Stenographisches Protokoll

146. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 27. April 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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146. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode              Donnerstag, 27. April 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 27. April 2006: 10.38 – 17.54 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 781/A (E) der Abgeordneten Barbara Riener, Mag. Gisela Wurm, Anton Wattaul, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobelpreis 2006

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akade­mie Wien“ (DAK-Gesetz 1996) geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz über den Auslandsösterreicher-Fonds (AÖF-G)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 775/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegen­heiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992)

5. Punkt: Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zur Gründung einer Partner­schaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einer­seits und der Republik Tadschikistan andererseits samt Schlussakte, Anhänge, Proto­koll und Erklärungen

6. Punkt: Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit

7. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz)

8. Punkt: Bericht über den Antrag 68/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines „Anti-Doping-Gesetzes“

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (816/A)

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146. Sitzung / Seite 2

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 8

Ordnungsrufe ..............................................................................................  100, 135, 135

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 3922/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 29

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung           86

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 86

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ........................................................................ 89

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 92

Kurt Eder ....................................................................................................................... 93

Anton Wattaul ............................................................................................................... 94

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 95

Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen, dem Aus­schuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 749/A (E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienst­freistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und Ausgleich für Dienst­geberInnen von freiwilligen KatastrophenhelferInnen gemäß § 43 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung eine Frist bis 22. Mai 2006 zu setzen .................................................................................................. 29

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 30

Redner:

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 97

August Wöginger ......................................................................................................... 98

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 100

Mares Rossmann ....................................................................................................... 102

Karl Öllinger ................................................................................................................ 102

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 104

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 30

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 30

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwor­tung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Bankenaufsicht und der Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der feh­lenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanz­dienstleistern gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 125

Bekanntgabe ................................................................................................................... 80

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 80


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146. Sitzung / Seite 3

Redner:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 127

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 130

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 131

Josef Bucher ............................................................................................................... 133

Karl Öllinger ................................................................................................................ 134

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 136

Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Verdacht auf Amtsmiss­brauch und illegalen Handel mit österreichischen Sichtvermerken gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........... 136

Bekanntgabe ................................................................................................................. 133

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 137

Fragestunde (18.)

Auswärtige Angelegenheiten ....................................................................................... 8

Dr. Josef Cap (146/M); Karl Donabauer, Markus Fauland, Mag. Ulrike Lunacek

Dr. Michael Spindelegger (143/M); Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Heidemarie Rest-Hinterseer, Beate Schasching

Mag. Ulrike Lunacek (149/M); Mag. Walter Posch, Matthias Ellmauer, Dipl.-Ing. Elke Achleitner

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (151/M); Mag. Terezija Stoisits, Mag. Christine Muttonen, Ing. Josef Winkler

Dr. h.c. Peter Schieder (147/M); Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Elke Achleit­ner, Mag. Terezija Stoisits

Carina Felzmann (144/M); Herbert Scheibner, Mag. Ulrike Lunacek, Petra Bayr

Mag. Ulrike Lunacek (150/M); Ing. Kurt Gartlehner, Wolfgang Großruck, Detlev Neudeck

Markus Fauland (152/M); Mag. Ulrike Lunacek, Marianne Hagenhofer, Walter Murauer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 8

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  27, 125

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 781/A (E) der Abgeordneten Barbara Riener, Mag. Gisela Wurm, Anton Wattaul, Dr. Eva


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146. Sitzung / Seite 4

Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobelpreis 2006 (1407 d.B.)                             30

2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1298 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die „Diploma­tische Akademie Wien“ (DAK-Gesetz 1996) geändert wird (1402 d.B.) ............................................................................................... 31

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1363 d.B.): Bundesgesetz über den Auslandsösterreicher-Fonds (AÖF-G) (1403 d.B.) ......................................... 31

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 775/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Er­hebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen öster­reichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsular­gebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird (1404 d.B.) ............................................................................ 31

5. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorla­ge (1300 d.B.): Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Republik Tadschikistan andererseits samt Schluss­akte, Anhänge, Protokoll und Erklärungen (1405 d.B.) ..................................... 31

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1161 d.B.): Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit (1406 d.B.) ............................................................................................ 31

Redner/Rednerinnen:

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 31

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 33

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 34

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 35

Franz Glaser .................................................................................................................. 39

Dr. h.c. Peter Schieder ........................................................................................... ..... 41

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 42

Staatssekretär Dr. Hans Winkler ................................................................................ 44

Barbara Riener ............................................................................................................. 46

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 47

Marialuise Mittermüller ............................................................................................... 48

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 49

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 50

Johann Ledolter ........................................................................................................... 51

Marianne Hagenhofer .................................................................................................. 52

Christine Marek ............................................................................................................ 52

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 54

Walter Murauer ............................................................................................................. 54

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 56

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 57

Ing. Kurt Gartlehner ..................................................................................................... 58

Mag. Dr. Alfred Brader ................................................................................................ 59

Anton Doppler .............................................................................................................. 60

Carina Felzmann .......................................................................................................... 60

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 61

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1407 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobel­preis 2006 (E 179) ............................. 63


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Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1402, 1403 und 1404 d.B. .................................. 63

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1405 und 1406 d.B. .................................. 64

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1405 und 1406 d.B.                          64

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsge­setz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz) (1416 d.B.) ............................................................................................ 65

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den An­trag 68/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines „Anti-Doping-Gesetzes“ (1415 d.B.)     ............................................................................................................................... 65

Redner/Rednerinnen:

Peter Haubner ............................................................................................................... 65

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 72

Elmar Lichtenegger ..................................................................................................... 73

Dieter Brosz .................................................................................................................. 75

Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer ..................................................................  78, 85

Astrid Stadler ................................................................................................................ 79

Beate Schasching ........................................................................................................ 81

Mares Rossmann ......................................................................................................... 83

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 83

Herta Mikesch ............................................................................................................. 104

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 105

Markus Fauland .......................................................................................................... 106

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 107

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 108

Ridi Steibl .................................................................................................................... 109

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 110

Jochen Pack ................................................................................................................ 112

Gerhard Steier ............................................................................................................ 112

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 113

Hermann Krist ............................................................................................................ 114

Barbara Riener ........................................................................................................... 115

Dietmar Keck .............................................................................................................. 117

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 118

Johannes Zweytick .................................................................................................... 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Elmar Lichtenegger, Dr. Peter Wittmann, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Initia­tive gegen Doping im Sport“ – Annahme (E 180)          116, 121

Annahme des Gesetzentwurfes in 1416 d.B. .............................................................. 120

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1415 d.B. ................................................... 121

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (816/A) ................. 121

Redner/Rednerinnen:

Gerhard Steier ............................................................................................................ 121

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 122


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Klaus Wittauer ............................................................................................................ 123

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 124

Zuweisung des Antrages 816/A an den Verkehrsausschuss ...................................... 125

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ...................................................................................................... 27

1442: Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kern­material

Anträge der Abgeordneten

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Inklusive Pädagogik an den Schulen“ (826/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Produktpira­teriegesetzes (PPG 2004) (827/A)

Walter Murauer, Markus Fauland, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Hee­resgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagerge­setz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Heeresversorgungsgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2006 – WRÄG 2006) (828/A)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Umsatzsteuerge­setz 1994 geändert werden – KMU-Förderungsgesetz 2006 (KMU-FG 2006) (829/A)

Karlheinz Kopf, Dr. Christoph Matznetter, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftskammergesetz 1998 geän­dert wird (830/A)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Christoph Matznetter, Josef Bucher, Mag. Wer­ner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung steuerlicher Maßnahmen zur Finanzierung supranationaler Aufgaben wie Eigenfinanzierung der Europäischen Union und Entwicklungszusammenarbeit (831/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Peter Haubner, Elmar Lichtenegger, Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005, das Ärztegesetz 1998 und das Zahnärztegesetz geändert werden (Anti-Doping-Bundesge­setz) (813/A) (Zu 813/A)

Anfragen der Abgeordneten


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Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angele­genheiten betreffend bisherige Umsetzung des Entwicklungszusammenarbeitsgeset­zes (4178/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angele­genheiten betreffend aktuellen Umsetzungsstand der Hilfe nach der Flutkatastrophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4179/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend aktuellen Um­setzungsstand der Hilfe nach der Flutkatastrophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4180/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend aktuellen Umsetzungsstand der Hilfe nach der Flutkatastrophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4181/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend aktuellen Umsetzungsstand der Hilfe nach der Flutkatastrophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4182/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend aktuellen Umsetzungsstand der Hilfe nach der Flutkatastrophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4183/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend aktuellen Umsetzungsstand der Hilfe nach der Flutkatastrophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4184/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend aktuellen Umsetzungsstand der Hilfe nach der Flutkatastrophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4185/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend aktuellen Umsetzungsstand der Hilfe nach der Flutkata­strophe in Asien (Tsunami-Hilfe) (4186/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend keine Ausschreibung von freien Schulleiterstellen in Niederösterreich (4187/J)

Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Vollziehung des Asylgesetzes bei Angehörigen der Volksgruppe der Roma (4188/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Schülerfreifahrt und Schulbücher für SchülerInnen in Matu­raschulen (4189/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Schülerfreifahrt und Schulbücher für SchülerInnen in Maturaschulen (4190/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend die „Lebenssituation von Frauen und Männern in der Prostitution“ (4191/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend die „Lebenssituation von Frauen und Männern in der Prostitution“ (4192/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für sozi­ale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die „Lebenssituation von Frauen und Männern in der Prostitution“ (4193/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Pressesprecher des Oran­gen-Staatssekretärs (4194/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend ein sicheres Donaustadt (4195/J)


10.38.04


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146. Sitzung / Seite 8

Beginn der Sitzung: 10.38 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 146. Sitzung des Nationalrates und be­grüße alle hier im Hohen Hause.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Mitterlehner und Ing. Kaipel.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat wird durch den Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter vertreten.

Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik wird natür­lich an der Fragestunde teilnehmen – ich begrüße sie –, wird aber dann durch den Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler vertreten.

10.38.56Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Den ersten Fragenkomplex formuliert Herr Abgeordneter Dr. Cap. Und da wir schon lange keine Fragestunde mehr hatten, erinnere ich daran, die Frage so, wie sie schrift­lich formuliert wurde, hier vorzutragen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Außenministerin, meine Frage lautet:

146/M

„Welche Konsequenzen gedenken Sie aus der sich immer mehr ausweitenden Visa-Affäre zu ziehen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Prä­sident! Hohes Haus! In der Visa-Angelegenheit verfolge ich weiterhin die Ziele, die ich mir von Anfang an gesetzt habe: dort, wo Missstände behauptet werden, lückenlose Aufklärung; dort, wo sich Missstände tatsächlich herausstellen sollten, eine Behebung derartiger Missstände, und die Arbeit an einem möglichst missbrauchsfesten Visa-Sys­tem für die Zukunft; laufende Verbesserungen daher.

Das heißt, es werden die notwendigen Maßnahmen sowohl im Bereich der Aufklärung als auch der laufenden Verbesserungen gesetzt – mit der ganzen Bandbreite von Mög­lichkeiten, die mir im Haus zur Verfügung stehen, auch in voller Zusammenarbeit mit


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146. Sitzung / Seite 9

dem Innenministerium, mit dem Justizministerium. Das wird auch in Zukunft so sein, denn die Österreicher und Österreicherinnen haben genauso wie unsere Partner in der Welt ein Recht auf ein sauberes, transparentes und gut funktionierendes Visa-System. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Minister! Auch im Interesse der vielen ehr­lich arbeitenden Mitglieder des Außenamtes, natürlich auch der österreichischen Be­völkerung, und weil Sie „notwendige Maßnahmen“ gesagt haben, und insbesondere hinsichtlich der Rolle, die die ehemalige Außenministerin Ferrero dabei gespielt hat und die sehr kritisiert wird: Wäre es da nicht wirklich sinnvoll, jetzt zur lückenlosen Auf­klärung und auch zur Klärung der politischen Verantwortlichkeit doch endlich einen Untersuchungsausschuss hier im Parlament einzurichten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Ab­geordneter! Die Möglichkeiten des Rechtsstaates werden voll ausgenützt. Das haben meine Vorgängerin und meine Vorgänger so gehalten, und das mache auch ich so. Es besteht kein Grund, daran zu zweifeln, dass das Innenministerium, das Justizministe­rium, das Außenministerium und die unabhängige Justiz in der Lage sind, dort Aufklä­rung zu erlangen, wo Vorwürfe vorgebracht werden.

Ich bin daher überzeugt davon, dass es nicht erforderlich ist, hier einen Untersu­chungsausschuss einzurichten. Ich selbst bin gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen bemüht, Ihnen und der Öffentlichkeit die Informationen entsprechend zukom­men zu lassen. Ich habe allein in den letzten Monaten insgesamt 8 parlamentarische Anfragen mit mehr als 150 Fragen nur mein Ressort betreffend beantwortet.

Ich möchte eines an dieser Stelle betonen: Sämtliche erhobenen Vorwürfe betreffen die Vergangenheit, die Periode von 1997 aufwärts, aber das ändert natürlich nichts daran, dass es aufzuklären, und zwar lückenlos aufzuklären ist und dass Missstände abzustellen sind. Es wird und darf keine Schattenzonen geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Donabauer gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Bundesminister! Was wird gegen die so genannten Agenturen, die vor den Botschaften der europäischen Staaten Visa-Vermitt­lungen angeboten haben oder anbieten, unternommen werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Das ist ein Problem, bei dem wir natürlich gezwungen sind, mit den jeweiligen Empfangsstaaten zusammenzuarbeiten, sie immer wieder darauf hinzuweisen, dass sie die notwendigen Maßnahmen und Schritte ergreifen. Wir versuchen auch im Informationsbereich durch entsprechende Aushänge im Konsularbereich nachzulegen, wo wir darauf hinweisen, dass hier eben Angebote gemacht werden, die nicht angenommen werden sollen und die abzulehnen sind.

Ich bemühe mich auch sehr, bei der Veröffentlichung von Annoncen in den Ländern, wo dies zutrifft, Verbesserungen zu erreichen, aber das geht nur in Zusammenarbeit mit diesen Staaten selbst. Wir haben hier gewisse Fortschritte erreicht, ich sage das mit der gebotenen Vorsicht, etwa mit Serbien und Montenegro, wo sich der Außen­minister und der Innenminister persönlich auch sehr eingesetzt haben, wo einige Straf-


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146. Sitzung / Seite 10

verfahren eingeleitet wurden, damit man dieses Thema möglichst reduziert bezie­hungsweise insgesamt abschafft.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fauland, bitte.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Wie viele Dis­ziplinarverfahren sind im Zusammenhang mit der Visa-Affäre bis dato eingeleitet wor­den?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Nach mei­nem jetzigen Wissensstand vier.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Luna­cek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin! Wie ich gehört habe, gibt es mittlerweile auch gerichtliche Voruntersuchungen gegen einen Botschafter und nicht mehr nur gegen Konsularbeamte wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Sie haben gerade gesagt, die Dinge betreffen ja die Vergangenheit, daher wäre es doch wirklich von Ihrer Seite ein Leichtes, ja zur Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses im Nationalrat zu sagen, um die politische Verantwortung zu klären. Die Grünen werden heute einen diesbezüglichen Antrag noch einmal stellen wegen dieses Vorwurfs gegen einen Botschafter.

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Die Frage bitte, Frau Kol­legin!

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): Ja, Herr Präsident! – Frau Ministe­rin, sind Sie auf Grund dieser sich wirklich schrecklich ausweitenden Situation doch be­reit, nun einen Untersuchungsausschuss zu befürworten? (Abg. Scheibner: Das ist ja eine Entscheidung des Parlaments!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Ab­geordnete, ich habe bereits in der Beantwortung der vorhergegangenen Anfrage dar­gestellt, warum mein Vertrauen dem Rechtsstaat gilt, warum ich gegen mediale Vor­verurteilungen bin.

Ich bin Leiterin eines Ministeriums und bin sehr bestrebt, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der einen Seite den Schutz angedeihen zu lassen, den sie verdienen – darauf haben einige Redner auch hingewiesen. Die weit überwiegende Mehrzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitet tadellos unter schwierigen Bedingungen, ohne irgendwelche Probleme zu machen. Es wird dort, wo wirklich Missstände herrschen – sollte dies der Fall sein –, wo Vorwürfe entstehen, aufgeklärt, und zwar völlig unabhän­gig vom Dienstrang und von der Dienstfunktion. Es ist sowohl mir persönlich als auch den leitenden Beamten meines Hauses ein ganz besonderes Anliegen, dass es hier zu keinen unterschiedlichen Vorstellungen kommt.

Dafür setzen wir uns mit aller Konsequenz ein, hartnäckig und beharrlich. Wir werden da nicht lockerlassen, daher ist es auch nicht notwendig, in dieser Sache hier einen Untersuchungsausschuss einzurichten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den zweiten Fragenkomplex leitet Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger ein. – Bitte.

 



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Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

143/M

„Wird sich die österreichische Bundesregierung nach der erfolgreichen Konferenz von St. Pölten dafür einsetzen, dass das Thema Subsidiarität weiter auf der Tagesordnung der EU gehalten wird?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Subsidiari­tät – ausgedeutscht sozusagen – ist ja eigentlich Bürgernähe. Es war für mich sehr in­teressant, bei dieser Konferenz in St. Pölten die Feststellung zu machen, dass wir hier ein Thema aufgegriffen haben, das sich sozusagen in einem neuen Aggregatzustand befindet und wo sich doch eine Art Trendwende in der Europäischen Union ankündigt, hin zu möglichst bürgernahen Regelungen. Das ist nach einem halben Jahrhundert In­tegrationsgeschichte auch nicht wirklich verwunderlich.

Interessant war, dass sich hier auch Institutionen an der Diskussion beteiligt haben, die in der Umsetzung entsprechende Verantwortung tragen.

Ich habe dort zugesagt und werde es auch so halten, dass ich dem Außenministerrat in dieser Sache Bericht erstatten werde. Ich habe auch meinen Außenministerkollegen angekündigt, dass die Subsidiarität und die konkrete Umsetzung der Vorschläge oder einiger der Vorschläge, die dort gemacht worden sind, Thema unserer Beratungen sein werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Spindelegger.

 


Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Bundesministerin! Der Begriff „Subsidiarität“ ist ein wenig sperrig, aber dennoch ist er, glaube ich, wichtig. Warum glauben Sie als Außenministerin, dass die Subsidiarität für die Zukunft Europas so wichtig ist?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Weil wir in einer erweiterten Union nach allen Möglichkeiten suchen müssen in der Praxis, Rege­lungen dort zu treffen, wo sie am sinnvollsten, am bürgernächsten getroffen werden können. Das ist ein Anliegen, das gerade in der erweiterten Union auch zentral und wichtig ist, um die Vielfalt, die Buntheit Europas zu gewährleisten, sicherzustellen. Und da habe ich, wie gesagt, schon den Eindruck, dass es zu einem Umdenken kommt. Gefragt sind hier alle Institutionen, um auch ohne weitere juristische Basis, die ja im Verfassungsvertrag vorgesehen wäre, Verbesserungen ganz konkret herbeizuführen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Außenministerin! Können Sie sich nach dem Scheitern des Zustandekommens der EU-Verfassung eine Neuregelung der Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedsländern vorstellen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich bin nicht damit einverstanden, von einem Scheitern des Verfassungsvertrages zu spre­chen. Der Verfassungsvertrag befindet sich in der Tat im Augenblick in einer schwie-


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rigen Situation, aber es laufen die Genehmigungsverfahren parlamentarischer Art wei­ter – Sie wissen, in Belgien wurde das Verfahren vor kurzem abgeschlossen, in Est­land und Finnland steht der Verfassungsvertrag in parlamentarischer Behandlung.

Wir können während der österreichischen Präsidentschaft da sicher keine Lösung er­reichen, nicht deshalb, weil wir nicht wollen oder nicht kreativ genug sind als Vorsitz­land, sondern weil das Thema in verschiedenen Ländern noch nicht reif ist.

Daher stellt sich auch die Frage einer Neuordnung der Kompetenzen in diesem Zu­sammenhang nicht. Was wir jedoch sehr wohl tun sollten und auch tun werden, ist, die Möglichkeiten, die wir auf der jetzigen rechtlichen Grundlage haben, voll auszuschöp­fen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben schon den Begriff „Subsidiarität“ erklärt. Ich würde ihn noch ein bisschen ausweiten: Das ent­spricht eigentlich dem politischen Konzept, in der jeweils kleinsten Einheit die Auto­nomie und Selbstverantwortung zu stärken und Entscheidungen dort zu belassen.

Jetzt würde ich Sie gerne fragen, ob Sie sich in dieser Regierung dafür einsetzen wer­den, dass diese Einheiten, zum Beispiel auch Gemeinden, Kommunen, mit den not­wendigen Ressourcen ausgestattet werden, über die sie jetzt zunehmend nicht mehr verfügen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wie Sie richtig gesagt haben: Einer der Kerne des Subsidiaritätsgedankens ist die Stärkung der kleineren Einheiten oder der Einheiten, die auf sinnvolle Weise eine Regelung vorneh­men und auch durchsetzen, umsetzen können. Dafür setze ich mich ein, nicht nur auf europäischer Ebene, sondern selbstverständlich auch innerhalb Österreichs – mit allen damit zusammenhängenden Fragen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Scha­sching. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Frau Bundesministerin! Auch mir geht es darum, die Subsidiarität nicht nur anzuerkennen, sondern sie auch entsprechend zu stärken und verbindlich zu machen, so wie meine Vorfragerin das auch angesprochen hat.

Ich würde von Ihnen gerne wissen: Mit welchen konkreten Maßnahmen, mit welchen Überlegungen und verbindlichen Konsequenzen für die Regionen, für die Nation und dann natürlich auch in der EU werden Sie dieses Thema vorantreiben, sodass es auch zu einer wirklichen Verbindlichkeit zwischen diesen Ebenen kommt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wie ge­sagt, es gibt auch auf europäischer Ebene im Rahmen der bereits bestehenden Mög­lichkeiten einiges, das noch nicht umgesetzt ist, etwa das Protokoll 9 des Amsterdamer Vertrages, das in der Form noch nicht umgesetzt wurde, wo es in Wirklichkeit um eine Art Frühwarnsystem geht, das heißt eine stärkere Einbindung in die Subsidiaritäts­prüfung sowohl der Regionen und der Kommunen als auch der nationalen Parlamente, eine intensivere Zusammenarbeit mit der Konferenz der Europa-Ausschüsse, mit der so genannten Cosac. Weiters geht es um den Gedanken, eine Art Verhältnismäßig-


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keits- und Subsidiaritätsprüfbogen zu entwickeln – da kommen auch entsprechende Anregungen aus der akademischen Welt; Professor Calliess hat uns da einiges erklärt.

Es geht auch darum, den Europäischen Gerichtshof zu ermutigen, dem Subsidiaritäts­gedanken und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechende Beachtung zu schen­ken, was ja auch in der laufenden Rechtsprechung der Fall ist, als Beispiel.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den zweiten Fragenkomplex abgear­beitet, und der dritte wird durch die Frage der Frau Abgeordneten Mag. Lunacek einge­leitet. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, meine Frage lautet:

149/M

„Werden Sie vor und während des Besuches des US-Präsidenten Bush im Juni öffent­lich die Schließung des rechtswidrigen Gefangenenlagers Guantanamo und die rest­lose Aufklärung über illegale Folterlager in anderen Staaten verlangen?“

Werden Sie dies auch gegenüber Bush selbst verlangen?

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Ab­geordnete, ich habe mehrmals öffentlich in Österreich und auf europäischer Ebene meine Position zu Guantanamo klargestellt. Das ist im Übrigen mittlerweile auf meine Initiative hin auch in Form von akkordierten Presslines beim letzten Europäischen Rat festgehalten worden und damit gemeinsame europäische Position.

Guantanamo bleibt weiterhin ein Grund zu ernster Besorgnis. Es darf keinen rechts­freien Raum geben, die Menschenrechte und die humanitären Standards sind einzu­halten, auch im Kampf gegen den Terrorismus. Die Forderungen zur Schließung von Guantanamo wurden ja von den Regierungschefs einer Reihe von engen Verbündeten der Vereinigten Staaten von Amerika bereits erhoben. Diese Forderungen sind richtig und zeitgerecht.

Wir Außenminister der Europäischen Union haben unsere diesbezüglichen Besorg­nisse sehr ausführlich mit Condoleezza Rice bei unserem letzten gemeinsamen Zu­sammentreffen anlässlich eines ausgedehnten Abendessens in Brüssel besprochen.

Wir führen mit den Vereinigten Staaten aber auch den Dialog weiter zum Thema Siche­rung der Menschenrechte im Kampf gegen den Terrorismus, auf der Ebene der Rechtsberater der Außenministerien – ich halte das für einen wichtigen Gesichtspunkt.

Wir werden dieses Thema selbstverständlich auch weiterhin ansprechen. Wir werden ihm die gebührende Aufmerksamkeit auch im Rahmen des Besuches des US-Präsi­denten, so er in der geplanten Form zustande kommt, schenken.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lunacek.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, ich hätte einfach gerne von Ihnen gehört, dass Sie sagen: Ja, ich werde diese Schließung auch gegenüber Bush persönlich fordern.

 


Eine Zusatzfrage dazu: Condoleezza Rice hat gesagt, sie kann sich eine „Allianz der Willigen“ für einen Militärschlag gegen den Iran vorstellen. Frau Ministerin, werden Sie gegenüber Bush und auch Condoleezza Rice, wenn Sie sie treffen, klarmachen, dass die österreichische EU-Präsidentschaft und auch die EU insgesamt einen Militärschlag gegen den Iran auf keinen Fall gutheißen wird und dass es deshalb auch keine „Allianz der Willigen“ mit der EU geben wird?

Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Ab­geordnete, ich werde heute am Abend Gelegenheit haben, das Thema zu besprechen, denn heute ist in Sofia die nächste Runde des informellen Abendessens der Außen­minister der Europäischen Union und der NATO. Wir werden unter anderem auch das Thema Iran besprechen.

Es gibt hier volle Transparenz in der Haltung der Europäischen Union, das wissen auch unsere amerikanischen Partner. Wir sind an einer Verhandlungslösung interes­siert. Wir bringen uns hier seit Jahren sehr engagiert ein, wir halten an dieser Position fest, wir halten selbstverständlich auch unseren amerikanischen Partnern gegenüber an dieser Position fest. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Bundesministerin! Können Sie in Kenntnis zunehmender Berichte betreffend „Folterflugzeuge“ der CIA beziehungsweise Folterung von Gefangenen, die in Guantanamo stationiert wurden, in der Folge in an­deren europäischen Ländern solche Sachen auch für Österreich ausschließen, bezie­hungsweise können Sie ausschließen, dass das österreichische Außenamt in Zusam­menarbeit mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung oder anderen offiziellen österreichischen Stellen Überflugsgenehmigungen für solche Folterflugzeuge in Kennt­nis eben dieser Tatsache erteilt hat?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Ab­geordneter! Wir als Außenministerium, als Verteidigungsministerium haben zu dieser Frage Stellung genommen. Dem kann ich nichts an neueren Erkenntnissen hinzufü­gen.

Wir haben den Europarat im Rahmen der jetzt laufenden Untersuchung in vollem Um­fang informiert, mit allen Informationen ausgestattet. Wir waren eines von den, glaube ich, 13 Ländern, die so vollumfänglich informiert haben, dass wir von Seiten des Euro­parates keine Bitte zur Nachlieferung von Informationen bekommen haben.

Wir sind auch im Rahmen der Europäischen Union immer für eine vollständige Auf­klärung derartiger Vorwürfe eingetreten, wobei bisher – und das möchte ich schon ab­schließend erwähnen – Beweise noch nicht vorgelegt werden konnten.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ellmauer, bitte.

 


Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Alle vier im Nationalrat vertretenen Parteien haben vor einigen Monaten den Beschluss ge­fasst, dass Folter geächtet werden muss und dass den internationalen Menschen­rechtsinstitutionen voller Zugang zu den Gefangenen ermöglicht werden muss. Wie war seither die Entwicklung in Guantanamo?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: In Guanta­namo ist nunmehr durch die amerikanischen Gerichte selbst eine Veröffentlichung der Namen der dort festgehaltenen Personen erfolgt. Ich halte das für einen wichtigen Punkt, denn es ist in Rechtsstaaten, in Demokratien wichtig, dass auch die Selbstreini­gungskräfte entsprechend Platz greifen, dass daher mit allen Mitteln an einer Aufklä-


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rung gearbeitet wird und dass daraus dann auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner.

 


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Gibt es bereits Beweise betreffend illegale Gefangenenlager in Osteuropa beziehungsweise für Sonderüberstellungen von Gefangenen innerhalb Europas?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Meines Wissens gibt es bis zu dieser Stunde keine Beweise. Es gibt Anzeichen und entspre­chende Vorwürfe, aber keine Beweise.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den nächsten Fragenkomplex leitet Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch ein. – Bitte. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister, meine Frage lautet:

151/M

„Wie beurteilen Sie die Situation der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien, der bis heute die verfassungsrechtliche Anerkennung verweigert wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Prä­sidentin! Österreich steht mit Slowenien auch als Partner und Nachbar in dieser Frage in einem vertrauensvollen Dialog. Wir haben 2002 den Abschluss des bilateralen Kul­turabkommens erreicht, und in diesem Kulturabkommen ist die deutschsprachige Min­derheit in Slowenien und ihre Förderung durch laufende Projekte verankert. Wir arbei­ten auch bei diesen Förderungsprojekten selbst zusammen. Ich selbst habe mich bei meinem Besuch im letzten Herbst mit den Vertretern der deutschsprachigen Minderheit getroffen, die mir versichert haben, dass aus ihrer Sicht natürlich noch einige Probleme offen sind, aber dass eine doch merkbare Verbesserung eingetreten ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Scheuch.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister, so, wie Sie es selbst angedeutet haben, gibt es natürlich nach wie vor Probleme in dieser Causa. Die deutschsprachige Minderheit ortet Nachholbedarf, auf Grund der aktuellen Diskussion steht das besonders in Diskussion. Welche weiteren Schritte planen Sie, um diese Besserstellung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien voranzutreiben, um hier von Seiten der Bundesregierung auch am Ende des Tages für beide Seiten eine vernünftige Lösung auf den Tisch legen zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir sind hier in einem Dialog zwischen Slowenien und Österreich. Wir sehen da einen kontinu­ierlichen Entwicklungsprozess. Es hat kürzlich auch der slowenische Präsident gesagt, dass es im Hinblick auf die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien noch viele Möglichkeiten und Chancen auszuschöpfen gilt. Aber ich möchte schon festhalten, auf Grund dieses Kulturabkommens, das in langwierigen Verhandlungen erzielt wurde, ist die deutschsprachige Volksgruppe in der Rechtsordnung Sloweniens auch anerkannt.


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Ich halte das für einen wichtigen Punkt. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, den bilate­ralen Kontakt auf allen Ebenen zu verstärken, auch auf der Ebene der Parlamente, und begrüße daher auch besonders den kürzlich stattgefundenen Besuch einer Kärntner Landtagsdelegation in Slowenien.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits gemeldet. – Frau Abgeordnete, bitte Ihre Frage.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Bundesministerin! Nicht nur der Kärntner Landtag besucht Slowenien und die deutschsprachigen Minderheiten, auch eine Delegation des österreichischen Parlaments hat die deutschsprachigen Minder­heiten in Slowenien besucht, was zeigt, dass hier die bilateralen Beziehungen aufge­baut werden.

Aber meine Frage, Frau Ministerin, ist eine andere: Der 30. Juni naht, das ist die Frist, die der Verfassungsgerichtshof für die Umsetzung des Erkenntnisses bezüglich der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten gesetzt hat. Sie als jetzige Ratspräsidentin und ständig in Europa unterwegs: Wie oft werden Sie denn darauf angesprochen, was da los ist mit dem Rechtsstaat in Österreich und mit der Missachtung von verfassungs­rechtlich gewährleisteten Rechten und Verfassungsgerichtshoferkenntnissen? Das würde mich interessieren, Frau Ministerin. Hat Sie da noch nie jemand gefragt? – Ich weiß es nicht, ich frage Sie.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich be­spreche dieses Thema regelmäßig in einem vertrauensvollen und kontinuierlichen Dia­log mit meinem slowenischen Kollegen. Es hat mich einmal der russische Kollege in einem Gespräch darauf angesprochen, aber sonst hat mich noch niemand auf dieses Thema angesprochen. Sie kennen meine persönliche Position: Mein Interesse gilt einer möglichst raschen, auf einem möglichst breiten Konsens beruhenden Lösung.

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Ministerin, Sie haben erwähnt, dass es dieses Kulturabkommen zwischen Österreich und Slowenien gibt und dort im Dialog mit der Minderheit recht gute Ergebnisse erzielt worden sind. Dieser Dialog fin­det ja so in Kärnten nicht statt, und es gibt ja nach wie vor keinen Konsens im Bereich der zweisprachigen Ortstafeln, obwohl es ein Verfassungsgerichtshoferkenntnis gibt. (Abg. Neudeck: Gibt es auch eine Frage oder nur eine Behauptung?)

Wie beurteilen Sie das Verhalten des Kärntner Landeshauptmannes und seine rechts­staatlich abzulehnenden Methoden in Bezug auf das Erkenntnis des Verfassungsge­richtshofes über die Ortstafeln aus außenpolitischer Sicht, beziehungsweise meinen Sie, dass es dem internationalen Ansehen Österreichs geschadet hat?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich bin selbst Kärntnerin und habe daher immer gesagt, ich wünsche mir, dass im Umgang mit der slowenischsprachigen Minderheit Großzügigkeit und Zukunftsorientiertheit der Maßstab ist. Worum es mir geht, ist, dass man zu einem gedeihlichen Miteinander der Volksgruppen kommt, im Alltag, in der Realität, dort, wo es wirklich darum geht, dieses Leben auch umzusetzen. Dafür setze ich mich ein. Selbstverständlich ist der Rechts­staat einzuhalten und zu wahren. Die Frist 30. Juni wurde erwähnt, und ich hoffe und bin zuversichtlich, dass wir bis zu diesem Zeitpunkt eine Konsenslösung finden wer­den. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordne­ter Ing. Winkler. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesminister! Durch die Konsenskonferenzen wurden für fast alle offenen Fragen entsprechende Lösungen er­arbeitet, aber auch vorgeschlagen, welche von allen Gruppen in Kärnten auch mitge­tragen werden könnten. Werden Sie diese Vorschläge beziehungsweise diese Lösun­gen und das Bemühen um diese Lösungen auch weiterhin nicht zuletzt auch im Sinne und im Interesse der gutnachbarlichen Beziehungen zu Slowenien unterstützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir waren in der Konsenskonferenz einer Lösung, die aus meiner Sicht für alle Beteiligten ein gutes und wesentliches Ergebnis sein könnte, schon sehr nahe. Ich habe es damals bedauert, und ich bedauere es weiterhin, dass dieser letzte Schritt hin zu einem Kon­sens noch nicht gefunden werden konnte, bleibe aber, wie ich es vorher gesagt habe, zuversichtlich, dass wir, wie ich hoffe, vielleicht auf dieser Basis eine Lösung noch vor dem 30. Juni finden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 147/M des Herrn Ab­geordneten Dr. h.c. Schieder. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Ministerin, meine Frage lautet:

147/M

„Werden Sie bezüglich der Menschenrechtsagentur der Europäischen Union darauf achten, dass diese nicht die wichtige Menschenrechtsarbeit des Europarates konkur­renziert?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Ab­geordneter Schieder, ich kenne mehr oder minder zufällig aus meiner beruflichen Er­fahrung beide Institutionen, beide europäischen Institutionen und halte sie für unver­zichtbar wichtig mit ihren jeweiligen spezifischen Systemen, insbesondere natürlich auch das Menschenrechtsschutzsystem des Europarates.

Es ist daher keine Absicht, hier in irgendeiner Weise ein Konkurrenzverhältnis aufzu­bauen. Die zentrale und anerkannte Rolle des Europarates im Menschenrechtsbereich bleibt unangetastet.

Ich darf Sie aus aktuellen Gründen vielleicht auch darüber informieren, dass der Staatssekretär vorgestern im Rahmen eines informellen Trilogs Gelegenheit hatte, ge­nau auch dieses Thema zu besprechen, und dass er mir berichtet hat, dass ein breiter Konsens zur notwendigen Einbindung des Europarates und zur klaren Abgrenzung der Zuständigkeiten besteht und das im Trilog-Format, also zwischen Präsidentschaft, dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament, durchaus bewusst ist und in die Verordnungsentwicklung und Textierung auch entsprechend einfließen wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schieder, bitte.

 


Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Bundesministerin! Wurde in die­sem Trilog, den Sie soeben erwähnt haben, auch von unserer Seite die Ansicht von Premier Juncker vertreten, wie er sie in seinem Bericht an die Staats- und Regierungs­chefs über die Beziehungen EU und Europarat vertreten hat, nämlich dass – ich zitiere


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seinen Bericht – es die Aufgabe des Europarates ist, den Respekt der Menschenrechte in den Mitgliedstaaten zu beobachten und zu garantieren, und dass die künftige Agen­tur der EU striktest bloß komplementär zu den Menschenrechtsbeobachtungs- und Mo­nitoring-Instrumenten des Europarates sein darf und ihr Mandat auf Menschenrechts­fälle beschränkt ist, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Gemeinschafts­rechts entstehen, sich also striktest innerhalb des internen Rechtssystems der Union befindet?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Ein­haltung der Grundrechte durch die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten bei der For­mulierung und Umsetzung des Gemeinschaftsrechtes sicherzustellen ist die zentrale Aufgabe der Grundrechtsagentur.

Aber aus meiner Sicht wäre es durchaus auch wichtig, im Bereich der internationalen Beziehungen Zugriff auf ein entsprechendes Datenmaterial zu haben, das allen Institu­tionen in diesem Bereich auch bei der Politikgestaltung zur Verfügung steht. Denken Sie etwa an die kritischen Dialoge, die wir in Menschenrechtsfragen führen oder die im Augenblick sistiert sind. Ich greife zwei Fälle heraus: Das eine ist der Iran und das andere ist China.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Bundesministerin! Für uns Österreicher ist es natürlich auch wichtig, dass Wien als Standort für diese Menschen­rechtsagentur außer Frage bleibt und dass wir diesen Standort in Wien realisieren kön­nen.

Meine Frage an Sie ist: Wie sehen Sie denn die nächsten Schritte, und glauben Sie, dass man einen Zeitplan für die Errichtung dieser Menschenrechtsagentur schon vor­sehen kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Im Verord­nungsentwurf haben wir den 1. Januar 2007 für den Arbeitsbeginn der Agentur vorge­sehen. Ich hoffe sehr, dass wir mit vereinten Kräften sozusagen diesen Termin halten können, denn wir brauchen vorher noch die Einigung im Rat, und da sind wir uns in einzelnen Punkten noch nicht einig. Und wir brauchen dann auch noch einen offiziellen Beschluss des Europäischen Parlaments, das auch sinnvollerweise in die Ausarbei­tung dieser Gründungsverordnung einbezogen ist.

Ich hoffe, dass wir es schaffen, bis zum 1. Januar 2007 mit der Arbeit beginnen zu kön­nen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner, bitte.

 


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Es gibt eine Vielzahl von Institutionen, die für Menschenrechtsfragen zuständig sind. Se­hen Sie eventuell eine Gefahr, dass gerade in Krisenfällen eine gegenseitige Blockie­rung stattfinden könnte?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Diese Ge­fahr, Frau Abgeordnete, sehe ich in Wirklichkeit nicht, denn diese Organisationen oder Institutionen selbst haben auch alles Interesse daran, da nicht überlappend zu agieren,


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sondern komplementär, ergänzend zueinander, unter strikter Beobachtung der jeweili­gen Rechtsbasis. Und entsprechend bemühen wir uns auch beim Aufbau etwa jetzt der Grundrechteagentur vorzugehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Mag. Stoisits, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Bundesministerin! Der Schutz von Menschenrechten braucht auch Ressourcen, Geld und Unterstützung.

Eine der wichtigen Säulen des Europarates ist der Menschenrechtsgerichtshof. Der Menschenrechtsgerichtshof genießt hohe Reputation, hat aber auf Grund von unglaub­lich vielen Fällen, die an ihn herangetragen werden, natürlich eine sehr, sehr lange Entscheidungsdauer.

Jetzt hatten wir gestern schon Gelegenheit, darüber zu reden. Gibt es von österreichi­scher Seite Pläne, schlicht und einfach Initiativen zu setzen, dass die finanzielle Basis des Gerichtshofes in den Diskussionen um die Neuorganisation einfach auf eine so breite Basis gestellt wird, dass die Menschen auch zu ihrem Recht kommen, wenn sie es beim Menschenrechtsgerichtshof suchen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Das Thema der Dauer der Verfahren und des damit verbundenen schwierigen oder schwie­riger gemachten Zugangs zum Recht auf europäischer Ebene ist eines, das uns schon die ganze Zeit begleitet und dem wir auf verschiedene Art und Weise zu begegnen ver­suchen: auf der einen Seite durch die Zurverfügungstellung von entsprechenden Mit­teln, aber das können wir nur im Konsens der 46 Mitgliedstaaten im Europarat, und auf der anderen Seite auch, indem man die notwendigen verfahrensrechtlichen und organi­satorischen Maßnahmen trifft, um da Entlastung herbeizuführen.

Aber ich bin mir des Problems durchaus bewusst. Es wird nicht von einem Tag auf den anderen lösbar sein, denn Menschen machen, Gott sei Dank, würde ich sagen, von ihrem Recht Gebrauch, sich an die europäischen Institutionen zu wenden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur Anfrage 144/M von Frau Abge­ordneter Felzmann. – Bitte.

 


Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Von der Menschenrechtsagentur in Wien zur Palästinensischen Autonomiebehörde.

Meine Frage dazu lautet:

144/M

„Welche Haltung nimmt Österreich gegenüber der Hamas-geführten Regierung ein?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir haben in der Europäischen Union am 30. Jänner, also knapp nach den Wahlen zum Palästi­nensischen Legislativrat, klargemacht, was die Grundprinzipien unserer Nahostpolitik sind, und zwar die Grundprinzipien sowohl der Europäischen Union als auch des Nah­ostquartetts, in dem die UNO, die Europäische Union, Russland und Amerika ihre Posi­tionen abstimmen. Und an dieser Position halten wir auch fest: Gewaltverzicht, Aner­kennung des Existenzrechts Israels, Anerkennung der bestehenden Vereinbarungen.


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Warum? – Weil wir überzeugt davon sind, dass jemand, der reif ist für demokratische Wahlen, auch reif ist für Gewaltverzicht. Denn nur wenn wir uns von der Gewalt entfer­nen, wird eine friedliche Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten möglich sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Felzmann, bitte.

 


Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Frau Bundesministerin, wie würden Sie die Rolle beschreiben, die die EU im Nahostfriedensprozess spielt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir bemü­hen uns weiterhin mit allen Kräften, zu einer friedlichen Entwicklung beizutragen. Das ist im Augenblick ein besonders anspruchsvolles Unterfangen. Wir haben die Haltung gegenüber Hamas klargestellt. Wir haben bedauerlicherweise noch keine Anzeichen dafür, dass sich die Führung der Hamas in diese Richtung auch bewegen würde.

Wir haben gleichzeitig aber auch klargemacht, dass wir das palästinensische Volk nicht im Stich lassen werden, dass wir weiterhin humanitäre Unterstützung geben werden, dass wir für die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen in den palästinensischen Gebieten entsprechende Unterstützung bereitstellen werden.

Wir haben in der Übergangsphase als Europäische Union insgesamt 121,5 Millionen € zur Verfügung gestellt. Wir haben allerdings vor Ostern beschlossen, die direkte Unter­stützung der Hamas-Regierung und ‑Ministerien vorläufig zu suspendieren.

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Klubobmann Scheibner, bitte.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Ich halte die Entscheidung der EU, mit der Hamas keinen Dialog zu pflegen, für falsch, denn schließlich ist die Hamas aus einer demokratischen Wahl, die der Westen wollte, als Siegerin hervorgegangen.

Meine Frage: Wäre es nicht sinnvoller, wenn man mit der Hamas in einem intensiven, konstruktiven Dialog die Fragen der Anerkennung Israels und des Gewaltverzichts dis­kutieren würde?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir brau­chen eine klare Basis für unsere Politik. Und wir haben diese klare Basis für unsere Politik im Nahen und Mittleren Osten. Und ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn wir uns von dieser Basis, die den Gewaltverzicht und den friedlichen Umgang miteinander ins Zentrum stellt, wegbewegen würden.

Es ist jetzt an der palästinensischen Regierung, ihrer eigenen Bevölkerung und der in­ternationalen Staatengemeinschaft klarzumachen, dass sie zu einer friedlichen Ent­wicklung beizutragen gewillt ist. In diesem Zusammenhang darf ich nur an den schrecklichen Selbstmordanschlag erinnern, der vor kurzem in Israel stattgefunden hat, wo dann anschließend von Hamas-Seite, anstatt diesen Anschlag zu verurteilen, er­klärt wurde, dass es sich dabei sozusagen um eine Notwehraktion gehandelt habe.

 


Das macht, glaube ich, klar, dass diese Entscheidung richtig war. Es ist ein schwieri­ges Beziehungsgeflecht, keine Frage, und wir wollen auch nicht, dass Hamas scheitert, das ist nicht Zielsetzung der EU-Politik. Was wir mit dieser klaren Positionierung errei­chen wollen, ist eine Veränderung, eine Entwicklung auf der Seite der neuen palästi­nensischen Regierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, wie Sie gesagt haben, gibt es keine offiziellen Kontakte zur Hamas-geführten Regierung, das hat die EU be­schlossen. Ich frage mich und frage auch Sie, wie das in der Realität ablaufen soll. Österreich hat zum Beispiel ein Koordinationsbüro in Ramallah. Es gibt österreichische Projekte mit NGOs im Gesundheitsbereich und andere. Der österreichische Vertreter dort hat auch so etwas wie eine offizielle Rolle. Dieser wird doch sicher auch mit Ver­tretern der Hamas-Regierung zu tun haben. Anders werden die Projekte nicht abgewi­ckelt werden können, die ja der Bevölkerung zugute kommen. Wie soll das funktionie­ren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich denke, wir haben beim letzten Außenministerrat eine alles andere als praxisferne Regelung getroffen. Wir schließen politische Kontakte auf politischer Ebene aus. Wir werden aber dort, wo es insbesondere um die Durchführung von Entwicklungsprojekten geht und wo es funktionell anders nicht möglich ist, die Kontakte auf der technischen Arbeitsebene abwickeln, die notwendig sind, um etwa die humanitäre Hilfe sicherzustellen. Wir wer­den dabei aber natürlich besonderes Augenmerk auf die Frage lenken, ob diese Gelder auch in diesem Sinne verwendet werden, denn es sind Steuergelder, und wir können es gegenüber den europäischen, österreichischen oder anderen Steuerzahlern nicht rechtfertigen, dass mit diesem Geld andere Zwecke verfolgt werden als entwicklungs­politische.

Ich habe in meinem Haus den Stand der bilateralen Projekte überprüfen lassen. Wir haben im Augenblick keines, das direkt mit der Regierung abgewickelt wird. Wir ma­chen viele Projekte im Zusammenhang mit NGOs oder auch über die internationalen Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Bayr. – Bitte.

 


Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Bundesministerin! Ungeachtet der drei Grund­prinzipien des Quartetts und auch der EU, wie Sie diese jetzt geschildert haben, war es ja trotzdem so, dass Ministerpräsident Haniyeh nach dem Selbstmordattentat in Tel Aviv am Ostermontag mit zehn Toten und über 60 Verletzten dieses Attentat nicht nur öffentlich – wie Sie gesagt haben – gerechtfertigt hat, sondern sogar festgestellt hat, dass eine Hamas-geführte Regierung prinzipiell keine Attentäter verfolgen wird.

Mich würde interessieren, welche Maßnahmen Sie als Außenministerin, aber auch als Ratspräsidentin setzen wollen, um das israelische Volk – also Jüdinnen, Juden, Arabe­rinnen und Araber – vor Terroranschlägen zu schützen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Ich wie­derhole: Ich denke, dass wir diesbezüglich eine Entscheidung getroffen haben oder laufend in der Europäischen Union Entscheidungen treffen, die dieser schwierigen Si­tuation durchaus in der Praxis gerecht werden. Natürlich ist uns bewusst, dass wir auch politisch eine Gratwanderung durchführen müssen. Wir sind aber überzeugt da­von, dass Klarheit in den Grundsatzpositionen unerlässlich ist, und an diesem Stand­punkt halten wir fest. Wir schließen Entwicklungsmöglichkeiten in eine positive Rich­tung nicht aus. Wir kümmern uns um die humanitären Anliegen, aber wir werden nicht denjenigen in die Hände arbeiten, die weiterhin für Gewalt, für die Auslöschung Israels oder das Auslöschen Israels von der Landkarte eintreten.

 



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146. Sitzung / Seite 22

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Anfrage 150/M. Frau Abgeordnete Mag. Lunacek wird diese stellen.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, noch einmal zur Frage der Visa-Affäre. Meine Frage lautet:

150/M

„Stehen Sie, nachdem der Visa-Skandal an mittlerweile sieben Botschaften aktenkun­dig ist, immer noch auf dem Standpunkt, es handle sich um Einzelfälle und der ganze Skandal habe nichts mit seit Jahren bekannten strukturellen und personellen Proble­men im Außenministerium zu tun?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Ab­geordnete! Wie Sie wissen, verwalten wir an den österreichischen Botschaften die Außengrenzen Österreichs, die mittlerweile Schengen-Grenzen sind. Das ist ein Be­reich, der hoch empfindlich ist, der besondere Angriffsflächen für organisierte Kriminali­tät von außen bietet. Daher ist dort mit der entsprechend hohen und höchsten Sorgfalt und Kontrolle vorzugehen. Das tun wir. Gemeinsam mit dem Innenministerium machen wir genau diese Arbeit.

Es werden viele Visa ausgestellt. Es läuft der ganz große Anteil von Visa-Erteilungen anstandslos; im Gegenteil, wir bekommen eher Vorwürfe von Seiten der Wirtschaft, dass wir zu genau prüfen. Wir müssen auch immer wieder versuchen, unseren Part­nern verständlich zu machen, warum das so ist.

Nach meinem Kenntnisstand gibt es bislang in all den Fällen und all den Beanstandun­gen, um die es geht und die auch öffentlich gemacht werden, eine Verurteilung, die im Übrigen nach meinem Wissensstand noch nicht rechtskräftig ist. Es gibt insgesamt vier Fälle, in denen strafrechtliche Vorerhebungen gepflogen werden. Und das ist der Grund, warum ich weiterhin der Meinung bin, dass es sich hier um Einzelfälle handelt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Luna­cek.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben gerade ge­sagt, dass Sie des Öfteren Beschwerden auch gerade aus dem Bereich der Wirtschaft darüber bekommen, wie schwierig es ist, Visa für Österreich zu bekommen. Nun sollen heute und werden heute die Innen- und Justizminister und -ministerinnen der EU eine beinahe Verdoppelung der Visa-Gebühren für die Einreise in die EU beschließen.

Für Serbien bedeutet das mit all den Dokumenten, die dafür kopiert und beglaubigt et cetera werden müssen, fast ein durchschnittliches Monatsgehalt. Noch dazu wird diese Erhöhung der Gebühren ja wohl auch dazu beitragen, dass mehr Leute versuchen werden, sich die Visa illegal zu beschaffen.

Abgesehen davon: Was haben Sie denn getan, um diese ungerechtfertigte Erhöhung der Visa-Gebühren, die ja auch Ihre Außenpolitik konterkariert, weil sie die Wahrneh­mung der besseren Reisemöglichkeiten, der Möglichkeiten des Kennenlernens nicht zulässt, zu verhindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Ab­geordnete, ich bin auf Ihrer Seite – und das wissen Sie –, wenn es darum geht, Ju­gendlichen insbesondere in Serbien den Zugang zu Europa möglich zu machen. Das


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146. Sitzung / Seite 23

ist uns auch ein Anliegen in unserer Außenpolitik, allerdings – und das wissen auch unsere serbischen Freunde – ist es dazu notwendig, dass wir mit allen Sicherheitsvor­kehrungen vorgehen, dass hier auch von serbischer Seite dazu beigetragen wird, ent­sprechende Regelungen zu finden.

Ich habe heute dem Ministerrat über den einen Punkt, den Sie angesprochen haben, berichtet. Die Innenminister werden heute über die Frage der Erhöhung von Visa-Ge­bühren ganz allgemein entscheiden. Das ist eine Notwendigkeit, die sich auf Grund der erhöhten Sicherheitsmaßnahmen insbesondere im biometrischen Bereich kostenmäßig ergibt. Wir haben aber von Anfang an die Außenminister ganz kollektiv darauf gedrängt und das Bewusstsein unserer Kollegen geschärft, dass da natürlich massive außen­politische Interessen berührt sind. Soweit ich informiert bin – aber die Entscheidung wird im Laufe des Tages fallen –, sind weit reichende Ausnahmeregelungen vorgese­hen, die uns ermöglichen werden, insbesondere im Bereich Westbalkan zu verhindern, dass es dort zu Verschärfungen kommt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordne­ter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bin einigermaßen betroffen von folgender Situation: Während es möglich ist, dass ille­gale Visa an österreichischen Botschaften ausgestellt werden, habe ich als Österrei­cher die größten Probleme, an der österreichischen Botschaft in Ankara einen Termin wahrnehmen zu können. Ich müsste entweder persönlich zwischen 12 und 12.30 Uhr dort erscheinen beziehungsweise eine Eintritts- und Bearbeitungsgebühr vorerst über­weisen, bevor ich überhaupt einen Termin zugeordnet bekomme.

Wissen Sie davon, und wie kann man die Situation so verändern, dass man als Staats­bürger ordnungsgemäß seine Rechte wahrnehmen kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Ab­geordneter, es ist mir durchaus bewusst, dass das ein schwieriges, verwaltungstech­nisches Problem ist, dass wir die Vorschrift umsetzen und es keinen anderen Weg gibt als die persönliche Vorsprache im Einzelfall. Soweit ich mich an meine Zeit als Bot­schafterin in Bern erinnern kann, wird dabei ein Fragenkatalog von in etwa 28 detaillier­ten Fragen abgearbeitet, damit wir entsprechende Sicherheiten und Hinweise darauf haben, um wen es sich handelt und ob alles mit den behaupteten Unterlagen auch sein Rechtes hat.

Wir sind daher sehr bemüht, die Situation für die Antragsteller durch entsprechende Maßnahmen – etwa die Einrichtung von Call-Centers, wo man sozusagen terminmäßig eine Vorabklärung treffen kann – zu erleichtern, aber das ist eine andauernde und in vielen Botschaften erforderliche Aufgabe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Großruck, bitte.

 


Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland, wo der damalige grüne Außenminister Joschka Fischer verordnungsmäßig EU-widrige Visa hat ausstellen lassen, handelt es sich bei dem so genannten Visa-Skandal in Österreich um Einzelfälle, das wissen wir. Sie haben gesagt, vier Disziplinaranzeigen gibt es, auch Vorerhebungen. Es ist also kein Skandal wie in der Bundesrepublik Deutschland, sondern das Fehlverhalten und auch manche kriminelle Tätigkeiten einzelner weniger.


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Meine Frage ist: Wie klappt in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium bei den Untersuchungen dieser – unter Anführungszeichen – „krimi­nellen Fälle“?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Zu­sammenarbeit ist eng und hervorragend, wir arbeiten im Alltag ja sowohl in der Zent­rale als auch an den Vertretungsbehörden sehr eng mit den Kolleginnen und Kollegen vom Innenministerium zusammen. Da gibt es keinen Grund zur Klage. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung. Die inhaltlichen Regelungen erfolgen – soweit sie gene­reller Natur sind – von Seiten des Innenministeriums. Wir setzen sie um, wir führen sie durch. Wir haben die Dienstaufsicht, das Innenministerium hat die Fachaufsicht. Da können wir nur Hand in Hand arbeiten. Wir sind dankbar für diese Zusammenarbeit und werden das auch in Zukunft so halten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Neudeck, bitte.

 


Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Bundesminister, Sie haben aufge­zeigt, dass diese Visa-Fälle ja vor Ihrer Amtszeit passiert sind. Meine Frage richtet sich jetzt an Sie: Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, dass so etwas nicht mehr vor­kommt, und können Sie derartige Vorkommnisse in der Zukunft ausschließen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Ab­geordneter, was ich anbieten kann, ist lückenlose Aufklärung und meine Zusammen­arbeit dazu, das Abstellen von Missständen, so sie mir bekannt werden oder sich her­ausstellen sollten, und die Arbeit an einem verbesserten System. Niemand als Mensch und als Verantwortlicher kann für die Zukunft ausschließen, dass es wieder zu Unzu­länglichkeiten kommen kann.

Aber noch einmal: Die Maßnahmen, die ich in meinem Ressort treffen kann, sind dienstrechtlicher oder auch verwaltungsmäßiger Natur. Diese reichen von verstärkten Kontrollen, im Einzelfall – wenn es Zweifel gibt – über den Entzug der Visa-Genehmi­gung bis hin zu personalrechtlichen oder personalmäßigen Maßnahmen wie Verset­zungen, Einberufungen, auch Disziplinarverfahren. Mit diesen Maßnahmen, aber auch mit Verwaltungsmaßnahmen, also intensivierten Schulungen, mit Bewusstseinsbildung auf allen Ebenen in diesem Ressort, mit einer laufenden Informationstätigkeit nach außen und nach innen tue ich mein Möglichstes, um Sicherheit zu behalten und weiter­zuentwickeln.

Ich habe unter anderem auch eine Visa-Kommission mit in Pension befindlichen Kolle­gen beauftragt – es waren keine Kolleginnen dabei –, die sich das Thema vorgenom­men haben, die auch stichprobenartig unangemeldete Kontrollen an zwei Vertretungs­behörden durchgeführt haben, um sich selbst ein genaues Bild zu verschaffen. Mit die­sen Maßnahmen und verstärkten Kontrollen beschäftigen wir uns mit diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich rufe die für heute letzte Anfrage auf, nämlich die Anfrage 152/M des Herrn Abgeordneten Fauland, und werde die Fragestunde ge­gebenenfalls zur Abarbeitung dieser Anfrage um einige Minuten verlängern. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:


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152/M

„Weshalb ist das österreichische Engagement in Bezug auf das an die EU gerichtete Ersuchen der Vereinten Nationen, die Wahlen im Kongo durch die Bereitstellung mili­tärischer Kapazitäten zu unterstützen, so gering?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Aus mei­ner Sicht ist die Bereitschaft Österreichs dort zu unterstützen nicht gering, Herr Abge­ordneter. Wir sind bereit, bis zu zehn Stabsangehörige zu entsenden. Es handelt sich, wie Sie wissen, um eine Unterstützungsaktion für die Vereinten Nationen, in diesem Bereich für die Operation MONUC.

Unser Schwerpunkt liegt bekanntlich am West-Balkan. Dort haben wir fast 900 Solda­tinnen und Soldaten, die ihren Einsatz im Rahmen von entsprechenden Missionen leis­ten. Das ist unsere Schwerpunktregion, dafür haben unsere Partner auch Verständnis.

Wir sind in einer Reihe von Fällen an anderen Missionen beteiligt. Es war mir ein per­sönliches Anliegen, dass wir etwa auch bei der Grenzsicherungsmission zwischen Ägypten und Israel in Rafah beteiligt sind. Wir haben in Aceh an der dortigen Friedens­mission teilgenommen.

Wir tun unser Mögliches. Aus meiner Sicht ist das eine vernünftige Form und eine so­wohl international als auch in Österreich argumentierbare Form der Beteiligung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Fau­land.

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Wie hoch schätzen Sie das Gefährdungspotential für die im Kongo eingesetzten Soldaten ein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Ab­geordneter, ich bin bekanntlich kein Militär. Wir können nur die politische Planung ma­chen und Beschlussfassung durchführen. Das haben wir gemacht. Ich habe dem Ge­neralsekretär der Vereinten Nationen vor kurzem einen positiven Antwortbrief geschrie­ben. Wir haben jetzt das Sicherheitsratsmandat – ich denke, seit vorgestern –, das für diese Mission notwendig wäre. Die Militärstäbe beschäftigen sich jetzt mit den ganz konkreten Planungen, in denen selbstverständlich auch auf die Gefährdungslage ein­gegangen wird. Ich bitte daher um Verständnis dafür, dass ich darüber keine konkreten Aussagen machen kann. Das sollen wirklich die Fachleute beurteilen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Mag. Lunacek. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Ministerin, ich halte es für sinnvoll, dass Österreich sich an dieser Mission beteiligt, noch dazu, wo es ja um den Schutz auch von Menschen geht, die zu Wahlen gehen wollen. Ich habe es auch für sinnvoll gehalten, dass der Wahltermin jetzt einmal verschoben wurde, denn das bietet die Chance, dass auch die größte Oppositionspartei eingebunden wird. Diese war nämlich bisher nicht in der nötigen Form beteiligt.

 


Frau Ministerin, was machen Sie gemeinsam mit den anderen EU-Außenministern und -Außenministerinnen, damit dieser demokratische Wahlprozess tatsächlich aktiv ge­staltet werden kann, damit die Zahl der Wahlbeobachter massiv erhöht wird – denn das wird notwendig sein –, und prüfen Sie auch, ob nicht ein verstärkter Einsatz von Poli­zeikräften in Kinshasa Sinn macht?


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist zwar mehr als eine Frage, aber die Frau Ministerin wird es wahrscheinlich beantworten. – Bitte.

 



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Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Wir unter­stützen den Friedensprozess in der Demokratischen Republik Kongo als Europäische Union mit jährlich rund 750 Millionen €. Davon fließen allein 200 Millionen € in die Vor­bereitung der bevorstehenden Wahlen auf verschiedenen Ebenen.

Wir leisten außerdem mit den beiden bereits bestehenden Missionen EUSEC und EUPOL sowohl bei der Sicherheitssektorreform als auch bei der Anleitung und Bera­tung der neuen Polizeieinheiten eine – wie ich denke – sehr wichtige Arbeit, die genau darauf abzielt, unterstützend einzugreifen, um die äußeren Bedingungen für diesen wichtigen Wahlvorgang positiv zu beeinflussen und möglich zu machen, dass Men­schen ohne Angst ihre demokratischen Rechte ausüben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Hagenhofer. – Bitte.

 


Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Bundesministerin, Sie selbst haben es gesagt und ich habe es der APA am 25. April 2006 entnommen, dass der UN-Welt­sicherheitsrat die Europäische Union zur Absicherung der ersten Wahl im Kongo er­mächtigt hat.

Dieser APA-Aussendung entnehme ich, dass 1 500 Soldaten dieser EU-Truppe ange­hören sollen und ein kleines Kontingent davon auch Österreich stellen wird.

Meine konkrete Frage: Wann wird diese Entsendung im Hauptausschuss verhandelt werden, welche konkreten Aufgaben sollten diese österreichischen Soldaten überneh­men, und wie kann größtmögliche Sicherheit für diesen nicht ungefährlichen Einsatz der österreichischen Soldaten gewährleistet werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Auch das ist mehr als eine Frage, aber ich er­suche die Frau Ministerin um Antwort. – Bitte.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Das grundsätzliche Vorhaben – jetziger Planungsstand – ist: 400 bis 450 Mann nach Kinshasa, weitere 800 bis 1 000 Mann als Reserve, die vorläufig nicht in den Kongo entsendet werden sollen und nur im Bedarfsfall zur Unterstützung zum Einsatz kom­men sollen. Über die Planungsdetails, nämlich jetzt örtlicher Natur, wird im Augenblick beraten. Wir werden auf Seiten Österreichs selbstverständlich so bald wie möglich ent­sprechend den innerstaatlichen rechtlichen Vorgaben – Entsendegesetz – das Parla­ment damit befassen und auch die Details klarmachen und besprechen.

Ich möchte jetzt auch schon darauf hinweisen, dass eine genaue zeitliche Begrenzung des Einsatzes auf insgesamt vier Monate vorgesehen ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mur­auer, bitte.

 


Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Bundesministerin, Sie haben uns erfreuli­cherweise mitgeteilt, dass unsere Soldaten weltweit für Frieden, Freiheit und Demokra­tie unterwegs sind; die UNO-Soldaten haben dafür sogar den Friedensnobelpreis be­kommen.

Mich würde interessieren: Wie viele Soldaten sind zurzeit unter EU- und UNO-Fahne unterwegs? Nebenbei gesagt sichern unsere Soldaten noch unsere Grenze und stehen darüber hinaus auch für den Einsatz bei Katastrophen in hervorragender Weise zur Verfügung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Die Mit­wirkung des österreichischen Bundesheeres an den Friedensmissionen der Vereinten Nationen ist eine wichtige und, wie ich glaube, auch von allen politischen Parteien entsprechend unterstützte Tätigkeit und ein Beitrag zur Friedensarbeit in der Welt. Im Augenblick – ich kann es Ihnen nicht auf die Person genau sagen – sind in etwa 1 300 Österreicherinnen und Österreicher in internationalen Friedenseinsätzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminis­terin für die Beantwortung der Fragen.

Die Zeit der Fragestunde ist abgelaufen, und somit ist die Fragestunde auch beendet.

11.42.57Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Initiativanträge: Zurückziehung: 813/A.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (1392 d.B.),

Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006 (1408 d.B.),

Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz (1413 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (1432 d.B.),

Antrag 820/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (12. Novelle zum NVG 1972);

Außenpolitischer Ausschuss:

Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (1442 d.B.);

Familienausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1437 d.B.);

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Haftungsübernahme für die Finan­zierung von Eisenbahnmaterial (EUROFIMA-Gesetz) geändert wird (1391 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Übertragung der Aufgaben des Bundespensionsamtes an die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (Bundes­pensionsamtübertragungs-Gesetz – BPAÜG) erlassen wird und das Ausschreibungs­gesetz 1989, das Bundeshaushaltsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes-


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pflegegeldgesetz, das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1409 d.B.),

Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006 (1410 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaf­fung Gesellschaft mit beschränkter Haftung geändert wird (1418 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen er­teilt wird (1425 d.B.),

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen und über die Änderung des Bundesgesetzes zur Errichtung einer Marchfeldschlösser Revitalisie­rungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H. (1433 d.B.),

Strukturanpassungsgesetz 2006 (1434 d.B.),

Betrugsbekämpfungsgesetz 2006 (1435 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Investmentfonds­gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Pensionskassengesetz und das Be­triebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1436 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006 (1414 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden (1422 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österrei­chisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsför­derungsgesetz geändert werden (1430 d.B.),

Antrag 821/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekammergesetz geändert werden,

Antrag 822/A der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geän­dert wird,

Antrag 825/A (E) der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der ambu­lanten Neuro-Rehabilitation“;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 824/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Hochsicherheitspässe: Für ein EU-weit einheitliches und umfassendes Daten­schutz- und IT-Sicherheitskonzept – Initiative der Österreichischen EU-Ratspräsident­schaft;

Justizausschuss:

Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006 (1420 d.B.),

Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 – GenRÄG 2006 (1421 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsge­setz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert werden (1426 d.B.),

Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG (1427 d.B.),


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Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2006 – VersRÄG 2006 (1428 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischen­staatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (1429 d.B.);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird (1424 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsge­setz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Wache­bediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1417 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1412 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz und das Markenschutzgesetz 1970 geändert werden (1423 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006 (1411 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (1419 d.B.),

Ingenieurgesetz 2006 – IngG 2006 (1431 d.B.).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3922/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3922/AB der Anfrage 3977/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tempo 160 durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Silhavy beantragt hat, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 749/A (E) der Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Dienstfreistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und Ausgleich für DienstgeberInnen von freiwilligen KatastrophenhelferInnen eine Frist bis 22. Mai 2006 zu setzen.


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Hiezu liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzufüh­ren.

Diese kurze Debatte wird im Anschluss an die Debatte über die Anfragebeantwortung stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfol­gen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 6 sowie 7 bis 8 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 105 Minuten, freiheitlicher Parlamentsklub 72 Minuten sowie Grüne 78 Minu­ten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich stelle fest, dass wir kein ausreichendes Quorum haben, und unterbreche daher für ganz kurze Zeit die Sitzung.

*****

(Die Sitzung wird um 11.45 Uhr unterbrochen und um 11.46 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf – das benötigte Quorum ist gegeben.

Ich wiederhole: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 105 Minuten, freiheitlicher Parlamentsklub 72 Minuten sowie Grüne 78 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.46.501. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 781/A (E) der Abge­ordneten Barbara Riener, Mag. Gisela Wurm, Anton Wattaul, Dr. Eva Glawisch-


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nig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominie­rung für den Friedensnobelpreis 2006 (1407 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1298 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ (DAK-Gesetz 1996) geändert wird (1402 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1363 d.B.): Bundesgesetz über den Auslandsösterreicher-Fonds (AÖF-G) (1403 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 775/A der Abgeord­neten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührenge­setz 1992 – KGG 1992) geändert wird (1404 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1300 d.B.): Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Republik Tadschikistan andererseits samt Schluss­akte, Anhänge, Protokoll und Erklärungen (1405 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1161 d.B.): Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staa­ten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit (1406 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen somit in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


11.48.44

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es steht jetzt eine Fülle von Tagesordnungspunkten in Verhandlung, und ich möchte zu einigen davon Stellung nehmen.


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Erstens: Ich begrüße, dass wir diesmal alle gemeinsam das „SOS-Kinderdorf“ für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Das ist eine Nominierung, die hoffentlich von Erfolg gekrönt sein wird. Das Kinderdorf als Institution hat meiner Meinung nach über Jahre hinweg diese Nominierung und die Verleihung des Friedensnobelpreises wirklich ver­dient. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte das besonders deshalb betonen, weil ich als räumlicher Nachbar des „SOS-Kinderdorfes Wienerwald“ und als Vorstandsmitglied dort seit Jahren sehe, wie vor allem Kindern, die eine schwierige Zeit hinter sich haben, eine neue Heimat gege­ben wird, Geborgenheit gegeben wird. Das ist gerade unter den Aspekten von Kriegen, von furchtbaren Auseinandersetzungen ein ganz wichtiger Punkt, wo konkret geholfen werden kann. Dass das „SOS-Kinderdorf“ einen Friedensnobelpreis verdient hat, glau­be ich, unterstreicht auch der Konsens in diesem Haus darüber, dass wir gemeinsam das Kinderdorf für diese Auszeichnung vorschlagen.

Ich möchte zum Zweiten Stellung nehmen zum Konsulargebührengesetz, weil diesbe­züglich einige Fragen im Ausschuss gestellt wurden und Auseinandersetzungen sich auch in der Öffentlichkeit abgespielt haben. Ich darf noch einmal aus unserer Sicht, weil ich auch mit ein Antragsteller für diesen Initiativantrag war, ausführen, weshalb uns eine Novelle in diese Richtung wichtig war.

Erster Punkt: Schutz und Hilfe für Österreicher, die in Not geraten sind. – Das bleibt eine staatliche Aufgabe, und das wird in keiner Weise bestritten. Das heißt, wann im­mer ein Österreicher im Ausland in Not gerät, weil er bestohlen wurde, weil sein Reise­pass weg ist, weil er verhaftet wird, weil er verletzt wird durch eine Gewalttat, sind die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland dazu da, ihm konkret zu helfen, und zwar nicht nur durch einen neuen Reisepass oder indem man ihm Geld aushändigt, damit er nach Hause kommen kann – nein, er muss auch mit betreut werden. Das steht außer Frage und bleibt so.

Zweiter Punkt: Es gibt durch unsere Novelle in einem ganz speziellen Fall eine Inan­spruchnahme des Betroffenen/der Betroffenen, nämlich dann, wenn erstens besondere Auslagen entstehen für die Republik, für irgendeine Gebietskörperschaft, wenn zwei­tens eine Person, die sich aus touristischen Zwecken in einem fremden Land befindet, durch ein grobes Verschulden in eine Situation geraten ist, aus der sie gerettet werden muss, und wenn drittens, wenn es auch nicht unbillig ist, von dieser Person Ersatz ver­langt wird.

Ich sage das deshalb mit aller Deutlichkeit, weil hier verschiedenes hineingeheimnist wird, was in Wahrheit nicht dort hingehört. Wir haben ganz bewusst diesen Begriff „touristische Zwecke“ gewählt, um auszuschließen, dass jemand, der zum Beispiel aus humanitären Gründen in eine Gefahrensituation gelangt, weil er als Entwicklungshelfer in einer gefährlichen Region unterwegs ist, in die Pflicht genommen wird. Nein, diese Fälle sind ausgeklammert. Wer aus beruflichen Gründen von seinem Chef den Auftrag erhält, dort hinzufahren, der ist nicht betroffen. Wer aus familiären Gründen einen na­hen Angehörigen besuchen, pflegen, retten will, ist auch nicht betroffen von dieser Re­gelung. Es geht um den eingeschränkten Fall von Personen, die sich aus touristischen Zwecken grob schuldhaft in eine Gefahrensituation begeben, aus der sie gerettet wer­den müssen.

Dritter Punkt: grobes Verschulden, meine Damen und Herren; das ist schon etwas. Das ist nicht so, dass man etwas übersehen hat in der Geschwindigkeit, dass man viel­leicht unachtsam war – „grobes Verschulden“ heißt, dass man sich trotz aller Warnun­gen, trotz öffentlicher Diskussionen darüber, dass es irgendwo besonders gefährlich ist, darüber hinwegsetzt und sich trotzdem in eine solche Gefahr begibt. – Das ist ein


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grobes Verschulden, keine Leichtfertigkeit, sondern schon durchaus ein persönliches Verhalten, das man auch ahnden muss.

Alles in allem werden, so glaube ich, nicht sehr viele Fälle in der Praxis für das Außen­ministerium entstehen, wo dann jemand bis zu einem Höchstbetrag von 20 000 € in die Pflicht genommen werden kann, wenn diese Auslagen entstehen. Aber der politische Fokus, meine Damen und Herren, ist der, dass wir doch auch nicht auf der Seite derer stehen können, die sich einfach mehr oder weniger bewusst in eine Gefahrensituation begeben, sodass die Republik Kopf stehen muss, um sie zu retten, und der Steuerzah­ler die Rechnung bezahlt. Nein, auf dieser Seite stehen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich halte es daher nach wie vor für gerechtfertigt, dass wir in diesem Fall auch einen Auslagenersatz verlangen.

Vierter und letzter Punkt, meine Damen und Herren, weil Herr Staatssekretär Winkler heute da ist. Ich möchte ihm besonders danken und ihm Anerkennung zollen. Wir waren gerade gemeinsam in einer größeren Gruppe im Europarat, wo er nicht nur eine Rede gehalten hat, sondern auch durch seine Anwesenheit dokumentiert hat, wie ver­bunden er mit dieser Institution ist. Wir waren gerade gemeinsam bei der Subsidiari­tätskonferenz in St. Pölten, wo andere Teilnehmer aus anderen Ländern Herrn Staats­sekretär Winkler besonders gelobt haben, weil er nämlich als Reisender Österreichs im Europäischen Parlament und sonst wo nicht nur unterwegs ist, sondern auch eine aus­gezeichnete Figur macht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

In diesem Sinne, Herr Staatssekretär, möchte ich das heute sehr anerkennend sagen, möchte ich mich bedanken für dieses Engagement und darf ich hoffen, dass die öster­reichische Präsidentschaft insgesamt, die in der Europäischen Union schon sehr wert­volle Arbeit geleistet hat, auch weiterhin ihre Spuren hinterlassen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.55.20

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Nur einen Gedanken zu den Ausführungen mei­nes Vorredners: Er hat natürlich allen Grund, Staatssekretär Winkler zu danken, denn dieser macht ja die eigentliche Arbeit bei dieser Ratspräsidentschaft und ist mit sehr vielen Fragen befasst, währenddessen der Herr Bundeskanzler und die Frau Außenmi­nisterin primär schon mit einem anderen Hintergedanken von einem Fototermin zum anderen huschen. – Aber das ist jetzt nicht mein Anliegen.

Wir haben jetzt verschiedene Vorlagen zu diskutieren, und ich möchte mich auf die Frage der Diplomatischen Akademie konzentrieren und dazu Folgendes sagen: Es ist erfreulich, dass mit diesem Gesetz klargelegt wird, dass die Diplomatische Akademie – eine sehr traditionelle, sehr anerkannte Einrichtung – eine postgraduale wissenschaft­liche Einrichtung ist, dass es möglich ist, einen akademischen Grad zu erwerben, der zur Aufnahme eines einschlägigen Doktoratsstudiums berechtigt. Das ist eine ganz wichtige Festlegung, und ich glaube, dass damit diese allseits, über die Grenzen Öster­reichs geachtete Einrichtung der Diplomatischen Akademie natürlich noch eine weitere wesentliche Aufwertung erfährt.

Natürlich ist es auch positiv, dass sie an einem Doktoratsstudium für Internationale Studien an der Universität Wien mitwirken kann und dass sie letztlich auch eine ganz wesentliche Bedeutung in unserem gesamten postgradualen Bildungssystem be­kommt.


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Ich möchte in diesem Zusammenhang auch positiv hervorheben, dass es möglich war, hier einen Vier-Parteien-Antrag zustande zu bringen, der in zwei Punkten eine Verbes­serung herbeigeführt hat, weil es ja nicht einsichtig war, dass Gastprofessuren nur auf zwei Jahre beschränkt sein sollen. Wenn man jemanden als Gastprofessor anwirbt und ihm dann sagt, es sei einfach gesetzlich nicht möglich, dass er länger als zwei Jahre seine Arbeit verrichtet, dann macht das eigentlich keinen Sinn. Es soll ja der Akademie überlassen bleiben, allfällige Verlängerungen vorzunehmen. Ich denke, dass das durchaus sinnvoll ist, und bin daher sehr dankbar, dass es diese Veränderung gibt, weil das auch in einem gewissen Sinn eine allfällige Auswirkung auf andere Einrichtun­gen hat.

Ich verhehle nicht, ich sage das auch ganz offen und ehrlich, dass ich es als positiv empfinde, dass man bei der Namensgebung, entsprechend der Tradition der Diploma­tischen Akademie, nun neben dem Englischen auch das Französische hervorgehoben hat. Ich denke, dass das in dieser positiven Tradition anzusiedeln ist, und glaube, dass das daher eine sehr gute Lösung ist.

Alles in allem denke ich, ist es positiv, dass es diese Initiative gibt, dass wir sie gemein­sam beschließen, und ich kann von diesem Platz hier der Diplomatischen Akademie für die künftige Arbeit nur alles Gute wünschen.

Herr Staatssekretär Winkler, ich anerkenne Ihre Tätigkeit, ich weiß, wie schwierig es ist, wenn man im Rahmen der Ratspräsidentschaft schon fast alles allein machen muss. In diesem Sinne erfahren Sie auch Anerkennung seitens der Opposition. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubob­mann Scheibner. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.59.21

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Staatssek­retär! Meine Damen und Herren! Wir haben hier eine ganze Reihe von Materien in eine gemeinsame Debatte zusammengefasst. Klubobmann Cap hat auch schon zu einigen Stellung genommen. Dem brauche ich nichts hinzuzufügen. Es handelt sich zum Teil um Konsensmaterien, und das halte ich für sehr positiv.

Zu zwei Tagesordnungspunkten möchte ich nur kurz Stellung nehmen.

Erstens: Konsulargebührengesetz. – Ich erinnere an den Anlassfall: Ein Architekten-Paar war im Jemen unterwegs und ist dort entführt worden. Dazu ist es, wie man ge­sehen hat, auf Grund von Unterlassung einiger Sicherheitsvorkehrungen und unter Missachtung von Sicherheitsbestimmungen gekommen. Selbstverständlich war die Republik Österreich beziehungsweise waren die offiziellen Stellen sehr bemüht, diese beiden Personen wieder frei zu bekommen.

Die Diskussion davor, aber vor allem auch danach, hat gezeigt, dass es notwendig ist, da ein Signal zu setzen, und zwar ein Signal an die österreichischen Staatsbürger, die selbstverständlich Anspruch auf Schutz und Hilfe überall auf der Welt haben, wenn sie diesen Schutz und diese Hilfe brauchen, aber dass es auch notwendig ist, dass die ös­terreichischen Staatsbürger doch eine gewisse Sorgfaltspflicht im Auge behalten. Das heißt, dass man Sicherheitswarnungen ernst nimmt, dass man in jenen Ländern, wo eine Gefährdung offensichtlich ist, auch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen trifft.

Aber dort, wo es sich um reine Abenteurer handelt – ich möchte hier ganz besonders betonen: um Abenteurer! –, um Personen, die all die Sicherheitsvorkehrungen unter­lassen, weil sie der Meinung sind, dass das spannend sei, weil sie da Mut beweisen wollen und weil es ihrer Meinung so interessant sei, sollte es, wenn dann etwas pas-


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siert – und es haben selbstverständlich auch diese Staatsbürger den Anspruch auf Schutz und Hilfe durch die Republik –, die Möglichkeit geben, dass bei grob schuldhaf­tem Verhalten zumindest ein Teil der dadurch entstandenen Kosten – und das sind im­merhin Steuergelder – wieder zurückverlangt werden kann.

Das ist nichts Unübliches. Ich denke da etwa daran, dass auch ein Kfz-haftpflichtversi­cherter Autofahrer, der grob schuldhaft einen Unfall verursacht, etwa durch Alkoholisie­rung, von der Versicherung im Regresswege zu Schadenersatzhandlungen angehalten werden kann. Nach diesem Prinzip sollte auch im Wege des Konsulargebührengeset­zes diese Möglichkeit vorhanden sein.

Selbstverständlich ist nicht daran gedacht, dass Menschen, die in Ausübung ihres Be­rufes oder im Rahmen von NGOs oder Hilfsorganisationen im Ausland sind, unter die­sen Paragraphen fallen, weil diese ja nicht freiwillig und nicht sozusagen zum Konsu­mieren eines Urlaubs dort sind, sondern auf klaren Auftrag hin aus beruflichen Notwen­digkeiten oder zu humanitären Zwecken.

Ich glaube, dass das ein wichtiger Fingerzeig in die Richtung ist, dass Abenteuertum zwar möglich ist, dass Hilfe bei Not auch gewährt ist, dass aber dann in gewisser Weise auch eine Schadenersatzleistung notwendig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zweiter Punkt, auf den ich hier eingehen möchte, ist die Nominierung des „SOS-Kin­derdorfs“ für den Friedensnobelpreis. Ich glaube, dass das ein sehr, sehr wichtiger Akt ist, den wir hier setzen. Letztlich ist ja diese Idee von Österreich ausgegangen, und weit mehr als 100 Staaten haben bereits eine solche Einrichtung. Ich selbst habe eini­ge Kinderdörfer besucht und konnte feststellen, dass interessanterweise gerade in Ent­wicklungsländern die SOS-Kinderdörfer nicht nur für Waisenkinder eine wichtige Ein­richtung darstellen, sondern auch für Nicht-Waisenkinder, bei welchen man vermeiden will, dass sie in einem Klima der Kriminalität oder in einem sehr negativen sozialen Umfeld aufwachsen. Es geben in den Entwicklungsländern viele Eltern ihre Kinder be­wusst in die SOS-Kinderdörfer zur Betreuung, auch zur schulischen Ausbildung, weil sie wissen, dass dort nach internationalen Standards die Erziehung und auch die Wei­terbildung der Kinder entsprechend gewährleistet werden. Das ist also auch eine wich­tige Einrichtung im Rahmen der Entwicklungshilfe in vielen Ländern.

Wenn wir wissen, dass die Zukunft in Frieden und in Freiheit in den verschiedenen Ländern auch dadurch bedingt ist, welche Perspektiven die Jugend hat, wie sie ausge­bildet ist und wie sie erzogen ist, dann können wir sagen: Das ist ein echter Beitrag für den Weltfrieden! Deshalb ist diese Nominierung für den Friedensnobelpreis 2006 ge­rechtfertigt, und wir hoffen, dass sie auch erfolgreich sein wird. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


12.04.23

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Von Seiten der Grünen gibt es außer zu einer zu allen Vorlagen, die heute hier heute auf dem Tisch liegen, die Zustimmung. Ich werde das auch gleich erklären und darauf eingehen.

Lassen Sie mich aber davor ein paar Worte zu den in der vorhergehenden Fragestun­de angesprochenen Themen beziehungsweise den von der Ministerin gegebenen Ant­worten sagen, vor allem was die Visa-Affäre, besser gesagt den Visa-Skandal, betrifft.


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Es ist tatsächlich so, wie ich zuvor schon darauf hingewiesen habe, dass nämlich mitt­lerweile ein gerichtliches Verfahren sogar gegen einen Botschafter im Laufen ist. Das zeigt ganz klar, dass diese Visa-Skandal immer mehr um sich greift, dass da nicht „nur“ – zwischen Anführungszeichen – Beamte und Beamtinnen der Konsularebene in­volviert sind, sondern – sollte sich die Vorwürfe bewahrheiten – Beamte auf höchster Ebene, nämlich Botschafter selbst.

Ich denke, damit ist wohl klar, dass das einen Antrag auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses hier in diesem Hohen Haus rechtfertigt. Ich werde einen solchen später einbringen, und er wird am Abend zwar nicht zur Debatte stehen, aber immerhin abgestimmt werden. Und da appelliere ich an die Regierungsfraktionen, zumindest noch einmal darüber nachzudenken und nicht gleich von vornherein zu sagen: Nein!

Wie die Außenministerin ganz richtig gesagt hat, geht es bei fast allen Fragen um Fra­gen, die nicht aus ihrer Amtszeit stammen. Es wäre doch sinnvoll – statt immer nur de­fensiv hintennach zu sagen: Ja, da ist noch etwas aufgetaucht, und dann noch etwas, und dann noch etwas –, sich der Frage nach der politischen Verantwortung zu stellen. Die strafrechtliche Verantwortung klären die Gerichte, das ist schon klar, da wollen und da sollen wir uns auch nicht einmischen, aber die politische Verantwortung unter der früheren Außenministerin und jetzigen EU-Kommissarin müsste doch dieses Hohe Haus klären. Ich hoffe sehr, dass Sie doch diesem unseren Antrag zustimmen werden.

Da Kollege Großruck – er ist gerade nicht da – in der Fragestunde wieder einmal einen Vergleich mit Deutschland angestellt und den dortigen früheren Außenminister Joschka Fischer erwähnt hat, möchte ich hier doch festhalten: In Deutschland gab es keine Visa-Affäre und keinen Visa-Skandal. (Abg. Murauer: Eine Aufforderung dazu!) Es gab dort eine politische Verordnung, die in der Umsetzung dann nicht so geklappt hat, wie es hätte sein sollen. Aber kriminelle Machenschaften gab es da nicht. Das war eine po­litische Entscheidung eines Ministers – und nicht etwas, wo kriminelle Machenschaften im Spiel waren.

Noch ein Vergleich zu Deutschland: In Deutschland ist die Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses ein Minderheitsrecht im Parlament. Jetzt gibt es momentan einen Untersuchungsausschuss. In Österreich kann die Regierungsmehrheit immer sagen: Nein, wir wollen das nicht! Und da möchte ich an Sie appellieren, sich doch einmal dar­an zu erinnern, was Ihre eigentliche Aufgabe als Parlamentarier und Parlamentarierin­nen ist – und nicht nur immer die Regierung zu verteidigen. – Aber gut.

Lassen Sie mich nun zu den Themen dieser jetzigen außenpolitischen Debatte und zu den Vorlagen, die auf der Tagesordnung stehen, kommen. Ich werde mich zu drei Punkten äußern.

Erstens: zur Nominierung des „SOS-Kinderdorfes“ für den Friedensnobelpreis 2006.

Wie schon richtig gesagt wurde, haben wir im letzten Jahr diese Nominierung nicht un­terstützt, wir hatten einen anderen Vorschlag. Heuer gibt es von uns eine Zustimmung dazu, deswegen gibt es auch einen Vier-Parteien-Antrag. Der Hintergrund ist der, dass es mittlerweile so ist, dass, bevor Österreich das „SOS-Kinderdorf“ nominiert hat, an­dere Staaten und andere Organisationen in anderen Staaten das „SOS-Kinderdorf“ schon für den Friedensnobelpreis nominiert haben. Und ich halte es für sinnvoll, dass eine derartige Nominierung nicht nur aus dem eigenen Land kommt, sondern dass das auch von anderswo unterstützt wird. Denn: „SOS-Kinderdorf“ ist eine internationale Organisation. Und ich finde es positiv, dass das jetzt so ist.

Der zweite Punkt ist der, dass es in den letzten Jahren auch eine Entwicklung inner­halb der Organisation, vor allem auf der internationalen Ebene, gegeben hat. So wird immer mehr von einem Kinderdorf selbst nicht nur mit den Kindern, die in diesem Kin-


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derdorf richtigerweise und gut und sinnvoll betreut werden, gearbeitet, sondern das ganze Umfeld des Dorfes, der Gemeinde, der Community, in der dieses Kinderdorf sich befindet, wird mit einbezogen, indem auch Kinder, die außerhalb des Kinderdorfes leben, die Möglichkeit haben, im Kinderdorf etwas zu lernen; indem mit allein erziehen­den Müttern, die außerhalb des Kinderdorfes leben, gearbeitet wird, indem es gemein­same Projekte etwa darüber gibt, wie diese Mütter ihre Existenz sichern können. Da hat sich in den letzten Jahren auch in der internationalen Organisation des „SOS-Kin­derdorfes“ einiges getan, und das hat uns veranlasst, heuer diesem Antrag auch zuzu­stimmen und ihn auch zu unterstützen. – Das als Erklärung dazu. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweiter Punkt: die Regierungsvorlage über die „Diplomatische Akademie Wien“. – Da­für gibt es natürlich von uns die Zustimmung. Ich finde es positiv, dass da das „Mas­ter“-Programm dezidiert als akademisches Studium ausgewiesen ist, und auch, dass es die Verlängerungsmöglichkeit für Gastprofessuren gibt, denn, wie vom Kollegen Cap schon angesprochen wurde, es macht einfach Sinn, dass einzelne Gastprofesso­ren oder -professorinnen auch länger bleiben können.

Die Regelung mit dem zusätzlichen Untertitel auf Französisch hat natürlich auch unse­re Zustimmung. Aber ich habe mich schon gefragt: Warum könnten wir es nicht auch auf Spanisch, auf Russisch, auf Arabisch oder auch in anderen Sprachen, die heute auf der Welt gang und gäbe sind, hinzufügen? – Vielleicht das nächste Mal, bei der nächsten Novelle.

Nun zum Konsulargebührengesetz. Vorweg: Diese Gesetzesvorlage wird unsere Zu­stimmung nicht finden.

Lassen Sie mich nun kurz auf die Geschichte dieses Gesetzesantrages eingehen. Wie aus den Redebeiträgen meiner beiden Vorredner von den Regierungsfraktionen schon hervorgegangen ist, ist das eine Anlassgesetzgebung. Es gab vor und nach Weihnach­ten den Fall eines österreichischen Paares, einer Frau und eines Mann, die ... (Abg. Scheibner: Alle vier Parteien haben das verlangt!)

Herr Kollege Scheibner, lassen Sie mich diese Geschichte erzählen! – Dieses Paar wurde in Jemen entführt. Da gab es dann zwischen Weihnachten und Neujahr große Aktivitäten, dass sie gerettet werden, was auch glücklicherweise gelang.

Dann kam von Seiten der ÖVP der Vorschlag, man müsste doch schauen, das so zu regeln, dass diese auch einen Teil der Kosten dazu beitragen. Es kam von meiner Seite damals die Anmerkung: unter gewissen Bedingungen können wir uns das vor­stellen!

Daraufhin gab es im Jänner oder Februar, ohne dass das vorher mit uns noch einmal besprochen worden wäre, auf einmal einen diesbezüglichen Initiativantrag vom Kolle­gen Spindelegger und vom Kollegen Scheibner – und nicht eine Regierungsvorlage, wie das bei Gesetzen, die dann auch in Begutachtung gehen können, Sinn macht.

In diesem Entschließungsantrag, den Sie sich dann gerne, wenn er Sie interessiert, einmal anschauen können, hätten wirklich pauschal alle Personen – etwa Personen, die mit einer Hilfsorganisation, zum Beispiel mit der Organisation „Ärzte ohne Gren­zen“, oder Personen, die aus familiären oder aus beruflichen Gründen, wie etwa Jour­nalisten und Journalistinnen, im Ausland unterwegs sind, und vielleicht sogar Abgeord­nete, die aus beruflichen Gründen im Ausland sind (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht!) –, die sich im Ausland in eine Region begeben, für die eine Sicherheitswarnung besteht – Kolumbien ist zum Beispiel solch ein Fall; für ganz Kolumbien steht eine Sicherheitswarnung auf der Website des Außenministeriums –, zur Schadenersatzleis-


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tung herangezogen werden können. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht! Das ist falsch!)

Es gibt viele Leute, die das betreffen würde. Meine Kollegin Sabine Mandak beispiels­weise war letztes Jahr im Rahmen eines NGO-Besuchs mit vielen ehrenamtlichen Per­sonen in einem durchaus gefährlichen Gebiet Kolumbiens. Nach der ursprünglichen Vorlage, die es von den beiden von mir genannten Kollegen gab, hätten diese Österrei­cherInnen alle Gefahr laufen können, dass ihnen grob schuldhaftes Verhalten vorge­worfen worden wäre. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja alles nicht, was Sie da sagen!)

Also dieser Antrag, meine beiden Kollegen, war wirklich unter jeder Kritik! So etwas darf sich, finde ich, ein Parlamentarier einfach nicht leisten. Entschuldigen Sie diesen Ausdruck! (Abg. Scheibner: Zuerst in der Diskussion dafür sein, und dann dagegen sein! Immer dasselbe bei Ihnen!)

Sie haben es zumindest so probiert! Das ist der Hintergrund. Nicht einmal bei so einem Gegenstand, wo so viele verschiedene Organisationen davon betroffen sind, haben Sie es unternommen, eine Begutachtung zu machen und mit Versicherungen zu sprechen, et cetera. – Na gut.

Die Kritik verschiedener Nicht-Regierungsorganisationen und auch meine und die der SPÖ haben dann zum Glück dazu geführt, dass Sie einiges an Verbesserungen hinein­gebracht haben: etwa, dass jetzt humanitäre Organisationen ausgeschlossen sind, dass Menschen, die vorrangig aus familiären oder beruflichen Gründen Reisen ma­chen, nicht unter diese Regelung fallen.

Aber zwei Punkte sind für mich noch offen geblieben, und die haben Sie im Aus­schuss – ich war zwar damals nicht mehr da, aber meine Kollegin Terezija Stoisits war da – nicht beantworten können. Der eine ist der: Welches Kriterium, welche Information gilt jetzt eigentlich? Es steht im vorliegenden Antrag drinnen, dass man sich informiert haben muss, zum Beispiel beim Außenministerium.

Herr Kollege Spindelegger, ich habe Sie dann einmal gefragt: Was ist, wenn das Rei­sebüro sagt, das sei in Ordnung, man könne dorthin fahren, aber auf der Website des Außenministeriums gibt es eine Reisewarnung? Was gilt dann? Ist die Person, die im Reisebüro gesagt bekommt: Das ist okay!, dann schuld? Darauf haben Sie mir geant­wortet: Nein! Dann habe ich gesagt: Bitte, dann formulieren Sie das auch so, dass das im Gesetz klar zum Ausdruck kommt! (Abg. Dr. Spindelegger: Wenn man den Antrag liest, dann weiß man das! Das sollte jemand in der Gesetzgebung auch wissen!)

Herr Kollege Spindelegger, ein anderes Beispiel: Es gibt für Nepal keine Reisewar­nung. Zum Glück nicht! Die Demokratiebewegung hat dort nämlich einen ersten Sieg errungen. Aber es haben zum Beispiel Reisebüros, wie im „Standard“ zu lesen war, ge­sagt, in jenen Gegenden, wo die maoistischen Rebellen unterwegs sind – das ist dort, wo viele gerne im Himalaya Bergsteigen gehen –, zahlen wir ohnehin Schutzgelder, das ist also kein Problem, die entführen die ausländischen Touristinnen und Touristen dann ohnehin nicht.

Also ich könnte mir vorstellen, dass, wenn sich in Nepal die Situation in den letzten Wochen verschärft hätte – zum Glück hat sie das nicht –, das Außenamt eine Reise­warnung ausgegeben hätte. Aber die Reisebüros sagen doch: Außerhalb von Katman­du ist es kein Problem, wir zahlen dort ohnehin Schutzgelder an die Rebellen!

Ich frage Sie: Was gilt dann? Diese Frage ist im Gesetz immer noch offen, und deswe­gen gibt es von Seiten der Grünen dazu keine Zustimmung. Wenn Sie diesen Punkt in das Gesetz aufgenommen hätten, dann hätten wir uns die Zustimmung überlegt – aber so nicht! (Abg. Dr. Spindelegger: Sie haben das Gesetz in den Grundzügen nicht ver­standen! Das ist der Punkt!)


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Herr Kollege Spindelegger! Sie haben jetzt die Formulierung drinnen, wenn jemand zu touristischen Zwecken unterwegs ist und aus eigenem groben Verschulden in Gefahr gerät und gerettet werden muss.

Klar ist auch nicht, wie das denn bei Personen ist, die aus eigenem groben Verschul­den, weil sie touristisch unterwegs waren, verhaftet werden und ins Gefängnis kom­men.

Ich kann mich noch sehr gut an den Fall eines Österreichers erinnern, der in Kuba auf Urlaub war und dort im Vollrausch Auto gefahren ist und einen Unfall gebaut hat, bei dem fünf Menschen ums Leben gekommen sind. Er saß dann in Kuba im Gefängnis. Die frühere Außenministerin und die Botschaftsangehörigen dort haben sich damals sehr dafür eingesetzt, das er nach Österreich kommt. Das ist in Ordnung!

Jetzt frage ich Sie: Wird diesem die Arbeit, die da anfällt, auch verrechnet? Sind das Fahren im Vollrausch und das Umbringen von fünf Leuten dabei nicht ein grob schuld­haftes Verhalten?

Ich würde schon sagen, dass das auch dazugehört. Aber davon steht kein Wort in die­sem Antrag, sondern da geht es nur um die Abenteurer. Ist das auch ein Abenteurer, wenn er besoffen Auto fährt, um es einmal so auszudrücken, und dabei Leute umkom­men? (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist jetzt schon im Konsulargebührengesetz drin­nen! – Abg. Scheibner: Wovon reden Sie schon wieder?)

Das sind Punkte, die noch unklar sind. Das ist nicht lächerlich! (Abg. Scheibner: Aben­teuerlich ist die Argumentation, die Sie hier bringen!) Die Frage ist: Wird das dann nur gegen Menschen, die in jungen Jahren – und da sind wahrscheinlich auch einige von uns darunter – reisen, angewandt? Ich hätte wahrscheinlich auch dazu gehört, denn auch ich habe vor 25, 27 Jahren Reisen unternommen, wo man mir durchaus Abenteu­erlust hätte zuschreiben können. Es ist mir damals zum Glück nichts passiert. Wo ist denn die Grenze zwischen dem Umstand, dass jemand neue Länder kennen lernen will, und dem Abenteuer? (Abg. Dr. Spindelegger: Das grobe Verschulden!)

Waren Sie nicht auch gerne unterwegs in Gegenden, wo es vielleicht gefährlich war und Sie das nicht einmal gewusst haben? Diese Dinge sind einfach unklar! (Abg. Scheibner: Man kann doch Schutzvorkehrungen treffen!)

Herr Kollege Spindelegger, wenn Sie selbst sagen, dass das wahrscheinlich kaum je­manden betreffen wird, dass es nicht sehr viele Fälle sein werden, dann frage ich mich schon, wozu man dieses Gesetz überhaupt braucht. (Abg. Scheibner: Sie waren vor­her dafür – und jetzt sind Sie wieder dagegen!)

Herr Kollege Spindelegger, das stimmt nicht! Ich war nicht dafür! Ich habe gesagt, dass gewisse Dinge noch ... (Abg. Scheibner: Scheibner!) Entschuldigung! In diesem Fall agieren Sie wie siamesische Zwillinge. – Ich habe gesagt, dass gewisse Dinge noch geklärt gehören. Jene, die ich jetzt angeführt habe, sind noch nicht geklärt. Es tut mir Leid, aber die Zustimmung dafür gibt es nicht. (Abg. Scheibner: Machen Sie einen Vorschlag! Aber Sie haben sich im Ausschuss nur verabschiedet!)

Zu den anderen Punkten gibt es unsere Zustimmung. Zu diesem wird es sie nicht ge­ben. (Beifall bei den Grünen.)

12.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Glaser. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.18.12

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Ich möchte zunächst meinen Respekt für die Reden, die anlässlich


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der Gedenksitzung hier gehalten wurden, ausdrücken. Ich war von diesen Reden wirk­lich beeindruckt. Und das Ganze geschah auch in würdiger Form. Ich glaube, dass das durchaus ein Beitrag ist, unsere Demokratie zu festigen.

Damit komme ich schon auf das Konsulargebührengesetz zu sprechen und möchte zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Lunacek, die hier gesagt hat, dass die Grü­nen allen Vorlagen zustimmen können, nur diesem Gesetzesantrag nicht, bemerken: Mir scheint, dass sie beleidigt ist, weil sie bei der Gesetzwerdung vielleicht zu wenig mit einbezogen wurde. Das kann durchaus stimmen. (Abg. Mag. Lunacek: Nein!)

Es stimmt nicht, dass diese Gesetzesvorlage eine Anlassgesetzgebung darstellt. Na­türlich hat der erwähnte Fall im Winter dazu beigetragen, dass das diskutiert wurde, aber er hat lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass es in diesem Bereich einen Re­gelungsbedarf gibt. Ich glaube, dass es notwendig war, dass wir schon jetzt gehandelt haben, noch bevor die Reisesaison beginnt, um den Leuten bewusst zu machen, in welche Gefahren sie sich begeben. Ich meine, dass dieses Gesetz primär dem Selbst­schutz von Touristen dient, die das Abenteuer suchen. Diese Novelle wird die Kosten­rückerstattung ermöglichen, und zwar in jenen Fällen, in denen österreichische Staats­bürger im Ausland Schutz und Rettung brauchen und dadurch Kosten entstehen – dies aber immer nur dann, wenn wirklich grob schuldhaftes Verhalten vorliegt, und auch nur dann, wenn es sich um touristische Zwecke gehandelt hat. Ich glaube, dass es eine notwendige Regelung ist und dass diese Regelung primär wirklich präventiv zu sehen ist und dem Selbstschutz dient. Man sollte auch dazusagen, dass nicht immer eine Rettung möglich ist und dass es nicht immer möglich ist, einen guten Ausgang zu ge­währleisten, auch mit noch so guten Anstrengungen, sodass es oft besser ist, solche Reisen und solche Abenteuer zu unterlassen.

Ich glaube, dass es außer Streit steht, dass nach wie vor für jeden österreichischen Staatsbürger im Ausland Schutz und Hilfe gewährleistet sind. Es soll aber durchaus gesagt werden, dass das unter Umständen auch große Kosten verursacht und dass diese Kosten auch zu sehen sind.

Ich möchte übrigens bei dieser Gelegenheit den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland großen Dank aussprechen. Viele von uns wissen aus persönlicher Er­fahrung, wie wichtig es ist, dass man diesen Rückhalt im Ausland hat. In dem Sinn, Herr Staatssekretär, ein herzliches Danke an Sie und auch an die Vertretungsbehör­den im Ausland! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Wir wollen mit dieser Novelle auch eine Art Sensibilisierungsgrenze für Touristen ein­führen, die sich in Gebiete begeben, von denen sie zugegebenermaßen vielleicht oft gar nicht wissen, wie gefährlich es dort ist. Aber vielleicht dient das dann dazu, dass man sich eben mehr danach erkundigt, was in diesem Land zu tun und zu lassen ist, worauf man Obacht geben sollte. In dem Sinn ist es, glaube ich, auch eine faire und vernünftige Regelung insofern, als der Selbstbehalt nicht ins Unendliche geht, sondern mit 20 000 € begrenzt ist.

Es hat hier berechtigte Einwände der NGOs gegeben, die ja ihre Mitarbeiter haupt­sächlich in Krisengebieten beschäftigen; sie waren der Meinung, dass sie eventuell von diesem Gesetz betroffen sein könnten. Ich möchte dazu sagen, dass das nie beabsich­tigt war. Das war auch aus der ursprünglichen Novelle nicht herauszulesen, sondern diese war so gefasst, dass das enthalten war; nur ist es mit der jetzigen Regelung, mit dem jetzigen Abänderungsantrag einfach klarer gefasst und übrigens auch zur Zufrie­denheit der NGOs geregelt worden.

Ich möchte es hier als durchaus sehr positiv anmerken, dass die Mitarbeiter der NGOs und überhaupt alle beruflich im Ausland tätigen Österreicher sehr wichtig für das Bild


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Österreichs im Ausland sind. Ich glaube, sie prägen das Bild Österreichs im Ausland mehr, als wir Österreicher im Inland es prägen können, und ich denke, dass wir all jenen, die im Ausland tätig sind, ob im Katastropheneinsatz, ob im Entwicklungszusam­menarbeitseinsatz oder auch im beruflichen Einsatz, dass wir allen diesen Mitarbeitern im Ausland, diesen Österreichern im Ausland danken sollen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die Ausstellung der Aus­landsösterreicher, des zehnten Bundeslandes, in der Säulenhalle aufmerksam ma­chen.

Abschließend möchte ich sagen, dass schon auch klar ist, dass man die Handhabung dieses Gesetzes in jedem einzelnen Fall genau anschauen und sicherlich nicht mutwil­lig vorgehen wird. Ich glaube aber, dass wir mit dieser Regelung doch etwas geschaf­fen haben, das dazu beitragen wird, dass so mancher Reisende sich die Risken und die Gefahren für sein Leben vielleicht besser überlegen wird, bevor er diese Reise an­tritt. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Dr. h.c. Schieder zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.24.32

Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In Wirklichkeit ist das ein Beispiel dafür, wie ohne politische Notwendigkeit, nur aus zeitlichen oder Bequemlichkeitsgründen der Weg gewählt wird, der eigentlich nicht der vorgesehene für die Gesetzgebung war, dass nämlich ein Ministerium, wenn es eine Vorlage hat, diese nicht über den norma­len Weg – Regierung, Begutachtung – ins Parlament bringt, sondern sich die Regie­rungsfraktionen hernimmt und die Abkürzung ins Parlament wählt.

Das ist in politischen Dingen verständlich, aber nicht in solchen Dingen, noch dazu dann, wenn alle Oppositionsparteien der Idee zustimmen, dass man angesichts der starken Zunahme touristischer Bewegungen für den Fall, dass jemand sich in Situatio­nen begibt, in denen der Staat und alle sehr viel für ihn zahlen müssen, eine Regelung finden sollte. Angesichts dieses Konsenses dann diese Vorgangsweise zu wählen und in solch einer Frage nicht einmal alle Interessenten zu einem Hearing zusammenzuho­len – man hätte es ja in einem Tag erledigen können –, dazu müsste ich im Sinne des Gesetzes sagen: Da haben sich Außenamt, ÖVP- und freiheitlicher Klub grob schuld­haft in eine Situation begeben, in der dann die Opposition eben nicht zustimmen wird.

Ich sehe schon, dass es auf Grund der Proteste in einigen Punkten Änderungen gege­ben hat. Der Punkt NGO ist geklärt worden, der Punkt finanzielle Belastung ist geklärt worden, der Punkt „Touristisch“ ist schlecht geklärt worden – ich sage dann noch etwas dazu –, und der vierte Punkt, den wir hatten: Wann weiß man, wo man hinfahren darf und wo nicht?, ist ebenfalls schlecht geklärt worden.

Durch die Formulierung ist als neuer Problempunkt dazugekommen, dass – und dahin gehend läuft auch die Debatte in Deutschland – anstatt eines Gebietes, in das sich jemand begibt, die Situation herangezogen wurde. Wer sich also „grob schuldhaft in eine Situation begibt“ – das heißt nicht mehr, dass eine Reisewarnung vorliegen muss; das ergibt sich vielleicht logisch, aber nicht nach dem Gesetz. Das heißt nicht einmal, dass es ein gefährliches Gebiet sein muss. Das heißt in Zukunft, wenn jemand sich grob schuldhaft in eine Situation, wie Sie es hineingeschrieben haben, begeben hat – das kann ein Unterhaltungselement, ein amouröses Abenteuer oder etwas anderes in einem ganz sicheren Land sein –, dann ist er schon demselben Risiko ausgesetzt, und das schafft mir zu viel Rechtsunsicherheit.


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Auch was das „Touristische“ anlangt: Wenn man darüber hätte reden können – viel­leicht mit Experten, vielleicht hätte schon die Opposition genügt –, dann wären Sie draufgekommen, dass das „überwiegend Touristische“ wirklich keine gescheite Formu­lierung ist und dass auch nicht einzusehen ist, warum ein ernsthafter Tourist, irgend­jemand, der sich in seiner Pension, im Urlaub etwas anschauen, sich weiterbilden will, unter dieser Drohung steht – hingegen jemanden, der wegen des schönen Lichtes, aus Jux und Tollerei, etwa in einer Wüste die neueste Bikinimode abfilmen lässt und sich damit in Gefahr begibt, den betrifft es nicht? Das ist beruflich, das ist in Ordnung!? – Der ernsthafte Tourist oder der kleine Staatsbürger steht aber unter dieser Drohung. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das ist ja wirklich stark ...!)

Alle diese Dinge gehören besprochen und nicht einfach darüber hinweg mit der Mehr­heit beschlossen. Es stünde auch dem Außenamt gut an, sich hier anders zu verhal­ten.

Jetzt zur Frage des „grob schuldhaften Verhaltens“: „Grob schuldhaftes Verhalten“, das ist ja lustig! Im Text steht drinnen, dass das heißt, man muss sich Informationen besor­gen, die allgemein zugänglich sind. In der Begründung wird auf das Außenamt hinge­wiesen. Ich befürchte, man wird es sich richten, wie man es will. Logisch wäre in so einem Fall, Rechtssicherheit für die Bürger zu schaffen, das heißt zu sagen: Eine War­nung besteht zum Beispiel bei Buchung einer Reise; wenn sie zwischen Buchung und Antritt erfolgt, dann muss sie so schwerwiegend sein, dass auch ein formeller Rück­trittsgrund besteht; am Ort muss ein Informationssystem bestehen, dass man von der Warnung auch erfährt – dafür müsste ein System vorhanden sein, das müsste man schaffen.

Ich befürchte, das Außenamt wird Folgendes sagen. Wenn das Argument kommt, wenn man das ernsthaft vollzieht, dann bürdet sich das Außenamt sehr viel auf, denn es wird zu jedem Zeitpunkt, territorial abgegrenzt, genaue Warnungen geben müssen!, dann wird das Außenamt sagen: Nein, da macht ihr euch Sorgen, die unnötig sind; es heißt ja nicht „das Außenamt“, das kann auch jemand anderer sein! – Aber wenn es dann darum gehen wird, ob der Einzelne grob schuldhaft gehandelt hat, dann wird man sagen: Du hast das oder jenes nicht berücksichtigt.

In so einem Punkt muss ein Dienstleistungsministerium, ein Service-Außenamt dem Bürger klar sagen: Dort kannst du hingehen und dorthin nicht! Und wenn du nicht hin­gehen kannst, dann muss man auch den anderen sagen, sie sollen von dort wegge­hen. Dann muss man auch die Verantwortung übernehmen, wenn der betroffene Staat kommt, Protest einlegt und sagt: Warum gibst du für meinen Staat eine Reisewar­nung?, und muss ich sagen: Weil ich es für so gefährlich halte!

Ich kann nicht in die eine Richtung unverbindlich sein und in die andere dann sagen: Es gab die Warnung. Entweder ist es eine Warnung, dann muss sie es mit allen Kon­sequenzen sein, und dann bürdet sich das Außenamt etwas auf. Wenn es das nicht tun will, dann verlässt es seine Dienstleistungsfunktion. Beides halte ich für gefährlich und in Verbindung mit einem schlechten Gesetz wirklich für keinen Dienst an den Österreicherinnen und Österreichern. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Es ist kein schlechtes Gesetz!)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.30.44

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsi­dent! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mein Beitrag beschäftigt sich mit dem Tages-


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ordnungspunkt 1, der eine Konsensmaterie ist. Darin geht es um die Nominierung von Hermann Gmeiner mit den SOS-Kinderdörfern für den Friedensnobelpreis.

Das ist ein wirklich wichtiger Punkt, denn am 26. April jährt sich zum 20. Mal der To­destag von SOS-Kinderdorfgründer Hermann Gmeiner. Er legte schon 1949 den Grundstein für das erste der SOS-Kinderdörfer, die inzwischen weltweit aktiv sind. Er war einer, der sich für die Kleinen stark gemacht hat, er war einer, der sein Leben für Kinder in Not gegeben hat, und er selbst sagte: „Ich weiß nichts Besseres, als einem Kind zu helfen.“ Was gibt es Schöneres, als mit so einem Auftrag, mit so einer Vision sein Leben zu gestalten und sein Leben dem auch wirklich unterzuordnen?

Es war dies darin begründet, dass er selbst in einer neunköpfigen Bauernfamilie aufge­wachsen ist. Die Mutter war in seinem fünften Lebensjahr gestorben, er wuchs dann unter der Betreuung seiner älteren Schwester auf, und das hat sein Leben geprägt. Da­bei ist für ihn auch der Beruf der SOS-Kinderdorfmutter entstanden, als er gesehen hat, was seine Schwester vorgelebt hat, mit einer Vorbildwirkung dafür, wie man inner­halb der Familie Hilfe und Unterstützung geben kann.

Es war für ihn einfach eine fixe Idee, anderen zu helfen und Kindern nicht das alte Sys­tem der Waisenhäuser anzubieten, sondern eine neue, andere Idee, wodurch sie in Schutz und Geborgenheit in einem familiären Gebäude aufwachsen können, einem fa­milienähnlichen und familiennahen Dasein, sodass sie eine Mutter haben, die für sie sorgt, eben fast wie eine echte Mutter, und sie von den Geschwistern nicht getrennt sind, sondern gemeinsam in einem Haus mit familiärer Geborgenheit aufwachsen.

Diese vier Grundsätze: Mutter, Geschwister, Haus, aber auch die Umgebung eines Dorfes, das sind die vier Grundsätze, aus denen Hermann Gmeiner das SOS-Kinder­dorf entstehen ließ. Er gründete 1949 mit nur 600 S den Verein Societas Socialis, SOS, und auch damals schon hat er, da ihn die öffentliche Hand und andere nicht un­terstützt haben, die Bevölkerung gebeten, ihn zu unterstützen, und zwar mit 1 S im Mo­nat. Daraufhin war das Echo aus der Bevölkerung sehr groß; ich denke mir, die Ge­schichte hat sich später sozusagen wiederholt, und zwar mit Karlheinz Böhm, der auch nur um wenig Geld zur Unterstützung gebeten hat, und auch daraus ist eine große Ge­schichte entstanden.

Hermann Gmeiner hat damals ein so großes Echo aus der Bevölkerung erhalten, dass es ihm möglich war, noch im selben Jahr mit dem Bau des ersten Hauses des ersten SOS-Kinderdorfes in Imst zu beginnen. Inzwischen sind schon in 132 Ländern der Welt 1 715 SOS-Kinderdorfeinrichtungen aktiv, darunter 784 SOS-Kinderdörfer und ‑Ju­gendwohneinrichtungen, in denen mehr als 59 300 Kinder und Jugendliche leben, dar­unter auch 578 Kindergärten, Schulen, Berufsbildungszentren sowie 353 Sozialzent­ren, medizinische Einrichtungen und Nothilfeprogramme.

Ich denke, dass so eine Einrichtung es wirklich verdient, den Friedensnobelpreis zu er­halten, vor allem auch deshalb, weil es noch keinen Friedensnobelpreisträger aus Ös­terreich gibt. Es wäre dies nachträglich sicherlich auch für ihn, wenn er es wüsste, eine sehr schöne Anerkennung. Er hat zwar ebenso wie die SOS-Kinderdörfer schon sehr viel Anerkennungen erhalten in allen Ländern, in denen sie tätig sind, Anerkennungen und sehr viel Lob für ihre Tätigkeit, weil es eine wichtige Tätigkeit ist, aber es wäre wirklich schön, wenn wir mit dieser Initiative eben auch einen Friedensnobelpreisträger aus Österreich hätten. Deshalb stellen wir den Antrag.

Ich ende mit den Worten von Hermann Gmeiner selbst: „Ich wollte nichts anderes, als dem entwurzelten Kind jene Welt der Geborgenheit zu schenken, die es braucht, um gedeihen zu können. Ich weiß nichts Besseres, einem Kind zu helfen, als ihm eine Mutter zu geben, Geschwister zu geben, ein Haus und ein Dorf zu geben.“


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Und er sagte weiters: „Gutes zu tun und das Gute in der Welt zu vermehren ist letzten Endes keine Frage der Methode, sondern der mitfühlenden und mitverantwortenden Liebe, die wir anderen gegenüber empfinden.“

Wer, wenn nicht er, würde den Friedensnobelpreis verdienen? (Beifall bei Abgeord­neten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Frau Kollegin, das stimmt nicht! Bertha von Suttner war Österreicherin! – Abg. Scheibner: Aber kein Mann! – Abg. Dr. Einem: Lernen Sie Geschichte, Frau Kollegin!)

12.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.35.38

Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich an dieser Debatte zu drei Punkten beteiligen.

Zuerst möchte ich im Namen aller im Außenministerium, auch der Ministerin und in meinem eigenen Namen, sehr herzlich für diese Nominierung des SOS-Kinderdorfes International bedanken. Es wurde hier gerade von der letzten Rednerin sehr detailliert auf die Verdienste von Herrn Gmeiner und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von SOS-Kinderdorf eingegangen.

Ich möchte auch etwas unterstreichen, was Abgeordneter Scheibner bereits angespro­chen hat, nämlich die außenpolitische Konsequenz und die außenpolitische Bedeutung dieser Organisation. Ich kann aus eigener Erfahrung – über die Jahre hinweg habe ich viele Kinderdörfer besucht und war auch in einem Land tätig, in dem es Kinderdörfer gibt, nämlich in Ägypten – bestätigen, dass nicht nur das Ansehen der Republik Öster­reich durch diese Organisation besonders gehoben wurde, sondern dass auch ein Bei­trag zum Frieden geleistet wurde.

Durch soziale Maßnahmen in Ländern, in denen soziale Spannungen bestehen, durch die Sorge um Kinder, die, wenn sie nicht betreut werden, möglicherweise entwurzelt sind und vielleicht auch auf die schiefe Bahn geraten, ist hier ein Beitrag zu einer sozi­alen Komponente geleistet worden. Ich glaube, niemand würde den Friedensnobel­preis mehr verdienen als die Organisation SOS-Kinderdorf International. Ich bedanke mich sehr herzlich dafür. (Allgemeiner Beifall.)

Zum Zweiten möchte ich zur Frage des Konsulargebührengesetzes kurz Stellung neh­men.

Erstens: Es handelt sich nicht um Anlassgesetzgebung. (Abg. Mag. Lunacek: Na geh!) Überlegungen in diese Richtung gibt es im Außenministerium bereits seit länge­rem. Vor allem in den letzten Jahren haben wir, da es immer wieder zu Geiselnahmesi­tuationen gekommen ist, selbstverständlich bereits Überlegungen in diese Richtung an­gestellt. Dass immer irgendein Anlass im Sinne eines auslösenden Moments besteht, wie in diesem Fall die Situation im Jemen, ist, glaube ich, nichts Ungewöhnliches. Es war aber kein Anlass in dem Sinne, dass man sagt, man muss für diesen Anlass ein Gesetz machen, sondern es geht weit darüber hinaus.

Zweitens: Es wurde auch hier gesagt, dass das österreichische Außenministerium selbstverständlich nicht nur gesetzlich dazu verpflichtet ist, sondern auch aus Neigung gerne für in Not geratene österreichische Staatsbürger im Ausland tätig wird und sich einsetzt. Wir tun das mit Überzeugung, wir tun das mit Engagement, und wir tun das unabhängig davon, ob der oder die Betroffene irgendetwas dazu beigetragen hat, in Not zu geraten. Dies ist, wie gesagt wurde, eine öffentliche, hoheitliche Aufgabe, und daran soll sich selbstverständlich nicht das Geringste ändern.


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Den Redebeiträgen habe ich – wenn ich sie richtig verstanden habe – entnommen, dass durchaus Einvernehmen darüber besteht, dass eine Regelung gefunden werden soll für den Fall, dass Betroffene selbst durch ihr eigenes Verhalten dazu beigetragen haben, dass sie in eine Situation geraten sind, die ein Tätigwerden des Staates erfor­derlich macht, und zwar ein Tätigwerden des Staates über das Normale hinaus – Frau Abgeordnete Lunacek, darum geht es nämlich!

Es gibt viele Österreicher, die in Gefängnissen sind, selbstverständlich auch schuldige Österreicher. (Abg. Schieder: Die ist aber auch ..., diese Situation!) Aber da geht es ja nicht um eine Hilfeleistung über das normale Konsulargeschehen hinaus: Gefängnis­besuche, Tätigwerden, Interventionen der Botschaften. Worum es hier geht, sind ja außergewöhnliche Aufwendungen. Da geht es darum, Personen und Teams zu ent­senden, da geht es vielleicht darum, Flugzeuge anzumieten, da geht es auch darum – Gott sei Dank haben wir diesen Fall noch nicht gehabt –, Lösegeld zu zahlen. (Abg. Schieder: Nicht nach dem Gesetzestext!)

Da ist ein Kriterium angewendet worden, das mir als Juristen durchaus plausibel und gar nicht ungewöhnlich erscheint. Es gibt sehr viele Gesetze, die den Begriff des gro­ben Verschuldens zugrunde legen. Es gibt auch genügend Judikatur dazu, was das heißt. Es liegt letztlich an der Behörde beziehungsweise am Gericht zu entscheiden, was grob schuldhaftes Verhalten, was grobes Verschulden ist. Das ist meines Erach­tens überhaupt nichts Ungewöhnliches, denn wenn es tatsächlich zu einer Rückforde­rung kommen sollte, dann geschieht das auf Grund eines Konsulargebühren-Beschei­des. Und dieser Bescheid muss nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz selbstverständlich davor einem Ermittlungsverfahren unterzogen werden. Es ist ja nicht so, dass das Außenministerium einfach so aus Jux und Tollerei irgendetwas zurückver­langen könnte, nein, es muss ein ordentliches Verwaltungsverfahren sein. Und da wer­den all die Umstände, die Sie erwähnt haben, selbstverständlich zu berücksichtigen sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist in meinen Augen völlig unmöglich, in einem Gesetz, das sich mit so vielen möglichen Situationen, mit so vielen möglichen Fällen beschäftigt, kasuistisch jeden einzelnen Fall festzulegen. Wir tun in diesem Kon­sulargebührengesetz nur, was in hunderten anderen Gesetzen auch der Fall ist: Wir umschreiben Tatbestände und überlassen es dann letztlich der Behörde beziehungs­weise auch dem Gericht – es sind ja dann auch Rechtsmittel gegen diesen Bescheid möglich – zu entscheiden, ob die Behörde diese Kriterien richtig angewendet hat. Ich denke also, dass die vorgebrachten Bedenken nicht wirklich stichhaltig sind, dass es durchaus der Behörde überlassen werden kann, anhand der vorliegenden Kriterien zu entscheiden.

Was den Einwand des Herrn Abgeordneten Schieder betrifft, ob sich das Außenminis­terium da nicht zu viel aufbürde: Ich meine, dass es richtig ist, sich nicht nur auf die Reisehinweise zu beschränken. Die Reisehinweise sind nichts Verbindliches, die Rei­sehinweise sind eine von vielen möglichen Informationsquellen, die ein mündiger, ver­antwortungsvoller Bürger selbstverständlich auch studieren sollte, bevor er sich in eine Situation begibt, aus der möglicherweise eine unangenehme Konsequenz entstehen kann. Daher auch der Hinweis, dass die Reisehinweise des Außenministeriums nur eine mögliche Informationsquelle sind und dass es natürlich im Zeitalter des Internets, im Zeitalter der Informationsmedien sehr viele andere Möglichkeiten gibt, sich, bevor man sich in ein Land, in ein Gebiet begibt, verantwortungsvoll zu informieren.

Ich meine daher, dass die Möglichkeit zur Rückforderung – es steht ja nirgendwo in diesem Gesetz, dass das Außenministerium nunmehr tätig werden muss , die noch dazu betraglich begrenzt ist, womit das Risiko vorhersehbar und versicherbar wird, durchaus eine sinnvolle Lösung ist, und ich glaube auch, dass in der Praxis wahr-


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scheinlich viel weniger Probleme entstehen werden, als hier konstruiert werden kön­nen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich nur noch als dritten Punkt zum Gesetz über die Diplomatische Akademie etwas durchaus sehr Persönliches sagen. Ich bin dem Herrn Abgeordneten Cap und der Frau Abgeordneten Lunacek sehr dankbar, dass sie das auch erwähnt haben.

Als ich 1968 an die Diplomatische Akademie ging, habe ich damit einen Beruf ergriffen, der mir seit 36 Jahren viel Freude bereitet. Dass ich heute noch immer im außenpoliti­schen Bereich, wenn auch in etwas anderer Funktion, tätig sein darf, verdanke ich der Diplomatischen Akademie. Ich möchte einen Punkt ganz besonders hervorheben, den Grund nämlich, warum die Diplomatische Akademie 1964 gegründet wurde. Sie wurde gegründet, um Leuten wie mir, die aus nicht sehr reichen und privilegierten Verhältnis­sen kommen, die Möglichkeit zu geben, einen Beruf zu ergreifen, der jahrhundertelang immer als ein Beruf der Privilegierten angesehen wurde. Dafür bin ich auch heute noch der Diplomatischen Akademie wirklich sehr dankbar.

So habe ich heute das Privileg – und ich empfinde es als solches –, in dieser Präsi­dentschaft mitwirken zu dürfen. Und, Herr Abgeordneter Cap, diese Präsidentschaft ist in sehr hohem Maße eine Teamarbeit, eine Teamarbeit unter der Leitung des Bundes­kanzlers, unter der Leadership des Bundeskanzlers und der Außenministerin. Da arbei­te ich mit, da darf ich im Team mitarbeiten. Es ist ein Team-Effort. Und dafür muss ich in letzter Konsequenz nach über 40 Jahren eigentlich der Diplomatischen Akademie dankbar sein, und das wollte ich doch hier gesagt haben. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

12.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Riener zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.45.14

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Am 13. Februar dieses Jahres war ich als Vorsitzende des Zweigvereines SOS-Kinderdorf Steiermark in Innsbruck bei der Mitgliederver­sammlung des Hauptvereins, und dort hat Helmut Kutin, der Präsident von SOS-Kin­derdorf, sich bei allen Parteien für die Nominierung zum Friedensnobelpreis recht herz­lich bedankt. Wie das heute schon mehrfach ausgeführt wurde, glaube auch ich, dass das eine sehr wichtige Sache ist. Ich bin auch darüber informiert, dass, wie Abgeord­nete Lunacek gesagt hat, auch andere Länder SOS-Kinderdorf nominiert haben.

Abgeordnete Bleckmann hat den gestrigen 20. Todestag von Hermann Gmeiner er­wähnt. Bei einer dieser Veranstaltungen zum Gedenken an Hermann Gmeiner wurde die Frage gestellt: Wäre Hermann Gmeiner mit der Entwicklung in den letzten 20 Jah­ren einverstanden? Ich bin davon überzeugt: ja. Durch die revolutionäre Idee, Kindern in einer Familie mit Geschwistern, Müttern in einem Dorf Heimat zu geben, wurde 1949 eine Trendwende in der Jugendwohlfahrt in Österreich eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt waren Burschen und Mädchen getrennt in Heimen untergebracht. Geschwistergruppen konnten daher nicht zusammenbleiben, und das erzeugte für die, die gerade ihre Eltern verloren hatten, eine hohe zusätzliche Dramatik.

Das Prinzip von SOS-Kinderdorf, nicht nur Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten, sondern auch rasch und unbürokratisch zu helfen, zeigen gerade die letzten 20 Jahre. In 132 Län­dern gibt es über 1 700 SOS-Kinderdorfeinrichtungen. Die Tätigkeiten reichen von den ursprünglichen SOS-Kinderdörfern über Kinder- und Jugendwohnen, Kindergärten bis hin zu Bildungs- und medizinischen Einrichtungen. Besonders verdient machte sich


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SOS-Kinderdorf durch rasche und unbürokratische Hilfeleistungen in Katastrophenfäl­len, Krisen- und Kriegsgebieten und, von uns allen unvergessen, im vorigen Jahr beim Tsunami beziehungsweise auch beim Erdbeben von Pakistan. Nicht vergessen möchte ich auch den Einsatz von SOS-Kinderdorf am Balkan. Die Folgen des Krieges sind nach wie vor bemerkbar.

2012 wird es weltweit 505 SOS-Kinderdörfer geben. Es wurde auch schon angespro­chen, dass die Arbeit sich verändert hat. Es gibt nicht nur das SOS-Kinderdorf, son­dern es wird darüber hinaus wie ein Flächenbrand im positiven Sinne für die Bevölke­rung gearbeitet. Man nennt das neu Basislager, und die Sozialarbeiter, die dort ange­stellt werden, betreuen die Bevölkerung.

Heute in der Gedenksitzung wurde unter anderem auch festgestellt: Wehret den Anfän­gen! Gerade dieses Hoffnung-Geben für Kinder und Jugendliche durch diese Program­me, die SOS-Kinderdorf durchführt, bedeutet, dem Rechnung zu tragen. Das ist Prä­vention gegen Gewalt und gegen Radikalismus, das fördert den sozialen Frieden. Des­wegen bedanke ich mich bei Außenministerin Plassnik und Bundeskanzler Schüssel sowie allen anderen Mitgliedern der Bundesregierung, dass sie ihre internationalen Kontakte nützen, um diese Nominierung zu einem Erfolg zu führen. Aber ich bitte auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Haus, auch Ihre Kontakte zu nüt­zen, um diesen Erfolg zu gewährleisten.

Der Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von SOS-Kinderdorf International weltweit. Bei einer Buchpräsentation hat sich Dr. Reinprecht bereit erklärt, Ihnen allen dieses Buch (die Rednerin hält ein Buch in die Höhe) als kleine Anregung zur Verfü­gung zu stellen. Präsident Khol hat erlaubt, es hier zu verteilen. Es bringt einem die Person Hermann Gmeiner ein bisschen näher, und es ist natürlich nicht verboten, als Dankeschön dem SOS-Kinderdorf eine kleine Spende zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Präsidentin, ich bitte Sie, die Verteilung zu veranlassen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, ich bin natürlich gerne be­reit, die Verteilung der Bücher zu veranlassen. – Die Bücher werden zu den Bänken der Abgeordneten gebracht.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


12.50.29

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Gestern, am 26. April, jährte sich der To­destag von Hermann Gmeiner zum 20. Mal – das wurde hier schon erwähnt –, und auch ich möchte diesen Tag zum Anlass nehmen, um die weltumspannende Idee und die einzigartige humanitäre Initiative Hermann Gmeiners zu würdigen.

Als Tirolerin bin ich besonders stolz, dass das erste SOS-Kinderdorf im Jahr 1949 in Imst errichtet wurde. Der Imster Bürgermeister ist hier. In seiner Stadt, in Imst, wurde dieses erste Haus errichtet, und das erste Haus, das in Imst errichtet wurde, hieß be­zeichnenderweise auch „Haus Frieden“. Auch das könnte und sollte hier erwähnt wer­den, denn es passt auch zur Debatte, die wir heute in der Früh geführt haben. Frieden ist nur dann möglich, wenn auch die sozialen Bedingungen stimmen.

Noch einmal kurz zur Gründung, zur Idee, die Hermann Gmeiner dazu brachte, die SOS-Kinderdörfer zu errichten. Geschehen ist das alles 1949 in der Nachkriegszeit, die gekennzeichnet war von Elend und Hunger, tausenden zerrütteten Familien in unse-


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rem Land. Die Idee war, den vielen Kriegswaisen eine Heimat zu geben. Hermann Gmeiner ist es gelungen, mit einem Spendenaufruf in der Höhe von einem Schilling im Monat den Bau des ersten SOS-Kinderdorfes in Imst zu ermöglichen. Er war ein mittel­loser Medizinstudent. Bei den Behörden, bei den Verwaltungen fand er kein Gehör; die Bevölkerung aber folgte dem Spendenaufruf wirklich in nachahmenswerter Weise.

Ich frage mich, sehr geehrte Damen und Herren, was wir in der heutigen Zeit machen würden, wenn jemand, selbst mittellos, mit einer guten Idee käme und zur Verwirkli­chung derselben um Geld bitten würde. Ich denke, es würde ihm heute auch nicht viel besser gehen als damals Hermann Gmeiner im Jahre 1949.

Hermann Gmeiner starb im Jahre 1986. Damals gab es weltweit bereits mehr als tau­send Kinderdorf-Projekte in über 100 Ländern. Wir haben schon gehört, jetzt sind es 132 Länder mit ganz verschiedenen Projekten. Wir haben hier im Parlament schon letztes Jahr die Initiative ergriffen – damals noch drei Parteien –, das Werk von SOS-Kinderdorf International für den Friedensnobelpreis zu nominieren. Ich bin froh, dass es jetzt gelungen ist, dass alle vier Parteien diesen Antrag unterstützen. Die Begründung von Kollegin Lunacek war einleuchtend. Es war ja auch das andere Projekt, das von den Grünen letztes Jahr vorgeschlagen wurde, ein wirklich unterstützenswertes, das möchte ich auch dazu sagen. Dass wir uns heuer zum 20. Todestag von Hermann Gmeiner gemeinsam zu dieser Initiative entschließen konnten, macht mich froh und stolz.

Dass die Idee Hermann Gmeiners nicht bei den SOS-Kinderdörfern stehen geblieben ist, können wir auch an dem erkennen, was die Stadt Imst gemeinsam mit SOS-Kinder­dorf International anlässlich des 20-jährigen Todestages veranstaltet. Zum Beispiel wird heute anlässlich der Hermann Gmeiner-Tage in diesem Jahr – Gerhard Reheis wird wahrscheinlich dabei sein, falls er hiezu Zeit findet – ein Vortrag gehalten: „Kinder­zimmer – Wege aus dem sexuellen Missbrauch“. Weiters werden Veranstaltungen an­geboten wie: „Kindheit und Gewalt – Ist verwundetes Leben heilbar?“ Man geht also auf die Probleme der Kinder, der Kinderrechte auch entsprechend ein.

Mir ist auch noch wichtig, dass sich im Laufe der Jahrzehnte die SOS-Kinderdörfer wirklich zu einer internationalen, friedensstiftenden Bewegung entwickelt haben. Ich möchte Dr. Wilfried Vyslozil zitieren, der seit 1993 Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf Österreich ist. Er sagt: Das SOS-Kinderdorf ist kein Exportgut einer westlichen Missio­nierung. Die Idee von SOS-Kinderdorf hat sich von Österreich ausgehend in alle Kul­turkreise bewegt, aber als säkulare Organisation, das heißt die heimische Kultur wird anerkannt und respektiert. Die Kinder sollen in ihrer eigenen Kultur und Religion auf­wachsen und ihre Wurzeln kennen und leben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Idee geht um die Welt. Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bin froh und stolz darauf, dass wir dieses Projekt, das wahrhaft den Nobelpreis verdienen würde, auch dafür nominieren, und dies auch im Zusammenwirken mit anderen Ländern. – Ich danke Ihnen sehr, verehrte Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.)

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Mittermüller zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.55.52

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Der 20. Todestag von Hermann Gmeiner, dem Begründer des SOS-Kinderdorfes, ist heute schon mehrmals erwähnt worden. Zu seinem Todestag


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wird heute der Vier-Parteien-Antrag eingebracht, das SOS-Kinderdorf für den Friedens­nobelpreis 2006 zu nominieren.

Die Worte Hermann Gmeiners sind nachzulesen: Ich habe es eines Tages nicht mehr ertragen, das Schicksal der Kinder, die als Kriegswaisen des Zweiten Weltkrieges in Waisenhäusern untergebracht waren. Ich wollte diese Kinder wieder hereinholen in die Gesellschaft, ihnen ein Haus, eine Mutter und Geschwister geben.

So entstand auch das erste SOS-Kinderdorf in Imst im Jahre 1949, und es wurde heute auch schon mehrmals erwähnt, dass es weltweit sehr viele SOS-Einrichtungen gibt, es sind genau 1 715.

Diese Einrichtung von Hermann Gmeiner wurde nicht nur ein Zuhause für Waisenkin­der, für misshandelte und verwahrloste Kinder dieser Welt, sie erfüllt heute auch viele soziale und medizinische Aufgaben. In Österreich bietet das SOS-Kinderdorf acht Kin­dergärten, eine Schule, etliche sozialpädagogische Jugendeinrichtungen, es betreut Arbeitsprojekte, bietet ein Medizinzentrum, Beratungsstellen und Collegs zu Familien­themen.

Auch in meinem Bundesland Kärnten gibt es ein SOS-Kinderdorf, in Moosburg. Dort leben 60 Kinder und Jugendliche. Sie haben dort ihr Zuhause gefunden. Sie werden aber nicht nur betreut; sie finden dort Liebe, Geborgenheit, ganz einfach ihre Familie. Dieses Kinderdorf in Moosburg in Kärnten ist aber auch ein Sozialzentrum für Kinder und Jugendliche. Es bietet Beratung, Förderung und Therapie, und es betreut auch noch ein anderes Aufgabengebiet, das man vielleicht in der Öffentlichkeit nicht so sehr kennt: Es betreut 60 Pflegeeltern in ganz Kärnten, es begleitet und unterstützt sie.

Das SOS-Kinderdorf, diese Idee, umgesetzt zum Wohl der Kinder dieser Welt, würde den Friedensnobelpreis wirklich verdienen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Tamandl zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.58.51

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat Zentralasien im Jahr 2000 zum ersten Mal in der KSZE- und OSZE-Geschichte zur Priorität eines Vorsitzlandes gemacht und so die vielschichtigen Probleme der Region der breiten Weltöffentlichkeit näher gebracht. Diese Schwerpunktsetzung manifestierte sich auch in einem intensiven Besuchsaustausch mit den zentralasiatischen Staaten zur Amtszeit von Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner.

Der gestiegenen Bedeutung Zentralasiens in den internationalen Beziehungen trägt auch das nunmehr vorliegende Abkommen mit Tadschikistan Rechnung. Die wesent­lichen Grundsätze, auf die sich dieses Abkommen stützt, sind die Achtung der Demo­kratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit. Es wird dazu beitragen, die Präsenz der Union in Tadschikistan und damit in Zentralasien auf politischer und wirt­schaftlicher Ebene zu konsolidieren und zu verstärken.

Während Tadschikistan 2004 Exporte nach Österreich im Ausmaß von 5,7 Millionen € getätigt hat, beliefen sich die Importe aus Österreich nur auf 1,5 Millionen €. Hier ist noch Potential für Österreich vorhanden; das muss noch gefördert beziehungsweise ausgeschöpft werden. Basis hierfür muss jedoch ein Partnerland sein, das die demo­kratischen Grundrechte einhält. Mit europäischer und internationaler Hilfe müssen die Anerkennung und Umsetzung der Menschenrechte, die Förderung der Demokratie und die Beseitigung der Armut des Landes noch weiter forciert werden, um dadurch die


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Sicherheit und Stabilität in der Region zu erhöhen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Das Abkommen enthält unter anderem auch Bestimmungen über den Kampf gegen den Drogenhandel. Gegen Ende der neunziger Jahre war Afghanistan zum größten Opiumproduzenten der Welt geworden. Gut die Hälfte der von dort exportierten Drogen gelangte über Zentralasien nach Mittel- und Westeuropa. Zentralasien fungiert aber nicht nur als Transitregion, sondern wird selbst vom Drogenhandel destabilisiert. Die­ser geht mit staatlicher Korruption, mit Terrorismus und den Aktivitäten von Konfliktun­ternehmern Hand in Hand.

Ein Beispiel für diese Komplexität liefert das schwächste Glied im regionalen Gefüge, nämlich Tadschikistan. Das Land hat zwar seinen verheerenden Bürgerkrieg überwun­den, doch hat sich das Land noch nicht genügend von den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des Bürgerkriegs erholt, um als stabiles Staatsgebilde bezeichnet werden zu können. Mit europäischer und österreichischer Hilfe wird es je­doch hoffentlich gelingen, diese Region Zentralasiens zu stabilisieren und damit we­sentlich zum Aufbau einer Sicherheitsregion beizutragen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.

 


13.01.39

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich nur auf eine der Vorlagen, die ge­rade zur Diskussion stehen, beziehen, nämlich auf das Bundesgesetz über den Aus­landsösterreicher-Fonds, das heute hier auch zur Abstimmung gelangen wird.

Lassen Sie mich zunächst eine Erinnerung zum Besten geben. Als ich vor etwa acht Jahren als damaliger Wissenschaftsminister in Kanada war, um dort das erste Öster­reich-Institut an einer kanadischen Universität, in Edmonton, zu eröffnen, hatte ich am Vorabend dieses Eröffnungsfestaktes auch Gelegenheit, mit einer doch relativ großen Gruppe von Auslandsösterreichern – und ich darf den Begriff, der hier verwendet wird, auch verwenden –, auch von so genannten Herzensösterreichern zusammenzutreffen. Für mich war das ein außerordentlich beeindruckendes Zusammentreffen, weil sich da­bei nicht nur gezeigt hat, welche Verbundenheit mit Österreich eine große Zahl über­wiegend älterer Menschen, die schon vor vielen, vielen Jahren aus Österreich meist weggehen mussten, weil sie in der Zeit des Nationalsozialismus fliehen mussten, um ihr Leben zu retten, auch aus der Entfernung hatten, sondern es war auch eine ganze Reihe von älteren Menschen darunter, die schon längst nicht mehr die österreichische Staatsbürgerschaft hatten, aber ihr deutliches Interesse zu erkennen gegeben haben, eine nähere Verbundenheit mit diesem Land weiter aufrechtzuerhalten.

Ich denke, dass der Schritt, der nun mit der Neufassung des Gesetzes, das im Wesent­lichen ja die bisherigen Regelungen aufgreift, zusätzlich unternommen wird, nämlich auch die Möglichkeit zu schaffen, so genannten Herzensösterreichern, also Österrei­chern, die die Staatsbürgerschaft mittlerweile nicht mehr haben, aber immer noch eine große Verbundenheit mit Österreich empfinden, im Notfall helfen zu können, ein wichti­ger und richtiger Schritt ist. Das ist auch mit ein Grund dafür, dass meine Fraktion die­sem Gesetzentwurf gerne die Zustimmung gibt.

Und damit kann ich es auch schon bewenden lassen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir auch als Republik Österreich mit denen unsere Verbundenheit zeigen, die mitunter unter schwierigsten Bedingungen dieses Land haben verlassen müssen, aber auch


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heute noch eine Verbundenheit mit unserem Land haben. Wir sollten auch unsere Ver­bundenheit mit ihnen zeigen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Ledolter. – Bitte.

 


13.04.36

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ehe ich auf die hier vorliegenden Ma­terien eingehe, möchte ich nur noch ein paar Anmerkungen machen zu dem Thema, das sich heute durch die Fragestunde, aber auch jetzt in der Debatte, wieder aktuali­siert durch die Frau Kollegin Lunacek, durchgezogen hat, nämlich zu der leidigen Ge­schichte mit den Unzulänglichkeiten im Bereich der Ausstellung von Visa, die auf eini­ge Einzelfälle begrenzt sind, aber leider Gottes versucht die Opposition immer wieder, diese Fälle hochzustilisieren und zu kriminalisieren.

Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen – Frau Kollegin Lunacek, weil Sie meinen, dass die Vorgangsweise, die der grüne Außenminister Fischer in Deutschland gesetzt hat, weil ministerielle Weisung und ideologisch getragene Willensbildung, doch ach so hehr und weitab von kriminellen und sonstigen Handlungen gewesen wäre –: Ich sehe da keinen dramatischen Unterschied zu Einzelfällen, die Unzulänglichkeiten im mensch­lichen Bereich darstellen, oder einer Handlung, die Ideologie über alles stellt und Rück­sicht auf staatliche und sonstige Interessen hintanstellt und nicht wirklich im Vorder­grund sieht.

Österreich ist ein Tourismusland, meine sehr verehrten Damen und Herren, und ein Wirtschaftsstandort, der von dem Austausch der Menschen lebt. Wir haben 27 Millio­nen Einreisen pro Jahr, und da immer wieder den Versuch zu unternehmen, zu krimi­nalisieren und zu skandalisieren, weise ich auf das Deutlichste zurück. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

400 000 Visa-Anträge werden jährlich ordnungsgemäß behandelt und ausgestellt. Ein ganzes Team von Beamtinnen und Beamten verdient es nicht, dass ihre Arbeit hier schlecht geredet wird. Darüber hinaus hat die Frau Außenministerin, als diese Unzu­länglichkeiten bekannt geworden sind, sofort gehandelt, sofort Maßnahmen gesetzt, und es ist dies nach wie vor im Fokus ihrer Tätigkeit und auch der des Herrn Staats­sekretärs.

Nun ein paar Worte zu dem Fonds zur Unterstützung österreichischer Staatsbürger im Ausland, diesem Auslandsösterreicher-Fonds. Mein Vorredner hat schon darauf hinge­wiesen, dass es eine Neuregelung dahin gehend gibt, dass unter besonderen Voraus­setzungen, nämlich bei drückender materieller Not auch diesen „Herzensösterreiche­rinnen“ und „Herzensösterreichern“ Hilfe zuteil werden kann.

Ich habe mir auch, weil mich die wirtschaftlichen Auswirkungen immer wieder interes­sieren, die Kosten dafür angeschaut. Es ist auch hier zu keiner Ausweitung gekom­men. Es sind nach wie vor pro Jahr 325 000 € präliminiert, eine durchaus beachtliche Summe, die aber im Hinblick auf die humanitäre Botschaft, die damit verbunden ist, durchaus gut angewendet ist.

Ein paar Worte noch zur Situation in Zentralasien, zur Nachbarschaftspolitik, die auch im Zeichen dieser Präsidentschaft unter Bundeskanzler Schüssel und der Außenminis­terin und ihrem Team mit dem Herrn Staatssekretär betrieben wird. Hier geht es dar­um, zu stabilisieren und die Erfolgsgeschichte der EU-Erweiterung des Jahres 2004 auch auszudehnen, zu stabilisieren im Bereich von Staaten wie der Ukraine, mit einer Hinführung in Richtung Beitritt WTO, aber auch in Richtung Belarus, wo deutliche Sig-


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nale gesetzt werden, Lukaschenko und die Diktatur – übrigens die letzte in Europa – zu ächten, nämlich die handelnden Personen und Funktionäre mit Bewegungs- und Rei­sebeschränkungen zu versehen, aber Milikiewitsch und die Opposition zu unterstützen und damit einen weiteren Schritt zu Stabilität und Frieden in Europa zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Hagenhofer. Ich erteile es ihr.

 


13.09.34

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Auch ich möchte mich mit dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwi­schen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten und Tadschikistan beschäfti­gen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, dass es die ehemaligen Staaten der Sowjetunion bei ihren Transformationsprozessen besonders schwer haben. Und Tadschikistan ist so ein Staat, der sich 1991 von Russland, von der Sowjetunion unab­hängig erklärt hat. Wenn man jetzt die Wirtschaftsdaten vergleicht, soweit dies über­haupt möglich ist, sieht man, dass in Tadschikistan das BIP pro Einwohner 141 € be­trägt und in Österreich, das in etwa gleich viele Einwohner hat, im Vergleich dazu 29 000 €.

Man sieht also, wie arm diese Länder sind. Tadschikistan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Daher freut es mich, dass es diese Abkommen gibt, speziell auch mit Tad­schikistan geben kann, und es ist alles, was in diesem Abkommen drinnen steht, zu unterstützen: der politische Dialog, die Zusammenarbeit und der Handel mit Tadschi­kistan.

Ich habe gelesen, dass dieses Abkommen das erste ist, das Bestimmungen über die Bekämpfung des Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ent­hält. Geschätzte Damen und Herren, das ist für uns alle sehr, sehr wertvoll. Und wenn wir mit diesen Mitteln – mit Zusammenarbeit, mit Stabilisierung – den Menschen in Tadschikistan helfen können, dass sie selber in ihrer Heimat arbeiten können, dort leben können und damit auch zum Frieden in der Welt beitragen können, dann kann das nur positiv sein.

In diesem Sinne bedanke ich mich für dieses Abkommen, und ich freue mich, dass wir dieses heute auch positiv beschließen werden. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Marek. – Bitte.

 


13.12.10

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Weltweit leben mehrere hunderttau­send Österreicherinnen und Österreicher. Die größte Gruppe lebt in Deutschland. Nur um ein Gefühl dafür zu vermitteln: Allein in Bayern leben bis zu 100 000 österreichi­sche Staatsbürger ständig. Weitere große Gruppen leben etwa in der Schweiz oder auch in den USA.

Der Fonds zur Unterstützung österreichischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im Ausland, bezüglich dessen wir heute eine Neuregelung beschließen – er wird in Zu-


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kunft kurz Auslandsösterreicher-Fonds heißen –, besteht seit 1967 und hat seit die­ser Zeit zahlreichen österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern in Notlagen geholfen und Hilfestellung geboten. 1981 hat der Nationalrat dazu gesetzliche Modifi­kationen vorgenommen. Allerdings zeigten Erfahrungen bei der praktischen Handha­bung im Fonds, dass jetzt eine Neuregelung des Fonds notwendig ist, und diese wer­den wir heute dankenswerterweise einstimmig – und das unterstreicht ja auch die Wichtigkeit und die gute Arbeit des Fonds – hier in diesem Hohen Haus beschließen.

Die Zuwendungen des Fonds kommen schwer bedürftigen Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreichern zugute, die unabhängig vom Grund ihrer Bedürftigkeit ja einen Anspruch auf Sozialhilfe beziehungsweise Unterstützung von österreichischer Seite nicht haben. Um hier trotzdem Unterstützung von Seiten Österreichs bieten zu können, wurde dieser Fonds geschaffen. Und nur, um ein entsprechendes Gefühl zu vermitteln: Im Jahr 2005 wurden vom Fonds 933 Personen in 58 Ländern der ganzen Welt unterstützt.

Änderungen zur bisherigen Regelung sind etwa, dass auch so genannte Herzensöster­reicher aus dem Fonds unterstützt werden können. Es handelt sich dabei um frühere österreichische Staatsbürger. Speziell gedacht wurde hier etwa an Personen, die vor dem NS-Regime im Zweiten Weltkrieg ins Ausland geflüchtet sind und als solche na­türlich auch heute noch einen besonderen Bezug zu Österreich haben. Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, dass wir uns dazu bekennen, diese Personen, auch wenn sie nicht mehr StaatsbürgerInnen der Republik Österreich sind, aus dem Fonds unterstüt­zen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Was im Fonds ebenfalls neu geregelt wird, ist, dass die Bestellung der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Kuratoriums geändert wird. Entsprechend der gängigen Praxis können nun auch Vertreter der Bundesländer, die ja etwa zu 50 Prozent den Fonds auch mit Mitteln speisen, in das Kuratorium entsandt werden. Ich habe es bereits ge­sagt: Die Speisung des Fonds erfolgt etwa zur Hälfte aus Mitteln der Bundesländer, die andere Hälfte der Mittel wird vom Bund getragen. Aus der Erfahrung der Arbeit des Fonds kann man sagen, dass die Mittel durchaus ausreichend sind, allerdings an die­ser Stelle meine Bitte an die Länder, die zugesagten Unterstützungsleistungen auch pünktlich zu überweisen, da es natürlich für den Fonds wichtig ist, die Gelder zur Verfü­gung zu haben, die dann für die Not leidenden Auslandsösterreicher auch ausgeschüt­tet werden können.

Ich möchte den zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Auslandsvertre­tungen der Republik Österreich in der ganzen Welt meinen Dank und meine Wert­schätzung aussprechen. Sie sind nämlich die ersten Ansprechpartner für die Anliegen, die dann an den Fonds herangetragen werden. Und die Informationen, die dann von diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Botschaften und Konsulate an den Fonds weitergeleitet werden, sind eine wichtige Basis für die Zuerkennung der Mittel. Ich möchte auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Informationen von hoher Qua­lität sind und eine ausgezeichnete Grundlage für Entscheidungen des Fonds darstel­len. Ein Danke daher an diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein wichtiges Anliegen noch zum Schluss. Die Briefwahl wäre etwas, was wir wirklich auch in nächster Zeit endlich wieder diskutieren sollten. Es ist sehr wichtig, dass die Auslandsösterreicherinnen und -österreicher eine flexible und sehr bürgernahe Mög­lichkeit haben, ihre Stimme abzugeben. Leider kommt gerade von Seiten der Sozialde­mokratie hier immer wieder eine gewisse Ablehnung. Ich hoffe, dass wir demnächst zu einem Konsens in dieser Angelegenheit kommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.16



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


13.16.43

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte Stellung beziehen zu dem Bundesgesetz betreffend den Auslandsösterreicher-Fonds. Wie wir schon gehört haben, bringt die Novellierung insbesondere eine Erweiterung der finanziellen Unterstützungsmöglich­keiten. Künftig wird nämlich der Bezieher- und Bezieherinnenkreis auch auf so ge­nannte Herzensösterreicher und -österreicherinnen erweitet. Das finde ich besonders wichtig, denn darunter fallen, wie wir auch schon gehört haben, ehemalige österreichi­sche Staatsbürger, die vor allem auf Grund der Verfolgung durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Dritten Reiches im Ausland leben, aber auch Menschen, die wegen ihres Einsatzes für eine demokratische Republik Österreich Verfolgungen aus­gesetzt waren.

Dieser Fonds hat die Aufgabe, österreichische StaatsbürgerInnen mit Hauptwohnsitz im Ausland finanziell zu unterstützen, wenn sie in außerordentliche materielle Not gera­ten sind. Zukünftig sollen eben auch ehemalige österreichische Staatsbürger oder Kin­der österreichischer Staatsbürger unterstützt werden, wenn hierfür Mittel vorhanden sind; das ist aber ein Punkt, auf den ich noch genauer eingehen werde.

Die Gruppe der „Herzensösterreicher“ und „Herzensösterreicherinnen“ ist gar nicht so klein, wie man vielleicht annehmen würde. Wir haben schon gehört, dass es rund eine Million Menschen gibt, die sich als „Herzensösterreicher“ und „Herzensösterreicherin­nen“ bezeichnen. Das sind Österreicher, die schon in der zweiten oder in der dritten Generation im Ausland leben – bei ungefähr 400 000 so genannten Passösterreichern und Passösterreicherinnen im Ausland.

Grundsätzlich begrüßen wir diese Gesetzesänderung gerade angesichts des Gedenk­jahres 2005 mit seinen zahlreichen Jubiläen und Gedenktagen, die dazu führen sollten, sich mit gern verdrängten Phasen unserer Geschichte auseinander zu setzen und sich diese wieder ins Bewusstsein zu rufen. Gerade auch anlässlich des heutigen Gedenk­tages ist es ein wichtiges Zeichen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein scheinbares Nebenthema wie die Einbeziehung der „HerzensösterreicherInnen“ in den Auslandsösterreicher-Fonds kann dazu beitra­gen, sich der Vergangenheit zu stellen und zu deren Aufarbeitung beizutragen, vor allem, weil es, wie ich schon erwähnt habe, in den Erläuterungen heißt, dass NS-Opfer und deren Angehörige besonders bevorzugt werden sollten. – Anzumerken wäre aller­dings, dass dem guten Willen in Worten wenig Taten bei der Finanzierung folgen, denn die Dotierung des Fonds bleibt leider gleich, obwohl es eine Erweiterung auf wesentlich mehr Menschen gibt. So heißt es im Text: „Die Erweiterung des Bezieherkreises auf so genannte Herzensösterreicher führt zu keinen finanziellen Mehrbelastungen, da diese nur nach Maßgabe der vorhandenen Mittel berücksichtigt werden.“

Bei allem Verständnis für Budgetfragen bekommt der positive Ansatz durch diese Ein­schränkung einen doch etwas bitteren Beigeschmack. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Murauer. – Bitte.

 


13.20.28

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Winkler! Hohes Haus! Es handelt sich hierbei im Allgemeinen um ein Gesetzespaket, das sehr viel Einigkeit beinhaltet.


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Ich möchte dazu zwei Dinge erwähnen: Im Zusammenhang mit dem Auslandsösterrei­cher-Fonds komme ich natürlich auch – meine Kollegin hat es schon erwähnt – auf die Briefwahl zu sprechen. Es wäre höchst an der Zeit – das möchte ich in diesem Zusam­menhang festhalten –, dass man Auslandsösterreichern, Reisenden, Behinderten, älte­ren Menschen die Möglichkeit der Briefwahl gibt. Dieses Thema ist mit den Damen und Herren von der Sozialdemokratie schon viele Jahre in Verhandlung. Vielleicht kann man sich doch zur Briefwahl bereit erklären, so wie das in anderen demokratischen Ländern Europas eine Selbstverständlichkeit ist. Bei uns bedarf es aber jahrelanger Verhandlungen, ob wir die Briefwahl einführen oder nicht. Diesbezüglich gibt es Argu­mente, die nicht mehr zu verstehen sind.

Man möge dies zum Anlass nehmen, doch über die Briefwahl ernstlich nachzudenken, und ich fordere die Sozialdemokratie auf, einem solchen Gesetz beizutreten.

Zweitens: Natürlich gibt es immer wieder Anlässe bei einer Gesetzgebung. Herr Dr. Schieder hat gemeint, dies wäre wieder einmal ein Anlass. Herr Staatssekretär Winkler hat das auch bestätigt: Es gibt kaum eine Gesetzesvorlage oder eine Behand­lung im Parlament, für die es keinen Anlass gibt! Der eine ist unspektakulär, der andere wiederum ist entsprechend spektakulär – und das Parlament muss darauf reagieren.

Wir reagieren mit dem Konsulargebührengesetz auf die Situation, dass die Menschen unterwegs sind. Man hat sofort – und das möchte ich besonders erwähnen – an die Ausnahmen gedacht. Man möchte mit dieser Regressforderung nicht haben, dass fa­miliär Reisende, Personen auf Gruppenreisen oder beruflich Reisende oder Reisende, die zu humanitären Zwecken beziehungsweise dazu unterwegs sind, um humanitären Aufgaben nachzukommen, also dass all diese Personen, die sich dabei in gefährlichen Gebieten aufhalten, jenen Reisenden gleichgesetzt werden, die sich grob schuldhaft in eine gefährliche Situation begeben haben.

Wir machen nämlich schon die Erfahrung, dass immer mehr Leute unterwegs sind, die das Risiko, den so genannten Kick bei ihrer Reise suchen, und dann unsere Auslands­vertretungen, unsere Konsularbehörden aufgerufen sind, alles zu deren Rettung zur Verfügung zu stellen, also den Einsatz einzelner Personen, Geräte und Finanzen zur Verfügung zu stellen. Dies verursacht zum Teil hohe und höchste Kosten. Und nach derzeitiger Gesetzeslage ist kein Regress möglich.

Deswegen gibt es die heutige Gesetzesvorlage, die vorsieht, dass man bis 20 000 € regressieren kann, wenn sich jemand grob fahrlässig, grob schuldhaft in Gefahr begibt oder eine Obliegenheitsverletzung in Kauf nimmt, das heißt also, eine Gefahr in höchs­tem Ausmaß auf sich nimmt und dazu noch sagt: Na ja, gut, wenn etwas passiert, sind ohnedies die österreichischen Behörden im Ausland da, es steht genügend Geld zur Verfügung, man wird das schon bezahlen!

Das heißt nicht, dass man sich unbedingt in einem exotischen Land befinden muss, sondern das kann beispielsweise auch in der Schweiz passieren: Wenn ich alleine mit Halbschuhen auf den höchsten Berg hinaufgehe, dann ist das eine Obliegenheitsver­letzung! Dann begibt man sich in die Gefahr und muss von anderen gerettet werden! – Und wenn der Staat Österreich davon betroffen ist, dann darf man schon sagen: Lieber Freund, in diese Gefahr hättest du dich nicht begeben sollen!

Das Ganze ist schon eine Anlehnung an den allgemeinen Versicherungsbereich – lei­der ist Herr Dr. Schieder jetzt nicht da, das wollte ich ihm nämlich sagen –, der die Rechtssituation der Fahrlässigkeit, der groben Fahrlässigkeit und das in Kauf genom­mene Risiko bis zur Obliegenheitsverletzung sehr wohl vorsieht und sich danach auch richtet und entsprechende Entschädigungen ausschließt oder vermindert.


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Herr Staatssekretär! Ich möchte bei dieser Gelegenheit nicht verabsäumen, dem Herrn Bundeskanzler, der Frau Bundesministerin und Ihnen für das Engagement während des Vorsitzes in Europa zu gratulieren! Ich denke, wir Österreicher können stolz sein, dass auch international bestätigt wird, wie erfolgreich, wie engagiert wir, die Österrei­cher, die österreichische Bundesregierung, in Sachen EU-Vorsitz unterwegs sind. (Bei­fall bei der ÖVP.)

13.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Dr. Bauer. – Bitte.

 


13.25.59

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte jetzt keine Diskussion über das Wahlrecht führen, aber die Position ist ziemlich klar: Es gibt laut Verfassung ein geheimes und persönliches Wahl­recht. Daher bin ich dafür, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die den Zu­gang zur Ausübung der Wahl gewährleisten, aber darüber hinaus gibt es auch noch verfassungsmäßige Überlegungen.

Ich möchte ganz kurz zur Ausbildungsstätte, zur Diplomatischen Akademie, die der Herr Staatssekretär so hervorgehoben hat, Stellung nehmen. Ich meine, dass das tat­sächlich eine große und wichtige Einrichtung im österreichischen Bildungswesen ist und dass auch ein ungebrochenes Bildungsinteresse und Ausbildungsinteresse be­steht. Und das beste Zeugnis liefert sich die Akademie selbst, indem rund 60 Prozent der Teilnehmer ausländische Studierende sind – und das zeugt doch von einer sehr hohen Anerkennung.

Ich glaube auch, dass es für die internationale Anerkennung wichtig ist, den Erforder­nissen Rechnung zu tragen und sie im Bologna-Prozess einzugliedern. Es ist wichtig, dass der Master of Advanced International Studies (M.A.I.S.) auch im Bologna-Prozess berücksichtigt wird und damit letztlich auch Übertritte und Anerkennungen in Richtung Doktoratsstudien ermöglicht werden.

Vom Kollegen Cap wurde schon angesprochen, dass er in den Vorgesprächen an­geregt hat, dass die Gastprofessoren länger bestellt werden können. Dafür möchte ich ihm danken, denn ich halte das für sehr wichtig. Wir wollen mit diesem Gesetz die Schwierigkeiten betreffend Anerkennung für Studierende an der Diplomatischen Aka­demie abschaffen und eine Gleichstellung herbeiführen.

Ich möchte auch sagen, dass es sich dabei nicht mehr nur um jene Studierenden han­delt, die sich ausschließlich in den Diplomatischen Dienst begeben. Wir haben uns die Unterlagen betreffend die Österreicherinnen und Österreicher sehr genau angeschaut: Natürlich gibt es ein großes Interesse an der diplomatischen Laufbahn, aber auch dar­an – und das ist für uns wichtig –, in internationalen Organisationen, in europäischen Institutionen, aber auch in anderen öffentlichen Diensten sowie in der Privatwirtschaft, vorwiegend in international tätigen Konzernen, beschäftigt zu sein.

Über die Studiengebühren sollte man auch reden. Es wurde bereits angesprochen, dass es sich um eine postgraduale Ausbildung handelt, die auch etwas kostet. Derzeit liegen die jährlichen Kosten bei 7 600 €. Das heißt, bei einem zweijährigen Ausbil­dungslehrgang kostet das doch einiges!

Ich weiß schon, dass es auch die Möglichkeit von Stipendien gibt – es gibt einen Sti­pendienfonds –, aber dennoch glaube ich, dass nicht nur auf Sponsoren zurückgegrif­fen werden soll, sondern dass ein geregeltes System der Fördertätigkeit besser wäre und letztlich auch ein geregelter Zugang dazu zu sichern wäre.


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Das, was Herr Staatssekretär Winkler gesagt hat, ist sehr wichtig, nämlich dass es nicht nur ein Privileg sein kann, an der Diplomatischen Akademie zu studieren, son­dern dass auf Grund besonderer Notengegebenheiten und anderer Voraussetzungen dieser Zugang auch in Zukunft für alle gesichert wird. Das halte ich für wichtig! Aber ich bin überzeugt davon, dass, nachdem Sie, Herr Staatssekretär, diesen sozialen An­spruch herausgestrichen haben, letztlich auch die Verantwortlichen das nicht aus dem Auge verlieren werden.

Es ist dies eine Konsensmaterie. Wir werden natürlich die Zustimmung geben, weil wir damit einer Gruppe von rund 120 Studierenden im Jahr eine Möglichkeit eröffnen, die international notwendig und auch von Österreich gewollt ist. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 


13.30.50

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuhörer! Besonders begrüße ich die 70 Seniorinnen und Senioren, die aus Grießkirchen, meiner Heimatstadt, heute hier sind. Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute unter Tagesordnungspunkt 1 ein Paket von verschiedenen Themen, angefangen mit der Nominierung des SOS-Kinderdorfes für den Friedensnobelpreis bis hin zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens.

Ich möchte meine kurze Wortmeldung fokussieren auf die EU-Präsidentschaft, auf die Ziele, die sich Österreich am Balkan gesetzt hat, die auch identisch sind mit anderen Organisationen, wenn ich beispielsweise an die OSZE denke.

Herr Staatssekretär Winkler, ich darf ein großes Kompliment für die Vorsitzführung ma­chen. Ich weiß, was das heißt. Ich habe in meiner Funktion bei der OSZE vor kurzem einige Staaten am Balkan besucht und konnte erfahren, dass eine große Hoffnung in und eine große Erwartung an die österreichische Präsidentschaft gelegt wird. Wir alle wissen, dass Österreich gerade in diesen Staaten historisch gesehen, aber auch durch seinen Zugang, durch seine Art und Weise, wie Österreich mit diesen Staaten umgeht, ein sehr hohes Standing hat. Wir sind dort nicht die Lehrmeister, wir sind nicht jene, die anschaffen, sondern wir sind auf Grund unserer österreichischen Art und Weise die, die helfen wollen auf dem steinigen und harten Weg in Richtung Integration, in Rich­tung europäische Standards.

Ich darf Ihnen mitteilen, dass die einzelnen Staaten diese Zielsetzung haben. Sie wis­sen, dass das ein harter Weg ist. Ich war vor 14 Tagen beim albanischen Premiermi­nister Berisha , der mir seine Probleme geschildert hat. Sie wissen, dass es die organi­sierte Kriminalität gibt, sie wissen, dass es Menschenhandel, Korruption und so weiter gibt. Sie bitten uns, ihnen beim Aufbau von funktionierenden Strukturen zu helfen, denn erst dann sind sie in der Lage, auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die sie teilweise schon geschaffen haben, umzusetzen. Zuerst braucht man die Mann­schaft, und dann kann man es umsetzen. Und da ist sowohl die Ratspräsidentschaft als auch die OSZE sehr hilfreich mit ihren Feldmissionen, mit ihren Büros vor Ort. Zum Beispiel hilft die OSZE mit einem Office im albanischen Parlament den Abgeordneten, sie berät sie bei der Gesetzwerdung, bei der Durchführung der Gesetze. Ich muss sa­gen, das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil und eine nicht zu unterschätzende


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Hilfe, die gerade Österreich mit seiner Präsidentschaft und auch mit seiner historischen Geschichte leistet. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das sollte uns ermutigen. Abgesehen davon haben wir auch Vorteile von diesen Kontakten, nämlich wirtschaftliche Investments. Gerade in diesen Ländern gibt es Österreicher, die Hauptinvestoren sind, und ich ermutige auch viele Firmen: Traut euch, investiert am Balkan! Bei anderen erfolgreichen Firmen se­hen wir, dass es sich lohnt. Die Bevölkerung ist bereit, mitzuwirken und auch die Rechtsnormen zu setzen.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren: Die Opposition wird verstehen, wenn ich bei der Causa prima nicht vorbei kann, das ist natürlich die Karibik-Exkursion der BAWAG, und ich werde mit einem doppelten Vierzeiler schließen.

Ein Arbeiter ein Leben lang spart

für eine schöne Urlaubsfahrt,

legt jeden Cent, auch noch so klein,

bei der Gewerkschafts-BAWAG ein.

Er träumt von Sonne, Palmen schön,

doch nichts wird es mit seinen Plänen.

Nicht er, sein Urlaubssparguthaben

geht jetzt in der Karibik baden.

Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


13.35.07

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Kollege Großruck braucht gar nicht in die Karibik zu fahren, es genügt, wenn er die Kärntner Seen heimsucht und dort seine Gedichte, seine Vierzeiler verfasst.

Ich möchte mich mit der Regierungsvorlage 1161 der Beilagen, die die Immunität von Staaten betrifft, etwas auseinander setzen. Es war in der Vergangenheit eine histo­rische Regel, dass ein Staat nicht von ausländischen Gerichten belangt oder vor aus­ländische Gerichte gebracht werden konnte, ein Staat sollte also nicht ausländischer Gerichtsbarkeit unterworfen sein.

Diese Regel ist in der Form heute nicht mehr ganz zeitgemäß, insbesondere da Staa­ten auch unternehmerisch tätig sind und als gleichberechtigte Unternehmer am Markt agieren und auch agieren sollen.

Ein allgemein gültiges multilaterales Abkommen über diese Staatenimmunität gibt es bisher nicht. Es gibt nur im Rahmen des Europarates eine europäische Übereinkunft, der allerdings derzeit neben Österreich nur sieben Staaten angehören.

Infolgedessen ist die Staatengemeinschaft in diesem Bereich weitgehend auf Völkerge­wohnheitsrecht angewiesen, was aus Gründen der Rechtssicherheit natürlich nicht von Vorteil ist. Das gegenständliche Übereinkommen, das wir heute behandeln und auch beschließen werden, ist daher ein Fortschritt.

Mit diesem vorliegenden Übereinkommen fand eine jahrzehntelange Tätigkeit der UNO nunmehr ihren Abschluss. Prinzipiell bleibt die Immunität der Staaten aufrecht, es wird aber eine Reihe von Ausnahmen von der Immunität von Staaten formuliert, und diese Ausnahmen bringen Verbesserungen für die Wirtschaft, aber auch für die Arbeitneh­merinnen und für die Arbeitnehmer. Arbeitsverträge sind prinzipiell von der Immunität


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ausgenommen. Die Immunität besteht aber weiterhin für Personen in diplomatischen Eigenschaften.

Staatseigene Unternehmen genießen keine Immunität. Bei dieser Vollstreckung bleibt die Sonderstellung von Staaten allerdings aufrecht. Bestimmte Vermögenswerte sind nach wie vor dem Zugriff der jeweiligen inländischen Gerichtsbarkeiten entzogen, wie etwa die diplomatischen Vertretungen im Ausland. Es wurden bei multilateralen Verträ­gen immer weitere Kompromisse eingegangen. Kriegerische Ereignisse werden nicht berührt, und die diplomatische Immunität wird nicht angetastet.

Im Ganzen wird das Abkommen die Beziehung zwischen den Staaten und den Unter­nehmen fördern und verbessern. Wir Sozialdemokraten stimmen daher dieser Regie­rungsvorlage heute zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


13.38.00

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Bevor ich zum eigentlichen Thema, dem Kooperationsab­kommen zwischen der EU und der Republik Tadschikistan komme, möchte ich mich bei Ihnen, Herr Staatssekretär, dafür bedanken, dass die Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten so gut organisiert war. Als St. Pöltener Abgeordneter war ich natürlich ganz besonders stolz erstens über das hohe Niveau dieser Konferenz und zweitens über die perfekte Organisation. Für die Stadt St. Pölten war das sicher ein ganz großartiges Ereignis.

Nun zum eigentlichen Thema: Seit dem Jahre 1994 existiert ein Abkommen über Han­del und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Republik Tadschi­kistan, das damals noch mit der ehemaligen Sowjetunion abgeschlossen und nach der Abspaltung übernommen wurde. Nachdem dieses Abkommen aber nicht mehr zeitge­mäß ist und den heutigen Herausforderungen einer sich entwickelnden Zusammenar­beit mit der Republik Tadschikistan nicht standhält, kam es zu einer Neuformulierung des Abkommens, damit man die Beziehungen endlich konsolidieren und verstärken kann.

Das Abkommen wurde zwar nach dem Vorbild anderer ähnlicher Abkommen ausgear­beitet, ist aber das erste – und das ist besonders hervorzuheben –, das Bestimmungen über die Bekämpfung des Terrorismus und der Verbreitung von Massenvernichtungs­waffen enthält. Die wesentlichen Grundsätze, auf die es sich stützt, sind die Achtung der Demokratie, der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit sowie die Förderung der nachhaltigen Entwicklung und die Koordinierung der Hilfsinstrumente, was die Ver­knüpfung der humanitären Hilfe möglich macht.

Durch dieses Abkommen sind eine Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen und da­mit positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Tadschikistan beziehungsweise Österreich zu erwarten. Finanzielle Verpflichtungen werden uns daraus nicht erwach­sen.

Ich bitte Sie daher, diesem Abkommen im Sinne des Gemeinschaftsgedankens die Zu­stimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. (Rufe bei der ÖVP: Der ist nicht da!)

 


Dann gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.


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13.40.22

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich kurz mit dem Übereinkom­men der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit auseinander setzen.

Bisher gab es weltweit geltende Übereinkommen über die Immunität der Staaten. Ziel war daher, auf universeller Ebene eine Regelung zu schaffen, wonach Staaten vor allem für die privatwirtschaftlichen Rechtsgeschäfte keine Immunität vor fremden Ge­richten genießen.

Das Übereinkommen betrifft demnach nicht den strafrechtlichen Bereich. Prinzipiell geht man bei diesem Übereinkommen zwar vom Grundsatz der Immunität fremder Staaten von der Zivilgerichtsbarkeit aus, allerdings wird eine Reihe von wichtigen Be­reichen angeführt, in denen die staatliche Immunität nicht beansprucht werden kann. Dazu zählen privatwirtschaftliche Rechtsgeschäfte, Arbeitsverträge, Personen- und Sachschäden.

Ein Blick zurück in die Vergangenheit zeigt, dass sich die Immunität fremder Staaten vor inländischen Gerichten im 20. Jahrhundert gravierend verändert hat. Früher waren Staaten in allen Belangen immun. Diese Immunität wurde nach und nach einge­schränkt. Der Grund lag darin, dass die Staaten immer mehr in privatwirtschaftlichen Bereichen tätig wurden. Außerdem erhielten sie keine Kredite mehr, sofern diese nicht gerichtlich einklagbar waren. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg verweigerten einige Staaten daher die Immunität, soweit andere Staaten privatwirtschaftlich tätig geworden sind.

Ein richtungweisendes OGH-Urteil, wonach die Immunität lediglich für hoheitliche Tä­tigkeiten gelten sollte, wurde weltweit akzeptiert. Zumindest gab es keine Einigkeit über die Abgrenzung zwischen den hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Akten.

Eine erste umfassende Regelung gelang durch ein europäisches Übereinkommen über die Staatenimmunität des Europarates aus dem Jahre 1972. Österreich war Initiator dieser Regelung. Der Geltungsbereich blieb allerdings beschränkt, da es nur von ins­gesamt acht Staaten ratifiziert wurde.

Auf Ebene der Vereinten Nationen nahm man sich des Themas bereits im Jahre 1949 an. Allerdings dauerte es bis Dezember 2004, bis es von der Generalversammlung an­genommen wurde. An der Ausarbeitung war übrigens Österreich maßgeblich beteiligt. Österreich war auch das erste Land, welches das Übereinkommen unterzeichnet hat.

Grundsätzlich werden Bestimmungen des Übereinkommens bereits als Völkergewohn­heitsrecht angenommen, allerdings ist eine Kodifikation des vorliegenden Übereinkom­mens aus Gründen der Rechtssicherheit eindeutig vorzuziehen.

Geschätzter Herr Staatssekretär, in diesem Zusammenhang möchte ich auch erwäh­nen, dass die österreichische Bundesregierung – mit Bundeskanzler Schüssel an der Spitze – eine hervorragende Figur im EU-Ratsvorsitz macht. Man sieht auch an dieser Angelegenheit, dass Österreich nicht nur in der EU führend ist, sondern sich weltweit einen Geltungsbereich erarbeitet hat.

Ich bitte das Hohe Haus um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Felz­mann. – Bitte.

 


13.43.55

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal kurz zum Bundesge-


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setz über die „Diplomatische Akademie Wien“ sprechen, die – wie ja heute schon ein­mal gesagt wurde – ein weltweit anerkanntes Exzellenzinstitut mit einer unglaublich lange zurückreichenden Geschichte ist. Es war auch für mich neu, dass die Diploma­tische Akademie bereits über 250 Jahre alt ist. In dieser Zeitspanne hat sie sich un­verzichtbar im postgradualen Ausbildungssektor in Österreich etabliert.

Wien hat eine sehr große Tradition als Brücke zwischen West- und Osteuropa, aber auch als Brücke in den arabischen Raum. Die Diplomatische Akademie hieß bei ihrer Gründung „Orientalische Akademie“. Heute steht sie für höchste internationale Ausbil­dungsqualität, die bestmögliche Vorbereitung für die Arbeit – wie wir heute schon ge­hört haben – in der Diplomatie, in internationalen Organisationen, im öffentlichen Dienst, aber auch in der internationalen Wirtschaft leistet, wo immerhin über 26 Pro­zent der Absolventen arbeiten.

Seit 1996 arbeitet die Diplomatische Akademie eng mit der Universität Wien zusam­men. Es gibt zwei Richtungen, die angeboten werden: zum einen den Diplomlehrgang, zum anderen den Studiengang zum Master of Advanced International Studies. Die­ser hat interdisziplinären Charakter. Da findet man ein Programm vor, wo Wirtschafts­themen mit Fragen der internationalen Politik, des Völker- und Europarechts und Zeit­geschichte kombiniert werden – selbstverständlich mit intensivem Sprachen-Training, Exkursionen und vielen praktischen Übungen. Das ist eine Ausbildung, die im interna­tionalen Vergleich hervorragend beurteilt wird.

Mit dem heutigen Vier-Parteien-Antrag unterstützen wir sehr gerne diese äußerst dyna­mische Weiterentwicklung der Diplomatischen Akademie. Wir schaffen – wie auch schon angesprochen wurde – damit ja auch die Rechtssicherheit für die Absolventen.

Die vorgenommenen Änderungen, durch die diese vielfältigen Studien der Akademie auch in den Rahmen des Bologna-Prozesses eingegliedert werden sollen, unterstrei­chen den hohen akademischen und wissenschaftlichen Wert der Ausbildung.

Darüber hinaus möchte ich sagen, dass heute bis jetzt ein sehr angenehmes Klima bei diesen Reden vorgeherrscht hat. Das ist, so denke ich, auch eine allgemeine Wert­schätzung für diesen Tagesordnungspunkt, mit dem wir heute morgen gestartet sind. – Danke schön an alle. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits.

 


13.47.15

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich muss jetzt am Schluss reden, weil ich es verabsäumt habe, mich sozusagen im Radl anzumelden. Da heute alle so harmonisch nach der Größe der Parteien sprechen, konnte ich mich nur noch am Ende melden, sonst hätte ich mich ja eigentlich schon vorher gemeldet. Aber das macht gar nichts, weil ich jetzt wenigstens gehört habe, wie der Herr Staatssekretär dieses Gesetz begründet hat.

Ich möchte jetzt auf zwei Dinge – diese haben ohnehin Kollege Schieder und auch Kol­legin Lunacek schon genannt – noch einmal hinweisen.

Ich hege überhaupt keinen Zweifel an der Darstellung des Herrn Staatssekretärs, dass dieses Gesetz im Außenministerium schon lang diskutiert und überlegt wurde, dass diese Problematik releviert wurde. Daran hege ich überhaupt keinen Zweifel.

Sie haben sich ja gegen den Vorwurf gewehrt, das sei Anlassgesetzgebung und haben gesagt: Nein, das ist keine Anlassgesetzgebung. – Es gab aber einen Fall, der den Kollegen Scheibner und Spindelegger einen Anlass geboten hat, nun einen Initiativ-


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antrag einzubringen. (Abg. Scheibner: Ihr wart auch dafür!) – Ich wiederhole jetzt mit meinen Worten, was der Herr Staatssekretär gesagt hat.

Dann kommt die Opposition und der Herr Staatssekretär, Herr Scheibner und Herr Spindelegger sagen, bezüglich dieses Gesetzes sollte es eigentlich in einem normalen Parlament keinen Widerspruch zwischen Regierung und Opposition geben, weil es ja etwas Vernünftiges ist. Jetzt frage ich mich, wenn etwas so wahnsinnig Vernünftiges, wozu es eigentlich seit Jahren Überlegungen gibt, ins Parlament gebracht wird: Wieso geht man nicht den üblichen Weg, macht einen Ministerialentwurf, schickt ihn in die öffentliche Begutachtung, zieht daraus nach der Begutachtung die Schlüsse, macht eine Regierungsvorlage, damit auch die Opposition in das Verfahren mit einbezogen ist und kommt dann vielleicht zum Schluss, es gibt doch keine Einigkeit? (Abg. Scheib­ner: Das stimmt nicht!)

Der Vorwurf, das sei ein Anlassgesetz, ist jedenfalls aufrechtzuerhalten, weil man hier die Opposition nicht einbezogen hat (Abg. Gaál: Absicht!), ganz offenkundig mit der Absicht, so spät Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen, um tun und lassen zu können, was man will. (Abg. Scheibner: Wochenlang haben wir das diskutiert!)

Jetzt komme ich zum Hauptargument, warum wir Grüne und auch die sozialdemokra­tische Fraktion das Konsulargebührengesetz ablehnen, nämlich aus Sorge um zwei Gruppen von Menschen. Die erste Gruppe sind – ich nenne sie so – die so genannten Rucksacktouristen. Heute sagt man nicht mehr Rucksacktouristen, heute heißt es schon Individualtouristen, also Leute, die sich ein bisschen außerhalb der Reisebüro­normen die Welt anschauen oder Urlaub machen wollen. Die zweite Gruppe, die uns Sorge bereitet, sind die Bediensteten des Außenministeriums, das österreichische Außenamt insgesamt und ihr Ruf.

Herr Staatssekretär Winkler, ich kann Ihnen eines mit Gewissheit prophezeien: Künftig wird auf Reisebürorechnungen, die man bekommt, wenn man zum Beispiel in den Je­men reisen oder eine Reise in einen bestimmten afrikanischen Staat machen will – diese Staaten kann man sich heute schon aus der Liste mit Reisewarnungen heraus­suchen –, neben dem so genannten Kerosinzuschlag – und jeder, der einmal über ein Reisebüro gebucht hat, weiß, da steht der Preis und dann steht unten noch „Kerosinzu­schlag für die Fluglinie“ – „Außenministeriumszuschlag“ stehen. Die Reisebüros haben es künftig ganz einfach, die putzen sich – um das österreichisch zu sagen – ab. Jeder muss eine Versicherung abschließen. Dann wird es noch eine Gruppe geben, die sich irrsinnig freuen wird, nämlich die Versicherungswirtschaft, die jetzt ordentlich mit­schneiden wird. Und die Einzigen, die auf der Strecke bleiben, sind die Individualtouris­ten. (Abg. Murauer: Das ist hanebüchen!)

Wenn man den ganzen Initiativantrag Dr. Spindelegger, Scheibner liest und die Abän­derungsanträge dazu, dann wird es überhaupt erst interessant. Jetzt kommt es näm­lich, in der Begründung steht: berufliche, humanitäre und familiäre Notwendigkeiten sind keinesfalls von diesem Selbstbehalt ... (Abg. Scheibner: Das wolltet ihr ja ha­ben!) – Ja, wollten wir. (Abg. Scheibner: Na also!)

Aber wir wollten das Gesetz überhaupt nicht, weil ich glaube, dass das in der Realität, wenn meine Prophezeiung nicht zutrifft, überhaupt keine Auswirkungen haben wird. Das ist das eine, dass man sozusagen totes Recht oder nicht durchführbares Recht produziert.

Es geht um diese Abgrenzungsfrage, Herbert Scheibner. Das Gesetz trägt deinen Na­men. Du musst das eigentlich alles wissen. Ich frage mich: Wie grenzt man „beruflich“ von „nicht beruflich“ ab? Wer wird künftighin sagen, ob ein grob schuldhaftes Verhalten in einem beruflichen Zusammenhang mit einer Reise steht? Es geht dabei immer um


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diese 20 000 €, nur um diese Frage, ob die einbringbar sind, wie diese Abgrenzungs­frage ist.

Es gibt eine Hauptfrage bei dem ganzen Procedere. Ich wiederhole das, was ich schon im Ausschuss die Frau Ministerin gefragt habe. Ich habe die Frau Ministerin gefragt, wenn man so einen klugen Antrag Dr. Spindelegger, Scheibner im Parlament einbringt, dann müsste man doch so simple Fragen beantworten können wie: Wie viele Anlass­fälle hätte es beispielsweise im Jahr 2005 oder 2004 oder 2003, also in einem über­schaubaren Zeitraum, in Österreich gegeben, bei denen die Republik im Einzelfall je­weils um 20 000 € reicher wäre? (Abg. Murauer: 17!)

Die Ausgaben sind sozusagen bereits getätigt. Sie haben richtigerweise gesagt, es ist eine hoheitliche Aufgabe, Österreicherinnen und Österreichern, die im Ausland in Not geraten, zur Seite zu stehen. Die hoheitliche Aufgabe unterscheidet nicht, ob einer viel­leicht ein kleiner Gauner ist oder ob er sehr individuelle Vorstellungen von seinen Rei­seplänen hat. Die hoheitliche Aufgabe stellt darauf ab: Ein Bürger dieses Landes ist in Not und deshalb stehe ich ihm – jetzt im übertragenen Sinne – zur Seite. Und die Fra­ge ist, wie oft die österreichische Bundesregierung in den letzten drei Jahren 20 000 € eingefordert hätte. (Abg. Scheibner: Das Lämpchen leuchtet schon lange!)

Solche Fragen haben wir im Ausschuss gestellt. Auf all diese Fragen hat es weder von Scheibner noch von Spindelegger als Initiativantragsteller eine Antwort gegeben; aber leider auch nicht vom Außenministerium.

Es tut mir Leid. Ich hätte heute hier gerne mit Scheibner und Spindelegger einen An­trag beschlossen. (Abg. Dr. Spindelegger: Das glaube ich nicht! Das bezweifle ich! – Abg. Scheibner: Wochenlang haben wir das mit euch diskutiert!) Aber wenn man An­träge stellt, bezüglich derer Fragen offen bleiben, dann geht das nicht. Und deshalb bleiben wir bei der Nichtunterstützung dieses Antrages.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bitte achten Sie künftig bei Reisebürorechnungen auf den „Außenministeriumszuschlag“. (Beifall bei den Grünen.)

13.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1407 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 179.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die „Diplomatische Akademie Wien“ geändert wird, samt Titel und Eingang in 1402 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig der Fall. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenom­men.


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes über den Auslandsösterreicher-Fonds, samt Titel und Eingang in 1363 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zeichen der Bejahung. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen daher zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Gesetz ist damit einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Ausla­gen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen An­gelegenheiten geändert wird, samt Titel und Eingang in 1404 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. Es ist dies die Mehrheit.

Wir kommen daher zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf ist mit Mehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Partnerschafts- und Ko­operationsabkommen zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Tadschikistan andererseits samt Schlussakte, Anhänge, Protokoll und Erklärung in 1300 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, dass die dänisch, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, niederländische, polnische, portugiesische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tsche­chische, ungarische und tadschikische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zu öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angele­genheiten aufliegen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig der Fall.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Ge­richtsbarkeit in 1161 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, dass die arabische, chine-


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sische, russische und spanische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zu öffentlicher Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das geschieht einstimmig.

13.58.487. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz) (1416 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 68/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines „Anti-Doping-Gesetzes“ (1415 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Damit kommen wir zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Daher ist der Herr Berichterstatter der erste Debattenredner. Das ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


14.00.01

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Vier-Par­teien-Beschluss geht ein langer Prozess im Bereich des Sportes zu Ende, und ein neues Sportkapitel im Bereich des Anti-Dopings wird nach langen Vorbereitungen auf­geschlagen. Viele haben sich in den letzten Jahren damit beschäftigt, auch wir in der Sportunion und in der ÖVP; wir haben eine Arbeitsgruppe zum Thema Anti-Doping ein­gerichtet. Ich glaube, durch die ganzen internationalen Bewerbungen und die Unter­stützung, die jetzt durch dieses neue Anti-Doping-Gesetz kommt, hat das Ganze eine gewisse Beschleunigung erfahren, und die jahrelang andauernden Prozesse wurden nun in kürzester Zeit abgeschlossen. Daher liegt das Ergebnis heute auf dem Tisch: das neue Anti-Doping-Gesetz.

Ich möchte aber, bevor ich mich mit der Materie ein wenig befasse, zuerst einmal recht herzlich danke sagen an alle, die zu diesem Gesetz beigetragen haben, vor allem an die Juristinnen und Juristen im Bundeskanzleramt mit Herrn Dr. Alois Schittengruber und Frau Dr. Helga Luczensky an der Spitze, die uns bei unserer Arbeit sehr unter­stützt haben. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Frei­heitlichen und der SPÖ.)

In diesen breiten Prozess zu diesem Anti-Doping-Gesetz war natürlich der gesamte Sport eingebunden. So möchte ich mich auch bei allen Fachverbänden, die wir ja zu einer Stellungnahme beziehungsweise auch dazu aufgefordert haben, ihre Gedanken zu diesem Gesetz einzubringen, bei der BSO und speziell beim Vorsitzenden der Rechtskommission, bei Dr. Gottfried Forsthuber, bedanken, der dieses Gesetz in we­sentlichen Punkten auch unterstützt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass nach diesem breit angelegten Prozess schlussendlich der Konsens aller vier Par­teien seinen Niederschlag findet, das ist für den Sport sehr erfreulich und sehr wichtig.


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Es freut uns natürlich auch, dass das Staatssekretariat diese Gesetzesinitiative voll mitträgt und auch Impulse gegeben hat.

Auch wenn es der Vorsitzenden des Sportausschusses, Kollegin Schasching, immer wieder ein wenig unheimlich ist, wie sie öfters im Ausschuss sagt, dass wir bei den zentralen Punkten und Anliegen im Sport immer wieder zu einer gemeinschaftlichen Umsetzung finden, freut es mich ganz besonders, dass es zu diesem Gesetz vom Sport für den Sport gekommen ist. Es wurde mit diesem neuen Gesetz dem wichtigs­ten Anliegen unserer hervorragenden Sportlerinnen und Sportler, nämlich Rechtssi­cherheit in der Ausübung ihres Spitzensportes, voll Rechnung getragen.

Gerade im sportlichen Konzert der internationalen Wettkämpfe ist es wichtig, dass man sowohl in der Vorbereitung als auch bei den Wettkämpfen weiß, woran man sich halten soll. Die internationalen Regeln, die ja in Österreich bereits ihre Gültigkeit haben, ha­ben wir in diesem Gesetz berücksichtigt und damit auch die internationalen Standards, die besonders wichtig sind, gewahrt.

Da wir heuer das 15-jährige Jubiläum der Anti-Doping-Konvention im Europarat feiern, kommt das Gesetz zum richtigen Zeitpunkt, und wir zeigen damit, dass wir auch in Sa­chen Sportpolitik ein Vorreiter in Europa sind.

Wichtig war uns vor allem, dass wir in dieses Gesetz die geltenden internationalen Re­gelungen im Bereich des Anti-Dopings übernehmen und die Bedingung zur Gewährung der Bundessportförderungsmittel damit verknüpfen. Weiters waren uns wichtig die Ver­pflichtung von Sportorganisationen zur umfassenden Dopingprävention und -informa­tion und eine klare Aufgabenbeschreibung der unabhängigen Doping-Kontrolleinrich­tung und damit verbunden für die Zukunft – das ist ein wesentlicher, zentraler Ansatz des neuen Gesetzes – eine verstärkte Informationstätigkeit.

Ganz wichtig ist auch die Einführung der unabhängigen Schiedskommission und damit die Schaffung einer Anhörungsinstanz. Ganz klar war für uns, die Rechtssicherheit für Sportlerinnen und Sportler und deren Betreuungspersonen muss gewährleistet sein. All diese Punkte sind im neuen Gesetz berücksichtigt und bilden den Kern dieses neuen Gesetzeswerkes.

Aber eines ist auch klar: Wer dopt, muss mit scharfen Konsequenzen rechnen. Auch dies wurde in diesem Gesetz berücksichtigt.

Jetzt gilt es vor allem zu informieren und dieses neue Gesetz auch umzusetzen. Öster­reich hat in den letzten Jahren viele wertvolle Vorhaben im Sport umsetzen können, wie zum Beispiel die Neuordnung der Besonderen Bundessportförderung, und damit ein klares Signal für eine moderne Sportpolitik gesetzt.

Das heute zu beschließende neue Anti-Doping-Gesetz ist ein weiterer wichtiger Schritt für das moderne Sportland Österreich. Und gerade zum richtigen Zeitpunkt kommt na­türlich dieses Anti-Doping-Gesetz für unsere Bewerbungen um die Ski-WM in Schlad­ming und für die Olympischen Winterspiele 2014 in Salzburg. Es ist wichtig, dass das IOC sieht, dass wir in Österreich klare rechtliche Bestimmungen auf Gesetzesbasis für einen sauberen Sport haben.

Wenn wir im Sport – wie wir es gewohnt sind – gemeinsam ein Ziel verfolgen, werden wir erfolgreich sein. Das neue moderne Anti-Doping-Gesetz zeigt dies eindrucksvoll. Sieger sollen unsere Sportlerinnen und Sportler sein, die uns beziehungsweise die ganze Nation mit ihren tollen Leistungen immer wieder stolz machen.

Zum Abschluss bringe ich noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Elmar Lichtenegger, Dr. Peter Wittmann, Dieter Brosz, Herta Mikesch, Mar­kus Fauland, Beate Schasching, Mag. Ulrike Lunacek, Astrid Stadler, Marialuise Mitter-


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müller, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz) in 1416 der Beilagen ein und ersuche den Präsidenten wegen seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 GOG um die Verteilung an die Abgeordneten.

Ich erläutere die Kernpunkte des Antrages:

Es geht um die Klarstellung, dass ein Sportler kein Doping-Vergehen begeht, wenn er Arzneimittel mit Wirkstoffen besitzt, für die er eine Ausnahmegenehmigung von der Un­abhängigen Dopingkontrolleinrichtung erhalten hat. Weiters wird klargestellt, dass die Heranziehung der Unabhängigen Dopingkontrolleinrichtung nicht durch einen hoheit­lichen, sondern durch einen zivilrechtlichen Rechtsakt erfolgt.

Es erfolgt weiters die Anpassung, dass nunmehr streng zwischen ärztlicher und zahn­ärztlicher Tätigkeit zu unterscheiden ist, die Neufassung der Informationspflicht der Ärzte. Und es wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass es international üblich ist, dass bei der Einnahme von Arzneimitteln mit verbotenen Wirkstoffen die Ausnah­megenehmigung ohne Zuziehung der Ärztekommission durch die Unabhängige Do­pingkontrolleinrichtung erfolgt. Die vorgesehene Regelung lehnt sich an den von der WADA festgelegten Standards für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zur the­rapeutischen Anwendungen an.

Weitere Änderungen erfolgen vor allem aus technischen und sprachlichen Gründen.

Damit es auch in Zukunft so bleibt, dass wir stolz auf unsere Sportlerinnen und Sportler sein können, werden wir alles unternehmen, was in unserer Macht steht, um den Sport zu unterstützen. Allen Sportlerinnen, Sportlern, Trainern und Funktionären herzlichen Dank für ihr Engagement und weiterhin viel Erfolg für das Sportland Österreich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in sei­nen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Haubner, Lichtenegger, Dr. Witt­mann, Brosz, Kolleginnen und Kollegen schriftlich überreicht wurde und genügend un­terstützt ist; er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung vervielfältigen, verteilen und dem Stenographischen Protokoll beifügen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Elmar Lichtenegger, Dr. Peter Wittmann, Dieter Brosz, Herta Mikesch, Markus Fauland, Beate Schasching, Mag. Ulrike Lunacek, Astrid Stadler, Marialuise Mittermüller, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz) – 1416  d. B.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs erwähnte Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. Bei den Bezeichnungen „Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung“ und „Unabhängige Schiedskommission“, in der jeweiligen grammatikalischen Form, entfallen generell die Anführungszeichen.


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2. Die Schreibweise „Anti-Dopingkonvention“ wird generell durch die Schreibweise „Anti-Doping-Konvention“ ersetzt.

3. § 14 Abs. 2 bis 4 lauten:

„(2) Mit der Fairness im sportlichen Wettbewerb ist grundsätzlich unvereinbar, wenn

1. sich im Körpergewebe oder in der Körperflüssigkeit von Sportlern verbotene Wirkstoffe, ihre Metaboliten oder Marker gemäß Anti-Doping-Konvention, BGBl. Nr. 451/1991, (in der Folge: verbotene Wirkstoffe) befinden,

2. Sportlern verbotene Wirkstoffe verabreicht oder an Sportlern verbotene Methoden gemäß der Anti-Doping-Konvention angewendet werden oder dies nur versucht wird,

3. Sportler die Meldepflichten gemäß § 24 Abs. 2 Z 4 verletzen,

4. Sportler oder deren Betreuungspersonen (Ärzte, Trainer, Physiotherapeuten, Mas­seure usw.) ohne zwingenden Grund bei einer rechtmäßig angeordneten Dopingkon­trolluntersuchung nicht mitwirken,

5. Sportler oder deren Betreuungspersonen verbotene Wirkstoffe und die für die An­wendung verbotener Methoden notwendige technische Ausstattung besitzen, soweit diese nicht nachweislich von den Betreuungspersonen für die eigene Krankenbehand­lung oder für die Ausübung einer anderen Tätigkeit als die Betreuung der Sportler – wie etwa bei Ärzten für die medizinische Behandlung in Notfällen – benötigt werden oder den Sportlern für deren Besitz keine Ausnahmegenehmigung gemäß § 18 ge­währt wurde,

6. Sportler oder deren Betreuungspersonen auf einen Teil des Dopingkontrollverfah­rens unzulässig Einfluss nehmen oder dies nur versuchen oder

7. Sportler oder deren Betreuungspersonen gegen das Verbot gemäß § 5a des Arznei­mittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, verstoßen.

(3) Die Bestimmungen gemäß Abs. 2 Z 1 und 2 gelten auch für Tiere bei Sportarten, in denen Tiere an Wettkämpfen teilnehmen; ebenso Abs. 2 Z 4, wenn der Sportler, der Tierhalter oder der zum Zeitpunkt der Dopingkontrolle für das Tier Verantwortliche ohne zwingenden Grund bei einer rechtmäßig angeordneten Dopingkontrolluntersu­chung am Tier nicht mitwirkt.

(4) Im Interesse des fairen sportlichen Wettbewerbs haben der Sportler, der Tierhalter und der für das Tier Verantwortliche dafür zu sorgen, dass keine verbotenen Wirkstoffe in den Körper des Tieres gelangen und keine verbotenen Methoden am Tier angewen­det werden.“

4. In § 17 Abs. 1, 1. Satz, ist die Wortfolge „zu bestimmen“ durch die Wortfolge „mittels Vertrag zu beauftragen“ zu ersetzen.

5. In § 17 Abs. 4 Z 3 werden nach dem Wort „ihm“ das Wort „schriftlich“ und nach dem Wort „verlangt“ die Wortfolge „und von der Unabhängigen Dopingkontrolleinrichtung gemäß § 19 Abs. 5 angeordnet“ eingefügt.

6. § 18 lautet:

Medizinische Ausnahmegenehmigungen

§ 18. (1) Ist bei Krankheit des Sportlers oder Tieres bei Sportarten, in denen Tiere an Wettkämpfen teilnehmen, die Verabreichung von Arzneimitteln mit verbotenen Wirk­stoffen oder Anwendung einer verbotenen Methode nach ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Diagnose erforderlich, hat der Sportler vor Verabreichung unverzüglich bei


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der Unabhängigen Dopingkontrolleinrichtung mit den entsprechenden medizinischen Unterlagen einen Antrag auf Erteilung einer medizinischen Ausnahmegenehmigung zu stellen, sofern nicht nach den Regelungen des zuständigen internationalen Sportfach­verbandes dieser für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung zuständig ist.

(2) Die Entscheidung ist entsprechend dem internationalen Standard für Ausnahmege­nehmigungen innerhalb von 21 Tagen zu treffen und dem Sportler schriftlich mitzutei­len. Die Genehmigung ist auf die Dauer der notwendigen Behandlung befristet, maxi­mal jedoch für ein Jahr, zu erteilen. Der Sportler ist vom Verstoß gegen die entspre­chende Anti-Doping-Regelung nur dann befreit, wenn er vor der Teilnahme an einem Wettkampf und vor Beginn einer bei ihm durchzuführenden Dopingkontrolluntersu­chung die Ausnahmegenehmigung der Wettkampfleitung bzw. dem Dopingkontroll­organ vorlegt.

(3) Zur Entscheidung über Anträge auf medizinische Ausnahmegenehmigung hat die Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung – ausgenommen in den Fällen gemäß Abs. 4 – ein unabhängiges Ärztekomitee, dem mindestens drei Ärzte mit entsprechender Erfah­rung in der Behandlung und Betreuung von Sportlern und fundierten klinischen und sportmedizinischen Kenntnissen angehören, heranzuziehen. Bei Ausnahmegenehmi­gungen im Zusammenhang mit zahnärztlichen Behandlungen hat das Ärztekomitee aus mindestens drei Zahnärzten und bei Ausnahmegenehmigungen für Tiere hat das Ärztekomitee aus mindestens drei Tierärzten mit entsprechender Erfahrung zu be­stehen.

(4) Ist zur medizinischen Behandlung nur die Verabreichung von Arzneimittel mit Beta-2-Agonisten (Formoterol, Salbutamol, Salmeterol und Terbutalin) durch Inhalation oder die Verabreichung von Glukokortikosteroide über nicht-systemische Verabreichungs­wege erforderlich, so ist dem Antrag auf Ausnahmegenehmigung gemäß Abs. 1 Fol­gendes beizulegen:

1. das ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Attest mit der Diagnose der Krankheit,

2. die Ergebnisse der im Zusammenhang mit der Diagnose allenfalls durchgeführten Tests,

3. der Name des zur Verabreichung vorgesehenen Arzneimittels,

4. die Begründung, warum kein anderes Arzneimittel ohne derartige Wirkstoffe verab­reicht wird und

5. die Dosierung sowie die Art und Dauer der notwendigen Anwendung des Arzneimit­tels.

(5) Ausnahmsweise kann eine medizinische Ausnahmegenehmigung nachträglich be­antragt werden, wenn die Verabreichung von Arzneimitteln mit verbotenen Wirkstoffen oder Anwendung einer verbotenen Methode zur Notfallbehandlung oder Behandlung einer akuten Krankheit erforderlich war. Die Anzeige der Notfallbehandlung oder aku­ten Erkrankung hat unverzüglich schriftlich, spätestens jedoch vor der Teilnahme am Wettkampf, an die nach Abs. 1 zuständige Einrichtung zu erfolgen.“

7. § 21 Abs. 1 Z 1 bis 5 lauten:

„1. Proben entsprechend den internationalen Standards analysiert werden,

2. mit der Analyse der Probe unverzüglich begonnen und deren Ergebnis nach dem je­weils aktuellen Stand der Wissenschaft so rasch wie möglich festgestellt wird,

3. die „B-Probe“ sicher und sachgerecht verwahrt wird,

4. das Ergebnis der Unabhängigen Dopingkontrolleinrichtung zugeleitet wird und


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5. Verschwiegenheit über die Tätigkeit im Rahmen der Dopingkontrollen gewahrt wird, soweit keine Entbindung durch die Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung erfolgt ist.“

8. In § 21 Abs. 2 Z 3 werden in lit. a nach dem Wort „verlangen“ ein Beistrich eingefügt und die Wortfolge „und falls er dies unterlässt,“ durch das Wort „widrigenfalls“ ersetzt; in lit. b entfällt der Beistrich.

9. § 24 Abs. 2 Z 5 lautet:

„5. bei ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlungen den Arzt bzw. Zahnarzt darauf aufmerksam zu machen, vor Verabreichung von Arzneimitteln über die darin enthalte­nen verbotenen Wirkstoffe zu informieren,“

10. In § 24 Abs. 2 Z 6 tritt anstelle des Punktes das Wort „und“ und wird folgende Ziffer 7 angefügt:

„7. die ausdrückliche Zustimmung zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu erteilen, die im Zusammenhang mit der Analyse von Dopingproben und im Zusammenhang mit der Gewährung der medizinischen Ausnahmegenehmigung gemäß § 18 anfallen.“

11. § 25 lautet:

„Informationspflicht der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte

§ 25. (1) Ist bei der Behandlung durch einen Arzt oder Zahnarzt, der für einen Sportver­ein oder eine Vereinigung gemäß § 9 tätig ist oder der einen Leistungssportler ärztlich oder zahnärztlich betreut, die Verabreichung von Arzneimitteln erforderlich, die verbo­tene Wirkstoffe gemäß Anti-Doping-Konvention enthalten, so hat er den Betroffenen darüber zu informieren, sofern sich dieser als Leistungssportler gegenüber dem behan­delnden Arzt oder Zahnarzt deklariert hat. Ist die Verabreichung eines Arzneimittels für die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung unabdingbar, hat der behandelnde Arzt bzw. Zahnarzt dem Leistungssportler darüber eine Bestätigung auszustellen.

(2) Die Informationspflicht gemäß Abs. 1 erster Satz besteht nicht in Notfällen.

(3) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß für Tierärzte, die für einen Sportverein oder eine Vereinigung gemäß § 9 tätig sind oder die veterinärmedizinisch die für den Wettkampf­einsatz vorgesehenen Tiere betreuen. Die Informationspflicht besteht in diesen Fällen gegenüber dem Leistungssportler, dem Tierhalter oder gegenüber dem für das Tier Verantwortlichen.“

Begründung

Zu Ziffer 1:

Der Entfall der Anführungszeichen bei den Bezeichnungen Unabhängige Dopingkon­trolleinrichtung und Unabhängige Schiedskommission ist aus technischen Gründen im Zusammenhang mit dem E-Recht erforderlich.

Zu Ziffer 2:

Die geänderte Schreibweise entspricht der offiziellen Schreibweise der Anti-Doping-Konvention des Europarates.

Zu Ziffer 3 (Änderung der § 14 Abs. 2 bis 4):

Die Änderungen erfolgen vor allem aus sprachlichen Gründen.

Ergänzend ist zum Begriff „ohne zwingenden Grund“ in Abs. 2 Z 4 festzuhalten, dass dieser Begriff ebenso wie der Begriff „ohne wichtigen Grund“ in der österreichischen


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Rechtsordnung als unbestimmte Gesetzesbegriffe vielfach verwendet werden, die im Einzelfall auszulegen sind. Der Begriff „ohne zwingenden Grund“ ist gleich zu setzen mit dem Begriff „ohne wichtigen Grund“. Grundsätzlich wird im Einzelfall zwischen den Interessen des Sportlers (der Betreuungsperson), die im Falle einer Durchführung der Dopingkontrolle verletzt werden würden, und den Interessen an der Sicherstellung der Fairness im Sport durch Dopingkontrolluntersuchungen abzuwägen sein. Nur wenn die Durchführung der Dopingkontrolle zu einer unvorhergesehenen übermäßigen Beein­trächtigung der Interessen und anderer Pflichten des Sportlers (der Betreuungsperson) führen würde, ist die Verweigerung der Mitwirkung gerechtfertigt. So wird die Verweige­rung an der Mitwirkung an der Dopingkontrolluntersuchung zu Recht erfolgen, soweit dem Sportler die Mitwirkung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist; ebenso wenn dadurch wichtige Fürsorgepflichten gegenüber Familienangehörigen verletzt wer­den würden. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn ein Familienangehöriger aufgrund einer akut aufgetretenen Erkrankung oder eines Unfalls dringend einer Betreuung durch den Sportler (Betreuungsperson) bedarf.

Weiters wurde in Abs. 2 Z 5 zur Klarstellung eingefügt, dass ein Sportler kein Doping­vergehen begeht, wenn er Arzneimitteln mit Wirkstoffen besitzt, für die er eine Ausnah­megenehmigung gemäß § 18 von der Unabhängigen Dopingkontrolleinrichtung erhal­ten hat.

Im Abs. 4 wurde auf Anregung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen zu­sätzlich der Tierhalter aufgenommen.

Zu Ziffer 4 (Änderung des § 17 Abs. 1):

Durch die vorgesehene Änderung soll klargestellt werden, dass die Heranziehung der Unabhängigen Dopingkontrolleinrichtung nicht durch einen hoheitlichen, sondern durch einen zivilrechtlichen Rechtsakt erfolgt.

Zu Ziffer 5 (Ergänzung des § 17 Abs. 4 Z 3):

Die vorgesehene Ergänzung dient der Klarstellung.

Zu Ziffer 6 (Änderung des § 18):

Die Änderungen sind vorwiegend sprachlicher Natur.

Im Abs. 1 wurde auf Anregung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen zu­sätzlich eine Anpassung vorgenommen, als nunmehr streng zwischen ärztlicher Tätig­keit und zahnärztlicher Tätigkeit zu unterscheiden ist.

Aus diesem Grund ist im Abs. 3 eine eigene Kommission vorgesehen, die sich aus Zahnärzten zusammensetzt, für Ausnahmegenehmigung bei der Notwendigkeit der Einnahme von Arzneimitteln mit verbotenen Wirkstoffen im Zusammenhang mit zahn­ärztlichen Behandlungen.

Im Abs. 4 wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass es international üblich ist, dass bei der Einnahme von Arzneimitteln mit verbotenen Wirkstoffen zur Behandlung von in Athletenkreisen weit verbreiteten Krankheiten, die Ausnahmegenehmigung ohne Zuziehung der Ärztekommission durch die Unabhängige Dopingeinrichtung erfolgt. Die vorgesehene Regelung lehnt sich an den von der WADA festgelegten Standards für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zur therapeutischen Anwendung an.

Zu Ziffer 7 (Änderung § 21 Abs. 1 Z 1 bis 5):

Die vorgesehene Änderung umfasst nicht den Einleitungssatz des Abs. 1, sondern nur die Regelungen in den einzelnen Ziffern. Sie sind rein sprachlicher Natur.

Zu Ziffer 8 (Änderung des § 21 Abs. 2 Z 3):

Die vorgesehene Änderung ist rein sprachlicher Natur.


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Zu Ziffer 9 und 11 (Änderung des § 24 Abs. 2 Z 5 und des § 25):

Die Änderungen erfolgen auf Anregung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen. Sie liegen vor allem darin begründet, dass nunmehr streng zwischen ärztlicher und zahnärztlicher Tätigkeit zu unterscheiden ist und die Zahnärzte nicht mehr zur Be­rufsgruppe der Ärzte gehören und eine eigene Berufsgruppe darstellen.

Zu Ziffer 10 (Ergänzung des § 24 Abs. 2 durch Ziffer 7):

Nach der EU-Datenschutzrichtlinie sind Gesundheitsdaten sensible Daten. Aus diesem Grund ist die ausdrückliche Zustimmung des Sportlers erforderlich, damit die bei der Analyse von Urin- oder Blutproben sowie bei der medizinischen Ausnahmegenehmi­gung anfallenden Gesundheitsdaten verarbeitet werden dürfen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann.

 


14.07.31

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! An die Spitze meiner Ausführungen möchte ich den Dank an die Beamtenschaft des Bundeskanzleramtes stellen, die da wirklich her­vorragende Arbeit geleistet hat – und das in einer Materie, in der es keine vergleich­baren Gesetzesvorhaben gab: weder in Österreich noch in Europa. Daher mein Dank insbesondere an den Herrn Dr. Schittengruber, aber auch an alle Fraktionen, die daran mitgearbeitet haben. Es war ein sehr, sehr konstruktives Klima, das zu einem meiner Meinung nach modernen und hervorragenden Gesetz geführt hat. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Zum Inhalt: Die Regelung bei Dopingvergehen kann in zweierlei Form geschehen. In der einen Form wird die Materie im Strafrecht angesiedelt, und das strafrechtliche Ver­fahren jedes Einzelstaates führt dann entweder zu einer Verurteilung oder zu einem Freispruch. Das bedeutet aber, dass jeder Einsatz gegen den Sportler, gegen Be­treuer, gegen das Umfeld des Sportlers eigentlich wie in einem schlechten Kriminalfilm aussieht, weil bei einem solchen Einsatz der Sportler, aber auch seine Umgebung kri­minalisiert wird. Wir kennen alle die Bilder aus Italien. Italien ist gemeinsam mit Frank­reich und Belgien ein Land, das diese Materie im Strafrecht geregelt hat. Diese drei Länder sind jene Länder in Europa, die den Ansatz der Anti-Dopingregelungen über das Strafrecht gewählt haben. – Ich meine, dass dieser Ansatz falsch ist, weil das zu einer Kriminalisierung der Sportler und zu einer Kriminalisierung im Bereich des Sports führt.

Wir in Österreich haben uns für den anderen Weg entschieden, nämlich für den zivil­rechtlichen Weg, ein Weg, der die Sportler nicht kriminalisiert und insbesondere das Umfeld der Sportler im Auge hat: Trainer, Ärzte, Betreuer, andere Menschen, die im Zusammenhang mit dem Sportler ihren Dienst versehen.

Das bedeutet wiederum, dass es hier nicht zu strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahmen im herkömmlichen Sinn kommt. Natürlich gibt es auch schon bestehende strafrecht­liche Bestimmungen im Arzneimittelgesetz. Letztendlich jedoch hat man sich zum Zivil­rechtsweg durchgerungen, ein Weg, der insbesondere von den Sportverbänden getra­gen werden muss und auf die internationalen Bestimmungen abzielt, sodass diese in­ternationalen Bestimmungen in das österreichische Gesetz transformiert werden.

Das Bundes-Sportförderungsgesetz hat sich dafür angeboten, ein Anti-Doping-Gesetz einzugliedern, und wir haben dabei auf die bestehenden internationalen Konventionen


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Rücksicht genommen: auf den bestehenden WADA-Code und auf die bereits existie­rende UNESCO-Vereinbarung, die jedoch noch nicht von allen Staaten ratifiziert ist, sodass wir eigentlich auf dem modernsten Stand der Doping-„Gesetzgebung“ – unter Anführungszeichen, weil es sich ja in vielen Fällen um privatrechtliche Vereinbarungen handelt – sind.

Es ist uns mit diesem Gesetz gelungen, „Doping“ zu definieren, und wir haben mit un­serem Verweis auf die herrschenden Standards auch jene Vereinbarungen, die derzeit Gültigkeit haben, in das Gesetz übernommen. Wir haben die Kontrollverfahren standar­disiert und definiert. Wir haben die Möglichkeit, Rechtsmittel zu ergreifen, definiert und standardisiert. Wir haben den Sportlern die Möglichkeit eingeräumt, Beweismittel in An­spruch zu nehmen oder Sachverständigenbeweise oder andere zu beantragen. Wir haben dem Sportler auch die Möglichkeit eingeräumt, in die Entscheidungskommission Personen seines Vertrauens zu entsenden. Wir haben auf die datenschutzrechtliche Problematik Bedacht genommen, und wir haben letztendlich auch eine Möglichkeit ge­funden, gewisse Methoden des Dopings, sprich: das in allen Zeitungen genannte Blut-Doping, in dieses Doping-Gesetz mit hineinzupacken.

Selbstverständlich gibt es auch Ausnahmeregelungen, weil Sportler ja auch chronische Krankheiten haben können, Krankheiten, die medikamentös behandelt werden müs­sen, sodass diese im Vorfeld diese Medikamente anmelden können und dadurch Aus­nahmegenehmigungen bekommen. Auch bei Akuterkrankungen besteht in Form einer Meldepflicht die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen zu bekommen, sodass man sagen kann, dass die Rechte des Sportlers in diesem Anti-Doping-Gesetz in größtem Umfang geregelt sind.

Es wird auch eine neue Instanz geschaffen, bei der die Rechtsmittel abzuhandeln sind: die Unabhängige Dopingkommission, sodass dieses Verfahren nicht nur den Anschein hat, sondern zu Recht behauptet werden kann, dass es sich um ein rechtstaatliches Verfahren handelt.

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass es ein sehr modernes Gesetz ist, ein Gesetz, das einfach zu vollziehen sein wird – und auch Klarheit bei den Sportlern schafft, aber auch bei den Verbänden, sodass es Vorkommnisse, wie wir sie alle ken­nen, mit Polizeieinsatz, bei uns nicht geben wird, und es wird auch keine Unklarheiten in Bezug auf diese Gesetzesbestimmungen geben, weil es ein einfaches, nachvollzieh­bares und klares Gesetz ist.

Daher nochmals herzlichen Dank an alle für ihre Mitarbeit, ich glaube, dass damit ein Meilenstein in der Sportpolitik verwirklicht wurde. Diese Forderung besteht seit 1991, jetzt ist sie verwirklicht, was uns sicherlich auch helfen wird, unsere Bewerbung in Salzburg ins richtige Licht zu rücken, die durch die Berichterstattung etwas in das falsche geraten ist. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. – Bitte.

 


14.14.44

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Allen voran gilt auch mein Dank jenen Personen, die an diesem Ge­setz mitgearbeitet haben: den Mitarbeitern des Bundeskanzleramtes, den Vertretern der Länder, der Ärzteschaft, den Verbänden, aber natürlich auch den Parlamentariern. Wir können wirklich stolz darauf sein, dass wir in vielen Verhandlungsrunden etwas ge­schaffen haben, von dem wir sagen können, da sind wir wirklich einigen Ländern, eini­gen Verbänden und Institutionen ein paar Schritte voraus.


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Einleitend möchte ich noch sagen, dass Europa immer schon eine führende Rolle im Kampf gegen Doping eingenommen hat und immer wieder die treibende Kraft war, wenn man das weltweit vergleicht. Es hat sich auch Österreich diesbezüglich immer vorbildlich verhalten, und der Kampf gegen Doping hat in Österreich eigentlich immer eine breite Basis gefunden.

Die WADA, die World Anti-Doping Agency, die eigentlich dafür verantwortlich ist, dass ein einheitliches Regelwerk geschaffen werden soll, das festlegt, wie man mit den Belangen des Dopings beziehungsweise des Anti-Dopings umzugehen hat, wird zu 50 Prozent aus Finanzmitteln, die aus Europa kommen, finanziert. Das muss man auch wissen, um zu sehen, wie sehr sich Europa im Kampf gegen Doping engagiert. Öster­reich zahlt jährlich 90 000 € bis 100 000 € in diesen Topf ein. Das heißt, wir engagieren uns auch finanziell sehr stark – zusätzlich zu dem, was wir heute hier beschließen wer­den.

Mit diesem Gesetz ist uns tatsächlich etwas Außergewöhnliches gelungen. Leider Got­tes wird der Begriff „außergewöhnlich“ sehr inflationär verwendet, aber in diesem Fall ist es wirklich etwas Außergewöhnliches, nämlich insofern, als wir es geschafft haben, das Regelwerk eines privaten Vereines, wie die WADA einer ist, in staatliches Recht, in nationales Recht zu implementieren. Dass das nicht so einfach ist, das wissen wahr­scheinlich alle, die sich ein wenig mit diesen Dingen beschäftigen. Wie komplex und vielfältig diese ganze Materie wirklich ist, darauf sind wir selber erst im Zuge unserer Arbeit gekommen, weil es nämlich so viele verschiedene Verbände gibt, weil jeder in­ternationale Verband die Dinge anders handhabt. Wir haben aber, so glaube ich, einen ganz guten Mittelweg gefunden, mit diesen Dingen umzugehen.

Wir haben die Grundlage geschaffen – das ist schon gesagt worden – für eine Unab­hängige Dopingkontrolleinrichtung, die nicht nur die Aufgabe hat, Disziplinarmaßnah­men festzulegen und auch zu exekutieren, sondern die auch dafür zu sorgen hat, dass Kontrollen regelgerecht durchgeführt werden. Sie hat mit den Verbänden gemeinsam die Aufgabe, umfassend zu informieren – und vor allem, was ganz wichtig ist, immer wieder Initiativen zu setzen, um präventiv im Anti-Doping-Kampf zu wirken.

Diese Kontrolleinrichtung unterstützt die Funktionärinnen und Funktionäre, die ärztli­chen Betreuer, die Trainerinnen und Trainer und vor allem auch die Athletinnen und Athleten. Man hat ja gesehen: Unwissenheit auf diesem Gebiet bietet immer wieder Platz für Mutmaßungen, birgt auch Gefahren, dass sich alle Beteiligten zu verwirren­den Darstellungen hinreißen lassen. Vor allem in der öffentlichen Darstellung kann da oft sehr viel Kurioses herauskommen, wie wir das ja unlängst erlebt haben. Ich will kei­nem böse Absicht unterstellen, aber es ist einfach so, dass die Materie sehr komplex ist und sich die wenigsten Leute wirklich damit auseinander gesetzt haben und sich da­mit auskennen.

Aus der Sicht des Sportlers muss man sagen: Es gibt keine Berufsgruppe, die so in ihren persönlichen Freiheiten eingeschränkt ist wie die Sportler, um dem Kampf gegen Doping Genüge zu tun. Wer jemals eine Dopingkontrolle mitgemacht hat, weiß, wie weit das in die Intimsphäre geht. Ich will das jetzt gar nicht näher erläutern, aber man kann sich vorstellen, wie das vor sich geht. Man muss als Sportler fast ein gläsernes Leben führen. Die kontrollierenden Instanzen müssen immer wissen, wo man sich be­findet.

Daher ist es auch wichtig gewesen, dass wir eine Schiedsgerichtskommission ein­geführt haben, die dem Sportler nicht nur Pflichten vorschreibt, sondern auch einige Rechte einräumt. Für unser Regelwerk haben wir auch schon ein kleines Lob vom IOC-Präsidenten Jacques Rogge erhalten, was uns natürlich sehr ehrt.


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Abschließend: Der Sport an und für sich ist eines der größten Friedensprojekte über­haupt, und der Kampf gegen Doping ist ein Kernkapitel dieses Friedensprojektes, weil er dazu dient, die großen Tugenden des Sports, nämlich Fairness, Glaubwürdigkeit und auch Akzeptanz zu bewahren.

Das kann aber nur dann funktionieren, wenn überall mit gleichem Maß gemessen wird. Daher auch von dieser Stelle aus ein Appell an ein europäisches Parlament, dass man sich unserer Fortschritte hier einmal annehmen und sich eine europäische Lösung überlegen sollte, beziehungsweise auch ein Appell an die WADA, dass sie ihre Aufga­ben nicht nur in Europa so gewissenhaft bewältigt, wie sie dies tut, sondern sich auch weltweit so engagiert, wie wir uns das vorstellen und es gerne hätten – so, wie wir hier vorbildhaft dieses Regelwerk vorgelegt haben –, und nie vergisst, dass dabei auch im­mer die Menschenrechte beziehungsweise die Rechte eines Sportlers gewahrt bleiben sollen.

Ich danke auch noch Herrn Staatssekretär für Sport Karl Schweitzer, der uns das er­möglicht hat und von dem wir auch immer wieder Unterstützung bekommen haben. Das vorliegende Gesetz ist – nicht nur aus der Sicht eines aktiven Sportlers – ein Re­gelwerk, auf das wir stolz sein können und das uns sicher sehr viel Lob einbringen wird – und wahrscheinlich auch einige Neider – und von dem sich hoffentlich auch eini­ge Nationen und Verbände einiges abschauen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

14.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Ich erteile es ihm.

 


14.21.00

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehr­te Damen und Herren! Zum Anti-Doping-Gesetz hat es jetzt doch eine Vier-Parteien-Einigung gegeben. Darüber freuen wir uns auch, denn im Gegensatz zu den ursprüng­lichen ersten Entwürfen doch wesentliche Veränderungen hineingekommen sind, die es möglich machen, dieses Gesetz mit gutem Gewissen zu beschließen.

Man muss allerdings schon sagen: Natürlich hätte es auch die Notwendigkeit gegeben, dieses Gesetz wesentlich früher zu beschließen. Es gab im Jahre 2004, glaube ich, einen beschlossenen Vier-Parteien-Antrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert worden wäre, ein Anti-Doping-Gesetz vorzulegen. Der Druck, der jetzt entstanden ist – das wird auch niemand bezweifeln –, hatte eine ganz klare Ursache: Das waren die Olympischen Spiele von Turin.

Es stellt sich, wenn man so ein Gesetz beschließt, dann immer die Frage: Kann das etwas verhindern? Was wäre möglicherweise anders gelaufen? – Da muss man wahr­scheinlich schon fairerweise dazusagen, dass kein Gesetz – egal, wie gut es ist – Do­pingmissbrauch im Sport verhindern kann. Wer sich der Illusion hingibt, dass Doping nicht mehr vorkommen wird, sollte sich dessen bewusst sein, dass das eine Illusion ist. Die Frage ist nur, ob gewisse Rahmenbedingungen möglich gewesen wären oder nicht.

Ein konkreter Fall, der ja die ganze Affäre in Turin ins Rollen gebracht hat, nämlich dass ein Trainer, der 2002 nach den Olympischen Spielen vom IOC bis 2010 gesperrt wurde, dann bei den nächsten Olympischen Spielen mit einer einstweiligen Verfügung, mit einer Aufhebung des Urteils, die er in Österreich bewirkt hat, dort wieder auftreten kann – das wäre mit diesem Gesetz, hätte es schon bestanden, zumindest nicht sehr leicht möglich gewesen, weil darin auch die Formulierung enthalten ist, dass alle Be­treuer, die damit in Verbindung gebracht wurden, bei denen der Anschein besteht, ge-


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dopt zu haben, erfasst sind. Die Causa Walter Mayer – ich glaube, das kann man be­haupten – hätte so nicht stattfinden können, hätten wir dieses Gesetz schon gehabt.

Jetzt liegt es hier. Kollege Wittmann hat schon angesprochen, dass natürlich die Frage der Dopinggesetzgebung etwas sehr Heikles ist. Das glaube ich auch, weil auf der einen Seite der Schutz der Privatsphäre natürlich etwas ist, was in der Rechtsordnung gewährleistet sein muss, auf der anderen Seite aber der sportliche Wettbewerb einem sehr strengen Reglement unterliegt, wie das auch Kollege Lichtenecker, der ja selbst Sportler ist und weiß, wovon er spricht, betont hat. Besonders angenehm wird es nicht sein, wenn man jeden Tag melden muss, was man vorhat, was man macht, wo man sich aufhält, und de facto 24 Stunden, rund um die Uhr, für Dopingkontrollen zur Verfü­gung stehen muss.

Auf der anderen Seite ist eben auch die Grenze insofern gegeben, als jeder, der im Spitzensport tätig ist, auch eine Möglichkeit haben will, ohne dass er sich gesundheit­lich völlig ruiniert, diesen Sport auszuüben – und wenn hier nicht klare Regelungen ge­schaffen werden, dann ist natürlich die Gefahr, dass Doping in breitem Ausmaß statt­findet, wenn es leistungssteigernd wirkt, umso mehr gegeben.

Dieser Mittelweg ist, glaube ich, mit diesem Gesetz gut gelungen, indem es auf der einen Seite doch einen Rechtsschutz, klare Regelungen und ein Schiedsgerichtsver­fahren für die Betroffenen gibt, auf der anderen Seite aber doch ziemlich klar zum Aus­druck gebracht wird, dass Doping im Sport nicht toleriert wird.

Was den Inhalt selbst betrifft, so gibt es zwei Punkte, die wir im Ausschuss noch inten­siver diskutiert haben, wo es aber leider noch zu keiner für uns hundertprozentig befrie­digenden Regelung gekommen ist. Ich möchte die beiden Punkte im Folgenden kurz erwähnen sowie auch einen Abänderungsantrag einbringen.

Dieser Punkt bezieht sich auf die Formulierung, dass eine Dopingprobe nicht ohne zwingenden Grund verweigert werden kann. Jetzt wissen wir zwar, dass diese Formu­lierung „ohne zwingenden Grund“ auch im WADA-Regulativ steht – das stimmt. Auf der anderen Seite ist aber das eine eine private Vereinigung, die ihre eigenen Normen hat, und das andere sind österreichische Gerichte, die entscheiden werden. Und wie öster­reichische Gerichte die Formulierung „ohne zwingenden Grund“ auslegen werden, ist nach wie vor unklar, und es ist kein Wunder, dass die prominentesten Doping-Experten in Österreich, Herr Holdhaus und Herr Demel, beide darauf aufmerksam gemacht ha­ben, dass sie diese Formulierung aus dem Gesetz herausnehmen würden.

Die Erläuterungen, die jetzt dazugekommen sind, dass das in medizinisch begründeten Fällen stattfinden kann, sind eine gewisse Sicherheit – ja, das glaube ich auch –, aller­dings steht das eben nicht im Gesetz, sondern in den Erläuterungen. Ob allerdings ein Gericht dann immer so entscheiden wird, wie die Erläuterungen eines Gesetzes es vor­sehen würden, das ist ein ganz anderes Kapitel. Die Befürchtung, die nach wie vor besteht, ist also, dass, wenn Rechtsverfahren geführt werden und Gerichte darüber entscheiden, ob eine Dopingprobe aus zwingendem Grund nicht abgegeben worden ist, dies nach wie vor in eine ziemliche Querlage zu den internationalen Bestimmungen kommen könnte. Wir würden daher vorschlagen, dass wir diesen einen Punkt auch noch verändern.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde zum Bericht 1416 d.B. (XXII. GP) des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes,


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mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundes­gesetz) 1416 d.B. (XXII. GP)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag des Sportausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz), wird wie folgt geändert:

In Z. 5 entfällt in § 14 Abs. 2 Z 3 die Wortfolge „ohne zwingenden Grund“.

*****

Das wäre der Punkt, dass auf jeden Fall sichergestellt ist, dass Dopingproben abzuge­ben sind. Notfälle, besondere Fälle sind immer inkludiert. Die Empfehlung von Herrn Holdhaus war diesbezüglich auch eindeutig; er hat gesagt: Wenn ein Sportler der Mei­nung ist, dass es einen Grund gebe, sie nicht vorzunehmen, dann soll er Einspruch erheben, soll es dokumentieren. Aber das Verweigern der Probe selbst führt einfach zu einem massiven Problem, das dann im Nachhinein auftreten wird.

Der zweite Punkt, der auch noch eine klarere Beschreibung verdient hätte, ist die Fra­ge der ärztlichen Auskunftspflicht. Diese ist mittlerweile auch in verschiedenen Varian­ten besser geregelt, weil auch klargestellt ist, dass sich der Leistungssportler gegen­über dem Arzt als solcher deklarieren muss. Die Frage ist nur: Kann jeder Arzt in Österreich über Doping umfangreich informiert sein? – Und das ist etwas, bezüglich dessen die Ärztekammer auch nach dem Abänderungsantrag noch einmal darauf auf­merksam gemacht hat, dass sie das für problematisch hält, denn mittlerweile ist es zwar dann so, dass der Spitzensportler, der Leistungssportler zum Arzt geht und sagt: Guten Tag, ich bin der Herr Leistungssportler, und ich habe Dopingregeln zu befolgen!, nur: Was macht der Arzt dann, wenn er sich nicht auskennt? Dem Leistungssportler zu sagen: Ich behandle Sie nicht!? – Das macht aber ein anderes medizinisches Problem auf. Das geht so also auch nicht.

Der Sportler wird vermutlich gescheit genug sein – wenn die Notwendigkeit nicht dage­gen spricht –, bei einem Arzt, der sagt, ich habe dieses Wissen nicht in umfangreichem Maße, eher zu sagen: Gut, ich gehe zu jemandem, der sich auskennt! – Der Vorschlag, der auch von der Ärztekammer gekommen wäre, diese Informationspflicht auf explizit ausgebildete Sportmediziner anzuwenden, wäre, glaube ich, intelligent gewesen. Mög­licherweise kann man ja in weiterer Folge ein Gesetz auch noch novellieren; das sollte dann noch herauskommen.

In Summe betrachtet ist es, glaube ich, gelungen, ein Gesetz zustande zu bringen, das eine Situation, die in Österreich ein ziemlich schiefes Licht auf den Sport geworfen hat, zu bereinigen hilft. Das hat jetzt mit all den Vorfällen in Turin wenig zu tun – was dort herauskommt, steht auf einer ganz anderen Ebene; man wird noch sehen, was sich tut –, unter denen auch einige Vorfälle sind, die, finde ich, bei weitem nicht so erfreulich sind. Allein die Tatsache, dass sich die betroffenen Sportler, die jahrelang über die Sportförderung finanziert worden sind, die auch heuer noch Förderungen bekommen haben, weigern können, Auskünfte zu erteilen, halte ich für extrem problematisch. Wenn es auch in dem jeweiligen Moment heißt: Rücktritt!, so ist das gut und schön, aber der Sportler kann in drei Wochen wieder hergehen und sagen: Ich nehme meinen Rücktritt zurück, ich bin wieder da!; ein Dopingverfahren findet trotzdem statt.


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Dass man hier also auch sieht, dass wir ganz ordentliche Probleme haben und die Ver­bände bei weitem nicht so weit sind, wie sie eigentlich sein sollten, ist ein anderes Pro­blem. Aber für die Zukunft zumindest sollte es so sein – genau das war ja der Hinter­grund –, dass man zumindest über die Sportförderung klarstellen kann: Wenn nicht wirklich eindeutige Maßnahmen gesetzt werden, wenn die Verbände nicht mitspielen, dann gibt es auch Konsequenzen! – Das sollte sichergestellt sein, und das ist mit Si­cherheit der richtige Weg. (Beifall bei den Grünen.)

14.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Brosz verle­sene Abänderungsantrag der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde ist aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schweitzer. – Bitte.

 


14.29.00

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie, ich darf Sie recht herzlich begrüßen, unter Ihnen auch den Präsidenten des Österreichischen Olympischen Comités, Dr. Leo Wallner – herzlich willkommen im Hohen Haus, Leo! – und einige weitere Vertreter des organisierten Sports: Matthias Bogner, Michi Maurer von der ASKÖ. Es freut mich, dass die Plenardebatte Ihr Interesse gefunden hat! Ich bedanke mich auch bei allen Vertretern der Parlamentsparteien, die der Versuchung widerstanden haben, dieses Thema auf Grund aktueller Anlassfälle parteipolitisch zu diskutieren. Ich glaube, dass es richtig war, diesen Vorfall gemeinsam ernst zu nehmen und gemeinsam zu handeln.

Somit haben wir eine schöne Tradition, auf die sicherlich die Vorsitzende des Sport­ausschusses, Frau Abgeordnete Beate Schasching, noch einmal zu sprechen kommen wird, fortsetzen können: dass wir eingehend miteinander diskutieren, um gemeinsame Lösungen im Interesse des Sports ringen – ja, manchmal auch ringen –, aber am Ende steht dann ein Resultat, in dem sich alle wieder finden und angesichts dessen wir sa­gen können: Wir konnten im Interesse des Sports wieder den einen oder anderen Schritt nach vorne machen. Und ich freue mich, dass es einmal mehr eine Vier-Par­teien-Einigung ist, die heute hier im Hohen Haus zur Debatte steht und dann auch zur Beschlussfassung kommen wird.

Dieses Gesetz, dessen Eckpunkte ich noch einmal ganz kurz anführen möchte, ist ein Gesetz, das wir ganz bewusst an das Bundes-Sportförderungsgesetz angeknüpft ha­ben, weil jene Maßnahmen, die im Falle eines Verstoßes gegen die Bestimmungen dann gesetzt werden, eben direkt im Zusammenhang mit der Sportförderung stehen. Das heißt, wenn sich Athleten, wenn sich Verbände eines Vergehens gegen die Be­stimmungen des Gesetzes schuldig machen, dann werden sie automatisch der öffent­lichen Sportförderungen verlustig.

Es war uns wichtig, dass angesichts der Verhältnisse in Italien, angesichts der Verhält­nisse, die wir auch im Rahmen der Tour de France in Frankreich miterleben durften, dieses Gesetz keine Strafbestimmungen enthalten soll, und es ist uns auch gelungen, Strafbestimmungen herauszuholen. Unser Interesse ist es nicht, Sportler zu kriminali­sieren, und ich glaube, das ist auch gut so.

Ich bin auch froh darüber, dass wir dieses Gesetz in erster Linie im Interesse der Rechtssicherheit so ausgestalten konnten – im Interesse der Rechtssicherheit für Athleten, weil ja vielfach beklagt wurde, dass Athleten keine Möglichkeit haben, gehört zu werden. Mit diesem Anhörungsverfahren und mit der Einrichtung eines Schiedsge-


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richtes wurde diese Möglichkeit geschaffen. Und ich bin ich davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist.

Dieses Gesetz soll auch dazu beitragen, dass zu dem, was bereits an Aufklärung und Prävention in Österreich gemacht wurde, noch Zusätzliches in diesen Bereichen pas­siert. Ich bin überzeugt, dass Kollege Maier, der ja auch Mitglied des Österreichischen Anti-Doping-Comités ist, mit seinen Kollegen noch mehr tun wird, um öffentlich aufzu­klären. Insbesondere wird es auch wichtig sein, dass wir in vermehrtem Maße auch in die Schulen gehen, wo unsere Nachwuchssportler zu finden sind, um rechtzeitig über die Folgen von Doping aufzuklären.

Es wird aber auch wichtig sein – und da richte ich meinen Appell an alle Vertreter des organisierten Sports –, dass die Anti-Doping-Beauftragten der Verbände ihre Aufgabe ernster nehmen. Es wurde hier vielfach festgestellt, dass es zwar Anti-Doping-Beauf­tragte in den einzelnen Verbänden gibt, aber dass sie ihre Aufgabe nicht so ernst ge­nommen haben, wie es allerdings sein sollte. Deshalb mein Appell an alle Anti-Doping-Beauftragten: Nehmt dieses Thema ernst! Nehmt eure Aufgabe ernst! Damit kann wahrscheinlich sehr, sehr viel zusätzlich in diesem Bereich verhindert werden.

Ich glaube – und damit darf ich meine Ausführungen abschließen –, wir haben mit die­sem Gesetz einen praktikablen Beitrag zur Fairness und Rechtssicherheit im Sport ge­leistet. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und hoffe, auch was zum Beispiel Bewerbungen in Zukunft betrifft, mit diesem Gesetz einen Stein aus dem Weg geräumt zu haben. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Prähauser.)

14.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.

 


14.34.10

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Geschätzte Damen und Herren hier im Parlament und auf der Galerie! Der Sport, die Faszination des Sports braucht Idole, braucht Vorbilder. Menschen aller Altersgrup­pen begeistern sich, wenn es um Leistungssport, um Spitzensport geht. Ich erlebe es in meiner Heimatgemeinde, da wir bei mir zu Hause im Pitztal ein Sportidol haben, den Benni Raich, wie sehr er die Menschen begeistert, wie sehr er junge Menschen mitreißt, sodass sie auch Sport betreiben. Ich erlebe aber auch, wie sehr dies weit über den Sport hinaus eine Region zusammenschweißt und verbindet.

Was ist es eigentlich, was den Sport so faszinierend macht? – Es sind nicht nur die herausragenden Leistungen von Sportlerinnen und Sportlern, sondern es sind vor allem die Werte des Sports, die uns begeistern: Werte wie Fairness, Gleichheit, Tole­ranz, Respekt und Wertschätzung für den Mitbewerber, Umgang mit Sieg oder Nieder­lage. Das ist die Faszination, die Massen begeistert.

Doping schadet nicht nur der Gesundheit, sondern Doping zerstört diese Werte des Sports. Doping zerstört all das, was am Sport fasziniert und begeistert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, darum ist es ein politischer Auftrag, auf natio­naler Ebene Maßnahmen zu setzen, auf Grund deren hart vorgegangen wird, wenn es Verstöße und Missbrauch gibt. Es ist aber auch unsere Aufgabe, den Sportlerinnen und Sportlern ein Recht auf Gesundheit, ein Recht auf Aufklärung, ein Recht auf Infor­mation zu geben. Und es ist auch unsere Aufgabe, die Vereine und Verbände in die Pflicht zu nehmen.

Daher ist das vorliegende Anti-Doping-Gesetz im Rahmen der Bundes-Sportförderung angesiedelt: Wenn sich ein Verein nicht an die Regeln hält, gibt es keine Bundes-


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Sportförderung beziehungsweise muss diese zurückgezahlt werden. Aber auch die Pflicht und die Verantwortung von Trainern und Betreuern ist im vorliegenden Anti-Do­ping-Gesetz beinhaltet. Sportler müssen Betreuern und Trainern, die sie auf ihrem sportlichen Weg begleiten, vertrauen können.

Liebe Damen und Herren, auch Eltern müssen Vertrauen können, wenn sie ihre Kinder in Leistungszentren, in Schulen mit Sportschwerpunkt schicken. Sie müssen darauf vertrauen können, dass die Werte des Sportes hochgehalten und vermittelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen, meine Damen und Herren, ist Aufklärung und Meinungsbildung über Do­ping gerade im Nachwuchssport von enormer Wichtigkeit, denn nur wer die Schatten kennt, kann auch die Sonne genießen. Und ich bin sehr froh darüber, dass wir hier noch gemeinsame Maßnahmen in Form eines Antrages, den Kollegin Riener einbrin­gen wird, setzen werden, denn junge Menschen brauchen Orientierung, und gerade im sensiblen Bereich Doping ist dies äußerst notwendig.

Dieses Anti-Doping-Gesetz liegt in Form eines Vier-Parteien-Antrages vor, und ich be­danke mich bei allen Sportsprechern, ganz besonders bei unserem Sportsprecher Peter Haubner, dem es in sehr vielen Verhandlungsstunden schlussendlich doch ge­lungen ist, dass sich jede Partei in diesem Gesetz wieder findet. Und es ist ihm auch gelungen, die vielen Stellungnahmen, die von außen gekommen sind, in dieses Gesetz einfließen zu lassen.

Es ist ein gutes Zeichen, dass es gerade in einem Wahljahr, in dem es bekanntlich der Opposition doch in erster Linie darum geht, politisches Kleingeld zu wechseln, und sie dies auch sehr gerne tut, möglich war, eine gemeinsame Lösung zu finden, und dass die Werte des Sports – die Fairness, die Gleichheit – eigentlich die Grundlage für die­sen gemeinsamen Antrag waren. Ich bedanke mich dafür.

Vielleicht ist das auch ein Anstoß für die Sportorganisationen und -verbände, gemein­sam zu agieren. Wir alle haben via Fernsehen erlebt, dass es zwischen Organisationen und Verbänden viel Trennendes gibt. Angesichts dessen sollte dieser Vier-Parteien-Antrag eigentlich ein Beispiel dafür sein, dass man durch viele Gespräche gemein­same Lösungen finden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sport in unserem Land, die Werte und die Faszination des Sports, die vielen Menschen, die der Sport begeistert, und vor allem unsere tollen Sportlerinnen und Sportler, sie alle verdienen es ganz einfach, dass wir uns bemühen, Gemeinsames vor Trennendes zu stellen, dass wir gemeinsam für unser Land und für den Sport agieren sollten. Das hohe Ansehen Österreichs auf inter­nationaler Ebene wird unser aller Lohn dafür sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.39

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Abgeordneten Kogler, Kolleginnen und Kollegen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersu­chungsausschuss zur Untersuchung der Verantwortung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Bankenaufsicht und der Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Miss­ständen bei Banken und Finanzdienstleistern einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.


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Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmung nach Erle­digung der Tagesordnung statt.

*****

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Schasching.

 


14.40.00

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Vertreter des organisierten Vereinssportes hier im Hause! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Bevor ich zur im Sport schon ein wenig gewohnten gemein­samen Lobeshymne über gemeinsame Beschlüsse schreite, möchte ich Frau Kollegin Stadler nur Folgendes sagen: Ich bin zu 95 Prozent Ihrer Meinung, aber die Aussage, dass nur die Opposition im Wahljahr politisches Kleingeld zu wechseln versucht, möch­te ich doch ein bisschen ins rechte Licht rücken. Ich denke, das versucht wohl auch die Regierung, Frau Kollegin. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Staatssekretär Mag. Schweitzer: Die Regierungsparteien! Die Regierung nicht!) – Auch die Regie­rungsparteien, ja.

Aber nun zum Anti-Doping-Gesetz. Ja, Österreich nimmt nun eine Vorreiterrolle ein. Wir können gemeinsam stolz darauf sein, dass wir es geschafft haben, ein Anti-Do­ping-Gesetz heute hier vorzulegen. Insbesondere die im Sportausschuss vertretenen Kolleginnen und Kollegen wissen, wie sehr wir alle darum gerungen haben, auch wenn der Weg bis dorthin lang war.

Ich möchte hier auch in Erinnerung rufen, dass schon vor drei Jahren Kollege Maier von der SPÖ einen Antrag dazu vorgelegt hat, dass dieser aber immer wieder ver­schleppt wurde. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schweitzer.)

Nichtsdestotrotz gab es dann einen traurigen Anlassfall, und wir alle haben gewusst, was nun Gebot der Stunde ist, nämlich rasch zu handeln, um so auch die Bewerbung Salzburgs nicht zu gefährden, sondern klar zu zeigen, dass es durch einen sozusagen sportlichen Schulterschluss möglich sein wird, zusammenzuarbeiten.

So gesehen nimmt der Sport sehr wohl eine Sonderstellung in Österreich ein, wie dies auch Kollege Haubner angesprochen hat. Selbstverständlich ist diese Einigkeit manch­mal unheimlich, aber ich denke, dass das auch der Ausdruck dessen ist, wofür der Sport in unserer Gesellschaft steht: Der Sport ist nun einmal einer der bedeutendsten Faktoren zur Sozialisierung der Jugend, zur Wertevermittlung an die Jugend, ein enorm bedeutender Faktor im Tourismusland Österreich, für den Wirtschaftsstandort Österreich und durchaus auch im Selbstverständnis der österreichischen Bevölkerung, die sich als Sport-Nation empfindet, auch wenn es nicht in jeder Sportart tatsächlich so ist.

Daher denke ich, dass es hier gelungen ist, durch die exakte Bedachtnahme auf den WADA-Code, auf die die Global Convention der Unesco eine Vorlage zu schaffen, die wir in ein Bundessportförderungsgesetz implementiert haben, weil es notwendig ist, eines klarzustellen: Der Sport ist an sich eine unabhängige Materie. Wir haben keinen Staatssport, und wir wollen auch keinen Staatssport, daher ist es notwendig und wich­tig, dass wir das in dieser Form durchgeführt haben. Davon, dass es dabei zu unglaub­lichen Schwierigkeiten gekommen ist, wenn man Richtlinien eines Vereines in staat­liche Gesetzgebung gießen will, zeugt auch die lange und intensive Vorberatung.

Ich möchte mich sehr herzlich auch bei den vielen Expertinnen und Experten bedan­ken. Es wurden heute schon einige genannt. Dem österreichischen Anti-Doping-Papst Karlheinz Demel, der viele beraten und sich da eingebracht hat, möchte ich auch per-


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sönlich noch ein herzliches Danke sagen – und vielen anderen auch, die sicherlich noch nicht alle hundertprozentig zufrieden sind. Ich denke, dass es auch noch einige Nachbesserungen und Veränderungen geben muss, aber das Gesetz an sich ist ein Vorbild für viele Staaten in Europa, die noch lange nicht so weit sind. Ganz im Gegen­teil: Es ist leider auch Tatsache, dass es in einigen europäischen Ländern zu einer Kri­minalisierung von Sportlerinnen und Sportlern kommt. Genau das konnten wir mit un­serem Gesetz aber vermeiden.

Was ist geschehen? – Es sind nun die Fachverbände in besondere Verantwortung ge­nommen; die Fachverbände, die in ihren Sportrichtlinien auch auf das Umfeld, auf die Heranführung, auf die Auswahl, auf alle mit dem Sportler/mit der Sportlerin Tätigen Be­dacht nehmen müssen. Sie müssen sehr sorgfältig sein, sehr sorgsam und auch sehr genau. Sie werden auch noch vor einer ganz neuen Herausforderung stehen – das wird vielleicht nicht so sehr die ganz großen Fachverbände treffen, aber vielleicht die kleinen, denn es wird auch eine enorme administrative Aufgabe auf sie zukommen, und diese Administration bereitet mir schon ein wenig Kopfzerbrechen.

Denn bei bester Absicht, das Richtige für den Sportler/für die Sportlerin zu tun, sehe ich da schon einen enorm hohen Aufwand, und ich hoffe sehr, dass es gemeinsam ge­lingt, diesen Mehraufwand zu bewältigen.

Herr Sportstaatssekretär Schweitzer weiß genau, was jetzt kommt, wenn ich sage: Mehraufwand für Fachverbände und auch für Dachverbände macht mir Kopfzerbre­chen. – Wir haben hier vor wenigen Monaten gemeinsam auch ein anderes Gesetz konsensual und mit großer Begeisterung beschlossen. Wir haben festgestellt, dass es mehr Geld für den österreichischen Sport geben soll, wir haben festgestellt, dass die Fachverbände mehr bekommen, nun auch die Dachverbände, und wir sind in die nächste Phase eingetreten. Wenn ich jetzt als ASKÖ-Präsidentin voll Stolz sagen kann: Wir konnten in der vergangenen Woche 80 Projekte für „Fit für Österreich“ ein­reichen, haben 250 Seiten Papier beschrieben!, dann stecken hunderte Stunden an Ar­beit von ehrenamtlich, mittlerweile aber auch vielen hauptberuflich Tätigen dahinter. Ich frage mich, ob Sie mit dieser Neuordnung, die durchaus mehr Mittel in den Sport brin­gen soll, nicht ein wenig über das Ziel geschossen haben – nicht von der Sache selbst, sondern bei der Vervielfachung des bürokratischen Aufwandes.

Ich denke, wir müssen die Dinge ganz genau beobachten. Es ist enorm wichtig, dass das Mehr an Mitteln, das es jetzt für den Sport gibt, nicht in der Bürokratie oder in der sportwissenschaftlichen Grundlagenarbeit oder in der Gesamtadministration hängen bleibt, denn: Wir brauchen dieses Mehr an Mitteln unmittelbar in den Vereinen, unmit­telbar bei den Trainern und Trainerinnen, unmittelbar dort, wo Sportinstitutionen, wo Verbände mit Schulen kooperieren, überall beim Endverbraucher.

Daher ersuche ich noch einmal, in diesem Zusammenhang darüber nachzudenken, was hier geschaffen wurde, ob das eine oder andere an Bürokratie nicht wieder ein wenig herunterzufahren ist, ob es nicht noch ein bisschen gescheiter zu ordnen wäre, damit das Geld für den Sport auch tatsächlich in den Sport kommt.

In diesem Sinne werden wir gemeinsam die Bürokratie beobachten, vielleicht das eine oder andere zurücknehmen – auf alle Fälle zum Wohle der Sportlerinnen und Sportler in Österreich agieren. Ich bin guten Mutes, dass wir das gemeinsam von Seiten
der Dachverbände einleiten werden. Ich bin guten Mutes, dass es den Willen gibt,
das umzusetzen – und wenn Sie es nicht mehr tun, Herr Staatssekretär Schweitzer: Wir werden das gerne in Angriff nehmen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der
Abg. Mag. Lunacek.)

14.47



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


14.47.55

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Jeder, der heuer die Olympischen Winterspiele mitverfolgt hat, war in letzter Konsequenz eigentlich enttäuscht, dass der große Erfolg, der noch nie dagewe­sene Erfolg von einer Doping-Diskussion überdeckt wurde, die in der Berichterstattung natürlich international aufgebauscht wurde, bis hin zu Titelschlagzeilen in der deut­schen „Bild“-Zeitung, in denen auch die Tourismus- und Schi-Nation Österreich ange­prangert wurde.

Man kann sagen, dass vieles vielleicht so gewollt war. Man wollte uns diesen Erfolg einfach nicht gönnen und Österreich als die große Schi-Nation diskriminieren, aber wir müssen, glaube ich, doch so selbstkritisch sein und hinterfragen, wie weit wir selbst mit schuld an dieser Darstellung und an dieser Doping-Situation waren.

Das Krisenmanagement war in dieser Situation nicht optimal, man war vielleicht zu un­vorbereitet. Es gab gegenseitige Schuldzuweisungen, keine einheitliche Meinung nach außen – und meiner Meinung nach auch schlechte Medienarbeit.

Aber mit diesem neuen Anti-Doping-Gesetz – Herr Staatssekretär, auch ich bedanke mich sehr herzlich dafür, du hast da hervorragende Arbeit geleistet – sind wir einmal mehr Vorreiter. Europa schaut auf Österreich. Wir sind Vorreiter mit einem neuen, einem einzigartigen Gesetz.

Das Anti-Doping-Gesetz schreibt allen voran einen erzieherischen und präventiven An­satz fest. Mein Kollege Lichtenegger hat schon angeführt, dass in diesem Gesetz auch Fairness wichtig ist; Fairness, dass es ein Anhörungsverfahren gibt, Fairness, dass es ein Schiedsgericht gibt, Fairness, dass die Sportler nicht kriminalisiert werden. Ich glaube, das ist auch für die weitere Entwicklung des Breitensportes in Österreich ganz wichtig.

Ein wesentlicher Aspekt ist, dass mit diesem Anti-Doping-Gesetz die Sportförderung eng verknüpft ist, nämlich insofern, als Sportförderung nur dann möglich ist, wenn wirk­lich sauber, wenn ohne Doping trainiert wird. Und sollte es Vorfälle geben, sind die För­derungen wieder zurückzuzahlen. Ich glaube, es ist der richtige Ansatz, dass es nur dann Geld von der öffentlichen Hand geben kann und gibt, wenn diesem Gesetz Ge­nüge getan wird.

So ist Österreich mit diesem Gesetz einmal mehr ein Vorreiter, wie ich bereits gesagt habe, und ich glaube, unser Image als österreichische Sportnation, vor allem saubere Sportnation, ist wiederhergestellt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.50


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Ich erteile es ihr.

 


14.51.02

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich bin froh darüber, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag gegen Doping gibt. Wie meine Vorrednerin schon gesagt hat, hat das Thema Doping gerade bei der letzten Winterolympiade uns alle wohl ziemlich beeindruckt und erschüttert, nämlich das, was da offensichtlich geschehen ist.

Ich möchte auf einen anderen Bereich eingehen, der nicht so erschüttert hat, der es aber dennoch, finde ich, wert ist, hier im Plenum diskutiert zu werden: Es geht um den


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einen oder anderen der Anträge, die auf der Tagesordnung des Sportausschusses ge­standen sind, aber leider vertagt wurden. Ich hoffe aber, dass es in dieser Legislatur­periode doch noch eine Möglichkeit gibt, sie zu beschließen. Deswegen möchte ich das jetzt auch thematisieren.

Das eine war unser Antrag, einen Frauenförderbericht zum Spitzensport zu erstellen. Während der Winterolympiade war nämlich auffallend, dass die österreichischen Sport­lerinnen zwar sehr erfolgreich waren, dass aber zwischen der Zahl der Frauen und der Zahl der Männer, die teilgenommen haben, eine ziemlich große Diskrepanz gegeben war. Nur 19 der insgesamt 82 teilnehmenden Österreicherinnen und Österreicher wa­ren Frauen; dabei war nicht einmal ein Eishockeyteam dabei. Das letzte Mal, als der Unterschied noch etwas größer war, war wenigstens ein Eishockeyteam dabei – die genauen Zahlen habe ich jetzt leider nicht vor mir.

Heuer jedenfalls waren von den 82 SportlerInnen nur 19 Frauen, und die haben viele Medaillen gewonnen. Wie wäre es erst gewesen, wenn das wirklich Halbe-Halbe wäre? Vielleicht wären wir dann noch besser ausgestiegen? (Beifall bei den Grünen.)

Ich denke, es macht Sinn, sich einmal anzuschauen, was die Ursachen sind. Es gibt die Plattform „Frauen im Sport“, die sich schon seit einigen Jahren damit befasst, was getan werden kann, um die Frauenbeteiligung im Breitensport, aber auch im Leis­tungs- und Spitzensport zu verbessern. In anderen Staaten gibt es da durchaus gute Beispiele. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schweitzer.)

Wir wollten einfach einmal einen Frauenförderbericht zum Spitzensport verlangen. Wir hätten diesen gerne bis zum 30. Juni gehabt. Herr Staatssekretär, wenn der 30. Juni das Problem gewesen wäre, dann hätten wir auch den 15. September akzeptiert – oder was immer. (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Der Wittmann hat zu wenig ge­macht!) Aber wir wollten einmal eine Aufstellung darüber, was passiert. (Abg. Lichten­egger: Sie waren ja gar nicht im Ausschuss! – Staatssekretär Mag. Schweitzer: Das ist ja das Problem, dass Sie nicht im Ausschuss waren!) – Ich war nicht im Ausschuss, ich weiß das, ich habe mich entschuldigt. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Mag. Schweitzer.)

Herr Staatssekretär Schweitzer, es war mein Kollege Dieter Brosz dort, es war meine Kollegin Terezija Stoisits dort, und es soll ja möglich sein, dass man darüber spricht, was dort geschehen ist. Sprechen Sie mir also jetzt nicht die Legitimität dafür ab, dass ich zu diesen Themen spreche!

Es geht ja darum, was in Zukunft passiert und warum Sie nicht bereit sind, diesem An­trag zuzustimmen und solch einen Bericht verfassen zu lassen – darum ginge es ja. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schweitzer.) Herr Kollege Schweitzer, wir wissen sehr wohl, dass, wenn der Staatssekretär sagt, er möchte so etwas ma­chen, die Regierungsparteien dafür wären und einen solchen Antrag nicht vertagen würden. Dieses Spiel kennen wir schon, dass das geht, wenn Sie das wollen. (Zwi­schenruf des Abg. Parnigoni.) Es ginge ja darum, dass das gemacht wird. (Beifall bei den Grünen.)

Um zum Inhalt zu kommen: Es wäre höchst an der Zeit, auch angesichts der zukünfti­gen Großveranstaltungen, die wir in diesem Land haben werden – zum Beispiel in eini­gen Jahren auch die Fußball-Europameisterschaft; Frauenfußball gibt es derzeit noch nicht wirklich, aber der könnte sich ja auch entwickeln –, in diesem Sinne ein modernes Bild Österreichs zu vermitteln, und das heißt heutzutage: halbe/halbe. Und wenn es nicht ganz das ist, dann zumindest 40 : 60 oder so. Aber das Verhältnis, das wir heuer hatten, schreit einfach nach einer Analyse und nach Maßnahmen, wie das zugunsten von Frauen zu verbessern ist.


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Herr Staatssekretär, ich hoffe sehr – das ist auch an die Regierungsfraktionen gerich­tet –, dass Sie das nächste Mal im Ausschuss diesen Antrag nicht vertagen werden, sondern sagen: Ja, wir geben den Auftrag, ich gebe den Auftrag, solch einen Bericht zu erstellen, und es wird konkrete Maßnahmen geben, wie das in Zukunft geändert werden kann, sodass auch bei Olympiaden und bei Weltmeisterschaften der Anteil von Frauen tatsächlich jenem in der Bevölkerung entspricht.

Zweiter Punkt: ein Antrag der Kollegin Schasching zum Gender-Mainstreaming. Ich hätte mich schon gefreut, wenn es dabei einmal um etwas Konkreteres gegangen wäre. Wenn ich mich richtig erinnere beziehungsweise nach dem, was mir meine Kolle­gin gesagt hat und was ich nachgelesen habe, haben Sie sich dahin gehend geäußert, Herr Staatssekretär Schweitzer, dass Sie mit Quoten nichts anfangen wollen, etwa in dem Sinne, dass Vereine etwa entsprechend dem Anteil der Frauen, die ihnen ange­hören oder die von ihnen gefördert werden, Geldmittel bekommen. Das lieben Sie nicht besonders.

Wir wissen aus der Politik und auch aus anderen Bereichen, dass die Teilnahme und Teilhabe von Frauen in vielen Bereichen nur dann wirklich garantiert ist, wenn es auch gewisse Quoten gibt (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schweitzer) oder wenn Geld damit gemacht wird.

Herr Staatssekretär, Sie haben in diesem Haus so viel Redezeit, wie Sie wollen – meine lassen Sie mich jetzt nützen. (Beifall bei den Grünen. – Staatssekretär Mag. Schweitzer: Ich sage nur, wenn Sie mir ein bisschen Redezeit lassen, bekom­men Sie auch eine Antwort!) – Sie haben genügend Redezeit, Herr Staatssekretär; er meint, ich möge ihm ein bisschen Zeit lassen. Herr Staatssekretär, die Regierungsmit­glieder haben in diesem Haus so viel Redezeit, wie sie wollen. Lassen Sie mir meine! (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ein letzter Punkt, der auch vertagt wurde, war ein Antrag von uns, der schon vor zwei Jahren eingebracht wurde, als es um die Sommerolympiade ging, nämlich die Frage „Play Fair at the Olympics“, wo es um die Sportartikelhersteller geht und um den Ap­pell, im Bereich der Sportartikelerzeugung für den Hochleistungssport, aber auch für den Breitensport mehr an sozialer und ökologischer Gerechtigkeit einkehren zu lassen.

Es geht einfach nicht an, dass Sportartikel unter wirklich menschenunwürdigen Bedin­gungen hergestellt werden: in Betrieben in sehr vielen Ländern des Südens, wo es kei­ne gewerkschaftlichen Regelungen gibt, wo vor allem Frauen, die dort arbeiten, unter wirklich unmenschlichen Bedingungen arbeiten müssen, sexueller Belästigung ausge­setzt sind; Pausen sind nicht erlaubt, keine geregelten Arbeitszeiten. Wie können wir gegen einen solchen Hungerlohn auftreten? Das wäre etwas, was Österreich, wenn es sich schon als Sportnation versteht, auch ernst nehmen müsste.

Wir müssten sagen: Dieser Appell an die Sportartikel- und Sportbekleidungshersteller, -firmen, sich tatsächlich mehr an soziale Verantwortung zu halten, wäre doch auch etwas, was das Parlament verabschieden könnte. – Ich hoffe, dass es das nächste
Mal keine Vertagung dieses Antrages geben wird, sondern einen Beschluss, sodass dieser Appell auch vor Großveranstaltungen hinausgeht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Walther.)

14.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schweitzer. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass er genau 120 Sekunden Zeit hat.

 


14.58.43

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Schasching, Sie wissen genau, dass wir


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die Sportförderung insbesondere für die Fachverbände massiv erhöht haben, nämlich geradezu verdoppelt – und dass ein Teil dieser Summe im letzten Jahr gar nicht aus­geschöpft werden konnte.

Für die Verteilung des Geldes bis hinunter an die Vereine sind ja nicht mehr wir verant­wortlich, sondern die übergeordneten Fach- und Dachverbände. Ich hoffe, sie werden das in Hinkunft so machen, dass alles, was zur Verfügung gestellt wird, auch dort lan­det, wo es am besten eingesetzt werden kann. – Das zum Ersten.

Zum Zweiten: Frau Kollegin Lunacek, natürlich haben wir über diese Themen disku­tiert, und ich darf Ihnen sagen: Für die Nominierung der Sportler für verschiedene Wettkämpfe sind, wie Sie wissen, die Verbände zuständig. Und wenn Frauen die gefor­derten Normen erfüllen und wenn die entsprechende Spitze vorhanden ist, wäre jetzt schon Ihre Forderung vielleicht erreicht. Das ist aber nicht der Fall. Deshalb setzen wir jedes einzelne Frauenprojekt, das von einem Sportverband eingereicht wird – egal, ob Dachverband oder Fachverband –, 1 : 1 um. Es gibt bis jetzt kein Frauenprojekt, das nicht umgesetzt wurde, wenn es eingereicht wurde.

Und wir haben selbst darauf reagiert, dass die Quote zwischen Männern und Frauen in Sestriere eine unausgeglichene war, indem wir ein Nachwuchszentrum für nordischen Skisport für Frauen in Saalfelden eingerichtet haben. (Beifall des Abg. Mag. Lang­reiter.)

Andere reden – wir handeln! Kollegin Lunacek, das ist das, was uns auszeichnet.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Staatssekretär, bitte um den Schlusssatz!

 


Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Und wenn Sie glauben, dass Sie mit der Forderung 50 Prozent für die Männer und 50 Pro­zent für die Frauen bei den Dach- und Fachverbänden Erfolg haben, dann gehen Sie hin und bringen Sie uns die Einigung! Wir setzen das gerne um! (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

15.00

15.00.34Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3922/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zu einer kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, 3922/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden; eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Die Debatte wird von Frau Abgeordneter Dr. Moser eröffnet. Ich bitte Sie, das Wort zu ergreifen.

 


15.01.36

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär Mainoni, mit Ihnen habe ich ja gerechnet; Sie sind ja immer ein verlässlicher Besucher des Parlaments, weil uns ja der Herr Minister oft im Stich lässt. Aber ich hoffe auch, dass Sie ihm sozusagen vertrauenswürdig, umfangreich und per­sönlich engagiert von unserer Debatte berichten werden.


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Sehr geehrte Damen und Herren, uns hat ja diese Problematik schon öfters beschäf­tigt, und jetzt steht uns wirklich am kommenden Dienstag, am 2. Mai, ein Testversuch ins Haus, wo wir nicht wissen, dauert er jetzt zwei Monate oder drei Monate. Das ist zum Beispiel ein Grund, warum ich mit Ihnen diese Anfrage und die Beantwortung die­ser Anfrage diskutieren möchte.

Herr Staatssekretär Mainoni, Herr Minister Gorbach war nicht in der Lage, mir in Beant­wortung meiner Frage präzise zu sagen, ob dieser Test zwei oder drei Monate dauern wird. – Und das ist wichtig, denn wenn er drei Monate dauert, dann haben wir auf die­ser Teststrecke – der A 10 in Kärnten –, die dann bereits im Urlaubsverkehr, nämlich im Juli – das wäre der dritte Monat –, stärker frequentiert ist, ein eminentes Verkehrssi­cherheitsproblem. Deshalb ersuche ich Sie um eine eindeutige Klarstellung in dieser Richtung!

Herr Staatssekretär Mainoni, ein zweiter Aspekt: Wenn Sie heute ein aktuelles Maga­zin aufschlagen, wenn Sie die Aussendungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit lesen, dann wird Ihnen wieder deutlich vor Augen gehalten, dass Rasen in Österreich einfach – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa und auf der Welt – als Kavaliersdelikt gilt, obwohl es lebensgefährlich ist! Unangepasste Geschwindigkeit ist einfach die Unfallursache Nummer eins!

Wir haben in Österreich praktisch die niedrigsten Strafen, wenn Geschwindigkeitsbe­schränkungen übertreten werden, wir haben das geringste öffentliche Bewusstsein für dieses Vergehen, was wirklich zu Hunderten von Toten führt. Jetzt haben wir Gott sei Dank eine Reduktion, glaube ich, auf 760 bis 780 Tote pro Jahr, aber trotzdem: Ein Großteil davon sind Opfer unangepasster Fahrweise, unangepasster Geschwindigkeit.

Unangepasste Geschwindigkeit ist auch wirklich ein starkes Vergehen, ein schweres Vergehen, und das ist viel zu wenig im Bewusstsein der Leute, viel zu wenig in der Mentalität der VerkehrsteilnehmerInnen! Und deshalb hat ja auch Frau Innenministerin Prokop gemeinsam mit dem ORF und gemeinsam auch mit dem Kuratorium für Ver­kehrssicherheit eine Kampagne veranlasst, die derzeit in ganz Österreich auf Plakat­wänden zu sehen ist, wo es auch Werbespots in den Kinos gibt. Und diesen Werbe­spot habe ich Ihnen mitgebracht und möchte ich Ihnen zeigen.

Sie haben diese Tafel (die Rednerin hält diese in die Höhe) vielleicht selbst schon ent­lang der Autobahn stehen gesehen: „Bleib am Leben. Geh vom Gas.“ – Diese Tafel soll die Mentalität ändern. Und wo, glauben Sie, ist diese Tafel entfernt worden? (Abg. Öllinger: In Kärnten!) – Genau an der Teststrecke, genau dort, wo es darum geht, durch angepasste Fahrweise für Verkehrssicherheit zu sorgen.

Es gibt meiner Überzeugung nach keinen schlagenderen Beweis dafür, dass Ihr Test­versuch, Ihre Teststrecke jedem Verkehrssicherheitsgedanken zuwiderhandelt, denn sonst hätten Sie ja diese Tafel nicht wieder abmontieren lassen, sonst hätte ja die Lan­desregierung in Kärnten diese Tafel nicht entfernen lassen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Moser!)

Es hat ja die Straßenmeisterei in ihrem Sachverstand, in ihrem Hausverstand geurteilt: Das widerspricht sich doch: Jetzt haben wir die Teststrecke mit 160 km/h – und dann haben wir die Tafel dort; daher: Eines von den zweien muss weg: entweder die Tafel oder der Test! Aber der Test wird verordnet, jetzt müssen wir eben die Tafel wegräu­men! – So war es doch!

So war es, und das ist der Beweis dafür – das ist der Beweis dafür! –, dass Ihr Test, Ihre Teststrecke ein Widersinn ist und ein großer, großer Anschlag auf die Verkehrssi­cherheit in Österreich, wo Sie auf der anderen Seite, Herr Staatssekretär Mainoni – das gestehe ich ja durchaus ein! –, durch verschiedene Maßnahmen erwirkten, dass


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wir weniger Tote hatten. Nur: Mit dieser 160er-Mentalität, mit diesem 160er-Wahn lau­fen wir wieder Gefahr, mehr Unfalltote zu haben. – Und deshalb mein eminenter Wider­stand und meine Unterstützung der Kampagne des Innenressorts.

Ich verstehe es ja auch gar nicht, dass Sie von der ÖVP das akzeptieren, wo Ihre Mi­nisterin Prokop, Ihre Beamten, Ihre Kabinettsmitglieder dafür eintreten – ich zeige die Tafel extra noch einmal in Ihre Richtung –, dass die Leute rücksichtsvoll fahren, dass sie mit angepasster Geschwindigkeit unterwegs sind.

Heute im Ministerrat wäre die letzte Möglichkeit gewesen, auch des Herrn Bundes­kanzlers Schüssel, dem Testwahn, dem Geschwindigkeitswahn des Herrn Vizekanz­lers Einhalt zu gebieten – gerade angesichts dieser Tatsachen, angesichts einer positi­ven Entwicklung bei der Zahl der Unfallopfer, Gott sei Dank, und angesichts der allge­meinen Erkenntnis, dass 160 km/h nicht nur mehr Leben, mehr Verletzte fordern, son­dern auch mehr Belastung ist, mehr Abgase bedeutet, mehr Lärm bedeutet und auch mehr Kosten verursacht.

Wir wissen auch aus Ihrer Anfragebeantwortung, der Test kostet die ASFINAG 5,2 Mil­lionen € in Summe! Wir alle wissen – Herr Kollege Regler, Sie sind ja immer mein bes­ter Gesprächspartner in der Richtung –, dass die ASFINAG ja groß und übermächtig verschuldet ist. Wir wissen, dass die ASFINAG zusätzlich einen dritten Vorstandsdirek­tor hat, der ja auch wieder etwas kostet.

Angesichts dessen leisten wir uns trotzdem einen derartigen Versuch – und das auf Kosten der AutofahrerInnen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der kostet überhaupt nichts, der Versuch! Das ist ungeheuerlich!) Es ist ja nicht nur das Leben der Autofahrerinnen und Autofahrer durch diesen Versuch vielleicht teilweise beeinträchtigt, die dürfen sich den ja noch durch ihre Vignettenbeiträge selbst finanzieren! – Und das ist auch ein Ele­ment, das wir bedenken müssen – angesichts vor allem des errechneten Zeitgewinns.

Es ist ja ausgerechnet worden, auch von Ihrem Ressort, auch von den Sachverständi­gen in Ihrem Wirkungsbereich: Diese Teststrecke bringt einen Zeitgewinn von sage und schreibe 48 Sekunden. – 48 Sekunden Zeitgewinn, 5,2 Millionen € Einsatz! Die an­deren Risiken wiederhole ich jetzt nicht mehr. Ich meine, das alleine zeigt ja, wie wider­sinnig, lächerlich und kontraproduktiv das Ganze ist! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihre Rede ist lächerlich! Sie müssen ja nicht 160 fahren, sondern können auch 120 fahren!)

Sie, Herr Staatssekretär Mainoni, werden mir nicht nur sagen, ob es jetzt zwei oder drei Monate dauert, sondern Sie werden mir bitte auch erklären, was die Antwort des Herrn Ministers bedeutet, dass nämlich diese Section Control und diese Ver­kehrsbeeinflussungsanlagen dazu dienen, „homogene Geschwindigkeitsbandbreiten“ – ich zitiere: „homogene Geschwindigkeitsbandbreiten“! – herbeizuführen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt darf man dort bei Eis und Schnee 130 fahren!) – Das heißt näm­lich, dass die Menschen, die nicht 160 fahren wollen, mehr oder weniger dazu veran­lasst werden, unter optimalen Bedingungen auch 160 zu fahren, denn man soll ja schließlich „homogene Geschwindigkeitsbandbreiten“ erzielen! Das ist ja der Sinn und Zweck; das wurde so geschrieben.

Diese ganzen Anzeigen dienen ja für Folgendes: Wenn Nebel ist, soll man vielleicht nur 40 km/h oder 60 km/h fahren, wenn es einigermaßen geht, soll man vielleicht 80 oder 130 fahren – und wenn es optimal ist, sagt die Anzeige, soll man 160 fahren. Und dann sollen das aber alle, die dort fahren, denn es geht ja um die „homogenen Ge­schwindigkeitsbandbreiten“.

Dem stelle ich gegenüber die Erkenntnis des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. (Abg. Neudeck: Das ist aber schon eine Höchstgeschwindigkeit – und kein Muss!) Dort ha-


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ben Umfragen ergeben, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit, mit der sich die Leute auf Österreichs Autobahnen, zum überwiegenden Teil, nämlich zu 85 Prozent, be­wegen, nicht schneller ist als 135 km/h. Die Argumente, die Ihr Minister verwendet, nämlich dass sowieso die meisten 130 km/h nicht einhalten und sowieso 150 oder 160 km/h fahren, stimmen doch gar nicht! Das Kuratorium hat das bewiesen und hat noch einmal nachgerechnet und nachgeprüft. Im Durchschnitt wird 135 gefahren; die mittlere Geschwindigkeit lag bei 120 km/h. Das ist doch Schall und Rauch, was Sie oft erzählen, dass die Leute sowieso immer rasen! – Das stimmt doch überhaupt nicht! (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat eben deshalb nochmals an die Öffentlich­keit, an den Minister und auch an uns als politische Entscheidungsträger appelliert, Ab­stand zu nehmen von diesem gefährlichen Testversuch, Abstand zu nehmen von die­sem Raserwahnsinn, der ja damit mentalitätsmäßig unterstützt wird, weil nämlich ganz einfach technisch – das ist speziell für Sie, Herr Kollege Scheuch, damit ich Sie auch noch einmal abschließend anrede – eine Kollision bei 160 km/h tödlich ist, auch bei der besten Autotechnik. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin, nehmen Sie bitte Ihr Taferl mit. – Danke.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mainoni. – Bitte.

 


15.12.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir sind gar nicht so unglücklich darüber, dass es diese Debatte heute wieder gibt, weil sie uns die Gelegenheit gibt, diesen Pilotversuch noch einmal und vor allem auch so darzustellen, wie er tatsächlich ist, anstatt in Polemik zu verfal­len, wie es Kollegin Moser von den Grünen gemacht hat.

Die Tatsache, dass sie vom „Geschwindigkeitswahn“ des Vizekanzlers und dergleichen mehr spricht, bedeutet ja nichts anderes, als dass es eine Verweigerung einer ernsten Diskussion darüber gibt.

Meine Damen und Herren! Was sind denn die Rahmenbedingungen für diesen Pilot­versuch? – Die Rahmenbedingungen sind, dass im Jahre 1974 Tempo 130 in Öster­reich sinnvollerweise eingeführt wurde. Die Verkehrstechnologien waren damals noch nicht so weit. Die Autos waren zwar schnell, aber bei weitem nicht so sicher. Die Fahr­bahnen, die Straßen waren nicht dafür geeignet, und dieses Tempo hat auch zu einer drastischen Reduktion der Zahl der verletzten und getöteten Personen im Straßenver­kehr geführt.

Aber was ist seit 1974 geschehen, meine Damen und Herren? (Zwischenruf der Abg. Sburny.) – Und das wird sich auch Ihrer Kenntnis nicht entziehen, Frau Kollegin Sburny. – Die Verkehrstechnologien haben sich wesentlich verbessert: auf der Fahr­zeugseite zum Beispiel verbesserte Bremssysteme, verbesserte Achssysteme, verbes­serter Antrieb. Ich erinnere an die passive Sicherheit. Ich erinnere an Crashtests. Ich erinnere an ABS, an Airbags und dergleichen mehr. Genau das Gleiche gilt für die aktive Sicherheit.

Meine Damen und Herren, es ist wohl unbestritten, auch für Sie von den Grünen, dass seit 1974 die Technologien, insbesondere die Verkehrstechnologien wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Fahrzeuge sicherer geworden sind.

Zweiter Punkt: die Straßenverhältnisse. Unbestrittenermaßen gab es in den siebziger Jahren Fahrbahnen, Straßenverhältnisse, die dazu angetan waren, nur ja nicht schnel-


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ler als 130 km/h zu fahren, weil es gefährlich war. Ich verweise in diesem Zusammen­hang, Frau Kollegin Moser, aber sehr wohl auch darauf, dass die Mehrheit der Ver­kehrsunfälle, die überwiegende Mehrheit immer noch im Bundes- und Landesstraßen­netz passiert, leider Gottes, wegen überhöhter Geschwindigkeit. Sie haben völlig Recht. Das Autobahnnetz – 2 200 Kilometer in Österreich – ist aber seitdem gut ausge­baut worden. Wir haben überall Pannenstreifen, wir haben entsprechende Sicherheits­maßnahmen.

Der dritte Punkt, also nach dem Fahrzeug, den Fahrbahnen, also der Straße, ist der Mensch. Die Ausbildung der Fahrzeuglenker hat sich seit dem Jahr 1974 tatsächlich wesentlich verbessert. Ich verweise nur auf die Fahrpraxis, auf die Führerscheinausbil­dung, auf unsere letzten Gesetze, das Vormerksystem, Licht am Tag, Warnwesten und dergleichen mehr. Es hat sich wirklich etwas getan, um die Verkehrssicherheit zu er­höhen. – Meine Damen und Herren! Das sind die Rahmenbedingungen.

Seit einigen Jahren gibt es noch einmal einen Technologieschub. Der Technologie­schub bedeutet Section Control. Der bedeutet, dass ganze Straßenabschnitte, ganze Autobahnabschnitte abschnittsweise auf die Geschwindigkeit überprüft werden kön­nen, nicht nur die Durchschnittsgeschwindigkeit, sondern auch die innerhalb dieses Abschnittes gefahrene Höchstgeschwindigkeit. Diese Möglichkeit besteht. Es gibt Überkopfwegweiser, wo aktuell gezeigt wird, wenn wegen der Witterungsverhältnisse Gefahr besteht. Wenn durch Verkehr, durch Unfälle und dergleichen mehr Gefahr auf den Straßen ist, wird das für den Fahrzeuglenker in Echtzeit sofort angezeigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Technologieschub hat uns dazu ge­bracht, dass wir gesagt haben: Jawohl! Wir machen hier ein Pilotprojekt, um auf einer ausgewählten Strecke von rund 13 Kilometern in Kärnten zu testen, ob man nicht unter bestimmten Bedingungen – und ich verwahre mich einfach dagegen, dass von den Grünen immer wieder suggeriert wird, man müsse jetzt 160 fahren – 160 km/h fahren kann. Und diese bestimmten Bedingungen sind selbstverständlich, wenn es die Witte­rungsverhältnisse, wenn es die Verkehrsverhältnisse zulassen.

Deshalb, Frau Kollegin Moser, zum Beispiel auch, wenn im Juli – im Juli ist übrigens dieses Pilotprojekt längst abgeschlossen – verstärktes Verkehrsaufkommen herrscht, wird nie und nimmer Tempo 160 erlaubt sein.

Zu dieser Teststrecke: Warum ist diese Teststrecke sinnvoll? Und warum hat Kollegin Edlinger-Ploder auch für die Steiermark darum ersucht, ob es nicht so eine Teststrecke geben könnte? – Das ist der bestkontrollierte Streckenabschnitt Österreichs auf den Autobahnen! Sie haben dort Videoüberwachung, Sie haben dort Section Control. Sie haben eine Anzeige über die tatsächlichen Witterungs- und Verkehrsverhältnisse. Es kann die Verkehrsgeschwindigkeit sofort beeinflusst werden.

Dann höre ich Gräuelmeldungen, man hätte vergessen, dass 160 km/h möglicherweise in der Nacht gelten. Wir wissen alle ganz genau, und als verantwortungsvolle Fahr­zeuglenker wissen wir, dass auf der Tauern Autobahn, auf der A 10 110 km/h während der Nachtstunden, nämlich zwischen 22 Uhr und 5 Uhr früh, gelten. Und darauf habe ich auch schon im Bundesrat hingewiesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind die Rahmenbedingungen, unter denen wir völlig unaufgeregt gesagt haben, es sollte möglich sein, einen Testversuch zu machen, weil wir der Meinung sind, dass die Eigenverantwortlichkeit der Fahrzeug­lenker, die Eigenverantwortlichkeit der Personen, die sonst im täglichen Leben auch Eigenverantwortlichkeit beweisen und beweisen, dass sie mündig sind und richtig reagieren, auch im Straßenverkehr gelten soll.


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Es ist, wie gesagt, das bestkontrollierte Straßenstück Österreichs. Und Sie können mir glauben, wir würden, wenn wir nicht wirklich sicher wären, dass dieses Pilotprojekt ein sinnvolles Pilotprojekt ist, nicht darangehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich erlaube mir, auch auf die Fragen, die jetzt aufgeworfen wurden, einzugehen. Vorwegnehmend zuerst zu Tempo 160: Dass 130 km/h offensichtlich keine absolute Grenze sind, haben diverse Diskussionen hier und auch im Bundesrat bereits bewiesen. Ich erwähne eine Bundesratsdiskussion, in welcher der Herr Klubvorsitzende der SPÖ Konecny darauf verwiesen hat, dass auch Tempo 140 denkbar wäre. Und ich verweise auch auf Gespräche mit Herrn Kollegem Eder, in denen gesagt wurde, Tempo 130 sei nicht das absolute Tabu, man könne dar­über diskutieren.

Die Teststrecke wird nur für zwei Monate eingerichtet sein, das heißt, mit 30. Juni be­endet sein. Im Juli/August wird eine Evaluierung durchgeführt, und wir werden sicher­lich hier im Hohen Haus Gelegenheit haben, darüber auch zu sprechen.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch festhalten, dass die Zahl der getöte­ten Personen im Straßenverkehr – Gott sei Dank! – dank der Maßnahmen, die diese Bundesregierung seit dem Jahr 2000 gesetzt hat, drastisch gesunken ist. Im Jah­re 1999 waren es noch 1 079 getötete Personen im Straßenverkehr, im Jahre 2004 waren es 878, m Jahre 2005 waren es 765, und die jüngste Statistik: seit 1. Jänner die­ses Jahres bis inklusive 23. April dieses Jahres 134 getötete Personen gegenüber 196 im Jahr 2005. Nur 6 Prozent der Unfälle – meine Damen und Herren, weil hier so auf­geregt diskutiert wird –, nur 6 Prozent der Unfälle passieren tatsächlich auf Autobah­nen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Rasen ist kein Kavaliersdelikt, nein, sicher­lich nicht. Und wir verweisen immer wieder darauf – und auch die Frau Innenministerin weiß es –: Es ist notwendig zu kontrollieren. Es ist notwendig, verstärkt zu kontrollie­ren. Es ist insbesondere aber auch notwendig, dort zu kontrollieren, wo die Unfallhäu­fungen sind, das ist nämlich im Bundes- und Landesstraßenbereich, wo tatsächlich der Großteil der Unfälle passiert.

Deshalb ist auch die Kampagne „Geh weg vom Gas“ eine durchaus sinnvolle Kam­pagne. Es sollte jeder dazu angehalten werden, vom Gas zu gehen. Bitte, ich verweise wieder darauf: Tempo 160 ist nicht ein Muss, sondern ein Kann. Und jeder, der ver­nünftig ist, braucht es nicht zu fahren, wenn er es nicht fahren will. Das ist die Höchst­grenze, meine Damen und Herren.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Gräuelmeldungen der Kosten von 5,2 Millionen €. – Nein, das stimmt nicht, das kostet keinen Cent!

Das Telematiksystem wäre ohnehin in Österreich installiert worden. Es wird jetzt an dieser Strecke bei Spittal Ost und Feistritz installiert, es wäre sonst allenfalls woanders installiert worden. Es wird auch an der Südosttangente installiert. Es wird letztendlich auch in Salzburg und vorher noch in Linz zur Anbindung an die A 7 installiert, meine sehr geehrten Damen und Herren. – Das bedeutet also keinen Cent Mehrkosten.

Abschließend möchte ich noch einmal darauf verweisen, dass es sich um ein Pilotpro­jekt handelt, von dem wir überzeugt sind, dass es sinnvoll ist. Ich ersuche, eine sach­liche Diskussion nach Beendigung dieses Projektes zu führen, wenn die Evaluierung gezeigt hat, dass dieses Projekt der Eigenverantwortlichkeit der Fahrzeuglenker ein er­folgreiches Projekt war. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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15.21.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja im Hohen Haus diese Debatte über die Teststrecke in Kärnten schon einige Male geführt und ausführlich dis­kutiert. Trotzdem ist es interessant – so denke ich –, wenn man sich diese Anfragebe­antwortung ansieht, weil das doch die tagtägliche verkehrspolitische Realität widerspie­gelt.

Wenn nämlich bezüglich der Frage 1 in der Beantwortung steht, dass ungefähr 70 Pro­zent der Verkehrsteilnehmer schneller fahren als 130 km/h – ich denke, jeder, der auf Autobahnen unterwegs ist und 130 km/h fährt, wird sich wundern, wie oft er überholt wird. Die Realität, die Wirklichkeit hat Gesetzgebungen durchaus überholt.

Frau Kollegin Moser, ich gebe Ihnen in einem Punkt vollkommen Recht, das ist die Fra­ge der unangepassten Geschwindigkeit. Ich habe bei Ihrem Redebeitrag sehr genau aufgepasst: Ein generelles Missverständnis – so denke ich – ist schon da. Auch mit der heutigen Regelung kann man zu schnell unterwegs sein, auch 130 km/h können zu viel sein, wenn es regnet, wenn es schneit. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: 80 auch!)

Auch heute ist es schon so, dass man 130 km/h nicht fahren muss, sondern ganz im Gegenteil: Man sollte als Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeit den Bedingungen anpassen.

Einen Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit und der Zahl der Verkehrstoten würde ich nicht so einfach unterschreiben, wenn wir nämlich feststellen, dass auf der einem Seite 70 Prozent der Verkehrsteilnehmer schneller fahren als 130 km/h, ist es ja auf der anderen Seite erstaunlich, dass es einen Rückgang bei der Zahl der Verkehrs­toten gibt. Dieser Zusammenhang scheint nicht schlüssig zu sein.

Persönlich bin ich für eine Flexibilisierung von Geschwindigkeiten. Die wirklichen Aus­löser von schwersten Unfällen sind nämlich die Witterungsbedingungen. Oft wundere ich mich als Verkehrsteilnehmer selbst, dass es bei Regen oder Schnee manchmal zu Situationen kommt und Geschwindigkeiten gefahren werden, die man selbst kaum für möglich hält. Das ist meines Erachtens das Hauptproblem.

Herr Staatssekretär Mainoni hat aus meiner Sicht völlig richtig gesagt: Es hat in den letzten Jahren einen wirklichen Technologieschub auf allen Ebenen im Verkehrsbe­reich gegeben: bei den Autos, bei den Straßen, aber auch bei den Überwachungssys­temen. Ich persönlich plädiere sehr dafür, dass wir diese vorhandenen Technologien im Verkehrsbereich einzusetzen lernen.

Daher ergibt so ein Test aus meiner Sicht durchaus einen Sinn. Ich denke, wir sollten das insgesamt sehr unaufgeregt betrachten. Wir sollten diesen Test und die Ergeb­nisse in Ruhe abwarten. Wir sollten nach dem Test, wenn wir die Ergebnisse kennen – und zwar in vielerlei Hinsicht: was den Verkehrsfluss betrifft, was die Umweltbeeinflus­sung betrifft, was viele andere Dinge betrifft –, diese genau analysieren und uns auf Grund dieser Daten dann ein Urteil bilden.

Ich bin in diesem Bereich sehr dafür, dass wir uns im Nachhinein Urteile bilden und uns nicht Vorurteile bilden, denn damit kann man manchmal falsch liegen, wie auch die These scheinbar falsch ist, dass eine Geschwindigkeitserhöhung auf Autobahnen auto­matisch zu mehr Verkehrstoten führen muss. Das Gegenteil war beispielsweise in Dä­nemark der Fall.

In diesem Sinne noch einmal die Position der ÖVP: Für uns ist Verkehrssicherheit das oberste Thema. Für uns ist wichtig, dass wir diesen Test sehr unaufgeregt durchführen und dass wir uns nach dem Test entsprechende Urteile und weitere Strategien über­legen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.26



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.26.15

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Missethon hat sehr viel von Tests gesprochen, von Versu­chen und so weiter. Ich denke, man sollte gerade mit den Menschen, die Auto fahren, nicht unbedingt Tests machen. Ich denke, Tests macht man auf Teststrecken, wo keine Gefahren gegeben sind, aber nicht auf Autobahnen, wo sich alle bewegen: alte Men­schen, junge Menschen, Menschen, die besser, Menschen, die weniger gut Auto fah­ren können.

Sie bringen dann immer das Argument: Technologieschub und die Technologie sei so gut geworden. Das stimmt schon, das ist richtig, aber dann brauchen wir nicht gleich wieder an die Grenzen des Machbaren zu gehen und die Menschen, wie früher, bei der alten Technologie, womöglich wieder zu gefährden.

Testergebnisse, meine Damen und Herren, brauchen wir eigentlich nicht, weil wir diese schon wissen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja genau!) Was wissen wir nicht, was soll da Neues herauskommen, wenn man auf einer Strecke von 12 km auf der Autobahn 160 km/h fahren darf? Es wird immer von so großen Pilotversuchen gesprochen.

Der Kollege vom BZÖ oder der FPÖ – ich weiß es nicht genau ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das weißt du ganz genau! Mach dich nicht unklüger, als du bist!) – BZÖ, ja, okay. Er meint also, das koste alles kein Geld. Jetzt habe ich mir gerade vom Kollegen Missethon erklären lassen, was da für Balken aufgestellt werden, was da für Überwachungskameras hingestellt werden, was da alles bewacht wird! Es wird die bestbewachte Strecke in ganz Österreich sein, hat der Herr Staatssekretär gesagt – bei 12 km Länge!

Rechnet euch einmal aus ... (Abg. Mag. Molterer: Gesicherte!) – Ja. Die ÖVP war ohnehin nicht dafür, Kollege Molterer. Die ÖVP, Herr Staatssekretär Kukacka waren sehr skeptisch. Er hat mir dauernd gesagt, er will das eigentlich ohnehin nicht, aber der Koalitionspartner quält ihn so. Die ÖVP sollte sich hier doch ein bisschen zurückhalten, denn sie war sich ja nicht sehr sicher, ob man das überhaupt machen soll oder nicht.

Es ist für mich überhaupt kein Argument, wenn hier von Seiten des Herrn Staatssekre­tärs argumentiert wird, dass die Zahl der Todesfälle bei Verkehrsunfällen zurückgegan­gen ist. Darüber sind wir zwar alle erfreut, aber gerade weil sie zurückgegangen sind, sollten wir bei der Verkehrspolitik bleiben, die wir gemacht haben, und nicht jetzt wie­der mehr Risiko eingehen.

Es braucht in Wirklichkeit, wenn man sich in Europa die Verkehrsgeschwindigkeitssitu­ationen anschaut ... (Abg. Mag. Molterer: Lob von Eder der Verkehrspolitik!) – Wir ar­beiten ja mit, wir haben in vielen Bereichen zugestimmt, Herr Molterer! Es war ja nicht so, dass das alles alleine auf Regierungsebene entstanden ist. Wir haben auch in vie­len Fragen Arbeiten und Anträge mit eingebracht. Es wurde in vielen Fragen gemein­same Politik gemacht, weil Verkehrspolitik nicht unbedingt eine Politik ist, wo man nur als Schwarze oder nur als Rote oder nur als BZÖ das Beste weiß.

Es ist richtig – und ich bestreite das gar nicht –, dass wir durchaus auch überlegt ha­ben, ob man Tempo 130 als Tabu sehen muss, oder man nicht darüber nachdenken könnte, auf bestimmten Strecken, bei dreispuriger Autobahn zum Beispiel – nicht auf einer zweispurigen, wie Sie es jetzt tun (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Warum brauchst du drei Spuren?) –, bei bestimmten Witterungsverhältnissen, wenn LKWs zwingend auf der rechten Spur fahren sollten – was man auch einmal überlegen könnte! –, schneller


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zu fahren. Dem Kollegen Wattaul schläft gleich das Gesicht ein, denn wenn er LKW und rechte Spur hört, ist das kein Geschäft mehr, das will man nicht.

Da gibt es eine Menge Anregungen, die man durchaus miteinander diskutieren sollte, dann kann man auch über Geschwindigkeitsfragen reden. Aber ich halte 12 km als Teststrecke für lächerlich. Entweder nehmen wir das Thema ernst, reden über so ein Thema grundsätzlich und kommen dann zu einem Ergebnis: Das macht Sinn oder macht keinen Sinn. Bisher haben alle Ergebnisse aller Experten gezeigt – dazu brau­che ich nichts zu testen –: Wenn man schneller fährt, ergibt das mehr Lärm, wenn man schneller fährt, hat man einen höheren CO2-Ausstoß, wenn man schneller fährt, ge­fährdet man sich und die anderen mehr.

Das Argument, es muss keiner 160 km/h fahren, nur derjenige, der will, kann 160 km/h fahren, hält nicht. Derjenige gefährdet natürlich einen anderen, der nur 80 km/h fährt, enorm mehr, weil der Bremsweg auf diese 80 km/h Differenz ein ganz anderer ist, als wenn er nur 130 km/h fährt. Darüber brauchen wir uns auch nicht zu unterhalten.

Einer der schwersten Unfälle auf der West Autobahn in der letzten Zeit ist darauf zu­rückzuführen gewesen, dass es ein Auffahrunfall war, verursacht von einem jungen Lenker, der zu schnell gefahren ist und einem anderen aufgefahren ist. Die Insassen des Autos, auf das aufgefahren wurde, waren die Schwerverletzten und Toten.

Verwenden Sie also nicht das Argument, es muss keiner schnell fahren, denn einer, der schnell fährt, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern gefährdet auch alle anderen Verkehrsteilnehmer! Daher würde ich nur hoffen: Lassen wir Vernunft einkehren! Las­sen wir es bei dieser – wenn es jetzt schon sein muss – Teststrecke, aber hören wir danach wenigsten mit dem Unfug wieder auf! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


15.30.59

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Verkehrssicherheit ist sicher für jeden hier im Haus wichtig. Was aber für die Opposition vor allem nicht geht, ist, dass es einen erfolgreichen Verkehrsminister gibt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Welcher? Wie heißt er? Gorbach kann es nicht sein!) –Jawohl. Das darf nicht sein. Sie betreiben nur Panikmache, denn die Argumente liegen alle auf dem Tisch.

Wenn es aber einen Verkehrsminister gibt, der die Zahl der Verkehrstoten von 1 079 auf 764 reduziert hat, dann müssen Sie gegen diesen Verkehrsminister natürlich Chaos machen. Das darf nicht sein! Diese Regierung hat so viel Erfolg gehabt, das geht nicht. Das wollen Sie nicht, und deshalb verbreiten Sie Panik.

Es liegt auf der Hand, wenn man dieses Verkehrsleitsystem durchdenkt: Wie viele Tage wird es denn im Jahr geben, an denen man tatsächlich diese 160 km/h wird fah­ren können? Sie wissen ganz genau, dass da ein Computer eingebaut ist, der die gan­zen Fakten sammelt. Seien wir einmal ganz ehrlich: Wann wird das wirklich sein? Wir haben den Zusatzvorteil, dass diese Strecken selbstverständlich überwacht sind.

Sie kommen ja jetzt schon mit irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten und wollen wirklich nur Panik machen, denn von der Sache haben Sie keine Ahnung oder wollen Sie gar keine haben. Sie wollen das nur kritisieren. Sie können es nicht sehen, dass es da eine Regierung gibt, die eine erfolgreiche Verkehrspolitik macht, eine Verkehrs­politik, die jetzt finanzierbare Straßen hat und tatsächlich Verkehrsleitsysteme macht. (Abg. Öllinger: Ja, absolut!)


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Schauen Sie sich das an! Man braucht nur zu schauen, wie der Zustand der Straßen im Jahr 2000 war, bevor diese Regierung gekommen ist. (Abg. Öllinger: Furchtbar! Eine Geröllhalde!) Was war für ein Aufholbedarf vorhanden? Sie kommen nur her und wollen alles kritisieren. Sie wollen den Verkehrsminister jetzt auf einmal zu einem Bösen machen: Er ist dann der Raserminister, nur weil er Erfolg hat. Das ist für mich vollkommen unverständlich.

Von Kurt Eder weiß ich, dass er das natürlich auch macht. Es stehen Wahlen vor der Tür. Aber gerade mit Verkehrssicherheit sollte man wirklich viel sorgsamer umgehen und sollte nicht so wie Sie, Frau Moser, einfach nur irgendwelche Taferln herzeigen. Ihnen geht es nicht um die Sache, Ihnen geht es nur darum, dass Sie den Verkehrs­minister schlechtmachen. (Abg. Faul: Kollege Wattaul! Entschuldigung!) – Du kannst dann auch reden, jetzt rede ich. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Faul: Hast du den Callboy gehört, damals?) – Der Callboy?! Weil Sie das anhören?

Ihnen geht es nicht um die Sache. Ihnen geht es darum, die Politik schlecht zu reden, die diese Regierung macht und – wie ich meine – sehr gut macht: mit der Mehrphasen­ausbildung, mit den ganzen Maßnahmen, die man jetzt schafft, wie Licht am Tag. Das geht alles in Richtung Mitwirkung der Lenker, Bewusstseinsbildung. Sie sagen: Etwas Neues darf nicht sein, denn das kommt von der Regierung und deshalb ist es schlecht. – So zu agieren, das ist für mich nicht richtig.

Sie sind die, die tatsächlich nur Parteipolitik machen wollen und nicht für die Verkehrs­sicherheit eintreten, sondern nur für die Wahlen. Die Sicherheit ist Ihnen nichts wert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.35.08

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich halte auch sehr viel davon, hier die Emotion aus der Debatte zu nehmen. (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Bleib am Leben. Geh vom Gas.“ auf das Rednerpult. – Abg. Wittauer: Ist das die Kampagne vom Vizekanzler?)

Herr Kollege Wattaul! Mir sind in Ihrer Rede die Fakten abgegangen. Sie haben große Beschwörungen an das werte Publikum gerichtet, aber es haben die Fakten gefehlt. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Faktum ist, dass Tempo 160 erstens Gift für die Verkehrssicherheit ist. Hohe Ge­schwindigkeit ist die häufigste Ursache für tödliche Unfälle. Tempo 160 ist Gift für die Klimaschutzziele und Gift für die AnrainerInnen und die lärmgeplagten Menschen, die in der Nähe der Autobahnen leben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Grünes Gift!) Feinstaub­belastung, Lärmbelastung, Gift für Anrainerinnen und Anrainer!

Und Tempo 160 ist Gift für jüngere Lenker. Ich darf zitieren: Temposünder sind Män­ner. Im Zuge der zahlreichen Raserstudien wurde erhoben, dass der typische Tempo­sünder ein männlicher Vielfahrer mittleren Alters ist – darum regt sich wahrscheinlich Kollege Scheuch so auf –, der beruflich und finanziell gut situiert ist und über eine lang­jährige Fahrpraxis verfügt. – Er fährt offensichtlich schon lange 160 km/h in Kärnten. – Bei den tatsächlichen Unfallverursachern liegen dennoch die Jungen nach wie vor im traurigen Spitzenfeld. Mehr als ein Drittel der getöteten PKW-Lenker in Österreich ist zwischen 18 und 24 Jahre alt.

Vielleicht ist Ihnen das egal. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja unglaublich!) Mein Sohn ist 24 Jahre. Ich möchte ihn nicht an einen Raser, der mit 160 über die Autobahn


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brettert, verlieren. (Abg. Neudeck: Ich glaube, Sie wollen ihn auch nicht bei 80 verlie­ren!) Warum? Der Herr Staatssekretär hat uns zwar mitgeteilt, dass nur 6 Prozent der Unfälle auf Autobahnen passieren, Herr Kollege, nur 6 Prozent! Aber von diesen 6 Pro­zent fallen die Unfälle um sehr vieles dramatischer aus, weil die Geschwindigkeit so eine hohe ist.

Das letzte Argument – und das habe ich das letzte Mal schon gesagt, auch in Richtung der Kollegen von der ÖVP, die sich immer als die Wirtschaftspartei darstellen möchte, die sie aus meiner Sicht nicht ist –: Tempo 160 ist Gift für die Ökonomie.

Warum fahren die US-Amerikaner auf ihren Autobahnen, obwohl sie solch große Dis­tanzen zurücklegen, 110 km/h? (Abg. Wittauer: Das hat mit 160 nichts zu tun!) – Weil sie gute Rechner sind, ganz einfach. (Abg. Wittauer: Das ist nicht wegen dem Ver­brauch!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittauer, am Wort ist die Rednerin!

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (fortsetzend): Darf ich Ihnen dazu noch ein letztes, abschließendes Detail sagen, das mich auch besonders betroffen macht? Diese teure Anlage, diese Verkehrsbeeinflussungsanlage, die im Übrigen 5,2 Millio­nen € kostet – lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen! –, wird noch dazu in Kärn­ten installiert, das ohnehin wirtschaftlich nicht besonders gut gestellt ist. (Abg. Witt­auer: Das ist eine Verkehrssicherheitsanlage!) Warum nehmen Sie die 5,2 Millionen € nicht und investieren Sie diese in ... (Abg. Wattaul: Ist Ihnen Sicherheit nichts wert?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wattaul, Sie bekommen gleich einen Ordnungsruf!

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (fortsetzend): Sie nehmen 5,2 Millionen € in die Hand und investieren das in eine Schimäre, in 160 km/h auf einer Länge von 13 km, um nachzuweisen, dass Herr Minister Gorbach in dieser langen Zeit einen ein­zigen Erfolg gelandet hat. 5,2 Millionen €!

Und was muss die ASFINAG tun? – Wenn dieses Verkehrsleitsystem aus irgendeinem Grund nicht funktioniert und daraus Unfälle entstehen, haftet die ASFINAG gesamt für diese Unfälle. Die ASFINAG ist – wie Sie wissen – eine ausgegliederte Gesellschaft, die enorme Schulden hat. Diese Schulden werden ohnehin vermutlich von der Allge­meinheit getragen werden müssen. Das finden Sie vernünftig?! (Beifall bei den Grü­nen.)

15.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nehmen Sie bitte Ihr Taferl mit, Frau Abgeordnete! Es könnte Ihnen abhanden kommen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

15.39.34Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Durchführung einer weiteren kurzen Debatte. Diese betrifft den Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, dem Aus­schuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 749/A (E) der Ab­geordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienstfreistellungen für frei­willige HelferInnen bei Katastrophen und Ausgleich für DienstgeberInnen von freiwilli­gen KatastrophenhelferInnen eine Frist bis 22. Mai 2006 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.


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Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, der Erstredner jedoch 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


15.40.50

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Hohes Haus! Angesichts von Hochwasser- und Murenkatastrophen der vergange­nen Jahre haben wir uns veranlasst gesehen, einen Entschließungsantrag betreffend Dienstfreistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und einen Ausgleich für DienstgeberInnen von freiwilligen KatastrophenhelferInnen einzubringen.

Inzwischen ist ein sehr harter Winter vergangen, weite Teile unseres Landes hatten unter den Schneelasten zu leiden. Wir alle haben noch die Bilder von eingestürzten Werkshallen vor Augen und erinnern uns, welche Belastungen dieser Schnee für viele Menschen mit sich gebracht hat. Wir denken aber auch an die jüngsten Hochwasser­katastrophen, unter denen die Menschen zu leiden haben.

In Anbetracht dessen sehen wir nicht ein, dass freiwillige Helferinnen und Helfer derzeit arbeitsrechtlich so schlecht abgesichert sind, dass sie im Wesentlichen einen Urlaub vereinbaren müssen, um überhaupt Hilfeleistung vollbringen zu können!

Ich möchte an dieser Stelle auch hervorheben, dass ein Großteil dieser freiwilligen Hel­fer und Helferinnen nicht nur bei ihren Einsätzen für die Gesellschaft ganz wichtige und unverzichtbare Arbeit leisten, sondern dass sie auch Urlaub nehmen, um notwendige Schulungen und Aus- und Weiterbildungen für diese Einsatzarbeit zu absolvieren. Das heißt: Sie stellen auch dafür Freizeit zur Verfügung, um im Dienste der Menschen und der Gesellschaft letzten Endes helfen zu können.

Dazu kommen noch zahlreichere kleinere und oft auch größere ganzjährige Einsätze, zum Beispiel bei den Freiwilligen Feuerwehren, den Rettungsorganisationen, der Berg­wacht und der Bergrettung und so weiter, und diese Einsätze werden leider in letzter Zeit immer häufiger von Einsätzen in Fällen von Naturkatastrophen begleitet, die oft einige Tage dauern.

Ich glaube, dass bei uns allen unbestritten ist, wie wertvoll und wichtig diese Arbeit für die Menschen in unserem Land, für die Betroffenen, für die Opfer dieser Katastrophen ist. Ohne diese freiwilligen Helferinnen und Helfer könnte in den meisten Fällen kaum so rasch und effizient Hilfe geleistet werden, und die Auswirkungen der Schadens­ereignisse für die betroffenen Menschen wären noch schlimmer, als sie es ohnedies sind. Ich denke, dass diesbezüglich Konsens in diesem Saal herrscht und dass die Notwendigkeit der Mithilfe von freiwilligen und ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen von uns allen nicht in Frage gestellt und auch von keiner Gruppe dieser Gesellschaft bestritten wird.

Derzeit finden aber genau diese ehrenamtlichen Katastrophenhelfer und -helferinnen im Arbeits- und Dienstrecht keinerlei entsprechende Absicherung. Weder im öffentli­chen Dienst noch im Bereich des privaten Dienstverhältnisses gibt es explizite Rechts­ansprüche und Regelungen betreffend Dienstfreistellungen in diesen Fällen. – Es liegt also immer im Ermessen des Dienstgebers oder der Dienstgeberin, ob die Mitarbeite­rInnen im Katastrophenfall diesen Einsatz jeweils leisten können oder nicht.

Ich bin überzeugt davon, dass uns allen, die wir die Arbeit dieser Katastrophenhelfe­rInnen entsprechend schätzen, klar ist, dass klare gesetzliche Regelungen für diese


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Männer und Frauen notwendig sind und dass wir auch Regelungen betreffend die Dienstfreistellung und Entgeltfortzahlung brauchen. Wir haben daher – wie ich bereits erwähnt habe – einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir einerseits die ar­beits- und sozialrechtlichen Normen fordern, welche die Nachteile für diese freiwilligen und ehrenamtlichen HelferInnen bei Rettungs- und Hilfsorganisationen beseitigen, in dem wir die Bundesregierung auffordern, auch mit den Ländern Verhandlungen zu füh­ren, damit man auch in den Landesgesetzen adäquate Regelungen treffen kann.

Wir haben verlangt, dass wir eine Vorlage bekommen, wie eine Abgeltung auch für kleinere und mittlere Unternehmen und überhaupt für Unternehmen vorgenommen werden kann, die betroffen sind, weil besonders viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bei ihnen beschäftigt sind. Außerdem haben wir auch um ein Gesamtfinanzie­rungskonzept ersucht.

Wir alle haben hier schon oft genug Lippenbekenntnisse dazu abgegeben, dass uns all das sehr viel wert ist. Nun geht es aber darum, dass wir endlich auch zu einer Umset­zung der rechtlichen Regelungen kommen, die wir den Menschen in den Hilfsorganisa­tionen schon sehr oft hier im Haus angekündigt haben, die aber noch nie stattgefunden hat.

Diese Überlegung hat uns auch dazu veranlasst, nun einen Fristsetzungsantrag zu stellen, damit diese Thematik im Ausschuss endlich einmal ernsthaft behandelt werden kann. Wir hoffen, dass Sie nach all dem, was Sie hier schon gesagt haben, nun ein echtes Zeichen setzen und diesen Antrag in den Ausschussberatungen auch anneh­men, damit wir letztlich zu einer Regelung kommen.

Leider Gottes können wir uns nämlich nicht darauf verlassen, dass es keine Katastro­phen mehr geben wird. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Zahl der Katastrophen eher zugenommen hat und dass der Einsatz der freiwilligen Helferin­nen und Helfer immer notwendiger ist. Im Hinblick darauf meine ich, dass wir es diesen Menschen, die sich in den Dienst anderer Menschen stellen, wirklich schuldig sind, dass wir ihnen endlich auch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen in ihrem Arbeits- und Dienstrecht garantieren und auch ihre Entgeltfortzahlung sichern, damit sie nicht nur zum Vorteil anderer arbeiten und dadurch selbst Nachteile haben. Diese Nachteile müssen endlich einmal beseitigt werden! Diese Schuldigkeit haben wir die­sen Menschen gegenüber, und ich hoffe, Sie stimmen der Fristsetzung und letzten Endes auch dem Inhalt unseres Antrages zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.47.03

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich möchte ich im Zuge dieser Debatte fest­halten: Die freiwilligen, ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Haupt­träger unserer sehr gut funktionierenden Bürgergesellschaft! Sie sind zu einem unver­zichtbaren Bestandteil in unserem Leben geworden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Daher ist uns die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung von freiwilligen Helferinnen und Helfern wichtig und ein besonderes Anliegen. Diesbezüglich sind wir d’accord, Frau Kollegin!

Man muss hier jedenfalls positiv anmerken, dass vor allem bei Katastrophenfällen wie Hochwasser oder Schneedruck die Rettungs- und Hilfsorganisationen wie Feuerwehr, Rotes Kreuz, Berg- oder Wasserrettung und so weiter diese schwierigen Herausforde-


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rungen in hervorragender Art und Weise eigentlich ohne größere Probleme bewältigen. Das kann ich als langjähriger Mitarbeiter des Roten Kreuzes bestätigen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Wichtige Punkte im Arbeits- und Sozialrecht für die freiwilligen Hel­ferinnen und Helfer müssen aber noch diskutiert werden. Deshalb liegt diesbezüglich nicht nur Ihr Entschließungsantrag, sondern auch ein Entschließungsantrag der Regie­rungsparteien hier im Hohen Haus, der sich mit dieser Thematik auseinander setzt. Es geht vor allem um eine einheitliche Regelung auf Länderebene betreffend die Entgelt­fortzahlungspflicht, und das, sehr geehrte Frau Kollegin Silhavy, ist Länderkompetenz.

Weiters liegt auch eine Petition des ÖAAB und der Christgewerkschafter der Steier­mark hier im Hohen Haus vor, die sich auch sehr umfassend mit dieser Thematik be­schäftigt und im Ausschuss bereits behandelt wurde. Arbeitsgruppen des Sozial- und Arbeitsministeriums beschäftigen sich mit dieser Angelegenheit, vor allem um einheit­liche Regeln auf Länderebene zustande zu bringen. Der Österreichische Rat für Frei­willigenarbeit, in dem ich seit drei Jahren Mitglied bin, beschäftigt sich hauptsächlich damit, wie man freiwillige Helferinnen und Helfer unterstützen kann. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin Silhavy! Am 16. Mai tagt der Sozialausschuss, und dort ist Ihr Entschlie­ßungsantrag auf der Tagesordnung: Deshalb lehnen wir diesen Fristsetzungsantrag auch ab, denn erstens ist die Weiterbehandlung hier im Haus gegeben. (Abg. Silhavy: Das ist aber unlogisch, Herr Kollege!) Und zweitens wollen wir den Ländern diesbezüg­lich keinen Maulkorb in dieser wichtigen Angelegenheit umhängen; vielmehr muss mit den Ländern eine vernünftige Lösung gefunden werden, denn das ist nicht ausschließ­lich Bundeskompetenz. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Wir führen diese notwendigen und wichtigen Diskussionen, aber vieles im Ihren Ent­schließungsantrag, sehr geehrte Frau Kollegin, hat zwei Seiten und zwei Gesichts­punkte. Das gilt zum Beispiel auch für die Entgeltfortzahlungspflicht. Wir wollen, dass diese auf Länderebene geregelt wird. Wir wollen einheitliche Regelungen für alle Bun­desländer, die wir derzeit nicht haben. Eine Entgeltfortzahlungspflicht für die Dienstge­ber, wie Sie sie ansprechen, wird aber beispielsweise zum Bumerang für die freiwilli­gen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn jemand, der sich um eine Stelle bewirbt, vom zukünftigen Dienstgeber gefragt wird: Sind Sie bei der Feuerwehr oder beim Ro­ten Kreuz?, und darauf antwortet: Ja, mit Leib und Seele!, dann sagt der Dienstgeber unter Umständen: Dann kann ich Sie aber aus diesen und jenen Gründen nicht neh­men.

Wir gehen den Weg, dass wir Firmen besonders erwähnen und auszeichnen, wenn sie sich als freiwilligenfreundlich erweisen, und das geschieht auch auf Initiative des Frei­willigenrates und durch diese Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Im Bereich der Unfallversicherung hat es schon gute Maßnahmen gegeben. Es wurde nämlich mit der AUVA ausverhandelt, dass es eine Unfallversicherung für Freiwillige gibt. Auch den Kündigungsschutz fordern wir ein. In diesem Punkt appelliere ich auch an die Wirtschaft, insbesondere auch im Hinblick auf die vergangene Schneekatastro­phe. Unzählige Hallen mussten von meterhohen Schneewänden befreit werden, und die freiwilligen Feuerwehrleute sind auf den Dächern gestanden und haben dort her­vorragende Arbeit geleistet. Unter diesen Dächern konnte weiter gearbeitet werden, und deshalb muss das auch der Wirtschaft ein Anliegen sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Diskussionen wollen wir aber nicht zeitlich eingrenzen, sondern wir wollen sie ausreichend führen können.


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Die Personaleinstellungen im öffentlichen Bereich sind ein wichtiger und auch parteien­übergreifender Punkt. In meinem Wahlkreis müssen wir uns, egal ob es Leute von der SPÖ oder von unserer Seite oder auch von anderen Parteien sind, noch mehr mit die­ser Thematik auseinander setzen, wen wir im Gemeindedienst oder im Landesdienst einstellen. Das muss uns ein gemeinsames, noch wichtigeres Anliegen werden! Be­sonders wichtig ist uns dabei, dass freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Nachteile in ihrem Berufsleben haben. Eine diesbezügliche Regelung muss das be­rücksichtigen. Die laufenden Diskussionen dürfen nicht unterbrochen werden.

Am 16. Mai werden wir die Debatte im Sozialausschuss fortsetzen. Wir wollen eine gute Lösung im Sinne der freiwilligen Helferinnen und Helfer, die in der Praxis auch umsetzbar ist. Das sind wir diesen Menschen schuldig, und daher werden wir auch in diese Richtung handeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Abg. Silhavy: Schon wieder Vertröstungen!)

15.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Dr. Rada ist der nächste Redner. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.

 


15.52.25

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Hohes Haus! Was mein Vorredner soeben über die gesamte Proble­matik, die hier hereingebrochen ist, gesagt hat, ist schon etwas anmaßend.

Herr Abgeordneter Wöginger, waren Sie jemals in einem Katastrophengebiet? (Zwi­schenruf des Abg. Wöginger.) Waren Sie jemals in einem Katastrophengebiet, wo es jetzt so zugeht? (Zwischenruf des Abg. Prinz. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wenn Sie jemals in einem solchen Katastrophengebiet gewe­sen sind, dann könnten Sie eine solche Rede nicht halten, denn das ist ja fast eine Verhöhnung der Tatsachen! (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss einmal erlebt haben, wie es Menschen geht, die innerhalb weniger Stunden plötzlich von Hochwasser überrascht wurden. Und man muss einmal erlebt haben, wie die Menschen dort einander helfen. (Zwischenruf des Abg. Schöls.) Lieber Abgeord­neter Schöls, ich habe das genauso mitbekommen wie du, diese Zwischenrufe kannst du dir also im Moment sparen! Wir sind beide Betroffene, und es geht jetzt einzig und allein darum, dass wir für diese freiwilligen Helfer die Möglichkeiten schaffen, die wir brauchen, dass sie nämlich nicht Privaturlaub nehmen müssen, dass sie nicht Versi­cherungsschäden haben, dass ihre Familien gesichert sind und dass sie ihren Arbeits­platz nicht verlieren. Darum geht es jetzt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schöls.)

Herr Gewerkschafter Schöls, bitte nimm das jetzt endlich einmal zur Kenntnis! Darum geht es! Das ist Sache! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Menschen haben in der Region geholfen. (Abg. Dr. Jarolim: Pröll hat die Opfer er­presst! – Abg. Prinz: Geh, Jarolim!) Was nicht wirklich funktioniert hat ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Jarolim! Haben Sie einem Landeshaupt­mann „Erpressung“ vorgeworfen? – Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf! Das ist der sechste in dieser Legislaturperiode. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Am Wort ist Herr Abgeordneter Rada.

 


Abgeordneter Dr. Robert Rada (fortsetzend): Herr Präsident! Ich glaube, es geht heute nicht darum, wer den Wettbewerb in Ordnungsrufen gewinnt! Es geht jetzt einzig und allein darum, Verantwortung einzufordern! Die Menschen, die betroffen sind, ha-


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ben das Recht, dass ihnen von den Politikern in Land und Bund geholfen wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Bereich March/Thaya ist seit 1997 bekannt, dass die Dämme bröckeln und die Be­völkerung nicht mehr sichern können. Wir wissen aus der Wissenschaft, dass wir dort Überschwemmungsbereiche brauchen. Wir brauchen keine Autobahnen für Hochwas­ser führende Flüsse, sondern wir brauchen entsprechend biologische, ökonomische sinnvolle Lösungen. Was aber tun Bund und Land? – Der Herr Vizekanzler verschweigt sich überhaupt, den geht das offenbar überhaupt nichts an! Den Umweltminister scheint das sowieso nichts anzugehen, und den Landeshauptmann schon überhaupt nicht! (Zwischenruf des Abg. Kainz.) Da betreibt man jetzt ein Pingpong, wer eigentlich zuständig ist.

Tatsache ist, dass viele, viele Menschen betroffen waren. Jetzt marschiert man aber mit der Gießkanne durchs Land und sagt: Mein Gott, vom Zeitwert stehen zwischen 30 und 50 Prozent zu! Liebe Frau, wir werden dein Haus wieder in Ordnung bringen! – Das konnte der Herr Landeshauptmann gut machen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kainz. – Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Ich denke, ihr kennt den Landes­hauptmann, der das so gemacht hat beziehungsweise tatsächlich nichts gemacht hat! – Das ist derzeit die Situation entlang der March.

Die Situation entlang der Thaya ist ähnlich der Situation entlang der March, dieses Pro­blem haben wir entlang der Leitha auch im Bezirk Bruck, und wir haben vor allem seit 2002 ein riesiges Problem entlang der Donau.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren in diesem Hohen Haus! Das ist für uns Herausforderung Nummer eins. Die Donauschutzdämme nördlich der Donau bröckeln genauso wie jene entlang der March. Sie sind nicht gesichert. Darum hat man sich seit Jahren nicht gekümmert.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn etwas entlang der Donau passiert, dann gibt es größere Sorgen und Probleme, als wir sie derzeit entlang der March haben, nicht nur hinsichtlich der Fläche, sondern vor allem hinsichtlich der Zahl der Menschen, die betroffen sind. Es ist allerhöchste Zeit, und es ist ein Versäumnis dieser Bundesregierung, dass seit 2002 da nichts gemacht wurde!

Wir hatten die Kamp-Hochwässer, und wir hatten die Donau-Hochwässer. Was aber ist geschehen? (Abg. Riepl: Nichts!) Nichts ist geschehen! Überhaupt nichts ist gesche­hen. Und es könnte sich hier genau das Gleiche ereignen!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Da haben wir alle Mitversäumnisschuld! (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung ÖVP –: „Danke, Erwin!“) Da hätten wir alle Mitver­säumnisschuld, wenn nicht ehestmöglich Schutzmaßnahmen ergriffen werden!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich wünsche all jenen, die das jetzt nicht so wirklich ernst nehmen, so wie Kollege Schöls, dass er dort mit dabei sein möge! Er war in der damaligen Zeit Mitbetroffener. Es erstaunt mich nur, dass er ein derartiges Verdrängungspotential hat und sich nicht vier Jahre merken kann, was alles in seiner Umgebung passiert ist!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir dürfen es uns als Politiker nicht so einfach machen! Es muss offenbar erst etwas ganz Großes passieren, damit etwas ge­tan wird! (Abg. Mag. Molterer: Wie ist das eigentlich mit der Redezeit? – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)


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Ich fordere daher die beiden Prölls, den Landeshauptmann und den Minister, und auch den Vizekanzler – ob es den Bundeskanzler interessiert weiß ich nicht wirklich – auf, ehestmöglich Maßnahmen zu setzen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann.

Tatsächliche Berichtigungen gibt es in dieser Debatte nicht. Dafür besteht keine Mög­lichkeit!

Bitte, Frau Abgeordnete Rossmann.

 


15.59.25

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Antrag verfolgt ein auch uns sehr wichtiges Anliegen. Wo wären denn wir und wo wäre Österreich in vielen Situationen schon gestanden, hätten wir nicht Tausende freiwillige Helfer?

Frau Kollegin Silhavy! Trotzdem können wir dieser Fristsetzung nicht zustimmen. Ich finde sie nicht sinnvoll! Wir arbeiten an einer Lösung, die eine langfristige, allumfassen­de Lösung sein soll.

Ich kann Ihnen versichern, dass nach unserem Entschließungsantrag, den wir im Jän­ner dieses Jahres eingebracht haben, mit genau derselben Intention eine Arbeits­gruppe eingesetzt wurde, und diese Arbeitsgruppe arbeitet intensiv an einer Lösung.

Einige Punkte sind noch offen, und ich sage Ihnen auch, welche. Es fehlt noch die Ab­grenzung zur entgeltlichen Arbeit; das ist noch nicht ganz geklärt. Noch nicht ganz ge­klärt sind die zulässigen Höhen von Aufwandsentschädigungen. Auch die Entschädi­gungen für den Verdienstentgang sind noch nicht endgültig geklärt, ebenso die Frage der Unfall- und Haftpflichtversicherung, die sicher nicht so einfach ist, vor allem die Finanzierung ist nicht so einfach. Sämtliche offenen Fragen liegen auf dem Tisch – man weiß, wo anzusetzen ist.

Der nächste Schritt muss sein, dass die Landeshauptleutekonferenz einen gemeinsa­men politischen Willen äußert. Diesbezüglich ersuche ich Sie, auf die roten Landes­hauptleute entsprechend Einfluss auszuüben, damit es auch zu einer Einigung kommt. Es geht dabei vor allem auch um die Finanzierung, und da sind einmal mehr auch die Länder gefragt. Es wird auf Beamtenebene eine Verhandlungsrunde geben und in nächster Folge natürlich auch auf höchster politischer Landeshauptleuteebene. Wenn Sie entsprechend mitarbeiten, wird es eine gute Lösung geben.

Ich kann Ihnen versichern, dass auch das Bundesministerium mit Sozialministerin Uschi Haubner vehement an einer Lösung arbeitet. Mit ein bisserl gemeinsamem politi­schem Willen und Verständnis und nicht reinem Populismus, indem man sagt, eine Frist bis 22. Mai zu setzen, wird auch eine dauerhafte Lösung möglich sein. Ich bin optimistisch, dass uns das gelingt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


16.01.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man müsste eigentlich laut auflachen, Frau Kollegin Rossmann, wenn Sie sagen: Sie sind herzlich eingeladen zur Mitarbeit! – Das ist ein schönes Angebot, das Sie uns da machen. Wir sind eingeladen zur Mitarbeit, nur: Wir dürfen nicht mitarbei-


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ten! Da reklamiert ja gerade eine Kollegin von der sozialdemokratischen Fraktion mit Hilfe eines Fristsetzungsantrages, endlich einmal dieses Anliegen im Sozialausschuss zu behandeln.

Wir erleben im Sozialausschuss, dass Sie, egal welches Thema – nicht nur, aber na­türlich auch das der freiwilligen Helfer und Helferinnen –, es kaum auf die Tagesord­nung setzen. Und kaum setzt es eine Oppositionspartei auf die Tagesordnung einer Ausschusssitzung, kommt schon ein Kollege von den Regierungsparteien daher und erklärt uns, die wir es behandelt wissen wollen: Das geht jetzt nicht, daran wird schon gearbeitet. Bitte vertagen! Und dann stimmen Sie ab. Es wird im Ausschuss nicht dar­über diskutiert, sondern es wird vertagt. Ich könnte Ihnen jetzt Anträge so wie diesen hier bringen mit einem Verweis darauf, wie oft sie schon vertagt worden sind.

Das Thema, das wir heute behandeln: Was machen wir in dem Fall, dass freiwillige Helfer nicht nur für ein, zwei oder drei Stunden gebraucht werden? Die Zahl dieser Fälle ist ja im Steigen begriffen. Vor ein paar Jahren haben Sie überhaupt keine Not­wendigkeit gesehen, dieses Thema zu behandeln, weil es die sich vermehrenden Kata­strophen im klimatischen Bereich noch nicht gegeben hat, aber inzwischen gibt es jedes zweite Jahr ein Jahrhundert-, ein Jahrzehnt- oder ein Jahrtausendhochwasser oder ähnliche Katastrophen. Daher müssen wir in Verantwortung für die Hilfsorganisa­tionen und die darin Beschäftigten mit dieser Sache anders umgehen.

Wir brauchen Lösungen. Jetzt bestreite ich gar nicht, dass es da eine Arbeitsgruppe gibt, die irgendwo vor sich hintagt, aber, Entschuldigung, wir hätten auch gerne ge­wusst, was diese Arbeitsgruppe da vor sich hintagt. Mein Vertrauen in die Arbeitsfähig­keit des Sozialministeriums oder in die Problemlösungskapazität der Frau Sozialminis­terin ist erschöpfend, das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit. Bis jetzt ist da nichts ge­kommen, und ich vermute, dass auch nicht so schnell etwas kommen wird.

Wir hätten gerne, dass für die Hilfsorganisationen schnell etwas gemacht wird, dass zumindest diskutiert wird, Frau Kollegin Rossmann – dass zumindest diskutiert wird! Wenn Sie einen Vorschlag machen, der besser ist als der, der vorliegt – und ich kann mich erinnern, dass wir auch schon in der letzten Legislaturperiode einen derartigen Vorschlag eingebracht haben, aber auch damals haben Sie vertagt; aber sei’s drum –, egal was Sie meinen, legen Sie es auf den Tisch, diskutieren Sie es mit uns! Aber genau das verweigern Sie, und genau das ist im Interesse der Hilfsorganisationen, der Rettungsorganisationen, die selbst gute Ideen haben, wie man mit diesem Thema um­gehen könnte, für die Zukunft nicht gerade ratsam.

Kollege Wöginger, glaube ich, hat gesagt, die Betriebe werden sich schön bedanken, wenn sie da zum Handkuss kommen. Das mag schon sein, wenn nur die Betriebe die Kosten übernehmen müssten, aber auf der anderen Seite ist jeder Betrieb in einem Katastrophengebiet froh – egal ob das die Firma Engel ist, die, soviel ich weiß, ohnehin eine eigene Betriebsfeuerwehr hat, oder ein kleiner Betrieb –, dass es die freiwilligen Helfer und die Hilfsorganisationen gibt. Die Betriebe profitieren genauso davon, daher wird man auch gemeinsam mit den Betrieben eine Lösung finden können, um auch das Problem der Entgeltfortzahlung bei längerfristigen Hilfseinsätzen zu lösen, gemeinsam zu lösen.

Das hätten wir gerne mit Ihnen diskutiert, aber Sie wollen das jetzt nicht mit uns disku­tieren und sagen, Sie werden im Sozialausschuss wieder vertagen. Das ist unsauber, das ist unfair, und vor allem hilft es den Hilfsorganisationen in gar keiner Weise. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den An­trag 749/A (E) der Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienst­freistellung für freiwillige HelferInnen bei Katastrophen und Ausgleich für Dienstgebe­rInnen von freiwilligen KatastrophenhelferInnen eine Frist bis 22. Mai 2006 zu setzen.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Daher abgelehnt.

16.06.55Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mikesch. Wunschredezeit: 4 Minu­ten. – Bitte.

 


16.07.08

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Anti-Doping-Ge­setz vorweg: Österreichs Sport ist sauber und fair! (Beifall bei der ÖVP.)

Täglich messen sich Tausende Spitzensportlerinnen und Spitzensportler in einem fai­ren Wettkampf miteinander. Sie haben Spaß am Sport, sie halten die rot-weiß-rote Flagge bei vielen internationalen Wettbewerben hoch – wir sind stolz auf Sie! (Beifall bei der ÖVP.)

Um diese faire und gleiche Auseinandersetzung zwischen Sportlerinnen und Sportlern gewährleisten zu können, hat sich die internationale Staatengemeinschaft zu einem harten Kampf gegen Doping entschlossen, und dieser Kampf ist auch notwendig. Dies sollte nur wirklich für alle gelten, es sollte auch keine Ausnahmen für Mannschafts­sportler geben – wie erst vor kurzem wieder –, die aus Übersee kommen, damit die vielen sauberen und ehrlichen Sportlerinnen und Sportler geschützt werden.

Das Anti-Doping-Gesetz stellt nun den Kampf gegen unfaire Mittel und Zusatzstoffe auf eine nationalstaatliche Basis. Die Regelungen der internationalen Verbände, die im Prinzip auf privatrechtlichen Vereinbarungen beruhen, sind darin mit eingeflossen. Eine staatliche, unabhängige Doping-Kommission wird geschaffen.

Wir müssen uns auch einer Sache bewusst sein: Der Kampf gegen mögliche Doping-Sünder bedeutet – und auch dazu bekennen wir uns heute – einen massiven Eingriff in die Privatsphäre unserer Sportlerinnen und Sportler. Das müssen wir als Politiker den jungen Menschen, die sich entschließen, Leistungssport zu betreiben, erklären, und wir müssen auch ein Bewusstsein in der Bevölkerung dafür schaffen.

Was bedeutet dies nun für den einzelnen Athleten? – Jeder Sportler/jede Sportlerin muss ständig seinen/ihren Aufenthaltsort bekannt geben. Alle Trainingsplätze und Trai­ningsorte müssen mitgeteilt werden, eine Privatsphäre gibt es nur noch in einge­schränktem Maße. Jederzeit ist damit zu rechnen, dass auch im Urlaubsort, bei der Freundin/beim Freund unangekündigt eine Doping-Kontrolle auftaucht.

Eine Privatsphäre gibt es nur noch in eingeschränktem Maße – das, meine Damen und Herren, müssen wir unseren Sportlerinnen und Sportlern erklären! Ich spreche hier jetzt als Präsidentin eines niederösterreichischen Sportverbandes. Wir haben die Auf­gabe, gerade junge Menschen, die vielleicht in einem schwierigen Alter sind, trotzdem zu motivieren, diese Einschränkungen in Kauf zu nehmen – sie dienen ja dem Schutz der ehrlichen Sportler. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wenn ich höre, dass es bereits Verbände gibt, wo international tätige Sportler jede Auf­enthaltsänderung dem Verband per SMS bekannt geben müssen, dann weiß ich, dies erfordert eine enorme Bereitschaft der Athleten.

Jede Sportlerin/jeder Sportler hat das Recht auf Gesundheit, daher ist es wichtig, dass auch die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung im Krankheitsfall geschaffen wur­de. Drei Ärzte werden in Hinkunft darüber entscheiden, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt. Die Entscheidungsfrist ist auf internationale Standards angepasst und beträgt 21 Tage. Eine lange Zeit! Ich hoffe, keiner von uns hier herinnen muss je 21 Tage war­ten, um ein Medikament nehmen zu können. Ich gehe daher davon aus, dass die un­abhängige Doping-Kommission angehalten wird, die Ärzte-Kommission darauf zu drän­gen, diese Frist nur im Extremfall voll auszuschöpfen. Ich erwarte mir als Vertreterin der Sportlerinnen und Sportler, dass diese Entscheidung gerade im Krankheitsfall rasch getroffen wird.

Meine Damen und Herren! Das Anti-Doping-Gesetz ist ein Signal dafür, dass die Politik dieses Thema ernst nimmt, und ein Bekenntnis dazu, dass rot-weiß-rote Athleten sau­ber und ehrlich kämpfen. Dies soll auch so bleiben! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

16.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Maier. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.11.38

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere, dass der Sport-Staats­sekretär nicht mehr anwesend ist, trotzdem gibt mir die Anwesenheit des Kultur-Staats­sekretärs (Staatssekretär Morak: Kunst-Staatssekretär!), Kunst-Staatssekretärs im Vergleich zu einem Sport-Staatssekretär die Möglichkeit, die Problematik von Doping aufzuzeigen.

Doping ist eine äußerst problematische Materie, wir agieren in einer Zone zwischen Sportrecht und nationalem Recht. Wenn der Herr Staatssekretär erkrankt ist, dann kann er im Burgtheater auch dann auftreten, wenn er einen verbotenen Stoff, der auf der Doping-Liste steht, einnimmt. Ein Sportler wie Sport-Staatssekretär Schweitzer, der jetzt nicht mehr hier ist, kann das nicht machen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigt in etwa die Problematik auf, die sich dann ergibt, wenn man versucht, Sport rechtlich zu normieren.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Anti-Doping-Bundesge­setz ist gut. Es ist ein hervorragendes Gesetz und sticht im Vergleich mit ähnlichen europäischen Regelungen heraus. Dieses Gesetz fußt auf dem WADA-Code und auf der Global Anti-Doping Convention der UNESCO. Wir haben es geschafft, den Sport­lern ein rechtsstaatliches Verfahren zu garantieren. Wir haben es geschafft, besonders sensible Probleme zu erfassen, beispielsweise auch die datenschutzrechtliche Proble­matik. Auch die Daten der Sportler haben Anspruch auf Schutz, und wir haben der Europäischen Datenschutzrichtlinie entsprochen.

Wir haben auch den Bereich der Minderjährigen entsprechend geschützt, weil es natür­lich notwendig ist, dass dann, wenn ein Doping-Verfahren gegen Minderjährige einge­leitet wird, auch die gesetzlichen Vertreter verständigt werden.

Ich glaube, dass es uns auch gelungen ist – und ich halte das für den wirklich zentralen Punkt –, die Frage zu regeln, wann die Verletzung von Doping-Regeln vorliegt. Eines hat mich in der Diskussion der letzten Wochen schon irritiert: dass immer nur dann von einer Verletzung von Doping-Regeln gesprochen wurde, wenn auf Urin-Proben und


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Analysen abgestellt wurde. Eine Verletzung von Doping-Regeln, meine Damen und Herren, kann nach dem WADA-Code in vielfacher Art vorliegen, beispielsweise auch dann, wenn Sportler Doping-Kontrollen verhindern, beispielsweise auch dann, wenn verbotene Methoden wie Blutwäsche angewandt werden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Neben der aktiven Bekämp­fung von Doping im Sport, muss es an uns liegen, Doping-Prävention zu betreiben, ins­besondere im schulischen Bereich. Ich spreche jetzt von den Problemen, die sich im Breitensport ergeben, von den Problemen, die sich in Fitness-Studios ergeben, wo anabole Steroide nicht nur verkauft, sondern auch – und ich rede jetzt von Öster­reich! – gespritzt werden. Hier haben wir absoluten Handlungsbedarf. Wir diskutieren über Doping, wenn Spitzensportler betroffen sind, wir diskutieren aber nicht ernsthaft über die gesundheitlichen Auswirkungen von Doping im Bereich Breitensport, wenn in Fitness-Studios unkontrolliert Doping-Mittel verkauft werden, wenn bei Großveranstal­tungen im Amateursportbereich Doping-Mittel genommen werden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ball sozusagen liegt jetzt bei den Verbänden. Die Verbände haben genau diese Regelungen, diese internationa­len Standards in ihren eigenen Statuten umzusetzen, weil sie der Garant dafür sein müssen, dass Anti-Doping-Regeln rechtsstaatlich und rechtskonform durchgeführt wer­den.

Lassen Sie mich abschließend noch zwei Punkte festhalten.

Einen Fall Walter Mayer wird es auf Grund dieses Gesetzes nicht mehr geben, und zwar dann nicht mehr geben, wenn sich die einzelnen Sportverbände an die Vorgaben dieses Gesetzes halten.

Eine zweite Feststellung: Ich hoffe, dass dieses klare Bekenntnis der österreichischen Politik, diese einstimmige Festlegung auf diese Zielsetzungen die Salzburger Bewer­bung für die Olympischen Winterspiele 2014 unterstützen. Dieses Gesetz ist ein Ge­setz für die Sportler und ist ein klares Signal an die internationale Öffentlichkeit. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Fauland. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.17.02

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Weil der Sport-Staatssekretär jetzt als abgängig erklärt worden ist, möchte ich sagen: Er hält gerade in diesen Minu­ten einen Vortrag zu dem neuen Anti-Doping-Gesetz auf der Schmelz. Er wirkt weiter – nicht nur hier im Haus, sondern auch draußen in der Öffentlichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was Doping, Spitzensport, aber auch Breitensport betrifft, Kollege Maier: Eines ist uns, glaube ich, allen bewusst und klar: Fairness im Sport ist das höchste Gebot, und Fair­ness gibt es eben nur dann, wenn man mit anstrengendem Training zum Erfolg kommt und nicht mit unterstützenden Mitteln und somit all jene betrügt, die eben keine Doping-Mittel verwenden!

Gerade der Spitzensport hat für unsere Jugend eine besondere Vorbildfunktion, und diese Vorbildfunktion ist in Zeiten einer teilweise erfahrenen No-future-Generation eine Vorbildfunktion, die es unbefleckt zu unterstützen gilt. Die Vorfälle – man kann sie trotz allem nicht leugnen –, die der österreichische Sport in Turin erlebt hat, kommen auch an dieser Vorbildfunktion nicht unbemerkt vorbei.


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Somit ist es umso wichtiger, dass wir jetzt in der Lage sind, durch ein europaweit vor­bildhaftes Gesetz zielgerichtet – zumindest im Bereich des Spitzensportes – der Do­ping-Problematik entgegenzuwirken, und zwar wollen wir das nicht so machen wie in Italien, wo man es den Strafgerichten überlässt, Sportler zu kriminalisieren, sondern wir wollen in einer anderen Art und Weise Vergehen durch Strafen abhandeln. Vor allem die Verbindung mit finanziellen Repressalien, wenn etwas passieren sollte, ist, wie ich meine, ein gangbarer und vernünftiger Weg.

Was die Sportler betrifft, so muten wir ihnen doch einiges zu. Es wurde heute schon angesprochen: Ein Spitzensportler kann eben bei einer Grippe, bei einer Verkühlung nicht einfach zum Hausarzt gehen und das tun, was wir alle tun, nämlich sich Influbene oder sonstige Mittel verschreiben zu lassen. Es schwebt über seinem Haupt andauernd das Damoklesschwert der Doping-Problematik, und dieses Damoklesschwert ist schön langsam auch eine so genannte Hemmschwelle für den Eintritt in den Spitzensport. Aber wir wissen eben, dass manche mit unlauteren Mitteln spielen und diese wenigen schwarzen Schafe einen ganzen Bereich ins schiefe Licht rücken. Aus diesem Grund ist aus unserer Sicht eine strenge Kontrolle auch sehr notwendig.

Abschließend möchte ich sagen: Ich hoffe, dass wir auch international bewiesen ha­ben, dass wir durch diese schnelle Reaktion ein Vorbild für diesen Bereich sind, und dass sich das auch positiv – und das möchte ich als Salzburger besonders anmerken – auf die Olympia-Bewerbung Salzburgs auswirken wird und wir nicht irgendwann einmal hören müssen, dass diese Bewerbung nur deswegen abgelehnt wurde, weil es ein paar schwarze Schafe gegeben hat, die sich bei Olympischen Spielen nicht an die Re­geln gehalten haben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. Ihre Redezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


16.20.40

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Ich begrüße auch den Präsidenten des Österreichischen Olympischen Comités und seinen Generalsek­retär! Ein Gruß auch an die Galerie! Wir ändern das Anti-Doping-Gesetz, wir verschär­fen es und machen es noch besser. Und wir wollen damit viel erreichen: vor allem den „sauberen Sportler“, die „saubere Sportlerin“, der beziehungsweise die nicht zu uner­laubten Hilfsmitteln greift, um seine/ihre Leistung zu steigern. Und wir wollen auch einen Schutz für Minderjährige, die durch Betreuungspersonen zu Doping gebracht werden.

Österreich hat eine lange und gute Tradition in der Anti-Doping-Forschung und Anti-Doping-Prävention. Schon 1960 und Jahre danach hat der österreichische Sportarzt Dr. Ludwig Prokop die Gefahren erkannt, die durch Doping für den Sportler entstehen können, und er hat sehr konsequent die Entwicklungen aufgezeigt, durch die der Sport in Verruf kommt. Und das war auch nötig, denn von 1965 bis knapp vor 1990 war Do­ping in der Sowjetunion und in den Ostblockstaaten ein Muss.

Goldmedaillen und Weltrekorde unterstrichen die Leistungsfähigkeit und den Sieges­willen dieser Länder. Sport als politischer Erfolg! Einige der Weltrekorde aus diesen Jahren gelten noch heute.

Die DDR-Läuferin Maritta Koch hält den Rekord von 1985 über 400 Meter.

Die Tschechoslowakin Jarmila Kratochvilova hat 1983 den Weltrekord über 800 Meter aufgestellt.


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Und der Staffel-Weltrekord der DDR-Frauen über 400 Meter von 1985 gilt auch noch heute.

Da stellt sich die Frage: Was ist da in den Körper hineingepumpt worden, das diese Kraft auslöste, die es ermöglichte, dass diese Leistung bis heute nicht eingeholt wer­den konnte?

Im Dezember 2005 wollte die Schwimmerin Petra Schneider ihren Schwimmrekord über 400 Meter Lagen für ungültig erklären lassen, sie sagte, sie wäre gedopt zu dieser Leistung gekommen. Ihr Eingeständnis ist zwar medial sehr stark aufgegriffen worden, aber sie konnte die Annullierung nicht durchsetzen.

Nach all diesen Entwicklungen und Erkenntnissen bestand Handlungsbedarf, und das war allen klar. Aber es stellte sich die Frage: Wie drehen wir dieses perfekte Leistungs­rad zurück?

Es könnte so gehen: Wir kontrollieren immer öfter, immer überraschender, wir setzen internationale Maßstäbe durch die WADA und schaffen auf nationaler Ebene eine un­abhängige Doping-Kontrolleinrichtung, eine unabhängige Schiedskommission und eine Anhörungsinstanz für den Sportler. Sportorganisationen verpflichten sich zu umfassen­der Prävention, Information und Aufklärung aller Maßnahmen und zum Entzug aller Fördermittel bei Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen.

Der Spitzensportler muss das akzeptieren, und er verpflichtet sich zu einer transpa­renten Meldepflicht über Trainingsort und Trainingszeit, aber auch über Veränderungen seines privaten Aufenthaltsortes. Ich sehe ihn als öffentliches Eigentum.

Mir ist sehr klar, meine Damen und Herren, dass diese Maßnahmen notwendig sind, um Doping immer mehr in den Griff zu bekommen, um den Sport fairer und sauberer zu machen. Aber ich überlege mir als ehemalige Sportlerin, wie sich dieses Kontroll­system auf den Sportler auswirkt, sich sozusagen anfühlt.

Eine sportliche Höchstleistung ist nicht nur ein Resultat von gezieltem Training, son­dern auch die Fähigkeit, in der entscheidenden Hundertstelsekunde jenen Impuls zu haben, der zu Sieg oder Niederlage führt. Diese Momente sind eine sehr persönliche Sache, die jeder Sportler auf seine Art löst. Es ist ein Geheimnis zwischen Psyche und Physis des Sportlers, und diese Privatsphäre muss entstehen können, man muss sie unterstützen und darf sie nicht stören.

Daher wünsche ich diesem Gesetz sehr, sehr viel Erfolg für die kommende Zeit: ohne Doping die Fortsetzung aller großartigen Leistungen unserer Sportler!

Ich wünsche aber auch den Menschen, die Sport ausüben, die nötige Geduld und Kraft, um diese Maßnahmen gut umsetzen zu können, und dass sie sich auch weiter­hin mit Freude sportlich entfalten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Auch sie spricht 4 Minuten zu uns. – Bitte, Frau Kollegin.

 


16.25.28

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach intensiven parlamentarischen Beratungen ist es nun gelungen, einen Antrag aller vier Fraktionen zum Anti-Doping-Gesetz auszuar­beiten – eine erfreuliche Situation, die leider nicht immer vorkommt.

Nicht durch strafrechtliche Sanktionen, sondern in Zusammenarbeit mit den Sportver­bänden sollen die einzelnen Sportler beziehungsweise Spitzensportler angehalten wer­den, auf die Einnahme von Dopingpräparaten zu verzichten.


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Unter Doping versteht man den Versuch einer künstlichen Steigerung der Leistungsfä­higkeit des Sportlers durch Einnahme von leistungssteigernden Wirkstoffen oder durch Anwendung anderer Methoden, die den Körper beeinflussen, mehr Leistung zu brin­gen.

Die Gefahr bei der Einnahme von Dopingmitteln besteht darin, dass sie den Sportler über den Zustand seines Körpers täuschen. Das natürliche Gefühl der Müdigkeit wird unterdrückt, welches ohne Dopingmittel den Sportler zum Abbruch der Belastung ver­anlassen würde. In der Folge tritt der Leistungsabfall plötzlich ein. Es kommt zu einer völligen Erschöpfung, die auch zum Tod führen kann. Und das, meine Damen und Her­ren, können und werden wir nicht zulassen!

Alle österreichischen Sportverbände wie auch die internationalen Verbände haben den WADA-Code in den letzten Jahren als Regelungsgrundlage für ihre Sportler und Sport­veranstaltungen anerkannt. Nach den Anti-Doping-Bestimmungen der Österreichi­schen Bundessportorganisation sind überdies alle Mitglieder der BSO – und das sind die Sportverbände – verpflichtet, die Bestimmungen und Regeln des World Anti-Doping Codes in ihre Statuten und in die Wettkampfbestimmungen aufzunehmen.

Wichtig dabei sind vor allem die Prävention, die Vorbeugung und die Aufklärung, denn Doping kann der Gesundheit der Sporttreibenden schaden. Außerdem widerspricht Do­ping dem Grundsatz der Fairness im sportlichen Wettbewerb.

Das gemeinsame Ziel soll und muss es sein, die Reduzierung beziehungsweise die gänzliche Ausmerzung des Problems Doping im Sport zu erreichen. Da ist auch die Mitarbeit jedes Vereinsfunktionärs und jeder Vereinsfunktionärin gefragt. Wir müssen in den Vereinen, in den Schulen, im Breitensport und im Amateursport sowie in den Fit­ness-Studios immer wieder auf die Gefahren des Dopings hinweisen.

Natürlich steckt – und das ist meine große Sorge – auch ein Wirtschaftsfaktor mit dem Handel von Dopingmitteln dahinter. Auch dieses große Problem müssen wir in den Griff bekommen. Ich hoffe, es gelingt uns.

Ich freue mich im Sinne des Sportes, dass uns dieser Schritt gelungen ist. Ein herzli­ches Dankeschön an alle, die daran mitgearbeitet haben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


16.28.48

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sport spielt in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle, und durch Sport werden unserer Gesellschaft wichtige Grundwerte vermittelt, egal ob durch Hochleistungs- oder Freizeitsport.

Sportler, insbesondere Leistungssportler, haben große Vorbildwirkung auch für unsere Kinder und Jugendlichen, und Hochleistungssportler erbringen großartige Leistungen und erzielen große Erfolge für unser Land Österreich.

Einer der wichtigsten Grundwerte, nämlich die Fairness, wird allerdings massiv gefähr­det, wenn die sportlichen Leistungen durch leistungssteigernde Mittel beeinflusst wer­den. Daher ist es unerlässlich, jede Art von Doping und Leistungsmanipulation zu be­kämpfen.

Ich möchte von dieser Stelle aus, wo schon vieles zu diesem Gesetz gesagt worden ist, vor allem ein Dankeschön an Peter Haubner aussprechen, der als Sportsprecher der Österreichischen Volkspartei sowie als Fraktionsführer und als Vizepräsident der


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Sportunion mit den Kollegen von der Opposition großartige Arbeit geleistet hat. Ich gra­tuliere auch zur Stimmeneinhelligkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, es wurde bei diesem Themenkomplex aber nicht nur von Doping gesprochen beziehungsweise die Frage Doping behandelt, sondern es wurde im Sportausschuss in der weiteren Folge auch über Frauenförderung im Sport sowie über Gender Mainstreaming debattiert.

Es tut mir sehr Leid, dass Herr Staatssekretär Schweitzer Karli jetzt nicht hier ist (Hei­terkeit bei der SPÖ – Abg. Eder: Der Karli!), weil ich ihm gerne etwas mit auf den Weg gegeben hätte. Ich mache es aber trotzdem, denn ich weiß nicht, ob ich wieder die Chance haben werde, ihm diese Dinge, die mir am Herzen liegen, mit auf den Weg zu geben.

Zur Frauenförderung und zu Gender Mainstreaming ist anzumerken, dass es bei der Diskussion im Ausschuss von meiner Seite her – und ich glaube, auch von der ande­ren Seite her – ja nicht um eine 50:50-Förderung gegangen ist und nicht um Halbe-Halbe für Männer und Frauen, sondern primär um Frauenförderung in der Folge von Gender Mainstreaming.

Es ist primär darum gegangen und geht darum, in Sportverbänden, in Turnvereinen, in Klubs und so weiter von der Bundesebene bis auf die Gemeindeebene mehr Verständ­nis, mehr Motivation und mehr Möglichkeiten im Breitensport, aber natürlich auch im Hochleistungssport für Mädchen und Frauen einzubringen und in der Folge die Satzun­gen zu überdenken – in Deutschland ist das schon der Fall –, und zwar in die Richtung, dass es nicht nur um geschlechtsspezifische Daten geht und man dort einen Aufhän­ger hat, sondern in Richtung des Miteinander.

Wir sollten viel mehr über Gender Mainstreaming im Sport reden dürfen, denn Gender Mainstreaming heißt, Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in allen Bereichen und bei allen Planungs- und Entscheidungsschritten immer bewusst wahrzunehmen und zu berücksichtigen – also eine geschlechterpolitische Strategie mit dem Ziel der Geschlechterdemokratie.

Sport tut Frauen gut, und Frauen tun dem Sport gut. Vielleicht liest der Herr Staatssek­retär Schweitzer diese Rede nach. Ich werde sie ihm zukommen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. Auch er wünscht, 4 Minuten zu uns zu sprechen. – Bitte.

 


16.32.41

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Gut Ding braucht Weile! – Wenn man weiß, dass 2003 die ersten Anträge eingebracht wurden, um ein Anti-Doping-Gesetz zu schaffen, dann versteht man, was ich damit meine.

Ich möchte das Plenum fragen, ob hier jemand sitzt, der glaubt, dass wir ohne den Su­per-GAU in Turin heute dieses Gesetz beschließen würden. Ich glaube das nicht. Ich bin also im Nachhinein nicht undankbar für die Vorfälle, die es letztlich dann so weit ha­ben treiben lassen, dass wir gezwungen wurden, politisch aktiv zu werden, ein Gesetz zu schaffen, das, wie ich meine, ein sehr geeignetes ist, das Problem Doping in den Griff zu bekommen.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung arbeitet atemberaubend schnell. Wenn man weiß, dass der Herr Staatssekretär bereits zur Stunde ein Gesetz vorträgt, das noch gar nicht beschlossen ist, dann kann man sich vorstellen, was letztendlich die


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Interessen dieser Politik sind. – So viel zum Schlagen von politischem Kleingeld, meine Damen und Herren. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Keiner hat geklatscht von Ihrer Seite!)

Das ist ja kein Problem, es genügt auch, wenn es ein Kollege von den Koalitions­parteien aufgreift und versteht, was damit gemeint ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Meine Damen und Herren! Wenn man diese zwei Gesichter sieht (der Redner hält ein Bild in die Höhe), dann kann man sich gut vorstellen, wie groß der „Friede“ zwischen dem Österreichischen Olympischen Comité und dem Österreichischen Skiverband zur­zeit ist, und wenn man weiß, dass der Präsident des Skiverbandes vom Generalsekre­tär des Olympischen Comités eine Entschuldigung verlangt, weil er meint, dass Letzte­rer den Skiverband oder die Sportler verunglimpft hätte.

Meine Damen und Herren, das sehe ich anders! Es ist sicher nicht nur mir jene im­provisierte Pressekonferenz des ÖSV-Präsidenten Schröcksnadel in Turin noch vor Augen, bei welcher er ganz klar gesagt hat: Der Skiverband dopt nicht! Zwei haben Fehler begangen, wir haben sie entfernt, und es geht weiter!

Eine Woche später, als klar war, dass in den Urinproben nichts gefunden wurde, hat er von dem schon gar nichts mehr gewusst.

Ich frage mich: Warum gibt ein Präsident zwei Verfehlungen zu, um sich nachher da­von wieder zu absentieren?

Meine Damen und Herren, da ist keine Ehrlichkeit vorhanden, und da gilt es daher ein­zuhaken und letztendlich auch in Frage zu stellen, ob da die richtigen Personen auf dem richtigen Platz sind.

Ich glaube, dass ein mächtiger Skiverbands-Präsident, der eigene Interessen vertritt, wie es in diesem Fall ist, dem Land mehr Schaden zufügt, als die hervorragenden Sportler durch ihre Leistungen an Ansehen für unser Land haben bringen können. Ich glaube, dass wir verpflichtet sind, da in Zukunft besonders wachsam zu sein.

Ich danke Jacky Maier und auch meiner Fraktion, die die treibenden Kräfte bei dieser Gesetzwerdung waren, dafür, dass sie sich beizeiten Gedanken gemacht haben. Na­türlich waren wir mit dem Problem aller Oppositionsparteien konfrontiert: Als es nicht passend war, wurden alle unsere Anträge einfach vertagt. Wir haben das heute ja auch schon bei anderer Gelegenheit wieder erlebt. Dann allerdings musste man auf Grund des Super-GAUs in Turin darüber reden. Es ist dann in einem Vier-Parteien-Konsens ein gutes Gesetz zustande gekommen, und das ist die Grundlage dafür, dass wir in Zu­kunft frank und frei sagen können: Österreich ist es nicht wurscht, wie sauber sein Sport ist!

Ich denke da an Berger oder an Kellermayr. Man hat eine ganze Nationalmannschaft von Sprintern wegen Dopings aus dem Verkehr ziehen müssen. Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass ein Pferd von Frühmann gedopt war. Also so sauber ist es nicht unbedingt. Aber es ist klar, wenn es keine Richtlinien gibt, ist die Grenze leicht verwischbar.

Dieses Gesetz trägt zu der Einsicht bei, dass es in Zukunft besser ist, zu kontrollieren. Nur: Letztendlich sind da beide Seiten gefordert: jene, die kontrolliert, und jene, wo es darum geht, dem Doping zu widerstehen und trotzdem gute Leistungen im Sport zu er­bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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16.36.59

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Wenn man den Kampf gegen Doping, vor allem im Spitzensport, betrachtet, dann kommt einem das manchmal wie ein Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel vor. Ich bin der Meinung, dass es ganz einfach keine Akzeptanz von Doping geben darf. Diese ist aber leider teilweise in der Bevölkerung wahrnehmbar.

Legale Praktiken dürfen nicht mit illegalen Praktiken vermischt werden. Es darf auch zu keiner „Bequemlichkeitsmedizin“ kommen, wie man mitunter Doping auch bezeichnet.

Teilweise ist natürlich die Verlockung des Dopings nachvollziehbar, man versteht, wie leicht es ist, dieser zu erliegen, wenn man beobachtet, welchem Leistungsdruck die Sportler ausgesetzt sind. Aber ob erwachsene Sportler immer wissen, was sie sich ver­abreichen beziehungsweise verabreicht bekommen, das muss man bezweifeln. Aber noch viel problematischer ist es, wenn Jugendliche, wenn junge Sportler mit der Versu­chung konfrontiert werden, durch Doping ihre sportlichen Leistungen zu steigern oder, wie es auch Trend ist, ihr Aussehen nach ihren Vorstellungen zu verändern.

Es gibt ernst zu nehmende Anzeichen, dass sich diese Gruppe vergrößert beziehungs­weise die Zahl dieser jungen Sportler zunimmt. Jugendlichen muss klar sein, dass Do­ping in verschiedensten Formen auftritt und dass es nicht in Ordnung ist. Es ist keine coole Sache, gedopt zu sein, sondern es ist ein schweres Foul an sich, an seinem Körper und vor allem an der Öffentlichkeit.

Doping auszumerzen ist ein Ziel, das man notwendigerweise auch definieren muss, und das hat man auch getan. Aber dass leider über den Misserfolg immer schneller und in einem immer größeren Ausmaß berichtet wird als über den Erfolg, dieser Tat­sache müssen wir ins Auge blicken. Aus diesem Grund ist Prävention, insbesondere in der Nachwuchsarbeit, besonders wichtig. Dass sich die Sportorganisationen zu einer umfassenden Dopingprävention durch Förderung der Ausbildung der Betreuungsper­sonen sowie zur Durchführung von Informations- und Aufklärungsprogrammen ver­pflichtet haben, ist aus diesem Grund zu begrüßen.

Über die Gefahren des Dopings aufzuklären und die Sanktionen zu verschärfen ist not­wendig. Es darf aber keinesfalls zu einer Kriminalisierung der Sportler kommen. Der verdächtige Sportler muss die Möglichkeit bekommen, sich gegen die Vorwürfe auch zu wehren. Es darf vor allem zu keiner Vorverurteilung einer ganzen Sportlergruppe kommen.

Es ist ein gutes Gesetz, auf das wir stolz sein können, aber man muss auch dazu­sagen – bei allem Verständnis für Sportorganisationen und für Sportler, sei es im Profi- oder im Nicht-Profibereich –: Wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier ein Anti-Doping-Gesetz beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. 4 Minu­ten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.40.19

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine geschätzten Damen und Herren! In der medialen Berichterstattung taucht das Thema Doping im Spitzensport immer wieder auf. Negative Schlagzeilen zu Do­pingaffären wie zuletzt in Turin oder der Verdacht auf Spielmanipulation im Fußball füh­ren aber zunehmend auch zu einem Verlust an Prestige im Sport.

Die „Presse“ hat dazu kürzlich formuliert: „So viele Goldene können Wintersporthelden nicht gewinnen, so viel Silber die Schwimmer um ihren Hecht Rogan nicht holen, um zu verhindern, dass der heimische Sport in einer Spirale von Doping-Affären, halben


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Verschwörungen, echten Flops, handfesten Randalen und noch nicht bewiesenen, aber drohenden (Wett-)Skandalen immer mehr an Glaubwürdigkeit verliert.“

Geschätzte Damen und Herren, Doping ist ein Problem, das längst nicht mehr nur im Leistungssport auftaucht, wie auch meine Vorredner betont haben. Die Verwendung von legalen und illegalen Substanzen zur Leistungssteigerung nimmt mittlerweile auch im Breiten- und Freizeitsport zu.

Die Bewältigung besonderer Anforderungen auf besondere Weise und der Wunsch nach dem idealen Körper werden in unserer Gesellschaft zunehmend akzeptiert – im beruflichen Leben genauso wie im Privatbereich. Entsprechende Präparate sind mitt­lerweile schon einfach übers Internet zu beziehen, nämlich per Mausklick.

Der Schritt von Nahrungsergänzungsmitteln zum Gebrauch von Substanzen zur Leis­tungsmanipulation ist sehr klein, und zusätzlich gerät der Grundsatz des Fair Play im Sport durch hohe Erwartungen an die SportlerInnen, durch eine beinharte Selektion und durch eine zeitliche Begrenzung der Karriere immer stärker unter Druck. Mit der Versuchung des Dopings sind irgendwann vermutlich alle Athletinnen und Athleten konfrontiert. – Die Frage ist immer nur, wie gut Sportlerinnen und Sportler darauf vor­bereitet sind, nein sagen zu können.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben den Eindruck, dass vor allem bei jungen SportlerInnen die Aufklärung über die Gefahren und Risiken noch wesentlich verstärkt werden muss. Da sind sowohl das Sport-Staatssekretariat als auch – und dar­auf sind wir, glaube ich, auch alle gemeinsam stolz – speziell das Bildungsministerium gefordert, in der Anstrengung voranzuschreiten und alles Mögliche zu unternehmen, um schon den Schülerinnen und Schülern die Dopinggefahren direkt zu vermitteln und ihnen entgegenzutreten. Vor allem junge Menschen ohne entsprechende Aufklärung haben es nämlich äußerst schwer, im Eventualfall nein zum Doping zu sagen.

Das Anti-Doping-Bundesgesetz, das wir heute beschließen, stellt mit seinen klaren ge­setzlichen Regelungen zur Doping-Prävention und -Bekämpfung aus unserer, aus der sozialdemokratischen Sicht einen wichtigen Schritt dar, um einen ernsthaften Kampf gegen Doping zu beginnen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es wird dauern, und wir werden oft auf Handi­caps und scheinbar unüberwindbare Hindernisse stoßen, aber wir dürfen nicht innehal­ten und müssen unaufhaltsam für den reinen, sauberen Sport eintreten. – In diesem Sinne werden wir diesem Gesetz zustimmen.

Ich möchte es nicht verabsäumen, an dieser Stelle ein Hoch auf Jacky Maier auszu­sprechen: Er hat mit seiner unerbittlichen Leistungsanstrengung in dieser Gesetzesma­terie wirklich hervorragende Arbeit geleistet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.44.27

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Werter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei jedem Wettbewerb fragen wir uns: Wer wird Sieger? Wer wird diesen Wettkampf, dieses Rennen gewinnen? – Jene und jener, die oder der die beste Leistung bringt, was Höhe, Weite und Geschwindig­keit anbelangt! Deshalb besteht die Gefahr, diesen gesellschaftlichen Ansprüchen mit verbotenen Hilfsmitteln gerecht zu werden. Wir wollen aber alle, dass fair und sauber gewonnen wird.


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Einer der wichtigsten Aspekte im Kampf gegen Doping im Sport ist die internationale gemeinsame Akzeptanz von Anti-Dopingregeln. Fair Play ist nicht nur ein Schlagwort, sondern unbedingte Voraussetzung, um die ethischen Ideale und Prinzipien des sport­lichen Wettbewerbs leben zu können.

Das nun vorliegende Gesetz ist unsere gemeinsame logische und notwendige Antwort: Wir schaffen nun die Grundlage für eine unabhängige Doping-Kontrolleinrichtung, die ebenso wie die WADA jederzeit Kontrollen anordnen kann. Gleiches Recht erhalten Organisationen, die Sportler zu internationalen Wettkämpfen entsenden.

Dem letzten Sportbericht des Bundeskanzleramtes können wir auch entnehmen, dass im Jahr 2003 bei 1 048 Kontrollen 18 positive Fälle und 2004 bei 1 110 Kontrollen 15 positive Fälle ermittelt wurden.

Besonders wichtig erscheint mir auch die Verpflichtung der Sportorganisationen zur umfassenden Doping-Prävention. Die Aufklärungskampagne „Doping geht uns alle an“ war in der Vergangenheit ein wichtiger Schritt. Eine Vortragsreihe der Dach- und Fach­verbände in diesem Zusammenhang über die Gefahren und Folgen von Doping gab den Besuchern die Gelegenheit, genauere Informationen zu erhalten.

Wichtig ist auch die Einbindung der betroffenen Mediziner, die bei der Verabreichung von Arzneimitteln an Leistungssportler diese informieren müssen, wenn in den Arznei­mitteln verbotene Wirkstoffe enthalten sind.

Österreich ist ein wichtiger Austragungsort für Sport-Großereignisse, und ich freue mich auf viele faire Wettkämpfe und auf viele großartige Leistungen unserer Sportlerin­nen und Sportler. – Ich möchte allen danken, die an diesem gemeinsamen Entwurf mit­gearbeitet haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. Er wünscht 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.47.13

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Ein bisschen überrascht bin ich schon, dass Kollege Schweitzer bei solch einem wichtigen Thema, bei solch einem wichtigen Gesetz nicht hier sitzt, aber man muss lernen, Prioritäten zu setzen: Wahrscheinlich hat er Wichtigeres zu tun. – Wir nehmen es zur Kenntnis.

Tatsache ist, dass das vorliegende Anti-Doping-Bundesgesetz auf einem Entschlie­ßungsantrag der Sozialdemokraten aus dem Jahr 2003 basiert – nachzulesen ja auch in der Einleitung des Gesetzestextes. Heute – spät, aber doch, und es hat leider dieser bedauerlichen Vorfälle in Turin bedurft – wird dieses Gesetz Wirklichkeit. Nun, meine Damen und Herren, liegt es bei den Dach- und Fachverbänden, die entsprechenden Schritte und vor allem auch die statutaren Vorkehrungen zu treffen, um Vereinen wie SportlerInnen Rechtssicherheit zu geben. Eines ist klar – ich denke, da sind wir uns alle einig –: Einen Fall Mayer darf es nie mehr wieder geben!

Mit Hilfe des ORF und einzelner Verantwortlicher wurden den ÖsterreicherInnen wirk­lich furchtbare Bilder, aber auch die Unfähigkeit, mit solch einer Krisensituation profes­sionell umzugehen, in die Haushalte geliefert. Vielen Menschen – auch mir, aber vor allem vielen ehrlichen und sauberen SportlerInnen – war es zu viel, was da im ORF ge­boten wurde, viel zu viel! Es war wirklich kein Ruhmesblatt für den Österreichischen Rundfunk und für einige Spitzenfunktionäre.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch noch kurz auf einen leider vertagten Entschließungsantrag der Grünen eingehen, der sich mit „Play fair at Olympics“ be-


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schäftigt – eine für mich sehr wichtige und in jeder Art unterstützungswürdige Aktion. Daher ist es umso bedauerlicher, dass – wie so oft – die Regierungsfraktionen diesen Antrag vertagt haben.

Mit diesem Entschließungsantrag hätte die Bundesregierung eine klare Positionierung in Bezug auf faire Behandlung und Entlohnung sowie die Einhaltung von fundamenta­len Arbeitsrechten in jenen Ländern vornehmen können, in denen die international täti­gen Sportartikel-Hersteller ihre Waren produzieren lassen. – Doch was fällt den Regie­rungsfraktionen ein? – Die Vertagung!

Was den deutschen Verbraucherorganisationen mit ihrer Regierung gemeinsam an­lässlich der Fußball-WM gelungen ist, ist offensichtlich in Österreich nicht möglich. – Da wird wieder vertagt, zum Teil mit abenteuerlichen Begründungen.

Im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft wäre es aber höchst an der Zeit – und rechtzeitig genug, würde man das jetzt machen –, schon heute eine klare Botschaft für soziale und ökologische Mindeststandards an die Sportartikel-Hersteller zu richten. – Doch was fällt den schwarz-bunten Regierungsmitgliedern ein? – Vertagung!

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat die moralische Verpflichtung, ins­besondere in einem Land, wo sozialpartnerschaftlicher Umgang, ordentliche Kollektiv­verträge und vorzeigbare gesetzliche Regelungen zur Selbstverständlichkeit gehören, ein deutliches Signal zu setzen.

Ich bitte den nicht anwesenden Herrn Staatssekretär, dieses Thema in jedem Fall zu unterstützen, aber auch den nicht anwesenden Bundeskanzler, aktiv zu werden. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.50.24

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Ich darf folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Lichtenegger, Dr. Wittmann, Brosz, Mikesch, Fauland, Schasching, Mag. Lunacek, Riener, Mittermüller, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Initiative gegen Doping im Sport“

zum Bericht und Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz) (1416 der Beilagen).

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, sich dafür einzusetzen, dass im Sinne der Nachhaltigkeit die im EU-Jahr der Erziehung durch Sport 2004 begonnenen Maßnahmen gegen Doping im Sport an den österreichischen Schulen gezielt weiterverfolgt werden.

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, insbesondere sicher zu stellen, dass im Wege der Lehrer/innen/fortbildung entsprechende Lehrveran­staltungen zur Erreichung der Zielsetzung angeboten werden. Ein besonderer Schwer­punkt soll dabei bei den Bundesanstalten für Leibeserziehung in der Aus- und Weiter-


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bildung der Instruktoren/Instruktorinnen und Trainer/innen für alle Sportsparten in Zu­sammenarbeit mit dem Österreichischen Anti-Doping-Comité gesetzt werden.“

*****

Dieser Entschließungsantrag steht allen Fraktionen bereits in schriftlicher Form zur Verfügung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Doping ist kein Kavaliersdelikt, sondern Betrug und Selbstbetrug, und sehr oft auch gesundheitsschädigend. Der Weg zur Spitzenleistung ist neben viel Freude immer auch mit Niederlagen und Frustration gepflastert. Das kön­nen wahrscheinlich Ingrid Turkovic-Wendl, Herta Mikesch oder Elmar Lichtenegger be­stätigen.

Ich halte es deshalb für enorm wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Gerade in Bildungseinrichtungen müssen Lehrerinnen und Lehrer dieses Bewusstsein leben und fördern. Ich denke, dass dabei aber auch die Elternarbeit in diesem Sinne unerlässlich ist, denn oft sind es ja die Eltern, die mehr Ehrgeiz als ihre Kinder entwickeln. Kinder und Jugendliche auf Niederlagen des Lebens vorzubereiten und ihnen beizubringen, nein zu sagen, ist die beste Prävention, um Drogenkonsum und Doping zu verhindern und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, erfolgreich durchs Leben zu gehen – auf welchem Platz auch immer.

Deshalb bitte ich Sie, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

16.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Riener verlesene Entschlie­ßungsantrag der Abgeordneten Haubner, Lichtenegger, Dr. Wittmann, Brosz, Mikesch, Fauland, Schasching, Mag. Lunacek, Riener, Mittermüller, Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Elmar Lichtenegger, Dr. Peter Wittmann, Dieter Brosz, Herta Mikesch, Markus Fauland, Beate Schasching, Mag. Ulrike Lunacek, Bar­bara Riener, Marieluise Mittermüller, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Initiative gegen Doping im Sport“

zum Bericht und Antrag des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird (Anti-Doping-Bundesgesetz) (1416 der Beilagen).

Der Bericht über die soziale Dimension des Sports, der dem Europäischen Rat in Hel­sinki vorgelegt wurde, und der Maßnahmenplan gegen Doping, der von der Kommis­sion bereits im Dezember 1999 angenommen wurde, belegen das rege Interesse der Europäischen Kommission an Bewegung und Sport.

Doping ist Betrag an sich selbst, an den Wettkampfteilnehmern, an Veranstaltern, am eigenen Team, am Publikum, an Sponsoren usw. Das Dopingverbot gehört zu den Spielregeln im Sport. Wer diese Regeln – bewusst oder unbewusst – missachtet, han­delt gegen Fairplay und Ethik im Sport. „Leistungsfördernde“ Wirkstoffe können zudem die Gesundheit gefährden. Wer dopt schadet nicht nur dem Sport, sondern auch seiner Gesundheit und belügt und gefährdet sich selbst! Es muss daher ein erklärtes Ziel


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sein, Bewusstsein für Gefahren und Folgen von Doping nicht nur im Spitzensport, son­dern auch im Breiten- und Hobbysport zu schaffen!

Im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr der Erziehung durch Sport 2004 hat eine Gruppe von Expert/innen der Sportpädagogik entsprechende nationale Leitlinien ausgearbeitet, deren Inhalt die Vermittlung der Werte des Sports: Fairness, Gleichheit, Toleranz, Respekt, Regelakzeptanz und Regelbefolgung, Selbstkontrolle, Ablehnung von Doping und Drogenmissbrauch sowie Zusammenhalt in der Gruppe, Freundschaft und Solidarität ist.

Dafür wurden auch mit dem Österreichischen Anti-Doping-Comité und der Deutschen Sportjugend (dsj) Argumente und Entscheidungshilfen für junge Sportlerinnen und Sportler („Sport ohne Doping“) gestaltet. Ziel der Broschüre ist es, Orientierung zu ge­ben und einen Beitrag zu einer bewussten Entscheidung gegen Doping, für Gesundheit und Fairness zu leisten.

In den Lehrplänen zur „Sportkunde“ ist festgeschrieben, dass Schülerinnen und Schü­ler sich mit der gesellschaftlichen Funktion von Bewegung, Spiel und Sport kritisch-konstruktiv auseinander setzen sollen: dazu zählen Normen und Werte, Trends, Natur und Umwelt, Technik, Wirtschaft, usw. Das Thema kann von verschiedenen Seiten be­leuchtet werden, sei es dass die ethischen Fragen erörtert werden, sei es, dass die Problematik des Betrügens oder die Gefahren für den Körper in den Vordergrund ge­rückt werden. Besonders wichtig ist, dass diejenigen, die als Trainer und Betreuer, als Bertrauens- und Bezugspersonen von Jugendlichen für Training, Gesundheit, Umgang mit Sieg und Niederlage, die Vermittlung von Wertvorstellungen, die Vermittlung von Wissen über die Wirkungen und Nebenwirkungen von Substanzen und den Umgang mit Regeln Verantwortung tragen, angesprochen werden. Sie müssen sich diese Ver­antwortung immer wieder bewusst machen. Sie können viel dazu beitragen, dass junge Menschen von sich aus „Nein“ zum Doping sagen.

Aus den genannten Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, sich dafür einzusetzen, dass im Sinne der Nachhaltigkeit die im EU-Jahr der Erziehung durch Sport 2004 begonnenen Maßnahmen gegen Doping im Sport an den österreichischen Schulen gezielt weiterverfolgt werden.

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, insbesondere sicher zu stellen, dass im Wege der Lehrer/innen/fortbildung entsprechende Lehrveran­staltungen zur Erreichung der Zielsetzung angeboten werden. Ein besonderer Schwer­punkt soll dabei bei den Bundesanstalten für Leibeserziehung in der Aus- und Weiter­bildung der Instruktoren/Instruktorinnen und Trainer/innen für alle Sportsparten in Zu­sammenarbeit mit dem Österreichischen Anti-Doping-Comité gesetzt werden.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.53.47

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Dieser ein­stimmige Beschluss im Sportausschuss ist ein großer Erfolg für den Sport. Es wurde


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ein Gesetz mit dem Sport und für den Sport geschaffen, und ich denke, es wäre schon notwendig, dass bei so einer Gesetzesmaterie, die sehr wichtig ist, auch der Sport­staatssekretär anwesend ist.

Meine Damen und Herren, erstmals gibt es eine klare gesetzliche Regelung zur Do­pingprävention und -bekämpfung in Österreich. Diese Einigung basiert auf einem Ent­schließungsantrag, den Jacky Maier bereits im März 2003 eingebracht hat. Es hat drei Jahre und einige unrühmliche Zwischenfälle später sein müssen, dass die Regierung eingesehen hat, dass klare Regelungen im Interesse aller geschaffen werden mussten.

Es ist ein modernes Gesetz geschaffen worden, mit dem die Fairness im Sport geför­dert wird. Es ist ein internationales Gesetz, da es maßgeblich auf dem World Anti-Do­ping Code basiert, und es verhindert auch die Kriminalisierung der Sportler. Es bietet aktiven Sportlerinnen und Sportlern genau die internationale Rechtssicherheit, die sie für eine professionelle Ausübung ihres Sports benötigen.

Ein Beispiel ist die Sicherheit durch das Ärztegesetz: Der Patient muss den Arzt aus­drücklich darauf hinweisen, dass er Leistungssportler oder Leistungssportlerin ist, und die Ärzte müssen dann den Leistungssportler oder die Leistungssportlerin informieren, wenn in Arzneien verbotene Wirkstoffe der Anti-Doping-Konvention enthalten sind.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz verhindert auch echte Kriminelle. Gesperrte Trainer oder Sportler dürfen von ihren Verbänden nicht mehr weiterbeschäftigt werden. So etwas wie der Fall Mayer bei der Olympiade 2006 wird nicht mehr möglich sein. Un­ter Strafe stehen ab sofort auch Blut- und Gendoping.

Dieses Gesetz regelt endlich die Verrechtlichung der Dopingkontrolle. Ab sofort gibt es Anhörungsverfahren, rechtsverbindliche Sanktionen und Disziplinarmaßnahmen, Rechtsbehelfe, klar definierte Aufgaben und Zuständigkeiten der Athleten. Das ist eine Grundlage für eine unabhängige Dopingkontrolleinrichtung, die damit geschaffen wur­de.

Unabhängige Dopingkontrolleinrichtungen wie die WADA und Sportorganisationen, die Sportler zu internationalen Wettkämpfen entsenden, können in Hinkunft Dopingkontrol­len anordnen. Weil der Präsident des ÖOC ja auf der Besuchergalerie sitzt: Auch das ist eine Maßnahme, die er in Zukunft verwenden kann, damit so etwas wie in Turin nicht mehr passiert.

Meine Damen und Herren! Es ist grundsätzlich wirklich ein ausgezeichnetes Gesetz, das wir hier einstimmig beschließen werden, aber es ist trotzdem noch eine Forderung offen, die wir verwirklichen sollten, nämlich das UNESCO-Übereinkommen zur Präven­tion und Bekämpfung von Doping im Sport hier in diesem Hause rasch zu ratifizieren. Österreich sollte auch im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft dieses UNESCO-Überein­kommen rasch in Europa vorantreiben, damit europaweit gleiche und einheitliche Reg­lements für einen sauberen Sport Gültigkeit haben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


16.56.55

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine lie­ben Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem neuen, modernen Anti-Doping-Gesetz wird die Fairness im Sport gefördert und den Sportlerinnen und Sportlern die Rechtssicher­heit gegeben, die sie für eine effiziente und professionelle Ausübung ihrer Sportart und zur Vorbereitung auf Wettkämpfe brauchen.


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Es geht dabei nicht um eine Kriminalisierung der Sportler, sondern es geht um null To­leranz gegenüber Dopingsündern. Doping, in welcher Form auch immer, ist und bleibt Betrug, und Betrug hat im Sport ganz einfach nichts verloren.

Daher bin ich froh, dass die Bundesförderungsmittel nur mehr bei der konsequenten Einhaltung der Anti-Dopingregelungen des zuständigen internationalen Sportfachver­bandes gewährt werden.

Damit schaffen wir die Möglichkeit, Projekte im Bereich der Anti-Dopingforschung zu fördern, und damit verpflichten wir die Sportorganisationen zur umfassenden Doping­prävention, weil die Ausbildung der Betreuungspersonen der Sportler gefördert wird.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, darüber hinaus wird damit ein Anhörungsver­fahren vor Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gegen Sportler oder Mannschaften bei Verstoß gegen Anti-Dopingregelungen eingeführt, das mehr Transparenz und Klar­heit bringen, zusätzlich präventiv wirken und die Unsicherheiten beseitigen wird, denn es muss jeder Sportler die Chance bekommen, sich gegen Vorwürfe angemessen zu verteidigen. Sonst haben wir sehr schnell Verhältnisse wie in Turin, wo Dutzende Poli­zisten dieses Recht auf angemessene Verteidigung mit Füßen getreten haben.

Wichtig ist, dass wir mit dem Anti-Doping-Gesetz die Grundlage für eine unabhängige Dopingkontrolleinrichtung schaffen, die der Sportöffentlichkeit entsprechende Informa­tionen zur Verfügung zu stellt und für größtmögliche Aktualität dieser Information zu sorgen hat.

Diese Anti-Dopingbestimmungen sollen in das Sportförderungsgesetz eingehen und dieses sinnvoll ergänzen. Daher bin ich froh, dass es dafür einen einstimmigen Be­schluss hier im Hohen Haus gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner dazu zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Zweytick. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.59.19

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es sind von den 21 Vorrednern viele wichtige Inhalte dieses neuen und so wichtigen Anti-Doping-Bundesgesetzes deutlich und ausführlich dargestellt wor­den. Ich kann dem eigentlich nur beipflichten und nur mehr ganz wenig hinzufügen – nur vielleicht so viel, dass dieses Gesetz doch einen Meilenstein der österreichischen Sportpolitik darstellt.

Es war dies nicht erst jetzt, auf Grund der Vorfälle von Turin, geplant – daher möchte ich diesem Gesetz auch nicht einen Anlass unterstellen –, sondern es war schon am Anfang dieser Gesetzgebungsperiode der Wunsch dieser Bundesregierung und unse­res Bundeskanzlers, auch hier mehr Klarheit und Transparenz zu schaffen. Denn es geht um den Sport, und es ist dies über den Sport hinaus von großer Bedeutung für das Sportland Österreich, vor allem für die Menschen, aber es handelt sich dabei auch um einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Selbstverständlich geht es auch um die Bekämpfung des Missbrauchs, und um diesem Missbrauch in Form des Dopings eine Schranke zu setzen, ist dieses Gesetz zeitge­mäß, richtig und wichtig. Wir heben uns damit von vielen anderen Ländern in der Euro­päischen Union ab, zum Beispiel von Deutschland, Frankreich oder Italien.

Das ist ein Meilenstein, und dessen präventive Wirkung soll die Zukunft des fairen, sauberen Sports in Österreich für viele Menschen einerseits sichern, aber vor allem


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auch den Zugang zum Sport fördern. Das soll auch eine Motivation zur Ausübung des Sports sein, des gesunden, fairen Sports, und damit der Gesundheit insgesamt dienen.

Ich freue mich wieder auf faire Wettkämpfe ohne Doping und möchte mich daher ganz besonders bei unserem Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel bedanken, aber auch bei seinem Staatssekretär, Herrn Schweitzer: herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 geändert wird, in 1416 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haubner, Lichtenegger, Dr. Wittmann, Brosz, Kollegin­nen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom Abänderungsantrag der Abgeordneten Brosz, Kolle­ginnen und Kollegen betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und dann über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abge­ordneten Haubner, Lichtenegger, Dr. Wittmann, Brosz, Kolleginnen und Kollegen ab­stimmen.

Die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 14 Abs. 2 Z 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Dieser Abänderungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Haubner, Lichtenegger, Dr. Witt­mann, Brosz, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Haubner, Lichtenegger, Dr. Wittmann, Brosz, Kolleginnen und Kolle­gen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Haubner, Dr. Wittmann, Lichtenegger, Brosz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Initiative gegen Doping im Sport“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Dieser Entschließungsantrag ist somit angenommen. (E 180.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Sport­angelegenheiten, seinen Bericht 1415 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.04.279. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (816/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort kommt der Antragsteller, Herr Abgeordneter Steier. Wunschrede­zeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.04.52

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Seit dem Jahr 2002 müssen neue Autos nicht mehr jährlich zur Pickerl-Überprüfung. Das Intervall für die wiederkehrende Überprüfung nach § 57a Kraftfahrgesetz lautet seither für Neuwagen: drei – zwei – eins, also erstmals drei Jahre nach der Erstzulassung für das Pickerl, danach nach zwei Jahren und dann erst jährlich.

Bei der Abschaffung dieses jährlichen Pickerl-Intervalls wurde seinerzeit von ÖVP und FPÖ argumentiert, dass längere Überprüfungsintervalle zu keinerlei Beeinträchtigun­gen der Verkehrssicherheit führen würden. Diese Annahme war, wie sich nunmehr her­ausstellt, viel zu optimistisch. Vier Jahre später wissen wir, dass die Fahrzeuge durch die verlängerten Überprüfungsintervalle weder sicherer noch umweltfreundlicher ge­worden sind.

Eine Untersuchung des ÖAMTC hat aufgezeigt, dass jedes zehnte dreijährige Auto schwere, gravierende Mängel aufweist; vor dem „Pickerl-Neu“ war das nur bei jedem zwanzigsten Auto im gleichen Alter der Fall. Der ARBÖ schätzt, dass auf Österreichs Straßen insgesamt 50 000 Fahrzeuge unterwegs sind, die nicht der Verkehrssicherheit entsprechen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben diese Erfahrungswerte der Autofah­rerklubs aufgegriffen und fordern in unserem Antrag 816/A die Rückkehr zur jährlichen Pickerl-Überprüfung, zum jährlichen Pickerl-Intervall, im Ausmaß von zwei zu eins. Neuwagen sollen demnach zwei Jahre nach der ersten Zulassung zum Pickerl müs­sen, danach hat die Überprüfung jährlich zu erfolgen.

Die Forderung nach einer Rückkehr zur jährlichen Überprüfung von Fahrzeugen ist nicht nur – wie sich herausstellt und wie ich vorhin dokumentiert habe – aus dem Blick­winkel der Verkehrssicherheit relevant, sondern insbesondere auch aus Gründen des


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Umweltschutzes. Auch viele Neuwagen weisen auf Grund falscher Einstellungen hohe Abgaswerte auf und belasten damit unnötig die Umwelt.

Geschätzte Damen und Herren, der Verkehr spielt eine beträchtliche Rolle bei der Entstehung des Feinstaubs und bei Treibhausgas-Emissionen in Österreich. (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... Mehrkosten für die Autofahrer!) Diese Diskussion haben wir in den letzten Jahren in gesteigerter Form geführt und sind mittlerweile an dem Punkt ange­langt, an dem wir nach geeigneten, praktikablen Maßnahmen suchen, um der Fein­staubproblematik zu begegnen.

Daher sollten wirklich alle technischen und organisatorischen Möglichkeiten zur Reduk­tion der Emissionen des Verkehrs genutzt werden. Dazu gehört ein ganzes Bündel an effektiven Maßnahmen, wie eben auch ein jährlicher Check aller Fahrzeuge, optimaler­weise kombiniert mit einer Kennzeichnung aller Fahrzeuge nach ihrer Schadstoffklasse durch farbige Markierungen auf dem Pickerl, wie ein weiterer Entschließungsantrag des Kollegen Krainer und von mir fordert.

Meine geschätzten Damen und Herren, erstaunlich ist – um es einmal neutral zu for­mulieren – die eher verhaltene Reaktion der Regierung auf unsere Vorschläge. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, das ist nicht erstaunlich!) Obwohl mit jährlichem Pickerl und Feinstaub-Pickerl die Einhaltung von Emissionsstandards bei Straßenfahrzeugen leicht erzielt und kontrolliert werden könnte, dürften bei den Regierungsfraktionen offensicht­lich ideologische Scheuklappen wichtiger als effektive Maßnahmen sein.

Geschätzte Damen und Herren! Zu der Aussage von Verkehrsstaatssekretär Kukacka, dass der finanzielle Anreiz der Regierung (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... die Fahrzeuginha­ber schonen!) für saubere Neufahrzeuge viel klüger als alle anderen Vorschläge wäre, möchte ich nur Folgendes anmerken. Das Bonus-Malus-System für Dieselpartikelfilter dient erstens nur für alle Neufahrzeuge, zweitens nur für Dieselfahrzeuge, und es wird drittens nur von einem Drittel der Autobesitzer direkt in Anspruch genommen, wobei – und das möchte ich hier ganz eindeutig deponieren – die Österreicherinnen und Öster­reicher umweltbewusster als Vater Staat sind.

Der Bund selbst kann bei seinem gesamten Fuhrpark gleich eine umweltpolitische Bankrotterklärung abgeben: Von 4 874 Dieselautos im Dienste der Republik sind sage und schreibe 68 mit Partikelfiltersystemen ausgestattet. (Abg. Gradwohl: Ein Wahn­sinn!) Dieses Resultat ist mehr als erschütternd und kommt für die umweltpolitische Glaubwürdigkeit der Regierung einer Bankrotterklärung gleich. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher: Unterstützen Sie unsere Initiative für einen praktikablen organisatorischen Lö­sungsansatz in dieser schwierigen Materie. – Ich danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dipl.-Ing. Auer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.10.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Es geht um die §-57a-Pickerl-Überprüfung respektive um die Überprüfung der Fahrzeuge. Wie mein Vorredner bereits erwähnt hat, wurde diese Maßnahme im Jahre 1973 eingeführt. Damals hat man diese Maßnahme aus Gründen der Verkehrssicherheit und der Betriebssicherheit ergriffen.

Nach knapp drei Jahrzehnten hat man diese Maßnahme allerdings einer Reform unter­zogen, und man hat dabei für Neuwagen, für neu zugelassene Kraftfahrzeuge, die For­mel „Drei – zwei – eins“ kreiert. Das heißt, man hat die Intervalle verlängert. In dieser Zeit hat sich technisch und hinsichtlich der Verkehrssicherheit sehr viel getan. Die Autos sind moderner geworden, sie sind auch ökologischer geworden.


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Zudem darf ich dazusagen, dass es seitens der EU eine Richtlinie gibt, die besagt, dass das Intervall mit maximal vier Jahren zu handhaben ist. Wir sind daher mit drei Jahren durchaus noch besser dran, das heißt, wir sind hier vorbildlicher. Die meisten EU-Staaten haben entweder ein drei- oder ein vierjähriges Intervall für die neuen Kraft­fahrzeuge vorgesehen.

Jetzt kommt also die SPÖ mit einem Antrag und möchte wieder zurück zum alten Sys­tem, und das geschieht gerade in einer Zeit, in der es eine eklatante finanzielle Miss­wirtschaft seitens des ARBÖ gibt. Insbesondere der ARBÖ ist derjenige, der diese For­derung aufstellt, und natürlich liegt da ein sehr starkes Naheverhältnis vor.

Ich darf also die Damen und Herren von der SPÖ schon daran erinnern, dass Geldsor­gen beim ARBÖ nicht auf dem Rücken der Autofahrer, nicht auf dem Rücken der Pendler, Herr Kollege, ausgetragen werden dürfen. Hier wird die ÖVP sicherlich nicht mitmachen. Die ÖVP wird ganz sicher gegen diesen Antrag stimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Außerdem gibt es einen weiteren Antrag des Herrn Umweltsprechers von der SPÖ, mit dem er noch dazu ein färbiges Pickerl kreieren möchte, und zwar in verschiedenen Farben. Das heißt, dass jemand, der ein älteres Auto hat, auch noch ausgegrenzt und diskriminiert wird. Womöglich wird das mit einem roten Stempel versehen: Achtung! Halt! Stopp! Aus dem Verkehr ziehen! (Abg. Krainer: Schwarz! Mit einem schwarzen Stempel!) – Ich glaube, das ist wirklich eine eklatante Diskriminierung.

Wir von der ÖVP haben eindeutig bessere Maßnahmen ergriffen, wie zum Beispiel die­ses Bonus-Malus-System, das wir mit 1. Jänner 2006 auf kleinere Kraftfahrzeuge aus­gedehnt haben, et cetera. Daher noch einmal: Nur, damit die SPÖ ihren ARBÖ wieder in eine sichere Finanzlage bringt, werden wir ganz sicher nicht die Autofahrer zur Kas­se bitten!

Es mag sein, dass die SPÖ jetzt hergeht und sagt: Mit dem ARBÖ haben wir auch nichts mehr zu tun!, wie es vor kurzem schon bei der BAWAG der Fall war. Aber ich glaube, die Wählerinnen und Wähler werden das genau auseinander halten können. Sie werden sich mit Sicherheit merken, wer für mehr Schulden und für mehr Belastung ist. (Abg. Gradwohl: Wer für weniger Verkehrssicherheit ist!)

Wir fahren eine andere Linie. Wir wollen entlasten, und wir haben die Steuerzahler in den letzten Jahren sehr stark entlastet. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

17.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Wittauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.14.11

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es ver­wundert mich, dass dieser Antrag gerade von der sozialdemokratischen Seite kommt. Warum? – Die Bundesregierung hat vor, am Ende dieses Jahres zusammen mit der Statistik Austria die Ergebnisse der wiederkehrenden Begutachtungen, die gesammelt worden sind, auszuwerten. Dann wird man de facto erst wissen, was Sache ist. Es ist ausgemacht worden, dass wir es uns dann, wenn diese Auswertungen vorliegen, anschauen und darüber reden, ob wir Verbesserungen machen können oder nicht. Das heißt, dieser jetzige Initiativantrag ist eine typische Geschichte, mit der man dem vor­greift.

Ich muss mich fragen, wie das damit zusammenpasst, dass Sie dauernd sagen, wir würden die Menschen in diesem Land belasten. Wissen Sie, wie viele Leute von die­sem Initiativantrag belastet sind? – 300 000 Fahrzeugbesitzer, die ein Pickerl zusätz-


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lich bezahlen müssen! Jeder weiß, was das heißt; das kann für den einen oder ande­ren viel oder wenig sein. Aber jedenfalls müsste man der Bevölkerung, müsste man den Autofahrern dann erklären, dass man eine Belastungsmaßnahme, die man zuvor weggenommen hat, zusätzlich wieder setzt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) 300 000 Au­tofahrer sind dann wieder belastet!

Wenn ich die Begründung anhöre: Es stimmt ... (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) – In dieser Begutachtung mit der Statistik Austria wird festgestellt werden, welche Mängel bestehen, ob sie nach einem Jahr, nach zwei oder drei Jahren aufge­treten sind und welche sonstigen Resultate zustande gekommen sind. (Abg. Grad­wohl: Das sagt der Umweltsprecher des BZÖ! Ich bin enttäuscht!)

Aber wenn Sie jetzt hergehen und sagen, dass die wiederkehrende Überprüfung mit dem Pickerl die Abgaswerte beeinflusst, dann wissen Sie nicht, was dort überprüft wird. Es wird die Funktion überprüft: ob der Katalysator intakt ist und ob sozusagen in der Abgasanlage die Filter funktionieren, aber es wird nicht überprüft, welche Inhalts­stoffe enthalten sind. Jetzt zu sagen, durch neuerliche Überprüfungen oder kürzere In­tervalle würde die Feinstaubbelastung zurückgenommen werden, das ist schlicht und einfach falsch.

Ich würde Ihnen vorschlagen: Ziehen Sie diesen Antrag zurück und warten Sie auf die Ergebnisse der Statistik Austria! Dann können wir gemeinsam darüber reden, ob Ver­besserungen überhaupt notwendig sind. Aber fordern Sie nicht eine einseitige Belas­tung von 300 000 Autofahrern! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.16.55

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Änderung der ursprünglichen Regelung haben wir unsere Sachargumente im Verkehrsausschuss deutlich deponiert. Wir haben im Prinzip auch einen Allparteienkonsens darüber, dass jede Maßnahme, die zur Verbesserung der Verkehrssicherheit dient, gemeinsam beschlossen werden soll. An diesen Konsens habe ich mich gehalten, als es um Licht am Tag gegangen ist; das ist ja gar nicht so unumstritten gewesen. Aber wir wollen alle Möglichkeiten in Anspruch nehmen.

Deshalb ist für mich eine verstärkte Kontrolle im alten Umfang, nämlich die Pickerl-Kontrolle jährlich ab einem gewissen Alter der Autos, auch eine der Maßnahmen. Die Zahlen sprechen ja für sich; von den 50 000 haben wir gehört. Bitte gehen Sie zurück! Nehmen Sie das ernst, was Sie selbst immer wieder sagen, Herr Kollege: Jede Maß­nahme muss probiert werden!

Bitte, so teuer ist das Pickerl wirklich nicht! Die meisten Menschen haben das in der Vergangenheit einfach im Zuge eines Services gemacht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sagen Sie über einen Betrag von 10 €? – Weitere Zwischenrufe.) Das war keine Ein­nahmequelle ausschließlich für den ARBÖ oder für den ÖAMTC, das ist im Rahmen der normalen Werkstättenkontrollen abgewickelt worden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ges­tern hat Herr Zinggl wegen 10 € beim Museumseintritt herumgejeiert! Und jetzt sagen Sie, das ist nicht so teuer! Das ist paradox!) Darum verstehe ich nicht, dass man das Kostenargument so sehr heranzieht. So teuer war das wirklich nicht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum jeiert Zinggl dann?)

Wieso regen Sie sich denn so auf, Frau Kollegin Partik-Pablé? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kann ich Ihnen sagen: 10 € waren gestern für Herrn Zinggl zu teuer fürs Museum ...!) – So teuer war doch das Pickerl gar nicht! Ich kann mich daran erinnern, ich habe es mir


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als Studentin fast schon leisten können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Gestern war ihm das für eine Familie zu teuer! – Abg. Dr. Gab­riela Moser – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Als ich noch ein Auto hatte!)

17.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 816/A dem Verkehrsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

17.19.00Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Banken­aufsicht und der Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanzdienstleistern.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses gemäß § 33 GOG zur Untersuchung der Verantwortung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen, der Banken­aufsicht und der Finanzmarkaufsicht hinsichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanzdienstleistern.

Begründung:

In letzter Zeit wurde eine Reihe gravierender Missstände im österreichischen Bankwe­sen und bei Finanzdienstleistern offenkundig. Diese Missstände stellen nicht nur einen enormen wirtschaftlichen Schaden dar, sie schädigen auch die Reputation und damit die Leistungsfähigkeit des Finanzplatzes.

Besonders ins Auge sprangen dabei folgende Vorfälle:

Engagements in hochriskante Spekulationsgeschäfte (BAWAG, Hypo Alpe Adria, u.a.)

Finanzielle Mitwirkung an fragwürdigen Firmenübernahmen (MobTel, MobilTel)

Intransparente Geschäftsverbindungen zu dubiosen Partnern (Raiffeisen International, Hypo Alpe-Adria)

Anlagefonds, die unbehelligt in kurzer Zeit tausende Anleger schädigen (AMIS).

Diese Vorfälle haben nicht nur juristische Folgen, sondern werfen auch die Frage auf, warum die vom Gesetzgeber bestellten Aufsichtsorgane nicht einschritten und was sie von den Vorkommnissen wussten.

Widersprüchliche Aussagen zu aufklärungsbedürftigen Vorfällen rund um die soge­nannten „Karibik-Geschäfte“ der BAWAG werfen Fragen über das Verhalten der dama­ligen Bankenaufsicht im BMF und der von 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundes-


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minister für Finanzen auf. Die BAWAG unterlag als Kreditinstitut der Bankenaufsicht, die zu dieser Zeit vom BMF ausgeübt wurde. Sie unterlag außerdem der Prüfungskom­petenz der OeNB, die nach dem BWG bei der Bankenaufsicht mitzuwirken hatte.

Darüber hinaus ist bekannt geworden, dass wegen riskanter Devisen- und Zinsge­schäfte (Swaps) die Hypo Alpe-Adria-Bank AG vor zwei Jahren rund 330 Mio. Euro verloren hat. Auch hier stellt sich die Frage, warum Bankprüfer, Staatskommissäre und Bankenaufsicht kein entsprechendes Interesse an aufklärungsbedürftigen Bilanzzahlen zeigten.

Die Finanzierung von Firmenübernahmen von osteuropäischen Paten – etwa im Falle der bulgarischen Mobiltel oder der serbischen Mobtel – birgt nicht nur hohe finanzielle Risken, die mittelbar österreichische Kunden und Steuerzahler schädigen könnten, sondern ist auch geeignet, die Reputation und Vertrauenswürdigkeit des heimischen Bankplatzes zu gefährden. Auch passen solche Geschäftspraktiken schlecht zu den Richtung EU-Beitrittskandidaten gerichteten Forderungen, entschiedener gegen Wirt­schaftskriminalität vorzugehen.

Ebenso geeignet, die Interessen von österreichischen Bankkunden und das Ansehen des Bankplatzes zu schädigen, sind von österreichischen Banken organisierte Treu­handlösungen, wie die Centragas der Raiffeisen International, die dazu dienen, Eigen­tumsverhältnisse zu verschleiern und damit den Verdacht von Geldwäsche und unge­rechtfertigten Gewinnentnahmen wecken.

Schließlich tummeln sich in Österreich – scheinbar unbehelligt von der Finanzmarktauf­sicht – Finanzberater und Veranlagungsfirmen, die offenbar nicht daran denken, die von ihnen geweckten Gewinnversprechen zu erfüllen und tausende geschädigte An­leger zurücklassen. Auch hier stellt sich die Frage, warum die staatlich vorgesehenen Kontrollinstrumente versagen.

Da es ein dringendes öffentliches Interesse an einem geregelten und funktionstüchti­gen Bankwesen und Finanzmarkt gibt, muss genau untersucht werden, welche Hand­lungen oder Unterlassungen die sachlich in Betracht kommenden Behörden im Zeit­raum von 1994 bis heute gesetzt haben und welche Konsequenzen sich aus festge­stellten Mängeln für zukünftige Verbesserungen ableiten lassen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung der Verantwortung der in den Jahren 1994 bis heute im Amt befind­lichen Bundesminister für Finanzen, der Bankenaufsicht und der Finanzmarkaufsicht hinsichtlich der fehlenden Konsequenzen aus offenkundigen Missständen bei Banken und Finanzdienstleistern wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt. Der Ausschuss soll folgende Bereiche untersuchen:

1. Reaktion der Kontrollinstitutionen im Zeitraum von 1994 bis heute auf die sogenann­ten „Karibik-Geschäfte“ der BAWAG.

2. Politische Verantwortlichkeit für die fehlenden Konsequenzen eines Prüfberichtes der Nationalbank aus dem April 2001 an die damalige Bankenaufsicht im BMF über die Situation der BAWAG/PSK.

3. Politische Verantwortlichkeit für eventuell eintretende Haftungen der Republik Öster­reich gegenüber den KundInnen der BAWAG/PSK.


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4. Untersuchung von Zusammenhängen mit der außergewöhnlichen und ihrerseits du­biosen Finanzierung der Beschaffung der „Eurofighter“.

5. Prüfung der Entsendepraxis von Staatskommissären, im speziellen im Fall der Hypo-Alpe-Adria Bank AG und der BAWAG/PSK, Tiroler Sparkasse.

6. Prüfung der Frage, ob, in wie weit und wann die Banken- bzw. Finanzmarktaufsicht über die Malversationen in der Hypo-Alpe-Adria Bank AG Kenntnis erlangt hat und wie diesfalls von seiten der FMA reagiert wurde.

7. Prüfung der Frage, inwieweit die Finanzmarktaufsicht gegen Fehlbewertungen von Beteiligungen und Kreditrisiken vorgeht.

Der Untersuchungsausschuss soll im Verhältnis 5 ÖVP, 4 SPÖ, 1 Freiheitlicher Klub, 1 Grüne zusammengesetzt sein.

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser De­batte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Mi­nuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Herr Ab­geordneter, 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.20.04

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Anlass gebende Angelegenheit braucht nicht schöngeredet, weggeredet oder sonst etwas zu werden: Das war und ist in der chronologischen Abfolge der letz­ten Wochen nach die so genannte BAWAG-Affäre. Das ist so. Dies nur deswegen, damit Sie nicht unnötig Energien für etwaige folgende Zwischenrufe verbrauchen müs­sen. Das ist also völlig klar.

Jetzt gilt es, hinsichtlich der notwendigen Untersuchungen im Bankenbereich und vor allem der Bankenaufsicht, der nunmehrigen Finanzmarktaufsicht ein paar Überlegun­gen anzustellen, die doch darauf hinauslaufen, dass man zu dem Schluss kommt, dass es, was die BAWAG selbst betrifft, einer Ausdehnung des zeitlichen Horizonts der Untersuchung bedarf, dass es überhaupt einer genaueren Benennung der Untersu­chungsgegenstände bedarf, als wir das in den letzten Wochen auf der politischen Bühne praktiziert haben, und dass – das wird Sie nicht wundern, und ich meine, die Grünen sind auch in diesem Punkt sehr glaubwürdig – auch andere Institute, die in ähnlicher Weise Bruch gebaut haben wie die BAWAG oder auch ganz andere mögliche oder tatsächliche Verfehlungen im finanziellen Dienstleistungsgewerbe – sprich in der Bankenwirtschaft und in ähnlichen Wirtschaftszweigen – begangen haben: Für all das gibt es eine ...

Das ist interessant (in Richtung ÖVP-Abgeordnete, die zum Teil zwischen den Bank­reihen stehen und miteinander Gespräche führen), wie Sie sich jetzt geben. – Das wundert mich nicht, dass Sie das nicht interessiert, denn Sie wollen ja damit offensicht­lich nur in Grieskirchen wahlkämpfen. Wir könne ja gern zum Kern der Sache kommen: Sie wollen in Grieskirchen Vierzeiler verbreiten, die von der Mär leben, dass in ganz Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg immer nur unfähige Rote alles belagern und in


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„Heuschreckenmanier“ abgrasen, und Sie erstens nie irgendwo dabei waren und zwei­tens auch jetzt mit all dem nichts zu tun haben, obwohl Ihre Vertreter – das kann man ja wohl noch gemeinsam feststellen – seit sechs Jahren den maßgeblichen Teil dieser Bundesregierung stellen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ellmauer.)

Jetzt rekurriere ich ja gerade darauf, was überhaupt Angelegenheit politischer Untersu­chungen hier im Parlament sein kann, eigentlich nur sein darf. Diese Initiative ist uns ja nicht nur irgendwie eingefallen. Sie werden sich sicherlich daran erinnern, dass es Ihre Fraktion (in Richtung ÖVP) war, die ein Prüfverlangen für den so genannten kleinen Untersuchungsausschuss eingebracht hat – dort fängt das Spiel nämlich an. Erinnern wir uns wieder gemeinsam! (Abg. Öllinger: Es fällt ihnen einfach schwer das Erin­nern!)

Im Zentrum dieses Prüfverlangens stand die BAWAG – der Antrag von Klubobmann Molterer, Kolleginnen und Kollegen der ÖVP war in dem Punkt in der Folge völlig kor­rekt weiterformuliert –, und zwar in dem Sinne, dass ja im Kern nur das Wirken der Bankenaufsicht und nunmehrigen Finanzmarktaufsicht Gegenstand der Untersuchung sein kann, aber nicht die private Bank eines privaten Vereins. Das ist doch völlig klar!

Jetzt kommt aber der kritische Punkt: In diesem Prüfverlangen steht – und ich denke, so wie der Schelm seinen Antrag formuliert, so ist er auch hier im Parlament –, dass Sie ab dem Jahr 2000 dem Untersuchungsgegenstand eine andere Wendung geben wollen.

Das Ganze liest sich folgendermaßen: Bis zum Jahr 2000 soll das böse Wirken der BAWAG an sich, das böses BAWAG-Treiben in der Karibik – da ist man nämlich nicht mehr so nobel mit der Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes – untersucht wer­den, ab 2000 aber sollen wir nur noch untersuchen, dass der Finanzminister, der ge­kommen ist, eine positive Initiative zur Verbesserung und Einführung einer so genann­ten Allfinanzaufsicht gestartet hat.

Da drängen sich nicht nur mehrere Fragen, sondern gleich auch Probleme auf: Erstens einmal darf man von einer so wichtigen und großen Fraktion wie der ÖVP erwarten, dass sie weiß, dass für diese Dinge das Parlament zuständig ist und nicht der Finanz­minister. Das war natürlich ein sehr, sehr lange gemeinsam verhandeltes Gesetz, auf das hier rekurriert wird.

Daraus im Prüfverlangen abzuleiten, dass der Finanzminister in dem Moment, wo er blau, später orange nunmehr vielleicht schwarz geworden ist, aus der Ziehung genom­men werden soll, und zwar mit der Formulierung, dass der Finanzminister ja so Positi­ves bewirkt hätte, das finde ich, gelinde gesagt, ein bisschen abenteuerlich. Das ist nämlich nicht mehr nur der Zustand und Umstand, den Sie hier mit Ihrer Mehrheit zu verantworten haben, dass wir eigentlich ständig den Kontrollnotstand im Haus ausrufen müssten.

Das geht sogar noch weiter, denn: Hier bedient sich die Mehrheit eines Kontrollinstru­ments – und in einem Punkt, in dem es Ihnen politisch vielleicht nicht zu passen scheint, drehen und wenden Sie es, wie Sie es brauchen. Das ist möglicherweise am politischen Boulevard legitim, aber sicherlich nicht hier im Haus, da das Parlament die Aufgabe hat, die Regierung zu kontrollieren – und nicht einem Finanzminister in einem Prüfauftrag a priori den Heiligenschein zu verpassen. Das ist ja unglaublich, wie Sie das angehen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Deshalb gibt es unsere Initiative, Ihnen einen Weg zu eröffnen, um aus dieser Sack­gasse herauszukommen. Wir sagen: Jawohl, wir sind überhaupt nicht der Pflichtvertei­diger der Sozialdemokraten, des ÖGB oder irgendwelcher BAWAG-Vorstände oder


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Aufsichtsräte. Im Gegenteil: Wir bringen hier einen Antrag auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses ein, der natürlich ganz andere Möglichkeiten und Instrumente als der so genannte kleine Untersuchungsausschuss hat. Niemand weiß das besser als Ihre Fraktion!

Niemand hat so sehr darunter gelitten wie die Oppositionsparteien, weil Sie es immer, basierend auf der Geschäftsordnung, dorthin traktiert haben. – So weit, so gut! Jetzt plötzlich soll das ein taugliches Instrument sein, um irgendetwas zu prüfen. – Auf den Prüfungsumfang kommen wir dann ja noch einmal zurück.

Wenn Ihnen das also so wichtig ist, dann stimmen Sie doch diesem Untersuchungs­ausschuss zu, dem wirklichen, der die Möglichkeit hat, Zeugen unter Wahrheitspflicht einzuvernehmen und der als Untersuchungsausschuss vielleicht auch rasch und zeit­lich befristet, vernünftig, aber intensiv arbeiten kann. Stattdessen treten Sie für einen „kleinen Untersuchungsausschuss“ ein, der genau – welch Glück!, oh „Zufall“! – ein halbes Jahr dahinfuhrwerken und das so im Kleinen ein bisschen am Köcheln halten kann, denn zu mehr taugt er ja bekanntlich nicht, aber genau diesen Zweck erfüllt er. Und mehr wollen Sie wahrscheinlich gar nicht!

Möglicherweise – jetzt komme ich auf die Ausdehnung des Untersuchungsgegenstan­des zu sprechen – ist es Ihnen vielleicht gar nicht so recht, über vergleichbare Fälle in anderen Instituten zu reden! Möglicherweise soll es ja gar keinen Untersuchungsaus­schuss geben, weil wir daraufkommen könnten, dass ähnliche Geschäfte auch von an­deren Instituten gemacht wurden!

Ich beziehe mich jetzt zum Beispiel auf die Swap-Geschäfte. Möglicherweise ist es Ihnen auch deshalb nicht recht, weil der Raiffeisenkonzern Dienste angeboten hat, von denen er jetzt gerade dabei ist, sich raschest zu verabschieden. Er hat nämlich als finanzdienstleistender Treuhänder die Treuhandschaft dafür übernommen, was im Vul­gärjargon „Ostmafia“ genannt wird. Die sind alle gerade dabei – dieser Tage! –, sich ganz schnell zu verflüchtigen. Da tun sie gut daran!

Das kann auch nicht Untersuchungsgegenstand sein hier im Haus – das gebe ich schon zu –, aber wenn uns etwas zu interessieren hat, dann doch, wie diese Finanz­marktaufsicht funktioniert, die wir gemeinsam eingerichtet haben und auf die Sie ja auch rekurriert haben. Wenn allerdings schon die Finanzmarktaufsicht geprüft wird, dann so, dass alles in die Ziehung kommt, was in letzter Zeit hinterfragenswert und, wie wir meinen, prüfenswert ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie hätten also alles! Sie hätten eine gescheite BAWAG-Prüfung, und Sie hätten auch diese ... Ich möchte das nicht näher explizieren. Sie werden das ja in den einschlägi­gen Zeitungen weiter lesen, ich sage nur, ich beziehe mich hier und heute auf die „New York Times“, auf die „Iswestija“ und andere, das ist also nicht irgendwie dahergeredet, und Sie werden ja sehen, was das „WirtschaftsBlatt“ und andere durchaus bürgerliche Medien in nächster Zeit darüber noch schreiben werden. Sie würden also gut daran tun.

Ich kommen abschließend zu einem Beispiel, wo ein Bankinstitut ähnlich, völlig ver­gleichbar agiert hat, wie die BAWAG selbst. Die Hypo-Alpe-Adria hat auch Swap-Ge­schäfte gemacht. – Dort gibt es nebenbei im Übrigen auch noch etwas anderes zu untersuchen. Lassen wir also die Frage fehlender Berichtigungen von faulen Krediten hier einmal weg. Das hätte alles die Aufsicht zu interessieren und damit auch uns in der Prüfung. – Warum aber sollen nur die Swaps aus den neunziger Jahren bei der BAWAG untersucht werden und nicht auch die Swap-Geschäfte der jüngsten Vergan­genheit, genau in der Zeit also, in der die ach so tolle Finanzmarktaufsicht eigentlich schon ihr fröhliches und nützliches Wirken entfalten hätte müssen. Warum ist das dann aber trotzdem passiert? – Das soll nicht untersucht werden?! Erklären Sie das doch!


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Also: Nehmen Sie das Ganze! Klotzen statt Kleckern!, auch beim Untersuchen. Mögli­cherweise passt Ihnen das bei der Hypo dann schon gar nicht mehr so – bei der Raiff­eisen hätte man ja Verständnis –, aber glaubwürdig kann die Fraktion der ÖVP nur dann sein, wenn Sie alles über alle Zeiträume prüfen wollen, statt jetzt nicht auch noch den Untersuchungsausschüssen ein parteipolitisches Mascherl umzuhängen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt jeweils 5 Minuten.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. Herr Abgeordneter Amon, Sie sind am Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


17.30.42

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorweg möchte ich namens meiner Fraktion in aller Deutlichkeit und Klarheit eines sagen: Schon im Interesse der kleinen Sparerinnen und Sparer und auf Grund der Tatsache, dass es sich bei der BAWAG um die viertgrößte Bank un­seres Landes handelt, haben wir jedes Interesse an Stabilität und Fortbestand der BAWAG. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Kogler, ich wundere mich schon sehr über das eigenartige Rechtsbe­wusstsein, das in Ihren Ausführungen zum Ausdruck kommt. Angesichts der nunmehr von den Behörden zu untersuchenden Malversationen und möglicherweise kriminellen Handlungen, die von Managern und anderen getätigt worden sind, versucht man hier offenbar, den Bock zum Gärtner beziehungsweise vielmehr den Täter zum Opfer zu machen. Es ist schon ein wenig paradox, dass in Ihren Ausführungen zum Ausdruck kommt, dass alle anderen Schuld hätten an der Situation, in der sich diese Bank samt deren Eigentümer befindet, nur nicht jene, die dort die geschäftsführende Verantwor­tung hatten. (Rufe bei den Grünen: Aufpassen! Sie hätten besser aufpassen sollen!) Das, Herr Kollege Kogler, ist nicht nachzuvollziehen und nicht zu verstehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist ja geradezu so, als ob jemand einen Brand legt, die Feuerwehr ruft, diese den Brand löscht – und dann die Feuerwehr dafür verantwortlich macht, dass das Wasser alles zerstört hätte! So einfach, Herr Kollege Kogler, ist die Situation wirklich nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wittauer.)

Herr Kollege Kogler, Sie sind aber konsequent – das kann man Ihnen nur bestätigen – und verlangen immer einen Untersuchungsausschuss, auch dann, wenn die dafür zu­ständigen Behörden, insbesondere die Gerichte noch nicht am Wort waren. (Abg. Sburny: Und Sie lehnen sie immer ab!) Ja, das tun wir immer, denn wir sagen immer, dass zunächst die Gerichte entscheiden sollen – und erst dann ist die politische Ver­antwortung zu klären. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, sind wir konse­quent, dabei bleibt es auch, und daher lehnen wir diesen Untersuchungsausschuss ab. (Beifall bei der ÖVP.)

Wissen Sie, das Thema ist eigentlich viel zu ernst, als dass man hier mit sehr billiger Polemik agieren sollte. Ich möchte Ihnen schon auch sagen, dass selbst jene, die Mit­eigentümer des Unternehmens BAWAG – wie etwa hohe Vertreter des Gewerkschafts­bundes – und zugleich auch Repräsentanten vor Ort und an der Basis sind, wirklich schockiert sind über das, was da vorgegangen ist beziehungsweise vorgeht. Diese ver­stehen auch die Verhaltensweise ihrer Spitzen nicht mehr, nicht nur jener, die sich so­zusagen schon verabschiedet haben – wohin auch immer –, sondern auch jener, die jetzt die Handlungen setzen.


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Ich weiß nicht, ob Sie es gesehen haben, aber heute gibt etwa der Voest-Betriebsrat Josef Gritz der „Obersteirischen Zeitung“ ein Interview, ein SPÖ-Betriebsrat also, den Sie sicherlich kennen werden. Meine Redezeit reicht nicht aus, um dieses Interview vorzulesen, das aber lesenswert ist, und da sagt dieser Betriebsrat, wie schockiert er ist über die Vorgänge – und wie enttäuscht er auch von der aktuellen ÖGB-Führung ist. Es werden Fragen gestellt, wie beispielsweise die, ob die Basis diesen Verkauf will. Und er antwortet darauf, dass man das nicht will, und er sagt wörtlich:

„Das hört man überall. Und denken wir zurück: Vor den Wahlen sind wir“ – nämlich die Gewerkschaft – „durch die Lande gezogen mit der Forderung, Betriebe möglichst nicht zu verkaufen – und jetzt tun wir’s selber? Aber einer Abstimmung wollte man sich nicht stellen.“

So gehen Sie also um mit Mitgliedern und relativ hohen Repräsentanten!

Und dann geht es weiter: Die Zeitung frägt: „Und die Rolle der SPÖ in der Verkaufsde­batte?“ – „Die haben im Parteipräsidium“ – das haben wir bis jetzt nicht gewusst – „den Beschluss gefasst, dass die BAWAG verkauft werden soll. Bitte, was geht das die SPÖ an?“, fragt er. Und dann sagt dieser Betriebsrat weiters: „Die sollen sich um ihre Haus­aufgaben kümmern! Da haben sie genug zu tun für Österreich. Ich kann das getrost so offen sagen. Ich bin kein Politiker, ich bin Gewerkschafter. Damit gehen die mir auf den Wecker.“ – Das sagen Ihre Betriebsräte in der Voest, meine Damen und Herren!

Sie haben sich völlig verabschiedet von dem, was Ihre Mitglieder betrifft und was Ihre Mitglieder wollen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme schon zum Schlusssatz, Frau Präsidentin! – Wir haben Interesse an der Stabilität der BAWAG, daher wollen wir auch keinen öffentlichen Schauprozess. (Abg. Ellmauer: So ist es! – Abg. Sburny: Das ist ja unglaublich!) Wir wollen, dass die Gerichte prüfen, dass die Gerichte entscheiden, und darum lehnen wir diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ab. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Haben Sie irgendetwas zum Untersuchungsausschuss gesagt?)

17.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Auch für ihn gilt: 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.36.30

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Na ja, das war jetzt eine mehr als seltsame Be­gründung. Wir wissen natürlich auch alle, was die Hintergründe dafür sind. Wir hatten in der Öffentlichkeit schon eine Auseinandersetzung, eine Diskussion darüber, was den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofsausschusses betrifft. Da haben Sie meiner Auffassung nach einen Geschäftsordnungsfehler begangen. In Wahrheit ist es nicht geschäftsordnungskonform gewesen, dass das jetzt mit diesem Prüfauftrag pas­siert, aber Sie wollen unbedingt, dass der Ständige Unterausschuss des Rechnungs­hofausschusses das macht. – Das ist der eine Aspekt. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt nicht!)

Der zweite Aspekt ist, dass Sie die Prüfung in Wahrheit allein auf die Finanzmarktauf­sicht gegenüber der BAWAG einschränken wollen – so, als ob es die Hypo-Alpe-Adria nicht gegeben hätte, als ob es die Probleme von Raiffeisen International und die Gas­geschäfte in der Ukraine und in Georgien nicht gegeben hätte.

Wenn Sie sich schon auf das Feld der Prüfarbeit begeben, wenn Sie schon sagen: Ja, okay – und das im Gegensatz zur jahrelangen Praxis hier herinnen, wo man gesagt hat, dass man überhaupt nichts zu prüfen braucht. Nichts kümmert uns! Prüfarbeit, Kontrollarbeit des Parlamentes kenne ich nicht! Untersuchungsausschüsse haben Sie


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nach der Reihe abgelehnt, egal, was es war – Visa, Eurofighter. Ich kann Ihnen eine ganze lange Liste aufzählen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zwei sind das!) Das interes­siert Sie alles nicht! – Nicht zwei! Die haben wir mehrfach gestellt, wir haben Ihnen mehrfach die Chance gegeben. Das wollten Sie jedoch nicht haben.

Jetzt kommen Sie und sagen: Jetzt werden wir das erste Mal etwas prüfen, und zwar die BAWAG, und das ausschließlich; also nicht die BAWAG selbst, sondern die Fi­nanzmarktaufsicht über sie. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und das passt euch nicht!) Und das noch dazu in einer Situation, wie sie sich jetzt gerade am Bankenplatz darstellt! Sie müssen sich das vorstellen, was da gerade los ist!

Sie machen es aber nicht über diesen Bereich hinaus, nein, 330 Millionen € Hypo-Alpe-Adria und die vielen Vorwürfe, die damit zusammenhängen, auch an die Finanz­marktaufsicht, das interessiert Sie nicht, denn das ist das Land Kärnten, und das ist der Herr Haider, und das ist der Koalitionspartner. Und es ist die Grazer Wechselseitige, und da sitzt Herr Grillitsch drinnen und noch ein paar andere auch noch, und das ist die ÖVP, und daher interessiert Sie das einfach nicht! Raiffeisen International und die Gas­geschäfte – da muss ich noch sagen, das ist überhaupt unfassbar, was sich dort ab­spielt, die Vorwürfe sind gigantisch: Verschleierungen, Mafia, also das ist unfassbar – interessieren Sie auch nicht, weil Raiffeisen Ihnen von der ÖVP bekanntermaßen nahe steht!

Daher sage ich Ihnen: Was Sie jetzt machen, hat mit Prüfarbeit und Kontrollarbeit nichts zu tun! Der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ist ein Wahlkampfausschuss. Das wollen Sie jetzt eben missbrauchen, damit Sie das Thema die nächsten Monate weiter hochkochen können, und die andere Prüfarbeit ...  (Abg. Großruck schüttelt den Kopf.) – Herr Großruck, nicht so beleidigt mit dem Kopf wa­ckeln! Sagen Sie doch etwas dazu!

Kommen Sie heraus und nehmen Sie Stellung, und sagen Sie uns, warum bei Raiffei­sen International nein, Hypo-Alpe-Adria nein, BAWAG ja, die Finanzmarktaufsicht zu prüfen ist. Sagen Sie mir einen einzigen Grund, der schlüssig ist, warum Sie das so teilen! Sie haben diesen Grund nicht! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gehen Sie doch auf Schatzsuche in die Karibik! Und verges­sen Sie die Schaufel nicht!)

Nun zum Antrag selbst. – Wir werden diesem Antrag jetzt zustimmen. Die Begründung ist ausreichend, die Umsetzung in den einzelnen Antragspunkten ist zwar ergänzungs­bedürftig, aber ich glaube, dass das jedenfalls in die richtige Richtung geht. Wir scheuen uns nicht davor. Wir sind da ganz konsequent, und wir sagen, dass es wichtig ist, dass es diese Prüfarbeit wirklich gibt.

Ein anderes Mal, Herr Klubobmann Molterer, wollen wir uns dann einmal der Sache widmen, wer von Ihnen da herinnen wo überall drinnen sitzt. Sie wollen sich ja jetzt als Networker in die innpolitische Arbeit einbringen. Ich werde Ihnen behilflich sein. Sie ha­ben sich nur gekümmert um den einen Teil der Sozialpartnerschaft; ich werde Ihnen behilflich sein, rein wissenschaftlich natürlich, was den anderen Teil angeht. (Abg. Grillitsch: Keine falschen Informationen!)

Wollen Sie jetzt die ganze lange Liste Ihrer Funktionen hören, wo Sie überall drinnen sind, was Sie alles wissen müssen, wo Sie überall mitwirken? Wollen Sie das wirklich wissen? Wir können das Reihe für Reihe dann durchgehen (auf die Bänke der ÖVP-Abgeordneten weisend), Reihe für Reihe, Person für Person, damit Sie nicht unterver­sorgt sind! Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Reihe für Reihe: Industrie, Wirtschaftsbund, Wirtschaftskammer, Banken, Raiffeisen, Bauern! Eine ausgiebige Liste habe ich da mit, ein ganz dicke, fette Liste. Wir können


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uns das alles anschauen, damit dann dieses herrliche Bild wirklich vollständig wird. Da werden wir Ihnen behilflich sein, das sage ich Ihnen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gril­litsch: Das schauen wir uns ganz beruhigt an!)

17.41

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Mag. Lunacek und KollegInnen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss zum Verdacht auf Amtsmissbrauch und illega­len Handel mit österreichischen Sichtvermerken einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte wurde nicht verlangt. Gemäß § 33 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung findet die Abstimmung nach der Erledigung dieses Punktes statt.

Ich mache an dieser Stelle nur noch darauf aufmerksam, dass es nicht gewährleistet ist, dass dieser Antrag noch zur Verteilung gelangt, sodass wir unter Umständen zu einer Verlesung ... (Abg. Öllinger: Schon verteilt! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein. Das kann nicht sein, nachdem er jetzt erst eingegangen ist.

Ich wiederhole: Es ist nicht gesichert, ob der Antrag noch vor Beschlussfassung zur Verteilung gelangen kann, sodass wir unter Umständen zu einer Verlesung schreiten müssen.

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bucher. Auch für ihn 5 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


17.42.58

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war das jetzt eine sehr schauspielerische Einlage des Kollegen Cap, weil es in staatspolitischer Verantwortung wahrscheinlich für niemandem von uns nachvollziehbar ist, wie Sie zu einem solchen Gedankenkonflikt kommen. (Abg. Ober­haidinger: Immer dasselbe!)

Wenn Sie jetzt versuchen, aus Opfern Täter zu machen, dann ist das Ihre Sicht der Dinge. (Abg. Dr. Matznetter: ... die Anwälte von Refco!) Ich meine jedoch, dass das nicht der richtige Zugang für uns ist, wo wir großes Interesse daran haben, zwei große Bankeninstitute (Abg. Dr. Matznetter: Drei!) in unserem Land davor zu schützen, in diesen politischen Strudel hineinzugeraten. Ich sage das nicht nur deshalb, weil wir uns ja immer auch den Kapitelmarkt Österreich vor Augen halten müssen und welcher Schaden hier entsteht, sondern ich sage das auch in Anbetracht der vielen Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer in diesen Instituten, die Ihnen auch etwas wert sein soll­ten, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, die Sie ja auch diskreditie­ren. (Abg. Dr. Matznetter: Sie haben angefangen! – Abg. Oberhaidinger: Wer hat da­mit begonnen?)

Was ich nicht verstehe, ist, wie Sie die Hypobank und die BAWAG miteinander verglei­chen können. Ich setze nämlich auf Ihr Verständnis, dass Sie sich eingelesen haben, um welche Bankgeschäfte es da gegangen ist und dass das nicht vergleichbar ist. Wir haben bei der BAWAG, was die Verantwortung des ÖGB betrifft, durchaus ein ... (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben bei der BAWAG, beim ÖGB einen Fall, der in keiner Weise mit der Hypo­bank zu vergleichen ist. Bei der Hypobank geht es um ein sehr wichtiges Unternehmen


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im österreichischen Bankenbereich, das äußerst erfolgreich ist, was aber auch bei der BAWAG der Fall ist. Aber wir sollten uns darauf verständigen, dass der „kleine Unter­suchungsausschuss“ die politische Verantwortung bei diesen Kreditgeschäften durch­leuchtet, und dass dem Ganzen mit dieser Regelung Genüge getan ist, dass wir diesen im Rechnungshof eingerichtet haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich möchte eines nicht haben, nämlich dass wir die tollen Erfolge des österreichi­schen Finanzmarktes jetzt in Zweifel ziehen, eben auf Grund von zwei Fällen von Kreditgeschäften, die uns nicht angenehm sind, aber die Verantwortung lässt es nicht zu, dass wir daraus einen politischen Strudel verursachen, aus dem wir nicht mehr her­auskommen. (Abg. Dr. Matznetter: Das ist das Beste!)

Ich verstehe schon, dass die Opposition das gerne sieht und dass es durchaus im Sinne der Opposition ist, über den Wirtschaftsstandort Österreich nicht immer positiv zu reden. Aber wir sind drauf und dran, mit Konjunkturpaketen, Stabilitätspaketen und Steuerreformen den Wirtschaftstandort Österreich langfristig abzusichern, dafür zu sor­gen, dass der Finanzmarkt Österreich gut funktioniert und für die Anlegerinnen und An­leger Sicherheit in unserem Lande besteht.

Wir von den Regierungsfraktionen haben kein Interesse an einer Skandalisierung, und daher wird aus auch von uns keine Zustimmung für diesen Untersuchungsausschuss geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Niemand! Abschluss! – Abg. Öllinger schickt sich an, zum Rednerpult zu gehen.)

Zu Wort gemeldet ist noch Herr Abgeordneter Öllinger. Es ist damit erteilt. – Herr Ab­geordneter, 5 Minuten Redezeit. (Abg. Scheibner: So geht es ja nicht!)

 


17.46.38

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Danke, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die ÖVP kein besonderes Interesse an einem Untersu­chungsausschuss zu diesem Thema hat, das verstehe ich. Immerhin haben Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, in der vergangenen Legislaturperiode einen gesamten Untersuchungsausschuss im Nirwana versenkt, und das war Ihr eige­ner Untersuchungsausschuss. Zwei Jahre lang hat der „kleine Untersuchungsaus­schuss“ getagt, um das Sozialministerium zu untersuchen – und nachdem die Damen und Herren von der ÖVP eher daran interessiert waren, irgendwelchen Frauenvereinen nachzujagen und nachzuschnüffeln, also völlig auf der falschen Fährte waren, haben sie es nicht einmal geschafft, rechtzeitig fertig zu werden.

Aber dass Sie, Herr Kollege Amon, jetzt herausgehen und sagen: Wir brauchen keinen Untersuchungsausschuss, den haben wir nicht notwendig, weil das prüfen ja jetzt Ge­richte!, obwohl eine Viertelstunde nach Ende dieser Sitzung der „kleine Untersu­chungsausschuss“, der von Ihnen beantragt wurde, zum gleichen Thema tagt, obwohl Sie uns vorwerfen, wir wollen alles nur furchtbar politisieren, dafür, Herr Kollege Amon, verdienen Sie einen Titel. Und nachdem man mit Titeln vorsichtig sein muss, sage ich nicht „König der Scheinheiligkeit“, aber ein „Kronprinz der Scheinheiligkeit“ sind Sie schon, wenn Sie mit einer derartigen Argumentation kommen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben nicht gesagt, wir wollen im Detail alle Swap-Geschäfte der BAWAG unter­suchen, sondern der Untersuchungsausschuss hat gleichermaßen, wie es eigentlich auch der „kleine Untersuchungsausschuss“ machen müsste, die Aufgabe und Funk­tion, sich die Finanzmarktaufsicht und ihr Handeln in Bezug auf diese Geschäfte anzu­sehen.


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Und da interessiert mich Folgendes: In Bezug auf die BAWAG hat die damals für die Finanzmarktaufsicht tätige Nationalbank im Jahre  2001 festgestellt: Die BAWAG hat sich zu Beginn des Geschäftsjahres 2000 mit einem Volumen von 350 Millionen € an einer von der Investmentfirma International Asset Management Ltd. mit Sitz auf Ber­muda aufgelegten Konstruktion beteiligt. – Okay. 350 Millionen €. Es kann ein Klum­penrisiko nicht ausgeschlossen werden, heißt es weiter, die Innenrevision der BAWAG hat die Sache nicht überprüft, heißt es weiter, und dann heißt es weiter, eigentlich ent­spricht die Innenrevision der BAWAG überhaupt nicht den gesetzlichen Vorschriften. – Das wird alles in diesem Prüfbericht festgestellt.

Was sagt der Herr Finanzminister uns hier im Parlament zu diesem Prüfbericht, den ich Ihnen jetzt vorgelesen habe? – Hohes Haus! Ich darf darüber informieren, dass in diesem Prüfbericht der Oesterreichischen Nationalbank aus dem Jahr 2001 kein Wort über ein Engagement der BAWAG in der Karibik von 500 Millionen € aus dem Jahr 1995 enthalten ist, dass kein Wort über ein weiteres Engagement von 500 Millio­nen € aus dem Jahr 1998 enthalten ist, und dass kein Wort über ein weiteres Engage­ment – und jetzt passen Sie auf! – von 350 Millionen € im Jahre 2000 enthalten ist. – Zitatende.

Aha! Wir haben einen Prüfbericht, den er gekannt hat. Da steht drinnen: 350 Millio­nen € – und auch von der Nationalbank geprüft. Und der Finanzminister stellt sich hier im Parlament her und sagt, da stehe nichts drinnen, keine Silbe.

Zwei Tage später wird in der „ZiB 2“ dem Finanzminister genau diese Stellungnahme vor dem Parlament vorgespielt. Er hört sie, er sieht sie, seine eigene Stellungnahme, und sagt dann:

Als Korrektur zu Ihrem Beitrag – deswegen bin ich froh, auch hier zu sein – darf ich sagen, ich habe im Parlament natürlich gesagt, dass die 350 Millionen Engagements 2000 drinstehen im Bericht. – Aha! Natürlich hat er das gesagt.

Daraufhin sagt Frau Thurnher: Wir haben ganz etwas anderes gerade von Ihnen ge­hört. Und Grasser sagt: Nein, das haben Sie nicht von mir gehört, sondern Sie haben einen Bericht gebracht, wo das falsch gebracht wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier sehr akademische Debatten darüber geführt, was eine Unwahrheit und was eine Lüge ist. Eine Lüge ist die wissent­liche falsche Darstellung. – Sie können es sich aussuchen, wie oft der Finanzminister gelogen hat: einmal oder zweimal. Das können Sie mir nicht mehr erzählen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass sich das alles mit dem Begriff „Unwahrheit“ er­klären lässt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Der Herr Finanzminister muss hier dem Parlament oder Frau Thurnher etwas gesagt haben, von dem er jedenfalls gewusst hat, es ist falsch. Mich interessiert in diesem Zusammenhang jetzt nicht primär diese Frage, sondern die Frage: Was war im Jahr 2000/2001 los? Seit wann wissen der Bundeskanzler und der Finanzminister von dieser Angelegenheit BAWAG? – Das ist die Frage, die uns interessiert. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Öllinger, für den Vorwurf „Scheinheiligkeit“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Jarolim: Er hat uns allen aus dem Herzen gesprochen! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen.)

Herr Abgeordneter Jarolim, auch Ihnen erteile ich einen Ordnungsruf.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zei­chen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

*****

17.53.12Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Lunacek, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Verdacht auf Amtsmissbrauch und illega­len Handel mit österreichischen Sichtvermerken.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Lunacek, Freunde und Freundinnen auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses gemäß § 33 GOG betreffend Verdacht auf Amtsmissbrauch und illegalen Handel mit österreichischen Sichtvermerken

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss einge­setzt:

1. Umfassende Aufklärung der Vorkommnisse im Zusammenhang mit Verdacht auf Amtsmissbrauch und illegalem Handel mit Sichtvermerken in österreichischen Konsu­laten und Botschaften.

2. Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebungen von mündlichen und schrift­lichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten überprüfen.

3. Insbesondere soll geklärt werden,

Zu welchen Zeitpunkten und in welchem Ausmaß die einzelnen Vorwürfe in den zu­ständigen Abteilungen des Außen- und des Innenministeriums bekannt wurden;

Zu welchem Zeitpunkt die frühere Ressortleiterin Benita Ferrero-Waldner von den ein­zelnen Vorwürfen und Verdachtsmomenten erfahren hat;

Ob und wenn ja zu welchem Zeitpunkt es schon Informationen über einen möglichen illegalen Visahandel unter der Amtszeit des jetzigen Bundeskanzlers und früheren Außenministers Wolfgang Schüssel gegeben hat;

Ob und in welchem Ausmaß MitarbeiterInnen der verschiedenen Ebenen des Außen- sowie des Innenministeriums am illegalen Visahandel beteiligt waren;

Ob es in den beiden Ressorts Versuche zur Verschleierung des illegalen Visahandels gegeben hat und wer dafür die Verantwortung trägt;


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Warum es keine transparente Vorgangsweise inkl. Begründungen zur Visa-Vergabe für AntragstellerInnen gibt;

Warum die Kontrollmechanismen versagt haben, bzw. warum sie nicht verstärkt und verbessert wurden, nachdem die ersten Vorwürfe bekannt geworden waren;

Warum es nach Vorliegen der ersten Vorwürfe 2002 keinen konkreten Inspektionsauf­trag bezüglich der Visa-Affäre in Belgrad gegeben hat, sondern nur den allgemeinen;

Welche Erfolge die in Belgrad und an anderen Orten stationierten Verbindungsbeam­ten des BMI bei der Eindämmung des Visahandels erreichen konnten;

Warum trotz der bekannten Vorwürfe die Unterlagen für die Visa-Erteilungen in den Botschaften weiterhin vernichtet wurden;

Warum erst nach Hinweisen der deutschen Behörden konkrete Ermittlungen in Öster­reich begonnen wurden.

Der Untersuchungsausschuss soll aus 11 Mitgliedern bestehen, die sich folgenderma­ßen auf die parlamentarischen Klubs verteilen sollen: 5 ÖVP, 4 SPÖ, 1 Freiheitliche, 1 Grüne

Begründung:

Seit 2001 gibt es immer wieder Informationen und Berichte, dass es in und rund um einige österreichische Botschaften wie Belgrad und Budapest, Kiew und Lagos, ille­galen Visahandel gegeben hat und gibt, an dem BeamtInnen des Außenministeriums beteiligt waren.

Das Wochenmagazin profil vom 27.4.2006 berichtet nun, dass es mittlerweile sogar schon gerichtliche Vorerhebungen gegen einen österreichischen Botschafter – und nicht mehr „nur“ gegen KonsularbeamtInnen – gibt, der in Verdacht von Amtsmiss­brauch und Betrug steht. Der in Verdacht stehende Botschafter weist, schreibt profil, „jede Schuld von sich.“ Es sei ihm „viel zu wenig Personal für die Bewältigung“ der Flut von Anträgen zur Verfügung gestanden. Deshalb habe man den Sicherheitsregeln „nicht immer voll entsprechen können. ... Das Vier-Augen-Prinzip liess sich in der da­maligen Situation nur flüchtig einhalten.“

Profil schreibt weiters, dass der Botschafter berichtet, man hätte um diese Zustände im Außenamt wohl gewusst, auch die damalige Außenministerin und nunmehrige EU-Kommissarin Ferrero-Waldner hätte von der „dramatischen Situation“ wissen müssen.

Es ist sinnvoll und logisch, dass die strafrechtliche Frage von Seiten der Gerichte zu klären ist. Die politische Verantwortung für das jahrelange Zuschauen und Vertuschen ist jedoch auf politischer Ebene – also in Form eines parlamentarischen Untersu­chungsausschusses – zu klären.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt. (Abg. Dr. Fekter: Wo ist denn der Gusenbauer? – Gegenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)


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17.53.55Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 826/A bis 831/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4178/J bis 4195/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 17.55 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

17.54.35Schluss der Sitzung: 17.54 Uhr

 

 

 

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