Stenographisches Protokoll

32. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 24. September 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

32. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode       Mittwoch, 24. September 2003

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 24. September 2003: 9.03 – 22.24 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Prioritäten der Bundesregierung für den Herbst 2003“

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Prioritäten der Bundesregierung für den Herbst 2003“

3. Punkt: Bericht über die Anträge 171/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlge­setz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden,

95/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Verfassungs­gesetzes über das Wahlrecht und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992), das Bundespräsidenten­wahlgesetz 1971, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert wer­den, sowie

17/A der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 203/A der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004)


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32. Sitzung / Seite 2

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Eigenkapital ersetzende Ge­sellschafterleistungen (Eigenkapitalersatz-Gesetz – EKEG) geschaffen wird sowie mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Unternehmensreorganisations­gesetz und das Übernahmegesetz geändert werden (Gesellschafts- und Insolvenz­rechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarif­gesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von euro­päischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Notariatsordnung geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Umstellung des Grund­buchs auf automationsgestützte Datenverarbeitung und die Änderung des Grund­buchsgesetzes und des Gerichtskommissärsgesetzes (Grundbuchsumstellungsge­setz – GUG) geändert wird (GUG-Novelle 2003)

9. Punkt: Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten König­reich Großbritannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geän­dert wird (119/A)

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Doku­mentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz), BGBl. I 12/2002, geän­dert wird (129/A)

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I 1999/1965 in der Fassung BGBl. I 2001/136, geändert wird (128/A)

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Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 2003/2004 .......................................................... 22

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 22

Ruf zur Sache ................................................................................................................ 46

Geschäftsbehandlung

Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung ........... 42

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................... 42

Redner:

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 43

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 44

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 45


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32. Sitzung / Seite 3

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 46

Karl Öllinger .................................................................................................................. 48

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 49

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 722/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 49

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         176

Redner:

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 177

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 179

Christine Marek .......................................................................................................... 181

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 182

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 183

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 185

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich des Vollzuges des ÖIAG-Gesetzes und aller anderen damit in Zusammenhang stehenden Gesetze seit 4.2.2000, insbe­sondere Verkaufsvorbereitungen und Verkaufsdurchführung für die Bundesan­teile der voestalpine AG, sowie über die Einhaltung des Stellenbesetzungsge­setzes 1998 und der Vertragsschablonen-Verordnung im Zusammenhang mit der Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen der Österreichi­schen Industrie-Holding-AG gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung ............................................................................................................................. 246

Bekanntgabe ................................................................................................................... 50

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................. 50

Redner:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 250

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 252

Mag. Hans Moser ....................................................................................................... 253

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 255

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 256

Ablehnung des Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ............ 258

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 50

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 125

Aktuelle Stunde (7.)

Thema: „Fahrverbot für Stinker – Maßnahmen gegen den Transitwahnsinn“                       23

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 23

Bundesminister Hubert Gorbach ............................................................................... 25

Georg Keuschnigg ....................................................................................................... 28

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 30

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 31

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 33

Hermann Gahr .............................................................................................................. 34


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Gerhard Reheis ............................................................................................................ 36

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................... 38

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 39

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 22

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................  41, 241, 244, 246

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Klaus Wittauer ..................................................................... 41

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an die Bun­desministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Bildungsoffensive statt pauschaler Diffamierung der Jungen (211/A) (E)   ............................................................................................................................. 125

Begründung: Dr. Eva Glawischnig ............................................................................. 132

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 139

Debatte:

Dieter Brosz ................................................................................................................ 141

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 144

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 146

Mares Rossmann ....................................................................................................... 148

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 151

Dr. Gertrude Brinek ..........................................................................................  153, 174

Josef Broukal .............................................................................................................. 155

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 159

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 162

Sabine Mandak ........................................................................................................... 162

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 164

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 166

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 167

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 169

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 171

Beate Schasching ...................................................................................................... 172

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 173

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 175

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend 10 000 zusätzliche Nachmittagsbetreuungsplätze an Österreichs Schulen – Ablehnung ..........  143, 176

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend 15 Millionen € für die Unis – Zurückzie-
hung .....................................................................................................................  151, 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen € als Sofortmaßnahme für die Universitäten – Ablehnung  157, 176


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32. Sitzung / Seite 5

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedarfserhebung hinsichtlich freiwilli­ger Nachmittagsbetreuung für Schüler – Annahme (E 21) ...................................................................................................................  165, 176

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mares Ross­mann, Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Bedeckung der Implementierungskosten des Universitätsgeset­zes 2002 – Annahme (E 22) ...................................................  174, 176

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 211/A (E) ............................. 176

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zum Thema „Die Prioritäten der Bundesregierung für den Herbst 2003“ .............................. 50

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 51

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsord­nung des Nationalrates zum Thema „Die Prioritäten der Bundesregierung für den Herbst 2003“ .............................. 51

Vizekanzler Mag. Herbert Haupt ................................................................................. 56

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   23

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 61

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 65

Karl Öllinger .................................................................................................................. 69

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 72

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 77

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 78

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 80

Maximilian Walch ......................................................................................................... 82

Doris Bures ................................................................................................................... 84

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 85

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 86

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 87

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 88

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Anträge 171/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die National­rats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksab­stimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehren­gesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden,

95/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Ver­fassungsgesetzes über das Wahlrecht und ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992),


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32. Sitzung / Seite 6

das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert werden, sowie

17/A der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz sowie das Bundesge­setz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert werden (163 d. B.) .......................................... 89

Berichterstatterin: Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ..................................................... 90

Redner:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 90

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 97

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 99

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 100

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 102

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 104

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 106

Sabine Mandak ........................................................................................................... 107

Karl Donabauer .......................................................................................................... 109

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 110

Dieter Brosz ................................................................................................................ 111

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 113

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 114

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 115

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlaltersenkung  – Ablehnung ..........................................................................  108, 117

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 116

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 203/A der Abgeord­neten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (210 d. B.) ......................................................................................... 117

Redner:

Jakob Auer .................................................................................................................. 117

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 119

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 120

Michaela Sburny ......................................................................................................... 122

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 123

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 187

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .........................................................................  189, 195

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 189

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................................. 190

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 191

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 193

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 194

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 195

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 196

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 197

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 198

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 199


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32. Sitzung / Seite 7

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Soforthilfe des Bundes für Opfer der schweren Un­wetter in Kärnten – Ablehnung  188, 200

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Mittel für präventiven Hochwasserschutz – Ableh­nung ......................................  192, 200

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung der Antragsstellungsfrist von BÜRGES-Krediten im Rahmen der Hochwassersanierungskredite – Ablehnung .......................................................  196, 200

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Mag. Elisa­beth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Maßnah­men zur Beseitigung von Katastrophenschäden in Kärnten – Annahme (E 23)                                                                                                         198, 201

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 200

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (173 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsu­mentenschutzgesetz geändert werden (Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004) (212 d. B.) .................................................... 201

Redner:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 201

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 203

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 204

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 206

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer .........................................................  207, 215

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 210

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 211

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 213

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 213

Franz Glaser ................................................................................................................ 215

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 216

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 217

Otto Pendl ................................................................................................................... 218

Anna Franz .................................................................................................................. 219

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 220

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 221

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung der Rücktrittsfristen für KonsumentInnen bei Konsumentengeschäften – Ablehnung  212, 223

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evaluierung der Auswirkungen des neuen Nachbar­rechts – Annahme (E 24) .............................  222, 223

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 223

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (124 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Eigenkapital ersetzende Gesell­schafterleistungen (Eigenkapitalersatz-Gesetz – EKEG) geschaffen wird sowie mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Unternehmensreorga-


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32. Sitzung / Seite 8

nisationsgesetz und das Übernahmegesetz geändert werden (Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003) (211 d. B.) ............................ 223

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (174 d. B.): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifge­setz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Notariatsordnung geändert werden (213 d. B.)        ............................................................................................................................. 224

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (193 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Umstellung des Grundbuchs auf automationsgestützte Datenverarbeitung und die Änderung des Grundbuchs­gesetzes und des Gerichtskommissärsgesetzes (Grundbuchsumstellungsge­setz – GUG) geändert wird (GUG-Novelle 2003) (214 d. B.) ....................................... 224

Redner:

Mag. Dr. Josef Trinkl .................................................................................................. 224

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 226

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 227

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 228

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 229

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 231

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 232

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 232

Doris Bures ................................................................................................................. 234

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 235

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer .................................................................. 236

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 237

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 211, 213 und 214 d. B. ..................................... 238

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (55 d. B.): Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey (215 d. B.) .................................................................................................... 238

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 239

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeord­nung 1994 geändert wird (119/A) .......... 239

Redner:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 239

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 240

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 240

Zuweisung des Antrages 119/A an den Wirtschaftsausschuss .................................. 241

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz), BGBl. I 12/2002, geändert wird (129/A) ................. 241

Redner:

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 242

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 242


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32. Sitzung / Seite 9

Mares Rossmann ....................................................................................................... 243

Dieter Brosz ................................................................................................................ 243

Zuweisung des Antrages 129/A an den Unterrichtsausschuss ................................... 244

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzge­setz 2000, BGBl. I 1999/1965 in der Fassung BGBl. I 2001/136, geändert wird (128/A) ................................................................................ 244

Redner:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 244

Karl Donabauer .......................................................................................................... 245

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 246

Zuweisung des Antrages 128/A an den Verfassungsausschuss ................................ 246

Eingebracht wurden

Volksbegehren ............................................................................................................. 40

206: Volksbegehren „Atomfreies Europa“

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 41

Bürgerinitiative betreffend „Höhere Strafen für Kindesmissbrauch“ (Ordnungs­nummer 10)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 40

199: Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs samt Erklärung

205: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungs­verkehr mit Auslandsbezug (Devisengesetz 2004) erlassen und das Überwei­sungsgesetz und das Börsegesetz geändert werden

207: Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention

208: Protokoll Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe

209: Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 (2002/772/EG, Euratom) zur Änderung des Akts zur Einfüh­rung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Par­laments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom samt Erklä­rungen

Berichte ......................................................................................................................... 41

III-50: Bericht betreffend den Tätigkeitsbericht des Statistikrates über das Ge­schäftsjahr 2002; Bundesregierung

III-51: Wahrnehmungsbericht über Teilgebiete der Gebarung des Bundes; Rech­nungshof

III-52: Bericht über die öffentlichen Finanzen 2002 und 2001; BM f. Finanzen


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32. Sitzung / Seite 10

III-53: Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 2002 (Grüner Bericht 2002); Bundesregierung

III-54: Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2004 gemäß § 9 LWG; Bundesregierung

III-55: Bericht betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermitt­lungsmaßnahmen im Jahr 2002; BM f. Justiz

III-56: Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsge­richtshofes für die Jahre 2001 und 2002; Bundeskanzler

III-57: Bericht über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1986 im Geschäftsjahr 2001; Bundeskanzler

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bildungsoffensive statt pauschaler Diffamierung der Jungen (211/A) (E)

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anwendung der Alpen­schutzkonvention im Bereich von Skipisten (212/A) (E)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abbau von Bürokratie bei der Geneh­migung von Motorrad-Zubehör (213/A) (E)

Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millio­nen € als Sofortmaßnahme für die Universitäten (214/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Palliativ Care in der stationären geriatrischen Pflege (215/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der MTD-Ausbil­dung (216/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung eines regulären Studiums „Pflegewissenschaft“ (217/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbildungsreform im Bereich der ambulanten und stationären Altenbetreuung und -pflege (218/A) (E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freigabe von Cannabis für medi­zinische Zwecke (219/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweite Überprü­fung der Alten- und Pflegeheime durch die Arbeitsinspektion (220/A) (E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auftrag an die Zukunftskommis­sion – Berücksichtigung der sozialen Problematik im österreichischen Schulsystem (221/A) (E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhebung der Lehrereinstiegsge­hälter – Änderung der Lebensverdienstkurve (222/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Masterplan für Österreichs Flüsse (223/A) (E)


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32. Sitzung / Seite 11

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Lebens­mittelrechts (224/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsprogramm zur Ge­währleistung der Lebensmittelsicherheit (225/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Maßnahmen zur Verhinderung und Reduzierung der Lärmbelastung (226/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend beschleunigte Aus- und Nachrüstung dieselbetriebener Kraftfahrzeuge mit Partikelfiltern (227/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Verfahrens­hilfe im Strafprozess (228/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Erhö­hung der Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit Kleintransportern sowie LKW unter 7,5 t (229/A) (E)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorrangigen Verkauf der BIG-Woh­nungen und Bundeswohnungen an Mieter (230/A) (E)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über ein Bundes-Heimvertragsgesetz (231/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung des Friedensprozesses in der Westsahara (232/A) (E)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Existenzsicherung der jüdi­schen Gemeinde in Österreich (233/A) (E)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire Aufnahmechancen für Frauen im österreichischen Bundesheer und bessere Entlohnung in den ersten sechs Monaten (234/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzug der Gewerbe­berechtigung bei rassistischer, ethnischer oder religiöser Diskriminierung durch Gast­wirtInnen (235/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Pflegeheimskandal in Lainz und anderen Einrichtungen der Stadt Wien (802/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Kindergeld-Werbe­kampagne (803/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend den Besuch von Staatssekretär Morak in Israel (804/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Besuch von Staatssekretär Morak in Israel (805/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend „sexistische Stoffabzeichen des Bundesheeres“ (806/J)


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32. Sitzung / Seite 12

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend Verkauf von Voest-Anteilen aus dem Besitz der ÖIAG (807/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend eklatante Missstände in österreichischen Legebatterie-Betrieben (808/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zuteilung der nationalen Reserve der A-Quote an die milchliefernden Betriebe (809/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Alternativen zum Tierversuch (810/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Österreichischen Kulturservice (811/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Bericht des deutschen Bundesrechnungshofes vom 8.8.2003 über den Sachstand des Rüstungsvorhabens des Eurofighters (812/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Diagonale – Festival des österreichischen Films (813/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bildungsprogramm für bäuerliche Familienunternehmen (814/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend das geplante Lignit- und Kraftwerksprojekt im ungarisch-burgenländi­schen Grenzraum bei Szombathely (815/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das geplante Lignit- und Kraft­werksprojekt im ungarisch-burgenländischen Grenzraum bei Szombathely (816/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die enorme Ozonbelastung im Sommer 2003 und die mangelnden Maßnahmen der Regierung (817/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Stand des Strafvollzugs der im WEB I Strafverfahren verurteilten Personen; II“ (818/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Aussagen von ÖVP-Delegationsleiterin MEP Ursula Stenzel zum Infrastrukturausbau im Zuge der bevorstehenden Osterweiterung (819/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Korridoruntersuchung Ennstal“ (820/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überprüfung des Grenzdienstes an der EU-Außengrenze Ost (821/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Koexistenz gen­technisch veränderter, konventioneller und ökologischer Kulturpflanzen (822/J)


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32. Sitzung / Seite 13

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Koexistenz gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologi­scher Kulturpflanzen (823/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Koexistenz gentechnisch veränderter, konventionel­ler und ökologischer Kulturpflanzen (824/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend „Vernichtungsschießen“ (825/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung der Fahrradverordnung (826/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Testkäufer gesucht (827/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend hundert Fragen zum Sparkurs an den Universitäten (828/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Begnadigung von Opfern des § 209 StGB (829/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend chaotische Zustände rund um die Ausgliederung der Medizin-Uni Innsbruck (830/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Position im EU-Rat zur TEN-Revision, ins­besondere hinsichtlich Alemagna und Nordautobahn (831/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Überschreitung von Pestizid- und Nitrat-Grenzwerten im Trinkwasser (832/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Überschreitung von Pestizid- und Nitrat-Grenzwerten im Trinkwasser (833/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verkauf von Wohnungen der BIG (834/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend eine vom Bundesminister für Justiz zur allgemeinen Verwirrung eingesetzte Kommission zur Diskussion über die Diversion und das Verhältnis von Strafdrohungen (835/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die „Operation letzte Chance“ (836/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Unvereinbarkeit der Beauftragung von Kommerzialrat Ernst Karl Plech durch das Bundesministerium für Finanzen (837/J)


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32. Sitzung / Seite 14

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Zusammenlegung der Gendarmerieposten Ennsdorf und St. Va­lentin (838/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „100 Stunden gratis Arbeiten für Hettlage“ (839/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „100 Stunden gratis Arbeiten für Hettlage“ (840/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Aussagen von ÖVP-Dele­gationsleiterin MEP Ursula Stenzel zum Infrastrukturausbau im Zuge der bevorstehen­den Osterweiterung (841/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend die Besetzung von Schlüsselpositionen des Außenamtes (842/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Saliera (843/J)

Rosemarie Schönpass, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Initiative „Bildung zum Erfolg“ (844/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Kafka beim Karenzgeldzuschuss (845/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Steuerfreiheit von „direkten Spenden“ (846/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Nichtbesetzung von Leitungspositionen in berufs­bildenden Schulen in Wien (847/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Steuerfreiheit für Spenden (848/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verschärfung des Zugangs zur erhöhten Familienbeihilfe (849/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Bildungszentrum Saalfelden (850/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend ganztägige Betreuung an österreichischen Pflichtschulen und Höheren Schulen (851/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend „Team04“-Gendarmeriekommandoschließung im Lungau (852/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Unterstützung von pflegenden Angehörigen (853/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Finanzierung von außerhäuslicher Pflege durch die Ange­hörigen (854/J)


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32. Sitzung / Seite 15

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Anfragebeantwortung 715/AB des Gegenstandes Brand in der RPB Recycling Point Blumau Wiederaufbereitungs­ges.m.b.H. in der Zeit von 24.9. bis 3.10.2002 und behördenseitige Abwicklung (855/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Einsatz und Entsendung von Militärattachés ange­sichts eines zunehmend knapperen Budgets (856/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Schaffung der gesetzlichen Durchführungsbestimmungen zur Ver­nichtung von ausgemusterten und nicht in Gebrauch befindlichen Alt- und Kleinwaffen des österreichischen Bundesheeres (857/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Einsatz und Entsendung von Militärattachés angesichts eines zunehmend knapperen Budgets (858/J)

*****

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Einsatz von GebärdendolmetscherInnen bei Plenarsitzungen (9/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Gab­riele Binder, Kolleginnen und Kollegen (622/AB zu 581/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolle­ginnen und Kollegen (623/AB zu 600/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (624/AB zu 628/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (625/AB zu 638/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (626/AB zu 645/J)


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32. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (627/AB zu 655/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kol­leginnen und Kollegen (628/AB zu 672/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kol­leginnen und Kollegen (629/AB zu 679/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Luna­cek, Kolleginnen und Kollegen (630/AB zu 684/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (631/AB zu 685/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (632/AB zu 686/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (633/AB zu 702/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (634/AB zu 703/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (635/AB zu 704/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (636/AB zu 705/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (637/AB zu 707/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (638/AB zu 642/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (639/AB zu 623/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (640/AB zu 636/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (641/AB zu 689/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (642/AB zu 594/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (643/AB zu 585/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Witt­mann, Kolleginnen und Kollegen (644/AB zu 637/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Witt­mann, Kolleginnen und Kollegen (645/AB zu 662/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (646/AB zu 706/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (647/AB zu 710/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (648/AB zu 629/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen (649/AB zu 713/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (650/AB zu 714/J)


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32. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (651/AB zu 611/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (652/AB zu 721/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (653/AB zu 595/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (654/AB zu 647/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolle­ginnen und Kollegen (655/AB zu 596/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (656/AB zu 619/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen (657/AB zu 622/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (658/AB zu 646/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (659/AB zu 652/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (660/AB zu 656/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolle­ginnen und Kollegen (661/AB zu 676/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (662/AB zu 620/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (663/AB zu 654/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (664/AB zu 605/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (665/AB zu 665/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (666/AB zu 687/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (667/AB zu 712/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (668/AB zu 718/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (669/AB zu 592/J)


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32. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (670/AB zu 641/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (671/AB zu 609/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (672/AB zu 617/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (673/AB zu 621/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (674/AB zu 700/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (675/AB zu 607/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (676/AB zu 608/J)


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32. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (677/AB zu 720/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Her­mann Krist, Kolleginnen und Kollegen (678/AB zu 632/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (679/AB zu 601/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Witt­mann, Kolleginnen und Kollegen (680/AB zu 603/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (681/AB zu 606/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (682/AB zu 626/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (683/AB zu 631/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (684/AB zu 668/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (685/AB zu 657/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (686/AB zu 633/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (687/AB zu 643/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (688/AB zu 663/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (689/AB zu 719/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (690/AB zu 728/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (691/AB zu 730/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (692/AB zu 599/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kollegin­nen und Kollegen (693/AB zu 618/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (694/AB zu 624/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (695/AB zu 627/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kollegin­nen und Kollegen (696/AB zu 640/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (697/AB zu 661/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (698/AB zu 669/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (699/AB zu 693/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen (700/AB zu 659/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (701/AB zu 664/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (702/AB zu 695/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (703/AB zu 696/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (704/AB zu 681/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (705/AB zu 691/J)


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32. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (706/AB zu 692/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (707/AB zu 716/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (708/AB zu 690/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (709/AB zu 670/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (710/AB zu 675/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (711/AB zu 697/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (712/AB zu 699/J)


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des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (713/AB zu 673/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (714/AB zu 674/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (715/AB zu 677/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (716/AB zu 708/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (717/AB zu 709/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (718/AB zu 711/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (719/AB zu 715/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (720/AB zu 722/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (721/AB zu 768/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen (722/AB zu 802/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (723/AB zu 735/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (724/AB zu 770/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (Zu 511/AB zu 527/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (Zu 553/AB zu 552/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (8/ABPR zu 8/JPR)



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Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Einberufung der ordentlichen Tagung 2003/2004

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 11. September 2003 gemäß Artikel 28 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes den Nationalrat für den 15. September 2003 zur ordentlichen Tagung 2003/2004 der XXII. Gesetzgebungsperiode einberufen.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 31. Sitzung sind in der Parla­mentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten DDr. Niederwieser und Dr. Van der Bellen.

Der Klubobmann der Grünen Dr. Van der Bellen ist gestern nach einem längeren Kran­kenhausaufenthalt in die Rekonvaleszenz entlassen worden. Ich bin überzeugt davon, dass er heute zu Hause vor dem Fernseher sitzt und sich die Aktuelle Stunde, deren Themenauswahl von seiner grünen Fraktion stammt, ansieht. Ich denke, wir werden ihm alle beste Genesungswünsche nach Hause schicken. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat vertreten.

*****

Weiters darf ich die Abgeordneten bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass sie gemäß Präsidialbeschluss vom 18. September 2003 die Niederschrift ihrer im Nationalrat ge­machten Ausführungen zum Zwecke der Autorisierung per E-Mail, und zwar am 25. September 2003, erhalten werden. Die Verteilung in Papierform – die berühmten weißen Mappen mit rot-weiß-roten Streifen – gehört der Vergangenheit an. Wir sind auf E-Mail, E-Government und den IT-Bereich umgestiegen.

Ich möchte dem Stenographenbüro dafür danken, dass es möglich wird, die Sitzungs­protokolle sehr schnell zur Verfügung zu stellen.

*****

Der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler haben ihre Absicht bekannt gege­ben, zum Thema „Die Prioritäten der Bundesregierung für den Herbst 2003“ Erklärun­gen abzugeben.


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Ich habe verfügt, dass diese Erklärungen als Punkt 1 und 2 auf der Tagesordnung stehen. Dagegen hat die grüne Fraktion Einwendungen angekündigt. Wir werden dar­über nach Schluss der Aktuellen Stunde, aber vor Eingang in die Tagesordnung eine Debatte durchführen.

Die Erklärungen sowie die anschließende Debatte werden dann, entsprechend den Entscheidungen des Hohen Hauses, entweder als Punkt 1 und 2 oder zu einem ande­ren Zeitpunkt stattfinden.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Fahrverbot für Stinker – Maßnahmen gegen den Transitwahnsinn“

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Entspre­chend der Geschäftsordnung hat sie eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.06

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen wünsche ich Ihnen. Einen schönen guten Morgen bei einem Lärmpegel (Rufe bei Abgeordneten der ÖVP: Guten Morgen!), der – obwohl sich noch viele unterhalten – immer noch wesentlich niedriger ist als jener entlang der österreichischen Transitrouten.

Meine Damen und Herren! Es ist Zeit! Es ist mehr als höchste Zeit. In Tirol sagt man passenderweise dazu: „Mander, ’s ist Zeit!“ Heutzutage muss man sagen: Mander und Weiberleut, ’s ist Zeit! – und zwar schlicht und ergreifend deswegen, weil es nur noch 99 Tage dauert, bis die letzte Beschränkung, die es derzeit für den Schwerverkehr gibt, fallen wird. Der Transitvertrag wird offiziell auslaufen, eine Einigung über Nachfolge­regelungen ist noch nicht auf dem Tisch.

Wir müssen uns heute noch unsicher sein, ob es solch eine Regelung geben wird oder nicht und ob zum Schutz der Bevölkerung in den belasteten Gebieten, in den belaste­ten Zonen nach dem 1. Jänner 2004 noch Maßnahmen gesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Das ist keine triviale Situation, das ist nicht die Agitation irgendwelcher besonders empfindlicher Menschen, sondern das Problem ist, dass die Schadstoffwerte – und das sollte auch Sie in den hinteren Reihen der Regierungspar­teien interessieren – im Inntal zum Beispiel, in einem der meist belasteten Gebiete überhaupt, um 30 Prozent zu hoch sind.

Es gibt nicht nur bei den Stickoxyden enorme Überschreitungen, sondern es treten auch bei den Staubpartikeln große Probleme auf. Deswegen, meine Damen und Herren, brauchen wir ein Maßnahmenbündel, das die Gesundheit der Bevölkerung sichert und garantiert. Schließlich hat Frau Ministerin Rauch-Kallat vor kurzem die Gesundheitsvorsorge als eines der wichtigen Prinzipien genannt. Sie hat allerdings nur davon gesprochen, den inneren Schweinehund zu besiegen und hat dieses innere Schweinehunderl auch als aufgeblasenes Plastiktier mit sich getragen.

Meine Damen und Herren! Es gibt aber nicht nur den inneren Schweinehund, der die Gesundheitsvorsorge sozusagen notwendig macht, sondern es braucht Maßnahmen von Seiten der Politik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Wir brauchen, nicht nur für den Fall, dass der Transitvertrag ohne Ersatz ausläuft, son­dern jedenfalls einen Ersatz für diese Regelungen – aber nicht nur einen Ersatz, wir brauchen mehr! Wir brauchen mehr Maßnahmen und stärkere Maßnahmen, um diese Situation endlich in den Griff zu bekommen.

Wir brauchen also ein Maßnahmenpaket, das Bund, Länder und Gemeinden umfasst und alle in diese Vorsorge gegen die Belastungen durch den Verkehr einbindet. Ich rede jetzt über den am stärksten wachsenden Sektor im Verkehr, den Schwerverkehr. Da gibt es große Schwierigkeiten mit dem Langstrecken-Güterverkehr. Ich habe Maß­nahmenpakete gegen diese Belastungen schon vor ewigen Zeiten und sehr oft vor­geschlagen. Im Verkehrsausschuss werden diese Maßnahmenpakete üblicherweise vertagt, deswegen nehme ich jetzt die Gelegenheit wahr, diese noch einmal in aller Deutlichkeit aufzuzählen.

Eine der zentralsten Maßnahmen ist eine Maßnahme, die im Schwerverkehr diskrimi­nierungsfrei, also ohne Protektionismus für die einheimischen Frächter, die Schad­stoffe in den Griff bekommt. Dort haben wir – zugegeben etwas plakativ – auch unser Thema der Aktuellen Stunde angesiedelt, nämlich „Fahrverbot für Stinker“. Wir haben Maßnahmen vorgeschlagen, mit welchen besonders belastende LKW aus dem Ver­kehr gezogen werden sollen. (Die Abgeordneten der Grünen halten LKW-Fahrverbots­schilder in die Höhe.)

Wie Sie wahrscheinlich wissen, gibt es bei den LKW Schadstoffklassen von Euro 1, 2 und 3. Auch Euro-0-LKW sind leider noch immer unterwegs. (Die Abgeordneten Dipl.‑Ing. Pirklhuber und Dr. Gabriela Moser stellen vor der Regierungsbank ein LKW-Fahrverbotsschild mit der Aufschrift „Fahrverbot für Stinker“ auf. – Abg. Großruck: Das geht aber nicht!) Es fahren allerdings fast keine Österreicher mehr mit diesen LKW, sondern in erster Linie Südeuropäer. Das wäre eine dringend notwendige Maß­nahme – auch bei Ihnen, Herr Kollege (Abg. Großruck: Das ist nicht geschlechts­neutral! Und „Stinkerinnen“!) –, nicht nur im Tiroler Inntal, sondern das gilt auch für jene Bundesländer, die in Zukunft sehr stark vom Transitverkehr betroffen sein werden.

Wir Grüne schlagen vor, dass LKW der Schadstoffklassen Euro 0, Euro 1 und Euro 2 durch die Schadstoffklasse Euro 3 ersetzt werden, also dadurch, was derzeit auf dem Markt die fortgeschrittenste Type ist.

Das gilt natürlich auch für die heimische Wirtschaft. Das ist eine Maßnahme, die die Umrüstung auf schadstoffarme LKW beschleunigen soll, und zwar aus folgendem ganz einfachen Grund: Nach dem Auslaufen des Transitvertrages gibt es keine Motivation mehr, dass unsere Wirtschaft auf schadstoffarme LKW umrüstet. (Abg. Mag. Molterer: Die Parlamentsmitarbeiter müssen hackeln, weil die Grünen nicht in der Lage sind, für Ordnung zu sorgen! Das ist eine Zumutung!)

Herr Klubobmann Molterer! Wenn Sie das, was wir hier aufgestellt haben, als große Belastung empfinden (Abg. Mag. Molterer: Sie haben keinen Respekt vor den Mit­arbeitern dieses Hauses!), dann erinnere ich an das Vogelmodell der ÖVP-Fraktion, das vor dem Sommer hier aufgestellt wurde und wo der Vogel den Kopf in den Sand steckte. Herr Kollege Molterer, da hat es von Ihrer Seite null Aufregung gegeben.

Wenn es aber um die Gesundheit der Bevölkerung entlang der Transitrouten geht, meine Damen und Herren von der ÖVP, wird es wohl nicht zu viel sein, wenn ein Pappschild, das hier aufgestellt wird, dann weggetragen werden muss. Sie sollten sich einmal im Inntal ansiedeln, dann würden Sie sehen, wie „lustig“ es ist, wenn sie dann, wenn der Schwerverkehr fährt, die Fenster zumachen müssen und sich nicht mehr im Garten aufhalten können. Meine Damen und Herren, das ist unzumutbar! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)


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Das Verbot der LKW der Schadstoffklassen Euro 0, Euro 1 und Euro 2 wird in der NOx-, also in der Stickoxydthematik nicht besonders viel lösen, aber es wird auf jeden Fall bei den Partikeln, also bei den Schwebstoffen Verbesserungen bringen. Darauf wird mein Kollege Grünewald später noch eingehen. Es besteht eine der größten Gesundheitsgefahren eben durch dieses Anwachsen der lungenschädigenden Partikel.

Da aber diese Maßnahme nicht nur in den Ländern getroffen werden kann und dort auch nicht ausreichen wird, brauchen wir zusätzlich bundesseitig neue, scharfe Kon­trollen, brauchen wir auch auf dieser Ebene ein Maßnahmenbündel.

Nun gibt es in den Plänen der ASFINAG für die Kontrollen des Schwerverkehrs viel zu wenige Vollkontrollstellen. Ganz Ostösterreich ist zum Beispiel ein schwarzes Loch, was diese Kontrollen betrifft. Da gibt es nichts, da ist auch nichts vorgesehen. Meine Damen und Herren! Das ist ein Problem, denn auch in Ostösterreich werden die schweren LKW fahren, werden Arbeitszeit- und Lenkzeitüberschreitungen die Regel sein. Man muss schon aus Gründen der Verkehrssicherheit, aber natürlich auch aus Gründen des Preisdrucks auf der Straße und des Sozialdumpings diese LKW-Fahrer aus dem Verkehr ziehen. Vor allem muss man Unternehmer aus dem Verkehr ziehen, die derartig demütigende und grausame Arbeitsbedingungen im Schwerverkehr erlau­ben, schaffen und fördern.

Deswegen haben wir Grüne auch gefordert – und fordern es nach wie vor –, Sozialbe­trug, wie er hier stattfindet, wirklich schwereren Strafen zu unterwerfen und es den Unternehmen nicht mehr zu ermöglichen, mit einer billigen Geldstrafe davonzukom­men. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Schadstoffe haben kein Mascherl. Die Zeit des Protektionis­mus in der Europäischen Union muss vorbei sein. Die Zeit, in der uns die anderen EU-Staaten vorwerfen konnten, dass wir ausschließlich die heimischen Frächter begünsti­gen, um sozusagen einen Wirtschaftskrieg zu führen, muss vorbei sein. Wir müssen einerseits glaubwürdige Maßnahmen setzen, ein glaubwürdiges Maßnahmenpaket schnüren (Abg. Wattaul: Da müssen Sie aber anfangen!), um endlich wieder auf euro­päischer Ebene agieren zu können, aber auf der anderen Seite tut mir Minister Gorbach Leid, denn das, was in den letzten Jahren verpatzt worden ist, hat er jetzt auszubaden.

Meine Damen und Herren! Unterstützen Sie unser Maßnahmenpaket, das im Ver­kehrsausschuss liegt! Damit setzen Sie einen wichtigen Schritt gegen die Verkehrsbe­lastung und für die Gesundheit der Menschen in Österreich, vor allem jener in den belasteten Gebieten entlang der Autobahnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Gorbach. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschrei­ten. – Bitte.

 


9.17

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach: Ge­schätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich hätte eigentlich, wenn es aus formalen Gründen nicht richtig wäre, nichts dagegen gehabt, wenn dieses Schild stehen geblieben wäre, denn: Stinker, wo sie auch überall sein mögen, auf der Straße oder sonst wo, habe ich auch nicht gerne, und ich bin durchaus dazu bereit, ein Verbot für solche LKW auszusprechen. Da sind wir auf der gleichen Linie, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Lichtenberger: Dann tun wir es doch!)


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Als ich die Schilder mit den LKW-Fahrverboten, die hier gezeigt wurden, bei Ihnen gesehen habe, ist mir schon in den Sinn gekommen, dass Sie heute Früh wohl Ihre Zeitung gelesen, eine frische Semmel, vielleicht auch ein Müsli oder ein Knäckebrot gegessen haben und sich dabei vielleicht auch der Tatsache bewusst gewesen sind, dass all das vermutlich nicht mit dem Flugzeug, nicht mit der Bahn, nicht mit der Straßenbahn und auch nicht mit dem Schiff von A nach B transportiert wurde, sondern dass es schon Transporte mit dem LKW, mit dem Klein-LKW braucht, um eben den Wohlstand, den wir auch gerne genießen, sicherzustellen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Was ich einleitend damit sagen möchte, ist einfach nur die Feststellung – bei aller Sensibilität für dieses Thema, die auch ich habe, glauben Sie mir das! –: Es ist falsch, wenn man wieder beginnt, den LKW, die Straße, den Straßen­verkehr gegen andere Verkehrsträger auszuspielen! Das ist falsch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir müssen alles tun, damit wir so wenig LKW-Verkehr wie möglich auf der Straße haben, damit wir so viele Güter wie möglich auf der Schiene transportieren, aber wir dürfen diese beiden Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen, sondern wir müssen schauen, dass wir sie sinnvoll kombinieren. (Abg. Öllinger: Sagen Sie das dem Staatssekretär!) Dann ist gewährleistet, dass die Wirtschaft ihre Wege hat, dann ist gewährleistet, dass Sie und ich und wir alle auch die Waren, die wir brauchen, bekommen. Dann ist auch gewährleistet, dass wir eine vernünftige Verkehrspolitik in diesem Lande diskutieren können. (Abg. Öllinger: Sprechen Sie mit Ihrem Staats­sekretär!)

Frau Abgeordnete, Sie wissen ganz genau, dass ich mich sehr vehement dafür einge­setzt habe, das der auslaufende Transitvertrag eine Verlängerung in Form einer Über­gangslösung erfährt, und Sie wissen auch ganz genau, dass ich mich sehr vehement in Brüssel dafür eingesetzt habe, dass die Wegekostenrichtlinie, die uns versprochen wurde, jetzt endlich zumindest in die Diskussionsphase kommt.

Das Erstere ist noch in Verhandlung. Ich habe in bilateralen Gesprächen zumindest erreicht, dass mein Amtskollege Lunardi alles tut, um Verzögerungen hintanzuhalten. Er tut das, er hält Wort: Er hat die Arbeitsgruppe ablaufen lassen. Er hat dafür gesorgt, dass es am 22. September als A-Punkt im Wettbewerbsrat behandelt wurde und somit formell in das Vermittlungsverfahren eingestiegen werden kann, und er hat auch die anderen Schritte gemeinsam mit mir abgestimmt und beschleunigt.

Wir haben diesen Weg am 10. September vorgezeichnet und gleichzeitig, parallel da­zu, vereinbart, noch einmal Kompromisse zu suchen, unabhängig vom Vermittlungs­verfahren. Sie wissen aber auch, dass man es vor über 10 Jahren eben verabsäumt hat, eine Nachfolgeregelung oder eine Verlängerungsregelung zu vereinbaren und wir deshalb jetzt aus Sicht der anderen zumindest in einer rechtlich nicht günstigen Posi­tion sind.

Wir kämpfen trotzdem bis zur letzten Sekunde, Frau Abgeordnete, das können Sie mir glauben! Dazu brauche ich auch keine Aktuelle Stunde im Parlament, das tue ich auf jeden Fall. Ich habe in Tirol – und dazu stehe ich! – gesagt, dass ich für eine Nach­folgeregelung kämpfen werde, nicht nur, wie es sich für einen österreichischen Ver­kehrsminister gehört, nicht nur, wie es sich für einen Bürger gehört, dem die Umwelt, dem die Gesundheit der Mitmenschen etwas wert ist, sondern ich werde so kämpfen, als wäre ich ein betroffener Tiroler. Glauben Sie mir das! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Glauben Sie mir weiters, dass auch im Hinblick auf den Transit, der in Tirol ein Aus­maß angenommen hat, das wirklich nicht zumutbar ist (Abg. Dr. Lichtenberger: Nicht


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nur in Tirol!), wir uns auch Gedanken darüber machen, wie wir innerstaatlich Verbesse­rungen vornehmen können.

Glauben Sie mir, es war kein Zufall, dass ich am 20. August, nachdem ich die Som­merzeit genutzt und mir darüber Gedanken gemacht habe, in Tirol ein Modell vor­gestellt habe, das nicht die endgültige Lösung, aber zumindest ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Ich halte es nämlich für gescheit, Verkehrsbeeinflussungsanlagen erstens überhaupt möglichst bald zu installieren, da wir dadurch jenen Verkehr, der unvermeidbar ist, besser managen können, und zweitens diese Verkehrsbeeinflus­sungsanlagen, die mit einem Investitionsvolumen von 200 Millionen € bis 2008 öster­reichweit installiert sein werden, zunächst an die Immissionsmessstellen insbesondere in den sensiblen Gebieten zu koppeln.

Ich habe deshalb versprochen, dass der Realisierungsauftrag in der Größenordung von 30 Millionen € noch im September von mir vergeben wird, dass die Verkehrsbeein­flussungsanlage im Großraum Innsbruck als Erste realisiert und bis Ende nächsten Jahres fertig sein wird, sodass dann Möglichkeiten bestehen, sobald der Schadstoff­ausstoß, die Luftverschmutzung, die gesamte Problematik einen gewissen Grenzwert erreicht, zu reagieren, indem ich Fahrverbote für bestimmte LKW-Klassen, zum Bei­spiel Euro 0, Euro 1 und Euro 2, ausspreche, indem ich Maßnahmen setze wie etwa eine Geschwindigkeitsreduktion, wenn dadurch gewährleistet ist, dass sich die Luftver­schmutzung reduziert und Ähnliches mehr. – Ich halte das für eine Idee, die zumindest verfolgenswert ist. Wir werden sehen, was sie bringt.

Ich halte es aber auch für notwendig, geschätzte Kollegin, dass wir auch weiterhin da­für kämpfen und Anreize schaffen, dass die Gütertransporte der LKW auf die Schiene verlagert werden.

Dazu muss ich schon erwähnen, dass – Sie nehmen das meist einfach nur zur Kennt­nis – es nicht so einfach war, am 10. September gemeinsam mit Kollegen Lunardi ein Memorandum zu unterschreiben, das nun die Phase 2 des Baus des Brenner-Basis­tunnels festlegt, also was die Finanzierung betrifft, was die technische Machbarkeit be­trifft, was die Vorbereitung des Staatsvertrages betrifft, was die Abwicklung im Detail, das Zeitmanagement, betrifft, sodass der Brenner-Basistunnel bis 2006 baureif sein soll. Es ist alles genau, detailliert festgelegt, und damit wurden auch bereits 90 Millio­nen € freigegeben – 50 Prozent bezahlt die EU, den Rest teilen sich Italien und Öster­reich. Mit diesen 90 Millionen € wird detaillierter geplant, werden Probebohrungen vor­genommen, werden Verhandlungen geführt, werden Finanzierungsmodelle erstellt und Ähnliches mehr.

Wir gehen also einen großen Schritt weiter in Richtung Verlagerung auf die Schiene. Nehmen Sie das, bitte, auch einmal positiv zur Kenntnis! Seien Sie einmal gut gewillt und erkennen Sie, dass diese österreichische Bundesregierung, dass dieser österrei­chische Verkehrsminister die Problematik, die Sensibilität, auch den Zeitdruck erkannt hat und alles dafür tut – in Österreich, in Tirol, in Italien, in Brüssel –, um die Situation, insbesondere jene der Anrainer, und zwar nicht nur in Tirol, sondern auch am Pyhrn­pass, auch am Tauernpass, zu verbessern und die Lebensqualität wieder halbwegs so zu gestalten, dass sie verträglich, dass sie gut, dass sie auch geeignet ist, sich darüber zu freuen, wenn man dort wohnt.

Noch etwas, das mir nicht unwichtig erscheint, weil ich versprochen habe, das bei jeder Gelegenheit zu sagen: Wissen Sie, was mich betroffen macht? – Mich machen auch jene Auswirkungen des österreichischen LKW-Verkehrs, und zwar nicht nur des Tran­sitverkehrs, sondern insgesamt, betroffen, die im Bericht der WHO nachzulesen sind – sie werden ihn kennen, er ist unbestritten und unwidersprochen –, wonach aufgrund des Schadstoffausstoßes der österreichischen LKW pro Jahr 2400 vorzeitige Todes-


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fälle zu verzeichnen sind, 2700 zusätzliche Fälle von chronischer Bronchitis bei Er­wachsenen, 20 600 zusätzliche Fälle von chronischer Bronchitis bei Kindern unter 15 Jahren und 1,3 Millionen zusätzliche Krankenstandstage zu verzeichnen sind. Das kann man nicht oft genug erwähnen! (Abg. Dr. Lichtenberger: Deswegen machen wir es auch! – Abg. Sburny: ... nichts machen dagegen!)

Wissen Sie, wem ich das zuletzt, nämlich gestern, erzählt habe? – Herrn Riccardo Illy, dem Präsidenten der Region Friaul-Julisch Venetien, der mich besucht hat und eben­falls mit mir über mehr Ökopunkte reden wollte und darüber, warum wir das denn nicht endlich alles vergessen, wir sollten doch den freien Warenverkehr forcieren. Ich habe ihm diese Zahlen gesagt, und damit war das Gespräch auf einer anderen Ebene, weil ihn das eben auch betroffen macht.

Also: Wir tun ohnehin alles, was man tun kann. (Abg. Dr. Lichtenberger: Zu wenig!) Helfen Sie uns! Packen wir das gemeinsam an! Frau Kollegin, es wäre sehr dienlich gewesen, wenn auch Ihre Fraktion im EU-Parlament dem Caveri-Bericht nicht zuge­stimmt, sondern die österreichischen Interessen vertreten hätte. Das war aber nicht der Fall. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Vielleicht gelingt es jetzt, im Vermittlungsverfahren die österreichischen Interessen dort gemeinsam zu vertreten. Ich bin für ein gemeinsames Vorgehen immer zu haben, habe bereits wieder Termine mit den wichtigen Entscheidungsträgern in diesem Vermitt­lungsverfahren, mit den österreichischen Delegierten im EU-Parlament, denn mir ist die Sensibilität der Transitproblematik sehr wohl bekannt. Mir kann man jedenfalls nicht vorwerfen, dass ich das bagatellisiere.

Es ist aber auch klar: Ich werde die Situation rund um die LKW und den Transit auf der Straße niemals ausnützen, um die Leute gegen die Wirtschaft aufzuhetzen, um mit durchaus berechtigten Anliegen Arbeitsplätze zu gefährden. Wir brauchen alles! Es ge­hört zur Lebensqualität auch ein Arbeitsplatz, auch ein Transport von A nach B – und eben eine gesunde Umwelt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das sind ja nicht Arbeitsplätze, ... eher Sklaverei!) Wir werden das Beste tun, damit wir das bestmöglich unter einen Hut bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Redner in der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Keuschnigg. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Abgeordneter.

 


9.28

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wir befassen uns heute innerhalb kürzester Zeit bereits zum dritten Mal mit der Transit­problematik – im Juli bei der Sondersitzung des Nationalrates und hier und heute auf Antrag der Tiroler Grünen. (Abg. Wattaul: Wahlkampf!) Ich werde das Gefühl nicht los, dass dieses Thema, das an sich eines parteiübergreifenden Konsenses bedürfte, immer mehr zur aktionistischen Profilierungsbühne missbraucht wird, und zwar auf dem Rücken der Bevölkerung – wie man am Thema der heutigen Aktuellen Stunde sieht.

Ich darf hinzufügen, dass mir schon die Formulierung des Titels einigermaßen unernst erschienen ist, die angesichts des Ernstes des Themas wirklich nicht passend ist. Wenn man das hier in den Raum gestellte und angestrebte Fahrverbot so isoliert und undifferenziert einführt, wie Sie das hier formulieren, dann trifft es überwiegend die heimische Wirtschaft und die heimischen Arbeitsplätze (Abg. Dr. Lichtenberger: Die


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waren doch immer so sauber, habt ihr gesagt!), da die heimische Wirtschaft viel län­gere Beschaffungszyklen hat als die internationalen Verkehrsunternehmen mit ihren enormen Jahreskilometerleistungen, die sich viel rascher erneuern können.

Jene Gewerbebetriebe im Lande, die die Nahversorgung sicherstellen, die die kurzen Strecken fahren, haben also ältere Fahrzeuge und können nicht so rasch umsteigen. Ich bin zwar dem Grunde nach nicht dagegen, dass wir das mittelfristige Verbot der Klassen Euro 0, Euro 1 und Euro 2 diskutieren (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist in­teressant! Sehr interessant!), aber was sagen Sie diesen Gewerbebetrieben? (Abg. Dr. Lichtenberger: Umstiegshilfen!) Was sagen Sie diesen lokalen und regionalen Transporteuren? Was sagen Sie der regionalen Bauwirtschaft? Was sagen Sie diesen tausenden Familien, die letztlich nicht so schnell umstellen können und um deren Existenz es geht?

Wir brauchen also diese Antworten, bevor wir das Thema Verbot diskutieren. (Abg. Dr. Lichtenberger: Die gibt es, Herr Kollege, die gibt es! Die Antworten gibt es!)

Noch dazu ist dieses angestrebte Verbot teilweise auch in der Sache falsch, denn ohne die Einbeziehung des nationalen, aber auch internationalen Transits ist eine Lösung in der Sache nicht möglich. Sie haben es ja in Ihrem eigenen Redebeitrag gesagt – und ich habe mir das sehr genau angeschaut –: Der Anteil des Schwerverkehrs an den Stickoxidemissionen steigt ständig, von 40 Prozent 1980 auf 54 Prozent 1991 bis auf 66 Prozent im Jahre 2000. Nur die heimische Wirtschaft zu belasten, ist also eine völlig falsche Maßnahme! (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist ja nicht wahr! Sie haben es nicht verstanden!)

Nun zu den Maßnahmen, die wir natürlich setzen müssen, um die Gesundheit der Be­völkerung und die Umwelt zu schützen. Das sektorale Fahrverbot, das die Tiroler Lan­desregierung für Produkte und Waren, deren Transport am leichtesten auf die Bahn verlagert werden können, erlassen hat, ist in der Sache die richtige Antwort. Da sind wir einer Meinung, das freut mich. Das ist in der Sache die richtige Antwort.

Und diese ... (Abg. Dr. Lichtenberger: ... strategisch falsch!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger! Wir haben auf Wunsch der Frauen in der Präsidialkonferenz festgestellt, dass man die Redner nicht ständig durch Zwischenrufe stören soll, und schon gar nicht von einem fremden Sitz­platz aus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde Sie und auch alle anderen bitten, die Redner nicht ständig zu stören. (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber das hat für die VPler, die bei mir dazwischengerufen haben, nicht gegolten! – Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


Abgeordneter Georg Keuschnigg (fortsetzend): Frau Abgeordnete Lichtenberger! Die Störung Ihrer Rede ist vor allem dadurch entstanden, dass Sie hier Verkehrsschil­der aufgestellt haben. Das muss man auch einmal feststellen! (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Nein! Das war Kollege Großruck!)

Unabhängig davon, wie der Europäische Gerichtshof entscheiden wird, ist die Politik der Verlagerung des Verkehrs auf die Bahn weiter zu forcieren, und zwar durch markt­wirtschaftliche Anreize, durch gesetzliche Begleitmaßnahmen.

Die Transitpolitik ist eben um vieles komplexer, als Sie es hier darzustellen versuchen. Es gibt da eine Reihe von Baustellen. Aber in den letzten Wochen und Monaten ist etwa in der Frage des Brenner-Basistunnels ungeheuer viel weiter gegangen. 90 Millio­nen € werden dafür von der Europäischen Union, von Italien, von Österreich für die


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Planung und Baureifmachung dieses wesentlichen Infrastrukturausbaus zur Verfügung gestellt. Bei der Inntal-Eisenbahn ist das erste Baulos schon vergeben, dort gibt es die größte Baustelle Tirols.

Es gibt noch eine Reihe von weiteren Maßnahmen, die die Vernetztheit der Transit­politik illustriert. Da geht es um die rollende Landstraße ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Ihre Redezeit ist abgelau­fen, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Georg Keuschnigg (fortsetzend): Danke schön. – Ich möchte als Schlusssatz nur noch sagen: Die Verlagerung des Verkehrs auf die Bahn, mit allen not­wendigen Begleitmaßnahmen, ist der richtige Weg, und er muss weitergegangen wer­den. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Redezeit: 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


9.34

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines ist sicher: Tirol erstickt im Verkehr! Jahr für Jahr nehmen die Transitfahrten zu, ihre Zahl liegt in unse­rem Land inzwischen in einer Höhe von durchschnittlich 1,7 Millionen LKW-Fahrten pro Jahr. Mit Jahresende wird, so wie es jetzt aussieht, der Transitvertrag auslaufen, und dann beginnt der wirkliche Wahnsinn auf Tirols Straßen. Das heißt: keine Schadstoff­begrenzung und keine Fahrtenreduktion mehr.

Nicht ganz unschuldig daran, sehr geehrte Damen und Herren, Herr Abgeordneter Keuschnigg, ist die ÖVP, denn Landeshauptmann van Staa spielt in Tirol zwar oft den mächtigen Mann, aber dann, wenn er nach Wien kommt, ist er nicht mehr ganz so laut, dann geht er oft in die Knie – und in Brüssel passiert das Gleiche. Wir haben ein eige­nes EU-Büro in Brüssel, von dem man aber nichts hört und auch nichts sieht! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben ja auch hier wichtige Männer in der ÖVP, die aus Tirol stammen. Herr Präsi­dent Khol, da möchte ich Sie nicht ausnehmen: Wo bleibt denn Ihr kämpferischer Ein­satz für das Vaterland? Oder sind Ihnen in diesem Fall die Menschen in Tirol egal, Herr Präsident? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Er ist ein wichtiger Mann, das stimmt!)

Ein Hauptproblem, das wir in Tirol haben – das ist schon einige Male auch in den Aus­führungen des Verkehrsministers behandelt worden –, ist die Gesundheitsschädigung unserer Bevölkerung. Kinder und alte Menschen leiden besonders unter diesem Tran­sitwahnsinn. Atemwegserkrankungen wie Bronchitis sind zu verzeichnen, auch erhöh­ter Blutdruck durch die Lärmbelastung und Stressfaktoren sowie Konzentrations­schwierigkeiten. All das haben unsere Kinder, die älteren Menschen und andere, die nicht über eine stabile Gesundheit verfügen, zu erleiden.

Eine der Besonderheiten des Tiroler Transitverkehrs ist, dass es sich hiebei um eine Alpenregion handelt, wo es eine so genannte Trichterfunktion gibt, infolge derer wir im Vergleich zu anderen Gebieten mit einer anderen Topographie, zum Beispiel im Flach­land, bei gleich vielen Fahrten mit viel höheren Emissionen und einer größeren Schad­stoffbelastung zu kämpfen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sie sind diejenigen, die die Gesetze beschließen. Unterstützen Sie uns! Unterstützen Sie die Tiroler Bevölkerung, denn der Leidensdruck ist bereits enorm, und er wird nach Auslaufen des Transitver-


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trages um ein Vielfaches zunehmen. Wie lange wir das noch ertragen können, steht, glaube ich, in den Sternen. Es ist schon sehr viel passiert.

Als Vorsitzende des Ausschusses für Bürgerinitiativen muss ich sagen: Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine Bürgerinitiative an mich herantritt und mir eine tra­gische Geschichte nach der anderen erzählt, und sie kämpfen meist schon jahrelang, aber es geht einfach nichts weiter! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Reheis, Kollege Niederwieser und ich haben am 12. August dieses Jahres wieder einmal einen diesbezüglichen Entschließungsan­trag an die Regierung eingebracht, um ein Umdenken bei der Regierung beziehungs­weise mehr Nachdruck für unsere Forderungen zu erreichen. Unsere Forderungen haben wir stets offen dargelegt, sie sind glasklar: umgehende Aufnahme von Verhand­lungen um eine Nachfolgeregelung für den Transitverkehr, Einführung des Road-Pricing ab 1. Jänner 2004 – es wurde ja von der ÖVP ewig verzögert! –, die Festlegung der Wegekostenrichtlinie seitens der EU mit Querfinanzierung und eine Festlegung der sensiblen Alpenzone. Letzteres ist ein besonders wichtiger Punkt. Herr Bundeskanzler Schüssel hat ja ungeniert die Alpenzone auf ganz Österreich ausgeweitet, und dass man uns dann bei Verhandlungen in Brüssel nicht ernst nimmt, brauche ich hier wohl nicht extra zu betonen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister Gorbach! Sie haben immer wieder, auch in Ihren letzten Stellung­nahmen, darauf hingewiesen, dass es oberste Priorität sein muss, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Nehmen wir uns doch in diesem Punkt ein Beispiel an der Schweiz! Ich glaube, das ist vorzeigbar. Sie kommen ja sozusagen von dort (Bundesminister Gorbach: Nicht aus der Schweiz!), Ihr Nachbarland ist die Schweiz. Sie haben sicherlich viele Verbindungen dorthin. Das tut, glaube ich, Öster­reich und Tirol gut.

Ihnen spreche ich den guten Willen nicht ab, Herr Gorbach! Gerade gestern habe ich mit EU-Abgeordneten Hannes Swoboda gesprochen. Sie bemühen sich sehr. (Ruf bei den Freiheitlichen: Bravo!) Sie haben allerdings auch viel gutzumachen von dem, was innerhalb der letzten drei Jahre von dieser Bundesregierung vermurkst wurde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete! Sie haben mich als Tiroler Abgeord­neten direkt angesprochen. Ich kann Ihnen von diesem Platz aus als der den Vorsitz führende Präsident leider nicht antworten, Sie wissen das, aber mein Kollege Hermann Gahr wird Ihnen darauf antworten, dass auch ich mich ständig für die Anliegen vor allem bezüglich des Brenner-Basistunnels einsetze. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Gegenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Wittauer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.40

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Frau Abgeordnete, es ist schon eigenartig, dass Sie hier am Redner­pult so tun, als wären die Sozialdemokraten für diesen Zustand nicht verantwortlich. Sie sitzen in der Landesregierung, und dort wurden Beschlüsse gefasst, aber dort werden sie nicht umgesetzt, sondern es werden Ausnahmegenehmigungen erteilt. Wir haben das gerade vor kurzem wieder gehört: Frau Landesrätin Hosp gab noch zusätz­liche Ausnahmegenehmigungen, doch Sie reden hier von Glaubwürdigkeit gegenüber


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Brüssel! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Wir sind die Einzigen, die da etwas getan haben!)

Ich finde es wirklich eigenartig, dass Sie sich getrauen, hier herauszugehen und andere für das, was Sie selbst zu verschulden haben, verantwortlich zu machen. (Abg. Mag. Wurm: Wir sind die Einzigen, die etwas getan haben!)

Es ist natürlich sehr gut, dass Sie Herrn Minister Gorbach loben, auch wir loben ihn, weil wir wissen, was er in der Vergangenheit zustande gebracht hat, Tatsache ist aber, dass es keinerlei Versäumnisse in den letzten drei Jahren gab, die er aufarbeiten müsste, sondern dass er die Versäumnisse aus jener Zeit, in welcher die Sozialdemo­kraten den Verkehrsminister gestellt haben, aufzuarbeiten hat.

Wir haben einen verhunzten Transitvertrag, der ausläuft, und wir kämpfen darum, dass er weitergeführt wird, aber wir kämpfen nicht nur für diese Lösung, denn diese ist wahr­scheinlich kaum umzusetzen, sondern wir haben gemeinsam mit Willi Tilg und unse­rem Minister Lösungsansätze, Lösungsziele präsentiert. Doch was haben wir von den anderen Parteien gehört? – Es wäre keine gute Lösung, ja es wäre schlecht.

Ich möchte Ihnen daher erklären, was wir damit meinen. Es geht um ein Verkehrsleit­system in Tirol, in dessen Rahmen gleich zu Beginn von der Bundesregierung 30 Mil­lionen eingesetzt werden. Dieses System in Tirol wird als Pilotprojekt gelten, es wird Emissionsmessstellen geben, die an das Verkehrsleitsystem angeschlossen werden, um in Situationen, in denen es um Gesundheitsgefährdung geht, sofort reagieren zu können.

Hier geht es auch um die Klassen Euro 0, Euro 1 und Euro 2. Das sind inzwischen Veteranen unter unseren Fahrzeugen; in Tirol gibt es davon nicht mehr so viele, weil sich die Wirtschaft schon umgestellt hat. Aber nicht die alleine dürfen wir angreifen, sondern wir müssen sagen: Wenn die Emissionen zu hoch sind, müssen Maßnahmen für alle gelten! Das bedeutet, dass wir Glaubwürdigkeit gegenüber Brüssel beweisen und dass Brüssel uns auch gewisse Dinge zugesteht.

Gerade was die gesundheitlichen Auswirkungen betrifft, möchte ich schon daran er­innern, dass Landesrätin Zanon vor kurzem in einer Radiosendung gesagt hat, die Leute hätten mehr ein psychologisches Problem, weil wir zu sehr schimpfen. Zu Ihrem Argument, die Leute hätten mehr ein psychologisches Problem, Frau Landesrätin, möchte ich Ihnen, sollten Sie gerade zuhören, sagen: 2 400 vorzeitige Todesfälle, 2 007 zusätzliche Fälle von chronischer Bronchitis, 20 600 zusätzliche Fälle von chro­nischer Bronchitis bei Kindern, 15 000 zusätzliche Asthmaattacken bei Kindern und über 1,3 Millionen zusätzliche Krankenstandstage! – Das sind Zahlen, die auch eine Landesrätin akzeptieren muss.

Ich fordere die Landesregierung auf, in ihren Bereichen Maßnahmen zu setzen und Herrn Minister Gorbach zu unterstützen, der dieses gravierende Problem Tirols sehr wohl erkannte, und daher sind die Tiroler die Ersten, die mit diesem Verkehrsleitsystem ausgestattet werden.

Es heißt immer wieder, alles gehe zu langsam. – Nein! Wir haben gehört, im Herbst wird die Ausschreibung fertig sein, wird die Vergabe erfolgen, und 2004 werden wir dieses emissionsgekoppelte Verkehrsleitsystem bekommen. Das ist also eine mittel­fristige Maßnahme.

Im Übrigen ist der Brenner-Basistunnel nicht ein Versäumnis dieser Bundesregierung, sondern wir wissen heute, dass dieser Brenner-Basistunnel nur den zusätzlichen Ver­kehr aufnehmen könnte. Wir werden uns daher Gedanken über langfristige Lösungen, über Lösungen, die weit darüber hinaus gehen, machen müssen.


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Der Brenner-Basistunnel ist etwas, was wir brauchen. Die freiheitlichen Minister – und gerade Minister Gorbach – haben sich dort wirklich für eine Beschleunigung eingesetzt. Der erste Spatenstich für den Tunnel im Unterinntal ist bereits erfolgt.

Was können wir noch machen? – Wir können nur direkt eingreifen und dürfen keinen Unterschied machen. Im Zweifelsfall müssen wir uns für die Gesundheit unserer Men­schen, für die Gesundheit unserer Kinder und unserer Jugend entscheiden, und erst dann sollten wir darüber nachdenken, wie weit das die Wirtschaft tangiert. Die Wirt­schaft ist flexibel, und die Wirtschaft hat auch in der Vergangenheit gezeigt, dass sie sich auf Änderungen einstellen kann – nur darf man keine Ausnahmen machen. Die Landesregierung unter Landeshauptmann van Staa macht permanent Ausnahmen, und deshalb hat das sektorale Fahrverbot auch nicht gehalten. Leider Gottes ist es eben so, dass vor dem Wahlkampf Brüssel so entschieden hat, dass es eine Verfü­gung gegeben hat; normalerweise wäre die Entscheidung erst viel später gefallen.

Das wissen wir alle! Es ist eine scheinheilige Politik dieser Landesregierung, und ich fordere an dieser Stelle die Tiroler auf, dieser Macht Grenzen zu setzen. Wählen Sie freiheitlich, dann wählen Sie etwas Gutes! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Mi­nuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


9.45

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben gehört, der Transitvertrag läuft aus. Wir haben gehört, Herr Minister Gorbach, Sie wollen noch alles Mögliche unternehmen. (Abg. Scheibner: Das wissen Sie hof­fentlich schon länger?!)

Herr Minister Gorbach! Sie waren Landesrat! Sie waren Landesrat in Vorarlberg und haben dort – das haben Sie uns nicht gesagt! – sehr massiv Maßnahmen im Straßen­bau getroffen, den Ausbau von Verkehrsrouten vorangetrieben, den Transitverkehr durch Vorarlberg durch Straßenbau verstärkt (Bundesminister Gorbach: 10 Prozent!) und insgesamt die Belastung durch Stinker und die Belastung durch lärmintensive LKW erhöht, Herr Minister. Das haben Sie uns verschwiegen! (Beifall bei den Grünen, die runde Schilder in die Höhe halten, auf denen ein Fahrverbot für LKW dargestellt ist, und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister! Zur Frage des Wohlstandes: die Fragen des Lebens, die Fragen der Ge­sundheit, Herr Minister, stehen für mich an erster Stelle. Sie müssten längst wissen, dass jährlich allein 190 Menschen an den Folgen der Lärmbelastung sterben. Ich spreche noch gar nicht von den Feinstäuben; Herr Kollege Grünewald wird die Fein­staubproblematik, das Verrußen von Lungen thematisieren und die entsprechende Todesrate hier aufzeigen.

Ich sage Ihnen: Allein dadurch, dass Sie solche Stinker, solche Lärmerreger relativ un­gebremst durch Österreich durchdonnern und auf Österreichs Straßen fahren lassen, gefährden Sie Leben, und darüber soll man nicht leichtfertig hinweggehen und sagen: Meine Güte, zum Frühstück brauchen wir eine Semmel! Das ist lächerlich, Herr Minis­ter. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Aber wahr!)

Wir alle wissen, dass das so genannte Transitproblem sich in keiner Weise auf Alpen­täler reduzieren lässt. Dort wird die Bevölkerung am meisten belastet, keine Frage, aber das Transitproblem ist ein gesamtösterreichisches Problem. Die Belastung durch LKW-Abgase, durch LKW-Lärm, durch Bodenverbrauch, durch Bodenversiege-


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lung ist ebenfalls ein gesamtösterreichisches Problem. Da ist die Ostregion, da ist Oberösterreich mindestens genau so belastet, was Schadstoffe anlangt, wie Tirol, wie die Alpengegend, nur ist es dort noch massiver spürbar.

Ich möchte Ihnen nur aus meinem Bundesland eine Zahl nennen, eine Zahl, die zeigt, wie stark der Transitverkehr im LKW-Bereich auf der Innkreis Autobahn, einer wesent­lichen Transitroute, zugenommen hat: Zwischen 1994 und dem Jahr 2000 haben sich die Tagesverkehrszahlen verdreifacht, von 1 677 LKW auf über 6 340 LKW! Eine Ver­dreifachung in einer vergleichsweise kurzen Zeitspanne!

Gerade was den Lärm anlangt, ist eine Verdreifachung eine Zumutung, eine Zumu­tung, die wirklich massiv an die Gesundheitssubstanz der Leute geht. Lesen Sie doch endlich einmal die medizinische Fachliteratur! Schlafstörungen stehen ganz oben in der Liste der Belastungen. Schlafstörungen führen zu hormonellen Schwierigkeiten, schwächen das Immunsystem. Das muten Sie den Anrainerinnen schon Jahrzehnte zu! Diese Zumutung steigt mit jedem Jahr, denn diese Belastung wird mit jedem Jahr größer.

Auch die Todesrate steigt mit jedem Jahr. Sie alle sind verantwortlich dafür. Sie leisten, wenn Sie nicht die Verminderungspakete, die Alternativpakete von Seiten der Betroffe­nen, von Seiten der alternativ denkenden grünen Politikerin unterstützen, Beihilfe dazu, und das ist für mich das Erschreckende. (Beifall bei den Grünen.)

Sie leisten Beihilfe zu Schlafstörungen, Sie leisten Beihilfe zu Blutdrucksteigerungen, Sie leisten Beihilfe bei der Erhöhung der Herzfrequenz, Sie provozieren Herzinfarkte. (Abg. Mag. Mainoni: Geh bitte!) Sie wissen genau, dass vier von fünf Österreicherin­nen sich massiv über Verkehrslärm beschweren. Herr Minister, es gibt diesbezüglich längst Handlungsbedarf. Es gibt kein Lärmschutzgesetz in Österreich. Wir haben ein Luftemissionsschutzgesetz, aber wir haben kein Lärmschutzgesetz.

Stellen Sie sich das vor! Es gibt keinen Anspruch der Bevölkerung auf Schutz vor dem Lärm, sondern es wird nur passiv agiert: Lärmschutzwände, ein bisschen Asphalt. Das alles setzt aber nicht bei den Ursachen an, und wir müssen die Ursachen vermeiden!

Denken Sie bitte bei den Kosten nicht nur an Lärm! (Abg. Murauer: Es gibt in ganz Europa nicht so viele Lärmschutzwände wie in Österreich!) Die Kosten im Zusammen­hang mit Lärm alleine sind relativ hoch: 741 Millionen € pro Jahr im Zusammenhang mit Lärmschäden. (Das rote Lämpchen auf dem Rednerpult blinkt, und Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Denken Sie aber auch an die Verkehrsunfälle! Sie wissen genau: Oft sind bei Ver­kehrsunfällen, die viele Tote nach sich ziehen, LKW beteiligt. Erhöhen Sie die LKW-Kontrollen. Das wäre ein Sicherheitsfaktor, das ist auch ein Sicherheitsfaktor ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ihre Redezeit ist schon lange aus. Bitte, einen kurzen Schlusssatz!

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Der kurze Schlusssatz heißt: Es ist mir beileibe zu wenig, wenn ein Umweltminister auf das Fahrrad umsteigt. Wir müssen längst weiter denken, und entsprechende Maßnahmen sind nicht getätigt worden. (Bei­fall bei den Grünen.)

9.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.51

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus!


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Frau Abgeordneten Wurm, Herr Präsident Khol kann Ihnen nicht antworten. Sie haben hier festgestellt, er hätte nichts getan. Ich darf, um das, was Sie gesagt haben, richtig zu stellen, feststellen: Herr Präsident Khol hat in der vergangenen Periode massiv für den Bau der Unterinntal-Trasse gewirkt, und er wirkt derzeit auch wieder sehr intensiv für die Umsetzung des Brenner-Basistunnel-Projektes. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind uns einig darüber, dass es Maßnahmen im Transitbereich bedarf, um unsere Menschen zu schützen und den Lebensraum und die Gesundheit unserer Menschen zu erhalten. Ich kann manche Panik machende Ausführungen, die von Abgeordneten der grünen Fraktion heute hier gekommen sind, nicht verstehen. So verunsichern Sie die Menschen und tragen damit sicher nicht dazu bei, dieses Thema fair und ordentlich auszudiskutieren.

Ja, wir brauchen Begrenzungen beim Transit, wir brauchen Lenkungsmaßnahmen, wir brauchen Investitionen, wir brauchen neue Konzepte, aber ich bitte auch, dass wir mit diesem Thema etwas sensibler umgehen und nicht alles schlecht machen. Die Wirt­schaft ist nicht unser Feind, die Wirtschaft ist unser Partner, und nur mit der Wirtschaft können wir auch das Transitproblem in den Griff bekommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir brauchen also innerstaatliche Maßnahmen und EU-weite Maßnahmen, und Öster­reich ist Vorreiter – das kann man mit Stolz behaupten –, wenn es darum geht, in Europa Transitbelastungen und die Auswirkungen dieser Belastungen aufzuzeigen und Maßnahmen zur Transiteindämmung umzusetzen. Vor allem die Tiroler Landesregie­rung war es, die sich da massiv eingebracht hat, allen voran Landeshauptmann Herwig van Staa, welcher in seiner kurzen Amtszeit massiv Schwung in die Transit-Diskussion gebracht hat und da massiv aufgetreten ist – gegenüber Brüssel, gegenüber Südtirol, gegenüber Bayern und natürlich auch gegenüber Wien.

Es hat noch nie so viele Maßnahmen wie in letzter Zeit gegeben: Road-Pricing wird umgesetzt, schwefelfreier Diesel wird eingeführt, die Anerkennung als sensible Zone ist im Laufen, es gibt ein Nachtfahrverbot in Tirol, die Unterinntal-Trasse wird gebaut, der Brenner-Basistunnel befindet sich in der Planungs- und Umsetzungsphase, und es gibt das ehrliche Bemühen vom Bundesminister Gorbach, dass wir auch eine Nach­folgeregelung oder Übergangsregelung für den Transitvertrag bekommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Doch was machen unsere Grünen? – Sie sind gegen den Bau der Unterinntal-Trasse aufgetreten, Klubobfrau Glawischnig bezeichnet den Brenner-Basistunnel als „stilles Örtchen“ oder dessen Realisierung als Geldvernichtung, Tirols grüner Klubobmann Georg Willi fährt nach Deutschland und er schreibt Briefe – heraus kommt nichts, wir sehen keine Antworten –, Grüne stimmen in Brüssel bei strategischen Entscheidungen dagegen und gefährden eine geschlossene Position, Grüne vergleichen Österreich mit dem EU-Nichtmitgliedsland Schweiz, Grüne lehnen Beteiligungen ab, und Grüne reden von Chaos und Debakel und bringen selbst nichts weiter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt innerstaatliche Maßnahmen. So wurden beispielsweise die Kontrollen verstärkt. Den LKW zu verbannen, das ist zu billig, Frau Abgeordnete Lichtenberger. Sie selbst haben wahrscheinlich noch nie einen Arbeitsplatz geschaffen oder erhalten. In meinem Dorf gibt es sieben Tischlerunternehmen. Ein LKW fährt 20 Jahre, er fährt im Jahr zwi­schen 5 000 und 7 000 Kilometer und kann nicht jedes Jahr ausgetauscht werden. Sie müssten einmal die Investitionen für diese Klein- und Mittelbetriebe übernehmen, dann würden Sie anders denken. Ich glaube, Sie sollten das Maß und die Realität einmal hinterfragen. Es gibt viele Transportunternehmer, welche sich solche Investitionen ein­fach nicht leisten können. (Beifall bei der ÖVP.)


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Denken Sie auch an die Arbeitsplätze, denken Sie an die Menschen, die damit Wohl­stand und Lebensqualität sichern wollen! (Abg. Brosz: Das tun wir!) Wir brauchen für die Zukunft zwei Wege: Der eine ist einmal die Bahn. Sie muss ausgebaut und pro­fessionalisiert werden. Wir brauchen einen geordneten Warenverkehr auf der Bahn, wir brauchen eine neue Logistik, wir brauchen neue Konzepte im Personennah- und -fern­verkehr, und daher wünsche ich unserem Staatssekretär Kukacka viel Gefühl und Glück bei der Umsetzung der ÖBB-Reform! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawisch­nig: Viel Gefühl – das kann er brauchen!)

Wir brauchen aber auch, um die eigene Mobilität zu erhalten, die Straße. Wir brauchen die Straße, um den Wirtschaftsraum zu erhalten und das Wirtschaften zu ermöglichen, um die eigene Mobilität, welche jeder von uns in diesem Hohen Haus hier will – jeder besitzt wahrscheinlich in seinem Haushalt ein Auto, viele zwei, und somit brauchen wir unsere Straße –, sicherzustellen.

Wir sind uns der Verantwortung bewusst. Es braucht langfristige Konzepte, es braucht laufende Initiativen, auch harte Verhandlungen, es braucht aber sicherlich keine Panik­mache. Tirol ist ein schönes Land, und mit Landeshauptmann van Staa werden wir auch das Transitthema in Zukunft massiv und offensiv aufzeigen und für die Bürger unseres Landes eine Lösung einfordern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

9.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reheis. Redezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


9.56

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als ich den Kollegen Gahr so reden gehört habe, dachte ich mir, das spiegelt genau das wider, was in Tirol im Moment so gespielt wird: schöne Worte vor Wahlen, aber ansonsten nur lauter Luft, leere Worte! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Beispiel habe ich hier mitgebracht, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das Transit­forum Austria, kein unbekanntes Forum, hat Ende August an alle Tiroler Parteien zehn Fragen gerichtet und sie gebeten, diese bis zum 10. September zu beantworten, und zwar zehn Fragen, die sich mit der Transitpolitik beschäftigen, mit den Abgasen, mit der gesundheitlichen Gefährdung. Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, sagen: Drei Parteien des Tiroler Landtages haben geantwortet – aber von der Tiroler ÖVP sind diese zehn Fragen unbeantwortet geblieben!

Das ist Ihr Dilemma: Sie haben keine Antworten auf Fragen betreffend den Verkehr. Sie haben keine Antworten auf die tatsächlichen Tiroler Probleme! Das ist die Politik der ÖVP!

Doch Sie von der Freiheitlichen Partei, Kollege Wittauer, tragen dies auf Bundesebene mit, nämlich in der ÖVP/FPÖ-Regierung. Ich nehme es dem Herrn Bundesminister wirklich ab, dass er sich sehr bemüht, auch die Transitlösungen ernst zu nehmen, aber trotzdem: Es geht nichts weiter, er hat seine Bremser schon in der Regierung sitzen. Da sitzt ... (Abg. Wittauer: Sie sind ja selber in der Landesregierung drinnen! Tun Sie doch nicht so scheinheilig, als wären Sie nicht dabei!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittauer, am Wort ist der Redner! Würden Sie bitte Ihre Zwischenrufe einschränken!

 


Abgeordneter Gerhard Reheis (fortsetzend): Weil heute hier auch wieder die viel zitierte Bahn strapaziert wurde: Wer, bitte, sorgt denn dafür, dass die Bahn zerschla­gen wird und dass da nichts mehr weitergeht? – Kukacka und die ÖVP! Doch Sie von


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den Freiheitlichen machen mit. Das ist Ihr Dilemma, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Transitforum: Wissen Sie, was das Transitforum abschließend zu diesen zehn Fragen geschrieben hat? – Noch einmal: Die Sozialdemokraten haben geantwortet, die Grünen haben geantwortet, auch die Freiheitlichen haben geantwortet – aber die ÖVP hat keine Antworten darauf, und das ist das Schlimme! – Das Transitforum schreibt ab­schließend: Die Tiroler Volkspartei gibt keine Antworten, sie schweigt. – Bilden Sie sich selbst Ihre Meinung zu diesem Verhalten!

Dem ist wohl nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Durch dieses Verhalten ist natürlich auch die Bundesregierung mehr als säumig: Drei Verkehrsminister vor Gorbach haben nichts weitergebracht, sie haben verhindert, sie haben nichts und null weitergebracht, und jetzt stehen wir vor dem Dilemma, dass wir keine Lösung haben, keinen Transitvertrag, nur das Dilemma Transitverkehr, die Stin­ker auf der Straße, und das ist eine Situation, die zu Recht diese Aktuelle Stunde heute erforderlich gemacht hat. Dass wir die Möglichkeit gehabt haben, heute wieder zu die­sem Thema zu sprechen, dafür möchte mich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Landeshauptmann van Staa, meine Damen und Herren, spricht immer von Tiroler Positionen, vom Halten der Ökopunkte-Regelung und der 108-Prozent-Klausel (Zwi­schenrufe des Abg. Wittauer) – hören Sie gut zu! –, er beharrt auf den Beschlüssen des Tiroler Landtages, also auf der Einhaltung der LKW-Obergrenze, ja er fordert so­gar seinen Parteikollegen Schüssel zu mehr Mut und Durchsetzungsfähigkeit auf. Er kündigt an – noch einmal ein Zitat von Landeshauptmann van Staa –, seine bisherige öffentliche Zurückhaltung gegenüber Kanzler Schüssel aufzugeben. – Schneck’n, meine Damen und Herren! Er ist selber mutlos – besonders gegenüber dieser Regie­rung Schüssel und vor allem gegenüber der gesamten Bundesregierung in Sachen Verkehrspolitik.

Allerdings hat van Staa durchaus sozialdemokratische Botschaften mit übernommen, und da könnten wir mit ihm einig sein, aber das sind auch nur starke Worte, meine Damen und Herren. Es ist medienwirksames Gepolter, denn hier im Hohen Haus wird null umgesetzt, und seine schwarzen Tiroler Mander und Frauen stimmen hier diesen Grauslichkeiten der Bundesregierung zu.

Meine Damen und Herren! Die einzige Alternative dazu ist die Tiroler SPÖ, sind die Tiroler Sozialdemokraten (Abg. Wittauer: Die nichts zustande gebracht haben! Nichts!), denn es ist der einzige Sozialdemokrat Hannes Gschwentner, der Landes­hauptmann-Stellvertreter (Abg. Wattaul: Der hat nichts zustande gebracht!), der zur Selbsthilfe gegriffen hat und sich konsequent und geradlinig für die Tiroler Bevölkerung eingesetzt hat, ein LKW-Nachtfahrverbot und ein sektorales Fahrverbot durchgesetzt hat. Der Ball liegt jetzt allerdings noch bei der EU, aber ich denke, auch die EU wird sich für die Menschen und gegen den freien Warenverkehr aussprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Das ist ein Blödsinn!)

Meine Damen und Herren! Bei der Tiroler Sozialdemokratie sind Sie in besseren Hän­den als bei den Freiheitlichen, die keine Meinung haben, oder bei der ÖVP, die null Antworten hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheit­lichen.)

10.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Auch für ihn gelten die 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



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10.02

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bei Kollegem Reheis merkt man, dass der hektische Wahlkampf ausgebrochen ist. Ich bin aber trotzdem sehr froh darüber, dass dieses Thema Transit wieder einmal hier im Hohen Haus diskutiert wird, es kann nicht oft genug behandelt werden. Transit betrifft uns Österreicherinnen und Österreicher alle.

Ich möchte aber noch etwas vorausschicken, nämlich den Redebeitrag von Kollegin Moser von den Grünen betreffend: Es ist beinahe humoresk, wenn Sie mit einer Hiobs­botschaft hier herauskommen und sagen: Ich weiß etwas: Der Herr Bundesminister Gorbach hat als Landesrat in Vorarlberg Straßen gebaut!

Frau Abgeordnete Moser! Herr Landesrat Gorbach war Straßenbaulandesrat in Vorarl­berg, und da liegt es halt einmal in der Natur der Sache, dass man sich um die Stra­ßenbelange kümmert. Aber ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang eines sagen: Er hat sich in Vorarlberg deshalb beliebt gemacht und hat deshalb diese Wahlerfolge ge­habt, weil er sehr sensibel im Umgang mit dem Straßenbau war. (Abg. Mandak: Durch Naturschutzgebiete Straßen planen ...!) Es ist ihm zu verdanken, dass viele Umfahrun­gen gekommen sind, und es ist ihm zu verdanken, dass es zu einer Entlastung gekom­men ist und dass viele Vorarlbergerinnen und Vorarlberger dadurch vom Verkehr ent­lastet wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Transitproblematik, meine sehr verehrten Damen und Herren, und hier im aktuellen Fall natürlich der Alpentransit, ist ein ganz wichtiger Bereich, den ich Ihnen anhand von Zahlen gerne auch näher bringen möchte.

Am Brenner beträgt der Anteil des Transitverkehrs 90 Prozent, und es ist gerade die geographische, aber auch die topographische Lage, nämlich diese Gebirgstäler, die diese unerträgliche Situation für die dort wohnende Bevölkerung ausmachen; vor allem sie sollte auch unsere Solidarität haben. Ein Beispiel: Die Lärmbelästigung von ange­nommen 71 Dezibel im LKW-Güterverkehr führt in diesen Gebirgstälern dazu, dass in 1,1 Kilometer Entfernung und bei einem Höhenunterschied von 300 Metern immer noch 51 Dezibel gemessen werden. Und das macht den Unterschied, das macht die Problematik der topographischen Lage aus – und vor allem die Belastung für die dort wohnende Bevölkerung.

Eine weitere Studie belegt, dass bei gleichem Verkehrsausmaß mit gleicher Schad­stoffemission im Flachland nur ein Drittel von jener NOx-Konzentration zu konstatieren ist, wie es sie in Gebirgstälern gibt. Oder umgekehrt formuliert: In Gebirgstälern sind die Schadstoffemission und die -belastung dreimal so hoch wie im Flachland. Das ist die Problematik bei der Alpenquerung, beim Alpentransit. Und hier, meine sehr geehr­ten Damen und Herren, ist es vernünftig, wenn alle vier Parteien in Brüssel mit einer Sprache sprechen.

Noch etwas: Mit einem Gerücht muss man aufräumen. Wir Österreicher haben rein rechtlich gesehen ein Anrecht auf eine Regelung. Wir dürfen hier nicht als Bittsteller in Brüssel auftreten, sondern wir haben ein Anrecht, ein Recht auf eine befriedigende Transitregelung. Im Beitrittsvertrag 1995, mit dem Österreich der Europäischen Union beigetreten ist, sind uns zwei Dinge primärrechtlich von der Europäischen Kommission zugesichert worden, nämlich erstens eine dauerhafte Emissionsreduktion um 60 Pro­zent – Sie wissen das, Frau Kollegin Lichtenberger – und zweitens, dass bei Auslaufen des Vertrages mit 31. Dezember dieses Jahres europäische Rahmenbedingungen in Kraft sein werden, die eine nachhaltige Verkehrspolitik für ganz Europa gewährleisten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Beides ist nicht eingetreten. Die Euro­päische Union ist in beiden Fällen säumig. Wir, meine sehr geehrten Damen und


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Herren, haben unsere Hausaufgaben hier in Österreich gemacht: 800 Millionen € für den Kombiverkehr inzwischen aufgewendet, für den Ausbau der Bahninfrastruktur 8,3 Milliarden €, allein in den Jahren 2000 bis 2002 4 Milliarden €. Österreich hat seine Hausaufgaben gemacht. So, wie die Europäische Union – und das kennen wir leider Gottes zur Genüge – mit den Kleinstaaten gerne umgeht und verfährt, so verfährt sie auch mit Österreich.

Unser Bundesminister – und das ist unbestritten, das habe ich Gott sei Dank auch von der Opposition gehört – kämpft wie ein Löwe für unsere Anliegen. (Abg. Nürnberger: Aber ein zahmer Löwe! – Abg. Dr. Jarolim: Bei so einem Löwen muss man aufpassen! Man sollte mehr an die Menschen denken!) Und wir sind auch zuversichtlich, dass diese unsere Sorgen, die wir alle hier teilen sollten – nicht nur die Sorgen der Tirolerin­nen und Tiroler, sondern die Anliegen von allen Österreichern –, diesem riesigen tauben David in Brüssel endlich doch noch zu Gehör gebracht werden. Und wir sind sehr zuversichtlich, dass der Herr Bundesminister einen Erfolg dabei erzielen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung dazu: Herr Abgeordneter Dr. Grü­newald. 5 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


10.07

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ganz kurz zu den Vorrednern einige Korrekturen. Es wurde kritisiert, Grüne hätten in Brüssel gegen Österreichs Interessen gestimmt. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt!) Wahr ist vielmehr: Wogegen Grüne gestimmt haben, war eine Lösung, die mehr Verkehr gebracht hätte, was Sie verschwiegen haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn jetzt ÖVP und FPÖ versuchen, sich Federn auf den Hut zu stecken, was den Brenner-Basistunnel betrifft, so könnte man fast meinen, man könnte jedes Wochen­ende Schüssel, Haupt, Gorbach, van Staa und Khol zwischen Sterzing und Wörgl eigenhändig mit Pickel und Schaufel graben sehen. Solche Sachen habe ich noch nicht beobachtet.

Aber zur Sache. Ich frage Sie: Können Haare gefährlich werden? Natürlich werden Sie jetzt sagen, beim Grünewald sicher nicht, aber ich werde Ihnen erklären, warum. Die­selrußpartikel haben teilweise eine Größe von 0,1 Mikrometer. (Abg. Wittauer: Deswe­gen haben wir nächstes Jahr einen schwefelfreien Diesel!) Das ist zirka ein Tausends­tel des Durchmessers eines Menschenhaares. Auf Grund dieser Kleinheit können diese Partikel bis in die letzten Verzweigungen der Lunge gelangen, teilweise sogar das Blutgefäßsystem durchbrechen und in die Blutbahn gelangen. Das hat eine Reihe von Erkrankungshäufungen zur Folge, angefangen von akuter Bronchitis bei Kindern – 20 000 Fälle für Österreich rechnet die WHO aus –, chronischer Bronchitis bei Älteren über 35 Jahren, wo man mit 40 000 Fällen rechnet, wie auch die WHO in einer Studie belegt hat. Die WHO schreibt auch – Gorbach hat es dankenswerterweise zitiert – von 2 400 Todesfällen in Österreich pro Jahr, die durch diese Feinstäube des Dieselrußes bedingt sind und daher auch vermeidbar wären.

Wenn Maßnahmen gesetzt werden, kann man akut die Zahl von Bronchitisfällen und Asthmafällen und Allergien bei Kindern und Erwachsenen reduzieren, die Zahl der Todesfälle aber nur über sehr viele Jahre hinaus reduzieren, weil diese Partikel sich im Körper einlagern und mit dem Faktor Zeit erst ihre Tumor bildende Kraft entfalten. Das heißt, hier ticken Zeitbomben. Eine Studie, die Schweizer in Südtirol gemacht haben, zeigt ähnliche erschreckende Ergebnisse, nur gibt es hier einen ganz heiklen Punkt für Tirol und Österreich: Die Südtiroler Werte von Feinstäuben und Stickoxyden liegen


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deutlich unter jenen Tirols und auch deutlich unter jenen von Graz. Es ist dort zwar der­zeit kein Wahlkampf, aber trotzdem darf man solch kritische Dinge bemerken: Graz ist Europameister in der Feinstaubkonzentration und liegt diesbezüglich gleichauf mit der Industriestadt Riga, und das mag schon etwas heißen.

Sie sagen jetzt vielleicht, das ist Panikmache der Opposition, Panikmache von irgend­welchen NGOs, aber ich kann Ihnen Zitate bringen, die Ihnen zeigen, dass ganz hoch­rangige Institutionen Ähnliches sagen. Es sagt zum Beispiel ein beratendes Organ der deutschen Bundesregierung für Umweltfragen, dass Dieselruß das Problem der Zu­kunft für die Luftverschmutzung ist, und zwar das prioritäre Problem. Diesel enthält tausendmal mehr Rußpartikel als Benzin, hat im Vergleich zu Benzin ein tausendfach erhöhtes Krebsrisiko mit seinen Feinstäuben zur Folge.

In Österreich ist jeder zweite von drei neu zugelassenen PKW dieselbetrieben, und da muss man etwas tun. Bei uns fahren zehnmal mehr Dieselfahrzeuge als in der Schweiz! Da muss man etwas tun! Herr Minister Gorbach, Frau Minister Gehrer, hier könnte die Forschung etwas tun, um die Entwicklungen voranzutreiben. Aber selbst dann, wenn man den Dieselverbrauch halbieren würde, bleibt immer noch das zehn­fache Risiko. Das heißt, hier sind andere Maßnahmen gefragt.

Wenn wir uns vor Augen führen, dass in Tirol von elf Messstellen acht an mehr als 35 Tagen pro Jahr erhöhte Grenzwerte feststellen in Bereichen, die gesundheitsgefähr­dend sind, dann glaube ich, es wird eine Aktuelle Stunde nicht ausreichen, um hier etwas zu ändern. Herr Minister Gorbach! Sie müssen ein „aktuelles Jahr“ ausrufen, und zwar nicht morgen, sondern schon heute, und zwar mit allen Parteien zusammen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte in dieser Aktuellen Stunde geschlossen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 802/J bis 814/J.

2. Anfragebeantwortungen: 622/AB bis 724/AB;

Ergänzung zu den Anfragebeantwortungen: Zu 511/AB und Zu 553/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 8/ABPR.

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisengesetz 2004) erlassen und das Überweisungsgesetz und das Börsegesetz geändert werden (205 der Beilagen).

4. Volksbegehren:

Volksbegehren „Atomfreies Europa“ (206 der Beilagen).


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B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Stadtmagistrats Innsbruck (II-STR-02104/2003) um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Klaus Wittauer wegen des Verdachtes der Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs. 3 lit. d) i.V. mit § 84 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung, nach § 43 Abs. 2 lit. a) i.V. mit § 15 Abs. 1 Tiroler Natur­schutzgesetz und nach § 55 Abs. 1 lit. a) i.V. mit § 20 Abs. 1 lit. e) Tiroler Bauordnung;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 10 betreffend „Höhere Strafen für Kindesmissbrauch“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten des Internationalen Strafge­richtshofs samt Erklärung (199 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Antrag 208/A (E) der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen be­treffend rasche Soforthilfe des Bundes für Opfer der schweren Unwetter in Kärnten,

Antrag 210/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Mag. Elisabeth Scheu­cher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Maßnahmen zur Beseitigung von Katastrophenschäden in Kärnten;

Justizausschuss:

Bundesgesetz, mit dem im Konsumentenschutzgesetz Bestimmungen über den Heim­vertrag eingeführt werden (Heimvertragsgesetz - HVerG) (202 der Beilagen);

Ausschuss für Menschenrechte:

Protokoll Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe (208 der Beilagen);

Rechnungshofausschuss:

Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bun­des (III-51 der Beilagen);

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Zusatzprotokoll zur Anti-Doping Konvention (207 der Beilagen);

Verfassungsausschuss:

Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 (2002/772/EG, Euratom) zur Änderung des Akts zur Einführung allgemeiner un­mittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Anhang zum Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom samt Erklärungen (209 der Beilagen);

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (203 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Seilbahnen erlassen wird (Seilbahnge­setz 2003-SeilbG 2003) und mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (204 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Antrag 209/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klima-Konjunkturpaket 200 Mio. € für Umweltschutz und Beschäftigung;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Finanzausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die öffentlichen Finanzen 2002 und 2001 (III-52 der Beilagen);

Justizausschuss:

Bericht des Bundesministers für Justiz betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen im Jahr 2002 (III-55 der Beilagen),

Bericht des Bundeskanzlers über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1986 im Geschäftsjahr 2001 (III-57 der Beilagen);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesregierung über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 2002 (Grüner Bericht 2002) (III-53 der Beilagen),

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2004 gemäß § 9 LWG (III-54 der Beilagen);

Verfassungsausschuss:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Tätigkeitsbericht des Statistikrates über das Geschäftsjahr 2002 (III-50 der Beilagen),

Tätigkeitsberichte des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes für die Jahre 2001 und 2002, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-56 der Beilagen).

*****

Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 Abs. 1 GOG

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die grüne Fraktion hat Einwendungen gegen die ausge­gebene Tagesordnung erhoben. Die Grünen beantragen, die Erklärungen des Bundes­kanzlers und des Vizekanzlers an das Ende der Tagesordnung zu setzen und die Punkte 6 bis 9 abzusetzen.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei. Daher hat das Hohe Haus darüber zu ent­scheiden.

Darüber findet eine Debatte statt. Entsprechend einer Vereinbarung in der Präsidial­konferenz werden die ÖVP, die SPÖ und die FPÖ jeweils einen Redner mit 5 Minuten Redezeit, die Grünen einen Redner mit 5 Minuten und einen weiteren Redner mit 4 Mi­nuten Redezeit ans Rednerpult entsenden.

Wir gelangen damit zu dieser Debatte.

 


Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Frau Abgeord­nete, Sie sind am Wort.


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10.14

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist das nun die erste ordentliche Sitzung des Nationalrates nach der Sommerpause. Diese ist in der Präsi­diale gut vorbereitet worden. Wir haben uns gut überlegt, welche Tagesordnungs­punkte an den Anfang der Tagesordnung gestellt werden. Das ist in der Präsidiale am 18. September ausführlich beraten und so auch beschlossen worden.

Da von Regierungsseite wenige beschlussreife Vorlagen eingetroffen sind, kann man annehmen, dass man nicht mehr beschlussreife Vorlagen zustande gebracht hat, wes­halb auf den zweiten Tag verzichtet wird. Es hat einen großen Konsens gegeben, dass ein wichtiger Tagesordnungspunkt, der 85 000 junge Leute betrifft, an die Spitze dieser Tagesordnung gestellt wird und ausführlich diskutiert wird. (Beifall bei den Grünen.)

Mein Wunsch war auch, dass die Debatte über diese Vorlage, die so viele junge Leute betrifft, vor dem Hintergrund der ganzen Generationendiskussion, die wir jetzt hatten, vom ORF übertragen wird.

So, was ist dann passiert? – Gestern, völlig überraschend, kommt zu Mittag im grünen Klub die Mitteilung herein, dass sich der Bundeskanzler und auch der Vizekanzler ganz spontan dazu entschlossen haben, im Parlament eine Erklärung über die Prioritäten in der Herbstarbeit abzugeben. – Wir hatten das schon einmal, nämlich im Juli vor der Sommerpause. Sie erinnern sich, es gab drei Tage lang Plenarsitzung, es ist sehr schwer gewesen, den Finanzminister ins Parlament zu bringen, auf Grund seines dich­ten Terminkalenders – am dritten Tag war es dann endlich möglich. Und auch damals: Blitzartig fällt es dem Bundeskanzler ein, er möchte eine Erklärung zur wirtschaftlichen Lage der Nation abgeben, die im Wesentlichen nicht aktueller war als der Bericht, der ein halbes Jahr vorher vom Wirtschaftsministerium publiziert worden ist. (Beifall bei den Grünen.) – Gleichzeitig langt die Bitte des ORF ein, diese Debatte auch übertra­gen zu dürfen.

Wir haben das damals sehr ausführlich kritisiert, und es hat auch in der Präsidiale die Übereinkunft gegeben – ich möchte das zitieren –, dass „der Präsident“ des National­rates „den Bundeskanzler darauf hinweisen“ wird, „dass so kurzfristig abgegebene Er­klärungen die Ausnahme bleiben sollen“. – Mittlerweile wird es die Regel. Es ist die zweite Sitzung, wo das passiert. Es ist die Regel und nicht die Ausnahme.

Ich denke, es gibt dafür drei unterschiedliche Erklärungen, warum das so ist. Die eine ist – ich glaube, das wird es wohl nicht sein –: Der 23. September ist der Herbstbeginn, und schlagartig fällt es dem Bundeskanzler ein: Jetzt veranstalten wir eine Diskussion im Parlament über unsere Herbstschwerpunkte! – Das, glaube ich, wird es nicht sein.

Daher ist eine zweite Erklärung sehr wahrscheinlich: Wir haben in vier Tagen Land­tagswahlen in Oberösterreich und in Tirol. Die Situation der Bundesregierung ist nicht die beste. (Abg. Scheibner: Eure Aktuelle Stunde hat mit den Wahlen natürlich über­haupt nichts zu tun!) Ich möchte nicht verhehlen, ich diskutiere gern mit dem Bundes­kanzler über die Situation der Bundesregierung (Abg. Großruck: Dann nützen Sie die Chance der Diskussion!), über ihre Handlungsfähigkeit, darüber, warum eine Steuerre­form nicht zustande kommt, warum ein Familienpaket nicht zustande kommt, warum ein Klimaschutzpaket nicht zustande kommt (Abg. Scheibner: Das können Sie ja dann alles diskutieren!), aber ich und die gesamte grüne Fraktion, wir akzeptieren es nicht, dass das Parlament zu einer Kulisse, zu einer verlängerten Pressekonferenz des Bun­deskanzlers wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letztendlich die dritte Erklärung, und das ist meiner Meinung nach eine schwerwiegen­dere Angelegenheit, da geht es um politische Kultur, um demokratiepolitische Kultur: Die Sitzung ist gut vorbereitet gewesen, wir arbeiten in der Präsidiale gut zusammen,


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es gibt viel Einvernehmen, wenn es darum geht, die Organisation der Parlamentsarbeit zu machen und auf Vorschläge des jeweils anderen einzugehen. Aber was der Bun­deskanzler hier macht, das ist das Stellen eines Anspruches, eines Allmachtsan­spruches, der sich nicht nur gegenüber dem Parlament manifestiert, sondern in seiner gesamten Politik. Das ist eine Arroganz, wenige Stunden vorher zu sagen: Das ganze Parlament steht mir jetzt zur Verfügung, und ich mache das einfach! – Das ist eine Arroganz, die sich in der gesamten politischen ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: „Arroganz“ verwenden wir nicht, Frau Abgeordnete! (Widerspruch bei den Grünen und der SPÖ.)

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Ich glaube, nicht einmal 24 Stunden vorher 183 Menschen zu sagen: Wir machen einfach alles ganz anders, weil ich das so will!, das kann man nicht anders bezeichnen als als Arroganz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann auch sagen: Allmachtsanspruch, wenn Ihnen das lieber ist, Herr Präsident. (Abg. Nürnberger: Arrogant ist der Herr Präsident!) Das ist ein Anspruch, der sich bei sehr vielen Gesetzesvorlagen zeigt: über die Betroffenen drüberzufahren, keinen Dia­log zu führen, nicht auf Konsens angewiesen zu sein, sondern einfach das zu machen, was einem gerade einfällt. Und das ist Arroganz der Macht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Mit der gleichen Redezeit von 5 Minuten gelangt Herr Abgeordneter Mag. Molterer ans Rednerpult. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


10.19

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben heute tatsächlich eine Premiere. Bisher bin ich es ge­wohnt gewesen, dass die Opposition sich darüber beschwert, zu wenig Diskussions­möglichkeiten über die Pläne der Bundesregierung zu haben. Heute beschwert sich die Opposition plötzlich darüber, dass die Regierung eine Erklärung über die Prioritäten der Herbstarbeit abgibt. – Wie hätten Sie es denn gerne, Frau Kollegin Glawischnig? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen als Parlamentarier, ich bin froh, dass diese Bundesregierung diese Er­klärung heute abgibt (Abg. Mag. Wurm: Wirklich Arroganz der Macht!), weil damit dem Parlament, allen Fraktionen des Hauses, die Möglichkeit geboten wird, eine Bewertung über die politische Prioritätensetzung und über die politische Planung in diesem Land für den Herbst des heurigen Jahres abzugeben. Das ist doch das, was das Parlament eigentlich ursächlich zu tun hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Glawischnig, Sie legen zu Recht Wert auf die Geschäftsordnung und auf die Einhaltung der Geschäftsordnung. § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung sagt – ich zitiere ihn jetzt –:

„Die Mitglieder der Bundesregierung sowie die Staatssekretäre können in den Debat­ten des Nationalrates, seiner Ausschüsse und deren Unterausschüsse ... zu einem in Verhandlung stehenden Gegenstand auch wiederholte Male ... das Wort nehmen.“

Sie können, wie in § 19 Abs. 2 ausgeführt, selbstverständlich auch Erklärungen abge­ben. Frau Abgeordnete Glawischnig! Selbstverständlich können diese Erklärungen so­gar im Rahmen der Tagesordnung abgegeben werden. Die Bundesregierung hat uns zeitgerecht informiert. Mir reichen 24 Stunden Vorbereitungszeit durchaus aus. Und ich gehe davon aus, dass doch wohl auch Sie in der Lage sind, in 24 Stunden eine poli-


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tische Meinungsbildung in Ihrem Klub zuwege zu bringen, Frau Abgeordnete Glawisch­nig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist schon eigenwillig, darf ich Ihnen sagen, wenn Sie hier kritisieren, dass zu Beginn einer Tagesordnung diese wichtige Diskussion abgeführt wird, und die Dringlichkeit in Frage stellen. Dann frage ich Sie: Was machen Sie heute Nachmittag? – Sie nützen die Geschäftsordnung und stellen einen Dringlichen Antrag zu einem wichtigen Thema, nämlich zur Zukunft der Bildungspolitik. Und nichts anderes geschieht in der Diskus­sion zur Erklärung der Prioritätensetzung der Bundesregierung.

Nochmals: Als Parlamentarier sage ich Ihnen, ich bin froh, dass wir diese Möglichkeit haben, weil wichtige Entscheidungen anstehen, beispielsweise die Frage der europäi­schen Entwicklung, die in den nächsten Wochen zur Entscheidung steht – da will ich als Parlamentarier diskutieren –, oder die Frage der Erweiterung der Europäischen Union – da will ich als Parlamentarier diskutieren – und andere wichtige Zukunfts­fragen.

Sie beantragen gleichzeitig die Absetzung von zwei Tagesordnungspunkten. Damit jeder weiß, worum es hier geht: Ein Tagesordnungspunkt behandelt die Geldwäsche­rei. Und ich finde, dass es richtig ist, dass das Parlament hier saubere Spielregeln ver­abschiedet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Und im Übrigen, damit auch jeder informiert ist: Zu diesem Tagesordnungspunkt gibt es nicht einmal eine Wortmeldung. Das heißt, da erspart sich eigentlich niemand wirklich Zeit, wenn das schon Ihr Argument ist.

Sie beantragen die Absetzung eines zweiten Tagesordnungspunktes, nämlich betref­fend Eigenkapitalbildung und deren gesetzliche Regelung – ein Projekt, Frau Abgeord­nete Glawischnig, das seit sechs Jahren in Verhandlung steht und nun zu einem guten Ergebnis gebracht wurde. Ich halte es für, würde ich sagen, bedenklich, dass Sie so wichtige gesetzliche Vorhaben hier nicht diskutieren und entscheiden wollen. Ich will das.

Ich sage Ihnen daher abschließend: Ich bin sehr dafür, dass wir diese Erklärungen als Tagesordnungspunkte 1 und 2 heute behandeln, weil damit alle Fraktionen ausrei­chend Gelegenheit haben, die Herbstarbeit zu diskutieren und zu kommentieren, und wir damit auch einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, transparent über die wichtigen Zukunftsprojekte in diesem Land zu diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Redezeit: 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


10.24

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Herr Klubobmann Molterer, was Sie hier zum Besten gegeben haben, würde auch den Begriff „Arroganz“ verlangen. Ich sage, es war überheblich, so wie Sie das dargestellt haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Geh, bitte! Rein sachlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir schon über Planung und über Prio­ritäten reden, dann würde ich der Meinung sein, wir sollten diese Planung vor Beginn der Arbeit kennen. Geplant wird vor Arbeitsbeginn und nicht jetzt. (Abg. Mag. Molte­rer: Vor Beginn der Herbstarbeit!) Die Herbstarbeit beginnt heute, das weiß ich. Aber wir wissen auch, dass die Regierung unter Umständen etwas nervös ist, denn vor kur­zem gab es eine Pressekonferenz des Vizekanzlers und des Bundeskanzlers, da war die Einigkeit nicht so gegeben. Jetzt muss man schnell die Fernsehzeit im Parlament


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dazu verwenden, um Einigkeit zu demonstrieren, um zu sagen, was wir denn gemein­sam vorhaben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! So schaut es aus. Das ist Ihr wahres Ziel.

Herr Bundeskanzler, ich muss Ihnen sagen, Sie missachten eigentlich die Würde die­ses Hohen Hauses. Sie stören die Arbeit, nur um sich selbst darzustellen. Sie machen aus diesem Parlament eine Spielwiese für Ihre Selbstdarstellung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dass Sie sich nicht sehr viel um parlamentarische Entscheidungen kümmern, zeigt auch der oberösterreichische Landeshauptmann, denn da gibt es einen Beschluss des Landtages, dass die Voest nicht verkauft werden darf.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Zur Sache!

 


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (fortsetzend): Der oberösterreichische Landes­hauptmann geht darüber hinweg. Er will diesen Landtagsbeschluss nicht wahrhaben.

Herr Bundeskanzler, eine weitere Frage habe ich noch an Sie. Sie kündigen heute die Prioritäten für die Herbstarbeit an. Mir liegt ein geheimes Papier aus dem Innenministe­rium vor, wo schon die Sicherheit total durchgestylt und durchgecheckt ist, in dem wort­wörtlich steht: In den nächsten Wochen ist dieses Papier nicht zu veröffentlichen. – Das steht dort wortwörtlich gleich auf der ersten Seite! (Abg. Scheibner: Über das können wir alles diskutieren! – Abg. Mag. Mainoni: Dafür diskutieren wir!)

Werden wir das heute hören? Ich bin gespannt darauf. Wissen Sie, warum wir es nicht hören sollen? – Weil nämlich in diesem Papier drinnen steht, dass allein in Oberöster­reich sieben Bezirksgendarmeriekommanden zugesperrt werden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Also es geht weiter mit dem Zusperren bei uns draußen im ländlichen Raum. Es geht weiter mit der Zerstörung der Strukturen. Herr Bundeskanzler! Ich bin gespannt, welche Erklärung Sie dazu abgeben werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Also doch!)

Ich halte es wirklich hier mit einem Plakat, das die ÖVP zurzeit in Oberösterreich her­umklebt: „Weil die Zeiten nicht einfacher werden“, steht da drauf. – Das ist eine Ver­höhnung der Wähler, meine Damen und Herren von der ÖVP! Die Zeiten werden des­wegen nicht einfacher, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Wir reden darüber, an welchem Platz der Tagesordnung eine Erklärung abzugeben ist. Sie haben einen Ruf zur Sache bereits erhalten. Wenn Sie weiter in der Sache selber diskutieren, erhalten Sie den zweiten Ruf zur Sache. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Dr. Jarolim.) – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter Gaßner.

 


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (fortsetzend): Danke, Herr Präsident, für Ihre Beleh­rung.

Die Zeiten werden deswegen nicht einfacher, weil diese Bundesregierung, weil der Kanzler und der Vizekanzler dieses Haus nicht ernst nehmen und hier ihre politische Show abziehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Scheibner ans Rednerpult. 5 Minuten sind Sie am Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.28

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Jetzt hat Abgeordneter Gaßner einen wirklich sehr interessanten Vortrag gehalten. Dabei haben wir auch gesehen, wie man


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innerhalb einer Rede von immerhin fünf Minuten durchaus auch einen Lernprozess durchmachen kann. Herr Abgeordneter Gaßner hat nämlich zuerst noch davon gespro­chen, dass der Wunsch des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers, hier eine Erklärung vor dem Nationalrat abzugeben, eine Missachtung des Parlaments darstellen und auch die Arbeit des Parlaments stören würde. Drei Minuten nach dieser Aussage hat er gemeint, er sei schon gespannt darauf, was der Bundeskanzler etwa zu Fragen der Sicherheit et cetera sagen werde.

Ja, Herr Abgeordneter Gaßner, wir sind auch gespannt darauf, und es freut mich, dass das jetzt Ihre Arbeit nicht mehr stört und auch keine Missachtung des Parlaments dar­stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir sind alle vielmehr darauf ge­spannt, was der Bundeskanzler und der Vizekanzler hier sagen werden.

Herr Abgeordneter Gaßner, Sie sind gar nicht auf der Rednerliste für diese Debatte. Also ich hoffe, Sie werden sich noch nachnominieren lassen, damit Sie das machen können, was wir als selbstbewusste Abgeordnete machen wollen, nämlich mit der Bun­desregierung über ihre Herbstarbeit diskutieren. Wir wollen zu Beginn dieser Herbst­arbeit wissen, was auch auf uns zukommt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir wollen darüber diskutieren. Wir wollen auch, wenn es notwendig ist, kritisieren.

Meine Damen und Herren! Mich wundert es, dass Sie die Gelegenheit nicht wahrneh­men wollen, auch die Regierung zu kritisieren. Daraus kann man nur zwei Erkennt­nisse ziehen: Erstens: Sie haben hier keine eigenen Ideen einzubringen. Zweitens: Die Bundesregierung arbeitet so gut, dass Sie auch nicht kritisieren wollen und können. – Meine Damen und Herren! Dem können wir durchaus einiges abgewinnen. Wir von den Regierungsparteien haben eigene Ideen. Wir würden und werden, wenn es not­wendig ist, auch Kritik anbringen. Da ersetzen wir leider auch die Opposition in diesem Hohen Haus. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Glawischnig, wenn Sie hier zwar nicht fordern, dass die Debatte ab­gesetzt wird – Sie wissen ja, dass das nicht ein Skandal oder Arroganz ist, sondern dass die Bundesregierung laut Geschäftsordnung hier Erklärungen abgeben kann –, sondern nur wollen, dass man sie an den Schluss der Tagesordnung setzt, dann, muss ich sagen, ist das auch etwas merkwürdig. Sie wollen also nicht, dass die Öffentlichkeit von dem erfährt, was wir hier diskutieren, sondern dass dies irgendwann um Mitter­nacht stattfinden soll. Also das ist doch wirklich nicht nachvollziehbar. Eher nachvoll­ziehbar ist, dass Sie genau wissen, dass, wenn sie diese Anträge nicht gestellt hätten, nach der Geschäftsordnung diese Debatte hier nicht stattfinden hätte können.

Ich sage nicht, dass das ein Missbrauch ist, sondern das ist die Ausnutzung der Ge­schäftsordnung. Aber dann sagen Sie auf der anderen Seite nicht, dass die Regierung oder die Regierungsparteien hier irgendetwas missbrauchen.

Dass Abgeordnete von Bundesländern – ob das jetzt Oberösterreich, Tirol oder auch andere Bundesländer sind, die Wahlen haben – von ihrem politischen Recht Gebrauch machen, auch die Anliegen ihres Bundeslandes hier zu vertreten, das werden Sie doch hoffentlich nicht kritisieren, denn sonst müssten Sie doch sehr vehement gegen das Thema der Aktuellen Stunde auftreten, das Ihre Fraktion heute hier eingebracht hat.

Also es ist sehr nett, über all das hier zu diskutieren, aber wenn Sie sich selbst ernst nehmen, dann müssten Sie doch froh sein, dass eine Bundesregierung zu Beginn einer Herbstarbeit ihre Themen – Zukunftsthemen – hier einbringt und dass wir Abge­ordnete die Möglichkeit haben, darüber zu diskutieren.

Ich freue mich schon darauf, mit dem Bundeskanzler, mit der Bundesregierung darüber zu diskutieren, wann und in welchem Ausmaß wir eine Steuerreform einführen (Beifall bei den Freiheitlichen), wie die Sicherheitsstandards aussehen und welche Maßnah-


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men zu treffen sind, um diese Sicherheitsstandards zu verbessern; wie wir die Harmo­nisierung der Pensionssysteme in Angriff nehmen und wie auch das Parlament hier einzubinden ist – und zwar nicht erst dann, wenn die Entscheidungen getroffen sind. Das möchten wir heute hier diskutieren – Sie als abgetretene Opposition anscheinend nicht. Sie wollen das erst, wenn überhaupt, zu mitternächtlicher Stunde diskutieren. Und es ist auch gut, dass das im Fernsehen übertragen wird, denn dann sieht die Be­völkerung, was sie an der Regierung hat und was sie im Gegensatz dazu an der Oppo­sition zu leiden hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem letzten Redner hiezu das Wort erteile, begrüße ich sehr herzlich den Präsidenten der Region Friaul-Julisch Venetien Riccardo Illy in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.) Seien Sie herzlich willkommen, Herr Präsi­dent!

Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Öllinger. 4 Minuten. – Bitte.

 


10.33

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen, der Zustand dieser Regie­rung zeigt sich am besten daran, dass sie am 22. September draufkommt, dass am 23. September der Herbst und die Herbstarbeit beginnen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist aber noch schlimmer, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn ich mich recht erinnere, dann habe ich gestern als Bericht im ORF über den Ministerrat gehört, dass der Bundeskanzler einzelnen Regierungsmitgliedern aufgetragen hat, bis zur Regierungsklausur oder Sitzung des Ministerrates im Oktober die Hausaufgaben für die Herbstarbeit zu machen. (Abg. Scheibner: Das war die ÖVP-Klausur, bitte! Das ist ein großer Unterschied!) – ÖVP-Klausur, ist mir auch recht, also nur die ÖVP-Minister. (Abg. Ellmauer: Sie bringen alles durcheinander!) Er hat also aufgetragen, dass die ÖVP-Minister im Oktober ihre Herbstaufgaben dann präsentieren.

Ja was erfahren wir denn heute? – Offensichtlich nichts, was von Relevanz ist, weil die Minister ja eigentlich damit beschäftigt sind, ihre Hausaufgaben erst zu erledigen.

Ich finde es bestürzend, Herr Klubobmann Scheibner, dass Sie als Vertreter einer Regierungspartei, die eigentlich wissen sollte, was sie der Regierung aufträgt (Abg. Scheibner: Hier sind wir Parlamentarier, Herr Kollege! Da wollen wir diskutieren!) zu machen, sagen: Ich bin ja so froh, dass ich erfahre, was die Regierung vorhat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) – Das ist doch bestürzend, Herr Klubobmann Scheibner!

Ich finde es auch, ehrlich gesagt, ein bisschen traurig, Herr Klubobmann Molterer, dass Sie den Vorwurf, den Kollegin Glawischnig gemacht hat, nicht entkräften konnten, son­dern eigentlich nur bestätigt haben: den Vorwurf der Arroganz. Wenn Sie sich hinstel­len, Herr Klubobmann, und sagen: Was ist denn mit dieser Opposition? Die will ja ganz offensichtlich gar nicht diskutieren!, dann wissen Sie ganz genau, dass wir bei jedem Thema in den letzten Monaten – und es hätte gute Gründe gegeben, ausführlich das Parlament damit zu befassen, egal, ob das die Steuerreform war, ob das die Voest-Privatisierung war, ob das die Pensionsreform war – ausreichend Debatte und Öffent­lichkeit eingefordert haben.

Sie waren es, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, die diese Debatte verweigert haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Stimmt nicht!) Es waren die Oppositionsparteien, Herr Klub­obmann Molterer, die diese Debatte über Sondersitzungen in das Hohe Haus herein-


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bringen mussten. Und es wäre der Regierung gut angestanden, sich angesichts des Chaos in den eigenen Reihen zu erklären.

Herr Klubobmann Molterer! Herr Klubobmann Scheibner! Das Parlament ist nicht die verlängerte Werkbank der Bundesregierung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.) Und der Parlamentspräsident ist nicht der Reparaturdienst für den Herrn Bundeskanzler.

Auch wenn der ORF damit befasst werden soll, hätten wir gern, dass das in einem Ausmaß und Umfang geschieht, das gleiche Rechte und gleiche Chancen für alle schafft, aber nicht auf Knopfdruck und auf Bestellung, die im Bundeskanzleramt abge­geben wird. (Abg. Scheibner: Aber eure Sondersitzungen darf man schon übertragen!) So schaut es nämlich aus. So weit sind wir in dieser Republik schon gekommen, dass offensichtlich der Herr Bundeskanzler mit einem Knopfdruck über den Parlamentspräsi­denten – der ja vor wenigen Wochen noch ganz etwas anderes gesagt hat, was die Erklärungen der Bundesregierung betrifft, und gemeinsam mit der Präsidiale auch ver­treten hat – hier andere Verhältnisse schafft. Lassen Sie sich das gesagt sein: Wir be­stehen darauf, dass sich das Parlament selbst ernst nimmt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die den beiden Einwendungen Rechnung tragen wol­len, das heißt, die Punkte 1 und 2 rückreihen und die Punkte 6 und 9 absetzen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Somit bleibt es bei der aus­gegebenen Tagesordnung für die heutige Sitzung.

Einige geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Beschlüsse:

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich teile mit, dass der Klub der Grünen gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt hat, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 211/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bildungs­offensive statt pauschaler Diffamierung der Jungen dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 722/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich teile weiters mit, dass das gemäß § 92 der Ge­schäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 722/AB der Anfrage 802/J der Abgeordneten Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegeheimskandal in Lainz und anderen Einrichtungen der Stadt Wien durch die Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an die Dringliche stattfinden.


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Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters haben die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolle­ginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Unter­suchungsausschuss mit folgendem Gegenstand einzusetzen: Aufklärung über die Ge­barung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich des Vollzuges des ÖIAG-Ge­setzes und aller anderen damit in Zusammenhang stehenden Gesetze seit 4.2.2000, insbesondere Verkaufsvorbereitungen und Verkaufsdurchführung für die Bundesanteile der voestalpine-AG, sowie über die Einhaltung des Stellenbesetzungsgesetzes 1998 und der Vertragsschablonen-Verordnung im Zusammenhang mit der Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen der Österreichischen Industrie-Hol­ding-AG. 

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine Debatte darüber durchzuführen. Wir werden diese in Ent­sprechung der Geschäftsordnung nach Erledigung der Tagesordnung aufrufen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2 sowie 6 bis 8 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Jetzt können wir in die Tagesordnung eingehen.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde ein Sitzungsverlauf in Aussicht genommen, der durch eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ geprägt ist. Redezeiten: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitliche 108 sowie Grüne 117 Mi­nuten.

Weiters wurde eine Redezeitvereinbarung für die Debatten bis 13 Uhr getroffen: für die Erklärung des Bundeskanzlers 20 Minuten, des Herrn Vizekanzlers 20 Minuten, an­schließend je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 14 Minuten, sodann eine Wortmel­dung pro Fraktion mit 8 Minuten, und die restliche Redezeit wird dann der den Vorsitz führende Präsident nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden auf die vier Fraktio­nen in gerechter Weise aufteilen, sodass alle noch zu Wort kommen. Tatsächliche Be­richtigungen werden erst nach 13 Uhr aufgerufen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung darüber.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag beitreten, ihre Zustimmung durch ein Zeichen auszudrücken. – Das ist einstimmig.

1. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Prioritäten der Bundesregierung für den Herbst 2003“


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2. Punkt

Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Die Prioritäten der Bundesregierung für den Herbst 2003“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich erteile dem Herrn Bundeskanzler zur Abgabe seiner Erklärung das Wort.

 


10.41

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf darauf hinweisen, dass ich das Wort „Parlament“ eigentlich von „parlare“ – „sprechen“, „miteinander reden“ (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber nicht nur einer!) – ableite, und ich denke, dass es ganz vernünftig ist, wenn man am Beginn der Herbstarbeit miteinander darüber spricht, welche Themen wichtig sind, welche auf der Tagesordnung stehen, sei es von europäischer Seite – Abgeordneter Voggenhuber, Grün-Abgeordneter im Europaparlament, hat übrigens moniert, dass es eine Erklärung seitens der Bundesregierung geben soll –, sei es von nationaler Seite. Ich bin natürlich gerne dazu bereit, auch auf diese Themen im Rahmen meiner Erklärung einzugehen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich meine, eine 20-Minuten-Rede hat mit Allmacht relativ wenig zu tun. Ich werde mich auch sehr bemühen, nicht auf die Landtagswahlkämpfe, die sowieso ihre Eigengesetzlichkeit haben und, wie ich meine, auch für die Landes­hauptleute nicht so schlecht laufen, einzugehen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass sehr viele euro­päische Länder mit ähnlichen Problemen zu tun haben; sie alle arbeiten an ähnlichen Reformprojekten. Ob das die Tschechen, die Ungarn, die Deutschen, die Italiener, die Franzosen oder jetzt die Niederländer, die ein 14 Milliarden € umfassendes Budget­sanierungsprojekt vorgelegt haben, sind – sie alle arbeiten im Wesentlichen an den gleichen Themen: Was ist das mit der demographischen Entwicklung? Welche Konse­quenzen hat eine alternde Gesellschaft auf Bereiche wie Budget, Gesundheitssystem, Altersvorsorge?

Derartige Diskussionen gibt es in ganz Europa, nicht nur in Österreich, es gibt nur einen Unterschied: Die anderen diskutieren, während wir nach einer sehr arbeitsrei­chen Frühjahrssession – wofür ich dem Hohen Haus aufrichtigen Dank sage – die Re­formen bereits umgesetzt haben. Das ist der entscheidende Unterschied, und das ist auch gut so!

Erlauben Sie, dass ich an einem kleinen Beispiel im Vergleich mit Deutschland auf­zeige, wie schnell es gehen kann, dass ein Vorzeigeland abrutscht. Die Deutschen waren im Jahr 1999 und im Jahr 2000 noch wesentlich besser als wir in den Budget­daten. Sie haben fast 50 Prozent bessere Budgetdaten vorzuweisen gehabt als wir. In fünf Jahren Regierung Schröder wurde immer versucht, die notwendigen Strukturrefor­men eher hinauszuschieben, eher vorsichtig damit umzugehen. Das Ergebnis zeigt sich heute: Deutschland ist an letzter Stelle aller europäischen Länder, es wird heuer ein Budgetdefizit von über 4 Prozent haben; Frankreich übrigens genauso. Das bedingt gleichzeitig auch ein Zurückgehen der Wachstumsraten.

Die Argumentation war immer: Wer ein höheres Budgetdefizit in Kauf nimmt, bekommt dafür hoffentlich höhere Wachstumsraten. – Der Erfolg beider Länder, Deutschlands und Österreichs, zeigt, dass genau das Gegenteil eingetroffen ist! Wir haben im Jahr 2000 massiv versucht, unsere Budgetprobleme in den Griff zu bekommen. Fi­nanzminister Grasser und Staatssekretär Finz haben in den Jahren 2001 und 2002 ein Budget-Nulldefizit zustande gebracht und gleichzeitig ein um 50 Prozent schnelleres


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Wachstum als die Bundesrepublik Deutschland erzielt. Und dieser Vergleich macht sicher! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Genauso verhält es sich im Bereich der Exporte. Österreich ist in diesen vier Jahren in Bezug auf den Export um ein Fünftel schneller gewachsen als Deutschland. Wir liegen im Jahresdurchschnitt um 20 Prozent besser. Wir liegen heute mit unserer Exportquote um 5 Prozentpunkte vor den Deutschen.

Wir haben in diesen vier Jahren versucht, durch die notwendigen Strukturreformen zu beweisen, dass wir am Ende in einer schwierigen Situation – hundertprozentig richtig, das soll auch nicht geleugnet werden – besser dastehen als ohne diese Reformen.

Das ist auch die Lehre: Wenn die Bevölkerung erkennt, dass es bestimmte Strukturre­formen dringend geben muss, dann soll man darüber informieren und auch in aller Offenheit darüber reden, aber man soll diese Dinge nicht nur diskutieren, sondern sie auch umsetzen. Das haben wir getan, und das hat, denke ich, Österreich letztlich auch gut getan, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Welche Themen werden jetzt im Herbst im Vordergrund stehen? Zunächst einmal werden wir auf europäischer Ebene eine ganze Reihe von sehr, sehr wichtigen Be­schlüssen und Diskussionen haben. Herbert Haupt und ich treten ja gemeinsam als Team auf, und wir haben uns auch die Arbeit und die Themen heute aufgeteilt. Das heißt, ich konzentriere mich in meinen Ausführungen neben der europäischen Agenda auf die Frage der Arbeitsplätze, des wirtschaftlichen Aufschwungs, auf die Ausbildung und die Bildung und auf den Erhalt der hohen Sicherheit in unserem Land.

Meine Damen und Herren! Das europäische Themenbukett in diesem Herbst und im kommenden Frühjahr wird außerordentlich intensiv sein. Wir haben zunächst in 30 Wo­chen die Erweiterung der Europäischen Union – gut vorbereitet, ganz wichtig allerdings für uns, dass wir ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Na sicher gut vorbereitet, das zeigen auch die Ergebnisse bei den Referenden, das zeigt die hohe Akzeptanz, die die Erwei­terung heute in ganz Europa hat. Denken Sie zurück! Das war nicht immer so. Es ist ein gemeinsamer Erfolg, zu dem wir, wie ich meine, auch gemeinsam stehen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unser zweites großes Thema: die europäische Verfassung. Da sage ich jetzt auch in aller Offenheit dazu: Der Konvent hat ein hervorragendes Diskussionsergebnis produ­ziert. Es waren alle dabei, die Europaparlamentarier, Vertreter der nationalen Parla­mente, persönliche Vertreter der Regierungschefs, und es wurde ein Diskussionsent­wurf geliefert, der zwar keine Optionen in wichtigen Fragen enthält – obwohl das eigentlich im Mandat dringewesen wäre –, aber doch einen kompletten Text für eine neue europäische Verfassung.

Ich begrüße ausdrücklich, dass wir die Charta der Grundrechte in diesen Text verbind­lich integrieren, dass wir eine Verfassung überhaupt so nennen – ich denke, Europa braucht eine solche Verfassung –, ich begrüße, dass wir der Europäischen Union eine Rechtspersönlichkeit geben. Wenn irgendwann einmal, in zehn, 20 Jahren, Europa mit einer Stimme in den Finanzinstitutionen der Welt oder auch im UNO-Sicherheitsrat reden wird, dann hat dies mit der Gründung einer solchen gemeinsamen Rechtsper­sönlichkeit zu tun. – Ein absolut positiver, beeindruckender Durchbruch!

Dazu kommen die gesamte Frage der Kompetenzklarstellung, die Vereinfachung der Verfahren, mehr Bürgerrechte, auch direkte Demokratie, die angeboten wird, der neue Außenminister der Europäischen Union sowie einige Themen, über die – und ich nehme mir die Freiheit, Sie dazu einzuladen, hier mitzugehen – wir reden müssen.

Betrachten wir zum Beispiel den sehr komplexen Teil III dieses Konventsentwurfes. Dieser Teil ist überhaupt nie im Plenum des Konvents diskutiert worden, und ich


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möchte auf einen Punkt verweisen, der, wie ich meine, parteiübergreifend alle interes­siert, nämlich auf die berühmte Daseinsvorsorge. Das klingt kompliziert. Es geht dabei um die Wasserversorgung, um die Müllentsorgung, um verschiedene Dienstleistungen, die bei uns vor allem die Gemeinden in erstklassiger Art und Weise erbringen. Jetzt gibt es plötzlich einen Artikel III-6, der zum ersten Mal der Union das Recht gibt, die Grundsätze und Bedingungen festzulegen, wie diese Dienste von allgemeinem wirt­schaftlichem Interesse – das sind genau diese Daseinsvorsorgemodelle – abgewickelt werden.

Wir werden das sehr genau prüfen, meine Damen und Herren! Ich meine schon, dass es ein gemeinsames Interesse sein muss, hier nicht einfach abzunicken und zu sagen: Damit wir in der Regierungskonferenz nicht mehr diskutieren müssen, akzeptieren wir den Text, wie er ist. – Das muss genau geprüft werden, damit unsere Prioritäten, dass wir den Zugriff auf unser Wasser behalten, dass wir die hohe Dienstleistung unserer Gemeinden in der Gesundheitsvorsorge, in der Entsorgung bewahren, nicht aufs Spiel gesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Genauso ist es natürlich auch in verschiedenen anderen Bereichen, so etwa in der justiziellen Zusammenarbeit. Ich werde hier auf der Einstimmigkeit beharren. Wir haben Sorge, ob es an Stelle eines europäischen Staatsanwaltes nicht gescheiter ist, Eurojust – das ist eine gemeinsame Gruppierung – auszubauen.

Das sind ehrliche Fragen, die ja nicht nur Österreich stellt, sondern die auch viele Mit­gliedsländer, auch viele Parlamentarier im Konvent angesprochen haben. Und über diese Fragen werden wir reden.

Ebenso über die institutionellen Fragen, denn – ehrlich gesagt – ich weiß nicht, ob man wirklich so leichtfertig von der rotierenden Ratspräsidentschaft weggehen soll. Wie schaut vor allem die Balance zwischen den Institutionen aus? Besonders wichtig scheint mir zu sein, darauf zu beharren, dass jedes Land in jeder Institution gleichbe­rechtigt mit Sitz und Stimme vertreten ist. Ich hoffe sehr, dass Sie gemeinsam mit mir in diesem Sinne vorgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt also genug Diskussionsstoff. Wir werden im Hauptausschuss und natürlich auch hier im Plenum darüber beraten.

Nächstes Thema: die wirtschaftliche Situation. – Es gibt Anzeichen einer gewissen Erholung – nicht so sehr in der Euro-Zone, aber immerhin bei uns; im ersten Quartal 0,3 Prozent, im zweiten Quartal laut jüngster Meldung 0,9 Prozent –, aber ich denke, es ist noch ein sehr schwach abgestützter Aufschwung; in Amerika und Japan zeigt er sich deutlicher. Meiner Meinung nach ist es jetzt ganz wichtig, auf europäischer Ebene den Stabilitätspakt nicht in Frage zu stellen, sondern ihn zu ergänzen um Wachstums­elemente, um gemeinsame Initiativen, die uns letztlich alle gut tun.

Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich zwei Konjunkturpakete geschnürt, die uns, nachgewiesen vom Wirtschaftsforschungsinstitut, ein halbes bis ein dreiviertel Prozent zusätzliches Wirtschaftswachstum gebracht haben. Das heißt, wir haben treffergenau das erreicht, was wir uns vorgenommen haben. Herbert Haupt und ich stimmen vollkommen darin überein, dass wir das jetzt überprüfen, evaluieren und uns überlegen müssen, was wir davon verlängern werden, was wir noch verbessern können. Das ist natürlich auch ein Thema für den 1. Jänner 2004, weil dann bereits die erste Etappe der Steuerreform in dem gewaltigen Ausmaß von 1 Milliarde € zu greifen beginnt.

Unsere Meinungen diesbezüglich gehen überhaupt nicht auseinander. Im Gegenteil! Es ist gemeinsame Zielsetzung, dass wir jetzt alles tun, um im Rahmen unserer Finanzstabilität Konjunktur, Wachstum und Arbeitsplätze zu stimulieren.


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Meine Damen und Herren! Dazu kommt, dass wir uns in der Exportoffensive gemein­sam etwas vorgenommen haben. Bartenstein und Grasser werden ganz konkrete Pläne ausarbeiten. Wir haben 50 Millionen € eingesetzt, um in den nächsten Jahren Folgendes zu erreichen: eine Verdoppelung der Exportfirmen in Österreich bis 2007, eine 40-prozentige Exportquote in vier Jahren, wir wollen die magische Schallmauer von 100 Milliarden € bis zum Jahr 2007 durchbrechen, und wir wollen natürlich auch versuchen, ein Klima für diese außenwirtschaftliche Komponente zu schaffen.

Zu dieser Akzentsetzung in der Wirtschaftspolitik gehört auch die Fortsetzung der ver­nünftigen Privatisierungsstrategie. Die Bayern beispielsweise haben das auch ge­macht; sie haben in den letzten zehn Jahren 4 Milliarden € privatisiert. Österreich, in der Größe in etwa vergleichbar mit Bayern – wir sind etwas kleiner –, hat das in den letzten Jahren ebenfalls umgesetzt.

Kollege Öllinger, Sie haben die Voest angesprochen. Ich sage Ihnen – was ich auch hier schon gesagt habe –: Am Ende dieser Privatisierung wird die Voest ein mehrheit­lich österreichisches Unternehmen sein. – Gesagt und erfüllt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe gesagt: Am Ende dieser Privatisierung wird, mit den Mitarbeitern, ein ober­österreichischer Kern von mindestens 25 Prozent da sein. – Gesagt und erfüllt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe gesagt, dass wir einen deutlichen Impuls für die Kleinaktionäre bekommen. – Und so war es auch. Wir haben Tausende Mitarbeiter zu sehr begünstigten Konditio­nen eingeladen, Aktien zu zeichnen, und es ist gelungen. Wir haben heute 25 000 Pri­vataktionäre, denen die Voest gehört, und die Politik ist draußen. Und das, Freunde, ist an sich das Beste, was geschehen kann! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher beerdigen Sie die Idee eines Untersuchungsausschusses, in dem diese erfolg­reiche Firma in Wahrheit monatelang öffentlich durch den Kakao gezogen wird! Gehen Sie ab von dieser Idee! Die Voest verdient es nicht, ununterbrochen parteipolitisch ver­einnahmt zu werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ganz wichtig wird es uns sein – Bartenstein und Grasser –, dass wir in Bezug auf die Jugendbeschäftigung unseren Platz eins nicht nur halten, sondern sogar verbessern in dem Sinn, dass wirklich jeder Jugendliche entweder eine Lehrstelle oder einen Schulplatz oder einen Lehrgangsplatz hat. Wir werden dazu alle Sonderprogramme, die ja bereits laufen, verlängern. Wir haben viel Geld eingesetzt, wir werden die Lehrberufe weiter modernisieren. Und wir werden natürlich auch auf dem Arbeitsmarkt in Sozialpartnerverhandlungen versuchen, die Modernisierung so durchzusetzen, dass wir unsere erstklassige Stellung behaupten können.

Vergleich mit Deutschland: In Deutschland muss jeder Arbeitslose im Durchschnitt 33 Wochen lang warten, bis er einen Arbeitsplatz vermittelt bekommt. In Österreich wird in weniger als der halben Zeit, nämlich im Durchschnitt in 15 Wochen, jeder Arbeitslose vermittelt. Diese Situation muss man noch weiter verbessern, darauf wer­den wir drängen, aber auf diesen Zwischenstand sind wir bereits stolz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben uns vorgenommen, im Bereich Bildung, Ausbildung und Forschung eine große Offensive zu setzen, und zwar insofern, dass wir Leistungsstandards für die 10- und 14-Jährigen objektiv für alle Kinder vorgeben. Die Eltern sollen genau wissen, was ein 10-Jähriger, was ein 14-Jähriger können muss, damit man das auch objektiv kon­trollieren kann. Die Lehrer werden hier sicherlich mittun, weil auf der ganzen Welt der Trend hin zu dieser Standardisierung und zu diesen Gemeinsamkeiten geht.


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Wir wollen die Nachmittagsbetreuung deutlich verbessern, allerdings bei Wahrung der Wahlfreiheit für die Eltern und die Kinder. Ich will nicht über die Köpfe der Eltern und der Familien hinweg ein einziges Modell. Moderne Bildungspolitik heißt Vielfalt, Bunt­heit und Schaffung von Wahlmöglichkeiten, die der Einzelne braucht. Dass wir natür­lich mehr Nachmittagsbetreuungen brauchen – Stand heute: 45 000 Kinder –, ist klar. Liesl Gehrer wird in den nächsten zwei Jahren 20 Prozent mehr Betreuungsplätze allein seitens des Bundes anbieten. Ich lade jetzt schon die Gemeinden und Länder dazu ein, diesen Weg mitzugehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden die Mittel für die Fachhochschulen erhöhen; es werden 17 Millionen € mehr zur Verfügung stehen. Die Universitäten bekommen für die Umstellungsphase noch einmal 15 Millionen €. Für Forschung und Entwicklung wird Bedeutendes eingesetzt. Das Wifo bestätigt eine Steigerung von 7 bis 8 Prozent jährlich, und wir stellen ab 2004 noch einmal 600 Millionen für Sonderprogramme zur Verfügung und werden über die Notenbankstiftung einen ganz wichtigen Impuls geben.

Ein ganz konkretes Beispiel: Am Donnerstag, also morgen, wird in Innsbruck das Insti­tut für Quantenoptik eröffnet, das 10 Millionen € aus dieser Forschungsoffensive erhält und damit weltweit seine Qualität und seinen Forschungsoutput unter Beweis stellen kann.

Meine Damen und Herren! Das nächste große Thema ist natürlich die Sicherheit, denn machen wir uns doch nichts vor: Durch die Erweiterung, durch das organisierte Verbre­chertum gibt es auch neue Bedrohungsbilder. (Abg. Dr. Jarolim: Auch durch Strasser! Auch durch den Innenminister!) Daher ist es ganz wichtig, dass durch die Zusammen­legung der Dienste, durch die neuen Herausforderungen an die Sicherheitsprofis die Strukturen an die neue Zeit angepasst werden. Die alten Strukturen passen nicht mehr, sie sind hinderlich, sie müssen angepasst werden. Wir brauchen ein neues Konzept, das der Bevölkerung Sicherheit aus einer Hand bietet und den Polizisten und Gen­darmen eine klare Perspektive für ihre Arbeit bietet. Das bedeutet auch weniger Büro­kratie, Einsparung in der Verwaltung, aber mehr Kontakt mit der Bevölkerung vor Ort, auf der Straße und in den Brennpunkten, wo es die Menschen wirklich betrifft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Natürlich bekommen die Mitarbeiter dieses neuen Sicherheitsapparates, des Teams 04, die modernsten Techniken in die Hand. Die Schweden waren nicht in der Lage, eine DNA-Untersuchung zu machen – in Österreich haben wir die modernsten Einrichtungen dieser Art. Ich bin sehr stolz, dass Ernst Strasser mit seinem Sicher­heitsapparat einen guten Weg geht und neben der Schaffung des Bundeskriminal­amtes und vielen inneren Reformen einen Standard erreicht hat, der uns zu einem der sichersten Länder der Welt gemacht hat. Diesen Status werden wir auch sicherlich beibehalten. Herr ehemaliger Innenminister (in Richtung des Abg. Dr. Einem), auch Sie haben gute Arbeit geleistet, das sage ich an dieser Stelle durchaus dazu! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt, diese Themen, die ich angesprochen habe, werden auch Ihnen am Herzen liegen. (Abg. Dr. Jarolim: Uns liegt die Vernunft am Herzen!) Mir ist es wichtig, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen und dennoch das Notwendige und das Richtige zu tun. Wir von der Bundesregierung sind bereit, mit Ihnen nicht nur in den europäischen Themen, sondern auch in allen anderen Fragen zusammenzuarbeiten; Sozialpartner- und Oppositionsgespräche mit uns sind ja im Laufen, und ich hoffe sehr, dass dies auch zu Ergebnissen führen wird. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich verspreche den Österreicherinnen und Österreichern, dass wir es auch im Herbst so halten werden wie vor dem Sommer (Zwischenrufe bei der SPÖ): Die angekündig-


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ten Reformen finden statt – im Interesse der Bürger, im Interesse der Betriebe, der Arbeitsplätze und der Menschen hier in Österreich! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Für die Erklärung des Herrn Vizekanzlers ist gleichfalls eine Redezeit von 20 Minuten in Aussicht genommen. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


11.01

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Vizekanzler Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte dort fortsetzen, wo der Herr Bundeskanzler be­gonnen und schlussendlich dann auch nach 20 Minuten seine Rede beendet hat. (Abg. Reheis: Das ist Ihr Schicksal!)

Erstens: Die Entwicklung in der Europäischen Union wird für uns in Österreich in den nächsten Jahren auch die Umsetzung jener Bemühungen bedeuten, von denen wir alle träumen und sprechen, nämlich die Schaffung eines Europas der Bürger und nicht eines Europas der Eliten gegen die Bürger. Daher wird es wichtig sein, dass die Ergeb­nisse des Europa-Konvents und des Österreich-Konvents so in Einklang gebracht werden, dass die Bürger im neuen Europa eine Heimat finden und sich selbst mit ihren Rechten vertreten fühlen und nicht einige wenige über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in Europa entscheiden werden. Das wird das Entscheidende für die nächsten Tage, Wochen und Monate sein. Und dass auch wir Österreicher – und nicht nur die großen Länder Europas – uns mit Stimmrecht als gleichberechtigter Partner in Europa wieder finden wollen, ist für uns in der Bundesregierung und hoffentlich auch im österreichischen Parlament im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher unbestritten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube daher, sehr geehrte Damen und Herren des Nationalrates, dass es für uns wichtig ist, dass wir gemeinsam die Interessen Österreichs so, wie wir es im Konvent getan haben, auch in den nächsten Wochen und Monaten vertreten – und nicht das Hickhack von tagespolitischen Auseinandersetzungen auf europäische Ebene trans­portieren und damit Österreich schwächen und den anderen die Chance geben, unsere Position in Europa nicht aus österreichischer, sondern aus der Sicht unserer Nachbarn zu sehen.

Wir haben es im Vorfeld erreicht, dass wir sehr viele Rahmenbedingungen für den europäischen Prozess geschaffen haben. Ich habe als Sozialminister am 24. Oktober 2000 damit begonnen. Damals waren zwei Jahre Übergangsfrist, und ich konnte es erreichen, dass wir für wichtige Branchen bis zu sieben Jahren eigenständigen Gestal­tungsraum haben. Sehr viele in der Arbeiterkammer und in der Gewerkschaft konnten sich das damals gar nicht vorstellen. Ich bin daher dankbar, dass wir mit der ILO und unseren dortigen Vertretern auch diesen Weg gemeinsam beschritten haben.

Ich bin auch sehr zufrieden, dass wir mit dem Gesundheitsgipfel in den letzten Tagen für die Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems und im Hinblick auf die weitere Planung der Bundesregierung für diesen Herbst einen gemeinsamen Weg beschritten haben, um das österreichische Gesundheitssystem auch in der Zukunft auf hohem Niveau zu erhalten und den Zugang aller Schichten zu modernen medizinischen Behandlungsmethoden zu erreichen.

Ich glaube, dass die Bundesregierung hier bewiesen hat, dass sie zum Dialog bereit ist und diesen Dialog auch führt. Ich bin auch sehr zufrieden, dass von Seiten der Sozial­partner der Weg des Dialoges und nicht, so wie im Frühjahr dieses Jahres, der Weg


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der Straße beschritten worden ist, denn nur so kann die Entwicklung in Österreich im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger auf gemeinsamer Basis stattfinden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin aber als Sozialminister sehr betroffen, dass wir 14 Jahre nach dem Lainz-Skan­dal in Wien wieder einen Pflegeskandal auf Kosten der älteren Menschen in diesem Lande haben. Ich bin betroffen, dass ich in den Tageszeitungen lesen muss, dass offensichtlich schon vor zweieinhalb Jahren, als noch der jetzige Finanzstadtrat Rieder zuständig war, die ersten Beschwerden an die Wiener Stadtverwaltung gegangen sind (Abg. Mag. Wurm: ... die Männergesellschaft!) und dort nur Versetzungen stattgefun­den haben und sonst nichts geschehen ist.

Ich bin sehr zufrieden, dass es mir noch gelungen ist, in meiner ehemaligen Funktion als Gesundheitsminister und als Sozialminister im Dezember des abgelaufenen Jahres auf Beamtenebene die Harmonisierung der Ausbildung der Pflegeberufe zu erreichen. Und ich bin sehr zufrieden, dass es im Juni dieses Jahres bei der Sozialreferenten­konferenz aller Bundesländer gelungen ist, einen Konsens für eine Artikel-15a-Verein­barung für eine vereinheitlichte Ausbildung aller Pflegeberufe zu erreichen.

Wir werden diese Pflegeberufe brauchen (Abg. Mag. Wurm: Die Frauen ...!), damit wir Pflegemissstände, so wie sie in Wien derzeit festzustellen sind, in Zukunft nicht mehr haben werden. Ein 15-jähriger Streit zwischen den Bundesländern konnte endlich bei­gelegt werden, und wir werden im Herbst dieses Jahres diese Artikel-15a-Vereinbarun­gen zur gemeinsamen Pflegeausbildung in Österreich im Interesse der älteren Men­schen umsetzen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben in der Vergangenheit (Abg. Dr. Puswald: Zukunft, Herr Vizekanzler!) ge­meinsam mit Bundesminister Böhmdorfer Entwürfe für Heimverträge und Heimgesetze vorgelegt. Es gibt nur mehr zwei Bundesländer, die diese Initiative des Sozialministe­riums und des Justizministeriums nicht aufgegriffen haben. Bezeichnenderweise sind dies das Bundesland Wien und das Bundesland Tirol. Wir werden daher, nachdem wir Ende Juni das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof mit dem Land Vorarlberg erledigt haben, nunmehr ein bundesweites Heimgesetz und, darauf folgend, auch ein bundesweites Heimaufenthaltsgesetz verabschieden.

Es geht hier um wichtige Rahmengesetze für die österreichische Gesetzgebung, um wichtige Rahmengesetze für die Pflegepersonen im Bereich der Heimbetreuung in Österreich, um wichtige Rahmengesetze in der Zukunft, damit wir von der gesetzlichen Seite alles tun, um im Hinblick auf die Rechte der älteren Menschen, die sich in Heim­pflege begeben müssen, weil sie keine Angehörigen haben oder keine Angehörigen, die in der Lage sind, die Pflege auszuführen, in diesem Bereich endlich Sicherheit zu schaffen. Damit wird von dieser Bundesregierung ein längst fälliger Prozess im Herbst dieses Jahres im Interesse der älteren Menschen positiv erledigt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Gegensatz zu anders lautenden Äußerungen in der Öffentlichkeit hat diese Bundes­regierung die Sozialquote erhöht. Wir haben die Sozialquote gezielt in jenen Bereichen erhöht, wo wir glauben, dass dies für die Aufrechterhaltung und Erfüllung des Genera­tionenvertrages besonders wichtig ist. Wir haben daher die Familienförderungen auch auf die Zwillingsgeburten ausgedehnt. Wir haben im Bereich der Pensionsreform Frauen mit Arbeits- und Familienleistungen als eine Gruppe bevorzugt. Wir haben für jene, die es sich nicht richten können, im Bereich der Invaliditätspension bereits im verabschiedeten Pensionsreform-Modell bessere Vorkehrungen vorgesehen, und ab 1. Jänner 2004 wird endlich die Unfallrentenbesteuerung wieder der Vergangenheit an­gehören (Zwischenrufe bei der SPÖ), und das ist gut so (Beifall bei den Freiheitlichen –


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Abg. Reheis: Das ist eine Verhöhnung!), weil damit 1,6 Milliarden Schilling wieder in den Brieftaschen der behinderten Menschen in Österreich bleiben werden. (Abg. Reheis: So eine Verhöhnung!) Und das ist gut so, dass dies mit 1.1.2004, zum Positi­ven für die behinderten Menschen, wieder erreicht werden kann. (Abg. Reheis: Das ist zynisch und verächtlich! – Abg. Dr. Wittmann: Warum haben Sie diesen Unsinn ge­macht?)

Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Dr. Wittmann: Warum haben Sie diesen Un­sinn gemacht, Herr Vizekanzler? Warum haben Sie diesen Unsinn eingeführt?) Ich werde in den nächsten Tagen die Richtlinien, in denen 10 Millionen € für Angehörige von behinderten Menschen vorgesehen sind, damit sie sich bis zu 14 Tage Urlaub pro Jahr leisten können und in dieser Zeit auch davon ausgehen können, dass ihre pflege­bedürftigen Angehörigen qualitativ hochwertig gepflegt werden, in die Begutachtung schicken. Ich darf Sie daran erinnern, dass in der Debatte zum Budgetbegleitgesetz die Opposition diese 10 Millionen € nicht haben wollte. Es hat mich gefreut, dass vor 14 Tagen der für die Caritas sprechende Direktor Landau im Fernsehen diese meine Vorstellungen nunmehr auch als Forderungen von außerhalb des Bundes tätigen Organisationen im Pflegebereich formuliert hat, weil er als jemand, der aus der Tätig­keit der Caritas weiß, wie es pflegenden Angehörigen ergeht, es doch nur als positiv erachten kann, dass die Bundesregierung hier nach Jahrzehnten endlich bereit ist, den pflegenden Angehörigen entsprechend entgegenzukommen. Das halte ich für gut, und ich bitte Sie, an der Ausgestaltung dieser Rahmenbedingungen positiv mitzuarbeiten, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn ich zum Gesundheitssystem noch ein Wort verlieren darf, so darf ich auch die oberösterreichischen Kolleginnen und Kollegen darauf aufmerksam machen, dass es im Gegensatz zu dem, was heute in Publikationen von Erich Haider in der Öffentlich­keit dargestellt wird, zum jetzigen Zeitpunkt im österreichischen Gesundheitssystem keinen einzigen Selbstbehalt gibt, der nicht von der Sozialdemokratie mitgetragen wird.

Ich bin daher sehr zufrieden, dass die zukünftige Entwicklung des Gesundheitssystems von allen einvernehmlich gestaltet worden ist, dass in Zukunft nicht mehr in populisti­schen Aussagen auf Kosten der älteren Menschen etwas anderes dargestellt wird, als in dieser Republik Tatsache ist, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gestatten Sie mir auch, dass ich auf den Bereich des Kollegen Gorbach eingehe: 1995, am Beginn der Amtszeit der sozialdemokratischen Regierung unter Bundes­kanzler Klima, hatte die Forschung in Österreich einen Anteil von 1,57 Prozent am BIP. Jetzt, am Beginn der Amtszeit dieser Bundesregierung, hatten wir einen Anteil von 1,96 Prozent, und wir werden am Ende dieser Legislaturperiode 2,5 Prozent erreicht haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass die Forschung in diesem Lande nicht nur in den Reden im Parlament immer als wichtige Grundlage für die Wirtschaftsentwicklung dieses Landes dargestellt wird, sondern dass uns endlich auch die finanzielle Ausstat­tung zumindest in das mittlere Niveau der europäischen Staaten bringt und mit der Zielsetzung, im Jahre 2010 3 Prozent zu erreichen, in der Zukunft auch an die Spitze der europäischen Staaten bringen wird. Forschung und Entwicklung sind ja letztlich – darin sind wir uns alle einig – genau jene Bereiche, die den Wirtschaftsstandort Öster­reich im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und im Interesse der Unternehmungen bestmöglich absichern. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Sehr geehrte Damen und Herren im Parlament! Ich darf Sie einladen, an dieser positi­ven Entwicklung für den Forschungs- und Technologiebereich des Kollegen Gorbach


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maßgeblich mitzuarbeiten und sie mitzutragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Übrigen darf ich, zumal ja in den letzten Tagen auch die Debatte über die Österrei­chischen Bundesbahnen geführt worden ist, hier schon anmerken, dass zum einen Kollege Gorbach sich bemüht, einvernehmlich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern des Betriebes der Österreichischen Bundesbahnen und mit der Gewerkschaft eine gemeinsame Lösung für die Zukunft zu finden, und dass zum Zweiten die Wifo-Studie, die der Herr Bundeskanzler schon zitiert hat, für den Bereich der Infrastrukturleistun­gen Straße und Schiene in den letzten eineinhalb Jahren, im Konjunkturpaket II, Kolle­gem Hubert Gorbach attestiert, dass er mit 0,7 Prozent einen maßgeblichen Anteil am Wirtschaftswachstum und damit an der Beschäftigung im Bau- und Baunebengewerbe erreicht hat.

Lieber Hubert, herzliche Gratulation! Mach so weiter! Die Konzepte, die du hast, wer­den in den nächsten Jahren finanziell abgesichert (ironische Heiterkeit des Abg. Öllin­ger), sodass wir auch sicher sein können, dass in Österreich bis zum Jahre 2010 im Bereich der Infrastruktur 12 Milliarden € verbaut werden – eine Wirtschaftsleistung und eine Infrastrukturleistung, die wir in Österreich dringend brauchen!

Ich möchte es einfach ausdrücken: Die Klagen der Autofahrer, dass hinter jeder Ecke eine Baustelle ist, sind der Beweis dafür, dass in Österreich endlich in die Infrastruktur investiert wird – und nicht, so wie in der Vergangenheit, von der Infrastruktur nur ge­sprochen und nichts investiert wird, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Glauben Sie mir aber auch, sehr geehrte Damen und Herren, dass es in der Zukunft im Rechtsstaat Österreich nicht so weitergehen kann (Abg. Dr. Wittmann: Da haben Sie Recht! Da haben Sie wirklich Recht! So kann es nicht weitergehen!), dass auf der einen Seite in den Außenbezirken Österreichs die alten Menschen darüber klagen, dass sie die Sicherheit nicht gewährleistet sehen, während wir auf der anderen Seite feststellen müssen, dass die Verfolgung von Straftätern immer länger dauert.

Ich glaube daher – und ich nenne im Folgenden Zahlen des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger –, dass es für die Menschen in diesem Lande nicht einsichtig ist, dass auf der einen Seite die Pensionsversicherungsanstalten für die Erledigung von Pflegeanträgen und von Anträgen auf Invaliditätspension im Durchschnitt 2,3 bis 2,4 Monate brauchen, während die zuständigen Sozialgerichte 11 Monate für die Erledigung dieser Problemstellungen brauchen.

Wir erwarten uns auch von der Richterschaft in diesem Lande, dass die Rechtsstaat­lichkeit und die Rechtssicherheit in diesem Lande mit mehr Tempo erfüllt wird. Das ist eine Forderung, die für den Sicherheitsapparat in Österreich, für die Sicherheit der Menschen in Österreich und für die Rechtsstaatlichkeit in Österreich eine billige Forde­rung der österreichischen Bevölkerung an eine Berufsgruppe ist (Abg. Dr. Wittmann: Lassen Sie die Gerichte bitte arbeiten!) – und nicht das Gegenteil davon, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Lassen Sie die Gerichte in Ruhe! Die machen gute Arbeit!)

Wir werden im Herbst dieses Jahres auch das neue Asylgesetz hier im Parlament zu diskutieren haben. Angesichts mancher Beispiele, die zeigen, dass in der österreichi­schen Bevölkerung, aber auch auf Leserbriefseiten vieler Tageszeitungen sehr oft Kon­ventionsflüchtlinge in einen Topf geworfen werden mit jenen, die das österreichische Asylgesetz ausnutzen, glaube ich, dass hier endlich eine klare Linie durchzuziehen ist:

Jenen, die im Schutze der Konvention stehen, sind in Österreich schnell und zügig Asyl und Integration zu gewährleisten. (Abg. Mag. Wurm: Sagen Sie das ..., ... eine Verfas-


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sungswidrigkeit nach der anderen begehen!) – Für alle anderen ist aber in Österreich endlich ein Asylgesetz umzusetzen, das es nicht ermöglicht, dass sich Straftäter sechs oder sieben Jahre lang in Österreich im ersten, zweiten und dritten Asylverfahren befin­den, sich hier in Österreich aufhalten und die Sicherheitssituation in Österreich ver­schlechtern. (Abg. Mag. Prammer: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?)

Ich erwarte mir daher auch in der Asyldebatte vom Hohen Haus eine Berücksichtigung der Interessen der Österreicherinnen und Österreicher im Hinblick auf die Sicherheit in diesem Lande, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Für mich als Minister, der auch für die Jugend zuständig ist, gibt es nichts zu beschöni­gen, wenn wir uns die Drogenszene in Österreich ansehen. Der Drogenkonsum, der Drogenmissbrauch in diesem Lande ist erschütternd. Wir werden daher von Seiten der Bundesregierung gemeinsam mit meinem Sportstaatssekretär, aber auch mit den Schulbehörden alles unternehmen, um die jungen Menschen in diesem Lande in sinn­volle Programme für sportliche, soziale und kulturelle Betätigung einzubeziehen, um sie weg von der Straße und weg vom Drogenkonsum in eine sichere Zukunft zu führen.

Jeder Jugendliche, der in die Drogenszene abgeglitten ist, ist ein Jugendlicher zu viel! Daher erwarte ich mir auch von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren im Parlament, dass Sie die Pläne der Bundesregierung in diesem Bereich von Seiten des österreichi­schen Nationalrates beziehungsweise von Seiten des österreichischen Parlaments maßgeblich und schnell beeinflussen, sodass die Drogenszene in Österreich nicht größer, sondern kleiner und kleiner wird und die Jugendlichen endlich einen ordent­lichen Schutz vor den Drogendealern haben.

Das ist eine Forderung, die wir für die nächste Generation zu erheben haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden aber auch nicht darüber hinwegkommen, den Menschen zu erklären, warum manche Maßnahmen dieser Bundesregierung er­folgt sind. (Abg. Öllinger: Das wäre höchste Zeit!)

Der Herr Bundeskanzler hat das Thema Voest angesprochen; ich möchte es auch an­sprechen. Ich bin 1986 noch von Präsident Benya hier im Parlament angelobt worden. In der Zeit von 1986 bis zum Jahr 1995 hat die verstaatlichte Industrie in Österreich 126 Milliarden Schilling an Steuerzuwendungen bekommen und 56 000 Arbeitsplätze verloren. Es ist daher falsch, wenn der Eindruck erweckt wird, dass die verstaatlichte Industrie jeden Arbeitsplatz garantiert. (Abg. Dr. Stummvoll nickt zustimmend.)

Daher glaube ich, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir, die wir als Bundesregie­rung im Jahre 2000 10 Milliarden € Schulden aus dieser Zeit geerbt haben, im Interes­se der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und im Interesse einer nachhaltigen Fi­nanzpolitik auch daran interessiert sein müssen, diese 10 Milliarden € des Jahres 2000 sukzessive auf null zu stellen; denn nur dann kann die nächste Generation über ihre Steuerschillinge frei verfügen und Investitionen in die Infrastruktur, in die Forschung, in die Bildung, in den Sozialstaat und in den Gesundheitsstaat Österreichs leisten, wenn sie nicht mehr die Schulden der Vergangenheit abzuzahlen hat. – Ein wichtiger Punkt für mich! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Herbstarbeit des Parlaments wird mir auch die Möglichkeit geben, die Harmonisierung der Pensionen voranzutreiben. Die Sozialpart­ner mit ihren Experten und die Ministerien mit ihren Experten haben nunmehr die Vor­schläge für ein zukünftiges System eines beitrags- und leistungsorientierten Kontos entwickelt, und sie haben darüber hinaus auch Vorstellungen entwickelt, wie und mit


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welcher Valorisierung in Zukunft ein harmonisches österreichisches Pensionssystem gestaltet sein kann.

Ich bin dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger und Herrn Dr. Probst durchaus dankbar dafür, dass er nunmehr die Entwicklungen der Disharmo­nisierung, die es in der Zeit vom Jahr 1995 bis zum Jahr 2003 im Bereich des Beam­tendienstrechts und im Bereich des Dienstrechtes der Gemeinden gegeben hat, dar­stellt und auflistet, um uns damit auch die Grundlage für die Harmonisierung zu liefern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf auch darauf hinweisen, dass uns die Sozial­partner versprochen haben, bis Ende September ihre Vorstellungen vorzulegen, und ich möchte sie heute hier daran erinnern. (Abg. Öllinger: Sie haben es uns ver­sprochen!) Wir von der Bundesregierung sind bereit, die Ziele, die wir uns gesetzt haben, umzusetzen und die von uns gemachten Versprechungen einzuhalten. Wir werden die Harmonisierung der Pensionssysteme mit jenem Nachdruck verfolgen, den wir gewohnt sind. Ich hoffe, nein, ich bin mir eigentlich sicher, dass die Sozialpartner ihre Versprechungen auch einhalten werden, uns möglichst bald einen Termin für die nächste politische Runde geben werden (ironische Heiterkeit der Abg. Mag. Pram­mer), sodass die Arbeiten zur Harmonisierung der Pensionssysteme weiter voran­gehen können.

Ich darf Ihnen auch mitteilen, dass mit der Begutachtung der Schwerarbeiter-Frühpen­sionsregelung jetzt im Herbst begonnen wird. Es ist mir wichtig, dass – und das ist das erste Mal in der Zweiten Republik – auch die Arbeiter im Bereich des Bau- und Bau­nebengewerbes in eine für sie akzeptable Regelung kommen und nicht nur die Angestellten in der Hackler-Regelung berücksichtigt sind, aber nicht die tatsächlichen Hackler dieser Republik, nämlich die Arbeiter im Bau- und Baunebengewerbe. Das ist eine wichtige Arbeit, die jetzt im Herbst angegangen wird.

Ich darf Ihnen jetzt in meiner Eigenschaft als Veterinär noch mitteilen, dass wir planen, den Tierschutzgesetzentwurf, der in seinem Konzept nun fertig gestellt wird, im De­zember im österreichischen Parlament einzubringen. Damit soll das 15-jährige Anlie­gen eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes ab 2004 Wirklichkeit werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.22

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächster Redner Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Uhr ist bei den nächsten vier Rednern einvernehmlich jeweils auf 14 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.22

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Erwartungshaltung an die bei­den Erklärungen, die heute hier abgegeben wurden, war hoch. Nachdem gestern ein Ministerrat stattgefunden hat und so kurzfristig diese Erklärungen angesetzt wurden, hat man doch erwarten können, dass heute Neues, nicht unbedingt Sensationelles, aber Wegweisendes für die Zukunft Österreichs von der österreichischen Bundesregie­rung präsentiert wird. Wie Sie sehen können, sind die Abgeordneten hier im Parlament einigermaßen enttäuscht, denn außer einigen blassen Ankündigungen hat diese Bun­desregierung keine wirklich neuen Projekte präsentiert, und das ist eigentlich schade für Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Mainoni: Haben Sie nicht zugehört?)

Wäre Ihnen, Herr Bundeskanzler, wie Sie hier betonten, das Thema der Chancen für die Jugend wirklich so wichtig, dann hätten Sie heute eine klare Ansage dahin gehend gemacht, wie das brennende Lehrlingsproblem in Österreich gelöst wird. (Abg.


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Dr. Fasslabend: In Wien!) Nachdem Tausende Lehrlinge auf einen Lehrplatz warten, wäre eine solche Ansage Ihrerseits angebracht gewesen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fasslabend: Sie sollten das in Wien machen! – Abg. Großruck: Sie sollten mit Herrn Häupl reden!)

Es wäre eine Ansage dahin gehend angebracht gewesen, dass Sie die 1 000 offenen Plätze in den österreichischen Lehrwerkstätten füllen werden. Aber es wäre auch eine Ansage dahin gehend angebracht gewesen, dass Sie das erfolgreiche Modell der Vorarlberger Metallindustrie für ganz Österreich in der Frage der Lehrlingsausbildung übernehmen werden und dass Sie das Modell der Lehrlingsstiftung wieder aufleben lassen wollen. Doch all das haben wir vermisst, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Das müssen Sie in Wien einmal machen!)

Was die Chancen der Jugend betrifft, hätten wir heute von Ihnen eine deutliche Ant­wort auf die Frage erwartet, wie Sie die Misere an den österreichischen Universitäten zu lösen gedenken. Unentwegt wird von Rektoren, Universitätsprofessoren und Stu­denten beklagt, dass der Lehrbetrieb nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Nicht einmal mehr die Fenster an den Universitäten können geputzt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist kein gutes Zeugnis für ein modernes Land, wenn an den Hochschuleinrichtungen solche Zustände herrschen! Auf diese Fragen wären Antworten angebracht gewesen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Besonders interessant finde ich den Gesinnungswandel innerhalb der ÖVP in der Frage – sagen wir es zurückhaltend – ganztägiger Schulformen. Am besten wurde er ausgedrückt durch den Innenminister Strasser, der im „Standard“ gesagt hat, die Ganz­tagsschulen würden dazu führen, dass vandalisierende Jugendliche in den Groß­städten herumstreunen. So lautete die Bemerkung des Herrn Innenministers Strasser zu ganztägigen Schulformen.

Jetzt, eine Woche vor den Landtagswahlen in Tirol und in Oberösterreich, kann man auf einmal von der Frau Bundesministerin, die das nie wollte, hören, dass10 000 Plätze zur Verfügung gestellt werden, und der Herr Bundeskanzler fügt dem hinzu, dass er die Länder und Gemeinden dazu einlädt. Er hat aber vergessen, dazuzusagen, wozu er sie wirklich einlädt. Er lädt sie nämlich in Wahrheit dazu ein, dass sie das finanzieren sollen. Wenn es nämlich nach der Bundesregierung geht, wird es weiterhin keine Ganztagsschulplätze in Österreich geben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat auch die Frage der Sicherheit angesprochen. Das ist in der Tat ein ganz wichtiges Thema, und er hat sicherlich Recht, wenn er darauf hinweist, dass es im Bereich der Sicherheit neue Her­ausforderungen gibt, dass uns die EU-Erweiterung und das organisierte Verbrechen vor neue Herausforderungen stellen.

Aber es ist schon erstaunlich, dass unter der Verantwortung von Innenminister Stras­ser in den letzten Jahren, in welchen die Kriminalitätsrate gestiegen ist – wohlgemerkt: dafür kann er nichts –, aber die Aufklärungsquote gesunken ist. Das heißt, dass die Sicherheit in Österreich nicht mehr so effizient organisiert ist, und das hat natürlich auch einen klaren Grund. Wenn Jahr für Jahr parteipolitische Personalpolitik im Innen­ministerium gemacht wird, dort so genannte Reformen dazu verwendet werden, ein Ministerium zu „säubern“, dass dann am Ende die Beamten verunsichert sind und es dann weniger und nicht mehr Sicherheit gibt, das darf einen wirklich nicht verwundern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Die viel strapazierte Ansage, es werde zwar in der Verwaltung gespart, aber es werde auf der Straße, bei den Bürgern mehr Polizisten und Gendarmen geben, hat auch nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Diese Ansage hören wir seit Jahren von Ihnen, die Wahrheit ist aber: Kein einziger Polizist mehr ist auf der Straße zu finden! (Abg. Mag. Wurm: Weniger!) Daher steigt die Unsicherheit in Österreich an, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weil Sie sich gestern Bayern als Vorbild genommen haben, Herr Bundeskanzler, möchte ich Ihnen sagen: Machen Sie das, was dort in der Sicherheitspolitik gemacht wird! Dort werden 1 400 neue Polizisten und Gendarmen eingestellt, während in Öster­reich weiterhin beim Personal reduziert wird. (Abg. Großruck: Das ist falsch!) Ich darf Ihnen sagen: Es wird mit weniger Polizisten und Gendarmen nicht mehr Sicherheit geben! Das ist eine absolute Illusion, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Großruck: Das ist die Unwahrheit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist also die Sicherheitspolitik in Öster­reich nicht allein durch die externen Gefährdungen herausgefordert, sondern heraus­gefordert vor allem durch das, was Innenminister Strasser macht. Wenn er jetzt den Prozess des Abbaus der Sicherheit damit fortsetzt, dass auch noch in Oberösterreich, dass auch noch in allen anderen Bundesländern reihenweise die Bezirkskommissariate zugesperrt werden (Abg. Großruck: Bezirkskommissariate gibt es keine!), dann wird er nicht der Innenminister dieser Zeit sein, sondern der Unsicherheitsminister unserer Tage, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Bundesregierung! Sie haben von notwendigen und erfolgreichen Privatisierungen gesprochen. Dazu darf ich Ihnen sagen: Wenn das erfolgreich gewesen sein soll, was bei der voestalpine abgelaufen ist, dann gute Nacht! Wenn eine Tageszeitung titelt: „Die VOEST ging viel zu billig weg“, und eine andere Tageszeitung titelt: „Großteil der VOEST-Aktien ging billig ins Ausland“, dann, Herr Bundeskanzler, stelle ich mir die Frage: Wer hat von dieser Total­privatisierung der Voest etwas gehabt?

Wenn Sie sich Sorgen um den Ruf machen, dann frage ich erneut: Welches Problem hat die voestalpine am Beginn des Jahres 2003 gehabt? (Abg. Dr. Fasslabend: Die vergangene, die verstaatlichte!) Dazu fällt mir nur Folgendes ein: ein erfolgreiches Unternehmen, hohe Gewinne, ein gutes Management und motivierte Mitarbeiter! Aber seit Sie den Totalprivatisierungskurs bei der Voest angegangen sind, ist die Voest ins öffentliche Gerede gelangt. Die Voest hat keine Probleme gehabt, Sie haben dieser Voest erst Probleme gemacht, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koali­tionsparteien! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Weil Sie in Zusammenhang mit der Privatisierung einen Vergleich mit Bayern anstellen wollen, Herr Bundeskanzler, darf ich sagen: Ein guter Vergleich! Ich kann mich noch daran erinnern, dass Sie, als wir hier im Hohen Haus Ihre erste Regierungserklärung diskutiert haben, Privatisierungsvorhaben genannt haben und ich Ihnen folgenden Vor­schlag gemacht habe: Wenn schon privatisiert wird, dann sollte man nach dem bayrischen Weg vorgehen! Dort kommen nämlich alle Privatisierungserlöse in einen so genannten Zukunftsfonds hinein, und mit diesem Zukunftsfonds wird die Beteiligung und der Aufbau von neuen Firmen finanziert. Dort werden nämlich Privatisierungsgel­der für Investitionen in die Zukunft verwendet und nicht, wie bei Ihnen, zum Ankauf von Abfangjägern, die wir in Österreich nicht brauchen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die schärfste Ansage des Bundeskanzlers am Ende seiner Rede war: Wir werden es in diesem Herbst so halten wie vor dem Sommer! Das können die Österreicherinnen und Österreicher in der Tat als eine ge-


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fährliche Drohung betrachten, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Denn zumindest in drei Bereichen war dieses Frühjahr von einem massiven Bruch der Wahlversprechen gekennzeichnet. Ich nenne nur drei Beispiele.

Erstens: Die ÖVP hat im vergangenen Herbst gesagt, bei den Pensionen müsse man nichts ändern, denn es gebe die Pensionsreform des Jahres 2000, das sei eine Jahr­hundertreform! – Was ist geschehen? In diesem Sommer erfolgte die größte Pensions­kürzungsreform, die es jemals gegeben hat. (Abg. Dr. Stummvoll: Pensionssiche­rungsreform!)

Zweiter Bruch des Wahlversprechens: Sie persönlich, Herr Bundeskanzler, haben im Herbst vergangenen Jahres gesagt, es werde für den Kauf der Abfangjäger kein Euro aus dem Budget genommen, das alles werde eine Wirtschaftsplattform bezahlen. (Iro­nische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Wahrheit ist: Jeder Euro für die Abfangjäger kommt aus dem Budget, und noch dazu auf Pump und für Flugzeuge, die nicht einsatztauglich sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der dritte Bruch der Wahlversprechen war folgender: Eine Woche vor der Wahl sind Sie mit dem Finanzminister in einer Pressekonferenz aufgetreten und haben gesagt, es werde im Jahre 2004 die größte Steuerentlastung für alle Österreicherinnen und Öster­reicher geben. Alle werden um 1 000 € weniger Steuern zahlen müssen. (Abg. Mag. Wurm: Die Reichen!) – Doch was ist die Realität? Die Belastungspolitik der Bun­desregierung ist fortgesetzt worden, und von einer Steuersenkung kann keine Rede sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher kann ich Ihnen nur eines sagen: Wenn Sie Ihre Politik des Frühjahrs, des kon­stanten Bruches von Wahlversprechen fortsetzen, dann wird auch die österreichische Bevölkerung kein Vertrauen in diese österreichische Bundesregierung finden können! Sie haben in Wirklichkeit den Vertrauensvorsprung, den Sie bei der letzten Wahl ge­habt haben, in der Zwischenzeit zu hundert Prozent verspielt (Abg. Dr. Trinkl: Das wünschen Sie sich!) – durch den permanenten Bruch von Wahlversprechen, von Ihnen in diesem Frühjahr begangen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich begrüße, dass es eine Einladung der Bundesregierung zur Zusammenarbeit gibt, und überall dort, wo das offeriert wurde, wie zum Beispiel in der Frage der Gesund­heitsreform oder in der Frage des Bundesheers, sind wir gerne bereit, an gemeinsa­men Lösungen mitzuarbeiten.

Herr Vizekanzler Haupt, wenn Sie von Einladungen zur Zusammenarbeit sprechen, dann sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen, was es schon gibt, denn wenn Sie jetzt, im Jahre 2003, ankündigen, dass es ein Bundesheimgesetz geben wird, dann möchte ich Ihnen sagen: Es gibt einen von Experten ausgearbeiteten, komplett fertigen Entwurf für ein Bundesheimvertragsgesetz, und diesen haben die Sozialdemokraten bereits im Frühjahr 2000 hier im Nationalrat eingebracht. Dieser Entwurf wurde vor drei Jahren einem Unterausschuss zugewiesen und bis jetzt von den beiden Regierungsparteien nicht behandelt.

Wenn Sie uns zur Zusammenarbeit einladen und wenn Ihr Besuch heute hier im Parla­ment auch einen operativen Sinn haben soll, dann würde ich sagen, Herr Vizekanzler: Um Ihre Arbeit in diesem Herbst anzureichern, überreiche ich Ihnen gerne unseren Ge­setzentwurf als Zeichen der Zusammenarbeit, und ich hoffe, Sie werden ihn beherzi-


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gen. – Danke schön. (Lebhafter lang anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Der Redner überreicht Bundesminister Mag. Haupt den erwähnten Gesetzentwurf.)

11.36

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.36

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen habe ich in einer österreichischen Tageszeitung gelesen: Wir sind bereit! Nach dieser Rede weiß ich, wozu: Sie sind bereit zum Nein-Sagen, und Sie sind bereit zur Zukunftsverweigerung! Mehr habe ich aus dieser Rede von Kolle­gem Gusenbauer zur Bereitschaft nicht gehört, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Zuhören! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Hingegen habe ich aus der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vize­kanzlers gehört: Jawohl, wir sind bereit für die Zukunft! Wir sind bereit für die Bewälti­gung der Probleme, die es in diesem Lande auch gibt, zu arbeiten! (Abg. Dr. Jarolim: Falsche Rede!) Wir sind bereit, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen! Wir sind bereit, für die Zukunft des Landes zu arbeiten! – Diese Bereitschaft der Bundesregie­rung findet unsere volle Unterstützung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung, unter der Führung von Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel, kann dabei auf eine solide Basis aufbauen – aufbauen auch auf eine erfolgreiche Arbeit der letzten und der ersten 200 Tage dieser Legislatur­periode. Denken Sie beispielsweise an die sehr erfolgreiche Budget- und Konsolidie­rungspolitik in den öffentlichen Haushalten!

Meine Damen und Herren! Heute sind wir in Österreich in der Lage, zu sagen: Wir haben im Jahr 2001 und im Jahr 2002 de facto ein Nulldefizit erreicht, und wir unter­scheiden uns mit dieser Budgetsituation strukturell von der großen Mehrzahl der euro­päischen Länder. (Beifall bei der ÖVP.)

In Deutschland diskutiert der Bundestag, meine Damen und Herren, ein Budgetdefizit von knapp 4 Prozent, und in Frankreich wird ein Defizit von über 4 Prozent diskutiert. Wie lautet die Antwort der Sozialdemokratie? In der letzten Sondersitzung beziehungs­weise in der vorletzten Sondersitzung wurde vorgeschlagen, die Schleusen zu öffnen und die Verschuldung in Österreich zu steigern. Ich habe Ihnen, Herr Kollege Gusen­bauer, damals gesagt, damit werden Sie bei uns auf entschiedenen Widerstand stoßen, denn wer die Schuldenschleuse öffnet, der gefährdet die Zukunft dieses Lan­des, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Sie haben damals mit der Frage der Beschäftigungsentwicklung argumentiert, und jetzt gebe ich Ihnen darauf folgende Antwort: Die Beschäftigungsentwicklung in Deutsch­land sieht folgendermaßen aus: Im Jahr 2002 gab es eine Arbeitslosigkeit von 8,6 Pro­zent, für das Jahr 2003 wurde eine solche von 8,9 Prozent prognostiziert. Das heißt, dort steigen die Schulden und die Arbeitslosigkeit. Diese rot-grüne Politik wird von uns sicher nicht nachgemacht. Ganz im Gegenteil: Wir kämpfen für die Vollbeschäftigung und für die Sanierung der Haushalte! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweites Beispiel: Alle in Österreich wissen, dass es zur Sicherung der Pensionen notwendig ist, jetzt zu handeln, weil die Fakten dies erfordern. Wir müssen diesen Fakten ins Auge blicken: Die Menschen arbeiten kürzer, sie sind länger in Ausbildung


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und sind Gott sei Dank auch in der Lage, länger den wohlverdienten Ruhestand zu ge­nießen. Die politische Antwort darauf kann doch nur sein: Da muss gehandelt werden – wie die Bundesregierung dies mit der Pensionssicherungsreform auch tatsächlich ge­tan hat.

Die politische Antwort der SPÖ hingegen lautet: Da gehen wir dann vielleicht zum Ver­fassungsgerichtshof! – Übrigens: Wer sich diese Klage ansieht, wird zweifelsohne be­merken: darin keine inhaltliche Kritik, es geht ausschließlich um die Frage des Ge­schäftsordnungsgesetzes. Offensichtlich haben Sie nichts Inhaltliches zu kritisieren. (Rufe bei der SPÖ: Mehr als genug!)

Die Antwort der SPÖ lautet: Dann werden wir ein Volksbegehren einleiten! Übrigens liegen dazu Ihre Unterschriften offensichtlich seit Monaten in der Schublade – und nur, weil jetzt in Oberösterreich Wahlkampf ist, karrt Erich Haider mit dem Schubkarren 33 000 Unterschriften ins Innenministerium, und die Bundes-SPÖ ist unglücklich damit! Das konnten wir ja auch den Medien entnehmen.

Und die Antwort der SPÖ lautet: Wir schreiben – wieder einmal – einen Pensionisten­brief! Wir kennen das ja. Dieses Mal nicht Unterschrift Vranitzky, sondern Haider, Erich Haider, um präzise zu sein. Und Haider schreibt in diesen Brief die nackte Unwahrheit hinein. (Widerspruch bei der SPÖ.) – Distanzieren Sie sich davon! Bleiben Sie bei der Wahrheit! Hineinzuschreiben, dass es einen halben Prozentpunkt Pensionskürzung gibt, ist die nackte Unwahrheit, meine Damen und Herren! Ich erwarte, dass man auch in einer Wahlauseinandersetzung bei der Wahrheit bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie von der SPÖ haben also keine Antworten auf die Zukunftsfrage des Generationen­vertrags und dessen Sicherung. (Abg. Öllinger: Aber Sie vielleicht! – Weiterer Zwi­schenruf bei der SPÖ.)

Zum Thema Steuerentlastung: Wir müssen Impulse setzen, damit wir den möglichen Konjunkturaufschwung auch tatsächlich offensiv nutzen. Jawohl, das Wifo bestätigt uns: Wir liegen richtig mit unseren Konjunkturpaketen I und II, und wir arbeiten bereits an einem Konjunkturpaket III. – Was aber macht die SPÖ? Die SPÖ lehnt die Steuer­entlastung per 1. Jänner 2004, die hier im Haus bereits beschlossen ist, ab. (Rufe bei der ÖVP: Unglaublich!)

Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, lehnen eine Steuerentlastung für die kleinsten Einkommensbezieher ab. Weiters lehnen Sie eine steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne ab. (Abg. Dr. Mitterlehner: Unglaublich! – Gegenrufe bei der SPÖ.) Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, lehnen weiters ab, dass, was die Umsatzsteuer betrifft, das Jahr nur zwölf und nicht 13 Monate hat. Das ist die Wahrheit! Sie lehnen Entlastungen in Wahrheit ab! Das ist Ihre Antwort. (Ruf bei der SPÖ: Märchenstunde! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zu den Themen Arbeitsmarkt und Lehrlingszahl: Herr Kollege Gusenbauer, schauen Sie sich doch die Zahlen an! In Oberösterreich ein Minus bei der Arbeitslosenentwick­lung von 9 Prozent. 9 Prozent weniger Arbeitslose. – In Wien hingegen sage und schreibe plus 9 Prozent Arbeitslose! (Abg. Gaál: Weil es einen Aufnahmestopp bei den Bundesdienststellen gibt ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine daher: Kehren Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, vor Ihrer eige­nen Tür, auch was die Lehrlinge betrifft! Ich kenne die Statistik in der Lehrlingsfrage und weiß, wo das Problem liegt. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das Problem heißt Wien, Frau Kollegin, und Sie wissen das! Arbeiten Sie von der SPÖ in Wien


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professionell – und dann werden wir es in ganz Österreich statistisch und in der Sache besser haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Thema Privatisierung. Herr Abgeordneter Gusenbauer, Sie kritisieren heute die Privatisierung, haben jedoch noch vor wenigen Monaten selbst gesagt, der Staat habe in Produktionsbetrieben als Eigentümer nichts verloren. Ich halte das für richtig, dass der Staat dort nichts verloren hat, aber Herr Abgeordneter Gusenbauer, dann bleiben Sie konsequent!

Ich meine, auch die von Ihnen geführte Voest-Debatte muss bewertet werden. Die Voest-Privatisierung ist ein Erfolgsprojekt, die Voest ist österreichisch, die Voest ist ein starkes österreichisches Unternehmen; es gibt einen starken oberösterreichischen Kern in diesem Unternehmen, die größte Mitarbeiterbeteiligung, und zwar mit über 10 Prozent, die in einem Unternehmen dieser Größenordnung überhaupt gegeben ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Übrigens: Die Mitarbei­terbeteiligung ist eine Idee der Volkspartei. Sie von der SPÖ lehnen diese Privatisie­rung jetzt ab. (Rufe der Abgeordneten Gaál und Dr. Wittmann: Falscher Zeitpunkt!)

Ich möchte Ihnen hier schon die Frage stellen, die auch Herr Professor Felderer in einem Interview meiner Meinung nach sehr richtig aufgeworfen hat. – Sie von der SPÖ haben gesagt, es ist Ihnen der Kurs, es sind Ihnen diese 32,5 € zu niedrig. Wissen Sie, was Felderer sagt? – Dieser geringe Kursverlust nach einem Plus von 50 Prozent hätte vermieden werden können, wenn die Diskussion nicht so aggressiv, so politisch und wirtschaftsfremd geführt worden wäre. (Abg. Dr. Mitterlehner: Genau! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Gusenbauer: aggressiv, politisch, wirtschaftsfremd – das sind die Worte von Professor Felderer. Ich appelliere an die dafür Verantwortlichen in der SPÖ: Keh­ren Sie in der Frage der Privatisierung zurück zum Weg der Vernunft, zu einem Weg, den Sie ja ursprünglich ohnehin eingeschlagen gehabt haben! Wer Sie umgestimmt hat, weiß ich nicht.

Vielleicht geht es Ihnen dabei aber doch um eine Ideologie, die Ihnen von der Vergan­genheit her „nicht ganz fremd“ ist, wie Georg Wailand schreibt. Und ich zitiere Wailand weiter: „Wäre es so, dass Staatsbetriebe besser als privat geführte sind, dann hätten die Sowjetunion, die DDR und auch Kuba zu neuen Vorbildern in der Ökonomie wer­den müssen.“ (Heiterkeit bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mein Vorbild ist das nicht, sondern mein Vorbild ist das erfolgreiche Unternehmen Voest, das nun von privaten Eigentümern in eine gute Zukunft geführt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zur Sicherheitspolitik. Meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie sagen, die Sicher­heit ist eines der wichtigsten Güter. – Ja, das unterschreibe ich. Aber dann frage ich Sie: Warum lehnen Sie eigentlich den Kauf der Abfangjäger ab, die doch ein Teil unse­res Sicherheitskonzeptes sind, einer Sicherheit, auf die die Menschen Österreichs An­spruch haben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Abfangjäger werden Ihnen noch auf den Kopf fallen!) Warum lehnen Sie von der SPÖ eigentlich die militärische Landesverteidi­gung ab? – Ich meine, die Menschen haben das Recht auf Sicherheit, selbstverständ­lich auch auf militärische Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Thema innere Sicherheit. Ich habe mir über die gestrige Diskussion, was das Asylgesetz betrifft, berichten lassen. Und ich frage Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ: Warum haben Sie verhindert, dass es noch vor dem Sommer eine Be­schlussfassung eines notwendigen, eines modernen und korrekten Asylgesetzes gege­ben hat? (Abg. Dr. Gusenbauer: Weil es schlecht ist! – Abg. Gaál: Weil es menschen­verachtend ist! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Sie von der SPÖ haben eine Beschlussfassung des Asylgesetzes verhindert (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) und tragen damit die Verantwortung dafür, dass wir diese not­wendige Maßnahme für die Sicherheit erst jetzt setzen können! Sie sind die Ursache dafür, dass manche Probleme, die über den Sommer aufgetreten sind, nicht wirklich gelöst werden konnten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dann stehen Sie aber bitte auch dazu – und gehen nicht hier mit Krokodilstränen heraus, um zu sagen, Ihnen sei die Sicherheit etwas wert! Dann verhalten Sie sich eben anders, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade jetzt, meine Damen und Herren, stehen aber wichtige Weichenstellungen an, Weichenstellungen etwa durch europäische Entwicklungen, Weichenstellungen bei­spielsweise durch Konjunkturmöglichkeiten, die vor uns stehen, oder auch solche im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung. Ich meine, dass ein Parlament wie das unsere die Pflicht hat – auf Basis dieser exzellenten Erklärungen von Schüssel und Haupt (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) –, die Europa-Linie beispielsweise mit zu definieren. Ich stelle Konsens fest in diesem Haus: ja zur Erweiterung! In diesem Hause muss es jedoch genauso Konsens darüber geben, dass wir die österreichischen Interessen in Europa kompromisslos vertreten. Das ist die Aufgabe der Bundesregie­rung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher verstehe ich nicht, dass jemand kritisiert, dass zusätzliche Wünsche zum EU-Konvent geäußert werden. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wer hat das kritisiert?) Ich würde es eher verstehen, wenn kritisiert würde, wir würden sozusagen alles, was dort auf dem Tisch liegt, schlucken. Ich vertrete die Meinung, dass selbstverständlich jedes Land, auch ein kleineres oder mittelgroßes, ein Recht auf einen EU-Kommissar hat.

Ich vertrete die Ansicht, dass etwa in der Frage Wasser kompromisslos auf die Ein­stimmigkeit und damit auf die österreichischen Interessen geachtet werden muss.

Genauso sehe ich es bei der Harmonisierung.

Es wird zum Testfall für die SPÖ werden, ob sie in der Frage der Harmonisierung – wiederum! – auf halbem Wege stehen bleibt und sie der Mut verlässt, so, wie das ja auch bei der Pensionssicherungsreform der Fall war. (Abg. Dr. Gusenbauer: Die scheut ja die ÖVP wie der Teufel das Weihwasser!)

Es wird zum Testfall für die SPÖ werden, ob in der Frage der Gesundheit auch dem Prinzip „Eigenverantwortung“ – neben dem Prinzip „Solidarität“ – entsprechender Stel­lenwert eingeräumt wird.

Es wird zum Testfall für die SPÖ werden, ob sie die Sicherheitsfragen, und zwar so­wohl was die innere als auch die äußere Sicherheit anlangt, wirklich ernst nimmt. Da werden wir Sie testen an Ihrem Stimmverhalten.

Es wird zum Testfall für die SPÖ in der Bildungspolitik werden, ob Sie weiter für Zwangsmaßnahmen im Sinne von Zwangsbeglückung eintreten – oder ob Sie Vielfalt und Freiwilligkeit wachsen lassen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wird zum Testfall für die SPÖ werden, ob sie in der Standortfrage bereit ist, wichtige Strukturänderungen wie beispielsweise die notwendige Bundesbahnreform mitzutra­gen, ob sie bereit ist, etwa in der Forschung und Entwicklung wichtige Strukturimpulse mitzutragen, am Konjunkturpaket – entgegen Ihrem bisherigen Verhalten – wirklich für die Zukunft unseres Landes mitzuarbeiten. (Ruf bei den Grünen: Ich habe gar nicht gewusst, dass die SPÖ regiert!) Wir laden Sie dazu jedenfalls ein, meine Damen und Herren von der SPÖ.


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Unser Maßstab heißt: Was dient dem Land? Und unser Maßstab heißt weiters: Was sichert die Zukunft? – Zu solchen Lösungen sind wir bereit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Glei­che Redezeit. – Bitte.

 


11.50

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass das Wort „Parlament“ von „parlare“ kommt, also von reden. Ja, Herr Bundeskanzler, Sie haben geredet – aber was Sie im Herbst machen wollen, haben Sie nicht gesagt. (Abg. Dr. Brinek: Da haben Sie nicht zugehört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und das ist eigentlich etwas dürftig für die Ankündigung, sich über die Regierungsarbeit hier erklären zu wollen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Es ist schon gut, wenn Sie mit uns auch über den EU-Konvent sprechen wollen, aber: Auch das war ein bisschen dürftig! Wenn wir über die Frage der europäischen Verfassung reden – da gibt es auch für uns Grüne viele offene und kri­tische Fragen –, dann streifen Sie doch bitte das Problem der Daseinsvorsorge, ein echtes Problem, nicht nur mit der Randbemerkung, dass sich die EU da Kompetenzen anmaßen und den Ländern und Gemeinden wegnehmen will, sondern da hätten Sie ehrlichkeitshalber dazusagen müssen, dass beispielsweise der Stabilitätspakt zwi­schen Bund und Ländern die Länder und Gemeinden jetzt schon dazu zwingt, im Be­reich der Daseinsvorsorge zu privatisieren und zu verkaufen, und zwar dort, wo es nicht sinnvoll und auch nicht notwendig wäre, gäbe es nicht diesen Stabilitätspakt, den wir dieser Bundesregierung, aber auch einer europäischen Politik zu verdanken haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bleiben wir beim EU-Konvent: Warum, Herr Bundeskanzler, hat sich die österreichische Bundesregierung im Rahmen des EU-Kon­vents nicht dafür eingesetzt, kein Wort darüber verloren, dass die Rolle der Neutralen und Bündnisfreien im Rahmen der europäischen Verfassung mit beschrieben wird? Haben wir nicht ein Neutralitätsgesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, das wir auch umzusetzen haben – und nicht nur in politischen Debatten, die diese Bundes­regierung mit sich immer wieder führt, sozusagen auf den Schutthaufen werfen sollen? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Ich schätze Ihre Diskussionsbereitschaft, ja, aber Sie portionieren sie ganz gehörig. Sie haben uns von der Opposition in der Frage der Gesundheitsre­form den Dialog angeboten. Ja, wir stehen dazu: Wir sind bereit, mit Ihnen über die großen und dringend zu lösenden Probleme des Gesundheitswesens zu reden. Und es gab auch eine offene Debatte in dieser kleinen Runde. Aber wenn dann Ihr Klubob­mann Molterer genauso wie die Gesundheitsministerin außerhalb dieses Gipfels gleich die Beitöne dazu geben und die Opposition schon wieder auf den „Teststand“ bitten wollen mit der Bemerkung: Wie schaut es denn aus – das haben Sie so gesagt – mit etwas mehr Eigenverantwortung?, dann, Herr Klubobmann Molterer, wissen wir ja, wo­her der Wind weht. (Abg. Mag. Molterer: Gesundheitsvorsorge ...!)

Daher: Mit uns von den Grünen gibt es keine Ausweitung der Selbstbehalte! Das sei Ihnen klar gesagt! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie dem in dieser noch offenen Debatte jetzt schon das Wort reden und das so­zusagen als Auflage, als „Test“ für die Opposition einziehen wollen – und das in einer Debatte, die noch gar nicht richtig begonnen hat –, dann haben Sie sich vorzuwerfen lassen, dass Sie diese Debatte, diese offene Diskussion in Wirklichkeit verhindern.


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(Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Ist Gesundheitsvorsorge keine Eigen­vorsorge?)

Herr Klubobmann Molterer, wir sollten heute hier diskutieren über Regierungsvor­haben. Und was haben Sie gemacht? Und ich wiederhole: Das ist Arroganz! Sie haben gesagt: Wir werden „Testfälle“ herstellen für die Opposition! Dazu sitzen wir nicht hier, dass wir Ihre Testobjekte darstellen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das sagen Sie andauernd!) Das ist nicht unsere Aufgabe! Wir wollen Probleme lösen, und wir verlangen von Ihnen von den Regierungsparteien, dass Sie sich auch dazu äußern, was die Probleme sind.

Ich habe aber nichts gehört etwa von Vizekanzler Haupt zur Frage der Harmonisierung der Pensionssysteme – außer, dass er diese Verantwortung an die Sozialpartner dele­giert hat. Ich habe nichts gehört von Bundeskanzler Schüssel zur Frage der Harmoni­sierung der Pensionssysteme. Ich habe nichts gehört von Bundeskanzler Schüssel und auch nichts von Vizekanzler Haupt zu der Notwendigkeit, der Jugend, den jüngeren Menschen in einem öffentlichen Pensionssystem auch eine Chance, eine Perspektive zu geben. Beide Herren hätten sich erklären können, ja müssen, wie diese Chance aussieht.

Reden wir also, wenn wir über diese Regierung reden, auch über den Katalog ihres Versagens, über diesen Katalog des Versagens, den der Bundeskanzler irgendwie breitmundig von sich gewiesen hat, indem er gesagt hat: Bei der Voest-Privatisierung alles in Butter, alles super gelaufen, nur 40 000 österreichische Aktionäre ... (Abg. Mag. Molterer: 25 000 hat er gesagt! Bleiben Sie bei der Wahrheit!) – Danke, nur 25 000 österreichische Aktionäre. Noch schlimmer! (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Wieso? Eine Verdoppelung, bitte!)

Herr Bundeskanzler! Bis vor wenigen Tagen gab es 8 Millionen ÖsterreicherInnen, die im Besitz von knapp 35 Prozent der Voest-Aktien waren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie aber haben es geschafft, aus 8 Millionen Aktienbesit­zern – natürlich treuhänderisch die Republik beziehungsweise die ÖIAG –, die Erträge aus diesem Besitz für das Gemeinwohl lukriert haben, 25 000 zu machen! Das nennen Sie einen „Erfolg“?! Das soll ein Erfolg sein?! (Staatssekretär Mag. Kukacka: Das ist ja wie in der DDR!)

Herr Bundeskanzler! Ich glaube mich daran erinnern zu können, dass Sie es waren, der vor zwei oder drei Wochen – ausgerechnet Sie, Herr Bundeskanzler, das ist schon merkwürdig – gesagt hat, 32 € für eine Voest-Aktie wäre eigentlich ein fairer und anständiger Preis. Da habe ich mir gedacht: Holla (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was haben Sie sich gedacht: holla?), ausgerechnet der Bundeskanzler, der mit seinem „Zwilling“, dem Finanzminister, immer davon gesprochen hat, die Politik muss die Hände davon weggeben, darf sich nicht in solche Vorgänge einmischen, ausgerechnet also der Bun­deskanzler macht eine Vorgabe an die Adresse ÖIAG, natürlich so ins Blaue hinein, 32 € hiefür wären eigentlich sehr schön. Wissen Sie, dass das einer der massivsten Eingriffe von Seiten der Politik in den Privatisierungsvorgang war!? – Und das ausge­rechnet von Ihrer Seite, der Sie immer sagen: Hände weg von einem Wirtschaftsunter­nehmen! Hier in der Debatte haben Sie jedoch die Opposition dafür verantwortlich gemacht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich hätte mir auch etwas erwartet – vielleicht kommt das dann noch von Herrn Scheib­ner; der erwartet sich sicherlich auch Ansagen von der Bundesregierung, die jedoch nicht gekommen sind – in Sachen Steuerreform. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Haben Sie sich wieder „holla“ gedacht ...?) Frau Abgeordnete Partik-Pablé, wo ist denn der „Mus­kel“ der Freiheitlichen Partei in der Frage der Steuerreform? Wo sind Sie denn? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Wo ist denn der Vizekanzler, der


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schon seit Monaten einen Anlauf nach dem anderen nimmt – und immer wieder hinfällt in der Frage der Steuerreform?! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja sexistisch, wie Sie reden ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erwarten uns hier Vorstellungen und Vorschläge; diese sind jedoch nicht gekommen.

Auch in der Frage der Beschäftigung hätte ich mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine klarere Ansage erwartet, etwas mehr, als nur darauf hinzuweisen: Uns in Österreich geht es im internationalen Vergleich immer noch ganz gut! Seit über einem Jahr hören wir von dem Minister, der verantwortlich ist für Arbeit und Wirtschaft, von Herrn Minister Bartenstein, monatlich Kommentare über die Entwicklung der Arbeits­losigkeit beziehungsweise der Beschäftigung, die an Zynismus nicht mehr zu über­bieten sind.

Im Jänner 2001 hat etwa Bundesminister Bartenstein bei einem Anstieg um 31 000 Ar­beitslosen gesagt, es gebe einen deutlichen Rückgang bei der durchschnittlichen Ver­weildauer in der Arbeitslosigkeit. Im Mai 2002 erklärt der Bundesminister bei 40 000 Ar­beitslosen mehr gegenüber dem Vorjahr: International eine günstige Position; im Ju­ni 2002 – 33 000 Arbeitslose mehr –: Zunahme deutlich abgeschwächt; im Juli 2002 – 28 000 Arbeitslose mehr gegenüber dem Vorjahr –: Zunahme erneut abgeschwächt; im August 2002 – 27 000 Arbeitslose mehr gegenüber dem Vorjahr: Zuwachs weiter ab­geschwächt; im September 2002 – 28 000 Arbeitslose mehr –: drittbeste Arbeitslosen­quote der EU. Und so geht es weiter bis zu den über 200 000 Arbeitslosen, die wir jetzt haben, und angesichts derer Sie sich hinstellen und sagen: International sind wir noch relativ gut! – Das hilft den 200 000 Arbeitslosen aber nichts!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sind gefordert, aber nicht nur, sich hier hinzustellen und mit dem Ausdruck des Bedauerns zu sagen: Ja, wir wissen, jeder Arbeitslose ist einer zu viel. Machen Sie etwas! (Abg. Großruck: Wir machen ja etwas, sonst hätten wir viel mehr Arbeitslose! Siehe Deutschland!)

Wo sind die Programme der Bundesregierung gegen Jugendarbeitslosigkeit? Wo sind die Programme, in denen nicht nur vollmundig gesagt wird, dass kein Jugendlicher ohne Beschäftigung, ohne Ausbildung bleiben werde, sondern die den Jugendlichen auch nach der Ausbildung leichter eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten, und zwar durch den Einstieg in arbeitsmarktpolitische Programme und Hilfen, die über das hin­ausgehen, was Sie derzeit anzubieten haben? – Nichts haben wir gehört. Doch da wären, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antworten dringend notwendig. (Beifall bei den Grünen.)

Ich nehme nur einen Punkt heraus: Kinderbetreuung. – Ja, 10 000 Plätze wird es mehr geben, hat die Frau Bundesministerin gesagt. Gut! Sie werden heute noch die Möglich­keit haben, über diese 10 000 Kinderbetreuungsplätze abzustimmen. Wir werden sie einfordern. (Abg. Scheibner: Das dürfen Sie jetzt nicht sagen! Das haben Sie vorhin kritisiert, dass wir das so machen mit Nagelprobe und so!) Aber interessant ist doch auch die Begleitmusik, die es dazu spielt (Abg. Scheibner: Testfälle haben wir keine!): Nicht nur die des Herrn Innenminister Strasser, der da von Vandalismus auf den Straßen spricht, wenn die Ganztagsbetreuung ausgebaut wird, sondern interessanter­weise auch von einem Landeshauptmann Herwig van Staa, der angesichts der Forde­rung nach einem Ausbau der Nachmittagsbetreuung gleich dazu übergeht, die Frauen, die das einfordern, aufs Wüsteste zu beschimpfen. (Abg. Mag. Wurm: Das kennen wir ja!)

„Dass ein paar Mütter“ – ich zitiere aus dem „profil“ – „den häufigen Personalwechsel bei der Nachmittagsbetreuung im Kindergarten kritisiert haben, versteht Van Staa schon überhaupt nicht. Die sich darüber aufregen, sind die Gleichen, die ihren Kindern


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jeden Tag einen anderen Papa zumuten.“ (Abg. Mag. Wurm: Bravo! Was sagt die ÖVP-Fraktion dazu? Was sagen die Frauen der ÖVP dazu?)

Na, danke schön! Wenn das die Begleitmusik ist, die Mitglieder dieser Koalitionspar­teien angesichts der berechtigte Sorge und des berechtigten Begehrens nach dem Ausbau von Kinderbetreuung anzubieten haben, dass nämlich die Mütter beschimpft werden, dass die Jugendlichen beschimpft werden, dann sage ich, das ist offensicht­lich (Abg. Dr. Partik-Pablé: Holler!) eine Politik, wie sie nur der ÖVP eigen ist in dieser Bundesregierung. (Abg. Mag. Wurm: Was sagen die ÖVP-Frauen zu so einer Aus­sage? Sie schweigen!) Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass Sie das Anliegen dieser Frauen und auch der Jugendlichen ernst nehmen.

Bleiben wir doch bei der Bildung. Die Bundesregierung klopft sich ja immer wieder selbst auf die Schulter und verkündet, was sie nicht alles geleistet hat: Wir haben Notstand auf den Universitäten! Wir haben aber auch – und das wissen Sie ebenfalls ganz genau! – im Bereich der Bildung, in den Schulen nicht die Chancengleichheit, von der Sie immer wieder reden. Im Gegenteil! Wir haben nach wie vor – und das bewei­sen alle internationalen und nationalen Studien gleichermaßen – große Defizite im Bereich der Chancengleichheit. Hätten Sie etwas vorgelegt! Stattdessen sagt Frau Bundesministerin Gehrer, über Chancengleichheit werde im Rahmen der Zukunftskom­mission nicht gesprochen. Ja, wo wird denn dann über Chancengleichheit an den Schulen gesprochen? Das ist ein wirklich dringendes Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich hätte mir auch gewünscht, dass der Herr Staatssekretär oder auch der Herr Bun­desminister eine politische Debatte zum Bereich Verkehr nicht nur mit Aussagen über den Abbau von 10 000 oder 12 000 ÖBB-Bediensteten führt, sondern ich hätte mir ge­wünscht, dass wir eine Debatte über den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, und zwar in dem Sinn führen, dass die Bundesregierung mit dem ÖBB-Vorstand aushandelt, wie viele Millionen Tonnage auf die Schiene kommen, wie viele Millionen Personenkilo­meter auf die Schiene kommen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Das wäre eine Ansage und ein Programm gewesen, das einer Bundesregierung, die sich auf die Schulter klopft und nichts außer Gratulation für sich und gegenseitig hat, würdig gewesen wäre! Aber dazu sind Sie nicht in der Lage. Schönreden allein nützt nichts! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


12.05

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kollege Öllinger, Ihre Fraktion hat sich ja sehr vehement gegen diese Debatte heute hier ausgesprochen. (Abg. Öllinger: Zu einem späteren Zeit­punkt!) – Ja, in der Nacht, da niemand zuhört und niemand sieht, dass Sie in Wirklich­keit überhaupt keine Konzepte für die Zukunft dieses Landes haben und nicht einmal zuhören können, Herr Kollege Öllinger. Wenn Sie nämlich sagen, es ist von der Bun­desregierung nichts gekommen, dann haben Sie entweder ein selektives Wahrneh­mungsvermögen (Abg. Dr. Jarolim: Na, geh!) oder Sie waren nicht aufmerksam, denn es sind in den wichtigen Kernbereichen – vor allem der Zukunft des Landes und seiner Bevölkerung – die Konzepte präsentiert worden. (Abg. Öllinger: Wo denn? – Abg. Dr. Jarolim: Das kann man ja nicht als Konzepte bezeichnen!) An Ihnen und an uns liegt es jetzt, darüber zu diskutieren und zu schauen, dass sie so rasch wie möglich umgesetzt werden. Und wir klopfen uns nicht auf die Schulter, Herr Kollege Öllinger, sondern wir krempeln die Ärmel auf und packen es an. Das würde auch Ihnen gut an-


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stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Sie fallen wieder um!)

Meine Damen und Herren! Es ist notwendig, die Weichenstellungen jetzt zu treffen, vor allem in einer Zeit, da wir wissen, dass wir durch die Konjunktur im Bereich des Ar­beitsmarktes, im Bereich der Wirtschaft schwierige Zeiten haben, da wir aber hoffen – und alle Expertenaussagen und Prognosen zeigen in diese Richtung –, dass ab dem nächsten Jahr ein Konjunkturaufschwung erzielt werden kann. (Abg. Dr. Jarolim: Kann!) – Kann, natürlich, Herr Kollege, kann. Es wäre jetzt unsere und auch Ihre Auf­gabe – Sie sind ja als Anwalt auch in der Wirtschaft tätig –, dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft diesen Konjunkturaufschwung wirklich erleben kann (Abg. Dr. Jarolim: Das geht halt leider nicht mit Ihren Konzepten!), dass wir die Kaufkraft der Bevölkerung stei­gern (Abg. Mag. Wurm: Steuerreform!), um so diese Hoffnung auch Realität werden zu lassen, meine Damen und Herren. Wir stehen dazu, dass wir das jetzt machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Bundesregierung hat auch in der Vergangenheit dafür gesorgt – der Herr Bundes­kanzler hat es gesagt, und ich hoffe, Sie haben zugehört –, nämlich durch die Konjunk­turpakete der letzten beiden Jahre, dass verhindert wird, dass Österreich in die Rezes­sion schlittert. Jetzt wird es notwendig sein, durch ein neues Konjunkturpaket und durch eine möglichst rasche steuerliche Entlastung der Bürger diese Hoffnung auf einen Konjunkturaufschwung entsprechend zu realisieren.

Meine Damen und Herren! Wir haben ja bereits ein Steuersenkungspaket für 2004 beschlossen. Sie von der Opposition, von SPÖ und Grünen, haben leider dagegen gestimmt. Sie haben dagegen gestimmt, dass alle Einkommen bis 1 000 € monatlich in Zukunft steuerfrei gestellt werden. Sie haben dagegen gestimmt, dass vor allem für kleinere und mittlere Betriebe der nicht entnommene Gewinn steuerlich entlastet wird und damit Investitionsanreize gesetzt werden. Sie haben dagegen gestimmt, dass dieser Unsinn, den Ihr Finanzminister Edlinger eingeführt hat, abgeschafft wird, dass für die Wirtschaft das Jahr nicht 12, sondern 13 Monate hat, zumindest wenn es darum geht, Steuern zu zahlen.

Wir sind darüber hinaus in der Koalition übereingekommen, dass wir 2005 mit einer umfassenden Tarifreform die größte steuerliche Entlastung der letzten Jahrzehnte für die Bürger umsetzen werden. Das ist beschlossen, und das wird auch umgesetzt. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt geht es darum, als Parlamentarier mit der Bundesregierung in einen Diskurs ein­zutreten. Aber, meine Damen und Herren, weil wir sehen, dass die Konjunktur ansprin­gen könnte, wird es für uns auch notwendig sein, flexibel zu sein (Abg. Öllinger: Wie winden Sie sich da wieder heraus?) und uns genau anzusehen, welche der Maßnah­men, die wir erst mit 2005 einsetzen wollten, wir vorziehen können, sodass wir zu diesem schon beschlossenen Steuersenkungspaket 2004 noch zusätzliche kaufkraft­fördernde Maßnahmen einsetzen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das wird die Diskussion der nächsten Wochen sein müssen. Wir müssen zeigen, dass wir hier flexibel sind und im Interesse der Steuerzahler, im Interesse der Wirtschaft konjunkturbelebende Maßnahmen setzen werden. (Abg. Öllinger: Da kommen Sie irgendwie heraus! Sie suchen sicher wieder einen Ausweg!) – Sie schütteln den Kopf, Sie sind auch da wieder dagegen. Wunderbar! Hier reden, ankündigen, aber wenn es dann darum geht, wirklich etwas für die Bevölkerung zu tun, dann wissen wir nichts mehr davon.

Meine Damen und Herren! Wir haben unsere Klausurtagung als Parlamentarier in Gosau genützt, um konkrete ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Da war es sicher sehr schön!) – Das war wunderbar. Es war wunderbar, in dieser schönen Heimat Österreich


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herauszugehen aus dem Parlament, Herr Kollege Gusenbauer. Das würde Ihnen auch ganz gut anstehen, dort die Kraft zu schöpfen und die Inhalte für die künftige Arbeit zu erarbeiten. (Abg. Dr. Bleckmann: Er war in Italien!) Wir haben diese Maßnahmen auch ganz konkret ausgearbeitet, soweit möglich. (Abg. Öllinger: Da ist wenig übrig geblie­ben! Die Kraft ist schon verbraucht!) Und wir werden das auch umsetzen, meine Damen und Herren, gemeinsam mit dem Koalitionspartner! Da können Sie sicher sein.

Wir werden auch familienfördernde Maßnahmen setzen, weil wir glauben, dass gerade die Familien jene sind, die unsere Hilfe am stärksten benötigen.

Meine Damen und Herren! Auch wenn es darum geht – Sie haben das eingemahnt –, Pensions- und Krankenvorsorge zu sichern, kündigen Sie zwar hier an, dass das notwendig ist (Abg. Mag. Wurm: Aber nicht so, wie Sie das jetzt machen!), aber in der Praxis sind Sie immer dagegen, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten und von den Grünen. Sie agieren dann mit der Angst der Bevölkerung, mit der be­rechtigten Angst (Abg. Mag. Wurm: Jawohl, berechtigt!), dass in Zukunft, in 20, 30 Jahren, die Pensionen vielleicht nicht mehr gesichert sein könnten, das Gesund­heitssystem vielleicht nicht mehr finanziert werden kann. (Abg. Dr. Jarolim: Ja, diese Angst ist berechtigt!)

Gerade deshalb aber hat sich die Bundesregierung entschlossen, sowohl Maßnahmen bei der Pensionsfürsorge und bei der Pensionssicherung einzuleiten – das erste Paket zur Sicherung der Pensionen ist beschlossen – als auch im Gesundheitsbereich zu­kunftsweisende Maßnahmen zu setzen.

Und wenn Sie vor Selbstbehalten warnen, meine Damen und Herren, dann frage ich mich: Was ist unsozial an dem Modell, das wir Freiheitliche für die Sanierung des Ge­sundheitswesens vorschlagen? Wir schlagen vor, dasselbe System einzuführen, das seit vielen Jahren und Jahrzehnten bei den ÖBB offensichtlich – da werden Sie mir wohl Recht geben – sinnvoll funktioniert. Was ist unsozial an einem System, das Sie selbst den Österreichischen Bundesbahnen und deren Versicherten im Krankenbereich gegeben haben? (Abg. Dr. Jarolim: Selbst Staatssekretär Finz lächelt über das, was Sie da sagen! Das ist ja ein Wahnsinn!) Wenn das unsozial ist, dann müssen Sie sich selbst an der Nase nehmen.

Wir glauben, dass das ein taugliches System für alle Österreicher im Krankenversiche­rungsbereich ist. Das wird unser Modell für die Zukunft sein! Hören Sie auf mit Ihren Angstparolen, und sorgen Sie dafür, dass wir das auch rasch beschließen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Harmonisierung der Pensionssysteme. – Ja, meine Damen und Herren, da warten wir wirklich darauf, ob auch Sie – alle anderen auch, aber Sie ebenfalls – Ihre Partikular­interessen, Ihre Standesinteressen in die zweite Reihe stellen und wirklich dafür sor­gen werden, dass es ab dem nächsten Jahr nur mehr ein einheitliches Pensionssystem für alle Erwerbstätigen gibt, ohne Privilegien, ohne ungerechtfertigte Privilegien, also Sonderrechte nur dort, wo sie wirklich gerechtfertigt sind, etwa im Schwerarbeiterbe­reich oder in besonders belasteten Bereichen wie etwa im Exekutivaußendienst.

Das wären die Konzepte, und auf die müssen wir uns als Parlamentarier auch ein­stellen.

Wir haben darauf gedrungen – auch das werden wir umsetzen –, dass das Parlament in diese Harmonisierungsdiskussion eingebunden ist und dass wir nicht erst dann über die Vorlage diskutieren, wenn sie fix und fertig in der Bundesregierung beschlossen wird.

Das ist die Handschrift und die neue Art zu regieren, die Sie nicht zur Kenntnis nehmen können. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Frau Kollegin Silhavy, wie Sie Ihr soziales


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Gewissen definieren, das wissen wir ja, und zwar nicht erst jetzt, angesichts der Art, wie Sie in Wien mit diesem Pflegeskandal in Lainz umgehen. Da sagt die zuständige Stadträtin Pittermann, es werde alles aufgebauscht, da beschimpft der Bürgermeister eine Abgeordnete, weil sie das aufgezeigt hat, da gibt es keine Konsequenzen, obwohl diese Vorwürfe, dass man diesen Menschen wirklich die Würde genommen hat, seit Jahren immer wieder vorgebracht worden sind. Es hat keine Reaktion darauf gegeben!

Aber wir wissen das nicht erst seit diesem Skandal, meine Damen und Herren, denn wir wissen, was Sie gemacht haben, als Sie in der Bundesregierung waren und verant­wortlich für diesen Bereich gewesen sind. Sie haben beim harmlos klingenden Struk­turanpassungsgesetz 1996 den Pensionisten null Erhöhung gegeben, also eine reale Kürzung verordnet, Sie haben das Pflegegeld von 2 600 S auf 2 000 S gekürzt, und Sie haben bei der Heimunterbringung das Taschengeld jener Menschen, über die wir heute auch diskutieren, etwa jenen in Lainz, von damals 1 100 S auf 560 S gekürzt.

Das ist Ihre Sozialpolitik, meine Damen und Herren! Aber Sie werden von uns nicht erleben, dass wir da irgendeine Zustimmung geben oder dass wir uns von Ihnen irgendwelche Ratschläge geben lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Wenn dann Ihr Landeshauptmann-Stellvertreter Haider in Oberösterreich einen Pen­sionistenbrief schickt, in dem er schreibt, dass die Pensionen gekürzt werden, dass die Kinder und Enkelkinder um ihre Pension zittern müssen, dass Selbstbehalte beim Arzt und im Spital ab dem übernächsten Jahr Krankheit unfinanzierbar machen, dann ist das Angstmache auf dem Rücken der Pensionisten, meine Damen und Herren, und unverantwortlich! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir machen keine Angst, sondern wir machen Reformen zum Wohle dieser Bevölke­rung. Das sollten Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Thema Voest, meine Damen und Herren! Übrigens, Herr Kollege Gusenbauer, wenn Sie die „Kronen Zeitung“ für Ihre Argumentation hernehmen, wonach bei der Voest-Privatisierung etwas falsch gelaufen sei, dann gibt es auch diese Schlagzeile (der Redner hält eine Zeitung in die Höhe), dass die Voest österreichisch bleibt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Man sieht also, Schlagzeilen in Zeitungen sind manchmal so wie Politikerreden, zumindest jene der Opposition: Sie sind rasch wandelbar, Herr Abgeordneter! (Anhaltende Zwischenrufe.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Das gilt nicht der Rede­zeit, sondern dem Lautstärkepegel im Plenum!

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Die Realität zeigt sich in etwa in der Entwicklung der Aktienkurse. Der Kurs der Voest-Aktie ist, als über die Privatisierung konstruktiv gesprochen wurde, stark angestiegen. Er war dann auf einem sehr hohen Niveau, nämlich auf über 36 €. Aber Anfang September, als Sie in Oberösterreich „zu­fälligerweise“ dieses Paradeunternehmen und die Zukunftsängste der Voest-Arbeiter zu Ihrem Wahlkampfthema gemacht haben – bis hin zu Streikdrohungen –, ist der Kurs rapid gefallen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Falsch! Sie haben das zum Wahlkampfthema gemacht! Das ist das Problem!) Das ist in Wirklichkeit die Verantwortung, die Sie für den Kurs der Voest-Aktie zu tragen haben. Unterstellen Sie das nicht der Bundesregierung!

Deshalb sage ich: Die Voest-Privatisierung ist in Ordnung, gut und richtig. Der Zeit­punkt war der falsche, und zwar deshalb, weil man wissen hätte müssen, dass es in einem Wahlkampf Parteien gibt (Abg. Dr. Jarolim: Das müssen Sie aber dem Herrn Bundeskanzler sagen! Sagen Sie das dem Kanzler!), die nicht an den Staat denken,


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die nicht an die Arbeiter denken, die nicht an den Betrieb denken, sondern an ihren Wahlkampf und deshalb polemisieren, weshalb es einen Schaden für dieses Unterneh­men geben könnte. Deshalb war der Zeitpunkt wahrscheinlich der falsche, aber auch das ist Ihre Verantwortung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja unglaublich! Sagen Sie das dem Bundeskanzler! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zum Punkt Sicherheit, einem ganz wichtigen Thema. Das ist nicht ein Thema der Vergangenheit, sondern das ist ein Thema der Gegenwart und der Zukunft. Es gibt steigende Kriminalitätszahlen und noch immer einen großen Asyl­missbrauch, meine Damen und Herren. Wir sind dafür, dass den wirklich politisch Ver­folgten Unterstützung gegeben wird, aber wenn wir Asylanträge von Menschen aus Deutschland, der Schweiz, Ungarn und ähnlichen Staaten haben, die dann auch noch das Recht auf ein Asylverfahren haben, dann wissen wir, dass das neue Asylgesetz dringend notwendig ist, damit diesem Missbrauch ein Riegel vorgeschoben wird, damit die Dauer verkürzt wird, damit auch garantiert werden kann, dass die wirklich politisch Verfolgten Unterstützung bekommen, aber der Missbrauch hintangehalten wird. (Abg. Mag. Wurm: Ja, aber was hat Strasser vorgelegt? Der Entwurf ist schlecht!)

Meine Damen und Herren! Drogenbekämpfung: Ich würde mir erwarten, dass Sie jetzt endlich gegen diese Verharmlosung zu Felde ziehen. Wir brauchen keine Entkriminali­sierung und auch keine Haschtrafiken, sondern Hilfe für die Süchtigen und volle Härte gegen die Drogendealer, die die Zukunft unserer Kinder zerstören, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler! Wir sind sehr dankbar, dass es in puncto Europäische Union das Ziel ist, in erster Linie unsere Interessen, Österreichs Interes­sen in Europa und gegenüber der Europäischen Union durchzusetzen und nicht umge­kehrt. Wenn dann von Seiten der Opposition nur „blabla“ kommt, sobald darüber gere­det wird, dass wir unsere Wasserressourcen sichern wollen und wir keine Zustimmung zur Aufweichung dieser Bereiche geben können, dann weiß ich auch nicht, welche Art und welches Verständnis von Politik Sie haben.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir als Abgeordnete tun gut daran, dieses Pro­gramm der Bundesregierung für den Herbst zu unterstützen, aktiv zu unterstützen, dort aber, wo es notwendig ist, Impulse zu geben, damit der richtige Weg eingeschlagen wird. Wir sollten alles daransetzen, dass eine Politik der Angstmache und der Verun­sicherung, wie sie von Ihnen, von der Opposition, betrieben wird, verhindert wird. Dafür stehen wir auch in Zukunft, meine Damen und Herren.

Ganz zum Schluss hat der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter in seinem Brief richtig gesagt: „Sie haben in Ihrem Leben schon viel geleistet“ –

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege, die Redezeit, bitte!

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): – das ist mein letzter Satz – „... und einen vorbildhaften Sozialstaat geschaffen.“ Er hat diesen Brief an die Staatssekretärin Ursula Haubner gerichtet. Und da gebe ich ihm Recht, und das wird sie auch in Zukunft so halten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben, wie Sie mit einem Blick auf die Uhr feststel­len können, noch 40 Minuten bis 13 Uhr. Wir könnten das in 4 mal 8 plus 4 mal 2 oder 4 mal 7 plus dann voraussichtlich 4 mal 3 Minuten einteilen.

Ich denke, die zweite Variante ist die Bessere. – Die Fraktionen sind damit einverstan­den. Die nächsten Vier reden also möglichst exakt 7 Minuten. Ich kann dann jedenfalls nichts dafür, wenn die 4 mal 3 Minuten nicht wirklich 4 mal 3 Minuten sind.


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Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Cap. 7 Minuten Redezeit.

 


12.20

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Es ist festzustellen, dass die Stellungnahmen der beiden Kanzler, Bundeskanzler und Vizekanzler, enttäuschend waren. Wir haben uns heute wirklich anderes erwartet. Ich sage Ihnen: Gott sei Dank hat Erich Haider diesen Brief an die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher geschrieben. Er hat darin im Gegensatz zu Landeshauptmann Pühringer endlich reinen Wein einge­schenkt. Natürlich kommt es zu Pensionskürzungen! Das ist doch die Wahrheit, man muss doch endlich einmal die Wahrheit sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt, dass wir heute im Wirtschaftsteil der „Oberösterreichischen Nachrichten“ lesen können, dass dem AMS, dem Arbeitsmarktservice 2004 Bundesgeld für die Jugendausbildung fehlt. Eine Kürzung von 15 Millionen €! Das nennen Sie Beschäf­tigungspolitik, meine Damen und Herren von der Bundesregierung? Das trifft viele Jugendliche in Oberösterreich direkt, die eine Arbeit brauchen, die eine Ausbildung brauchen. Landeshauptmann Pühringer hätte in einem Brief zugestehen sollen, dass er sich in Wien nicht durchgesetzt hat. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

Und dann gibt es noch die Auseinandersetzung um den Verkauf der voestalpine. Der Aktienpreis, zu dem die voestalpine verscherbelt wurde, betrug 32,50 €. Dr. Gusen­bauer hat völlig zu Recht aufgezeigt, dass ein Großteil davon billig ins Ausland gegan­gen ist. Ich sage Ihnen: Privatisierung ist Privatisierung! Es wird einmal der Tag kommen, an dem jemand für die Aktien mehr bezahlt, und dann ist dieses Unterneh­men nicht mehr in österreichischer Hand. Und irgendwann einmal ist dann vielleicht nicht einmal mehr der Standort Linz gesichert. Das ist das, was diese Bundesregierung zu verantworten hat. Und Landeshauptmann Pühringer hat sich wieder nicht durchge­setzt! Das ist das Ergebnis. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Bedauerlich genug, dass Sie sich weigern, die Steuerreform vorzuziehen. Aber uns vorzuwerfen, dass wir bei diesem den Österreicherinnen und Österreichern Sand-in-die-Augen-Streuen nicht mitgemacht haben, als Sie eine „Steuererleichterung“ – 4 € pro Kopf und Jahr! – beschlossen haben, das ist doch ein Frotzeln der Österreicherin­nen und Österreicher. (Abg. Scheibner: 400!) Das muss ich Ihnen schon sagen. Bei dem Unsinn, den Sie eingebracht haben, kann man doch nicht mitstimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, dass wir in Österreich ein schwaches Wachstum, eine schlechte Beschäf­tigungsentwicklung, die höchste Arbeitslosenrate, dass wir, was die Investitionen, vor allem die öffentlichen betrifft, die rote Laterne haben, ist schon tragisch genug. Aber wenn jetzt Minister Bartenstein auch noch auf europäischer Ebene bei einer Konferenz der Wirtschaftsminister nicht einmal das Bestreben anderer großer EU-Mitgliedsländer unterstützt, dass es zu einer Investitionsoffensive kommt, damit endlich die euro­päische Wirtschaft angekurbelt wird, dann ist das ein Skandal! Was hätte das bedeu­tet? – Das hätte bedeutet, dass es zum Beispiel EU-Gelder für den Ausbau des Bren­ner-Basistunnels, den die Tirolerinnen und Tiroler so dringend brauchen, geben würde. Es ist Ihnen also gleichgültig, wie es mit dem Transit steht, wie es beim Verkehr geht und ob es einen Tunnel gibt. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Das hätten die beiden Kanzler hier sagen können. Die haben sich aber nur in wolkigen Formulierungen verloren und zu konkreten Fragen keine Stellungnahme abgegeben.

Nächster Punkt: Machen Sie endlich Ordnung in den Ministerbüros! Der Prüfbericht des Rechnungshofs hat nachgewiesen, dass Sie Steuergelder verschwenden – ohne Ende, dass es einen Missbrauch der Leihverträge gibt. Da geschieht nichts! Wieso ge­schieht da nichts? Ist es Ihnen gleichgültig, dass dort Gelder verschwendet werden?


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Den Österreicherinnen und Österreichern etwas wegnehmen, aber Sie selber vergeu­den es dann in den Ministerbüros: Das muss ein Ende finden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich habe mir erwartet, dass der Herr Bundeskanzler, viel­leicht auch der Herr Vizekanzler heute sagt: Jawohl, wir haben den Bericht des deut­schen Bundesrechnungshofs über die Produktion der Eurofighter auch studiert. Aber natürlich wurde das nicht erwähnt. Es wäre jedoch zumindest ratsam gewesen, wenn das gemacht worden wäre. Wenn der Herr Verteidigungsminister zum Beispiel ankün­digt, dass die Betriebskosten pro Jahr unter 50 Millionen € ausmachen werden, und es stellt sich dann heraus, dass sie wahrscheinlich bis zu 100 Millionen € betragen, und wenn der gleiche Verteidigungsminister behauptet, es mache nichts, dass die Flug­zeuge in Österreich gar nicht erprobt worden seien, und sich auf die Hersteller beruft, denen gerade nachgewiesen wurde, dass das Flugzeug überhaupt nur zu sechs Pro­zent akzeptiert ist, wenn sich also herausstellt, dass er uns hier anscheinend die Un­wahrheit gesagt hat, weil die Betriebskosten an die 100 Millionen € betragen werden, dann muss ich sagen: Da stimmt etwas nicht. (Abg. Scheibner: Wo steht das?) Daher gehört endlich ein Untersuchungsausschuss her, der Licht in das Eurofighter-Dunkel hineinbringt, das in Wahrheit herrscht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Deutschen müssen jetzt weiter mit den alten MIG 29 der Russen fliegen, weil die Eurofighter gar nicht einsatzbereit sind, weil es – wie der Bundesrechnungshof richtig schreibt – zu einer Verschiebung der Auftragsvergabe der zweiten Fertigungslose kommt. Das heißt, sie können die Eurofighter gar nicht nach Österreich liefern! Sie sind gar nicht flugfähig! Die Bordkanone, auf die Sie so stolz waren, ist gar nicht funktions­fähig! Das Flugzeug darf keine Munition mitschleppen, es darf in Wirklichkeit nur bei Temperaturen von über 5 Grad Celsius starten und darf sich nicht weiter als 20 Minu­ten vom Flughafen entfernen. Der Rechnungshof stellt schlicht und einfach fest, dass die Flugzeuge nicht einsatzfähig sind.

Erklären Sie bitte den Österreicherinnen und Österreichern, dass Sie um 2 Milliarden € ein Flugzeug kaufen, das nicht flugfähig ist, bei dem die Betriebskosten explodieren, das für die Piloten und die Bevölkerung gefährlich ist. Ihnen werden die Eurofighter auf den Kopf fliegen, das wird das Ergebnis sein! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher kann ich nur sagen: Wie lange noch, Herr Bundeskanzler, wollen Sie die Geduld der Österreicherinnen und Österreicher und vor allem Ihrer Wähler noch missbrau­chen? Wie lange noch?

Ich meine, am Sonntag ist der Tag, um ein Zeichen zu setzen, dass es so nicht weiter­gehen kann. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Das war jetzt frei nach Cicero!)

12.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult be­gebenden Abg. Großruck –: Jetzt kommt das Dichterbüro!)

 


12.27

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Sehr geehrte Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseher auf den Rängen und zuhause vor den Fernsehschirmen! Nachdem das „Kabarett Simpl“ in der Person des Herrn Kollegen Cap jetzt wieder eine Talentprobe abgelegt hat, möchte ich wieder zur Tagesordnung zurückkehren. Zu Ihnen, Herr Cap: Wenn Sie die Voest-Pri­vatisierung kritisieren, dann müssen Sie auch Ihren Vorzeige- und Paradeunternehmer


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Hannes Androsch kritisieren, denn er war es, der zusammen mit Ludwig Scharinger in Oberösterreich eine Oberösterreich-Lösung zusammengebracht hat, wonach Ober­österreich, die Betriebe dort, Kernaktionär ist und die voestalpine im Sinne der Privati­sierung ein oberösterreichischer Betrieb geblieben ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Glauben Sie diesen Unsinn?)

Das müssen Sie mit Ihrem Kollegen Androsch ausmachen, und vielleicht fragen Sie ihn, wie er das gemacht hat und wie seine Sicht ist. Vielleicht kommen Sie dadurch zu einer Meinungsänderung.

Meine Damen und Herren! Bundeskanzler Dr. Schüssel und Vizekanzler Haupt haben heute eine Reihe von Offensiven angekündigt: Bildungsoffensiven, Ausbildungsoffensi­ven, Wirtschaftsoffensiven und Sicherheitsoffensiven. (Abg. Öllinger: Wo sind denn eigentlich der Bundeskanzler und der Vizekanzler?) Es geht auch darum, die Heraus­forderungen der demographischen Entwicklung zu bewältigen und eine Diskussion über das Gesundheitssystem zu führen. Diese Aufgaben werden im Herbst auf uns zu­kommen, und wir werden sie, wie auch die anderen Probleme, die diese Bundesregie­rung bereits gelöst hat, entsprechend diskutieren und dann im Sinne der Bevölkerung entscheiden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Gusenbauer, dass Ihre Hetzkampagnen, dass Ihre Verunsicherungen nichts genützt haben, das hätten Sie spätestens seit den letzten Wahlen wissen müssen. In jeder Wortmeldung – ich habe vor allem noch die Worte von Frau Bures in den Ohren – haben Sie die soziale Kälte, die Grauslichkeiten der Regierung angeprangert. Wissen Sie, was der Wähler gemacht hat? Er hat die Quittung präsentiert, indem er diese Regierung bestätigt hat, indem er ihr einen neuen Auftrag zu regieren gegeben hat, weil die Bürgerinnen und Bürger viel gescheiter sind als Sie. Die wissen, dass Reformen notwendig sind und gemacht werden müssen, um den Sozialstaat Österreich abzusichern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Beispiel, wie es geht, und der Herr Bundeskanzler hat es auch angeführt, ist Ober­österreich. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Gusenbauer.) – Lassen wir die Zahlen sprechen, Herr Gusenbauer, nicht lachen, sondern die Zahlen sprechen lassen! Natür­lich können Sie lachen, wenn Sie wollen, aber so lächerlich ist das nicht. Ich erwarte mir vielmehr Ihren Beifall, meine Damen und Herren.

In den „Salzburger Nachrichten“ vom 23. September – das ist nicht etwa das „Linzer Volksblatt“, von dem Sie sagen könnten, das wäre eine Zeitung, die uns nahe steht – heißt es unter dem Titel: „OÖ: Arbeitsland Nr. 1“: „... Starke Wirtschaft schafft Arbeit. ... So stieg die Zahl der Unternehmen im Jahr 2002 auf insgesamt 61 735. Gegenüber dem Jahr 1995 gibt es ... somit um 14 328 Betriebe mehr.“

Das ist eine Politik mit der Handschrift der ÖVP! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Mag. Wurm: Lesen Sie das Inserat vor?)

Weiters heißt es darin: Oberösterreich sei ein attraktiver Wirtschaftsstandort. „4 000 oberösterreichische Exportbetriebe erreichten ein Exportvolumen von 19,3 Milliarden €“ oder 25 Prozent des gesamten österreichischen Exports. – Das sind Zahlen, meine Damen und Herren, die wir sprechen lassen, bevor wir beginnen, zu kritisieren.

Oder schauen wir uns die Arbeitslosenrate in Tirol an, die, wie übrigens auch in Ober­österreich – in beiden Bundesländern gibt es ÖVP-Landeshauptleute –, ganz hervorra­gend ist. Wir haben faktisch Vollbeschäftigung. Unsere Arbeitslosenzahlen sinken, während sie in Wien steigen. (Abg. Mag. Wurm: Haben Sie auch die Zahlen zur Frauenbeschäftigung? – Anhaltende Zwischenrufe und Unruhe bei der SPÖ. – Präsi­dent Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) 9 Prozent in Wien, 3,5 Prozent in Ober­österreich: Das sind Zahlen, die sich sehen lassen können. (Beifall bei der ÖVP und


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den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Von wann sind diese Zahlen? Was sind die genauen Zahlen?)

Ja, ich habe sie, wenn Sie es wollen: 3,5 Prozent im Juni 2003, 8,9 Prozent im roten Wien, also mehr als das Doppelte. Jugendarbeitslosigkeit: in Oberösterreich 5 Prozent der Gesamtarbeitslosigkeit, in Wien 9,3 Prozent. Langzeitarbeitslose: in Oberösterreich 0,4 Prozent, im Österreichschnitt 5,5 Prozent. – Das sind Zahlen, die das Arbeitsmarkt­service herausgibt; sie sind nicht von mir.

Die Pro-Kopf-Verschuldung in Oberösterreich beträgt 0,0 Prozent, in Wien sind es 855 € pro Person. Das sind Zahlen! Angesichts dessen wundert es einen nicht mehr, meine Damen und Herren, dass die SPÖ einen Wahlkampf führt, der unter der Gürtel­linie ist.

Herr Präsident! Bitte mir keine Ordnungsrufe zu geben, denn das ist der O-Ton, den die SPÖ in Oberösterreich verbreitet: „Lügner“ schimpfen sie den Landeshauptmann, „Verräter“ schimpft ihn der Sozialist Haider, als „Milupa-Baby“ wird er bezeichnet, sogar die Bezeichnung als Nazi muss er sich gefallen lassen. (Abg. Mag. Gaßner: Von wem wird er so bezeichnet?) Auf der Homepage spricht die SPÖ-Kampagne von Dr. Pührin­ger als „Zwerg“, bei dem das Genmaterial zu kurz geraten ist und so weiter. (Abg. Auer – in Richtung SPÖ –: Schämen Sie sich!) Man könnte diese Besudelei noch fortsetzen.

Meine Damen und Herren! Distanzieren Sie sich von den oberösterreichischen Sozialisten! Das ist nicht der Stil, wie wir miteinander umgehen sollen. Das wird von der Bevölkerung abgelehnt. Frau Stöger muss auf einen Elefantenrüssel hinauf, ein Löwe muss herhalten zur Abbildung auf den Plakaten. Das ist Ihre Wahlkampagne in Oberösterreich: Den politischen Gegner verunglimpfen, den erfolgreichen Landes­hauptmann schlecht machen und eine Sudelkampagne auslösen, die ihresgleichen sucht.

Zum Schluss sage ich Ihnen noch etwas, weil auch mein obligater Vierzeiler wieder kommt:

Madig machen, Angst verbreiten,

auf Elefantenrüsseln reiten,

auf andere schimpfen, nicht genieren,

so werdets am Sonntag dWahl verlieren.

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Die erste männliche Kindergartentante in der ÖVP!)

12.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Redezeit ist 7 Minuten, allfällige Verse sind inkludiert. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.34

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Vorhaben der Bundesregierung für den Herbst sind heute skizziert worden. Seit Tagen, ja schon seit dem Sommer gibt es ein ganz dringendes Vorhaben der Bundesregierung, nämlich eine Novelle des öster­reichischen Asylgesetzes. Das war so dringlich, dass der Herr Bundesminister die Ab­sicht hatte, diese sehr, sehr umfangreiche Novelle im Parlament innerhalb einer Aus­schusssitzung durchzupeitschen und beschließen zu lassen.


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Parlamentarischer Widerstand und das Bedürfnis, Gesetze, in denen es um schwer­wiegende Grundrechtseingriffe geht, im Parlament intensiv zu diskutieren, das heißt jene, die diese Bedenken vorgebracht haben, und die parlamentarische Opposition haben es bis jetzt zumindest geschafft, diese intensive Diskussion im Parlament auch tatsächlich Wirklichkeit werden zu lassen.

Und gestern, Herr Bundeskanzler – und da will ich Ihnen, wenn Sie so wollen, einen Tag später einen Live-Bericht geben, denn ich weiß nicht, ob Sie schon Gelegenheit hatten, mit den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen oder mit dem Herrn Bundesminister selbst darüber zu sprechen – hat der erste Teil dieser Diskussion hier im Parlament stattgefunden. Und ich lege Ihnen nun nicht meine Einschätzung dar, sondern lese nur vor, was österreichische Tageszeitungen wie der „Kurier“ beispiels­weise schreiben: „Grenzenlose Ablehnung für Strassers Asyl-Entwurf“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin schon lange im Nationalrat und habe schon viele Gesetzwerdungen miterlebt, aber eine so einhellige Ablehnung eines Ge­setzentwurfs von Seiten der gesamten Expertenszene, ob das jetzt Professoren, Vertreter von Kirchen oder Vertreter von Flüchtlingsorganisationen sind, aber auch seitens jener Institutionen, die sich Herr Bundesminister Strasser zu seiner eigenen Beratung eingerichtet hat, wie den Menschenrechtsbeirat, habe ich im Parlament noch selten erlebt. (Abg. Ellmauer: Das ist nur teilweise richtig!)

Der Herr Präsident des Obersten Gerichtshofs in Ruhe, Dr. Felzmann, hat gestern hier im Lokal VIII in seiner Funktion als Vorsitzender des Menschenrechtsbeirates beim Ex­pertenhearing zum neuen Asylgesetz wortwörtlich gesagt, er habe Zweifel, ob das Ziel dieser Novelle, nämlich die Beschleunigung von Asylverfahren in Österreich, auch tatsächlich erreicht werden könne, denn die Novelle stelle eine Verletzung von Grund­rechten und völkerrechtlichen Verpflichtungen dar.

Es mutet schon mehr als seltsam an, wenn jene Einrichtung, die dem Minister für seine politischen Vorhaben beratend zur Seite steht, solche Bedenken im Parlament depo­niert, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Krainer: Er liest sie ja nicht!) Und es zeigt, dass der wirkliche Grundrechts-Aufschrei, der von der Wissenschaft, den regierungsunabhängigen Organisationen und der Opposition ausgegangen ist, gleich­zeitig auch gemeinschaftliches Bestreben aller parlamentarischen Fraktionen und aller Experten ist: Asylverfahren in diesem Land müssen schneller, besser und rechtsstaat­lich einwandfrei werden.

Schneller und besser! Die raschere Erledigung von Asylanträgen in Österreich – das ist der Schlüssel und das sollte auch die Herbstarbeit der österreichischen Bundesregie­rung bestimmen, denn diese hat es nämlich in der Hand, diese Raschheit im Asylver­fahren auch tatsächlich umzusetzen.

Herr Bundesminister! – Der Herr Bundesminister Strasser ist ja nicht anwesend, ob­wohl das so ein großes Herbstvorhaben ist, aber der Herr Bundeskanzler. – Herr Bun­deskanzler! Ich habe heute in diesem Zusammenhang von Herrn Vizekanzler Haupt und dann von Herrn Klubobmann Molterer nur Folgendes gehört: Es gehe darum, die Sicherheit zu gewährleisten.

In den Wortmeldungen zum Thema ging es dann sogar so weit, dass sich Herr Klubob­mann Scheibner dazu verstiegen hat, ein Szenario zu skizzieren, das bar jeder Realität ist. (Abg. Wittauer: Das stimmt ja nicht!) Er hat uns allen, die das hörten, tatsächlich weismachen wollen, dass es in Österreich Asylanträge aus Deutschland, aus Ungarn und aus der Schweiz gäbe, und das in größer Fülle. (Abg. Scheibner: Das stimmt nicht, ich habe nicht von großer Fülle gesprochen, sondern nur von der Möglichkeit!)


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Wissen Sie, Herr Klubobmann Scheibner, was auf der Homepage des Innenministe­riums zu lesen ist? – Dass es drei Asylanträge aus Deutschland, zwei aus Ungarn und null aus der Schweiz gibt! Was ist das für ein Problem? (Abg. Scheibner: Das ist un­wahr, was Sie da sagen!) – Dann lügt das Innenministerium in seiner Statistik! (Präsi­dent Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Mir stehen immer nur die Zahlen des Innenministeriums zur Verfügung.

Meine Damen und Herren! In diesen Fragen geht es darum, die Rechtsstaatlichkeit, die Grundrechte, die österreichische Verfassung und das Völkerrecht zu achten. (Abg. Wittauer: Da ist ja Österreich vorbildlich! – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Die Experten haben ihre „grenzenlose Ablehnung“ dieses Entwurfes artikuliert. Es ist aber noch nicht zu spät. Der gute Wille aller Seiten ist gegeben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es geht hier nicht einfach darum, ein verfassungswidriges Gesetz zu beschließen, das der Verfassungsgerichtshof dann wieder aufhebt, und dann wird eben ein neues ge­macht. Es geht um menschliche Schicksale! Menschen bleiben da auf der Strecke! Es geht nicht um ein bisschen Geld, das man dann vielleicht zurückbekommt, sondern um Existenzen. Nichts als das haben die Experten versucht, auszudrücken, und haben einen Appell an den Herrn Bundeskanzler gerichtet.

Den momentanen Zustand der Bundesregierung dokumentiert jedoch am besten ein Minister, der leider auch nicht anwesend ist, nämlich Herr Minister Böhmdorfer, der sich doch tatsächlich dazu verstiegen hat, den Gedanken auszuformulieren, dass man in Österreich in Zukunft Richter auf Zeit bestellen könnte. (Abg. Scheibner – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Da ist die Schweiz!)

Meine Damen und Herren! Ist Ihnen bewusst, was Gedanken dieser Art, geäußert von einem Justizminister, bedeuten? Dadurch werden grundlegende Verfassungsprinzi­pien in Österreich in Frage gestellt! Die Gewaltentrennung ist ein grundlegendes Prin­zip der Verfassung, und die Unabhängigkeit der Richter ist ein Teil dessen.

Wenn sich ein Justizminister – und damit schließe ich – vorstellen kann, Richter in seine Abhängigkeit zu bringen, dann kann ich nur sagen: Das sind Gedanken, die einem Verfassungskonstrukt entsprechen, das in den Dreißiger- und Vierzigerjahren möglicherweise gegolten hat, aber heute keinen Platz hat! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


12.42

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer und Zuhörerin­nen vor dem Fernsehschirm und hier im Saal! Ich muss heute der SPÖ wieder ein bisschen auf Schiene helfen und sie daran erinnern, was sie in den letzten 30 Jahren gemacht hat und was sie uns hinterlassen hat. (Abg. Mag. Kogler: Was für eine Schiene? Die, die ihr zusammenhaut? – Abg. Öllinger: Hilf dir selber auf die Schiene!)

Kollege Gusenbauer hat in seinen Ausführungen nur Kritik geübt. (Ruf bei der SPÖ: Blühende Landschaft!) Ich habe keine Vorschläge gehört, nur Kritik. Das hat auch die SPÖ-Wirtschaftspolitik in den letzten 30 Jahren mit SPÖ-Finanzministern, SPÖ-Sozial­ministern und so weiter gezeigt. (Abg. Krainer: FPÖ-Staatssekretär, FPÖ-Finanz­minister!)

Wieso müssen wir jetzt Reformen durchführen? – Weil in diesem Zeitraum Privilegien aufgebaut und ein dementsprechender Schuldenstand erarbeitet wurde: 2 200 Milliar­den Schilling! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der


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SPÖ! Wenn man von der Voest-Privatisierung spricht, dann muss man auch fragen: Wurden nicht die meisten verstaatlichten Betriebe unter euren Finanzministern und unter eurem Bundeskanzler privatisiert?

Über 50 Prozent der Verstaatlichten wurden privatisiert. 56 000 Mitarbeiter der Ver­staatlichten haben dadurch ihren Arbeitsplatz verloren. Ihr habt in der Voest Menschen unter 50 in die Pension gezwungen. Also sagt nicht, das machen jetzt die FPÖ und die ÖVP! Ihr seid es gewesen, die das gemacht haben! Hättet ihr dementsprechend wirt­schaftlich gearbeitet und keine Privilegien bei den Pensionen und in der Sozialver­sicherung aufgebaut und vieles mehr, dann bräuchten wir diese Reformen jetzt nicht durchzuführen. Wir werden es aber machen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu Kollegen Öllinger: Es ist schon interessant, dass auf Druck der Freiheitlichen in Österreich die erste Etappe der Steuerreform mit 1. Jänner 2004 beginnt. Eine halbe Milliarde € bekommen die Leute zurück: 14 500 € steuerfreies Einkommen. Zur Sozial- und Krankenversicherung: Alle Arbeitnehmer in Österreich werden ab 1. Jänner 2004 um 0,3 Prozent weniger Krankenversicherung bezahlen, und vieles mehr.

Kollege Öllinger, du hast nicht mitgestimmt. Du warst dagegen, und jetzt kritisiert gerade ihr uns wieder, indem ihr fragt, was mit der Steuerreform ist. Wenn es wieder so weit ist, stimmt ihr sowieso wieder dagegen! (Abg. Öllinger: Erst denken, dann sprechen! – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Wisst ihr überhaupt, was ihr in diesem Haus wollt? Was ist eigentlich die Politik der Grünen in Österreich? Ich entnehme verschiedenen Medien – und ich glaube, die schreiben ja nichts Unrichtiges –, dass grüne Abgeordnete fordern, der Treibstoffpreis gehöre erhöht, es sollen in Österreich keine Straßen mehr gebaut werden und Rück­bauten sollen durchgeführt werden. (Abg. Öllinger: Was hast denn du gelesen? Was liest denn du für Zeitungen?) Es gibt aber keine Pferdefuhrwerke mehr, außer in Wien, wenn man Urlaub macht!

Wir Freiheitlichen sind dafür, dass die Infrastruktur ausgebaut wird. (Abg. Öllinger: Ja, ja!) Man sieht es ja: Seitdem Österreich einen freiheitlicher Infrastrukturminister hat (Abg. Öllinger: Drei habt ihr schon gehabt!), wird nicht nur geplant und geprüft, sondern auch gebaut. In den letzten Jahren gab es sehr viele Eröffnungen. Es werden Straßen und Brücken gebaut und auch für die Bahn wird etwas getan! Natürlich braucht das dementsprechende Prüfungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Ein Wort zur Voest-Privatisierung: Ich muss wirklich sagen, es ist wichtig und ihre Pflicht, dass die Voest-Personalvertreter sich für ihre Mitarbeiter einsetzen, damit dieses erfolgreiche Unternehmen in Oberösterreich erhalten bleibt. Unser freiheitlicher Initiativantrag im September, gegen den ihr ebenfalls gestimmt habt, und unsere frei­heitliche Regierungsmannschaft haben gemeinsam mit der ÖVP eine österreichische Lösung möglich gemacht! (Abg. Öllinger: Blamage! Blamiert habt ihr euch!)

Unser freiheitlicher Spitzenkandidat in Oberösterreich, Günther Steinkellner, hat dort Druck gemacht, dass sich einige beteiligen. (Abg. Öllinger: Blamiert! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich frage mich nur: Wo ist die Beteiligung der BAWAG? Die Mitarbeiter­beteiligung haben wir erhöht, Banken und Versicherungen beteiligen sich, aber ich lese nichts von der BAWAG. Das sind Gelder der Arbeitnehmer! Die BAWAG hätte sich dort saftig beteiligen können, wenn man den SPÖ-Gewerkschaftern Glauben schenken könnte. Aber ich werde es ja hören: Hoffentlich wird sich Kollege Verzetnitsch dazu zu Wort melden.


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Zur Harmonisierung der Pensionssysteme: Ich fordere alle hier in diesem Hause partei­übergreifend dazu auf, die Harmonisierung zu unterstützen (Abg. Öllinger: Jetzt auf einmal!), damit es zu einer Gleichstellung kommt, ob das die ÖBB ist oder was auch immer: gleiche Einzahlungen, gleiche Anwartschaft, gleiches Pensionsantrittsalter. Das ist wichtig. Alle Privilegien müssen abgeschafft werden.

Ihr von den Sozialdemokraten habt diese Privilegien aufgebaut, und ich weiß schon, dass es euch dementsprechend wehtut. Es muss aber alles nach dem ASVG-System durchgeführt werden.

Die ÖBB-Reform ist wichtig. Wenn ich einen Betrieb in Österreich erhalten und nicht ständig Milliarden zuschießen will, dann muss ich auch reformwillig sein, nicht so wie heute wieder in Oberösterreich: Demonstrationen – da helfen vor allem die Sozial­demokraten und die Gewerkschafter zusammen –, die Arbeitnehmer in der Früh auf den Brücken aufhalten, damit sie nicht in die Arbeit kommen. Sie werden diese Situa­tion bei der Wahl dementsprechend honorieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet, Herr Kollege!

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): Ein Wort noch: Wir Freiheitlichen ver­treten die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher ohne Wenn und Aber! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Pfeffer: Das glaubt kein Mensch!)

12.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Bures ist die nächste Rednerin. Ich bitte, die Redezeit von knapp 3 Minuten aus Rücksichtnahme auf den letzten Redner hiezu einzuhalten. – Bitte.

 


12.48

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungs­bank – erstaunlich, es sind ausschließlich Herren, die dieser Debatte folgen, aber diese Regierung besteht auch offensichtlich hauptsächlich aus Männern! Herr Bundeskanz­ler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es schade, dass Sie diese von Ihnen erzwungene Erklärung nicht dazu genützt haben, einen notwendigen Erklärungs­bedarf auch tatsächlich zu decken.

Ich glaube, dass das keine Erklärung, sondern eine Verklärung war, die Sie heute hier präsentiert haben. Das hat aber offensichtlich auch damit zu tun, dass Sie die Regie­rungsrealität verklärt sehen müssen, da Ihre Wunschkoalition seit sechs Monaten von einer Krise in die nächste und von einem Streit in den nächsten schlittert.

Die Diskussion war aber auch gut, weil sie gezeigt hat, wie Sie mit Wahlkampfverspre­chen umgehen. Herr Bundeskanzler! Ihre Wahlkampfschmähs von den Abfangjägern, dass sie eine Wirtschaftsplattform finanziert, oder die versprochene Steuersenkung sind heute klar aufs Tapet gekommen. Sie haben offensichtlich Routine in leeren Ver­sprechungen und Routine im Manipulieren von Fakten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Lassen Sie mich nur zwei Punkte erwähnen, bei denen Erklä­rungsbedarf besteht: Erklären Sie den 35 000 arbeitslosen Jugendlichen, warum sie keine Chance auf einen Lehr- oder Ausbildungsplatz haben! Oder erklären Sie jungen Familien, warum in einem wohlhabenden Land wie Österreich noch immer 90 000 Kin­derbetreuungsplätze fehlen und Sie die Kindergartenmilliarde gestrichen haben! (Vize­kanzler Mag. Haupt: Er hat sie nicht gestrichen!)

Herr Bundeskanzler! Es wäre auch eine aktuelle Erklärung an die Tausenden von Voest-Mitarbeitern und an alle anderen Österreicherinnen und Österreicher notwendig,


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warum Sie deren Eigentum – Frau Gehrer hat gesagt, auf Beschlusslage des Partei­vorstandes der ÖVP – verschleudern und zu einem Diskontpreis verkaufen. Dieser Verkaufspreis entspricht der Höhe des Preises von drei Eurofightern. (Abg. Mag. Mai­noni: Mein Gott, ihr habt noch immer nichts dazugelernt!) Das sind unnötige und – wie wir heute wissen – auch untaugliche Eurofighter! (Beifall bei der SPÖ.)

All diese Erklärungen sind Sie uns und der Bevölkerung schuldig geblieben. Das hat aber wohl mit Ihrer Abgehobenheit zu tun, weil Ihnen die Probleme und Anliegen der Menschen offensichtlich völlig egal sind.

Wir Sozialdemokraten unterscheiden uns da von Ihnen massiv. (Abg. Scheibner: Das sieht man bei Lainz, wie Sie sich unterscheiden! Gott sei Dank unterscheiden Sie sich von uns!) Wir nehmen uns der Probleme der Menschen an. (Abg. Scheibner: Was habt ihr gemacht die letzten Jahre?) Wir haben ein Pensions-Fairnessmodell vorge­stellt; wir haben ein Konzept für ein Gesundheitssystem, das allen den gleichen Zu­gang unabhängig vom Einkommen sichert; wir haben heute ein Bundespflegeheimge­setz überreicht; und wir sind die Einzigen, die ein Steuersenkungsprogramm in diesem Haus eingebracht haben.

Österreich hat sich eine bessere Politik als die Politik dieser Regierung verdient! (Bei­fall bei der SPÖ.)

12.51

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


12.52

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es war doch wichtig, dass wir diese Debatte heute und hier geführt haben und dass wir sie auch weiterführen. Wir haben alle gesehen: Es sind sehr viele wich­tige Themen angesprochen worden, und auch die Opposition hat offenbar Gefallen an einer lebhaften Debatte gefunden.

Für mich war bereits der erste heutige Tagesordnungspunkt ganz wesentlich, weil im Großen und Ganzen die völlig unterschiedlichen Zugangsweisen der Regierungs- und der Oppositionsparteien – insbesondere der Grünen – zu den verschiedenen politi­schen Themen wieder einmal deutlich auf den Tisch gelegt wurde. (Abg. Dr. Glawisch­nig: Welche Überraschung!)

Erster Tagesordnungspunkt war die wichtige Transit- und Verkehrspolitik (Abg. Brosz: Tageszusammenfassung?), bei dem Frau Abgeordnete Lichtenberger wieder ein abso­lutes Nachtfahrverbot gefordert hat. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein!) – Ein Fahrverbot für schadstoffreiche LKW. Sie entschuldigen. (Abg. Öllinger: Stinker! Sie können ruhig „Stinker“ sagen!)

Unser Zugang ist, dass unsere Verkehrspolitiker mit unseren Landespolitikern und mit unseren Freunden und Freundinnen auf europäischer Ebene, mit den Politikern, die sich gut auskennen, diskutieren, was wichtig für einen Standort ist, dass man sich auf allen Ebenen in einem Netzwerk miteinander unterhält und kurzschließt. (Abg. Reheis: Wir haben keine Antwort erhalten!) Ergebnis dieses Prozesses, in dem mehr bedacht wird als nur eine Frage, nämlich die Lösung des Transitverkehrsproblems, ist, dass wir dieses Problem im europäischen Kontext lösen wollen und werden, und umgekehrt, dass wir unsere Hausaufgaben auf Tiroler Ebene zu Hause machen.

Wir brauchen auch unsere Bundespolitiker und Sie alle hier, wenn wir beispielsweise zwischen Völs und Hall in Tirol für die Pendler eine neue Schnellbahnstrecke planen, um sie auf die Bahn zu bringen und die Straßen von diesem Pendlerverkehr zu entlas-


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ten. (Abg. Reheis: Lauter leere Worte sind das, Frau Kollegin!) Das ist ein Projekt unseres Landeshauptmannes gemeinsam mit der Straßenbahn, bei dem wir ein Drittel der Kosten vom Bund benötigen und sicherlich auch Unterstützung finden werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.54

 



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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.54

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! In aller gebotenen Nüchternheit (Ruf bei den Freiheitlichen: Hoffentlich! – Abg. Großruck: Das nehmen wir an!): Das Problem ist ja nicht, dass sich hier irgendeine Regierung erklären will. Man fragt sich angesichts des Zustandes ohnehin, was es noch viel zu erklären gibt. Das Problem ist vielmehr, dass Sie sich dann, wenn es wirklich etwas zu erklären gäbe, dauernd verweigern. Diese Diskrepanz wurde aufgezeigt – und zwar, wie ich glaube, berechtigt aufgezeigt.

Man sollte nämlich nicht unter den Teppich kehren, dass Sie dann, wenn sich etwa ein Finanzminister oder andere Regierungsmitglieder vor den Kontrollgremien des Parla­ments zu verantworten haben, dies mit Ihrer Übermacht und Mehrheit – und das war sehr wohl das Thema heute – unterbinden und verhindern wollen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wir sollten das jetzt noch rechtzeitig in Erinne­rung rufen, damit diese Verhältnisse nicht in immer mehr Bundesländern Platz greifen.

In der Sache selbst: Kein vernünftiger Wirtschaftspolitiker wird Ihnen vorwerfen, dass Sie für die Weltkonjunktur verantwortlich sind, aber wir werfen Ihnen vor, dass Sie nicht in der Lage oder nicht willens sind, die von Ihnen ausgerufenen Hausaufgaben zu machen. Dabei bleibt es: Sie führen eben keine Wirtschaftsoffensive durch, sondern Sie ziehen es vor, das Problem in den Herbst hineinzuschleppen, nicht zu handeln, wo es notwendig wäre, und dort zu schwindeln, wo es gilt, die Bevölkerung weiter zu täuschen. – Das sind Ihre beiden Prinzipien. Auch das haben wir gelernt.

Worin begründet sich diese relativ – wie Sie gerade hinter mir meinen – „kühne“ Be­hauptung? – Ganz einfach! Ein wirtschaftspolitisches Beispiel: die Voest. Noch einmal: Es gibt keinen Kernaktionär! – Das hat Ihnen jetzt wohl wirklich schon jeder erklärt, der sich ein bisschen auskennt. Solange sich die Aktionäre nicht zusammenschließen, also syndizieren, gibt es keinen Kernaktionär. Dieses haben Sie nicht nur verhindert, das verhindern Sie auch für die Zukunft, denn das ist die einzig sinnvolle Maßnahme, die noch gemacht werden kann.

Auch hier gibt es also einen Vorschlag für die Zukunft: Wenn Sie die Voest schon in die schwarze Einflusssphäre gebracht haben, dann schauen Sie wenigstens, dass ein Weiterverkauf nicht so ohne weiteres möglich ist! Aber auch das wollen Sie nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Preis, der erzielt wurde, ist im Übrigen einfach zu niedrig! Das können Sie nicht wegdiskutieren. Mit Ihren Kurs-Phantasiebehauptungen sagen Sie ja nichts anderes: Die schwarze Sphäre hat sich billig Staatseigentum unter den Nagel gerissen. Das ist die tatsächliche Aussage dahinter!

Die wirkliche Schande – ich muss es so bezeichnen – ist ja der Umstand, dass das Börsenpaket um den Preis von zwei Eurofightern – das muss man sich einmal vor­stellen! – gewandert ist und um weitere zwei Eurofighter die Wandelanleihe. Eine Schande! Das soll Ihre Wirtschaftspolitik sein? – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


12.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer.

Ich wollte jetzt nicht zu dem einen oder anderen Ausdruck Stellung nehmen, weil das auf die Redezeit des Kollegen Wittauer ginge. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer: Das hätte sich aber durchaus gelohnt, Herr Präsident!)

 


12.57

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungsmit­glieder! Es ist positiv, dass ich heute Gelegenheit habe, zu den Österreichern und vor allem zur Tiroler Bevölkerung zu sprechen, weil ja viele Dinge wirklich einmal aufge­klärt gehören. Diese Regierung hat sehr positiv gearbeitet. Es mag sein, dass Abge­ordnete Bures den Eindruck hat, dass manchmal die Regierung nicht einer Meinung ist, aber ich kann Ihnen mit Gewissheit sagen: Freiheitliche Regierungsmitglieder und freiheitliche Abgeordnete kämpfen bei diesen Reformen für die Menschen, für Öster­reich und für unsere Zukunft. Es ist wichtig, das einmal klarzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Die Freiheitlichen sind als Reformpartei angetreten und haben als solche die ÖVP dazu gebracht, dass Reformen auch durchgeführt werden. (Abg. Reheis: Umfaller!) Ich darf Sie an das Kindergeld erinnern. Beim Kindergeld haben alle Parteien gesagt, das sei ein ungedeckter Scheck, Populismus, und wer solle das zahlen. Wir haben es ver­sprochen, und wir haben es umgesetzt! (Abg. Öllinger: Ja, ja!) Wir sind in diese Regie­rung mit einem Versprechen gegangen, und wir haben dieses Versprechen auch ge­halten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jede Familie, die in den Genuss dieses Kindergeldes gekommen ist, wird es den Frei­heitlichen danken, wenn sie sich wieder daran erinnert, denn wir haben einen langen Kampf darum geführt.

Auch die „Abfertigung neu“ ist eine Errungenschaft, für die wir Freiheitlichen zehn Jahre lang gekämpft haben. Wir haben sie umgesetzt!

Auf Landesebene in Tirol fordern wir jetzt das Kindergeld bis zum 6. Lebensjahr. – Da gab es wieder einen großen Aufschrei! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Mit unserer Spit­zenkandidatin Nadja Pramsoler und Willi Tilg werden wir aber auch das durchsetzen. (Abg. Reheis: Schon wieder eine Belanglosigkeit! Das ist eine Belanglosigkeit!) Ge­rade bezüglich Tirol gibt es eine ganze Liste von Versprechungen, die von den Sozial­demokraten und von der ÖVP nicht eingehalten wurden. (Abg. Mag. Wurm: Die Kin­derbetreuungseinrichtungen, wo sind die?)

Ich habe leider Gottes zu wenig Zeit, aber ich möchte Ihnen schon noch Folgendes sagen: Gerade in der Asylpolitik ist Tirol ein gutes Beispiel. Wir Freiheitlichen haben gefordert, dass Illegale keine Sozialhilfe bekommen. (Abg. Öllinger: Ein Illegaler hat noch nie eine Sozialleistung gekriegt!) Wir fordern weiterhin: Keine Sozialhilfe für Illegale und keine Sozialhilfe für kriminell gewordene Asylwerber! Das ist eine wichtige Forderung. Tirol ist ein Eldorado für Illegale, denn gerade in Tirol ist es nicht möglich, diese Verordnung aufzuheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Betreffend künftige Asylpolitik sind gerade die Freiheitlichen Vorreiter. Die Verkürzung des Verfahrens bringt Ungerechtigkeiten gegenüber der österreichischen Bevölkerung. Es kann ja nicht so sein, dass jemand, der nicht legal hier ist, Geld bekommt, während bei der Armutsstudie in Tirol gezeigt worden ist, dass gerade Frauen unter der Armuts­grenze leben. Und es wird kein Mensch verstehen, dass wir Gelder für Illegale ausge­ben, dass wir aber unsere eigene Bevölkerung, die Frauen, die Familien nicht unter­stützen.

In Tirol wurden 17 Millionen für die Musikschule ausgegeben, 14 Millionen für das Lan­destheater, aber nur 10 Millionen für die Familienförderung! (Abg. Reheis: Menschen-


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verachtende Politik ...!) Wir Freiheitlichen stehen für die Familien, wir werden die Fami­lien unterstützen. Die Jugend ist unsere Zukunft und diesen Weg werden wir weiter beschreiten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Liebe Tirolerinnen und Tiroler! Gehen Sie zu dieser Wahl! Nehmen Sie die Verantwor­tung wahr, auch wenn die Medien uns Freiheitliche manchmal nicht fair behandeln. Unterstützen Sie Willi Tilg und sein Team, um diese Kontrolle durchzuführen und umzusetzen, denn die Sozialdemokraten und die Grünen sind nicht fähig dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Peinlich!)

13.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. Auf welche Zeit soll ich die Uhr stellen? – 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.01

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fernseh­übertragung ist zu Ende gegangen und der Tiroler Wahlkampf hat hier seine letzte Blüte geschlagen. (Abg. Öllinger: Sumpfblüte!) Lassen Sie mich daher zu so manchen Sachfragen zurückkehren!

Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Erklärung über die Herbstarbeit eine Reihe von Punkten angesprochen. Ich möchte nur zu vieren kurz Stellung nehmen.

Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, Sie wollen, dass Österreich seine Spitzenposi­tion, was die Jugendbeschäftigung betrifft, hält und noch verbessert. Herr Bundeskanz­ler, ich finde es – gelinde gesagt – peinlich, dass Sie dieses Thema so ansprechen, denn das, was wir in den letzten drei Jahren beobachtet haben, war und ist ein drama­tischer Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit sowie eine dramatische Tatenlosigkeit auf Seiten der Regierung. Dass Sie jetzt im europäischen Vergleich noch relativ gute Zahlen haben, liegt ausschließlich daran, dass Sie von einem Spitzenwert ausgegan­gen sind, den Ihnen eine Regierung hinterlassen hat, der Sie zwar angehört haben, in der aber die Sozialdemokraten für dieses Thema verantwortlich waren. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich ein zweites Thema ansprechen, weil Sie so freundlich waren, mich in Ihr Lob für Minister Strasser einzubeziehen. Ich habe keinen besonderen Wert darauf gelegt, in dieses Lob einbezogen zu werden, weil wir uns in einem wesentlichen Punkt unterscheiden und unterschieden haben. Während Strasser in seiner Zeit einen drama­tischen Anstieg der Kriminalitätsbelastung erlebt, aber nichts tut und gleichzeitig einen dramatischen Rückgang in der Aufklärungsquote verzeichnet, hatte ich beispielsweise in meiner Zeit als Minister, aber auch mein Vorgänger und mein Nachfolger, konse­quent sinkende Kriminalitätsbelastungen und konsequent steigende Aufklärungsraten. Das macht den Unterschied aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben gemeint, sich hier mit Deutschland vergleichen zu müssen und sich zu brüsten, dass Österreich ein doppelt so gutes Wachstum wie die Bundesrepublik Deutschland erzielt hätte. Erstens sind beide Werte erbärmlich und zweitens ist die Wirtschaftspolitik, die Sie betreiben und die in Deutschland betrieben wird, dieselbe. Und wir kritisieren beide Politiken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es geht nicht an, dass Erbsenzählerei mit Wirtschaftspolitik verwechselt wird. Es geht darum, in einer Zeit wie der jetzigen, in einer Wachstumsschwäche in ganz Europa, da­für zu sorgen, die nationalen Spielräume auszuschöpfen und darüber hinaus gemein­sam auf europäischer Ebene für ein Wachstumsprogramm einzutreten.


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Ich bin daher auch froh darüber, Herr Bundeskanzler, dass ich von Ihnen zwar nicht sehr heftig, aber doch etwas andere Töne gehört habe, als in den letzten Tagen von Minister Bartenstein zu lesen waren. Sie, Herr Bundeskanzler, haben hier wenigstens gesagt, dass Sie für eine europäische Wachstumsinitiative sind, wenn dadurch der Stabilitätspakt nicht gefährdet wird.

Ich denke, das ist ein Punkt, den man deutlicher hervorkehren könnte. Das ist auch unsere Linie, da sind wir uns einig. Es braucht eine europäische Initiative, weil nur eine europäische Initiative tatsächlich den Effekt haben kann, maximalen Anschub für das zu geben, was wir dann in Österreich noch ergänzend tun können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.)

Lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen! Herr Bundeskanzler, Sie haben ge­sagt, die EU-Erweiterung sei eines der Themen, das jetzt vor uns steht. – In der Tat! Sie haben aber zugleich erklärt, dass diese EU-Erweiterung gut vorbereitet ist (Abg. Mag. Molterer: In der Tat!) und haben als Argumente ausschließlich die Ergebnisse der Volksabstimmungen in den Kandidatenländern genannt.

Darf ich Sie, Herr Bundeskanzler, noch einmal daran erinnern, dass hier im Hohen Haus drei Fraktionen, nämlich Ihre Fraktion, die Freiheitlichen und wir von der SPÖ, am 26. November vor zwei Jahren gemeinsam eine Entschließung an die Bundes­regierung beschlossen haben, in der wir sehr konkret Vorschläge gemacht und gesagt haben, diese Erweiterung sei noch vorzubereiten. Es ist eine Qualifikationsoffensive für die österreichischen Arbeitnehmer zu unternehmen, es ist eine Infrastrukturinitiative notwendig, es ist eine Initiative zur Qualifikation auch in den betrieblichen Bereichen und zur Unterstützung der Betriebe in den grenznahen Bereichen notwendig.

Was davon haben Sie realisiert, wenn ich fragen darf? – Sie haben diese EU-Erweite­rung innerösterreichisch nicht so vorbereitet, wie wir es damals gemeinsam verlangt haben. Daher kann ich Sie nur auffordern, das, was jetzt noch möglich ist, vor dem 1. Mai 2004 schleunigst in die Wege zu leiten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Sburny. – Abg. Dr. Fischer: Ich möchte im Protokoll haben: Redner wird beglück­wünscht!)

13.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Anträge 171/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevi­denzgesetz geändert werden,

95/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des Bundes-Ver­fassungsgesetzes über das Wahlrecht und ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992), das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volks­befragungsgesetz 1989, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Wählerevi­denzgesetz 1973 geändert werden, sowie


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17/A der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz sowie das Bundesge­setz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert werden (163 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tages­ordnung.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung erteile ich Frau Abgeordneter Dr. Fekter das Wort.

 


Berichterstatterin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Danke, Herr Präsident. – Ich habe eine Druckfehlerberichtigung zum Bericht des Verfassungsausschusses in 163 der Beilagen: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volks­abstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrenge­setz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden.

In Artikel II Ziffer 7, Anlage 4, ist in der Unterstützungserklärung nach der Wortfolge „Wahl des Nationalrats“ das Wort „am“ einzufügen.

Begründen möchte ich das folgendermaßen: Bei der Erstellung des Formulars auf elektronischer Basis ist das oben skizzierte Versehen – nämlich das kleine Wörtchen „am“ wurde irrtümlich vergessen – entstanden.

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich danke der Frau Berichterstatterin für ihre Ausführungen und erteile nun Frau Abgeordneter Dr. Baumgartner-Gabitzer das Wort. – Bitte.

 


13.08

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Beim vorliegenden Gesetzesantrag handelt es sich um einen Gesetzesantrag von vier Parteien, der zum Inhalt hat, dass bei Wahlen auf Bundesebene bei Erreichung des 18. Lebensjahres auch tatsächlich gewählt werden kann. Ich freue mich, dass das ein Vier-Parteien-Antrag geworden ist und glaube, dass wir hier eine sehr konstruktive Diskussion geführt haben.

Ich möchte gleich zu Beginn einen Abänderungsantrag einbringen – auch aller vier Parteien –, nämlich der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Scheibner, Dr. Glawischnig und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses (163 der Beilagen) betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlge­setz 1971, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden. Ich möchte diesen Antrag ganz kurz in seinen Kernpunkten erläutern. Er liegt Ihnen vor und ich ersuche Sie, Herr Präsident, dass Sie diesen auch in die Debatte mit aufnehmen.

Die Kernpunkte sind, ganz einfach festgehalten, Folgende: Wir haben ein Bundesver­fassungsgesetz vorgelegt, in Wirklichkeit sollte der Titel „Bundesgesetz“ heißen und Artikel I, in dem die Verfassung tatsächlich geändert wird, als Verfassungsbestimmung aufgenommen werden.

Der Rest dieses Abänderungsantrages beinhaltet im Wesentlichen Druckfehlerberichti­gungen und vor allem Zitierungsanpassungen, wie zum Beispiel den Begriff „Bundes­anstalt ,Statistik Österreich‘“. „Österreichisches Statistisches Zentralamt“ ist veraltet, war aber noch im geltenden Gesetzentwurf vorgesehen. – So weit zum Formellen.


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Ich möchte jetzt ganz kurz inhaltlich dazu Stellung nehmen. Wie gesagt: Mit Erreichung des 18. Lebensjahres kann man bei Wahlen auf Bundesebene nunmehr tatsächlich auch wählen. Das ist ein Versprechen, das vor der letzten Nationalratswahl gemacht wurde; das wurde damit auch eingehalten. Die Vertreterin der Jungen ÖVP, unsere jüngste Kollegin Frau Silvia Fuhrmann hat dieses Thema bei uns in der Partei sehr ausführlich diskutiert und hat sich sehr stark dafür eingesetzt. Wir sind dieser ihrer For­derung auch gerne nachgekommen, und zwar deswegen, weil die bisherige Vorgangs­weise unserer Meinung nach ungerecht war.

Bisher war es nämlich so, dass manche Leute erst, als sie schon fast 19 waren, das erste Mal zur Wahl gehen konnten. Durch das Auseinanderklaffen des Stichtages und des Wahltages ist es dazu gekommen. Wir haben mit der jetzigen Gesetzesvorlage, wonach bereits 17-Jährige in die Wählerevidenz aufgenommen werden, eine sehr gute Lösung gefunden. Das ist auch eine von der Verwaltungstechnik her angepasste Lösung, um diese Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten zu beseitigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte aber auf eine weitere Ungerechtigkeit aufmerksam machen, die wir von der Österreichischen Volkspartei immer wieder in die Debatte einbringen. Dieser unser Wunsch wurde leider bisher nicht erfüllt, und zwar die Forderung nach Einführung der Briefwahl. Es wird Ihnen vielleicht mittlerweile schon fad vorkommen, aber es ist noch immer nicht so weit. Seit Jahren fordern wir die Briefwahl. In meinen Augen ist es für moderne Menschen fast eine Selbstverständlichkeit, dass diejenigen, die derzeit schon das Wahlrecht haben, auch die Möglichkeit haben müssen, entsprechend ihres Aufent­haltsortes die Briefwahl auszuüben. Die SPÖ blockiert hier eine Forderung, einen Wunsch, eine Selbstverständlichkeit für moderne Menschen. Ich finde das sehr be­dauerlich.

Es gibt auch, wie Sie alle wissen, neuere Entwicklungen, wie zum Beispiel das E-Voting. Das ist eine noch wesentlich modernere Methode als die dagegen eigentlich schon altmodisch ausschauende Briefwahl. Das wird noch auf uns als Entscheidung zukommen. Wir werden damit konfrontiert sein, wie wir uns zum E-Voting stellen und werden nicht einmal das altmodische Instrument der Briefwahl gelöst haben. (Abg. Murauer: Äußerst traurig!) Und alles wegen der leider sehr altmodischen Blockade­politik der SPÖ.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Selbstverständliches wie eben die Briefwahl lassen Sie nicht zu, aber Ausweitungen wollen Sie. Das passt einfach nicht zusammen. Sie fordern die politische Ausweitung, zum Beispiel betreffend Wahl­altersenkung oder auch Ausländerwahlrecht, ermöglichen es aber jenen, die derzeit bereits am politischen Geschehen teilnehmen könnten, nicht, überhaupt daran teilzu­nehmen.

Sie täuschen meiner Meinung nach durch diese Senkung des Wahlalters Modernität vor, haben diese aber nicht. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie haben kein Interesse daran!) Was jedoch richtig ist, ist Folgendes: Durch die Veränderung der Gesellschaft, durch die steigende Lebenserwartung, durch die Überalterung der Gesellschaft steigt auch der Anteil der älteren Bevölkerung an der gesellschaftlichen Mitbestimmung prozen­tuell. Dass wir darauf Antworten finden müssen, das stimmt. Aber mit der so einfach scheinenden Lösung der schlichten Senkung des Wahlalters ist diesem Problem meiner Meinung nach nicht beizukommen.

Da halte ich es mit Albert Camus, der gemeint hat: Der Fortschritt des Denkens besteht darin, die nahe liegende Schlussfolgerung hinauszuschieben. – Bei solch einer ele­mentaren Frage der Demokratie braucht es sehr viel mehr Grips, sehr viel mehr Nach-


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denken, wie man dieses Problem der Überalterung und der Teilnahme am politischen Leben, das wir lösen müssen, auch sinnvoll und klug lösen kann.

Ich weise auf Folgendes hin: Wir wissen aus vielen Studien, vor allem aus Jugend­studien, aus Wertestudien der Jugend, dass das Interesse der Jugend, an Wahlen teil­zunehmen, nicht sehr groß ist. Die Jugendwertestudie zum Beispiel besagt ausdrück­lich: Ein geringes Interesse ... (Abg. Krainer: Schauen Sie hinauf auf die Galerie, wie viele ...!) – Lassen Sie mich ausreden, ich werde es Ihnen gleich erklären. Ich glaube fast, dass Sie nicht das wollen, was ich Ihnen erklären möchte, und zwar, dass das geringe Interesse nachgewiesen ist, nämlich daran ... (Zwischenruf des Abg. Parni­goni.) – Lesen Sie nach! Das geringe Interesse ist nicht daran nachgewiesen, dass Politik im traditionellen Wert abgelehnt wird. Das ist es nicht! (Abg. Dr. Brinek – in Richtung SPÖ –: Lesen!)

Es ist Politik im herkömmlichen, im institutionellen Bereich, das heißt: Parteien, Ver­handlungen, Parlament – da ist das Interesse gering. Das können Sie an genügend Studien nachweisen.

Was bei der Jugend allerdings vorhanden ist – und dort liegt auch ein Lösungspoten­tial, Herr Kollege –, ist, dass die Teilnahme an basisdemokratischen Aktivitäten durch­aus sehr interessant ist und an diesen auch sehr viele Jugendliche teilnehmen. Ich halte daher – das möchte ich auch so argumentieren – den Ansatz der Länder, dass bereits 16-Jährige an Gemeinderatswahlen teilnehmen können, für eine interessante Möglichkeit, denn das ist ein direktes Umfeld, in dem sie mitentscheiden können.

Weiters glaube ich auch, dass mit einer parteipolitisch motivierten Politisierung der Jugend in den Klassenzimmern eigentlich nicht wirklich Politikinteresse geweckt wer­den kann. Ich möchte auch sagen, dass 18 Jahre, das Alter, mit dem diese Teilnahme jetzt anfängt, kein so schlecht gewähltes Alterslimit ist. Die Schule oder die Lehre endet, das ist ein Alter, in dem viele Jugendliche ihre Berufswahl treffen. Man wird volljährig mit 18. Daher kann man 18 als richtiges Schlüsselalter annehmen, ab dem auch die Partizipation im demokratischen Wege möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Nichtsdestotrotz denke ich, dass die Jugend an die Demokratie herangeführt werden muss und dass wir hier auch verstärkt politische Bildung in der Schule vorsehen sollten. (Abg. Heinisch-Hosek: Frau Oberlehrerin! Stundenkürzungen!) Die Senkung auf 16 Jahre, Frau Kollegin Oberlehrerin, ist in Wirklichkeit eine populistische Forde­rung; das klingt einfach modern.

Ich habe Sie schon einmal gefragt. Warum nicht 15, warum nicht 14, warum nicht zwölf? (Abg. Krainer: Das habe ich Ihnen schon in der ersten Lesung erklärt!) – Teil­nahme, Partizipation ist wichtig, Politik für die Jugend war und ist der ÖVP immer wich­tig. Da müssen wir Lösungen finden. Sie finden uns als Partner für kluge Lösungen, Sie finden uns nicht als Partner für Populismus. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Dr. Baumgart­ner-Gabitzer in seinen Kernpunkten ausreichend erläuterte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung. Gemäß § 53 der Geschäftsordnung ist er auch an die Abgeordne­ten verteilt worden und wird dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Scheibner, Dr. Glawisch­nig und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses (163 d. B.) betreffend ein


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Stenographisches Protokoll
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Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungs­gesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenz­gesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der dem Bericht des Verfassungsausschusses (163 der Beilagen) betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungs­gesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenz­gesetz geändert werden, beigedruckte Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet:

„Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats-Wahlord­nung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, das Volksabstimmungsge­setz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenz­gesetz geändert werden“

2. Art. I (Bundes-Verfassungsgesetz) wird wie folgt geändert:

1. Die Artikelbezeichnung lautet:

„Artikel I(Verfassungsbestimmung)“

2. Die Promulgationsklausel lautet:

„Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bun­desgesetz BGBl. I Nr. 99/2002, wird wie folgt geändert:“

3. Nach der Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

„5a. Art. 46 Abs. 2 lautet:

,,(2) Stimmberechtigt bei Volksabstimmungen ist, wer am Abstimmungstag das Wahl­recht zum Nationalrat besitzt.“ “

4. Z 8 lautet:

„8. Art. 151 wird folgender Abs. 28 angefügt:

,,(28) Art. 23a Abs. 1 und 3, Art. 26 Abs. 1 und 4, Art. 41 Abs. 2, Art. 46 Abs. 2, Art. 49b Abs. 3 und Art. 60 Abs. 3 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

3. Art. II (Nationalrats-Wahlordnung 1992) wird wie folgt geändert:

1. Z 6 lautet:

„6. In § 129 wird folgender Abs. 1c eingefügt:

„(1c) § 21 Abs. 1, § 23 Abs. 1 und 3, § 41, § 42 Abs. 2 und 3 und § 129 Abs. 2 letzter Satz sowie die Anlage 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

2. Nach der Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

„6a. § 129 Abs. 2 letzter Satz lautet:

„Die Vollziehung des § 125 fällt in die Zuständigkeit des Bundesministers für Finan­zen.“ “


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Stenographisches Protokoll
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4. Art. III (Bundespräsidentenwahlgesetz 1971) wird wie folgt geändert:

1. Nach der Z 5 werden folgende Z 5a und 5b eingefügt:

„5a. In § 11 Abs. 8 wird der Ausdruck „Abs. 5“ durch den Ausdruck „Abs. 7“ ersetzt.

5b. § 27 letzter Satz lautet:

„Die Vollziehung des § 24 fällt in die Zuständigkeit des Bundesministers für Finan­zen.“ “

2. Z 6 lautet:

„6. § 28 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) § 4, § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 2 erster Satz, Abs. 3 und Abs. 8, § 11 Abs. 8 und § 27 letzter Satz sowie die Anlagen 1 und 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

5. Art. IV (Volksabstimmungsgesetz 1972) wird wie folgt geändert:

Z 3 lautet:

„3. Der bisherige Text des § 21 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

6. Art. V (Volksbefragungsgesetz 1989) wird wie folgt geändert:

Die Novellierungsanordnung der Z 1 lautet:

„1. § 5 lautet:“

7. Art. VI (Volksbegehrengesetz 1973) wird wie folgt geändert:

1. Z 1 lautet:

„§ 3 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Der Antrag muss von Personen, die in der Wählerevidenz eingetragen und zum Natio­nalrat wahlberechtigt (§ 21 Abs. 1 NRWO) sind und die den Hauptwohnsitz im Bundes­gebiet haben, im Ausmaß von einem Promille der anlässlich der jeweils letzten Ordent­lichen oder Außerordentlichen Volkszählung für Österreich festgestellten Wohnbevöl­kerungszahl (§ 7 Abs. 3 des Volkszählungsgesetzes 1980) unterstützt sein.“ “

2. Z 2 lautet:

„§ 3 Abs. 4 lautet:

„(4) Bevollmächtigte und Stellvertreter der Bevollmächtigten können alle Personen sein, die in der Wählerevidenz eingetragen und zum Nationalrat wahlberechtigt (§ 21 Abs. 1 NRWO) sind und die ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, auch wenn sie den Antrag nicht unterstützt haben. Hat der Bevollmächtigte oder einer seiner Stell­vertreter den Antrag nicht unterstützt, so ist dem Antrag für diesen eine Bestätigung der zur Führung der Wählerevidenz berufenen Gemeinde anzuschließen, dass er in der Wählerevidenz eingetragen und zum Nationalrat wahlberechtigt (§ 21 Abs. 1 NRWO) ist.“ “

3. Z 5 lautet:

„§ 10 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Die Eintragungsbehörde hat vor der Zulassung zur Eintragung festzustellen, ob die Person, die eine Eintragung vornehmen will, in der Wählerevidenz eingetragen und stimmberechtigt (§ 6) ist.“ “


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4. Nach der Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

„5a. In § 20 wird die Wortfolge „vom Österreichischen Statistischen Zentralamt“ durch die Wortfolge „von der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ “ ersetzt.“

5. Z 6 lautet:

„6. § 24 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) § 3 Abs. 2 erster Satz und Abs. 4, § 4 Abs. 1 erster Satz, § 6, § 10 Abs. 2 erster Satz und § 20 sowie die Anlage 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

8. Art. VII (Europawahlordnung) wird wie folgt geändert:

1. Nach der Z 3 werden folgende Z 3a bis 3d eingefügt:

„3a. In § 39 Abs. 6 wird das Wort „Körperberhinderte“ durch das Wort „Körperbehin­derte“ ersetzt.

3b. In § 59 Abs. 2 wird der Ausdruck „§ 58 Abs. 3 und 5“ durch den Ausdruck „§ 58 Abs. 3 und 4“ ersetzt.

3c. In § 61 Abs. 5 erster Satz wird die Wortfolge „amtlichen Stimmzettel“ durch die Wortfolge „amtlichen Stimmzetteln“ ersetzt.

3d. § 90 letzter Satz lautet:

„Die Vollziehung des § 86 fällt in die Zuständigkeit des Bundesministers für Finan­zen.“ “

2. Z 4 lautet:

„4. Der bisherige Text des § 91 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) § 10, § 29, § 30 Abs. 2 und 3, § 39 Abs. 6, § 59 Abs. 2, § 61 Abs. 5 erster Satz und § 90 letzter Satz sowie die Anlage 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

9. Art. VIII (Wählerevidenzgesetz 1973) wird wie folgt geändert:

1. Nach der Z 4 wird folgende Z 4a eingefügt:

„4a. In § 3 Abs. 3 wird der Ausdruck „des § 2 Abs. 4 und des § 9 Abs. 1“ durch den Ausdruck „der §§ 2 Abs. 2, 2a Abs. 4 und 9 Abs. 1“ ersetzt.“

2. Z 8 lautet:

„8. § 13a wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) § 1 Abs. 1 und 3, § 2, § 2a Abs. 4, § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 1 bis 3 und § 9 Abs. 2 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

10.Art. IX (Europa-Wählerevidenzgesetz) wird wie folgt geändert:

1. Nach der Z 8 wird folgende Z 8a eingefügt:

„8a. § 19 letzter Satz lautet:

„Die Vollziehung des § 16 Abs. 2 fällt in die Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen.“ “


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2. Z 9 lautet:

„9. Der bisherige Text des § 20 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) § 1 Abs. 1 und 2, § 2, § 4 Abs. 4 und 5, § 7 Abs. 1 und 3, § 12 Abs. 2 und 4, § 13 Abs. 6 und § 19 letzter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“ “

Begründung:

Zu den vorgeschlagenen Änderungen wird bemerkt:

Zu Z 1 betreffend den Gesetzestitel, Z 2.1 und Z 2.2 betreffend die Artikelbezeichnung und die Promulgationsklausel des Art. I und Z 2.4 betreffend Art. I Z 8 (Art. 151 Abs. 28 B-VG):

Entsprechend der üblichen legistischen Praxis bei Sammelgesetzen soll der Gesetz­entwurf als Bundesgesetz bezeichnet werden; lediglich Art. 1 soll als Verfassungsbe­stimmung erlassen werden (Z 1 und Z 2.1); die In-Kraft-Tretens-Bestimmung des Art. 151 Abs. 28 B‑VG ist entsprechend anzupassen (Z 2.4). Schließlich ist auch die letzte Änderung des B‑VG durch einfaches Bundesgesetz erfolgt, weshalb die Promul­gationsklausel des Art. I ebenfalls anzupassen ist (Z 2.2).

Zu Z 2.3 betreffend Art. I Z 5a (Art. 46 Abs. 2 B-VG):

In Art. 1 Z 10 der Regierungsvorlage (93 d. B.) eines Kundmachungsreformgeset­zes 2004 wird eine Neufassung des Art. 46 Abs. 2 B‑VG vorgeschlagen, mit der der im beigedruckten Gesetzentwurf vorgeschlagene Art. IV Z 1 (§ 5 Abs. 1 des Volksabstim­mungsgesetzes 1972) nicht mehr in Einklang stehen würde. Art. 46 Abs. 2 B‑VG soll daher durch Art. I Z 5a bereits jetzt neu gefasst werden; die in der Regierungsvorlage (93 d. B.) eines Kundmachungsreformgesetzes 2004 vorgeschlagene Änderung wird im Falle ihrer Beschlussfassung zu entfallen haben.

Zu Z 3.2 betreffend Art. II Z 6a (§ 129 Abs. 2 letzter Satz der Nationalrats-Wahlordnung 1992), Z 4.1 betreffend Art. III Z 5b (§ 27 letzter Satz des Bundespräsidentenwahlge­setzes 1971), Z 8.1 betreffend Art. VII Z 3d (§ 90 letzter Satz der Europawahlordnung) und Z 10.1 betreffend Art. IX Z 8a (§ 19 letzter Satz des Europa-Wählerevidenz­gesetzes):

Diese Bestimmungen wurden bisher nicht an § 81 AVG in der Fassung des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. 158/1998 angepasst, wonach der Bundesminister für Finanzen mit der Vollziehung des § 78 AVG (Bundesverwaltungsabgaben) betraut ist.

Zu Z 4.1 betreffend Art. III Z 5a (§ 11 Abs. 8 des Bundespräsidentenwahlgeset­zes 1971), Z 7.1 betreffend Art. VI Z 1 (§ 3 Abs. 2 erster Satz des Volksbegehrengeset­zes 1973), Z 8.1 betreffend Art. VII Z 3a bis 3c (§ 39 Abs. 6, § 59 Abs. 2 und § 61 Abs. 5 erster Satz der Europawahlordnung) und Z 9.1 betreffend Art. VIII Z 4a (§ 3 Abs. 3 des Wählerevidenzgesetzes 1973):

Zitierungsanpassungen und Bereinigung von Redaktionsversehen bzw. Druckfehlern.

Zu Z 6 betreffend Art. V Z 1 (§ 5 des Volksbefragungsgesetzes 1989):

Da § 5 des Volksbefragungsgesetzes 1989 nur aus einem Satz besteht, ist die Novel­lierungsanordnung entsprechend abzuändern.


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Zu Z 7.1 bis 7.3 betreffend Art. VI Z 1, 2 und 5 (§ 3 Abs. 2 erster Satz und Abs. 4 und § 10 Abs. 2 erster Satz des Volksbegehrengesetzes 1973):

Aus Gründen der Einheitlichkeit und Klarheit soll dann, wenn auf die Wahlberechtigung gemäß § 21 Abs. 1 NRWO verwiesen wird, der Begriff „wahlberechtigt“ (und nicht „stimmberechtigt“) verwendet werden. Soweit in § 10 Abs. 2 erster Satz des Volksbe­gehrengesetzes 1973 auf die Stimmberechtigung gemäß § 6 dieses Bundesgesetzes verwiesen wird, kann die Wortfolge „zur Wahl des Nationalrates“ als überflüssig entfal­len. In § 3 Abs. 4 hat am Ende des letzten Satzes das Wort „ist“ einmal zu entfallen; zugleich soll die Formulierung dieser Bestimmung an die des § 3 Abs. 2 angeglichen werden.

Zu Z 7.4 betreffend Art. VI Z 5a (§ 20 des Volksbegehrengesetzes 1973):

Der Begriff „Österreichisches Statistisches Zentralamt“ soll durch den Begriff „Bundes­anstalt „Statistik Österreich““ ersetzt werden.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


13.17

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Im ersten Teil ihrer Ausfüh­rungen hatte meine Vorrednerin ja durchaus in manchen Sachen Recht. Ich möchte aber am Anfang eine Berichtigung machen: Zu dieser Regelung ist keine Initiative von der ÖVP ausgegangen, sondern es war Herr Abgeordneter Krainer, der sich hier be­sonders eingesetzt hat – und er gehört immer noch der SPÖ an. (Beifall bei der SPÖ.) – Das nur zur Richtigstellung, dass man sich vieles an den Hut heftet, was man eigentlich lange Zeit verhindert hat.

Es handelt sich jetzt um eine einvernehmliche Regelung, die sicherlich zunächst eine der wichtigsten Berichtigungen der Wahlordnung ist, weil es nicht einsichtig ist, dass man am 1. Jänner eines Jahres einen willkürlichen Stichtag setzt, der letztendlich dazu führt, dass man all jene, wenn die Wahlen im Oktober stattfinden, die schon zehn Monate lang 18 sind, von der Wahl ausschließt. Das ist erstens ungerecht und wider­spricht zweitens auch der Einführung des Wahlalters. In Zeiten eines Zentralen Melde­registers sollte es kein Problem darstellen, diesbezüglich den Vollzug sicherzustellen, dass das zum Stichtag der Wahl auch tatsächlich funktioniert.

Daher ist, so glaube ich, diese Lösung eine erstens gerechte und zweitens durchaus technisch adäquate Lösung, weil die andere Lösung ja der Verwaltungsvereinfachung dienen sollte, aber mit dem Zentralen Melderegister sicher eine überholte Lösung ist.

Schade ist nur, dass auch diese Lösung von der ÖVP mehrere Monate lang verzögert wurde, denn wir waren eigentlich bereits im Frühsommer mit dieser Lösung fertig und hatten sie auch vereinbart. Trotzdem wurde vertagt. Das lässt natürlich den Verdacht aufkommen, dass man kein Präjudiz (Abg. Scheibner: Das wollte die Opposition, Herr Kollege!) für die Landeswahlordnungen in Oberösterreich und in Tirol schaffen wollte, mit dem man unter Umständen Gefahr laufen könnte, in diesen Bundesländern jene jungen Leute zur Wahl zu bringen, die vielleicht nicht genehm sind. (Abg. Scheibner: Das ist ein Unsinn!) Letztendlich ist es nicht aufzuhalten, und es wird auch dort den Vollzug dieses oder eines ähnlichen Gesetzes geben.

Noch mehr bedauere ich, dass meine Vorrednerin eine wirklich berechtigte Forderung, nämlich die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, so kategorisch ablehnt, mit irgend-


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welchen Studien von irgendwelchen Leuten, die irgendwelche Meinungen abgeben. (Abg. Dr. Brinek: Sie hat differenziert geantwortet!)

Die Praxis sieht anders aus. Wenn man sieht, dass diese Bevölkerungsgruppe bei den Gemeinderatswahlen im Burgenland im Durchschnitt am meisten vom Wahlrecht Ge­brauch gemacht hat – nämlich wesentlich mehr als die 20- bis 25-Jährigen und auch wesentlich mehr als die 25- bis 35-Jährigen –, so zeigt das, dass die Jugendlichen mit 16 Jahren weitaus mehr an Politik interessiert sind, als wir annehmen. Es ist schade, dass man ihnen den Zugang zur Politik verwehrt.

Man lässt sie alle Geschäfte des täglichen Lebens verrichten: Sie können Verträge abschließen, sie können Konten eröffnen, sie können Steuer zahlen. (Abg. Scheibner: Was? Mit 16?) Alle Geschäfte des täglichen Lebens sind erlaubt und werden auch ge­macht. Sie dürfen Steuern zahlen, dürfen aber nicht über die Verwendung dieser ihrer Steuern mitbestimmen. Das ist erstens ein logisch falscher Schluss und zweitens auch im Hinblick auf den Generationenvertrag, der in den Diskussionen der letzten Monate so oft beschworen wurde, schlecht.

Es gibt absurde Vorstellungen wie etwa das „Vertretungswahlrecht“ für Kinder für deren Eltern. Das ist meiner Meinung nach wirklich an den Haaren herbeigezogen! Aber denjenigen, die schon steuerliche Leistungen, und somit Leistungen für diesen Staat erbringen, das Wahlrecht nicht zu geben, ist absurd. Eine solche Ausweitung des Wahlrechts abzulehnen, ist antik, meiner Meinung nach vollkommen veraltet und zeigt eindeutig die konservative Politik, diese Versteinerungspolitik, wie sie im konser­vativen Lager nach wie vor üblich ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Einerseits spricht man davon, dass man die Jungen, die immer weniger werden, in Ent­scheidungen über die Pensionen mehr einbinden muss. Wenn es aber darum geht, die Jugendlichen in die politische Diskussion allgemein miteinzubinden, nämlich als gleich­berechtigte Mitglieder, als Wähler und Wählbare, dann schließt man sie aus. Das ist eine sehr zweischneidige Politik, die große Vorbehalte zeigt.

Überhaupt ist für mich die ganze Diskussion merkwürdig, wenn die Frau Bundesminis­ter von einer Generation, die mehr auf Partys geht, als Kinder macht, spricht, letztend­lich aber selber Kinder hat, die wiederum keine Kinder haben und Doppelverdiener sind. Man kann natürlich immer mit zweierlei Maß messen. Wenn es mich selbst betrifft, dann lieber nicht, wenn es die andern betrifft, dann schon. (Abg. Scheibner: Das ist aber nicht seriös, diese Argumentation!) – Das ist schon seriös, weil es so ist. Es ist eine Tatsache! Man kann immer Wasser predigen und Wein trinken. Wenn für die anderen das Wasser recht ist, dann soll es aber auch für denjenigen, der eine solche Diskussion eröffnet, recht sein.

Es ist schade, dass man sich von Seiten der Regierungsparteien nicht zu einer Wahl­altersenkung durchringt. Sie wäre höchst an der Zeit, sie wäre notwendig! Aber Sie ziehen permanent einen alten Kalauer hervor, nämlich die Briefwahl (Abg. Dr. Baum­gartner-Gabitzer: Damit schließen Sie Menschen aus!), die, wie Sie selbst gesagt haben, bereits überholt ist, weil sie wahrscheinlich durch das E-Voting überholt wird. Es wäre wahrscheinlich gescheiter, wenn wir uns gleich über die neue Lösung unter­halten, als die alte permanent aus den Hut zu ziehen – als irgendeine Forderung, die mehrmals auf den Tisch kommt, aber immer gleich schlecht bleibt! (Abg. Dr. Baum­gartner-Gabitzer: Die ist nicht schlecht!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

13.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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Stenographisches Protokoll
32. Sitzung / Seite 99

13.24

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich werde mich nicht an dieser fast mit einer DNA-Analyse vorgenommenen Untersuchung beteiligen, wer jetzt der Urheber dieser Reform ist. (Abg. Heinisch-Hosek: Wir!) Seien wir doch froh, dass wir einmal in einer wichtigen Frage des Wahlrechts, eines gerechten Wahlrechts gerade für die jungen Österreiche­rinnen und Österreicher, gemeinsam einen Konsens erzielt haben. Ich werde auch nicht die Frage stellen, wer diesen Unsinn eingeführt hat, dass wir das Wahlalter zwar theoretisch mit 18 Jahren festgelegt haben, der Stichtag aber mit 1. Jänner des Wahl­jahres normiert wurde, sodass beim letzten Mal, einer Dezemberwahl, über 80 000 per Verfassung Wahlberechtigte nicht wählen konnten.

Ich halte das also für eine wichtige, richtige, notwendige Korrektur, mit der in Zukunft sichergestellt ist, dass jeder, der zum Wahltag das Wahlalter erreicht hat, auch wirklich wahlberechtigt ist und an den Wahlen teilnehmen kann.

Es ist natürlich richtig, dass das einen Teil von verschiedenen und notwendigen Adap­tierungen des Wahlrechts darstellt – ob das jetzt die Briefwahl ist oder etwas anderes, etwa dass vor allem auch unsere Auslandsösterreicher von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können, was auch von uns Freiheitlichen befürwortet wird. Man sollte aber auch andere Dinge überlegen. So wäre beispielsweise die möglichst weitgehende Direktwahl von Funktionen wie etwa unserer Ansicht nach die der Landeshauptleute durchaus zu überlegen. Sie könnten in einer direkten Wahl bestellt werden, wie ja in vielen Bereichen schon die Bürgermeister-Direktwahl sehr erfolgreich durchgeführt worden ist und sich durchgesetzt hat.

Was die weitere Senkung des Wahlalters anbelangt, so habe ich schon in der ersten Lesung gesagt, dass ich, wie schon damals, in meiner Zeit als Jugendvertreter, dieser Forderung nach einer Senkung des Wahlalters auf 16 grundsätzlich beitreten könnte, dafür Sympathien habe, es aber diesbezüglich auch andere Meinungen gibt, mit Argu­menten, die ebenfalls zu überlegen sind. Aber zumindest auf kommunaler Ebene und was die Teilnahme an Instrumenten der direkten Demokratie – Volksbegehren, Volks­befragungen – anbelangt, wäre ein Wahlalter von 16 meiner Ansicht nach auf jeden Fall überlegenswert.

Allerdings, Herr Abgeordneter Wittmann, sollte man, wenn man schon Vergleiche bringt wie, dass sie Auto fahren und schon Verträge abschließen dürfen und so weiter (Abg. Gradwohl: Steuern zahlen!) – und Steuern bezahlen dürfen, dann auch exakt argumentieren, denn wenn Sie hier diese Möglichkeit, Geschäfte des täglichen Lebens abzuschließen, als Argument für ein Wahlalter von 16 Jahren anführen, dann müssen Sie wissen, dass der mündige Minderjährige, um den es sich hiebei handelt, schon mit 14 beginnt. Also: Das richtige Argument auch für den richtigen Faktor heranziehen und nicht das eine ein bisschen unter den Tisch kehren!

Wir werden also, glaube ich, auch bei der Wahlalterfrage noch einige Diskussionen führen. Ich möchte aber, da man immer von der Demokratieverdrossenheit und Demo­kratiemüdigkeit der Jugend spricht, hier noch einen Punkt erwähnen. Über diese disku­tieren wir, seit ich hier im Hohen Haus bin, wahrscheinlich auch schon davor; das läuft jedenfalls schon eine große Zahl an Jahren. Dabei wird jedoch immer Demokratie­verdrossenheit mit Politik- beziehungsweise Parteipolitikverdrossenheit verwechselt! Ich denke, dass sich die Jugendlichen selbstverständlich gerne und aktiv genauso viel beziehungsweise genauso wenig wie frühere Generationen am politischen Geschehen in Österreich beteiligen oder beteiligen wollen. Was hingegen – und da, glaube ich, müssen wir uns alle, und zwar alle miteinander hier im Hohen Haus, überlegen, warum das so ist – wirklich abgenommen hat und noch immer abnimmt, ist die Bereitschaft, sich für politische Parteien zu engagieren.


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Man kann natürlich sagen: Bei uns nicht! Aber wenn man wirklich ehrlich ist und sich in den eigenen Parteistrukturen umsieht, dann weiß man, dass dem so ist. Sie werden bei jeder inhaltlichen Diskussion, bei Fragen von Bürgerinitiativen, wenn es um Sach­themen geht, viele junge Menschen im Publikum sehen, die sich auch aktiv mit der jeweiligen Frage beschäftigen. Wenn Sie aber in die eigene Parteiorganisation hinein­sehen, werden Sie erkennen, dass es immer schwieriger wird, den jungen Leuten klar zu machen, dass Österreich auch eine Parteiendemokratie ist und dass deshalb für jemanden, der sich nachhaltig und aktiv für die österreichische Politik engagieren möchte, irgendwann einmal der Weg an einer politischen Partei nicht vorbeiführt.

Diesbezüglich haben wir wirklich einiges zu tun, und zwar endlich zu tun, um unsere Strukturen – und ich sage noch einmal, das gilt wohl für alle Parteien hier – so zu überdenken, auch den Modus der Erstellung von Kandidatenlisten, auch die Frage, wie die Mechanismen in den Jugendorganisationen, die alle schon bessere Zeiten hatten, was ihren Einfluss in der Politik und in der Öffentlichkeit anbelangt, adaptiert werden können, dass sie für junge Menschen in Zukunft attraktiver gestaltet werden. Jeder, der hinsichtlich dieser Frage für seine Partei einen neuen, einen richtigen Weg aufzeigt, hat in Wirklichkeit für das gesamte parteipolitische Gefüge viel getan! Das sei uns allen und unseren Parteizentralen ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage es noch einmal: Der heutige Tag ist positiv, da wir alle, alle Fraktionen dieses Hauses, der Gerechtigkeit im Wahlrecht, im Wahlsystem einen Schritt weiter zum Durchbruch verholfen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abge­ordnete Dr. Glawischnig zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.30

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Reife einer Demokratie misst sich meiner Meinung nach an zwei Kriterien (Ruf bei den Freiheitlichen: „Lex Glawischnig“!): am Umgang mit Minderheiten und daran, in welchem Ausmaß Partizipation gewährleistet ist.

Wir machen heute einen Schritt in Richtung weiterer Partizipation, und in diesem Sinne ist es für unsere Demokratie auch eine Entwicklung im Positiven.

Historisch betrachtet, ist es sehr interessant, dass 1907 das aktive Wahlalter bei 24 Jahren lag – allerdings nur für Männer, Frauen durften damals noch nicht wählen! Erst 1920 durften auch die Frauen wählen, damals ebenfalls noch ab 24. Ein großer Schub kam in den siebziger Jahren, als das aktive Wahlalter auf 19, das passive auf 21 Jahre gesenkt worden ist. Nun gehen wir den nächsten Schritt in der Stichtagsrege­lung, die nicht nur sehr ungerecht war, sondern auch eine Systemwidrigkeit darstellte, da andere Voraussetzungen für die Wahl, wie zum Beispiel die Staatsbürgerschaft oder das Nichtausgeschlossensein vom Wahlrecht mit dem Stichtag und nicht mit 1. Jänner des Kalenderjahres eintreffen mussten. – Es ist also eigentlich ein Grund, sich zu freuen.

Was ich jedoch bedauerlich finde, ist, dass, wenn man sich diese historische Entwick­lung anschaut, der nächste Schritt so umstritten ist. Die Gesellschaft hat sich verän­dert, die jungen Leute haben sich verändert. Sie sind sehr viel früher in der Lage, an der Politik Anteil zu nehmen und auch interessiert an Politik! Die Schritte, die es in den Bundesländern bereits gegeben hat, haben gezeigt, welch gute Wahlbeteiligungs­ergebnisse eine Wahlaltersenkung auf 16 bringen kann. Im Burgenland – wir haben es


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schon gehört – waren es über 80 Prozent! Besonders bemerkenswert ist, dass, wie Studien aus Deutschland zeigen, gerade die Wahlbeteiligung dieser sehr jungen Leute, jener zwischen 16 und 18 Jahren, so hoch ist wie erst wieder jene der Altersgruppe ab 35 Jahren.

Dies belegt die Wahlbeteiligungskurve. Wir kennen diese Kurve. Bei jenen mit 18 Jah­ren ist die Wahlbeteiligung noch relativ niedrig, sie steigt dann mit dem Lebensalter an. Aber gerade die ganz jungen Leute haben ein sehr hohes Interesse daran, sich zu be­teiligen. Und es ist extrem wichtig, das auch zu berücksichtigen! Es ist das erste Mal, und die Erfahrungen aus Deutschland, aus Graz, aus Kärnten und aus dem Burgen­land zeigen, dass das der richtige Weg wäre. (Beifall bei den Grünen.)

Im Übrigen, um auch ein Argument von Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer zu ent­kräften, wählen wir in der Regel – Ausnahmen bestätigen die Regel – nur alle vier Jahre. (Heiterkeit bei den Grünen.) – Verzeihen Sie, dass ich jetzt Sie angeschaut habe, Herr Scheibner! Das war wohl eine Assoziation zu Freiheitlichen in der Regie­rung. – Da wir also in der Regel nur alle vier Jahre wählen, bedeutet das, dass das durchschnittliche Alter der ErstwählerInnen 18 Jahre, und nicht 16 wäre.

Bei der letzten Nationalratswahl war dieser Effekt durch diese Stichtagsregelung noch höher. Infolge dieser geringen Möglichkeit, das nur alle vier Jahre zu machen, wäre es, denke ich, zusätzlich gerechtfertigt, dieser Generation von 16 bis 20 die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Generation, die oft als „Internet-Generation“ bezeichnet worden ist, ist an Politik interessiert. Ich glaube, man muss das zur Kenntnis nehmen, dass es eine Differenzie­rung gibt zwischen Parteipolitik und inhaltlicher Politik. Und ich glaube nicht, Herr Kolle­ge Scheibner, dass man Politik nur innerhalb von Parteien machen kann, im Gegenteil! (Abg. Scheibner: Das habe ich nicht gesagt! „Auch“!) Ich halte soziale Bewegungen, aber auch, dass junge Leute, wie jetzt beim Irak-Krieg, für etwas auf die Straße gehen, ebenfalls für politische Aktivitäten. Das ist eine Zivilgesellschaft, die politisch aktiv ist.

Auch Vereine, NGOs, also Nichtregierungsorganisationen, sind ein Teil des politischen Lebens. Wir sollten diese im politischen Leben mit Rechten bedenken. Wir kämpfen schon lange darum, dass NGOs auch in Verfahren gewisse Möglichkeiten haben. Mehr Beteiligung für Politik machen, nicht nur in den Parteien, wäre eine wichtige Frage, mit der Sie, denke ich, bei Jugendlichen sehr viel Anerkennung finden würden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Mitterlehner: Sollen sie in die Politik gehen!)

Es freut mich, dass es eigentlich eine Mehrheit im Nationalrat für eine Wahlaltersen­kung auf 16 gibt. Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, die Diskussion darüber weiter, in den Verfassungskonvent zu schieben und dort zu vertagen, sondern ich würde mir wünschen, dass die heutige Diskussion ein Anstoß für die Verfassungssprecherinnen und -sprecher der Fraktionen ist, diesen weiteren Schritt noch einmal ausführlich zu diskutieren und vielleicht eine gemeinsame Vorlage, wie diese hier, zustande zu bringen.

Ein abschließender Satz noch: Ich finde es schade, dass der Bundeskanzler dieser Diskussion nicht beiwohnt, obwohl wir vorher so viel darüber geredet haben, wie wich­tig die Beteiligung der Jugend in der Politik ist, vor dem Hintergrund dieser ganzen Generationendiskussion. Schade, dass er nicht mehr dabei ist!

Was ich auch schade finde, ist – das ist an die ÖVP gerichtet –, dass Ihre jüngste Ver­treterin auf der RednerInnenliste erst als Vierte zu Wort kommt. Ich finde es schade, dass es, wenn es darauf ankommt, doch nicht so ernst gemeint ist mit „Die Jugend


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nach vor!“. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Wichtig ist, dass sie spricht!)

13.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.36

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Kollegin Glawischnig! Ich finde es schade – um bei Ihrem Wort zu bleiben –, dass nur wir Jugendvertreter hier im Parla­ment haben, denn nur wir von der ÖVP haben drei, die sich wirklich jung nennen kön­nen. Das finde ich schade! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Aber reden dürfen sie nicht! – Abg. Krainer: Da halte ich aber schon mit, oder?)

Wir waren alle einmal jung (Abg. Sburny: Manche ... aber nicht!), aber das ist unser Schicksal. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Gott sei Dank sitzen einige unserer Fraktion auch heute noch hier. Wenn ich in die SPÖ-Fraktion schaue, da sind die meisten schon mehr ergraut als ich, liebe Kollegin! (Abg. Mag. Wurm: Hand aufs Herz: Sagen Sie, dass wir alt sind! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich kann mich noch daran erinnern, dass, als ich mit Klubobmann Cap und Herrn Gusenbauer seinerzeit in der österreichischen Friedensbewegung und bei anderen Treffen zusammen war, auch für uns noch galt, dass wir jung waren. Aber manche von uns glauben, immer jung zu bleiben, für immer jung! Es ist nicht nur immer eine Sache des Alters, ob man jung ist, sondern auch eine Sache der Einstellung. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. – Abg. Heinisch-Hosek: Sie sagen es! – Abg. Mag. Wurm: Bravo!) – Ich freue mich, dass Sie da meiner Meinung sind. Wir haben hier kein Problem mit der Jugend, überhaupt nicht!

Für mich sehr interessant ist – und das ist wieder das Positive –, dass sich alle vier Fraktionen darin einig sind, dass wir mit dem, was wir heute beschließen, in eine rich­tige Richtung unterwegs sind, dass das richtig und gut ist. Und wie überall haben dann Erfolge viele Väter. (Abg. Sburny: Manchmal aber auch Mütter!) Wenn etwas als Nie­derlage gesehen wird, ist es meistens ein Waisenkind.

Ein Vater hier ist quasi eine Mutter, nämlich unsere Silvia Fuhrmann, die sich in unse­rer Fraktion sehr für diese Änderung eingesetzt hat. Das war auch richtig so. Ich brauche das wohl nicht zu wiederholen, es ist schon gesagt worden, die bisherige Stichtagsregelung war ungerecht.

Noch eine Bemerkung zur Wahlaltersenkung auf 16 Jahre: Niemand von uns, niemand in der ÖVP hat, wie es angedeutet worden ist, Angst vor einem Wahlalter von 16 Jah­ren! Die Frage ist aber immer, ob es richtig ist, wenn man diesen Schritt setzt. Es ist eine völlige Verkehrung von Fakten, wenn man uns unterstellt, dass wir aus parteipoli­tischen Motiven nicht dafür sind. Wir halten es schlichtweg demokratiepolitisch nicht für zielführend und auch nicht für sinnvoll. (Abg. Dr. Glawischnig: Warum?)

Und wir sind da auch nicht versteinert, Kollege Wittmann, denn dann wäre ganz Europa versteinert. (Abg. Öllinger: Manchmal ist das auch so!) Wo ist bei einer ge­setzgebenden Körperschaft in Europa das Wahlalter 16? Wo? (Abg. Heinisch-Hosek: Beispiel ...!) – Das gute Beispiel ist, die Jugend hier, Schritt für Schritt, ... (Abg. Mag. Wurm: Man kann ja auch Vorreiter sein!) – Ja wir sind doch hier Vorreiter! Die erste Gemeinde, in der mit 16 Jahren gewählt werden konnte, war in der Steiermark, nämlich das kleine Oberzeiring. (Abg. Dr. Glawischnig: ... gesetzgebende Körper­schaft!) Dort gab es eine von der SPÖ unterstützte Bürgermeisterin. Nach Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre haben wir jetzt einen ÖVP-Bürgermeister. (Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP.)


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Die zweite Gemeinde in der Steiermark mit einem Wahlalter von 16 Jahren war die Landeshauptstadt Graz. In der Landeshauptstadt Graz hätten wir nicht elf Prozent zugelegt, wenn wir nicht bei der Jugend, bei den 16- bis 18-Jährigen, überdurchschnitt­lich gewonnen hätten! (Beifall bei der ÖVP.)

Also dort, wo es auf kommunaler Ebene sinnvoll ist, hat sich die Jugend immer eindeu­tig ... (Abg. Mag. Wurm: Sehen Sie, wie altruistisch wir sind! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Es ist so! Das sind Fakten! (Abg. Krainer: Burgenland!) Diese Wahlen waren erst nachher. (Abg. Krainer: Burgenland! Graz war lange nach dem Burgen­land!) Es war das kleine Oberzeiring – ich sage es Ihnen noch einmal –, wo erstmals in Österreich Sechzehnjährige wählen durften. (Abg. Krainer: Graz war viel später!) – Vorher war Oberzeiring! (Abg. Krainer: Graz war viel später!) – Lassen Sie Ober­zeiring, dieser kleinen Gemeinde, die Freude, dass dort erstmals in Österreich Sech­zehnjährige wählen durften!

Also: Aus rein parteipolitischen Gründen könnten wir sofort sagen: Ja, bitte Wahlalter 16! Aber Wahlrechtsfragen sind für uns keine Fragen, die man durch die parteipoli­tische Brille betrachten sollte. (Abg. Mag. Wurm: Ach! Nicht?) – Nein, sondern Wahl­rechtsfragen sollen, so wie wir es heute in vorbildlicher Art und Weise machen, mit einer Vier-Parteien-Einigung beschlossen werden. Das nämlich muss unser Ziel sein: eine Vier-Parteien-Einigung, wie wir sie heute hier geschafft haben!

Wenn man schon ernsthaft über Partizipation von Jugendlichen nachdenkt – und das sollte unser Ziel sein; da bin ich ganz Ihrer Meinung, Frau Kollegin Glawischnig –, dann muss man sich anschauen, was die Jugend wünscht. Und da gibt es in allen Studien einen großen Unterschied zwischen dem, was unsere traditionelle Politik ist, und dem, was Sie auch angesprochen haben, was die Jugend unter aktionistischer Politik ver­steht.

Dort, im aktionistischen Bereich, ist die Jugend sehr interessiert. Aber ich nehme jetzt Wien her – nicht unbedingt eine Hochburg der ÖVP, Kollege Krainer, wie Sie als Wiener Mandatar wissen –: In Wien hat es unter 14 000 Wiener Schülerinnen und Schülern eine Umfrage gegeben. Immerhin 14 000 Schülerinnen und Schüler sind da befragt worden, und das Ergebnis ist ganz interessant: Im Bereich Partizipation gab es eine ganz hohe Zustimmung; Sie kennen diese Studie ja auch. Auf die Frage, ob sie wählen wollen, haben immerhin 63 Prozent gesagt, dass sie das eigentlich ablehnen.

Jetzt muss man fragen: warum? Und da, sage ich Ihnen, ist es unsere Aufgabe, in viel breiteren Bereichen, als es bisher möglich war, Partizipation und Mitwirkung für die Jugend zu ermöglichen. (Abg. Öllinger: Warum wollen Sie den Rest nicht wählen lassen?) Da hat mir sehr gefallen, was Klubobmann Scheibner gesagt hat: Es sind alle Parteien gefordert, darüber nachzudenken – bei der demographischen Entwicklung, die wir haben –, wie wir es auch parteiintern schaffen, dass Junge, die mittun wollen, auch das Gefühl haben, ernst genommen zu werden, und dann auch die Chance haben, Mandate zu besetzen – ob auf Gemeindeebene, auf Landes- oder auf Bundes­ebene.

Wir nehmen die Anliegen der Jugend sehr ernst, und gerade auf kommunaler Ebene gibt es hier eine Reihe äußerst positiver Beispiele und sehr guter Möglichkeiten, wie man die Jugend einbinden kann.

Wenn ich schon beim Stichwort Partizipation bin, dann sage ich Ihnen auch Folgen­des, und das mag Sie jetzt ärgern – die Kollegin Baumgartner-Gabitzer hat es schon erwähnt –: Ich verstehe wirklich nicht, aus welchem Grund Sie gegen die Briefwahl sind. Wenn ich einerseits anerkenne, dass sich unsere Gesellschaft ändert – und ein ganz entscheidender Punkt bei dieser Änderung ist die Mobilität –, und ich andererseits


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haben möchte, dass möglichst viele von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen können, dann ist natürlich die Briefwahl eine Möglichkeit, die massiv genutzt werden könnte.

Ich nenne Ihnen deutsche Beispiele. Bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag hat jeder fünfte Wähler – jeder fünfte Wähler! – von der Briefwahl Gebrauch gemacht. Wenn ich hingegen Österreich betrachte: Sie haben es bei der Abeiterkammerwahl zugelassen, per Briefwahl die Stimme abgeben zu können. Es waren in Tirol bei der letzten Arbeiterkammerwahl 65 Prozent der Stimmberechtigten – die Arbeiterkammer leidet ja unter einem massiven Wählerschwund; die Wahlbeteiligung dort ist nicht un­bedingt ein Vorbild –, denn dort wurde von Ihrer Seite ermöglicht, per Briefwahl die Stimme abzugeben. Auf Nationalratsebene aber sträuben Sie sich dagegen. Für mich ist das völlig unverständlich!

Wenn Sie jetzt sagen: Diesen Schritt lassen wir aus, wir gehen gleich zum E-Voting über!, dann ist das für mich alles andere als logisch. (Abg. Krainer: Haben wir ja nicht ausgelassen!) Obwohl ich sehr wohl dafür bin, dass wir uns rechtzeitig darauf einstel­len. Denn das wäre jene Form der Beteiligung, die dann ganz massiv gerade auch wie­der von Jüngeren, für die es selbstverständlich ist, mit diesem Medium zu arbeiten, in Anspruch genommen würde. (Abg. Öllinger: Da müssen sie aber auch wählen dürfen!)

Daher zusammenfassend und auf den Punkt gebracht: Lassen Sie zu, dass wir eine bessere Möglichkeit haben, was die Wahlberechtigung betrifft, denn ich halte es – und das sage ich abschließend – nicht für gut, wenn bei einzelnen Wahlen – Stichwort letzte Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl – die größte Fraktion die Nichtwähler sind. Bei den Europaparlamentswahlen war das noch viel massiver. Der erste Schritt wäre die Briefwahl, und es ist ganz, ganz wichtig, dass wir den nächsten Schritt tun, nachdem wir heute beschlossen haben, den Stichtag mit 18 neu zu regeln. Über alles andere kann man diskutieren. Wenn es sich auf kommunaler Ebene weiter bewährt – und es hat sich bisher bewährt! –, dann bitte ich Sie, den nächsten Schritt mit uns zu gehen und die Briefwahl zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


13.44

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich verstehe jetzt viel besser, warum es nicht gewünscht war, dass dieses Thema heute in der Fernsehzeit diskutiert wird (Abg. Scheibner: Das wäre ja keine Fernsehzeit gewesen!), denn, angefangen von der Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, dermaßen lustlos ein Thema vorzutragen, mit skurrilen Argumenten gespickt, die überhaupt nicht stimmen, das spricht für sich. (Abg. Dr. Fekter: Da haben Sie nicht aufgepasst! Die Frau Kollegin Baumgartner war ziemlich engagiert und sachlich! Sachlich war sie! Das ist etwas, was Sie nicht kennen!)

Wenn Herr Kollege Lopatka Studien zitiert, soll er nicht immer die Hälfte weglassen. Die Dreizehn- bis Sechzehnjährigen, die von dieser großen Studie in Wien erfasst wurden, waren sehr wohl dafür, dass sie mit 16 wählen dürfen. Die Älteren haben das nur nicht so betrachtet, sehr geehrte Frau Kollegin Fekter, und jung sein allein ist noch kein Programm. Ich kann jung sein, aber alte Thesen vertreten. Das sieht man sehr genau an der Kollegin Fuhrmann mit ihrer Generationendebatte, die sie als Schein­debatte gegen die Frau Bundesministerin Gehrer führt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie haben bisher immer so viel Mut bei Ihren Reformen gehabt. (Abg. Murauer: War­um sind Sie gegen die Briefwahl?) Sie haben mit großer Geschwindigkeit Beschlüsse


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gefasst, wie etwa eine Pensionskürzungsreform, die genau diese Jugendlichen trifft, die in 30 Jahren minus 30, minus 40 Prozent Pensionen bekommen werden. (Abg. Murauer: Sagen Sie in einem Satz, warum Sie gegen eine Briefwahl sind!) Ich ver­stehe, dass Sie nicht in der Fernsehzeit darüber diskutieren wollen: weil das Themen sind, die die Jugendlichen treffen, Sie aber mit der Internet-Generation überhaupt nichts am Hut haben und dieser Bevölkerungsgruppe null Interesse entgegenbringen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren, ich wiederhole es gerne noch einmal: Es waren immerhin 85 000 junge Leute, die, obwohl sie volljährig waren, bei der letzten Wahl nicht wahlbe­rechtigt waren. (Abg. Dr. Fekter: Keine Briefwahl! Ihr verhindert das!) Sie haben nicht sofort reagiert. Es waren die Initiativen der SPÖ und der Grünen, die Sie Monate lang darüber nachdenken ließen, ob Sie überhaupt etwas ändern sollen. Der Druck ist grö­ßer geworden, und dann haben Sie sich mit der Opposition auf eine Vier-Parteien-Eini­gung verständigt. Im Juni – eigentlich viel zu spät; das hätten wir alles noch vor dem Sommer beschließen können – ist der Vier-Parteien-Antrag endlich zu Stande gekom­men, und heute – wir werden natürlich dabei sein bei diesem Vier-Parteien-Antrag – können wir das beschließen.

Aber Sie haben sehr wenig Interesse daran, was die Partizipation, was die Mitbestim­mung von jungen Menschen betrifft, nämlich die Ausweitung der Mitbestimmung. Das ist heute auch schon ein paar Mal angesprochen worden. Ich sehe das heute als ersten Schritt, und ich denke, der logische zweite Schritt muss die Möglichkeit sein, mit 16 zu wählen, meine Damen und Herren.

Und weil heute das Kinderwahlrecht angesprochen wurde. – Das wird plötzlich sympa­thisch gefunden vom Herrn Minister Bartenstein, von der Frau Ministerin Gehrer. Diese beiden sind ohnehin die größten Verhinderer im Bereich der Bildung und Ausbildung der jungen Menschen (Abg. Murauer: Ach so?), und jetzt finden sie es sympathisch, wenn die Eltern über die Köpfe der Jungen hinweg irgendwelche Stimmen abgeben?

Aber Sie könnten sich ein Beispiel nehmen am Klubobmann der steirischen Volkspar­tei. Herr Kollege Drexler ist nämlich für eine „Wahlaltersenkung statt obskurem Kinder­wahlrecht“. Er hat klare Worte gefunden in dieser Beziehung! Er bekennt sich nämlich zum Grundsatz des allgemeinen und des gleichen Wahlrechts und lehnt einen so genannten Fortpflanzungszensus ab. Er sagt, ein Wahlalter 16 sei eine Frischzellenkur für die Demokratie. – Diese würde Ihnen wirklich nicht schaden! Das ist auf der Home­page der steirischen Volkspartei nachzulesen, meine Damen und Herren.

Aber die Damen und Herren auf der Regierungsbank – heute waren es nur Herren; ich weiß nicht, wo die Damen gerade ihre Herbstarbeit machen – sind mittlerweile so weit entfernt von diesem Thema, dass sie nicht erkennen wollen – und auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien –, dass Wahlaltersenkung, eine Mitbestimmung, auch ein präventives Instrument sein kann, ein präventives Instrument gegen Politikverdrossenheit, ein präventives Instrument gegen Demokratiemüdigkeit und ein präventives Instrument gegen Staatsverdrossenheit.

Ich sage Ihnen: Einen stabilen Generationenvertrag können wir nur dann möglich machen, wenn wir alle Menschen, die hier leben, einbeziehen, auch die Jugendlichen zwischen 16 und 18. Immerhin sind das 200 000 junge Österreicherinnen und Österrei­cher, die Sie ausschließen wollen, weil Sie sich vielleicht ein bisschen davor zu fürch­ten beginnen, dass sich diese Gruppe der Menschen in Österreich anders entscheiden könnte.

Im Burgenland war es so: Dort haben die Volkspartei und die Freiheitliche Partei nicht wirklich in dieser Altersgruppe dazugewonnen, und daher stellen Sie das in Frage und sagen, die sind vielleicht unreif oder die sind gar nicht interessiert. (Abg. Dr. Fekter:


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Und wie war es in Niederösterreich? Wie war es bei der Nationalratswahl? – Abg. Mur­auer: Warum sind Sie gegen die Briefwahl?)

All das könnte man für die Erwachsenen auch in Anspruch nehmen, meine Damen und Herren. Die Jungen sind sehr gut informiert, sie informieren sich über das Internet. Sie glauben gar nicht, wie schnell und gut informiert junge Leute sind.

Die Junge ÖVP springt sowieso hin und her. Als ihr im Bundesjugendring noch gesagt habt: Wir sind für die Wahlaltersenkung!, hat Frau Fuhrmann kurze Zeit später gesagt: Wir sind doch nicht dafür. Irgendwie sind Sie der weisungsgebundene verlängerte Arm des Herrn Bundeskanzlers, Frau Fuhrmann.

Jugend allein ist noch kein Programm. Ich orte bei Ihnen allen große Jugendverdros­senheit, bei allen Mitgliedern der Bundesregierung und allen Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien hier, denn mit Ihrem Verhalten stoßen Sie wirklich eine große Gruppe von wichtigen jungen Wählerinnen und Wählern – nämlich 200 000 – vor den Kopf. Und Demokratie ist kein Privileg des Alters, Demokratie ist ein Recht auf Mitbe­stimmung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Lichtenegger zu Wort. – Bitte.

 


13.50

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Was wir heute beschließen – der Wahltag ist der Stichtag –, ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ein sehr fairer Schritt. Heute werden wir einem langen Wunsch nach einer Mitbestimmungsphase der Jugend in Österreich gerecht. Es ist ja nicht nur in Österreich, sondern auch weltweit so, dass heutzutage die Jugendphase schon viel früher beginnt. Jugendliche beginnen sich frü­her von ihrem Elternhaus abzunabeln und entwickeln früher Entscheidungsautonomie.

Ich glaube, es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, den Jugendlichen, die bis zum Wahltag ihr 18. Lebensjahr abgeschlossen haben, ein Mitbestimmungsrecht zu geben. Das ist für mich als Jugendvertreter eines der Highlights, die ich bisher in diesem Haus erlebt habe, nämlich ein wichtiger Schritt für unsere Jugend. (Abg. Öllin­ger: Sie sind schon sehr bescheiden geworden!) – Ja, man wird bescheiden in diesem Haus. (Heiterkeit.)

Es ist wichtig, die Jugendlichen auch mehr in das öffentliche Leben einzubinden. Es ist auch wichtig, wie vorhin bereits angesprochen wurde, das Interesse der Jugendlichen an der Politik und am öffentlichen Leben zu wecken und zu wahren. Das ist sicher nicht einfach. Es gibt Studien, wonach nur 20 Prozent der Jugendlichen angeben, sich in Jugendorganisationen engagieren zu wollen. 60 Prozent der 14- bis 19-Jährigen sehen als ihren wichtigsten Lebensinhalt ihre Freizeit. Erst im späteren Alter beginnen sie über Dinge wie Politik, Demokratie, Staat, Rechte und Pflichten nachzudenken.

Es ist natürlich schwierig, Jugendliche auch davon zu überzeugen, dass sie in ge­wisser Weise ihre eigene Zukunft beeinflussen können. In Kärnten besteht seit März die Möglichkeit, Jugendliche ab 16 an den Kommunalwahlen teilnehmen zu lassen. Ich glaube, das ist ein gelungener Schritt gewesen. In einem kleinen Bereich, wo man auch als Jugendlicher noch die Übersicht behält, ist es wichtig, wenn man seine nähere Umgebung mitbestimmen kann. Ich denke, das wird sich auch bewähren.

Es ist natürlich die Frage, ob es Sinn macht, auf Bundesebene das Wahlalter zu sen­ken. Es ist das sicher ein wichtiger Diskussionspunkt. Man muss natürlich auch die In­teressen der Jugendlichen wahren, man muss ihnen die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Man kann auch nicht einen jungen Mann sofort in ein Formel-1-Auto


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setzen, sondern man muss sich, glaube ich, langsam nach oben arbeiten. Das ist auch wichtig. (Abg. Sburny: Man muss einen jungen Mann überhaupt nicht in ein Formel-1-Auto hineinsetzen! – Abg. Öllinger: Auch eine junge Frau muss weder in die Formel 1 hinein, noch muss sie wählen! Sie soll nur das Recht haben!) – Nein, aber wenn ich die Kommunalpolitik mit der Bundespolitik vergleiche, dann kann man den Vergleich Gokart – Formel 1 durchaus ziehen. Von daher sollten wir die Jungendlichen langsam heranbringen. Ich meine, das ist der richtige Weg.

Es ist sicher zu diskutieren, aber ich bin der Ansicht, dass wir verstärkt im kommunalen Bereich die Jugendlichen für parteipolitische Arbeit zu gewinnen versuchen sollten, dass wir versuchen sollten, die Jugendlichen für verschiedene Jugendorganisationen auf kommunaler Ebene zu gewinnen und sie langsam darauf vorzubereiten, zu lernen, was es heißt, in diesem Staat Verantwortung zu tragen.

Und es ist natürlich ein erster Schritt in die neue Selbstständigkeit. Diese Bundesregie­rung versucht, die Leute zu einer gewissen Selbstständigkeit zu erziehen. Das heißt, sie sollen lernen, dass der Staat nicht alles für sie macht. Es ist auch sehr wichtig, dass man das schon im Jugendalter lernt. Die Jugendlichen sind, glaube ich, selbst­ständiger, als wir alle glauben. Deswegen ist es aber auch wichtig, dass man sie lang­sam in diesen Prozess mit einbindet.

Ich denke, es ist der richtige Weg, den wir in Kärnten gegangen sind, und ich hoffe, es bleibt noch weiterhin viel Diskussionsstoff auch hier in diesem Haus übrig. Ich bin froh, dass wir heute dieses Wahlaltergesetz, diesen Stichtag, neu definieren und so mehr Jugendlichen eine faire und gerechte Chance geben, zu wählen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

 


13.55

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Lichtenegger! Ich freue mich ja sehr, dass du sagst, ein langer Wunsch nach – wie hast du gesagt? – einer „Mitbestimmungsphase“ geht zu Ende, und wir sollen jetzt endlich die Jugendlichen einbinden. Mir ist noch nicht ganz klar, warum das bei der Wahlaltersenkung enden soll. Wir werden dazu ja heute einen Antrag einbrin­gen, und die freiheitliche Fraktion ist selbstverständlich herzlich dazu eingeladen, mit­zustimmen, wie sie auch in verschiedenen Landtagen schon mitgestimmt hat. Das Pro­blem ist hier, wie auch sonst immer wieder bei Ihnen, dass Sie einmal so und einmal so stimmen und leider keine durchgängige politische Überzeugung in dieser Frage haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Lichtenegger hat auch diesen Vergleich vom Gokart-Fahren und der Formel 1 gebracht. Abgesehen davon, dass die Gemeindepolitikerinnen und Gemeindepolitiker wahrscheinlich keine große Freude mit diesem Vergleich haben werden, denke ich, beide fahren sinnlos im Kreis herum. Die einen fahren ein bisschen geschwinder und die anderen ein bisschen langsamer, und bei der Formel 1 ist die Ausfallsrate höher, wie Sie wissen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, aber sonst geht es im Prinzip um die gleiche Sache. Es ist nicht einzusehen, warum Sechzehnjährige nicht auch in der Formel 1 mitbestimmen können. Sie sind dazu sehr wohl in der Lage. (Beifall bei den Grünen.)

Nach dem Redebeitrag des Kollegen Lopatka ist mir allerdings klar geworden, dass es de facto wohl nicht um das Wahlrecht der 16-Jährigen geht, sondern um die Briefwahl. (Abg. Murauer: Das ist ja nicht schlecht! Die Briefwahl ist ja nichts Böses!) Sie ver-


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knüpfen einfach die Briefwahl mit einem ansatzweisen Nachdenken über die Herabset­zung des Wahlalters auf 16 Jahre. Anders kann ich es mir nicht vorstellen, wie Sie zu dieser Verbindung kommen.

Ihre Überlegungen gehen offenbar davon aus: Wo können wir Stimmen gewinnen? Sie haben zwar gesagt, es kommt für Sie demokratiepolitisch derzeit nicht in Frage, dass das Wahlalter herabgesetzt wird. Als Beispiele haben Sie sofort Gemeinden gebracht, wo die ÖVP dazugewonnen hat, als die Sechzehnjährigen wahlberechtigt waren.

Herr Lopatka! Wir machen nicht so Politik, dass wir überlegen: Bringt es uns eine Stimme oder nicht? Hier geht es um die Frage: Sind Sechzehnjährige in der Lage, mit­bestimmen zu können, mitwählen zu können?, und wir sagen dazu ein ganz klares Ja. Uns ist es egal, wie diese Sechzehnjährigen abstimmen werden – das ist ihre Ent­scheidung, aber wir müssen ihnen die Voraussetzung dafür geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Wittmann hat schon einige Beispiele angesprochen, dass Jugendliche sehr wohl Verantwortung übernehmen müssen und das auch tun. Ein Unterschied, der für mich besteht, ist, dass nicht erst jemand, der/die Steuer zahlt, ein Wahlrecht haben soll und damit auch die Entscheidung über Steuermittel, sondern natürlich auch all jene, die noch nicht erwerbstätig sind, wie Schülerinnen und Schüler oder Studierende.

Es ist ganz eigenartig, wie der Gesetzgeber sozusagen den Jugendlichen Verantwor­tung zumutet oder zutraut. Während es im medizinischen Bereich schon mit 14 möglich ist zu entscheiden: Will ich diese Operation oder will ich sie nicht?, während es mit 17 möglich ist, den Führerschein zu machen, während es möglich ist, nicht nur Verträge abzuschließen, sondern auch Schulden zu machen, die unter Umständen ganz lang­fristige Auswirkungen auf die Zukunft haben, glauben Sie, dass die Jugendlichen noch immer nicht fähig sind, politische Entscheidungen zu treffen.

Wir haben in diesem Alterssegment 5,9 Prozent Wahlberechtigte. Wenn es darum geht, den Sechzehn- und Siebzehnjährigen die Möglichkeit der Wahl zu geben, dann geht es um 190 000 Jugendliche mehr, die wahlberechtigt sind. Ich fordere Sie auf: Geben Sie diesen 190 000 Jugendlichen die Chance, zu wählen!

Wir Grüne bringen heute einen Antrag ein, der folgendermaßen lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mandak, Glawischnig, Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlaltersenkung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende des Jahres eine Regierungsvorlage vorzulegen, welche die Senkung des aktiven Wahlalters bei Natio­nalratswahlen, Bundespräsidentenwahlen, Wahlen zum europäischen Parlament sowie Volksabstimmungen, -befragungen und -begehren auf das vollendete 16. Lebensjahr am Stichtag der Wahl zum Inhalt hat.

*****

Ich bitte Sie, ich fordere Sie auf: Unterstützen Sie diesen Antrag! Wenn Ihnen die Ju­gend tatsächlich wichtig ist, so wie Sie das immer behaupten, geben Sie den Jugend­lichen die Möglichkeit zur Mitbestimmung nicht nur bei irgendwelchen Kleinprojekten, sondern auch bei Wahlen und – ganz, ganz wichtig! – auch bei Volksabstimmungen, bei Volksbefragungen und bei Volksbegehren! Klammern Sie sie nicht aus! Reden Sie


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nicht nur schöne Worte, sondern machen Sie auch entsprechende Politik! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Mandak, Glawischnig, Brosz, Kolleginnen und Kollegen ist ausrei­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte. (Abg. Krainer: Die Jugend der ÖVP!)

 


14.01

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Kollege! Die Frage ist nicht, wer jung in der ÖVP ist, sondern die Frage ist, wie wir zu diesem Thema stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn Sie heute hier abwechselnd der ÖVP vorleiern, wie jugendfreundlich Sie seien, dann schauen Sie bitte in unsere Reihen: Hier (in Richtung ÖVP weisend) sitzen die Jungen, und dort (in Richtung SPÖ weisend) haben Sie die alten Gedanken! Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Erfreulich ist die Tatsache, dass wir gemeinsam mit einem Vier-Parteien-Antrag das Wahlalter absenken. (Abg. Öllinger: Wir senken es nicht ab, leider!) Und Sie sollten keiner Partei unterstellen, dass sie nur spekulative Absichten hätte. Das haben ja alle. Ich kenne keine Partei, auch nicht die Ihre, Herr Öllinger, die sagt: Ich will keine Stim­men. Jede Partei hat in der Demokratie das Recht, sich um Wähler zu bemühen und die Wähler um ihr Vertrauen zu bitten. Was wir hier machen, ist, dass wir ganz klar sagen, ab nun sollen die Bürgerinnen und Bürger Österreichs mit 18 Jahren das aktive Wahlrecht ausüben können. Und ich denke, das ist korrekt. (Abg. Öllinger: Das ist aber ein bisschen wenig!)

Und wenn jetzt in Gebietskörperschaften wie Ländern und Gemeinden diese 18 Jahre unterschritten werden, so sind das Wege, die wir hier positiv erwähnen und bejahen sollten. Das ist doch das gute Recht dieser Körperschaften!

Ich sage Ihnen noch etwas Zweites: Viel wichtiger als das Absenken des Wahlalters ist, die Jugend für die Wahl zu begeistern, sie zur Wahl zu bringen. Schauen Sie sich doch die Wahlgänge in Österreich und vor allem in anderen Ländern an! Schauen Sie sich die Wahlbeteiligung der jungen Menschen an! Das hat doch seinen Grund! Das hat doch mit der Absenkung des Wahlalters allein nichts zu tun! Die Politik wird insge­samt vielleicht ein wenig anders werden müssen, etwas anders präsentiert werden müssen; sie sollte weniger Feindseligkeit ausstrahlen, als ich hier immer gehört habe.

Frau Kollegin Heinisch-Hosek sagt, das Wahlrecht sei für sie irgendwo suspekt im Zu­sammenhang mit der Pensionsreform. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie treffen ja die Jun­gen mit Ihrer Pensionskürzungsreform! Das ist eindeutig! Die haben dann nichts!) Auf Grund ihres fehlenden Weitblickes hat sie heute festgestellt, die Pensionsreform würde den Leuten, die in 30 Jahren in Pension gehen, die Pensionen um 40, 50 Prozent kürzen. – Frau Kollegin! Wenn nichts gemacht werden würde, dann wäre diese Gefahr gegeben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Ereifern Sie sich daher nicht dahin gehend, dass Sie der einen Gruppe konservativen Geist vorwerfen, sondern bewegen Sie sich selber einmal! – Das richtet sich auch an Kollegen Wittmann.

Wir beschließen heute die Absenkung des Wahlalters, korrekt. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, nein, nein! – Abg. Krainer: Falsch!) Wo bleibt bitte der Einstieg in die Briefwahl,


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ein Vorhaben, über das wir bereits jahrelang diskutieren? Und Sie sind nicht einmal bereit, darüber ein ordentliches Gespräch mit uns zu führen! Das ist ein demokratie­politisches Vakuum! Das ist eine Schande! Und da sollten Sie sich bewegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin froh darüber, dass es zu dieser Entscheidung gekommen ist, und möchte ab­schließend noch einen Gedanken einbringen. Nicht nur die Briefwahl ist dringend not­wendig, sondern wir sollten auch darüber nachdenken, wie wir die Wahlzeiten attrakti­ver gestalten können, und zwar so, dass die Menschen auch tatsächlich bei ihrem Tagesablauf die Möglichkeit haben, sich an der Wahl zu beteiligen. (Abg. Krainer: Das ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers!) Das sind in Wahrheit die Herausforderungen, die wir zu diskutieren haben, denen wir uns zu stellen haben und die wir in der nächsten Zeit auch zu erledigen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


14.04

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Es ist ja sehr erfreulich, dass nun endlich die Vernunft gesiegt hat und junge Menschen, die zum Wahltag das Wahlalter erreicht haben, ihr Wahlrecht tatsächlich auch ausüben können.

Dass auch die Regierungsparteien dieser SPÖ-Forderung in Form eines Vier-Parteien-Antrages, wenn auch zeitverzögert, beitreten konnten, verdient zweifellos Lob und Anerkennung und gibt Anlass zur Hoffnung, dass nicht alles, was von den Oppositions­parteien vorgeschlagen wird, reflexartig abgeschmettert wird, sondern dass das auch Gegenstand seriöser Auseinandersetzungen sein kann. Ich hoffe, dass dem auch noch weitere Beispiele folgen werden, auch wenn zu erwarten ist, dass diese unsere Vor­schläge von Ihnen wieder einmal „adoptiert“ werden. Aber wenn das Ergebnis stimmt, soll es uns recht sein.

Die Senkung des Wahlalters wäre ein weiterer Anlass, Kooperativität und Jugend­freundlichkeit zu beweisen. Leider haben sich die Regierungsparteien im Ausschuss nicht dazu durchringen können, Herr Kollege Donabauer, diesem unserem Antrag bei­zutreten, was sehr schade ist, denn der Jugend in unserem Land wird damit weiterhin vermittelt, dass man sie nicht, wie das Kollege Lichtenegger sehr ausführlich erläutert hat, für reif erachtet, die Wahl ihrer politischen Vertretung selbst zu treffen, die Wahl zu treffen, wer die Rahmenbedingungen für ihr nahendes Erwachsenenleben schafft, und die Wahl zu treffen, wer die rechtlichen Rahmenbedingungen für ihre eigenen Lebens­welten als Jugendliche schafft, wie etwa Schulgesetze, Arbeitsrecht, Budgetmittel für die Jugendbeschäftigung, die ja beschämend sind, und so weiter.

Dabei treffen Jugendliche vielfach schon vor ihrem 16. Lebensjahr Entscheidungen von erheblicher Tragweite für ihr weiteres Leben. Man denke nur an die Wahl des Ausbil­dungsweges, an die Berufswahl, an die Verfügungsmöglichkeit über eigenes Geld. Sie tragen Verantwortung in partnerschaftlichen Beziehungen, und dazu gehört zum Bei­spiel auch verantwortungsbewusste Familienplanung, was ja nicht allen Regierungs­mitgliedern recht zu sein scheint. Und da, um beim Thema zu bleiben, hoffe ich schon, dass der Debatte um die Wahlaltersenkung ein anderes Bild von Jugendlichen zu Grunde gelegt wird als das vergnügungssüchtiger Party-Tiger. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. – Abg. Dr. Mitterlehner: Wir sagen es der Frau Gehrer!) – Bitte, richten Sie es ihr aus!


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Die Jugend ist wahrscheinlich nicht mehr beeinflussbar als andere Bevölkerungsgrup­pen, sondern ist vielmehr äußerst kritisch gegenüber Versprechungen von Erwachse­nen. Die Politik darf die kritische Auseinandersetzung mit der Jugend nicht scheuen, sondern muss sich auch oder gerade vor der Jugend verantworten. Und das zentrale Mittel der Verantwortung der Politik sind in einer Demokratie die Wahlen, und dieses Mittel dürfen wir den jungen Menschen in diesem Land nicht mehr länger vorenthalten. Hier appelliere ich besonders an die Jugendvertreterin und den Jugendvertreter der Regierungsparteien. Emanzipieren Sie sich von Ihrer Rolle als jugendliches Feigenblatt einer ultrakonservativen Politik (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger), und besinnen Sie sich auf jene, die zu vertreten Sie angetreten sind! Die Diskussion um die Wahlaltersenkung gibt Ihnen künftig reichlich Gelegenheit dazu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


14.08

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht allzu viel wiederholen, vielleicht ein paar Argumente zusammenfassen und auf den Punkt bringen.

Zu der Argumentation, hier immer wieder das Bild 16 hervorzukehren: Man muss ein­mal die andere Seite der Medaille sehen. Die Regelung, die wir bislang hatten, hat be­deutet, dass all jene, die zu Beginn des letzten Jahres 18 geworden sind, zum ersten Mal mit knapp 23 an einer Nationalratswahl teilnehmen dürfen. Das ist die Kehrseite.

Herr Donabauer hat mehrmals gesagt, wir senken das Wahlalter. Das stimmt aber nicht, sondern wir passen die Nationalratswahlordnung und die anderen Wahlordnun­gen der Verfassung an. Das ist der Punkt, um den es jetzt geht. In der Verfassung steht es nämlich, dass man mit 18 stimmberechtigt wäre. Also von einer Senkung des Wahlalters kann man in diesem Zusammenhang wirklich nicht sprechen.

Wenn man sich das Ganze anschaut, stellt sich meiner Meinung nach die Frage, wann man das erste Mal durchschnittlich wählen können soll, in welchem Alter man das Wahlrecht bekommen soll. Meines Erachtens ist ein Alter zwischen 16 und 20 absolut gerechtfertigt, auch wenn dann einige früher wählen. Und wenn es dann einige geben wird, die mit 16 sagen: Ich will noch nicht wählen!, dann muss das auch gerechtfertigt sein. Es gehen ja auch nicht alle 80-Jährigen zur Wahl. Warum soll das bei den 16-Jährigen anders sein als bei den Älteren? Das ist ja nicht begründbar. (Beifall bei den Grünen.)

In der Rede von Kollegin Baumgartner-Gabitzer waren zwei Dinge enthalten, die mich doch etwas merkwürdig gestimmt haben. Das eine war das Argument, es sei eine populistische Forderung, die Wahlaltersenkung zu verlangen. – Einer populistischen Forderung nachzukommen, heißt normalerweise, man erfüllt das, was die Bevölkerung im großen Ausmaß fordert, und davon kann man bei der Forderung nach Senkung des Wahlalters wohl nicht ausgehen. Der Punkt ist nur: Wenn es um die Ausweitung von Rechten geht und man sich dabei immer nur an der Mehrheit orientiert, dann werden wir in allen politischen Bereichen Probleme haben.

Es hat Kollegin Heinisch-Hosek vorhin schon ausgeführt: Wenn man sich im Detail an­sieht, wie Jugendliche ihre Meinung kundtun, ob sie zu einer Wahl gehen wollen oder nicht, dann sieht man, es macht einen sehr großen Unterschied, wie alt sie sind. Es tritt dann immer genau der Effekt auf, dass die, die dann schon wählen dürfen, sagen, jene, die nach mir kommen, brauchen auch nicht früher wählen können. Die Umfragen


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unter den 14- bis 16-Jährigen, also unter jenen, die es betrifft, zeigen, dass es in dieser Altersgruppe eigentlich immer eine Mehrheit gibt, die sagt, sie will wählen gehen. Umgekehrt gesehen frage ich mich schon: Wenn das so ist, dass die Jugendlichen alle nicht wählen gehen wollen, wieso haben wir dann Wahlbeteiligungen im Ausmaß von 80 Prozent aufwärts, wenn sie berechtigt sind, wählen zu gehen? Offenbar kann hier etwas nicht ganz stimmen.

In der Praxis zeigt sich, die Wahlbeteiligung ist sehr hoch. Meiner Meinung nach führt eine Absenkung des Wahlalters auch dazu, dass die Interessen dieser Gruppe mehr berücksichtigt werden. Gerade die ÖVP als eine Partei, der Machtpolitik nicht fern ist, wird mir zustimmen, dass man für jene dann mehr machen muss. Auch aus diesem Grund, nämlich aus Sicht der Interessenvertretung der Jungen, halte ich es für höchst sinnvoll, als nächsten Schritt eine Wahlaltersenkung auf 16 durchzuführen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Lichtenegger hat gesagt: Wahlaltersenkung dort, wo man es überblickt. – Da frage ich mich schon, wo die Interessen konkret liegen. 16-Jährige, 17-Jährige gehen in der Regel entweder in die Schule oder befinden sich in der Berufsausbildung – bei­des Themen, die man kommunalpolitisch relativ wenig beeinflussen kann, im Übrigen auch landespolitisch wenig beeinflussen kann. Genau in diesem Alter spielen Dinge eine Rolle, beispielsweise Präsenzdienst, Zivildienst, die Frage der Universität, des Studiums, die fast ausschließlich bundespolitische Bedeutung haben.

Ich verweise nur auf den deutschen Jugendforscher Klaus Hurrelmann, der genau das immer wieder betont, nämlich dass der Ausschluss bei den Themen, wo man mitbe­stimmen will, zur Passivität erst in weiteren Schritten führt. Das heißt, die Möglichkeit, sehr früh eingebunden zu werden, ist auch ein Schutzmechanismus gegen die demo­kratische Verweigerung. Auch Kollegin Glawischnig hat ausgeführt, dass die Wahlbe­teiligung der 16- bis 17-Jährigen höher ist als die in der Folge. Nach der Forschung ist klar, jene, die bei der ersten Möglichkeit wählen gehen, gehen in einem relativ hohen Ausmaß auch in der Zukunft wählen. Die Chance, wählen gehen zu können, beim ersten Mal zu vertun, stellt eine Gefährdung der Verweigerung demokratischer Pro­zesse in der Zukunft dar. (Beifall bei den Grünen.)

Der letzte Punkt: Nochmals zur ÖVP-Argumentation zurück, die man immer wieder hört, nämlich was die Parteipolitik in der Schule betrifft. Das kann ich wirklich nicht mehr hören. Ich frage mich, wie politische Meinungsbildung sonst passiert. Wenn die 18-Jährigen, 20-Jährigen, 25-Jährigen vor einer Wahl im Beisel diskutieren, wen sie wählen, dann ist das okay, aber wenn man in der Schule untereinander eine Dis­kussion führt, im Unterricht sich die verschiedenen Positionen der Parteien anschaut – es sagt ja niemand: Ihr müsst das oder das machen! –, dann ist das auf einmal ver­werflich.

Ich finde, das wäre genau die Qualität, die die Schule auch leisten kann, sich mit demokratischen Prozessen auseinander zu setzen, sich anzuschauen, wie die Partei­programme ausschauen, wofür welche Parteien stehen, sich in Projektunterrichtsform, wie das moderne Schulen auch schon machen, anhand von Wahlen anzusehen, wie hoch die Wahlbeteiligung bei den Wahlen in den Schulen ist. Das wäre doch ein quali­tativer demokratischer Fortschritt und nicht ein Schreckgespenst, das Sie immer an die Wand malen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. – Bitte.

 



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14.14

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Kollege Brosz, ich gebe Ihnen vollkom­men Recht, wenn Sie sagen, die Jungen fühlen sich in den Bereichen zu wenig einge­bunden, die sie wirklich betreffen, und zwar bei Entscheidungen, die man auch direkt beeinflussen kann. Wann kann man denn Entscheidungen direkt beeinflussen? – Nicht unmittelbar durch eine Wählerstimme, sondern viel eher, wenn man selbst das passive Wahlrecht bekommt, und das funktioniert in Österreich nun einmal so, dass jede Partei angehalten ist, junge Leute auf Listen zu setzen. Denn als Einzelkämpfer endet man frustriert, und die Politikverdrossenheit in Österreich ist gerade bei den Jungen tatsäch­lich gegeben.

Wenn es immer heißt, jung sein allein ist kein Programm: Was denn sonst, bitte schön?! Es sind nur die Regierungsparteien, die Vertreter in einem Alter unter 30 haben. Im Übrigen hat die SPÖ bei einer großen Anzahl von Abgeordneten den höchs­ten Altersdurchschnitt im Vergleich aller Fraktionen. Ich frage mich also, was der ganze Vorwurf soll. (Beifall bei der ÖVP.) – Das ist einmal der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist: Es gibt Umfragen, wonach Betroffene sagen, sie wollen eigentlich noch nicht wählen. In diesem Bereich gibt es die verschiedensten Umfragen. Selbst die AKS, die SPÖ-nahe Schülerorganisation, hat eine Umfrage gemacht, bei der heraus­gekommen ist, der Großteil der Betroffenen will das eigentlich nicht. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das ist etwas, was aus Ihrem Haus kommt, und Sie erklären uns hier, dass Sie die Studien nicht ernst nehmen. Wissen Sie, das kommt mir so vor, wie wenn mir meine Mutter zu Hause zu erklären versucht, was ich zu tun und zu las­sen habe. Im Übrigen ist sie aber genauso alt wie Sie – vielleicht kann man vor diesem Hintergrund Ihr Verhalten hier auch verstehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Meine Nerven!)

Wenn es um eine Mitbestimmung der jüngeren Generation geht, dann ist es auch wichtig, dabei die demographische Entwicklung zu betrachten, da wir alle miteinander wissen, dass die Zielgruppe der Senioren immer die größere sein wird und bald allein ausschlaggebend für eine Wahl sein wird. Als Burgenländerin kann ich sagen, es war durchaus erfolgreich, dass wir auf Gemeinderatsebene die jungen Leute haben mitbe­stimmen lassen. Nur kann ich nicht auf Bundesebene eine Wahlaltersenkung herbei­führen, wenn sich die Gemeinden und Länder dagegen sträuben. Daher sind alle Ihre Landesorganisationen und die Vertreter Ihrer Parteien angehalten, in den Ländern dafür zu sorgen, dass einmal gesagt wird, ob sie dafür oder dagegen sind. (Abg. Öllin­ger: In Ihren Ländern gibt es das ja nicht! In Wien gibt es das!) Wenn wir das in der ÖVP tun und die Steiermark hier eine andere Position hat als andere Bundesländer, dann zeigt das nur, dass wir in unserer Partei die Diskussion und den Diskurs zulassen und dass einem bei Ihnen nur der Maulkorb umgebunden wird. (Abg. Öllinger: Es klappt ja in Ihren Ländern nicht!)

Gesehen hat man das bei der Generationendebatte. Frau Heinisch-Hosek, Ihre Reali­tätsverweigerung war peinlich! Es war peinlich zu sagen, es gibt keine Konflikte zwi­schen den Generationen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Peinlich war die Gehrer!) Und dass sich Ihre Jugendorganisationen, die Junge Generation und die Jungen Sozialisten, nicht einmal zu Wort gemeldet haben, das ist überhaupt das Peinlichste! Aber die sind wahrscheinlich unfähig, denn sonst würden sie auch im Parlament sitzen. Das ist der Punkt. Aber das wollen Sie ja nicht hören. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde mir eines wünschen, und ich glaube, dann wären viele junge Menschen auch nicht so frustriert, was die Politik betrifft: Dass wir endlich auch einmal über die positiven Dinge sprechen, denn es ist schon wieder einmal überhaupt nicht darüber diskutiert worden, was wir eigentlich beschließen, nämlich dass endlich der Stichtag


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dem Wahltag angepasst wird. Aber nein, man muss sofort wieder die alten Floskeln hervorholen, jeder kann wieder einmal Dampf ablassen.

Wenn Sie in Ihrer Jugend zu wenig Partys gefeiert haben und deshalb so frustriert sind, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, dann sind Sie selbst schuld. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sburny: Sie sind ganz schön tief, Frau Fuhrmann!)

14.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


14.18

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollegin Fuhrmann, als Sie in dieses Haus gekom­men sind, haben Sie immer gemeint, Sie wollen nicht diese Altpolitikersprache verwen­den, aber die Polemik vor allem am Schluss Ihrer Rede war ganz alt und alles andere als jung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dass es in der Generationendebatte in der ÖVP heiß hergeht, kann jeder beobachten. Auch in der SPÖ gibt es natürlich Diskussionen zwischen den Generationen um die wichtigen Knackpunkte, nur ist der Unterschied der, dass die SPÖ bereits vor Monaten jene Positionen vertreten hat, wie etwa Solidarbeitrag für besser verdienende Pensio­nisten – ja, Kollege Stummvoll, Sie können gleich das Brieftascherl zücken (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen); Entschuldigung, es war der Kalender, es hat nur so ausgesehen wie eine Brieftasche – oder die Harmonisierung, dass die SPÖ in diesen Fragen als ganze Partei, als Allianz zwischen Jung und Alt genau jene Positio­nen vertritt, die jetzt die Junge ÖVP ansatzweise vertritt. – So viel zur Frage, wie jung welche Partei ist.

An und für sich ist das heute meiner Ansicht nach ein Zeichen für Parlamentarismus, wenn eine Partei, die in Opposition ist, einen Antrag einbringt, immerhin mit Ver­fassungsbestimmungen, und die Parteien der kleinen Koalition dem hier zustimmen und im Prinzip konstruktiv in dieser Frage mitarbeiten. Es ist nur schade, dass solche Urheberrechtsstreitigkeiten passieren. Kollege Scheibner, Sie müssen keine DNA-Analyse machen, Sie müssen nur den Antrag, den die SPÖ im März eingebracht hat, und den Vier-Parteien-Antrag übereinander legen, und dann werden Sie sehen, sie sind deckungsgleich. – So viel zur DNA- oder DNS-Analyse, von der Sie gemeint haben, dass Sie sie bräuchten. (Abg. Scheibner: Wer hat denn diesen Unsinn einge­führt?)

Aber zu diesem Antrag, so wichtig er ist – und der Kollege Amon hat am Anfang des letzten Wahlkampfes immer dazwischen geschrien: Das war ja meine Idee! – (Abg. Scheibner: Wer hat denn den Unsinn eingeführt?), muss ich doch sagen: Diese Idee hatten letztes Jahr 85 000. Ich könnte jetzt auch einen Antrag zitieren, den ich 1986 geschrieben habe, der das betrifft, denn das ist überhaupt nichts Neues. (Abg. Steibl: So alt bist du schon?!) So alt, stellen Sie sich vor! Ich war mit 17 schon politisch aktiv, es tut mir sehr Leid, ich bin jetzt 35, die grauen Haare von Ihnen habe ich allerdings noch nicht. Ich sage jetzt nur, ich bin jetzt ... (Zwischenruf des Abg. Amon.) – Dann sind Sie erst letztes Jahr draufgekommen, wie das ist.

Ich war einen Monat in diesem Haus und habe gewusst, es kommt nicht darauf an, dass irgendjemand eine Idee hat, denn diese Idee haben, wie gesagt, letztes Jahr 85 000 Menschen gehabt, sondern es geht darum, eine Initiative zu setzen und das auch zu Papier zu bringen, hier einzubringen und daraus ein Gesetz zu machen, denn es geht in diesem Haus nicht darum, irgendwelche Ideen zu haben, sondern Gesetze zu machen. Und an und für sich freue ich mich darüber, dass heute ein Vierparteien-


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antrag daraus geworden ist, der nun beschlossen wird. Aber das kann nur ein Schritt oder, besser gesagt, nur ein erster Schritt sein.

Es wurde zum Beispiel die Frage passives Wahlrecht angesprochen. Erkläre mir bitte jemand, wieso jemand das passive Wahlrecht erst mit 19 erhält, wo doch die Volljährig­keit bereits mit 18 eintritt. Wieso kann jemand, der erst 18, aber volljährig ist, nicht passiv kandidieren? Wieso kann der nicht gewählt werden?

Oder: Bei der Bundespräsidentenwahl haben wir überhaupt ein höchst eigentümliches Konstrukt, nämlich passives Wahlrecht mit 35. Jetzt mag das vernünftig sein, und es spricht vieles dafür, dass vor allem Frauen oder Männer kandidieren, die bereits reifer sind und die bereits über viel Lebenserfahrung verfügen. Diese mögen geeigneter sein für das Amt der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten. Aber das ist doch eine Entscheidung, die jeder Wähler und jede Wählerin zu treffen hat und nicht der Gesetzgeber. – Das ist eine zweite Frage.

Eine weitere Frage ist das aktive Wahlrecht. Wieso soll jemand, der vom Gesetz her arbeiten gehen und Steuern zahlen darf, nicht auch mitbestimmen dürfen, was mit seinem Steuergeld passiert? Wieso soll der nicht mitwählen dürfen bei Nationalrats­wahlen, bei Bundeswahlen?

Oder die Frage Wahlrecht von Zuwanderern. Wieso sollen Zuwanderer nicht das aktive Wahlrecht, zum Beispiel bei AK-Wahlen, bei ÖH-Wahlen oder bei Betriebsratswahlen, haben? Das ist etwas, wo Sie sich ständig verweigern.

Ein letzter Punkt, weil Sie immer das Briefwahlrecht ansprechen. Ich sitze zwar noch kein Jahr in diesem Haus, aber ich kenne keinen Vorschlag von Ihnen. (Abg. Murauer: Werden wir Ihnen zeigen!) Ich habe noch keinen Antrag von Ihnen gesehen, über den man diskutieren könnte. Ich weiß, dass es diese Diskussion gab. Es gibt ja deswegen auch bei Nationalratswahlen etwas sehr Ähnliches, nämlich ein Briefwahlrecht vom Ausland her. Es gibt keinen einzigen Antrag. Zeigen Sie mir den Antrag, der hier liegt in diesem Haus, ich kenne ihn nicht. Sagen Sie mir die A-Nummer, die J-Nummer, was auch immer, den Antrag gibt es nicht. Legen Sie den vor, diskutieren kann man über alles, und diskutieren müssen wir vor allem auch über die wichtigen Fragen wie zum Beispiel über die Senkung des aktiven Wahlalters auf 16. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


14.23

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wer 18 ist, soll auch tatsächlich wählen – so ist die Quintessenz. Bevor wir da ein Ran­king dahin gehend machen, wer als Erster den Initiativantrag eingebracht hat, muss ich ganz ehrlich sagen, dem Ranking stellen wir uns, denn letztendlich war das Bundes­land Salzburg das erste Bundesland, das diese Wahlrechtsänderung auch vorgenom­men hat, meine Damen und Herren. Und das muss man auch dazusagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Von dieser Änderung werden nämlich im März 2004, meine Damen und Herren, zu­sätzlich rund 1 000 JungwählerInnen in Salzburg betroffen sein und profitieren, wenn sie erstmals ihr Stimmrecht ausüben. Die Notwendigkeit dieser Wahlrechtsreform hat sich auch daran gezeigt – folgende Zahlen mögen das verdeutlichen –, dass bei der letzten Nationalratswahl an die 60 000 junge Leute von der Wahl ausgeschlossen waren. In Salzburg durften 4 000 junge Menschen ihr Votum nicht wahrnehmen.


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Meine Damen und Herren! Entscheidend für uns ist, weil die Debatte natürlich auch über die Senkung des Wahlalters geführt wird, auf welchem Weg man dorthin kommt, nicht, wie man von heute auf morgen das Wahlalter absenkt. Die Ergebnisse einer Ju­gendumfrage bei uns in Salzburg haben leider auch ergeben, dass nur 69 Prozent der Jugendlichen die Demokratie für eine gute Staatsform halten. Das zeigt, dass das politische Bewusstsein doch mehr gefördert werden muss. Das, glaube ich, kann man nicht durch die Herabsetzung des Wahlalters herbeiführen, sondern durch das Einbin­den junger Menschen in politische Prozesse, um ein wenig Emotion herauszunehmen. Da gibt es Beteiligungsformen genug, in Gemeinden ohnedies, auch in sozialdemokra­tisch geführten Gemeinden, davon bin ich felsenfest überzeugt, projektbezogene Betei­ligungen, wie auch Beteiligungen bei Jugendforen und auch parlamentarische Beteili­gung, wie zum Beispiel in Jugendgemeinderäten oder Jugendlandtagen.

Meine Damen und Herren! Es sollten in diesen Gemeinden vor allen Dingen erst ein­mal die Voraussetzungen geschaffen werden, dass wir Themenschwerpunkte erarbei­ten, wo Jugendliche konkret mitarbeiten. Erst dann kann man über eine Senkung des Wahlalters diskutieren. Dann kann man auch darüber diskutieren, ob man entspre­chende politische Bewusstseinsbildung vielleicht auch in Schulen in speziellen Unter­richtsfächern macht oder ob vielleicht in Gemeinden oder auf parlamentarischer Ebene Jugendausschüsse verpflichtend eingerichtet werden.

Meine Damen und Herren! Ich darf kurz auf die Ausführungen des Kollegen Wittmann und der Kollegin Heinisch-Hosek eingehen. Auf der einen Seite monieren Sie, dass die Jugend bei inhaltlichen Debatten, etwa jenen zur Pensionsreform, auch ihr Votum abgeben sollte, und auf der einen Seite stellen Sie ein Kinderwahlrecht in Abrede und meinen, das sei an den Haaren herbeigezogen. Auch das muss Diskussionskultur bleiben. Die Jugend denkt, glaube ich, etwas anders.

Wir maßen uns immer wieder an, dass wir über die Jugend gesetzliche Bestimmungen oder Gesetzesänderungen oder Gesetzesvorhaben durchbringen müssen. Die Ju­gend – davon bin ich überzeugt – denkt heute anders als morgen, und ich meine, dass die Jugend einen entsprechenden Freiraum braucht. Gönnen wir den Jugendlichen diesen Freiraum! Machen wir viele Beteiligungsmodelle, wo sie mitarbeiten können, und lassen wir sie auch zu künftigen Meinungs- und Entscheidungsträgern auf allen operativen gesellschaftlichen Ebenen heranwachsen!

Wir liefern Ihnen Argumente, warum wir nicht für die Herabsetzung des Wahlalters sind. Ich habe heute kein Argument gehört, warum Sie gegen die Briefwahl sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 163 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Scheibner, Dr. Gla­wischnig, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsan­trag eingebracht.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt und der vorliegende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag Verfas­sungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der


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Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungs­mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Da nur dieser eine Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich so­gleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Krainer, Scheibner, Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen sowie unter Berücksichtigung der von der Berichterstatterin vorgebrachten Druckfehlerberichtigung abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich die Mitglieder dieses Hohen Hauses um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenom­men.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlaltersenkung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 203/A der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (210 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


14.30

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir behandeln nun den Antrag der Abgeordneten Fritz Grillitsch und Dipl.-Ing. Uwe Scheuch betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochwasseropferent­schädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz und das Katastrophenfondsgesetz 1996 ge­ändert werden.

Meine Damen und Herren! Unbestritten ist, dass es keinen Berufsstand gibt, der vom Wetter so abhängig ist wie jener des Bauern. Extreme Wetterveränderungen, Kaprio­len, im Vorjahr dramatische Hochwassersituation – da wurden in den betroffenen Gebieten alle geschädigt. Die dramatischen Bilder sind uns noch in Erinnerung.

Heuer, 2003, extreme Trockenschäden, zum Teil in den gleichen Gebieten Dürre. Des einen Freud, des anderen Leid, könnte man sagen. Tourismus, Gastronomie, Geträn­keindustrie, öffentliche Bäder freuten sich über die Hitzeperiode, über das monatelang schöne Wetter, aber die Bauern waren und sind die Geschädigten, sind die Drauf­zahler. Es gibt – so dramatisch das auch ist – in Österreich Regionen, in denen vier Jahre hintereinander extreme Trockenschäden zu beklagen sind.


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Meine Damen und Herren! Heuer schätzt man den Ernteausfall auf rund 300 Millio­nen €, und besonders dramatisch ist die Situation im Grünland. Trockenheit, Futter­knappheit, Viehverkauf sind die Folge. Gesamt gesehen gibt es in Österreich in etwa 15 Prozent weniger Ertrag.

Bei Ackerbau gibt es eine teilweise Versicherung. Ich sage bewusst „teilweise Ver­sicherung“, denn bei 100 Prozent Trockenschaden kann der betroffene Grundbesitzer, der betroffene Landwirt zirka 20 Prozent an Entschädigung für den entstandenen Schaden erhalten. Im Grünland – und das ist nicht nur in Österreich so – gibt es in Europa, in Gesamteuropa keine Möglichkeit, einen derartigen Schaden zu versichern. Es wird ja sehr oft die Frage gestellt wird: Warum schließt denn der Bauer keine Ver­sicherung ab? Das würde er gerne tun, aber bis jetzt gibt es keine nachvollziehbaren Parameter, um eine derartige Schadensschätzung, -beurteilung im Grünland auch auf gesicherter, fundierter Basis vornehmen zu können. Ich danke jedoch dem Bundes­ministerium für Land- und Forstwirtschaft, das mit der Bundesanstalt Gumpenstein ein Versuchsprojekt gestartet hat, um dieser Problematik in Zukunft vielleicht Herr zu werden.

Meine Damen und Herren! Was ist die Auswirkung des heurigen Jahres? – Nicht nur in Österreich gab es diese dramatischen Schäden, diese Dürre, sondern auch in Tsche­chien, in der Slowakei, in Ungarn, in der Ukraine und in Russland. Exportländer, die bisher massiv exportiert haben, werden wahrscheinlich importieren müssen. Die Ge­treidebestände der Europäischen Union sind dramatisch zurückgegangen, und zwar auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren.

Jetzt frage ich mich, ob es immer gerechtfertigt war, von Überschuss zu reden. Wenn nämlich noch ein derartiges Jahr oder ein zweites solches Jahr folgen würde, dann – obwohl ich den Teufel nicht an die Wand malen will – könnten unter Umständen Pro­bleme bei der Versorgung auftreten, was ich mir wirklich nicht wünsche. Daher sollten wir sorgsam auch mit ausreichenden Lagerbeständen umgehen.

Meine Damen und Herren! Es ist auch in diesem Bereich notwendig, eine Reserve auf­zubauen und eine Sicherstellung zu garantieren, und das nicht nur den Bauern vorzu­schreiben, sondern nachhaltig auch Lagerbestände aufzubauen, damit es nicht zu derartigen Problemen kommen kann.

Hervorzuheben ist, dass diese Vorlage im Finanzausschuss einstimmig beschlossen wurde, und dafür danke ich allen Fraktionen. Letztlich wird in schwierigen Situationen bewiesen, dass man zusammensteht, dass man einander hilft, so wie dies auch im letzten Jahr im Falle des Hochwassers war.

Interessant ist, meine Damen und Herren, dass hier 3 Millionen € seitens des Bundes und dieselbe Summe seitens der Bundesländer zur Verfügung zu stellen ist. Ich danke dem Land Oberösterreich, das angekündigt hat, wenn notwendig, mehr zur Verfügung zu stellen. Da zeigt sich wiederum, wie positiv die Politik ist, die in diesem Bundesland gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Verehrte Damen und Herren! Sichergestellt ist auch, dass nur derjenige, der Futter zukauft und über Rechnungen verfügt, also nachweisen kann, dass er Raufutter aufge­kauft hat, einen Entschädigungsbetrag erhält. Dieser beträgt pro Hektar mindestens 150 €, pro Betrieb maximal 3 000 € – dies, damit auch Bedenken, die dahin gehen könnten, dass sehr oft die Großbetriebe wieder abkassieren würden, also sozusagen jene sind, die es sich richten können, zerstreut werden.

Insgesamt werden wir uns in gemeinsamer Arbeit überlegen müssen, wie man eine vernünftige Ernteversicherung auch für Trockenschäden im Grünlandgebiet erreichen könnte. Dafür wird uns die Arbeit der Bundesversuchsanstalt Gumpenstein sicher wert-


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volle und wichtige Hinweise liefern, damit auch in Hinkunft gerade der Grünlandbereich und andere Kulturen, wie zum Beispiel auch der Weinbau, mit einbezogen werden können. Wichtig ist jedoch, jetzt rasch zu helfen. Der Antrag Grillitsch und Scheuch trägt dazu bei. Wir geben seitens unserer Fraktion gerne die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


14.37

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine nicht vorhan­denen Damen und Herren auf der Regierungsbank! Man sieht, wie viel Interesse die Regierung gerade am Bereich Katastrophenschutz und vor allem auch Katastrophen­schäden hat. Das Thema ist eines, das wir angesichts einer verwaisten Regierungs­bank abhandeln dürfen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beginne gleich mit der Ankündigung, dass meine Fraktion selbstverständlich in einer so schwierigen Situation in diesem Bereich, ausge­löst von der heurigen Dürre, einer kurzfristigen Entschädigung die Zustimmung erteilen wird, insbesondere auch deswegen – und das zu den Ausführungen des Kollegen Auer –, weil man auch bei der Höhe und der Limitierung der Entschädigungszahlungen in diesem Fall darauf geachtet hat, dass wir keine Wirtschaftsförderung für Großagrar­betriebe haben, sondern wirklich dort, wo Not an der Frau oder am Mann ist, einen Zuschuss leisten können, und das ist in Ordnung.

Ich möchte die Gelegenheit aber nützen, ein bisschen Revue passieren zu lassen, was es mit dem Hochwasser sonst noch auf sich hatte. Im Jahr 2002 hatten wir eine der schlimmsten Hochwasserkatastrophen der letzten Jahrzehnte, ja fast Jahrhunderte. Ein Unterschied, meine Damen und Herren, war feststellbar: Wir haben im Bereich der Bundeshauptstadt Wien kein Problem mit dem Hochwasser gehabt, und zwar deswe­gen nicht, weil eine vernünftige Verwaltung in diesem Bundesland Hochwasserpräven­tivschutz betrieben hat – und das gegen die Stimmen der ÖVP. So wurde die Möglich­keit geschaffen, die Gefährdung von der Stadt abzuwenden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es wären die Bewohner in Oberösterreich und in Niederösterreich glücklich gewesen, wenn deren Bundesländer etwas mehr getan hätten. Wir sind wieder in der Situation, dass für den präventiven Schutz zu wenig gemacht wird. (Zwischenruf des Abg. Mur­auer.)

Aber mir ist noch etwas Zweites wichtig, und jetzt sind wir bei dem Thema, was aus Anlass des Hochwassers noch gemacht wurde: In der Zeit, als hier der Regen gefallen ist und ein paar Regierungsmitglieder – inzwischen sind sie Generaldirektoren von Banken – oder der Herr Bundeskanzler in neuen Gummistiefeln Katastrophenschau gemacht haben, hat man die Gelegenheit genutzt ... (Abg. Mag. Molterer: Klima oder was?) – Klima hat wenigstens einen Kübel in die Hand genommen und ist nicht nur mit den Medienvertretern und den Sicherheitsorganen aufmarschiert. – In dieser Situation wurde die Steuerreform 2003 verschoben und der FPÖ in die Schuhe geschoben, sie sei schuld am Zerbrechen der Regierung. Was den Punkt Entlastung betrifft, hatte zu diesem Zeitpunkt die FPÖ Recht, die ÖVP aber nicht. Die Kosten beliefen sich nur auf 303 Millionen €. Dies war kein Grund, die Steuerreform ad infinitum zu verschieben.

Somit bin ich bei der aktuellen Diskussion des heurigen Jahres: Wir warten so lange, bis es ganz schlimm ist – nächstes Jahr werden wir Schlusslicht in der Europäischen Union sein –, und wir werden dann als milde Gabe vielleicht eine Entlastung im


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Jahr 2005 erfahren. Genau das führte zu der Hochwasserkatastrophe: Man wartet, bis der Schaden eingetreten ist, und versucht dann, milde Gaben zu verteilen.

Das Gegenteil ist eine vernünftige Politik, nämlich Vorsorge, Vorausschau und Präven­tion! Dafür müssen wir eindeutig stärkere Maßnahmen ergreifen. Für die Finanzpolitik bedeutet das, die Mittel rechtzeitig einzusetzen und nicht erst im Nachhinein zu geben.

Meine Damen und Herren! Das Thema Dürreschäden ist nur ein kleiner Ausschnitt der gesamten Frage der Agrarfinanzierung. Die Agrarwirtschaft in Österreich hat auch die sehr wichtige Aufgabe der Landschaftspflege, und wir alle sind uns im Klaren darüber, dass die „kleinen Bauern“, die unter schwierigsten Bedingungen insbesondere sehr steile Hänge bewirtschaften, von sozialer Armut bedroht sind, für die Bewahrung der Natur für uns aber von großer Bedeutung sind. Ich möchte Sie daher einladen, gemein­sam mit uns Schritte zu überlegen, wie wir Fördergelder für großflächige Betriebe mit über 100 Hektar, wie etwa im Marchfeld, wo der Grundwasserspiegel immer weiter sinkt – das hat nichts mehr mit Landschaftspflege zu tun –, teilweise umleiten können für jene Menschen, die wirklich hart an der Scholle arbeiten, die wenig Geld haben. Das wäre ein Beitrag, den wir leisten könnten. – Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

14.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


14.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Matznetter, ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass die Diskussion rund um die Steuerreform wahrscheinlich auch in den nächsten Tagen und Wochen die politische Landschaft beherrschen wird, und man wird sehen, wo es Einigung geben wird und wo nicht, aber das Thema heute ist die Unterstützung der Bauern, die Unterstützung der Hochwasseropfer.

Sie sprechen darüber, wie schwer es die Bauern in den Bergen, die Bauern an der Scholle haben, Herr Kollege. Ich darf Sie vielleicht auffordern, einmal dorthin zu gehen und sich das anzuschauen, denn nur darüber zu sprechen ist zu wenig. Ich komme aus einer Gegend, wo wirklich Hunderte, ja Tausende Bauern auf Bergen „picken“ und arbeiten, und die sind alle zu bewundern. Und die Unterstützung, die wir heute hier in einem breiten Konsens beschließen werden, ist eine Unterstützung für eben diese Bauern und nicht für Großbetriebe aus Oberösterreich und Niederösterreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Thema Dürreschäden wird in der Öffentlichkeit sehr oft diskutiert. Ein Spannungs­feld, heißt es sehr oft. Für die Bauern ist es auch nicht immer einfach, denn der Bauer ist ein ewiger Bittsteller, der Bauer ist ein ewiger Empfänger von Förderungen, und böse Stimmen lassen verlauten: Einmal ist es euch zu heiß, einmal ist es euch zu trocken, einmal ist es zu nass und einmal ist es zu kalt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Landwirtschaft ist eben Außenwirtschaft, und Außenwirtschaft lässt sich in vielen Bereichen nicht mit anderen Wirtschaftszweigen vergleichen. Außenwirtschaft heißt, dass es keine Frage ist, wie spät es ist, wenn man arbeitet, und Außenwirtschaft heißt auch, dass nicht gefragt wird, ob es Samstag oder Sonntag ist. Die Politik, meine geschätzten Damen und Herren, sollte es sich wirklich zur Aufgabe machen, hier langfristige Überlegungen anzustellen. Die Politik muss es sich zur Aufgabe machen, dafür zu sorgen, dass wir diese Probleme auch in den Griff bekommen.


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Ein Ansatz, den Kollege Auer angesprochen hat, wird auch in der freiheitlichen Bauern­schaft sehr stark diskutiert, nämlich: über eine Versicherung ein System zu finden, das einerseits eine langfristige Regelung, die budgetär auch planbar ist, umsetzt, aber andererseits – und das ist auch wichtig – auch dafür sorgt, dass der Bauer sich selbst in die Verantwortung nimmt. Dann wird es nicht mehr möglich sein, sich einerseits nicht an der Versicherung zu beteiligen, andererseits aber beim Staat, beim Bund, beim Land oder wo auch immer Geld zu fordern. Ich denke, das ist langfristig der richtige Ansatz und wird auch langfristig die Vision sein, an der wir in der Regierung arbeiten werden, um ein vernünftiges System zu finden, um ein System zu finden, das diese doch noch über 200 000 landwirtschaftlichen Betriebe in all ihrer Vielfalt absichert.

Noch einmal, Herr Kollege Matznetter: Wirklich warnen würde ich davor, in dieser Dis­kussion immer die Landwirtschaft auseinander zu dividieren. Egal ob ein 5-Hektar- oder ein 500-Hektar-Betrieb – Leute, die mich kennen, wissen, ich bevorzuge auch den kleinen Betrieb für meine Argumentation –, es ist nicht gut, auseinander zu dividieren, es ist nicht gut, irgendwelche Ängste zu schüren oder noch dazu Rivalitäten aufzu­bauen, denn die Landwirtschaft wird es ohnehin nicht leichter haben in den nächsten Jahren. Mit der Erweiterung und auch im Hinblick auf andere Parameter wird genug auf die Landwirtschaft zukommen.

Ein zweiter Bereich, den ich heute in dieser Diskussion noch kurz anschneiden möchte, ist die Geschichte mit dem Hochwasser in Kärnten. Es gab auch in Kärnten Hochwasser, Sie wissen es alle. Vor wenigen Wochen wurden Teile des Gailtales, Teile der Gemeinde Stockenboi und des Drautales vom Hochwasser heimgesucht. Die Schäden machen nach ersten Schätzungen zirka 7 Millionen € aus. Das ist natürlich eine Summe, die nicht vergleichbar ist mit jener aus Oberösterreich, doch der einzelne Haushalt, der einzelne Betrieb, die einzelne Kirche oder was auch immer sind mindes­tens gleich schwer betroffen wie die Opfer damals in Oberösterreich.

Ich selbst war in Vorderberg und habe mir ein Bild von der Situation gemacht. Auch viele andere waren dort, vom Minister bis hin zum Landeshauptmann, und eigentlich hat jeder bekundet, helfen zu wollen. Wir haben damals auch gemeinsam mit Frau Kollegin Scheucher-Pichler einen Antrag initiiert, dass wir diese Gelder möglichst schnell und möglichst zielgerichtet nach Kärnten leiten können.

Ich bin sehr froh, hier an dieser Stelle berichten zu können – für diejenigen, die es nicht wissen –, dass bereits große Teile dieser Mittel geflossen sind, dass der Beweis ange­treten wurde, dass eine gute Regierung in Kärnten und eine gute Regierung in Wien es sehr wohl schaffen, schnell und unkonventionell zu helfen, dass es funktioniert hat, dass über alle Institutionen und über alle Gremien hinweg Hilfe geflossen ist, dass wir bewiesen haben, dass wir noch vor der ersten Sitzung hier im Parlament etwas auf die Beine stellen können, dass wir bewiesen haben, dass wir helfen können.

Die Geldmittel sind bei den Betroffenen angekommen, und wir werden natürlich auch dafür eintreten, dass diese Mittel verstärkt werden. Wir werden dafür sorgen, dass die Betroffenen in Kärnten zumindest im gleichen Ausmaß entschädigt werden wie jene in Oberösterreich, denn auch jedes Kärntner Haus, jeder Kärntner Betrieb und jede Kärntner Kirche sollen und müssen gleich viel Geld bekommen wie in Oberösterreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Wattaul: Und Niederösterreich!)

14.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 



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14.47

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Und Niederösterreich natürlich! Niederöster­reich hat auch einiges der zusätzlichen Hochwassergelder erhalten, und ich denke, dass das sehr gut und sehr richtig war.

Das Hochwasser im August vorigen Jahres hat dramatische Auswirkungen auf große Teile der Bevölkerung in mehreren Bundesländern gehabt. Das Parlament hat darauf­hin für diese Sondermittel in der Höhe von 500 Millionen € einen einstimmigen Be­schluss gefasst; 250 Millionen € für persönliche, private Schäden an Hab und Gut, 250 Millionen € für Infrastruktur, Landwirtschaft, Forstwirtschaft. Das war richtig, auch wenn sich jetzt im Nachhinein herausstellt, dass zum einen die Schätzungen leicht überhöht waren, um es einmal dezent zu sagen – es war von 3 bis 7 Milliarden die Rede, davon ist jetzt nicht mehr die Rede –, und dass außerdem die Verteilung zwi­schen Infrastruktur und persönlichem Hab und Gut nicht gestimmt hat, was wir heute korrigieren werden.

In der Nachbetrachtung stellen sich aber doch ein paar Fragen, und ich möchte zwei davon herausgreifen. Während es angesichts der Situation im Herbst oder auch noch im Winter vorigen Jahres einfach nicht möglich war, über Mittelzuteilungen zu diskutie­ren, weil es in erster Linie um Existenzfragen und um die Verteilung der Mittel gegan­gen ist, ist es jetzt, nachdem die Mittelvergabe im Wesentlichen abgewickelt ist, denke ich, doch an der Zeit, das alles ein bisschen genauer zu betrachten.

Ich möchte einen Punkt herausgreifen, und dabei geht es darum, dass die Bundes­regierung die Spendengelder, die bei der ORF-Benefizveranstaltung für die Hochwas­seropfer hereingekommen sind, verdoppelt hat. Das bedeutet öffentliche Gelder, und es handelt sich dabei um zirka 18,2 Millionen €, also durchaus ein wesentlicher Betrag. Abgesehen von den 500 Millionen € Soforthilfe ist auch sehr viel an Spendengeldern in die verschiedenen Regionen geflossen – das war auch sehr notwendig –, und es stellt sich immer wieder die Frage: Wie werden denn diese privaten Spendengelder, die von der Bundesregierung dann auch verdoppelt worden sind, verteilt?

Wir haben eine entsprechende Anfrage an den Herrn Bundeskanzler gestellt, da dieser im vorigen Jahr gesagt hat, dass diese privaten Spendengelder zentral koordiniert wer­den und dass das auch kontrolliert wird. Die Anfragebeantwortung ist wenig befriedi­gend, und ich meine, dass wir da noch Aufklärungsbedarf haben. Der Bundeskanzler antwortet auf die Frage, wer denn das jetzt kontrollieren werde, dass er nicht mehr zuständig ist. In seiner Anfragebeantwortung sagt er, er sei nicht zuständig.

Dieselbe Frage an den Finanzminister gestellt, ergibt folgendes Ergebnis: Das wird über die Hochwasser-Soforthilfe koordiniert, und diese 18,2 Millionen € werden von der Hochwasser-Soforthilfe getrennt abgerechnet, und zwar gegenüber dem Bundeskanz­leramt. – Das heißt, es gibt anscheinend eine Vereinbarung dahin gehend, dass diese Gelder abgerechnet werden, dass es eine gewisse Kontrolle darüber gibt, und zwar beim Bundeskanzleramt, aber der Bundeskanzler weiß nichts davon.

Der Finanzminister sagt in derselben Anfragebeantwortung außerdem noch, dass die Arbeitsgruppe die Kontrolle abgelehnt hat. – Und diese eben abgelehnte Kontrolle soll beim Bundeskanzler stattfinden? Also irgendetwas kann da nicht stimmen. Wir werden dem sicher noch nachgehen, was mit diesen 18,2 Millionen € passiert ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die zweite wesentliche Frage ist: Wie werden wir in Zukunft vorsorgen, dass ähnliche Naturereignisse nicht zu derartigen Auswirkungen führen, wie das im vorigen Jahr der Fall war? Diskussionen darüber müssen meiner Meinung nach sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene geführt werden. Ich sehe allerdings noch relativ wenig Ansätze dafür, wie das zukunftsweisend gelöst werden wird.


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In der Gegend, wo ich zu Hause bin, nämlich in Langenlois – jenes Gebiet, das sozu­sagen eines der hauptbetroffenen Gebiete war, nämlich mit der Katastralgemeinde Zöbing, wo der Kamp durchfließt, der den ganzen Ort weggeschwemmt hat –, muss ich feststellen, dass das, was da jetzt entlang des Kamp passiert, wenig zukunftsweisend ist. Zuerst einmal sind sämtliche Bäume abgeholzt worden. Alle, die sich schon einmal damit beschäftigt haben, was Renaturierung heißt und was notwendig wäre, um der­artige Hochwässer in Bahnen zu bringen – verhindern kann man sie ohnehin nicht –, wissen, dass das genau der falsche Weg ist.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf ein Tiroler Projekt hinweisen, das auch vom Ministerium unterstützt worden ist, nämlich auf das Projekt Großache. Manche von Ihnen werden es kennen; es ist ein Musterprojekt, wenn es um Renaturierung eines Flusses geht. Es hat an der Großache im vorigen Jahr auch nicht diese katastrophalen Auswirkungen gegeben – nicht nur, weil der Niederschlag geringer war, sondern weil eben dafür gesorgt worden ist, dass es eine ordentliche Renaturierung, einen voraus­schauenden, vorsorgenden Hochwasserschutz gibt.

Dieses Projekt ist unter der damaligen Landesrätin Evelin Lichtenberger von den Grü­nen umgesetzt worden; es macht also durchaus Sinn, wenn es grüne LandesrätInnen gibt. Allerdings muss man sagen, dass das in absoluter Kooperation mit dem Ministe­rium erfolgt ist – etwas, wo es heute eher Probleme gibt.

Worum geht es? – Projekte wie das an der Großache zum Vorbild zu nehmen für die Renaturierung anderer Flüsse, eben zum Beispiel auch des Kamp, um Hochwasser in jenem Ausmaß wie im Vorjahr, soweit das eben möglich ist, möglichst in Bahnen zu lenken – im Sinne der Umwelt, aber eben auch im Sinne der Menschen, die von dieser Katastrophe betroffen waren. (Beifall bei den Grünen.)

14.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte.

 


14.53

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ein aktueller Wetterbericht aus meiner Heimatgemeinde: 13 Millimeter nach sieben niederschlagsfreien Wochen. – Sie werden verstehen, dass ich zu dem Thema Dürrehilfe einiges zu sagen habe.

Erstens: Ich bedanke mich bei allen Fraktionen dafür, dass die Summe von 3 Millio­nen € – aus Umschichtung und neuen Mitteln – beschlossen wurde, und ich bedanke mich ganz besonders bei allen Bundesländern und Landeshauptleuten, die diese Mittel verdoppeln werden. Wenn die Europäische Kommission auch irgendwann die Notifizie­rung zustande bringt, dann werde ich mich auch bei der Europäischen Kommission dafür bedanken, dass sie uns die Erlaubnis gibt, dass wir helfen dürfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Dürre nach dem katastrophalen Hoch­wasser im vorigen Jahr muss uns schon ein wenig nachdenklich stimmen. Es gibt die einen, die sagen, Wetter ist eben Wetter, und die anderen, die sagen, wir sind vom Klimawandel betroffen und sollten darüber nachdenken. So oder so, wir sollten keine Scherze damit treiben. Es hat mich schon ein wenig gestört, dass gerade Kollege Matznetter so große Worte so leichtfertig in den Mund genommen hat.

Tatsache ist: Wenn wir Bauern von Vorsorge reden, dann meinen wir damit, dass wir Humuswirtschaft betreiben, dass wir Retentionsräume zulassen. Vielleicht sollte Kol­lege Matznetter sich das einmal anschauen: Ausgerechnet einer der größten Betriebe Österreichs, nämlich das Gut Graf Hardegg in Seefeld-Kadolz , schützt eigentlich die ganze Region mit seinem großen Retentionsbau und hat für viele etwas Gutes getan.


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Man muss nicht immer auf die Großen losgehen, man kann auch manchmal danke sagen.

Wir sollten uns überlegen, wie wir selbst die Maßnahmen in der Landwirtschaft weiter­entwickeln können. Wir haben dafür das ÖPUL, und wir haben in diesem Umweltpro­gramm viele Maßnahmen gesetzt, die die Wasserrückhaltefähigkeit der Böden verbes­sern.

Wir haben darüber nachgedacht, ob wir vorsorgen können. Ich bin der Obmann der Rübenbauern und kann sagen, wir haben nach dem letzten katastrophalen Jahr, in dem wir Hochwasser und Dürre hatten, versucht, auf privatwirtschaftlicher Basis eine Trockenschadensversicherung einzurichten. Wir finden keinen Rückversicherer, der bereit wäre, dieses Risiko zu teilen und zu tragen, und ohne Rückversicherer findet man auf Grund des hohen Klimarisikos auch keinen Versicherer, der eine Versicherung abschließt. Das heißt, wir müssen in der Frage der umfassenden Ernteversicherung an die EU appellieren, eine europäische Lösung zu finden, weil wir sonst die Landwirt­schaft in der Zeit der schmalen Spannen und der knappsten Gewinne mit dem Risiko allein lassen und die Auswirkungen letztendlich furchtbar sein können.

Ich komme aus dem Marchfeld, und es hat mich besonders geärgert, dass Herr Matz­netter so flapsig über den Grundwasserspiegel redet. Wir haben das Marchfeldkanal­projekt einstimmig beschlossen und somit die Situation sehr gut im Griff. Ich darf berichten, dass wir auf Grund der katastrophalen Niederschläge im letzten Jahr einen Grundwasserspiegel wie gegen Ende der siebziger Jahre haben.

Zu den „tollen“ Leistungen des Wiener Hochwasserschutzes kann ich dem Kollegen Matznetter sagen, das ist klassische rote Politik: Hinter mir die Sintflut! Es gibt auch noch Menschen, die abseits von Wien leben, und das schnell durchfließende Wasser durch den Wiener Hochwasserschutz hat das Marchfeld in Gefahr gebracht wie noch nie. Der Wasserstand an der Donau war ungefähr 40 Zentimeter vor der Dammober­kante. Nächster Schwerpunkt unserer Arbeit wird sein, auch für dieses Gebiet Sicher­heit zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Die Dürrehilfe, die wir den Bauern jetzt anbieten, ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber sie soll mithelfen, zu verhindern, dass jene Bauern, die in besonderem Ausmaß geschädigt worden sind, ihre Tierbestände auf den Markt bringen müssen, damit kein Fleischpreisverfall eintritt und alle anderen Landwirte, die durch diese Dürre nicht geschädigt worden sind, nicht auch noch ge­schädigt werden.

Es ist eine gute Maßnahme, die aber vielleicht vom Volumen her nicht ausreicht. Ich muss Ihnen sagen, dass wir im Weinviertel Schäden in den Kulturen haben, die sich erst jetzt bei der Ernte zeigen und die wirklich furchtbar und katastrophal und für einzelne Landwirte wahrscheinlich existenzbedrohend sind, weil es sich eben um ertragreiche Kulturen handelt. Wir werden darüber noch zu reden haben. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Abschließend: Ich habe mich gefreut, dass Kollege Matznetter von der Scholle gespro­chen hat. Aber zu dem, was er gesagt hat, kann ich nur sagen: Ich als Bauer rede von der Scholle und meine meine Erde, und wenn Kollege Matznetter von der Scholle redet, dann sollte er weiterhin einen flachen Fisch meinen, und dazu würde ich dem Herrn von der Barolo-Fraktion Chardonnay oder Grauen Burgunder als Ergänzung empfehlen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


14.58


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Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Rednerin wäre Frau Abgeordnete Trunk. 2 Minuten Restredezeit. Wollen Sie jetzt anfangen, und ich unterbreche Sie, oder später? (Abg. Mag. Trunk: Nachher!)

Dann unterbreche ich jetzt die Sitzung bis zum Aufruf der Dringlichen. Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenom­men.)

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an die Bun­desministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Bildungsoffensive statt pauschaler Diffamierung der Jungen (211/A) (E)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbro­chene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 211/A (E). (Abg. Dr. Fekter – auf die Reihen der SPÖ weisend –: Für eine Dringliche ist das Interesse nicht sehr groß! So dringlich kann es nicht sein, wenn sich keiner interessiert dafür!)

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die Bildungslandschaft in Österreich wurde in den letzten Jahren durch eine Reihe von Sparmaßnahmen ausgehungert. Von einer Schwerpunktsetzung und von dringend nötigen Investitionen in diesem für die Jugend und die Zukunft unseres Landes so zentralen Bereich ist nur in Sonntagsreden und Regierungserklärungen der schwarz­blauen Regierung die Rede – die Realität sieht aber völlig anders aus.

Während Bildungsministerin Elisabeth Gehrer in ihrem Zuständigkeitsbereich weitge­hend untätig blieb, schaffte sie es eine Generationendebatte in Form einer pauschalen Diffamierung der jungen Menschen vom Zaun zu brechen. Obwohl internationale Ver­gleiche zeigen, dass politische Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuungseinrichtun­gen schon für die Kleinsten, ein Recht auf Teilzeitarbeit, die Vereinbarung von Familie und beruflichen Weiterentwicklungschancen starken Einfluss auf die Entwicklung der Geburtenrate haben, schwingt Gehrer die Moralkeule, anstatt konkrete Maßnahmen zu setzen.

Gehrer wandte dabei ein beliebtes rhetorisches Muster der ÖVP an: Zunächst wird etwas völlig Unsinniges (z. B. Partys, ein Domizil in Lech und eine Ferienwohnung in Ibiza als Lebenszweck) behauptet. Anschließend wird entrüstet festgestellt, dass das ja wohl nicht sein könne und darüber eine Debatte verlangt.

„Nach meinem Verständnis hat die ältere Generation den Generationenvertrag erfüllt, sie hat für ihre Eltern gesorgt, und sie hat Kinder bekommen“, meinte Gehrer in der „Presse“ vom 23. August 2003. Sie frage sich nun, wo die Kinder der jüngeren Genera­tion bleiben. „Kinder sind die beste Zukunftssicherung, darüber muss man reden“, so Gehrer. Und weiter: „Was macht das Leben lebenswert? Etwa wenn man von Party zu Party rauscht, ist es das Single-Leben?“ Eine Pensionistensteuer nütze den heute 30-Jährigen in drei oder vier Jahrzehnten, wenn sie dann selbst in den Ruhestand treten, wenig. „Die Wahrheit ist: Die Zukunft ist gesichert, wenn ein Land Kinder hat“, glaubt Gehrer.


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Anstatt klar zu stellen, dass diese pauschale Abqualifizierung der Jugend als egozent­rische Partygeneration ein Fehler war, legte Gehrer am 26. August gegenüber der APA nach: „Kann es das Lebensziel sein, nur das höchste Einkommen zu lukrieren, bringt dir das später die höchste Befriedigung, dass du eine Ferienwohnung in Ibiza und ein Domizil in Lech hast?“ Es mutet schon fast skurril an, dass es Gehrer traurig fand, dass man in Österreich offensichtlich keine Sachdiskussion führen könne, nach dem sie eine Polemik nach der anderen vom Stapel ließ.

Unterstützung bei der Argumentation aus der untersten Schublade erhielt Gehrer von ihrem Kollegen Ernst Strasser, der sich ebenfalls als nicht fachzuständiger und oben­drein völlig falsch informierter Minister in einer Polemik gegen Ganztagsschulen übte. In einem Standardinterview vom 3. September meinte er: „Die Ganztagsschulen sind eine der großen Misserfolge sozialdemokratischer Politik in Deutschland, die zu Ver­elendung, Anonymisierung und vandalisierenden Jugendlichen in den Großstädten geführt hat. Dieses Konzept ist gescheitert.“

Dabei spielt es für Strasser offenbar keine Rolle, dass mit nur 3 % ein verschwindend geringer Anteil der Schulen in Deutschland ganztägig geführt wird und die Anstrengun­gen in diese Richtung erst intensiviert werden, weil die bildungspolitisch innovativen Länder Skandinaviens als Vorbild gelten und deren Erfolge unübersehbar sind. Nach dem Schock, den die Ergebnisse der „PISA-Studie“ auslösten, setzt man in Deutsch­land nun große Hoffnungen auf die Ganztagsschule. Anfang September gab es den Startschuss zu einem Förderprogramm für Ganztagsschulen im Ausmaß von 4 Mrd. €.

Gerade internationale Vergleiche zeigen den dringenden Handlungsbedarf der Bil­dungsministerin.

Die Herkunft ist in Österreich nach wie vor das zentrale Kriterium für den Bildungsweg.

Kinder aus weniger begüterten Familien mit niedrigem Bildungsstand der Eltern haben nach wie vor deutlich weniger Chancen im österreichischen Bildungssystem als jene aus sozioökonomisch bevorzugtem Umfeld. Das zeigen Daten aus der internationalen Bildungsvergleichsstudie „PISA“ und Studien des Instituts für Bildungsforschung.

Der von Österreich zusätzlich durchgeführte Vergleich der Ergebnisse der „PISA-Studie“ zwischen den zehn reichsten Staaten Europas zeigt sehr deutlich die hohe Ab­hängigkeit der SchülerInnenleistungen von der Schulbildung der Eltern. In Finnland, dem Spitzenreiter in der „PISA“-Studie, beträgt der durchschnittliche Leistungsunter­schied zwischen SchülerInnen, deren Eltern der höchsten Bildungsschicht angehören, und jenen, deren Eltern der niedrigsten Bildungsschicht angehören, 39 Punkte, in Irland sind es 37,5 Punkte. In Österreich sind es dagegen 91,5 Punkte. Eine Stufe in der fünfteiligen PISA-Skala beträgt 41 Punkte. Während es einigen Ländern also ge­lingt, die Unterschiede innerhalb einer Stufe zu halten liegt der durchschnittliche Unter­schied in Österreich bei weit mehr als 2 Stufen.

In allen neun Ländern, die in der PISA-Studie bei der Lesekompetenz vor Österreich rangieren, bestehen die Leistungsunterschiede vorwiegend innerhalb einer Schule. In Österreich dagegen sind die Unterschiede zwischen den Schulen viel größer. Das ist das Ergebnis der frühzeitigen Selektion in Österreich nach der vierten Klasse Volks­schule. Auch in der PISA-Studie wird der „Abbau der sozioökonomischen Segregation zwischen den Schulen“ als mögliche Strategie dargestellt, um dem Problem der Unter­schiede zwischen den Schulen beizukommen.

Dass der größte Einfluss auf die Bildungskarriere der Kinder vom Bildungsniveau der Eltern ausgeht, belegen auch Studien des Österreichischen Instituts für Familienfor­schung. Demnach maturieren 80 Prozent der Kinder von Akademikern. Bei Kindern von Eltern mit Pflichtschulabschluss sind es hingegen nur zehn Prozent – ein Verhält-


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nis, das sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert hat. Ähnliches gilt im Bereich der Hochschulbildung: Gerade einmal 40 % der StudienanfängerInnen sind Kinder von Eltern ohne Matura – Tendenz rückläufig.

Die Regel an Österreichs Schulen ist nach wie vor Unterricht in unzusammenhängen­den 50-Minuten-Blöcken am Vormittag. Ein pädagogisch innovatives Ganztagsschul­system wird von der Bildungsministerin abgelehnt.

Die Diskussion um die Ausweitung von Ganztagsschulen wird von den Regierungspar­teien ausschließlich unter dem Betreuungsaspekt geführt. Dieses Modell der Nachmit­tagsbetreuung für jene, die es wollen, würde die in keiner Form mehr zeitgemäße Gestaltung der Unterrichtsrealität an den Vormittagen nicht verändern. Pädagogisch innovative Ganztagsschulen leben von einem Wechsel von Lernphasen, Projektunter­richt, sportlichen oder musischen Aktivitäten sowie Erholungsphasen. Darüber hinaus wird der Anteil privaten Lernens, zum Teil mit Nachhilfe, vorwiegend in die Schulen verlagert. Im Bereich der Pflichtschulen ist mit der Verweigerung dieser pädagogischen Veränderung auch ein Abschieben der Verantwortung für die Nachmittagsbetreuung auf die Bundesländer verbunden. In mehreren Anfragebeantwortungen hat sich Bil­dungsministerin Gehrer als unzuständig für die Nachmittagsbetreuung an Pflichtschu­len erklärt.

Das Gehaltsschema der österreichischen LehrerInnen kennt nach wie vor nur ein zent­rales Kriterium, das Alter. Der Unterschied zwischen Einstiegs- und Höchstgehalt ist so groß wie in kaum einem anderen OECD-Land.

Die Jahreseinkommen der LehrerInnen werden in der jährlich erscheinenden OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ auf Basis von US-Dollar verglichen. Das Einstiegs­gehalt der österreichischen AHS-LehrerInnen beträgt 24.200 Dollar, das Gehalt nach 15 Jahren 30.600 Dollar und das Höchstgehalt 53.800 Dollar. Verglichen mit dem OECD-Durchschnitt steigen Österreichs LehrerInnen mit 400 Dollar mehr ein, verdie­nen nach 15 Jahren 3.000 Dollar weniger und liegen beim Höchstgehalt um 12.400 (!) Dollar über dem Durchschnitt. Ein sehr ähnliches Muster zeigt sich auch bei den PflichtschullehrerInnen und im gesamten öffentlichen Dienst.

Es zeigt sich also, dass Österreichs LehrerInnen vor allem im Hinblick auf den Wohl­stand des Landes mit unterdurchschnittlichen Gehältern einstiegen, nach 15 Jahren wesentlich unter dem Durchschnitt und dafür am Ende drastisch darüber liegen. Das Gehalt steigt im Lauf der Jahre auf das 2,4-fache des Einstiegsgehaltes. Während es in fast allen Ländern verschiedene Zulagensysteme gibt, z. B. für Weiterbildung, Lehr­qualifikation in mehreren Fächern oder besondere Aufgaben wie Lernbetreuung, wird in Österreich nur eines honoriert, das Altern.

Ist dieses Gehaltsschema gerecht? Nein. Niemand wird ernsthaft behaupten, dass die Leistung knapp vor der Pensionierung um 140 % höher als zu Beginn der Berufslauf­bahn oder um fast 80 % höher als nach 15 Jahren Berufserfahrung ist.

Ist dieses Gehaltsschema sinnvoll? Nein. Gerade dann, wenn durch eine Haushalts­gründung, ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung, durch Kinder in Folge einge­schränkter Erwerbstätigkeit bzw. des notwendigen Betreuungsaufwands der finanzielle Bedarf am höchsten ist, wird in Österreich weit unterdurchschnittlich verdient. Die hohen Einkünfte vor der Pensionierung führen zu einer beträchtlichen Sparquote. Das ist weder volkswirtschaftlich sinnvoll noch entspricht es den Bedürfnissen. Im öffent­lichen Bereich endet der Versuch, die Personalkosten einzudämmen nach wie vor in Frühpensionierungswellen. Ein solches, auf Altersbelohnung ausgerichtetes Gehalts­schema führt auch dazu, dass die Bereitschaft zu einem Wechsel der beruflichen Tätigkeit sehr gering ist. In vielen Fällen ist es nicht wünschenswert, dass LehrerInnen


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bis 65 im Klassenzimmer stehen. Aber wer verzichtet freiwillig auf Bezüge, die bei einem Wechsel in diesem Alter sonst nirgends zu erzielen sind?

Bei den LehrerInnen besteht eine Differenz zwischen Einstiegs- und Höchstbezug von 242 Prozent – das ist international absolut einzigartig. Einige Länder wie Dänemark, Australien oder England haben bereits wesentlich flachere Gehaltskurven mit einer Steigerung von etwa 40 % eingeführt. Im Volksschulbereich verdienen dänische Lehre­rInnen am Ende überhaupt nur 10 % mehr als zu Beginn.

Die österreichischen Universitäten leiden unter akuten Finanzierungsproblemen.

Das Uni-Budget für 2003 liegt um 100 Mio. Euro unter dem des Vorjahres. Die Zahlen des Finanzministers sprechen für sich: So standen den Unis 2002 1.737 Mio. € zur Verfügung. Der Bundesvoranschlag betrug zwar etwas weniger, jedoch kamen noch Mittel aus der Universitätsmilliarde dazu. Im Jahr 2003 wird es keine Universitätsmil­liarde mehr geben und im Bundesvoranschlag sind nur mehr 1.630 Mio. € budgetiert.

Die Entwicklung des Universitätsbudgets ist also rückläufig und liegt in Österreich weit unter dem OECD-Durchschnitt. Machte das Hochschulbudget 1999 noch 1,22 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) aus, so sind es 2003 nur noch knapp 1,1 Prozent. Im Vergleich dazu beträgt das Hochschulbudget im OECD-Durchschnitt 1,6 Prozent, in den USA sogar 2,5 Prozent vom BIP.

Laut Berechnungen der Rektorenkonferenz vom 13. Juni 2003 fehlen den Universitä­ten für heuer mindestens 35 Mio. €, um den laufenden Betrieb zu gewährleisten:

ca. 12 Mio. durch Implementierungskosten des Universitätsgesetzes (UG) 2002, davon etwa 4-5 Mio. für die Ausgliederung der Medizinischen Fakultäten

ca. 6 Mio. wegen steigender Aufwendungen im Personalbereich

18,7 Mio. wegen der 3%-Bindung der Ermessensausgaben

Am 11. Juli 2003 fand im Parlament ein „Runder Tisch“ mit Universitätsrektoren statt, um die dramatische finanzielle Situation der österreichischen Universitäten zu erörtern. Dabei wurde festgestellt, dass es Budgetkürzungen um 6 % und Kürzungen bei den frei verfügbaren Mitteln um bis zu 15 % gibt. In zahlreichen Universitätsbauten sind neue Ersteinrichtungen notwendig, die Ausführung ist mangels gesicherter Finanzie­rung aber bisher nicht möglich.

Minister Grasser sprach in seiner Budgetrede von einer Verdoppelung des Universi­tätsbudgets zwischen 1999 und 2004. Konkrete Strategien, dieses Ziel zu erreichen, blieb Grasser – und mit ihm die gesamte Bundesregierung – allerdings ebenso schul­dig, wie der Nachweis entsprechender Budgetzahlen, die ein solches Ziel zumindest plausibel machten. In den publizierten Übersichten und Grafiken der Budgetrede Grassers fehlen zur Verdoppelung des Uni-Budgets 543 Mio. €.

Die von BM Grasser verkündete Steigerung des gesamten Bildungsbudgets von 8,2 Mrd. auf über 9 Mrd. Euro resultiert aus einer Neugestaltung des Wissenschafts­budgets. Durch die ab 2004 geltenden Globalbudgets wird der Großteil der Hochschul­lehrerInnen über die Ämter der Universitäten budgetiert. Die dafür notwendigen 733 Mio. € wurden vom ehemaligen BM:ÖLS (Ausgaben) ausgebucht und an die Uni­versitäten transferiert, wo sie im Budget nun als Einnahmen aufscheinen. Die vollmun­dig angekündigte Erhöhung erweist sich als Nullsummenspiel. Die tatsächliche Erhö­hung beträgt lediglich 37 Mio. Euro.

Die Situation ist auch deshalb problematisch, weil der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) mit einem im Vergleich zum Vorjahr um 20 % ge­ringerem Budget dotiert wurde. Der FWF stellt die wichtigste Forschungsfinanzierungs-


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quelle der österreichischen Universitäten dar, mehr als 1900 ForscherInnen an öster­reichischen Universitäten werden durch den FWF finanziert. Da über 90 % der FWF-Mittel im Rahmen von Forschungsprojekten an die Universitäten gehen und die Unis durch das Universitätsgesetz 2002 gezwungen sind, verstärkt Drittmittel einzuwerben, ist dieser Schritt wissenschaftspolitisch völlig unverständlich. Die Konsequenz aus der Budgetmisere: 500 bis 600 Forschungsstellen können nicht besetzt werden und der Fonds musste in seiner letzten Vergabesitzung vor dem Sommer aus Budgetknappheit fast alle Bewilligungen aussetzen. Da sind auch die nun in Aussicht gestellten Vorgriffe auf das Budget des Jahres 2004 lediglich eine kurzfristige Verschiebung des Problems.

Durch das Universitätsgesetz 2002 wurde die Mitbestimmung und Partizipation der Universitätsangehörigen, insbesondere der Rechte der Studierenden stark reduziert.

Durch das Universitätsgesetz 2002 wurden die Universitäten in ihrer Grundverfassung umgebaut, politische und ökonomische Abhängigkeiten forciert, autoritäre Strukturen eingeführt und die universitätsinternen demokratischen Strukturen großteils zerstört. Ein mächtiger, unter Regierungseinfluss stehender Universitätsrat, führt nicht wie von der Regierung behauptet, zu einer Vergrößerung, sondern zu einer Reduktion universi­tärer Autonomie und zum Abbau der verfassungsrechtlich verankerten universitären Selbstverwaltung. Alle Macht wird den ordentlichen Professoren vorbehalten damit orientiert sich die Reform an der Universität des 19. Jahrhunderts.

Bereits jetzt zeigen sich die Mängel der Uni-Reform an allen Ecken und Enden. Laufend werden neben den drastischen finanziellen Schwierigkeiten, die die Implemen­tierung des Gesetzes verursacht, neue Pannen bekannt, die die Umsetzung des Ge­setzes erschweren und zur Demotivierung der Betroffenen führen. Von universitärer Autonomie kann – abgesehen davon, dass Gehrer die Unis mit ihren budgetären Problemen im Regen stehen lässt und auf die Problemlösungskompetenz der Rektoren der autonomen Unis verweist – inzwischen auch nicht mehr die Rede sein. Nicht nur bei der Rektorswahl an der neugegründeten Medizinischen Universität Innsbruck führte der ministerielle Eingriff über die Köpfe der betroffenen Universitätsangehörigen hin­weg zu Unmut und Frustration. Vor allem auch die Bestellung der Universitätsräte sorgte aufgrund eigenwilliger Personalwahl für Diskussionen an den Unis und in den Medien. Insgesamt bestellte die Bundesregierung auf Vorschlag Gehrers 59 Uniräte, von denen sich fast die Hälfte eindeutig als ÖVP (bzw. einige FPÖ)-nahe deklariert hat. Von den 21 Universitäten sind daher lediglich sechs ohne bereits nach kurzer Re­cherche nachweisbaren parteipolitischen Einfluss (VetMed Uni, Montanuni Leoben, Med. Uni Graz, Musikuni Wien, Kunstuni Graz, Kunstuni Linz). Besonders auffallend ist das Engagement vieler Universitätsräte im Personenkomitee für Wolfgang Schüssel im NR-Wahlkampf 2002. Amtsbekannte nationale Burschenschaftler wurden ungeniert und gegen die Proteste der Universitäten in die Uni-Räte gesetzt. Der Schaden, der den Universitäten international dadurch zugefügt wird, dass Leute mit vorgestriger Weltanschauung wesentliche Ämter der in die Zukunft orientierten Universitäten beklei­den, ist enorm.

Sowohl die AkademikerInnenquote von weniger als 14 % als auch der Anteil von For­scherInnen an der Erwerbsbevölkerung (4,86 ForscherInnen pro 1000 Erwerbsperso­nen im Vergleich zu 5,6) liegen in Österreich weit unter dem EU- und OECD-Durch­schnitt.

Österreich hat nach wie vor eine der niedrigsten AkademikerInnenquoten aller OECD-Länder. Das geht aus den aktuellen Zahlen der OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2003“ hervor und zeigt extreme Mängel in der österreichischen Bildungspolitik im tertiären Bereich auf. Die AkademikerInnenquote in Österreich beträgt gerade einmal 14 %. In anderen OECD-Staaten liegt diese Quote zwischen 30 und 50 %.


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Die Situation wird sich nicht so schnell ändern, da die Hochschulzugangsquote, also der Anteil der Personen an einem Altersjahrgang, die ein Studium an einer Universität oder Fachhochschule beginnen, in Österreich mit nur 34 % deutlich unterdurch­schnittlich ist, um mittelfristig eine signifikante Erhöhung der AbsolventInnenquote zu erreichen. Im OECD-Durchschnitt gingen 47 % eines Maturajahrgangs in eine tertiäre Bildungseinrichtung. Zum Vergleich: Die skandinavischen Länder haben insgesamt einen sehr hohen Hochschulzugang wie etwa Finnland mit 71 Prozent. Eine stärkere Beteiligung von jungen Leuten an der tertiären Bildung ist daher dringendst nötig.

Die Verfügbarkeit qualifizierten Personals wird durch die geringe Beteiligung an der tertiären Bildung zunehmend ein limitierender Faktor. Laut EU-Kommissionsbericht be­steht im Bereich der für die zukünftige Entwicklung wesentlichen „Humanressourcen“ im Forschungsbereich klarer Nachholbedarf für Österreich. Der Anteil von ForscherIn­nen an der Erwerbsbevölkerung muss daher in allen Forschungsbereichen steigen. Das größte Problem an der von der Bundesregierung verschuldeten Forschungs­budgetmisere ist, dass die in Österreich ohnehin geringe Anzahl an Forscherinnen und Forschern weiter stagniert, da vor allem der wissenschaftliche Nachwuchs gezwungen ist, ins Ausland abzuwandern. Durch den Sparkurs beim Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) macht sich die Regierung verantwortlich, dass bis zu 600 Forscherinnen und Forscher keine Anstellung finden.

Die Ausweitung von Forschungsstellen und Arbeitsplätzen im Forschungsbereich sind dringend nötig. Dazu bedarf es der Erhöhung der Forschungsquote sowie verbesserter Rahmenbedingungen und Anreize für die Forschung und die dort engagierten Men­schen wie etwa ausreichende Stipendien und Förderprogramme und attraktive Arbeits­platzmöglichkeiten. Zumindest muss die Regierung dafür sorgen, dass der FWF die vom Finanzminister gekürzten 30 Mio. € für 2003 bekommt, um die über 600 ausste­henden Forschungsprojekte finanzieren zu können.

Das im Juli 2001 von ÖVP und FPÖ beschlossene neue Uni-Dienstrecht bietet keine Anreize für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Das im Juli 2001 von ÖVP und FPÖ beschlossene neue Dienstrecht setzt auf restriktiv befristete Verträge für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Diese ermöglichen keine längerfristige Auseinandersetzung mit komplexen Forschungsinhalten und bieten keine attraktiven Karrierechancen. Viele Institute klagen bereits über Nachwuchsmangel – auf Ausschreibungen melden sich keine oder deutlich weniger InteressentInnen. Die Mehrkosten der Unireform führen zwangsläufig zu einer Verknappung der Personal­mittel und zur empfindlichen Reduktion von Planstellen. Dies bedeutet mangelnde Attraktivität und fehlende Anreize für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Durch den seit April wirksamen, vom Ministerrat diktierten Aufnahmestopp wird es bis Jahresende zu einem Personalabbau von bis zu 15 % kommen.

Die Gefahr einer kurzfristigen Stellenrotation (innerhalb von 5 Jahren 50% des Perso­nals ausgetauscht) verunmöglicht langfristige Forschung. Das hat Abwanderung von Know-how zur Folge und fördert Moden und Trends statt Qualität und experimentelle Grundlagenforschung (5 bis 10 Jahre) oder Risikoforschung. Außerdem werden Aus­landsaufenthalte dadurch zum Risiko. Die von Gehrer und Gorbach angekündigte Rückholaktion österreichischer WissenschaftlerInnen aus dem Ausland muss ange­sichts rückläufiger Universitäts- und Forschungsbudgets und des restriktiven Dienst­rechts als reine Alibiaktion gewertet werden. Denn welche Rahmenbedingungen kön­nen die Unis diesen ForscherInnen anbieten? Durch das neue Dienst- und Besol­dungsrecht existieren kaum attraktive Laufbahnen für NachwuchsforscherInnen. Viele Institute bzw. ganze Fakultäten klagen bereits darüber, dass die Resonanz auf Stellen­ausschreibungen tatsächlich abgenommen hat – es melden sich keine oder deutlich weniger InteressentInnen.


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Die Forschungsquote liegt weit unter dem Ziel von 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts. Die Mittel wurden im Jahr 2003 sogar gekürzt.

Das Ergebnis der schwarzblauen Forschungspolitik ist ernüchternd: Laut Rechnungs­hof ist die österreichische Forschungslandschaft zersplittert, ganzheitliche Konzepte für deren Neuorganisation liegen bis dato nicht vor, das Forschungsbudget liegt nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt und die Forschungsförderung verläuft völlig unkoordi­niert. Es fehlen die grundlegenden und auch wirtschaftsfördernden Maßnahmen, wie die Vereinfachung der Förderungsstrukturen, die Bereinigung der ministeriellen Zustän­digkeiten, und die Schaffung einer Forschungsstiftung. Diese Haupt-Kritikpunkte des Rechnungshofes an der Forschungs- und Technologiepolitik der Bundesregierung be­stätigt die mehrfach geäußerten Grünen Positionen und Forderungen nachdrücklich.

Außerdem wurde das Ziel, das Forschungsbudget auf 2,5% am BIP anzuheben, klar verfehlt. Das haben IHS und Wifo bereits seit langem vorgerechnet. Die nüchternen Zahlen der Statistik Austria haben dies bestätigt. Auch der Rat für Forschung und Technologieentwicklung hat nun die unbedingte Bereitstellung zusätzlicher Mittel gefor­dert, ohne die eine dringen notwendige Anhebung der Forschungsquote auf EU-Niveau nicht zu erreichen ist. Die Budgetierung der österreichischen Forschungsförderungs­fonds liegt 2003 drastisch unter den international üblichen Standards.

Die Folgen davon sind mittelfristig katastrophal für den Wissenschafts- und Wirt­schaftsstandort Österreich: Wer die Forschung stiefmütterlich behandelt, wird sie in Zukunft im Ausland suchen müssen! Die Regierung muss daher aufpassen, dass die österreichische Forschung nicht hinter die internationale Konkurrenz zurückfällt. Vor allem exzellente Grundlagenforschung ist Voraussetzung für anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung sowie Innovationen in der Wirtschaft. Diese wiederum sind unverzichtbar für die Sicherung des Wohlstands.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert:

1. Der von ihr eingesetzten Zukunftskommission den Auftrag zu erteilen, sich mit der in vielen internationalen Vergleichen festgestellten sozial problematischen Situation an Österreichs Schulen auseinander zu setzen. Dabei sollen Frühfördermaßnahmen im Vorschulbereich, die individuelle Förderung von Kindern aus sozioökonomisch benach­teiligten Schichten und die Auswirkung der frühen Selektion nach vier Schuljahren beleuchtet werden. Maßnahmen zur Angleichung unterschiedlicher Bildungschancen müssen im Bericht der Zukunftskommission enthalten sein.

2. Der von ihr eingesetzten Zukunftskommission weiters den Auftrag zu erteilen, sich mit den pädagogischen Möglichkeiten von Ganztagsschulen im internationalen Ver­gleich auseinander zu setzen. Dabei ist insbesondere zu beleuchten, welche unter­schiedlichen pädagogischen Möglichkeiten zwischen der von den Regierungsparteien favorisierten Nachmittagsbetreuung für jene, die es wollen und pädagogisch innovati­ven Ganztagsschulmodellen nach skandinavischen Vorbild bestehen.

3. Dem Nationalrat bis spätestens 30.4.2004 ein Maßnahmenpaket zur Angleichung der unterschiedlichen Bildungschancen österreichischen SchülerInnen sowie zur Aus­weitung der Ganztagsschulangebote für das Schuljahr 2004/2005 vorzulegen.


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4. Dem Nationalrat ein Regierungsvorlage für ein modernes LehrerInnendienstrecht vorzulegen, bei dem die Einstiegsgehälter um zumindest 25 % erhöht werden und die Differenz zwischen Einstiegs- und Höchstgehälter zumindest halbiert wird.

5. Für das Jahr 2003 als Sofortmaßnahme 100 Millionen Euro für die Universitäten und den Fonds zur Förderung von Wissenschaft und Forschung (FWF) zur Verfügung zu stellen:

Die Universitäten müssen einen Sockelbetrag von 21,67 Mio. Euro und den Rest (43,7 Mio. €) nach der Anzahl der inskribierten HörerInnen erhalten.

Der FWF muss zusätzlich mit 35 Mio. Euro (25 Mio. Euro zur Aufrechterhaltung des Forschungsbetriebes und 10 Mio. Euro für Ersatzinvestitionen) dotiert werden.

Jene 500 ProfessorInnen-Stellen, die den Universitäten im Juni 2001 versprochen wurden, sind sofort zu finanzieren.

6. Dem Nationalrat bis 30.4.2004 eine Regierungsvorlage zur Einführung eines moder­nen „tenure track systems“ vorzulegen und ein überholtes Kuriensystem durch Einfüh­rung einer einheitlichen HochschullehrerInnen-Kurie zu ersetzen.

Dieses System ist ein international anerkanntes und gut funktionierendes Dienstrecht. Es bietet die Möglichkeit des Erwerbs leistungsabhängiger Arbeitsplatzsicherheiten und möglichst früher Selbständigkeiten in Forschung und Lehre. Teamorientiertes Arbeiten und internationale Erfahrungen werden dabei verstärkt gefördert und hono­riert. Dazu bedarf es einer Novellierung des Universitätsgesetzes 2002 und des Dienst­rechts. International ist leistungsabhängige Arbeitsplatzsicherheit durchaus üblich. In den USA sind etwa 50% der ProfessorInnen tenure, d.h. sie sind definitiv gestellt. Definitivstellung heißt allerdings nicht Unkündbarkeit (auch bei unbefristeten Verträgen ist Kündigung bei Nichterbringen der Leistung möglich).

7. Dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Universitätsgesetzes 2002 vorzulegen, durch die die demokratische Mitbestimmung der Studierenden und des akademischen Mittelbaus wieder hergestellt wird.

8. Dem Nationalrat bis spätestens 31.12.2003 ein Maßnahmenpaket zur Erhöhung der AkademikerInnenquote sowie des Anteils an ForscherInnen in der Bevölkerung vorzulegen.

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen, diesen Antrag gemäß §§ 74a Abs. 1 in Verbindung mit 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesminister Gehrer ist anwesend, und ich bitte jetzt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig, als Antragstellerin zur Begründung des Dring­lichen Antrages das Wort zu ergreifen. Ihre Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte.

 


15.01

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Kaum ein Herbst hat an den österreichischen Schulen und Universitäten so trist begonnen wie dieser. Und das will etwas heißen – im negativen Sinne –, denn die Bildungslandschaft in Österreich ist in den letzten Jah­ren von vielen Sparpaketen getroffen worden. Aber jetzt ist die Situation noch einmal verschärft; die Stundenkürzungen schlagen voll durch.

Gerade die musisch-kreativen Freigegenstände und die Schwerpunkte an den Schulen sind gekürzt worden. Und dazu kommen noch die Hilfeschreie von den Universitäten


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ob des Budgetnotstandes, der dazu führt, dass bereits Sponsoren für Computeran­lagen beziehungsweise für Putztätigkeiten gesucht werden. – Also eine sehr triste Situation!

Die Bundesministerin für Bildung, Frau Elisabeth Gehrer, bleibt davon ziemlich unbe­eindruckt. Sie bleibt ziemlich kühl und exekutiert, ohne sich hier auf irgendwelche Dis­kussionen einzulassen oder solche fortzuführen, einen sehr, sehr harten Sparkurs, der von Finanzminister Grasser vorgegeben worden ist, ohne in irgendeiner Form auf bil­dungspolitische Innovation oder auf die dringende Notwendigkeit von Investitionen ein­zugehen.

Das mag unverständlich erscheinen. Ich versuche mich aber in die Logik der Bildungs­ministerin hineinzuversetzen und frage mich: Warum bleibt sie so unbeeindruckt, so kühl und vor allem so untätig?

Regierungsverantwortung zu tragen heißt in erster Linie Verantwortung zu tragen. (Abg. Mag. Molterer: Dazu muss man den Mut haben und nicht auf halbem Weg stehen bleiben!) Sie aber bleibt untätig. Warum? – Ihre Antwort ist eine sehr seltsame. Sie ist nämlich davon überzeugt, dass die Zukunft eines Landes offensichtlich weniger in der Bildungspolitik liegt, sondern dass die Zukunft dann gesichert ist, wenn ein Land Kinder hat. – Das ist die Antwort.

Für dieses politische Ziel, dass dieses Land mehr Kinder hat und damit eine Zukunft hat, zieht sie durch die Lande. Sie glaubt auch zu wissen, warum dieses Land so wenige Kinder hat, warum die Zukunft angeblich gefährdet ist, und da kommt Bemer­kenswertes zu Tage.

Sie vertritt nämlich die Meinung, dass die jungen Leute und die jungen Frauen in Österreich deswegen so wenige Kinder bekämen, weil ihre Werte nicht jene sind, die sie haben sollten: weil sie von Party zu Party rauschen, weil sie das Single-Leben als Wert an sich für sich auserkoren haben, weil sie Ferienwohnungen in Ibiza und Lech et cetera anstreben – aber nicht den Wert vertreten, den die Ministerin so gerne sähe, nämlich Kinder zu bekommen.

Und über diese Sache wird eine Debatte verlangt, und das alles heißt dann „Wertede­batte“. Über diesen „Unsinn“, sage ich jetzt unter Anführungszeichen, wird eine Werte­debatte verlangt, und dann beschwert man sich darüber, dass diese Debatte nicht geführt wird und als Thema einer Wertediskussion zurückgewiesen wird.

Frau Ministerin! Ich frage Sie: Was ist eigentlich Ihr Amtsverständnis? Was ist Ihr Ver­ständnis von einer politischen Verantwortung als Bildungsministerin, dass Sie diesen Kreuzzug, diesen „Werte-Kreuzzug“ führen? (Beifall bei den Grünen.)

Ich dachte schon, das wäre beendet. Ich dachte, diese pauschale Abqualifizierung der Jugend wäre ein Ausrutscher im Sommerloch, in der Sommerpause gewesen. Aber nein, Sie hören nicht auf und haben am Sonntag in der „Pressestunde“ wiederum nachgelegt: Die zentrale Zukunftsfrage – und darum werden Sie sich kümmern – ist, den jungen Frauen in Österreich einzureden, sie mögen mehr Kinder bekommen, dann sei die Zukunft gesichert.

Diese beispiellose Themenverfehlung ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Einer­seits: Man kann sehr wohl eine Wertediskussion über den Generationenvertrag führen, über eine öffentliche Seite, über eine private Seite des Generationenvertrages. Da gibt es interessante Fragestellungen, Verteilungsproblematiken et cetera. Aber Sie stehen andererseits ausschließlich auf dem Standpunkt, dass die ältere Generation den Gene­rationenvertrag erfüllt habe – der für Sie offensichtlich nur einen einzigen Punkt bein­haltet, nämlich Kinder zu bekommen – und die junge Generation nicht daran denke, diesen zu erfüllen. – Das ist so oberflächlich, so kurzsichtig und so unfair gegenüber


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der Jugend, dass ich sagen muss, ich bin persönlich bereits davon betroffen, dass Sie das nicht einsehen wollen und von dieser Diskussion nicht heruntersteigen.

Eine Wertediskussion zum Thema Generationenvertrag wäre eine interessante De­batte gewesen, aber Sie haben diese durch diesen haarsträubenden Unsinn, durch diese Zurückführung auf ein Familienbild, auf eine Wertediskussion, die, so glaube ich, Österreich im 21. Jahrhundert einfach nicht mehr verdient, völlig verunmöglicht.

Ich denke, etwas könnten wir einmal außer Streit stellen – und ich würde Sie dazu ein­gehend auffordern –, heute und auch in Zukunft: Es gibt so etwas wie eine private Seite bei der Familienplanung. Es gilt das Prinzip Selbstbestimmung, wenn es um die Entscheidung geht, ob man eine Familie gründen will oder nicht. Und auch jemand, der das nicht möchte, erfüllt seine BürgerInnenpflichten. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Muttonen.)

Es ist dies eine höchst persönliche Entscheidung – und keine BürgerInnenpflicht. (Abg. Amon: Frau Dr. Glawischnig, das hat niemand in Frage gestellt!)

Ich denke, wenn man über die Zukunft des Landes diskutieren will, dann gibt es dafür wahrlich andere Themen: 80 Prozent der Frauen wünschen sich tatsächlich Kinder, wollen eine Familie gründen, aber nur 45 Prozent der 15- bis 45-Jährigen kommen diesem Wunsch auch nach. Dieses Auseinanderklaffen zwischen Realität und Wunschvorstellung hat auch Ursachen, und das sind die Rahmenbedingungen (Abg. Mag. Molterer: Genau diese Frage hat Gehrer gestellt! Genau das war die Frage der Frau Bundesminister!) – und nicht die Party und nicht das Domizil in Lech oder Ibiza.

Die Kunst der Politik ist nicht, zu moralisieren und sich in Appelle zu versteigen, son­dern die entsprechende Gestaltung genau dieser Rahmenbedingungen in Angriff zu nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Nur, Herr Kollege Molterer: Von einem Idealbild, nämlich einer partnerschaftlichen Aufteilung der Betreuungspflichten, sind wir in Österreich noch meilenweit entfernt! Und: Durch diese Appelle, die Zukunft wäre gefährdet, wird kein einziger zusätzlicher Betreuungsplatz geschaffen. Die Situation ist bekannt; wir haben in Österreich, seit Jahrzehnten mittlerweile, eine dramatische Situation:

In Niederösterreich können Kinder erst ab dem dritten Lebensjahr einen Betreuungs­platz bekommen, in Vorarlberg gar erst ab dem vierten Lebensjahr. Es gibt massive Beschwerden über die Qualität. Das soll ja eine Bildungseinrichtung sein – es ist die erste Bildungseinrichtung. Es gibt massive Unzufriedenheit mit den Öffnungszeiten, und es besteht absolute Unvereinbarkeit mit dem Beruf, selbst mit Teilzeitberufen. Und wir wissen, dass Teilzeitberufe, vor allem für Frauen, sehr rasch in die Armut führen. – Kein einziger Betreuungsplatz wird durch solche moralischen Appelle geschaffen! (Bei­fall bei den Grünen.)

Der Anteil der Väterkarenz von zwei Prozent verbessert sich durch diese Ansagen auch nicht; es ist dies beschämend wenig im internationalen Vergleich. Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Dänemark oder aus Schweden, stellen oft die Frage: Warum ist das in Österreich so? Warum nehmen so wenige Väter diese Karenzmöglichkeit in Anspruch? (Abg. Dr. Brinek: Was ist Ihr Vorschlag? – Abg. Lentsch: „Männer zwingen!“)

Warum sprechen Sie moralische Appelle aus, ohne auf das wichtigste Argument, näm­lich die Einkommensfrage bei Frauen, hinzuweisen? – Der Unterschied beträgt heute um keinen Cent weniger. Die Einkommensverteilung hat sich vielmehr seit 1999, seit 2000, seit diese Bundesregierung ihre Maßnahmen gesetzt hat, noch weiter ausein­ander entwickelt. Um keinen einzigen Cent wird diese Einkommensschere kleiner!


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Frauen sind nach wie vor bestraft, wenn sie sich für eine Familie entscheiden. – Das sind die Dinge, über die wir reden sollten – und nicht über Lech und Ibiza!

Schade ist auch, dass, obwohl Kinderbetreuungsplätze oder das Recht auf Teilzeitar­beit Dinge sind, die schon sehr lange diskutiert werden, der Bundeskanzler mittlerweile zum Ankündigungskanzler wird und dass seine Erklärungen im Parlament schon fast mit Sonntagsreden gleichzusetzen sind, was ihre tatsächliche Wirksamkeit betrifft. (Beifall bei den Grünen.)

Das Recht auf Teilzeit, von Bundeskanzler Schüssel im letzten Wahlkampf angekün­digt – damals in der ORF-„Pressestunde“ noch mit dem netten Versprecher: „das Recht auf Teilzeit für Mütter“; ich kann mich noch gut erinnern –, wird jetzt als die neue Lösung, als das Ergebnis der Generationendiskussion angeführt. – Das ist wirklich ein Armutszeugnis!

Das Recht auf Teilzeit soll jetzt unter Umständen für Betriebe eingeführt werden, die mehr als 50 MitarbeiterInnen haben. (Abg. Dr. Brinek: 20! 20 Mitarbeiter!) Sie führen jetzt mit dem Recht auf Teilzeit – das ohnehin nicht als echtes Recht, sondern nur mit Schiedsgericht und so weiter eingeführt wird – auch da eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Familien ein. Mir ist das völlig unverständlich!

Herr Bundeskanzler! Ich glaube, wenn man Ihre Wahrheiten mit der Zeit in einen Zu­sammenhang setzt, dann kann man sagen: Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit, und das Recht auf Teilzeit ist jedenfalls keine Wahrheit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lentsch: ... keine Ahnung!)

Was ich noch gerne anmerken möchte, Frau Bundesministerin, ist Ihre emotionale Ferne zum Lebensrhythmus, zur Lebenssituation von jungen Familien und jungen Frauen. Es gibt auch empirische Studien dazu, die man lesen kann, wenn man sich in solche Situationen nicht hineinversetzen kann. Ich möchte Ihnen dazu etwas vorlesen:

Fast jede siebente erwerbstätige Mutter – das sind 15 Prozent – gibt an, dass sie mit ihrem Einkommen nicht überleben könne.

Es ist, glaube ich, eine ganz logische Folge daraus, dass Frauen, wenn sie sich für Kinder entscheiden, eine schlechtere berufliche Karriere haben, dass sie eine schlech­tere Altersversorgung haben – noch dazu verschärft durch Ihr Pensionsmodell – und dass sie ein in dramatischem Ausmaß geringeres Lebenseinkommen haben.

Pessimistisch sehen die Frauen auch die Zukunft: Schon von den Frauen ohne Kinder fürchten 25 Prozent, dass ihre Alterssicherung nicht ausreichen werde. Und Recht haben sie: Im Moment haben nur vier von zehn Frauen eine eigenständige Alterspen­sion.

31 Prozent – das ist fast ein Drittel – aller Mütter meinen, ihre Alterssicherung werde zum Leben nicht ausreichen.

Schrillen da bei Ihnen nicht die Alarmglocken? Haben Sie nicht das Gefühl, dass Sie diese Menschen in einer gewissen Form beleidigt haben, als Sie ihnen Lech und Ibiza und das Rauschen von Party zu Party vorgeworfen haben? Sind Sie so weit entfernt von der Lebensrealität? (Beifall bei den Grünen.)

Es gäbe natürlich auch in Ihrem ureigensten Verantwortungsbereich einiges, was mög­lich wäre, um die Situation sowohl im familienpolitischen Bereich als auch im bildungs­politischen Bereich zu verbessern.

Es gibt ja jetzt, losgetreten auch von „innovativen“ – unter Anführungszeichen – ÖVP-Politikern aus der Steiermark, wieder eine Diskussion über ganztägige Schulformen, wie sie die Grünen schon seit Jahren verlangen. Jetzt haben Sie endlich einmal nach-


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gegeben und sind bereit, zumindest über die Betreuung an den Schulen am Nachmit­tag zu sprechen.

Aber das ist es nicht. Es geht im Wesentlichen darum, innovative, pädagogisch innova­tive Ganztagsschulsysteme zumindest einmal anzuschauen.

Und dann kommt Ihnen noch Innenminister Strasser zu Hilfe, der so etwas von krass uninformiert ist und so eine blanke Polemik betreibt, dass mir die Haare zu Berge stehen! Er behauptet nämlich im bewährten Muster der ÖVP, dass alles, was in Deutschland stattfindet, sozialdemokratische Politik sei, und das sei schlecht, das sei das rot-grüne Deutschland und so weiter; und er versteigt sich zu der Behauptung, dass Ganztagsschulen einer der großen Misserfolge sozialdemokratischer Politik in Deutschland seien, die zur Verelendung, zur Anonymisierung und zu vandalisierenden Jugendlichen in den Großstädten geführt habe. – Was er dabei vergessen hat: Es gibt in Deutschland keine Ganztagsschulen! Nur drei Prozent führen ihre Schulen ganz­tags. (Abg. Hornek: Frau Kollegin, warum? Warum?)

In Deutschland wird auf Grund des Schocks, den die PISA-Studie verursacht hat, ge­rade über Ganztagsschulen diskutiert, weil in den skandinavischen Ländern so viele Modelle mit ganztägigen Schulformen das dortige Bildungssystem – im Vergleich zu Deutschland – auszeichnen. In Deutschland diskutiert man also jetzt darüber, aber es gibt sie nicht. (Abg. Lentsch: Und warum gibt es sie nicht?)

Und was die vandalisierenden Jugendlichen betrifft, so ist auch das wieder eine pau­schale Diffamierung, auch wieder auf Kosten der jungen Generation, die sichtlich ein durchgängiges Prinzip dieser Bundesregierung ist.

Ganztägige Schulformen, Frau Ministerin, haben nichts mit Nachmittagsbetreuung zu tun, sondern dabei geht es darum, ein pädagogisch sinnvolles Ganzes zu schaffen. Ich würde Ihnen nahe legen zu lesen, was Ihr Kollege Universitätsprofessor Bernd Schil­cher in der Steiermark schreibt. In einem sehr schönen Artikel in der „Kleinen Zeitung“ vergleicht er, wie es auf der einen Seite einem österreichischen Hans geht, der in der Obersteiermark lebt, 16 Kilometer in die Schule fahren muss und einmal um 13 Uhr, einmal um 14 Uhr und vielleicht einmal um 16 Uhr aus hat, dessen Mutter berufstätig ist und der einen Zettel am Küchentisch vorfindet – und auf der anderen Seite einem John in Bradford in einer Ganztagsschule und einem Jean in Frankreich. Das ist wirk­lich sehr lesenswert, und ich denke, das sollte man ohne ideologische Scheuklappen angehen, sondern ausschließlich nach dem Kriterium, was pädagogisch das Wert­vollste für unsere Generation an Kindern ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiteres Problem, bei dem Sie Ihren ureigensten Aufgabenbereich sichtlich negie­ren – auf Grund Ihrer „wichtigen Wertediskussion“ –, ist die Frage: Was ist das zentrale Kriterium für den Bildungsweg? – Auch da haben wir Besorgnis erregende Zahlen, aus denen nämlich hervorgeht, dass nach wie vor Kinder aus begüterten Familien höhere Schulabschlüsse machen als Kinder aus weniger begüterten Familien (Ruf bei der ÖVP: Das ist eh klar!), dass auch die Bildung der Eltern immer noch einen sehr, sehr großen Anteil am Bildungsniveau der Kinder hat und dass Österreich hier international im Hintertreffen ist.

Man muss sich vorstellen, dass demnach in Österreich 80 Prozent der Kinder von Aka­demikern maturieren, während es bei Menschen mit Pflichtschulabschluss nur zehn Prozent der Kinder sind! – Ich denke, das wäre ein Punkt, wo man mit einer vernünfti­gen Generationendiskussion eingreifen könnte, die nämlich auf Generationengerech­tigkeit auch innerhalb einer Generation, auch zwischen den jungen Leuten abzielt. Es geht nicht nur um Jung gegen Alt, sondern es geht auch um die private Seite des Generationenvertrages und um Verteilungsfragen, die zu den zentralen Herausforde­rungen zählen.


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Frau Ministerin! Eines der Probleme, die Sie mittlerweile schon seit Jahren ignorieren – wenn Sie schon im Schulbereich nicht hinschauen wollen –, sind selbstverständlich die österreichischen Universitäten. Ich glaube, so laut kann man gar nicht mehr schreien, um von Ihnen überhaupt noch gehört zu werden, denn der Notstand, der sich jetzt breit macht, wird international mittlerweile schon als bemerkenswert registriert. (Abg. Dr. Brinek: Geh! Da waren Sie noch nicht in Berlin!) Auch in internationalen Zeitungen finden wir Bemerkungen zur Situation an den österreichischen Universitäten. Hier wirkt sich auch wieder auf bemerkenswerte Weise jenes Fach aus, das es in der Schule, so glaube ich, laut Grasser und Prinzhorn eigentlich in viel höherem Ausmaß geben müsste, nach dem Motto: Die Orchideenfächer weg, und Marketing als das Hauptfach! Was Minister Grasser in seiner Budgetrede versprochen hat, das kann man mit Rech­nen nicht mehr begreifen, das kann man nur noch mit Marketing begreifen, nämlich ein Plus von einer halben Milliarde € – die sich im Budget allerdings nicht findet!

Ich halte Rechnen immer noch für extrem wichtig. Vor allem diese vollmundig angekün­digten Erklärungen, die wir auch heute wieder gehört haben, dass so viel mehr in die Bildung und in die Universitäten investiert werde, werden der Notsituation in keiner Weise gerecht. Ich hätte mir erwartet, dass Sie als Reaktion auf die Rektoren und ihre Vorschläge in irgendeiner Weise ein Notpaket für den Herbst schnüren.

Aber auch hier hören Sie nicht hin, Sie stellen sich taub für diese Probleme der Univer­sitäten. Es fehlen mindestens 100 Millionen €, um den laufenden Betrieb aufrechtzu­erhalten, und Sie wissen um all die Folgewirkungen, die das hat: Abwanderung der Forschung, vor allem auch der ForscherInnen, ins Ausland. – Das sind Dinge, die uns auf dem Weg zu dem großen Ziel, Österreichs Universitäten international zu Spitzen­universitäten zu machen, meilenweit zurückwerfen.

Auch was die Forschung betrifft, so wissen wir, dass der FWF um 20 Prozent geringer dotiert ist als im Vorjahr. Das ist dramatisch! 1 900 ForscherInnen in der österreichi­schen Forschungslandschaft sind davon abhängig. Das ist die Forschungsfinanzie­rungsquelle für die österreichischen Universitäten! Gut 500 bis 600 Stellen sind zwar bewilligt, aber nicht besetzt. Das Einzige, das Sie als Bundesregierung jetzt machen, ist, auf das Budget des nächsten Jahres vorzugreifen – was das Problem im Wesent­lichen nur um ein Vierteljahr verschiebt, aber das Grundproblem in keiner Weise löst, nämlich die Ignoranz gegenüber der Notwendigkeit einer aktiven Bildungsoffensive an den Universitäten.

Die Diskussion ließe sich jetzt in vielen Bereichen fortsetzen, Frau Bundesministerin. Es sind nicht nur die Grünen und es ist nicht nur die Opposition, die immer wieder auf diese Probleme hinweist, sondern es sind auch immer wieder internationale Ver­gleiche. Die letzte OECD-Studie, was die AkademikerInnenquote und die ForscherIn­nenquote in Österreich betrifft, ist auch ein Alarmsignal, das Sie konsequent überhört haben. Österreich hat nach wie vor eine der niedrigsten AkademikerInnenquoten aller OECD-Länder – und die OECD ist nicht nur Europa oder die EU, sondern da sind auch andere Länder dabei.

Ich denke, mit dieser AkademikerInnenquote von gerade einmal 14 Prozent haben wir schon eine sehr schlechte Ausgangssituation. Aber das Schlimme ist: Es ändert sich nicht! Die Situation wird sich nicht so schnell ändern, weil weitere Zugangshürden – Stichwort „Studiengebühren“ und so weiter – aufgebaut werden. Auch die Studienan­fänger sind nicht mehr geworden.

Die skandinavischen Länder haben eine sehr, sehr hohe Hochschulzugangsrate und haben auch sehr viel mehr Akademikerinnen und Akademiker, und sie haben auch – das ist bekannt – sehr gute Wirtschaftsdaten und eine sehr florierende, wunderbare Forschungslandschaft.


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Damit sind wir schon beim nächsten schwarzen Loch, nämlich bei der Forschungs­quote und bei der Forschungspolitik. – Es tut mir Leid, dass ich das jetzt in solch einer raschen Abfolge darstellen muss. Aber es gibt so viele Versäumnisse, Frau Ministerin, dass ich es Ihnen nicht ersparen kann, sich all das noch einmal in seiner ganzen Dramatik anzuhören.

Auch bei der Forschungsquote liegen wir immer noch weit, weit hinter diesen 2,5 Pro­zent des BIP. Die Mittel wurden sogar gekürzt, und mit dem Notstand an den Univer­sitäten werden auch die Budgetmittel der Universitäten, die Eigenmittel in diesem Bereich gekürzt.

Ich denke, wenn man sich international das Ziel gesetzt hat, diese 2,5 Prozent endlich einmal zu erreichen, dann reichen nicht die üblichen Regierungserklärungen – ist gleich Sonntagsreden –, sondern dazu braucht es eine klare budgetäre Prioritätenset­zung, eine klare Priorität der Forschungsförderung im österreichischen Budget. – Die Folgen des Fehlens einer solchen Prioritätensetzung sind katastrophal, wir wissen es.

Frau Ministerin! Ein letztes Thema möchte ich noch anschneiden, das auch mit der Generationendiskussion zusammenhängt, etwas, was auch Ihr ureigenster Verantwor­tungsbereich wäre und wo auch internationale Vergleiche sehr interessant sind, wenn man sich das näher anschaut, nämlich das unterschiedliche Gehaltsschema der öster­reichischen Lehrerinnen und Lehrer.

Wir kennen hier sichtlich nur ein zentrales Kriterium, nämlich das Alter. Der Unter­schied zwischen Einstiegs- und Höchstgehalt ist in Österreich so hoch wie in kaum einem anderen OECD-Land.

Es gibt auch andere Modelle: Man kann auch Dinge wie besondere Weiterbildung berücksichtigen und sich da verschiedene Zulagensysteme überlegen, oder auch die Lehrqualifikation in mehreren Fächern, oder auch besondere Aufgaben, die übernom­men werden. Das kann man alles honorieren, nur: Sie tun das nicht. Das Einzige, was Österreich im Schulbereich honoriert, ist im Moment das Älterwerden.

Dieses Gehaltsschema ist nicht gerecht, keinesfalls – niemand wird ernsthaft behaup­ten können, dass die Leistung knapp vor der Pensionierung um 140 Prozent höher ist als zu Beginn der Berufslaufbahn –, und es ist auch nicht sinnvoll. Es ist auch volks­wirtschaftlich nicht sinnvoll: Das Geld ist vor allem dann, wenn man es braucht, für die jüngeren Leute nicht da, und im späteren Lebensabschnitt wandert es vorwiegend auf die Sparkonten und erhöht die Sparquote.

Die Differenz zwischen Einstiegs- und Höchstbezug beträgt 242 Prozent – das ist inter­national absolut einzigartig. Absolut einzigartig! In anderen Ländern gibt es das nicht.

Ich denke, wenn Sie etwas beitragen wollen, dann kümmern Sie sich um Ihren eigenen Bereich, um Ihren ureigensten Verantwortungsbereich! Regieren heißt auch, Verant­wortung zu übernehmen – und als Bildungsministerin tragen Sie besonders viel Verant­wortung, gerade für die junge Generation! (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend bitte ich Sie insbesondere, auch im Hinblick auf die österreichischen Frauen, auf die jungen Frauen, uns mit einer Wertedebatte à la ÖVP zu verschonen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dobnigg.)

15.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 



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15.20

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Dringliche Antrag, der von den Grünen gestellt wurde, ist für mich ein erschütterndes Beispiel dafür, wie grundsätzliche Diskussionen miss­verstanden, umgedreht und falsch gedeutet werden. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Geh! – Abg. Öllinger: Jaja!)

Sie schreiben in diesem Dringlichen Antrag, ich hätte eine „pauschale Diffamierung der jungen Menschen“ vorgenommen. (Ruf bei der SPÖ: Genau! – Abg. Dr. Cap: Stimmt!) Ich weise das auf das Schärfste zurück.

Meine Damen und Herren! Eine Diskussion über die Zukunft eines Landes muss auch die Frage enthalten: Wie viele junge Menschen werden in Zukunft als gut ausgebildete Arbeitskräfte in den Arbeitsprozess eintreten? (Abg. Riepl: Momentan sind sie aber arbeitslos!) Wie viele junge Menschen werden in Zukunft in die Pensionskassen ein­zahlen, damit das Umlagesystem funktioniert? Das ist eine wichtige Diskussion für die Zukunft eines Landes.

Wenn der deutsche Bundeskanzler Dr. Schröder sagt: Wir haben zu wenige Kinder!, dann sagt die Opposition in Deutschland, er führt eine ernsthafte Diskussion. Wenn die österreichische Bundesregierung darüber nachdenkt, dann behaupten Sie, dass sei eine Diffamierung junger Leute. Ich verstehe Ihre zwiespältige Einstellung wirklich nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen ganz klar und deutlich nachweisen, dass unser Bildungssystem ein sehr gutes ist. Ich verstehe diese Ihre Sehnsucht nicht, dieses Bildungssystem in allen Bereichen öffentlich als ein schlechtes darzustellen. (Abg. Öllinger: Nicht in allen Be­reichen!) Zu allen Ihren Anträge, die Sie hier gestellt haben, kann man, wenn man sie einzeln genau betrachtet, sagen, dass sie entweder bereits behandelt wurden oder in nächster Zeit umgesetzt werden oder nicht notwendig sind. So schaut es in Wirklichkeit aus! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sburny: Das hätten wir gerne detaillierter!)

Ich möchte gerne die einzelnen Bereiche, die Sie, Frau Kollegin Glawischnig, ange­sprochen haben, durchgehen.

Erstens: Betreuungsplätze. – Die Betreuung von Kindern ist für mich ein wichtiges poli­tisches Anliegen. Die Bundesregierung hat in der Familienförderung Maßstäbe gesetzt, um die uns andere europäische Länder beneiden. Mit dem Kindergeld, mit der Mög­lichkeit, die Kindererziehungszeiten pensionsbegründend, pensionserweiternd anzu­rechnen, mit der Möglichkeit, Zeiten für die Betreuung von Kindern vom Durchrech­nungszeitraum für die Pension abzuziehen, haben wir Verbesserungen für Frauen geschaffen, die es so früher überhaupt nicht gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt in den einzelnen Bundesländern eine breite Palette von Kinderbetreuungsein­richtungen, Sie jedoch versteifen sich hartnäckig auf die ganztägigen Kindergärten. Ich sage Ihnen: Es gibt verschiedene Modelle, wie zum Beispiel Tagesmütter, Krabbel­stuben und andere Einrichtungen, die überall auch mitbedacht werden müssen.

Die Betreuung im Schulbereich ist mir ein ernstes Anliegen, das ist überhaupt keine ideologische Frage. Dort, wo Betreuung notwendig ist, soll man diese anbieten. So einfach ist es! Bereits jetzt können Ganztagsschulen, die Sie für so wahnsinnig wichtig halten, überall dort angeboten werden, wo die Eltern und die Lehrer dies mit Zwei­drittelmehrheit beschließen. Ich möchte die Wahlfreiheit für die Eltern! Das ist mein Anliegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte es weiterhin den Schulen in ihrer Eigenständigkeit überlassen, ob das Mit­tagessen und diese Betreuung notwendig sind oder nicht. Sie wollen Zwangsvorschrif-


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ten, Sie wollen Zwangsganztagsschulen über ganz Österreich etablieren. Meiner Meinung nach ist das der falsche Weg!

Wir werden jedenfalls mit der erweiterten Kinderbetreuung versuchen, bis 2006 zusätz­lich 10 000 Betreuungsplätze an den Schulen zu schaffen, was einer Erhöhung um 20 Prozent gleichkommt.

Ich werde die dafür Verantwortlichen, die Gemeinden und die Länder, zu einer Ge­sprächsrunde einladen. Wir werden eine Statuserhebung machen, dann den Bedarf erheben, und wir werden selbstverständlich von Bundesseite die notwendigen Finan­zierungen – das sind fünf Unterrichtsstunden pro Gruppe, die betreut wird, zehn Be­treuungsstunden – in den Budgets 2005 und 2006 vorsehen, denn unsere Kinder haben es sich verdient, dass sie die beste Betreuung bekommen – entweder durch die Familie oder durch die Schule! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auch die Behauptung, die von Ihnen ständig aufgestellt wird, dass bei uns Kinder aus sozial schwächeren Familien keine Chancen hätten, ist einfach falsch. Lesen Sie die OECD-Studie! Dort steht zu lesen, dass in den nor­dischen Ländern, aber auch in Österreich der Zusammenhang zwischen familiärem Wohlstand und der Schülerleistung verhältnismäßig schwach ist. (Abg. Sburny: Es kann immer noch schlimmer sein!)

Natürlich liegt uns alles daran, den Schülern, die nicht so gute Startbedingungen haben, zu helfen: mit differenziertem Unterricht, mit Förderstunden. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass 15 Prozent aller Dienstposten im Schulbereich für den Bereich der Förderleistungen zur Verfügung gestellt werden. In dieser Weise fördern wir die jungen Menschen, die es etwas schwerer im Leben haben, die sich etwas schwerer tun. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Zu Ihren weiteren Ausführungen, wo Sie einen Rückgang an Bildungsinnovation in Österreich und einen Rückgang an Investitionen in Bildung beklagen, möchte ich Ihnen sagen: Ich bitte Sie wirklich, einmal die OECD-Studie zu lesen!

Wir geben für den Primarschulbereich, das heißt, für die Volksschulen, jährlich 6 500 $ aus. Im OECD-Durchschnitt sind es 4 300 $. Ja bitte, wer gibt denn da mehr aus? Das ist doch eindeutig: Österreich gibt mehr aus!

Wir geben für die 10- bis 14-jährigen Schüler jährlich 8 500 $ aus. Im OECD-Durch­schnitt sind es 5 900 $. Dieser liegt also weit darunter!

Im tertiären Bereich geben wir pro Student 10 851 $ aus. Im OECD-Durchschnitt sind es 9 571 $. Wir liegen also überall über dem OECD-Durchschnitt. Das heißt: Wir inves­tieren viel in unsere Schulen, in die Bauten, in die Lehrerausbildung und in die Qualität an den Schulen.

Eine ganz besondere Aufgabe der Zukunftskommission wird es sein, Leistungsstan­dards zu definieren, damit wir eben allen jungen Menschen die richtigen Chancen geben, damit wir wissen – nach der 4. Klasse Volksschule, nach der 4. Klasse Haupt­schule, nach dem Gymnasium –, auf welche Leistungen, auf welches Niveau sich die Eltern und die Kinder verlassen können.

Meine Damen und Herren! Was den Bereich der Universitäten und der Forschung betrifft, so ist es wirklich traurig, dass Sie da manche Dinge einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Ich betone: Es wurde in Österreich noch nie so viel für Forschung ausgegeben wie in diesem Jahr! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich will das auch gerne mit Zahlen belegen: 1993 wurden 2,3 Milliarden € für For­schung ausgegeben, jetzt, zehn Jahre später, sind es 4,3 Milliarden €. Wir haben Enor­mes investiert. Wir werden den Nationalfonds schaffen, von wo nochmals Gelder in die


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Forschung fließen werden. Außerdem ist der FWF auf 100 Millionen € aufgestockt wor­den. Der Präsident des FWF sagt selber, dass es keine Probleme mit der Finanzierung der anstehenden Projekte gibt.

Im Universitätsbereich zeigt sich jährlich zu Semesterbeginn dasselbe Spiel; Sie kön­nen das in allen Zeitungen nachverfolgen, zehn Jahre zurück. Ich meine, wir sollten mit den Universitäten sachlicher umgehen. Wir sollten ihre Leistungen in den Vordergrund stellen. Wir sollten aufzeigen, welch enormes Engagement nötig ist, damit die Universi­täten in das neue Recht überführt werden, welche enormen Leistungen von den Rektoren, die ab 1. Oktober im Amt sind, erbracht werden, welche enormen Leistungen von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an den Universitäten erbracht werden.

Ich war vor kurzem in Deutschland bei einer Veranstaltung der FernUniversität Hagen und kann Folgendes berichten: Der dortige Staatssekretär hat erklärt, dass das öster­reichische Universitätsgesetz 2002 ein leuchtendes Beispiel dafür ist, wie die Selbst­ständigkeit der Universitäten im 21. Jahrhundert gestaltet werden sollte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Universitäten haben heuer ein Budget von 1,5 Milliarden €, nächstes Jahr stehen ihnen insgesamt 1,7 Milliarden € zur Verfügung. Ich habe mit dem Finanzminister ver­einbart, dass die Implementierungskosten und die Personalkosten, die entstehen, mit bis zu 15 Millionen € zusätzlich abgegolten werden, und das geschieht noch in diesem Jahr. Auch die Fachhochschulen erhalten die notwendige Finanzierung.

Meine Damen und Herren! Ich stelle zusammenfassend fest: Wir sollten auf unser Bildungswesen stolz sein! Wir sollten auf unsere Lehrerinnen und Lehrer und auf diejenigen, die an den Universitäten tätig sind, stolz sein! Wir sollten denjenigen, die in der Forschung tätig sind, den jungen Wissenschaftern, auch von der Politik her die not­wendige Rückendeckung geben! (Ruf bei den Grünen: Genau!)

Wir sollten aber gemeinsam danach trachten, dass alles noch besser ausgestaltet wird, um diesen guten Level, den wir jetzt haben, auch in Zukunft erhalten zu können. (Leb­hafter lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Wunschgemäße Redezeit: 7 Minuten. Gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.31

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bil­dungsministerin! Ich möchte auf Ihren Konter zurückkommen, den Sie hinsichtlich des Vorwurfs „pauschale Diffamierung“ vorgebracht haben. Wir haben uns das angeschaut: Im Duden steht dazu: „verleumderische Bosheit“. Und dabei bleibe ich mit aller Be­stimmtheit.

„Verleumderische Bosheit“ heißt „Diffamierung“. Wenn man den Jungen wiederholt vor­wirft, dass bei ihnen der Sinn des Lebens ausschließlich in einer Party-Generation bestehe und dass es doch nicht der Sinn des Lebens sein könne, eine Ferienwohnung in Ibiza und ein Domizil in Lech zu haben, so sage ich: Das ist angesichts der Lebens­situation junger Menschen in Österreich schlicht und einfach eine Diffamierung. (Beifall bei den Grünen.)


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Es hängt natürlich immer von der Lebenssituation ab, mit wem man in Kontakt steht. Ich habe zwei kleine Kinder, und da hat man über den Kindergarten sehr viel Kontakt mit Eltern, die weit weniger verdienen als ein Nationalratsabgeordneter, und die disku­tieren schon auch ab und zu einmal über Ibiza und über Lech, aber vor allem diskutie­ren sie darüber, ob sie sich vielleicht einmal im Jahr einen Urlaub leisten können, ob sie angesichts der Situation, in der sie stecken, vielleicht einmal auch Freizeitaktivi­täten nachgehen können.

Da denke ich – ich habe Ihnen dies auch schon am Sonntag nach der „Pressestunde“ über die Medien ausrichten lassen – beziehungsweise habe manchmal das Gefühl, Sie sitzen am Minoritenplatz, darüber steht eine riesige Käseglocke, und das, was an Lebensrealität draußen stattfindet, wird von Ihnen einfach nicht wahrgenommen. (Kopf­schütteln und ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Molterer.)

Ich meine, eine Politikerin oder ein Politiker mit einem Einkommen eines Ministers kann leicht von einem Zweitwohnsitz in Ibiza und von einem Domizil in Lech reden. Wenn man auf eine Politikerpension Anspruch hat, die ebenfalls in der Größenordnung von 13 000 € ist, dann kann man auch noch darüber reden.

Aber ich sage Ihnen auch etwas zum Thema Generationenkonflikt bei den Politikern: Hier hätten wir auch darüber reden können, warum es nach wie vor so sein muss, dass diese völlig ungerechtfertigte Situation aufrecht bleibt. (Abg. Mag. Molterer: Wie ist das mit dem Universitätsprofessor, der 100 Prozent Pensionsanspruch hat?) Wir haben Ihnen schon mehrmals klargemacht, dass es insbesondere den jungen Menschen nicht zu erklären ist, dass es in Österreich ein System gibt, wonach bei AltpolitikerInnen nach wie vor Politikerpensionen bestehen, die ein Vielfaches der durchschnittlichen Gehälter der Österreicherinnen und Österreicher ausmachen. Das ist nicht argumen­tierbar! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Wie ist das bei Van der Bellen?)

Ich komme nun zum Thema Ganztagsschulen. Darüber gibt es mittlerweile eine Dis­kussion, die leider teilweise schon lähmend ist. Eines ist klar: Es ist ein Unterschied zwischen einer Nachmittagsbetreuung und einer Ganztagsschule. Sie können da argu­mentieren, wie Sie wollen, Wahlfreiheit heißt schlicht und einfach, dass man all das, was pädagogisch in einer Ganztagsschule möglich wäre, nämlich den Tagesablauf anders zu gestalten, nämlich wegzukommen von den Aufeinanderfolge von 50-Minu­ten-Einheiten, nicht machen kann. Herr Dr. Haider, der PISA-Studie-Macher, hat im Unterrichtsausschuss gesagt, eigentlich müsste man sich an den Kopf greifen, wenn man bedenkt, dass man in der Volksschule in hintereinander folgenden 50-Minuten-Einheiten unterrichtet. Das würde niemand im Bereich der Erwachsenenbildung tun. Das ist aber an Österreichs Schulen nach wie vor Realität.

Wenn Sie sagen, eine Nachmittagsbetreuung soll es für diejenigen geben, die das wollen, also für diejenigen, bei denen die Mütter offensichtlich nicht die Möglichkeit haben, die Kinder zu Hause zu betreuen, dann muss ich Ihnen entgegnen: Dann wird sich an dieser Situation nichts ändern! Dann werden die Schüler nach wie vor bis zu Mittag in solchen Blöcken unterrichtet werden. Dann wird es zwar ein paar Tausend Plätze mehr geben, wo am Nachmittag die Schüler betreut werden können, aber das hat mit moderner Pädagogik, mit dem, was man insbesondere in den skandinavischen Ländern praktiziert, mit einem Wechsel von Lernphasen und Erholungsphasen, mit Projektunterricht in den Schulen, mit der Möglichkeit, auch Förderungen in den Schu­len zu erhalten, schlicht und einfach nichts zu tun.

Ich sage Ihnen nur noch eines dazu: Um zumindest diesen kleinen Schritt möglich zu machen, werden wir jetzt schauen, wie Sie damit umgehen. Ich bringe einen Entschlie­ßungsantrag ein, in welchem wir nichts anderes fordern als das, was Sie in der „Pressestunde“ zugesagt haben. Das ist unserer Einschätzung nach zwar zu wenig,


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zehntausend Plätze sind sicher nicht ausreichend, aber wir werden einmal schauen, ob zumindest das erfüllt wird.

Ich bringe nun folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend 10 000 zusätzliche Nachmittagsbetreuungsplätze an Österreichs Schulen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, bis 2006 zusätzlich 10 000 Nachmittagsbetreuungsplätze an Österreichs Schulen zu schaffen.

*****

Schauen wir einmal, ob zumindest das möglich ist! (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme nun zu dem Punkt, dass mittlerweile selbst der Regierung nicht wirklich fern stehende Organisationen wie das Österreichische Institut für Familienforschung – ich sage nur: Herr Schattovits hat damals im Auftrag des Österreichischen Instituts für Familienforschung die Machbarkeitsstudie zum Kinderbetreuungsgeld erstellt, die von Ihnen immer wieder zitiert wurde – genau das Gegenteil von dem, was Sie hier sagen, als Meinung vertreten. Die Feststellungen über die soziale Problematik, die Zitate, die Kollegin Glawischnig hier gebracht hat, stammen allesamt aus dieser Studie, und darin wird belegt, dass nach wie vor der Anteil derer, die Eltern mit einem hohen Bildungs­abschluss haben, um ein Vielfaches höher ist, was die Bildung betrifft, als der Anteil jener Schüler, bei denen dies nicht der Fall ist.

Sie weisen auf die PISA-Studie hin, und Sie stellen tatsächlich einen Vergleich mit Skandinavien an. Ich habe die PISA-Studie hier, Sie werden sie im Ministerium wahr­scheinlich auch haben, das vermute ich zumindest. Es gibt eine österreichische PISA-Studie, in welcher die zehn wohlhabendsten Mitgliedsländer der Europäischen Union miteinander verglichen werden, und dort sind aufgeschlüsselt – man kann sich das genau anschauen, es steht auf Seite 94 – die Ergebnisse der Kinder nach der Schulbil­dung ihrer Eltern. Der Unterschied beträgt bei fortschrittlichen Ländern, wie zum Bei­spiel Finnland, bei Ländern, wo Fördermaßnahmen gesetzt werden, zwischen Kindern, deren Eltern Pflichtschulabschluss haben, und Kindern, deren Eltern einen akademi­schen Abschluss haben, 40 Punkte. 40 Punkte sind in der PISA-Studie in der fünfteili­gen Skala ungefähr ein Leistungselement. In Österreich liegen wir bei über 90 Punk­ten, das sind mehr als zwei Leistungskategorien Unterschied.

Aber Sie sagen, dieser Unterschied existiere nicht. Sie sagen immer wieder, das gebe es nicht. Ich halte das für eine der zentralen Aufgaben der Bildungspolitik, nämlich da Maßnahmen zu setzen. Wir als Politiker können die unterschiedlichen Bildungs­chancen in keinem Land der Welt wirklich vollständig ausgleichen. Es wird immer einen Unterschied geben zwischen akademischer Herkunft der Eltern, zwischen dem Wohl­stand der Eltern, zwischen dem, was sich Eltern leisten können, und dem, wie die Kin­der ihren weiteren Bildungsweg beschreiten.

Aber es gibt Länder, wie beispielsweise Finnland, wie die anderen skandinavischen Länder, wo es gelingt, durch gezielte Maßnahmen diesen Unterschied zu verringern – und das ist das, worum es in der Politik geht. Doch Sie verweigern dies seit Jahren und sagen einfach, das existiere nicht. Das ist übrigens der größte Vorwurf, den ich Ihnen


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als Bildungsministerin mache, nämlich, dass Sie die sozialen Probleme an Österreichs Schulen ignorieren. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend noch ein Satz zu all den Dingen, bei welchen Sie immer das Argument der Freiwilligkeit vorbringen. Da stelle ich Ihnen schon die Frage: Was heißt denn Nachmittagsbetreuung für diejenigen, die es wollen? Heißt das, Nachmittagsbetreuung für diejenigen, deren Eltern sich das leisten können, denn es muss ja bezahlt werden?

Weiters gebe ich zu bedenken: Was glauben Sie, welche sozialen Auswirkungen das haben wird?! Wer wird es sich leisten können, um mehrere tausend Schilling, wie es einst war, oder um mehrere hundert Euro pro Monat, wie es jetzt ist, die Kinder in die Nachmittagsbetreuung der Schulen zu geben? – Das ist doch wieder eine Frage, ob es sich rechnet, denn in dem Moment, in dem der Verdienst aus der Berufsausübung eins zu eins in die Betreuung der Kinder fließt, wird es nicht stattfinden. Die Aufgabe ist daher, hier eine sozial gerechte Politik zu machen, aber diese Aufgabe vernachlässi­gen Sie seit Jahren. (Beifall bei den Grünen.)

15.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von den Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kol­legen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend 10 000 zusätzliche Nachmittags­betreuungsplätze an Österreichs Schulen ist ordnungsgemäß unterzeichnet und unter­stützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon, der sich eine freiwillige Redezeitbe­schränkung von 6 Minuten zugebilligt hat. – Bitte.

 


15.39

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Vor allem aber geschätzte Frau Dr. Gla­wischnig! Ich habe Ihrer Rede sehr aufmerksam zugehört. Sie haben der Frau Bundes­ministerin vorgeworfen, sie würde junge Menschen pauschal diffamieren; Sie haben ihr vorgeworfen, dass sie kühl und untätig wäre; und Sie haben der Frau Bundesministerin vorgeworfen, sie hätte keine Ahnung von der Lebenssituation junger Menschen.

Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen, dass wir mit Elisabeth Gehrer eine sehr erfah­rene Frau an der Spitze des Bildungsministeriums haben, die mehrfache Mutter und Großmutter ist, die in zweifelsohne schwierigerer Zeit, als das heute der Fall ist, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nachhaltig bewiesen hat, die erfolgreich im Beruf steht und die, glaube ich, eine Qualifizierung dieser Art keinesfalls notwendig hat! (Bei­fall bei der ÖVP.) Ich möchte Ihnen noch etwas sagen. Jemand, der damit kokettiert, für das höchste Amt im Staate zu kandidieren, sollte in der Bewertung derartiger Dinge wesentlich sensibler sein, als das bei Ihnen der Fall ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn wir eine Debatte auch über die Frage des Generationenvertrags und der Generationengerechtigkeit führen, dann ist es sehr wichtig, beide Seiten zu sehen, nämlich einerseits die Jungen zu sehen, die sich mit­unter berechtigte Sorgen darüber machen, ob denn für sie im Alter auch ausreichend vorgesorgt ist, andererseits aber auch jene Menschen nicht zu übersehen, die unmittel­bar vor ihrer Pensionierung stehen oder sich in Pension befinden.

Ich denke, dass es eine wichtige Debatte ist, die hier geführt wird, und ich denke, dass es eine wichtige Debatte ist, dass wir nicht darüber reden, ob es automatisch Entbeh­rungen sind, die junge Leute heute zu leisten haben, wenn sie sich für ein Kind ent­scheiden, sondern dass das sehr wohl eine Frage der Wertigkeit ist. Es ist die Frage: Entscheide ich mich bewusst dafür, ein Kind zu haben? Es geht hier nicht um die


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Frage des Verzichts, sondern es geht aus meiner Sicht sehr stark auch um die Frage der Bewertung: Ist mir das mehr wert als möglicherweise etwas anderes?

Diese Debatte zu führen ist spannend. Diese Debatte sollten wir führen, und ich glaube, dass es sehr ... (Abg. Mag. Prammer: Wieso sind Sie dann nicht zu Hause?) Bitte, Frau Mag. Prammer? (Abg. Mag. Prammer: Ich wollte nur wissen, wieso Sie dann noch nicht zu Hause sind!) Ich darf Ihnen sagen – man sieht es mir hoffentlich, sage ich jetzt einmal, nicht an –, ich bin werdender Vater, und ich freue mich wahn­sinnig darauf! Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Mag. Stoisits. – Abg. Dr. Fischer: Bravo! Werden Sie in Karenz gehen? – Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.)

Mir scheint dies wichtig zu sein, und ich meine, dass wir als Volkspartei uns dieses Themas sehr ernst angenommen haben, gerade im Zusammenhang mit der Pensions­sicherungsreform.

Da die Grünen heute einen Entschließungsantrag, einen Dringlichen Antrag einbrin­gen, möchte ich mich mit den einzelnen Punkten auseinander setzen, insbesondere mit den Punkten, die sich mit dem schulischen Bereich beschäftigen. Ich werde Ihnen nachweisen, dass im Grunde genommen alle Punkte, die Sie hier anführen – wie die Frau Bundesministerin bereits ausgeführt hat –, entweder schon in Arbeit sind oder überhaupt erledigt sind. Ähnlich wie bei dem Entschließungsantrag, den Sie dann als zweiten eingebracht haben und bei dem es auch ganz lustig ist, dass Sie einen Entschließungsantrag einbringen, in dem genau das steht, von dem die Frau Bundes­ministerin ohnehin angekündigt hat, dass es passieren wird. (Abg. Mag. Posch: ... zustimmen! – Abg. Broukal: Stimmen Sie zu!)

Ich verstehe das überhaupt nicht; Sie sollten sich vielleicht auch überlegen, eigene Ideen zu haben. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist schön, dass Sie damit eigentlich die Richtigkeit dieser Maßnahme bestätigen. Denn genau das, was hier die Grünen für richtig erachten, hat die Frau Bundesministerin am vergangenen Sonntag in der „Pressestunde“ bereits angekündigt. (Abg. Brosz: Dann werden eh alle zustimmen! – Abg. Dr. Fischer: Werden Sie zustimmen?)

Ich komme zum ersten Punkt Ihres Dringlichen Antrags, worin Sie davon sprechen, dass es notwendig ist, sich sozusagen die sozioökonomischen Auswirkungen genauer anzuschauen. Es ist richtig, dass die PISA-Studie zum Ausdruck bringt, dass es hier in Österreich nicht signifikant anders als in anderen europäischen Staaten ist. Aber ich sage, es ist ein Thema, mit dem man sich auseinander setzen muss. Ich glaube sehr wohl, dass Bildung die wichtige Aufgabe hat, solche sozioökonomischen Unterschiede auszugleichen. Das ist für mich überhaupt keine Frage.

Aber wenn Sie das hier einbringen, dann muss man sagen, dass dies gerade mit dem Auftrag an die Zukunftskommission im Bildungsministerium verbunden ist, etwa mit dem Auftrag, Leistungsstandards zu definieren und damit auch Folgendes festzustel­len: Ist jemand auf Grund seiner Leistungen oder von der Begabung her imstande, eine gewisse Ausbildung zu absolvieren, dann soll dies das Entscheidungskriterium sein und nicht etwa die finanziellen oder sonstigen Hintergründe der Eltern. – Erster Punkt: bereits in Arbeit, teilweise bereits erfüllt.

Zum zweiten Punkt, den Sie ansprechen, nämlich der Frage der unterschiedlichen pädagogischen Möglichkeiten: Auch hier negieren Sie die Ergebnisse der PISA-Studie. Die PISA-Studie hat auch eindeutig festgestellt, dass nicht die Organisationsform von Schule ausschlaggebend ist für die Leistungen, die ein Bildungssystem letztlich er­bringt. Es sind zahlreiche andere Faktoren, auf die ich im Augenblick nicht eingehen kann. (Abg. Öllinger: Wäre aber wichtig!)


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Im Übrigen hat uns der World Competitiveness Report auf dieselbe Stufe wie Finn­land gestellt. Wir belegen dort den ersten Platz unter allen Bildungssystemen, meine Damen und Herren! Ich denke, da haben wir nach oben sehr wenig Spielraum, uns noch zu verbessern.

Der dritte Punkt in Ihrem Antrag ist die Frage der Ausweitung des Ganztagsschulange­botes. Für uns ist entscheidend, dass es hier eine Wahlfreiheit für die Eltern gibt. Wenn Sie den Unterricht auf den Nachmittag ausweiten, gibt es diese Wahlfreiheit nicht mehr. Ich glaube aber, dass es in einem bunten Bildungssystem – einem Bildungs­system, das ein differenziertes ist und unterschiedliche Angebote hat – auch Ganztags­schulangebote geben kann und bereits gibt. Das ist möglich, wenn etwa der Schulge­meinschaftsausschuss eine derartige Entscheidung mit entsprechender Mehrheit trifft.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte und den Sie als vierten Punkt in Ihrem Entschließungsantrag haben, ist die Frage der Lehrerbesoldung. Auch da kommen Sie zu spät. Wir haben bereits im Sommer angekündigt, dass wir daran arbeiten, weil das ein wesentlicher Punkt ist. (Abg. Brosz: 10 Prozent Erhöhung!) Es ist richtig, dass wir die Umverteilung der Lebenseinkommenskurve als richtige Maßnahme sehen, und wir wollen auch in der Diskussion um diese Veränderung in der Lehrerbesoldung die Ein­stiegsgehälter deutlich anheben, weil das eine sinnvolle Maßnahme ist. (Abg. Brosz: ... gehören erhöht!)

Ich glaube, insgesamt ist Ihr Dringlicher Antrag heute deshalb nicht allzu dringlich, weil Sie lauter Punkte verlangen, die entweder schon erfüllt oder in Arbeit sind. (Abg. Öllin­ger: Die sind angekündigt, aber nicht mehr!)

In diesem Sinne: Steigen Sie ein in eine konstruktive Diskussion! Ich glaube, wir wer­den in diesen Bereichen eine Reihe von guten Maßnahmen setzen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brosz: Dann könnten Sie zustimmen!)

15.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.47

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Herr Kollege Amon, ich hoffe, dass jetzt nicht wir alle hier den Nachweis erbringen müssen, Kinder in die Welt gesetzt zu haben, damit wir uns in dieser Debatte zu Wort melden dürfen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist fürwahr kein Nachteil, mit Kindern zu leben. Aber vielleicht sollten in dieser De­batte genau jene mehr zu Wort kommen, die sich dagegen entschieden haben, Kinder zu bekommen. (Abg. Gahr: Ja! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und vielleicht sollten wir in dieser Debatte genau mit jenen darüber reden, warum sie sich so ent­schieden haben, damit wir wissen, was wir verbessern müssen, Kollege Amon! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Gahr: Man muss auch für etwas sein, nicht nur dagegen!)

Selbstverständlich halte ich es für ganz besonders wichtig, zu diskutieren und darüber zu debattieren, warum Wunsch und Wirklichkeit in der Frage des Lebens mit Kindern so sehr auseinander klaffen. Selbstverständlich ist dies eine wichtige Diskussion. Aber wir sollten uns im Vorfeld zwei Fragen stellen, nämlich die eine Frage: Wie schauen die Rahmenbedingungen aus, unter denen junge Leute die Entscheidung für oder gegen Kinder treffen müssen? Und zweitens: Wie schaut die Welt aus, in die wir heute ein Kind setzen? Macht nicht auch das die Entscheidung so schwer wie nie zuvor? (Abg. Murauer: Machen wir die Welt besser ...!)


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Wenn Sie heute eine Politik machen, die dazu führt, dass das soziale Netz zurück­genommen wird, dass die Arbeitslosigkeit steigt (Abg. Großruck: In Wien steigt sie!), dass die Leute das Gefühl haben, man kann sich heute auf nichts mehr verlassen, dann müssen Sie damit rechnen, dass das in die Lebensplanung der jungen Menschen einfließt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das ist auch zutiefst verantwortungs­voll von den jungen Menschen, die eine derartige Entscheidung zu treffen haben.

Welche Rahmenbedingungen finden vor allem junge Frauen vor, wenn sie die Ent­scheidung treffen? – Erst heute wieder haben wir eine Studie des Wifo präsentiert bekommen, worin junge Frauen lesen können, dass die Tatsache, dass sie ein Kind in die Welt setzen und ein Kind betreuen, für sie bedeuten wird, im Laufe ihres Lebens einen massiven Einkommensverlust in der Höhe von mindestens 107 000 € und viel höher hinzunehmen. Das ist eine wesentliche Rahmenbedingung.

Aber wenn wir uns die Diskussion über die Rahmenbedingungen in den letzten Wochen angehört haben, so bekommen wir da den Eindruck – ich habe gelernt, mich über kleine Schritte zu freuen (Abg. Scheibner: Das ist in der SPÖ auch notwendig!) –, dass es ein bisschen weitergegangen ist, zumindest in der Debatte. Ich fürchte aber, dass Sie in der Rhetorik stecken bleiben.

Der erste Punkt ist die Frage nach den Kinderbetreuungseinrichtungen. Da besteht zumindest einmal Konsens darüber, dass sie fehlen, dass sie in hohem Ausmaß fehlen. (Abg. Öllinger: Nein, Konsens ...!) Interessanterweise bleiben Sie aber bei dieser Erkenntnis stecken und sagen: Aber wir wollen sie nicht schaffen; wir wissen, dass sie fehlen, aber wir werden nichts dafür tun, sie zu schaffen. – Also leider reine Rhetorik. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Steibl: Das sagt niemand!)

Was die Ganztagsschulen betrifft, hat es einen sehr wertvollen Diskussionsbeitrag, einen Vorstoß von der steirischen ÖVP gegeben; da möchte ich nicht hintanstehen, das zu sagen. Der wertvolle Beitrag besteht darin, dass wir in der Diskussion endlich so weit kommen, dieses Thema pragmatisch zu diskutieren; einfach darüber zu disku­tieren, was pädagogisch sinnvoll ist und was die Eltern brauchen. Es tut mir sehr Leid, Frau Bundesministerin, dass Sie heute hinter diese Diskussion zurückgefallen sind und wieder von der „Zwangstagsschule“ sprechen. Sie sagen: Wahlmöglichkeit erhalten. Ich sage, Frau Bundesministerin: Wahlmöglichkeit schaffen! Es gibt in weiten Teilen Österreichs diese Wahlmöglichkeit nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir brauchen zusätzliche Nachmittagsbetreuungsplätze in Ganztagsschulen und ande­ren ganztägigen Schulformen für 429 000 Kinder – zusätzlich! Wir haben heute 45 000, davon zwei Drittel in Wien – das heißt, hier gibt es ein breites Betätigungsfeld. Schaf­fen Sie Wahlmöglichkeit, Frau Bundesministerin, regional und auch in unterschied­lichen Formen! Es gibt wahrscheinlich nicht die richtige Form, es gibt unterschiedliche richtige Angebote. Aber lassen Sie bitte die Ganztagsschule als wichtiges, sinnvolles pädagogisches Konzept nicht ganz außer Acht! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zu der Frage, in welche Gesellschaft man heute ein Kind setzt, hat mich ein Satz von Ulrich Beck in einem Interview neulich in der „Zeit“ sehr hellhörig gemacht. Er hat gesagt: Früher haben die jungen Menschen die Möglichkeit gehabt, sich zwischen Chancen zu entscheiden; heute müssen sich junge Menschen zwischen Übeln ent­scheiden. – Ich denke, der Satz ist ziemlich pointiert, aber er sollte uns zum Nachden­ken bringen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Missethon.) Gute Chancen für Kinder, für junge Menschen zu schaffen, ist ein vorrangiges Anliegen der Politik, und das sollte uns hier doch einen. Die Chancengesellschaft zu erarbeiten, Schritte in diese Richtung zu setzten, das sollte Priorität in der Politik sein, auch in Ihrer Budgetpolitik – und dort fehlt sie! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Dass das österreichische Schulsystem soziale Selektion verstärkt, statt auszugleichen, dafür haben Sie bereits zwei Belege auf dem Tisch, Frau Bundesministerin, die PISA-Studie und die Studie des Instituts für Familienforschung. Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, dass die Zukunftskommission nicht den Auftrag bekommen hat, in diesem ganz zentralen Punkt der Bildungspolitik Vorschläge auf den Tisch zu legen. Das wird ausgeklammert – das verstehe ich nicht. Da unterstütze ich den Antrag der Grünen: Das muss eine zentrale Aufgabe der Zukunftskommission sein, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Anstatt Maßnahmen zu setzen, um diese Situation an den Schulen zu verbessern, wird immer mehr an Fördermaßnahmen und Begleitmaßnahmen abgebaut, was dazu führt, dass die Kinder, die Unterstützung brauchen, an den Schulen zunehmend allein gelas­sen werden. Wenn Sie mit Lehrerinnen und Lehrern reden – nicht nur Lehrern, die unserer Fraktion angehören, sondern durchaus auch solchen von Ihren Fraktionen –, dann hören Sie, dass sie sagen: Die Fördermaßnahmen fehlen den Kindern, und sie fürchten, dass Sie, wenn Sie abtreten, an den Schulen verbrannte Erde hinterlassen, und das zu Lasten unserer Kinder, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Rossmann zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Es ist wirklich unglaublich, dass die Kinder die Rechnung zahlen müssen! – Abg. Großruck: „Eurolim“ sollte Jaro­lim ...!)

 


15.54

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Es ist unver­ständlich, wenn die Kinder die Rechnung zahlen müssen“, sagt Kollege Broukal. Ich sage, es ist völlig unverständlich für viele Österreicherinnen und Österreicher und vor allem für die Jugend – und auch für viele Grün-Wähler, das sage ich ebenfalls dazu –, wenn man Bildung nicht ideologiefrei diskutiert. Völlig unverständlich! Die Jugend hat kein Verständnis dafür, Bildungspolitik mit dem gefärbten Filter der Parteipolitik zu be­treiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Bildungspolitik sollte ausschließlich qualitäts- und leistungsorientiert durchgeführt wer­den. Deshalb gilt es – auch das sage ich durchaus –, rasch auf gesellschaftliche Rah­menbedingungen, auf gesellschaftlichen Wandel, aber auch auf die Veränderung in der Arbeitswelt zu reagieren. Die Bundesregierung hat sich hier sehr viel vorgenommen. Im Regierungsübereinkommen ist vieles enthalten, um insbesondere die Qualität und die Leistung des Schulsystems zu steigern. Ich sage auch – und habe es bereits im Ausschuss gesagt –, wir müssen hier völlig tabufrei diskutieren dürfen, tabufrei über eingefahrene Themen und eingefahrene Strukturen diskutieren. Das Schulsystem hat natürlich noch Krusten und Strukturen eines alt eingefahrenen rot-schwarzen Proporz­systems; machen wir uns doch bitte nichts vor! Die Schulen müssen entpolitisiert werden – das ist unsere Botschaft heute von dieser Stelle aus! Alles andere versteht niemand mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie können mir glauben, ich bin als Bildungssprecherin unserer Fraktion viel in Schulen unterwegs; übrigens bin ich selbst Mutter zweier Töchter. (Abg. Dr. Puswald: Dann sagen Sie, wo Schulpolitik mit Parteibuch gemacht wird!) Es versteht kein Mensch mehr, dass Schule politisch gefärbt sein muss, dass Lehreranstellungen mit einem poli­tischen Parteibuch in Einklang zu bringen sind. (Abg. Reheis: Sie sind ja ... Ihrer Frak­tion!) Das sind Zwangsbeglückungen, die heute niemand mehr will: die will die Jugend


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nicht, auch nicht die Lehrer, und schon gar nicht die Eltern! (Abg. Reheis: ... hat es noch nie gegeben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deshalb ist unsere Erwartungshaltung – und da können dann Sie oder Ihre Kollegen sich melden – an den Österreich-Konvent sehr hoch, nämlich wenn es darum geht, mit diesen eingefahrenen Strukturen im wahrsten Sinne des Wortes abzufahren, und zwar insofern, als es darum geht, auch die Mehrheiten der Entscheidung zu ändern. Hier lasse ich durchaus auch Wertedebatten zu, nämlich dann, wenn es darum geht, was man wann vermitteln soll, wer was wann vermitteln soll, was das Elternhaus und was die Schule tun soll.

Wir Freiheitliche stehen dazu – auch wenn es manche aus dem linken Flügel nicht hören wollen –, dass es auf Nestwärme ankommt. Das mag für viele vielleicht ein alt­modisches Wort sein (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), aber Nestwärme und Gebor­genheit ist aus freiheitlicher Sicht das Rezept, den Boden und das Fundament zu legen für eine gedeihliche Weiterentwicklung der Jugend und auch für selbstbewusste Menschen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hier gibt es natürlich ideologische Unterschiede. Die Diskussion der letzten Wochen hat dies speziell in der Steiermark daran gezeigt, dass Landeshauptmann-Stellvertreter Genosse Voves, neuer Parteivorsitzender der SPÖ in der Steiermark, am liebsten wirk­lich den Einfluss hätte: sprichwörtlich sozialistisches Gedankengut von der Wiege bis zur Bahre, Erziehung durch den Staat, festgeschrieben von 8.30 bis 16 Uhr – in der Steiermark die so genannte Ganztagsschule. (Abg. Dr. Lichtenberger: Haben auch alle schwarze Lehrer!)

Ich sage, das ist nicht unser Modell. Wir Freiheitliche wollen eine Ganztagsbetreu­ung – das ist sehr wohl ein Unterschied –, eine Ganztagsbetreuung nach regionalen Anforderungen, auf freiwilliger Basis und durchaus auch leistbar. (Abg. Mag. Posch: Wie heißt der steirische Parteisekretär der FPÖ?) Dann kann man auch für sozial Schwache Modelle entwickeln, wie es die Privatschulen bereits machen, nämlich dass man Fonds einrichtet, Schultöpfe einrichtet, um für sozial Schwache eine kostenlose Nachmittagsbetreuung sicherzustellen. (Abg. Dr. Cap: Politisch betreuen?)

Natürlich sind hier Kooperationen erforderlich. Ich sage durchaus auch, viele Schulen sind noch nicht gerüstet, auch baulich und räumlich nicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da sind Kooperationen unter den Schulen erforderlich, Kooperationen, wenn es um die Mittagsbetreuung und um das Mittagessen geht, mit der Gastronomie. Warum spre­chen wir nicht über Schulmensen wie in Großbritannien? Hier gibt es längst schon ein Problem, nämlich das Problem der Mittagsbetreuung. Viele Schüler haben nachmittags verpflichtend Unterricht, sei es die Turnstunde oder seien es Wahlpflichtfächer. Mir haben Schüler erzählt, sie müssen zu Mittag die Schule verlassen, sie dürfen gar nicht in der Schule bleiben, weil die Haftungsfrage nicht gelöst ist.

Da sind wir auch bei der sprichwörtlichen Haftungsfrage im Sommer. Das Gesetz hat es ermöglicht, dass die Sportplätze zugänglich sind. Aber die Schüler dürfen sie nicht benutzen, weil die Haftungsfrage nicht geklärt beziehungsweise der Schulwart nicht bereit ist, im Sommer anwesend zu sein, um die Schule zu öffnen.

Sehr verehrte Frau Bundesminister! Ich möchte Sie wirklich ersuchen, die Idee unseres Kärntner Landeshauptmannes aufzugreifen! Das liegt ja sehr nahe. Das Landeslehrer­dienstrecht besteht derzeit ohnehin nur provisorisch beziehungsweise befindet sich in einer Erprobungsphase und muss 2004 neu beschlossen werden. Dann wird sich als logische Folgerung wirklich die Gelegenheit bieten, dass wir diese 21 Stunden im so genannten Topf C auf 30 Stunden ausweiten. Ich glaube, dass das den Lehrern zuzu­muten ist. Sie könnten mit einer Nachmittagsbetreuung etwas dazuverdienen. Ein durchschnittlicher Österreicher hat normalerweise eine 40-Stunden-Woche. Wie kann


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man ihm erklären, dass Lehrer ohnehin nur 21 Stunden verpflichtend in der Schule sind? (Abg. Öllinger: Sie haben überhaupt keine Ahnung! Sie sind Bildungssprecherin! Es ist eine Schande, wenn Sie so unbedarft daherreden!)

Ich habe sehr wohl eine Ahnung! Wir sollten – da bin ich durchaus auch der Meinung der Kollegin Glawischnig –, wenn wir über Leistung sprechen, nicht immer nur über die Leistung der Schüler, sondern durchaus einmal auch über die Leistung der Lehrer sprechen! Ich trete vehement für ein leistungsgerechtes Besoldungssystem der Lehrer und dafür ein, dass zusätzliche Stunden und zusätzliche Lehr- und Lerntätigkeit auch honoriert werden sollen.

Wir Freiheitliche wollen außerdem, dass das Besoldungssystem so gestaltet ist, dass es höhere Einstiegsgehälter und durchaus auch Anreize gibt. Wer sich weiterbildet und wer Nachmittagsbetreuung wahrnimmt, soll einen Bonus bekommen.

Das gilt meines Erachtens auch für jene Lehrer, die einen attraktiven Unterricht gestal­ten. Viele Lehrer machen sich sehr viel Arbeit, um einen lebendigen, motivierenden Unterricht zu führen, und die Schüler lieben diese Lehrer auch dafür. Die Liebe der Schüler ist allerdings das Einzige, was zurückkommt. Pekuniär ist in diesem Besol­dungssystem noch nichts sichtbar. Ich meine, dass der Leistungsgedanke wirklich fest­geschrieben werden sollte! (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) Jene Lehrer, die nicht seit 40 Jahren im Unterricht immer das Gleiche vorbeten, sollen wirklich eine dementspre­chende Belohnung im Besoldungssystem in Form eines Bonussystems bekommen.

Ich schneide jetzt aber auch das Tabuthema der Entpragmatisierung und der Abschaf­fung der schulfesten Stellen an. – Ein modernes Lehrermanagement ist nur so möglich. Im Fall der Pragmatisierung ist außerdem die Erbringung einer entsprechenden Leis­tung nicht in der gleichen Form möglich wie in dem Fall, wo sich auch Lehrer ständigen Kontrollen und Evaluierungen stellen müssen und einerseits durchaus einen Anreiz durch ein Bonussystem erhalten, andererseits aber, wenn etwas einmal nicht so hin­haut, auch eine Verwarnung bekommen.

Der Leistungsgedanke lässt sich fortschreiben, auch wenn wir über die Entrümpelung sprechen. Ich bin jetzt wieder beim Österreich-Konvent und den Zweidrittelmehrheiten. Ich nenne jetzt etwa nur das Beispiel, dass für die Umbenennung des Unterrichtsfachs „Leibeserziehung“ in „Bewegung und Sport“ eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erforderlich ist. Ich glaube, dass das nicht das Gebot der Stunde ist! Ich meine, wir sollten, wenn wir von Entrümpelung und Entpolitisierung sprechen, eher auch über das Tabuthema der politischen Gremien und darüber nachdenken, ob wir die Kollegien, die ohnehin nur nach Proporz zusammengesetzt sind, in dieser Form noch brauchen.

Der Gipfel der politischen Gremien ist das Kollegium in der Steiermark: Dort wird nicht nach dem D’Hondtschen System vorgegangen, sondern es herrschen dort überhaupt Willkürverhältnisse, die dem D’Hondtschen System absolut nicht entsprechen. (Abg. Dr. Jarolim: Sie sprechen jetzt von Klassenwillkür! Wir haben diese schon immer auf­gezeigt!) Das haben Sie gesagt, aber ich gebe Ihnen in diesem Fall Recht! Es ist dies aber auch das einzige Bundesland, in allen anderen sind die Kollegien eins zu eins dem D’Hondtschen System angeglichen.

Wir sollten aber auch generell darüber sprechen: Brauchen wir die Kollegien noch? Brauchen wir den Landesschulrat? Brauchen wir den Bezirksschulrat? Sollten wir nicht besser ein von Parteipolitik freies Bildungsmanagement mit bundeseinheitlicher Objek­tivierung installieren? (Zwischenrufe der Abgeordneten Öllinger und Mag. Posch.) Da lachen Sie, weil es Ihnen nicht passt! Es sollte zu einer bundeseinheitlichen Objektivie­rung kommen, bei der entsprechende Standards festgeschrieben sind, so dass wirklich objektiviert werden kann und die Lehrerbestellung nicht nach einer Warteliste und nach


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Parteibuch vorgenommen wird. Ich glaube, das wären auch neue Ansätze. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme zum Schlusssatz. Mir ist bewusst, dass innerhalb der Koalition auch dies­bezüglich noch viel zu diskutieren ist. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich appelliere an Sie alle hier: Nützen wir in Zukunft auch die Chance, die uns der Österreich-Konvent bietet, eine Schule ohne Parteipolitik zu schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 7 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.06

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Frau Bundesminister! Ich werde mich nicht in Spekulationen versteigen, ob Pillenenzyklika und Verhütungsverbot auf Grund eines Initiativantrages der ÖVP im Vatikan verordnet wurden, sondern ich möchte, weil man bei so vielen Höhenflügen der Regierung bescheiden wird, gleich mit meinem Entschließungsantrag beginnen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Wir waren überzeugt – und die Rektorenkonferenz hat der Opposition Recht gege­ben –, dass 100 Millionen € für einen anständigen, von der Weltklasse aber noch weit entfernten Betrieb notwenig sind. Da Sie diesen Antrag aber ablehnen werden, bezieht sich unser Entschließungsantrag hier im Parlament auf Ihre Wortmeldungen und Ihre Versprechen in der Pressestunde, und wir wären schon froh, wenn dieses Versprechen eingelöst werden würde.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Broukal und KollegInnen betreffend 15 Millionen € für die Unis

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, den Uni­versitäten unverzüglich die von ihr in der Pressestunde in Aussicht gestellten 15 Millio­nen € zur Bedeckung der akutesten Implementierungskosten des Universitätsgesetzes 2002 zur Verfügung zu stellen.“

*****

Ich kommen zurück auf die x-te Regierungserklärung innerhalb von 7 Monaten, die uns Schüssel und Haupt heute geboten haben. Beide waren nicht vom geringsten Selbst­zweifel geplagt oder zumindest von Selbstzweifel angekränkelt. Ich hörte wieder die Begriffe „Superlative“ und „Meilensteine“ und dass Millionen in die Forschung und in die Universitäten fließen würden. Das lässt nur Raum für eine Überlegung, nämlich ob da nicht Autosuggestion und Selbsttäuschung mehr Gewicht haben als Realitätserken­nung und Realitätsanalyse. – Ich glaube aber, dass Selbsttäuschung und Autosugges­tion keine Merkmale eines Kanzlerprofils, aber auch keine Merkmale des Profils einer Ministerin sind. Selbsttäuschungen sind aber nur dann Privatsache, wenn Sie dabei nicht in Kauf nehmen oder vielleicht beabsichtigen, auch andere zu täuschen. Aber Sie


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haben das Parlament getäuscht, Sie haben die Universitäten getäuscht, und Sie haben die Bevölkerung getäuscht.

Das lässt sich beweisen: Grasser sagte in seiner Budgetrede, dass sich die Zuwendun­gen an universitäre Forschungseinrichtungen von 1999 bis 2004 verdoppeln. – Liest man in der publizierten Budgetrede nach und schaut sich Tabellen an, dann kann man aber feststellen, dass 543 Millionen € zur Verdoppelung fehlen. Ist das eine Täuschung oder ein bloßer Irrtum jener, die sich sonst nie irren und alles wissen? Letzteres glaube ich nicht!

Grasser spricht den Universitäten eine Budgetsteigerung in der Höhe von 733 Millio­nen € zu. Aber siehe da: Bei näherem Lesen kommt man drauf, dass es sich hiebei um jene 733 Millionen handelt, die früher zum Bundeskanzleramt beziehungsweise zum Geschäftsbereich von Riess-Passer ressortierten und die Personalkosten der Universi­täten abdeckten. Das ist ein Nullsummenspiel! Die Universitäten müssen die 733 Millio­nen € für die Bezahlung ihres Personals verwenden. Somit ist das keine Steigerung, sondern maximal ein Erhalten des Ist-Standes.

Das heißt: Grasser ist keiner Selbsttäuschung unterlegen, sondern er hat andere Leute getäuscht. Diese Charaktereigenschaften sind meines Erachtens allerdings mit einer guten und wahrhaftigen Politik nicht kompatibel. Ich würde diesen Wunsch oder Hang nach Wahrheit, Frau Minister Gehrer, sehr wohl auch als Wertediskussion auffassen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Zumindest würde ich das so lange tun, solange die Wahrheit ein Wert ist und nicht nur eine Tochter der Zeit oder gar ein Findelkind der ÖVP. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe den Eindruck, dass das Bildungs- und Forschungsministerium – Sie mögen mir verzeihen oder auch nicht! – eigentlich letztlich wie eine Werbeagentur geführt wird. (Abg. Dr. Jarolim: Das sagen viele!) Das kann es aber nicht sein, denn eine Werbeagentur hat keine Ähnlichkeit mit einem Wissenschaftsressort! Im Hinblick darauf wundert es mich allerdings nicht, dass viele meinen, dass sämtliche Argumente eher einem intellektuellen Irrgarten als einer nachvollziehbaren Erklärung über die Ist-Stände, die Missstände und darüber, was man erreichen will, ähneln.

Das Licht leuchtet schon rot. – Ich sage Ihnen nur: Es wurden auch zahlreiche junge Forscherinnen und Forscher getäuscht. Einige von ihnen haben vielleicht wochenlang an die Weltklasse geglaubt. Möglicherweise stehen diejenigen, die das geglaubt haben, heute nicht mehr im Labor, sondern auf der Straße.

Der Forschungsfonds konnte im Frühsommer dieses Jahres kein einziges Projekt be­willigen, Stellen konnten nicht verlängert werden, Projekte wurden unterbrochen, die Leute hatten keine Arbeit. Das ist wahr und nicht falsch.

Wenn Sie dauernd sagen, alles sei viel besser, dann bezichtigen Sie letztlich auch die Rektoren und die einzelnen Verantwortlichen an den Universitäten, die Unwahrheit zu sagen. Ich rede jetzt wohlgemerkt nicht über Klopapier und Kopierpapier, sondern ich rede über wirklich massiv vorhandene Ausstattungsmängel und fehlende Ressourcen und wiederum nicht von der Weltklasse, sondern nur von einem primitiven Soll.

Ich komme jetzt noch zu einem Tirol-Bezug, und zwar zu einem Ereignis, das bereits lang vor der Landtagswahl liegt, und stelle fest, dass Sie sich in Anbetracht von Seil­schaften und Widrigkeiten bei der Rektorbestellung an der Medizinischen Fakultät Innsbruck vorerst in die Rolle eines Zuschauers begeben haben, dann aber regulierend dort eingegriffen haben, wo Kommissionen autonom und weisungsfrei ihre Entschei­dungen finden sollten. Das finde ich schlichtweg untragbar! Als untragbar finde ich auch die Meinungsäußerung Ihres Sektionschefs Höllinger, der den Rat zwar rechtsbe­lehrt hat, nämlich, dass ein Dreiervorschlag bei einer Wahl notwendig ist, jedoch ver-


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schwiegen hat, dass das Ministerium Einervorschläge zur Rektorwahl an mehreren Universitäten nicht beeinsprucht, sondern sogar geduldet hat. Diese Rechtsmeinung Höllingers wurde vom Ratspräsidenten oder Vorsitzenden dann sogar widerrufen, weil sie falsch war.

Frau Minister! Da frage ich: Wer nimmt die Ministerverantwortung wahr: Sie oder Ihr Sektionschef? – Wenn Ihr Sektionschef jetzt wieder sagen wird, wie das Verfahren ablaufen soll, obwohl das Gutachten eines hochrangigen Juristen vorliegt, dass der Rat bei seiner Wahl nicht einmal rechtmäßig besetzt war und somit eine Wahl gar nicht stattfinden konnte oder hätte können, dann halte ich das für eine schwerwiegende politische Einflussnahme!

Im Hinblick darauf kann ich nur meinen Wunsch und den Wunsch der Innsbrucker Uni­versität hier wiedergeben: Lassen Sie nicht so lange wählen, bis dem Rat und Ihnen der Kandidat endlich mundet! Das wäre der Tod der Universität! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von den Abgeordneten Grünewald, Broukal, Freun­dinnen und Freunde eingebrachte Entschließungsantrag ist hinreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Herr Kollege Grünewald! Darüber hinaus stelle ich fest, dass objektiver Bedarf an einer Exegese des römischen Stoikers Gellius besteht, der den Satz: „Veritas filia temporis“ geprägt hat. (Abg. Dr. Cap: O tempora, o mores!)

Nächster Redner ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 6 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte.

 


16.14

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ja, ich wünsche mir mehr Geld für die Forschung, ich wünsche mir mehr Geld für die Universitäten, ich wünsche mir auch mehr Geld für die Schulen, für die Theater, für die Museen, für die Krankenhäuser, aber ich wünsche mir auch die Fortsetzung des Budgetkonsolidierungskurses! Ich wün­sche mir, dass wir unserem österreichischen Kurs treu bleiben und nicht den deut­schen Weg mit einem Budgetdefizit von 4 Prozent einschlagen. Das wäre nämlich nicht nur ein krasses Vergehen an der Jugend, an den Generationen und an der Zukunft, sondern damit ginge man auch noch sehenden Auges in ein europäisches Strafverfah­ren, in welchem der Staat, der Staatsbürger beziehungsweise die Staatsbürgerin nicht nur die Schulden zurückzahlen, sondern auch noch Strafe zahlen müsste. – Diesen Weg wünsche ich mir nicht!

Es muss also zwischen Wunsch und Wirklichkeit ein Maß gefunden und ein maßvoller Weg gegangen werden, wie ihn auch andere moderne Staaten in Europa gehen wie etwa die Niederlande, skandinavische Länder oder die Schweiz. Dem Beispiel Deutschlands, an den Universitäten und an der Forschung massiv zu sparen und trotz­dem im Minus zu sein, wollen wir hingegen nicht folgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Vielmehr schlage ich vor, dass wir jenen Weg gehen, den die Ministerin und die Bun­desregierung gewählt haben. Ich habe an dieser Stelle schon gesagt: Es ist richtig, dass das Budget für die Universitäten 2003 eng ist, aber im Sinne der Gesamtverant­wortung und mit Blick auf die Budgetjahre 2004/2005 war das unter Aufbringung aller Kräfte auch für die Universitäten und Forschungseinrichtungen zumutbar und ist es noch immer. Die Universitäten haben gesagt: Wir werden das mit kreativem Einsatz zustande bringen! – Sie haben zu den unmittelbaren Angeboten auf Ergänzung um


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15 Millionen für die Implementierung und für den Stau im Personalbereich schon gesagt, dass es möglich sein wird, die Lehre so wie im Vorjahr anzubieten.

Rektor Winckler sagte mir auf die Frage betreffend die Reinigungsverhältnisse, dass Prioritäten gesetzt wurden. Das erachten wir für richtig. Die Sommerreinigung war eine zumutbare Regelung: Die Leute nehmen Urlaub, sind forschungsmäßig auswärts und nicht anwesend. (Abg. Broukal: Da gab es Verringerungen!) Herr Kollege Broukal! Ich bin 20 Jahre an der Universität beschäftigt, und ich will Ihnen nicht sagen, wie oft ich selbst schon vor Jahren Hand angelegt, Vorhänge abgenommen und selbst ge­waschen habe. (Abg. Mag. Posch: Das entspricht nicht dem Humboldt’schen Bil­dungsideal!) Es geht nicht darum, dass die Dinge so viel schlechter geworden sind. Es entspricht dies nicht dem Humboldt’schen Bildungsideal, das ist richtig, so war es aber auch schon unter Kreisky und Scholten und anderen Ministern, wenn Sie sich erinnern wollen!

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns mit Blick auf die Zukunft sagen, was an dieser Fragestellung und an diesem Antrag dringlich ist: Das hat ein wenig mit dem turnusmäßigen Auftakt am Beginn des Herbstes zu tun. Ich freue mich, dass von den 600 Millionen an Forschungsgeldern, die in Aussicht gestellt sind, die versprochenen Teile schon eingelöst wurden. (Abg. Dr. Cap: Das ist eine resignative Rede!) Der FWF hat am Wochenende klargestellt, dass mit den zusätzlichen Mitteln für den For­schungsfonds auch die wesentlichsten Druckstellen beseitigt sind und dass die Univer­sitäten mit dem neuen Personalrecht freie Hand haben, junge Forscherinnen und Forscher ihrer Wahl anzustellen und unter dem Schutz des Angestelltenrechtes zu be­schäftigen, der zum Teil größer ist als nach dem Vertragsbedienstetenrecht, welches das Angestelltenrecht des Bundes war. (Abg. Dr. Cap: Sie haben nichts mehr vor, Sie wollen nichts, Sie haben kein Ziel!)

Meine Damen und Herren! Die Lehre an den Universitäten ist gesichert, das gibt der Rektorenchef zu. Ich frage mich daher, warum es am Institut für Soziologie in Wien einen Engpass gibt und dort angeblich nur 30 Stellen für Seminaranwärter angeboten werden. Da kann etwas nicht stimmen! Das muss an der lokalen Organisation der Ver­hältnisse liegen! (Abg. Dr. Cap: Ihre Rede ist fast schon depressiv!)

Meine Damen und Herren! Ich meine, wir sollten aufhören, die Universitäten in eine Armseligkeit zu reden und so zu tun, als würden hier fast Nachkriegsbedingungen herrschen! Ich kenne Universitäten in Europa, auch in Amerika, und es gibt prächti­gere, aber es gibt auch viel, viel bescheidener ausgestattete. Die Motivation hängt wohl nicht davon ab, ob man eine besonders luxuriöse Ausstattung anbieten kann, sondern davon, inwieweit ein bestimmter Forscher- und Neugiergeist und eine bestimmte akademische Haltung an den Instituten unter autonomen Bedingungen entwickelt werden können und an die Jugend weitergegeben werden können. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich bin sehr froh darüber, dass es in der nächsten Zeit dank der Unterstützung des Ministeriums und der Frau Minister gelingen wird, unter dem Programm ASCINA, das vom Ministerium für Wissenschaft finanziert wird, mit außereuropäisch tätigen öster­reichischen Forscherinnen und Forschern Kontakt aufzunehmen, Reisestipendien zu finanzieren, Kontaktprogramme zu erstellen und die Kontakte zu verstärken. Das ist keine billige Rückholaktion, sondern eine Einladung, mit jenen Forscherinnen und For­schern Kontakt aufzunehmen, die keine Österreichflüchter waren, sondern die einfach die Chance, sich im Ausland umzusehen und zu etablieren, genutzt und dort For­schungserfahrungen gemacht haben.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten aufhören, nur in pseudointellektuellen Sprachanalysen Texte, die aus dem Ministerium oder sonst woher kommen, zu kriti-


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sieren, sondern sollten ernsthaft in eine konstruktive Debatte um eine konstruktive Lösungssuche eintreten. Das Budget 2004 wird eine Steigerung vorsehen – die Frau Ministerin hat es angekündigt –, es sind 200 Millionen €. Ich betone: 200 Millionen €! Damit wird der Personaldruck weggenommen werden können, und die Forschungs­mittel werden aufgestockt. Insofern kann sich das Programm sehen lassen. Gehen wir an die Arbeit und hören wir auf, saisonbedingte Pseudodebatten zu führen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Rede­zeit 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


16.21

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geschätzte Frau Dr. Brinek! Was ist eigentlich an den letzten Monaten zumutbar gewesen? Ich war letzte Woche an der Universität Innsbruck und hatte Gelegenheit, mit etwa 30 bis 40 Professoren, Dozenten, Assisten­ten und Projektassistenten zu sprechen, wobei mir die Projektassistenten glaubhaft versichert haben, dass sie bis dahin nicht wussten, ob sie ab 1. Oktober noch Pro­jektassistenten sein würden oder ob sie arbeitslos auf der Straße stehen würden. Was ist daran zumutbar? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Was ist daran zumutbar, wenn es nicht mehr gelingt, Professorenstellen, Assistenten­stellen zu besetzen, weil die seit der Ausgliederung aus dem Beamtendienstrecht erfor­derliche Höherdotierung einschließlich der Abfertigungen und Pensionskasseneinzah­lungen für die Universitäten in ihrem gegenwärtigen Zustand nicht mehr leistbar sind? Was ist daran zumutbar?

Was ist daran zumutbar, dass Institute nicht mehr geputzt werden? Was ist daran zu­mutbar, dass Bibliotheken keine Bücher mehr anschaffen können? Das sind doch keine Dinge, die die Opposition erfindet!

Wenn ich nur eine einzige Zeitung nehme, den „Standard“ von heute, Seite 1, so be­komme ich das bestätigt, denn da heißt es: „Uni-Institute bald ohne Wissenschafter. Innsbrucks Vizerektor kämpft um Personal.“ – Nicht die Opposition! Aus Seite 6 heißt es: „Uni-Krise: Junge Wissenschafter suchen Absprung.“ – Sie haben es geschafft, dass dieses Universitätssystem von den jungen Akademikerinnen und Adademikern als so chancen- und zukunftslos gesehen wird, dass sie den erstbesten Weg ins Aus­land und in die Privatwirtschaft ergreifen. (Abg. Dr. Brinek: Aber die flüchten doch nicht alle nur aus Österreich!) Nicht die Opposition, die jungen Wissenschafter sagen es selbst, was auch Sie wissen, denn wir lesen ja alle die gleichen Zeitungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist wieder nicht die Opposition, sondern es sind die beiden Rektoren Bast und Schmidt-Wulffen, die sagen, die augenblickliche Politik gehe am Rande der Verantwor­tungslosigkeit vorbei. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Was soll ich, sagen Sie: konkret reden? Konkret reden soll ich, sagten Sie? Ich rede konkret. Ich habe mir die Mühe gemacht, in den letzten Tagen zu recherchieren, wie es in dem Institut für Erziehungswissenschaften an der Universität Wien geht, dem Institut für Erziehungswissenschaft, in dessen Verzeichnis der Lehrkräfte auch Frau Dr. Brinek zu finden ist. Die Zahl der Studierenden hat in den letzten Jahren massiv zugenom­men, die Zahl der Lehrenden nimmt massiv ab. Es gab dort einmal sechs ordentliche Professuren, ab dem 1. Jänner 2004 sind noch zwei besetzt. Im Mai 2000 hatte das Institut 17 Stellen für außerordentliche Professoren, im Mai 2003 noch 11, im Jän­ner 2004 werden es 8,5 sein und im Mai 2005 nur noch fünf. (Abg. Dr. Brinek: Es


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laufen die Verhandlungen!) Bisher gibt es nach dem neuen unattraktiveren Dienstrecht nur eine einzige Nachbesetzung. Der Personalstand geht hinunter, die Belastung jedoch steigt. Im Studienjahr 1999/2000 waren 18 200 Einzelprüfungen abzunehmen, im Studienjahr 2001/2002 waren es 25 000, um 40 Prozent mehr mit nur halb so viel Personal!

Wie überall an der Universität Wien, Frau Doktor – das dürfte ihnen nicht unbekannt sein –, gibt es auch am Institut für Erziehungswissenschaften kein Geld mehr für Reini­gung. Einige WissenschafterInnen nehmen nach meinen Informationen ihre private Haushaltshilfe mit, und von Ihnen habe ich gehört, dass Sie die Vorhänge selber waschen. (Abg. Dr. Brinek: Das war vor 20 Jahren!) Ich nehme an, Sie sind dafür aber überbezahlt, Frau Dr. Brinek. Dafür sind Sie absolut überbezahlt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Ich will, dass Sie dort forschen und lehren, ich will nicht, dass Sie dort Vorhänge waschen müssen. (Abg. Dr. Brinek: Vor 20 Jahren!) Dieses Nachkriegsethos brauche ich überhaupt nicht. Ich will, dass die Universitäten ordentlich gereinigt werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Tutoren und Tutorinnen machen die Regale in der Bibliothek sauber, lese ich. Also die wissenschaftlichen ... (Abg. Dr. Brinek: Vor 20 Jahren, unter Minister Scholten, habe ich die Vorhänge selber gewaschen! Nur damit Sie wissen, wann das war!) Unter Minister Scholten? Der war vor 20 Jahren Minister? Ja, gut, okay. (Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Aber jetzt ist doch alles viel besser, lernen wir immer. Es hat sich aber anscheinend nichts geändert im dritten Jahr der „Glückseligkeit“ von Schwarz-Blau an den Universitäten. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

„Ich wünsche mir mehr Geld“ – ein weiterer Leitsatz Ihrer Rede. Ich habe mir vorge­nommen, heute ruhig zu reden, und ich tue es. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Ab jetzt!)

„Ich wünsche mir mehr Geld“, war ein weiterer Satz Ihrer Rede. – Ich sage Ihnen: Ihre Regierung hat mehr Geld, und zwar dort, wo sie es sich wirklich wünscht. Ihre Regie­rung wird ab dem nächsten Jahr selbstständig Erwerbstätigen ein Steuerprivileg geben, das es noch nie in diesem Land gegeben hat und das im Endausbau nach der Budgetvorschau Ihres Finanzministers 400 Millionen € an Steuerausfall bringen wird. Da reden wir jetzt nicht von Abfangjägern, nicht von Agrarsubventionen, nicht von drin­gend notwendigen Dingen, sondern das ist etwas, was Sie frei erfunden haben, etwas, was es noch nie in Österreich gab und was es nächstes Jahr auch nicht um 400 Millio­nen € hätte geben müssen oder vielleicht nur um 300 Millionen €, und 100 Millionen € hätten wir den Universitäten geben können.

Ich bin hier jetzt viele Monate dabei und frage mich: Wer hat Recht: die Rektoren oder die Frau Gehrer? Sie behaupten nämlich immer das Gegenteil. Doch dann schaue ich mir diese Rektoren so an und denke mir, das sind lauter ernst zu nehmende seriöse Menschen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vorsicht! Sie wissen es genau. Halbsteuersatz für Unternehmer, Halbsteuersatz für nicht entnommene Gewinne. Vielen Dank! (Anhal­tende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bringe abschließend einen Entschließungsantrag ein.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Der Entschließungsantrag ist so lange, dass ich verfügt habe, dass er verteilt wird. Sie brauchen ihn daher nicht zu ver­lesen, sondern nur in den Eckpunkten vorzutragen.

 


Abgeordneter Josef Broukal (fortsetzend): Genau das mache ich. – Man muss Ihnen Ihre eigenen Anträge in Erinnerung rufen? Halbsteuersatz für Unternehmer? Das muss man Ihnen in Erinnerung rufen? Vor ein paar Wochen war der Herr Stummvoll noch so irrsinnig stolz darauf, dass das endlich kommt.


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Ich kommen nun zum Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, für das Jahr 2003 als Sofortmaßnahme 100 Millionen € für die Universitäten und den Fonds zur Förderung von Wissenschaft und Forschung zur Verfügung zu stellen.

Die Universitäten müssen einen Sockelbetrag von 21 Millionen € und den Rest nach der Anzahl der inskribierten HörerInnen erhalten. – Es folgt eine längere Liste, die ich nicht anführe.

Der FWF muss zusätzlich mit 35 Millionen € dotiert werden. Wir fordern eine sofortige Finanzierung der 500 ProfessorInnen-Stellen, die den Universitäten im Juni 2001 ver­sprochen wurden, und konkrete Initiativen zur Förderung junger WissenschafterInnen.

Ich hoffe, wir können uns darauf einigen, dass wir das gemeinsam so sehen, dass die Universitäten kein Exerzierfeld für exzessiven Sparzwang sind. Ich bitte Sie darum! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschlie­ßungsantrag der Abgeordneten Broukal, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen ist auch schriftlich überreicht worden und ist genügend unterstützt. Er steht somit mit in Verhandlung.

Ich habe ihn vervielfältigen und verteilen lassen; er wird dem Stenographischen Proto­koll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Broukal, Dr. Grünewald und KollegInnen betreffend 100 Millionen € als Sofortmaßnahme für die Universitäten, eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag an die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur zum Thema „Bildungsoffensive statt pauschaler Diffamierung der Jungen“

In einer offiziellen Stellungnahme der Österreichischen Rektorenkonferenz vom 13. Juni 2003 zur Budgetsituation der Universitäten im Jahr 2003 heißt es, dass die budgetäre Situation der Universitäten im Jahr 2003 dramatisch sei:

Die „Universitätsmilliarde“ (ca. 73 Mio. € einmalig für 2002) wurde für das Jahr 2003, da sie wie ein einmaliger Mehrbedarf behandelt wird, gestrichen.

Die Studienbeiträge dienen offensichtlich nur dem Stopfen von Budgetlöchern. Sie kommen im Jahr 2003 nicht den Universitäten zu, jedenfalls werden sie – entgegen allen politischen Zusagen – nicht für die Verbesserung der Studiensituation bzw. für Investitionen herangezogen. Dies widerspricht den bei der Einführung der Studienbei­träge gemachten Ankündigungen.

Sogar notwendige Ersatzinvestitionen können 2003 nicht durchgeführt werden. Die Summe der Investitionstätigkeit wird heuer dem Stand des Sparjahres 2000 ent­sprechen.

Am 11. Juli 2003 fand im Parlament auf Initiative von SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal gemeinsam mit dem Wissenschaftssprecher der Grünen, Dr. Kurt Grünewald, ein „Runder Tisch“ mit Universitätsrektoren statt, um die dramatische finanzielle Situation der österreichischen Universitäten zu erörtern. Dabei wurde fest-


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gestellt, dass es Budgetkürzungen um 6 % und Kürzungen bei den frei verfügbaren Mitteln um bis zu 15 % gibt. In zahlreichen Universitätsbauten sind neue Ersteinrichtun­gen notwendig, die Ausführung ist mangels gesicherter Finanzierung aber bisher nicht möglich, so z.B. an der Medizinuniversität Wien (Generalsanierung und Erweiterung des Instituts für Gerichtsmedizin; Ersatz für das Institut für Krebsforschung), an der Technischen Universität Wien (Neubauten an den Chemischen Instituten) und an der Universität Innsbruck (Sanierung und Erweiterung der Fakultätsbibliothek der Geistes­wissenschaften). In Planung und Vorbereitung befindet sich eine Sanierung des Audi­max an der Universität Wien, die ebenfalls nicht gesichert ist.

Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) steckt ebenso in einer verzweifelten Lage: Mit einem im Vergleich zum Vorjahr um 18 % geringerem Budget muss das Auslangen gefunden werden. 500 bis 600 Forschungsstellen können nicht besetzt werden. Der Fonds musste aus Budgetknappheit in seiner letzten Ver­gabesitzung vor dem Sommer fast alle Bewilligungen aussetzen. Das ist vor allem des­halb problematisch, weil über 90 % der FWF-Mittel im Rahmen von Forschungsprojek­ten an die Universitäten gehen und die Unis durch das UG 2002 gezwungen sind, verstärkt Drittmittel einzuwerben.

Die Bundesregierung handelt verantwortungslos gegenüber der studierenden Jugend, der Lehrbetrieb ist aufgrund der Budgetknappheit nicht gesichert. Österreich verliert damit den Anschluss an die Zukunft. Der Wissenschafts-, Forschungs- und Wirt­schaftsstandort ist extrem gefährdet. Österreich wird so keinen Spitzenplatz bei For­schung und Entwicklung in Europa erreichen können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, für das Jahr 2003 als Sofortmaßnahme 100 Millionen € für die Universitäten und den Fonds zur Förderung von Wissenschaft und Forschung (FWF) zur Verfügung zu stellen:

Die Universitäten müssen einen Sockelbetrag von 21,67 Mio. € und den Rest (43,7 Mio. €) nach der Anzahl der inskribierten HörerInnen erhalten.

 Universitäten

StudentInnen GESAMT  (WS 2001)

Sockelbetrag

Nach Anzahl der HörerInnen

(€ 237,047/Stud.)

GESAMT

 Univ. Wien

65.424

1.203.703,70

15.508.562,93

16.712.266,63

 Univ. Graz

23.071

1.203.703,70

5.468.911,34

6.672.615,04

 Univ. Innsbruck

22.191

1.203.703,70

5.260.309,98

6.464.013,68

 Univ. Salzburg

9.812

1.203.703,70

2.325.905,16

3.529.608,86

 TU Wien

15.777

1.203.703,70

3.739.890,52

4.943.594,22

 TU Graz

8.415

1.203.703,70

1.994.750,51

3.198.454,21

 Montanuniv. Leoben

1.686

1.203.703,70

399.661,24

1.603.364,94

 BOKU Wien

4.395

1.203.703,70

1.041.821,57

2.245.525,27

 


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Vet.med. Wien

2.037

1.203.703,70

482.864,74

1.686.568,44

 WU Wien

18.900

1.203.703,70

4.480.188,30

5.683.892,00

 Univ. Linz

11.446

1.203.703,70

2.713.239,96

3.916.943,66

 Univ. Klagenfurt

5.247

1.203.703,70

1.243.785,61

2.447.489,31

Universitäten d. Wiss. gesamt1

188.401

14.444.444,41

44.659.891,85

59.104.336,25

Universitäten d. Wiss. gesamt2

176.811

 

41.912.517,12

 

 Akademie der bildenden Künste Wien

855

1.203.703,70

202.675,19

1.406.378,89

 Universität für angewandte Kunst Wien

1.078

1.203.703,70

255.536,67

1.459.240,37

 Universität für Musik und darst. Kunst Wien

2.436

1.203.703,70

577.446,49

1.781.150,19

 Universität Mozarteum Salzburg

1.386

1.203.703,70

328.547,14

1.532.250,84

 Universität für Musik und darst. Kunst Graz

1.192

1.203.703,70

282.560,02

1.486.263,72

 Universität für künstl. u. ind. Gestaltung Linz

700

1.203.703,70

165.932,90

1.369.636,60

Universitäten der Künste gesamt1

7.647

7.222.222,20

1.812.698,41

9.034.920,61

Universitäten der Künste gesamt2

7.542

 

1.787.808,47

 

 

 

 

 

 

Universitäten insgesamt (lt. BMBWK)2

182.805

21.666.666,61

43.700.325,59

65.366.992,20

1) Studierende, die an mehreren Universitäten studieren, sind mehrmals gezählt.

 

2) Studierende, die an mehreren Universitäten studieren, sind nur einmal gezählt.

 

Der FWF muss zusätzlich mit 35 Mio. € (25 Mio. € zur Aufrechterhaltung des For­schungsbetriebes und 10 Mio. € für Ersatzinvestitionen) dotiert werden.

Sofortige Finanzierung der 500 ProfessorInnen-Stellen, die den Universitäten im Juni 2001 versprochen wurden.

Konkrete Initiativen zur Förderung junger WissenschafterInnen.

Laut vorläufigem Gebarungserfolg ist das Budgetdefizit für das Jahr 2002 um 1,8 Mrd. € geringer. Es gäbe also genug Spielraum zur Finanzierung der 100 Mio. € Sofortmaßnahmen für die Universitäten und die Forschung.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. Gewünschte Redezeit 7 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


16.28

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Herr Minister! Auch wenn Kollege Broukal sich doch etwas zurück­genommen hat, frage ich ihn, wenn wir schon über die Vorhänge diskutieren, trotzdem: Haben Sie schon einmal Ihre Vorhänge selber gewaschen? Wenn Sie hier über die Universität reden, wollen Sie nicht darüber reden, ob Sie Ihre Vorhänge schon einmal


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gewaschen haben, oder wie? (Abg. Broukal: Waschen Sie die Vorhänge der FPÖ-Bundesgeschäftsstelle selbst?)

Da sage ich schon: Die Universitäten sollten in meinen Augen ein Vorbild sein, und zwar sollten sie ein Vorbild für sparsames Wirtschaften sein! (Abg. Broukal: Und fürs Vorhänge-Waschen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Universitäten sollten ein Vorbild dafür sein, wie man wirtschaftlich auch mit den Geldern, die man erhält, umgeht! Da halte ich es schon für richtig, dass es die Unis dann auch selber lernen müssen, wie sie ihr Reinigungspersonal einteilen. Das ist halt auch eine Art und Weise: dass man, wenn man etwas lehrt, es dann auch umsetzen muss, wenn man dazu Gelegenheit hat (Abg. Broukal: Man lehrt, wie man Vorhänge wäscht! Super!), und diese Gelegenheit haben die Unis. Regen Sie sich darüber nicht auf! Es ist jetzt so! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch etwas: Wenn man ein neues Dienstrecht macht und es dann niemanden gibt, der dieses Dienstrecht in Anspruch nimmt, das jetzt langsam zu einer Gleichschaltung führt, also zu dem, was Sie auch immer fordern, dass eben alle in das ASVG hinein­kommen, dann regen Sie sich auf und sagen: Es bewirbt sich ja niemand um solche Stellen, weil es ein neues Dienstrecht gibt! – Ja genau deshalb wurde ein neues Dienstrecht geschaffen, damit da eine Gleichstellung erfolgt. Das ist genau das, was Sie eigentlich auch immer wollen, aber da passt es Ihnen dann auf einmal nicht! (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Also messen Sie hier nicht mit zweierlei Maß, sondern tragen Sie mit dazu bei, dass die Universitäten auch einmal Vorbildwirkung haben und Vor­bildwirkung zeigen. Das würde ich mir auch von Ihnen erwarten.

Ich habe mich – wenn wir schon bei der Wissenschaft sind, sage ich das gleich dazu – auch gewundert. Wenn Sie schreiben, der FWF werde mit einem um 20 Prozent gerin­geren Budget dotiert und es sei alles so schrecklich und so furchtbar, dann muss ich Ihnen sagen: Sie sind nicht auf dem aktuellen, auf dem neuesten Stand! Lesen Sie doch, was der FWF selber sagt!

Ich darf es Ihnen zur Kenntnis bringen: Man sei dem Ministerium für diese außerge­wöhnlichen Maßnahmen sehr dankbar, sagt Präsident Georg Wick, weil er froh ist ... (Abg. Dr. Lichtenberger: Was sollen Sie sonst machen?) – na, passen Sie weiter auf!, das scheint Ihnen entgangen zu sein! –, dass 8,5 Millionen € oder 9 Prozent mehr als im Vorjahr gezahlt werden. 100 Millionen € konnten es insgesamt sein. Das ist mehr als im Vorjahr, was da gemacht wurde. Das haben Sie schlicht und einfach negiert. Das ist vielleicht ein Problem des Marketings. Man hat es nicht gut genug verkauft, man spricht nicht so viel über die guten Dinge, die die Regierung tut. Daher haben sogar Sie es überlesen und das Falsche in Ihre Anfrage hineingenommen.

Es werden sehr wohl mehr Gelder zur Verfügung gestellt, und sogar der FWF selbst sagt, dass es gut ist und dass er sich darüber freut. – Also informieren Sie sich doch auch darüber, bevor Sie solche Dinge hineinschreiben!

Ein Punkt auch noch zur Generationenfrage, weil das ja auch hier in diese ganze An­frage mit hinein genommen wurde. Da sollten wir doch überlegen, wie man die Gene­rationensolidarität insgesamt in der Zukunft wieder einmal dazu bringt, dass es wieder existierende Familien gibt, in denen man sich untereinander hilft. In diesem Zusam­menhang darf ich Folgendes bemerken: Etwas, was die SPÖ in jahrzehntelanger Arbeit geschafft hat, ist, dass es Betreuung von der Wiege bis zur Bahre gibt, wie es so schön heißt. Man schaut, die Kinder möglichst früh aus dem Haus zu bringen und die ältere Generation dann in Heime abzuschieben, damit die Familie auseinander bricht und somit die Identität nicht mehr vorhanden ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wie ist das mit der Kinderbetreuung in Tirol?) Das ist das, was Sie jahrzehntelang betrieben haben, und damit haben Sie die Familien sehr wohl auseinander gerissen.


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Aber nach wie vor – und deshalb bin ich froh, dass es in der Bevölkerung nicht so nachhaltig gewirkt hat – sehen 80 Prozent aller Befragten, vor allem auch Jugendliche, Familie als einen der höchsten Werte an (Abg. Hagenhofer: Sie gehen doch mehr auf Partys!) – Freizeit ist weiter hinten, viele andere Dinge sind weiter hinten – und wollen zwei Kinder haben. Warum bringen sie es nicht zustande? (Abg. Dr. Puswald: Wegen Ihrer Politik!) Wir haben das hier erst drei Jahre lang maßgeblich mitgestalten können. Wir können nicht in drei Jahren das, was Sie jahrzehntelang in die falsche Richtung verändert haben, rückgängig machen. Das können wir nicht von heute auf morgen machen, aber wir haben schon einiges gemacht. Seien Sie beruhigt, wir werden auch noch mehr machen, dass es den Familien in Österreich wieder besser geht. (Abg. Dr. Puswald: Was haben Sie schon gemacht?) Das Kinderbetreuungsgeld haben wir gemacht, und wir werden es weiter machen. Wir werden dafür sorgen, dass diese falsche Richtung, die die SPÖ eingeschlagen hat, wieder in Richtung von mehr Familie geht. Wir werden den Kindern und den Familien in Österreich wieder mehr Wert geben. Da werden Sie noch schauen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Die Familien haben Ihre Politik schon realisiert!) Wie? (Abg. Dr. Puswald: Die Familien haben Ihre Politik schon realisiert!) Ja, deshalb sind alle, die das Kinderbetreuungsgeld bekommen, sehr froh, weil die Familien inzwischen realisiert haben, dass die Freiheit­liche Partei jene Partei ist, die in der Bundesregierung mit der ÖVP den Familien einen hohen Stellenwert einräumt. Das haben die Familien zum Glück begriffen. Das ist das Gute. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Puswald! Sie stehen hier und unter­brechen die Rednerin ununterbrochen.

Wir haben in der Präsidialkonferenz den Präsidenten die Aufgabe gegeben, genau solche Dinge, wenn Frauen ständig so drangsaliert werden, zu unterbinden. Ich bitte Sie, das nicht mehr weiter zu tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wenn es umgekehrt ist, dann schreien die Sozialisten wieder!)

 


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (fortsetzend): Ich sehe es aber nicht als besondere Belästigung des Herrn Kollegen an. Das ist ein Ding, mit dem man sich, glaube ich, auseinander setzen muss, wenn man in der Politik tätig ist, dass es ab und an Abgeordnete gibt, die etwas ungestüm sind. Ich habe damit kein Problem, aber ich habe ein Problem damit, wenn die Familien vernachlässigt werden und wenn man die Ganztagsschule ganz anders diskutiert, als sie eigentlich diskutiert werden sollte. So, wie es sich die Grünen und die SPÖ vorstellen, dass es eine Ganztagsschule mit Pflicht und Aufbewahrung der Kinder sein soll, ist es der falsche Weg.

Wir wollen, dass es die Wahlfreiheit gibt und auch die Erschwinglichkeit. Warum machen wir es nicht gemeinsam, dass wir, damit es sich dann auch wirklich alle leisten können, die Lehrverpflichtung für die Lehrer erhöhen und die Anwesenheitspflicht auch auf den Nachmittag ausdehnen. Da müssten Sie ja alle dabei sein, denn dann hätten wir die Möglichkeit, die Betreuung auch am Nachmittag sicherzustellen, ohne dass die Eltern dafür zahlen müssen und auch ohne dass die öffentliche Hand dafür bezahlen muss. Das wäre doch eine Variante, der Sie sich sicherlich anschließen könnten, wenn Ihnen diese Betreuung so wichtig ist, wie Sie immer tun und wie Sie es sagen. Das wäre ein Weg, wie wir die Nachmittagsbetreuung gestalten könnten, und das freiwillig und so, dass die Kinder nicht weiter sitzen müssen, sondern dass es auch die Möglich­keit für Kreativität oder für Sport gibt.

Das ist es, was sich die Eltern und die Kinder wünschen. Sie wollen nicht noch zusätz­lich viele Stunden, sondern eine Betreuung, eine Lernhilfe, eine Hilfe eben auch am Nachmittag bei der Betreuung. Das soll es aber nur für jene geben, die es auch wirklich haben wollen und benötigen, und zwar freiwillig.


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Deshalb fordere ich Sie schon auf: Hören Sie auf, alles krankzujammern, schlechtzu­reden, sondern beteiligen Sie sich auch einmal an dem, was die Regierung tut, und machen Sie sich einmal die Mühe, sich die Zahlen, Daten und Fakten anzuschauen, und sehen Sie auch das, was die Regierung schon Gutes getan hat, vor allem Gutes für die Familien, und was sie noch Gutes im Bildungs- und im Schulbereich tun wird! Ich fordere Sie nachdrücklich dazu auf. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

16.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. Sie begin­nen mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen, und stellen dem ohne Wertungen den richtigen Sachverhalt gegenüber.

 


16.35

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Ich habe mir das vom letzten Mal gemerkt, Herr Präsident. Danke für die Erinnerung!

Frau Dr. Bleckmann hat gemeint, die Sozialdemokraten würden dazu tendieren, alle Schüler in die Ganztagsschule zu schicken, die Ganztagsschule für alle Schüler ver­pflichtend zu machen.

Ich möchte richtig stellen, dass die Sozialdemokratische Partei Österreichs möchte, dass die Ganztagsschule mehr als bisher ein Angebot ist, aber es soll nicht das einzige Angebot sein. Es soll eine Möglichkeit für jene Eltern sein, die sie annehmen wollen, und nicht für alle. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte bitten, dass wir in dieser Debatte, die in den letzten Stunden so interessant geführt wurde, nicht immer dazwischen dann wieder Watschenpolemiken haben. (Prä­sident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Wir sind gerade dabei, uns sachlich über dieses Thema zu einigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Das war eine etwas weite Aus­legung der Geschäftsordnung. Daher ist es doch notwendig, dass man Ihnen die Bestimmungen in Erinnerung ruft, auch wenn es nichts nützt. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


16.37

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Ministerin Gehrer! Das Zitat „Was macht das Leben lebenswert? Etwa wenn man von Party zu Party rauscht, ist es das Single-Leben?“ wird Sie wahrscheinlich noch länger verfolgen. Als ich dieses Zitat das erste Mal gehört habe, habe ich mir gedacht, Querflöte spielen und Wanderlieder singen ist qualitativ auch nicht um so viel besser. Also bitte lassen Sie der Jugend die Freizeitbeschäftigungen, die Sie gerne haben will, und Ihnen seien Ihre von Herzen vergönnt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das waren so die ersten Überlegungen dazu. Dann habe ich mir gedacht: Was halten Sie eigentlich von der Jugend, das Sie bewegt, solche Aussagen zu machen? Das haben Sie ja nicht nur einmal gemacht, das haben Sie wiederholt gemacht.

Es gibt aus dem Jahr 2000 eine Jugendwertestudie, die ganz klar sagt, dass für 72 Prozent der 16- bis 24-Jährigen Freunde und Bekannte zentrale Lebensbereiche sind und für 69 Prozent der gleichen Zielgruppe die Familie zentraler Lebensbereich


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ist. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sagen nur 4 Prozent von all den Be­fragten: Kinder will ich nie!

Jetzt spaltet sich da etwas auf. Ich denke mir, wir müssen uns fragen: Warum wollen junge Leute dann doch keine Kinder haben? Da ist es klar, dass dieses Ja zur Familie auch ein Grundmaß an Sicherheit braucht und an politischen Entscheidungen, die den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen, und diese gesellschaftlichen Ent­wicklungen wurden in der Vergangenheit verschlafen. Es hat wesentliche Veränderun­gen gegeben. Das betrifft das Zusammenbleiben der Paare – sie bleiben nicht mehr so häufig ein Leben lang zusammen –, es gibt völlig neue Lebens- und Wohnformen, die Zahl der Alleinerzieher ist sehr stark gestiegen. Auch auf die Fragen der Mobilität und damit verbunden der räumlichen Trennung von Familien haben Sie keine politischen Antworten gegeben. Die einzige Antwort, die Sie immer geben, ist die Wahlfreiheit, die sich allerdings darin erschöpft, ob Frauen lieber zu Hause oder daheim bleiben, denn mehr Alternativen haben sie nicht, wenn man die Realität anschaut. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Zweites, das es für dieses Ja zur Familie braucht, ist Sicherheit, aber was diese Regierung statt Sicherheit bietet, das sind Verunsicherung und Instabilität. Wir haben noch nie eine Regierung gehabt – abgesehen jetzt von der Regierung Schwarz-Blau I –, die so viel Instabilität gehabt hat wie diese Regierung. Kein Mensch weiß, was auf uns zukommen wird. Was Sie an Reformen machen, machen Sie schnell, über­happs, wie die Pensionsreform. Die Kollegin Glawischnig ist schon darauf eingegan­gen. Sie erklären, um wie viel besser die Zustände für die Frauen jetzt sind. Ich sage Ihnen: Allein durch die Erhöhung des Durchrechnungszeitraumes von 15 auf 40 Jahre haben Sie all das zunichte gemacht, was Sie in anderen Bereichen an leichten Verbes­serungen erzielt haben, und die Situation sogar verschlechtert. Unter dem Strich ergibt das ein Minus, eine eindeutige Verschlechterung.

Das sehen wir auch an den Pensionen. Bei den Frauenpensionen war in den letzten vier Jahren noch einmal ein Rückgang zu verzeichnen. Vor vier Jahren hatte eine Frau durchschnittlich 52,7 Prozent der Pension eines Mannes, heute sind es nur noch 44,1 Prozent. Das ist auch ein Resultat geringfügiger Beschäftigungen, Teilzeitbe­schäftigungen, Ihrer Art von Politik, die da heißt: Frauen bleibt zu Hause, oder wenn ihr schon arbeiten geht, dann geht bitte Teilzeit arbeiten und habt kleine Beschäftigungs­verhältnisse, damit alle zufrieden sind!

Ich wehre mich ganz vehement dagegen, dass die Entscheidung, ein Kind zu haben oder nicht zu haben, sozusagen als politisch zu verordnende in den Raum gestellt wird. Das ist eine persönliche Entscheidung, und ich würde mir auch hier herinnen wün­schen, dass in einer politischen Diskussion niemand dafür verantwortlich gemacht wird, ob er oder sie Kinder oder Enkelkinder hat. Das ist jeweils die persönliche Entschei­dung einzelner Personen und ist als solche zu respektieren. (Beifall bei den Grünen.)

Was wir aber tun müssen, das ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit ein gutes Umfeld vorhanden ist, das es überhaupt erst ermöglicht, Kinder zu haben. Das reicht von der Forcierung der Gleichstellung der Frau bis dahin, endlich die Betreuungsange­bote für Kinder zu schaffen, die dringend notwendig sind. Wir haben die Zahl heute schon gehört, 90 000 sind es. Es geht aber auch in Richtung einer finanziellen Grund­sicherung für Kinder. Wir wissen aus dem Sozialbericht des Bundes, dass es eines der großen Armutsrisiken ist, Kinder zu haben, vor allem mehr Kinder zu haben. Das ist Ihre Politik, dafür sind Sie verantwortlich! Sorgen Sie für eine finanzielle Grundsiche­rung in diesem Bereich. Das hieße auch, Ausbildung zu sichern, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wir haben das bereits in einigen Debattenbeiträgen gehört.


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Einen guten Rahmen zu schaffen, heißt aber auch, eine gerechte Vermögensverteilung zu gewährleisten. Derzeit gibt es immer mehr Privatkapital und immer weniger Sozial­leistungen. Auch in diesem Bereich sind Sie gefordert, Schritte zu unternehmen.

Weiters: Lassen Sie all jene arbeiten, die arbeiten wollen, seien es Frauen, seien es Migrantinnen und Migranten, die hier in Österreich leben und gerne arbeiten würden und nicht arbeiten können.

Mein letzter Punkt betrifft Kinder, die bereits hier in Österreich leben. Sie rufen nach Kindern. Frau Bundesministerin! Es gibt 7 000 Kinder in Österreich, die hier illegalen Aufenthalt haben. Geben Sie diesen Kindern einen legalen Aufenthalt und geben Sie Ihnen damit auch das Recht, hier eine gute Ausbildung und einen Arbeitsplatz zu be­kommen, wenn sie in Österreich bleiben! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Redezeit 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


16.43

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Hohes Haus! Ich habe zu Beginn der Debatte über den Dringlichen Antrag den Satz der Kollegin Glawischnig gehört, dass sie uns eigentlich alle von einer Wertedebatte verschonen möchte. Ich kann dazu nur sagen, dass mir das wahnsinnig Leid tut. (Abg. Brosz: Damit war eine Wertedebatte à la Gehrer gemeint!) Ich als junge Abgeordnete möchte vielmehr alle Kolleginnen und Kollegen dazu auffordern, gemeinsam diese Wertedebatte zu führen und uns nicht davor zu scheuen, zu überlegen, was der Generationenvertrag ist und welche Werte jede Generation – denn es gibt mehr als die zwei, auf europäischer Ebene sind fünf definiert worden – mitbringen muss, um ein Leben in Europa, ein Leben in Österreich nicht nur erträglich, sondern schön und friedlich zu machen.

Die ÖVP stellt sich dieser Diskussion und dieser Wertedebatte, und darüber bin ich sehr froh. (Abg. Öllinger: Aber wie!) Ich würde mir wünschen, dass die Jugendorga­nisationen aller anderen Parteien und die Jugendsprecher, die hier anwesend sind, mich dabei unterstützen würden. Der Beginn der Debatte hat gezeigt, dass es da etwa bei den Grünen Unterschiede gibt: Kollegin Mandak hat gesagt, es gebe keine Pro­bleme, alles sei in Ordnung, während Frau Glawischnig gesagt hat, nein, es gebe sie eigentlich doch. Vielleicht kann man das auch innerhalb der Parteien einmal klären. (Abg. Öllinger: Sie sollten nicht vergessen, auch zu anderen Meinungen in der ÖVP einmal etwas zu sagen!)

Gerade wenn ich mir anschaue, was wir uns für den Herbst vorgenommen haben, ge­rade wenn ich mir vergegenwärtige, dass eine Harmonisierung der Pensionssysteme vor uns liegt, würde ich mir wirklich wünschen, dass alle Politiker, ob sie jetzt jung sind oder nicht, die für die Jugend zuständig sind, sich auch wirklich ein Herz nehmen für die Jungen und dementsprechend mitdiskutieren und überlegen, was denn Solidarität im Generationenvertrag bedeutet, sich einmal fragen: Was ist materielle und immate­rielle Generationensolidarität? Was hat das mit Systemen wie der Pension und dem Gehaltsschema zu tun?

Ich war diejenige, die bereits im Wahlkampf gefordert hat, dass wir nicht nur bei den Lehrern, sondern überall und vor allem im öffentlichen Dienst ein „Weg mit dem Senioritätsprinzip“ brauchen. Das wird jetzt schon durch eine EU-Richtlinie bestätigt, und Österreich muss dem Gott sei Dank Rechnung tragen.

Es hat auch damit zu tun, wie gerecht öffentliche Förderungen sind. Hat es seine Berechtigung, dass Ältere für die Nutzung des öffentlichen Verkehrs weniger zahlen als


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Junge? Genau das Gleiche gilt bei Museumseintritten. Das sind schon Diskussionen, die man zu führen hat.

Was ist mit der familieninternen Generationensolidarität? Was geschieht, wenn die Großeltern und Eltern als Babysitter und familieninterne Häuselbauer ausfallen? Das sind alles Dinge, die man diskutieren muss, bis hin zu Fragen der gegenseitigen Wert­schätzung und des gegenseitigen Respekts.

Es wurde angesprochen, dass zwar die Jugendwertestudie den Kinderwunsch bestä­tigt, es aber in der Umsetzung Mängel gibt. Es gibt natürlich auch Gegebenheiten, war­um das so ist. Erstens gibt es in Österreich Gott sei Dank eine hohe Erwerbstätigkeit der Frauen, die im europäischen Feld gesehen wirklich an der Spitze liegt. Das führt dazu, dass es mittlerweile mehr weibliche Akademikerinnen und Schulabsolventinnen gibt, die natürlich ihren Beruf auch ausüben wollen. Das merkt dann der Vater und der Großvater, die dem Mädchen eine teure Ausbildung finanziert haben. Man ist dann schnell einmal 30, und dann gehen sich eben nicht mehr die zehn Kinder aus, sondern vielleicht doch nur noch der Schnitt von 1,3. (Abg. Öllinger: Was sind 1,3 Kinder?) Trotzdem ist das Humankapital das Wichtigste, was wir in Österreich schützen müssen. (Abg. Öllinger: Reden Sie doch lieber von Menschen, die sind wichtiger!) Dazu gehört auch der Bereich Bildung, der Bereich Nachmittagsbetreuung, um Familie und Beruf tatsächlich gut vereinbaren zu können.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Silvia Fuhrmann, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedarfserhebung hinsichtlich freiwil­liger Nachmittagsbetreuung für Schüler

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Nationalrat begrüßt die Ankündigung der Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur, bis zum Jahr 2006 das freiwillige Nachmittagsangebot für Schüler um 10 000 Betreuungsplätze zu erweitern, und ersucht sie, möglichst rasch eine öster­reichweite Bedarfserhebung für schulische Nachmittagsbetreuung durchzuführen.

Dadurch soll ein Nachmittagsangebot nach Maß – flexibel, regional angepasst und den Bedürfnissen der Eltern entsprechend – sichergestellt werden.“

*****

Ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen.

Auf der Rednerliste habe ich gesehen, dass nach mir Kollegin Heinisch-Hosek spricht, das heißt, ich warte schon wieder auf ein paar nette Untergriffe und bin gespannt, was Sie sich ausgedacht haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

16.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Fuhrmann verlesene Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Silvia Fuhrmann, Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen ist hinreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

 


Nächste Rednerin ist die bereits angekündigte Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Wunschredezeit 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.


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16.48

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen Ministerinnen auf der Regierungsbank! In aller Freundschaft, Kollegin Fuhrmann, ich war nie untergriffig. (Abg. Dr. Cap: Genau! – Widerspruch bei der ÖVP.) Der letzte auf mich abzielende Satz Ihrer letzten Wortmeldung – schauen wir uns das Protokoll an, und reden wir dann darüber bei einem Kaffee! – war, so meine ich, untergriffig!

Trotzdem möchte ich Sie, Frau Kollegin Fuhrmann, am Beginn meiner Wortmeldung daran erinnern, dass Sie schon auch allen Gesetzen zugestimmt haben, doch jetzt stellen Sie sich hier heraus und sagen: Wir brauchen eine Harmonisierung, wir brauchen einen Solidarbeitrag! Wir müssen ja schließlich zur Kenntnis nehmen, dass wir Jungen in eine dritte Säule einzuzahlen haben. Sie haben dem allem doch zuge­stimmt! Ich weiß nicht, ob Sie ab und zu auch mit Lehrlingen sprechen. Mit 350 € Lehr­lingsentschädigung pro Monat im ersten Lehrjahr ist es schon ziemlich schwierig, noch in eine private Vorsorge einzuzahlen, wenn man überhaupt eine Lehrstelle hat. Genau das ist meiner Meinung nach auch mit Thema dieses Dringlichen Antrags an Frau Bundesministerin Gehrer, denn wann, Frau Kollegin Fuhrmann, wenn nicht jetzt im Herbst – Kollegin Brinek hat das so ein bisschen heruntergemacht –, nach Schul­beginn, wenn es einfach große Gruppen am stärksten trifft, dass eigentlich wenig passiert ist, sollen wir denn über Themen wie Bildung und Ausbildung sprechen. (Abg. Mag. Molterer: Das ist gut! Wann, wenn nicht jetzt, wer, wenn nicht er?)

Schon die PISA-Studie, meine Damen und Herren, hat uns nicht das allerbeste Zeug­nis ausgestellt. Mittelmäßig waren wir. Kein Wort der Selbstkritik kam von der Bundes­regierung. Es wurde nicht gesagt: Wir wollen eigentlich noch besser werden! Satt und zufrieden war die Bundesregierung. Wir waren das nie!

Doch was ist passiert? – Stundenkürzungen, welche die Schülerinnen und Schüler eigentlich gar nicht wollen, wenn sie sich umhören, Kollege Amon. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sicher, reden Sie mit den Schülerinnen und Schülern! Das geht nämlich auf Kosten des Lehrplans, das ist wohl klar. Es war eine Kürzung der Zahl von Lehrer­dienstposten damit verbunden, und das war der wahre Hintergrund.

Jetzt haben wir wieder eine Studie auf dem Tisch, die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“, und da kommt eigentlich schon sehr deutlich heraus, dass gerade die jungen Menschen bei uns sehr vernachlässigt werden. Da sind wir plötzlich die Drittschlech­testen, was das anbelangt, bei jungen Männern, Kollege Amon – bei den Mädels ist es ein bisschen besser –, die sich weder in einer Schule noch an einem Arbeitsplatz befin­den. Hier ist meiner Ansicht nach dringender Handlungsbedarf gegeben.

Obwohl sich der Dringliche Antrag heute an die Frau Bundesministerin richtet, sollte man meiner Meinung nach den Herrn Bundesminister Bartenstein als Arbeitsminister auch mit in die Verantwortung hereinnehmen, denn schließlich sind es die Zukunfts­ministerin und der Arbeitsminister, die zu verantworten haben, dass letztes Jahr unge­fähr 6 000 junge Leute das Schicksal getroffen hat, keinen Platz in einer berufsbilden­den mittleren oder höheren Schule bekommen zu haben, und dass tausende junge Menschen – 15 000 ungefähr sind es jetzt gerade – keine Lehrstelle haben. Sie befinden sich in Schulungen, die irgendwann einmal zu Ende sein werden, und sie werden dann in den Arbeitsmarkt zurückdrängen. Es gibt viele junge Menschen, die unter Bedingungen – das ist heute schon angesprochen worden –, die unter jeder Kritik sind, an den Unis zu arbeiten haben.

Es ist kein Euro zur Verbesserung dieser Situation aus dem Budget gekommen, meine Damen und Herren, gerade was die jungen Arbeitsuchenden betrifft. Die Rücklagen vom Arbeitsmarktservice mussten dafür herhalten. Ich frage mich nun – Kollege


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Broukal hat das heute schon angesprochen –: Wie kommt man mit dem historisch gesehen höchsten Schuldenstand, den Bundesminister Grasser zu verantworten hat, dazu, da überhaupt kein Geld lockermachen zu können, sage ich in der Sprache der Jugend, für die, die es jetzt wirklich brauchen. Wir kennen den Grund ohnehin: Im nächsten Jahr werden 400 Millionen € für Unternehmen lockergemacht; das ist auch bereits ausgeführt worden.

Es gibt überhaupt kein Einlösen auch nur irgendeines der Versprechen des Herrn Arbeitsministers, der da gemeint hat: Jeder Jugendliche, der keine Lehrstelle bekommt, sollte zumindest einen Lehrgangsplatz erhalten! Davon gibt es viel zu wenige. Auch heute Vormittag, Herr Bundeskanzler – weil Sie jetzt gerade die beiden Ministerinnen auf der Regierungsbank unterstützen, spreche ich das an –, von Ihnen kein Wort in Richtung Lösungsvorschläge in Bezug darauf, wie wir die Situation von jungen Men­schen auf dem Lehrlingsmarkt verbessern könnten, auch keine Lösungsvorschläge des Herrn Vizekanzlers Haupt.

Doch was haben wir bekommen? – Eine Ablenkungsdebatte, die eine Wertedebatte geworden ist, die bisher einzigartig einseitig geführt worden ist. Ich denke, wir sollten diese Debatte führen. Auf der Werteskala der jungen Leute steht an erster Stelle eine gute Ausbildung, an zweiter Stelle ein guter Arbeitsplatz und an dritter Stelle natürlich eine Familiengründung. Wenn die ersten beiden Voraussetzungen erfüllt sind, dann kann man nämlich auch an das Nächste herangehen, aber wenn man keine Bedingun­gen vorfindet, dann wird man sich sehr gut überlegen, ob man in Zeiten wie diesen Kinder in die Welt setzt.

Was können wir gemeinsam dagegen tun? – Ich möchte sehr versöhnlich enden. – Ich denke, wir sollten gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir die Situation in den Schu­len verbessern, dass wir die Situation für Studierende in diesem Land verbessern, dass wir die Situation für die Kleinsten und die Familien verbessern, indem wir Kinderbetreu­ungseinrichtungen schaffen.

Herr Bundeskanzler! Eine Einladung an die Länder ist zu wenig. Die Länder und Ge­meinden – diese darf ich nicht vergessen – sind mehr als ausgehungert und werden das in Zukunft nicht leisten können, was Sie sich vorstellen. Der Bund ist jetzt gefor­dert! (Beifall bei der SPÖ.)

16.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Klubobmann Cap! (Abgeordnete der SPÖ umrin­gen die Bank des Abg. Dr. Cap.) Wir haben genau auf das, was jetzt hier geschieht, in der Präsidiale Bezug genommen und gesagt, dass wir das in Zukunft nicht mehr tun werden.

Nächste Rednerin ist Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer. – Bitte.

 


16.54

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Beitrag des Herrn Abgeordneten Broukal möchte ich fest­halten: In der „Kleinen Zeitung“ vom 16. November 2002 aus Kärnten war Folgendes zu lesen:

„Zusätzliches Geld für die Unis soll es auch unter einem Minister Broukal nicht geben. Einsparen und Umschichten sind seine Rezepte. ,Es gibt dort so viel Bürokratie und administrative Hemmnisse, die Geld kosten, das anderswo viel dringender benötigt wird‘, so Broukal. Die Erfahrung aus seiner Zeit beim ORF zeigt, dass sich ,in vielen Bereichen zehn Prozent einsparen lassen, ohne dass irgendjemand etwas davon be­merkt‘.“


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Man möge sich vorstellen, was diese Aussage für die Universitäten bedeutet hätte, wenn das bei einem Gesamtbudget von 1,5 Milliarden € für die Universitäten umge­setzt worden wäre! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Nicht zum tausendsten Mal! Ich habe damals die Lage der Universitäten, in die Sie sie be­reits gebracht haben, unterschätzt!)

Die österreichische Bundesregierung sorgt dafür, dass die Universitäten heuer ein Budget haben, mit dem sie – auch nach Aussage der Rektoren – die Lehre, die For­schung und die Betriebskosten gut bedecken können. Größere Investitionen müssen auf den Beginn des Jahres 2004 verschoben werden. Im Jahr 2004 stehen den Univer­sitäten insgesamt 200 Millionen € mehr zur Verfügung.

Die Universitäten haben in den vergangenen Jahren 57 Millionen € für zusätzliche Infrastruktur für Forschung erhalten, die Universitäten haben über 100 Millionen € für die Verbesserung der Studienbedingungen erhalten. Wir werden nicht zum alten Gieß­kannensystem zurückkehren. Die Universitäten sind aufgefordert, Schwerpunkte zu setzen, gute Forschungsanträge einzubringen und somit auch von den erhöhten For­schungsförderungen zu profitieren.

Herr Kollege Grünewald, ich nehme immer sehr ernst, was Sie sagen, Sie sind ein In­sider der Universität, und ich unterhalte mich mit Ihnen dann auch gerne über die Vor­gänge bei der Bestellung des Rektors. Mir ist es auch nicht recht, wie diese Sachen vor sich gehen, allerdings mische ich mich absolut nicht ein. (Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Lichtenberger.) Ich denke auch und bin mir sicher, dass das Universitätskurato­rium einen Weg finden wird. Wenn wir im Ministerium aber ständig nach irgendwelchen rechtlichen Auskünften gefragt werden, dann bemüht man sich eben so gut wie möglich, diese rechtliche Auskunft zu erteilen.

Ich sage Ihnen aber auch ganz klar: Wir haben die bis zu 15 Millionen € bereits mit dem Finanzminister paktiert, die Universitäten werden sie erhalten – aber auch nicht nach dem Gießkannensystem, sondern nach den Notwendigkeiten, danach, welche Kosten für die Implementierung anfallen. Die medizinischen Universitäten werden mehr erhalten, weil sie einfach mehr Kosten durch die Implementierung haben. Das werden wir mit Fachleuten sehr genau feststellen, und ich bin sehr dankbar für Ihre Hilfe in diesem Bereich.

Von mehreren Vorrednern, etwa von Frau Kuntzl, wurde gesagt: Wie schaut es denn in unserer Welt aus? Es schaut ach so traurig für die Jugend aus! Von Herrn Brosz wurde gefragt: Wie schaut es denn aus, was die Lebenssituation junger Menschen betrifft? – Ich möchte dazu einen Spruch bringen, der mir sehr gut gefällt: Wer immer den Kopf hängen lässt, der sieht nicht viel!

Wer immer den Kopf hängen lässt, der sieht auch nicht, welche Weiterentwicklungen es gibt und in welchem schönen Land wir leben. Schauen Sie sich doch einmal an, wie die Bedingungen in Österreich wirklich sind! Wir sind beim Umweltschutz Nummer eins. (Abg. Öllinger: Schon lange nicht mehr!) Wir liegen bei der Lebensqualität an der Spitze. Wir haben nur ein Prozent Inflation. Das ist vorbildlich in ganz Europa! Wir haben mit 4,5 Prozent die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit, das heißt die zweitbeste Beschäftigung in Europa.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit 7,1 Prozent eine der niedrigsten. Ich sage Ihnen aber: Jeder einzelne Jugendarbeitslose ist uns einer zu viel. (Abg. Öllinger: Ja, ja!) Deshalb werden wir mit dem Aufwärtstrend, der sich für die nächsten Jahre abzeich­net, auch für diese jungen Menschen gute Bedingungen schaffen. In Ihrem Lieblings­land Finnland, das anscheinend immer für alles Positive herhalten muss, gibt es 21 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Früher war das Schweden!) Ich denke daher, dass unser Bildungssystem besser ist als das Bildungssystem in


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Finnland und den jungen Menschen bessere Chancen gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Die Abgeordneten Öllinger und Brosz: Peinlich, peinlich!)

Ich meine, dass wir in Österreich gute Bedingungen haben, aber es gibt einen sehr schönen Spruch, der heißt: Wer aufhört, besser zu werden, der ist auch nicht mehr gut! Genau das ist mein Bestreben: in allen Bereichen noch besser zu werden, damit wir die guten Positionen, die wir in Europa haben, damit wir die guten Positionen, die wir in der Welt haben, weiter festigen, für die Jugend und für die besten Bedingungen für unsere Jugend. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Öster­reich, das Vorbild für die ganze Welt!)

16.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Frau Abgeordnete Rosenkranz an das Rednerpult. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


16.59

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanz­ler! Meine sehr verehrten Damen auf der Regierungsbank! Frau Gehrer! Sie müssen sich nicht grämen. Wenn sich die Aufregung wieder gelegt hat und die Polemiken, mit denen Sie – ich sage es doch – verfolgt werden, vorbei sind, wird übrig bleiben, dass Sie eine Debatte angeregt haben, die auf Grund ihrer elementaren Bedeutung für die­ses Land und durch die aktuelle Dringlichkeit höchst notwendig ist.

Auf Grund des heute Gehörten kann man erkennen, dass immer noch ein großer Auf­klärungsbedarf über demographische Zusammenhänge und auch über den gesell­schaftlichen Stellenwert dieser Zusammenhänge besteht. Das sieht man an oft wieder­holten Bemerkungen wie jener, dass die Entscheidung für Kinder privat sei. – No na, selbstverständlich ist diese Entscheidung privat! Die gesellschaftspolitischen Folgen für einen Sozialstaat sind jedoch enorm. Das ist genau der Punkt, weshalb wir diese Frage nicht vernachlässigen dürfen, und ich bin erstaunt, dass man sich darüber wundern kann, wenn jemand sagt, dass in den Kindern die Zukunft unseres Landes liegt. (Abg. Dr. Glawischnig: Also doch nicht privat! – Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Zusammenhänge eines Sozialstaates liegen ja auf der Hand: Er beruht auf dem Umlageverfahren. Das heißt, für den Generationenvertrag als gesellschaftliche Verein­barung, dass die jeweils erwerbstätige Generation jene, die nicht mehr oder noch nicht erwerbstätig sind, erhalten muss, ist wesentlich, dass die demographischen Verhält­nisse stimmen. Andernfalls kommt dieser Generationenvertrag ins Trudeln. – So ein­fach ist das, und da stehen wir jetzt. (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist viel komplizierter! Das ist die spannende Frage: Auf welcher Basis wird das Sozialsystem finanziert?)

Es ist ein unbestrittener, banaler Grundsatz jeder Volkswirtschaft, dass jeder Sozialauf­wand dem jeweils laufenden Volkseinkommen zu entnehmen ist. Gerade wenn ich – ich hoffe, das steht außer Streit – am Aufrechterhalten des Sozialstaates interessiert bin, dann hätte ich schon seit Jahrzehnten mit Argusaugen die demographische Ent­wicklung verfolgen müssen. Das ist klar, denn sonst kommt das, was ich verteidigen will, ins Trudeln.

Das hat nicht nur Folgen für unser Pensionssystem, sondern das hat natürlich auch massive Folgen für den Arbeitsmarkt. Diese Debatte ist auch deswegen wichtig, weil einige Vorurteile und irrige Meinungen aufgeklärt werden können. Zum Beispiel könnte man ja der Meinung sein, dass immerhin eine erfreuliche Folge des Geburtenrück­gangs eine Verminderung der Arbeitslosigkeit ist. Diese Annahme ist aber – das lässt sich mittlerweile auch ganz gut nachweisen und zeigen – irrig, denn sie beruht auf einer zu mechanischen Sichtweise des Wirtschaftsgeschehens.


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Durch den Rückgang an Menschen werden nämlich nicht nur Arbeitnehmer, sondern vor allem auch Arbeitgeber aus dem Arbeitsprozess genommen – und jene noch viel mehr! Das durchschnittliche Alter eines Unternehmensgründers beträgt 35 Jahre. Genau in diesen Altersgruppen wird es aber Verluste geben. Das heißt, wir verlieren mehr Arbeitsplatzgründer als Arbeitskräfte. Seriöse Wirtschaftswissenschaftler rechnen uns vor, dass wir auf Grund des Geburtenrückgangs jetzt einmal mit einer weiteren Steigerung der Arbeitslosigkeit zu rechnen haben. Allein dass das auch gesagt werden kann, ist schon ein gutes Ergebnis dieser Debatte.

Wie kam es nun zu dieser Geburtenentwicklung? Natürlich hat ein Wertewandel statt­gefunden, und insofern ist diese Wertedebatte auch sehr gut und vernünftig. Dieser Wertewandel hat aber natürlich auch ökonomische Ursachen. – Da gebe ich dem alten Marx schon Recht: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. In früheren Zeiten, vor Einfüh­rung der sozialstaatlichen Sicherungen, war klar – und ist es auch heute in der gesam­ten Dritten Welt –: Wenn ich keine Kinder und keinen Anschluss an Familienstrukturen habe, dann bin ich im Alter nicht nur einsam, sondern auch elend.

Dies hat sich bei uns vollkommen umgekehrt, denn das Sozialsystem hat diesen Zusammenhang entkoppelt, wenn er auch im Gesamten natürlich noch besteht: wenig Kinder, wenig Beitragszahler, Schwierigkeiten im Pensionssystem. Für den Einzelnen hat es diesen Zusammenhang aber geradezu umgekehrt: Man lebt im Alter und in der Pension besser, wenn man auf Kinder verzichtet. – Die Pensionszahlungen an Mütter zeigen es, die sinken mit jedem Kind. Man lebt auch während der aktiven Zeit besser, wenn man auf Kinder verzichtet. Das zeigt zum Beispiel die letzte Wifo-Studie: Trans­ferleistungen schon eingerechnet, sind die Kinderkosten trotzdem enorm. Der Sozial­staat sendet also ganz eindeutig einen ökonomischen Anreiz aus, auf Kinder zu ver­zichten. Diese Regierung hat viel gemacht, um Familien besser zu stellen. Es wird aber noch vieles getan werden müssen, denn es reicht noch nicht aus.

Zum Thema Zuwanderung: Manche glauben, damit ließen sich die Geburtenausfälle kompensieren. Gerade bei diesem Thema ist es sehr wichtig, dass man ohne die Schranken der politischen Korrektheit diskutiert, denn sonst müsste man mit einem beschränkten Denken vorlieb nehmen. Genau hier sollte einem das nicht passieren.

Zum Argument der Aufrechterhaltung des Sozialstaates: Es gibt eine Reihe von seriö­sen Studien in jüngster Zeit, die belegen, dass alles in allem die Belastungen für die Sozialsicherungssysteme durch Zuwanderung größer sind, als Input hineingebracht wird. Das heißt, der Saldo ist negativ, es sei denn – und das wird ja niemand wirklich wollen, obwohl die Wissenschaft für grausliche Sachen saubere Ausdrücke hat –, man bekennt sich zum Prinzip der „verminderten Integration“, das heißt, man enthält den Zuwanderern sozialstaatliche Förderungen vor.

Zum Thema Arbeitsmarkt: Ich habe versucht, auszuführen, dass wir mit einer Erhö­hung der Arbeitslosigkeit zu rechnen haben, es sei denn, wir schaffen es, punktgenau jene 35-jährigen Unternehmensgründer zu holen, die wir brauchen. Aber woher sollten sie kommen? Alle entwickelten Staaten haben dieselben Probleme wie wir. Das wäre blanker demographischer Kolonialismus: Wir ziehen die Leistungsträger aus jenen Ländern ab, wo sie gebraucht werden.

Zum Thema, wie hoch diese Zuwanderung sein müsste, kommt noch Folgendes hinzu: Wir müssen wollen, dass sich diese Leute nicht integrieren. Wir müssen darauf Wert legen, dass sie dem Prinzip der Integration nicht folgen, denn tun sie das, werden sie in Kürze unsere gesellschaftlichen Normen übernehmen und dieselben Geburtenraten haben.

Die Vereinten Nationen haben im Jahr 2001 errechnet, wie hoch die Zuwanderung sein müsste, wenn die Integration vollzogen ist, damit der Altersquotient in Deutschland so


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bleibt: Bis zum Jahr 2050 müssten nach Deutschland 199 Millionen Leute zuwandern. Das ist absolut absurd und nicht ernst zu nehmen.

Wie man es also auch dreht und wendet: Wenn die Geburtenrate so bleibt, wie sie ist, bleibt kein Stein auf dem anderen – nicht wirtschaftlich, nicht sozial und nicht politisch. Wenn wir doch wollen, dass dieses Land so, wie wir es kennen und lieben, eine Zu­kunft hat, so werden wir uns zu eigenen Kindern entschließen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Turko­vic-Wendl. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.07

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, dass ich als Seniorensprecherin der ÖVP einen Schritt von Generation zu Generation wage oder auch meine Beobachtungen beschreibe.

Als in den Sommermonaten die Schlagzeile „Krieg der Generationen“ aufgeblitzt ist, da habe ich mir gedacht: Fein, jetzt haben vielleicht die einen oder anderen Freude, dass bei uns in Österreich so ein richtiges Hickhack losgeht. – Ich kann Sie beruhigen und bin auch selbst sehr beruhigt, dass das nicht stattgefunden hat – im Gegensatz zu Deutschland, wo dieser Konflikt sehr viel stärker aufgeflammt ist und beinahe eskaliert wäre. Bei uns hat es zu einem Dialog der Generationen geführt, und das freut mich ganz besonders.

Die Wertediskussion, die in den letzten Wochen geführt wurde, hat die Standorte und Standpunkte der Generationen wieder genau beleuchtet. Was deutlich wurde, ist, dass wir natürlich ganz andere Lebensperspektiven vor uns haben, aber à la longue einan­der ungeheuer brauchen – und zwar als Menschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich einmal ein ganz persönliches Wort dazu sagen: Ich habe keine Kinder und brauche die Gesellschaft, den Kontakt, die Atmosphäre von jungen Menschen. Daher freue ich mich, wenn ich auch hier im Parlament diese Anliegen, die Sorgen, die Freuden und auch die Triumphe, die es bei der jungen Generation gibt, mitverfolgen kann.

Es liegt noch sehr viel vor ihnen, und es ist sehr schön für einen älteren Menschen, zu wissen, da kann viel geschehen. Heute wurde gesagt, dass sich junge Menschen frü­her aussuchen konnten, welche Chancen sie ergreifen, dass sie heute aber nur mehr zwischen Übeln wählen könnten. Ich hoffe wirklich, dass das nicht durch die Arbeit der heute älteren Generationen zu Stande gekommen ist, denn das wäre für die Arbeit meiner Generation wirklich kein gutes Zeugnis. Ich finde, dass es auch heute enorme, wenn auch andere Chancen gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte ein kleines Beispiel bringen, warum ich als Seniorin immer wieder denke, wir müssen auf die Jungen schauen: Ich war eine junge Eisläuferin, und alles war knapp: Material und Geld. Ich brauchte ein Startkleid, aber meine Eltern hatten nicht genug Geld für das ganze Kleid. Es waren Senioren, die den rechten und den linken Ärmel spendiert haben. Es war aber nicht nur die finanzielle Unterstützung, die mich als junge Läuferin so gefreut hat, sondern dass diese – in meinen Augen – Alten an mich und an die Leistung, die ich bringen werde, geglaubt haben.

Diesen Glauben an die junge Generation sollten wir meiner Meinung nach auch signali­sieren. Manchmal wird mir das Gefühl zu vermitteln versucht, es sei ein schlechtes


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Land, in dem wir leben. Wenn wir uns aber im Ausland und in anderen Bereichen um­schauen, dann kann man das wirklich nicht sagen, und es ist frivol, so über uns zu denken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein Punkt in der Diskussion über die Senioren, die ja schon – das spricht man in den Familien gar nicht mehr aus – immer dazu beigetragen haben, dass die jungen Men­schen unterstützt werden, sind die finanziellen Hilfen, die täglich oder vielleicht einmal jährlich gegeben wird. Es ist aber auch die Arbeit, die Großeltern und auch andere Familienangehörige älteren Jahrgangs leisten. Die 60- bis 85-Jährigen in den Familien bringen in der Betreuung von Jung und Alt und in ehrenamtlichen Funktionen, wenn man es auf den Stundenlohn umlegt, 21 Prozent der Altersvorsorge auf.

Dass wir keinen Solidarbeitrag gegeben hätten, stimmt auch nicht. Seit 2000 hat sich die Pensionsanpassung substantiell verändert. Seit dem 1. Jänner 2001 leisten Pen­sionisten mit höheren Pensionen einen Beitrag im Interesse der jungen zur Sicherung des umlagefinanzierten Pensionssystems. Dieser Beitrag erreicht im Jahr 2004 10,2 Prozent, das sind pro Jahr 1,5 Milliarden €.

Daher: Pensionistensteuer – nein, beschlossene Solidarbeiträge – ja. Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie auch weiterhin um eine Wertediskussion und um Zuwendung: zu unserer jungen Generation, aber auch zu den Pensionisten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.12

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.12

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Liebe Vorrednerin! Ich werde mich trotz Ihrer Ausführungen zu den Pen­sionistinnen und Pensionisten doch wieder der Jugend und den Anforderungen des heutigen Dringlichen Antrags zuwenden. Ich möchte auch gerne auf die Frau Ministerin eingehen, die heute ihre Rede mit den Worten eingeleitet hat, sie verstehe unsere Sehnsucht nicht, die Bildung in allen Bereichen als schlecht darzustellen.

Frau Bundesministerin! Dem muss ich heftig widersprechen. Es ist eine Notwendigkeit, aufzuzeigen, dass Ihre Arbeit und Ihr Durchsetzungsvermögen gegenüber dem Finanz­minister in der letzten Zeit, in der unmittelbaren Vergangenheit, schlecht war und dass nicht unsere Bildung schlecht ist. Ich bedaure es trotzdem sehr, vor allem, dass die Einsparungen, die Sie ausgelöst und eingeleitet haben, unser Schulsystem und unsere Kinder so massiv getroffen haben. Dass trotz all dieser Einsparungen und Verschlech­terungen das enorme Engagement der LehrerInnen noch immer da ist, dazu kann man nur ein herzliches Dankeschön sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Schule muss sich ganz deutlich weiterentwickeln, und ich freue mich sehr über die momentan stattfindende Diskussion in Richtung Ganztagsschule. Es ist eine langjäh­rige, ganz massive Forderung der Sozialdemokratie, gerade in diesem Bereich einen weiteren Ausbau zu schaffen, nicht nur in Wien, wo zwei Drittel aller nötigen Ganztags­schulplätze bereits vorhanden sind, sondern in ganz Österreich, um den jungen Leuten genau diese Chance zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sprechen von Chancen und vom Ermöglichen dieser Chancen. – Dann tun Sie es auch, Frau Bundesministerin! Ermöglichen Sie flächendeckend die Wahlfreiheit, von der Sie sprechen – die Wahlfreiheit, auch am flachen Land eine Ganztagsschule be­suchen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich auch für viele Stimmen, vor allem auch der steirischen ÖVP, aber auch für Stimmen in der Wirtschaft, die hier mit uns offensichtlich eines Sinnes sind.


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Ich bedanke mich auch für diese sehr pragmatisch geführte Diskussion, denn viele Eltern wissen, warum sie Ganztagsschulen wollen: weil ihre Kinder den ganzen Tag gut aufgehoben sind und pädagogisch optimal betreut werden, weil es dort ein warmes Mittagessen gibt, weil die Kinder ohne Schultasche nach Hause kommen und dann das Familienleben am Abend eine völlig neue, viel bessere Dimension erhält und weil unter anderem dann auch keine Nachhilfe mehr notwendig ist, weil Lehrerinnen und Lehrer am Nachmittag für die Kinder zur Verfügung stehen und gemeinsam Übung und Förde­rung betreiben. – Deshalb wollen Eltern die Ganztagsschule, und wir wollen sie dabei unterstützen.

Aber auch Schüler wollen die Ganztagsschule, denn sie wechseln hier Lern- und Frei­zeitaktivitäten in einem Maße, das weniger Stress bedeutet und mehr Entspannung bringt. Die Lehrer helfen ihnen in Übungsphasen, was zu einer wesentlichen Verbesse­rung des Lernklimas beiträgt, und sie haben ihre Freunde den ganzen Tag, was eben­falls eine wertvolle soziale Komponente darstellt.

Auch Lehrer wollen die Ganztagsschule, denn der soziale Kontakt zu Schülerinnen und Schülern den ganzen Tag eröffnet eine neue Dimension des gemeinsamen Arbeitens. Die Infrastruktur ist für Lehrer in Ganztagsschulen vorteilhafter: Sie haben einen besse­ren Arbeitsplatz, und moderne Pädagogik, offenes Lernen, gemeinsames Erarbeiten des Stoffes, all das wird möglich.

Frau Bundesministerin! Die wohlhabenden Eltern haben es immer schon gewusst: Sie haben ihre Kinder schon immer in ganztägig geführte Privatschulen gegeben. Schaffen wir hier Chancengleichheit, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

17.16

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rada. Die rest­liche Redezeit der sozialdemokratischen Fraktion beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


17.16

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es wäre natürlich viel mehr Zeit nötig, um all diese Themen, die heute sehr interessant diskutiert wurden, auch noch näher behandeln zu können.

Frau Bundesministerin! Sie haben grundsätzlich gesagt, unser Schulsystem ist ein gutes. Ich behaupte, es ist noch ein gutes. Der Befund über ganztätige Schulformen ist, ohne die jetzt näher werten zu wollen, äußerst dürftig. In Niederösterreich sieht die Situation, ohne jetzt das Land-Stadt-Gefälle mit zu berücksichtigen, so aus: Es gibt etwa 150 ganztägige Betreuungsgruppen. – Bei knapp 90 000 Pflichtschülerinnen und Pflichtschülern ist das äußerst dürftig und zu wenig.

Frau Abgeordnete Schasching hat ja das pädagogische Konzept erörtert und ganz genau erklärt, warum diese ganztägigen Schulformen – und hier im Besonderen die Ganztagsschule – pädagogisch besser sind. Wenn wir noch die Lernpsychologie mit hineinnehmen und bedenken, wie lange Kinder – und Menschen im Allgemeinen – auf­nahmefähig sind, wenn wir den Biorhythmus mit dazunehmen, dann kann man keine herkömmliche, traditionelle Schulform von 8 Uhr bis 13 oder 14 Uhr mehr befürworten, sondern dann gibt es nur eine einzige Konsequenz, und das ist die ganztägige Schul­form, wo Unterricht und Freizeit abgewechselt werden und wo sich die Kinder wohl fühlen.

Wir wissen gerade aus diesen Studien, dass die Kinder zwischen 8 Uhr und 11 Uhr bis zu 52 Prozent aufnahmefähig sind, von 15 Uhr bis 18 Uhr bis zu 40 Prozent und da­zwischen fast gar nicht. Genau in dieser Zeit findet aber derzeit der traditionelle Unterricht statt.


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Sie haben auch gesagt, die fünf Stunden, die für diese ganztägigen Schulformen bis jetzt zur Verfügung gestellt werden, seien ausreichend. Das ist mit absoluter Sicherheit nicht der Fall. Die Einzigen, die bezahlen müssen, sind die Gemeinden. Es gibt aber viele Gemeinden, die sich das nicht leisten können.

Man kann dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Amon und Rossmann, den sie eingebracht haben, um das zu untermauern, was die Frau Bundesministerin vorge­geben hat, zustimmen. Es ist zwar viel zu wenig, aber es ist ein erster Schritt in eine richtige Richtung, denn bis jetzt waren ja für die Regierungskoalitionen ganztägige Schulformen so etwas wie – sehr salopp formuliert – in anderen Bereichen das Weih­wasser für den Ungnädigen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Restliche Redezeit der Österreichischen Volkspartei: 1 Minute. – Bitte.

 


17.19

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Ministerin­nen! Hohes Haus! Zwei Richtigstellungen und ein gemeinsamer Antrag: Reinigungs- und Ausstattungsverhältnisse an den Universitäten waren bisher nicht wesentlich anders als in diesem Sommer. – Das möchte ich zur Richtigstellung sagen. Die Rück­vergütung der Reinigungsfirma für die Uni Wien – 400 000 S – fließt nach Aussagen des Rektors in die Bibliotheken, und die Nettostudienbeitragserlöse von 30 bis 40 Mil­lionen bleiben auch den Universitäten.

Ich freue mich daher, dass ich einen gemeinsamen Vier-Parteien-Entschließungsan­trag einbringen kann, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Brinek, Rossmann, Broukal, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bedeckung der Implementierungskosten des Universitätsgeset­zes 2002, eingebracht bei der Debatte über den Dringlichen Antrag 211/A (E)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat begrüßt, dass die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur den Universitäten 15 Millionen € in Aussicht gestellt hat, um die Kosten für die Umsetzung des Universitätsgesetzes 2002 zu finanzieren, und ersucht sie, diesen Betrag zur Bedeckung der Implementierungskosten für das Jahr 2003 möglichst bald zur Verfügung zu stellen.

*****

Ich hoffe auf weitere gedeihliche Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Dieser Antrag ist – soweit ich erkennen kann – genü­gend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Im Zusammenhang damit ist ein ähnlich lautender Antrag der Abgeordneten Dr. Grü­newald, Broukal betreffend 15 Millionen € für die Universitäten zurückgezogen wor­den, weil nunmehr ein Vier-Parteien-Antrag an Stelle des Zwei-Parteien-Antrages vor­liegt.


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Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Restliche Redezeit der Grünen: 3 Minuten. Dann wird es voraussichtlich die Abstimmungen geben. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


17.21

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin Gehrer! Ganz besonders begrüße ich Frau Ministerin Rauch-Kallat, die sich bei dieser so genannten Wertedebatte bislang merkwürdig verschwiegen hat, obwohl es im Wesentlichen eine Debatte darüber war, welche Werte Frauen in der heutigen Zeit verfolgen sollen.

Überhaupt ist das eine Wertedebatte, die recht eigenartig entstanden ist. Frau Minis­terin Gehrer ist eigentlich ein Ausrutscher passiert – nehme ich einmal an – mit ihrem viel gerühmten Zitat über die Party-Generation, die keine Kinder mehr bekommen will. Eilends hat man in einer verzweifelten Aktion versucht, das zu einer Wertedebatte hochzustilisieren, in deren Rahmen der Kanzler höchstpersönlich in einem „Standard“-Interview den Eltern – vor allem hat er die Mütter gemeint, wenn man sich die Praxis anschaut – auch noch Verzicht nahe gelegt hat. Mit diesem Freibrief einer ausgerufe­nen Wertedebatte hastet man jetzt von Unsäglichkeit zu Unsäglichkeit – zuletzt auch wiederholt in der „Pressestunde“.

Frau Ministerin Gehrer! Es kann ja wohl nicht ernsthaft Ihre Meinung sein, dass aus­schließlich Kinder einem Leben von Menschen Sinn geben können (Abg. Dr. Khol: Das hat sie nicht gesagt!), denn da würden Sie sehr viele Menschen sofort vor den Kopf stoßen und ihnen jeglichen Sinn des Lebens absprechen. (Beifall bei den Grü­nen. – Ruf bei der ÖVP: Sie reden einen Unsinn!)

Ich rede aber gerne über Werte. Vielleicht noch eine Anmerkung an Frau Kollegin Fuhrmann gerichtet: Unter Wertedebatte stelle ich mir nicht eine Diskussion über den Preis eines Eintrittstickets für Pensionisten oder für Jugendliche für ein Museum vor. Betreffend Werte stelle ich mir zum Beispiel die Frage: Möchte ich an der Spitze eines Bildungsressorts, eines Kultur- und Wissenschaftsressorts jemanden haben, der eine Wertehaltung vertritt, mit der man Kritik abwürgt, jemanden, der mit der Patriotismus­keule kommt? Wer kritisiert, dem wird gesagt: Das ist doch nicht erlaubt, wir sind stolz auf unser schönes Land! – Und morgen erklärt man mir vielleicht noch, gleich vor der Tür ist ein Meeresstrand, weil man es so beschlossen hat. Angesichts der Debatte, wie sie geführt wird, wird das auch niemanden mehr überraschen. (Beifall bei den Grünen.)

Wollen wir eine strenge Zuchtmeisterin an der Spitze des Zukunftsressorts Bildung, Wissenschaft und Kultur, oder wollen wir jemanden, der Offenheit, Kritikfähigkeit, Gleichstellung und Selbstbestimmung als Werte vertritt? Reden wir doch einmal über diese Werte! Reden wir darüber, warum denn ausgerechnet Gleichstellung angesichts der Realität in der Kinderbetreuung, angesichts der Forscherinnenrealität nicht gege­ben ist! Und da rede ich nicht vom Vorhänge-Waschen. Reden wir doch angesichts der Erwerbsquote von Frauen in Österreich, die nämlich nicht Spitze ist, wie auch schon einmal behauptet worden ist, einmal darüber, warum Gleichbehandlung kein Thema für eine Zukunftskommission ist und welche Wertehaltung hier dahinter steht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Ist das Ihre Wertedebatte?)

Ein paar Details noch. Offensichtlich ist es nicht das Kopf-hängen-Lassen, das die wenigsten, denen das vorgeworfen wird, tatsächlich tun, sondern die Scheuklappen engen den Horizont ein. Das, was an Ideen oder Kreativität entsteht, ist heute dort, wo wir konkrete Beschlüsse erreichen, jedenfalls ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 



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Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): ... nicht von dieser Regierung ausgegangen.

Wir werden zähneknirschend dem Antrag zur Kinderbetreuung, der es an Konkretheit fehlen lässt, zustimmen und sind froh, dass es zu dem anderen Antrag der Opposition wenigstens die Zustimmung der Regierungsparteien gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.25

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Abgeordneten, die Plätze einzunehmen, damit wir abstimmen können.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Selbständigen Entschließungsan­trag 211/A (E), der dieser Debatte zugrunde gelegen ist, der Abgeordneten Dr. Gla­wischnig betreffend Bildungsoffensive statt pauschaler Diffamierung der Jungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Der Antrag findet im Nationalrat nicht die erforderliche Mehrheit.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend 10 000 zusätzliche Nachmittagsbetreu­ungsplätze an Österreichs Schulen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag betreffend 10 000 zusätzliche Nachmittagsbetreuungsplätze zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mehr­heitlich abgelehnt. (Abg. Öllinger: Gegen den Gehrer-Antrag!)

Wir gelangen nunmehr zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Broukal, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen € als Sofortmaß­nahme für die Universitäten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag betreffend Sofortmaßnahmen für die Universitäten zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag wird mehrheitlich abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedarfserhebung hinsichtlich freiwilliger Nachmittagsbetreuung für Schüler.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Dieser Antrag wird einstimmig angenommen. (E 21.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Rossmann, Broukal, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedeckung der Implementierungskosten des Universitätsgesetzes 2002.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Die­ser Antrag wird einstimmig angenommen. (E 22.)

Damit haben wir über alle Anträge abgestimmt.

Die Debatte zum Dringlichen Antrag ist hiemit beendet.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 722/AB

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen als Nächstes zur Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 722/AB der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen.


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Das entsprechende Dokument wurde verteilt. Eine Verlesung ist daher nicht erforder­lich.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Erstredner erhält 10 Minuten Redezeit.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


17.28

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Wir haben diese Anfrage eingebracht, weil es sich um einen sehr sen­siblen Bereich handelt, nämlich um die Frage: Wie gehen wir mit Menschen am Ende ihres Lebens um?

Ich will auch dieses Thema hier sehr behutsam angehen. Ich selber bin als Hausarzt tagtäglich mit dieser Frage konfrontiert. Ich habe auch mit dem Pflegeheim Lainz Er­fahrungen. Ich hatte einen Bruder mit einem Hirntumor. Dieser musste fünf Jahre lang dort gepflegt werden. Ich muss ganz ehrlich sagen: In diesen fünf Jahren ist er, obwohl er völlig steif war, so gut gepflegt worden, dass er kein einziges Mal wund gelegen ist. Ich finde, das war sicher eine Weltklasseleistung. Man muss den vielen Pflegekräften in Wien, die sehr gute Arbeit leisten, hier ein großes Danke sagen. (Allgemeiner Bei­fall.)

Ich wohne direkt beim Pflegeheim Lainz, das jetzt Geriatriezentrum Wienerwald heißt, und ich weiß sehr genau, dass dort sehr, sehr viel Gutes getan wird. Es sind dort eine neue Demenzstation, eine Rehabilitationsabteilung und eine sehr gute Akutgeriatrie eingerichtet worden. Wir müssen aber trotzdem schauen, wo die Probleme liegen. Es gibt zuerst ein prinzipielles Problem.

Das prinzipielle Problem ist, dass die Pflege eine enorme Belastung ist. Diese wird vor allem von Frauen geleistet, die oft körperlich, aber auch psychisch total überfordert sind. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Man hört fast überhaupt nichts!) Beden­ken Sie einmal, wie es ist, wenn Sie auf einer Alzheimerstation 37 schwerst Demente oder schwerst Parkinsonkranke oder Schlaganfallpatienten betreuen müssen! Und bedenken Sie: Oft gibt es keine Aussicht auf Heilung, oft erfolgt ein weiterer Abbau. Da wundert es dann oft gar nicht, dass Pflegepersonal eher in andere Bereiche ausweicht. Ganz schlimm ist es, wenn Posten nicht besetzt werden, denn das führt automatisch zu einer Überbelastung des verbliebenen Pflegepersonals. Mich wundert nicht, dass bei diversen Studien als Ergebnis herauskommt, dass es gerade auf diesen Stationen ein hohes Burn-out-Risiko gibt.

Im Zusammenhang mit den Vorfällen in Lainz ist es aber keine Lösung, wenn man jetzt ein Noch-Mehr an Dokumentation fordert. Damit vernichtet man sehr wertvolle Zeit für die Betreuung des Patienten – heute sind das hiefür schon bis zu 30 Prozent –, wenn man nur mehr dokumentiert. Ich dokumentiere Ihnen alles, aber wichtig wäre eigentlich mehr Zeit, mehr Zuwendung in unserem Gesundheitswesen, in unserem Pflegesystem.

Es ist jedoch gerade bei den Vorgängen in Lainz die Frage nach der politischen Ver­antwortung zu stellen. Ist das wirklich gute Führungsqualität, wenn man weiß, dass 70 Posten nicht besetzt sind, aber einfach nichts dagegen getan wird? Ist das wirklich gute Führungsqualität der hiefür zuständigen Stadträtin, wenn zwar ein sehr guter Plan gemacht wird, dieser jedoch zwei Jahre lang – ohne irgendeine Diskussion – in einer Lade verstaubt? Ebenso ist die Frage nach der Kontrolle zu stellen, und zwar auch im Interesse derer, die sehr, sehr gute Arbeit leisten, denn diese haben es sich nicht verdient, mit weniger gut Arbeitenden in einen Topf geworfen zu werden. Aber natür­lich: Schwarze Schafe gibt es überall.


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Wenn ein Sachwalter zwei Jahre lang eine Eingabe nach der anderen macht und mehr oder minder – auf Wienerisch gesagt – „abgeschasselt“ wird und erst eine überfalls­artige Kontrolle Missstände an den Tag bringt, dann stärkt das doch nicht gerade das Vertrauen der Bürger in derartige Instanzen. Und auch die erste Reaktion von Frau Stadträtin Pittermann war ja sehr „bedeutsam“, hat sie doch gesagt: Alles in Ordnung!, und hat sie einmal abgewimmelt. – So sollte man an die Lösung eines Problems nicht herangehen, dass man Kontrollen zuerst prinzipiell ignoriert beziehungsweise diese gering schätzt. (Abg. Mag. Lapp: Das stimmt nicht! Sie hat angezeigt!)

Wie schaut die Zukunft aus? Und: Was können wir aus diesen Vorgängen lernen? – Im Jahre 2040 wird es doppelt so viele ältere Personen und drei Mal so viele hochbetagte Personen wie heute geben, Menschen also, die Pflegeleistungen sehr stark benötigen. In Österreich gibt es jetzt schon etwa 540 000 Patienten, die Pflege benötigen, und da­zu muss man sagen: In den Heimen können überhaupt nur 15 Prozent der Pflegebe­dürftigen betreut werden. Das heißt also: 85 Prozent der Pfleglinge werden zu Hause gepflegt. Und da besteht das Problem, dass in der Gruppe der Hochbetagten die Zahl der Angehörigen sowie das so genannte Töchter-Pflege-Potential, eben auf Grund der niedrigen Geburtenrate, eher abnehmen.

Sind deshalb Heime die Lösung? Ja – und nein. Heime werden immer eine Lösung sein müssen, und sie müssen so ausgestattet sein, dass sie auch von den Bürgern gut angenommen werden; selbstverständlich muss auch dort die Pflege in Ordnung sein. Wir müssen uns aber mit folgenden drei Punkten befassen.

Erstens: Wir müssen die Pflege vor Ort stärken. Nationalratspräsident Khol hat sich ja diesbezüglich, gerade im Rahmen seiner Schriften zu einer Bürgergesellschaft, sehr verdient gemacht. – Und: Meiner Meinung nach muss die Nachbarschaftshilfe mit pro­fessioneller Hilfe kombiniert werden. Gerade die Wiener ÖVP hat sehr gute Modelle im Zusammenhang mit Nachbarschaftszentren.

Es gibt auf der einen Seite sehr viele Menschen, die 50 oder 60 Jahre alt sind und gerne helfen würden – und auf der anderen Seite sehr viele Menschen, die Hilfe be­nötigen. Wir müssen dieses System „Drehscheibe der Menschlichkeit“ ausbauen, denn man kann nicht alles nur über professionelle Hilfe abwickeln. Das ist unmöglich! Wir brauchen zusätzlich ein sehr gutes System von Hausärzten, die, wie Frau Ministerin Rauch-Kallat das gerne sagt, Gesundheitsmanager vor Ort sind. Wahrscheinlich werden wir ganz andere Lösungen als große Pflegeheime benötigen, Pflegewohnun­gen beispielsweise et cetera. Jedenfalls werden wir da sehr kreativ sein müssen.

Zweitens: Wir müssen danach trachten, dass die Menschen wenig beziehungsweise möglichst spät Pflege benötigen. Ich werde Ihnen ein Beispiel bringen. In Österreich gibt es 20 000 Neuerkrankungen durch Schlaganfälle; 60 000 Patienten haben einen Schlaganfall überlebt. Man kann vorbeugen – oder anders formuliert: Wenn Sie nichts dagegen tun, dann tritt ein Schlaganfall sozusagen wie ein Naturereignis irgendwann auf. Man kann aber dieses „Naturereignis“, das manchmal auftreten muss, zu minimie­ren versuchen, indem man zum Beispiel auf die Höhe des Blutdrucks achtet bezie­hungsweise diesen behandeln lässt, indem zum Beispiel der Cholesterinspiegel ge­senkt oder auch etwas gegen den Nikotinkonsum getan wird, indem zum Beispiel auch etwas für ausreichende Bewegung getan wird. Das heißt also: Es gibt viele Maßnah­men, damit Menschen möglichst spät beziehungsweise erst gar nicht krank werden.

Weiteres Beispiel: Osteoporose. In Österreich beläuft sich die Zahl der Schenkelhals­brüche auf 15 000 pro Jahr. Da ist es entscheidend, rasch operiert zu werden – noch entscheidender wäre jedoch, dass die Menschen auch im Alter Gymnastik betreiben sowie kalziumreiche Kost zu sich nehmen.


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Das ist meiner Meinung nach eine sinnvolle Gesundheitspolitik, eine, mit der die Zeit der Pflegebedürftigkeit hinausgeschoben werden kann. Wir werden es uns nicht leisten können – das Personal hiefür haben wir gar nicht –, dass die Menschen, was auch keinesfalls deren Wunsch ist, sechs, sieben, acht Jahre oder noch länger pflegebe­dürftig sind. Diese Zeit muss kurz gehalten werden.

Der WHO-Spruch „Adding life to years“, sinnvoll altern also, ist ein wirklich sinnvoller Spruch.

Drittens: Rehabilitation. Nicht entscheidend ist, dass jemand ein sauberes weißes Bett bekommt, sondern entscheidend ist, ihn aus dem Bett herauszubekommen. 1990 haben wir in das Regierungsprogramm hineingenommen: Schlaganfallbetreuung als Rehabilitationsleistung. Das hat Jahre gedauert, aber heute rehabilitieren wir sehr viele Menschen – und das auf Weltklasseniveau. Was bedeutet das für den Einzelnen? – 50 Prozent derer, die rehabilitiert werden, wird die Pflege erspart; diese können sich selbst bewegen.

Weiters: Wir waren sehr stark bei einer Antwort am Ende des Lebens, dass wir eben nicht gesagt haben, wir gehen den holländischen Weg, wonach sich jeder mehr oder weniger seinen eigenen Tod wünschen kann, sondern wir haben gesagt: Wir gehen einen anderen Weg, und zwar einen in Richtung Hospizbewegung, in Richtung Pflege­karenz. Und ich finde, das ist ein sehr sanfter und sinnvoller Weg, gerade eben auch im Vergleich zu anderen Ländern, die rationieren beziehungsweise am Ende des Lebens dem Bürger geradezu nahe legen, sich sozusagen selber zu verabschieden.

Jeder von uns kann morgen betroffen sein; wirklich jeder! Sehr viele haben Ange­hörige, die Pflege benötigen. Und wer schon einmal in einer solchen Situation war, weiß, wie wichtig es ist, Hilfe zu bekommen, und er schätzt es, wenn er hilflos ist, umso mehr, menschlich betreut zu werden.

In diesem Sinne ist es, wie ich meine, sinnvoll, da weiterzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.37

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll auch in diesem Fall 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Ministerin.

 


17.38

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich ganz zu Beginn meiner Ausführungen sagen, dass auch ich, genauso wie alle anderen, sehr betroffen war von den Vorgängen im Pflegeheim Lainz, aber auch im Pflegeheim Baumgartner Höhe, von den Vorfällen, die in den letzten Wochen und Monaten bekannt geworden sind. Wir alle haben allerhöchstes Interesse daran, zu einer raschen Aufklärung über die tatsächlichen Ursachen dieser Missstände zu kommen.

Lassen Sie mich aber auch, meine Damen und Herren, gleich zu Beginn sagen, dass wir über die Diskussion darüber nicht vergessen dürfen, dass viele Tausende betagte und hochbetagte Menschen in österreichischen Pflegeheimen ausgezeichnet unterge­bracht sind und bestens gepflegt werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte bei dieser Gelegenheit ausdrücklich allen Pflegerinnen und Pflegern, die diese schwierige Aufgabe auf sich nehmen, von ganzem Herzen dafür danken, dass sie in aufopferungsvoller Art und Weise Menschen in ihren letzten Lebenswochen und ‑monaten betreuen und pflegen.


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Im Zuge der Diskussion rund um diesen Skandal sind wir mit mehreren Faktoren kon­frontiert worden, vor allem auch mit der Situation von Lainz selbst, auch mit dem recht­lichen Status von Lainz. Medienberichten zufolge ist offensichtlich der Status von Lainz als Pflegeheim in Frage gestellt worden, und die Einstufung von Lainz, ob es jetzt ein Pflegeheim oder eine Krankenanstalt ist, ist öffentlich releviert worden.

Selbstverständlich habe ich sofort Überprüfungen angeordnet und habe, da es im Bun­desministerium für Gesundheit darüber keine Protokolle aus den Vorjahren, von meinen Vorgängern eben, gibt, in einem Schreiben an den Herrn Landeshauptmann von Wien Dr. Michael Häupl gebeten, uns die entsprechende Aufklärung auch über den rechtlichen Status von Lainz zu geben, weil das natürlich, sowohl was Aufsicht und Kontrolle als auch was die Kostentragung anlangt, entsprechende Implikationen mit sich bringt.

Ich habe die Antwort darauf noch nicht erhalten, die Frist läuft bis heute. Aber ich denke, dass ich diese Antwort sehr bald haben werde und dass daraus dann die ent­sprechenden Konsequenzen zu ziehen sein werden.

Generell muss es uns aber ein Anliegen sein, die Ursachen dieses Skandals zu ermit­teln. Offensichtlich ist er auf persönliche Mängel beim Pflegepersonal, vor allem aber auf Mängel in der Aufsicht des Pflegepersonals in den besagten Krankenhäusern, Mängel in der Führung dieser Krankenhäuser beziehungsweise im Management zu­rückzuführen. Wir müssen jedoch generell darauf achten, in Zukunft vor allem mit einer Neuordnung der Ausbildung und der Weiterbildung durch laufende Qualifizierung des Pflegepersonals diesem Perspektiven, auch Wechselperspektiven innerhalb der Pfle­geberufe anzubieten, damit einerseits der Beruf attraktiver wird und andererseits Men­schen, die über viele Jahre hinweg in diesem Beruf tätig sind, durch die Möglichkeit einer anderen Beschäftigung entlastet werden; sie könnten nach einer gewissen Zeit eventuell wieder zurückkehren.

Wir wissen, dass wir in Österreich aufgrund der demographischen Entwicklung in den nächsten Jahren einen hohen Bedarf an Pflegepersonal haben werden. Und wir wissen, dass wir die Attraktivität dieses Berufes erhöhen müssen. Das gilt einerseits für die Primärausbildung – wir arbeiten derzeit an einer entsprechenden Novellierung der Ausbildungsverordnung, um diesen Beruf in einem modularen System für junge Men­schen attraktiv zu machen –, gleichzeitig werden wir aber auch einen Schwerpunkt auf dem zweiten Bildungsweg setzen, um vor allem Frauen, aber auch Männern nach der Familienphase einen Umstieg in diesen Beruf zu erleichtern und ihnen zu ermöglichen, in diesem Beruf eine hohe Qualifikation zu erreichen. Das betrifft nicht nur die Pflege­helfer, sondern auch die Diplomausbildung.

Es muss uns ein Anliegen sein, die Möglichkeiten des Arbeitsmarktservice für Hoch­qualifizierungsmaßnahmen entsprechend zu adaptieren, um einem tatsächlich be­stehenden Bedarf auch durch heimische Arbeitskräfte gerecht werden zu können, gleichzeitig aber dort, wo ein Mangel an diplomiertem Personal besteht, durch eine Übernahme des diplomierten Pflegepersonals in die Quote der Schlüsselkräfte die Möglichkeit zu schaffen, diplomiertes Personal aus dem benachbarten Ausland bezie­hungsweise aus anderen Ländern, wenn notwendig, nach Österreich zu holen.

Wir haben jedenfalls in der Frage der Pflegesicherung einen Schwerpunkt gesetzt. Ich habe in Absprache mit dem zuständigen Vizekanzler Herbert Haupt und der Staats­sekretärin Ursula Haubner zu einem „Pflegesicherungsgespräch“ eingeladen. Wir wer­den gemeinsam an einem Nationalen Aktionsplan zur Pflegesicherung arbeiten.

Meine Damen und Herren! Es muss uns über alle Fraktionsgrenzen hinweg ein Anlie­gen sein, die Probleme in diesem für Österreich so wichtigen Bereich zu lösen. Ich hoffe auch sehr auf die Kooperation der an sich zuständigen Bundesländer, die ja für


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die Pflegeheime, für die Sicherung der Pflege und die Kosten der Pflege aufkommen müssen.

In diesem Sinne hoffe ich auf eine gute Zusammenarbeit in diesem Bereich. – Ich danke Ihnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.45

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Jeder Fraktion steht eine Wortmeldung zu. Die Redezeit beträgt jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Christine Marek. Die Uhr ist auf 5 Minuten ge­stellt. – Bitte.

 


17.45

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Seit mittlerweile Wochen erfahren wir aus den Medien täglich immer neue tragische Details darüber, wie es pflegebedürftigen Men­schen in den Pflegeeinrichtungen der Stadt Wien geht. Dass die rote Stadtregierung immer wieder auf die hervorgehobene und so viel gepriesene soziale Kompetenz hin­weist, ist für mich genauso Realitätsverweigerung wie die Haltung der verantwortlichen oder, ich würde lieber sagen, unverantwortlichen und zuständigen Stadträtin Pitter­mann. Unter ihr wurde übrigens die gerade von der SPÖ immer so gefürchtete Zwei-Klassen-Medizin Realität. Es gibt nämlich diejenigen Patienten, denen es dank Ange­höriger besser geht, und solche, die das Pech haben, keine Angehörigen zu haben.

Aber nicht nur die Situation der zu Pflegenden war in den letzten Wochen und Tagen Hauptthema, sondern auch die unglaublichen Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegeheimen, verschuldet durch eine inkompetente Stadträtin, der nichts anderes einfällt, als sich bei ihren Beamten abzuputzen. Pittermann schiebt über die Medien dem stellvertretenden Generaldirektor des Krankenanstaltenverbun­des Kaspar die Verantwortung zu, dieser wiederum gibt das Binkerl an die Pflegelei­tung in Lainz weiter, und so weiter. (Abg. Mag. Molterer: Unwahrscheinlich ist der Skandal!) – Führungs- und Lösungskompetenz in Wien vom Feinsten, kann ich da nur sagen!

Und anstatt endlich wirklich zu reagieren, fällt ihr nichts anderes ein als in der „Kronen Zeitung“ zu sagen, dass sie ganz scharf aufs Kontrollieren ist. – Super! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Bei all dieser unglaublichen Verantwortungslosigkeit bleiben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Pflegeheimen ihr Bestes geben, echt auf der Strecke. In Lainz allein sind 70 Planposten nicht besetzt, was die Gewerkschaft schon im März dieses Jahres kritisiert hat. (Abg. Dr. Fekter: Ein Skandal!) Überhaupt ist der chronische Personalmangel seit Jahren immer wieder Gegenstand von zahlrei­chen Beschwerden, Briefen – in den Medien auch viel zitiert – an Pittermann und ihren Vorgänger Rieder. Es hat sich allerdings nichts zum Positiven verändert.

Meine Damen und Herren! Es ist allgemein bekannt, wie sich kontinuierlicher Stress auswirkt. Erwin Rasinger ist darauf eingegangen. Wenn dann starke psychische und körperliche Belastung, die es im Pflegeberuf einfach gibt, dazukommt, dann passiert leider etwas – wie eben nun in Wien.

Die Gesundheitsministerin hat auch in der Anfragebeantwortung bereits die Erarbei­tung eines Nationalen Aktionsplanes für Pflege angekündigt. Konkrete Handlungsan­sätze sind aber in Wien leider mehr als überfällig, aber weit und breit nicht zu sehen. Die Stadt Wien muss schnellstmöglich die notwendigen Mittel zur Beseitigung des Per­sonalmangels bereitstellen. Daneben muss aber auch die Möglichkeit einer freiwilligen


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Rotation innerhalb des Krankenanstaltenverbundes angeboten werden, damit die Be­diensteten auch in weniger belastenden Bereichen, als es der Pflegebereich der Geri­atrie ist, Dienst tun können.

Meine Damen und Herren! Anstatt nur Kontrollen anzukündigen, müssen die Arbeits­bedingungen evaluiert und verbessert und in weiterer Folge das Berufsbild und die Ausbildung reformiert werden, denn ansonsten werden sich, was sich leider bereits ab­zeichnet, immer weniger Menschen dafür entscheiden, dieses Berufsbild der Pflege zu wählen.

Abschließend kann ich Stadträtin Pittermann nur sehr dringend empfehlen (Abg. Dr. Stummvoll: Zurückzutreten!), endlich mit dieser unerträglichen Vernaderungs­aktion der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegeheimen der Stadt Wien aufzu­hören, denn das, meine Damen und Herren, haben sich die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter dort wirklich nicht verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.49

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Marek müsste sich öfters in ihrem Wahlkreis aufhalten, dann wäre ihr die Entwicklung im Franz-Joseph-Spital mit der Errichtung eines neuen Geriatriezentrums nicht entgangen, und sie hätte sich nicht in ein Thema verbohrt, wo die Vorfälle aufge­deckt werden, wo die Vorfälle behandelt und erledigt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wo ist die Konsequenz? Wo ist die Konsequenz? – Abg. Dr. Fekter: Das ist Ihr Skandal! Sozialdemokratischer Skandal!) – Wollen Sie jetzt sprechen? Dann tragen Sie sich bitte in die Liste ein! (Abg. Scheibner: Na, vielleicht überheblich sein!)

Ich möchte jetzt über ein Tabuthema in unserer Gesellschaft sprechen, denn Krank­sein, Altwerden, Behindertsein sind in einer Gesellschaft (Abg. Mag. Molterer: ... Pittermann-Skandal!), in der Wellness, Fitsein und Jugendlichkeit Schwerpunkte sind, kein Thema in der öffentlichen Diskussion. (Abg. Scheibner: Kein Wort zu die­sem Skandal!) Das sind Tabuthemen, und wir sollten uns wirklich bemühen, darüber sachlich zu diskutieren. Ich weiß, dass Sie einer sachlichen Diskussion nicht immer leicht folgen können. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es geht darum, dass im Pflegebereich eine einheitliche Berufsausbildung geschaffen wird. (Abg. Scheibner: Sie! Hören Sie einmal auf mit Ihrer Überheblichkeit! Sagen Sie einmal etwas zu diesem Skandal!) Es geht darum, dass, wenn 80 Prozent der Ange­hörigen in unserem Land pflegebedürftige Familienmitglieder pflegen, diese Angehöri­gen gestärkt werden. Es geht darum, dass wir Qualitätskriterien für die Pflege entwi­ckeln. (Abg. Mag. Molterer: Und sonst ist alles in Ordnung in Wien?!) Es geht darum, dass es eine Tagesbetreuung für pflegende Angehörige gibt, damit die pflegebedürfti­gen Familienmitglieder dort untergebracht werden können. Und es muss auch die Mög­lichkeit vom Urlaub von der Pflege gegeben sein.

Es ist wichtig, dass ein Heimvertragsgesetz ausgearbeitet wird. Und wir haben ja schon vor einigen Jahren einen Entwurf eingebracht, der sich sehr stark an den men­schenrechtlichen Voraussetzungen für Bewohnerinnen und Bewohner in Heimen orien­tiert.

Hohes Haus! Die Vorfälle in Wien werden aufgearbeitet. Es gibt einen Untersuchungs­ausschuss. Das Kontrollamt wurde eingeschaltet, und Änderungen werden vollzogen.


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Aber es liegt mir ein Bericht aus dem Bundesland Tirol vor, wo Bewohnerinnen und Bewohner von Heimen nur fünf Mal im Jahr hinauskommen, wo sie keine großen Mög­lichkeiten zur Körperpflege et cetera haben. Diese Vorfälle in Tirol werden nicht wahr­genommen und nicht bearbeitet. (Abg. Wittauer: Das ist erstmalig, dass ich das höre! Wenn es so ist, werde ich es ...!)

In der Anfragebeantwortung der Frau Ministerin steht: „Der Umgang mit behinderten Menschen, mit Alten und Kranken ist der Gradmesser für das soziale Gewissen einer Gesellschaft.“ – Das sind schöne Sätze an einer Fassade. Hinter der Fassade ist bei der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung die soziale Wüste. Diese Scheinheiligkeit der Fassade ist ein Kennzeichen der ÖVP-Regierungspolitik. (Abg. Großruck: Ihr habt einen Skan­dal, aber die anderen haben Schuld!) Das sind Zeichen, dass scheinheilige und hohle Phrasen die Politik bestimmen. Dahinter bestimmen Sozialabbau, Maßnahmen beim Gesundheitsabbau wie die Einführung von Selbstbehalten, Unfallrentenbesteuerung und Pensionsanpassungen unter der Inflationsrate die Wirklichkeit für sehr, sehr viele Menschen in unserem Land. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dieser Scheinheiligkeit will ich mich ein bisschen stärker widmen.

So wurde hier davon gesprochen, dass es wichtig ist, dass mehr Pflegepersonal zur Verfügung gestellt wird. Und dieses Pflegepersonal kann in Wien nicht gefunden werden, weil von Seiten dieser Bundesregierung eine restriktive Zuwanderungspolitik gemacht wird. (Abg. Mag. Molterer: Mein Gott, na! – Abg. Scheibner: Das ist unge­heuerlich!) Pflegepersonen werden nicht als Schlüsselkräfte tituliert und können daher nicht berufstätig sein und nicht die Pflege übernehmen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wien gibt 405 Millionen € für Pflege und Betreuung aus. (Abg. Mag. Molterer: Aus­reden!) Der Bund gibt das Dreifache davon aus, hat aber ein wesentlich größeres Budget. In Wien – und das werden Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, nicht wissen – werden Angehörige nicht zur Finanzierung der Pflege ihrer Familienmitglieder herange­zogen. Es gibt, glaube ich, nur noch ein weiteres Bundesland in unserem Staat, in dem das so ist. (Abg. Großruck: Auch in Oberösterreich nicht!)

Sie erkennen daran: Die Scheinheiligkeit von Seiten der Bundesregierung lässt sich leicht aufdecken! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das soziale Wien ist nach wie vor fest. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie auf eine skandalöse E-Card auf der Homepage der ÖVP-Wien hinweisen, auf der steht, dass alte Menschen in Pflege­heimen wie Tiere behandelt werden. Das ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit und ein weiteres Beispiel für die Scheinheiligkeit der ÖVP! Ziehen Sie das zurück, und kehren Sie zur sachpolitischen Diskussion zurück! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Pfui!)

17.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Redezeit ebenfalls 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.55

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wir jetzt eindeutig gesehen haben, wird die Methode der sozialistischen Mehrheit im Wiener Rathaus hier fortgesetzt. Es wird so getan, als ob es überhaupt keinen Skandal gäbe, als ob alles in Ordnung wäre. Es wird gesagt: Die Familien sollen gestärkt werden, Hilfe für die Angehörigen und so weiter. Aber dass einmal Kritik an der eigenen SPÖ-Fraktion drüben im Rathaus geübt wird, das geschieht hier ganz einfach nicht! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Ich gebe schon zu, Frau Abgeordnete Lapp, Sie haben einen außerordentlich schwe­ren Stand, denn solche Missstände zu verteidigen, wie sie in Lainz, noch dazu unter einer sozialdemokratischen Regierung, passiert sind, das ist natürlich etwas, was wirk­lich sehr, sehr weh tut! Sie wollen ja immer die Sozialen sein! Sie behaupten ja immer, die Bundesregierung hätte die „soziale Kälte“ ausgerufen. Tatsächlich sind aber Sie es, welche die soziale Kälte verursachen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gestern, wie vielleicht auch einige von Ihnen, im „Report“ ein sehr interessantes Experiment gesehen: Pfleger und Kran­kenschwestern haben eine Simulation gemacht. Ein Teil der Pfleger ist in die Rolle der Alten und Kranken geschlüpft, ein anderer Teil der Pfleger hat die Rolle des Pflegers, und zwar des negativen Pflegers, übernommen. Die alten Menschen, die nicht mehr gehen konnten, haben schroffe Befehle erhalten, es ist mit ihnen geredet worden, als ob sie wirkliche Tschapperln wären. Sie sind aufgefordert worden, Dinge zu machen, die sie ganz einfach nicht machen können – und all das in einem sehr, sehr rüden Ton.

Ich habe mir wirklich sehnlichst gewünscht, dass Bürgermeister Häupl, Frau Stadträtin Pittermann und auch noch andere, die in Wien für das Pflegewesen verantwortlich sind, einmal bei einer solchen Simulation mitmachen. Im Übrigen habe ich mir das auch schon gewünscht, wenn ich mit dem Rollstuhl durch Wien gehe, dass nämlich einmal der Bürgermeister einen solchen Rollstuhl durch Wien schiebt. Dann würde er nämlich sehen, was das soziale Wien den Alten, den Kranken und den Behinderten wirklich bietet, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie würden endlich einmal sensibilisiert werden für die große Aufgabe, die Sie haben, für die Aufgabe, jenen alten Menschen, die niemanden mehr von der Familie haben, der sie pflegen könnte, ein menschenwürdiges Leben in den Altenheimen zu ermög­lichen. Dann würden Sie einmal sehen, was die Menschen wirklich wollen!

Um aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch einmal auf diese Simulation zurückzukommen: Ich glaube, man darf die vielen hunderten oder sogar tausenden Pfleger, die ordentlich ihre Arbeit machen, nicht mit den negativen Auswüchsen in einen Topf werfen. Es gibt viele Pfleger, die den vielen Menschen in den Altersheimen trotz schwierigster Bedingungen ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen.

Was mich aber wirklich erschüttert hat, nicht nur jetzt hier im Parlament, sondern auch in der gesamten Debatte seit der Aufdeckung des Skandals, ist, dass, als die ersten Anzeichen wahrzunehmen waren, dass sich wieder so ein Skandal anbahnt, weder Frau Stadträtin Pittermann noch Landeshauptmann Häupl, der ja die höchste Kompe­tenz für die Pflegeheime hat, reagiert haben. (Abg. Mag. Molterer: Unwahrschein­lich! – Abg. Dr. Stummvoll: Skandal!) Sie haben die vielen Aufforderungen, die vielen Anfragen auf Rathausebene ganz einfach nicht beachtet, sie wurden arrogant wegge­wischt, genauso arrogant, wie heute Frau Abgeordnete Lapp das ganze Thema behan­delt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die wirkliche Krönung ist, dass Frau Stadtrat Pittermann gestern gesagt hat, es wollen ihr die Politiker der anderen Parteien, die sie kritisiert haben, das Gesundheitssystem kaputt machen, und sie würden alles nur aufbauschen! Also da muss man sich schon fragen: Haben die Rathaussozialisten wirklich den Sinn für die Realität verloren? Da muss man wirklich einmal nachfragen. (Abg. Mag. Molterer: Ja, das haben sie!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Besonders groß ist ja die Schuldzuweisung an den Bund. Genauso wie Frau Abgeordnete Lapp hat auch Frau Stadträtin Pitter­mann gesagt, die strikte Zuwanderungspolitik der Bundesregierung sei schuld daran, dass man keine ausländischen Arbeitskräfte habe. Hier, in dieser Zeitung (die Redne­rin hält ein Dokument in die Höhe), bieten sich, ich glaube, zwölf ausgebildete Heim-


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helfer an, die gern in einem Pflegeheim arbeiten möchten. Aber diese finden keine Arbeit, sie werden nicht genommen! Nein! (Rufe bei der ÖVP: Weil sie kein Parteibuch haben!) Billige Arbeitskräfte, ausländische Arbeitskräfte, mit denen sie sich nicht ein­mal unterhalten können, mutet man den alten Menschen zu. Das muss man auch ein­mal sehen, dass das menschenunwürdig ist. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen.)

Ich komme schon zum Schluss.

Frau Minister Rauch-Kallat hat festgestellt, es bestehe ein Verbesserungsbedarf in der Pflege. – Das ist richtig! Sehr geehrte Frau Minister! Ich glaube, man müsste dringend zum Rotationsprinzip übergehen, denn es ist ganz einfach nicht möglich, diese schwie­rige Aufgabe ein Leben lang, ein Berufsleben lang zu machen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

18.00

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die vier Fraktionen haben noch nicht ... – Jetzt hätte ich beinahe die Debatte geschlossen, dabei gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald noch zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

 


18.01

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Großruck, Sie werden keinen wissenschaftlichen Vortrag hören, ich fange sehr unwissenschaftlich an.

Ich glaube, dass uns alte Leute und ihre Situation so viel wert sein müssen, dass wir nicht nur darüber sprechen, wenn einmal eine Spitze eines Eisberges auftaucht und etwas in der Zeitung steht, und auch nicht nur dann, wenn man daraus politisches Kleingeld schlagen kann.

Was mir auffällt, Kollege Rasinger: Ihre Anfrage wurde am 15. September gestellt. Ein­gelangt ist die Anfragebeantwortung nicht, wie üblich, nach zwei Monaten – bei Rauch-Kallat könnte es vielleicht etwas schneller gehen –, sondern in der Rekordzeit von sieben Tagen, am 22. September. (Abg. Öllinger: Das geht aber schnell! Das geht aber sehr schnell!) Ich traue Ihnen zu, dass es bei Ihnen immer so schnell geht, aber darüber nachdenken wird man schon noch dürfen. (Abg. Dr. Khol: Ich beantworte alle Anfragen in zwei Tagen!)

Kurzum: Ich glaube, dass Defizite im Gesundheits- und Pflegebereich nichts Wientypi­sches sind. Wien ist groß, und rein statistisch betrachtet wird auch da öfter etwas vor­kommen. Das halte ich für statistisch normal, in jeder anderen Hinsicht würde ich es nicht gern als normal bezeichnen. Ich bin auch nicht der Pressesprecher der Primaria Pittermann – und möchte es auch nicht sein. (Abg. Mag. Molterer: Das denk’ ich mir!) Ich glaube auch nicht, dass man diese Zustände verteidigen muss, man muss diese Zustände vielmehr analysieren und daraus Schlüsse ziehen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da gibt es eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft, und dann tun Sie das beschöni­gen?!)

Ich beschönige gar nichts! (Abg. Scheibner: ..., was Sie da jetzt gesagt haben! Das haben wir gern! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Na bitte! Ich habe gesagt, ich möchte nicht der Pressesprecher der Frau Primaria sein. Also, dass man im Parlament seine Sinne, zumindest den Gehörsinn, beisammen hat, würde ich bei einer Debatte voraussetzen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, man muss sehr vorsichtig sein damit, das Personal in die vorderste Schusslinie zu bringen, denn ich habe eine Ahnung davon, was es heißt, alte Leute zu pflegen. Und wenn in der Nacht oder in der nicht regulären Arbeitszeit, in der die glei­che Anzahl von zu Pflegenden in diesen Heimen ist, diese von einem Zehntel des Per-


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sonals betreut werden, können Sie sich vorstellen, was das bedeutet. Und dass auch hier die ÖVP was tun soll und tun darf, möchte ich Ihnen jetzt anhand einer wirklich aufregenden Sache darstellen.

Es gibt einen so genannten Tiroler Minutenschlüssel; das ist der Schlüssel der Tiroler Landesregierung zur Personalzumessung in Alten- und Pflegeheimen. Hören Sie zu! – Frisieren: 2 Minuten. Maniküre: 2 Minuten. Pediküre: 2 Minuten. Mittagessen eingeben: 7 Minuten. (Abg. Wittauer: Sozialdemokraten sind auch in dieser Landesregierung!) – Haben Sie schon einmal in 7 Minuten Mittag gegessen, auch wenn Sie keine Gebiss­trägerin oder kein Gebissträger sind? – Ich glaube nicht.

Augen- und Mundpflege ... (Abg. Wittauer: Das ist auf der Landesebene ...!) – Das ist Landessache. Das brauchen Sie mir nicht zu erklären; ich weiß es, und auch Frau Rauch-Kallat weiß es.

Und da kommen wir gleich zum zweiten Übel: das sind die Kompetenzzersplitterungen im Gesundheits- und Pflegebereich. Der Pflegebereich ist Landeskompetenz, weil das mit Gesundheit anscheinend nichts zu tun hat. Aber erklären Sie mir bitte: Sind zu Pflegende gesund? Hat das mit Gesundheit oder Krankheit nichts zu tun? Aber es ist Landessache, und da gibt es einen Landesschlüssel. Ich habe ein Heimgesetz gele­sen, darin steht: Das Halten von Vögeln und das Füttern derselbigen ist für Heimein­wohnerInnen verboten. Und wer nicht um 17 Uhr bei der Mahlzeit ist, hat kein Recht auf ein warmes Abendessen. – Auch das steht noch in Heimgesetzen! Und ein bun­deseinheitliches Heimgesetz scheitert an oberstgerichtlichen Sprüchen, weil es diesbe­züglich keine Kompetenzen des Bundes gibt! Ich meine: Da muss man eben schauen, dass man sie bekommt! (Abg. Wittauer: Da hat der Österreich-Konvent ja eine Auf­gabe!)

Ich darf nochmals aus dem „Minutenschlüssel“ vorlesen, in dem es heißt, dass in der Nacht eine Person für 30 zu Pflegende zuständig ist. Da frage ich Sie: Wenn eine Kranke läutet, und sie braucht etwas Akutes, was tut die Schwester oder die Pflege­helferin, wenn drei andere läuten? Geistig benachteiligte alte Menschen fragen oft alle 5 Minuten, wie spät es ist. Soll man dann, weil sie fünfmal gefragt hat, nicht mehr hingehen, obwohl sie vielleicht etwas anderes hat, und dann übersieht man es?

Das heißt, wenn uns alte Leute etwas wert sind, muss sich das im Budget abzeichnen. Wenn das nicht so ist, wird auch nichts passieren. Man braucht also Pflegeschlüssel, wo man sich nicht auf komische internationale Daten beruft, angesichts derer jeder sagt: Das ist monströs, was hier gemacht werden soll! 1 Minute Radio aufdrehen, 5 Mi­nuten Gespräch pro Patient am Tag! – Wissen Sie, wie die Betreffenden psychologisch deprivatisieren? Wissen Sie, dass nach der Einweisung in Pflegeheime nach den ersten sechs Monaten nahezu 15 Prozent dieser Menschen verstorben sind?

Also bitte: Kümmern wir uns nicht nur um Wien, kümmern wir uns um ganz Österreich und um alle alten Leute! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum dann all die Anzeigen an die StA, wenn eh alles in Butter ist?)

18.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf die Debatte zur Anfragebeantwortung damit ab­schließen.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kehren zur Tagesordnung zurück und nehmen den 4. Punkt der Tagesordnung wieder auf.


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Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.07

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Wirklich geschätzter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, im Gegensatz zu dem sehr berechtigten Dissens in Fragen des Umganges mit älteren Menschen, in Fragen der Sozial-, der Wirtschafts- und Bildungspolitik scheint es – scheint es! – so etwas wie einen Konsens in der Frage des Umganges der Entgeltleistung und Wiedergutmachung für Opfer von Kata­strophen zu geben. Ich sage ganz bewusst, „scheint es“ einen oberflächlichen Konsens zu geben. Warum „scheint es“? – Weil es keinen Konsens darüber gibt, dass dieser Katastrophenfonds-Mitteleinsatz auch eine entsprechende Evaluierung braucht.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die katastrophalen Unwetter im Vorjahr. Wenn man sich diese Vorgänge und den Katastrophenfonds-Mitteleinsatz – besser gesagt: Nichteinsatz bisher – anschaut, dann stellt man sich die Frage: Warum werden heute noch Anträge von Betroffenen zwischen dem Bund und den Ländern hin- und hergeschoben? Näher eingehen kann und wird darauf mein Kollege Gaßner, der Bür­germeister einer der im Vorjahr am schlimmsten betroffenen Gemeinden.

Zweitens: Kollege Auer hat die Ausführungen des Kollegen Matznetter ganz offensicht­lich aus intellektuellen Gründen nicht verstanden (Abg. Mag. Molterer: Frau Kollegin, was soll das heißen?), denn Kollege Matznetter hat darauf hingewiesen, dass diese Bundesregierung, dass die entsprechenden Budgetansätze kaum Mittel für Katastro­phenprävention im klassischen Sinn vorsehen. (Abg. Mag. Molterer: Frau Kollegin, ich würde bitten, dass Sie sich dafür entschuldigen!) Das heißt, es ist besser und effizien­ter, Mittel etwa im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung vorzeitig einzuset­zen, statt später Katastrophenfondsmittel nützen zu müssen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Ich erwarte eine Entschuldigung für die Beleidi­gung des Kollegen Auer!)

Ich denke, das ist der Nicht-Konsens. Herr Klubobmann Molterer, Sie werden nervös und hektisch. Warum gibt es keinen Konsens in Bezug auf mehr Mittel für Wildbach- und Lawinenverbauung? Das wäre gelebte Prävention und gute Politik.

Dritter Bereich: Im Zusammenhang mit den enormen Schäden, die durch die Unwetter in Kärnten am 29. und 30. August verursacht wurden, gab es anlässlich der Eröffnung der Kärntner Herbstmesse eine Erklärung des Bundeskanzlers. Der Herr Bundeskanz­ler hat verlautet – später, im Finanzausschuss, hat der Herr Finanzstaatssekretär mit anderen Zahlen argumentiert –, es gebe 1 Million € an Entschädigung für die Hoch­wasseropfer im Gailtal.

Was ist die Wahrheit? – Die Wahrheit ist, dass im März dieses Jahres 500 000 € be­schlossen wurden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Kollegin, Sie waren überhaupt nie im Gailtal!) Im März! Ich nehme nicht an, dass die Bundesregierung hellseherische Fähigkeiten besitzt und die Unwetter am 29. und 30. August vorhersehen kann. Diese Mittel waren also für andere Katastrophen und dadurch verursachte Schäden gedacht.

Das heißt, jetzt, im September, in diesen Tagen, haben wir die erste Tranche dieser 500 000 € bekommen, die aber für anderes zu verwenden sind und nicht für die kata­strophalen Unwetter im Gailtal und in den anderen Gemeinden.

Daher nehme ich doch an, dass, wenn dieser Konsens der Opferhilfe nicht wirklich nur ein oberflächlicher und verbal formulierter bei Messeröffnungen ist, die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, auch aus den anderen Bundesländern, unserem Ent­schließungsantrag zustimmen werden, noch dazu, da in der vorigen Sitzung auch die Kollegen Scheuch und Scheucher aus Kärnten einen entsprechenden Antrag einge-


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bracht haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist leicht zu merken: Scheuch und Scheu­cher!) – Ja, ein eigenartiges Duett.

Ich darf folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche So­forthilfe des Bundes für Opfer der schweren Unwetter in Kärnten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, rasch und ausreichend finanzielle Mittel aus dem Katastrophenfonds des Bundes zur Bewältigung des Wiederaufbaus bereitzustellen und zwar

gemäß § 3 Abs. 1 Katastrophenfondsgesetz 1996 (KatFG 1996) den vom schweren Unwetter betroffenen Kärntner Gemeinden

sowie gemäß § 3 Abs. 3 lit. a KatFG 1996 dem Land Kärnten.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert,

rasch und unbürokratisch die notwendigen Mittel für die Aufräum- und Wiederinstand­setzungsarbeiten bei den Fluss-, Wildbach- und Lawinenverbauungen bereitzustellen

sowie ausreichend Mittel für weitere Vorsorgemaßnahmen gegen Vermurungen und Überschwemmungen in den in Kärnten betroffenen Gebieten bereitzustellen, wie zum Beispiel das Verbauungsprojekt für den Vorderberger Bach, um in Zukunft solche Kata­strophen möglichst zu vermeiden.

Der Bundeskanzler wird in seiner Zuständigkeit für den Bereich Kunst aufgefordert,

das Land Kärnten beim Wiederaufbau der schwer zerstörten Pfarrkirche von Vorder­berg zu unterstützen;

Mittel für die Wiederherstellung beschädigter oder zerstörter Kunstwerke und Kultur­güter bereitzustellen, wie z. B. im Falle des Kunstraums „Paradies“ und der Sammlun­gen von Cornelius Kolig und seiner Vorfahren in Vorderberg.

*****

(Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Haben wir alles schon getan, Frau Kollegin! Ist alles schon erledigt! Die Sommerpause ist schon vorbei!) – Herr Kollege Scheuch, Sie waren ganz offensichtlich seit 30. August nicht mehr in Kärnten, sonst könnten Sie einen solchen Nonsens nicht von sich geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die Sommerpause ist vorbei! Über 2 Millionen sind geflossen! Lesen – denken – spre­chen! – Abg. Mag. Trunk – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Das fällt Ihnen schwer, ja! – Heiterkeit.)

18.12

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Erstens beruhigen wir uns wieder ein bisschen. Zweitens ist der Entschließungsantrag, der hier vorgelesen wurde, ausreichend unterstützt und steht in Verhandlung – gleichgültig, ob er bereits erledigt ist oder nicht.

 


Und drittens wünscht Herr Staatssekretär Dr. Finz das Wort. – Bitte, Herr Staatssekre­tär.


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18.13

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wie ich bereits im Finanzausschuss sagte, wurden dem Land Kärnten auf Antrag bereits rund 500 000 € überwiesen, und demnächst werden rund 1 Million € zur Abgeltung der Schäden an Privatvermögen überwiesen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Hinsichtlich der Forderungen betreffend finanzielle Hilfe zum Wiederaufbau der zerstör­ten Pfarrkirche von Vorderberg ist festzuhalten, dass dem Bundesministerium für Fi­nanzen bisher kein Antrag des Landes Kärnten zugegangen ist. Es müsste ein Antrag zugehen, in dem das genaue Schadensausmaß ermittelt wird, also es ist eine Kärntner Sache. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: ebenfalls 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


18.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Das letzte Jahr hat uns, wie wir wissen, außergewöhnliche Niederschlagsmengen beschert, die letztlich zur bekannten Hochwasserkatastrophe geführt haben. Es gab enorme Schäden an physischen und auch juristischen Personen, an Hab und Gut dieser Personen, viele Menschen kamen in diesen Hochwassergebieten zu Schaden, und es gab natürlich auch riesige Schäden die Allgemeinheit betreffend, die Infrastruktur betreffend.

Zur Beseitigung der Schäden an Hab und Gut wurden gemäß § 2 des Hochwasser­entschädigungs- und Wiederaufbaugesetzes des letzten Jahres 250 Millionen € vorge­sehen. Derselbe Betrag gemäß § 3 des gleichen Gesetzes wurde für die Wiedererrich­tung der Infrastruktur vorgesehen, also in Summe 500 Millionen €, die dem Katastro­phenfonds als zusätzliche Mittel zugeführt wurden.

Bei der nun vorliegenden Novelle soll die Höhe dieser Entschädigungszahlungen, die­ser Mittel unberührt bleiben. Es soll eine Umschichtung erfolgen, und hierfür ist auch sicherlich der Bedarf und die Zweckmäßigkeit gegeben. Nach der Abwicklung dieser Schäden weiß man, dass im Bereich Hab und Gut ein Fehlbetrag von rund 53 Millio­nen € gegeben ist. Wir wissen auf Grund der Mitteilungen aus den Ländern und der Zahlen, die bekannt gegeben wurden, auch, dass rund 90 Millionen € weniger für den Bereich Infrastruktur benötigt wurden, als ursprünglich angenommen worden war; es geht hier um den Bundesanteil für die Behebung des Schadens an der Infrastruktur der Länder und Gemeinden. Ich halte es daher für sinnvoll, dass diese Umschichtung er­folgt.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte ein Jahr nach dieser Katastrophe, die viele schwer getroffen hat, nicht verhehlen, dass es mich freut, dass die Schäden anteilig und die anteilige Mittelhöhe doppelt so hoch war wie bei annähernd vergleichbaren oder vergleichbaren Katastrophen vorher. Und ich möchte es auch ein Jahr danach nicht verabsäumen, mich von dieser Stelle aus nochmals bei all jenen Österreicherin­nen und Österreichern, die ihre Spendenfreudigkeit und ihre Solidarität unter Beweis gestellt haben, zu bedanken. Mein Dank geht auch an das österreichische Bundes­heer, an die Hilfsorganisationen und vor allem an jene, die von diesen Schäden schwer betroffen waren, egal ob es Privatpersonen waren mit ihren Häusern, ihren Wohnun­gen, ob es Unternehmungen waren mit ihren Betrieben, Betriebsgebäuden und An­lagen.


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Sehr viele direkt Betroffene haben nach einer kurzen Zeit des Schocks gesagt: Wir krempeln die Ärmel hoch, wir packen das wieder an!, und haben viel dazu beigetragen, den früheren Zustand wieder herzustellen, Abwanderungen zu verhindern, Arbeits­plätze zu erhalten. Mein Dank gilt all jenen, die diese Mühen nicht gescheut haben, die diese Mühen auf sich genommen und nicht resigniert haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirkl­huber. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.18

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wie schon ausgeführt, sind auch wir für diesen An­trag auf Umschichtung der Mittel zur Position „Hab und Gut“. Auch die Frage der Dürrehilfe für die Landwirtschaft ist selbstverständlich eine ganz zentrale. Letztlich sind die Menschen in der Landwirtschaft die Hauptbetroffenen des Klimawandels, wie schon angesprochen wurde.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang schon daran erinnern, dass Kommissar Fischler an sich die Möglichkeit in den Raum gestellt hat, dass man die Förderungs­mittel vorzeitig abholt, dass man also schon Ende August, Anfang September die För­dermittel für die Tierprämien beziehungsweise den Kulturpflanzenausgleich, also jene Mittel, die die Bauern dringend brauchen, damit sie auch liquid sind, vorzeitig ausbe­zahlt. Das wurde nicht genutzt. Auf diesen wirklich gravierenden Missstand möchte ich schon noch einmal hinweisen. Trotzdem sind die 3 Millionen € an Dürrehilfe selbstver­ständlich eine richtige Entscheidung für die Landwirtschaft.

Kollege Auer, Sie haben korrekterweise besonders auf die Frage der Vorsorge hinge­wiesen, auf die Frage der Humuswirtschaft, die Frage von Retention in der Fläche. Da muss man im Gesamtkontext schon überlegen, wo hier umgesteuert werden muss, weil die Antwort kann nicht die sein, die Sie hier in den Raum gestellt haben, nämlich ausschließlich die Versicherungslösung als einzigen Weg hinzustellen. Wir wissen, dass die Versicherungen der beste Indikator dafür sind, dass wir de facto wirklich einen massiven Klimawandel haben. Die Versicherungskosten sind in den letzten zehn Jah­ren ganz gravierend angestiegen, eben auf Grund des erhöhten Risikos. Weil eben die Anzahl der Katastrophen zunimmt, weil die Zustände der Natur ganz einfach stär­ker ausschlagen als früher, ist es notwendig, grundsätzlich Klimaschutzmaßnahmen durchzuführen und wirklich Ursachenpolitik zu betreiben.

Das wäre jetzt an der Tagesordnung, Herr Kollege Auer, und da würden wir uns eini­ges von der Bundesregierung erwarten. Wir warten, wir warten, wir warten. Wann kom­men die zukunftsträchtigen Vorschläge für eine echte Klimaschutzpolitik? Das würde auch der Landwirtschaft helfen, und das würde ein kleiner und wichtiger Beitrag sein in Richtung Vorsorgepolitik, damit eben diese Katastrophen nicht in diesem Ausmaß eintreten.

Sie werden sagen, das kann man nicht mit politischen Maßnahmen in den Griff bekom­men. Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus dem Wasserbereich: Wir haben letztes Jahr Überschwemmungen gehabt, heuer Trockenheit. Über 30 Jahre ist mit gezielter Ent­wässerungspolitik, Kanalisierung et cetera, der rasche Abfluss des Wassers aus der Landschaft massiv betrieben worden. Wasser wird sehr schnell in die Flüsse abge­leitet, die Fließgeschwindigkeiten des Wassers haben zugenommen, Kollege Auer, und genau das ist das Problem für die Landwirtschaft: Wenn das Wasser, das von oben kommt, schnell aus der Landschaft wieder abfließt, dann ist klar, dass die Trockenheit sehr rasch zu einem Hauptproblem wird.


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Man müsste also in der gesamten Siedlungswasserwirtschaft umsteuern. Wir haben ja auch immer wieder darauf hingewiesen, dass der Flussrückbau eine der zentralen Auf­gaben der Zukunft für die Siedlungswasserwirtschaft sein wird. Diese Frage ist bisher nicht angegangen worden, auch da würde ich mir Vorschläge von Regierungsseite er­warten.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch auf einige aktuelle Aspekte der Agrarpolitik eingehen. Meine Kollegin Heidi Rest-Hinterseer wird sicher auch noch einmal auf die WTO-Konferenz in Cancun, an der sie teilgenommen hat, zu sprechen kommen. Die Umsetzung der Agrarreform in Österreich ist nach wie vor offen. Ich erwarte mir, dass diesbezüglich Vorschläge von Minister Pröll vorgelegt werden.

In diesem Zusammenhang auch eine massive Kritik an Ihrem ersten Schritt der Umset­zung, nämlich an der Verteilung der freien A-Quote von 36 000 Tonnen. Diese A-Quote wurde ausschließlich auf Betriebe aufgeteilt, die bereits in den letzten drei Jahren ein Kontingent zugekauft beziehungsweise durchgehend Kontingente geleast haben. Da­mit sind wieder einmal die Großbetriebe die Nutznießer, während die kleinen Bäuerin­nen und Bauern, und vor allem die breite Masse der Milchbauern, keinen einzigen Liter zusätzliche Quote bekommen. Das ist unglaublich! Diese Maßnahme beziehungsweise diese Verordnung wäre von Bundesminister Pröll dringend zurückzunehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.23

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.23

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn es darum geht, dass durch Katastrophen Geschädigte Hilfe brauchen, dass ihnen geholfen werden soll, werden sie die Sozialdemokratie immer an ihrer Seite finden. Wir werden diesem Antrag zustimmen, wobei ich allerdings schon einige Fragen bezüglich der Hochwasserentschädigung habe.

Man könnte den Eindruck gewinnen, jetzt haben wir die Schäden alle aufgenommen, jetzt rechnen wir ab, und dann ist es aus. Sehr viele Schäden, meine sehr geehrten Damen und Herren, treten nach wie vor auf. Nach wie vor kommen Privatpersonen und sagen, das und das habe ich noch nicht berücksichtigt. In Oberösterreich können diese Schäden noch bis 2004 abgerechnet werden. Daher frage ich Sie, Herr Staatssekretär: Woher haben Sie denn eigentlich diese Gesamtsumme der Schäden?

Die Leute fragen sich: Was bekommen wir denn tatsächlich? Der Herr Staatssekretär hat uns im Ausschuss gesagt, zwischen 20 und 30 Prozent, vielleicht bis 80 Prozent. Die Leute sind total verunsichert. Wissen Sie, was die Leute am meisten verun­sichert? – Wenn der Geschädigte jetzt seinen Schaden bekannt gegeben hat und dann von mir aus 40 Prozent Entschädigung bekommt, dann muss er für 60 Prozent Rech­nung legen, um die Entschädigung überhaupt zu bekommen.

Wissen Sie, was das bedeutet? – Das heißt, dass mancher, der mit Schulden ins Hochwasser gegangen ist, um das so leger zu sagen, jetzt neue Schulden machen muss, damit er diese 40 Prozent bekommt. Also da ist noch ein sehr, sehr großer Un­sicherheitsfaktor enthalten.

Eine weitere Frage, die sich mir stellt, betrifft die Infrastruktur. Wir schichten jetzt die Gelder für die Wiederherstellung der Infrastruktur hin zu den Privaten – soll so sein. Aber auch in Bezug auf die Infrastruktur kennen wir mit Sicherheit noch nicht alle Schä­den. Tagtäglich ist dort wieder ein Kanal kaputt und da wieder ein Straßenstück völlig deformiert, weil sich erst jetzt das Ganze setzt, das Grundwasser zurückgeht.


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Auch hier, Herr Staatssekretär, sind wir also meiner Ansicht nach noch etwas verfrüht dran mit einer endgültigen Schadensannahme. Dazu kommt, dass die Gemeinden natürlich diese infrastrukturellen Maßnahmen jetzt zahlen müssen und auf das Geld warten. Auf die Frage an das Land: Was ist los, warum zahlt ihr nicht aus?, heißt es: Der Bund zahlt nicht! Auf die entsprechende Frage an den Bund kommt die Antwort: Wir haben bezahlt! – Die Gemeinden werden also im Kreis geschickt. Hier gibt es sicher noch einige Dinge, auf die wir nicht gefasst sind und die noch nachkommen werden.

Und als Drittes, Herr Staatssekretär: Wo sind tatsächlich die Mittel für präventiven Hochwasserschutz? Die fehlen zur Gänze! Wenn wir uns nicht entschließen, wirklich über vorausschauenden Hochwasserschutz nachzudenken, dann werden wir – ich hoffe es nicht! – eines Tages wieder hier sitzen und uns darüber unterhalten, wie hoch wir denn die Leute entschädigen. Diese Mittel, Herr Staatssekretär, müssen zur Verfü­gung gestellt werden.

Was heißt denn vorausschauender Hochwasserschutz? – Das heißt Flusskonzepte von der Quelle bis zur Mündung, das heißt Retentionsraum, das heißt Überschwem­mungsraum, das heißt Uferbefestigungen, das heißt Wehrabsenkungen, das heißt Brü­ckenneubauten. Ich könnte Ihnen noch lange weitere Maßnahmen aufzählen – dafür aber fehlt das Geld, dafür ist kein Geld vorgesehen.

Daher bringe ich namens der Sozialdemokratie folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Mittel für präventiven Hochwasserschutz

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach Bedarfsermittlung über die Bundesländer und Kommunen Mittel für präventiven Hochwasserschutz in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung zu stellen, um Hochwasserkatastrophen wie im Jahre 2002 in Hinkunft zu verhindern beziehungsweise deren Auswirkungen einzudämmen.

*****

Zum Schluss noch einen Finanzierungsvorschlag. Das ganz Jahr über, vom August des Vorjahres bis heuer, haben wir gehört: Weil die Hochwasserkatastrophe so enorm war, habe die Bundesregierung spontan auf sechs Eurofighter verzichtet. – Die Hoch­wasseropfer warten noch immer auf dieses Geld. Sechs Eurofighter machen, rund 600 Millionen € aus. Wissen Sie, was wir damit noch alles machen könnten? – Da könnten wir die Hochwasseropfer ohne weiteres zu 80 Prozent entschädigen und auch Maßnahmen für die Zukunft treffen. Ich würde Sie allerdings ersuchen, das bald zu tun, diese Mittel bald freizugeben, denn die Eurofighter, von denen wir nicht wissen, ob sie tatsächlich fliegen, werden täglich weniger wert. (Beifall bei der SPÖ.)

18.28

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend finanzielle Mittel für präventiven Hochwasserschutz, den Herr Abgeordneter Gaßner verlesen hat, ist ordnungsgemäß unterfertigt, steht mit in Verhandlung und wird abgestimmt.


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Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.29

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich jetzt nicht mehr länger auf die Fakten rund um die Hochwasser- und Dürreopfer beziehen, weil ich glaube, dass sich ohnehin alle damit einverstanden erklären und damit d’accord sind. Ich möchte es jedoch nicht ver­absäumen, nach meiner Rückkehr aus Cancun auf die katastrophale Entwicklung welt­weit hinzuweisen.

In diesem Jahr brachte es Amerika im Sommer, im Mai, mit 526 Tornados zu einem neuen Rekord. Der bisher gültige lag bei 399. In Indien ist jetzt die Vormonsunhitze mit 49 Grad lebensbedrohend und hat bereits 1 400 Menschenleben gefordert. Führende Klimaforscher bestätigen, dass dies die ersten Anzeichen des vom Menschen verur­sachten Klimawandels sind.

Österreichs Alpen spüren das auch besonders. Ich habe das heuer bei Alpenwande­rungen im Krimmler Achental bemerkt: Die Kühe können nur mehr in aller Hergotts­frühe über den Bach getrieben werden, weil später die Ache durch das graue Glet­scherwasser so hoch anschwillt, dass sich die Kühe nicht mehr hineintrauen.

Damit sind auch die Grundlagen unseres Wirtschaftssystems gefährdet. Tourismus, Landwirtschaft einerseits, aber auch Stromproduktion und Wasserversorgung werden in der heutigen Form nicht mehr möglich sein.

Diesen zunehmenden Katastrophen steht eine negative Bilanz der Klimaschutzpolitik gegenüber. Im Hinblick auf die Erreichung des Kyoto-Ziels, das die Reduktion der CO2-Emissionen um 13 Prozent bis zur Zielperiode 2008/2012 vorsieht, gehört Österreich bereits zu den EU-Schlusslichtern. Während die Emissionen der sechs vom Kyoto-Pro­tokoll erfassten Treibhausgase im Zeitraum 1990 bis 1999 im EU-Durchschnitt um 4 Prozent gesunken sind, sind sie in Österreich um 2,7 Prozent gestiegen und lagen 1999 bei 79,2 Millionen Tonnen.

Bei den reinen CO2-Emissionen, die für 80 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich zeichnen, ist der österreichische Trend noch negativer: Um 5,9 Pro­zent, das entspricht 3,7 Millionen Tonnen, haben diese in den neunziger Jahren in unserem Lande zugenommen. – EU-weit sanken die CO2-Emissionen in den neunziger Jahren um 1,6 Prozent.

Österreich war früher einmal ein Umwelt-Musterland!

Was die Ozonbelastung im Zeitraum vom 1. April bis 10. August 2003 betrifft, wurde an 36 Tagen die Überschreitung des Schwellenwerts angezeigt; das geschah an 67 Mess­stellen – erstmalig auch im Lungau.

Herr Kollege Keuschnigg hat heute Vormittag bei der Debatte über die Reduktion der LKW-Abgase gemeint, unsere Aktion, nämlich das Aufmerksam-Machen der Grünen auf diesen Zustand, sei „aktionistisch“ und werde „auf dem Rücken der Bevölkerung“ ausgetragen. – Herr Keuschnigg, ich werde diese Nachricht der Lungauer Bevölkerung authentisch übermitteln. Sie werden Ihnen dann vielleicht den neuesten Bericht über die Sterblichkeit in Zederhaus schicken, damit auch Sie wissen, was die Leute dort vor Ort erleben.

Zum Klima-Killer Verkehr. Wir müssen wieder darauf zu sprechen kommen – das war ja auch heute der Grund für unsere Aktuelle Stunde –: In Österreich gibt es ein 155 000 Kilometer langes Straßennetz. Wenn man die mit LKW befahrenen Forststra­ßen dazuzählt, so sind es 275 000 Kilometer. Das bewirkt, dass wir eine ungeheuer


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große Versiegelung von Flächen mit Straßen, Parkplätzen und ähnlichen Anlagen haben. Und das wiederum bewirkt, dass Wasser nicht mehr abfließen, dass Wasser auch im Grundwasser nicht gebunden werden kann. Gleichzeitig bewirkt die Bautätig­keit bei den Verkehrswegen eine großflächige Entwässerung, weil das wie eine Drainage wirkt.

Zusätzlich haben wir Probleme mit dem Wasser, das mit Tausalz verunreinigt ist. Laut Umweltbundesamt müssen 27 Prozent aller österreichischen Grundwasservorkommen als gefährdet angesehen werden; in Niederösterreich und dem Burgenland sind es so­gar 58 Prozent. Dem Wassergütebericht habe ich entnommen, dass dies auch genau jene Bereiche sind, die in Österreich besonders vom biologischen Gütebild der Fließ­gewässer her gefährdet sind.

Das heißt, wir haben gleichzeitig viele Auswirkungen einer einzigen Ursache, nämlich dieser Klimaänderung, auf die wir nicht reagieren wollen. Das ist so ähnlich wie bei der Atomkraft: Bevor nicht etwas ganz Katastrophales passiert, das viele Millionen Men­schen betrifft, werden keine Schritte unternommen. Für die pazifischen Inselstaaten, die auch WTO-Mitglieder sind, wird es sich dann womöglich nicht mehr ausgehen. Sie liegen nur fünf Meter über dem Meeresspiegel, haben ihren Protest bei den USA ange­meldet, weil diese dem Kyoto-Protokoll nicht beigetreten sind. Aber ich fürchte, bis die USA und auch wir, die anderen Industriestaaten, eingesehen haben, dass eine Ände­rung unserer Politik dringend notwendig ist, wird es für diese Inselstaaten leider zu spät sein. (Beifall bei den Grünen.)

18.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


18.35

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich mit der Form beziehungs­weise mit der Art der Entschädigung, da im Speziellen mit der Raufutterentschädigung, also für das entfallene Raufutter, auseinander setzen.

Kollege Auer hat heute gesagt, es seien alle geschädigt worden – und das stimmt! Die Frage für mich und für viele betroffene Bauern, mit denen ich sprechen konnte, war, wie stark die Betroffenheit war. In Oberösterreich gibt es meinen Informationen nach Gebiete, wo immer schon Futter zugekauft werden musste – und das ohne Dürrekata­strophe. Jetzt aber kommen die Bauern in allen Gebieten Oberösterreichs, in denen der zweite und dritte Schnitt auf Grund der Dürre völlig entfallen ist, mit dem Förde­rungsgeld für den Futterzukauf nicht aus, sondern müssen Viehbestand verkaufen.

Daher, Herr Staatssekretär Finz, stellt sich für mich die Frage, wie man in Zukunft ein anderes Modell finden kann, und zwar schwebt mir da ein Modell vor, bei dem es um die Stärke der Betroffenheit geht. Wie gesagt: Der eine kann mit 20 oder 30 Prozent an Förderung auskommen, für einen anderen kann das aber existenzgefährdend sein – ein geteiltes System also, in dem Förderungen nach tatsächlicher Betroffenheit ausbezahlt werden, sodass die Bauern nicht gezwungen sind, Viehbestand zu verkau­fen.

Herr Staatssekretär, ich würde auch noch bitten, dass wir in Hinkunft bei Naturkatastro­phen Zwischenberichte über den Stand der Zahlungen beziehungsweise über die noch aushaftenden Zahlungen erhalten, damit wir alle miteinander darüber informiert sind, wie die Situation der betroffenen Landwirte aussieht – und vor allem, welche finanziel­len Mittel hiefür sozusagen aus anderen Bereichen flüssig gemacht werden müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 


18.38


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Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort erhält Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


18.38

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst zu der von Frau Abgeordneten Hagenhofer an­geschnittenen Frage der Dürre. Von der Dürre im Grünland sind im Wesentlichen alle Bundesländer betroffen, allerdings in den Bundesländern Salzburg und Tirol nur Teil­gebiete.

Wir streben für die Zukunft schon ein Versicherungsmodell an. Bisher gab es ja das große Problem, dass kein taugliches System dafür vorhanden war, wie man Dürre messen kann. Seit zwei Jahren gibt es jedoch hiezu ein Forschungsprojekt, das im Jahr 2004 abgeschlossen sein wird; dieses könnte dann ab dem Jahr 2005 die Grund­lage einer Versicherung bilden.

Sollten die jetzt vorhandenen Mittel nicht ausreichen, wird man mit den Ländern noch zu klären haben, in welcher Form eine Regelung gefunden werden kann. Entweder schießen die Länder etwas zu, oder aber man verteilt die vorhandenen Mittel entspre­chend den Mehranträgen anders um. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Hannes Bauer. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.39

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zuerst einmal: Ich bin sehr froh darüber, dass es in diesem Hause – so wie auch in der Bevölkerung in Österreich – den Grundkonsens gibt, dass, wenn eine Katastrophe ein­tritt, solidarisch geholfen wird. Das ist ganz wichtig. Im Vorjahr und auch teilweise heuer gab es Hochwasserschäden, heuer vor allem Dürreschäden. Es soll bei Kata­strophen eben immer geholfen werden, weil das anständig und wohl auch selbstver­ständlich ist.

Was ich aber meine, ist, dass wir mit dieser Hilfe nur einen Teil des Problems abde­cken können. Der zweite und viel wichtigere Teil ist meiner Ansicht nach tatsächlich dieser vorbeugende Schutz, der einerseits in der Erreichung des Kyoto-Ziels und ande­rer Umweltziele sowie andererseits im präventiven Hochwasserschutz zu sehen ist. Ich glaube, dass da die Mittel viel zu gering sind, als dass dieser aktive Hochwasserschutz in den nächsten zehn Jahren geleistet werden kann. Das ist der eine Bereich.

Wenn man dann immer sagt, es werden die Mittel auch von den Ländern verstärkt und so weiter, so meine ich, dass das alles schon wahr ist, dass es da Schutzvorhaben gibt, aber wahr ist auch, dass zum Beispiel eine Gesamtplanung hinsichtlich Hochwas­serschutz, Flächenwidmung und so weiter in den meisten Ländern nicht oder nur rudi­mentär vorhanden ist.

Wir alle müssen wissen, dass Wasser Raum braucht, und dennoch betrachten viele Hochwasser nur als punktuelles Ereignis. Wir gehen nicht sozusagen bis zur Quelle und betrachten den Flusslauf als Ganzes, denn nur dann ist ein aktiver Hochwasser­schutz möglich, weil nämlich die „Fracht“ bis zur Einmündung schon etwas abgeworfen werden kann. Das ist ja das Entscheidende! In diesem Bereich gibt es auch viel zu wenig Flächenwidmungsplanung. Ich glaube, dass es eine der großen Aufgaben der Zukunft sein soll, aktiven Hochwasserschutz integriert zu betreiben.

Ich sage noch einmal, die Ausarbeitung, die jetzt sozusagen auf Grund der Ereignisse erfolgt, entspricht eigentlich immer dem gleichen Bild: Je näher das Ereignis ist, umso aktiver arbeitet man daran. Je länger das Ereignis zurückliegt, umso weniger aktiv be-


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treibt man dann diesen Hochwasserschutz. Und es ist nicht nur der Hochwasserschutz anzusprechen, sondern natürlich auch die Gemeinden, die einen aktiven Beitrag in Be­zug auf Raumordnung zu leisten haben.

Ich halte es für unverantwortlich, dass sich in reinen Abflussbereichen, also in der roten Zone, noch immer Häuser befinden, die extrem gefährdet sind, wenn Hochwasser auf­tritt. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.) – Es ist nun einmal so, dass man im Flächenwid­mungsplan auch entsprechende Raumreserven schaffen muss, die das Hochwasser dann letztlich beanspruchen kann.

Ich sage abschließend noch etwas dazu: Wir sollten endlich einmal lernen, mit der Natur zu leben und nicht gegen die Natur zu wirtschaften. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Wenn man das erkennt, dann muss man sagen, dass vieles von dem, was heute getan wird, in Wirklichkeit nicht funktionieren kann, weil der Gesamtzusammen­hang viel zu wenig beachtet wird, und zwar sowohl bei der Planung als auch bei der konkreten Umsetzung der Maßnahmen.

Jeder weiß, dass es besser ist vorzubeugen, als sich immer wieder mit Schäden von Betroffenen beschäftigen zu müssen, die noch dazu ungemeines menschliches Leid verursachen. Man könnte sich viel davon ersparen, würden entsprechende Maßnah­men auch im organisatorischen Bereich, nämlich bei der Flächenplanung und der Raumordnung, gesetzt. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Ist das kein Irrtum, dass nur 2 Minuten Redezeit vorgesehen sind? (Abg. Ing. Gart­lehner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein!) – Okay. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.44

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe auch noch einen kleinen Beitrag im Rahmen dieser Hochwas­serkatastrophendebatte einzubringen, und zwar ist eben aufgefallen, dass auf Grund der besonders starken Schäden Sanierungsprojekte längere Zeit in Anspruch nehmen als ursprünglich geplant war. Und so kommt es, dass es immer noch größere Projekte gibt, die mit der Katastrophenhilfe noch nicht abgerechnet wurden und die auch aus diesem Grund noch immer nicht, um den Gap der Gesamtkosten bei der Sanierung zu schließen, einen BÜRGES-Kredit beantragen konnten, weil sie die endgültigen Kosten noch nicht kennen.

Ich möchte daher einen Antrag einbringen, der folgenden Inhalt hat:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Gartlehner und KollegInnen betreffend Verlängerung der An­tragsstellungsfrist von Bürges-Krediten im Rahmen der Hochwassersanierungskre­dite; eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (TOP 4)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die nötigen rechtlichen Grundlagen zu erarbei­ten und dem Nationalrat vorzulegen, die sicherstellen, dass die Antragstellungsfrist von


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BÜRGES-Krediten im Rahmen der Hochwassersanierungskredite bis Dezember 2004 ausgedehnt wird.

*****

In einem Gespräch mit den Kollegen Stummvoll und Molterer, das ich im Vorfeld ge­führt habe, bin ich zu der Auffassung gelangt, dass es möglich sein wird, hier eine Lösung zu erreichen. Ich ersuche Sie, Herr Staatssekretär, Ihre in diese Richtung gehenden Bemühungen auch zu dokumentieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Ing. Gartlehner betreffend Verlängerung der Antragsstellungsfrist von Bürges-Kredi­ten im Rahmen der Hochwassersanierungskredite ist ordnungsgemäß eingebracht, steht zur Verhandlung und gelangt zur Abstimmung.

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.46

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Trunk, ich weiß nicht, wieso Sie hier immer so aggressiv und aufgeregt argumentieren. Sie fallen auch immer durch giftige Pressemeldungen auf. Ich verstehe diesen destruktiven Kurs nicht, weil er uns auch nicht wirklich weiterbringt – noch dazu, wenn es um ein so ernstes Thema wie die Hilfe für das Katastrophengebiet in Kärnten geht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Frau Kollegin Trunk, Sie können sicher sein, wir Kärntner Abgeordnete werden sehr genau darauf achten, dass jene Gelder, die dafür vorgesehen sind und die auch gleich nach dem Schadensfall vor Ort zugesagt und versprochen wurden, fließen werden. Kollege Scheuch hat ja schon darauf hingewiesen: Wir haben bereits am 2. September einen entsprechenden Entschließungsantrag gestellt, Frau Kollegin, am 2. September! (Abg. Mag. Trunk: Wir auch!) – Fein! Deswegen meine ich ja auch, wir sollten gemein­sam versuchen, das konstruktiv drüberzubringen. Aber das allein ist zu wenig.

Ich habe mich jetzt extra noch einmal erkundigt. Im Bundesministerium für Finanzen ist jetzt bereits fixiert, dass am 20. Oktober eine weitere Million € auf Grund dieses Pos­tens überwiesen wird. Das hat auch der Herr Staatssekretär festgestellt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.) – Natürlich! Es tagt jetzt die Schadensfest­stellungskommission. Und wenn die privaten Schäden festgestellt sind, dann werden auch die entsprechenden finanziellen Mittel angewiesen werden. Das ist ein ganz nor­maler Vorgang.

Aber ich sage auch ganz bewusst: Anträge alleine, aufgeregte Diskussionen, giftige Pressemeldungen reichen nicht aus. Unser Bundesminister Pröll hat seinen Urlaub unterbrochen und ist mit Landesrat Wurmitzer und anderen Abgeordneten ins Katastro­phengebiet gefahren. Er hat dort mit den Menschen gesprochen. Er hat ihnen Sicher­heit gegeben, er hat ihnen Mut gemacht. Auch darauf kommt es an, Frau Kollegin Trunk! (Beifall bei der ÖVP.)

Da Sie wiederholt Cornelius Kolig zitiert haben, auch da kann ich Sie beruhigen: Das Werk des Cornelius Kolig ist gerade unserem Bundeskanzler und unserem Staats­sekretär Morak mehr als nur wichtig. Und ich sage Ihnen etwas: Zwei Tage – hören Sie gut zu, Frau Kollegin! – nach der Katastrophe haben der Bundeskanzler und auch


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Staatssekretär Morak persönlich Kontakt mit Cornelius Kolig aufgenommen. Ich kann Sie insofern auch beruhigen, es liegen jetzt bereits Hunderte Zeichnungen, Hunderte Werke von Cornelius Kolig in der Nationalbibliothek zur Restaurierung. Der Staats­sekretär wird dafür sorgen, dass diese Restaurierung auch finanziert wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Trotzdem, um dem Vorwurf zu entgehen, wir würden nicht alles tun, bringen wir heute noch einmal einen Antrag zur Verstärkung des heute von Ihnen eingebrachten Antra­ges ein. Sie können ja dann gerne auch zustimmen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Scheuch, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler und KollegIn­nen betreffend rasche Maßnahmen zur Beseitigung von Katastrophenschäden in Kärnten; eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4 über den Bericht des Finanz­ausschusses über den Initiativantrag 203/A der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochwas­seropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 und das Katastrophenfonds­gesetz 1996 geändert werden (210 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden ersucht, Vorsorge dafür zu treffen, dass den von den Unwettern in Kärnten betroffenen Privatpersonen und Familien im Wege des Landes Kärnten rasch Mittel zur finanziellen Unterstützung insbesondere im Rahmen des Katastrophenfondsgesetzes 1996 zur Verfügung gestellt werden und dass notwendige Sanierungsmaßnahmen im Bereich der Infrastruktur sowie Sofortmaßnahmen (Böschungssicherungen, Bachräumungen) und Instandsetzungen vorhandener Schutzbauten umgehend in Angriff genommen werden können.“

*****

Ich wiederhole: Der Inhalt dieses Antrages ist in Wirklichkeit erfüllt. Wir bringen diesen Antrag allerdings noch einmal ein, damit Sie nicht die Möglichkeit haben, zu behaup­ten, wir würden hier nicht aktiv werden. Dieser Antrag ist am 2.9. von uns bereits ein­gebracht worden.

Ich wiederhole auch noch einmal, dass am 20. Oktober, Frau Kollegin Trunk – wir wer­den sehr genau darauf achten, dass das auch passiert –, die erste Million € in diese Richtung angewiesen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben verlesene Entschließungsantrag betreffend rasche Maßnahmen zur Beseitigung von Katastrophenschäden in Kärnten ist ebenfalls ordnungsgemäß eingebracht, steht ebenfalls mit in Verhandlung und zur Abstimmung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll mit einer freiwilligen Redezeitbe­schränkung von 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.51

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz auf den Entschließungsantrag des Kollegen Kurt Gartlehner Bezug nehmen, für den ich sehr viel Sympathie emp­finde. Der Grund dafür, warum wir ihn nicht unterschrieben haben, ist, dass er aus unserer Sicht einerseits zu eng ist, auf der anderen Seite aber zu weit.


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Er hat ihn auf die BÜRGES-Kreditgewährung abgestellt. Wir haben aber auch Fälle, in denen Betriebe die Sonderprämie für Ersatzbeschaffung im Falle von Hochwasser­schäden – 10 Prozent, § 108 d Einkommensteuergesetz – einfach nicht rechtzeitig be­antragen konnten, weil etwa Hochwasserschutzbauten länger gedauert haben oder ähnliche Dinge.

Er ist aber zu weit, weil wir natürlich keine neuen Fälle aufmachen wollen. Wir wollen nur jene Fälle nehmen, in denen der Hochwasserschaden zeitgerecht festgestellt wurde. Wir haben vereinbart – und wir haben auch vorige Woche vor dem Finanzaus­schuss mit Herrn Staatssekretär Finz schon gesprochen –, dass wir hier eine Lösung suchen, dass alle Varianten, wo es in Einzelfällen unverschuldete Verzögerungen gab, weil der Bau von Hochwasserschutzbauten oder Brücken einfach länger gedauert hat, einbezogen werden. Es sollte hier zu einer Regelung kommen, dass die Betroffenen sehr wohl in den Genuss jener Bestimmungen kommen, die wir hier im Parlament be­schlossen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Die Uhr ist auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.52

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte auf die Ausführungen von zwei Vorrednern in der gegenständlichen Debatte eingehen.

Herr Kollege Scheuch, Sie haben im Hinblick auf die Rede des Kollegen Matznetter von Auseinanderdividieren innerhalb der Landwirtschaft gesprochen. Herr Kollege Scheuch, es geht nicht um ein Auseinanderdividieren, sondern es geht um das, was auch Sie schon des Öfteren hier vom Rednerpult eingefordert haben, nämlich die inneragrarische Solidarität, den inneragrarischen Ausgleich anzusprechen. Das ist hier teilweise der Fall, aber in der sonstigen Agrarpolitik und in der Förderpolitik leider noch nicht. Da haben wir noch einiges an Arbeit vor uns, denn Kollege Grillitsch ist nicht sehr begeistert von diesem inneragrarischen Ausgleich, den wir durchführen wollen.

Ein weiterer Punkt, den Sie angesprochen haben, betrifft die Außenwirtschaft. Die Außenwirtschaft Landwirtschaft ist richtig, aber die Außenwirtschaft Landwirtschaft kann nicht, wie von der von mir aus gesehen rechten Seite des Hauses sehr oft ins Treffen geführt, Begründung für eben diese inneragrarische Ungerechtigkeit der För­derverteilung sein.

Aber zurück zum Thema, zurück zum vorliegenden Antrag. Herr Staatssekretär, ich habe Sie in der Ausschusssitzung gefragt, welche Ausgaben Sie erwarten. Ich habe Sie gefragt, welche Summen Sie erwarten, dass im Rahmen dieser Dürrehilfe abgeholt werden, und ich habe Sie auch gefragt, wie denn diese Dürrehilfe ausbezahlt wird be­ziehungsweise nach welchen Kriterien, nachdem wir gehört haben, dass die Hagel­versicherung, die andere Ernteausfälle versichert, Ausfälle im Grünland nicht ersetzen kann.

Sie haben mir eine schriftliche Antwort bis heute zugesichert. Ich danke, ich habe diese Antwort erhalten. Allerdings steht in dieser Antwort: Da die Beantwortung in den Be­reich Landwirtschaftsministerium fällt, hätten Sie dort Informationen eingeholt. Bisher sei weder in der EU noch in Österreich eine Versicherung für Dürreschäden im Grün­land angeboten worden, weil die Erhebungsparameter zur Bemessung des Schadens­ausmaßes fehlen. – So weit, so gut.

Meine zweite Frage war: Wie macht denn das – nicht der Niedermeyer, sondern die Bundesregierung? Wie geht sie bei der Bemessung dieser Schäden vor? Auch darauf


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haben Sie mir dankenswerterweise eine schriftliche Antwort gegeben, die lautet – ich zitiere –:

Zusätzlich möchte ich ergänzend festhalten, dass die Schäden an Grünfutter schwer feststellbar sind. – Hört, hört! – Deshalb wurde in der Novelle zum Katastrophenfonds­gesetz vorgesehen, dass den Geschädigten ein Ersatz für den Ankauf von Raufutter und Raufutterersatzprodukten im Zusammenhang mit der Dürre gewährt wird. Dadurch ist sichergestellt, dass nur diejenigen Landwirte unterstützt werden, die zu wenig Rau­futter zur Verfütterung haben und tatsächlich Futter ankaufen. Der konkrete Ankauf muss nachgewiesen werden.

Was jetzt? – Der Ankauf oder die Dürre oder wie? (Staatssekretär Dr. Finz: Der An­kauf!) Herr Staatssekretär, ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie für mich ein wenig Licht in dieses Dunkel bringen würden, denn eine der Aufgaben dieses Hauses ist es, dafür Sorge zu tragen, dass die Verteilung von öffentlichen Geldern an diejeni­gen, die es brauchen, erfolgt und dass die Kriterien dementsprechend gesichert sind.

Herr Staatssekretär! Diese Antwort bringt dieses Licht in dieses Dunkel nicht. Ich würde Sie wirklich ersuchen, auch im Interesse des gesamten Hauses, denn es wird einen einstimmigen Beschluss geben, dafür Sorge zu tragen, dass uns nachgewiesen wird, wie die Betroffenen entschädigt werden, denn nur der Kauf von Raufutter kann einfach nicht ausreichend sein als Nachweis für Dürreschädigungen. Ich bitte Sie hier um Aufklärung, Herr Staatssekretär. (Beifall bei der SPÖ.)

18.57

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Als Erstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 210 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in zweiter Lesung ein­stimmig angenommen ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf im Falle einer Zustimmung in dritter Lesung um ein Zeichen bitten. – Der Ge­setzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Kollegin Mag. Trunk betreffend rasche Soforthilfe des Bundes für die Opfer der Unwetter in Kärnten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. –Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit des Nationalrates.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Kollegen Mag. Gaßner betreffend finanzielle Mittel für präventiven Hochwasserschutz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag wird mit Stimmenmehrheit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Ing. Gartlehner betreffend Verlängerung der Antragsstellungsfrist für Hochwasser­sanierungskredite.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag Gartlehner zustim­men, um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit im Nationalrat.


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Scheuch, Mag. Scheucher-Pichler betreffend rasche Maßnahmen zur Beseiti­gung von Katastrophenschäden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag wird mit Stimmenmehrheit angenommen. (E 23.)

Ich glaube, wir haben alle Anträge abgestimmt.

Damit können wir den 4. Punkt der Tagesordnung abschließen.

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (173 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Konsu­mentenschutzgesetz geändert werden (Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 – ZivRÄG 2004) (212 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt mir nicht vor. Daher gehen wir in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Mi­nuten gestellt. – Bitte.

 


18.59

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Diese Zivilrechts-Änderungsgesetznovelle ist ein Sammel­surium von kleinen Novellen, allerdings mit großer Wirkung.

In Artikel I beispielsweise verbessern wir im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch das Nachbarrecht. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich bei Frau Volksanwältin Rosemarie Bauer, von der die Anregung zu dieser Novelle gekommen ist. Die Volksan­waltschaft hat in Zusammenarbeit mit der Universität Graz auch relativ gute Vorarbeit geleistet. Sie hat eine Studie erarbeiten lassen, wie wir hier vorgehen können.

Es ist so, dass gerade bei der Volksanwaltschaft, aber auch bei den Gerichten eine Fülle von Klagen über Nachbarstreitigkeiten anhängig ist. Daher haben wir es für not­wendig erachtet, das Nachbarrecht ein bisschen besser zu formulieren, insbesondere dort, wo es Lücken gab.

Eigentum ist nicht bloß ein Recht, sondern verpflichtet auch. Man kann sein Eigentum nicht unbeschränkt ausnützen, auch nicht schikanös und vor allem auch nicht zum Schaden des anderen. Daher normieren wir ein Rücksichtnahmegebot neu, das folgen­dermaßen lautet:

„Im Besonderen haben die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen.“

Wir orientieren uns hier an der bestehenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes, der bereits jetzt judiziert, dass schikanöse Ausübung des Eigentums nicht erlaubt ist.

Ein neues Recht gibt es bei Entzug von Licht und Luft, den so genannten negativen Immissionen. Diese waren bis jetzt im Gesetz nicht berücksichtigt, haben jetzt aber Relevanz. Für besonders ortsunüblichen Bewuchs und bei übermäßiger Beeinträchti­gung des Nachbarn gibt es einen neuen Unterlassungsanspruch gegen den Grund­stückseigentümer, von dessen Bäumen oder Pflanzen negative Immissionen, sprich kein Licht, keine Luft et cetera, ausgehen.


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Neu ist die Kostenteilung bei Schäden, die auf fremdem Grund beispielsweise durch Wurzeln eines Baumes entstehen. Wenn das Eigentum eines Grundstückseigentümers einen Schaden beim Nachbarn anrichtet – wie schon erwähnt: wenn die Wurzeln zum Beispiel die Terrasse ramponieren oder die Hauseinfahrt, den Asphalt aufbrechen –, dann konnte zwar schon nach geltendem Recht der Geschädigte die Wurzeln entfer­nen, musste dies aber auf eigene Kosten tun. Daher haben wir nunmehr eine Kosten­teilung normiert. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Natürlich werden diese neuen gesetzlichen Regelungen vermehrt zu Streitbeilegungs­versuchen führen. Damit aber die Gerichte nicht überlastet werden, haben wir auch eine außergerichtliche Streitbeilegung in Artikel III normiert.

Die Mediation ist aus unserer Sicht das geeignete Instrument dafür, dass beispiels­weise nachbarliche Streithanseln – ich nenne sie einmal so –, die vielleicht schon seit Jahren oder unter Umständen schon seit Generationen nicht mehr miteinander kom­munizieren, zu einem außergerichtlichen Gespräch zusammenkommen. Ob sie sich dabei einigen oder nicht, darüber kann der Gesetzgeber keine Regelungen treffen, aber wir können dieses Gespräch zumindest als Klagsvoraussetzung normieren, bevor man in die Klage eingehen kann.

Weiters beinhaltet diese Novelle neben dem Nachbarrecht, das etwas ganz Neues ist und wahrscheinlich für die Bevölkerung von großer Relevanz sein wird, auch kleine Änderungen im Konsumentenschutzgesetz, die große Wirkung haben werden, weil sie sehr viele Bereiche betreffen.

Erstens werden bei Haustürgeschäften die Rücktrittsrechte verbessert. Die Überrum­pelung gelegentlich auch von älteren Personen soll erschwert werden, indem man von solchen Überrumpelungsgeschäften einfacher und innerhalb eines längeren Zeit­raumes zurücktreten kann.

Bei Pauschalreisen – eine Sache, die all jene betrifft, die in einem Reisebüro einen Vertrag abgeschlossen haben – sind bei Mängeln in Zukunft nicht bloß das Gewähr­leistungsrecht und der Schadenersatz für die tatsächlichen Kosten relevant, sondern wir normieren einen neuen immateriellen Schadenersatz für die entgangene Urlaubs­freude. Anlassfall war jener beim EuGH anhängige Fall, dass eine Familie auf Grund der schlechten Küche im Urlaub erkrankt ist und eigentlich den gesamten Urlaub im Zimmer verbringen musste. Diese Familie hat natürlich den finanziellen Schaden, den sie durch diese Reise genommen hat, ersetzt bekommen, aber der Urlaub, der ja nicht unbegrenzt vermehrbar ist – man hat nur fünf Wochen im Jahr Anspruch auf Urlaub –, war trotzdem konsumiert, und für diesen immateriellen Schaden gibt es jetzt auch einen Ersatzanspruch.

Wir haben dafür eine einjährige Verjährungsfrist normiert, das heißt, man muss den Schaden innerhalb eines Jahres geltend machen. Das ist grundsätzlich eine generelle Verkürzung der allgemeinen Gewährleistungsfrist, die außerdem schriftlich vereinbart sein muss.

Die von der Tourismuswirtschaft gewünschte Rügepflicht eines Mangels gleich vor Ort haben wir nicht normiert. Sollte es aber in Zukunft verstärkt zu größeren Beweisproble­men kommen, müssten wir erneut darüber diskutieren. Wenn es zu eigenartigen Situationen in der Beweisklärung bei derartigen Klagen kommt, müssen wir uns über­legen, ob wir in Zukunft nicht doch eine Rügepflicht gleich vor Ort ins Auge fassen.

Aus heutiger Sicht haben wir uns gegen eine Rügepflicht ausgesprochen, weil sehr viel Prozessenergie im Streitfall dafür aufgeht, ob richtig, ob zeitgerecht, ob formal korrekt, ob vollständig, ob bei der richtigen Person gerügt wurde. Schon darüber wird in relativ breitem Ausmaß prozessiert, ehe man zur eigentlichen Klage über den Mangel vor Ort


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und den Schadenersatz dafür kommt. Daher haben wir uns auch dieses Mal, wie schon bei der Gewährleistung, gegen eine Rügepflicht ausgesprochen. Ich bin aber schon der Auffassung, dass wir, sollte es zu Verzerrungen im Hinblick auf die Beweis­führung kommen, wieder neu verhandeln müssten.

Ebenfalls ausgebaut worden ist der Konsumentenschutz bezüglich der Schriftlichkeit von Immobilienverträgen mit Maklern. Wir haben den klagsberechtigten Verbänden im Konsumentenschutz das Recht eingeräumt, sich allgemeine Geschäftsbedingungen zu beschaffen, wenn sie für die Vertretung von Konsumenteninteressen von Bedeutung sind.

Es ist ein sehr vielseitiges Gesetzeswerk, es sind eigentlich nur Novellen einzelner Teile, aber für die Bürger bringen diese Neuerungen Rechtsschutz und Rechtssicher­heit, und daher bin ich sehr froh darüber, dass dieser Gesamtkomplex heute beschlos­sen werden kann – ich hoffe einstimmig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


19.08

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist richtig, das Zivilrechts-Änderungsgesetz ist eine Materie, die grundsätzlich auch auf die Zustimmung seitens der Sozialdemokratie trifft. Wir stehen auch nicht an, dem Herrn Bundesminister dazu zu gratulieren, dass er die Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes letztlich doch umgesetzt hat. Mein Kollege Maier wird noch ein paar Worte dazu sagen, weil es in Wirklichkeit so ist, dass noch weiterer Handlungsbedarf besteht. Wir sollten nicht einfach innehalten, sondern die Dinge sollen sich so entwickeln, dass wir sagen können, dass es sich dabei um einen im gesamteuropäischen Kontext mehr oder weniger angepassten Regelungsbe­reich handelt.

Zum Nachbarrecht ist zu sagen, dass wir Verständnis haben für die Einrichtung von Schlichtungsstellen, die innerhalb von drei Monaten, nachdem ein Konflikt im nachbar­rechtlichen Bereich begonnen hat, angerufen werden müssen, bevor man direkt zu Gericht geht. Es ist nur anzumerken, und das ist eine grundsätzliche Problematik der letzten Jahre, dass das ein Ausfluss dessen ist, dass die Gerichte in ihrer Funktionalität in einer Massivität behindert werden, die doch schon relativ dramatisch ist.

Auf der einen Seite erleben wir eine maßlose Verschwendung, etwa wenn das Han­delsgericht aus der Riemergasse entgegen jeglicher Vernunft in den Justiz-Tower übersiedelt werden soll, was über die nächsten 20 Jahre zu einem Mehraufwand für Mieten und Betriebskosten im Ausmaß von mindestens 2 Milliarden Schilling – ohne Zinseszinsrechnung! – führt. Dieses Geld könnte man für mehr Personal und Sachleis­tungen einsetzen, aber dafür werden keine Mittel freigesetzt, denn die Personalstellen sollen ja noch weiter reduziert werden.

Dass dadurch natürlich ein Rechtsstaat irgendwann an seine Grenzen stößt, ist wohl klar. Insofern ist der Versuch, eine Schlichtungsstelle einzurichten, ein probates Mit­tel – noch dazu im Zusammenhang damit, dass es auch eine Evaluierung geben soll.

In diesem Zusammenhang werden wir auch einen Entschließungsantrag einbringen, in dem der Herr Bundesminister ersucht wird, nach angemessener Zeit darüber zu be­richten, ob sich das neue Nachbarrecht wirklich so bewährt hat, wie man sich das vor­gestellt hat oder eben nicht, aber im Grunde genommen muss man danach trachten, dass man die Gerichtsbarkeit natürlich auch in ihrer gesamten Struktur unterstützt.


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Herr Justizminister! Ihre jüngsten Erklärungen – und Sie haben festgehalten, dass diese im Zusammenhang mit Befristungen von Richterdienstverhältnissen nicht so ge­fallen wären – finde ich schon etwas betrüblich, insbesondere wenn sie in dieser Art und Weise der Richtervertretung gegenüber abgegeben werden. Wir wissen ja auch, dass Sie, Herr Minister, dieser gegenüber ein gewisses Spannungsverhältnis haben, zumal Sie ja schon in der Vergangenheit Erklärungen abgegeben, diese dann aller­dings wieder zurückgenommen haben, die Ihrerseits zumindest eine gewisse Sensibili­tät vermissen lassen.

Ich verkenne das nicht: Es gibt einzelne Richter, die ein Problem darstellen, weil sie ganz einfach ihre Akten nicht abarbeiten. Jetzt jedoch grundsätzlich über Befristungen von Richterdienstverhältnissen auf fünf Jahre zu sprechen, heißt natürlich, dass das mit dem Richterbild, das in Europa besteht – Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit dieser dritten Gewalt im Staat, was natürlich schon seinen Sinn hat –, nichts mehr zu tun hat, weil eben unversetz- und unabsetzbare, nur für kurze Zeiteinheiten bestellte Richter natürlich einem Druck ausgesetzt wären.

Ich würde schon sehr ersuchen, Herr Bundesminister für Justiz, dass wir eine Diskus­sion eher darüber führen, wie man einzelne Missstände innerhalb der Gerichtsbarkeit – beispielsweise lange Wartefristen – beseitigen kann, aber eine solche Diskussion nicht mit den bereits erwähnten Schritten zu beginnen. Mein Wunsch wäre, dass Sie, Herr Bundesminister, zu erkennen geben, dass Sie mit dieser Aussage nicht wirklich Ihre Grundsatzeinstellung zur Justiz zum Ausdruck gebracht haben, sondern dass es sich hiebei möglicherweise um ein Missverständnis gehandelt hat. – Das habe ich bis heute allerdings noch nicht von Ihnen gehört. (Abg. Mag. Mainoni: Aber das Problem kennen Sie auch!)

Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass Derartiges aus der weiteren Diskussion her­ausgenommen wird und es zu einer Entkrampfung kommt, denn es kann doch nicht sein, dass ein Justizminister in einer mehr oder minder für den Rechtsstaat konfronta­tiven und nicht akzeptablen Art und Weise auftritt.

Diese Materie ist, wie ich glaube, eine Konsensmaterie; wir Sozialdemokraten werden da jedenfalls mitgehen.

Herr Minister, ich möchte nochmals gratulieren: Ich bin froh darüber, dass wir auch den Konsumentenschutz ein Stückchen weitergebracht haben. Es war nicht einfach – das habe ich bemerkt an der Regierungsarbeit –, der Einsatz hat sich jedoch gelohnt, und dafür danken wir. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


19.13

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon angesprochen worden, dass das Nachbarrecht im ABGB geändert wird. Wir wissen ja alle, dass nachbarrechtliche Streitigkeiten nicht nur sehr häufig sind, sondern auch sehr intensiv geführt werden und Familien oft lebenslang verfeindet sind. Der Literatur standen sozusagen die tollsten Geschichten auf Grund von Nach­barrechtsstreitigkeiten zur Verfügung; ich denke dabei beispielsweise nur an „Romeo und Julia“.

Nicht zuletzt sind Bäume und Sträucher sehr oft die Ursache dafür, dass es zu solchen Streitigkeiten kommt. Dem einen sind die Sträucher zu hoch, zu breit; dem anderen werfen sie zu viel Schatten – und bisher hat es keine Möglichkeit gegeben, dass man


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gegen solche Immissionen, die beispielsweise das Licht von einem Raum oder von einem Haus wegnehmen, vorgehen kann. Deshalb hat der Justizminister diese Rege­lung, über die wir heute hier diskutieren, vorgeschlagen.

Neu ist auch – und ich muss sagen, das gefällt mir gut – die Aufforderung, dass die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihres Rechtes aufeinander Rücksicht zu nehmen haben. Ich finde, das signalisiert soziale Verantwortung und soll darauf aufmerksam machen, dass der Nachbar nicht schikaniert wird, weil man weiß, dass es da sehr starke Emotionen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich betrachte das – im Gegensatz zu Kollegen Puswald, der im Ausschuss gemeint hat, es sei dies eine „hohle Formel“ – nicht als leere Floskel, sondern als wirklichen Appell an die Vernunft der jeweiligen Grundstückseigentümer, sich zuerst einmal selbst, wenn möglich, mit dem Nachbarn auseinander zu setzen, wenn es Differenzen gibt. Solche Auseinandersetzungen werden ja, wie ich gerade erwähnt habe, ziemlich emotional geführt; die Vernunft wird da oft außer Acht gelassen. Und durch diesen Appell soll eben die Vernunft sozusagen ein bisschen in Gang gesetzt werden. (Abg. Dr. Jarolim: Aber der Herr Minister hat das wirklich ...! Das muss ich schon sagen! So bin ich!)

Gerade weil das nachbarschaftliche Klima so sensibel ist und durch gerichtliche Strei­tigkeiten diese Emotionen unter Umständen noch mehr geschürt werden, ist bei den Auseinandersetzungen um Bäume, Sträucher und so weiter vor Anrufung des Gerich­tes ein Schiedsgericht einzubeziehen beziehungsweise eine Mediation durchzuführen. Ich meine, auch das ist sinnvoll, wissen wir doch, dass, wenn streitende Parteien vor Gericht einander gegenüberstehen, das Klima zwischen diesen noch verschärft wird. Bei der Mediation aber wird versucht, wieder zu einem friedlichen Kompromiss zu kom­men. Und das, glaube ich, ist, wie gesagt, günstig, um Aggressionen abzubauen.

Eine weitere Änderung im ABGB, die wir auch heute beschließen, bezieht sich auf die Privat- und Intimsphäre, und zwar soll Schutz beziehungsweise Schadenersatz ge­währt werden, wenn ein Eindringen in die Privatsphäre rechtswidrig ist. Sie werden sich vielleicht noch daran erinnern, meine Damen und Herren: Vor einiger Zeit ist in einer Zeitung ein Artikel darüber erschienen, dass Frauen in öffentlichen Bädern ge­filmt beziehungsweise fotografiert und diese Bilder dann veröffentlicht wurden. Diese Frauen hatten überhaupt keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Das Gesetz räumt ihnen nun einen immateriellen Schadenersatz ein – ein tatsächlicher Schaden ist nicht entstanden –, wenn eine persönliche Beeinträchtigung gegeben ist. Ich finde, dass das sehr sinnvoll ist.

Weiters wurde auch noch die von Kollegin Fekter bereits erwähnte Änderung des Kon­sumentenschutzgesetzes in der Regierungsvorlage durchgesetzt, die besagt, dass ein Reisender entschädigt werden soll, wenn er einen verpatzten Urlaub gehabt hat, und zwar dann, wenn versprochene Dinge nicht eingetreten sind, wenn beispielsweise ein Hotel angeboten wurde in „ruhiger Lage“, tatsächlich aber Tausende Autos am Tag vorbeisausten. In einem solchen Fall soll immaterieller Schadenersatz geleistet wer­den. Das ist etwas Neues im österreichischen Recht, und ich bin überzeugt davon, dass das vielen Reisenden, die mehr oder minder von Reiseveranstaltern übers Ohr gehauen wurden, hilft, diese Enttäuschung wenigstens finanziell abgegolten zu erhal­ten.

Das waren einige Punkte zu der sehr umfangreichen Gesetzesmaterie, über die wir dann abzustimmen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


19.18


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


19.19

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecar, poštovane dame i gospodo! Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Kollege Jarolim und Frau Kollegin Fekter haben es ja bereits gesagt: Schon im Ausschuss hat diese Materie die Zustimmung aller Fraktionen gefunden, daher jetzt auch im Plenum des Nationalrates.

Bezüglich der Fragen der Änderung des Konsumentenschutzgesetzes würde ich sagen: No na net werden wir zustimmen!, war das doch ein wesentliches Anliegen unsererseits, und zwar bereits bei der vergangenen Novelle. Aber dazu wird dann noch meine Kollegin Dr. Moser sprechen.

Ich möchte, ohne das, was bereits über die inhaltlichen Aspekte ausgeführt wurde, zu wiederholen, auch sagen, dass ich die Frage des Rechts auf Licht jahrelang begleitet habe, weil das ein ganz wesentliches Anliegen war, das Frau Volksanwältin Bauer ver­folgt hat und (Abg. Dr. Jarolim: Korosec!) auch schon ihre Vorgängerin vor zwei Jah­ren, Frau Kollegin Korosec. (Abg. Dr. Jarolim: Irreführenderweise die Korosec!) Des­halb sind wir sehr befriedigt, dass das jetzt endlich umgesetzt wird.

Angesichts der Machtlosigkeit gegen Schatten, die viele Menschen in den vergange­nen Jahren gespürt haben, die dem Schatten ausgesetzt waren, und des rechtlichen Instrumentariums, das die österreichische Rechtsordnung da bietet – man war sozu­sagen machtlos gegen die nicht vorhandenen Möglichkeiten –, ist das Ganze meiner Einschätzung nach jetzt bemerkenswert gelöst worden. Im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch zu normieren, dass „die Eigentümer benachbarter Grundstücke“ – und das ist jetzt ein wörtliches Zitat aus § 364 – „bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen“ haben, das halte ich, muss ich sagen, für eine ausgesprochen gelungene Formulierung. Die Frage ist nur, ob diese wirklich schöne, geradezu lyrische Formulierung (Abg. Dr. Jarolim: Das wäre was für den Innenminister Strasser! Für den wäre diese Formulierung was!) auch jene beeindrucken wird, die sich in verbissenen Streitigkeiten – Sie als langjähriger Anwalt kennen das ja sicher – befinden.

Darum ist meiner Ansicht nach, weil das eine besondere Klientel ist, die Einrichtung der Mediation durchaus ein sinnvolles Instrument, und wir haben ja schon Gelegenheit gehabt, das zu diskutieren.

Wir haben bei dem Ganzen ein bisschen Bedenken – und diese hatte ich auch ge­äußert – im Hinblick auf die Kostenfrage. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten zumindest mich in den Beratungen davon überzeugen, dass die Regelung, wie sie jetzt vorgesehen ist, Sinn macht. Man wird ja sehen, wie sich das in der Praxis bewähren wird. Jedenfalls: Danke Ihnen, dass es jetzt endlich so weit ist, dass das umgesetzt wird.

Die nächste Frage, die jenseits des Konsumentenschutzes auch wesentlich ist, ist die Frage des Schutzes der Privatsphäre. Auch wenn das jetzt irgendwie so wirkt, als wäre das gar nichts Besonderes, weil bei der Debatte gerade so wenige Kolleginnen und Kollegen anwesend sind und weil über diese Frage sozusagen allgemeiner Konsens herrscht, ist das eine ganz wesentliche, ja fast revolutionäre zivilrechtliche Weiterent­wicklung, von der ich hoffe, dass sie sich dann in der Praxis beim Schutz der Privat­sphäre bewähren wird. Ich hoffe sehr, dass die Rechtsanwendung dann der politischen Botschaft, die dem innewohnt, auch gerecht werden wird. Das hängt nicht ganz un­maßgeblich auch davon ab, wie das Bundesministerium für Justiz die Richter und Rich­terinnen und auch alle Beteiligten – es hängt ja nicht nur von ihnen ab – auf die neue


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Rechtslage – ich würde es so nennen – einstimmt, denn der Ton macht, wie Sie wissen, die Musik.

Zuletzt, Herr Bundesminister, die weniger erfreulichen Dinge, die wir im Zusammen­hang mit Ihrer Person und mit Ihrem Ressort vernehmen mussten. Ich glaube – ich habe nicht exakt aufgepasst –, Kollege Jarolim hat es schon angesprochen: Irgend­wie – verzeihen Sie jetzt diesen drastischen Ausdruck – sind Sie in den Fragen des Umgangs offensichtlich in gewissem Sinne so etwas wie ein Wiederholungstäter. Das Erste nämlich, das mir in diesem Zusammenhang in den Sinn gekommen ist, war die seinerzeitige Diskussion – es hat ja, ich weiß es jetzt nicht mehr genau, sechs oder sieben Misstrauensanträge gegen Ihre Person oder gegen Sie als Justizminister gege­ben – im Zusammenhang mit Ihrer Aussage, die lautete: Ich halte es für eine verfol­genswerte Idee, die der Landeshauptmann im Hinblick auf die strafrechtliche Verfol­gung oppositioneller Kritik geäußert hat.

Der Grund dafür, dass ich das jetzt sage, ist, weil sich mein Misstrauen angesichts einer Stellungnahme dieser Art nicht verändert hat. Das, was inzwischen passiert ist, ist, dass es mittlerweile auch so etwas gibt wie die Erfahrung, die zwischen dem, was passiert ist, liegt.

Jetzt kann ich nur sagen: Ich hoffe, dass das, was sich offensichtlich in diesem Ge­spräch mit den Standesvertretern vor dem Sommer im Ministerium abgespielt hat, ein Ausrutscher war und nicht eine Bemerkung – denn es scheint ja sozusagen ein Rand­thema gewesen zu sein –, mit der Sie tatsächlich rechtspolitische Erklärungen verbin­den, Herr Bundesminister.

Ich bitte Sie, jetzt hier im Nationalrat die Gelegenheit dafür zu nützen, eine wirklich un­missverständliche und eindeutige Klärung dieses Sachverhalts vorzunehmen. Ich werde ganz genau aufpassen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer Stellungnahme von der Regie­rungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Böhmdorfer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


19.26

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte in der Reihenfolge, in der die Debattenbeiträge erfolgt sind, auf diese eingehen und gerichtet an Herrn Abge­ordneten Dr. Jarolim Folgendes sagen:

Der City Tower, Herr Kollege, ist keine maßlose Verschwendung, sondern es hat in der Riemergasse leider Raumnot geherrscht, die insbesondere für die nichtrichterlichen Bediensteten – Sie alle wissen, was ich mit „Riemergasse“ meine – nicht mehr zumut­bar war. Richtig ist, dass die Richter ganz schöne Zimmer hatten, aber die nichtrichter­lichen Bediensteten hatten einfach zu wenig Luft, um zu arbeiten – man muss das so sagen. Die Räumlichkeiten waren zu eng, zu finster, man konnte dort nicht mehr in zumutbarer Weise arbeiten.

Wir haben nunmehr nach neuesten Berechnungen nach sehr sorgfältiger Planung für diese drei Gerichte – Handelsgericht, BG für Handelssachen und BG Innere Stadt Wien – nahezu den doppelten Platzbedarf. Daraus können Sie ermessen, wie drän­gend und wie bedrückend der Raumbedarf war.

Es ist sehr schwierig, ein altes und ein neues Gebäude zu vergleichen, aber insoweit man das tun kann, sei hier Folgendes gesagt: Es kostete der Quadratmeter Nutzfläche im alten Gebäude 180 S, und im neuen Gebäude sind es 186 S pro Quadratmeter. Im


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neuen Gebäude haben wir fünf Schnellbahnen im selben Haus, eine Tiefgarage mit 296 Parkplätzen, zwei U-Bahnen, einige Straßenbahnlinien, Klimaanlagen, Holzböden, wir haben in der Endphase mitgeplant, es gibt acht Liftanlagen, Sicherheitseinrichtun­gen, und, und, und.

Ich kann nur sagen: Die Justiz hat auch einen Anspruch darauf, entsprechende Räum­lichkeiten zu haben, und sie hat auch einen Anspruch darauf, zu repräsentieren – und nicht in zwei getrennten Gebäuden, sicherheitsgefährdend durch eine Straße getrennt, in unzumutbaren Umgebungen arbeiten zu müssen. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist fast eine Fußgängerzone, diese Straße! Das glaubt doch kein Mensch!)

Ich sage es Ihnen, wie es ist: Das war ein Gebot der Stunde, und wir haben damit auch vermieden, ein drittes Gericht gründen zu müssen, das Bezirksgericht Landstraße, das wieder Geld gekostet hätte. Ich stelle mich da jeder Berechnung und jeder Kritik, nur hoffe ich, dass hier die Fakten sprechen und nicht die Emotion.

Ich danke für die Anerkennung des Nachbarschaftsrechtes. Ich leite diesen Dank und diese Anerkennung an Herrn Professor Dr. Kathrein weiter, der im Justizministerium dieses Gesetz gestaltet hat. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ sowie der Abg. Sburny.) Es ist immer gut für unsere Beamten, wenn sie hier im Hohen Hause öffentliche Anerkennung bekommen – sie haben es verdient.

Die Formulierung, dass sich die Parteien vertragen sollen, soll man nicht unterschät­zen. (Abg. Dr. Jarolim: Das gilt auch für die Bundesregierung!) Es gibt in unseren Ge­setzen viele so genannte sanktionslose Normen – Normen, die sozialpolitisch gedacht sind, die das Zusammenleben steuern sollen und die sehr erfolgreich sind. Ich glaube, dass die gewählte Formulierung, die Sie auch als richtig empfunden haben, ihren Zweck erfüllen wird.

Auch die anderen beiden Gesetze werden dies tun. Ich danke der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits, dass sie insbesondere auch die Tragweite des Privatsphäre-Schutzge­setzes erkennt. Ich sehe das genauso, weil es wirklich ein wichtiges Gesetz ist und ein Meilenstein in der Errichtung eines effizienten Persönlichkeitsschutzes.

Ich bedanke mich auch für den Hinweis, dass ich Ihnen heute vor dem Hintergrund einer Berichterstattung, die ich zum Teil als polemisch empfinde – aber das gehört in der Demokratie auch dazu –, Folgendes zur Kenntnis bringen darf, und das ist ganz kurz gesagt:

Es hat im Justizministerium nie einen Plan gegeben, und es hat, Frau Abgeordnete, nie die Absicht gegeben, die Richterzeit zu begrenzen, weder vor diesem Gespräch noch nach diesem Gespräch. Es hat – und das ist zuzugestehen; und wenn das ein Fehler ist, dann müssen wir das zur Kenntnis nehmen – von den am Gespräch Beteiligten eine Äußerung gegeben in der Richtung, dies zu diskutieren.

Man kann jetzt sagen: Das darf man nicht einmal im kleinen Kreis in der Art eines Brainstormings – und so war es – diskutieren. Ich nehme mir die Freiheit, zu sagen, dass man sich in einem Brainstorming, wenn man bemüht ist, die Verfahrensdauern in den Griff zu bekommen oder andere schwer wiegende, große Probleme für die Justiz zu lösen, auch einmal den einen oder anderen unkonventionellen, auch unmöglichen Gedanken anhören muss. Das ist, glaube ich, auch ein Teil der Gesprächskultur.

Nehmen Sie aber zum Beweis dafür, dass nicht der geringste Plan, nicht die geringste Absicht besteht, in dieser aufgezeigten Richtung auch nur irgendwie tätig zu werden, den Umstand, dass nachher auch kein einziges Wort darüber geredet wurde. Sie wer­den im Ministerium kein einziges weiteres Gespräch auch nur gerüchteweise berichtet bekommen. Sie werden kein einziges Blatt Papier sehen, weil es auch keines gegeben hat, auf dem Derartiges steht.


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Aber bitte, ich sage es noch einmal: Wir gehen im Justizministerium sehr moderne Wege. Wir machen das deshalb, weil wir den Versuch unternehmen, in der öffentlichen Wirtschaft – und ich will das Problem jetzt nicht verniedlichen – auch privatwirtschaft­lich, auch in der Organisationsfrage, zu denken. Ich bin meinen Beamten, also den Be­amten der Republik Österreich, die im Justizministerium tätig sind, wirklich dankbar dafür, dass sie bei allen Möglichkeiten, effizient zu arbeiten, mitgehen.

Ich bitte aber zuzugestehen, dass man im kleinen Kreis, in einem vertraulichen, infor­mellen Gespräch auch einmal nicht zu verfolgende Gedanken äußern darf. Der Ge­danke wurde verworfen – nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Wenn das eine Verfeh­lung war, glaube ich, Ihnen nicht zustimmen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Da kann sich ein Strasser eine Ecke abschneiden!)

Damit Sie aber sehen, Frau Abgeordnete, dass wir es wirklich ernst meinen mit dem wirklichen Bedrohungsbild, das wir haben, nämlich dem Bedrohungsbild, dem die Be­völkerung ausgesetzt ist, weil die Verfahren einfach zu lange dauern: Sie dürfen nicht vergessen, dass 3 Prozent der anhängigen Zivilprozesse in erster Instanz bereits über drei Jahre – unter Anführungszeichen – „alt sind“. Das sind über 1 400 im Jahr. Das bedeutet Schicksale, das bedeutet Probleme für Familien, das bedeutet Probleme für unterhaltszahlungspflichtige Väter, das bedeutet vermehrte Kredite, das bedeutet psy­chische Belastung.

Dem müssen wir gerecht werden, und nicht nur dem: Wir stehen am Vorabend einer Osterweiterung. Wir haben ein funktionierendes Rechtssystem. Unsere Klein- und Mittelbetriebe sind darauf angewiesen, dass dieses Rechtssystem europaweit auch zwischen den Mitgliedstaaten funktioniert.

Nach diesem Gespräch habe ich mich an meine Kollegen in der EU gewendet, insbe­sondere an das den Vorsitz führende Land, und habe erreicht, dass das Problem der Verfahrensdauer als erster Tagesordnungspunkt beim neuen Vorsitz in Rom abgehan­delt wurde, mit dem Ziel – und das trifft uns selbst! –, für zu lange Verfahren eine Staatshaftung einzuführen. Das ist neu, das entspricht aber auch dem Gedanken des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.

Wir gehen weiter. Wir machen auch einen Ideenwettbewerb, an dem sich alle beteili­gen mögen: Richter, Staatsanwälte, Nichtrichter, Rechtspfleger, Rechtsanwälte, Notare und Laien. Ich kann Ihnen heute sagen, dass das auf eine sehr breite Zustimmung gestoßen ist. Jeder in diesem Land soll seine Idee zur Verfahrensverkürzung und zur Verfahrensbeschleunigung äußern dürfen. Auch das ist neu. Den Vorsitz in dieser Kommission wird der Ihnen wahrscheinlich bekannte Sektionschef in Ruhe Dr. Ober­hammer führen. Der kennt sich aus. Der hat das Bild dieser modernen Justiz durch mehrere Jahrzehnte hindurch gestaltet. Wir werden unter seiner Führung die besten Ideen des Landes sammeln, und wir werden diese Gesetzgebungsperiode mit Sicher­heit mit ganz entscheidenden Maßnahmen, die zur Verfahrensbeschleunigung beitra­gen, abschließen.

Und wir werden weiterhin gemeinsam – ich weiß das, wie das hier zu sagen ist – auf dem Boden stehen, dass die Unabhängigkeit der Richter unser höchstes Gut im Rechtsstaat ist und bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 



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19.35

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte vorweg dem Herrn Bundes­minister noch einmal für seine ausdrückliche Klarstellung danken. Auch wenn wir alle nicht daran gezweifelt haben, so hat dies, glaube ich, noch einmal unterstrichen, dass wirklich niemand – auch wenn die Opposition das manchmal anders darzustellen ver­sucht – in dieser Regierung und in dieser Regierungskonstellation auch nur im Entfern­testen daran denkt, die Unabhängigkeit der Richter in irgendeiner Weise in Frage zu stellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Naja, ...!)

Ich danke ausdrücklich auch Herrn Kollegem Jarolim, weil Herr Kollege Jarolim auch gesagt hat, dass er gerne mitwirkt an Überlegungen, die eine Verfahrensbeschleuni­gung und die Lösung mancher Probleme, die es auch bei den Gerichten gibt – und zwar von Gericht zu Gericht sehr unterschiedlich –, zum Ziel haben, dass man an die­sen Maßnahmen, die hier notwendig zu sein scheinen, mitwirkt und dass Sie sich auch einbringen werden bei diesem Reformprozess, wie ihn der Herr Bundesminister hier ausdrücklich vorgestellt hat.

Ich halte das auch für sehr wichtig, einerseits aus der Sicht beruflicher Erfahrung, aber auch auf Grund von vielen Berichten von Menschen, die mit Gerichten in Kontakt ge­kommen sind, die einerseits gute Erfahrungen gemacht haben, aber andererseits bei manchen Gerichten – und dort eben dann leider gehäuft – sehr lange Verfahrens­dauern in Kauf nehmen mussten und sehr wenig effiziente Verfahren erlebt haben. – Das nur zu dieser Reformdebatte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nun zu den heute zur Be­schlussfassung anstehenden Vorhaben kommen. Es wurde schon erwähnt, dass darunter auch zwei Regelungen sind, die sich mit immateriellen Schäden beschäftigen. Erlauben Sie mir daher, dass ich in der Folge kurz auf die Entwicklung eingehe, die immaterielle Schäden in der österreichischen Rechtsordnung betrifft.

Grundsätzlich ist schon von Beginn des ABGB an und darüber hinaus klar geregelt gewesen, dass es Schadenersatz für materielle Schäden gibt – sei es für Schäden an Sachen, an Personen oder auch im Vermögen der Rechtsunterworfenen oder der Per­sonen –, aber nur sehr eingeschränkt für immaterielle Schäden. Es gibt also in der österreichischen Rechtsordnung nur sehr eingeschränkte, ganz bestimmte, ausdrück­lich geregelte Fälle, wo auch für immaterielle Schäden Ansprüche zuerkannt werden, und das aus sehr gutem Grund. Ein Beispiel wären die Schmerzensgeldansprüche, wo das schon sehr lange geregelt ist.

Der gute Grund dafür, dass wir da in der österreichischen Rechtsordnung sehr restrik­tiv sind, liegt einerseits darin, dass ja das Problem des Nachweises solch immaterieller Schäden gegeben ist, da sie sich ja meist im Inneren der Menschen abspielen, sie in ihrer Befindlichkeit betreffen und daher nach außen sehr schwer nachweisbar sind, und andererseits darin, dass auch die Frage der Bewertung ein großes Problem darstellt.

Wie bewertet man solch immaterielle Schäden? – Hier gibt es eine breite Palette, wo­bei auf der einen Seite die von Beginn an eher restriktive Handhabung und die restrikti­ven Regelungen in Österreich stehen, am anderen Ende würde ich die Situation in den USA ansiedeln, wo, wie wir aus verschiedenen Medienmeldungen immer wieder hören, für manchmal auch sehr geringfügige immaterielle Schäden Millionenbeträge, manch­mal auch zweistellige Millionenbeträge zuerkannt werden.

In diesem Szenario hat sich in Österreich im Laufe der Judikatur in den letzten Jahr­zehnten einerseits eine Entwicklung dahin gehend abgespielt, dass für Schmerzens­geldansprüche berechtigterweise eine entsprechende Anhebung stattgefunden hat, wo von Beginn an von den Gerichten auch bei schwersten und dauerhaften Schädigungen


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nur sehr geringe Ansprüche zugesprochen wurden, die sich dann doch schön langsam zu durchaus angemessenen Entschädigungen entwickelt haben; und es hat sich ande­rerseits auch eine Entwicklung dahin gehend abgespielt, dass man gesagt hat, es gibt auch Bedürfnisse, über die von Beginn an geregelten Bereiche hinaus solche immate­riellen Schäden zuzuerkennen.

Zwei dieser Fälle können wir mit der heute zur Beschlussfassung anstehenden Novelle auch erfassen. Das eine ist das schon erwähnte Recht auf Wahrung der Privatsphäre, was grundsätzlich nichts Neues ist, sondern sich im Bereich der Persönlichkeitsrechte schon findet. Aber nun wird ausdrücklich auch ein immaterieller Schadenersatz für Ver­letzungen der Privatsphäre zuerkannt, wenn sie ein gewisses Maß der Erheblichkeit übersteigen.

Das Zweite ist – und das ist auch schon erwähnt worden – der Anspruch auf Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude. Damit setzen wir eine Judikatur des Europäischen Ge­richtshofes in gesetzlicher Form um.

Insgesamt gesehen kann man sagen, dass wir den richtigen Weg gehen, wenn wir sehr maßvoll mit dem Anspruch auf immateriellen Schadenersatz umgehen, diese Ent­wicklung mit Vorsicht betrachten, aber dort, wo Bedarf ist, auch nicht davor zurück­schrecken, einen solch immateriellen Schadenersatz zuzuerkennen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


19.41

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das vorliegende Zivilrechts-Änderungsgesetz ist ohne Zweifel eine Weiterentwicklung des österreichischen Zivil­rechts und daher grundsätzlich zu begrüßen.

Diese Reformen müssen aber – das möchte ich festhalten, und da schließe ich mich der Meinung meines Vorredners an – weitergeführt werden, und zwar insbesondere im Konsumentenschutzbereich. Man könnte natürlich jetzt lange zu den einzelnen Neu­regelungen reden, ich möchte mich aber auf drei Punkte beschränken.

Der erste Punkt betrifft das Nachbarrecht. Dabei geht es im Grunde genommen um die von fremden Bäumen und Pflanzen ausgehenden Auswirkungen auf den Nachbar­grund. Wir werden allerdings im kommenden Jahr eine andere Variante oder ein ande­res Szenario zu diskutieren haben, nämlich die von GVOs ausgehenden Auswirkungen auf den Nachbargrund. Es liegt die Empfehlung der Europäischen Kommission über die Koexistenz gentechnikfreier Landwirtschaft und einer Landwirtschaft, die sich der Gentechnik bedient, vor.

Wir Sozialdemokraten meinen, Herr Bundesminister, dass es notwendig sein wird, in diesem Bereich ganz klare Regelungen zum Schutz der kleinstrukturierten österreichi­schen Landwirtschaft, zum Schutz jener Bauern, die sich einer gentechnikfreien Pro­duktion verschrieben haben, zu treffen. Daher wäre für uns von Interesse, von Ihnen zu erfahren, da es bereits ein Gutachten des deutschen Umweltbundesamtes zu diesen nachbarrechtlichen Fragen gibt, ob seitens Ihres Ressorts diesbezüglich bereits Vor­arbeiten geleistet wurden.

Im Mittelpunkt der heutigen Gesetzesänderungen steht aus meiner Sicht die Änderung des Konsumentenschutzgesetzes. Diese ist grundsätzlich zu begrüßen. Zu begrüßen ist auch die Neuregelung, dass allgemeine Vertragsformblätter auszufolgen sind. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung erzählen, dass gerade Konsumentenberatungsein-


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richtungen – wie auch das Justizministerium selbst – größte Probleme hatten, von ein­zelnen Anbietern die Vertragsformblätter zur Prüfung auf Konformität mit dem KSchG zu erhalten. Daher ist diese Regelung zu begrüßen. Allerdings ist ein Wermutstropfen auch dabei, Herr Bundesminister: Bei B2C-Geschäften im E-Commerce-Bereich ste­hen wir vor der Situation, dass Anbieter ihre Geschäftsbedingungen entgegen dem E-Commerce-Gesetz, entgegen der Fernabsatz-Richtlinie gestalten und gar nicht bereit sind, diese Unterlagen auszufolgen. Ich glaube, wir sollten darüber nachdenken, wie wir auch da zu einer besseren Regelung kommen könnten.

Der Bereich Urlaubsfrust wird ebenfalls neu geregelt. Das geht darauf zurück, dass einige Gerichte in Österreich bereits richtlinienkonform entschieden haben, andere wie­derum nicht. Daher ist diese ausdrückliche Regelung im Konsumentenschutzgesetz grundsätzlich zu begrüßen. Jetzt ist die Rechtsprechung gefordert, dies zu konkretisie­ren. Es geht, wie schon mein Vorredner gesagt hat, um die Bewertung immaterieller Schäden, und da geht es insbesondere um die Höhe des Entschädigungsbetrages. Auch ich bin der Meinung, dass die derzeitige Regelung eine richtlinienkonforme Inter­pretation darstellt. Daher werden wir dieser auch zustimmen.

Trotzdem muss, Herr Bundesminister, die Diskussion um mehr Konsumentenrechte weitergehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Bundesrepublik Deutschland gibt es bereits seit 1. Oktober 2000 ein Rücktrittsrecht von zwei Wochen bei Verbraucher­geschäften. Österreich hängt da nach. Ich glaube, wir sollten diese Regelung aus der Bundesrepublik übernehmen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier und KollegInnen betreffend „Vereinheitlichung der Rück­trittsfristen für KonsumentInnen bei Konsumentengeschäften“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, eine einheitliche Rücktrittsfrist von 14 Tagen in allen einschlägigen Konsumentenschutzgesetzen (zum Beispiel Konsu­mentenschutzgesetz, Bauträgervertragsgesetz, Kapitalmarktgesetz) vorzuschlagen und entsprechende Gesetzesänderungen dem Nationalrat vorzulegen. Dies soll der erste Schritt zur Vereinheitlichung und Vereinfachung beziehungsweise für eine ver­besserte Übersichtlichkeit (Klarheit) des Österreichischen zivilrechtlichen Konsumen­tenschutzes sein.

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein konkreter Vorschlag für die wei­tere zivilrechtliche Diskussion. Wir dürfen Sie einladen, diesem Antrag zuzustimmen.

Abschließend noch eines, Herr Bundesminister: Ich begrüße Ihre Feststellungen, zur Verfahrensbeschleunigung eine Staatshaftung einzuführen, aber ich meine, auch Sie sind im Verzug, nämlich was die Staatshaftung für legislatives Unrecht betrifft. Wir kennen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und wissen, dass in Österreich eine derartige Regelung für Staatshaftungsangelegenheiten fehlt. Wir er­warten uns, Herr Bundesminister, dass Sie in Kürze auch eine derartige Regelung dem Parlament vorlegen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

 


19.47


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Mag. Maier verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Seine Redezeit ist wunschgemäß auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


19.47

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich sehr, dass diese Materie, die wirklich einen Bedarf deckt, der inzwischen entstanden ist, auch von der Opposition hier mitgetragen wird. Dem Entschließungsantrag, der, soweit ich informiert bin, noch eingebracht wird, in welchem es um den Bereich der Nachbarschaftsrechte geht und in welchem vorgesehen ist, dass eine Evaluierung der Auswirkungen erfolgt, werden wir selbstverständlich gerne zustimmen.

Das Thema Nachbarrecht mag unscheinbar wirken, dass es aber gar nicht so un­scheinbar ist, erfährt man, wenn man die ehemalige Volksanwältin Korosec dazu befragt. Es hat geradezu nach einer Regelung gerufen. Diese Regelung erfolgte ver­ständlicherweise von Seiten des Ministeriums nicht sofort, denn es würden wahr­scheinlich die Gerichte, wenn da kein Filter vorgeschalten werden würde, in einem Ausmaß belastet werden, das nicht notwendig ist. Deshalb hat man in diesem Gesetz die Regelung einer vorausgehenden Mediation, eines prätorischen Vergleichs oder auch der Schlichtungsstelle geschaffen, sodass man erst dann, wenn nach drei Mona­ten noch keine Einigung erzielt werden konnte, das Gericht anrufen kann. Wie gesagt, dieser Entschließungsantrag wird von uns im Sinne der Evaluierung dieses Bereiches gerne mitgetragen.

Der Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude ist auch ein wichtiger Bereich. Damit haben wahrscheinlich sehr viele in diesem Haus auch schon einmal zu tun gehabt: Man fährt auf Urlaub, und es stehen gravierende Dinge im krassen Gegensatz zu dem, was ver­sprochen wurde. Wenn dann auch noch ein Verschulden festgestellt werden kann, dann ist es jetzt Gott sei Dank möglich, einen Schadenersatz, ein Schmerzensgeld dafür einzufordern.

Das betrifft natürlich nicht eine kurze Flugzeugverspätung, ein schmutziges Besteck oder möglicherweise ein Buffet, das einem nicht ganz passt, und es betrifft zum Bei­spiel auch nicht den mangelnden Schneefall im Winterurlaub, denn das ist ja nicht ein Verschulden des Hoteliers. Aber nichtsdestotrotz gibt es eine ganze Reihe von Fällen – gerade im Bereich des Konsumentenschutzes sind Beschwerden gekommen –, die zur Notwendigkeit, ein solches Gesetz zu schaffen, geführt haben. Wir sind sehr froh dar­über, dass es hier nun zur Beschlussfassung kommen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


19.50

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Kolleginnen haben schon dar­auf hingewiesen, dass der Konsumentenschutz massiven Aufwind braucht. Herr Minis­ter, Sie waren immerhin in der Lage ... (Bundesminister Dr. Böhmdorfer entfernt sich kurz von der Regierungsbank.) Sie gehen, aber ich wollte mich doch bei Ihnen bedan­ken.


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Herr Minister, Sie waren immerhin in der Lage, erstmals – ich betone: erstmals – einen Antrag der Grünen zu einem positiven Abschluss zu bringen. Ich möchte darauf hinwei­sen, dass ich persönlich am 20. September im Jahr 2002 den Entschließungsantrag eingebracht habe (Abg. Mag. Mainoni: Ziemlich genau vor einem Jahr!), in welchem gefordert wurde, dass endlich entsprechende gesetzliche Regelungen geschaffen werden, dass Reiseveranstalter für vergeudete Urlaubszeit Ersatz leisten müssen. Herr Minister, seit dem Jahr 2000 liegt dieser Vorschlag im Parlament. Ich bin ja dankbar dafür, dass er nach drei Jahren beschlussreif geworden ist, aber die Urheberschaft ist eindeutig. (Abg. Mag. Mainoni: „2002“ haben Sie gesagt!) Nein, 2000! Ich habe ihn extra vorgelesen und habe gesagt: 20. September im Jahr 2000. (Abg. Mag. Regler: Sie haben gesagt „2002“!) Danke, dass Sie mich darauf aufmerksam machen, aber Sie können jederzeit im „parlinkom“ nachschauen, dort ist alles dokumentiert.

Dass dieser Vorstoß dringend von Ihnen umzusetzen war, beweisen die verschiedenen Vorgänge, sei es auf landesgerichtlicher Ebene oder auf Europaebene. Wie Sie wissen, hat das Landesgericht Linz sehr wohl positiv entschieden, aber das Landesge­richt Wien hat bei anderen Fällen, in welchen es darum ging, immateriellen Schaden­ersatz bei entgangener Urlaubsfreude zu leisten, negativ entschieden, und diese Dis­parität in der Rechtsprechung war ja dann auch der Anlass dafür, dass der EuGH tätig wurde, und letztlich war das auch der Impuls dafür, dass Sie, Herr Minister, unter Zug­zwang kamen. – Ich bin ja froh, dass es so ausgegangen ist.

Dazu gibt es auch Pressemeldungen, und Sie selbst haben hier auch geschrieben, und zwar am 13. März 2002 – jetzt ist es wirklich 2002 –, dass diese Gesetzesänderung bis spätestens 1. Jänner 2003 erfolgen wird. Inzwischen waren Neuwahlen, und da nahm sich der Herr Minister dann doch anderer Gesetzesmaterien an, aber jetzt ist endlich dieser wichtige Bereich nicht nur beschlussreif, sondern beschlussfertig, ist unter Dach und Fach.

Herr Minister! Ich hoffe, dass bei anderen dringenden konsumentenpolitischen Anlie­gen – Frau Kollegin Fekter wird all das, so hoffe ich, mittragen –, wie zum Beispiel be­treffend den Bereich der Gewinnspiele, zu dem es auch einen Antrag der Grünen gibt, ebenso positiv ans Werk gegangen wird und im Sinne der Betroffenen, die wir alle letztlich auch sind, Regelungen, gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Missbrauch eindämmen und die vor allem grenznahe Unternehmen davon zurückhalten, bei uns dieses Unwesen weiterzutreiben.

Ich könnte noch zwei, drei andere Bereiche anführen, wo Regelungen notwendig sind. Ich nenne jetzt nur das Heimaufenthaltsgesetz – jetzt heißt es ja Heimvertragsgesetz und ist um die Persönlichkeitsrechte abgespeckt worden –, bei welchem auch ein Be­schluss dringend notwendig wäre, weil es da um ganz wesentliche Dinge geht.

Herr Minister! Wir haben ja einen aktuellen Fall in Lainz beziehungsweise im Pflegebe­reich der Stadt Wien, und ich meine, dass nicht nur die Pflege, sondern insgesamt der Heimaufenthalt endlich unter gesetzliche Bestimmungen gestellt werden muss, die bundeseinheitlich sind. Ich frage hier ganz speziell: Wann haben Sie denn vor, Herr Minister, den ursprünglichen Ansatz, der schon in Begutachtung gegangen ist und der schon positiv begutachtet wurde, dem Justizausschuss vorzulegen? Heute liegt auf unseren Tischen der Vermerk, dass das Heimvertragsgesetz dem Ausschuss zugewie­sen wurde, aber was ist denn jetzt mit dem Heimaufenthaltsgesetz beziehungsweise mit den wesentlichen Aspekten des Persönlichkeitsrechts, der Freiheit? Das ist noch ausständig!

Bitte, Herr Minister, werten Sie unsere heutige Zustimmung zu diesem Zivilrechtskom­plex als positiven Ansporn dazu, dass Sie weitere Anstrengungen in dieser Richtung – auch in anderer, wie etwa in Richtung Heimvertragsgesetz – unternehmen, dass Sie


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diese Anliegen forciert in Angriff nehmen. Ich hoffe, dass das nicht nur ein Wort in Gottes Ohr ist, sondern dass das wirklich bei Ihnen auf fruchtbaren Boden fällt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Der Pilz hat ihr nicht gelauscht!)

19.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu einer kur­zen Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


19.55

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Moser, das Heimaufenthaltsge­setz ist nach menschlichem Ermessen am 21. Oktober dieses Jahres im Ministerrat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Sehr gut, Herr Minister!)

19.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


19.55

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Von der Fülle der Materien, die wir heute hier im Hohen Hause zu behandeln haben, ist die Neuregelung der Nachbarrechte eine, die sehr praxisbezogen ist und die auch sehr einfach und sehr klar gefasst wurde. Dies ist auch eine Rege­lung – und das hat der Herr Bundesminister schon im Ausschuss festgestellt –, die von der Bevölkerung mit großen Erwartungen verknüpft wird, wobei das wahrscheinlich aus verschiedenen Gründen so ist. Zum einen werden natürlich all jene, die querulatorisch veranlagt sind, zunächst einmal dieses Recht wahrnehmen, zum anderen geht es dabei wirklich darum, dass tatsächlich Betroffene wirklich ihr Recht gegenüber unver­ständigen Nachbarn entsprechend einklagen und sich erkämpfen können, ihr Recht auf Licht, ihr Recht auf Sonne, ihr Recht auf Luft. Ich glaube daher, dass das eine sehr ver­nünftige und notwendige Regelung ist, die überfällig war.

Die zwingende Befassung einer Schlichtungsstelle vor einer Klage ist in jedem Fall eine äußerst sinnvolle Maßnahme, weil dadurch die Streitpartner ganz einfach gezwun­gen werden, sich miteinander zu beschäftigen und auch die Interessen des anderen zu sehen. Dass das nicht immer zum Ziel führen wird, ist, glaube ich, auch klar. Das weiß ich von der Gemeindeebene her sehr genau, weil gerade in diesem Bereich dann sehr oft die Fronten schon sehr verhärtet sind und das Gesprächsklima eher gestört ist.

Ausdrücklich begrüßen möchte ich eine Regelung, die zwar immer schon vorhanden war, aber nun neu gefasst wurde, nämlich dass Wurzeln und Äste entfernt werden können, aber dass das jetzt fachgerecht zu erfolgen hat. Persönlich bin ich froh über eine derartige Regelung, denn mir tut es immer weh, wenn ich einen Strauch oder einen Baum verstümmelt sehe. Ich glaube, dass diese Neuregelung – meiner Meinung nach eines Lebensbereiches – doch eine solche ist, die nicht nur der Pflanze gut tut, sondern auch dem ästhetischen Empfinden des Menschen.

Hohes Haus! Wie sich diese Neuregelung insgesamt bewähren wird, das zu verfolgen wird zweifellos interessant sein. Ob damit ein Großteil der Streitfälle tatsächlich abge­deckt werden kann, ob es nicht zum Beispiel doch auch zu Konflikten mit landesge­setzlichen Regelungen kommen wird, die an und für sich ausgenommen sind, da diese vom Gesetz nicht betroffen sind, werden wir erst im Vollzug sehen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Regelungen auf Landesgesetzebene, die im Forstgesetz, im Auffors­tungsgesetz oder in einem Abstandsgesetz enthalten sind, doch zu Unverständnis in


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der Bevölkerung führen können und da wahrscheinlich Konflikte anstehen werden, was man dann bei der Evaluierung berücksichtigen kann.

Seitens unserer Fraktion gibt es keinen Zweifel darüber, dass wir einem Entschlie­ßungsantrag, der eine eventuelle Evaluierung vorsieht, gerne zustimmen werden. Es war ja ursprünglich von Haus aus so vorgesehen, nur wollte die SPÖ seinerzeit im Ausschuss dieser Regelung nicht beitreten.

Ich möchte abschließend feststellen, dass ich glaube, dass der Umgang mit Eigentum in gewissem Sinne gelernt sein will. Gerade bei frischgebackenen Grundbesitzern stellt man oft fest, dass das Recht auf Eigentum sehr penibel und sehr extrem ausgelegt wird und weniger die damit verbundenen Pflichten gesehen werden. Aber ohne Tole­ranz und gegenseitiges Verständnis kann oft eine angestrebte Idylle im Grünen zur Hölle werden. Ich glaube daher, dass es gut, notwendig und richtig war, dass der Ge­setzgeber mit einem einleitenden Satz dazu Stellung nahm – dieser Satz wurde heute schon ein paar Mal zitiert –, nämlich dass „die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen“ haben. An und für sich würde dieser Satz allein alles regeln. Was er aber nicht regelt, regeln die übrigen Paragraphen des Gesetzes, und wir sind sehr froh über dieses neue Gesetz. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


20.00

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Änderung des Allgemei­nen Bürgerlichen Gesetzbuches und insbesondere die Änderung des so genannten Nachbarschaftsrechtes gemäß den §§ 364 und 422 findet hier allgemeine Zustimmung, wie zu hören war. Ich bin der Überzeugung, dass das gut ist, weil ich glaube, dass wir dadurch mehr Rechtsfrieden in unserem Land haben werden. – So stellen zumindest wir uns das vor.

Kollegin Dr. Partik-Pablé hat eingangs gesagt, dass sie befürchtet, dass dann eventuell so wertvolle und schöne Dramen wie Shakespeares „Romeo und Julia“ nicht mehr ge­schrieben werden; ich hoffe aber, dass es noch andere Stoffe gibt, damit für die Welt­literatur entsprechende Dramen geschrieben werden können. Ich glaube, das ist trotz­dem noch möglich! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man diese beiden Paragraphen, die seit 1916 nicht mehr geändert wurden, nun ändert und auch neue Wege beschreitet, dann finde ich das gut und richtig, insbeson­dere dass man die Mediation auch in einem solchen Bereich einführt, in welchem die Ursache und der Anlass einer Streitigkeit oft unterschiedlich sind. Ich meine, es ist richtig, dass wir versuchen, über Mediation und über den prätorischen Vergleich im Rahmen von Schlichtungsstellen im Vorfeld eine gewisse Abkühlungsphase zu bewir­ken, um einen gerichtsanhängigen Streit zu vermeiden. Das ist, wie ich glaube, ein interessanter Ansatz und ein guter, richtiger Weg.

Auch ich möchte das Lob bekräftigen, das der Herr Bundesminister für Justiz ausge­sprochen hat, und – das sage ich jetzt aus Lokalchauvinismus dazu – dem Tiroler Dr. Kathrein herzlich für diese gelungene Gesetzesvorlage danken! (Beifall bei der SPÖ.)

Beim Durchlesen der Regierungsvorlage beziehungsweise auch bei näherer Befas­sung mit den verschiedenen Paragraphen ist mir aufgefallen, dass der im ursprüng­lichen Ministerialentwurf noch vorgesehene und auch von der Volksanwaltschaft


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monierte Schadenersatzanspruch, dass nämlich, wenn Unterlassung nicht durchsetz­bar ist, ein Ausgleichsanspruch hergestellt werden muss, gestrichen wurde. Im jetzigen Gesetzentwurf ist davon nichts mehr zu sehen. Ich weiß schon – und ich habe mich auch erkundigt –, dass das einerseits mit den Kompetenzrechten der Länder zusam­menhängt. Es wurde auch von meinem Vorredner schon kurz angesprochen, dass dann die Kompetenzen der Länder im Zusammenhang mit Bauordnungen, Wald-, Flur- und Wiesengesetzen und so weiter berührt werden würden. Wir werden sehen, inwie­weit die jetzige Regelung mit den Landesgesetzen kollidiert, ich denke aber, dass im Justizministerium genau darüber nachgedacht wurde, und ich glaube den Experten.

Sie planen, dem Entschließungsantrag beizutreten, den wir hier einbringen werden, dass man dieses Gesetz nach einer gewissen Zeit evaluiert. Dann werden wir nämlich klüger sein. Es gibt in Deutschland schon ähnliche Bestimmungen, und die Belastung der Gerichte hat nicht massiv zugenommen. Ich hoffe, dass dieses Gesetz bei uns einerseits nicht zu einer großen Mehrbelastung der Gerichte führen, dass es anderer­seits aber mehr Rechtsfrieden geben wird.

Es hat mich lediglich gewundert, dass dieses Gesetz erst mit 1. Juli 2004 in Kraft treten soll. Das ist das Einzige, was ich zu bemängeln habe. Ich kann mir nicht ganz erklären, warum dieses Gesetz nicht schon mit 1. Jänner 2004 in Kraft treten soll. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

20.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. Die Uhr ist auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


20.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte auch ganz kurz auf die konsumentenschutzspezifi­schen Belange dieser Gesetzesmaterie eingehen. Die Vorredner haben schon betont, dass hier EU-Recht umgesetzt wird und auch die entsprechende Rechtsprechung des EuGH berücksichtigt wurde.

Konsumentenschutz – da sind wir uns einig – ist auf europäischer Ebene ein wachsen­des Politikfeld. Das ist ganz klar zu erkennen. Das hat damit zu tun, dass sich die Wirt­schaftswelt liberalisiert und dass sich damit die Einkaufsmöglichkeiten auch für den Konsumenten europäisieren, wie ich das einmal definieren möchte.

Die Fülle des Angebots macht es für den Konsumenten nicht unbedingt leichter, eine entsprechende Auswahl zu treffen, weil sehr oft die dahinter liegenden Geschäfts­grundlagen nicht klar ersichtlich sind. In Anbetracht dessen kommen wir als Gesetz­geber in die schwierige Position, ermitteln zu müssen, wie wir in dieses sensible Feld zwischen Konsument und Unternehmer eingreifen können. Wir werden uns auch in Zukunft sehr stark damit zu beschäftigen haben, wie wir die diesbezügliche Rechtsent­wicklung und auch die Rechtsdurchsetzung entsprechend gestalten, damit ein steuern­des Eingreifen auch tatsächlich möglich ist.

Ein gutes Beispiel hiefür sind die Haustürgeschäfte. Wir wissen, dass sie einen Teil des Geschäftslebens darstellen. Auch ich halte nichts von den Forderungen, dass diese Haustürgeschäfte generell einfach abgeschafft werden sollen. Vielmehr muss die Frage geklärt werden, wie man hier sensibel eingreifen kann. Wir wissen aber auch, dass es in diesem Bereich zum Teil zu Übergriffen kommt.

Ich glaube, mit den vorliegenden Änderungen wurde sensibel eingegriffen. Die Frage der unterschiedlichen Rücktrittsfristen ist auf nationaler Ebene nicht so einfach zu lösen, weil es diesbezüglich auch seitens der EU unterschiedliche Vorstellungen gibt.


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Ich glaube, dass wir als Konsumentenschützer ein Gleichgewicht und eine Balance zwischen Konsument und Unternehmen finden müssen. In diesem Sinne sehe ich zum Beispiel auch die Frage der Verbandsklagen. Die Verpflichtung des Unternehmens zur Ausfolgung der Geschäftsbedingungen oder der Vertragsformblätter soll nicht – hier hat es, wie in der Regierungsvorlage vorgeschlagen, eine Änderung gegeben – von einer Bescheinigung ihrer Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit durch die zur Verbandsklage befugte Einrichtung abhängen. Vielmehr soll es ausreichen, wenn die Einrichtung glaubhaft macht, dass sie die Bedingungen und Formblätter zur Wahrnehmung der Interessen des Verbrauchers benötigt. Ich halte das für eine sinnvolle Regelung, weil beispielsweise bei Stichprobenprüfungen in einer Branche herausgefunden wurde, dass die Geschäftsbedingungen vielfach rechtswidrige Klauseln beinhaltet haben. Wei­ters ist diese Regelung auch in Fällen zielführend, in welchen sich eine Einrichtung nur einen Überblick darüber verschaffen will, wie die entsprechende Rechtslage aussieht, oder wenn es um die Evaluierung von neuen gesetzlichen Maßnahmen geht. – Ich glaube, diese Änderung im Konsumentenschutzgesetz macht Sinn im Interesse des Konsumenten.

Ich möchte aber auch auf eine Entwicklung hinweisen, Herr Bundesminister, die wir nicht übersehen sollten. Es gibt auch sehr klare Hinweise aus der Wirtschaft, wo es möglicherweise Fehlentwicklungen geben könnte, und diese Hinweise sollten wir als Gesetzgeber nicht überhören.

Ich nenne ein Beispiel: Wir wissen, dass Handys eine der größten Schuldenfallen für die Jugend darstellen. Jetzt wird das Thema der Verordnung der Rufnummernportie­rung erörtert. Es gibt sehr klare Hinweise seitens der Wirtschaft, wie das geregelt wer­den soll. Herr Minister! In Anbetracht dessen bitte ich Sie, dass auch Sie darauf hinwir­ken, dass die Wirtschaft in diesem Zusammenhang entsprechend gehört wird. Wenn sie mittun will, müssen wir sie auch mittun lassen!

Ich glaube, dass diese Gesetzesmaterien im Sinne des Konsumenten und der Unter­nehmer liegen, und wir stimmen diesen Materien zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

20.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


20.10

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Alle Debattenredner haben schon darauf hingewiesen, dass das vorliegende Zivilrechts-Änderungsgesetz eine Konsensmaterie ist.

Auch ich möchte mich gleich zu Beginn bedanken, und zwar vor allem bei Ihnen, Herr Minister, dass Sie nämlich insbesondere in der Frage des Konsumentenschutzes ver­sucht haben, nachhaltig einen Schritt in die richtige Richtung zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir aber auch, wie es im Justizausschuss lange Tradition hat, mich namens meiner Fraktion, aber auch persönlich bei der hohen Beamtenschaft sehr herzlich zu bedanken, und zwar nicht nur für die erstklassige Vorbereitung der Gesetze, sondern vor allem auch für die Unter­stützung und für die Zusammenarbeit! Ich meine, es ist zumindest im Justizbereich wirklich immer erfrischend, wie man hier wichtige Materien in Angriff nimmt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)


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Es wurden ja bereits sowohl betreffend den Konsumentenschutz als auch betreffend das Nachbarrecht alle wichtigen Punkte angesprochen. Ich möchte zum Nachbarrecht aber doch noch einige Anmerkungen machen.

Frau Kollegin Wurm hat darauf hingewiesen, dass viele Nachbarschaftsstreitigkeiten ihren Ausgang eigentlich in ganz anderen Bereichen nehmen. Leider muss man dazu sagen, dass viele Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ihren Nachbarn nicht so umgehen können, wie wir alle uns das vielleicht wünschen. Daher begrüße ich sehr, dass wir im Vorfeld die Mediation und die Schlichtungsstellen eingerichtet haben. Ich meine aber, Herr Minister, dass wir wirklich gemeinsam darauf achten sollten, dass auch tatsächlich im außergerichtlichen Weg versucht wird, Lösungen herbeizuführen, denn es ist ja nicht primär die Intention des Gesetzes, dass es im Endeffekt sehr viele gerichts­anhängige Verfahren gibt und letztlich – wie ich von der menschlichen Seite her sagen möchte – die zwei betreffenden Nachbarn, solange sie leben und Nachbarn sind, erst recht nichts miteinander reden.

Ich glaube, dass viele der Fragen, um die es hier geht, oft auch im sozialen Umfeld an­gesiedelt sind. Auch diesbezüglich könnten wir gemeinsam einen Beitrag leisten. Ich glaube, es gehört ganz einfach auch zu unserem gemeinsamen Leben, dass man die Kommunikation mit den Mitmenschen und vor allem auch mit den Nachbarn pflegt.

Ich hoffe, dass dieses neue Gesetz, gemäß welchem in drei Monaten versucht werden soll, außergerichtlich eine zwischenmenschliche Lösung herbeizuführen, einen Großteil der Verfahren in diesem Bereich sozusagen abfedert und damit bewirkt wird, dass die Menschen wieder miteinander reden, dass offene Fragen ausdiskutiert werden und die Gerichte nicht damit belästigt werden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, dass bei einem Tagesordnungs­punkt wie diesem, der von allen Rednern positiv und im Konsens vorgetragen wurde, sehr wohl auch sichtbar wird, dass man, wenn man sich im Vorfeld der Ausschuss­arbeit und im Ausschuss bemüht, Fragen, die für die Menschen sehr wichtig sind, gemeinsam zu lösen, dazu auch in der Lage ist. – In diesem Sinne werden wir von sozialdemokratischer Seite dieser Gesetzesvorlage sehr gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


20.14

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in meinem Beitrag insbesondere auf die Änderungen im Nachbarrecht eingehen und als Beispiel einen Fall betreffend den Ärger über den Baum an der Grenze anführen.

Mein Beispielfall aus der Praxis trug sich am Schauplatz Bezau zu, meiner Heimatge­meinde in Vorarlberg. Heuer im Juli fand eine Bauverhandlung betreffend den Umbau eines Einfamilienhauses statt. Die Nachbarn waren geladen und sind auch erschienen. Der Umbau wurde von mir als Bürgermeisterin verhandelt, und zwar zunächst ohne Probleme. Es schien alles eitel Wonne zu sein. Doch plötzlich kamen zwischen den Nachbarn Emotionen hoch, und das Hauptthema war nicht mehr der Umbau, sondern die zwei Tannen an der Grenze, die Schatten warfen, zu viel Licht raubten und schon lange ein ständiges Ärgernis waren.

Die Diskussion wurde immer emotionaler. Ich versuchte zu schlichten und verwies darauf, dass es in naher Zukunft eine Änderung im Gesetz geben werde, sodass der Nachbar die unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Schattenwurf nicht mehr so ohne


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weiteres hinnehmen müsse, weil nämlich das Recht, dass diese Bäume nicht mehr da­stehen, einklagbar sein werde. – Das Ergebnis dieser Geschichte: Die beiden Bäume, die jahrelang Anlass für Streitigkeiten waren, wurden innerhalb der nächsten Woche entfernt.

Geschätzte Damen und Herren! Das ist sicherlich kein Einzelfall. Ich habe in vielen Bauverhandlungen zahlreiche ähnliche Probleme gehabt und erlebt, wie Nachbarn wegen Bäumen jahrelang im Streit waren. Das geltende Nachbarrecht wurde den in der Praxis aufgeworfenen Streitigkeiten nicht mehr gerecht.

Ich bin froh, dass durch das vorliegende Zivilrechts-Änderungsgesetz nun für diese negativen Immissionen, also die unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Schatten­wurf, eine Regelung getroffen wird und dass auch der Baumschnitt beziehungsweise das Schneiden von Ästen und Wurzeln besser geregelt wird.

Auch ich bin froh, dass eine Klageflut dadurch verhindert wird, dass zunächst versucht werden soll, eine gütliche Einigung zwischen den Streitparteien herbeizuführen. Wei­ters bin ich froh, dass der Konsumentenschutz verbessert wird, aber auch die Eingriffe in die Privatsphäre geregelt werden.

Wie das Beispiel, das ich hier geschildert habe, zeigt, sind das notwendige und gute Änderungen im Gesetz, und ich freue mich, dass heute Einvernehmen darüber herrscht, dass dieses Gesetz gemeinsam verabschiedet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


20.17

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch ein paar kurze Anmerkungen zum Kon­sumentenschutzgesetz und insbesondere zum Ersatz entgangener Urlaubsfreuden machen.

Es wurde bereits sehr viel dazu gesagt. Es ist natürlich auch sehr begrüßenswert und positiv für die Konsumenten, dass diese Novelle heute umgesetzt wird. Es ist dies eine langjährige Forderung der betroffenen Konsumenten. Unterstützt wurde diese Forde­rung sehr wesentlich auch durch das EuGH-Urteil, das ebenfalls schon erwähnt wurde. Kollegin Fekter hat den Fall der Linzer Familie kurz geschildert. Das Landesgericht hat den Fall dem EuGH vorgelegt, um ein Voraburteil zu bekommen. Dabei wurde genau festgestellt, dass die EU-Pauschalreisen-Richtlinie natürlich umzusetzen ist und dass ein Anspruch auf entgangene Urlaubsfreuden besteht. Das Linzer Gericht hat das dann auch in seinem Urteil berücksichtigt.

Allerdings haben nicht alle Gerichte diese Regelung berücksichtigt. Daher ist diese Novelle ganz wesentlich. Immerhin sind es 3 000 Konsumenten pro Jahr, die zum Ver­ein für Konsumenteninformation gehen und in solchen Fällen Beschwerde einreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Punkt möchte ich noch hervorheben, der möglicherweise eine Hürde bei der Umsetzung dieses Gesetzes darstellt. Es handelt sich um die Formulierung im § 31e Abs. 3, in dem es heißt:

„Wenn der Reiseveranstalter einen erheblichen Teil der vertraglich vereinbarten Leis­tungen nicht erbracht hat ..., hat der Reisende auch Anspruch auf angemessenen Er­satz der entgangenen Urlaubsfreude.“


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Bei dieser Formulierung betreffend den „erheblichen Teil“ wird es sicherlich noch unter­schiedliche Interpretationen geben, und letztlich werden die Gerichte zu entscheiden haben, wie dies zu verstehen ist.

Ich möchte das im Folgenden nur durch ein Beispiel unterstreichen: Im Leistungsange­bot eines Reiseveranstalters ist zum Beispiel auch Kinderbetreuung als eine von vielen Leistungen inkludiert. Die Eltern entscheiden sich für genau dieses Urlaubsangebot, weil die Kinderbetreuung für sie ganz wesentlich ist und ein wichtiges Kriterium dafür darstellt, dass sie ihren Urlaub auch entspannt genießen können. Jetzt fällt diese Kin­derbetreuung aus irgendeinem Grund aus, und es stellt sich die Frage, wie das Urteil aussehen wird, wenn die Eltern sich beschweren und zu Gericht gehen. Ist die Reise als solche beeinträchtigt, ist sie nicht beeinträchtigt? Ist ein erheblicher Teil beeinträch­tigt oder nicht beeinträchtigt?

In Deutschland ist dieser Teil etwas klarer geregelt. Da heißt es, dass die Reise als solche beeinträchtigt sein muss und nicht nur ein erheblicher Teil, wodurch die Aus­legung unterschiedlich sein kann.

Weiters ist zu bedenken, ob ein Schadenersatzanspruch besteht, wenn ein Reisever­anstalter die Reise überhaupt absagt, wenn ein Kunde eine Reise erst gar nicht antritt, weil bestimmte Teile, die in der Reise zuerst vorgesehen waren, nicht durchgeführt werden oder stark abweichend von den ursprünglichen Bestimmungen durchgeführt werden.

Wie gesagt, diese Formulierung ist nicht sehr präzise, und ich appelliere an die Ge­richte, hier auch konsumentenfreundlich zu entscheiden. Wir alle werden das genau beobachten, und ich denke, dann wird man sehen, ob in der Praxis noch einiges nach­justiert werden muss oder nicht.

Meine Fraktion wird dieser Novelle auch zustimmen. Es sind berechtigte Forderungen der Konsumentenschützer darin umgesetzt, und auch viele Einwände, die in den Stel­lungnahmen der Interessenvertreter gemacht wurden, sind in diese Novelle eingearbei­tet und umgesetzt worden. Daher wird es auch eine Zustimmung geben. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

20.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Stadlbauer zu Wort. – Bitte.

 


20.22

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auch ich möchte noch einige Worte zum Nachbarschaftsrecht sagen. Streitigkei­ten betreffend das Recht auf Licht sollen ja in Zukunft primär außergerichtlich ausgetra­gen werden. In diesem Gesetz ist also eine Art Schlichtungsstelle vorgesehen. Schlich­tungsstellen sind ja grundsätzlich positiv zu bewerten, tragen sie doch dazu bei, Betrof­fenen den Zugang zum Recht zu ebnen und große Hürden wie das Gericht oder die Klage aus dem Weg zu räumen. Schlichtungsstellen können in vielen Bereichen helfen, und die Betroffenen werden sicherlich erleichtert sein.

Aber zu Beginn unserer heutigen Sitzung hat Klubobmann Molterer bei der Geschäfts­ordnungsdebatte, wenn Sie sich daran erinnern, von einer Prioritätensetzung bei der Diskussion gesprochen, einer Prioritätensetzung von ÖVP und FPÖ, und ich möchte ihn da beim Wort nehmen, beim Wort „Prioritäten“. Mir fehlt nämlich beim Thema Schlichtungsstelle beziehungsweise außergerichtliche Vereinbarung ein ganz wichtiger Bereich. Dieser wird leider von Ihnen, Herr Minister Böhmdorfer, nicht prioritär behan­delt. Ich spreche vom Bereich des Unterhalts. Hier ist eine neue Regelung im Rahmen des Außerstreitverfahrens für volljährige Unterhaltsempfänger und -empfängerinnen


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längst fällig, und hier sind Sie säumig, Herr Minister. Ich wollte Sie nur bei dieser Ge­legenheit wieder einmal daran erinnern. (Beifall bei der SPÖ.)

So positiv die Schlichtungsstelle zu bewerten ist, so kritisch muss man doch gleich zu Beginn anmerken, dass nicht alles vorgerichtlich gelöst werden kann. Wir müssen natürlich für die Betroffenen, wenn sie nicht zu ihrem Recht kommen, wenn es keine Einigung gibt, Möglichkeiten schaffen, damit sie dann doch zu ihrem Recht kommen. Aber, Herr Minister Böhmdorfer, gestatten Sie mir eine Frage: Wie wollen Sie sicher­stellen, dass es dadurch nicht noch zu einer zusätzlichen Belastung für das Gericht kommt? Wie soll das mit dem niedrigen Personalstand alles möglich sein? Sie sagen ja selbst im heutigen „Standard“, es gibt sehr viele Beschwerden, dass die Verfahren so lange dauern, Sie ziehen aber den falschen Schluss daraus, geben den Richterinnen und Richtern die Schuld und orten bei ihnen Desinteresse.

Ich denke, Herr Minister, das ist skandalös (Abg. Mag. Mainoni: Na geh!), das müssen Sie zurücknehmen. Ich bin davon überzeugt, dass die Richterinnen und Richter kein Desinteresse an ihrer Arbeit haben, sondern dass Ihre Politik, gepaart mit jener der ÖVP, nicht wirklich zu optimaler Unterstützung beiträgt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Wir reden über einen gemeinsamen Antrag!)

Die Neuregelung des Nachbarrechts, so positiv sie ist, wird das Arbeitspensum der Richter und Richterinnen erhöhen, aber Sie haben sich ja nicht einmal Gedanken dar­über gemacht, Herr Minister. (Abg. Wittauer: Sie auch nicht!) Ich entnehme einem gestrigen „Kurier“-Artikel über dieses Gesetz, dass man im Justizministerium noch keine Vorstellung hat, wie oft der Klagsweg beschritten werden wird.

Ich habe den Eindruck, Minister Böhmdorfers Arbeitsweise ist wie folgt: Er hat eine Idee, möchte sie so schnell wie möglich umsetzen, ist zwar nicht sehr erfolgreich da­bei, weil er doch immer wieder von der ÖVP gebremst wird und die ÖVP blockiert, und er kümmert sich dann nicht um die Konsequenzen. Ich hoffe nur, dass uns diese Art von Politik nicht irgendwann auf den Kopf fällt. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade auch in der aktuellen Diskussion um die Strafprozessreform wird dieses Politik­muster wieder sichtbar. Die Pläne, die Sie schmieden, sind nicht personalkompatibel. Sie müssen schon auch an die Konsequenzen denken, und es wird Zeit, dass Sie sich endlich gegenüber dem Finanzminister und gegenüber der ÖVP durchsetzen und mehr Personal und mehr Geld für das Justizwesen bekommen. Unsere Unterstützung haben Sie. Ich schätze allerdings, dass Sie von der ÖVP-Fraktion gebremst werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber positiv schließen. Wir stimmen diesem Gesetz zu, weil es den Betrof­fenen Zugang zum Recht verschafft, weil wir für die Menschen da sind und das auch damit wieder dokumentieren wollen. Die Neuregelung des Nachbarrechts geht aller­dings auf eine lange Diskussion zurück, die durch widersprechende Interessen ge­kennzeichnet war. Daher ist eine Überprüfung nach einer angemessenen Zeit notwen­dig.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein und freue mich sehr, dass dieser aller Wahrscheinlichkeit nach einstimmig beschlossen werden wird:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Stoisits, Mag. Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolle­ginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (212 der Beilagen) betreffend eine Evaluierung der Auswirkungen des neuen Nachbarrechts


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, spätestens drei Jahre nach dem In-Kraft-Treten der Änderungen im Nachbarrecht dem Nationalrat einen Bericht über die Auswirkungen dieses Teils des Zivilrechts-Änderungsgesetzes 2004 vorzulegen. In diesem Bericht möge insbesondere auf die Akzeptanz und die Effizienz der vorgesehe­nen außergerichtlichen Streitbeilegung, auf eine mit den Gesetzesänderungen allen­falls verbundene Mehrbelastung der Gerichte sowie auch auf die faktischen Folgen der gegenständlichen Gesetzesänderungen eingegangen werden.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Stadlbauer ver­lesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Stoisits, Dr. Fekter und Dr. Partik-Pablé ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 212 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in der dritten Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Ge­setzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung der Rück­trittsfristen für Konsumenten und Konsumentinnen bei Konsumentengeschäften.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Witt­auer – in Richtung SPÖ –: Wo sind eure Chefs? – Abg. Scheibner: Wenn nicht einmal eure Chefs zustimmen, stimmen wir auch nicht zu! Ohne Chefs wird nicht zugestimmt!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Jarolim, Mag. Stoisits, Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend eine Evaluierung der Auswirkungen des neuen Nachbarrechts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 24.)

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (124 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Eigenkapital ersetzende Gesell­schafterleistungen (Eigenkapitalersatz-Gesetz – EKEG) geschaffen wird sowie mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Unternehmensreorga­nisationsgesetz und das Übernahmegesetz geändert werden (Gesellschafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2003 – GIRÄG 2003) (211 der Beilagen)


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7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (174 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifge­setz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich sowie die Notariatsordnung ge­ändert werden (213 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (193 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Umstellung des Grundbuchs auf automationsgestützte Datenverarbeitung und die Änderung des Grundbuchs­gesetzes und des Gerichtskommissärsgesetzes (Grundbuchsumstellungsge­setz – GUG) geändert wird (GUG-Novelle 2003) (214 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 6 bis 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.30

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln in dieser Debatte drei Vorla­gen, die sich mit verschiedenen Themen beschäftigen, zum Beispiel das Grundbuchs­umstellungsgesetz, das die Grundlage für einen weiteren Schritt des Justizressorts darstellt, seine Rolle als Vorreiter im Bereich des E-Governments zu behaupten. Ge­rade das Justizressort war hier immer fortschrittlich tätig, und ich darf auch für diesen Schritt, die Urkundensammlung auf EDV zugänglich zu machen, wirklich herzlich dan­ken und dazu herzlich gratulieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da noch weitere Redner meiner Fraktion an das Rednerpult kommen werden, möchte ich einige Blitzlichter auf das Eigenkapital­ersatz-Gesetz werfen.

Worum geht es? – Es geht hier um die Behandlung von Darlehen, die ein Gesellschaf­ter seiner Gesellschaft während einer Krisensituation gewährt, wenn danach die Ge­sellschaft in die Insolvenz schlittert, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen wahrscheinlich von dritter Stelle keinen Kredit mehr zu marktüblichen Bedingungen bekommen würde.

Bisher war die Frage, was mit diesen Geldern im Falle der Insolvenz passiert, in Öster­reich nicht geregelt. Es ist zwar, ausgehend von der Rechtsprechung in Deutschland, auch der OGH der Rechtsprechung gefolgt, indem er judiziert hat, dass Gesellschafter, die einer kreditunwürdigen Gesellschaft Kredite gewähren, keinen Rückersatzanspruch haben. Der OGH hat zwar Grundsätze formuliert, er hat sich aber mit vielen Fragen bisher noch nicht beschäftigt. Die Praxis hat diese Rechtsunsicherheit immer massiv kritisiert, weil nach wie vor eine Reihe von wichtigen Fragen nicht gelöst ist. Zum Bei­spiel wurde die Untergrenze der Beteiligung für die Anwendung der Bestimmungen über den Ersatz von Eigenkapital ersetzenden Krediten nie erörtert. Es war auch nicht geklärt, wie groß der Einfluss des Kreditgebers auf die Gesellschaft sein darf oder sein


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muss. Es war auch nicht klar, welche Gesellschaftsformen davon überhaupt betroffen sind.

Der Entwurf begegnet diesen Problemen, der Entwurf schafft Rechtssicherheit, meine sehr geehrten Damen und Herren. Eine Arbeitsgruppe hat sich sechs Jahre lang mit diesen Fragen beschäftigt und hat am Entwurf gefeilt und gearbeitet. Letztendlich stellt der Entwurf einen Kompromiss aller betroffenen Gruppen dar, der versucht, einerseits dem Gläubigerschutz gerecht zu werden, andererseits aber auch die Sanierung von Unternehmen durch den Anteilseigner zu erlauben und zu ermöglichen, weil oft nur der Anteilseigner noch gewillt ist, einem Not leidenden Unternehmen, im wahrsten Sinne des Wortes, unter die Arme zu greifen. Aber das tut der Kreditgeber nur dann, wenn er Sicherheit hat, ab wann er noch finanzieren kann, wenn er Sicherheit hat, was er tat­sächlich riskiert, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der beste Gläubigerschutz ist letztendlich, die Insolvenz zu vermeiden, denn im Falle der Insolvenz – das wissen wir – gibt es wahrscheinlich für alle Gläubiger eine wesent­lich schlechtere Aussicht, als wenn der Betrieb saniert weitergeführt werden kann. Das schlechteste Ergebnis ist der Konkurs. Mit ihm geht nicht nur Vermögen verloren, sondern im Falle des Konkurses gehen auch immer wieder Arbeitsplätze unter, die wir so dringend brauchen.

Zum Inhalt der Vorlage: Sie definiert die Krise. Der Kreditgeber muss wissen, welche Folgen es hat, wenn er in dieser Situation Geld gibt, er muss aber auch wissen, wann die Krise tatsächlich eingetreten ist und wann die neuen Regeln für ihn gelten. Hier stellt der Entwurf auf § 22 des Unternehmensreorganisationsgesetzes ab. Jedenfalls aber liegt die Krise dann vor, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschul­det ist.

Genauso sieht der Entwurf eine Definition vor, wann man von einem beherrschenden Gesellschafter spricht. Das kann auf Grund der Stimmrechte sein, es kann aber auch auf Grund der Anteile sein, zumindest aber muss der Gesellschafter einen 25-prozenti­gen Anteil an der Gesellschaft halten.

Ebenfalls wird festgestellt, wann Finanzierungen nicht als Eigenkapital ersetzend gel­ten. Hier geht es in erster Linie um kurzfristige Überbrückungshilfen wie Geldkredite für nicht mehr als 60 Tage oder Warenkredite für nicht länger als sechs Monate.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich höre, dass nunmehr auch die Opposition dieser Vorlage die Zustimmung geben wird. Ich begrüße diesen Gesinnungswandel, vor allem dann, wenn ich mir die Debatte im Ausschuss vor Augen führe. Ich schließe daraus, dass die Verunsicherung beendet ist und dass offensichtlich die nähere Befas­sung mit einem Thema letztendlich auch zur Erkenntnis führt, dass jene, die sich hier jahrelang bemüht haben, dass jene, die jahrelang an diesem Kompromiss gefeilt haben, so schlecht nicht gearbeitet haben.

Ich kann mir aber auch einen kleinen Seitenhieb auf diese Verunsicherung nicht erspa­ren. Es kann einfach nicht sein, dass ein Zuruf, ein einziges E-Mail dazu führt, dass sozusagen der gesamte Gesetzgebungsprozess behindert wird und eine fünfjährige einvernehmliche Vorbereitungsarbeit in Frage gestellt wird. Ich bin daher wirklich froh, dass es heute noch zu diesem Einlenken gekommen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Entwurf bringt Rechtssicherheit und große Vorteile für den Wirtschaftsstandort Österreich. Er wird hoffentlich dazu führen, dass Unternehmen saniert werden können. Er wird hoffentlich dazu führen, dass Unter­nehmer und Gesellschafter ihrer Verantwortung für die Arbeitsplätze und für ihre Unter­nehmen in Zukunft noch mehr nachkommen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


20.36


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32. Sitzung / Seite 226

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordne­ter Dr. Jarolim. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.37

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In der Sache selbst ist das Eigenkapitalersatz-Recht eben­falls eine Konsensmaterie, weil die Regelungsinhalte etwas sind, was in wirtschaft­lichen Bereichen tatsächlich mehr Rechtssicherheit schafft.

Was mich nur irgendwie befremdet hat und mir eigentlich nahezu als beschämend für den Ablauf in einer Gesetzesentstehung erscheint, ist die Art und Weise, wie man hier offensichtlich aus Sorge und Angst – Herr Kollege Trinkl, weil Sie das vorhin angespro­chen haben – versucht hat, selektiv manche an der Diskussion Teilnehmende ganz einfach auszuschließen.

Ich darf Ihnen darauf als Antwort geben: Wenn alle Justizsprecher, kurz bevor der Aus­schuss sich mit dieser Thematik befasst hat, informiert werden, dass sich auf Grund einer Initiative der ÖVP im Rahmen der letzten Besprechungen eine Gruppe wie der KSV – mir ist der Kreditschutzverband an sich egal, nur weiß ich, dass er in Insolvenz­angelegenheiten eine Erfahrung hat, die wir alle miteinander nicht haben – zu Wort melden muss, um hier auch noch eine Stellungnahme abzugeben, und dann dankens­werterweise der Herr Bundesminister und Frau Kollegin Partik-Pablé etwa unsere Meinung teilen, wir sollten vor dem Ausschuss noch einmal darüber reden, um klarzu­stellen, was es eigentlich ist, was der Kreditschutzverband hier einbringt im Vergleich zur Stellungnahme der Ministerialbeamten, insbesondere des Herrn Dr. Mohr, dann verstehe ich nicht, warum Sie mit zunächst so großer Sorge und dann letztlich Emotio­nalität, die mich irgendwie sehr befremdet hat, versuchen, ein derartiges Gespräch der – würde ich sagen – Vernunft zu verhindern.

Wenn ich daran denke, dass wir dann unmittelbar vor dem Ausschuss eine Auseinan­dersetzung hatten, die aus meiner Sicht jedenfalls verzichtbar gewesen wäre, nur um die Frage, ob es die Möglichkeit gibt, Standpunkte, die jedenfalls auf der Tagesord­nung gestanden sind, miteinander zu vergleichen, dann fällt mir ein, dass wir auch in einer Reihe von anderen Veranstaltungen im Haus, etwa zum Thema der Diversion, reihenweise Experten einladen, uns das anhören, was sie zu sagen haben, und nach­her genau das Gegenteil beschließen.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es eben unsere Aufgabe als Parlamentarier ist, unsere Stimme dann abzugeben, wenn wir der Meinung sind, alle Stimmen gehört zu haben und die Informationen zu haben, die notwendig sind, um hier verantwortungs­voll vorzugehen.

Frau Kollegin Fekter, ich muss Ihnen sagen, ich hoffe, dass das ein Einzelfall war. Ich glaube es nicht, weil wir ja leider Gottes auch in der Vergangenheit immer wieder erfahren haben, dass die Stimme von Experten nur dann erwünscht ist, wenn sie das, was Sie sich offenbar vorstellen, auch tatsächlich sagen, aber es besteht kein In­teresse an einem wirklich offenen Diskurs.

Wir meinen, dass jedenfalls der Standpunkt des Herrn Justizministers, hier eine Dis­kussion zuzulassen, der Intellektualität, die beim Umgang mit solch einem Thema not­wendig ist, mehr entspricht als der Versuch – und die Art und Weise, uns das jetzt auch noch in die Schuhe zu schieben –, zu verhindern, dass eine Diskussion geführt wird, obwohl wir eigentlich wirklich nichts anderes wollten, als geklärt zu haben: Was ist mit diesen Einwänden?

Also wenn das dazu führt, dass eine emotionale Auseinandersetzung entsteht, sollten wir uns vielleicht einmal in aller Ruhe überlegen, ob es mit dem Parlamentarismus


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nicht doch besser bestellt ist, wenn wir sagen, das, was auf der Tagesordnung steht und wozu es Stimmen gibt, ist anzuhören, und dann sollten wir abstimmen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass das das letzte Mal war. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Mainoni zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.41

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf zum Eigenkapitalersatz-Gesetz ist tatsächlich auch wiederum eine notwendige Nach­ziehung einer Gesetzesmaterie, die bisher, vor allem auch in der Bundesrepublik Deutschland, durch Rechtsprechung geregelt wurde. Es handelt sich vor allem um einen nicht unwichtigen Bereich im Insolvenzrecht, in Insolvenzangelegenheiten. Ich bin sehr froh darüber, dass es nunmehr eine eindeutige Regelung gibt, wobei in erster Linie die Kapitalgesellschaften erfasst sind, aber auch die Genossenschaften mit be­schränkter Haftung und natürlich auch Personengesellschaften, bei denen kein unbe­schränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, also die GmbH & Co KGs.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um zwei mir wichtige Dinge anzusprechen. Die Diskussion um die strafrechtliche Relevanz des Handels des so genannten Lombard-Klubs ist Ihnen sicherlich nicht entgangen. Von Seiten der Staatsanwaltschaft ist jetzt der Vorschlag einer Diversion gemacht worden. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass eine Diversion, und das bedeutet ohne Schuldeinbekenntnis und dass auch jemand Dritter die Strafe bezahlen kann, in die­sem Fall sehr problematisch ist. Es geht nicht darum, dass ich hiemit an einem Gesetz oder letztendlich auch an einem Vorschlag der Staatsanwaltschaft Kritik anbringe, sondern es geht darum, dass wir alle wissen, dass die Auswirkung der Tätigkeit dieser Herren in diesem Lombard-Klub für uns alle eine schädigende war. Auch der Euro­päische Gerichtshof hat sich damit beschäftigt, und leider Gottes ist hier in Österreich das Ergebnis derart gestaltet.

Ein zweiter Punkt, den ich noch ansprechen möchte: Frau Kollegin Stoisits! Sie haben gegenüber unserem Justizminister, wenn auch sehr süffisant, das Wort „Wiederho­lungstäter“ gebraucht. Ich darf Sie schon daran erinnern, Frau Stoisits, dass es gerade in der ersten schwarz-blauen Regierungsperiode doch eine gewisse Aufgeregtheit dar­über gegeben hat, dass wir Freiheitliche an der Regierung sind, und man natürlich ganz bewusst den Herrn Justizminister als persönlichen Bekannten von Jörg Haider ganz besonders treffen wollte. Ich meine, dass das auch der Hauptgrund für insgesamt sechs oder sieben Misstrauensanträge war. Sie sehen aber, dass die Arbeit unseres Justizministers wirklich vollkommen unbestritten und qualitativ sehr hochwertig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Richterschaft und eine zeitlich be­schränkte Ernennung hat der Herr Justizminister ganz unmissverständlich, nicht nur gestern im ORF, sondern auch heute und auch vor den Medien – und das lässt keine Interpretationen mehr zu – vollkommen klar erklärt, dass er nicht daran denkt.

Lassen Sie mich aber in diesem Zusammenhang schon auch etwas sagen: Auch mir ist aus meiner Tätigkeit am Gericht bekannt, dass eine große Zahl von Richtern wirk­lich unter einem sehr hohen psychischen Druck mit großartiger Leistung arbeitet und Großartiges vollbringt. Es gibt jedoch auch Einzelfälle – und man sollte meiner Mei­nung nach in diesem Zusammenhang auch Einzelfälle ansprechen dürfen –, bei denen


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gewisse Verfahren einfach länger dauern. Es geht dabei auch nicht um Statistik, son­dern es geht in erster Linie um Menschen, die durch ein laufendes Gerichtsverfahren verunsichert sind, die schlaflose Nächte, Probleme und Sorgen haben, wie das auch der Herr Justizminister ausgeführt hat, die Kredite aufnehmen müssen und dergleichen mehr. Ich meine, es darf schon auch angedacht werden, was man unternehmen könnte, um eine sicherlich nur geringe Anzahl von Richtern dazu zu bewegen, dieselbe Leistung zu erbringen, wie sie eine Vielzahl ihrer Kollegen erbringt. Es darf nicht verbo­ten sein, darüber zu diskutieren.

Zum Schluss kommend: Die Äußerungen des Herrn Justizministers waren vollkommen klar. Und der Aufschrei zu diesem Thema ist meines Erachtens schon auch sehr künst­lich, denn beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland gibt es die Ernennungen auf Zeit für Richter. Es gibt die Ernennung auf Zeit, auf zwölf Jahre, es gibt aber auch die Ernennung auf Probe, nämlich für fünf Jahre. Es gibt also auch in anderen Staaten diese Diskussion. Wir gehen jedoch davon aus – und das ist unmissverständlich erklärt worden –, dass das bei uns nicht der Fall sein wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


20.46

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Vielleicht hätte ich es nicht mehr angesprochen, wenn sich Herr Mainoni jetzt nicht sozusagen selbst zu Ihrem Pflichtverteidiger ernannt hätte. Ich gehe nicht davon aus, dass das unmittelbar in Ihrem Auftrag geschehen ist. Aber es fordert mich natürlich geradezu heraus.

Herr Minister! Nach Ihrer Wortmeldung in der aktuellen Diskussion – sie ist noch nicht abgerissen, sondern setzt sich, wovon ich mich gerade eben im Internet anhand der morgigen Zeitungen überzeugen konnte, heftig fort, weil eben hier ein Prinzip verletzt wurde – muss ich sagen, dass ich Ihre Meinung da nicht teilen kann. Sie haben in Ihrer Wortmeldung davon gesprochen, dass in einem Brainstorming, in dem es darum ge­gangen sei, die Verfahrensdauer zu verkürzen, von Ihnen der gegenständliche Vor­schlag eingebracht worden sei. – Korrigieren Sie mich, wenn ich das jetzt nicht richtig wiedergebe! – Ich fasse es jetzt in meinen Worten: Unter anderem wurde also auch die Idee ventiliert, die Richter nur auf Zeit zu bestellen, denn dann würden sie einem Druck unterliegen. Wie sonst wäre auch der Konnex zu verstehen zwischen einer Diskussion über ein so wesentliches rechtsstaatliches Prinzip wie die Unversetzbarkeit der Richter und ihre Bestellung auf Lebenszeit und einer Diskussion, in der es um die Verfahrens­dauer geht? – Ich teile Ihre Sorge bezüglich der Länge der Verfahren, aber ich bin überhaupt nicht Ihrer Meinung, wenn Ihnen just in dieser Diskussion gerade das in den Sinn kommt.

Wie ich jetzt gesehen habe, haben sich namhafte Verfassungsjuristen, nämlich genau jene, die jetzt als Experten im Verfassungskonvent engagiert sind, also der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Korinek, und Herr Professor Mayer, glasklar dazu ge­äußert, was das Ventilieren – wie das jetzt genannt wird – von solchen Ideen bedeutet. Darum ist auch dieser öffentliche Aufschrei, wie Sie das genannt haben, für mich so wichtig. Ich sage, es gehört einfach zu einer kultivierten Diskussion in einem Rechts­staat, dass man – im übertragenen Sinn – aufschreit, wenn solche Ideen ventiliert wer­den.

Dass das Mitglied des Justizausschusses Mainoni Sie in diesen Ventilationsabsichten durchaus unterstützt, beweist, dass Sie damit nicht alleine sind. Herr Minister! Mein


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Vertrauen in Sie ist jedoch größer als das in Abgeordneten Mainoni, und ich hoffe, ich täusche mich nicht. (Abg. Mag. Mainoni: Das ehrt mich sehr!)

Und jetzt noch einige Worte zur Sache: Ich wiederhole nichts, was Kollege Trinkl, aber auch Kollege Jarolim zur Sache gesagt haben. Geschätzter Kollege Trinkl! Es war schon eine außergewöhnliche Situation, so würde ich es nennen, die wir letzte Woche vor einer Justizausschusssitzung erlebt haben, das muss man schon sagen. Sie war sogar so außergewöhnlich, dass sie für alle, so meine ich, einzigartig war. Heute sind wir, so wie davor auch, deshalb wieder in Harmonie, weil die Opposition entgegen den Wortmeldungen, die immer wieder aus den Reihen der Regierungsparteien kommen, konstruktiv und an Sachlösungen interessiert ist.

Unruhe in die Sache hat nicht die Opposition gebracht, sondern die Unruhe in diesem Punkt wurde von den Regierungsfraktionen in den Justizausschuss gebracht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Trinkl: Die Unruhe kam von außen!) Es ist doch bitte ein völlig logisches, normales parlamentarisches Procedere, dass Lobby­isten, wie es so schön auf Neudeutsch heißt, nämlich Interessenvertreter jede Möglich­keit nutzen, und sei es auch bis zur letzten Sekunde der Beschlussfassung eines Gesetzes, um ihre Interessen zu deponieren, und das vor allem dann, wenn sie sie für sträflich vernachlässigt halten. Sie würden doch ihre eigenen Interessen verraten, täten sie das nicht.

Nichtsdestotrotz ist es jetzt in der Sachfrage so, dass die Einstimmigkeit deshalb zu­stande kommt, weil die Argumente der langen und intensiven Vorbereitung dieses Gesetzes stimmen. Es stimmt aber genauso, dass die Interessen, die der Kreditschutz­verband zu vertreten hat, ganz offenkundig nicht in derselben Intensität im Verfahren berücksichtigt worden sind wie – und ich sage das jetzt ein bisschen salopp – bei­spielsweise Bankeninteressen. Auch das darf wohl gesagt werden, ohne dass man sich dafür gleich den Rüffel einhandelt, parlamentarische Gepflogenheiten unüblicher Art zu nutzen, nämlich im Ausschuss nicht zuzustimmen und dann im Plenum des Nationalrates doch die Zustimmung zu erteilen.

Eine dritte und letzte Bemerkung noch zur Änderung der Rechtsanwaltsordnung. Es ist auch etwas, das Gott sei Dank nicht so oft vorkommt, dass man lange vorbereitete Ge­setzesinitiativen am Tisch hat – vor dem Sommer gab es bereits die Regierungsvor­lage, und es ist insgesamt viel Zeit verstrichen – und dann fünf Minuten vor der Aus­schusssitzung noch ein gewaltiges Paket an substantiellen inhaltlichen nicht Änderun­gen, sondern Zusätzen kommt. Ich habe für all die Anliegen der Rechtsanwaltschaft, die vorgebracht wurden, Verständnis, und deshalb wird es selbstverständlich auch die Zustimmung geben. Ich muss aber sagen, Herr Minister, die Vorgangsweise frappiert mich schon ein bisschen, denn – und ich habe das heute bereits gegenüber der Vor­sitzenden des Justizausschusses angesprochen – ähnliche standespolitische oder berufsständische Anliegen vertreten auch die Notare. Zumindest zu mir als Justizspre­cherin sind sie schon mehrfach gekommen, und ich orte bei der Umsetzung von deren Anliegen kein vergleichbares Tempo im Justizressort.

Herr Minister! Das sollte Ihnen vielleicht als kleine Denksportaufgabe für den Rest des Abends noch mit auf den Weg gegeben werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Donnerbauer zu Wort. – Bitte.

 


20.53

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen


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Sie mich ganz kurz auf die Ausführungen meiner Vorrednerin eingehen, die gemeint hat, es wäre eine sehr außergewöhnliche Situation gewesen. Das war es ohne Zweifel. Sie hat aber auch gemeint, dass auch die Regierungsparteien irgendwo das Verschul­den träfe und dass es nichts Außergewöhnliches wäre, wenn Lobbyisten sich zu Wort meldeten.

Nun, liebe Frau Mag. Stoisits, dass sich Lobbyisten zu Wort melden, ist sicherlich nicht außergewöhnlich, aber dass einzelne Lobbyisten in einer Materie, die über Jahre unter Einbindung aller Beteiligten verhandelt wurde, alleine die Möglichkeit haben sollten, im Justizausschuss einseitig ihre Meinung zu vertreten, das wäre nicht fair und gerade in einer Materie, in der sich alle Betroffenen über Jahre hinweg mühsam um einen Kom­promiss bemüht haben, auch aus Sicht aller anderen am Prozess Beteiligten nicht in Ordnung gewesen. Das dazu.

Jetzt aber zu den Vorlagen, die hier zur Debatte stehen und zur Beschlussfassung an­stehen, und da darf ich auf eine Vorlage, die eine Änderung der Rechtsanwaltsordnung und der Notariatsordnung betrifft, eingehen. Es ist nicht so, wie das fälschlicherweise von manchen vermutet wird, dass es, immer wenn es um die Rechtsanwaltsordnung geht, um irgendwelche zusätzlichen Zuckerln für die Rechtsanwälte geht. Ganz im Ge­genteil: Die vorliegende Materie ist eine, die die Rechtsanwälte und Notare durchaus negativ betrifft, und zwar insofern, als es hiebei um die Umsetzung der Geldwäsche­richtlinie der Europäischen Union geht und dabei natürlich das besondere Vertrauens­verhältnis zu beachten ist, das es zwischen den rechtsberatenden Berufen und ihren Klienten gibt und auch geben muss, damit dieses System funktioniert. In einem gewis­sen Gegensatz zu diesem Vertrauensverhältnis steht das legitime Interesse der Gesell­schaft und des Staates, bei bestimmten schweren Verbrechen eine effiziente Verfol­gung zu ermöglichen.

Zwischen diesen beiden Polen einen Ausgleich zu finden, ist durchaus schwierig, wie man sich vorstellen kann, und führt auch dazu, dass man diesen Berufen, den Rechts­anwälten und Notaren, gewisse Meldepflichten auferlegt, die sie in einen gewissen Konflikt mit ihren Verpflichtungen und dem Vertrauensverhältnis ihren Klienten gegen­über bringen können, die ihnen aber auch das Risiko auferlegen, selbständig zu beur­teilen, wann eine Verdachtslage vorliegt oder wann eine solche nicht vorliegt und wann man daher zum Schutze des eigenen Klienten solche Meldungen auch nicht machen sollte.

Der heute zur Abstimmung vorliegende Entwurf findet auf dieser Gratwanderung zwi­schen den verschiedenen Polen durchaus eine gute Lösung, indem er zwar einerseits diese Meldepflicht auferlegt, andererseits die Meldepflicht aber auch auf gewisse Ge­biete beschränkt, die eben im Bereich der organisierten Kriminalität oder des Terroris­mus von besonderer Bedeutung sind. Bagatellfälle, also wenn es um Gelder in einem Bagatellbereich geht, sind von dieser Regelung ausgenommen.

Ich meine, dass es gelungen ist, die geschilderten unterschiedlichen Pole unter einen Hut zu bringen, sodass einerseits ein effizientes Arbeiten und eine Erfüllung der Aufga­ben der betroffenen Berufsstände weiterhin möglich sein wird, ohne dass übermäßige Risken entstehen, und andererseits auch ein effizientes Instrument zur Vermeidung und zur Bekämpfung von schweren Verbrechen im Bereich des Terrorismus und der organisierten Kriminalität zur Verfügung steht.

Zum Abschluss darf ich auch noch ganz kurz auf das Grundbuchumstellungsgesetz eingehen, das vom Kollegen Trinkl bereits erwähnt wurde. Es handelt sich dabei um einen ganz wichtigen Schritt, den Zugang zu diesen Urkunden zu erleichtern und besser zu ermöglichen, aber auch von Seiten der Gerichte effizienter zu werden, die


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Angelegenheit effizienter handhaben zu können, indem in Zukunft Abfragen über EDV möglich sein werden.

Mein Wunsch an den Herrn Justizminister und an das Justizministerium ist, dass man möglichst rasch auch die Urkunden aus der Urkundensammlung der Vergangenheit in dieses elektronische Urkundenregister aufnimmt, sodass es nicht Jahre dauern wird, bis ein halbwegs interessanter Bestand an Urkunden auch wirklich elektronisch erfasst ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.58

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Puswald zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.58

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Herr Kollege Mainoni irrt: Dieses Gesetz bietet keine aus­reichende Rechtssicherheit, hat keine gute Qualität, sondern es ist leider wiederum eine Fortsetzung der Husch-Pfusch-Gesetzgebung, die wir von dieser schwarz-blauen Regierung schon seit Monaten gewohnt sind. (Abg. Dr. Fekter: Das war jetzt wieder „tiefschürfend“!) Die Auswirkungen sind zwar Gott sei Dank nicht so fatal wie bei der Husch-Pfusch-Gesetzgebung bei den Budgetbegleitgesetzen mit der verpfuschten Pensionskürzungsreform, dem Abfangjägerkauf, der uns allen noch entsetzliches Kopf­weh bereiten wird, und so weiter und so fort. Auch die blamable Voest-Privatisierung wurde vom Zaun gebrochen und fällt in die Kategorie Husch-Pfusch-Gesetze. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mainoni: Bleiben wir doch sachlich!)

Warum spreche ich auch hiebei von einem Husch-Pfusch-Gesetz? – Die Tragödie ist nämlich – und das ist das besonders Bedauerliche –, dass wir ein Gesetz vorliegen haben, das seit sechs Jahren in Verhandlungen steht, das von Beamten ausgearbeitet wurde, die von höchster Qualität sind – und ich sage das Letztere ganz deutlich, damit man mir nicht wieder das Wort im Munde umdreht. (Abg. Dr. Fekter: Und was ist dann Husch-Pfusch?)

Wir haben Beamte wie den Herrn Dr. Mohr, wir haben Beamte von seiner Qualität, von Top-Qualität, die in Österreich ihresgleichen suchen. Wenn wir daher einen Gesetzes­text vorliegen haben, der eine Qualität hat, für die sich dieses Hohe Haus als Gesetz­geber eigentlich genieren muss, dann kann das nicht an den Beamten liegen, sondern dann muss das an diesem husch-pfusch politisch umgesetzten Willen liegen.

Ich sage Ihnen auch, was diese schlechte Qualität ausmacht. Wenn Sie sich den § 1 des Eigenkapitalersatz-Gesetzes anschauen, so sehen Sie, dass dort zitiert ist:

„Ein Kredit, den eine Gesellschafterin oder ein Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise gewährt, ist Eigenkapital ersetzend.“ – So.

In § 5 folgt dann die Definition, nur mit einem kleinen Schönheitsfehler: Dort finden wir die „Frau Gesellschafterin“ nicht mehr. – Ist die jetzt vom Gesetz ausgenommen? (Abg. Dr. Fekter: GesmbH!) Wir haben das im Justizausschuss diskutiert, und ich weiß, Sie verhöhnen diese Aussage jetzt, aber Sie wissen offenbar nicht, wie die Gerichtspraxis aussieht. Ich sage Ihnen, dass damit die Rechtssicherheit nicht verbessert wurde. (Abg. Dr. Trinkl: Können Sie noch einen ernsten Satz sagen?)

Herr Kollege Trinkl! Das, was hier festgeschrieben wird, ist bestenfalls eine Zusam­menfassung der Judikatur. – Das hätte man sich sparen können! Wenn wir hier als Parlamentarier arbeiten, dann sollten wir uns auch um eine ausreichende Qualität bemühen. Wir sollten Gesetze machen, die nicht überflüssig sind, oder, wenn sie schon gemacht werden, eine ausreichende Qualität haben. In Zukunft ist diese Qualität


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einzufordern und dem Husch-Pfusch ein Ende anzusagen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mainoni: Machen Sie einen Abänderungsantrag!)

21.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 5 Minuten ein­gestellt. – Bitte.

 


21.01

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kritik des Herrn Abgeordneten Puswald ist hier im Plenum genauso wenig überzeugend wie im Ausschuss. Er hat ja im Grunde genommen dasselbe vorge­bracht. Sie reden von „Husch-Pfusch“, von einer „schlechten Gesetzgebung“ und so weiter. Ich finde aber, die Kritik ist wirklich an den Haaren herbeigezogen, Herr Abge­ordneter, denn in Wirklichkeit haben Sie nichts anderes an Kritikpunkten vorgebracht, als dass im § 1 steht „die Gesellschafter“ und im § 5 „die Gesellschafterin“ fehlt, oder so etwas. Jedenfalls ist es eine derartige Nichtigkeit, dass ich es nicht einmal wieder­geben will. Ich glaube, wir sollten uns über ein solches Gesetz schon ernsthaft unter­halten – und nicht irgendetwas an den Haaren herbeiziehen, nur damit man Kritik üben kann.

Dass man sechs Jahre lang daran gearbeitet hat, liegt sicher darin, dass es ganz ein­fach eine neue Materie ist, die in der Praxis zwar schon sehr weit reichende Bedeutung hat, zu der aber auch aus den Nachbarländern noch keine Gesetze vorhanden sind. Da wollte man eben ganz einfach wirklich lange überlegen, bevor man das in Worte fasst. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich möchte mich aber noch ganz kurz zum Thema Geldwäsche äußern. Nicht nur als Justizsprecherin, sondern auch als Sicherheitssprecherin finde ich es sehr positiv, dass Maßnahmen getroffen werden, um problematische oder scheinbar problematische Geldanlagen besser zu kontrollieren und um die internationale Kriminalität wirklich besser beobachten und ihr auch Einhalt gebieten zu können. Besonders der Kauf oder Verkauf von Immobilien soll nun stärker unter die Lupe genommen werden, bezie­hungsweise sollen Notare und Rechtsanwälte auch dazu verpflichtet werden, Identitä­ten preiszugeben und die Kriminalbehörde zu verständigen, wenn ihnen etwas suspekt erscheint.

Es handelt sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Ich bin zwar nicht immer einver­standen mit dem, was wir von der EU umsetzen müssen, aber ich glaube, da handelt es sich schon um eine Richtlinie, die wichtig für Österreich ist. Wir wissen ja, dass ge­rade die internationale Kriminalität, die organisierte Kriminalität und der Terrorismus in unseren Ländern sozusagen Fortschritte machen, und daher ist es eben auch notwen­dig, zu handeln.

Im Wesentlichen ist zur Urkundensammlung schon alles gesagt, auch zum Eigen­kapitalersatz-Gesetz, und deshalb möchte ich meine Ausführungen beenden und ver­sichern, dass wir zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.04

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Was Kollege Puswald vorhin gesagt hat, ist etwas, das vielleicht 10 Sekunden und keine Sekunde mehr an Aufmerksamkeit verdient. Er hat alle Möglichkeiten gehabt, Verbes-


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serungsvorschläge einzubringen; es ist aber eigentlich kein einziger von ihm gekom­men. (Abg. Dr. Puswald: Sie sind gemacht worden! Sie haben sie nicht aufgegriffen!) Er sucht nur jede Möglichkeit, um nein sagen zu können.

Das, was Kollegin Stoisits vorher gesagt hat, dass sie bemüht ist, eine konstruktive Opposition zu bilden, hat mir gefallen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was aber auch nicht stimmt!) – Und da sind Zweifel schon angebracht, Frau Kollegin Partik-Pablé, aber: Kollege Puswald versucht ja nicht einmal mehr, sich den Anschein an Konstruktivität zu geben, sondern sucht nur irgendeinen Grund – und sei dieser noch so lächerlich, gro­tesk und skurril! –, nein sagen zu können. Ich bin sehr froh, Kollege Puswald, dass Sie da jedenfalls heute offensichtlich kein pars pro toto Ihrer Fraktion sind.

Dieses Gesetz ist nämlich viel zu wichtig, als dass man es hier mit einer solchen Lächerlichkeit kommentieren sollte. Es geht dabei um nicht mehr und nicht weniger als um die Hilfe für Unternehmen und Arbeitnehmer: Es geht darum, in Unternehmen, die sich in einer krisenhaften Situation befinden, die Möglichkeit zu eröffnen, das Unter­nehmen und damit die Arbeitsplätze zu retten. Das ist kein Anlass, sich in irgendeiner Weise ironisch und zynisch zu äußern! (Abg. Dr. Puswald: Ich habe gute Qualität ge­fordert!)

Vielleicht fehlt Ihnen die Praxiskenntnis, wie das so oft bei der Opposition festzustellen ist. Diese Praxiskenntnis nehme ich für mich in Anspruch, Kollege Puswald, und ich sage Ihnen: Da geht es um das Schicksal von Unternehmen und von Menschen. War­um? – Es geht darum, dass in einer schwierigen Situation eines Unternehmens mit die­sem Gesetz jene Rechtssicherheit geschaffen wird, dass Gesellschafter bereit sein können, noch einmal über Darlehen und Kredite Liquidität zuzuführen. (Abg. Dr. Pus­wald: Eben nicht!)

Das kann existenzentscheidend sein – und ist es in vielen Fällen auch. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, alles zu tun, den österreichischen Unternehmen und den österrei­chischen Arbeitnehmern in solchen Situationen zu helfen, die Arbeitsplätze in diesen Unternehmen zu sichern – und nicht zu warten, bis der Konkurs da ist und sich dann ausschließlich dem Gläubigerschutz zu widmen.

Dieses Gesetz war deshalb eine so schwierige Geburt, weil ein fairer Ausgleich zwi­schen Sanierungsinteresse und Gläubigerschutz zu finden war, und die Beamten des Justizministeriums sind zu bewundern, jedenfalls ist in gebührender Weise anzuerken­nen, dass nach einer so schweren Arbeit von sechs Jahren das Gesetz jetzt vorliegt. Es wurden alle Interessensgruppen x-mal gehört, es ging dem Gesetz ein langes Begutachtungsverfahren voraus, es war zweimal im Ministerrat, wir selbst haben im Justizausschuss noch einmal sehr intensiv darüber diskutiert, und zwar durchaus auch kontroversiell.

Deshalb kann es auch nicht einer einzigen Interessensgruppe, die mit ihren Forderun­gen nicht ganz durchgekommen ist, ermöglicht werden, alles im letzten Augenblick zu kippen. Wir würden damit auch Präzedenzfälle schaffen, die mit meinem Selbstver­ständnis – und ich hoffe, mit dem der Mehrheit des Hohen Hauses, jedenfalls in den Regierungsparteien gilt das – nicht einhergeht. Unser Selbstverständnis ist es näm­lich, als Gesetzgeber auch Verantwortung zu übernehmen, vor allem, wenn es um eine so wichtige Gesetzesmaterie geht. Aber da unterscheiden sich eben Regierungspar­teien und Opposition leider allzu häufig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Puswald: In der Qualität!) – In der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, da Sie ja gesagt haben, man soll das Wort nicht im Mund umdrehen. Ich fordere auch Sie dazu auf!

Es ist gut so, dass die SPÖ und die Grünen jetzt ihre ablehnende Haltung aus dem Justizausschuss revidiert haben, dass wir heute einen gemeinsam Beschluss fassen können, und ich sage Ihnen auch, warum: Wenn Auffassungen, wie Kollege Broukal


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sie heute auch zu der Frage der nicht entnommenen Gewinne vertreten hat, die wei­tere Vorgehensweise kennzeichnen würden, dann möchte ich Ihnen vor Augen halten, dass es gerade für die SPÖ sehr ratsam ist, jede Möglichkeit zu nützen und jede Unterstützung zu geben, wenn die Regierung und die Regierungsparteien Gesetzesini­tiativen ergreifen, die Unternehmen und Arbeitsplätze in den Unternehmen stärken und sichern.

Sie von der SPÖ kennen ja die Situation und die Arbeitslosenquote in den von Ihnen regierten Bundesländern sehr genau. Damit Sie es nicht einmal mehr verdrängen können, führe ich es Ihnen am besten direkt vor Augen. (Der Redner hält ein Balken­diagramm mit dem Titel „Arbeitslosenquote im Vergleich, August 2003“ in die Höhe.) Die beiden höchsten roten Balken sind Wien und das Burgenland. In Wien gibt es eine Arbeitslosenquote von 9,1 Prozent, Tendenz weiter steigend.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ihre freiwillige Redezeit ist abgelaufen, aber Sie können weiterreden.

 


Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (fortsetzend): Ich komme schon zum Schluss: Daher bin ich froh, dass letzten Endes Vernunft und Verantwortung im Sinne der österreichischen Unternehmen und deren Arbeitnehmer gesiegt haben und wir diese Gesetzesvorlage heute gemeinsam beschließen können. Ich glaube, dass wir damit unserer Verantwortung gerecht werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.10

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich das, was Kollege Ikrath gesagt hat, höre, muss ich sagen: Ich finde es ein bisschen schade, wie eine in diesem Haus so selten gewor­dene Konsensmaterie wie diese drei Vorlagen, die wir jetzt in einem diskutieren, be­handelt wird. Zu einer der drei Vorlagen, nämlich zu der, zu der Herr Kollege Ikrath Stellung genommen hat, möchte ich auch ein paar kritische Bemerkungen anbringen und an meinen Kollegen Puswald anschließen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist nicht gut! – Abg. Dr. Trinkl: Keine gute Entscheidung!)

Es ist eine Materie, bei der es Einwendungen gibt, bei der der Kreditschutzverband beim Eigenkapitalersatz-Gesetz sagt, da gibt es Einwendungen und Bedenken, und die Abgeordneten ersucht, sich damit auseinander zu setzen. Die normale Reaktion jedes vernünftigen Menschen wäre eigentlich, zu sagen: Hören wir uns doch diese Einwen­dungen an! (Abg. Mag. Donnerbauer: Wir haben sie gelesen! Noch besser!) Setzen wir uns mit diesen Einwendungen auseinander, schauen wir, ob sie nicht Sinn machen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es war ja nichts Vernünftiges!)

Ich war sehr froh darüber, dass sich der Herr Bundesminister dieser Meinung ange­schlossen und auch gesagt hat: Wischen wir sie nicht vom Tisch, sondern setzen wir uns damit auseinander, was der Kreditschutzverband zum Eigenkapitalgesetz sagt! Wenn er etwas Sinnvolles sagt, dann setzen wir es um, wenn nicht – das liegt in unse­rer politischen Entscheidung –, dann eben nicht.

Frau Ausschussvorsitzende Fekter! Ich war entsetzt: Genau diese Dialogfähigkeit – eine gute Tradition des Justizausschusses –, genau diese Fähigkeit, Einwendungen, die es gibt, auch aufzunehmen um sich damit auseinander zu setzen, bringen Sie offensichtlich nicht auf.

Ich möchte nur die Szenen in Erinnerung rufen, die sich in den Minuten vor Beginn dieser Sitzung des Justizausschusses abgespielt haben: Der Justizminister und alle


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Fraktionen sagen: Setzen wir uns mit dem, was der KSV sagt, auseinander! – Sie hin­gegen laufen angstvoll, dialogunfähig und schrill herum und versuchen, eine Situation herzustellen, die meiner Auffassung nach gerade eines Justizausschusses unwürdig ist und auch der guten Tradition des Justizausschusses widerspricht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Aber geh! – Abg. Dr. Stummvoll: Nein!)

Ich möchte mich aber ganz kurz auch mit der Vorlage beschäftigen, in der es um die Änderung der Rechtsanwaltsordnung, des Rechtsanwaltstarifgesetzes und der Notari­atsordnung geht.

Ich halte das für eine sehr wichtige Materie, weil das nicht nur tatsächlich Rechtsan­wälte und Notare betrifft, sondern weil das, wie ich meine, auch von großer gesell­schaftspolitischer Bedeutung ist. Mit der Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie geht es ja auch um die Diskussion Terrorbekämpfung, die ja in unser aller Interesse ist, und auch darum – und das finde ich auch richtig bei dieser Vorlage –, dass alle Pflichten im Zusammenhang mit der EU-Geldwäscherichtlinie nicht nur so wie bisher für die Finanz­behörden gelten, sondern in Zukunft auch Anwendung bei Rechtsanwälten und Nota­ren finden.

Ich denke, es ist aber wichtig, dass wir bei allem, was wir unter dem Titel Terrorbe­kämpfung diskutieren, immer doch auch mitbedenken müssen – auch deshalb, weil es international schlechte Beispiele gibt –, wie weit Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gehen können, ohne gleichzeitig einen unverantwortlichen Abbau von Bür­gerrechten mit sich zu bringen. Ich glaube, dass das eine demokratiepolitisch wichtige Diskussion ist und dass es auf Grund der Vorlage des Justizministers und vor allem der Experten im Ministerium gelungen ist, eine Vorlage auf den Tisch zu legen, die einen Beitrag zur Terrorbekämpfung darstellt, aber keine Einschränkung oder Gefähr­dung der Bürgerrechte bedeutet und daher eine korrekte Umsetzung dieser EU-Richt­linie darstellt. Daher wird die SPÖ diesen drei Vorlagen auch sehr gerne zustimmen – aber nicht ohne kritische Bemerkungen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.15

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Ich bin ja heute schon mehrmals angesprochen worden. Kollege Jarolim hat von einer „emotionalen Auseinandersetzung“ gesprochen. Richtig, ich war – muss ich ganz ehrlich sagen – emotional, ich war auch richtig aufgebracht, aber, Frau Kollegin Bures: Ängstlich war ich sicherlich nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Das können wir bestätigen! – Gegenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Es freut mich, dass wir hier Konsens gefunden haben und dass das eine Konsens­materie ist. Ich möchte mich beim Herrn Minister, der auch dazu beigetragen hat, dass dieser Konsens zu Stande gekommen ist, sehr herzlich bedanken.

Frau Kollegin Bures und Herr Kollege Jarolim, was ist wirklich passiert? – Tatsache war, dass wir eine Woche vor der Ausschusssitzung bereits in einem Vier-Parteien-Ge­spräch auch mit der Opposition deren Wünsche zu den Vorlagen beraten haben. Von dort ist aber keine einzige Silbe gekommen! Herr Kollege Puswald hätte beispielsweise schon damals einen Abänderungsantrag anregen können, damit wir das mit der „Ge­sellschafterin“ beziehungsweise dem „Gesellschafter“ vielleicht noch hätten berück­sichtigen können. (Abg. Dr. Trinkl: Zu der Zeit hat er es nicht gelesen gehabt!) Be­dauerlicherweise ist damals von Ihnen nichts gekommen.


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Im Übrigen, Herr Kollege Puswald: Sie sind noch sehr neu im Justizausschuss, und da­her ist es mir ein Anliegen, Ihnen mitzuteilen, dass wir im Justizausschuss keinen Bier­tischjargon pflegen. Dort wird sachlich argumentiert (Abg. Bures: Nicht mehr, seit Sie da sind! Das war früher so!), zugegebenermaßen emotional und auch in divergieren­den Themenstellungen. Aber eine derart polemische Art und Weise legt im Justizaus­schuss außer Ihnen kein einziges Mitglied – auch sonst niemand von ihrer Fraktion! – an den Tag. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Das war rein sachlich!)

Bei den Regierungsvorlagen, die aus dem Justizressort kommen, von „husch-pfusch“ zu reden, ist absolut ungerechtfertigt und eine Desavouierung der Beamtenschaft (Abg. Dr. Puswald: Die habe ich ja ausdrücklich ausgenommen!), die nämlich aus hervor­ragenden Legisten besteht. (Abg. Dr. Puswald: Stimmt!) Ich bedanke mich bei diesen Legisten, die die Gesetze immer ausgezeichnet vorbereiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass Unruhe von der Regierungsfraktion gekommen wäre, das weise ich zurück. Die Wirklichkeit war, dass uns eine Lobbyistengruppe beziehungsweise eine Person, näm­lich Dr. Kantner vom KSV, der sehr wohl auch in die sechsjährige Vorbereitungsphase eingebunden war, am Tag vor dem Ausschuss über die Medien seine Meinung aus­gerichtet hat. Ich als Ausschussvorsitzende habe um halb sechs Uhr am Abend ein E-Mail bekommen, in dem er das gesamte Gesetz abgelehnt hat und alles neu schreiben wollte. – Das war die Wirklichkeit. Dieser Lobbyist hat dann geglaubt, durch den medialen Druck als Einziger im Ausschuss angehört zu werden und dort sozusagen in seinem Interesse nachverhandeln zu können.

Wir sind gewohnt, dass Lobbyisten zu uns kommen, aber der Justizausschuss schießt nicht aus der Hüfte und schon gar nicht auf medialen Druck hin, sondern wir werden unser bisheriges System beibehalten, seriös mit den Experten die Dinge vorzubereiten und auszuverhandeln und die Opposition schon vor dem Ausschuss einzubinden, da­mit wir den sachlichen Rahmen im Ausschuss wahren. Herr Dr. Puswald, ich ersuche Sie, sich in Zukunft sachlicher zu äußern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Bitte schön!)

21.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Bundesminister für Justiz Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 


21.19

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Tatsache, dass wir dieses Gesetz in einem Teil­bereich in letzter Sekunde noch einmal überdacht haben, wurde ja bereits erörtert. Ich verstehe aus der Sicht der Frau Vorsitzenden des Justizausschusses, dass ihr das nicht recht war, gebe aber zu bedenken, dass es angesichts des Gewichtes der Organisation, die die Bedenken – wenn auch zu spät – vorgebracht hat, nicht schlecht war, dass wir uns noch einmal zusammengesetzt haben. Das darf sich nicht so schnell wiederholen, da bin ich ganz Ihrer Meinung.

Ich bedanke mich aber bei allen Abgeordneten, die an diesem Gespräch teilgenommen haben. Es war nützlich, und es hat dazu geführt, dass wir uns entschlossen haben, dass dieses Gesetz evaluiert wird. Wir werden deshalb die Auswirkungen des Gesell­schafts- und Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2003 insbesondere unter Bedacht­nahme auf die klein- und mittelständischen Unternehmungen in spätestens drei Jahren ab Wirksamwerden dieses Gesetzes evaluieren. Ich werde Ihnen also berichten, wie sich dieses Gesetz im Verhältnis zur bisherigen Judikatur auf die neue Judikatur aus­wirkt und ob dabei die Gefahr besteht, dass insbesondere die klein- und mittelständi-


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schen Unternehmungen unter die Räder kommen – dies insbesondere zum Beispiel im Hinblick auf die erfassten Kredite und, wie beschrieben, im Hinblick auf den Vergleich der Rechtslage zwischen früher und jetzt.

Zu den sonstigen aufgeworfenen Fragen, Frau Abgeordnete Stoisits, sage ich noch­mals: Ich habe Ihnen meinen Standpunkt mitgeteilt. Wir werden nunmehr im Rahmen eines Ideenwettbewerbs einen Vergleich auch auf internationaler Ebene durchführen, um – und das ist das eigentliche Thema – Verfahrensbeschleunigungen zu bewirken. Was dem Vergleich betrifft, ist bereits jetzt festgelegt, dass wir die deutsche und die österreichische Rechtslage vergleichen werden mit der Rechtslage der Reformstaaten: was alles diese zur Verfahrensbeschleunigung unternehmen, und was in Deutschland und Österreich geschieht. Sie werden sehen, dass da sehr viele Ideen kommen werden.

Was ich nicht möchte, ist, dass bloße Ideen, die geäußert werden, gleich unter „Straf­sanktionen“ fallen. Wir sollten diese Kommission einmal arbeiten lassen. Sie werden sehen: Im Interesse unserer Bevölkerung werden dann die Verfahren sehr erheblich beschleunigt werden. Das war ja der eigentliche Grundgedanke, und zu dem sollten wir zurückkehren. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner zu diesem Punkt spricht Herr Abge­ordneter Parnigoni. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.22

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Im Sinne der Verfahrensbeschleunigung, die der Herr Minister erwähnt hat, drei Bemer­kungen.

Zum Ersten: Wir wissen sehr genau, dass auch in Österreich eine Menge an Mafia-Geldern bei den Banken gelagert wird. Wir kennen Berichte darüber, dass es allein im letzten Jahr über 200 Verdachtsfälle gegeben hat. Etwa 17 Millionen € sind dem Bun­deskriminalamt bekannt geworden. Daher ist uns klar, dass nicht nur Gelder der Rauschgift-Mafia, sondern auch von Schlepperorganisationen und Waffenhändlern so­wie auch Gelder aus anderen kriminellen Geschäften deponiert worden sind. Daher be­grüße ich die Umsetzung der EU-Richtlinie, um Geldwäscherei, die durchaus auch ein kriminelles Hilfsmittel für Terrororganisationen ist, stärker in den Griff zu bekommen.

Zweite Bemerkung: Das Bundeskriminalamt ist für diese Aufgabe sicherlich besonders geeignet. Festhalten möchte ich, dass es nicht nur darum geht, internationale Kriminali­tät und Großkriminalität zu bekämpfen, sondern dass diese Organisation auch dazu geeignet ist, die vielen Massendelikte, die in unserem Lande steigende Tendenz auf­weisen, entsprechend zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass die Aufklärungsrate in unserem Lande wieder steigt.

Meine Damen und Herren! Als dritte Bemerkung darf ich nur festhalten: Kollege Pus­wald war wirklich außerordentlich sachlich im Ausschuss. Das darf ich bestätigen: Er war außerordentlich sachlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Im Aus­schuss! – Abg. Scheibner: Sachlich – ist das etwas Überraschendes?)

Ich halte fest, ich kenne Frau Kollegin Fekter wirklich schon viele, viele Jahre. Ich habe sie erlebt ... (Abg. Dr. Fekter: Aber ängstlich ist sie nicht!) Das bestätige ich, ängstlich ist sie nicht. Aber ich kenne sie auch als Staatssekretärin, ich habe sie viele Jahre durchaus auch in dieser Funktion erlebt und konnte feststellen, dass sie bestimmte Interessen immer sehr, sehr eingehend verfolgt hat. Sie war manches Mal sehr ein­seitig fixiert, das ist ganz klar. Und jetzt, als Abgeordnete wieder in die Bank hinein ver­bannt, scheint es manchmal dazu zu führen, dass sie sozusagen bestimmte Gefühls-


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ausbrüche erleidet. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Manchmal leidet auch ein wenig die Konsensbereitschaft darunter, und das ist bedauerlich. Aber ich glaube, Kollegin Fekter, auch Sie sind in der Lage, sich zu bessern und den Konsens wiederherzu­stellen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Wir stimmen diesen Vorlagen trotzdem zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Jarolim, Sie telefonieren seit 3 Mi­nuten im Plenum – wir kommen jetzt zu den Abstimmungen. (Abg. Mag. Mainoni: Was will er sagen?)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht offensichtlich kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Eigenkapitalersatz-Gesetz geschaffen wird, sowie mit dem die Konkurs­ordnung und weitere Gesetze geändert werden – Gesellschafts- und Insolvenzrechts­änderungsgesetz 2003 samt Titel und Eingang in 211 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. (Abg. Mag. Mainoni: Wo ist Puswald?) – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Frau Stoisits, sitzen oder stehen Sie? Sie stehen, das ist ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist also einstimmig angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung und weitere Gesetze sowie die Notariatsordnung geändert werden, samt Titel und Eingang in 213 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Grundbuchsumstellungsgesetz geändert wird – GUG-Novelle 2003, samt Titel und Eingang in 193 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer einverstanden ist, denn bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das Gesetz ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

9. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (55 der Beilagen): Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die Ausdehnung des Anwendungsbereiches


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des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Ballei Guernsey (215 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Niemand hat sich zu Wort gemeldet.

Wir kommen sofort zur Abstimmung.

Wer dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages, wie es im Ausschussbe­richt 55 der Beilagen vorgeschlagen wird, die Genehmigung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Frau Stadler? Herr Haubner? – Das ist einstimmig ange­nommen.

10. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geän­dert wird (119/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Meine Damen und Herren! (Die Abgeordneten Mag. Molterer, Dr. Cap und Scheibner besprechen sich vor den Sitzreihen.) Hier gibt es eine Zusammenrottung der Klub­obleute. Ich möchte Sie bitten, dies aus Respekt vor dem Redner einzustellen. (Abg. Scheibner: Herr Präsident, wir „rotten“ nicht!) Es gibt jedenfalls keine gebührende Beachtung für einen Redner. Meine Aufgabe ist es, diese Beachtung sicherzustellen. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Abgeordneter, Sie sind zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.29

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen!“ (Abg. Neudeck: Ist das Eigenwerbung?) Dieser Spruch, meine sehr verehrten Damen und Herren, könnte auf diesen Gesetzesantrag, der von der sozialdemokrati­schen Fraktion eingebracht wurde, angewandt werden. Wir stellen nämlich mit Genug­tuung fest, dass dieser Initiativantrag dazu geführt hat – nach einer längeren Diskus­sion im Gesundheitsausschuss –, dass diese Bestimmung bei der Änderung des Öff­nungszeitengesetzes und der Änderung der Gewerbeordnung aufgenommen wurde.

Anlass für diese Gesetzesinitiative war die Umsetzung der Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie, die nun Zug um Zug erfolgt. Damals war im Initiativantrag der Abgeordneten Donabauer und Lichtenegger eine entsprechende Regelung nicht vorgesehen. Sicher­gestellt werden sollte nämlich, dass das Versandhandelsverbot für Nahrungsergän­zungsmittel aufrecht bleibt. – Soweit zu diesem Sachverhalt.

Erlauben Sie mir aber, dass ich noch kurz grundsätzlich zur Problematik Nahrungser­gänzungsmittel, die mit diesem Gesetzesantrag in einem unmittelbaren Zusammen­hang steht, Stellung nehme. Wir haben heuer im Sommer wiederum erlebt, dass einige Sportler verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel zu sich genommen haben, bei denen in weiterer Folge ein positiver Dopingbefund gegeben war. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt seit März dieses Jahres einen Entschließungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion, in dem diese Problematik ausführlich dargestellt wird und auch aufgezeigt wird, welche Wege das Hohe Haus gehen müsste, um diese Pro­bleme zu beseitigen.


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Hohes Haus! Nahrungsergänzungsmittel sind in erster Linie Lebensmittel und nach den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen. Enthalten diese jedoch Dopingstoffe – Stoffe, die auf der Dopingliste des IOC stehen – oder pharmakologisch wirksame Stoffe, sind sie Arzneimittel. In Österreich stehen wir vor dem Problem, dass genau für diesen Bereich, für diese Fälle keine geeigneten Kontrollen stattfinden und keine klare Behördenstruktur gegeben ist, sodass es immer wieder passiert, dass verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht werden, und zwar nicht nur für Leistungssportler, sondern auch für Freizeitsportler, insbesondere im Fitness-Bereich.

Ich appelliere daher an die Regierungsparteien, den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion hinsichtlich verunreinigter Nahrungsergänzungsmittel, die als Arzneimittel zu qualifizieren sind, wieder auf die Tagesordnung des Gesundheitsausschusses zu neh­men. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

21.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Sie brauchen diese nicht auszuschöpfen, Herr Kollege.

 


21.33

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde diese Zeit nicht ausschöpfen. – Herr Kollege Maier hat es an sich schon dargestellt: Im Wesentlichen, nein, ganz genau haben wir die Auf­gabe im Rahmen der Gewerbeordnungs-Novelle im Zusammenhang mit der Laden­öffnungsregelung im Juni schon erledig, daher ist die Sache gegenstandslos.

Ich möchte nur noch einen Satz anhängen. Wenn Sie sich die Gewerbeordnung 2002, die ja wild umstritten war, von der Wirkung her anschauen, dann sehen Sie, dass es in 27 Gewerben und in neun Sparten im Handelsbereich zu Steigerungen gekommen ist. Sie sehen in Deutschland einen Rückgang, was die Betriebsgründungen anlangt; in Österreich hat die Gewerbeordnung dazu beigetragen, trotz Konjunkturkrise einen ent­sprechenden Gründerboom auszulösen.

Daher sei mir die Feststellung gestattet: eine positive Wirkung der Gewerbeordnungs-Novelle 2002! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


21.34

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Der „Mohr“ bin wahrscheinlich ich. – Ich bin sehr froh, dass wir die Gewerbeordnung auch hinsichtlich der Nahrungs­ergänzungsmittel geändert haben. Mir ist es heuer auch sehr wichtig gewesen, dass dieses Problem ... (Heiterkeit der Abg. Dr. Lichtenberger.) Das ist natürlich ein ernstes Problem; jetzt hat es einmal mich betroffen. Ich glaube, das war sehr wichtig, und vielleicht war es ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass es genau mich betroffen hat, weil ich die Möglichkeit habe, darüber Aufklärungsarbeit zu leisten.

Nahrungsergänzungsmittel – wie ich heuer im Sommer erfahren habe, hat eigentlich niemand eine Ahnung davon, was das ist. Wenn Sie irgendwo in den Drogeriehandel gehen und Vitamin-C-Brausetabletten oder Multivitamintabletten kaufen, so sind das nichts anderes als Nahrungsergänzungsmittel. Die Problematik ist: Jene Firmen, die diese Dinge herstellen, machen das Geschäft ja nicht mit uns 100 oder 150 Leistungs­sportlern in Österreich, sondern machen Milliardenumsätze selbst in Österreich mit den


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meisten Hobby- und Freizeitsportlern und mit denjenigen Leuten, die gesund leben wollen und solche Produkte zu sich nehmen, weil sie – oft einfach aus Stress, oder wie auch immer begründet – nicht die Zeit und die Möglichkeit haben, diese Dinge über die Ernährung zu sich zu nehmen.

Das Problem haben wir mit der Gewerbeordnung noch lange nicht im Griff. Ich selbst weiß, dass sich wenige Firmen an die Gewerbeordnung halten und dass man sehr wohl noch sehr viele Nahrungsergänzungsmittel über den Versandhandel beziehen kann. Diese Nahrungsergänzungsmittel unterliegen einfach keinem Qualitätsstandard, wie er für die Arzneimittel gilt, die den GMP-Qualitätsstandards unterliegen, welche in Österreich sehr streng sind. Das gibt es bei diesen Nahrungsergänzungsmitteln eben nicht.

Es wird auch schwierig sein, diese Problematik in den Griff zu bekommen, weil das keine österreichische, sondern eine europäische Problematik ist. Wir können die Sache nur so angehen, dass wir verstärkt testen: verstärkt in den Fitness-Centern testen, ver­stärkt im Versandhandel testen, verstärkt bei Importen testen. Der Haken an der Ge­schichte ist – das weiß ich auch selbst –, dass die Tests relativ teuer sind. Das einzige Institut in Österreich, das solche Tests durchführen kann – die Verunreinigung solcher Nahrungsergänzungsmittel liegt im Nanogrammbereich, und die Tests kosten rund 220 € pro Kontrolle –, ist das Forschungszentrum Seibersdorf.

Von daher wird es also schwierig werden, diese Sache in den Griff zu bekommen. So­viel ich weiß, ist in einigen Ländern schon ein etwas größeres Budget dafür vorge­sehen, und ich hoffe, dass wir auf dem Weg dieser Problematik ein bisschen entgegen­wirken können. Denn man sollte als normaler Konsument, als Hobbysportler, als ge­sund lebender Sportler schon sichergehen können, dass man nichts zu sich nimmt, was nicht auch auf der Verpackung steht.

Insofern bin ich, wie ich eingangs gesagt habe, froh, dass es mich betroffen hat. Ich kann, oder wir gemeinsam können hier mit dieser Änderung der Gewerbeordnung auch meine Sportkollegen schützen, vielleicht auch die öffentliche Meinung hinsichtlich der Nahrungsergänzungsmittel ein wenig sensibilisieren und die Leute auch ein bisschen darauf aufmerksam machen, dass sie darauf achten sollen, was sie zu sich nehmen. In diesem Sinne: einen schönen Abend noch! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

21.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Antragsgemäß weise ich den Antrag 119/A dem Wirtschaftsausschuss zu.

11. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Doku­mentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz), BGBl. I 12/2002, geändert wird (129/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

 


Als Erste erhält die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Wurm, das Wort. Ihre Redezeit beträgt wunschgemäß 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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21.38

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Immer wieder kommen besorgte Eltern, Schüler und auch Lehr­personen zu mir als Abgeordnete, die sich besonders auch mit Bürgeranliegen befasst. In diesem Fall haben sie Bedenken und Beschwerden bezüglich des so genannten Bildungsdokumentationsgesetzes, und zwar auch deshalb, weil hier Daten abgefragt werden, die sehr sensibel sind. So zum Beispiel wird hier abgefragt: das religiöse Be­kenntnis, die Sozialversicherungsnummer und auch die Stellung der Eltern im Beruf.

Ich glaube nicht, dass das unbedingt nötig ist, um den Bildungsverlauf festzustellen. Ich meine, es handelt sich hiebei wirklich um hoch sensible Daten. Nicht einmal mehr beim Meldezettel ist es notwendig, dass man das religiöse Bekenntnis ankreuzen oder bekannt geben muss. Was brauche ich bitte ein religiöses Bekenntnis bekannt zu ge­ben zur Feststellung eines Bildungsverlaufes?! Ich glaube, dass das heutzutage nicht mehr nötig ist. Bei der Sozialversicherungsnummer ist es auch unverständlich: Warum muss der Schüler/die Schülerin die Sozialversicherungsnummer den Lehrpersonen be­kannt geben?

Es ist unterschiedlich geregelt, es haben alle möglichen Stellen Zugriff auf die Daten beziehungsweise können diese erheben. Es sind dies die Schulleiter, die LehrerInnen, die Klassenvorstände, bei Schulen mit Bundesträgerschaft die Sekretärinnen.

Gelegenheit macht Diebe, das wissen alle. Ich glaube, dass die Gefahr der Verknüp­fung von Daten gegeben ist, dass hier das Grundrecht auf Datenschutz grob verletzt wird. Daher möchte ich, dass man diese drei Bestimmungen zur Abfragung der Daten schlicht und einfach streicht. Diese braucht man nicht, auch wenn man den Bildungs­verlauf feststellen will. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. 5 Minuten Redezeit. Sie brauchen diese aber nicht auszuschöpfen. (Heiterkeit.)

 


21.41

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu meiner Vorrednerin: Wir haben, als wir das Bildungsdokumen­tationsgesetz im letzten Jahr beschlossen haben, an sich ausreichend und umfassend darüber diskutiert. (Abg. Mag. Wurm: Der Datenschutzrat hat Einspruch erhoben!) Es ist so, dass wir eigentlich großes Interesse an anonymisierten Bildungsverläufen haben, ja haben müssen, wenn wir eine zielgerichtete Bildungspolitik machen. Da wir heute etwa die Frage von sozio-ökonomischen Hintergründen diskutiert haben und welche Auswirkungen selbe auf den Bildungsverlauf haben, so muss man diese Daten natürlich irgendwie erheben.

Mir scheint aber diese Angst vor einem Missbrauch in diesem Zusammenhang ein wenig übertrieben zu sein, und zwar deshalb, weil natürlich immer dort, wo Menschen mit Daten arbeiten, die Gefahr eines Missbrauchs besteht. Das ist ohne Zweifel so, aber ich würde meinen, dass Sie von der SPÖ von der Bundesregierung nichts verlan­gen sollten, was Sie in Ihrem Einflussbereich selbst tun.

Ich habe hier ein Anmeldeformular der Magistratsabteilung 11A in Wien, in dem es um Anmeldungen für das Betriebsjahr 2003/2004 bezüglich Kinderkrippen, Kindergärten und Horte der Stadt Wien geht. Da fragen Sie nicht nur nach Familien- und Vor­namen – natürlich! –, Muttersprache und Staatsangehörigkeit. Da gibt es die Frage nach der Beschäftigung der Eltern, der Mutter, ob sie berufstätig, in Ausbildung oder in Karenz ist. Sie fragen auch nach der Sozialversicherungsnummer (Aha-Rufe bei Abge-


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ordneten von ÖVP und Freiheitlichen) – und nicht nur nach der Sozialversicherungs­nummer der Mutter, sondern auch nach der Sozialversicherungsnummer des Vaters und nach der Sozialversicherungsnummer der Kinder! (Abg. Mag. Wurm: Was soll das jetzt? Das gehört genauso abgeschafft!)

Wenn Sie also der Meinung sind, dass das derart problematisch ist, dann würde ich Ihnen empfehlen, das zunächst in Wien mit Ihrer absoluten Mehrheit abzuschaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Ich bin nicht in Wien!)

21.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.43

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich schließe mich den Ausführungen meines Vorredners an und möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass auch jetzt schon Sozialversicherungsdaten in wesentlichen Bereichen erfragt werden (Abg. Mag. Wurm: Das macht es nicht besser!) und natürlich auch dafür dieser Datenschutz zu gelten hat. Sollte die Sozialversicherungsnummer nicht mehr verlangt werden, dann könnte zum Beispiel die Statistik Austria diese Datenerhebung, die man heute auch für OECD- oder UNESCO-Studien und für die EU-Statistik insgesamt braucht, nicht durchführen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich komme schon noch zum Religionsbekenntnis. Es ist wichtig, dass dieses erhoben wird, weil man das Verhalten der Schüler beziehungsweise die Konfession der Schüler kennen und auch entsprechend berücksichtigen muss.

Das sind natürlich sensible Daten, diese werden auch explizit als sensible Daten ge­handhabt, auch im Datenschutzgesetz. Vor Missbrauch ist keiner gefeit, das wissen wir, aber wir gehen davon aus, dass damit kein Missbrauch betrieben wird.

Abschließend möchte ich sagen, dass aus unserer Sicht zurzeit kein Handlungsbedarf besteht, das Bildungsdokumentationsgesetz zu ändern. (Abg. Mag. Wurm: Verfas­sungswidrig!) Wir werden das aber sensibel beobachten und sind für die Zukunft durchaus offen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Brosz. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.45

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Anführung der Sozialversicherungs­nummer in diesem Bildungsdokumentationsgesetz haben wir anlässlich der Beschluss­fassung dieses Gesetzes schon sehr intensiv geführt. Kollege Großruck sitzt jetzt hinter seinem Laptop. Wir Grüne haben ihm damals vergeblich klarzumachen versucht, dass die Kombination von Sozialversicherungsnummer und dieser so genannten Bil­dungsevidenzkennzahl das eigentliche Problem ausmacht, weil somit der Zugriff nicht nur im Bildungsbereich, sondern auch für andere Datenerhebungen, beispielsweise der Sozialversicherungen oder der kommunalen Gebietskörperschaften, möglich ist.

Um das noch einmal klar zu machen: Ein Bürgermeister kann de facto, weil er Schul­erhalter im Bereich von Volksschulen, von Pflichtschulen ist, über die Sozialversiche­rungsnummer den Bildungsverlauf sämtlicher in seiner Gemeinde wohnender Bürgerin-


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nen und Bürger erheben. Wir haben schon damals nicht verstanden, welchen Sinn das machen soll. Wenn es tatsächlich darum ginge, wie Kollege Amon gesagt hat, Daten zu erfassen, dann bräuchte man die Sozialversicherungsnummer selbstverständlich nicht. Es gibt die Bildungsevidenzkennzahl. Diese könnte man genauso nehmen, diese hat zumindest nicht jeder. Also es gäbe schon andere Möglichkeiten.

Diese Verknüpfung, die Daten auch extern anzufordern, beispielsweise bei Gerichts­verfahren, beispielsweise eben von den Kommunen, öffnet eine Möglichkeit des Miss­brauchs, was sicherlich nicht sinnvoll ist. Es ist auch kein Wunder, dass die Daten­schützer davon gesprochen haben, dass das erstens unzulässig ist und dass man zweitens nicht von einer Datenerhebung sprechen kann, sondern eigentlich von einer Bildungsbuchhaltung, bei der dann nicht jeder, aber ein relativ weiter Kreis 60 Jahre lang die Möglichkeit hat, diese Daten einzusehen.

Das Argument, man verlasse sich ohnehin darauf, dass es keinen Missbrauch gibt, ist nicht wirklich ein adäquater Umgang mit dem Datenschutz, weil es kein besonders triftiges Argument ist.

Wir sind durchaus dafür, dass man im Bereich, gerade was Bildungsplanung betrifft, wirklich Daten erhebt. Inwiefern das Vollerhebungen sein müssen, ist wieder ein ande­res Kapitel, aber ich glaube, dass der Anspruch des Antrages, nämlich die Daten­sicherheit zu erhöhen und insbesondere das Kriterium der Sozialversicherungs­nummer, das für viele einen Zugang schafft, herauszunehmen, legitim wäre – und auch schon damals legitim gewesen wäre.

Ich denke, dass mit den Regierungsparteien im Ausschuss nicht wirklich viel heraus­kommen wird, aber wir werden sehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 129/A dem Unterrichtsausschuss zu.

12. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I 1999/1965 in der Fassung BGBl. I 2001/136, geändert wird (128/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 12. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Maier. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.48

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegenstand des vorliegenden Antrages ist die perso­nelle Ausstattung der Datenschutzkommission beziehungsweise generell der Ge­schäftsstellen im Bundeskanzleramt, die sich mit Fragen des Datenschutzes, des Datenschutzrates und der Datenschutzkommission beschäftigen.

Wir haben im Frühjahr dieses Jahres – auch Sie alle – den Datenschutzbericht 2001 erhalten, aus dem die personellen Defizite, die hier wirklich gegeben sind, deutlich


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werden. Wir von der SPÖ haben bereits im Zuge der Budgetberatungen immer wieder auf dieses Manko hingewiesen. Der Herr Bundeskanzler selbst hat zugesagt, mehr Personal für die Datenschutz-Dienststellen zur Verfügung zu stellen. Diese Zusage wurde bis heute nicht eingelöst; es kam sogar zu einem weiteren Stellenabbau.

Im Datenschutzbericht steht zu lesen, dass etwa der Datenschutzkommission nicht ein­mal mehr ein Informatiker zur Verfügung steht, was die Durchführung von Kontrollver­fahren nach § 30 DSG 2000 zum Teil erheblich erschwert.

Weiters heißt es, dass der Arbeitsanfall in der notwendigen Qualität und Raschheit nicht bewältigt werden kann. – Die Beispiele ließen sich fortführen.

Entscheidend ist daher aus unserer Sicht, dass Österreich eine Personalausstattung bekommt, die jener vergleichbarer Länder entspricht. Dazu einige Beispiele: Österreich hat bei 8 Millionen Einwohnern 16 Bedienstete im Geschäftsbereich Datenschutz, Belgien bei 10,7 Millionen Einwohnern 24 Beschäftigte und Dänemark bei 5 Millionen Einwohnern 26 Beschäftigte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Probleme werden weiter zunehmen. Es liegt nun der Entwurf für ein E-Government-Gesetz zur Begutachtung vor. Dieser sieht sogar noch zusätzlich vor, dass die Datenschutzkommission als Stammzahlenregister­behörde zu funktionieren hat. – Das wird aber nicht funktionieren!

Es gibt weitere Probleme. Denken Sie nur daran, dass die „berüchtigte“ Herold-CD der­zeit von der Datenschutzkommission dahin gehend überprüft werden muss, welche so genannten sensiblen Daten sie enthält und wie diese Daten ermittelt wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren. Dieser Gesetzesantrag soll sicherstellen, dass im Geschäftsbereich Datenschutz des Bundeskanzleramtes die notwendige Arbeit, die Datensicherheit und Datenschutz betrifft, ordentlich erledigt wird.

Wir laden Sie ein, unserem Antrag beizutreten. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Wunschgemäße Redezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


21.51

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Gesetzesantrag 128/A steht zur Diskussion, der jetzt begründet wurde, in dem es darum geht, mehr Mitarbeiter einzustellen. Ich denke, dass es wichtig ist, dazu einige Dinge festzustellen.

Erstens: Österreich ist bei der Vollziehung des Datenschutzes beispielgebend. Wir haben seit 1979 ein Datenschutzgesetz. Wir waren immer Vorreiter. Das waren die an­deren europäischen Staaten bei weitem nicht. Die Datenschutzrichtlinie der EU liegt weit unter dem österreichischen Niveau. Vor allem romanische Länder, aber auch die USA sind weit entfernt von jenem Status, der bei uns Norm ist. Österreich schafft es, mit wenig Personalaufwand ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten. Es wird effizient gearbeitet. Es geht nicht nur darum, Mitarbeiter einzustellen, sondern darum, einen bestmöglichen Output zu erreichen.

In Österreich gelingt dies in beispielgebender Art und Weise. Daher möchte ich heute und hier bei dieser ersten Lesung allen Mitarbeitern und Beamten herzlichen Dank aussprechen und auch klarmachen, dass sie Großartiges leisten. Wir werden diesen Antrag im Ausschuss sicherlich weiter beraten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


21.52


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32. Sitzung / Seite 246

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.53

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der gegenständliche Antrag der Sozialdemokraten geht völlig ins Leere. Es geht nicht daraus hervor, dass die Qualität des Datenschutzes leidet. Auch jeder ange­führte internationale Vergleich bietet keine Grundlage. Mit diesen Zahlen kann jeder in jede Richtung argumentieren.

Man kann sich natürlich wünschen, dass noch schneller, noch besser gearbeitet wird, aber ich muss schon darauf hinweisen, dass diese Regierung gerade wegen der Politik der Vergangenheit der Sozialdemokraten einen Sparkurs fahren muss. Die Qualität des Datenschutzes wird sicherlich nicht leiden. Wir werden dort das Geld ausgeben, wo es notwendig ist, aber nicht für Vorschläge aus diesen Anträgen. Deshalb werden die Freiheitlichen dies nicht unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

21.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 128/A dem Verfassungsausschuss zu.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft (Abg. Mag. Molterer: Aber wir nicht!), aber noch lange nicht unsere Arbeit, meine Damen und Herren.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses betreffend „Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich des Vollzuges des ÖIAG-Gesetzes und aller anderen damit in Zusammenhang stehenden Gesetze seit 4. Februar 2000, insbesondere Verkaufsvor­bereitungen und Verkaufsdurchführung für die Bundesanteile der voestalpine AG sowie über die Einhaltung des Stellenbesetzungsgesetzes 1998 und der Vertragsschablonen-Verordnung im Zusammenhang mit der Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen der Österreichischen Industrie-Holding-AG“.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Kräuter, Mag. Gaßner und KollegInnen gem. § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V:5, S:4, F:1 und G:1 einzusetzen.


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32. Sitzung / Seite 247

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich des Voll­zuges des ÖIAG-Gesetzes und aller anderen damit in Zusammenhang stehenden Ge­setze seit 4. 2. 2000, insbesondere Verkaufsvorbereitungen und Verkaufsdurchführung für die Bundesanteile der voestalpine-AG, sowie über die Einhaltung des Stellenbeset­zungsgesetzes 1998 und der Vertragsschablonen-Verordnung im Zusammenhang mit der Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen der Österreichi­schen Industrie-Holding-AG

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bun­desministeriums für Finanzen, anderer Bundeseinrichtungen und der ÖIAG im Zusam­menhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeit überprüfen.

Begründung:

Mittels der Budgetbegleitgesetzgebung wurde im § 7 Abs. 4 ÖIAG-Gesetz ein Zielkata­log für Privatisierungsvorhaben eingefügt, der wie folgt lautet: Die Privatisierungen sollen zu einer möglichst hohen Wertsteigerung der Unternehmen führen und dadurch auch langfristig sichere Arbeitsplätze in Österreich schaffen bzw. erhalten, möglichst hohe Erlöse für den Eigentümer bringen, die Entscheidungszentralen und die For­schungs- und Entwicklungskapazitäten der zu privatisierenden Unternehmen wenn möglich in Österreich halten und den Österreichischen Kapitalmarkt berücksichtigen.

Durch die Art und Weise der nunmehr erfolgten Privatisierung der voestalpine AG wird keine einzige Anforderung dieses Gesetzes erfüllt. Finanzminister Grasser, der mit dem Vollzug des ÖIAG-Gesetzes betraut ist, ist seiner gesetzlichen Vollzugspflicht nicht nachgekommen, eine Vorgangsweise, die erheblichen Schaden für die Republik Österreich nach sich ziehen wird.

Durch die Nichteinhaltung des Stellenbesetzungsgesetzes und der Vertragsschablo­nen-Verordnung bei der Dotierung von ÖIAG Leitungsfunktionen wurde ein Schaden zu Lasten der Republik Österreich und damit des Steuerzahlers bewirkt.

Verschleuderung von Volksvermögen

Die nunmehr erfolgte Privatisierung der Staatsanteile an der voestalpine-AG mittels eines Verkaufs über die Börse erfüllt weder die Anforderung der Erzielung eines größt­möglichen Erlöses, noch werden dabei die Interessen der voestalpine selbst berück­sichtigt. Das ÖIAG-Gesetz gebietet, bei Privatisierungen die Interessen der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft, der ÖIAG sowie die Interessen des Bundes insbesondere im Hinblick auf die Bedienung der Schulden der ÖIAG angemessen zu berücksichtigen (§7 Abs. 3 ÖIAG-Gesetz 2000).

Die Veräußerung der Bundesanteile an der ÖIAG ist ökonomisch in keiner Form be­gründbar. Vielmehr hat sich die bisherige Misch-Eigentums-Struktur einer public-private ownership bestens bewährt. Die privaten Eigentümer sorgen für entsprechende Dividenden und der stabile öffentliche Kerneigentümer sorgt für Sicherheit gegen feind­liche Übernahmen und für ein besseres Standing sowohl beim Auftritt auf neuen Märk­ten als auch bei der Refinanzierung.


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32. Sitzung / Seite 248

Der unnötige Abverkauf, unter einem nicht nachvollziehbarem Zeitdruck, führte quasi zu einer Notverkaufssituation, in der bekanntlich Preis und Bedingungen durch mög­liche Käufer diktiert werden.

Letztlich geht das im Fall der voestalpine so weit, dass der Erlös des Abverkaufs letzt­lich sogar unter dem Wert der Eigenmittel zu liegen gekommen ist. Kein anderer Eigen­tümer würde so verantwortungslos mit seinem Eigentum umgehen. Schließlich geben Analysten einen möglichen Kurswert von rund 50 Euro je Aktie an, gemessen an den vorhandenen Eigenmitteln wäre das Unternehmen jedenfalls mindestens 45 Euro je Aktie wert. Schließlich war allgemein bekannt, dass die voest an der Börse krass unter­bewertet war, was auf die im internationalen Vergleich sehr geringen Börseumsätze an der Wiener Börse zurückzuführen ist. Die Bundesregierung hat sich hingegen mit 32,5 Euro zufrieden gegeben. Damit wird bewusst gegen die Zielsetzung der Erlösopti­mierung im ÖIAG-Gesetz verstoßen. Somit wird klar, dass hier auch massive andere Interessen im Spiel sind und bestimmte Gruppen bedient werden sollen.

Es bleibt der Eindruck, dass die voest-Anteile möglichst billig an Investoren und sons­tige Interessenten verschleudert werden sollten. Unverantwortlich ist es, dass Grasser als Eigentümervertreter (!!!) „Kursphantasien“ zu einem Zeitpunkt noch gesehen hat, als die Aktie bei rund 35 Euro notiert hat. Schließlich wurde auch eine voest-Wandel­anleihe der ÖIAG mit einem Zielkurs von 42 Euro begeben, d.h. dass die Erwartung berechtigt ist, diesen Kurs auch tatsächlich in kurzer Zeit zu erreichen. Grasser musste also wissen, dass das Unternehmen in Wahrheit mehr Wert ist (Experten schätzen zwi­schen 40 und 60 Euro je Aktie). Bei einem Preis von 32,5 Euro abzugeben, ist daher wissentliche Vernichtung von Vermögen, das allen Österreicherinnen und Österrei­chern gehört.

Möglicherweise ging es Grasser aber auch darum, durch den äußerst niedrigen Ab­gabepreis sicherzustellen, dass ein Kursanstieg im Lauf des Herbstes in jedem Fall möglich ist und er sich das als Privatisierungserfolg zuschreiben will. Das wäre nicht weniger schändlich und jedenfalls die bisher teuerste Imagekampagne, die die Öster­reicherinnen und Österreicher für den Selbstdarsteller Grasser finanzieren mussten.

Grundsätzlich handelt es sich bei dieser Privatisierung um eine auch innerhalb der Regierung bis zuletzt umstrittene Maßnahme, welche keinesfalls garantieren kann, dass Forschung, Konzernzentrale und Kernaktionäre in der jetzt gewählten Verkaufs­variante im Inland bleiben. Denn rund 7 Prozent der insgesamt 19,7 Prozent abgege­bener Aktien gingen an ausländische Großinvestoren, sodass sich jetzt ein Rekord­anteil von 46% der voest-Aktien in der Hand ausländischer Investoren befindet und der geringste Anteil österreichischer Kerneigentümer in der Geschichte des Unternehmens erreicht wurde. Die derzeitigen österreichischen Eigentümer sind überdies nicht über Syndikatsverträge oder wechselseitige Vorkaufsrechte gebunden, sodass bei entspre­chend günstigen Angeboten der Abverkauf weiterer voest-Anteile an ausländische Investoren oder Übernahmewerber droht.

Auch die für 15 Prozent der voest-Aktien als Zwischenlösung begebene Wandelanleihe kann auf Dauer kein Beitrag zu einer sicheren Kernaktionärsstruktur darstellen, da die Anleihe jederzeit in einen Verkauf der involvierten Anteile münden kann. Insbesondere dann, wenn die Einnahmen aus der Anleihe für andere Zwecke, beispielsweise zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden, und für die Tilgung am Ende der Lauf­zeit gar keine Mittel zur Verfügung stehen. Dies muß schließlich zwangsläufig zur Wandlung und damit zum Verkauf der Anteile führen. Im schlimmsten Fall müsste in diesem Szenario die Republik den Anleiheinhabern noch Geld nachschießen, wenn der in der Wandelanleihe festgelegte Kurs von 42 Euro nicht erreicht wird.


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32. Sitzung / Seite 249

Damit wird – neben dem finanziellen Misserfolg – auch die Zerschlagung der bisheri­gen österreichischen Kernaktionärsstruktur im Rahmen der ÖIAG betrieben und der Er­halt der Entscheidungszentralen sowie der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in Österreich mehr als gefährdet, jedenfalls aber nicht nachhaltig sichergestellt, wie es den Intentionen des ÖAIG-Gesetzes entspräche. Auch in diesem Fall wird daher gegen geltendes Recht verstoßen.

Gesetzwidrige ÖIAG-Managerverträge

Das Stellenbesetzungsgesetz ist eine zwingende Norm, von der auch bei der Gestal­tung von ÖIAG-Managerverträgen nicht abgewichen werden darf. Einzuhalten sind diese gesetzlichen Bestimmungen für die Bestellung von Vorständen durch den Auf­sichtsrat. Jedes einzelne Mitglied des Aufsichtsrates ist daher zwingend an die Normen des Stellenbesetzungsgesetzes samt Vertragsschablonenverordnung gebunden. Auf­sichtsratmitglieder, die ihre Obliegenheiten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Der Finanz­minister ist verantwortlich für die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrates, ihn trifft einerseits ein Auswahlverschulden, denn trotz extrem hoher Beraterhonorare wurden durch das BMF keine Aufsichtsräte vorgeschlagen, die dafür sorgten, dass die beste­hende Rechtlage eingehalten wurde, andererseits kam der Finanzminister als Eigen­tümervertreter seiner Kontrollverpflichtung – trotz mindestens einjähriger Kenntnis der gravierenden Missstände – in keiner Weise nach. Dadurch ist ein Schaden von rund 6,1 Mio. Euro entstanden.

Obwohl der Finanzminister spätestens seit 13. 9. 2002 zumindest über die Gage von ÖIAG-Vorstandssprecher Peter Michaelis informiert sein musste, wurden durch Grasser keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt, sondern hat dieser erst in den letzten Tagen einen diesbezüglichen Bericht von Aufsichtsratvorsitzenden Heinzel ein­geholt.

Der sich aus dem Rechnungshofbericht (III-42 der Beilagen) ergebende Schaden um­fasst lediglich einen Bruchteil der Posten-Umbesetzungen durch die blau-schwarze Regierung, insgesamt ist mit einem viel größeren Schaden im Bereich aller ÖIAG-Töchter zu rechnen, denn seit 4. 2. 2000 wurden sechzehn Vorstände und rund hundert Aufsichtsräte in den ÖIAG-Unternehmen ausgetauscht.

Kontrollverweigerung der Regierungsfraktionen

Bisher wurde durch die Regierungsfraktionen jegliche Kontrolle hinsichtlich der Vor­gänge in der ÖIAG verweigert:

Am 10. 7. 2003 wurde mit den Stimmen der ÖVP und der FPÖ der Antrag auf Perma­nenzerklärung des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses zur ÖIAG-Causa während der tagungsfreien Zeit abgelehnt.

Eine Terminisierung von Sitzungen dieses Kontrollgremiums für September 2003 wurde am 11. Juli 2003 durch die Regierungsfraktionen verhindert.

Die beantragte Ladung von Minister Grasser und weiteren Auskunftspersonen zur ÖIAG-Causa für die nächstfolgende Sitzung des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses wurde am

11. Juli 2003 mit Stimmen von ÖVP und FPÖ abgelehnt.

Aus all den genannten Fakten und Darstellungen ist die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geboten.


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32. Sitzung / Seite 250

Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser De­batte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Mi­nuten verfügt, was sinnvoll ist im Hinblick auf das umfangreiche Mandat, das hier beantragt wird. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Dr. Kräuter.10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.55

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Danke, Herr Präsident, für die umfang­reiche Einleitung zu diesem Antrag.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wie geht’s Ihnen eigentlich, wenn Sie Folgen­des lesen: privatisiertes Desaster. Karl Heinz Grasser hat mit seinen Privatisierungs­aktionen mittlerweile schon gut 500 Millionen € in den Sand gesetzt. Er schadet dem Staat. – Zitatende. (Abg. Mag. Mainoni: Glauben Sie alles, was in der Zeitung steht?)

Was sagen Sie dazu, Herr Kollege? Wie geht es Ihnen dabei? Stimmt das, stimmt das nicht oder erwarten Sie sogar Lob dafür? – Ich kann Ihnen sagen: Die Öffentlichkeit, die Damen und Herren Journalisten loben Sie nicht. Ganz im Gegenteil, Herr Kollege Scheibner: Sie werden in Grund und Boden kritisiert für diese Verschleuderung von Volksvermögen (Abg. Scheibner: Von wem?), die Sie ja auch mitzuverantworten haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Vorsichtiger Applaus!)

Was macht die Regierung? Was ist die Folge? – Eigenlob ist die Folge! Der Herr Bun­deskanzler hat heute bei seinen „herbstlichen Phrasen“ zum Voest-Debakel ja wieder ein trauriges Schauspiel geliefert.

Wie hält es der Finanzminister mit dem Lob? – Der Finanzminister lobt das professio­nelle Management bei der ÖIAG. (Abg. Mag. Molterer: Und Professor Aiginger und Professor Felderer!) Mein Gott! Ganz zum Schluss hat man sich noch ein bisschen um 6 Millionen € verrechnet. Aber das ist ja nur das letzte Beispiel dieses jämmerlichen Schauspiels.

Der Herr Finanzminister war auch ganz pikiert, dass er selbst nicht gelobt wurde – und das auf Grund eines für ihn ja vernichtenden Rechnungshofberichtes, was die Mana­gerverträge betrifft. Aber menschlich, meine Damen und Herren, kann ich das ja ver­stehen: Wer vom Präsidium des Nationalrates aus für eine inferiore Budgetrede mit „brillante Rede“ gelobt wird, wobei der Herr Finanzminister ja sogar mit Plus und Minus auf Kriegsfuß stand, da kann ich schon verstehen, dass er dann mit den Bruchlinien zwischen Lob und Kritik ein wenig durcheinander kommt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Schüchterner Applaus! – Abg. Großruck: Ein Misstrauensantrag wäre noch fällig!)

Meine Damen und Herren! Ein ÖVP-Abgeordneter – ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wer das war – hat sich dazu verstiegen, der SPÖ den Schwarzen Peter für diese Kurs-Malaise anzuhängen zu versuchen. Da muss ich aus dem „Kurier“, Ressort


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Wirtschaft zitieren: Der Preis von 32,50 € je Aktie ist nichts anderes als Verschleude­rung von öffentlichem Eigentum. – Zitatende.

Und jetzt kommt’s: Dass der Bundeskanzler persönlich vor einer Woche von einem Preis von 32 € sprach, als der noch bei knapp 37 € lag, ist unfassbar. Dafür sollte jemand die Verantwortung übernehmen. – Zitatende. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

So schaut’s aus! Rechtfertigt das nicht einen Untersuchungsausschuss, Kollege Molte­rer? (Abg. Scheibner: Was wollen Sie da untersuchen?) Welche Kursphantasie hat denn da den Herrn Bundeskanzler getrieben?

Sie zitieren ja immer wieder gerne Hannes Androsch. Androsch sagt dazu, das sei eine reine Vermögensvernichtung. (Abg. Großruck: Er hat es aber gekauft!) Er sagt auch, wenn Private eine solche Verschleuderung machen, dann sei das dumm, aber eine reine Privatsache; wenn das jedoch der Staat macht, dann werde Staatsvermögen ver­nichtet. (Abg. Großruck: Der Androsch hätte ruhig mehr zahlen können dafür!) Herr Kollege Großruck! Warum wollen Sie keinen Untersuchungsausschuss, wenn Staats­vermögen vernichtet wird?

Die Kontrolle haben Sie über den Sommer abgeblockt. Es gibt jede Menge offene Fälle. Ich denke nur an die Homepage des Herrn Grasser, an die Honorarsache, an die Eurofighter, an das ÖIAG-Debakel und so weiter. (Abg. Mag. Mainoni: Gibt es etwas Neues auch?) Sie haben im Ausschuss alles abgeblockt, aber es wird trotzdem aufge­klärt werden.

Der deutsche Bundesrechnungshof ist in der Eurofighter-Causa zur Hilfe geeilt. (Abg. Großruck: Da sagt euer Parteigenosse Struck etwas anderes! Er ist anderer Mei­nung!) Es gibt einen identischen Steuerfall zu Grassers Honorar-Causa. Der Teilbericht über die Gagen bei der ÖIAG liegt vor, ebenso der Bericht über die Ministerbüros. Und Ihre Selbstdarstellung bezüglich ÖIAG wäre ohnehin nicht zu übertreffen.

Herr Kollege! Vielleicht sollten Sie einmal überlegen, ob es nicht besser wäre, diese Dinge in Gremien zu untersuchen, weil die Öffentlichkeit ja immer massiver drängt und fragt, was da eigentlich los ist. Warum gibt es überhaupt kein Konzept bei der ÖIAG? Das fordert beispielsweise auch Johannes Ditz ein, der sagt: „Die ÖIAG hat keine Strategie.“

Meine Damen und Herren! Sollte man nicht auch die tollen Managergehälter, die Sie verdoppelt haben, untersuchen? Oder das Projekt „Minerva“, diese Geheimabsprache des Finanzministers mit ihm nahe stehenden Investoren? Oder das Geheimtreffen zwischen Börsenmanagern und Insidern, das geplatzt ist?

Es ist ja bezeichnend, dass der Wirtschaftsminister Bartenstein sagt, es wäre ja ab­surd, hier einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. (Abg. Mag. Mainoni: Der Lom­bard-Club!) Die Rolle des Managers Wolf zum Beispiel, sollte man die nicht einmal untersuchen? (Abg. Scheibner: Was wollen Sie denn untersuchen?)

Meine Damen und Herren! Es wird ja wohl niemand hier bestreiten, dass so etwas in der Privatwirtschaft nicht einmal einen Tag überleben würde, dass in einem privaten Konzern jemand Aufsicht hat, der zugleich Manager bei einem Kaufinteressenten ist. Herr Mitterlehner, ich bin neugierig, was Sie dazu sagen!

Meine Damen und Herren! Präsident Fiedler zeichnet sich ja wirklich durch seine Wort­wahl und Zurückhaltung aus. Wenn einmal Fiedler von einem Tritt in das Gesicht des Rechtsstaates spricht, dann muss in Zusammenhang mit den Gagen und der Schablo­nenverordnung schon einiges passiert sein.

Der Staatssekretär Alfred Finz ist ja daneben gesessen, hat gelächelt wie immer und hat gemeint, man könne Unternehmen keine Weisungen erteilen. Ein bisschen später


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meint er dann, wenn es mit der Schablonenverordnung Probleme gegeben habe, hätte sich der Aufsichtsrat an die Politik wenden müssen. Na bitte, meine Damen und Herren, das gehört doch aufgeklärt! Finz war ja in Wirklichkeit schon am 19. Septem­ber 2002 über all die Dinge informiert und hat direkt hier im Nationalrat im März bereits Kenntnis gehabt.

Ich würde sagen, er sollte sich überhaupt ein bisschen mehr seinen Aufgaben widmen, der Staatssekretär Finz, und ein bisschen weniger der Steuercausa Grasser! Da hat er halb Europa nach irgendeinem Gutachten abgesucht, hat dann ein unpassendes ge­funden, das er nicht einmal herzeigen wollte. Das schallende Gelächter der Journalis­ten war ja dann eigentlich die gerechte Entlohnung. (Abg. Großruck: Das ist ein Mono­log!)

Kollege Großruck! Ein Letztes: Sie sind ja auch kein besonderer Aufdecker und Auf­klärer, wie sich herausgestellt hat. (Abg. Großruck: Eine Dichterlesung hält er jetzt!) Die Regierung erfüllt ihre Aufgaben nicht. Sie hat kein Konzept. Sie verschleudert Volksvermögen, applaudiert sich dann selber, und Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, verhindern die Untersuchung! Das ist eine Methode, die die Wählerinnen und Wähler längst durchschaut haben, Kollege Rasinger, und die Rech­nung wird bei den nächsten Wahlen präsentiert werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Großruck: Eine „flammende“ Rede!)

22.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abge­ordneten beträgt jeweils 5 Minuten.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Pflicht­verteidiger!)

 


22.02

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss sagen, das war eine sehr schwache Pflichtübung, die Sie da geboten haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es war kein beweiskräftiges Argu­ment dabei, sondern das war ein reines Verlesen von schon in Zeitungen erschienenen Wiedergaben und Behauptungen, die durch überhaupt nichts belegt sind. (Widerspruch bei der SPÖ.)

Herr Kollege Kräuter, ich muss Sie doch bitten: Wenn Sie schon einen Untersuchungs­ausschuss beantragen, dann sollten Sie einigermaßen zwischen den Aufgaben eines Untersuchungsausschusses und der Kontrolle der politischen Verantwortlichkeit unter­scheiden. Beides haben Sie offensichtlich nicht verstanden, denn es ist ganz klar: Was den ÖIAG-Bereich betrifft, gibt es Organverantwortlichkeit im Sinne des Aufsichtsrates, was die Schablonenverordnung anbelangt, gibt es eine ganz klare Zuständigkeit des Rechnungshofes.

Der Rechnungshof ist ja hier auch entsprechend tätig geworden. Das gilt im Übrigen auch für den Herrn Androsch. Der braucht nicht großartige Interviews zu geben, bei­spielsweise im „NEWS“ von heute, sondern er soll sich den Rechnungshofbericht des Jahres 2000 anschauen und den Salinenverkauf. Der ist ja auch nicht ganz so gelau­fen, wie er hätte laufen können. Er hätte genug damit zu tun, da über Verschwendung von Vermögen nachzulesen.

Was aber Ihre Vorgangsweise hier anbelangt, muss ich schon sagen, dass Sie mate­riell und formal überhaupt nicht begründet ist. Wenn Sie sich ganz kurz einmal Ihren eigenen Antrag zu Gemüte führen und dann schauen, was passiert ist, dann sehen Sie, dass eigentlich all das, was sich die Regierung vorgenommen hat, im Wesent­lichen eingehalten wird: Die möglichst hohe Wertsteigerung des Unternehmens, die


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32. Sitzung / Seite 253

angestrebt wird, wird nach Aussagen des Managements in der Zukunft eintreten, weil das Management endlich von der Politik befreit ist und dort 2 Milliarden € investieren wird. Auf dieser Basis wird eine Wertsteigerung von rund 40 Prozent erwartet.

Zweiter Punkt: Sie glauben nicht, dass die Entscheidungsstrukturen und die For­schungs- und Entwicklungsstrukturen in Oberösterreich, in Linz bleiben. Es gibt eine entsprechende Partnerschaft der Aktionäre, die vorsieht, dass hier nichts verkauft wird. Es gibt überhaupt keine Anzeichen dafür, dass etwas passieren sollte, so dass etwas abwandert. Ganz im Gegenteil: Der Standort Linz wird verstärkt. Die Aktionäre haben insofern auch im Mitarbeiterbereich entsprechend gewonnen.

Es bleibt also ein Punkt offen, und über den kann man wirklich diskutieren: Was ist mit dem Maximum des Erlöses? – Da gibt es eigentlich eine Widersprüchlichkeit, die Sie sehen sollten. Wenn Sie wirklich für das Maximum des Erlöses gewesen wären, dann hätten Sie einen strategischen Partner akzeptieren müssen, dann hätte aber nicht der Herr Haider in Linz plakatieren dürfen, dieses und jenes dürfe nicht passieren, denn im Endeffekt wäre das die Maximierung des Ertrages gewesen. Das haben Sie nicht gewollt, Sie haben das Thema politisch entsprechend aufgezogen!

Dann ist das Zweite passiert. – Das können Sie am Aktienkurs nachvollziehen: Im End­effekt haben Ihre politische Diskussion, das Wecken von Emotionen und die Aktivitäten des Betriebsrates dazu beigetragen, dass der Börsenkurs gefallen ist. Daher haben Sie es sich selbst zuzuschreiben und müssten eigentlich einen Untersuchungsausschuss gegen sich selbst beantragen, wenn Sie feststellen, da sei nicht das Maximum erzielt worden, das eigentlich sonst möglicherweise festgestanden wäre oder hätte erzielt werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es bleibt noch ein Letztes: der Nichtverkauf. Das ist Ihre Theorie. Der Herr Moser und andere sagen immer, es sei ein wunderbares Misch­eigentum. Dazu muss ich Ihnen sagen: Da kennen Sie aber den Kapitalmarkt nicht! Da sagt Ihnen ein jeder: Ein öffentlich beeinflusstes Unternehmen, ob zu 15, 25 oder wie viel Prozent auch immer, wird vom Kapitalmarkt entsprechend schlecht bewertet. Das ist ein Nachteil für die günstige Entfaltung des Unternehmens. Das sollten Sie sehen, meine Damen und Herren!

Ich habe schon erwähnt, was ein Untersuchungsauftrag formal sein könnte. Daher ist das, was Sie hier vorlegen, im Wesentlichen nichts anderes als der künstliche und recht untaugliche Versuch, ein Thema, das eigentlich relativ rasch vorbei sein wird, politisch am Leben zu erhalten, mit der bedauerlichen Konsequenz, dass ein weiteres Diskutieren der Angelegenheit dem Unternehmen schaden wird.

Meine Damen und Herren! Es darf Sie daher nicht wundern, wenn unsere Fraktion die­sen Antrag vehement ablehnt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

22.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.07

Abgeordneter Mag. Hans Moser (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben ja Herrn Mitterlehner und seine Interpretation der Unternehmenswertsteigerung selbst gehört. (Abg. Dr. Mitterlehner: Mach einen Vorschlag!) Meine bisherigen Erfahrungen als Unternehmensführer haben gezeigt, dass ein Unternehmen dann mehr wert wird, wenn man investiert, und nicht dann, wenn man verkauft. Das ist der Unterschied, Herr Mitterlehner! (Abg. Dr. Mitterlehner: Haben Sie nicht zugehört?) Das müssen Sie ein­mal zur Kenntnis nehmen. Das ist der erste Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe heute selbst ein langes Telefonat mit Herrn Struzl geführt, und er hat mir bestätigt, dass die Unsicherheit in der Voest erst dann eingetreten ist, als die ÖVP und die Blauen riesigen Druck in Bezug auf die Privatisierung ausgeübt haben. Das war eigentlich der Punkt. Es wurde in den letzten zehn Jahren durch die Mischeigentümer­struktur in Ruhe ein Unternehmen aufgebaut. Das war eigentlich der wesentliche Grund dafür, warum die Voest zu einem guten Ergebnis gekommen ist.

Zweiter Punkt: Wenn Sie das Unternehmen nicht verkauft hätten, dann hätte der Staat über die Dividendenerträge wesentlich mehr eingenommen, als Sie jetzt mit diesem niedrigen Kurs durch den Verkauf realisiert haben. (Abg. Dr. Matznetter – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Einen Verlust haben Sie gebaut, das ist die Wahrheit!) Das ist der Kernpunkt. Man muss schließlich auch feststellen, dass dieses gesamte Privatisie­rungschaos einfach durch ideologisch begründete Verschleuderung vom Zaun gebro­chen wurde.

Ich möchte jetzt eigentlich nur mehr ein paar Fragen stellen: Warum ist in dieser Bun­desregierung eine so große Verunsicherung bezüglich des Voest-Deals aufgetreten? Warum hat Minister Böhmdorfer an den Vorstand der ÖIAG und an den Aufsichtsrat einen Brief geschrieben? Warum haben der ÖIAG-Vorstand und die Aufsichtsräte einen Brief von Minister Grasser verlangt, der sie darin schad- und klaglos gestellt hat? – Eine wichtige Frage! Warum ist Minister Böhmdorfer am 5. September in die ÖIAG geeilt, wurde nicht von den Kapitalvertretern empfangen und hat nicht mit den Arbeitnehmervertretern gesprochen? – Diese Frage ist offen. Wahrscheinlich sind ihm diese Leute zu minder.

Warum sagt Finanzminister Grasser, dass in der Aktie der voestalpine Phantasie stecke? – Eine wichtige Frage! Warum setzt daraufhin zum Nachteil aller Österreicher ein Kursverfall von 10 Prozent ein? (Abg. Mag. Molterer: Weil die oberösterreichische SPÖ polemisch war! Das ist die Wahrheit!) Herr Mitterlehner, das ist ein ganz wichtiger Punkt für Sie: Warum hat nach dem 5. September eine dramatische Zunahme an Aktienverkäufen stattgefunden? Es wurde das Zehnfache von dem gehandelt, was sonst üblich war. Warum wusste Bundeskanzler Schüssel bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, dass die Aktie 32 € wert sein wird? (Abg. Großruck: Ein guter Kaufmann!)

Die Kernfrage ist: Wem wurde was zugeschanzt? Warum ist die Sicherung des Kern­aktionärs nicht gelungen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das sind Fragen, die Sie zu beantworten haben!

Warum musste die ÖIAG eine 2 Millionen € teure Werbekampagne machen, um dann nur 6 000 Einzelzeichner zu bekommen? Pro Einzelzeichner 250 €, das ist eine un­glaubliche Summe!

Was ist die Rolle von Generaldirektor Scharinger in diesem Zusammenhang? Glauben Sie, dass Minister Bartenstein oder Herr Prinzhorn ihre Unternehmen unter den Eigen­mitteln verkaufen würden? Glauben Sie das? Stellen Sie diese Frage! (Abg. Ellmauer: Das ist kein Stahlunternehmen! Schauen Sie sich die Werte der internationalen Stahl­unternehmen an! Sie wollen ein Fachmann sein?)

Was macht die ÖIAG mit 550 Millionen € Wandelanleihe? Sie kann mit diesen 550 Mil­lionen € keine Verbindlichkeiten tilgen, sie muss das zwischenveranlagen. Das ist Reserve für Dividendenpolitik für Minister Grasser. Man muss sich in diesem Zusam­menhang die Frage stellen: Was ist da abgelaufen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All diese Fälle zeigen: Hier werden österrei­chische Interessen verraten; hier werden österreichische Gesetze missachtet; hier wird österreichisches Vermögen jemandem zugeschanzt. All das bedarf einer lückenlosen Aufklärung, und daher haben wir diesen Untersuchungsausschuss beantragt.


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32. Sitzung / Seite 255

Es ist eine gute Chance für Sie, Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktio­nen! Nützen Sie diese Möglichkeit zur Aufklärung, dann wird Österreich wieder einen besseren Weg einschlagen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der Grünen.)

22.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.12

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Mitterlehner hat diese Debatte und das Begehren der SPÖ auf einen Untersuchungsausschuss als „Pflichtübung“ bezeichnet. (Ruf bei den Frei­heitlichen: Wir brauchen es nicht!) – Ich würde sagen, es ist nicht nur eine Pflicht­übung, sondern es ist eines der mageren Ergebnisse einer SPÖ-Klubklausur, und das wundert mich schon. Ich sage noch einmal, was ich heute schon einmal gesagt habe: Ich würde auch der SPÖ empfehlen, ein bisschen in andere Gefilde hinauszugehen, vielleicht hat man dann eine bessere Inspiration und auch andere inhaltliche Ergeb­nisse als solche wirklich nur vordergründigen Aktivitäten wie diesen Antrag auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses.

Die Argumente sind auch nicht neu. (Abg. Dr. Kräuter: Leider!) Wir haben erwartet, dass Sie einmal irgendetwas Gehaltvolles hier hereinbringen. (Abg. Dr. Kräuter: Lei­der!) Herr Kollege Kräuter, ich will jetzt hier nicht sagen, was ich von Ihrer Rede so halte. (Abg. Dr. Kräuter: ... Minerva!) Bitte! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Sie versteht man auch nicht, wenn Sie Zwischenrufe machen.

Herr Kollege Kräuter! Sie haben hier mehrere Zeitungsmeldungen zitiert, aber Sie sollten auch andere Zeitungsmeldungen zitieren, wie etwa eine aus dem „Standard“, der sicherlich nicht der ÖVP oder der FPÖ irgendwie nahe steht und der Ihre Meldun­gen – es wird hier sogar der Wirtschaftssprecher Hans Moser zitiert – für „bedenklich“ hält, der das, was Sie hier von sich geben, als „Absonderungen“ und als „Unsinn“ be­zeichnet und der meint, dass es überhaupt verwunderlich ist, dass „solch ein Unsinn von Spitzenpolitikern“ mitgeteilt wird. Als „nicht unwesentliche Pflanzerei“ werden Ihre Argumente hier bezeichnet. – Anscheinend erfolgt die Ablehnung der Voest-Privatisie­rung also nicht so einhellig, wie Sie es dargestellt haben.

Sie haben des Weiteren die Kursdifferenz angesprochen. Wenn Sie das untersuchen wollen, dann brauchen Sie keinen Untersuchungsausschuss, sondern dann brauchen Sie nur ins Internet zu schauen und sich die Entwicklung der Voest-Aktie einmal zu Gemüte zu führen. (Der Redner hält ein Diagramm mit der Entwicklung der Voest-Aktie in die Höhe.)

Ich habe das heute auch schon einmal gesagt, aber ich glaube, es ist gut, wenn man Ihnen noch einmal vor Augen führt, wann der Aktienkurs gefallen und wann er gestie­gen ist: Gestiegen ist er zu dem Zeitpunkt, als erstmals klar wurde, dass mit der Privati­sierung Ernst gemacht wird, sogar noch damals, als es darum gegangen ist, einen strategischen Partner zu finden. Gesunken ist er, als Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, diese Voest-Privatisierung zum Wahlkampfthema gemacht haben und damit die Investoren verunsichert haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Es wäre interessant, das aufzuklären, aber dazu brauchen wir keinen Untersuchungs­ausschuss (Abg. Dr. Matznetter: O ja!), denn das wäre – und das wissen wir – eine Entsprechung Ihrer politischen Handlungsweise, ausgetragen auf dem Rücken eines


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wichtigen Unternehmens und auf dem Rücken der Arbeitnehmer der Voest! (Abg. Dr. Matznetter: Totengräber der Voest!)

Meine Damen und Herren! Es war schon interessant – wir haben es ja in einer „Zeit im Bild 2“ einmal gesehen –, als die Unternehmensführung – die Ihnen ja auch nicht so ganz fern steht – der Voest die Mitarbeiter wirklich authentisch über das Ergebnis der Privatisierung informiert hat und die Mitarbeiter verängstigt durch Ihre Propaganda in diese Betriebsversammlung hineingegangen sind und beruhigt über die Ergebnisse wieder herausgekommen sind. Das ist der Unterschied zwischen Propaganda und authentischer Information. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das habe ich heute auch schon einmal gesagt: Der Zeitpunkt war nicht der richtige, er war nicht optimal (Abg. Dr. Matznetter: Na bitte!), vor allem deshalb, weil man gewusst hat, dass in Oberösterreich Landtagswahlen stattfinden und weil man befürchten musste, dass dieses Thema polemisch und taktisch missbraucht wird. (Abg. Dr. Matz­netter: Dass Sie umfallen!)

Meine Damen und Herren! Für uns als Freiheitliche waren bestimmte Kriterien wich­tig. – Herr Kollege Matznetter, Sie haben auch nicht mitgestimmt, als wir hier den Ent­schließungsantrag eingebracht haben, in dem die Kriterien für die Privatisierung der Voest enthalten waren. Für diese Kriterien hätten wir ganz gerne Ihre Zustimmung gehabt, aber Sie waren dagegen. (Abg. Dr. Matznetter: Die wurden nicht eingehalten!)

Wir sind heute froh, dass es gelungen ist, die Mitarbeiterbeteiligung auszuweiten. (Abg. Dr. Matznetter: 10 Prozent war im Juni schon ausgemacht!) Wir sind froh, dass es über die Wandelanleihe auch in den nächsten drei Jahren noch einen Einfluss der ÖIAG auf das Unternehmen gibt, und wir sind froh, dass es über den Aktienverkauf auch eine breite Streuung bei der Bevölkerung gibt.

Meine Damen und Herren! Es ist schon auch entlarvend, wenn Sie hier den Verdacht äußern, dass der niedrige Abgabepreis deshalb so gewählt wurde, weil man über pro­gnostizierte Kursgewinne in den nächsten Wochen und Monaten einen Privatisierungs­erfolg darstellen möchte. Von Schändlichkeit sprechen Sie hier. Es ist schon interes­sant, warum Sie das vermuten. – Deshalb, weil Sie es genauso gemacht haben, denn als Sie die Voest-Privatisierung Teil 1 – nämlich mehr als 50 Prozent – durchgeführt haben, war es ja genau so. (Abg. Mag. Gaßner: Verscherbelung!) Ja, da hat man viel­leicht von einer Verscherbelung sprechen können! Da ist nämlich der Kurs der Voest am ersten Tag um 14 Prozent gestiegen. (Abg. Dr. Matznetter: Damals gab es einen Gewinn, und jetzt haben Sie einen Veräußerungsverlust!) Damals haben Sie den Kurs zu niedrig angesetzt und die Anteile um 28 Millionen € verschleudert. Das war nicht das Beispiel, dem wir nachgekommen sind! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.17

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich kann man darüber diskutieren, welche Teile von Vorgängen an Bör­sen wirklich einen Untersuchungsausschuss brauchen. Es gäbe die Finanzmarktauf­sicht, dieses oder jenes. Es gibt aber genügend Vorgänge rund um diese Privatisierun­gen, die sehr wohl eines Untersuchungsausschusses bedürfen könnten, und ein paar Argumente sprechen dringend dafür.


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Zunächst zu Herrn Kollegen Scheibner: Eigentlich bräuchten wir – oder vielmehr Sie – ja einen regierungsinternen Untersuchungsausschuss, denn wenn ich mich recht erin­nere, waren es FPÖ-Minister, die mehr oder weniger verzweifelt am Tag des so ge­nannten Privatisierungsbeginns in die ÖIAG-Zentrale gepilgert sind, mit Rechtsmeinun­gen, die, wie ich meine, überhaupt nicht so abwegig waren. Da wurde vom Herrn Vizekanzler behauptet, der ganze Regierungsbeschluss kann nur darin enden, dass 25 Prozent bei der ÖIAG bleiben müssen. (Abg. Dr. Matznetter: So ist es!) Diese Mei­nung hätte ich zwar nicht geteilt ... (Abg. Scheibner: Hat er nicht gesagt!) – Natürlich hat er das gesagt! Das hat er zwar zur Überraschung aller gesagt, das gebe ich zu, aber er hat es gesagt. (Abg. Scheibner: Er hat gesagt: Wenn es nicht möglich ist, die 25 Prozent ...!)

Jetzt werden Sie sich einmal darüber einigen müssen, was Sie da für eine Linie ein­schlagen. Gerade belobigen Sie die ÖIAG-Einflussnahme über die Wandelanleihe wie­der, während fünf Sekunden vorher derselbige Einfluss ganz schlecht war. – Das müs­sen Sie jetzt wirklich einmal intern klären, wie Sie das auf die Reihe bekommen wollen.

In einem Punkt ist Ihre Verwirrung jedoch nachvollziehbar. Die Verwirrung wurde näm­lich gegen die Stimmen der Opposition in das Privatisierungsgesetz, in das ÖIAG-Ge­setz, hineingeschrieben: sich widersprechende Ziele, alle – weil sie schön klingen – aneinandergereiht. – So hat das Unglück seinen Lauf genommen.

Natürlich kann das Parlament gegen den Gesetzgeber keinen Untersuchungsaus­schuss einsetzen, da gebe ich Ihnen Recht. Aber man hätte auch mit sich widerspre­chenden Zielen noch gescheiter privatisieren können. Herr Kollege Mitterlehner! Sie müssen das aber jetzt einmal aufklären und ausbaden, wieso mit Ihrer Stimme einer­seits hineingeschrieben wird, es sollen maximale Erlöse erzielt werden, und anderer­seits alles, was sonst noch gut und teuer ist, nämlich Kernaktionär, Zentrale in Linz, Forschung und Entwicklung.

Natürlich widerspricht sich das – darauf haben wir Sie ja hingewiesen! –, und jetzt wollen Sie mit den gleichen Argumenten der SPÖ den Untersuchungsausschuss aus­reden. Also, von einer Wirtschaftspartei dürfte man sich mehr an Gegenargumenten erwarten!

Jedenfalls hätte es auch anders gemacht werden können, und an dieser Stelle disku­tieren wir nicht mehr pro oder contra Privatisierung, sondern wie es gemacht wurde und wer dafür die Verantwortung trägt – und darin liegt die Begründung für einen Untersuchungsausschuss.

Alle Privatisierungen haben gewisse Mängel, aber jetzt kulminiert die Sache, auch bei der VA TECH. Addieren Sie die Summen, die man hier, je nach Standpunkt, als verlo­ren annehmen kann, die Summen, die durch falsche Vorgangsweisen verloren gingen. Und das sagen ja nicht nur die Grünen oder die SPÖ, sondern viele Experten sagen: falsche Vorgangsweise, falscher Zeitpunkt und, noch viel dramatischer, falsche Zeit­spanne, falsche Abwicklung der Privatisierung. Und da ist unmittelbar eine politische Verantwortung gegeben, denn es glaubt doch wohl niemand, der beobachtet hat, wie sich das abspielt zwischen Finanzministerium und Kantgasse, dass die dort noch völlig autonom wirken konnten. Das kann ja niemand glauben! Man müsste diese Manager ja eigentlich über Nacht hinausschmeißen.

In Wirklichkeit gehört der Herr Finanzminister belangt dafür, denn er hat ja in dieser Art und Weise hineinregiert – in dieser Art und Weise! Und deshalb geht es um die poli­tische Verantwortung, und „Finanzminister“ ist vielleicht auch die falsche Bezeichnung. Zumindest im Zusammenhang mit Privatisierungen ist das ein Ministerium für die Herbeiführung diverser Großschäden, und das offensichtlich mit Absicht. In meinen


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Augen ist das eine Schadensherbeiführung mit Absicht, und das ist das Problem. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber es ist nicht ein Schaden, wo nicht auch ein Nutzen ist für bestimmte Abnehmer auf der anderen Seite, weil man ja was davon hat, wenn man etwas billig bekommt. Und jetzt gehen Sie noch her und reden von den derart Begünstigten als den „Kern­aktionären“. Sie wissen es ganz genau und viel besser: Es gibt keinen Kernaktionär! Eine lose Aneinanderreihung von Aktieninhabern mit österreichischem Reisepass ist kein Kernaktionär. Das sollten Sie wissen, und sagen Sie wenigstens im Nach­hinein ... – Na gut, bis Sonntag werden Sie es noch brauchen, aber tun Sie uns das hier nicht an, bitte schön! Das ist doch eine Beleidigung für Sie selber, aber auch für alle anderen hier. – Es ist wirklich genug! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Cap, Kollegin­nen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zei­chen zu bekunden. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 211/A (E) bis 235/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 815/J bis 858/J eingelangt.

Schließlich ist die Anfrage 9/JPR der Abgeordneten Mag. Lapp an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen gewidmet ist, berufe ich für 22.24 Uhr ein.

Ich teile mit, dass gleich im Anschluss an die nächste Sitzung eine Sitzung des Haupt­ausschusses stattfindet.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.24 Uhr

Impressum:

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