik sieht vor, daß sowohl der Wehrdienst als auch der Zivilschutz, Katastrophenschutz und Sozialdienst mittelfristig auf freiwilliger Basis organisiert und deshalb auf freiwilliger Basis auch Frauen zugänglich gemacht


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werden sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haidlmayr: Ich möchte eine persönliche Erwiderung machen!)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Haidlmayr! Ich kann eine persönliche Erwiderung nicht zulassen, weil Sie nicht persönlich angesprochen wurden. Sie könnten sich ein zweites Mal zu Wort melden.

Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Schlögl.

21.46

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an das anknüpfen, was Frau Abgeordnete Haidlmayr und Herr Abgeordneter Schwemlein gesagt haben, nämlich die Wertigkeit und den Stellenwert des Zivildienstes.

Ich glaube, daß es gerade in diesem Bereich in den letzten Jahren eine deutliche Trendumkehr gegeben hat und der Zivildiener in der Bevölkerung viel mehr anerkannt wird, als das in der Vergangenheit der Fall war. Eine aktuelle Untersuchung aus dem Oktober des Jahres 1996, durchgeführt vom IMAS, zeigt, daß sich 77 Prozent der österreichischen Bevölkerung sehr positiv zum Zivildienst äußern, 44 Prozent der Meinung sind, daß der Zivildienst eine sehr gute Einrichtung ist, und nur 13 Prozent der österreichischen Bevölkerung gegen den Zivildienst sind.

Meiner Ansicht nach ist auch die Tatsache sehr wichtig, daß gerade bei den Zivildienern große Motivation herrscht. Die Zivildiener sind in ihrer überwältigenden Mehrheit mit ihrer Tätigkeit sehr verbunden und schätzen diese Tätigkeit auch sehr positiv ein.

Ich glaube auch, daß der Zivildiener im Zuge seiner Tätigkeit eine sehr nützliche Erfahrung für sein weiteres Leben sammelt, daß der Zivildienst einen guten Einblick in die sozialen Probleme unseres Landes bietet und dazu beiträgt, daß Zivildiener künftige schwierige Lebenssituationen besser meistern können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Scheibner hat ein paar Punkte angeschnitten, auf die ich kurz eingehen möchte.

Erstens: Ich sehe die Entwicklung der Zivildiener nicht problematisch. Die Entwicklung war für das österreichische Bundesheer vielleicht vor einigen Jahren problematisch, nun gibt es aber, wie ich meine, eine vernünftige Relation. Im Jahre 1990 gab es rund 41 000 taugliche Wehrdienstpflichtige, wobei ich immer nur von tauglichen Wehrpflichtigen und ebenso von anerkannten Zivildienstpflichtigen ausgehe, nicht von denen, die Anträge stellen. 1990 hatten wir, wie gesagt, 41 000 taugliche Wehrdienstpflichtige und 2 500 anerkannte Zivildienstpflichtige. In den Jahren 1993 und 1994 hat es ganz anders ausgeschaut: Da ist die Zahl der tauglichen Wehrdienstpflichtigen auf 35 000 bis 36 000 gesunken, die Zahl der anerkannten Zivildienstpflichtigen ist jedoch auf über 13 000 gestiegen, das heißt, das Mißverhältnis war gewaltig. Im Jahre 1996 hatten wir 35 000 taugliche Wehrdienstpflichtige und 6 300 anerkannte Zivildiener. – Diese Relation ist meiner Meinung nach auch für das österreichische Bundesheer vertretbar und gewährleistet, daß das österreichische Bundesheer seine Pflichten auch in Zukunft erfüllen kann. (Abg. Scheibner: Fasslabend sagt, daß er 34 000 Grundwehrdiener braucht!)

Die Entwicklung im heurigen Jahr ist ähnlich. Wir werden heuer wahrscheinlich zwischen 6 000 und 6 500 Zivildienstanträge erhalten, ungefähr 6 200 bis 6 300 werden anerkannt werden.

Für mich als Innenminister ist natürlich  die Tatsache  ein  Problem – das will ich nicht abstreiten –, daß wir in den letzten Jahren immer mehr Zivildiensteinrichtungen bekommen haben – derzeit sind es bereits über 700 – und daß diese Zivildiensteinrichtungen auch einen größeren Bedarf an Zivildienern haben. Allein im heurigen Jahr könnten wir, glaube ich, über 9 200 Zivildiener bei entsprechenden Einrichtungen unterbringen.

Es ist natürlich notwendig und wichtig, daß man die Zivildiener auch in Zukunft stärker zuteilt. Wir hatten im vergangenen Jahr 6 800, im Jahr davor waren es 6 400, im heurigen Jahr werden


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wir 6 400 zuteilen, und im nächsten Jahr werden es knapp 7 000 sein, sodaß die Zahl gestiegen sein wird.

Die Befürchtung, die Sie geäußert haben, Herr Abgeordneter Scheibner, muß ich Ihnen gleich bestätigen: Nach meinem Vorhaben wird es wieder zu einer Änderung des Zivildienstgesetzes kommen. Es ist bereits eine von mir eingeleitete Änderung in Begutachtung, und zwar berücksichtigt diese Änderung meine Anschauung, daß jede Zivildienstträgerorganisation auch ihren finanziellen Beitrag leisten soll. Derzeit ist das sehr, sehr unterschiedlich. Es gibt Organisationen, die überhaupt keine Vergütung leisten müssen, während andere einen Betrag von 1 500 S bis 7 000 S leisten müssen. Ich halte das für nicht gerechtfertigt, und deshalb habe ich eine Änderung in Begutachtung gegeben, und ich hoffe, daß Sie im Parlament zustimmen, daß jeder Rechtsträger künftig einen Mindestbeitrag zu leisten hat. Die Mittel, die dafür hereinkommen, sollen unter anderem dafür verwendet werden, daß mehr Zivildiener den Zivildiensteinrichtungen zugeteilt und die Bedürfnisse der einzelnen Einrichtungen auch befriedigt werden können.

Sie haben zur Frage "Radio Mosambik/Auslandsdienst" Kritik geübt – ich möchte das nicht unbedingt verteidigen, weil ich glaube, daß es sich hiebei ohne Zweifel um einen Grenzfall handelt. Es ist nicht unbedingt die Aufgabe von österreichischen Zivildienern, bei Radio Mosambik tätig zu werden, obwohl ich dieses Projekt vom demokratiepolitischen Standpunkt aus – ich habe mich da erkundigt – gar nicht für so schlecht halte. Deshalb wird es auch gemeinsam mit dem Außenministerium in den nächsten Tagen entsprechende Gespräche geben, damit die Voraussetzungen für die Anerkennung von Zivildienern im Ausland klarer und präziser geregelt werden.

Verteidigen und auch beibehalten möchte ich, daß Zivildiener auch in Zukunft zur Verkehrssicherheit eingesetzt werden. Es handelt sich hiebei ohnehin um eine sehr geringe Anzahl, um es genau zu sagen: 3,1 Prozent aller Zivildiener sind im Bereich der Verkehrssicherheit, vor allem im Bereich der Schulwegsicherung tätig. In Anbetracht dessen, daß wir steigende Unfallzahlen und steigende Zahlen an Unfalltoten haben und auch sehr viele Kinder im Straßenverkehr getötet werden, halte ich das für eine wichtige und notwendige Arbeit.

Sie haben indirekt oder direkt die sinkende Zahl der Freiwilligen bei den verschiedenen Organisationen als "Armutszeugnis" für die Regierung beziehungsweise für die Gesellschaft insgesamt bezeichnet. Ich meine, es ist dies ein gesellschaftliches Phänomen, dem wir ausgesetzt sind. Jeder von uns weiß – es gibt eine Reihe von Abgeordneten, die ehrenamtlich in verschiedenen Organisationen tätig sind –, daß der Zulauf zu Organisationen wie dem Roten Kreuz, zu Blaulicht-Organisationen, zu Feuerwehren und ähnlichen Organisationen nicht mehr in dem Ausmaß gegeben ist, wie das früher der Fall war. In diesem Punkt sind wir, wie ich meine, gemeinsam gefragt, nicht nur die Bundesregierung. Wir alle müssen erreichen, daß mehr Jugendliche, aber auch Erwachsene bereit sind, für solche Organisationen tätig sein.

Zu dem, was Herr Abgeordneter Maitz bezüglich der Einberufung ausgeführt hat, möchte ich sagen: Ich sehe das genauso wie Sie. Es ist dies auch ein Anliegen von uns, und zwar nicht nur, um Kosten zu sparen, sondern weil ich glaube, daß es für den Jugendlichen sinnvoller ist, daß er möglichst bald seinen Bundesheerdienst oder seinen Zivildienst ableistet. Nach Beendigung eines Hochschulstudiums, knapp vor Beginn der Berufslaufbahn, ist das immer ein Problem.

Die Kritik der Frau Abgeordneten Haidlmayr möchte ich sehr, sehr ernst nehmen. Ich bin gerne bereit, diesbezüglich gemeinsame Lösungen zu erarbeiten, wie diese Überschneidungszeiten geändert werden können. Wir haben derzeit drei Einberufungstermine. Es stellt sicherlich kein Problem dar, einen vierten Einberufungstermin zusätzlich zu schaffen, damit für solche Organisationen die Überschneidung sehr gering ist. Ich bitte Frau Abgeordnete Haidlmayr, mit mir diesbezüglich ins Gespräch zu kommen, damit wir eine gemeinsame Lösung finden.

Auch die Problematik betreffend die Wohngemeinschaften leuchtet mir ein. Das gilt jedoch nicht nur für Zivildiener, sondern ebenso für Bundesheersoldaten. Es ist gesetzlich geregelt, daß jemand nur dann eine Entschädigung für eine Wohnung bekommt, wenn er aufgrund eines Vertrages, den er vor dem Antritt seines Bundesheerdienstes oder Zivildienstes abgeschlossen hat,


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nachweisen kann, daß er tatsächliche Kosten für eine Wohnung hat, denn die Manipulationsgefahr und die Gefahr des Mißbrauches ist natürlich sehr stark gegeben, wenn es keine schriftliche Vereinbarung gibt. Darum glaube ich, daß wir vom Gesetzgeber her auf eine entsprechende Regelung drängen müssen. Wenn es eine klare schriftliche Vereinbarung gibt und nachweisbar ist, daß der Betreffende Kosten zu übernehmen hat, ist das auch kein Problem.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich etwas zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kier sagen: Ich hätte mich halt gefreut, wenn er gesagt hätte, daß der Zivildienstbericht im Gegensatz zum Sicherheitsbericht ordnungsgemäß und zeitgemäß eingelangt ist. Denn der Zivildienstbericht ist bereits im April des Jahres 1997 dem Parlament vorgelegen, auch wenn er leider erst heute behandelt wird. Ich hoffe, daß das beim Sicherheitsbericht in Zukunft auch der Fall sein wird!

Zur Frage der sinkenden Zahl der Zivildiener: Ich sehe da kein Problem. Ich glaube, daß wir die Zahl von 14 000 in den nächsten Jahren aufarbeiten können. Durch den Aufschub ist die Zahl der Zivildiener deutlich gesunken. Dadurch, daß ich in den nächsten Jahren mehr Zivildiener einberufen möchte, wird es uns aber, wie ich meine, gelingen, diese Zahl zu erreichen. Es soll niemand gegen seinen Willen durch den Rost fallen und seinen Zivildienst nicht ableisten können. Dieses Recht möchte ich jedem geben, da ich glaube, daß es diesbezüglich kein Problem gibt. In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen für ihre Ausführungen und glaube, daß der Zivildienst in Österreich eine Einrichtung geworden ist, die große Anerkennung findet! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Achs. – Bitte.

21.55

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Anteil der Zivildiener hat sich in den letzten Jahren stabilisiert. Die Gründe hiefür liegen zum einem sicherlich darin, daß durch die Abschaffung der Gewissensprüfung bereits ein hohes Niveau erreicht wurde, zum anderen wurden auch klare gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen, die zu einer Stabilisierung geführt haben. Diese Stabilisierung bringt es mit sich, daß personelle Planungen einfacher geworden sind, sowohl für das Bundesheer als auch für die Zivildiensteinrichtungen, was natürlich nicht bedeutet, daß alle personellen Wünsche kurzfristig erfüllt werden können.

Die Ausweitung der Dienstleistungsgebiete ist positiv zu bewerten. Zu den ursprünglichen Aufgabenbereichen wie Rettungswesen und Altenbetreuung kamen neue, gesellschaftlich wichtige Bereiche hinzu. Mit der Zivildienstgesetz-Novelle 1994 wurden die Betreuung von Vertriebenen oder die Vorsorge für die Sicherheit öffentlicher Dienstleistungen aufgenommen. Durch die Novelle 1996 erfolgte eine weitere Ausweitung. Seither können Zivildiener auch in Bereichen des Umweltschutzes und der Gesundheitsvorsorge eingesetzt werden.

Aus dem Zivildienstbericht geht hervor, daß die Zahl der anerkannten Einrichtungen auch insgesamt erheblich gestiegen ist. Dadurch konnten zusätzlich knapp 1 300 Zivildienstplätze geschaffen werden. Somit ist der höhere Bedarf nicht zu Lasten traditioneller Einrichtungen gegangen.

Es ist auch erfreulich, daß trotz der größeren Zahl der anerkannten Einrichtungen die Auslastung nur leicht gesunken ist. In der Praxis haben sich in den letzten Jahren aufgrund der steigenden Zahl an Zuweisungen auch personelle Strukturen verändert, und zwar sowohl im Rettungswesen als auch im Pflegebereich oder auch in anderen Bereichen. Diese wichtigen sozialen Einrichtungen brauchen heute Zivildiener zur ordentlichen Aufrechterhaltung ihres Betriebes. Das Engagement der Zivildiener ist heute aus dem gesellschaftlichen Leben nicht mehr wegzudenken. Der Zivildienst ist notwendig für die sozialen Einrichtungen und nicht zuletzt für jene Menschen unter uns, die krank oder sozial bedürftig sind und Hilfe brauchen.

Meine Damen und Herren! Auch das ist Sicherheit. Es ist die Sicherheit, daß sich Menschen in sozialer Bedrängnis nicht allein gelassen fühlen. Es ist die Sicherheit, daß in schwierigen Situationen jemand da ist. Das trifft auch auf andere Bereiche zu:. Auch im Bereich der inneren


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Sicherheit müssen die subjektiven Ängste von Menschen ernst genommen werden. Es ist erfreulich, daß in den letzten Jahren gerade in dieser Hinsicht sehr viel geschehen ist. Das Bild vom Zivildienst hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Er hat heute einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft.

Aus dem Zivildienstbericht geht eindrucksvoll hervor, daß dem Zivildienst kein Negativ-Image mehr anhaftet, wie das vielleicht noch vor einigen Jahren der Fall war. Das ist ein Zeichen dafür, meine Damen und Herren, daß die Leistungen der Zivildiener anerkannt werden! Das zeigt darüber hinaus, daß heute soziales Engagement insgesamt einen höheren Stellenwert einnimmt.

Mit der Zivildienstgesetz-Novelle 1996 wurde die Gewissensprüfung endgültig abgeschafft. Damit, meine Damen und Herren, ist gewährleistet, daß sich junge Menschen auch in Zukunft frei entscheiden können, in welcher Form sie ihren Dienst an der Allgemeinheit ableisten: ob nun mit der Waffe in der Hand oder als Zivildiener. Wir Sozialdemokraten sehen beides als einen unentbehrlichen Dienst an unserer Gesellschaft! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr: zweite Wortmeldung.

22.00

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zuerst gesagt, daß die Freiheitlichen wollen, daß Frauen verpflichtet werden können, Sozialdienst zu leisten, und daß das der Geschäftsführende Klubobmann Ewald Stadler im "Morgenjournal" im Radio am 5. September gesagt hat.

Ich wurde von Herrn Scheibner dahin gehend berichtigt, daß das nicht die "F", sondern Herr Stadler gesagt habe. – Ich möchte mich dafür entschuldigen, daß ich nicht gewußt habe, daß Herr Stadler nicht mehr bei den Freiheitlichen ist. – Danke (Beifall bei den Grünen.)

22.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

22.01

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist bereits sehr ausführlich über die Vorzüge des neuen Zivildienstgesetzes berichtet worden. Ich möchte nur daran erinnern: Die Gewissensprüfung wurde gestrichen, der Zugang und die Informationsmöglichkeiten wurden verbessert, die Dienstleistungsgebiete wurden erweitert. Ich kann mir daher diesen Teil ersparen.

Ich möchte aber dennoch auf ein Problem eingehen, das in letzter Zeit in Oberösterreich einigen Wirbel hervorgerufen hat, und möchte daher gerade meine Kollegen aus Oberösterreich, und zwar jene von der ÖVP, ein bißchen um Aufmerksamkeit ersuchen. Vielleicht sind es Auswüchse des Wahlkampfes in Oberösterreich, daß gerade in letzter Zeit der Zivildienst mehrfach angesprochen wurde. Sie haben es sich da nämlich sehr leicht gemacht: Sie wissen genau, daß die Budgetmaßnahmen der Bundesregierung auch Auswirkungen auf den Zivildienst haben, und dennoch ist es Minister Schlögl gelungen, für Oberösterreich annähernd die gleiche Zahl an Zivildienern wie in den letzten Jahren zuzuweisen. Wenn die ÖVP in Oberösterreich einen höheren Betrag für die betreffenden Organisationen, die Zivildiener anfordern, vorschlägt, weil das billiger sei, als hauptamtliche Mitarbeiter anzustellen, dann möge sich das Land Oberösterreich auch einmal an seine Kompetenz erinnern.

Mir liegt dabei besonders das Rote Kreuz am Herzen, meine Damen und Herren. Es leistet Jahr für Jahr und Tag für Tag sehr viel für das Rettungswesen. Daher unterstütze ich auch eine bevorzugte Zuweisung von Zivildienern zu dieser wichtigen Organisation. Sie sollten sich aber auch daran erinnern, daß das Rettungswesen in die Landeskompetenz fällt, und das Land wird somit durch die Zivildiener eigentlich subventioniert. Mit finanziellen Forderungen dem Bund


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gegenüber ist man ja meistens immer sehr schnell, doch wenn es um finanzielle Beiträge des Landes geht, bekommt man wesentlich weniger zu hören. Auf diese Weise könnten Sie einmal beweisen, daß Ihnen das Rettungswesen wirklich etwas bedeutet. In Wahlkampfzeiten ist daher eine solche Wien-Schelte mehr als überflüssig!

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch am Beispiel der Schulwegsicherung erinnern: Der oberösterreichischen Landesrat Aichinger hat einmal den Vorwurf erhoben, daß die Zuteilung der Zivildiener zu manchen Stellen zu hinterfragen sei. In diesem Zusammenhang verwies Aichinger auf Wien, wo mehr als 250 Zivildiener in erster Linie als Schülerlotsen eingesetzt sind. – Das stand am 21. August im "Oberösterreichischen Volksblatt" zu lesen. – 14 Tage später, und zwar am 10. September, fordert der gleiche Herr Landesrat Aichinger für die Schulwegsicherung in Oberösterreich "mehr Zivildiener". – Dazu möchte ich bemerken: Vielleicht kann man einmal überlegen, was man wirklich will!

Der Vorschlag, die Zivildienstzuteilung vom Bund auf die Länder zu übertragen, ist meiner Meinung nach ebenfalls nicht zielführend, denn es gibt auf diesem Gebiet genügend Kontakte zwischen dem Ministerium und den Ländern. Es ist mir auch nicht bekannt, daß einmal eine Prioritätenliste von Oberösterreich an das Innenministerium gekommen wäre. Wäre das der Fall gewesen, hätte man die Abstimmung leichter durchführen können.

Meine Damen und Herren! Auf die wirklich aufopfernde Tätigkeit der Zivildiener möchte ich nicht mehr näher eingehen, denn das ist schon ausreichend erwähnt worden. Auch ich möchte allen, die einen Zivildienst ableisten und oft wirklich sehr aufopfernd arbeiten, herzlich danken. Ich denke da etwa an Pflegestationen in Altenheimen: Es ist nicht ganz einfach für einen jungen Menschen, wenn er plötzlich mit diesen schwierigen Tätigkeiten und auch mit dem Leid von so vielen Menschen konfrontiert ist. Daher meine ich, daß allen Zivildienern in Österreich unser besonderer Dank gebührt! (Beifall bei der SPÖ.)

22.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Wunsch nach einem Schlußwort seitens des Berichterstatters liegt nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, den vorliegenden Bericht (III-83 der Beilagen) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes stimmen wollen, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 172/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992, geändert wird (775 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 13. Punkt.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Erster Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.


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22.08

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Antrag unserer Fraktion, der heute hier, nachdem er den Innenausschuß passiert hat, zur Debatte und zur Abstimmung steht, hat einen wirklich ganz einfachen, allerdings gesellschaftspolitisch nicht unwichtigen Grund.

Wir sind nach wie vor der Meinung – und werden diese Meinung mit Ausdauer und Geduld vertreten –, daß die Frage des persönlichen Religionsbekenntnisses etwas ist, was nicht in Form von Meldedaten zwangsweise zu erheben ist. Daher haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht.

Ich erinnere mich an die Debatte im Ausschuß: Mir ist schon bewußt, daß es gewisse Interferenzen in Hinblick auf andere, insbesondere auch völkerrechtliche Verpflichtungen gibt, aber ich frage mich: Ist es der einzige Weg, die öffentlichen Dienstleistungen für die Religionsgemeinschaften, die darauf überhaupt reflektieren – denn nicht alle reflektieren darauf, wie wir wissen –, auf die Straße zu bringen, daß wir real ein Melderecht haben, in dem eigentlich der Glaubens- und Gewissensfreiheit widersprechende Vorschriften enthalten sind? Ich kann mir nicht helfen, aber ich bin der Meinung, daß es nicht wirklich mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit in Einklang zu bringen ist, wenn man die Menschen durch ein solches Gesetz zwingt, ihre diesbezüglichen Positionen der Verwaltungsbehörde zur beliebigen Disposition und letztlich Weitergabe anzuvertrauen.

Ich erinnere an andere Vorschriften vergleichbarer Art, die uns vielleicht bei einer anderen Gelegenheit noch beschäftigen werden, wie etwa die in die Tiefe gehenden Erfassungen von Persönlichkeitsdaten im Burgenland. Ich bitte Sie daher wirklich herzlich: Nehmen Sie, bevor wir abstimmen, noch einmal eine Güterabwägung vor, und überlegen Sie, ob das Argument überhaupt zutreffend ist, daß genau diese Bestimmung im Meldegesetz zwingend eine Durchführungsbestimmung zum Konkordat ist. Ich bezweifle das nämlich. Ich glaube nicht, daß das, was im Konkordat zum Ausdruck kommt, zwingend zur Folge hat, daß das Meldegesetz so aussehen muß, wie es hier aussieht.

Wenn es allerdings so sein sollte, dann – dessen bin ich mir hundertprozentig sicher – ist es möglich, mit dem Heiligen Stuhl in konstruktive Gespräche einzutreten. Denn die Menschen, denen ihr Glaube wirklich ein Anliegen ist, haben damit genausowenig Freude wie wir. Sie sehen es zwar als praktisch für ihre Finanzverwaltungen an – das ist etwas anderes –, aber wenn sie denselben Zweck mit anderen, menschenwürdigeren Mitteln erreichen könnten, wäre es ihnen auch lieber.

Wenn jemand daran interessiert ist, sich die Verwaltung der Einbringlichmachung seiner Mitgliedsbeiträge zu erleichtern, dann, so meine ich, kann man von demjenigen die Kreativität verlangen, sich eine bessere Methode einfallen zu lassen, bei der – wenn es im Konkordat so steht, möge es eben so sein – die öffentliche Hand zwar behilflich ist, die aber nicht zu Lasten der Offenlegung aller Religionsbekenntnisse aller Bürger beziehungsweise aller Menschen in diesem Land, die sich polizeilich melden müssen, gehen soll. Denn man muß sich folgendes überlegen: Was geschieht, wenn jemand auf dem Meldezettel – absichtlich oder unabsichtlich; ich sage jetzt einmal: absichtsvoll oder weil er Angst hat, nicht vor dem Kirchenbeitrag, sondern vor irgend etwas anderem – ein falsches Bekenntnis einträgt, irgendein anderes als das zutreffende. Was passiert dann? Welche Sanktion tritt dann ein?

An und für sich muß dann die volle Strenge des Gesetzes greifen. Damit sind wir aber genau dort, wohin wir nicht gerne geraten wollen, nämlich daß sich jemand deswegen strafbar macht, weil er – aus welchen inneren Motiven auch immer – sein Religionsbekenntnis verborgen halten wollte. Ich glaube, das habe wir alle nicht nötig. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Mag. Posch. )

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Er hat das Wort.


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22.12

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Kier! Auf den ersten Blick oder auf das erste Hinhören kann man Ihrem Antrag durchaus etwas abgewinnen. Wenn man diese Sache jedoch näher hinterfragt, merkt man, daß einige der Argumente, die Sie heute vorgebracht haben, vielleicht nicht mehr so stichhaltig und gewichtig sind.

Da Sie von einer beliebigen Weitergabe dieser personenbezogenen Daten gesprochen haben, darf ich Sie auf den Bericht des Innenausschusses zum Hauptwohnsitzgesetz verweisen, den Sie bestimmt gelesen haben. Darin wird genau beschrieben und geregelt, wie und zu welchem Zweck diese Daten tatsächlich verarbeitet werden.

Zum zweiten kann ich Ihrem Argument durchaus etwas abgewinnen, wenn Sie fragen, ob die polizeiliche Meldung tatsächlich das einzige Mittel sei, um dieser völkerrechtlichen Vereinbarung zu entsprechen. Allerdings ist mir eines abgegangen: Sie haben keine Alternative angeboten. Auch ich kann hier und heute keine Alternative nennen. Mit dem Ende der Personenstandsaufnahme war es notwendig, eine Maßnahme zu setzen, die dem Konkordat entspricht. Das ist eine völkerrechtliche Vereinbarung, und diese haben wir einzuhalten.

Ich darf weiters darauf hinweisen, daß ich als einer, der in Vollziehung des Meldegesetzes direkt mit den Meldepflichtigen zu tun hat, keine Probleme bemerkt habe, wenn jemand sein Religionsbekenntnis angeben mußte. Da Sie ausgeführt haben, denjenigen, der unter Umständen unrichtige Angaben zum Religionsbekenntnis macht, treffe voll die Staatsgewalt, bitte ich Sie, mir zu erklären, wie das geschieht. (Abg. Dr. Kier: Mit Härte!) Denn es gibt keine Veranlassung, keine gesetzliche Regelung und keine Erlaßregelung, die den Meldepflichtigen dazu verpflichtet, mit einer Beitrittserklärung zu einer Religionsgemeinschaft zu untermauern, welches Religionsbekenntnis er einträgt. Daher ist es auch im Nachvollzug nicht möglich, jemanden für etwas zu bestrafen, das er vorher nicht nachweisen muß. (Abg. Dr. Kier: Also kann er hineinschreiben, was er will? Dann ist es ja für nichts! Dann kann er eh hineinschreiben, was er will!)

Herr Kollege Kier! Es ist – damit wiederhole ich mich – eine Möglichkeit, dem Konkordat nach Einstellung der Personenstandsaufnahme gerecht zu werden. Aber daß der Staat voll treffen würde, wie Sie es angeführt haben, daß Staatsmacht und Staatsgewalt derart treffen, ist nicht der Fall.

Noch einmal und abschließend: Da wir in der Vollziehung nicht bemerken, daß der Meldepflichtige Probleme damit hat, sein Religionsbekenntnis anzugeben, würde ich Sie ersuchen, diesen Antrag durch Angaben darüber zu untermauern, wo die Probleme gelegen sind. Aus den mir aus der Vollziehung bekannten Fakten gibt es meiner Ansicht nach keine Veranlassung, dieses Gesetz zu ändern.

Überdies scheint zum Schutz des Meldepflichtigen nur auf einem Exemplar des Meldezettels, nämlich dem, das bei der Behörde verbleibt, das Religionsbekenntnis auf. Auf allen anderen Exemplaren ist es nicht zu ersehen. Daher besteht auch nicht die Gefahr, daß dritte, nichtamtliche Personen ohne Zugriffsberechtigung in die Lage versetzt werden, das Religionsbekenntnis zu erkennen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

22.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Zu meinen Vorrednern möchte ich sagen, daß ich die Bedenken von Herrn Abgeordneten Kier inhaltlich teile. Ich möchte aber zu einer anderen Lösung des Problems finden.

Zu Kollegen Gradwohl möchte ich sagen: Sie haben, glaube ich, sinngemäß gemeint, daß man nichts zu ändern brauche, solange der Meldepflichtige keine Probleme hat, und wollten gerne wissen, worin eigentlich das Problem des Meldepflichtigen liegen könnte. Ich möchte Sie daran erinnern, daß wir alle immer wieder Bedenken haben, den Staatsbürger dazu zu verpflichten,


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persönliche Daten anzugeben oder diese weiterzugeben. Bei allen Befragungen ist das immer wieder ein Hauptthema: Was beziehen wir ein, welche Daten nehmen wir hinein?

Ich glaube, man muß darauf Rücksicht nehmen, daß die Angabe des Religionsbekenntnisses etwas Höchstpersönliches ist und nach dem Meldegesetz überhaupt keine Veranlassung besteht, dieses höchst persönliche Datum weiterzugeben. Denn das Meldewesen ist dazu da, sicherheitsrechtliche Angaben zu machen, die in weiterer Folge auch im Sicherheitsbereich verwendet werden. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. ) Selbstverständlich, tatsächlich schon! Das Meldewesen ist aufgebaut worden, um eine sicherheitspolitische Aufgabe zu erfüllen. Die Angabe des Religionsbekenntnisses ist etwas, was überhaupt nicht zu dieser sicherheitspolitischen Aufgabe paßt und nichts dazu beiträgt. Schon deshalb glaube ich, daß man davon abgehen müßte, dieses Datum in den Meldezettel aufzunehmen.

Sie haben weiters das Konkordat erwähnt. Das Konkordat sieht nur eine Unterstützung des Staates vor, um zu erforderlichen Daten zu kommen. Diese Unterstützung kann auf jede andere Weise gewährt werden, sie muß nicht unbedingt in dieser Art und Weise geschehen, wie sie jetzt ausgeübt wird, nämlich durch Angabe auf dem Meldezettel. Im übrigen hat die Kirche genügend Möglichkeiten, zu den Daten zu kommen. Wie gesagt: Die Angabe auf dem Meldezettel ist nicht die einzige Möglichkeit, zu erfahren, welcher Religionsgemeinschaft jemand angehört.

Wie sensibel die Angabe zum Religionsbekenntnis ist, erweist sich auch an der entsprechenden Regelung im Meldegesetz. Man weiß ganz genau, daß es Nachteile geben könnte für jemanden, dessen Wohnungseigentümer nicht einverstanden ist, daß der Mieter zum Beispiel ohne Bekenntnis ist oder einer anderen Religionsgemeinschaft angehört. Deshalb kann zuerst die Unterschrift des Wohnungseigentümers auf dem Meldezettel eingeholt und erst danach das Religionsbekenntnis eingetragen werden. Das heißt, man ist sich dessen völlig bewußt, daß es in der Praxis zu Schwierigkeiten kommen kann. Dem müßte man daher Rechnung tragen, wenn man darüber redet, eine gesetzliche Änderung vorzunehmen.

Weiters möchte ich darauf hinweisen, daß das Meldegesetz hinsichtlich des Religionsbekenntnisses insofern widersprüchlich ist, als es folgendes vorsieht: Wenn jemand ein falsches Religionsbekenntnis hinschreibt, ist er nicht strafbar, wenn er aber überhaupt keine Angabe macht, dann fällt er unter die Strafbestimmungen. – Darüber brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln. Sehen Sie sich das einmal an!

Ich halte es für dringend notwendig, daß wir erstens eine Bereinigung durchführen und uns außerdem dazu bekennen, nur jene Daten zu sammeln und weiterzugeben, die wirklich unbedingt notwendig sind, nicht aber solche höchstpersönlichen Daten wie das Religionsbekenntnis.

Wie gesagt: Ich habe nur einen anderen Weg gewählt als den, den Herr Abgeordneter Kier geht. Ich glaube nämlich, daß derjenige, der das Religionsbekenntnis freiwillig angeben möchte, dazu die Möglichkeit haben sollte. Das sollte man auch in den Erläuterungen kundtun, und deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Lafer, Madl und Kollegen betreffend Angabe des Religionsbekenntnisses auf dem Meldezettel

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, im Meldegesetz die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Strafsanktion für die Unterlassung der Angabe des Religionsbekenntnisses entfällt und es daher dem Meldepflichtigen freigestellt wird, die Rubrik Religionsbekenntnis auszufüllen.

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Ich glaube, das wäre eine Regelung, mit der man demjenigen, der gerne der Kirche diesen Dienst erweisen möchte, entgegenkommen würde, und denjenigen, der seine persönliche Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft nicht preisgeben möchte, auch schützen könnte.

Ich möchte Sie bitten, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben referierte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, wird sodann zur Abstimmung kommen und steht mit zur Verhandlung.

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Dr. Khol. Die Uhr ist auf 10 Minuten eingestellt.

22.21

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hiebei handelt es sich um eine Grundsatzfrage. Es geht nicht um ein Problem der Art, daß Bürger sagen, daß ihre Freiheitssphäre eingeschränkt ist, und es geht auch nicht um einen Mißstand, sondern es geht dabei um eine vom Liberalen Forum aufgeworfene Grundsatzfrage, die sich gegen die Religionsbekenntnisse und die allgemein anerkannten Kirchen in Österreich richtet. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haselsteiner: Aber geh!)

Das ist völlig legitim, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum! (Abg. Schaffenrath: Ein flaches Argument!) Ihre Art von Liberalismus ist eben ein Antiklerikalismus. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist deiner unwürdig, Andreas!) Sie haben sich gegen den Religionsunterricht ausgesprochen, und Sie sprechen sich für die Freigabe von Drogen aus. Sie sind also von einer Art des Liberalismus, der alle Institutionen, die Werte begründen, schwächen will. Es ist dieser Liberalismus – bekennen Sie sich dazu! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Es ist die konsequente Fortsetzung jener Politik, daß man sagt: Religion und Religionsgemeinschaften, das ist Privatsache – die sollen sich im stillen Kämmerlein umtun und gehen uns überhaupt nichts an! (Abg. Schaffenrath: Nein, auch öffentlich!) Unter dem Titel der Trennung von Kirche und Staat jagen Sie Phantomen des 19. Jahrhunderts nach! – Bleiben Sie nur dort, Sie werden dafür keine Mehrheit finden! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich wäre der erste, der sagen würde: Gäbe es ein Klima, sodaß sich Menschen in diesem Land einer Gesinnungsschnüffelei ausgesetzt fänden, dann müßte man dem abhelfen. Ich wäre der erste, der sagen würde: Gäbe es Beschwerden, daß die Dinge so gehandhabt werden, daß Freiheit und persönliche Gestaltung beeinträchtigt wären, so müßte man dem abhelfen. Aber Kollege Gradwohl hat soeben bestätigt, was auch ich aus der Praxis kenne. Es ist wie beim letzten Antrag, der hier gestellt wurde; er wird nämlich in regelmäßigen Abständen von den Liberalen gestellt. Es geht um eine Praxis, die ich kenne: Es gibt dabei keine Probleme, es gibt keine Strafen, das läuft alles völlig normal ab.

Ich darf Ihnen sagen – ich habe mich bei den Bischöfen erkundigt –: Ohne die Eintragung auf dem Meldezettel ist es den Kirchen nicht möglich, ihre Beitragspflichtigen in allen ihren Übersiedlungen zu finden. (Abg. Dr. Kier: Das stimmt doch nicht!) Wir haben nicht das bundesdeutsche System – von dem beispielsweise Ihr Kollege Barmüller immer glaubt, daß wir es hätten –, bei dem die Kirchensteuer vom Arbeitgeber abgezogen wird, sondern wir haben das System des freiwilligen Kirchenbeitrages, der wie ein Vereinsbeitrag verwaltet wird. (Abg. Schaffenrath: Wir haben einen freiwilligen Beitrag!) Damit die großen Kirchen und Religionsgemeinschaften wissen, wo ihre Beitragspflichtigen sind, hilft ihnen der Staat dabei mit dem Meldezettel in einer sozial verträglichen und die Freiheit in keinerlei einschränkenden Weise.

Meine Damen und Herren! Ohne die Kirchenbeiträge wäre es nicht möglich, daß beispielsweise die evangelische Diakonie – um mit ihr zu beginnen – ihre segensreiche Tätigkeit entfaltet. Es wäre nicht möglich, daß die Caritas – sie wird in Sonntagsreden auch von den Liberalen gepriesen – ihr Milliardenbudget bezahlt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Wir halten keine Sonntagsreden, wir halten unsere Reden an jedem Tag!) Es wäre ohne die Kirchenbeiträge nicht möglich, daß die Friedhöfe und die Kirchen in unserem Land gepflegt werden. Es wäre ohne diese Kirchen


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beiträge nicht möglich, daß Jugendarbeit, Altenarbeit und Gefängnisseelsorge betrieben wird. Es wäre nicht möglich, daß unsere Kinder Religionsunterricht bekommen. All das ist nur möglich, weil es die Kirchenbeiträge gibt. (Abg. Dr. Kier: Sie wissen, daß das nicht stimmt!)

Ich glaube, daß wir daher sehr klar dafür eintreten müssen – wir, die wir glauben, daß eine Gesellschaft auf Werten beruht, auf Werten, die nicht der Staat den Kindern, den Menschen vermittelt (Abg. Schaffenrath: ... sondern nur die römisch-katholische Kirche die Werte bestimmt!), Werten, die freie Gemeinschaften, Kirchen, Religionsgesellschaften und andere vermitteln. Das sagt zum Beispiel der Wissenschaftler Böckenförde – das ist das sogenannte Böckenförde-Paradoxon –, nämlich daß Staat und Gesellschaft darauf beruhen, daß es eben andere gibt, die diese Werte grundlegen. Zu den großen Wertestiftern in allen Gesellschaften gehören die Kirchen und Religionsgesellschaften. Wenn wir den Kirchen und Religionsgesellschaften ihre materielle Grundlage zerstören, zerstören wir unsere Gesellschaft. Dagegen aber werden Sie uns auf den Barrikaden finden, Herr Kier! (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters möchte ich mich mit der Scheinheiligkeit befassen. An ihren Früchten, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, sollt ihr sie erkennen! Es nützt nichts, sich im Parteiprogramm zum wehrhaften Christentum zu bekennen, und jetzt zu einem Christentum, das sich seiner Werte bewußt ist. Besser als wehrhaft ist wahrhaft, meine Damen und Herren! Und es wird Ihnen ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die wahrhaften Werte!) Ja, wahrhaft! Wenn man sich zum Christentum bekennen will, dann muß man hier auch entsprechend abstimmen. An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen! Wir werden uns ganz genau anschauen, wie Sie heute abstimmen werden, wenn es darum geht: Wollen wir unsere Kirchen und Religionsgesellschaften in die Lage versetzen, ihre segensreichen Werke fortzusetzen, oder wollen wir ihnen diese Grundlage entziehen? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das hat nichts mit den Werten zu tun!)

Wir von der Volkspartei wissen: Ohne Werte gibt es keine Solidarität, ohne Solidarität gibt es keine Gesellschaft! Wir stehen zu diesem Staat, wir stehen zur Solidarität, und wir stehen zu den Grundwerten. (Beifall bei der ÖVP.)

22.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Gredler gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam.

22.27

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Abgeordneter Khol hat gesagt: Liberalismus ist Antiklerikalismus.

Ich berichtige tatsächlich, daß die einzige Verbindung dieser beiden Wörter eigentlich in der letzten Silbe liegt: "-ismus", so wie Katholizismus. Ich fühle mich persönlich diffamiert als Mitglied der katholischen Kirche und als Abgeordnete des Liberalen Forums durch Herrn Dr. Khol. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Khol: Das war keine tatsächliche Berichtigung!)

22.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein weiteres Verlangen nach einer tatsächlichen Berichtigung von Herrn Abgeordneten Mag. Stadler vor. – Bitte sehr. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.  – Abg. Dr. Khol: Eine persönliche Erwiderung, Herr Präsident!)

Herr Abgeordneter Khol, nach ständiger Praxis ist die Tatsache, daß man sich auf einen Diskussionsbeitrag bezieht, noch keine Ursache für eine persönliche Erwiderung. Ich habe das gerade vor 30 Minuten so gehandhabt. (Abg. Dr. Khol: Das war keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Mag. Stadler: Nein, das war ein Debattenbeitrag!)

Ob das eine tatsächliche Berichtigung war, darüber habe ich auch meine Zweifel gehabt, weil inhaltliche Wertungen zumindest ein Grenzfall sind. Aber ich habe nicht rechtzeitig eingegriffen. Es ist meine Schuld.

Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Abgeordneter Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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22.30

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Klubobmann Dr. Khol, Sie haben einen Antrag des Liberalen Forums zur Änderung des Meldegesetzes zum Anlaß für eine Rede genommen, die ich, obwohl ich Sie als Abgeordnetenkollegen schätze und auch als römisch-katholischen Österreicher bis jetzt immer geschätzt habe, als ein Musterbeispiel für intolerantes Verhalten, für eine geradezu von Eifer besessene Abqualifizierung des Debattenbeitrags von Herrn Dr. Kier bezeichnen würde.

Ich schicke voraus, daß ich weder Abgeordnete des Liberalen Forums, noch von Antiklerikalismus oder irgend etwas ähnlichem, das Sie befürchten könnten, beeinflußt bin. Ich gehöre der gleichen Religion wie Sie an und bin eine römisch-katholische Österreicherin, eine römisch-katholische Kroatin. (Abg. Dr. Ofner: Ist eine Kroatin keine Österreicherin? Das ist kein Gegensatz!) Lieber Herr Dr. Khol! Ist es so, daß diejenigen, die sozusagen der Hauptreligion dieses Staates angehören, sich hier anmaßen dürfen, uns zu erklären, daß Ihre Werte die richtigen sind, wie Sie das so salopp nebenbei in der Erwiderung auf einen Diskussionsbeitrag von Kollegen Kier, in dem es um das Meldegesetz und ein Anliegen von großer Tragweite gegangen ist, das ich für absolut diskussionswürdig halte, getan haben?.

Herr Dr. Khol! Ich bin ebenso wie Sie der Auffassung, daß Jugendarbeit, Denkmalpflege – der Beitrag zum Denkmalschutz, den die Kirche leistet –, Alten- und Behindertenpflege unentbehrlich sind und daß dann, wenn es all das nicht gäbe, was die Caritas in Österreich insgesamt im Sozialwesen leistet, der Sozialstaat in dieser Republik in einem großen Bereich augenblicklich zusammenbrechen würde. (Abg. Dr. Puttinger: Das wurde ja erklärt!) Dagegen, daß das aus Mitteln des sogenannten Kirchenbeitrages finanziert wird, hat niemand etwas einzuwenden, bestimmt auch nicht Herr Dr. Kier. (Abg. Dr. Kier: Ganz sicher!)

Ich bin auch nicht gegen Werte, wie Sie es jetzt genannt haben. Daß Kirchen und Religionsgemeinschaften wesentliche Wertespender in unserer Gesellschaft sind: In dieser Hinsicht wird Ihnen niemand widersprechen. (Abg. Dr. Khol: Nur die Liberalen widersprechen ja immer!) Aber es geht darum, daß man in einem Land, in dem Staat und Kirche angeblich strikt getrennt sind, gezwungen wird, auf dem Meldezettel sein Religionsbekenntnis anzugeben. (Abg. Dr. Puttinger: Den Zusammenhang hat er Ihnen ja erklärt!) Das betrifft nicht nur das römisch-katholische, sondern es gibt auch noch andere, die Sie – bewußt oder unbewußt – nicht erwähnt haben.

Es gibt nicht nur Mitbürger und Mitbürgerinnen in unserem Land, die römisch-katholisch oder evangelisch sind, so wie es nicht nur die Caritas und die evangelische Diakonie gibt, die Sozialarbeit leisten. Es gibt auch Mitbürger und Mitbürgerinnen, die islamischen oder mosaischen Glaubens sind, es gibt Mitbürger und Mitbürgerinnen von mindestens acht weiteren staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften. (Abg. Schwarzenberger: Die dürfen ja auch ihr Bekenntnis haben! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Prinzip, daß man das Religionsbekenntnis auf dem Meldezettel angeben muß, gilt für alle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Diskussion um Lauschangriff und Rasterfahndung hat genau diese Tatsache eine wesentliche Rolle gespielt, als man uns glauben machen wollte – und immer noch will –, daß es kein Weitergeben sensibler Daten gebe. Ich bin bereit, Ihnen zu glauben, daß es nicht allzu sensibel ist, in Österreich römisch-katholisch oder vielleicht auch noch evangelisch zu sein. Aber es ist schon ein Stück sensibler, nicht einer der beiden großen Religionen anzugehören, und es ist für viele kein allzu angenehmer Gedanke, zu wissen, daß sie zu so etwas gezwungen werden.

Das hat jetzt nichts mit dem Kirchenbeitrag zu tun, sondern ist eine Diskussion, die sich allgemein auf die Tatsache bezieht, daß es diesen Zwang und diese Nötigung mit einer Strafsanktion gibt. Das ist ein Thema für alle Religionsgesellschaften und Religionsgemeinschaften. Darauf bezieht sich das Anliegen von Herrn Dr. Kier, und dieses Anliegen kann ich absolut unterstützen, fern dem Verdacht, antiklerikal sein zu wollen.

Wenn Herr Dr. Kier einen Schritt weitergeht und auf völkerrechtliche Verpflichtungen verweist, die dem entgegenstehen, dann ist es – auch im Sinne der von Ihnen gepredigten Werte für das


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Zusammenleben und den Umgang miteinander – absolut legitim, eine solche Diskussion anzuregen oder einzufordern. Das ist im Sinne des demokratischen Zusammenlebens absolut angebracht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die ersten Fälle von Mißbrauch bekanntwerden – es muß gar nicht Mißbrauch sein, sondern es genügt, daß sich jemand dabei nicht wohlfühlt –, dann werden wir Herrn Dr. Khol hier zur Rede stellen und ihn fragen, welche Konsequenzen er dann ziehen wird, immer bezogen auf seine christlich-abendländischen Werte. (Abg. Dr. Puttinger: Warum müssen Sie Ihre Werte immer verstecken?) Diese schätze ich mit Ihnen, Herr Dr. Khol, aber sie sind nicht allen gegenüber im selben Ausmaß anzuwenden. Deshalb bedauere ich es sehr, Herr Dr. Kier, daß sich die Mehrheit des Hauses voraussichtlich nicht Ihnen anschließen und diesen ablehnenden Bericht des Innenausschusses zur Kenntnis nehmen wird.

Ich werde es nicht tun, und das nehme ich auch von denjenigen Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion an, die noch hier sind. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

22.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordnete Mag. Steindl. Er hat das Wort. – Bitte.

22.37

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Terezija! (Abg. Schwarzenberger: Nicht "liebe"!) Es liegt klar auf der Hand, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll: Zuerst waren es die Kreuze in den Klassen, dann die Abschaffung des Religionsunterrichtes und jetzt das Meldegesetz. (Abg. Dr. Kier: Nein!) Es geht eindeutig gegen die Kirche! Das muß hier gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Lassen Sie auch mich meine Meinung sagen. (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) Hätten wir nur Ihre Probleme, nämlich die Probleme der Liberalen, dann gäbe es wahrscheinlich in Österreich keine Probleme. Sie beschäftigen sich andauernd mit Randthemen – und das ist Ihr Problem, nicht unser Problem! Wir stehen zu dem, was wir 1993 beschlossen haben, und wir werden daher dieses Gesetz nicht ändern. Formal wurde das schon diskutiert: Es geht auch darum, daß auch in diesem Fall das Konkordat, abgeschlossen zwischen der Republik und dem Vatikan, erfüllt werden muß.

Herr Kollege Kier! Sie haben mir zum Beispiel noch nicht gesagt, wie Sie diesen Vertrag sonst erfüllen wollen. Von diesem Rednerpult aus wurde das noch nicht gesagt. Ich glaube, es geht auch um materielle Dinge – von Herrn Klubobmann Khol wurde das ebenfalls betont –, nämlich darum, daß die Kirchen Beiträge einheben und mit diesen Beiträgen sehr viel finanzieren, angefangen von Spitälern über Altersheime bis hin zum Denkmalschutz und so weiter. (Abg. Schaffenrath: Das haben wir schon gehört!)

Lassen Sie mich außerdem etwas zur Meldebehörde anmerken. Es gibt keine Sanktionsmöglichkeiten bei Angabe von falschen Daten. Die Meldebehörde hat lediglich die Vollständigkeit, nicht aber die Richtigkeit zu prüfen. Ich sehe daher keinen Anlaß, dieses Gesetz zu ändern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. Sie hat das Wort.

22.40

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Khol! Ich kann nur sehr schwer einen Zusammenhang herstellen, wenn man im Hinblick auf die Frage, ob jemand sein Religionsbekenntnis auf einen Meldezettel schreiben muß oder nicht, von einer Zerstörung der Gesellschaft spricht. Ich glaube, das ist etwas dick aufgetragen! Aber vielleicht würde diese Rede an einem anderen Platz mehr Zuspruch finden


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als hier im Parlament! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Kennen Sie das Sprichwort: Principiis obsta – wehre den Anfängen!?)

Herr Kollege Gradwohl hat nach seiner Rede sehr ungläubig geschaut, als Frau Kollegin Pablé einige Bemerkungen dazu gemacht hat. Er hatte mit seiner Äußerung gar nicht so unrecht, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen, aber es anders gemeint, indem er gesagt hat: Man braucht ja keinen Mitgliedsausweis, um zu beweisen, daß die Angaben auch tatsächlich stimmen. – Da hat er wohl recht gehabt, weil er geglaubt hat, daß das gar nicht überprüft wird.

Es besteht auch überhaupt kein Anlaß zur Überprüfung, und ich kann Ihnen auch sagen, warum: Gemäß § 4 muß man nämlich den Meldezettel vollständig ausfüllen, wie der Vorredner gesagt hat. Wenn man bei den Strafsanktionen nachsieht, sieht man, daß dort steht, daß die Meldepflicht dann nicht erfüllt ist beziehungsweise Strafsanktionen nach sich zieht, wenn man diesen Meldezettel nicht vollständig ausfüllt. Und in Abs. 4, drei Absätze weiter, heißt es: "Bei einer An- oder Ab- und Ummeldung sind unrichtige Identitätsdaten straffällig." Die Identitätsdaten bestehen aus Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatszugehörigkeit. Nicht einmal die Angabe des Geschlechts, männlich oder weiblich, ist der Wahrheit unterworfen. Das heißt, es kann jeder beim Geschlecht ankreuzen, was er will, weil das ja nicht bestraft wird. Und es kann letztendlich jeder auch beim Religionsbekenntnis ankreuzen, was er will, weil auch das keine Strafsanktionen nach sich zieht. So sieht das aus!

Überhaupt wird das Meldegesetz auch von anderen Mitgliedern der Bundesregierung etwas locker gehandhabt, und zwar mit Ausdrücken, die es jenen Beamten, die es exekutieren sollen, wirklich nicht leichtmachen. Herr Bundesminister Edlinger hat zwar in seiner Verordnung zur Änderung der Verbrauchersteuerverordnung ein Bundesgesetzblatt herausgegeben, in dem unter 3a steht: "... für Tabakwaren, die im persönlichen Gepäck von Reisenden eingeführt werden, die ihren normalen Wohnsitz im Anbindungsgebiet haben". – Im ganzen Meldegesetz ist der Passus "normaler Wohnsitz" überhaupt nicht zu finden! Wie soll ein Zollbeamter überhaupt bei jemandem vorgehen, der eine Stange Zigaretten einführt und einen "normalen Wohnsitz" angibt oder sagt: Einen "normalen Wohnsitz" gibt es im ganzen Meldegesetz gar nicht. – Ich habe die Leiter der Meldeämter gefragt, und sie haben mich sehr gebeten, eine entsprechende Anfrage an Minister Edlinger zu richten, was ich auch getan habe, weil nicht zum ersten Mal in der österreichischen Gesetzgebung unbekannte Ausdrücke verwendet werden oder der Gesetzestext einander widersprechende Passagen enthält, die den exekutierenden Beamten das Leben wirklich sehr schwer machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordnete Dr. Kier: zweite Wortmeldung. – Bitte.

22.43

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Khol! Ich habe kurz erwogen, eine tatsächliche Berichtigung zu machen, in Anbetracht der noch reichlich vorhandenen Redezeit möchte ich jedoch die Debatte mit Abgeordnetem Klubobmann Khol aufnehmen und jetzt ein paar Bemerkungen machen, denn ich lasse mir viel gefallen, aber nicht Verunglimpfungen dieser Art!

Es entspricht nicht der normalen intellektuellen Redlichkeit eines Universitätsprofessors, so wider seinen eigenen Erkenntnisstand zu argumentieren, wie Sie das hier gemacht haben. Ich bin sehr enttäuscht! Sie können nur von dem geleitet gewesen sein, was man das Gegenteil von Nächstenliebe nennt, nämlich von Haß. Etwas anderes kann Ihren Blick nicht so getrübt haben! Ich sage das ganz deutlich.

Da zum Beispiel in Wien die zweitgrößte Religionsgemeinschaft mittlerweile jene Menschen sind, die sich zu keinem Religionsbekenntnis bekennen, vertreten wir die Meinung, daß der Religionsunterricht nicht alternativlos im Raum stehenbleiben soll. Wir sind der Meinung, daß Werte in einer Gesellschaft etwas sehr, sehr Wichtiges sind, daß sie allerdings im Gewissen der Person ruhen und diese sie selbst entwickeln muß. Wir meinen, daß es auch Konflikte zwischen unterschiedlichen Anschauungsweisen geben kann und daß das konstitutive Element einer


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humanen Gesellschaft ist. Aber nicht der Staat ist das konstitutive Element, und nicht die Kirchen sind das konstitutive Element, sondern die Menschen, und manchmal machen sie es ganz schlecht, manchmal machen sie es besser, manchmal heißen sie Mutter Theresa, und manchmal heißen sie Khol. Verstehen Sie mich? Da gibt es eine große Bandbreite! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Selbstverständlich ist die Caritas ein natürlicher Verbündeter von Menschen, die für die Nächstenliebe eintreten, weil sie sie für human wichtig halten, und selbstverständlich gibt es Gesprächsbrücken weit über die engen Grenzen des Beichtstuhls hinaus, Herr Professor Khol, nämlich etwa zwischen toleranten Katholiken, offenen evangelischen Menschen und toleranten Juden. All das gibt es, quer über manche Brüche. – Kollegin Partik-Pablé hat hier einen aus ihrer Sicht und auch aus unserer Sicht durchaus vernünftigen Mittelvorschlag gebracht, indem sie sagte: Erklären wir doch ausdrücklich, daß wenigstens Strafbarkeit expressis verbis nicht vorliegen soll! – Das wurde nicht einmal aufgegriffen! Im Gegenteil: Es wird der Vorwurf erhoben, das sei Anbiederung. Ich bin der letzte, der sich in Positionsfragen mit der Freiheitlichen Partei solidarisiert, aber das ist eine sehr üble Unterstellung! Kollegin Partik-Pablé hat rechtstaatlich argumentiert, da war nicht ein Hauch von Anbiederung dabei! Glauben Sie mir!

Es kann jemand in Fragen der Kriminalisierung von Drogenabhängigen – ich spreche nicht von Freigabe von Drogen, wie Sie das so salopp nennen – der Meinung sein, daß das nicht das einzige Mittel sein kann und daß man es anders machen muß. Wenn dann aber behauptet wird, daß derjenige, der Alternativen zum ausschließlichen Monopol der sogenannten Wertestifter, in diesem Fall der beamteten Wertestifter, der vor allem in Amtskirchen auftretenden Wertestifter, zum Beispiel den Ethikunterricht propagiert, ein "wertloser Geselle" sei, dann ist das nicht redlich! Ich habe nie behauptet, daß Leute, die für mich falsche Werte vertreten, wertlos sind. Bischof Krenn, den ich durchaus sehr kontradiktorisch sehe, ist kein wertloser Mensch. Er tritt nur für Werte ein, für die ich nicht eintrete, aber die Menschenwürde spreche ich ihm nicht ab. Das ist der Unterschied! – Diese Diskussion gefällt mir nicht.

Zum Böckenförde-Paradoxon: Das ist kein Paradoxon! Es ist das nur für jemanden paradox, der glaubt, der Staat oder die Kirche sei Mutter oder Vater aller Dinge. Das glauben wir Liberale sicherlich nicht! Wir glauben an die Eigenverantwortung des Menschen, an die Verpflichtung, selber für seine Meinung einzustehen, sie begründen zu können. Und das kann man überhaupt nur, wenn man sie von Werten ableitet. Glauben Sie, die Begründungen fallen einem von selber ein, wenn man nicht irgendwelche grundsätzlichen ethnischen Haltungen hat? Glauben Sie, man kann ein solches Thema, das Ihr Fraktionskollege als "Randthema" bezeichnet hat, mit Anliegen vortragen, wenn einem Werte nicht wichtig sind?

Vielleicht sind Ihnen andere Werte wichtig! Geben Sie acht, nicht intolerant zu werden! Ich frage mich: Wäre es für den ÖGB nicht ein großer Vorteil und ein administrativer Gewinn sondergleichen, wenn die Mitgliedschaft zum Gewerkschaftsbund auf dem Meldezettel anzuführen wäre, weil es anders nicht möglich ist, 1,6 Millionen Mitglieder zu verwalten? Glauben Sie das wirklich? – Aber diese Idee ist noch nicht einmal ein Ansatz! Natürlich werden Sie jetzt sagen: Was ist schon der ÖGB? Das ist ein Verein! Und als er seinerzeit gegründet wurde, war er noch ein Kampfverein, das kann man doch mit einer Religionsgemeinschaft nicht vergleichen! Ich vergleiche es nicht! Ich habe nur die administrativen Schwierigkeiten erwähnt.

Selbstverständlich anerkennen wir die denkmalpflegerischen, die sozialen, die karitativen, die schulischen und all die Leistungen, die Religionsgemeinschaften erbringen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Vergiß den Friedhof nicht!) Wir anerkennen sie voll, allerdings bei allen Religionsgemeinschaften. Daher frage ich mich: Warum ist die Republik Österreich nie auf die Idee gekommen, wenigstens im Ansatz den Versuch zu unternehmen, von all den vielen Synagogen in dieser Stadt, die im Jahr 1938 tabula rasa niedergebrannt worden sind, einige wieder aufzubauen. Das waren auch Gotteshäuser – allerdings keine katholischen!; das gebe ich Ihnen zu.

Daher frage ich mich: Inwiefern war das, was Sie gesagt haben, ehrlich gemeint? Es war mir ein Bedürfnis, das zu sagen – auch auf die Gefahr hin, daß Sie mich für moralisierend halten. Aber


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man muß sich nicht alles gefallen lassen, was andere später sagen, nur weil man der erste Redner war! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Er hat das Wort.

22.49

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Österreichischen Volkspartei macht das Freude; Kollege Schwarzenberger hat ja schon gesagt, daß diese Polarisierung für die ÖVP gut ist. Sie hat Freude damit, wenn sie ein bißchen Kulturkampf des 19. Jahrhunderts betreiben kann. Das macht nicht nur jene Fraktion, die Sie gemeint haben, Herr Kollege Khol, sondern das machen Sie selbst, weil Sie damit ein bißchen ideologie- und identitätsstiftend in Ihren eigenen Reihen wirken können!

Man kann zu den Vorschlägen und zur Haltung des Liberalen Forums gegenüber der katholischen Kirche und auch den anderen christlichen Konfessionen stehen wie man will. Ich bin auch Ihrer Meinung, daß sie grundsätzlich eine antiklerikale Haltung an den Tag legen. Ich habe mich auch darüber geärgert, wie die Parteivorsitzende seinerzeit Kardinal Groer behandelt hat.

Herr Kollege Khol! Wenn aber Sie dann von "Scheinheiligkeit" reden – wenn ausgerechnet der Kollege Khol von "Scheinheiligkeit" redet, der seinen eigenen Heiligenschein am liebsten hier zur Schau stellen würde! –, dann entbehrt das nicht einer gewissen Pikanterie, meine Damen und Herren!

Herr Kollege Khol! Wo waren Sie, als Ihr Landsmann und Parteifreund Dinkhauser einen Bischof dieses Landes in unflätigster Weise heruntergemacht hat? Wo war denn da der "heilige Andreas" zu diesem Zeitpunkt? Hat sich der "heilige Andreas" in gleicher Weise dagegen verwahrt, wie er sich seinerzeit gegen die Art und Weise, wie Frau Schmidt mit Kardinal Groer umgegangen ist, verwahrt hat? Wo war die Österreichische Volkspartei in den letzten 25 Jahren bei der Schulpolitik, die Sie mitgetragen haben, zum Teil sogar durch Ihre eigenen Unterrichtsminister? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wo waren Sie denn in den letzten 25 Jahren in der Ausländerpolitik – in Anbetracht dessen, daß wir heute wissen, daß die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in unserem Lande nicht mehr eine christliche ist, lieber "heiliger Andreas", sondern mittlerweile die islamische Religionsgemeinschaft? Das war Ihre Politik! 25 Jahre lang haben Sie diese Politik betrieben! Heute aber stellen Sie sich hier heraus und sagen: Werte sind bedroht, weil der Meldezettel geändert wird.!

Meine Damen und Herren! Werte hängen in diesem Land nicht von Meldezetteln ab! Werte hängen von der tatsächlich gelebten Tagespolitik ab, die Sie in den vergangenen 25 Jahren wahrhaft nicht zum Ruhm Ihres hohen "c" in Ihrem Parteinamen und Ihrer Parteibezeichnung betrieben haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe Ihre Eifersucht! Jetzt haben Sie Angst! Sie haben Angst, weil eine Partei sagt, daß der Kulturkampf heute auf einer ganz anderen Ebene verläuft, daß der Kulturkampf des vergangenen Jahrhunderts passé ist. Jetzt haben Sie Angst um Ihre Wähler! Das ist ganz klar! Daher wird eifersüchtig darauf geschaut, ob es "wahre" oder "nicht wahre" Christen gibt. Es sagt ex cathedra "Seine Heiligkeit", der Andreas, seines Zeichens ÖVP-Klubobmann, wer wahrer Christ ist und wer nicht wahrer Christ ist. – Herr Bundesminister! Sind Sie wahrer Christ? Haben Sie sich schon die Absolution Ihres Klubvorsitzenden geholt? Ich weiß nicht, wie Sie eingeschätzt werden! Er weiß: Er ist ein wahrer Christ – und alle anderen, die die Absolution von ihm nicht bekommen haben, sind keine Christen.

Meine Damen und Herren! Wahre Christen bekennen sich auf einem Meldezettel. Das Bekenntnisprinzip ist das Prinzip, das unser Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften kennzeichnet. Das Bekenntnisprinzip ist es! Wer sich zu seiner Religionsgemeinschaft und


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seiner Kirche – das ist ein bißchen mehr als eine Religionsgemeinschaft – bekennt, der schreibt sein Bekenntnis auch auf den Meldezettel. Und wenn ihm das kein Anliegen ist und er sich nicht mehr zu seiner Religionsgemeinschaft und seiner Kirche bekennen will, dann schreibt er es eben nicht darauf.

Wenn Sie unser Parteiprogramm genau gelesen hätten und übrigens auch Ihr eigenes, das Ihres wahren oder unwahren Christenkollegen aus der Österreichischen Volkspartei Fasslabend ... (Bundesminister Dr. Fasslabend: Ich bin ein kämpferischer Christ!) Sie sind ein kämpferischer Christ? Das heißt noch lange nicht, daß Sie ein wahrer Christ sind! Merken Sie sich das! (Heiterkeit.) Das hat Ihr eigener Klubobmann gesagt! Passen Sie auf!

Sie haben das Parteiprogramm geschrieben, und darin ist auch von der institutionellen Trennung von Staat und Kirche die Rede. Die institutionelle Trennung ist ebenso in unserem Parteiprogrammentwurf festgeschrieben. Und "institutionelle Trennung von Staat und Kirche" bedeutet, es den Menschen freizustellen, sich zu bekennen, und sie nicht dafür zu bestrafen, wenn sie sich nicht bekennen wollen. Darauf zielt unser Antrag ab! Daher lasse ich mir nicht unterstellen, lieber Kollege Khol, daß wir das Christentum und das Abendland in Gefahr bringen, nur wenn wir heute vorschlagen, daß man auf dem Meldezettel in Zukunft freiwillig und sanktionslos sein Religionsbekenntnis und seine Kirchenzugehörigkeit bekanntgibt.

Die katholische Kirche – das weiß ich auch, denn ich habe mich mit dieser Frage beschäftigt – hat Datenmaterial in ausreichender Menge, um zweifelsfrei die Zugehörigkeit eines katholischen Christen zur Kirche feststellen zu können und die Beitragsvorschreibung sowie die Beitragseintreibung zu bewerkstelligen. Gott sei Dank gibt es dort auch die Möglichkeit – das sage ich jetzt dazu –, seinen Kirchenbeitrag zu widmen, was ich für eine sehr vernünftige Innovation halte. Hätten wir das vor einigen Jahren vorgeschlagen, hätten wir uns wahrscheinlich von "Seiner Heiligkeit", Andreas von Khol, den Bannfluch und die Exkommunikation eingehandelt!

Meine Damen und Herren! Die Frage ist, wie man zum Bekenntnisprinzip, wie man zur institutionellen Trennung von Staat und Kirche steht, die keine geistige sein muß. Dazu vermisse ich Ihre Haltung, Herr Kollege Khol! Hier hin und wieder einen Debattenbeitrag abzuliefern, der dann in bestimmte Kreise verschickt werden kann, das ist die eine Seite der Politik. Sie haben jedoch an den Entwicklungen, die es in den vergangenen Jahrzehnten, insbesondere in den letzten zehn Jahren, auch in der Tagespolitik – ich habe sie schon erwähnt: gesellschaftspolitisch, schulpolitisch, ausländerpolitisch – gegeben hat, mitgewirkt. Wenn Sie dann aber auch noch den tapferen Christen spielen, dann muß ich Ihnen sagen: Das ist ein bißchen zuviel der Scheinheiligkeit! – Seien Sie mir nicht böse, aber das ist wirklich ein bißchen zuviel der Scheinheiligkeit!

Daher mahne ich Sie: Gehen Sie in sich! Sehen Sie nicht den Splitter im Auge des anderen! Erkennen Sie den Balken in Ihrem eigenen Auge! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ein Wunsch nach einem Schlußwort seitens des Berichterstatters liegt mir nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht in 775 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (Abg. Dr. Khol: Da schau her, die Rede hat gewirkt, die Freiheitlichen stimmen zu, sie haben doch Angst!)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé betreffend Angabe des Religionsbekenntnisses auf dem Meldezettel.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Partik-Pablé zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

14. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung (III-76 und Zu III-76 der Beilagen) betreffend die Jahresberichte 1994 und 1995 der Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung (827 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Wabl. Die Redezeit von 5 Minuten ist keine freiwillige, sondern jene, die noch für die Grünen übrig ist. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.57

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Danke, Herr Präsident. – Danke, Herr Bundesminister, für die Anfeuerungen! Vorneweg: Die Einrichtung einer Beschwerdekommission ist eine sehr kluge, und nach meinen Informationen funktioniert sie auch sehr gut.

Meine Damen und Herren! Wir haben im Ausschuß eine heftige Debatte über die sehr merkwürdige Meinung des Bundesministers für Landesverteidigung geführt, der offensichtlich meint, daß die Beschwerdekommission ein Hilfsorgan des Landesverteidigungsministeriums ist. Hiezu hat es eine sehr heftige Diskussion gegeben, und der Herr Bundesminister war offensichtlich nicht bereit, klärende Worte zu sprechen.

Meine Damen und Herren! Ich halte das für ein großes Manko dieser Beschwerdekommission, die an sich ausgezeichnet funktioniert, wenngleich es vernünftig wäre, die Vorsitzenden der Beschwerdekommission in Zukunft zu wählen, ähnlich wie bei der Volksanwaltschaft. Daß die Freiheitlichen in dieser Beschwerdekommission auch als Vorsitzende vertreten sind, hat mit der Geschichte dieser Beschwerdekommission zu tun: Ähnlich wie bei der Volksanwaltschaft wurde den Freiheitlichen einfach ein Sitz zugesagt, um sie in diesen Bereich miteinzubinden. Ich würde die Durchführung einer Wahl durch dieses Haus für demokratiepolitisch richtig halten. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Sehr problematisch ist im Zusammenhang mit der Beschwerdekommission ist jedoch, daß im wesentlichen die Zahl der Beschwerden ständig zunimmt, obwohl die absolute Zahl der Präsenzdiener abnimmt. Das kann natürlich auch damit zu tun haben, daß das Selbstbewußtsein der Soldaten steigt und daß sowohl die Mündigkeit als auch die Möglichkeiten für Beschwerden zugenommen haben und die Zugänge verbessert worden sind.

Wenn ich mir dann aber die beiden Jahresberichte ansehe, dann muß ich schon sagen: Herr Bundesminister, es gibt in unserem Bundesheer zutiefst undemokratische Zustände, insbesondere in der Stadt Wien, wo es zahlreiche Beschwerden über Mißstände etwa im Zusammenhang mit Ausbildnern gibt, die zum Himmel schreien. Viele Ausbildner sind offensichtlich der Meinung, daß sie autoritär wie vor 30, 40 oder 50 Jahren vorgehen können!

Meine Damen und Herren! Wir können festhalten, daß sich viele Zustände beim Bundesheer überhaupt nicht ändern, obwohl ständig über ganz bestimmte Mißstände beim Bundesheer berichtet wird und die Beschwerdekommission in einem Jahresbericht diese Beschwerden minutiös aufführt.

Sagen möchte ich noch, daß diese Berichte dem Parlament eigentlich jedes Jahr übermittelt werden sollten. Außerdem wäre es sehr zweckmäßig, wenn bei ganz bestimmten gravierenden Anlässen die Beschwerdekommission direkt ans Parlament gehen könnte und nicht immer erst einen ganzen Bericht abwarten müßte. Das wäre sicher zweckmäßig. Das wird zum Beispiel in Deutschland sehr erfolgreich durchgeführt.


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Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich betonen, daß die Ablehnung der beiden Berichte nicht mit der Erstellung der Berichte und mit der Arbeit der Beschwerdekommission zu tun hat, sondern mit der Ablehnung der Zustände an sich. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

23.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

23.02

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Natürlich ist der Bericht der Beschwerdekommission aus den Jahren 1994 und 1995 nicht unbedingt sehr aktuell. In diesem Punkte gebe ich leider Gottes – beziehungsweise gerne – Kollegen Wabl recht. Wesentlich aktueller sind die Konsequenzen, die vom Bundesministerium beziehungsweise vom Bundesminister aus diesen Berichten gezogen wurden, und ich werde darauf zurückkommen.

Natürlich ist der Bericht nicht spektakulär, sondern besteht aus einer Auflistung der Beschwerden der Präsenzdiener, des Kaderpersonals. Diese Beschwerden werden aufgelistet, zugeordnet, und uns wird zur Diskussion gestellt, in welcher Form diesen Rechnung getragen wird.

Die Beschwerdekommission hat die 350. Arbeitssitzung der Öffentlichkeit vorgestellt. Ich meine, das sollte bei dieser Gelegenheit auch erwähnt werden. Seit 1993 hat sie vom Nationalrat den entsprechenden Auftrag; es handelt sich hiebei um ein Instrumentarium, das praktisch jede Armee kennt und hat.

Geschätzte Damen und Herren! Unsere Beschwerdekommission wird – das kann ich wirklich mit Genugtuung feststellen – ihrer Aufgabe der objektiven und raschen Behandlung aller außerordentlichen Beschwerden, wie ich meine, mit großem Engagement gerecht. Diesen Berichten ist zu entnehmen, daß sich die Prüfung und die Beschwerden auf Präsenzdiener und auf Kaderpersonal beziehen, und zwar sowohl im Inland als auch – das möchte ich besonders erwähnen – bei österreichischen Kontingenten im Einsatz für die Vereinten Nationen.

Natürlich wird von den Grundwehrdienern verstärkt der Weg der außerordentlichen Beschwerde beschritten. Das liegt sicherlich daran, daß unsere Grundwehrdiener mündig sind, sich zur Wehr setzen und auch den Weg zur Beschwerdekommission in ganz Österreich leicht finden. Ich möchte aber auch erwähnen, daß gerade bei den Grundwehrdienern nicht immer ganz eingesehen wird, daß es beim Bundesheer strenge Kommandostrukturen, eine konsequente Einhaltung des Dienstes und der Anordnungen geben muß. Daher kommt es auf diesem Gebiet dann und wann zu einer Gratwanderung.

Meine Damen und Herren! Ich nehme diese Debatte auch zum Anlaß, festzustellen, daß die Beschwerdekommission gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag, aber auch anhand ihrer praktischen Ausübung weisungsfrei handelt und unabhängig ist vom Ministerium und vom Minister, ganz im Sinne ihrer Aufgabe.

Herr Kollege Wabl! Zur Besetzung möchte ich meinen, daß diese Kommission hohe politische Autorität aufweist, da alle Parteien, Regierungsparteien und Opposition, vertreten sind und seit Jahrzehnten einstimmige Beschlüsse gefaßt werden. – Dies zeichnet diese Kommission eindeutig aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Sie werden sich den statistischen Teil der Berichte angesehen haben, ich brauche daher nicht näher darauf einzugehen. Etwas möchte ich aber noch erwähnen: In den Berichten werden die Beschwerden aufgezeigt und zur Aufarbeitung analysiert; zur überwiegenden Mehrzahl von korrekten Abläufen wird jedoch nichts gesagt. Im Sinne dieses Berichtes möchte ich daher die Leistungen unserer engagierten Soldaten, Offiziere sowie Präsenzdiener betonen. Bei dieser Diskussion gilt der Dank unseres Hauses und der Öffentlichkeit auch all jenen, die diesen Dienst für unseren Staat tun! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Ofner. )


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Sie werden gelesen haben, daß es 2 000 Anrufe allein im Servicebüro gab, und dieses Büro war imstande, diese 2 000 Anrufe korrekt, sofort und konsequent zu erledigen, und das neben den anderen Beschwerden. Wenn man die Summe der Beschwerden bereinigt und jene abzieht, die inhaltsgleich oder inhaltsähnlich sind, dann stellt man von 1994 auf 1995 eine Zunahme von 215 auf 253 Fälle fest, also eine Zunahme um 34 Fälle, und das ist beileibe nicht spektakulär. Dieses Servicebüro hat jedoch, wie erwähnt, darüber hinaus weitere 2 000 Anrufe erledigt. Jeder Soldat kann sich – zum Ortstarif – unter der Nummer 0660/5178 unbürokratisch und direkt beschweren.

Meine Damen und Herren! Dahinter steht eine schlagkräftige Organisation mit exzellenten Fachleuten und großer Bereitschaft zu Koordination und Kooperation mit allen, die damit befaßt sind. Ich bedanke mich beim Leiter dieses Büros, Herrn Dr. Pietsch, und beim Leiter der Sektion II, Dr. Harasek, beziehungsweise auch bei der Disziplinärabteilung! Sie leisten ganz exzellente Arbeit!

Ich möchte noch auf die Konsequenzen aus diesem Bericht zu sprechen kommen: An erster Stelle möchte ich darauf hinweisen, daß es eine wesentliche Verbesserung der Ausbildung der Ausbilder an der Heeresunteroffiziersakademie in Enns gegeben hat. Es wurde dort besonderer Schwerpunkt auf die pädagogische Ausbildung gelegt. Eine 50prozentige Ausweitung des diesbezüglichen Lehrinhaltes wurde vorgenommen. Zusätzlich ist ein Praxissemester an der Militärakademie vorgesehen, und der Unterricht in Wehrpädagogik und Führungsverhalten wird besonders intensiviert. Eine Einbeziehung von Unilehrgängen an der Universität Linz ist besonders für die Ausbildung der Lehrer vorgesehen.

In diesem Punkt hat man konsequent dem Bericht Rechnung getragen, meine Damen und Herren, und somit ist auch die Zahl der Beschwerden betreffend Führungsverhalten und Führungsschwächen gesunken. Ich möchte darauf verweisen, daß zwischen 1994 und 1995 die Zahl der Beschwerden über Führungsverhalten von 410 auf 213 zurückgegangen ist; das sind 48 Prozent. Das kann sich sehen lassen, und wir merken diese Entwicklung auch in weiterer Folge.

Es ist nicht gerecht und den Tatsachen nicht entsprechend, wenn manche Zeitungen im Zusammenhang mit den Berichten der Beschwerdekommission meinen, daß es beim Bundesheer nur "Schleifer" gebe und es dort brutal zugehe. Das sind eher die Ausnahmen. Die Regel ist, daß man versucht, den Aufgaben des Bundesheeres und der Landesverteidigung gerecht zu werden.

Geschätzte Damen und Herren! Abschließend möchte ich als Mitglied der Beschwerdekommission Herrn Bundesminister Fasslabend dafür danken, daß er unserer Kommission wirklich Verständnis entgegenbringt und die Bereitschaft zeigt, aufgezeigte Mißverhältnisse zu ändern. Ich denke, in dieser Form werden wir für unser Bundesheer weiterhin erfolgreich tätig sein können. (Beifall bei der ÖVP.)

23.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Tychtl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.11

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Jahresberichte 1994 und 1995, die heute zur Debatte stehen, tragen sicherlich nicht zur Aufhellung der Tagespolitik bei und sind auch gewiß nicht geeignet, etwas gravierend Neues darzustellen. Aber sie bieten die Chance, Vergleiche zu ziehen, nämlich von 1994 über 1995 und 1996 bis zu einem Teil des Jahres 1997.

Bevor ich dazu komme, gestatten Sie mir, dem Herrn Bundesminister und dem Herrn Präsidenten des Nationalrates Dankesworte zu sagen, die beide in sehr eindrucksvoller und bestimmender Art und Weise die Position der Bundesheer-Beschwerdekommission als parlamentarische Einrichtung dargestellt haben. Deshalb gehe ich davon aus, daß auch diejenigen künftig Klarheit haben werden, die bisher ein bißchen darüber im Zweifel gewesen sind, ob diese Kommission eine parlamentarische Einrichtung ist oder aber nur – wie es einmal durchgeklungen ist – ein


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"Hilfsorgan" des Herrn Bundesministers sei, daß derartige Zweifel aus dem Weg geräumt sind und daß nunmehr eindeutig festgestellt ist: Die Beschwerdekommission ist eine parlamentarische Einrichtung. Ich danke dem Herrn Bundesminister, daß er das in der 350. Sitzung dieser Kommission sehr eindrucksvoll klargestellt hat.

Eine weitere Danksagung sei an diejenigen gerichtet, die uns in dieser Tätigkeit stets unterstützen. Ich weiß mich dabei eins mit dem Herrn Bundesminister, der dies in besonderer Weise immer tut, wenn Not am Manne ist und wenn wir uns mit Fragen an ihn wenden. Dann ist die Unterstützung von seiner Seite bis dato immer sehr gut, ja ausgezeichnet gewesen, und ich weiß, daß er unsere Arbeit schätzt.

Ich möchte in diese Dankesworte auch den Leiter der Sektion II, Herrn Sektionschef Mag. Harasek, einschließen, der ein sehr kompetenter Ansprechpartner für uns ist und als beratendes Organ an jeder Sitzung teilnimmt. Ich möchte es nicht verabsäumen, mich auch bei den Mitarbeitern seiner Sektion für ihre Mitarbeit, ihre Beteiligung und die Zusammenarbeit recht herzlich zu bedanken.

Eine besondere Würdigung verdienen unser Büroleiter, Herr Dr. Pietsch, und seine Mitarbeiter, die unsere Arbeit immer in hervorragender Art und Weise unterstützen. Wenn sie die Sitzungen vorbereiten, gehen sie dabei weit über das eigentliche Pensum ihres Auftrages hinaus. Für sie gilt eigentlich keine Dienstzeit, sondern sie sind immer da, wenn sie gebraucht werden. Ich möchte mich hier namens meiner Fraktion in aller Form bei ihnen herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun möchte ich einige Worte zu den in Verhandlung stehenden Berichten folgen lassen und damit beginnen, daß es auffällig ist, daß das Beschwerdeaufkommen in den Jahren 1994 und 1995 zunehmend gestiegen ist. Das Schwergewicht der Beschwerdevorbringer lag meist auf mangelhaftem Führungsverhalten, auf Angelegenheiten der Ausbildung und des Dienstbetriebes und vor allem auf Personalangelegenheiten. Interessant ist weiters, daß im Zuge der Beschwerdeerledigung im Jahr 1994 den vorgebrachten Fällen zu knapp 50 Prozent Berechtigung zuerkannt wurde, 1995 waren es 40 Prozent der Fälle und 1996 70 Prozent. Wie es scheint, dürfte der Wert im Jahre 1997 ähnlich liegen.

Nun wird man sich fragen: Um welche Fälle handelt es sich überwiegend? – Ich habe mir einige angesehen. Dabei fällt immer auf – mein Vorredner hat zu Recht darauf hingewiesen –, daß die Ausbildung sehr viel dazu beigetragen hat, daß sich einiges, ja ich möchte sagen sehr vieles, gebessert hat. Trotz alledem gibt es aber immer noch einige Ausreißer, und ich stehe auf dem Standpunkt, daß jeder Ausreißer einer zuviel ist. Darauf müssen wir uns konzentrieren und verstärkt auf die Ausbildung einwirken, damit da einiges nicht passieren kann.

Es geht darum, nicht schon im Auswahlverfahren der Unteroffiziere für den Kurs an der Unteroffiziersakademie jene Dinge einreißen zu lassen, die dann sozusagen im Langzeitgedächtnis haften bleiben, über die Ausbildung hinaus durchschlagen und schließlich dazu führen, daß man zum Beispiel in der Zeitung lesen kann, daß im Bundesheer groteskerweise noch immer "Liegestütz-Tage" möglich sind, an denen, über den Tag verteilt, zum Beispiel 100 Liegestütze zu absolvieren sind, oder daß ein besonders "kreativer" Ausbildner vielleicht dazu neigt, folgende Überlegung anzustellen: Was könnte man tun, wenn ein Innendienstfähiger mit Gipsfuß vor einem steht? – Momentan hat man für ihn keine Verwendung, aber dann sieht man auf dem Kasernenhof Gras zwischen den Steinen wachsen und stellt fest, daß der gute Mann liegend Gras zupfen könnte.

Ich glaube, das kann es nicht sein! (Abg. Mag. Kukacka: Wirklich nicht!) Weiters fällt mir dabei auf, daß oftmals wirklich – wie mir scheint – Gedankenlosigkeit zu gewissen Ergebnissen führt. Es gibt interessante Fälle wie den folgenden: Ein Wäschetausch fällt aus, weil es keine größeren Hemden gibt als solche mit Kragenweite 37. Gott sei Dank ist niemandem eingefallen, den Soldaten die Halsweite auf 37 zu kürzen. Darüber bin ich froh, denn das hätte der nächste Schritt sein können.


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Ein ganz aktueller Fall: Es liegt keine frische Wäsche bereit, weil die Waschmaschine kaputt ist und die Wäscherei nicht liefert. Oder: Es gibt keine Kopfpolster, weil die Kopfpolster für den Albanien-Einsatz abgegeben werden mußten und andere nicht zur Verfügung stehen. Da frage ich mich allerdings: Wie steht es mit der Lagerhaltung? (Abg. Nürnberger: Geri, das kann ja alles nicht stimmen, was du da sagst! – Abg. Mag. Stadler: Das ist ja ein Wahnsinnszustand! – Ruf: Das kommt aus dem Gruselkabinett!)

Ich sagte, das sind Ausreißer, aber man kann sie nicht hinnehmen, sondern muß sie aufzeigen, und ich weiß mich da eins mit dem Herrn Bundesminister, daß er dafür Sorge trägt, so etwas abzustellen. Es wird auch in dem Augenblick abgestellt, in dem wir davon Kenntnis erhalten. Wenn die Beschwerdekommission dort auftaucht, dann ist es in kürzester Zeit möglich, solche Dinge abzustellen. Daher halte ich die Einrichtung der Beschwerdekommission nicht nur für sehr wichtig, sondern sehe sie als ein Bindeglied zum Herrn Bundesminister, um sehr rasch Veränderungen herbeizuführen. Denn offensichtlich bedarf es oftmals des berühmten Anstoßes, damit sich etwas bewegt. Ich glaube, wir haben damit eine gute Einrichtung und können viel bewegen.

Herr Bundesminister! Was wir noch brauchen, ist, diese gute Zusammenarbeit nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern weiter auszubauen in Richtung auf das Führungsverhalten und vor allem auf die Dienstaufsicht. Die Dienstaufsicht scheint oft sehr stark vernachlässigt zu werden, denn sonst könnte es zu solchen Dingen nicht kommen. Ein weiterer Beweis dafür ist dies: Wenn man sich die Statistik ansieht, dann fällt einem auf, daß sich ein sehr hohes Maß der Beschwerden, nämlich 60 Prozent, auf Offiziere bezieht. Das resultiert nur aus der Dienstaufsicht, weil Untergebene sich auf den letztendlich verantwortlichen Offizier ausreden. Daher ist verstärkte Dienstaufsicht gefragt, und ich bitte Sie, dabei noch weiter sozusagen in die Tiefe zu dringen, damit dieser Tätigkeit auch weiterhin nachgegangen werden kann.

Wir müssen uns überdies bemühen, bei Schwierigkeiten im Ausland sehr rasch und zielstrebig – wie in der Vergangenheit – einzuschreiten. Es hat sich gezeigt, daß es dort, wo wir hinkamen, keinen einzigen Fall gegeben hat, in dem nicht sofort eine 100prozentige Aufklärungsquote erreicht werden konnte und die Dinge letztendlich abgestellt wurden. Herr Bundesminister! Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch für die rasche Unterstützung im jüngsten Fall recht herzlich bedanken, in dem wir uns wieder vorgenommen haben, sehr rasch zu handeln. Ich bin davon überzeugt, daß wir auch dabei ein gutes Ergebnis nach Hause bringen werden.

Ein letzter Punkt: Ich bitte, auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, daß der Bundesheer-Beschwerdekommission die ihr vom Gesetzgeber aufgetragenen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, und zwar sowohl was den Bereich der Infrastruktur betrifft als auch darüber hinaus, sodaß jederzeit sichergestellt ist, daß wir, wenn Not am Manne ist, in die Kasernen und vor Ort gehen können. Ich glaube, daß wir damit unseren Soldaten, der Republik und unserem Bundesheer einen guten Dienst erweisen. (Abg. Mag. Kukacka: Redezeit!) Ich darf alle einladen, auch den Kollegen Kukacka, dem es unter den Nägeln brennt, tätig zu werden. Vielleicht kann er nächstes Mal in der Beschwerdekommission mitwirken und in diesem Sinne tätig sein. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.22

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! 5 Minuten sind mir von unserer heutigen Redezeit geblieben, und nach mir werden noch zwei Redner meiner Fraktion zu Wort kommen. Damit ich es nicht vergesse: Ich darf mich zunächst dem allgemein vorgebrachten Dank anschließen, der von meinen Vorrednern all denjenigen ausgesprochen wurde, die sich im Zusammenhang mit dem Wirken der Beschwerdekommission verdient gemacht haben.

Die Kommission und ihre Tätigkeit treffen im Bereich des Heeres naturgemäß nicht nur auf Freunde und Entgegenkommen. Die Betreffenden reagieren unterschiedlich: Zum Teil vertreten sie den Standpunkt, die Beschwerdekommission sei – aus der Warte der Landesverteidigung


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betrachtet – ein Fremdkörper. Das ist richtig, und wir sehen darin auch nichts Abwertendes. Sie ist aus dieser Sicht wirklich als Fremdkörper zu bezeichnen, ist sie doch eine parlamentarische Prüfeinrichtung.

Die anderen vertreten den Standpunkt, wir seien in Wirklichkeit ein Teil der Landesverteidigung, so etwas wie eine Unterabteilung des Verteidigungsministeriums. Von ihnen kann man nur annehmen, daß sie das Gesetz und die Kommentare, die es dazu gibt, nicht gelesen und die Vorgänge, die zur Erstellung der Kommission führten, nicht erfaßt haben.

Die Kommission ist ein Prüforgan des Parlaments, darin sind sich alle Kommentatoren einig, und auch Neisser/Ermacora vertreten in dem wohl maßgeblichen Kommentar eindeutig diesen Standpunkt. Auch wird die Kommission, was die Vorsitzenden betrifft, im Nationalrat gewählt. Die übrigen Mitglieder werden bestellt. Wir haben jüngst erst aus dem Mund von Nationalratspräsident Fischer gehört, daß es sich dabei um eines der drei Prüforgane des Parlaments handelt, die da sind: Rechnungshof, Volksanwaltschaft und Beschwerdekommission.

Wenn ich mir von ebendiesem Gesetzgeber – sozusagen unserem "Vater" – etwas wünschen darf, so sind da einige Dinge darunter, die aus der Sicht des Nationalrates geringfügig erscheinen mögen, die wir in der Beschwerdekommission jedoch dringend brauchen. Dazu gehört zunächst die Einführung einer Verjährungsbestimmung in die diesbezügliche gesetzliche Regelung. Streng nach dem Gesetz müßte man sich heutzutage eigentlich auch dann, wenn sich ein Grundwehrdiener zehn Jahre, nachdem er abgerüstet hat, über irgendeinen Vorgang beschwert, der ihn während seiner Dienstzeit betroffen hat, noch immer über diesen Vorgang absprechen. Deshalb gehört in dieser Hinsicht eine Verjährungszeit von etwa einem Jahr eingezogen.

Es ist aber auch notwendig, daß eine Bagatellgrenze geschaffen wird. Wir selbst haben uns in der Judikatur angewöhnt, davon zu sprechen, daß es einen Grad der Geringfügigkeit bei Beschwerdegegenständen gibt, der es an beschwerderechtlicher Relevanz mangeln läßt. Das heißt, wie wir alle wissen, daß es beim Heer naturgemäß schon infolge seiner Aufgabe und Gestaltung nicht immer so zugehen kann wie in einer Volksschule – auch wenn es dort manchmal so zugeht wie in einer Volksschule. Es muß aber so sein, daß man echte Bagatellangelegenheiten nicht tatsächlich mit einer Art Schuldsprüche beantwortet. Es muß so sein, daß man den schmalen Grat zwischen Schikane, Unrecht oder Unbilligkeit auf der einen Seite und lächerlichen Beschwerden, die sich mit Kleinigkeiten befassen, auf der anderen Seite gehen kann, ohne auf der einen oder anderen Seite hinunterzurutschen.

Daher lautet mein Appell, meine Bitte an den Gesetzgeber: Bitte führen Sie bei nächster Gelegenheit, wenn es um das Wehrgesetz geht, einerseits die Verjährung ein und ziehen Sie andererseits eine Bagatellgrenze in die diesbezüglichen Regelungen ein, damit wir nicht, um dem Willen des Gesetzgebers zu entsprechen, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen brauchen.

Ein materiellrechtliches Detail noch, solange das Licht hier rot blinkt: Noch immer ist es so, daß ein Grundwehrdiener in voller Länge haftet, wenn ihm fahrlässig – wenn auch mit einem gewissen qualifizierten Grad der Fahrlässigkeit – irgend etwas passiert, das einen Schaden an einem Gegenstand, einer Waffe oder einem Fahrzeug herbeiführt. Der Grundwehrdiener, der praktisch nichts verdient, muß oft Schadenersatz in der Höhe von Zehntausenden Schilling leisten.

Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, daß mitunter die Finanzprokuratur im Auftrag des Finanzministeriums Vergleiche schließt, sodaß dann "nur" – unter Anführungszeichen – 30 000 S oder Beträge in ähnlicher Höhe zu bezahlen sind. Wir vertreten den Standpunkt: Wenn jemand beim Heer dient – und das nicht immer gerne tut – und ihm dann etwas nicht dolos, sondern fahrlässig passiert, dann ist es eben passiert und soll es die Republik zahlen – und nicht der Betroffene selbst. Auch das wäre ein Wunsch an den Gesetzgeber. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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84. Sitzung / Seite 230

23.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Sie haben noch 15 Minuten Redezeit. – Bitte.

23.27

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Sie werden sich vielleicht wundern, warum ich jetzt das Wort ergreife. Ich bin seit heuer Mitglied der Bundesheer-Beschwerdekommission und halte es für eine äußerst interessante Aufgabe, dort als Abgeordnete mit drei Personen im Präsidium, denen ich jetzt danken möchte, zusammenarbeiten zu dürfen.

Die Bundesheer-Beschwerdekommission ist wirklich bemüht, sehr fair vorzugehen. Das ist eine der Erkenntnisse, die ich, ohne dies zu erwarten, gewonnen habe. Sehr fair mit den Beschwerden und insbesondere rücksichtsvoller mit den Grundwehrdienern umzugehen, das war mein Anliegen, als ich in die Kommission eintrat. Ich muß sagen, daß meine Erwartungen übertroffen worden sind. Es ist wirklich so, daß man Beschwerden, von wem sie auch kommen mögen, sehr ernst nimmt, sehr fair diskutiert und ebenso behandelt.

Die Beschwerden handeln oft von baulichen Mängeln in Kasernen und Mängeln in der ärztlichen Betreuung, von Belangen des Stellungswesens, unzureichender Ausstattung mit Bekleidung, unerlaubten oder schikanösen Ausbildungsmethoden, Mißständen bei Truppen- und Kaderübungen oder Mißständen und Mängeln im Verlauf von Auslandseinsätzen. Das haben wir vor kurzem neuerlich gemerkt, als wir zwei Todesfälle zu beklagen hatten.

Zu den mangelnden Kenntnissen der Ausbildner über die Ausbildungsvorschriften möchte ich etwas als Medizinerin sagen. Es hat zum Beispiel den Fall eines Grundwehrdieners gegeben, der in Ohnmacht fiel. Sofort "erkannte" der Ausbildner, daß dieser Wehrdiener ein Simulant sei – scheinbar im Besitz einer Gabe, die ich mir als Medizinerin nur wünschen könnte. Wenn ich jemanden sehe, der in Ohnmacht fällt, kann ich nicht sofort differenzieren, ob es sich um eine Simulation handelt, um ein diabetisches Ereignis, um eine epileptische Absence oder etwas anderes. Es gibt eine Fülle von Ereignissen, die man da in Betracht ziehen muß.

Aber nein, dieser Ausbildner "erkannte" sofort, daß das eine Simulation war, und er hauchte diesem Menschen – nach einer gewissen Wartezeit offenbar – wieder Leben ein, indem er ihm befahl, habtacht zu stehen. Weil aber der Wehrdiener nicht korrekt habtacht stehen konnte, sondern ihm wieder schlecht wurde und er neuerlich umfiel, wurde er daraufhin bestraft. Ein wirklich besonderes Ereignis, das muß ich sagen! Allerdings denke ich mir angesichts dessen, daß das Ausbildungspersonal vielleicht wirklich in medizinischen Belangen und Erster Hilfe nachgeschult werden müßte. Denn daß sich manche beim Militär Fähigkeiten zuschreiben, die ich mir als Medizinerin nicht zutraue, ist vielleicht doch als ein Zeichen der Überschätzung zu werten.

Ich muß leider feststellen, daß die Bundesheer-Beschwerdekommission nicht wirklich adäquat ausgerüstet ist. 2 000 Anrufe zu bekommen, wenn man nur eine Telefonleitung zur Verfügung hat, grenzt bereits an ein Weltwunder, da diese Telefonleitung grundsätzlich immer besetzt ist, und das wiederum überrascht nicht, da es eben nur eine gibt. Ich hoffe, daß man dann, wenn es ungefähr fünf bis zehn Leitungen sein werden, dem Anspruch gerecht werden kann, der an diese Kommission gestellt wird. Dort sind sehr gute Mitarbeiter tätig, die gewohnt sind, rasch zu reagieren, und zwar so überraschend rasch, daß ich nicht jede ihrer Maßnahmen begleiten kann, wenn sie zur Überprüfung schreiten. Denn wenn das, wie es oftmals der Fall ist, von heute auf morgen geschieht, komme ich mit meinen anderen Tätigkeiten sozusagen ein bißchen übers Kreuz.

Zur Sprache bringen möchte ich weiters das Verfahren zur Auswahl der Personen für den Auslandseinsatz. Es erscheint notwendig, das besonders hervorzukehren, weil es damit in letzter Zeit offensichtlich Probleme gibt. Man findet niemanden mit adäquater Ausbildung, nimmt daher auch solche Personen, die schon über Beschwerden auffällig geworden sind, und belohnt diese dadurch, daß man die Anstellung auf ihrem Posten verlängert.

Ich glaube, daß man sich hinsichtlich des österreichischen Bundesheeres grundsätzlich überlegen müßte, ob man jedem Ruf nach Auslandseinsatz gerecht werden kann, wenn man dazu das Personal nicht mehr hat, oder aber auf der anderen Seite in der Reserve vielleicht adäquates


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Stenographisches Protokoll
84. Sitzung / Seite 231

Personal hätte, um den Anforderungen, die offensichtlich in immer größerem Maße an uns gestellt werden, gerecht zu werden. Herr Bundesminister! Da sind Sie gefordert. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

23.32

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Jahresberichte 1994 und 1995 der Bundesheer-Beschwerdekommission zeigen klar und deutlich, daß mit sehr hohem Verantwortungsbewußtsein sehr gute Arbeit geleistet worden ist. Die Bundesheer-Beschwerdekommission ist eine Einrichtung, die zu Recht anerkannt und respektiert wird, eine wichtige Institution mit hohem Ansehen und Stellenwert.

Daß ein Bedarf für diese Einrichtung besteht, wird dadurch bewiesen, daß die Beschwerdekommission verstärkt in Anspruch genommen wird. Es gibt die Möglichkeit der telefonischen Anfragen, bundesweit zum Ortstarif; damit wird eine hervorragende Serviceleistung geboten. Diese Inanspruchnahme ist sehr zu begrüßen, weil dort rasch und unbürokratisch geholfen werden kann, sodaß in vielen Fällen die Einbringung von Beschwerden nicht mehr erforderlich ist.

Dabei möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß es dank der Verbesserungen im Bereich des Dienstbetriebes im Vergleich zu den Vorjahren gelungen ist, eine Reihe von Ursachen für Beschwerden zu beseitigen. Diese qualifizierte, engagierte und sehr verantwortungsvolle Tätigkeit ist konsequent fortzusetzen, wird doch dadurch die Motivation und damit auch die Einsatzbereitschaft der Soldaten steigen.

Herr Bundesminister! Was besonders auffällt, ist die Zahl der Beschwerden über bauliche Mängel in Kasernen. 1994 wurden 47 Beschwerden eingebracht, 1995 waren es bereits 59. Daran erweist sich neuerlich, daß im Bereich der Modernisierung und der Verbesserung von Soldatenunterkünften und Ausbildungsstätten Handlungsbedarf besteht.

Herr Bundesminister! Bis jetzt liegt kein Standortkonzept des Bundesheeres vor. Meiner Ansicht nach könnten durch den Verkauf der nicht mehr benötigten Liegenschaften und Kasernen finanzielle Ressourcen erschlossen werden, die einerseits der notwendigen Modernisierung der Soldatenunterkünfte und Ausbildungsstätten zugute kommen könnten, andererseits die Investitionsspielräume des Heeres verbessern würden, und damit könnten längst fällige Beschaffungen, die dem Schutz und der Sicherheit der Soldaten dienen, leichter vorgenommen werden. Dabei denke ich vor allem an die für internationale Solidaritätsleistungseinsätze und für die Friedenssicherung erforderliche Ausrüstung mit Radpanzern. Dabei könnte die Bundesregierung ein von ihr beschlossenes Beschaffungsvorhaben realisieren, das der heimischen Wirtschaft, den österreichischen Arbeitskräften und vor allem dem Schutz und der Sicherheit der Soldaten zugute käme.

Herr Bundesminister! Die Bundesheer-Beschwerdekommission leistet seit ihrem Bestehen wertvolle Arbeit – im Interesse der Angehörigen des Bundesheeres und somit auch im Interesse der österreichischen Landesverteidigung. Sie wird diese Arbeit in Zukunft in diesem Sinne fortsetzen und intensivieren. (Beifall bei der SPÖ.)

23.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster ist Herr Bundesminister Dr. Fasslabend zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

23.36

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte von dieser Stelle aus den Mitgliedern der Bundesheer-Beschwerdekommission und deren Mitarbeitern, insbesondere aber den drei Vorsitzenden Tychtl, Ofner und Senekowitsch herzlichen Dank für die geleistete Tätigkeit sagen. Sie ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil geworden, in der Kontrolle und Erledigung von Vorfällen,


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in der Verbesserung der Qualität und auch im Erkennen und Bearbeiten von Mängeln, etwa an den baulichen Zuständen. Ein herzliches Dankeschön für diese hervorragende Tätigkeit!

Ich wünsche mir, daß es auch in Zukunft gelingen möge, durch die Tätigkeit dieser Kommission die Zahl der echten Vorfälle weiter zu reduzieren. Es ist für mich keine Frage der Quantität, obwohl es zweifellos auch ein Verdienst dieser Kommission ist, daß ein sehr großer Teil der Vorfälle tatsächlich bearbeitet werden kann, sondern es sollte damit gelingen, ein Qualitätsniveau zu schaffen, wie wir alle es uns wünschen und worauf sowohl die Kaderangehörigen des österreichischen Bundesheeres als auch die Grundwehrdiener Anspruch haben.

Das erscheint mir deshalb von besonderer Bedeutung, weil es oft zweifellos nicht leicht ist, die jungen Menschen zu führen. Sie sind in einem schwierigen Alter und leben unter schwierigen Bedingungen. Selbstverständlich gibt es Druck und ganz besondere Anforderungen. Aus einer vollen Forderung, die wir alle uns wünschen, entsteht manchmal eine Überforderung, und aus dem Bestreben heraus, eine Truppe, die sehr unterschiedlich und schwierig ist, im Griff zu haben, entsteht da und dort auch immer wieder ein Übergriff.

Um dabei den richtigen Weg und das richtige Maß zu finden, bedarf es sehr guten Augenmaßes, und dieses Augenmaß hat die Kommission bisher in besonderem Maße angewendet. Vielen Dank! Ich bin überzeugt davon, daß es mit Ihrer Tätigkeit in Zukunft gelingen wird, die Qualität der Ausbildung und des Dienstbetriebes noch weiter zu erhöhen und zu verbessern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Ofner. )

23.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als Ausschußvorsitzender möchte auch ich mich bei den Mitgliedern und Mitarbeitern der Beschwerdekommission sehr herzlich für die wichtige und durchaus auch arbeitsintensive Tätigkeit bedanken, und ich meine, daß sie auch für uns Ausschußmitglieder eine ganz wichtige Hilfe darstellt, um einen stärkeren Einblick in den Betrieb des Bundesheeres, auch was die Mißstände anlangt, zu bekommen und da und dort Abhilfe zu schaffen, soweit es uns eben möglich ist.

Es wurde heute gesagt, daß die Zahl der Beschwerden steigt. – Ich meine insgesamt, daß die Zahl der Beschwerden, gemessen an der Zahl der Grundwehrdiener, wenn man außerdem bedenkt, daß nur rund 50 Prozent dieser Beschwerden auch wirklich Berechtigung zukommt, relativ niedrig ist. Es wird immer betont, daß sehr viel bei der Ausbildung nicht funktioniert. Ich meine jedoch, daß sich, wenn man zuerst jene Beschwerden betreffend Angelegenheiten, die infrastrukturbedingt oder systembedingt sind, abzieht, die Ausbildung im Heer durchaus sehen lassen kann.

Herr Minister! Im Zusammenhang mit den infrastrukturbedingten Dinge – wie etwa dem Ausbau und der Sanierung der Kasernen oder der Erneuerung des Geräts – wären Sie gefordert, entsprechende Verbesserung in Zukunft stärker als in der Vergangenheit in Angriff zu nehmen, um positive Erfahrungseffekte zu erzielen.

Viele Beschwerden betreffen ein Übermaß an Diensten, Dienste vom Tag, Wachdienste, die durch die Verkleinerungen auf dem Grundwehrdienersektor und auch auf dem Dienstpostensektor bedingt sind. All diese Probleme sind hausgemacht, Herr Bundesminister, und Sie könnten diese, wenn Sie sie in Angriff nähmen, relativ rasch und einfach beheben.

Die Ausbildungsreform, die von der Sektion III in den letzten Jahren umgesetzt wurde, kann ich wirklich positiv beurteilen. Ich glaube, daß wir sowohl in bezug auf die Offiziersausbildung als auch in bezug auf die Unteroffiziersausbildung Weltniveau erreicht haben. Etwas ist dabei interessant: Ich glaube, ich gehe nicht fehl in der Behauptung, daß es keinen Beschwerdefall – beziehungsweise sehe ich gerade, daß es einen einzigen Fall gibt, aber das ist noch immer sehr


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gut! – über einen Ausbildner, einen Unteroffizier gibt, der nach den neuen Ausbildungsrichtlinien ausgebildet worden ist, gemäß welchen mehr Aufmerksamkeit auf Psychologie und Pädagogik gelegt wird.

Trotzdem halte ich es für notwendig, daß diese Rute im Fenster bleibt, denn – auch das sei festgehalten – einige Dinge sind nach wie vor nicht auszurotten. Der berühmte Aufbau des Zimmers auf dem Kasernenhof oder die Übung PAR 2000, bei der man diverse Tragelasten, unter anderem einen Holzstamm, auf den Rücken geschnallt bekommt, finden sich immer wieder in diesen Berichten. Ich meine, daß diese Dinge langsam der Vergangenheit angehören sollten und daß in solchen Einzelfällen rigoroses Strafen Platz greifen müßte. Es muß wirklich einmal jedem im Bundesheer klar sein, daß der Grundwehrdiener mittlerweile freiwillig seinen Dienst mit der Waffe macht und daß er ein wichtiger Werbeträger für die Gedanken der Landesverteidigung sein kann. Wenn er aber auch nur eine wirklich schlechte Erfahrung gemacht hat, etwa ungerecht behandelt wurde, kann dieses Image auf Dauer auch ins Negative gekehrt werden.

Noch etwas ist mir wichtig: Aus diesem Bericht geht hervor, daß in der Ostregion, vor allem in Wien, die Zahl der Beschwerden höher ist, also anscheinend die Probleme größer sind. In Anbetracht dessen möchte ich etwa mein Regiment, das Jägerregiment 2, wo ich persönliche Erfahrungen machen konnte, ein bißchen in Schutz nehmen. Es gibt dort wirklich gute Ausbildner, was zeigt, daß es auch in einer problematischen Situation im Umfeld der Großstadt möglich ist, Grundwehrdiener zu motivieren und Mißstände zu beseitigen, soweit das eben geht. Es ist dazu aber auch zu bemerken, daß natürlich im Umfeld einer Großstadt mit all den Schwierigkeiten, mit denen wir dort zu kämpfen haben, möglicherweise die Schwelle zum Einbringen einer Beschwerde niedriger ist und deshalb wohl auch Dinge, die anderswo als selbstverständlich akzeptiert werden würden, in Wien zu einer Beschwerde führen. Verallgemeinerungen sind jedenfalls zu vermeiden. Dort, wo Mißstände auftreten, sind sie sofort zu beseitigen, denn es ist wirklich im Sinne des österreichischen Bundesheeres, daß man die Lösung von Problemen mit aller Kraft in Angriff nimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Die Redezeit, die Sie noch zur Verfügung haben, beträgt 15 Minuten. – Bitte.

23.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, wenn bei einem solch sensiblen Thema wie Vorfällen beim Bundesheer Einhelligkeit im Hohen Haus herrscht. Als Mitglied der Beschwerdekommission freue ich mich, daß unsere Arbeit von allen Fraktionen anerkannt wird.

Ich glaube, es ist nicht ganz selbstverständlich, daß die Mitglieder von fünf Fraktionen bei völlig verschieden gearteten Beschwerden, wobei ihnen manche Beschwerdeführer oder Beschwerdebezogenen auch persönlich bekannt sind, zu einem einhelligen Urteil kommen und zu einer sachlichen Entscheidung finden.

Ich möchte mich dem oft geäußerten Dank an die Mitglieder der Beschwerdekommission, an die Präsidenten und an die Mitarbeiter natürlich anschließen: Die Unterlagen sind gut, die Qualität der uns zur Verfügung gestellten Papiere ist hervorragend!

Die Maßnahmen sind nachvollziehbar, und aufgrund dieser Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen werfen sich aber auch Fragen auf. Eine Frage ist für mich zum Beispiel die disziplinäre Würdigung: Ich habe sehr oft den Eindruck, daß, bedingt durch die Vielzahl der Kommandanten, bei ähnlich gelagerten Vorfällen der Spielraum der Strafen – von der Geldstrafe bis zur Belehrung – sehr groß ist. Daher meine ich, daß wir nicht nur dem Bestraften, sondern auch dem Disziplinarvorgesetzten etwas Gutes täten, wenn wir ihm ein konkreteres Werkzeug in die Hand geben würden, etwa ein Buch mit Anhaltspunkten, wie er zu strafen hat.

Es wurde heute auch schon mehrmals erwähnt, daß die Beschwerdekommission sehr oft um Hilfe angerufen wird, vom Brigadier bis zum Wehrpflichtigen. – Damit möchte ich mich noch kurz beschäftigen: Jeder Österreicher, auch der Wehrpflichtige, der bei der Stellung war, den


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Einberufungsbefehl aber noch nicht bekommen hat oder noch nicht eingerückt ist, hat die Möglichkeit, die Beschwerdekommission anzurufen. Es wird in Zukunft vermehrt solche Fälle geben.

Damit komme ich zur Debatte, die wir beim Zivildienst-Bericht geführt haben. Kollege Maitz, du hast erwähnt, daß nur mehr in begründeten Fällen Aufschub gewährt wird. Wir haben vom Herrn Bundesminister gehört, daß sich die Zahl der Zivildiener mit etwa 6 200 stabilisiert. – Ich glaube, wir haben hier über das Ziel geschossen. Wir haben uns mit dieser restriktiven Einberufung die Möglichkeit genommen, den Ergänzungskommanden mehr Flexibilität zu bieten.

Herr Bundesminister! Ich möchte auch dir von dieser Stelle aus für deine Bemühungen, jungen Menschen entgegenzukommen, herzlichst danken. Aber auch der Bundesminister ist an die gesetzliche Lage gebunden! In Anbetracht der Erfahrungswerte, die wir jetzt haben, ist, wie ich meine, das Mittelmaß der richtige Weg: Es darf nicht so restriktiv wie jetzt gehandhabt werden, aber auch nicht so, daß Aufschübe bis zum 35. Lebensjahr gewährt werden, da dann die Präsenzdienstleistung sicher problematisch ist.

Man wird in Zukunft wahrscheinlich feststellen, daß, wenn wir bei dieser Regelung bleiben, immer mehr junge Männer eine Zivildiensterklärung abgeben werden, um die Einberufung zu einem Termin, zu dem sie glauben, nicht zu können, zu verhindern. Dann könnte – wie Abgeordneter Kier gemeint hat – tatsächlich der Eindruck entstehen, daß der Zivildienst ein "Parkplatz" für Wehrdienst-Tachinierer ist. Kollege Kier, bei aller Wertschätzung: Ich empfinde weder jene, die gezwungen sind, Zivildienst zu machen, noch jene, die sich im Zivildienst befinden, als Wehrdienst-Tachinierer!

Meine Damen und Herren! Zum Schluß möchte ich noch eine Aufgabe erwähnen, die auf die Beschwerdekommission zukommen wird: Wir befassen uns ernsthaft mit dem Thema der Zulassung der Frauen zum Heer, und in diesem Fall wird die Beschwerdekommission ebenfalls gefordert sein. Kollegin Gredler hat erwähnt, daß Frauen bereits jetzt Angehörige der Beschwerdekommission sind. Ich glaube daher, daß die Beschwerdekommission auch diese Aufgaben erfüllen können wird und auch erfüllen können will.

Ich bringe abschließend ein kleines Beispiel aus einer Beschwerde, das zeigt, wo man auf Privilegienabbau dringen soll: In einem Beschwerdefall wurde einem Milizsoldaten eine Winter-Alpinausbildung aus der Wirtschaft zuerst zugesagt, dann abgelehnt: Einzig und allein zugelassen seien diese Winter-Alpinausbildungen für Angehörige des Ressorts. – Die Beschwerdekommission hat, mit der Unterstützung der Beamten, in diesem Fall reagiert und das abgestellt.

Zum Abschluß möchte ich sagen, Herr Bundesminister, daß wir solche Privilegien auch nicht im Zusammenhang mit Frauen beim Heer in Erwägung ziehen dürfen. Wenn es diesbezüglich Vorschläge gibt, ein Alterslimit festzusetzen, ausgenommen für Angehörige des Ressorts, dann schreit dieser Vorschlag geradezu nach Beschwerde! Ich glaube, daß wir darüber noch nachdenken sollten.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist nicht zulässig, von Einzelfällen auf das Gesamtsystem zu schließen, doch bestimmte Einzelfälle müssen ausgemerzt werden, um das Gesamtsystem zu erhalten und zu verbessern. Die Beschwerdekommission ist eine geeignete Einrichtung dazu. Ich arbeite dort gerne mit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Jung. – Herr Abgeordneter, Sie haben nur mehr eine Redezeit von 2 Minuten.

23.52

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Ich werde mir Mühe geben, mich kurz zu fassen, Herr Präsident.

Ich möchte drei Punkte erwähnen.


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Erstens: Der personelle Bereich ist der Hauptbereich der Kritik, die Zahl der Beschwerden ist steigend. Gegenstand der Beschwerde ist oft die Dauer der dienstlichen Inanspruchnahme. – Der Grund dafür: zu viele Dienste, zu lange Zusatzausbildung. Die Schuld daran liegt nicht bei den Militärs, sondern bei der Politik. Warum? – Die Einberufungskontingente sind zu schwach, obwohl der Herr Minister immer höhere Zahlen versprochen hat. Die Organisation ist schlecht. Wir warten auf die Heeresgliederung Neu; diese kommt aber erst nach den Wahlen in Oberösterreich. Letztlich sind die längeren Dienste zu erwähnen: Die Leute, die oft zwei Monate im Grenzsicherungseinsatz sind, müssen selbstverständlich irgendwann die Ausbildung nachholen.

Zweiter Bereich: Geräte und Ausrüstung. Beschwerden bestehen zu Recht, wiederum liegt die Schuld nicht bei der Truppe, sondern bei der Politik, die das Geld nicht zur Verfügung stellt. Und wenn wir uns heute das Budget der nächsten beiden Jahre anschauen, dann sehen wir, daß es nicht besser sein wird.

Letzter Bereich: Kritik gegen Verfahrensfragen, ungerechtfertigt verzögerte Behandlung. Dem kann ich aus eigener Erfahrung vollinhaltlich zustimmen. Herr Minister! Ich warte selbst auf die Erledigung dreier berechtigter Beschwerden, zum Teil schon seit acht Monaten, und ich hoffe, ich werde das noch in Ihrer Ministerzeit erleben; ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob diese noch so lange währen wird.

Die Forderung geht daher in erster Linie an die Politik, das Geld und die Organisation in der Form zur Verfügung zu stellen, wie es notwendig ist, damit die Truppe die an sie gestellten Anforderungen erfüllen kann. Dann fallen viele derzeit an sich berechtigte Beschwerden weg. – Ich glaube aber, diese Durchsetzungskraft, Herr Minister, werden Sie nicht haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung ist nicht verlangt worden.

Ich bitte die Plätze einzunehmen, wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-76 und Zu III-76 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Bericht wird mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an Dr. Ghassemlou.

Dieser Antrag ist an alle Abgeordneten verteilt worden; eine Verlesung erübrigt sich daher.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Kammerlander und FreundInnen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbesondere ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen seitens des Iran, "die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg" preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet – erteilt wurden.

Mit folgender Zusammensetzung:

4 SPÖ, 3 ÖVP, 2 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über diesen Antrag.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 555/A bis 563/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2902/J bis 2924/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 19. September 1997, 9 Uhr, ein.

Diese Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 23.56 Uhr