Stenographisches Protokoll

45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 23. November 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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45. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 23. November 2000

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 23. November 2000: 9.01 – 23.20 Uhr

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Tagesordnung

Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, das Handelsgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gerichtsgebührengesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bodenwertabgabegesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Werbeabgabegesetz 2000, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996, die Bundesabgabenordnung, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Waffengesetz, das Preisgesetz 1992, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Teilpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagengesetz, das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzgeldgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Universitäts-Studiengesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, das Bundesmuseen-Gesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesforstegesetz 1996, das Wasserrechts


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gesetz 1959, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz 1996, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert sowie steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften, ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Übertragung der Donau Transport Entwicklungsgesellschaft m.b.H. an den Bund und ein Fernsprechentgeltzuschussgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2001)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 10, 223

Ordnungsrufe 10, 10, 49, 150

Geschäftsbehandlung


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Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Pilz betreffend von ihm in der 44. Sitzung verwendete Ausdrücke 10

Erklärung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend die von Präsidenten Dipl.-Ing. Prinzhorn erteilten Ordnungsrufe 11

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Ing. Peter Westenthaler 11

Dr. Peter Kostelka 11

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 30

Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen, im Sinne des § 84 der Geschäftsordnung das Budgetbegleitgesetz 2001 gemäß Artikel 43 des Bundes-Verfassungsgesetzes einer Volksabstimmung zu unterziehen – Ablehnung 35, 233

Verlesung eines Teiles des Präsidialprotokolls durch Präsident Dr. Heinz Fischer im Zusammenhang damit, dass Abgeordnete immer wieder andere Sitzplätze einnehmen und von dort aus zwischenrufen 39

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka im Zusammenhang mit der Erteilung eines Ordnungsrufes durch Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 49

Erklärungen des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn betreffend Angemessenheit des von ihm erteilten Ordnungsrufes 49, 49

Wortmeldung des Abgeordneten Karl Öllinger ebenfalls im Zusammenhang mit oben erwähntem Ordnungsruf 49

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend die in der Präsidiale getroffene Vereinbarung hinsichtlich der rechtzeitigen Übermittlung von Abänderungs- beziehungsweise Entschließungsanträgen 93

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Werner Kogler betreffend tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger 100

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend erstens Respektierung von in der Präsidiale getroffenen Vereinbarungen sowie zweitens die tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger 100

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol hinsichtlich der Ausführungen des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka 100

Erklärung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend die von Abgeordnetem Dr. Peter Kostelka angesprochene Vereinbarung in der Präsidiale hinsichtlich der rechtzeitigen Übermittlung von Abänderungs- beziehungsweise Entschließungsanträgen 105

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Dr. Peter Kostelka 105

Dr. Andreas Khol 106

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 106

Mitteilung des Präsidenten Dr. Werner Fasslabend betreffend Wahrung der größtmöglichen Objektivität 106

Erklärung des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn betreffend eine tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Rudolf Edlinger sowie Erteilung eines Ordnungsrufes 150

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Dr. Peter Kostelka 150

Dr. Alexander Van der Bellen 151

Erklärung des Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn hinsichtlich des von ihm erteilten Ordnungsrufes 151

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen, den Bericht des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz 2001 (311 und 369 d. B.) gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Budgetausschuss rückzuverweisen – Ablehnung 230, 230

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 231

Unterbrechung der Sitzung 232

Fragestunde (8.)

Landesverteidigung 11

Ing. Erwin Kaipel (63/M); Dr. Reinhard Eugen Bösch, Walter Murauer, Dr. Evelin Lichtenberger

Walter Murauer (57/M); Mag. Ulrike Lunacek, Günter Kiermaier, Ing. Herbert L. Graf

Dr. Peter Pilz (59/M); Marianne Hagenhofer, Wolfgang Großruck, Wolfgang Jung

Wolfgang Jung (61/M); Karl Freund, Mag. Ulrike Lunacek, Ing. Erwin Kaipel

Anton Leikam (64/M); Ing. Herbert L. Graf, Mag. Cordula Frieser, Dr. Evelin Lichtenberger

Dr. Peter Pilz (60/M); Anton Leikam, Wolfgang Jung, Mag. Cordula Frieser


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45. Sitzung / Seite 4

Dr. Reinhard Eugen Bösch (62/M); Werner Amon, MBA, Dr. Peter Pilz, Rudolf Parnigoni

Marianne Hagenhofer (65/M); Dr. Reinhard Eugen Bösch, Johann Loos, Mag. Terezija Stoisits

Ausschüsse

Zuweisungen 29

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer, Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend SPÖ-Mißwirtschaft am Beispiel des Bank-Burgenland-Skandals (1532/J) 107

Begründung: Mag. Karl Schweitzer 113

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 117

Debatte:

Rudolf Edlinger 122

Hermann Böhacker 124

Paul Kiss 126

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigungen) 126, 148

Dr. Alexander Van der Bellen 130

Katharina Pfeffer 132

Hans Müller 135

Edeltraud Lentsch 136

Mag. Werner Kogler 138

Dr. Peter Kostelka 141

Dr. Gerhard Kurzmann 142

Johann Loos 143

Mag. Terezija Stoisits 145

Mag. Gilbert Trattner 146

Ing. Erwin Kaipel 148

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 149

Entschließungsantrag der Abgeordneten Paul Kiss, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend die umgehende Aufklärung aller Hintergründe des Bank-Burgenland-Skandals – Annahme (E 43) 127, 149

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend umgehende Aufklärung aller Hintergründe des Kriminalfalls Bank Burgenland sowie sonstiger Politskandale der Republik, insbesondere im Zusammenhang mit dem FP-Spitzelskandal und der illegalen Weitergabe von Polizeidaten – Ablehnung 141, 149

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (311 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, das Handelsgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gerichtsgebührengesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bodenwertabgabegesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kraftfahrzeugsteuerge


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setz 1992, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Werbeabgabegesetz 2000, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996, die Bundesabgabenordnung, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Waffengesetz, das Preisgesetz 1992, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Teilpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagengesetz, das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzgeldgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Universitäts-Studiengesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, das Bundesmuseen-Gesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesforstegesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz 1996, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert sowie steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften, ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Übertragung der Donau Transport Entwicklungsgesellschaft m.b.H. an den Bund und ein Fernsprechentgeltzuschussgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2001) (369 d. B.) 31

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer 31

Reinhart Gaugg 35

Josef Edler (tatsächliche Berichtigung) 38

Karl Öllinger 39

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 42

Rudolf Edlinger 45

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung) 50

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 50

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 51, 101

Friedrich Verzetnitsch (tatsächliche Berichtigung) 56

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) 56

Sigisbert Dolinschek 57

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 58

Karl Donabauer 60

Dr. Robert Rada (tatsächliche Berichtigung) 62


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Heidrun Silhavy 62

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 70

Edith Haller 73

Theresia Haidlmayr 74

Ridi Steibl 76

Dr. Ilse Mertel 78

Dr. Brigitte Povysil 80

Mag. Barbara Prammer 81

Dr. Reinhold Mitterlehner 83

Friedrich Verzetnitsch 85

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 87

Norbert Staffaneller 92

Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) 93

Doris Bures 94, 223

Edeltraud Gatterer 96

Kurt Eder 98, 228

Mag. Reinhard Firlinger (tatsächliche Berichtigung) 99

Dr. Sylvia Papházy, MBA 101

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigungen) 103, 184

Mag. Johann Maier 103

Dr. Erwin Rasinger 104

Annemarie Reitsamer 151

Dr. Alois Pumberger 153

Peter Schieder 154

Dr. Elisabeth Pittermann 155

Mag. Gisela Wurm 157

Manfred Lackner 158

Mag. Brunhilde Plank 160

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) 161

Marianne Hagenhofer 161

Mag. Karl Schweitzer 162

Dr. Dieter Antoni 164

Werner Amon, MBA 165

Dieter Brosz 167

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 170, 175, 187

Mag. Dr. Udo Grollitsch 172

Beate Schasching 173

Dr. Gertrude Brinek 175

Dr. Kurt Grünewald 176

Dr. Martin Graf 179

DDr. Erwin Niederwieser 181

Mag. Karin Hakl 182

Mag. Rüdiger Schender 183

Hans Sevignani 185

Otmar Brix 185

Mag. Rüdiger Schender (tatsächliche Berichtigung) 188

Georg Schwarzenberger 188

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 189

Robert Wenitsch 192

Heinz Gradwohl 194

Karlheinz Kopf 196

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 197

Dr. Evelin Lichtenberger 197, 217

Ing. Gerhard Fallent 199

Rainer Wimmer 200

Nikolaus Prinz 201

Emmerich Schwemlein (tatsächliche Berichtigung) 202


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Mag. Werner Kogler 202

Mag. Reinhard Firlinger 203

Anton Heinzl 207

Ernst Fink 208

Georg Oberhaidinger 209

Ernst Fink (tatsächliche Berichtigung) 210

Franz Hornegger 210

Jakob Pistotnig 211

Dr. Kurt Heindl 212

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 213

Roland Zellot 218

Otto Pendl 219

Mag. Helmut Kukacka 221

Hermann Böhacker 222

Mag. Cordula Frieser 223

Mag. Walter Tancsits 225, 229

Doris Bures (tatsächliche Berichtigung) 226

Dr. Gabriela Moser 226

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Alternativen zum Budgetprogramm der Bundesregierung – Ablehnung 65, 234

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Abstandnahme von der Einführung von Kostenbeiträgen in postsekundären Bildungseinrichtungen – Ablehnung 165, 234

Entschließungsantrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend Anschlag auf den Sozialen Wohnbau in Österreich – Ablehnung 225, 234

Annahme des Gesetzentwurfes in 369 d. B. (namentliche Abstimmung) 230

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 29

Bürgerinitiative betreffend "die gesetzlichen Grundlagen so zu gestalten, dass naturheilkundliche Methoden von qualifizierten TherapeutInnen angeboten werden können" (Ordnungsnummer 10)

Regierungsvorlagen 29

346: Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG) geändert wird

387: Bundesverfassungsgesetz über den Verfassungsrang bestimmter finanzausgleichsrechtlicher Bestimmungen

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Karl Schweitzer, Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend SPÖ-Mißwirtschaft am Beispiel des Bank-Burgenland-Skandals (1532/J)


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Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1533/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1534/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1535/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1536/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1537/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1538/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1539/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1540/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1541/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1542/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1443/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Ministerbüros der FP/VP-Bundesregierung (1544/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend EU-Kommission und WTO (1545/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die geplante Entsendung eines residenten österreichischen Handelsdelegierten nach Bagdad (1546/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die geplante Entsendung eines residenten österreichischen Handelsdelegierten nach Bagdad (1547/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Politik gegen den ländlichen Raum durch Schließung von Postämtern (1548/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Rinderwahn (1549/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Sicherheit von Gasverteilnetzen und Verantwortlichkeiten bei Störfällen (1550/J)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Telefonanlage im Justizpalast – Überwachung der Teilnehmer (1551/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsparung bei Polizei und Gendarmerie (1552/J)


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Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend illegale Aktenflüsse zum "NEWS"-Redakteur Worm (1553/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schwarzgelder des Josef Kleindienst (1554/J)

Inge Jäger und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die ausstehenden Renovierungsarbeiten des Bundesoberstufenrealgymnasiums Grieskirchen (1555/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Public-Netbase-Preise für den Widerstand im Netz (1556/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zuckerquote (1557/J)

Mag. Christine Muttonen und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einsparungen im Kulturbereich und Zukunft des MAK (1558/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1277/AB zu 1298/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1278/AB zu 1352/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Egghart und Genossen (1279/AB zu 1449/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1280/AB zu 1291/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (1281/AB zu 1326/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1282/AB zu 1285/J)

 


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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen, und eröffne die 45. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 9 Uhr, einberufen wurde.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Achatz, Dr. Glawischnig, Fischl, Dr. Feurstein, Haigermoser, Mag. Sima, Gaál, Nürnberger und Grabner.

Ich darf den Vorsitz an Kollegen Dipl.-Ing. Prinzhorn übergeben, der am Ende der gestrigen Sitzung auch den Vorsitz geführt hat. – Bitte.

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (den Vorsitz übernehmend): Herr Präsident! Hohes Haus! Es war zwar in der gestrigen Sitzung nach mitternächtlicher Stunde, aber ich glaube, dass es richtig ist, dass wir das noch einmal Revue passieren lassen.

Seit meinem Eintritt in das Präsidium des Nationalrates habe ich mich stets bemüht – auch von allen Klubobmännern in persönlichen Gesprächen anerkannt –, die Form der Ausführungen hier im Parlament entsprechend der Würde des Parlaments zu fördern.

Die Ausführungen des Abgeordneten Pilz, in denen er zu mitternächtlicher Stunde Herrn Klubobmann Westenthaler doch in sehr eindeutiger Art und Weise Ausdrücke, die einem Hund adäquat wären, wie "Wuff! Wuff!", "Sitz!", zugeordnet hat (Abg. Dr. Stummvoll  – in Richtung des Abg. Dr. Pilz –: Schämen Sie sich, Herr Kollege! Schämen Sie sich!), haben zweifelsohne der Würde des Parlaments und dem Ansehen des Herrn Westenthaler nicht entsprochen. Daher erteile ich Herrn Abgeordnetem Pilz dafür einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Pilz: Na geh, bitte!)

Gleichwohl hat Herr Abgeordneter Westenthaler – bei allem Verständnis für die sehr aufgeheizte und emotionale Situation – einen Alktotest des Ausführenden verlangt und damit den Ausführenden, Herrn Abgeordneten Pilz, in dieser Weise ebenfalls denunziert. Dafür erteile ich Herrn Abgeordnetem Westenthaler einen Ordnungsruf. (Abg. Leikam: Was hat er gesagt?)

Ich bitte Sie, in Zukunft bei Gratwanderungen in den Reden nicht nur von Worten, sondern auch von ganzen Passagen in den Ausführungen abzusehen (Abg. Dr. Mertel: Vom Ton, Herr Präsident!), wenn deren Sinn den Ausführenden in seiner Würde und damit das Parlament in seiner Würde verletzen. – Danke. (Abg. Dr. Pilz: Zur Geschäftsordnung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Pilz, bitte.

9.04

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich hätte mir an und für sich erwartet, dass unserem Ersuchen von gestern Abend nachgekommen und aus dem Protokoll zitiert wird. Ich bedauere, dass das jetzt nicht gemacht wurde.

Ich nehme zur Kenntnis, dass die Ausdrücke "Wuff! Wuff!" im Parlament nicht mehr gebraucht werden können. Okay. (Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Das andere ist: Ich hätte mir erwartet, dass die Aufforderung des Abgeordneten Westenthaler: "Sie sollten einen Alkotest machen!", "Der ist ja total high!", Stalinist und Wahnsinniger (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler ) wenigstens wiedergegeben werden, dass klar gesagt wird, was das Präsidium des Nationalrates davon hält. "Wuff! Wuff!" auf eine Ebene mit Stali


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nist, Wahnsinniger und anderes zu stellen, ist eine gewisse Verharmlosung des Letzteren. Ich sage ganz offen, dass ich damit nicht ganz einverstanden bin. – Danke. (Abg. Ing. Westenthaler: Zur Geschäftsordnung!)

9.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Herr Präsident Prinzhorn hat zwei Ordnungsrufe erteilt. Es steht ausdrücklich in der Geschäftsordnung, dass eine Appellation an das Hohe Haus bei Ordnungsrufen nicht möglich ist. Ich vertrete diesen Standpunkt. Die Ordnungsrufe sind erteilt worden. Ich vertrete die Auffassung, dass sie erteilt worden und zu akzeptieren sind.

Bitte, Herr Abgeordneter Westenthaler, da Sie das Wort wünschen, aber unter Bedachtnahme darauf, was ich soeben gesagt habe.

9.06

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Ich nehme natürlich die Entscheidungen zur Kenntnis und akzeptiere sie, ich lasse mir nur nicht von Herrn Abgeordnetem Pilz Falsches unterstellen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Protokoll!)

Ich habe weder Wahnsinniger noch Stalinist gesagt – das hat er mir jetzt vorgeworfen (Abg. Dr. Lichtenberger: Steht im Protokoll!), das geht auch aus dem Protokoll nicht hervor, das Protokoll widerlegt Abgeordneten Pilz.

Herr Abgeordneter, ich hoffe, es geht Ihnen heute gut. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsordnung!)

9.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka, bitte.

9.06

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Da einige Wortmeldungen offensichtlich erfolgt sind, um sicherzustellen, dass die Entscheidung in vollem Umfang dem Protokoll entnommen werden kann, möchte ich darauf hinweisen, dass entgegen dem, was Kollege Westenthaler gesagt hat, das Wort "Stalinist" sehr wohl gefallen ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht von mir! Er hat sie mir hier zugeordnet!) Es ist auch zugeordnet, nicht persönlich, aber fraktionell, nämlich den Freiheitlichen, und das ist der Grund dafür, dass der Herr Präsident, da er keiner bestimmten Person den Ordnungsruf erteilen kann, offensichtlich davon Abstand genommen hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Er hat sie mir zugeordnet!) Dass es aber ahndungsfähig und ahndungswürdig wäre, steht außer Zweifel.

Und eine Fraktion, die einen entsprechenden Zwischenruf gemacht hat, sollte sich im Haus anders verhalten, als Kollege Westenthaler dies getan hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Am besten einen Ordnungsruf für die ganze Fraktion!)

9.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nachdem wir die Standpunkte gehört haben, teile ich Ihnen noch mit, dass wir den vier Fraktionsvorsitzenden dieses Rohprotokoll zur Verfügung gestellt haben, sodass Informationsgleichstand gegeben ist.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr zur Fragestunde über, und ich beginne jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte Herrn Abgeordneten Kaipel, die 1. Anfrage zu formulieren, und zwar so, wie sie im Text steht. – Bitte.


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45. Sitzung / Seite 12

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel
(SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

63/M

Durch welche organisatorischen Maßnahmen wird die im internationalen Vergleich überdimensionierte Führungsstruktur des Bundesheeres den neuen Aufgabenstellungen angepasst?


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45. Sitzung / Seite 13

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass schon im Jahre 1998 die so genannte HG-STRAN, das heißt eine Anpassung der Heeresgliederung 1992 verfügt wurde, in der einschneidende Strukturmaßnahmen enthalten waren. Diese Maßnahmen sind mit Sommer dieses Jahres abgeschlossen worden. Nur einige Eckpunkte: die Verringerung der Korpskommanden von drei auf zwei, die Verringerung der Panzergrenadierbrigaden von drei auf zwei, eine Reduzierung bei der Verwaltung bei den Militärkommanden um 30 Prozent und auch eine Straffung bei organisatorischen Maßnahmen und den Gliederungen im Schul- und Ämterbereich.

Meine Zielsetzung ist es darüber hinausgehend – daran arbeitet bereits eine Projektgruppe –, vor allem hinsichtlich der Spitzengliederung des Bundesministeriums für Landesverteidigung ein Reformprojekt vorzulegen. Ich erwarte mit Jahresende die Ergebnisse dieser Projektgruppe, und wir werden dann mit viel Elan die Umsetzung einer reduzierten Spitzengliederung in Angriff nehmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Zusatzfrage wird mir von Herrn Abgeordnetem Dr. Bösch avisiert. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Bundesminister, werden Sie sicherstellen, dass auch nach den Einsparungen im administrativen Bereich eine ausreichende regionale Führungsebene erhalten bleibt, vor allem zur Bewältigung von Katastrophenassistenzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass gerade dann, wenn es um Verwaltungseinsparungen im Bereich des Heeres geht, immer wieder die Militärkommanden in Frage gestellt werden. Ich sage hier ganz offen: Wenn man das nach rein militärischen oder nach wirtschaftlichen Kriterien sähe, dann könnte man darüber diskutieren, ob ein kleines Land wie Österreich neun Bereichskommanden, neun Militärkommanden, in jedem Bundesland eines, benötigt. Aber wenn man die Topographie und die spezifischen Anforderungen Österreichs berücksichtigt, vor allem im Bereich des Katastrophenschutzes, sieht man, dass es, glaube ich, notwendig und unverzichtbar ist, dass wir, solange wir – ich gehe davon aus, dass das noch lange sein wird – neun Bundesländer haben, in jedem Bundesland einen Ansprechpartner für die zivile Verwaltung und auch ein Führungskommando gerade für den Assistenz- und Katastropheneinsatz haben.

Das Ganze selbstverständlich bei einer möglichst geringen Bürokratie. Das ist aber, glaube ich, durch die 30-prozentige Reduzierung, von der ich im Zusammenhang mit der vorangegangenen Frage schon gesprochen habe, sichergestellt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Murauer, bitte.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass Sie besonderen Wert auf die Militärkommanden legen und dass Sie dafür sorgen werden, dass die neun Bundesländer ihre Militärkommanden behalten werden. Das zeigt, dass Sie auch anerkennen, dass die Militärkommanden in der Vergangenheit immer Bürgernähe gezeigt haben. Es hat eine Reduktion von etwa 30 Prozent bei den Militärkommanden stattgefunden. Sehen Sie die Notwendigkeit einer weiteren Reduktion in diesem Bereich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Da diese Reduktion gerade erst abgeschlossen wurde, müssen wir erst einmal abwarten, ob der Umfang jetzt ausreichend ist, um die Aufgaben, die an die Militärkommanden gestellt werden, erfüllen zu können. Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten Monaten einen Evaluierungsprozess geben wird und wir danach eine Entscheidung treffen können. Ich gehe aber auch davon aus, dass wir unsere Strukturen aufgabenorientiert aufbauen müssen und nicht nach irgendwelchen Gewohnheiten, dass wir aber auch das Prinzip der Kontinuität verfolgen sollten, denn – und das wissen Sie – durch die ständigen Diskussionen über Reduzierungen, Standortfragen, Umgliederungen wird ja letztlich auch die Truppe, die wir so notwendig brauchen, vor allem in Hinblick auf die Motivation verunsichert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger, bitte.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Minister! Auch wenn Sie in erster Linie von einer aufgabenorientierten Reduzierung sprechen, sind einige Zahlen in diesem Bereich nicht uninteressant. Deshalb frage ich Sie: Wie viele Trägerinnen und Träger mit dem Dienstgrad "Oberst" gibt es derzeit, und auf wie viele soll der so genannte – in den Fachmedien oft scherzhaft so genannte – Oberst-Bauch abgespeckt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Abgeordnete! Ich kann Ihnen die exakte Zahl jetzt nicht sagen, aber ich kann Ihnen das gerne nachreichen. Letztlich geht es mir auch darum, dass wir im Bundesheer eine Personalpyramide erhalten und nicht, wie wir es derzeit nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz haben, eine Säule haben, beziehungsweise sind wir durch die restriktive Aufnahmepolitik in den letzten Jahren fast zu einem Sarg gekommen, weil von unten weniger Personal nachkommt, als wir bräuchten.

Diesbezüglich gibt es die Überlegung, für Bedienstete dienstrechtliche Möglichkeiten zu schaffen, dass sie in andere Berufsbereiche übertreten, dass man im Sinne von Umgliederungen auch Sozialpläne schaffen könnte, um das Personal in andere Bereiche umgliedern zu können. Es geht auch darum, dass wir versuchen müssen, für jenes Personal, das vom Alter her nur mehr sehr schwierig bei der Truppe, beim Bundesheer verwendet werden kann, die Möglichkeit einer Art Vorruhestandsmodell zu schaffen, um eine Entlastung im Bereich der Spitzenbeamten zu ermöglichen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Murauer stellt die nächste Frage. – Bitte.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

57/M

Welche Gründe waren für die Anschaffung des amerikanischen Hubschraubers "Black Hawk" ausschlaggebend?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass der Anlass für diese Beschaffung, die ja immer wieder in Diskussion gestellt war, die furchtbare Katastrophe in Galtür war, wo sich herausgestellt hatte, dass mit den vorhandenen Kapazitäten im Bereich der Hubschrauber ein derartiger Spitzenbedarf nicht abgedeckt werden kann. Deshalb hat mein Vorgänger dieses Beschaffungsverfahren eingeleitet.

Nach einer ersten Evaluierung sind zwei Modelle, die, glaube ich, bekannt sind, nämlich "Black Hawk" von der Firma Sikorsky und "Super Puma" von der Firma Eurocopter, in die Endausscheidung gekommen. Beide entsprechen grundsätzlich dem Bedarf. Nach einer Gegenüber


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stellung der technischen Bereiche und auch des Preis-Leistungs-Verhältnisses ist ein Vorteil für den "Black Hawk" herausgekommen, vor allem bei der technischen Beurteilung, der Crashfestigkeit, bei Sicherheitsvorkehrungen und auch der Leistungsreserve vor allem im hochalpinen Bereich. Das hat letztlich den Ausschlag für dieses Modell gegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! In weiterer Folge stellt sich die Frage der Stationierung der Hubschrauber. Werden Sie sich für die Stationierung in Oberösterreich einsetzen, nachdem der Fliegerhorst Vogler in Hörsching über entsprechende Ressourcen verfügt, über geschulte Soldaten, über Serviceeinrichtungen, auch über Unterbringungsmöglichkeiten? Der Fliegerhorst Vogler in Hörsching ist in der Mitte Österreichs angesiedelt, sodass die Erreichbarkeit bei etwaigen Katastrophen in allen Bundesländern rasch erfolgen würde. Deswegen meine Frage, ob Sie eine Möglichkeit der Stationierung in Hörsching sehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Es freut mich, dass die Entscheidung für dieses Modell anscheinend von breiten Teilen der Bevölkerung, aber auch von den politischen Repräsentanten unterstützt wird und wir deshalb wahrscheinlich den Druck haben werden, in jedem der neun Bundesländer einen dieser neuen Hubschrauber zu stationieren.

Wir sind jetzt gerade dabei, eine Beurteilung zu treffen, welcher Standort der am besten geeignete ist. Es kommt natürlich Hörsching in Frage, auch Langenlebarn ist in Diskussion. Es sind dabei verschiedene Dinge abzuwägen: auf der einen Seite – Sie haben es gesagt – selbstverständlich die möglichst rasche Verfügbarkeit in allen Gebieten Österreichs, im Katastropheneinsatz etwa, auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch die Fragen der Logistik, die Möglichkeit der Fliegerwerft, die Möglichkeit der Materialerhaltung berücksichtigen und auch überprüfen, wo wir das am besten geeignete Personal für den Betrieb dieses Hubschraubers haben, um die Nebenkosten möglichst gering zu halten. Diese Überprüfung wird so rasch wie möglich abgeschlossen werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundesminister! Im Jahre 1999 hat es einen Beschluss des Landesverteidigungsrates gegeben, wobei die Beschaffungskosten für Hubschrauber um eine halbe Milliarde Schilling geringer angesetzt waren, als Sie jetzt mit der Entscheidung für den "Black Hawk" ausgeben. Wie rechtfertigen Sie angesichts der Sparmaßnahmen, die Ihre Bundesregierung jetzt durchführt, diesen Ankauf?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass der Landesverteidigungsrat kein Entscheidungsgremium, sondern ein Beratungsgremium der Bundesregierung ist. Entschieden wird diese Frage durch den Bundesminister für Landesverteidigung in Übereinstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen. Ich habe bereits gesagt, welche die Kriterien für die Entscheidung waren, und ich glaube, dass gerade der Sicherheitsaspekt, aber auch die Gesamttransportkapazität hier entscheidend sind. Und wenn es möglich ist – und es war möglich –, die entsprechenden Geldmittel aufzubringen, dann ist es meine Verantwortung als Verteidigungsminister, das bestmögliche Gerät zu beschaffen.

Wenn Sie sich vor Augen halten, dass durch den höheren Preis auch die Kompensation, das heißt die Wirtschaftskraft, die wir über dieses Geschäft nach Österreich bringen, höher ist, weil ja beide Firmen 200 Prozent Kompensation angeboten haben, dann wird das sicher wieder aufgewogen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kiermaier, bitte.


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Abgeordneter Günter Kiermaier
(SPÖ): Herr Bundesminister! Warum wurde im Zuge des Beschaffungsvorganges der Transporthubschrauber auf eine Vergleichserprobung, wie sie eigentlich international üblich ist, zwischen den beiden in Frage kommenden Typen verzichtet und zum Beispiel keine Beladeübung durchgeführt, um die immer noch strittige Frage der Personentransportkapazität, die ja beim nun angeschafften amerikanischen Modell eindeutig geringer ist als beim europäischen Hubschrauber, zu klären? Ich denke, es gilt noch immer der alte Spruch: Probieren geht über studieren!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Dieser Spruch gilt zwar grundsätzlich, aber ich muss Ihnen auch sagen, dass sich die vorangegangene Bundesregierung dazu entschlossen hat – und ich halte das auch für vernünftig –, ein so genanntes verkürztes Verfahren in diesem Beschaffungsbereich durchzuführen, und dabei entfällt eine vergleichende Erprobung. Zweitens sind ja beide Produkte am Markt eingeführt, das heißt, es handelt sich ja nicht um Neuentwicklungen, und man kann daher auf Vergleichswerte von anderen Armeen zurückgreifen.

Sie wissen – das ist ja auch kein Geheimnis –, dass die Personaltransportkapazität beim "Black Hawk", wenn man die Bestuhlung hat, etwa um eine Person niedriger ist als beim "Super Puma". Wenn man im Katastrophenfall bei Evakuierungen die Sitze herausnimmt, was üblich ist, ist die Personentransportkapazität wieder gleich hoch. Die Nutzlast aber, das heißt die Gesamtmöglichkeit, und auch die Reserve etwa im Hochgebirgsbereich ist beim "Black Hawk" wesentlich höher; die Nutzlast etwa um eine Tonne. Ich glaube deshalb, dass unterm Strich auch bei der Transportkapazität das von uns beschaffte Modell im Vorteil ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Gibt es noch einen Wunsch auf eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Graf.

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben soeben die technischen und militärischen Gründe dafür genannt, dass Sie sich für das Fabrikat "Black Hawk" entschieden haben. In den Medien wurde darüber hinaus berichtet, dass es sehr große wirtschaftliche Vorteile gibt. Ich möchte fragen, wie diese von Ihnen beurteilt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Die Frage der Kompensation und der Kooperation im Wirtschaftsbereich im Zuge von Heeresbeschaffungen ist ein Faktum. Das heißt, für Österreich muss auch klar sein, vor allem als kleines Land, das gerade im Bereich der Hochtechnologie, aber auch bei der Telekommunikation einen Nachholbedarf hat, dass es oft nur durch derartige Schuhlöffelfunktionen über Heeresbeschaffungen möglich ist, in diese wichtigen Bereiche, auch in den Bereich Forschung und Entwicklung, zu kommen. Hier gibt es ja ganz ambitionierte Pakete etwa bei dieser Hubschrauberbeschaffung.

Ich sage noch einmal: 200 Prozent Kompensation! Das sind fast 6 Milliarden Schilling an Aufträgen, die durch diesen Beschaffungsvorgang für die österreichische Wirtschaft errungen werden konnten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Die 3. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Pilz.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

59/M

Mit welchen Vertretern des US-Militärs haben in den letzten Monaten von Seiten des Bundesministeriums für Landesverteidigung Treffen stattgefunden, um die NATO-Zukunft Österreichs zu besprechen?


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Natürlich frage ich vor dem Hintergrund von ... (Abg. Böhacker: Die Frage vorlesen!) – Entschuldigung.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter Pilz! Ich kann Ihnen hier dazu nur sagen: Es hat meines Wissens mit niemandem von Seiten der US-Armee Gespräche über die NATO-Zukunft Österreichs gegeben. Es gibt einmal im Jahr die normalen Stabs-Gespräche, das letzte hat am 6. Oktober mit Vertretern der US-Streitkräfte stattgefunden – diese Gespräche gibt es auch mit sehr vielen anderen Streitkräften.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Ich gehe davon aus, dass Sie besser als ich wissen, dass die NATO-Zukunft Österreichs Gegenstand dieser Gespräche war. Die "Defense News" vom 9. Oktober 2000 bestätigen das und weisen darauf hin, dass das Pentagon eine offizielle Bestätigung abgegeben hat, dass es genau an diesem Tag zu einem Orientierungsgespräch und Verhandlungen zwischen auf der einen Seite dem Staatssekretär des Pentagons General Joseph Garrett und Mitgliedern des US-Generalstabs und auf der anderen Seite Brigadier Mayer und anderen österreichischen Militärs über die NATO-Zukunft Österreichs gekommen ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das eine Wortmeldung oder eine Frage, Herr Präsident?)

Herr Bundesminister! Ich frage Sie in diesem Zusammenhang: Welche Fragen der NATO-Zukunft Österreichs sind an diesem 6. Oktober mit den amerikanischen Militärs und dem Unterstaatssekretär diskutiert worden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter Pilz, noch einmal: Meinen Informationen nach hat am 6. Oktober ein ganz normales routinemäßiges Stabs-Gespräch stattgefunden. Thema war die NATO-Erweiterung, Herr Abgeordneter Pilz, die weiteren Schritte, die die NATO im Sinne eines Erweiterungsprozesses plant.

Sie wissen ganz genau, dass über die Frage eines möglichen Beitritts Österreichs zur NATO, die selbstverständlich – auch das wissen Sie – in dieser Legislaturperiode nicht auf der Tagesordnung steht, einzig und allein das österreichische Parlament, die österreichische Bundesregierung und die österreichische Bevölkerung im Wege einer Volksabstimmung entscheiden werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Hagenhofer, bitte.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Minister! Wie viele Offiziere des österreichischen Bundesheeres sind in welcher Funktion bei NATO-Einrichtungen und NATO-Stäben tätig? Und ist daran gedacht, dass diese Tätigkeiten personell noch weiter ausgebaut werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass Österreich an der "Partnerschaft für den Frieden" teilnimmt und dort auch entsprechend mit Personal vertreten ist; die genaue Zahl kann ich Ihnen nachreichen. An eine Ausweitung ist meines Wissens derzeit nicht gedacht, weil wir uns voll auf die Unterstützung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union konzentrieren, was uns auch personell, wie Sie wissen, sehr fordert, und wir dort unsere Schwerpunkte setzen werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Großruck, bitte.

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Bei der Gründung der Westeuropäischen Union war vorgesehen, diese als Verteidigungsstruktur


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der Europäischen Union de jure einzusetzen. Nun soll die Westeuropäische Union in die Europäische Union integriert werden.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung zwischen NATO und Europäischer Union? Und was ist seitens der Europäischen Union vorgesehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter, Sie haben Recht, dass die Westeuropäische Union so ein bisschen als europäischer Arm der internationalen Sicherheitspolitik gebildet wurde. Vor wenigen Tagen hat nun die Westeuropäische Union selbst beschlossen, dass sie ihre Strukturen in die Europäische Union überführen wird, da, wie Sie wissen, die Europäische Union beschlossen hat, eine eigene Sicherheits- und Verteidigungsstruktur aufzubauen; das selbstverständlich auch in enger Anlehnung an die anderen vorhandenen Strukturen, auch an die Struktur der NATO. Hier wird es eine enge Zusammenarbeit geben.

Es soll in Zukunft die Möglichkeit geben, dass die Europäische Union selbst, etwa im humanitären Bereich, derartige internationale Missionen durchführt oder gemeinsam mit der NATO, so ähnlich, wie es ja derzeit auch im Kosovo stattfindet.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Letzte Zusatzfrage dazu: Herr Abgeordneter Jung.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Um die Pilz’schen Verschwörungsängste vielleicht noch weiter zu entkräften: Welchen Zweck haben solche Treffen internationaler Spitzenmilitärs wie der Generalstabschefs üblicherweise?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Diese Treffen – ich sage es noch einmal –, die nicht nur mit US-Streitkräften, sondern mit vielen anderen Streitkräften Europas und außerhalb Europas stattfinden, haben den Sinn, eine möglichst enge bilaterale Kooperation durchzuführen, Informationen auszutauschen, denn gerade für ein kleines Land wie Österreich ist es wichtig und notwendig, ein umfassendes Informationsbild über sicherheitspolitische Entwicklungen zu haben und selbstverständlich auch gemeinsame Vorhaben zu diskutieren, wie etwa im Wege von Ausbildungsvorhaben, im Wege von gemeinsamen Seminaren, im Wege von gemeinsamen Übungen, die ja gerade im Rahmen der "Partnerschaft für den Frieden" mit den meisten Ländern auch Europas so erfolgreich durchgeführt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Wir kommen zur Anfrage 61/M, die Herr Abgeordneter Jung referieren wird. – Bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage an Sie lautet:

61/M

Welche Kräfte des Bundesheeres werden als österreichischer Beitrag zur Entwicklung von militärischen Fähigkeiten der EU zur Krisenbewältigung bereitgestellt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Sie haben den letzten Diskussionen wahrscheinlich entnommen, dass sich Österreich bereits vor einigen Jahren – genauer gesagt: beim Gipfel von Köln 1999 – dazu verpflichtet hat, am Aufbau einer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union teilzunehmen, mit einem vergleichbaren Beitrag. Wir haben den größtmöglichen Beitrag beurteilt und sind für die Auslandseinsätze des österreichischen Bundesheeres auf eine Gesamtstärke von 2 000 Soldaten gekommen. Wir haben zwei Bataillone zur Verfügung gestellt, ein gepanzertes Infanteriebataillon, ein leichtes Infanteriebataillon, sowie einige Unterstützungsmodule und auch Module


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im Wege der humanitären Einsätze, wie etwa ABC-Schutz, Wasseraufbereitungsanlagen et cetera.

Ich meine, dass das ein machbarer, aber auch notwendiger Beitrag ist, wenn man das Ziel verfolgt – und dieses sollte uns allen als unterstützenswert erscheinen –, auf diesem Kontinent eine Sicherheits- und Friedensunion einzurichten, die es unmöglich macht, dass in Europa Kriege geführt werden, wie wir sie leider in den letzten Jahren und Monaten noch zur Kenntnis nehmen mussten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Freund, bitte.

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich nehme an, Einsatz und Ausbildung dieser Kräfte werden dezentral in Österreich erfolgen, also auf das ganze Bundesgebiet aufgeteilt werden. Ist geplant, dass eine solche Einheit in Ried im Innkreis stationiert wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Die Entscheidung über den Einsatz derartiger Kräfte wird selbstverständlich zentral vorgenommen, denn Österreich hat es sich selbstverständlich – so wie alle anderen Staaten – vorbehalten, dass über die Frage, ob österreichische Soldaten dann konkret in einen Einsatz entsendet werden, Österreich entscheidet. Das heißt, es wird hier der normale Ablauf über die Bundesregierung und auch den Hauptausschuss des Nationalrates vorgenommen. Es gibt letztlich keine Verpflichtung, dass sich Österreich dann, wenn ein Antrag von der Europäischen Union kommt, auch entsprechend beteiligt.

Über die Ausbildung und über die Aufstellung dieser Kräfte wird derzeit noch eine Untersuchung durchgeführt. Wir müssen natürlich, weil es ein ambitioniertes Ziel ist, hier möglichst breit streuen und möglichst in allen Gebieten Österreichs für das Personal, für diese Einsätze werben. Wir müssen die Soldaten, die sich grundsätzlich für diesen Einsatz melden, vorweg ausbilden, vorweg vorbereiten.

Sie haben Ried angesprochen. Dort gibt es eine ausgezeichnet motivierte und ausgebildete Garnison, und ich gehe davon aus, dass selbstverständlich auch von Ried aus Soldaten für dieses Projekt zur Verfügung gestellt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundesminister! Sie haben zuerst schon beim Punkt "Black Hawk" zugegeben, dass es Ihnen entgegen budgetärer Vorgaben gelungen ist, zusätzliche Mittel für Beschaffungsfragen zu lukrieren. Den Medien habe ich entnommen, dass Ihnen dies auch gelungen ist, was das Eurokorps betrifft – entgegen den Worten des Finanzministers, der zuerst sehr dagegen war, dafür zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Aus welchen Budgetteilen werden nun die Kosten für das Eurokorps zusätzlich finanziert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Abgeordnete! Ich kann mich nicht erinnern, dass ich bei der Hubschrauber-Frage gesagt hätte, dass entgegen den budgetären Vorgaben verschiedene Budgetmittel lukriert werden konnten. – Ich habe gesagt, dass nach Abwägung der Vor- und Nachteile, vor allem unter Abwägung des Sicherheitsargumentes, dieser Mehraufwand gerechtfertigt erschien.

Bei der Frage der Beteiligung Österreichs an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik habe ich immer klargestellt, dass bei diesem niedrigen, absolut niedrigen Landesverteidigungsbudget – Sie müssen sich vorstellen, dass Österreich als eines der reichsten Länder Europas das bei weitem am niedrigsten dotierte Budget für die eigene Sicherheit aufwendet – derartig ambitionierte Zusatzaufgaben aus dem normalen Budget nicht bedeckbar


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sind. Es hat eine Diskussion zwischen mir und dem Finanzminister gegeben. Mein Ziel wäre es gewesen, sozusagen eine Generalklausel für all diese Zusatzkosten zu erwirken. Der Finanzminister wollte klarstellen, dass es keine zusätzlichen Geldmittel gibt, was aus seiner Sicht natürlich auch verständlich ist.

Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir erst dann, wenn die konkreten Budgettangenten feststehen, wenn diese Evaluierung abgeschlossen ist – es wird ja erst jetzt im Rahmen der Europäischen Union evaluiert, ob die Beiträge, die die Einzelstaaten gemeldet haben, ausreichend sind, ob sie zuviel sind oder sie vielleicht in falschen Bereichen angelegt sind –, unseren konkreten Beitrag abstecken können, dass wir dann auch die Jahrestangenten der notwendigen Beschaffungen und der notwendigen Maßnahmen im Personalbereich abstecken können. Und dann wird es Verhandlungen über die zusätzliche Finanzierung dieses Projekts geben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Kaipel, bitte.

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Bundesminister! Welches Gerät, insbesondere welches schwere Gerät, und welche Waffen sind für den österreichischen Beitrag zu den europäischen Kriseninterventionskräften vorgesehen? Und konkret: Wie viele Radpanzer stehen für diese Einsätze zur Verfügung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Ich habe auch in der Öffentlichkeit schon gesagt, dass wir im Bereich der Infrastruktur Nachholbedarf haben, dass das derzeitige Gerät, vor allem das schwere Gerät, gerade dazu ausreicht, die Ausbildung im Inland sicherzustellen und die Bereitstellung für die derzeitigen Missionen, etwa wenn ich den von Ihnen angesprochenen Radpanzer "Pandur" hernehme, im Kosovo sicherzustellen, dass aber dieses zusätzliche Engagement mit dem derzeitigen Gerät nicht abdeckbar ist.

Zum Radpanzer "Pandur" möchte ich Ihnen sagen, dass unsere Planer davon ausgehen, dass wir eine Zusatztangente von etwa 80 bis 90 Stück dieses Gerätes brauchen, um sicherzustellen, dass unsere Soldaten im Einsatzraum splittergeschützt, das heißt mit maximaler Sicherheit für ihre Gesundheit und für ihr Leben, transportiert werden können. Das ist aber eigentlich gar nichts Neues, denn im so genannten Mech-Paket, das letztlich auch Ihre Partei mit beschlossen hat, auch mit Unterstützung meiner Person – damals noch in der Opposition –, ist sogar eine wesentlich höhere Tangente bei der Beschaffung dieses Gerätes vorgesehen gewesen. Es sollte dies ein erster Schritt zur völligen Realisierung des Mech-Paketes sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist das 4. Thema erledigt.

Ich darf Herrn Abgeordneten Leikam zur Formulierung seiner Frage aufrufen.


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Abgeordneter Anton Leikam
(SPÖ): Herr Bundesminister! Ich habe folgende Frage an Sie:

64/M

Über welche offenen Punkte des Kaufvertrages für die "Black Hawk"-Hubschrauber werden mit der Herstellerfirma noch Detailverhandlungen geführt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.


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45. Sitzung / Seite 21

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner:
Herr Abgeordneter! Es werden derzeit mit der Herstellerfirma Detailverhandlungen über die Preisgestaltung und über die Zahlungsbestimmungen geführt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben relativ lange überlegt – ich will nicht sagen, gezögert, sondern lange überlegt –, bevor Sie Ihre Entscheidung getroffen haben, und sich letztendlich für das amerikanische Modell entschieden. Sie haben heute auch schon zum Teil begründet, warum Sie diese Entscheidung getroffen haben. Gab es Interventionen bei Ihnen im Hinblick auf Ihre Entscheidung? Wenn ja, von welcher Stelle?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Sie haben Recht, Herr Abgeordneter, dass ich mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht habe, und ich glaube, dass man in derart sensiblen Bereichen alle Punkte abwägen soll. Eine Verzögerung sehe ich nicht, es hat die Aufforderung an beide Firmen gegeben, ihre Wirtschaftspakete noch nachzubessern. Das haben auch beide Firmen getan. Wenn Sie von einer Verzögerung sprechen, dann darf ich Ihnen sagen, diese Verschiebung der Entscheidung hat für die österreichische Wirtschaft zusätzlich 1,5 Milliarden Schilling an Aufträgen gebracht. Ich glaube, das war es wert, einen derartigen Verhandlungsspielraum zu ermöglichen.

An mich persönlich sind keine Interventionen herangetragen worden. Ich hätte mich auch nicht darum gekümmert, weiß aber, dass in der Öffentlichkeit von verschiedenen Personen, wobei ich mich oft gefragt habe, ob sie überhaupt das technische Wissen haben, diese Dinge beurteilen zu können, Meinungen zu dem einen oder anderen Produkt gekommen sind. Aber, wie gesagt, ich habe mich, so wie es immer auch schon als Oppositionsabgeordneter mein Grundsatz war, rein an die Bewertung unserer Experten gehalten, und unter Abwägung der Rahmenbedingungen wie etwa des Wirtschaftspaketes ist diese Entscheidung getroffen worden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Graf, bitte.

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben vorhin noch einmal darauf hingewiesen, dass Österreich das bei weitem geringste Budget für die militärische Landesverteidigung innerhalb Europas hat. Daher ist es für Österreich sehr wichtig, wenn eine Entscheidung für eine Beschaffung getroffen wird, dass das System möglichst lange in Betrieb gehalten wird. Meine Frage ist daher: Wurde die Beschaffung des "Black Hawk" als Einzelbeschaffung durchgeführt, wurden dementsprechend nur Einzelgeräte angekauft, oder wurde eine Systementscheidung getroffen, dass Ersatzteile, Systeme und so weiter auf lange Zeit gesichert bleiben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Ich darf sagen: Herr Oberstleutnant der Miliz! Sie wissen als Fachmann, dass derartige Entscheidungen nur im Paket getroffen werden können, dass man eine derartige Beschaffung nicht so vornimmt, wie man etwa ein Auto oder irgendwelche anderen Geräte kauft, sondern dass es hier auch System- und Paketpreise gibt, System- und Paketbeschaffungen mit Ersatzteilen, mit der Ausbildung, mit Infrastruktur. Man muss bedenken, es handelt sich hier letztlich um eine Entscheidung, die das Bundesheer über Jahrzehnte begleiten wird, denn dieses Gerät – und ich sage noch einmal, es handelt sich hier um ein nagelneues Gerät, das extra für Österreich produziert wird – ist ja dann im Bestand des Bundesheeres auf einige Jahrzehnte vorhanden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Frieser, bitte.

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben bereits erwähnt, dass im Zusammenhang mit dem Ankauf des "Black Hawk" Kompensationsgeschäfte im Ausmaß von 200 Prozent vereinbart wurden. Können Sie heute schon sagen, welche österreichischen Wirtschafts- und Industriezweige von diesen Kompensationsgeschäften in der Größenordnung von 200 Prozent am stärksten profitieren werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Detailinformationen kann ich Ihnen deshalb nicht geben, weil die Kompetenz für die Bewertung dieser Kompensationspakete im Bereich des Wirtschaftsministeriums liegt, aber naturgemäß sind bei derartigen Geschäften Bereiche der Hochtechnologie, der Luftfahrtindustrie und auch der Telekommunikation betroffen, ebenso Zulieferfirmen für diesen Bereich. Hier gibt es einige sehr prominente Firmen in ganz Österreich. Ich gehe aber davon aus, dass über diese Beschaffung auch noch zusätzliche Impulse für diesen wichtigen Wirtschaftsbereich nach Österreich kommen werden und damit neben dieser 200-prozentigen Kompensation auch ein langfristiger Wirtschafts- und auch Beschäftigungseffekt für Österreich zu erzielen sein wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger, bitte.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Meine Zusatzfrage richtet sich etwas genereller auf die Zukunft der Luftstreitkräfte. Herr Minister! Gegen wen sollen die auch noch auf der Einkaufsliste stehenden Abfangjäger Österreich in der Zukunft verteidigen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Abgeordnete! Wir müssen dazu kommen, dass die Streitkräfte von demokratischen Staaten nicht gegen jemanden gerichtet sind, sondern für jemanden da sind, nämlich für die Sicherheit der Bevölkerung in unserem Land und in Regionen zu sorgen, für die Überwachung dieser Sicherheit (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) und auch dafür, dass sichergestellt wird, dass in Zukunft auf unserem Kontinent, aber auch rund um uns niemand mehr mit Gewalt Ziele der Politik auf dem Rücken der Bevölkerung mit Mord, Vertreibung und Folter durchsetzen kann.

Ich ersuche Sie wirklich, nicht immer diese Feindbilder aufrechtzuerhalten.

So, wie es jedes Land ermöglichen muss, dass seine eigene Souveränität, seine eigene Sicherheit auf dem Boden gewährleistet werden kann, sollte ein Land, das auf seine Souveränität Wert legt, auch dafür sorgen, dass seine Lufthoheit gewährleistet ist. Wir sind ein Land, das auf seine Leistungen stolz ist, wir sind ein Land, das in die Europäische Union integriert ist, und wir wären, Frau Abgeordnete, wenn wir nicht eine Nachbeschaffung für den "Draken" durchführen würden, in wenigen Jahren das einzige vergleichbare Land, das seine Lufthoheit nicht überwachen kann.

Das wird in diesem Verbund der europäischen Staaten nicht akzeptiert – das sagen ich Ihnen –, und wir werden nur die Alternative haben, entweder diese Mittel in ein eigenes Gerät zu investieren – und dadurch auch wieder diese Wirtschaftskooperationen zu ermöglichen – oder dasselbe Geld oder noch mehr dafür zu investieren, dass andere diese Aufgabe für uns übernehmen. Ich als österreichischer Verteidigungsminister bin der Meinung, dass diese Aufgabe von Österreich übernommen werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 6. Anfrage wurde zurückgezogen. Wir kommen daher zur 7. Anfrage.

Herr Abgeordneter Dr. Pilz referiert die Frage Nr. 60/M. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

60/M

Warum wird die Militärdoktrin des neutralen Österreichs in Abstimmung mit den USA, laut "Defense News" vom 9. Oktober 2000, erarbeitet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister, um Beantwortung.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter Pilz! Sie beziehen sich jetzt zum zweiten Mal auf einen Bericht in einer Zeitung. – Ich habe mir diesen Artikel auch ausgehoben, damit ich weiß, was da wirklich drinnen steht. Sie haben Recht, dass


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hier in einem Satz behauptet wird, dass es in diesem Bereich eine Abstimmung gäbe. Ich kann Ihnen sagen, dass die Diskussion über die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin Österreichs, ein wichtiges, unverzichtbares Projekt – seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten soll das erste Mal in Österreich eine umfassende sicherheitspolitische Grundsatzdiskussion über die Zukunft auch der Aufgabenbereiche des österreichischen Bundesheeres geführt werden –, hier in Österreich geführt wird und dass wir uns mit niemandem in diesem Bereich abzustimmen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! In den "Defense News", die dem Pentagon nahe stehen und von offiziellen Erklärungen aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium leben, wird auf die Erklärung eines österreichischen Diplomaten verwiesen – ich habe rückgefragt: eines Vertreters der österreichischen Botschaft –, der gesagt hat, es gebe eine Entscheidung in Wien, eng zusammen mit den Beamten des amerikanischen Verteidigungsministeriums die Militärdoktrin zu überarbeiten, und zwar als Wink, Hinweis an die NATO, dass man stärker in NATO-Strukturen eingebunden werden will und dass man die österreichische Verteidigungsdoktrin der NATO-Verteidigungsdoktrin anpassen will. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Frage! Frage!)

Sie haben selbst mehrere Male ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Frage!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Sie haben selbst einige Male öffentlich erklärt, dass Sie für den NATO-Beitritt sind. Warum, Herr Bundesminister für Landesverteidigung, halten Sie es angesichts Ihrer Erklärungen pro NATO für notwendig, öffentlich noch abzustreiten, dass die österreichische Militärdoktrin jener der NATO angepasst werden soll?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Ich brauche überhaupt nichts abzustreiten, sondern ich habe hier klar und deutlich festgestellt, dass es darum geht, eine neue österreichische Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin zu erstellen – eine österreichische Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin.

Es stimmt ja auch nicht, was in diesem Artikel geschrieben wird, nämlich dass bereits mit Jahresende diese Arbeiten abgeschlossen werden sollen. – Meine Initiative zu dieser Diskussion war vom letzten Mai, und wir haben uns vorgenommen, diese Diskussionen etwa im Zeitraum eines Jahres zu führen. Es sollen jetzt einmal Experten – ich sage hier noch einmal, das ist eine ganz kleine Arbeitsgruppe von Experten im Bereich des Bundeskanzleramtes, des Vizekanzleramtes, des Außenamtes und des Verteidigungsministeriums – einen Entwurf für diese Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin erarbeiten. Dann wird es selbstverständlich eine breite Diskussion mit allen politischen Vertretern, aber auch mit der Öffentlichkeit geben, und dann wird diese Verteidigungsdoktrin der Bundesregierung, aber auch dem Parlament vorgelegt. – Das sind die Entscheidungskriterien.

Dass selbstverständlich, Herr Abgeordneter Pilz, eine Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin Österreichs das Rahmenbild beurteilen muss, dass wir keine Insel der Seligen sind, wie das vielleicht manche Politiker der Vergangenheit geglaubt haben, ist auch klar. Im Rahmen dieser sicherheitspolitischen Lageanalyse muss man natürlich beurteilen, wie sich die Lage in Europa, wie sich die Lage rund um Europa entwickeln wird, wie die sicherheitspolitische Konzeption der USA beim Engagement bei internationalen Einsätzen aussieht, wie die Entwicklung etwa im Bereich Russlands und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion aussieht. – Das sind Bereiche, die in die sicherheitspolitische Beurteilung einfließen, aber der Analyseteil und die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden, sind überhaupt noch nicht andiskutiert, sondern werden auf Grund dieser sicherheitspolitischen Analyse dann erstellt und in einer breiten Gruppe diskutiert werden.


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Wenn Sie noch Zweifel haben, dann bitte ich Sie wirklich, den betreffenden Botschafter darauf anzusprechen, aber meines Wissens ist auch dieser Botschafter nicht in diese Arbeitsgruppe integriert. Man sollte nicht alles glauben, was in Analysen – und das ist ja eine Analyse – in irgendeiner internationalen Zeitung angeführt wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Leikam, bitte.

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie sind mir jetzt etwas zuvorgekommen, ich wollte Sie eigentlich vom amerikanischen Pentagon wieder in das österreichische Landesverteidigungsministerium zurückholen und Sie zu dieser von Ihnen eingerichteten Expertenkommission fragen: Gibt es schon Zwischenergebnisse der Arbeiten dieser Expertenkommission?

Sie haben jetzt auf die Frage des Herrn Abgeordneten Pilz ein bisschen weit ausholend geantwortet, ich möchte ein bisschen tiefer gehen: Gibt es schon Zwischenergebnisse der Arbeiten dieser Expertenkommission, und wären Sie eventuell bereit, zum Beispiel im Rahmen einer aktuellen Aussprache im Landesverteidigungsausschuss den Mitgliedern dieses Ausschusses diese Zwischenergebnisse bekannt zu geben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Es gibt derzeit noch kein Zwischenergebnis, sondern die Arbeitsgruppe, die mit der Erstellung eines Entwurfs beauftragt ist, hat bis zum Jahresende Zeit, diesen sicherheitspolitischen Analyseteil in einer Konzeption vorzuschlagen. Dieser sicherheitspolitische Analyseteil könnte dann durchaus zur Grundlage einer ersten Diskussion gemacht werden.

Ich sage hier noch einmal zur Erläuterung, weil oft jetzt schon die Forderung an mich herangetragen wird, Detailergebnisse öffentlich zu präsentieren: Aus Erfahrungen der Vergangenheit – und ich will noch einmal sagen: Seit Ende der siebziger Jahre ist es das erste Mal, dass eine derartige Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin erstellt wird; ich sage: Stichwort Optionenbericht – halte ich es für sinnvoller, dass wir zuerst einmal die Experten in Ruhe arbeiten lassen und wir dann auf der politischen Ebene diese Ergebnisse diskutieren und die Entscheidungen treffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Jung, bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie haben gerade gesagt, dass diese Analyse, wenn sie erstellt ist, dem Haus zur Verfügung gestellt wird. Können wir davon ausgehen, dass es mehr als nur eine Zurverfügungstellung dieser Analyse sein wird und dass auch eine Diskussion und auch Möglichkeiten zur Veränderung durch die Abgeordneten des Hauses eingeplant sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Sie wissen, Herr Abgeordneter, dass ich in meiner gesamten Laufbahn als Politiker immer, vor allem auch in der Verteidigungspolitik, darauf Wert gelegt habe, dass wir in der Sicherheitspolitik einen möglichst breiten nationalen Konsens herbeiführen sollen. Im Bereich der Sicherheit unseres Landes sollte kein Platz für Parteipolitik sein, sollte kein Platz für ideologische Scheuklappen sein, und deshalb ist es für mich ein Anliegen und eine absolute Verpflichtung, dass wir hier versuchen, diesen möglichst breiten Konsens – soweit er eben möglich und erreichbar ist – auch für diese Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin zu erhalten.

Deshalb ist es gerade in meinem Interesse, dass Sie nicht nur die Informationen bekommen, sondern dass hier auch eine breite Diskussion entwickelt wird, und selbstverständlich müssen jede Anregung und jede neue Idee aufgenommen werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Frieser, bitte.


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Abgeordnete Mag. Cordula Frieser
(ÖVP): Herr Bundesminister! Bekanntlich beruht ja unsere bis jetzt gültige Landesverteidigungsdoktrin auf dem Konzept aus dem Jahre 1975. Diese Landesverteidigungsdoktrin beruht wiederum auf vier Säulen – das ist die militärische Landesverteidigung, das ist die Sicherheit nach innen, das sind die Assistenzeinsätze und die Einsätze im Ausland.

Können Sie sich, Herr Minister, vorstellen, dass im Rahmen der Arbeit dieser Reformgruppe, die die neue Verteidigungsdoktrin erarbeitet, eine Verlagerung der Gewichtung stattfinden wird, und – jetzt eine persönliche Frage – können auch Sie sich eine Verlagerung der Bedeutung dieser vier Säulen vorstellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.


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Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner:
Frau Abgeordnete! Es ist selbstverständlich, dass eine Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin des 21. Jahrhunderts anders, und zwar völlig anders, aussehen wird und aussehen muss als eine, die in den siebziger Jahren zur Zeit des Kalten Krieges entstanden ist, als man von der Fiktion ausgegangen ist, dass dann, wenn dieser damals einzig mögliche Bedrohungsfall, nämlich der Konflikt zwischen den beiden Blöcken, eintritt, Österreich zumindest den Versuch unternimmt, diesen Konflikt von den eigenen Grenzen fernzuhalten. Die Durchmarschpläne – das sage ich hier auch einmal ganz deutlich – des Warschauer Pakts, die heute bekannt sind, zeigen, dass wir eigentlich froh darüber sein müssen, dass andere Staaten Budgetmittel und auch politische Kraft in die Sicherheit investiert haben und dadurch sichergestellt haben, dass dieser damals anzunehmende Konfliktfall nicht eingetreten ist.

Weil immer die Frage gestellt wird, gegen wen sich denn unsere Landesverteidigung richtet: Selbstverständlich sind diese Gewichtungen andere geworden, zumindest kurz- und mittelfristig. Die direkte militärische Bedrohung für das österreichische Gebiet hat in der Intensität natürlich abgenommen, wobei man aber nie garantieren kann, wie sich diese in den nächsten Jahren gestalten wird. Erinnern Sie sich daran, dass 1991 – das hat auch niemand vorhergesehen – österreichische Soldaten zur Sicherung unserer Grenzen nach Süden eingesetzt werden mussten.

Aber selbstverständlich wird der Bereich der Auslandseinsätze ein stärkeres Gewicht haben. Selbstverständlich wird auch die Frage der umfassenden Betrachtung von Landesverteidigung ein besonderes Gewicht haben. Wir sehen bei unseren Krisenreaktionsmaßnahmen, dass es auch international großen Nachholbedarf beim zivilen Krisenmanagement gibt. All das werden sicherlich besondere Gewichtungen sein. Das betrifft aber auch die Unterstützung im Katastropheneinsatz, denn wir sehen ganz klar und deutlich, dass, aus welchen Gründen auch immer, es immer mehr Bedarf gibt, auch Heereskräfte zur Verfügung zu stellen, um Aufgaben abzudecken, die eigentlich andere Ressorts abdecken sollten, aber auf Grund ihrer Ressourcen dazu nicht in der Lage sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wenn wir uns jetzt anstrengen, schaffen wir auch noch die beiden restlichen Fragen.

Herr Abgeordneter Bösch formuliert die Frage Nr. 8. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

62/M

Welche Beschaffungsschritte werden mit welcher Priorität noch in dieser Legislaturperiode getätigt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister, um Beantwortung.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass das Landesverteidigungsbudget gerade bei den Investitionen sehr knapp bemessen ist. Wir versuchen aber, zielorientiert auf die Aufgabenstellungen Prioritäten zu setzen. Eine absolute Priorität für die nächsten Jahre wird eine Erneuerung der Mannesausrüstung sein. Das heißt, die Uniform, das Tragegerüst, auch das Schuhwerk werden einer Überarbeitung und einer Neuausstattung zugeführt werden. Auch die möglichst volle Ausstattung unserer Soldaten mit dem neuen Kampfhelm hat Priorität.

Des Weiteren werden wir Prioritäten im Bereich der Transportkapazität setzen. Der Hubschrauber wurde schon angesprochen, ebenso die Nachbeschaffung des Radpanzers "Pandur". Der Schützenpanzer "Ulan" wird ab dem nächsten Jahr zulaufen. Wir werden im Bereich der Radare und des Truppenfunks etwa 1 300 Handsprechfunkgeräte anschaffen. Wir werden 200 Mehrzweck-LKW anschaffen. Wir werden im Sanitätsbereich einige Beschaffungen tätigen können, sodass wir zumindest für die nächsten zwei bis drei Jahre den Mindestbedarf, den wir definiert haben, für unsere Aufgaben decken können. Das betrifft auch den Pionierbereich: Die neue Pionierbrücke wird zulaufen. Und selbstverständlich ist auch die Entscheidung über den Nachfolgetyp für das Luftraumüberwachungsflugzeug zu treffen, was aber erst in der nächsten Legislaturperiode budgetwirksam sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, wollen Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Welche dieser Beschaffungen betreffen konkret die EU-Kräfte für internationale Operationen zur Krisenbewältigung KIOP?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Ich glaube, ich habe das schon bei den anderen Fragen angesprochen. Der Hauptbereich geht in den Mannschaftstransportpanzer "Pandur", weil es notwendig ist, unsere Soldaten splittergeschützt, das heißt mit maximaler Sicherheit, transportieren zu können. Der Schützenpanzer "Ulan" – denn wir haben ja auch eine Grenadierkompanie angemeldet – wird ab dem nächsten Jahr zulaufen. Die Mannesausrüstung ist selbstverständlich auch für diesen internationalen Einsatz zu verwenden. Auch in diesem Bereich müssen wir unsere Soldaten mit dem bestmöglichen Gerät zum eigenen Schutz ausstatten.

Weitere Notwendigkeiten bestehen eben bei der Funkverbindung, vor allem aber auch bei der Frage der Neuausstattung und der Ergänzung unseres Gerätes für humanitäre Einsätze wie etwa der Wasseraufbereitung.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Amon, bitte.

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie wissen, uns von der Volkspartei liegt die Sicherheit unserer Soldaten besonders am Herzen, insbesondere wenn sie sich im Auslandseinsatz befinden. Sie haben schon darauf hingewiesen, dass eine Ihrer wichtigsten Prioritäten jene ist, die Mannesausrüstung für die internationalen Kräfte entsprechend zu verbessern. Meine Frage ist: An welcher Stelle Ihrer Prioritätenliste steht das? Und: Beeinträchtigt das das Budget, oder ist das entsprechend finanziert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Auf meiner Prioritätenliste steht die Neuausstattung für die Soldaten an oberster Stelle. Es gab eine von mir eingesetzte Arbeitsgruppe, die genau diese Notwendigkeiten im Hinblick auf diese Produkte evaluiert hat. Diese Arbeitsgruppe hat ihre Ergebnisse geliefert. Es sollten im nächsten Jahr dort, wo es noch notwendig ist, Erprobungen stattfinden. Die dafür notwendigen Budgetmittel sind vorhanden. Mit Ende nächsten Jahres soll die Beschaffung eingeleitet werden.


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Weil Sie besonders auf den Auslandseinsatz hingewiesen haben: Ich möchte schon betonen, dass wir keine Zwei-Klassen-Armee ausrichten sollen. Das heißt, es soll nicht so sein, dass wir für den Auslandseinsatz noch das letztmögliche gute Gerät einsetzen und damit signalisieren, dass die Aufgaben im Inland weniger wert sind. Jede Aufgabe, die ein österreichischer Soldat zu erfüllen hat, ist wichtig, im Inland wie im Ausland. Und wir haben selbstverständlich die Verantwortung, auch im Inland unseren Soldaten das Gerät zu geben, das notwendig ist, um die Aufträge und die Aufgaben für die Bevölkerung zu erfüllen, das aber gleichzeitig auch notwendig ist, um die eigene Sicherheit bestmöglich zu gewährleisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Eine kleine Bemerkung: Ich bin ja gespannt, wie die Frauen im Bundesheer das aufnehmen werden, wenn Sie ihnen eine neue "Mannesausrüstung" anbieten.

Aber meine Frage richtet sich auf die Abfangjäger. Herr Bundesminister! Unseren Rechnungen nach – wir haben das einmal schon besprochen – werden, wenn Studiengebühren 2 Milliarden Schilling pro Jahr für das Budget erbringen, Studiengebührenmittel eines Zeitraumes von zwölf bis, beim teuersten Gerät, 28 Jahren notwendig sein, um die Abfangjäger zu finanzieren. 24 Milliarden Schilling sind meines Wissens das Mindeste.

Meine Frage ist – das aufgreifend, was Sie jetzt gesagt haben –: Sind Sie wirklich dazu entschlossen, eine zukünftige Bundesregierung, die hoffentlich eine andere sein wird und völlig andere sicherheitspolitische Schwerpunkte setzen wird, budgetär mit einem Betrag von mindestens 24 Milliarden Schilling für einen Abfangjägerkauf in der Arbeitsperiode der jetzigen Bundesregierung zu verpflichten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Ich muss mich einmal dagegen zur Wehr setzen – unabhängig davon, dass diese Zahlen, die Sie genannt haben, nicht nachvollziehbar sind –, dass man immer wieder Aufwendungen für Aufgaben für die Sicherheit Österreichs und für die Sicherheit unserer Soldaten und damit auch für die Sicherheit der Bevölkerung ausspielt gegen andere Aufwendungen, die auch notwendig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das hat nichts damit zu tun, dass wir ein Bildungssystem garantieren müssen, dass wir ein Sozialsystem garantieren müssen, aber wir müssen auch dafür garantieren, dass die Aufgaben im Bereich der Sicherheit optimal von Österreich aus erfüllt werden können, Herr Abgeordneter Pilz.

Wir sind nicht so weit, dass wir diese Dinge evaluieren können. Und ich habe auch garantiert, dass in dieser schwierigen Zeit der Budgetsanierung kein einziger Schilling in diese Beschaffungsvorhaben investiert werden muss. Ich sage Ihnen noch einmal: Es geht nicht darum zu sagen, wir kaufen das eine oder wir kaufen nichts, sondern es wird darum gehen, ob wir die Aufgabe der Überwachung der Souveränität Österreichs in der Luft selbst erfüllen oder ob wir dafür bezahlen, dass andere diese Aufgabe für uns übernehmen.

Ich sage Ihnen, vor allem wenn ich den wirtschaftlichen Bereich hernehme: Wenn wir über diese Beschaffungsvorhaben in diesem Fall nicht 6 Milliarden Schilling, sondern zig Milliarden Schilling in Form von Hochtechnologie, Forschungs- und Entwicklungskapazität, Tausende Arbeitsplätze nach Österreich bekommen, ist es mir lieber, dass wir das aus eigener Verantwortung und aus eigenen Kräften unternehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Pilz: Die Frage nicht beantwortet! – Abg. Ing. Westenthaler: Sitz, Pilz! Deine Zeit ist abgelaufen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Parnigoni, bitte.

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben jetzt eine Reihe von Beschaffungen aufgezählt, die die Steuerzahler sicherlich eine schöne Stange Geld kosten werden. Welche Planungsdokumente – Strukturplanungen, Aufgabenkataloge, Einsatzkonzepte –


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haben Sie für diese Beschaffungen, die Sie gerade aufgezählt haben? Anders formuliert: Gibt es ein neues Mech-Konzept, gibt es ein neues Fernmeldekonzept, oder erfolgen diese Beschaffungen ganz einfach nach den alten Konzepten, die Sie zuerst in einer Anfragebeantwortung für überholt erklärt haben? Wie schaut das aus?


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Die grundsätzliche Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin ist überholt; die Einsatzkonzepte stammen aus der jüngeren Vergangenheit, etwa das Heereskonzept aus dem Jahre 1992, dann die adaptierten Heereskonzepte. Und diese Beschaffungsvorhaben sichern ja ohnehin nur den absoluten Grundbedarf. Damit holen wir jetzt punktuell das nach, was in den letzten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten aufgespart worden ist. Das hat nichts mit der grundsätzlichen Ausrichtung unserer Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu tun.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Wir kommen zu Frage 65/M. – Frau Abgeordnete Hagenhofer, bitte.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Minister! Meine Frage lautet:

65/M

Welche neuen Rahmenbedingungen insbesondere in der Organisations- und Personalstruktur wurden beziehungsweise werden für den am 1. Jänner 1998 an der Militärakademie eingerichteten Fachhochschul-Studiengang "Militärische Führung" geschaffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Abgeordnete! Sie sprechen einen wichtigen Bereich an. Dass unsere Offiziersausbildung im Wege eines Fachhochschul-Studienlehrganges jetzt auch einen im zivilen Bereich anerkannten Stellenwert hat, ist ein Quantensprung in der Offiziersausbildung gewesen. Es hat sozusagen – ich sage es unter Anführungszeichen – einen "Probebetrieb" gegeben, weil erst noch Überprüfungsprozesse durchgeführt wurden, der aber sehr erfolgreich durchgesetzt worden ist. Es ist jetzt ein so genannter neuer Organisationsplan, der den Fachhochschul-Studienlehrgang "Militärische Führung" entsprechend berücksichtigt, erstellt worden. Er befindet sich in der Endbearbeitung und wurde am 23. Oktober dieses Jahres der Personalvertretung zur Begutachtung übergeben.

Wir glauben, dass damit sichergestellt ist, dass es sowohl den militärischen Kriterien als auch den wissenschaftlichen Kriterien gerecht wird. Ich darf Sie dann, wenn die Beurteilung auch von den Instanzen, etwa der Personalvertretung, abgeschlossen ist, umfassend darüber informieren.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Bösch, bitte.

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Inwieweit ist die Einführung des Fachhochschul-Studienlehrganges an der MILAK auch notwendig gewesen, um unsere anerkannte Offiziersausbildung international vergleichbar zu machen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Da die Fachhochschul-Studienlehrgänge, der "Mag. FH", international anerkannt sind, war das auch eine Notwendigkeit im Sinne der internationalen Vergleichbarkeit. Ich sage aber noch einmal: im zivilen Bereich, denn im militärischen Bereich hat unsere Offiziers-, aber auch die Unteroffiziersausbildung höchsten Stellenwert. Wir merken das auch immer bei den diversen Kooperationen, bei Fachkursen, bei Seminaren, aber auch bei gemeinsamen Übungen, dass wir zwar einen Nachholbedarf – das ist bekannt – beim Gerät, bei der Infrastruktur haben, dass wir uns aber im Bereich der Ausbildung, der Motivation und der Einsatzfreude und Einsatzbereitschaft unserer Offiziere und unserer Unteroffiziere sowohl im europäischen Umfeld als auch weltweit im Spitzenfeld befinden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Loos wünscht eine Zusatzfrage. – Bitte.

Abgeordneter Johann Loos (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Schritte unternehmen Sie, um für die Landesverteidigungsakademie die Anerkennung als universitäre Einrichtung zu erreichen? Was werden Sie tun, damit die HUAK-Ausbildung auch als Berufsausbildung anerkannt wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Es ist gerade jetzt eine Arbeitsgruppe in Einsatz. Ich habe zu Beginn meiner Amtstätigkeit eine ganze Reihe von derartigen Reformprojekten initiiert beziehungsweise, sofern sie schon vorhanden gewesen sind, versucht, diese zu beschleunigen. Wir kommen jetzt beziehungsweise in den nächsten Wochen und Monaten in eine erste Ergebnisphase.

Eine dieser Arbeitsgruppen befasst sich mit der Frage, dass die weiterführende Offiziersausbildung an der Landesverteidigungsakademie auch einen universitären Charakter haben soll. Das ist nicht ganz einfach, weil hier natürlich eine breite Palette von Kriterien erfüllt werden muss. Aber das wird auch in der ersten Hälfte des nächsten Jahres einer entsprechenden Bewertung zugeführt werden.

Bei der Unteroffiziersakademie ist, glaube ich, auch schon ein Quantensprung in der Bewertung der Unteroffiziersausbildung durch die Umwandlung der Heeresunteroffiziersschule in eine Akademie gelungen. Und es ist auch in einigen Bereichen, etwa der Sanitätsausbildung, in anderen Fachausbildungsbereichen, gelungen, eine auch im zivilen Bereich vergleichbare und anerkannte Ausbildung anzubieten. Wir sind jetzt auch dabei, etwa im Wege von Berufsreifeprüfungen auch den Zugang zu anderen zivilen Ausbildungsschritten zu ermöglichen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Apropos Führungskräfte. Es gibt jährlich Berichte des Heeresabwehramtes über rechtsextreme Kräfte im Bundesheer. Da das ein wichtiger Bereich ist, möchte ich Ihnen die Frage stellen: Wie stellen Sie sicher, dass Rechtsextreme nicht in Führungspositionen beim österreichischen Bundesheer kommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Frau Abgeordnete! Ich habe es mir zum Prinzip gemacht – aber das ist, glaube ich, ein Prinzip, das auch meine Vorgänger verfolgt haben –, dass wir alles dazu tun müssen, dass nicht nur in Führungspositionen, sondern überhaupt überall im österreichischen Bundesheer verhindert wird, dass radikale Kräfte, dass Kräfte, die radikale Ideen haben, beim Bundesheer zum Einsatz kommen. Es muss verhindert werden, dass diese Leute, sofern sie vorhanden sind, in irgendwelche Positionen des österreichischen Bundesheeres gelangen können.

Ich weiß, dass die Beobachtung des Heeres – es ist nun einmal ein sehr sensibler Bereich – sehr stark ist. Allein der Umstand, dass in den letzten Monaten, ja Jahren kein einziger Fall aufgetreten ist, wo ein derartiger Verdacht auch nur nahe gelegen wäre, wo in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist, dass ein derartiger Fall vorgekommen sei, zeigt, dass diese ganze strenge Beurteilung und Überprüfung sinngebend ist. Ich wundere mich nur ein bisschen darüber, dass Sie auf der anderen Seite dann immer vehement dagegen auftreten, dass wir genau diese Dinge, auch das Umfeld von Bewerbern für Führungspositionen, überprüfen müssen, um eben genau diese radikalen Bestrebungen oder radikalen Beeinflussungen verhindern zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Fragestunde ist beendet. Ich danke dem Herrn Bundesminister für die Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen.


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45. Sitzung / Seite 29

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die schriftlich verteilten Mitteilungen im Sitzungssaal.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 1277/AB bis 1282/AB.

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG) geändert wird (346 der Beilagen),

Bundesverfassungsgesetz über den Verfassungsrang bestimmter finanzausgleichsrechtlicher Bestimmungen (387 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 10 betreffend "die gesetzlichen Grundlagen so zu gestalten, dass naturheilkundliche Methoden von qualifizierten TherapeutInnen angeboten werden können".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Kapitalmarktoffensive-Gesetz, KMOG (358 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem der Finanzausgleich für die Jahre 2001 bis 2004 geregelt wird und sonstige finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen getroffen werden (Finanzausgleichsgesetz 2001 – FAG 2001) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Wohnbauförderungs-Zweckzuschussgesetz 1989 geändert werden (379 der Beilagen),

Antrag 320/A der Abgeordneten Hermann Reindl, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einsatzzulagengesetz, BGBl. Nr. 423/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 127/1999, und das Auslandszulagengesetz, BGBl. I Nr. 66/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 64/2000, geändert werden,

Antrag 321/A der Abgeordneten Hermann Reindl, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zugewiesene Beamte, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 95/2000, geändert wird,

Antrag 324/A der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz, BGBl. Nr. 354/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 181/1999, und das Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 390/1976, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 44/2000, geändert werden;

Gesundheitsausschuss:

Antrag 323/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend keine Privatisierung bzw. Ausgliederung der Bundesanstalten für bakteriologisch-serologische Untersuchungen;


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Justizausschuss:

Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz – Euro-GenBeG (316 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Umweltmanagementgesetz – UMG (352 der Beilagen);

Verfassungsausschuss:

Gesetzesantrag der Bundesräte Johann Payer, Jürgen Weiss, Anna Elisabeth Haselbach, Ludwig Bieringer, Professor Albrecht Konecny und Univ.-Prof. Dr. Peter Böhm und Genossen vom 9. November 2000 betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes (Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage für das Stellungnahmeverfahren des Bundesrates zu Gesetzesvorschlägen) (355 der Beilagen);

Verkehrsausschuss:

Antrag 322/A (E) der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend Prüfung und Umsetzung sektoraler LKW-Fahrverbote, insbesondere auf der Inntal-Brennerachse.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir ein Verlangen der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Kiss und Genossen vor, die vor Eingang in die Tagesordnung der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 1532/J an den Finanzminister betreffend SP-Mißwirtschaft am Beispiel des Bank-Burgenland-Skandals dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung werde ich diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr zum Aufruf bringen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wurde in der Präsidialkonferenz Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatte zum heutigen Tagesordnungspunkt wie folgt erzielt: Es soll eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" festgelegt werden, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131, Grüne 104 Minuten.

Darüber hinaus hat es auch einen Konsens darüber gegeben, diese umfassende Debatte über ein sehr umfassendes Gesetz so zu strukturieren, dass zusammenhängende Themen in einem gewissen inhaltlichen Zusammenhang diskutiert werden können. Es wird daher folgende Strukturierung auf freiwilliger Basis vorgeschlagen: eine Generaldebatte sowie über das Thema "Soziales" von vier Stunden, eine Bildungsdebatte von zwei Stunden, eine Debatte über Landwirtschaft und Umwelt von ebenfalls zwei Stunden sowie eine Debatte über Finanzen und Sonstiges eine Stunde.

Das ist ein Vorschlag, dessen Verwirklichung die Bereitschaft aller Redner erfordert, sich an diesem Modell zu orientieren.

Was die eigentliche Festlegung der Redezeit von 9 "Wiener Stunden" betrifft, ist eine Entscheidung des Nationalrates erforderlich, und ich frage daher:


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Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit haben wir das einstimmig so festgelegt, es ist angenommen.

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (311 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, das Handelsgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Gerichtsgebührengesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 1975, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Grundsteuergesetz 1955, das Bodenwertabgabegesetz, das Gebührengesetz 1957, das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Werbeabgabegesetz 2000, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkohol-Steuer- und Monopolgesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996, die Bundesabgabenordnung, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzausgleichsgesetz 1997, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Waffengesetz, das Preisgesetz 1992, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Karenzurlaubsgeldgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über dienstrechtliche Sonderregelungen für ausgegliederten Einrichtungen zur Dienstleistung zugewiesene Beamte, das Teilpensionsgesetz, das Richterdienstgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagengesetz, das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Karenzgeldgesetz, das Sonderunterstützungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Universitäts-Studiengesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, das Bundesmuseen-Gesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesforstegesetz 1996, das Wasserrechtsgesetz 1959, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das ASFINAG-Gesetz, das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz 1996, die Straßenverkehrsordnung 1960 und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert sowie steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften, ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, ein Bundesgesetz zur Übertragung der Donau Transport Entwicklungsgesellschaft m.b.H. an den Bund und ein Fernsprechentgeltzuschussgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2001) (369 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum einzigen Punkt der Tagesordnung.

Gibt es einen Wunsch auf Berichterstattung? – Das ist nicht der Fall.

Dann gehe ich in die Debatte ein. Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.10

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat Anfang September zu einem Budgetdialog eingeladen. Er hat seine Ausführungen mit dem Hinweis eingeleitet, dass es nun an der Zeit wäre, "einen Scherbenhaufen aufzuräumen".


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Wenn wir kurz charakterisieren, worin dieser so genannte Scherbenhaufen besteht, dann stellen wir fest, dass Österreich zu Beginn des Jahres 2000 eine der niedrigsten Arbeitslosenraten Europas hatte, eine der höchsten Beschäftigungsquoten, ein durchschnittliches Einkommen der Bevölkerung, das um 20 Prozent über dem europäischen Durchschnitt liegt, eines der sozial ausgewogensten Länder Europas und der Welt ist und einen Schuldenstand aufweist, der exakt im Schnitt der westeuropäischen Staaten liegt. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist kein Scherbenhaufen, sondern die Erfolgsgeschichte Österreichs! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie uns vorgeschlagen haben mit Ihrem Budget und den dazugehörigen Budgetbegleitgesetzen, ist ein fundamentaler Systemwechsel in Österreich – ein fundamentaler Systemwechsel nicht weg vom so genannten Schuldenmachen, wie Sie es behaupten, sondern weg vom Wohlfahrtsstaat und von der Solidargemeinschaft Österreich hin zu einer Ellbogengesellschaft. Das ist der Systemwechsel, den Sie vorhaben und der in Wirklichkeit ein Sparkurs der sozialen Kälte ist, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

Ich werde im Folgenden den Nachweis dafür erbringen. Sie können sich in der heutigen neunstündigen Debatte ja gerne zu Wort melden und Argumente vorbringen, so Sie welche haben. Das, was Sie in Ihren Budgetbegleitgesetzen vorschlagen, ist eine einseitige ... (Abg. Ing. Westenthaler: Da laufen sogar die von der Galerie weg! Da leert sich sogar die Galerie! Die Leute laufen davon!)  – Herr Westenthaler, schon in der Früh der Blutdruck so hoch, weil die Argumente so dünn sind? Tut mir sehr Leid für Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie der österreichischen Bevölkerung hier präsentieren, ist, in wesentlichen Bereichen unserer Solidargemeinschaft Einschränkungen und Kürzungen durchzuführen: Das betrifft die Leistungen an Arbeitslose, das betrifft die Tatsache, dass Sie keine Vorstellung haben über die Finanzierung des Krankenversicherungssystems, das betrifft die Belastung von Unfallrentnern, das betrifft die Belastung jener mit schwachen Einkommen in diesem Land. – Das ist die hauptbetroffene Gruppe Ihrer Budgetpolitik, einer Budgetpolitik, die eine Politik der sozialen Kälte ist und nicht eine des sozialen Ausgleichs! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben versucht, darzustellen, dass die Einkommensbezieher von weniger als 30 000 S brutto von Ihrer Politik nicht betroffen wären. Das ist eine der größten Unwahrheiten, die zum Thema "Budget" jemals in diesem Land verbreitet wurden. Wahr ist viel mehr, dass Sie gezählte 26 Maßnahmen vorschlagen – auch in den heutigen Budgetbegleitgesetzen –, die die Einkommensgruppe mit unter 30 000 S brutto umfassend betreffen, und daher führt Ihre Politik nicht zu dem, was Sie angekündigt haben. Sie haben nämlich gesagt, Sie wollen eine Umverteilung von oben nach unten. Was hier vorgeschlagen wird, ist genau das Gegenteil: eine massive Umverteilung von den kleineren und mittleren Einkommen zu den Höchsteinkommen – und das ist ungerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch interessant, wie sich die Debatte seit Anfang September entwickelt hat, auf welche Einflüsterungen Sie gehört haben. Ich kann mich daran erinnern, dass wir eine sehr engagierte Debatte darüber hatten, ob nicht das österreichische Besteuerungsniveau in Bezug auf Kapital und Vermögen auf das europäische Niveau herangeführt werden könnte. Es gab auch eine engagierte Diskussion über die Frage der Stiftungsbesteuerung.

Wenn man die Stiftungen der Superreichen in unserem Land genau so besteuern würde wie die Sparbücher der "kleinen" Sparer, dann wären damit Einnahmen von in etwa 7 Milliarden Schilling zu erzielen. Sie haben im September noch davon gesprochen, dass Sie in etwa 2,2 Milliarden Schilling aus diesem Titel einnehmen wollen, was ohnehin sehr bescheiden ist. Offensichtlich auf Basis der massiven Widerstände der Betroffenen – ich nehme an auch Geldgeber Ihrer Partei – kommt aber nun eine Regelung heraus, die im besten Fall 400 bis 500 Millionen Schilling für das Budget bringen wird. Das ist der Beitrag der Superreichen zur Budgetkonsolidierung!


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Sie haben sich von dem Druck, den diese Leute ausüben, beeindrucken lassen, während Sie gegenüber den sozial Schwachen hartherzig geblieben sind. Das ist nicht in Ordnung, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Sie haben sich als die großen Reformer präsentiert und die Einführung der Studiengebühren als ein Kernelement Ihrer Reformbereitschaft dargestellt. – Nun, es gibt selten etwas Phantasieloseres, als in Zeiten einer beginnenden Wissensgesellschaft ein Signal dafür zu setzen, dass man nicht möchte, dass die jungen Leute auf die Universitäten gehen. Wie wir aber jetzt auf Grund einer Ausschussfeststellung erkennen mussten, haben Sie es nicht nur auf die Universitäten abgesehen, sondern auch auf die Pädagogischen Akademien, auf die Fachhochschulen, auf alle Arten der postsekundären Ausbildung, was ganz offensichtlich den Weg einleitet, dass der Zugang zur Bildung in Österreich nicht mehr nur für die Universitäten nicht mehr frei sein soll, sondern dass schrittweise die Bildung für die Österreicherinnen und Österreicher kostenpflichtig gemacht werden soll. Das aber ist der völlig falsche Schritt am Beginn einer Wissensgesellschaft, in der Österreich seine Chancen wahrnehmen sollte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich verstehe nicht, wieso Sie so unkreativ sind. In der Frage der Studiengebühren hätten Sie es sich ja bedeutend einfacher machen können, wenn Sie moderne Menschen wären. Sie hätten sich fragen können: Was müssen wir alles tun, um die österreichischen Universitäten in die europäische Champions League zu führen? Welche Strukturmaßnahmen, welche zusätzlichen Ausgaben sind notwendig? Sie hätten errechnen lassen können, was ein solches Programm, das die österreichischen Universitäten an die Spitze Europas führt, gekostet hätte! Und Sie hätten dann sagen können: Jene, die diese Spitzendienstleistung in Anspruch nehmen, sollen einen gewissen Beitrag leisten! Sie hätten sagen können: Und für diesen Beitrag stellen wir Kredite zur Verfügung, die langfristig zurückbezahlt werden!

Sie hätten eine Reihe von Möglichkeiten gehabt, die Reform in den Vordergrund zu stellen, aber Sie haben nicht einmal über Reform nachgedacht. Das, was Sie wollten, waren 2 Milliarden Schilling von den Studierenden für Ihr Budget. Und das hat nichts mit Reform zu tun, das ist phantasieloses Abkassieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Dort, wo Reformen durchgeführt wurden, machen Sie sie wieder rückgängig. Die Bundesforste sind ein Unternehmen, das ausgegliedert wurde und hervorragend funktioniert. Wieso wollen Sie die Zukunft der Bundesforste aufs Spiel setzen, indem Sie sie weiter belasten, sodass diese privatisieren und einzelne Teile des österreichischen Waldes und Wassers verkaufen müssen? Sie bringen die Bundesforste mit dem Termindruck in dieselbe Situation, wie sie jetzt bereits bei der Telekom und anderen Privatisierungen vorherrscht. Das heißt, der von Ihnen verordnete Termindruck führt dazu, dass österreichisches Volksvermögen unter seinem Wert verscherbelt wird. Nehmen Sie von diesem völlig falschen Kurs Abstand! Dadurch wird unser Geld verschleudert. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Der Herr Bundeskanzler hat gestern gemeint, die sozialdemokratische Fraktion hätte Budgetvorschläge unterbreitet, die nur darin bestünden, das Ziel etwas später zu erreichen und um 20 Prozent weniger. (Abg. Dr. Khol: Ja! Zwei Jahre später!)  – Dass auch Sie, Herr Abgeordneter Khol, des Lesens so wenig mächtig sind, habe ich mir nicht gedacht, daher werde ich Ihnen vielleicht in den Grundzügen noch einmal den fundamentalen Unterschied erläutern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. )  – Herr Abgeordneter Stummvoll! Auf Ihre Rede bin ich schon gespannt, darauf, wie Sie uns erklären werden, dass selbst bei Ihrem Schröpfkurs die EU-Kommission zur Auffassung kommt, dass das Nulldefizit im Jahre 2002 nicht erreicht werden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt zwei unterschiedliche Wege, ein Budget zu konsolidieren: Der eine Weg besteht darin, auf das wirtschaftliche Wachstum zu setzen, in die öffentliche Infrastruktur zu investieren, sicherzustellen, dass die Kaufkraft der Bevölkerung in Ordnung ist und in Ausbildung und Entwicklung zu investieren. (Abg. Dr. Stummvoll: Und das alles auf Schulden! – Abg. Dr. Khol: Schulden! Schulden!)  – Das hat nichts mit Schuldenpolitik zu tun. Die setzen Sie höchstens fort;


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lesen Sie nach bei der EU-Kommission. Sie hören mit dem Schuldenmachen gar nicht auf. Sie wollen nur den Sozialstaat ruinieren. Das ist Ihre Strategie! (Beifall bei der SPÖ.)

Jedes vernünftige Land Europas versucht heute, dass die europäische Konjunktur stabilisiert werden kann – über alle Arten von Steuern plus einer erhöhten Beschäftigung –, weil das die wesentlichste Einnahmequelle auch für das Budget ist. Und alle Staaten, die in Europa bisher Überschüsse erreicht haben, haben es so gemacht. – Sie gehen einen gegensätzlichen Weg. Sie senken die Einkommen der Österreicher durch die höchste Steuer- und Abgabenquote in der Geschichte, Sie leisten einen Beitrag dazu, dass das Wirtschaftswachstum für das nächste Jahr bereits nach unten revidiert werden muss, was einen wesentlichen Einnahmenentfall verursachen wird, und Sie vereinbaren zum Dritten in einer Zeit, in der Sie vom Sparen reden, Mehrausgaben in zweistelligen Milliardenbeträgen, die nicht dringend erforderlich sind. Daher ist das kein Sparprogramm, sondern ein Umverteilungsprogramm, meine sehr verehrten Damen und Herren! Betreiben Sie keinen Etikettenschwindel! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Hintergrund ist relativ einfach erkennbar. Sie wollen die Grundfesten des Wohlfahrtsstaates durch Maßnahmen, die letztendlich die Solidarität in dieser Gesellschaft untergraben, beseitigen. Und daher lautet die Grundfrage bei diesem Budgetbegleitgesetz: entweder Ellbogengesellschaft, das heißt Regierungspolitik, oder Modernisierung des Wohlfahrtsstaates, das ist sozialdemokratische Politik! (Beifall bei der SPÖ.– Abg. Ing. Westenthaler: Es ist zu befürchten, dass Sie das alles glauben, was Sie sagen!)  – Mit Glaubensfragen haben Sie es schwer, Herr Westenthaler, ich weiß. Sie glauben nicht einmal den Unterlagen, die Ihnen Ihre eigenen Spitzel zutragen. Das haben wir in der Vergangenheit schon festgestellt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer täglich ins Fernsehen! Live!)

Der zweite Punkt: Wie ist das Budgetbegleitgesetz zustande gekommen? – Offensichtlich durch unqualifiziertes Gebrüll des Herrn Westenthaler, so sieht es nämlich auch aus. So sieht es auch aus. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie lassen sich aber leicht aus dem Konzept bringen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist das erste Budgetbegleitgesetz, das konsenslos ins österreichische Parlament eingebracht wurde. Bisher war österreichische Tradition, dass unter den wesentlichen Sozialpartnern, Interessenvertretungen et cetera Konsens vor einer Einbringung ins Parlament erzielt wird. Und diese beiden Säulen – Konsensdemokratie, Konsens mit den wesentlichen Sozial- und Wirtschaftspartnern und Modernisierung des Wohlfahrtstaates – sind zwei Kernsäulen, auf denen der wirtschaftliche und soziale Aufstieg Österreichs aufgebaut war. (Abg. Dr. Martin Graf: So wie die "Konsum"-Säule!) Und genau diese beiden Säulen sind Sie dabei zu demontieren.

Daher ist die Debatte und die Entscheidung über dieses Budgetbegleitgesetz eine Grundsatzentscheidung für die künftige Entwicklung unseres Landes. Wir sind am Scheideweg: Entwickelt sich Österreich in eine Ellbogengesellschaft mit Konfliktdemokratie oder entschließt sich Österreich dazu, den Weg vom Wohlfahrtsstaat, Modernisierung des Wohlfahrtsstaates und Konsensdemokratie weiter zu gehen? – Das ist die Frage, die vor uns liegt.

Ich bin der Auffassung, dass das keine Frage ist, die allein durch eine Regierung oder ein Parlament zu entscheiden ist, weil das eine Grundsatzfrage für die künftige Entwicklung unseres Landes ist, die im Übrigen noch Generationen nach uns betreffen wird. Daher bin ich der Auffassung, dass in einer so grundsätzlichen Auseinandersetzung die österreichische Bevölkerung das Recht haben muss, über diese Weggabelung zu entscheiden: Wollen wir Ellbogengesellschaft plus Konfliktdemokratie oder wollen wir Modernisierung des Wohlfahrtsstaates plus Konsensdemokratie? (Abg. Ing. Westenthaler: Die Entscheidung ist am 3. Oktober gefallen!)

Wenn Sie sagen, die Entscheidung darüber wurde am 3. Oktober gefällt, dann sage ich: Sie haben erneut mit gezinkten Karten gespielt, denn diese Grundsatzentscheidung hat niemand von den beiden Regierungsparteien der österreichischen Bevölkerung vor dem 3. Oktober präsentiert! (Beifall bei der SPÖ.)


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Da Sie bekanntlich des Öfteren mit gezinkten Karten spielen, ist es fair, diese Entscheidung der österreichischen Bevölkerung einzufordern. Und daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka und Genossen betreffend Volksabstimmung über das Budgetbegleitgesetz 2001

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Budgetbegleitgesetz 2001, Ausschußbericht 369 d. B., ist einer Volksabstimmung zu unterziehen.

*****

Ich bin der Meinung, dass die Grundsatzfrage, die in diesem Budgetbegleitgesetz enthalten ist, nur dann nachhaltig in unserer Gesellschaft wirken könnte, wenn die Bevölkerung dazu ja sagt.

Stellen Sie sich dieser Auseinandersetzung! Oder sind Sie zu feige dazu? Trauen Sie sich nicht, mit Ihrer Schröpfpolitik vor die Bevölkerung hinzutreten? Trauen Sie sich, damit können Sie Mut zur demokratischen Auseinandersetzung beweisen! (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. ) Nicht irgendwo Spitzel installieren, Herr Westenthaler, sondern sich der Bevölkerung stellen, offen die politische Frage stellen und die Bevölkerung zur Entscheidung einladen – das wäre fair! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

10.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka betreffend Volksabstimmung über das Budgetbegleitgesetz ist ausreichend unterstützt, steht mit in Verhandlung.

Nach den Bestimmungen des § 84 Abs. 2 der Geschäftsordnung gelangt ein solcher Antrag nach der dritten Lesung zur Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reinhart Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.28

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Abgeordneter Gusenbauer! Man wäre fast geneigt, Sie in einzelnen Passagen ernst zu nehmen. Aber es kann auch der immer wiederkehrende Applaus aus Angst nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie Ihre Arbeit nicht ernst nehmen. Sie gehen hier heraus, führen große Worte und sind dann wieder weg.

Sie haben in letzter Zeit, so auch gestern, an nicht einer einzigen Abstimmung in diesem Plenarsaal teilgenommen. Daher kann ich Sie nicht ernst nehmen. Ich kann Sie auch deshalb nicht ernst nehmen, weil Sie ein Wahrheits- und Realitätsverweigerer sind.

Sie sprechen von den Studiengebühren, aber gleichzeitig können wir davon lesen, dass wir an den Universitäten in Österreich einen Anmeldungsboom haben wie noch nie.

Sie behaupten, die Regierung hätte die Aufgabe, die österreichischen Universitäten in die Champions League Europas zu führen. – Ja was haben Sie denn in den letzten 30 Jahren getan? Diese Regierung ist nunmehr seit acht oder neun Monaten im Amt und muss Ihren Scherbenhaufen wegräumen. Wenn nämlich die Universitäten, wie Sie sagen, bereits Champions-League-Reife hätte, dann wäre es nicht notwendig, dass die neue Regierung das macht. (Abg. Edlinger: Da sitzen aber ein paar Scherbenzertrümmerer auf der Regierungsbank!)

Sie behaupten, der Verkauf der Telekom AG wäre mangelhaft. Sie und Ihre Partei, Sie und Ihre Finanzminister waren es, die dieses Unternehmen jahrelang finanziell ausgehöhlt haben, sodass


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der Firmenwert nicht mehr so war, wie es notwendig gewesen wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das war Edlinger, der gescheiterte Finanzminister!)

Wie kann Ihre Sozialpolitik in der Vergangenheit erfolgreich gewesen sein, da es doch eine angebliche und jetzt wieder gefundene Sozialdemokratie zuließ, dass in unserer Republik 1 Million Menschen an der Armutsgrenze leben? (Abg. Edlinger: Es werden bald 1,5 Millionen sein!)

Sie sind nicht sozial. Sie waren immer nur zu Ihren Funktionären und eigenen Positionen sozial. Das war Ihre Aufgabe und Ihre Tätigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie sprechen von einem Systemwechsel. Ja hat denn die Sozialdemokratie so versagt? – Ich sage Ihnen, es ist ein Systemwechsel notwendig. Ein Systemwechsel in dieser Republik ist notwendig, Herr Abgeordneter Gusenbauer!


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(Abg. Dr. Gusen
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bauer:
Wir wollen nicht, aber Sie wollen mehr Armut!)
Dieser ist dringend notwendig. Wir wollen keinen Staat, in dem es soziale Ungerechtigkeiten gibt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie wollen mehr Armut!) Wir wollen einen Staat mit sozialer Treffsicherheit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Sie wollen mehr Armut!)

Wir wollen keinen Staat, den Sie aufgebaut haben. Wir wollen einen Staat, der sozial ausgewogen ist und keinen sozialistischen Staat, der soziale Ungerechtigkeit geradezu gefördert hat. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das hat mit dem Budget nichts zu tun!) Es gibt Arbeitnehmer in Österreich, die in den Unternehmen, in den halbstaatlichen Unternehmen zusätzlich krankenversichert sind. (Abg. Dr. Niederwieser: Als Arbeitnehmervertreter schauen Sie ziemlich alt aus!) Das können sich viele Arbeitnehmer in Österreich nicht leisten, weil sie es selbst bezahlen müssten. Aber in der Energiewirtschaft, im Bankenbereich, überall dort, wo Sie Ihre Finger haben, sind den Mitarbeitern Privilegien zugestanden worden. Ich will gar nicht von der Spitze reden und immer wieder die Spitzen strapazieren. Sie haben sich in dieser Republik mit Wohnungen, mit Arbeitsplätzen und mit ungerechtfertigten Privilegien Stimmen gekauft. Diesen Staat wollen wir nicht. Das ist ein Staat der sozialen Ungerechtigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das ist jetzt interessant! Das ist interessant! – Abg. Dr. Gusenbauer: Ein schöner Arbeitnehmervertreter!)

Sie haben es Jahrzehnte lang zugelassen, dass wir im Bereich der Arbeitnehmer eine Zweiklassengesellschaft haben. Es gibt Interessenvertretungen, die den Mitarbeitern zwei Jahresgehälter an Abfertigung zahlen. Sie haben es bis heute nicht zustande gebracht, dass Saisonarbeiter, die in Österreich über Jahrzehnte in Saisonberufen tätig sind, nur 1 S Abfertigung bekommen. Sie haben es zustande gebracht, dass Hunderttausende Arbeitnehmer und gerade die sozial Schwächeren keinen Kollektivvertrag haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie strapazieren die Sozialpartnerschaft und waren zu vielen Dingen nicht in der Lage, obwohl der Bundeskanzler, der Finanzminister und der Sozialminister die Verantwortung dafür gehabt hätten! (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr. )

Sie lassen Systeme zu, nach denen Arbeitnehmer eine längere Zeit arbeiten müssen, als andere Berufsgruppen überhaupt an Lebensalter erreichen. Sie lassen zu, dass Eisenbahner, die Schreibtischtäter sind, mit 48 Lebensjahren in Pension gehen, und andererseits sind beim Bauarbeiter 65 Jahre noch immer nicht genug, obwohl der die Hälfte verdient. (Abg. Edlinger: Wo gibt es denn das?) Wenn Sie in die betrübten Gesichter Ihrer Kollegen schauen, Herr Abgeordneter Gusenbauer, dann wissen Sie, dass ich Sie mit diesen Dingen bis ins Mark treffe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In dieser Republik protestieren immer jene, die Sie aufmunitionieren (Abg. Dr. Gusenbauer: Alle gegen diese Bundesregierung!), nämlich jene, die von Ihrer Politik nicht betroffen waren. Sie munitionieren die Lehrer auf. Das ist aber nicht unbedingt jene Berufsgruppe, die in unserer Republik so benachteiligt ist. Sie munitionieren die Eisenbahner auf. Sie selbst gehen mit der Trillerpfeife auf den Ring und demonstrieren. Das ist einer Sozialdemokratie unwürdig. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sagen Sie das Ihrem Kollegen Khol!) Das sage ich Ihnen in dieser notwendigen Härte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie fordern heute eine Volksabstimmung ein. (Rufe bei der SPÖ: Ja!) Nun werde ich Sie an einiges erinnern, da Sie an einem Kurzzeitgedächtnis leiden. (Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie Angst vor dem Volk, das Ihnen die Rechnung präsentieren wird? Haben Sie schon Angst vor dem Volk? – Abg. Dr. Mertel: Er schafft den Spagat nicht!) "So wird der Sozialstaat gestutzt", lautet eine Schlagzeile vom Februar 1996. Das Sparpaket der SPÖ-ÖVP-Regierung wird ausgeführt: 30 Milliarden Schilling. (Abg. Ing. Westenthaler: Da ist Gusenbauer noch in der achten Reihe gesessen!) Das ist der größte Brocken an Einsparungsvolumen innerhalb eines Budgets. Jetzt haben wir ein Budget mit einem Einsparungsvolumen in der Höhe von 100 Milliarden. Diese tun weh, das ist keine Frage, aber es kann nicht so sein, dass wir Ihren Kurs fortsetzen. (Abg. Edlinger: Glauben Sie, dass die Grauslichkeiten auch sozial ausgewogen sind?) Diesen Kurs fortzusetzen würde bedeuten, diese Republik in die Pleite zu führen und für niemanden mehr ein Sozialwesen sichern zu können.

Wenn Sie schon aus internationalen Publikationen zitieren, wie Österreich in einigen Jahren dastehen wird, dann darf ich Sie schon daran erinnern, dass die OECD schon im Vorjahr Österreich als Schlusslicht in der Schuldenpolitik bezeichnet hat. Wir waren die Weltmeister im Schuldenmachen. (Abg. Edlinger: Nein! Falsch!) Sie haben aber dabei die sozialen Leistungen nicht verbessert. (Abg. Mag. Trattner: Das ist an Ihnen vorübergegangen, wie vieles andere auch beim Budget!)

Und dann entdeckt die SPÖ ihr soziales Herz. Gestern während der Dringlichen waren Sie nicht anwesend. Es war auch Herr Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch nicht anwesend, weil er krank war. Gott sei Dank ist er heute wieder gesund und kann an der Debatte teilnehmen. Sie entdecken das Herz der sozial Schwächeren. Sie entdecken, dass das Pflegegeld im Jahre 2001 nicht valorisiert wird. – Die letzte Valorisierung des Pflegegeldes war im Jahre 1995. Fünf Jahre lang hätten Ihre Sozialminister Zeit zu valorisieren gehabt. (Abg. Ing. Westenthaler: Ach so!) Das Gegenteil war der Fall. Sie haben das Pflegegeld der Stufe 1 von 2 635 S auf 2 000 S gekürzt. (Abg. Ing. Westenthaler: Edlinger!)

Da Sie der neuen Regierung immer gute Ratschläge erteilen, sage ich Ihnen einmal Folgendes zu den Krankenversicherungsanstalten, die jetzt erwähnt wurden (Abg. Mag. Trattner: Der Sozialist Edlinger! Aber sein Tascherl hat er gefüllt!): Wissen Sie, welchen Vorschlag Ihr Herr Leutner im Jahre 1996 zur Sanierung der Krankenkassen unterbreitet hat? – Er meinte, man solle das Krankenkassengeld von eineinhalb Jahren auf sechs Monate kürzen. Das war der Vorschlag Ihres Herrn Leutner zur Sanierung der Krankenversicherungsanstalten. Das ist Ihre Sozialversicherungsanstalt. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Dort sitzt Herr Sallmutter. Damals betrug das Defizit 3,6 Milliarden Schilling, in zwei Jahren werden es 10 Milliarden Schilling sein. Das ist das Resultat sozialdemokratischer Regierungsarbeit!

Diese sozialdemokratische Regierungsarbeit zieht sich wie ein roter Pleitefaden durch diese Republik, angefangen beim "Konsum" bis zu Ihrer eigenen Partei. Da tun Sie mir schon fast Leid, denn 350 Millionen Schilling sind ein ordentlicher Brocken. (Abg. Ing. Westenthaler: Pleite!) Wahrscheinlich sind Sie auch deshalb so selten anwesend, weil Sie das regeln müssen, anders kann ich mir Ihre Abwesenheit nicht erklären, weil die Sanktionen sind weg. Früher haben Sie immer gesagt, Sie waren im Ausland Champagner trinken. Jetzt sind die Sanktionen weg, jetzt sind Sie auch nicht da. Ich weiß nicht, was wir noch machen sollen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie sollten bessere Reden halten, dann würde ich öfter kommen! – Abg. Parnigoni: Das ist ein richtiger Spaß!)

Wir sollten vor allem auch eines bei unseren Diskussionen berücksichtigen: Wir haben auch eine große Verantwortung für die künftige Generation. Dieser haben Sie in der Vergangenheit mit keinem Beistrich Rechnung getragen. – Sie haben es zu verantworten, dass es nach wie vor höchst aufklärungswürdig ist, auf welche Art und Weise Gewerkschafter kassiert haben. Das ist bis heute nicht aufgeklärt. Jahrelang kassieren die Gewerkschafter schwarz. Millionen wurden aus der Handkasse auf das Patschhanderl der ÖGB-Angestellten gezahlt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Herr Gaugg! Was sagen Sie zu dem Budgetbegleitgesetz? Gefällt Ihnen das Budgetbegleitgesetz? Wollen Sie nicht einmal zum Thema etwas sagen?)

Darf ich Ihnen sagen, was mich freut? – In Zeiten Ihrer Regierungsbeteiligung war es undenkbar, dass Abgeordnete dieses Hauses Veränderungen in den Budgets herbeigeführt haben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Was sagen Sie eigentlich zum Budgetbegleitgesetz? Das interessiert mich! Was sagen Sie als Arbeitnehmervertreter dazu?) – Ich erzähle es Ihnen gerade, hören Sie zu! (Abg. Dr. Mertel: Er schafft den Spagat nicht!) Es war während Ihrer Regierungsarbeit undenkbar, dass Abgeordnete dieses ... (Abg. Edler  – in der ersten Reihe sitzend –: Gaugg der Eisenbahnerhasser! – Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer in das Hauptabendprogramm! – Abg. Edler: Haider ist immer bei den Eisenbahnern! – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! Zwischenrufe dürfen nur vom eigenen Platz aus gemacht werden!)

Ist der abgeschossene Arbeiterkammervorstand Edler mit seinen Ausführungen jetzt fertig oder kommt irgendetwas Gescheites? (Abg. Edler: Nicht Vorstand! – Abg. Dr. Martin Graf: Herr Präsident! Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus hat es geheißen! Edler! Du sitzt auf einem falschen Platz! Parnigoni auch!)

Man könnte von mittelmäßig intelligenten Menschen eigentlich erwarten, dass sie einen einmal ausreden lassen, aber das geht anscheinend nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Edler! Eines sei in dein Stammbuch geschrieben: Wer schreit hat Unrecht. Ich hoffe, es gelingt mir irgendwann einmal, trotz der Nervosität der SPÖ jenen Gedanken zu äußern, der mir notwendig erscheint. (Abg. Dr. Mertel: Er schafft den Spagat nicht!) Es war während Ihrer Regierungszeiten undenkbar, dass es zu massiven inhaltlichen Veränderungen im Parlament durch Abgeordnete kommt. Wir sind stolz darauf, dass es uns gelungen ist, nach mühsamen Verhandlungen die vierwöchige Sperrfrist bei den Arbeitslosen wegzubekommen, weil das keine soziale Maßnahme gewesen wäre. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Da können die Sozialdemokraten noch so laut schreien, aber es war das Verdienst der Sozialpartner und einzelner Abgeordneter dieses Hauses, dass diese Vierwochenfrist weggefallen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Aber überhaupt nicht!)

Noch etwas: Es wird auch sehr kritisiert, dass die Wiedererlangung von Arbeitslosenansprüchen von 26 auf 28 Wochen erhöht wird. Sie haben es von 20 auf 26 Wochen erhöht. Und schon im Jahre 1996 war der Vorschlag des Sozialministers, dieses auf 28 Wochen anzuheben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wird es erhöht oder nicht?!) Daher tun Sie nicht immer so, als ob alles so goldig war, so lange Sie in dieser Republik das Sagen hatten.

Ich kann Ihnen versichern: Nach Sanierung des Scherbenhaufens wird dieses Österreich unter Einbeziehung aller Bevölkerungsschichten ein blühendes Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edler zu Wort gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

10.41

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Gaugg hat behauptet, dass Eisenbahner mit 48 Jahren in Pension gehen. – Diese Behauptung ist unrichtig!

Ich berichtige tatsächlich: Eisenbahner haben eine 35-jährige Dienstzeit. Diese Dienstzeit wurde mit der Pensionsreform erhöht, wurde aber vor dem Verfassungsgerichtshof beeinsprucht. Wenn jemand mit 25 Jahren anfängt, dann geht er nach 35 Arbeitsjahren ebenfalls mit 60 Jahren in Pension. Das Durchschnittsalter bei den pensionierten Eisenbahnern liegt bei 55 Lebensjahren. (Abg. Gaugg: Was ist, wenn er mit 15 Jahren anfängt?)

Zweite Berichtigung: Sie haben erklärt, die Eisenbahner seien "Schreibtischtäter". (Abg. Gaugg: So wie du!) Diese Behauptung ist unrichtig, weil über 90 Prozent der Kolleginnen und Kollegen


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Eisenbahner draußen im Außendienst, Verschub, Baudienst et cetera beginnen und infolge dessen niemals "Schreibtischtäter" sind. Anerkennen Sie endlich die Leistung der Eisenbahner! (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit des Bundesministers Dr.  Bartenstein.  – Abg. Parnigoni  – in Richtung Bundesminister Dr. Bartenstein –: Sie sind ein Wurstel, glauben Sie mir das! Arbeitnehmer auslachen! Das ist das Einzige, das ist typisch, aber genauso sind Sie! – Abg. Dr. Martin Graf: Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus! – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! Wir haben das in der Präsidiale besprochen!)

10.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Klubobmann! Ich werde Ihnen in deutscher Sprache vorlesen, dass das, was Sie behaupten, unrichtig ist. Ich habe vor mir das ... (Abg. Ing. Westenthaler: Lesen Sie leserlich! Gut, Herr Parteivorsitzender! – Abg. Schieder: Jetzt benehmen Sie sich! – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Meine Damen und Herren von der linken Haushälfte! Bitte regen Sie sich nicht auf! Bitte tun Sie das nicht! (Abg. Dr. Petrovic: Er ist es nicht wert!)

Ich lese aus dem Präsidialprotokoll vor: "In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass einzelne Abgeordnete Zwischenrufe nicht von ihrem Platz aus, sondern von dem Platz anderer Abgeordneter der vorderen Reihe zur Gewohnheit machten. Eine diesbezügliche einheitliche Handhabung der Sitzgepflogenheiten wäre wünschenswert, wobei aber von den Mitgliedern der Präsidialkonferenz unterschiedliche Standpunkte dazu vertreten werden, sodass die Frage noch einmal besprochen werden muss." – Man muss sich auch den letzten Satz merken, Herr Klubobmann!

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Das war eine tatsächliche Bezichtigung! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

10.43

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg hat über vieles gesprochen. Manches war durchaus nicht unrichtig, einiges war zwar schon an der Grenze des Erträglichen beziehungsweise noch Wahrhaften, aber es stimmt schon vieles, was Sie gesagt haben, Herr Abgeordneter Gaugg! Der Punkt aber ist: Sie haben nicht über das Budget gesprochen. Sie haben über die allgemeine Entwicklung Österreichs in den letzten Jahren gesprochen, aber nicht über das Budget. Und diesbezüglich, Herr Abgeordneter Gaugg, muss ich Ihnen sagen: Es sind mir noch andere Aussagen von Ihnen zum Budget in Erinnerung, mit denen Sie Ihre Nichtübereinstimmung mit dem Budget erklärt haben.

Der einzige Punkt, den Sie zum Thema Budget aufgegriffen haben, betrifft die Streichung der vierwöchigen Sperrfrist. Herr Abgeordneter Gaugg! Dieser findet sich in veränderter Form, nämlich in Form einer Ermächtigungsverordnung, einer weitgehenden Ermächtigungsverordnung für Bundesminister Bartenstein wieder. Der findet sich also wieder. Es ist jederzeit möglich, für jede Branche, wenn bestimmte Ziele nicht erreicht werden – darüber könnte man lang reden, ich halte es für falsch, es so zu definieren –, Sperrfristen zu verhängen und damit die Arbeitnehmer zu bestrafen.

Kommen wir zum Budget im Allgemeinen. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Bundesregierung vor wenigen Wochen mittels einer intensiven medialen Inszenierung den Österreicherinnen und Österreichern einzureden versucht hat, dass der Lebenszweck dieses Landes, die Überlebensfrage für diese Republik die Erreichung des Nulldefizits innerhalb von zwei Jahren ist.

Misst man dieses Versprechen der Bundesregierung an dem, was die EU-Kommission erst gestern zur Entwicklung des österreichischen Budgetdefizits festgestellt hat, dann muss man sagen, Sie sind, bevor die Maßnahmen wirksam geworden sind, gescheitert. Die Frage ist aber nicht, ob das Nulldefizit erreicht werden kann, sondern die Frage ist, ob Sie mit diesen Maßnahmen eine nachhaltige und strukturelle Sanierung wichtiger Bereiche erreichen.


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In diesem Zusammenhang ist von Ihnen, Herr Finanzminister, zu Beginn dieses Budget-Rodeos gesagt worden, Sie wollen das Budget ausgabenseitig sanieren. – Mit diesem Versprechen, Herr Bundesminister, sind Sie gescheitert. Es ist keine ausgabenseitige Sanierung, sondern es ist eine Mischung aus ausgaben- und einnahmenseitiger Sanierung.

Sie haben eine strukturelle Sanierung des Budgets versprochen. – Sie haben dies nicht eingehalten, Sie sind gescheitert. Sie schöpfen nach wie vor, wie auch die Bundesregierungen vor Ihnen, die zahlreichen Töpfe, also die Arbeitslosenversicherung, den Familienlastenausgleichsfonds, den Insolvenzfonds und so weiter ab, Sie räumen diese aus, aber strukturell ist gar nichts saniert! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Sie haben eine sozial gerechte Sanierung versprochen, aber nicht gehalten. Wo bitte leisten denn die Superreichen ihren Beitrag zur Sanierung des Budgets? Wo bitte können Sie denn die Erhöhungen im Bereich der Stiftungssteuern, von denen viel geredet wurde, glaubhaft machen? – Auch Ihr Ex-Parteiobmann, nunmehr "einfaches Parteimitglied" aus Kärnten, hat sich dafür verwendet, dass bei den Stiftungen, bei den Reichen, etwas getan werden müsse. Er war mit dem, was diesbezüglich getan wird, nicht zufrieden – und dann hat ihm der Herr Finanzminister versprochen, es werde doch etwas gemacht. Nur wenn man jetzt bilanziert, dann wird klar, dass der Beitrag der Superreichen äußerst bescheiden ist. Einige hundert Millionen Schilling werden Sie zusätzlich erlösen – einige hundert Millionen! Vergleichen Sie das mit den Beiträgen, die die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher für diese Budgetsanierung leisten müssen! Da sieht es anders aus.

Meine Damen und Herren! Es ist dies aber auch kein Wunder: Herr Minister Bartenstein – er sitzt hier – hat schon vor Eingang in die Debatte über die Budgetsanierung gesagt, dass die Besteuerung der Stiftungen aus seiner Sicht der Dinge nicht unbedingt wünschenswert wäre. Der Zweite Präsident des Nationalrates Prinzhorn hat sich ähnlich geäußert. Wenn man sich die Mitglieder der Bundesregierung ansieht, egal, ob neue oder alte Mitglieder, wenn man sich ihren Freundeskreis ansieht, dann erkennt man, dass jede Menge von "Stiftern", von Stiftungsaufsichtsräten entweder direkt in der Bundesregierung oder außerhalb der Bundesregierung, also rund um die Mitglieder und Förderer dieser Bundesregierung, vorhanden ist. Es erklärt sich von daher auch relativ einfach, dass der Beitrag dieser Superreichen zur Sanierung des Budgets äußerst bescheiden ist, meine Damen und Herren!

Im Paket zur sozialen Treffsicherheit, dem Kernstück dessen, was wir hier heute diskutieren sollen, sind nicht nur Bösartigkeiten, wie die Besteuerung der Unfallrenten, gebrochene Versprechungen, wie die Nichteinführung von Studiengebühren, und armutsfördernde Maßnahmen, wie die Kürzung der Familienzuschläge in der Arbeitslosenversicherung, enthalten, sondern auch Unsinnigkeiten, wie zum Beispiel die schon genannte Ermächtigungsverordnung betreffend die Einführung einer Sperrfrist für Herrn Bundesminister Bartenstein. Damit wollen Sie natürlich unter dem Teppich verstecken, was Sie in den nächsten Monaten möglicherweise noch vorhaben.

Herr Finanzminister! Sie behaupten, 70 Prozent der Bevölkerung seien von den Maßnahmen dieser Bundesregierung nicht betroffen. Wie schaut es denn mit der Halbierung der Arbeitnehmerabsetzbeträge aus? Betrifft das die Arbeitnehmer, die große Mehrheit, ja oder nein? – Natürlich betrifft es sie, meine Damen und Herren! Natürlich betrifft es sie! Es gäbe noch zahlreiche Beispiele aus dem ganzen Paket, anhand deren klar wird, dass die Mehrheit in unterschiedlicher Form, teilweise in kumulierter Form, von diesen Maßnahmen betroffen ist.

Doch noch einmal zurück zum Paket der "sozialen Treffsicherheit": 15 Milliarden Schilling werden der Arbeitslosenversicherung entzogen. Das ist eine Versicherung, die an und für sich hoch weiß wäre, sie ist nicht in den roten Zahlen, sondern hoch weiß. Ich kann auch sagen hoch schwarz, Herr Bundesminister. Wenn Ihnen dieser Begriff in diesem Zusammenhang lieber ist, ich verwende ihn gern. Der Punkt ist: Sie haben in den letzten Jahren aus der Arbeitslosenversicherung und auch mit diesen Maßnahmen eine Arbeitslosensteuer gemacht, von der jene, die versichert sind und einzahlen, genauso wie jene, die tatsächlich arbeitslos sind, nichts zu erwarten haben, außer dass sie im Rahmen dieser Versicherung mit unsinnigen Maßnahmen


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wie INTEGRA und Ähnlichem – die ursprüngliche Version war noch viel schlimmer, Gott sei Dank haben wir Ihnen das ausreden können – schikaniert werden. Das ist das, was Sie erreicht haben. Die Betroffenen, die Arbeitslosen können nicht mehr erwarten, dass sie eine Versicherungsleistung erhalten. Das kann eigentlich auch nicht den Betrieben, den Unternehmen, recht sein, Herr Abgeordneter Stummvoll! (Beifall bei den Grünen.)

Sie behaupten, dass Sie eine strukturelle Sanierung erzielen wollen. Wo machen Sie das beispielsweise im Bereich der Arbeitslosenversicherung? – Mit all den Maßnahmen, die Sie jetzt zusätzlich einführen, angefangen bei den hinter den Ermächtigungsverordnungen versteckten Sperrfristen, über die Reduzierung der Familienzuschläge, bis zur Erhöhung der Anspruchsvoraussetzungen beim wiederholten Bezug von Arbeitslosengeld und Ähnlichem, erreichen Sie nur, dass jene, die auf die Arbeitslosenversicherung angewiesen sind – das sind die Betriebe, das sind die Beschäftigten –, noch mehr zu tricksen versuchen werden. Sie werden versuchen, jene zahlreichen, differenzierten, in sich widersprüchlichen Bestimmungen zu ihrem Besten zu nutzen – für die Betriebe, für die Beschäftigten. Dann wird sich sicher wieder ein Redner von ÖVP oder FPÖ herstellen und sagen, da wird die Arbeitslosenversicherung missbraucht.

Dieses Konzept kennen wir doch! Dieses haben Sie in den letzten Jahren zur Genüge praktiziert. Das ist aber keine strukturelle Sanierung. Das ist keine nachhaltige Orientierung für die Arbeitslosenversicherung.

Aber nicht nur für diesen Bereich gilt das. Das könnte man genauso gut für die Krankenversicherung sagen, und zwar deshalb, weil nämlich jetzt schon klar ist, dass mit den Maßnahmen, die Sie schon zuvor und nicht erst jetzt mit diesem Budgetbegleitgesetz gesetzt haben, eine nachhaltige Sanierung dieser Krankenkassen – diese ist ohnehin schwierig erreichbar – nicht erreicht werden kann. Sie werden, so vermute ich, im nächsten Jahr sagen: Die Krankenkassen sind gescheitert. Sie werden nicht sagen, dass Sie mit Ihrem Konzept zur Sanierung der Krankenversicherung gescheitert sind. Sie werden die Schuld den Krankenkassen geben; aber diejenigen, die draufzahlen, das sind die Krankenversicherten.

Wenn jetzt schon im Burgenland darüber debattiert wird, dass die Kranken nicht mehr kostenlos in die Spitäler transportiert werden können, sondern in Zukunft Selbstbehalte in der Höhe von 70 Prozent für die Transporte verlangt werden sollen, dann ist das eine Konsequenz dieser Sparmaßnahmen, die Sie auf die Krankenversicherungen abgewälzt haben und mit denen Sie erreichen wollen, dass wir im nächsten Jahr eine weitere Debatte haben und damit den Einstieg in den Ausstieg von der sozialen Krankenversicherung erreichen werden.

Meine Damen und Herren! Sie behaupten, Sie müssen die Unfallrenten besteuern, weil das eine Frage der sozialen Gerechtigkeit sei. Ich habe im Ausschuss schon darauf verwiesen, Herr Finanzminister, dass es doch merkwürdig ist, dass Unfallrenten – das sind teilweise sehr niedrige Renten – in Hinkunft besteuert werden, während eine Unfallrente, nämlich jene nach dem Heeresversorgungsgesetz, nicht besteuert wird. Das betrifft die Präsenzdiener und die Zeitsoldaten. Wenn sie einen Arbeitsunfall haben, dann wird auch in Zukunft die Unfallrente nicht besteuert. Ich sage noch einmal, Herr Finanzminister: Ich bin gegen diese Besteuerung, nur das, was Sie gemacht haben – und daran erkennt man auch die offensichtliche politische Orientierung dieser Bundesregierung –, ist: Unfallrenten werden allgemein besteuert – aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit! –, wenn man aber beim Bundesheer verunfallt, dann wird diese Unfallrente nicht besteuert. Ist man also ein Präsenzdiener, dann ist man Gott sei Dank, so sage ich, von der Steuerpflicht befreit. Ist man aber ein Zivildiener und hat während des Zivildienstes einen Arbeitsunfall, dann wird die Unfallrente besteuert.

Sie sagen, die Besteuerung sei eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, gleichzeitig haben Sie ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz installiert, nach dem Zusatzrenten ausbezahlt werden. Diese Zusatzrenten werden nicht besteuert. "Weil es sich nicht auszahlt!", erklärt uns der Herr Finanzminister. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Interessant ist nur der Kreis der Bezieher des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes, Herr Wirtschaftsminister! Es konnte uns im Ausschuss nicht erklärt werden – ich weiß auch warum –, warum Kriegsverbrecherinnen, Kriegsverbrecher, schwerst belastete Angehörige der SS oder der


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45. Sitzung / Seite 42

Waffen-SS vom BezieherInnenkreis dieses Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes nicht ausgenommen sind.

Meine Damen und Herren! Ich halte es in einer Situation, in der Österreich sehr mühselige, aber wichtige Schritte zum Ausgleich mit Zwangsarbeitern machen will und in dieser Frage auch mühselige Fortschritte erzielt, für nicht angemessen, vor allem auch deswegen, weil der Herr Bundeskanzler gerade wieder einen neue Opfertheorie im Zusammenhang mit Österreich vertreten hat (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ganz sicher nicht, damit Sie es wissen!), dem Gesetzgeber ein Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz vorzuschlagen, mit dem auch Kriegsverbrecher eine Entschädigung erhalten, wie sie zum Beispiel Mitarbeiter des Stabes Eichmann beim Spätheimkehrergesetz bekommen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich halte es für eine Ungeheuerlichkeit, dass Sie heute hier im Parlament ein Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz beschließen wollen – steuerfreie Zusatzrenten –, bei dem Sie nicht ausschließen wollen, dass auch Kriegsverbrecher in den Anspruch dieses Gesetzes kommen. Sie haben klar zu verstehen gegeben, dass Sie das nicht ausschließen wollen und nicht ausschließen können.

Machen Sie sich jetzt einen Reim auf die ganze Angelegenheit: Bei der Besteuerung der Unfallrenten wird eine Unfallrente steuerfrei gestellt. Die Besteuerung der Kriegsgefangenen entfällt, und gleichzeitig schließen Sie nicht aus, dass jene, die in diesem verbrecherischen Krieg an Verbrechen mitgewirkt haben, auch noch eine Rente von dieser Republik erhalten. – Da geht es nicht nur um Umverteilung, da geht es auch um knallharte Ideologie, um eine autoritäre Wende, um die Hinwendung zu Werten der Vergangenheit, die wir eigentlich – da appelliere ich an Sie von der ÖVP (Abg. Dr. Stummvoll schüttelt verneinend den Kopf), Herr Stummvoll, der Sie da verneinen – schon überwunden geglaubt haben.

Und das halte ich neben all dem, was zur Budgetsanierung gesagt werden kann, nicht nur für jämmerlich, sondern für entsetzlich! (Beifall bei den Grünen.)

11.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stummvoll. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

11.00

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute ein Gesetz, das den schlichten Titel "Budgetbegleitgesetz 2001" trägt. In Wirklichkeit steckt dahinter die Novellierung von rund 90 Bundesgesetzen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Nichts anderes als dieses Gesetz könnte dramatischer den Reformrückstau dokumentieren, der in den letzten Jahren dadurch eingetreten ist, dass die SPÖ als Regierungspartner wichtige, notwendige Reformen blockiert hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieses Budgetbegleitgesetz schafft die inhaltlichen Grundlagen dafür, dass "Österreich neu regieren" auch eine historische Trendumkehr in der Finanz- und Budgetpolitik, eine historische Trendkorrektur bedeutet, und zwar eine Trendkorrektur nach dem Muster, Budgetpolitik kann nicht darin bestehen, Schulden zu machen, sondern Budgetpolitik heißt Zukunftssicherung und Zukunftsgestaltung. Das heißt "Österreich neu regieren" in der Budgetpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit der heutigen Beschlussfassung dieses Budgetbegleitgesetzes schaffen wir die inhaltliche Basis dafür, dass wir ein Budget der Zukunftssicherung, der sozialen Fairness, der politischen Zivillcourage und der politischen Wahrheit haben, denn politisch wahr ist, dass es keine Alternative zu diesem Kurs gibt, denn Schulden machen ist verbrauchte Zukunft, Schulden machen ist zutiefst unsozial, Schulden sind der Feind der Arbeitsplätze, der Feind der sozialen Sicherheit und der Feind der Zukunftschancen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Warum machen Sie dann Schulden?)


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Ich gebe gerne zu, Frau Kollegin, dass dieses Unterfangen kein leichtes ist, und ich gebe auch gerne zu, dass ein solch dramatischer Kurswechsel aufgrund des Reformrückstaus der letzten Jahre nicht durchgeführt werden kann, ohne Schmerzen zu verursachen. Das ist gar keine Frage! Aber eines ist klar: Er kann nur dann erfolgreich gelingen, wenn alle großen Bevölkerungsgruppen ihren Beitrag dazu leisten. Dazu bekennen wir uns: Es müssen alle großen Bevölkerungsgruppen ihren Beitrag dazu leisten, sonst kann man auf Dauer keine Zukunftssicherung betreiben.

Im Grunde genommen geht es dabei, meine Damen und Herren, um einen nationalen Kraftakt, der von uns gesetzt wird. Ich bedauere es sehr, dass zu diesem nationalen Kraftakt die große Oppositionspartei eigentlich keinen Beitrag leistet.

Herr Kollege Gusenbauer! Es waren fadenscheinige Argumente, mit welchen Sie beim Budgethearing die parlamentarische Diskussion mit Experten und Regierungsmitgliedern verweigert haben. Sie haben die Diskussion verweigert  – das widerspricht einer parlamentarischen Demokratie –, und zwar mit dem fadenscheinigen Argument, Sie hätten zum Lesen eines Abänderungsantrags, der zehn Tage später zur Abstimmung gekommen ist, zu wenig Zeit gehabt. – Eine scheinheilige Argumentation, Herr Kollege Gusenbauer! (Abg. Dr. Gusenbauer: Über Heilige brauchen wir nicht zu diskutieren!)

Sie haben dann nach Abschluss der Ausschussberatungen in einem Pressegespräch Ihre Alternativen vorgelegt, wo Punkt 1 lautete – Herr Klubobmann Khol hat das damals sofort kommentiert –: Machen wir weiter Schulden! Das heißt, 20 Prozent weniger, und das ganze drei Jahre später. (Abg. Edlinger: Das ist absurd! Das ist überhaupt nicht wahr!) Dazu darf ich sagen: Das ist kein Konzept der Zukunftssicherung, der Zukunftsgestaltung, Herr Kollege Gusenbauer!

Der Herr Bundeskanzler hat gestern ausgeführt, was das heißt. Allein dieser eine Punkt bedeutet dreimal 15 Milliarden Schilling mehr Schulden. Das wären 45 Milliarden Schilling mehr Schulden in den nächsten drei Jahren, Herr Kollege Gusenbauer. Vielleicht haben Sie damit spekuliert, dass sich viele Bürger gar nicht vorstellen können, wieviel 45 Milliarden Schilling sind. Ich darf dazu zwei Vergleiche bringen:

Erster Vergleich: 45 Milliarden Schilling mehr Schulden würde bedeuten, dass jeder erwerbstätige Österreicher zusätzlich mit 15 000 S Schulden belastet wird. – Das ist sozialistische Politik, meine Damen und Herren!

Zweiter Vergleich: Als im Jahre 1995 der "Konsum" in die größte Pleite der Wirtschaftsgeschichte geschlittert ist, betrug der Schuldenstand mehr als 20 Milliarden Schilling. 45 Milliarden Schilling Schulden sind "Konsum" mal zwei. (Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie Mickey-Mouse-Hefte gelesen?)

Herr Kollege Gusenbauer! Eine solche Sanierungsformel ",Konsum‘ mal zwei" ist eine Bedrohung für die Bürger unseres Landes! Das werden wir auf keinen Fall zulassen! (Beifall bei der ÖPV und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Ihre Mickey-Mouse-Arithmetik geht nie auf! – Abg. Dr. Gusenbauer erhebt sich von seinem Platz und geht in Richtung Couloir, bleibt jedoch beim Abg. Edlinger stehen.)  – Ich nehme an, Sie verlassen schon wieder die parlamentarische Diskussion, so wie wir es von Ihnen gewohnt sind. Aber Sie sollten einen Moment noch da bleiben, wenn Sie Kritik vertragen. (Abg. Dr. Gusenbauer kehrt zu seinem Platz zurück.)

Wissen Sie, was mich erschüttert hat? (Abg. Dr. Khol: Er hat eine Pressekonferenz während der Plenarberatungen!) Unglaublich! (Abg. Dr. Khol: Die Journalisten sind wichtiger als wir!)

Herr Kollege Gusenbauer! Parlamentarische Debatte heißt auch, zuhören können! (Abg. Dr. Gusenbauer: Es gibt keine Verpflichtung, sich Ihren Blödsinn anzuhören!) Ich habe Ihnen auch zugehört.


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Lassen Sie mich noch eine Kritik anbringen: Ich muss ehrlich sagen, ich halte es für erschreckend, erstens, dass man aus parlamentarischen Beratungen auszieht, und zweitens, dass man in der heutigen Ausgabe der "Presse" auch noch Folgendes lesen muss:

"Demonstrationen gegen Regierung: Straßenblockaden im ganzen Land." – Und weiters: "Am 5. Dezember wollen Regierungsgegner ... in ganz Österreich Kreuzungen lahmlegen. Chaotische Zustände ..." und so weiter. (Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer ist das!)

Noch ein Drittes: Herr Präsident Verzetnitsch will eine Menschenkette um das Parlament bilden.

Es gibt angeblich einen perfektionistischen Plan, wie in ganz Österreich durch Straßenblockaden das Land lahmgelegt werden soll. Meine Damen und Herren, das ist ein falsches Demokratieverständnis! Wir werden aber dafür sorgen, dass die Entscheidungen immer noch hier im Hohen Haus fallen und nicht auf der Straße, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Glauben Sie mir, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei: Die Bürger unseres Landes durchschauen diese Politik! (Abg. Dr. Gusenbauer: Die haben Ihre Politik satt!) Sie von der SPÖ haben versucht, diese Regierung über Ihre Freunde im Ausland durch die Sanktionen zu stürzen. Jetzt versuchen Sie, über die Straße die Regierung zu stürzen. – Herr Kollege Gusenbauer, das ist zutiefst undemokratisch und einer Sozialdemokratischen Partei zutiefst unwürdig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nehmen Sie zur Kenntnis: Diese Regierung – und wir werden das Paket heute mit Mehrheit beschließen – beschließt nicht nur eine Sparstrategie, sondern auch einen Kurs der sozialen Fairness. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Ein Kurs des Schröpfens! ) Es sollen Missbräuche abgestellt werden. Gleichzeitig machen wir ein Behindertenprogramm im Ausmaß von 1 Milliarde Schilling für die Ärmsten der Armen, um diesen Menschen den Start in die Arbeitswelt zu erleichtern. Diese Regierung hat die Heizkostenzuschüsse erhöht, hat die Pendlerbeihilfe erhöht, hat flankierende Maßnahmen bei den Studenten gesetzt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Mickey-Mouse-Maßnahmen!) Das heißt qualitative soziale Verantwortung! (Abg. Dr. Gusenbauer: Nein, nein, überhaupt nicht!) Sie wollen nur Sozialpolitik nach dem Gießkannen-Prinzip, Herr Kollege Gusenbauer! Wir hingegen wollen qualitativ jenen helfen, die Hilfe wirklich brauchen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Kinderbetreuungsgeld ist keine Gießkannenpolitik?!)

Bei Ihrer Argumentation – das sage ich jetzt schon den nächsten Rednern Ihrer Fraktion – müssen Sie sich schon überlegen, welchen Weg Sie gehen wollen. Einerseits sagen Sie: Die Regierung fährt über alles drüber, gibt Ihnen keine Chance, etwas zu verändern!, auf der anderen Seite klagen Sie darüber, dass wir Parlamentarier im Ausschuss so viele Abänderungsanträge eingebracht haben. Sie sollten sich überlegen, welche Argumentationslinie Sie wählen: Entweder sagen Sie, die Regierung fährt über alles drüber, oder es sind Ihnen der Abänderungsvorschläge im Parlament zu viele. Sie haben gesagt, Sie seien überfordert.

Meine Damen und Herren! Wer überfordert ist, der sollte an parlamentarischen Beratungen überhaupt nicht teilnehmen. Insofern war Ihr Auszug aus dem Budgethearing wieder richtig. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben Folgendes auch gesehen: Herr Kollege Gusenbauer, Ihr Vorschlag von heute ... (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie haben schon so viel Letztklassiges gesagt!) Sie haben zwei zentrale Vorschläge gemacht. Der eine lautet: Mehr Schulden machen. Der andere lautet: Volksabstimmung.

Herr Kollege Gusenbauer! Eines möchte ich schon auch sagen: Demokratie bedeutet nicht, so lange abstimmen zu lassen, bis vielleicht das herauskommt, was man will. Das ist nicht Demokratie, das ist nichts anderes als die "Pradler Ritterspiele", Herr Kollege Gusenbauer, die Sie hier aufführen wollen. (Abg. Dr. Khol  – im Begriff, zum Präsidium zu gehen –: Keine Beleidigung der "Pradler Ritterspiele"! Ich werde das berichtigen!) Herr Klubobmann! Ich wollte die "Pradler


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Ritterspiele" nicht beleidigen. Ich ziehe den Vergleich zurück – im Interesse der "Pradler Ritterspiele". (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol kehrt auf seinen Platz zurück.)

Noch etwas muss ich Ihnen sagen, Herr Kollege Gusenbauer: Sie sind auf dem Weg zu einer linkspopulistischen Partei. (Abg. Dr. Gusenbauer: Und Sie sind auf dem Weg zu einer rechtsextremen Partei!) Überlegen Sie gut, ob dieser Kurs für unser Land richtig ist, ob dieser Kurs von Ihren Wählern mitgetragen wird. Linkspopulistische Partei, Straßendemonstrationen, parlamentarische Verweigerungen von Diskussionen – das ist das, was unser Land nicht braucht! Der Bürger wird Ihnen das Urteil sprechen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

11.09

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es ist eigentlich spannend, diese Diskussion hier zu verfolgen, und es ist interessant, wie sich im Laufe einer solchen Diskussion ganz bestimmte Verweigerungssyndrome, vor allem in Hinblick auf das Erinnerungsvermögen, in immer stärkerem Maße durchsetzen.

Diese Bundesregierung ist nun, wie bekannt, seit neun Monaten im Amt, und wir führen die zweite Budgetdebatte durch – allerdings vor einem völlig veränderten Szenario gegenüber der ersten Budgetdebatte.

Ich erinnere: Im Frühjahr, in der Zeit der Sanktionen der Europäischen Union, die wie eine Nebelwand wirkten, wurde Kritik an der Regierung von dieser mit Worten wie "Vernaderung" denunziert. Die von der Regierung geplanten Maßnahmen waren für die Menschen in Österreich eigentlich noch nicht erkennbar. Heute ist das anders!

Ich bringe in Erinnerung: In neun Monaten drei Belastungspakete ist einsamer Weltrekord, und der gehört Ihnen. Die Menschen wurden langsam aufmerksamer, weil sie Ihre Politik zu spüren bekamen. Es ist in der Tat so, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien – das stellt man fest, wenn man so manche Interpretation Ihrer Maßnahmen aus Ihrem Munde hört –, dass es in unserem Lande kälter wird. Das wird bewirkt durch ein Bündel von Maßnahmen, die zum Teil brutal in die Lebensgrundlagen der Menschen eingreifen, sie irritieren, ja zum Teil bedrohen.

Die Menschen merken zunehmend, dass sie von den Regierungsparteien hinters Licht geführt werden, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, was soll sich Herr und Frau Österreicher denken, wenn sie beispielsweise lesen und hören müssen, dass der Herr Bundesfinanzminister im April 2000 sagte, die Regierungsparteien sind bemüht, die Steuerbelastung, die in den letzten zwei Jahren dramatisch gestiegen ist, nicht weiter anzuheben, und dass als Ergebnis laut WIFO-Studie die höchste Steuerquote in der Geschichte unseres Landes herauskommt?

Was denkt man sich, wenn die Frau Vizekanzlerin sagt: Unser Ziel ist es, das Budget ausgabenseitig zu sanieren!, aber gleichzeitig die Steuern in den nächsten zwei Jahren um 80 Milliarden Schilling ansteigen? Jeder Österreicher wird im Jahre 2001 40 S mehr Steuer pro Tag zahlen müssen als 1999. Ja was denken sich da die Menschen, wenn sie etwas anderes hören, als sie dann tatsächlich zur Kenntnis nehmen müssen?

Es sagte zum Beispiel Herr Westenthaler am 30. Juli 2000 – einen kurzen Moment war ich fast erleichtert – Folgendes: Ich kann mir nicht vorstellen, dass der freiheitliche Parlamentsklub Steuer- und Abgabenerhöhungen überhaupt beschließen wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Unter 30 000 S Einkommen!)  – In Anbetracht dessen werden Sie, sehr geehrter Herr Finanzminister, keine Mehrheit für Ihr Budget finden, wenn sich Ihr Klub durchsetzt.


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Oder: Herr Khol sagte beispielsweise in der Öffentlichkeit: Wir haben gesagt: keine Erhöhung von Steuern und Abgaben! Wir haben uns dazu bekannt, die Staatsquote abzusenken. Steuervorschläge sind typisch sozialistische Vorschläge, die die Steuerquote nicht senken, sondern erhöhen! – Das ist das Gesagte, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aber was tun Sie wirklich in diesem Zusammenhang?

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, und zwar im Zusammenhang mit der "Kälte", von der ich gesprochen habe: Man kann natürlich, wenn man ein politisches Profil hat, Maßnahmen umsetzen, aber es kommt immer auch darauf an, wie das von den Bürgern interpretiert wird, die natürlich auch wissen wollen, wie die Empfindung der dabei handelnden Personen ist. Und dazu sage Ihnen, sehr geehrter Herr Finanzminister, Folgendes: Was mich wirklich persönlich extrem betroffen hat, war die Tatsache – und man konnte das in der Presse lesen –, dass Sie im Klub der Freiheitlichen anlässlich der Studentendemonstrationen gegen die Studiengebührenerhöhungen wörtlich gesagt haben: Über die Proteste der Studenten gegen die Studiengebühren bin ich amüsiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! In dieser Bemerkung kommen zum Ausdruck die gesamte Überheblichkeit und die Kälte gegenüber Menschen, die sich schwertun, und zwar von jemandem, der nie in seinem Leben in irgendeiner Weise persönlich finanzielle Probleme hatte. Doch das ist der Geist, mit dem Sie Politik in diesem Lande machen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Beifall bei der SPÖ.) Gegen die sozial Schwachen, gegen jene, die in Form von redlicher Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen, wird von Ihnen Politik gemacht!

Sehr geehrter Herr Stummvoll! Sie sagten, 92 Gesetze würden den Reformstau und den Reformwillen dieser Bundesregierung beweisen. Dazu darf ich Ihnen sagen: Es kommt schon auf den Inhalt der Gesetze an! Wenn Sie die sozialpolitische Realität dieses Landes demolieren wollen, wenn Sie dieses Land, das in 30 Jahren sozialdemokratischer Regierungsführung von einem Hinterhofland Europas zu einem der reichsten Länder der Welt mit einem hohen sozialen Standard geworden ist, demontieren wollen, dann werden Sie wahrscheinlich noch mehr als 92 Gesetze brauchen, weil wir in diesem Land ein dichtes soziales Netz geknüpft haben und dabei sehr viel soziales Feeling haben einfließen lassen. Das trägt die Handschrift sozialdemokratischer Politik, und das versuchen Sie nun, in ganz kurzer Zeit zu demolieren, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien.

Ich muss mich schon sehr wundern, sehr geehrter Herr Stummvoll, dass Sie sich da herstellen und eigentlich geistige Bücherverbrennung betreiben. Ich bekenne mich zu jeder Phase meiner politischen Tätigkeit, und ich bin seit 32 Jahren im politischen Mandat. Sie nicht, Herr Stummvoll! Sie waren von 1988 bis1991 Finanzstaatssekretär. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie waren roter Finanzminister!) Wissen Sie, was in dieser Zeit passiert ist? – Sagen Sie mir jetzt nicht, Sie wären ein "kleines Würstel" gewesen! Sie waren ein Staatssekretär, der wichtigste Finanzpolitiker der Österreichischen Volkspartei in dieser Zeit!

Der Schuldenstand der Republik Österreich betrug bei Ihrem Regierungseintritt 697 Milliarden Schilling, und als Sie die Regierung verlassen haben, machte er 692 Milliarden Schilling aus. Es ist Ihnen gelungen, in nur drei Jahren Ihrer Aktivität als Staatssekretär 300 Milliarden Schilling Schulden anzuhäufen. Das sind täglich 220 Millionen Schilling, solange Sie in der Himmelpfortgasse gesessen sind. Gott sei Dank sind Sie dort nicht lange gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Aussagen widersprechen den Fakten, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien. Da stellen sich die Regierungsmitglieder hin und sagen, es werde keine Steuererhöhungen geben. – Das ist doch grundsätzlich falsch! Nur einige Beispiele: Energiesteuer, Kfz-Steuer, Unfallrenten, Kürzung der Absetzbeträge, Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen. Allein mit dem heutigen Gesetz erhöhen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einnahmen um 30 Milliarden Schilling. Sie sagen doch, ausgabenseitig tun Sie etwas! Ergebnis: nur 3 Milliarden Schilling. Eins zu zehn ist das Verhältnis bei dieser Materie, die wir jetzt und heute hier beschließen.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das ist es eigentlich, was ich heute kritisiere: dass Sie von etwas völlig anderem sprechen, als die Fakten und Zahlen in diesem Budget belegen. Das ist die Täuschung, mit der Sie versuchen, die Österreicher hinters Licht zu führen! (Beifall bei der SPÖ).

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie sprachen von sozialer Gerechtigkeit und meinten, alle mit einem Einkommen von 30 000 S und darunter seien nicht betroffen. Da lachen ja die Hühner! (Abg. Schwarzenberger: Wie hört sich das an, wenn die Hühner lachen?) Ich möchte die Belastungen jetzt gar nicht mehr aufzählen. Aber eines sage ich: Ich fordere alle Österreicherinnen und Österreicher, die 30 000 S oder weniger verdienen, auf beziehungsweise lade sie ein, einen Brief an den Finanzminister, an den Bundeskanzler und an die Vizekanzlerin zu schreiben. (Abg. Böhacker: Wer zahlt das Porto?) Das würde denen zwar nicht helfen, aber es würde ein arbeitsmarktpolitischer Effekt entstehen, denn eine Flut von Briefen würde diese Bundesregierung erreichen. Daher bitte ich die Österreicher, letztendlich diesen Akt des Protestes auch zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das Einzige, was Sie seit neun Monaten tun, ist, über Ihr schweres Erbe zu klagen. Ich bin neugierig, wie lange Sie sich noch ausreden, wann Sie endlich Manns genug sind, für Ihre politischen Vorschläge der brutalen gesellschaftspolitischen Veränderung geradezustehen und sich nicht auf die auszureden, die vor Ihnen in der Regierung waren. Interessanterweise sitzt die Halbscheid ja heute noch in der Bundesregierung und sagt: Mein Name ist Hase, ich weiß eigentlich von gar nichts! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie haben ein reiches Land, ein Land des sozialen Konsenses, ein Land des Dialoges übernommen. Die Budgetkonsolidierung beginnt nicht heute und hier, sondern im Jahre 1996 hat die Budgetkonsolidierung begonnen. Die vorhergehende Bundesregierung hat das Budgetdefizit um 3 Prozentpunkte in vier Jahren gesenkt, ohne die soziale Realität dieses Landes zu zerstören. Sie bringen 2 Prozent nur dann zusammen, wenn Sie die Realität dieses Landes auf den Kopf stellen, und zwar deshalb, weil Sie fast 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gemäß Ihrem Regierungsprogramm an eine bestimmte Wählerklientel verteilen wollen. Aber das müssen die Kleinen zahlen, damit Sie dann bei den Großen verteilen können. Darauf muss man hinweisen! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist grundsätzlich falsch, wenn der Herr Bundeskanzler und der Herr Klubobmann der Volkspartei meinen, die SPÖ möchte dasselbe wie die Regierung. (Abg. Dr. Khol: Minus 20 Prozent und zwei Jahre später!) Der liebe Gott möge mich davor bewahren! Das möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen. Das ist wirklich eine untergriffige Unterstellung, wenn Sie uns zumuten, dass wir nur einen Funken von Realität daran vergeuden würden, Ihre Vorschläge übernehmen zu wollen. Um zwei Jahre später und um 20 Prozent weniger, sagten Khol und Schüssel. – Das ist wirklich eine dumme und unrichtige Argumentation, Herr Dr. Khol, wie durch unseren Antrag leicht bewiesen wird. (Abg. Dr. Khol: "Eine dumme Argumentation!")

Wir haben einen Antrag eingebracht, der in wichtigen Strukturen die gesellschaftspolitische Realität aufrechterhalten soll. Das wollen wir! Wir wollen nicht das, was Sie gesagt haben, und wer sich unseren Antrag anschaut, der sieht, dass sich das sogar auf null ausgeht. Jawohl, wir wollen das Nulldefizit so erreichen wie unsere wichtigsten Handelspartner in Europa. Es gibt ja gar keinen Grund, das vorher zu machen. Sie hingegen brauchen das, weil Sie in den Jahren 2002 und 2003 fast 70 Milliarden Schilling an Geschenken verteilen wollen, und zwar an die, die da oben sitzen und sie nicht benötigen. Wir wollen das auf keinen Fall!

Wir wollen, dass dieses Budget zwei bis drei Jahre eine Atempause hat – ich habe das als Finanzminister schon gesagt –, eingeleitet mit einer Sperre der Ermessenskredite. Ich erinnere mich noch – es war im November –, was das für ein "Theater" bei Ihnen zur Folge hatte, für wie unmöglich Sie das gehalten haben. – Ja was tun denn Sie heute? – Sie schneiden in die Substanz hinein, dass einem hören und sehen vergehen kann, dass eigentlich dieses Land nicht mehr jenes ist, das es in den letzten 30 Jahren war.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Selbstverständlich wollen wir Ihren Slogan aufgreifen, der da lautet, jene zu belasten, die es sich leisten können. Einen gerechten Beitrag der Besserverdienenden an dieser Budgetkonsolidierung wollen wir haben. Wir wollen Mehreinnahmen im Steuerbereich bei den Stiftungen, und zwar in dem Maße, wie es sich durchaus auf europäischer Ebene abspielt, wir wollen keine Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, die Rücknahme der Beitragssenkung der Arbeitgeber für die Krankenversicherung, eine Erhöhung der Ausgleichstaxe für jene Unternehmer, die keine Behinderten beschäftigen – das ist viel gescheiter als das, was Sie tun, nämlich von den sozial Schwachen eine Milliarde abzukassieren und dann ein Behindertenprogramm daraus zu machen. Das ist ein klassischer Fall von Täuschung! Darin kommt Ihr sozialpolitisches "Feeling" zum Ausdruck. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn Sie all das machten, nämlich später das Budget auf null konsolidieren, die Steuern von jenen holen, die es sich leisten können, und zwar das nur entsprechend dem europäischen Niveau machen, keinen Schilling mehr, dann bedürfte es dieser Maßnahmen nicht. Ich war ja sehr erstaunt, dass auch der Herr Finanzminister diesen Gedanken in irgendeinem Keller in der Gegend der Himmelpfortgasse zusammen mit einigen Wirtschaftsforschern geboren hat, wie man das im "FORMAT" nachlesen kann. Ich habe schon das eine oder andere Mal Vorschläge, die Sie, Herr Finanzminister, gemacht haben, positiv qualifiziert, allerdings haben Sie in Ihrer Partei wenig Chancen, damit durchzukommen, denn über Ihnen wacht der Vater, der Stifter und dreht sie wieder ab.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn Sie das tun, dann haben Sie so viel Atem, dass Sie die Maßnahmen der Sozialdemontage in diesem Land wieder zurücknehmen können. Dann können Sie die Energiesteuer wieder abschaffen, die motorbezogene Versicherungssteuer abschaffen, den Arbeitnehmerabsetzbetrag in dem Maße aufrechterhalten, wie sich das gehört, die Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen unangetastet lassen, damit tatsächlich die sozial Schwachen zu ihrem Recht kommen, die Besteuerung der Unfallrenten streichen, was wirklich ein ungeheuerlicher gesellschaftspolitischer Skandal ist, und Ähnliches mehr tun. Das alles können Sie unserem Antrag entnehmen.

Das heißt zwei Jahre später und minus 20 Prozent, Herr Khol?! – Na dann können Sie wirklich nicht lesen! Sie sind ganz einfach von sich selbst und von den Maßnahmen in Ihrer eigenen Welt so gefangen, dass Sie kluge Vorstellungen und Vorschläge Andersdenkender nicht einmal hören.

Sie wollen Österreich verändern, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien. (Abg. Dr. Khol: Ja!) Ihr Konzept ist ein unnötiger, fataler Politversuch, jene neoliberalen Konzepte aus den späten siebziger und achtziger Jahren auszuprobieren, die in anderen Ländern bereits als falsch erkannt wurden. Ihre so genannten Reformpläne sind nichts anderes als eine späte, aber sehr schlechte Kopie der neoliberalen Politik eines Ronald Reagan, einer Thatcher, eines Kohl, die in ihren Ländern von den Menschen bereits abgewählt wurden, weil es eine Politik der Umverteilung von Arm zu Reich war, weil es eine unsoziale, ungerechte Politik war, weil es eine Politik war, die die wirtschaftlich Mächtigen noch mächtiger und die Arbeitnehmer zunehmend rechtlos machte, indem Unternehmer über ihre Rechte wachen sollten, wie das auch aus der Struktur dieser Bundesregierung abzuleiten ist, weil es eine Politik war, die den Menschen entsolidarisiert hat, damit die Mächtigen ungestört ihre Geschäfte machen können, und weil die Menschen den vielen Versprechen anfänglich geglaubt haben. Genauso eine Politik versuchen Sie jetzt zu machen, und aus genau den genannten Gründen werden Sie scheitern.

Wenn große österreichische Medien am Tag der Vorstellung dieses Budgets schreiben: "Kurier": "Koalition der Zumutung", "Krone": "Die Regierung kann ihre Glaubwürdigkeitsprobleme nicht mehr wegreden", "FORMAT": "Das Taschenzieher-Kabinett; Budgetlüge; zwei Drittel sind Einnahmen", dann bin ich eigentlich durchaus guter Dinge, dass die Österreicher jenen intellektuellen Schritt setzen werden, der Sie dorthin befördern wird, wo Sie hingehören. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

11.27


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Herr Abgeordneter Edlinger! Sie haben im Zuge Ihrer Ausführungen an Herrn Abgeordneten Khol die Worte "dümmste Argumentation" verwendet. (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben gesagt: Das ist wohl die dümmste Argumentation!

Bei Durchsicht der Zwischenrufe und der damit in Verbindung stehenden Ordnungsrufe sah ich, dass in der Vergangenheit auch bei Ausdrücken wie "dümmste Zwischenrufe" Ordnungsrufe erteilt wurden. Daher halte ich es für angemessen, Ihnen für die Bemerkung "die dümmste Argumentation" ebenfalls einen Ordnungsruf zu erteilen. (Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

11.27

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich muss Ihnen wirklich die Frage stellen, wieso Sie in diesem Zusammenhang, ohne dass das Protokoll vorliegt, einen Ordnungsruf erteilen, obwohl Sie in anderen Zusammenhängen erklären, erst entscheiden zu können, wenn das Protokoll auch tatsächlich vorliegt. Ist wirklich der Umstand, dass Herr Abgeordneter Edlinger nicht Ihrer Fraktion, sondern der Opposition angehört, ausschlaggebend dafür? – Dieser Eindruck muss sich zumindest in diesem Zusammenhang ergeben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka! Ich war in der glücklichen Lage, die Ordnungsrufe alphabetisch geordnet aus der Vergangenheit vor mir liegen zu haben, und für den Ausdruck "dümmste Zwischenrufe" wurde ein Ordnungsruf erteilt. Daher sehe ich es auch als angemessen an, für den Ausdruck "dümmste Argumentation" dasselbe zu tun, was in der Vergangenheit üblich war. (Abg. Öllinger: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

11.28

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wie schon Präsident Fischer bemerkt hat, steht es uns an und für sich nicht zu, Ihre Kommentare, Ihre Ordnungsrufe zu kommentieren. Sie haben aber gerade jetzt erklärt – und das ist schon interessant, Herr Präsident! –, dass Sie deswegen einen Ordnungsruf erteilen, weil Herr Abgeordneter Edlinger den Ausdruck "dümmste Argumentation" verwendet hat.

Ich halte dazu fest: Er hat erstens "dumme Argumentation" gesagt, und zweitens waren es Sie, der Sie mir vor einigen Wochen einen Ordnungsruf wegen der Bemerkung "das ist eine dumme Argumentation" gegeben haben. Doch ich habe mich damals nicht ... (Abg. Dr. Khol: Ständige Rechtsprechung!) Ich habe mich damals nicht zu Wort gemeldet.

Ich halte diesen Zwischenruf beziehungsweise eine Einschätzung, ob eine Argumentation dumm oder nicht dumm ist, für jederzeit denkbar. Ich halte aber in diesem Zusammenhang fest, dass auch Sie erst nach der zweiten Intervention, nachdem Herr Abgeordneter Westenthaler zu Ihnen hinaufgegangen war, da Sie keinen Ordnungsruf erteilen wollten, und erst nach den Einwänden des Herrn Abgeordneten Khol wieder einmal bereit waren, einen Ordnungsruf zu erteilen.

Ich halte diese Vorgangsweise, Herr Präsident, wenn im selben Haus für Ausdrücke wie "psychische" und "mentale Störungen" keine Ordnungsrufe erteilt werden, sondern diese als durchaus passend eingeschätzt werden und als möglich erscheinen, nicht für gerechtfertigt, zumal sich die Worte "eine dumme Argumentation" nicht auf eine Person beziehen, sondern auf eine Feststellung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Kostelka: Aber Westenthaler haben Sie das Wort erteilt!)

11.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Erstens zu Herrn Abgeordnetem Öllinger: Ich habe mir nach der Wortwahl des Herrn Abgeordneten Edlinger die Ordnungsrufe, wie sie üblich sind,


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45. Sitzung / Seite 50

aus meiner Aktenmappe herausgezogen (Abg. Dr. Mertel: Bei Ihnen!), habe sie studiert und habe daher die Vergleichbarkeit der Situation festgestellt. Daraufhin habe ich gehandelt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Als nächster Redner zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet (Abg. Dr. Kostelka: Tatsächliche Berichtigung!) ist Herr Abgeordneter Stummvoll. (Abg. Dr. Kostelka: Nein!)  – Bitte. (Abg. Dr. Kostelka: Herr Präsident! Sie haben ...! – Abg. Dr. Khol: Was heißt hier "nein"? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es hat sich Herr Abgeordneter Stummvoll zu einer tatsächlichen Berichtigung zuerst zu Wort gemeldet; mein Beisitzer hat das gerade bestätigt. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis, Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. (Abg. Ing. Westenthaler: Kostelka maßt sich an, hier Präsident zu sein! – Weitere Zwischenrufe.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Stummvoll. Ich bitte Sie, den § 58 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu beachten und mit der Wiedergabe des Sachverhaltes zu beginnen, den Sie zu berichtigen wünschen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.31

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Ich möchte die Feststellung berichtigen, wonach ich in meiner Zeit als Finanzstaatssekretär bei den Budgets der Jahre 1989, 1990, 1991 und 1992 Hunderte Milliarden an Schulden mitverursacht hätte.

Wahr ist vielmehr – und das kann man in den Zeitungen von damals nachlesen –, dass ich damals schon öffentlich erklärt habe: Die Defizite sind zu hoch. – Aber der rote Finanzminister und die rote Mehrheit haben sich durchgesetzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Gaßner: Einstimmiger Beschluss im Ministerrat!)

11.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet.

Bitte beachten auch Sie die Bestimmungen des § 58 Abs. 3 GOG und beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung des Redners, die Sie zu berichtigen wünschen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wollen Sie Ihre eigene Rede berichtigen? – Abg. Ing. Westenthaler: "Ich habe nicht ‚dümmste‘, sondern ‚dumme‘ gesagt"?)

11.32

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass die mir unterstellte Äußerung, die der Herr Präsident zum Anlass genommen hat, mir ... (Abg. Dr. Khol: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Ich berichtige die unrichtige Feststellung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates, der mir nach meiner Rede deshalb einen Ordnungsruf erteilt hat (Abg. Ing. Westenthaler: Was haben Sie gesagt?), weil ich angeblich gesagt haben soll (Abg. Jung: Jetzt kommen wir hin!), eine "dümmste Argumentation" sei das gewesen. (Abg. Ing. Westenthaler: Was haben Sie gesagt?)

Wahr ist vielmehr, dass ich gesagt habe: eine "dumme, weil unrichtige Argumentation". (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, nein!) Ich wollte Sie nicht beleidigen (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben gesagt: eine dumme Argumentation!), sondern ich nehme zur Kenntnis, dass man in diesem Haus auch eine Argumentation beleidigen kann. Ich nehme das zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Edlinger! Meiner Erinnerung nach stimmt das nicht, weil ... (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.) Ich werde mir daher das Protokoll vorlegen lassen, wie ich es auch in allen anderen vergleichbaren Fällen gemacht habe.


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45. Sitzung / Seite 51

Zur Geschäftsbehandlung, zu diesem Thema oder zu einem anderen Thema, Herr Abgeordneter? (Abg. Dr. Kostelka: Zur Wortmeldung Edlinger!) Wir haben vereinbart: zu jedem Thema jede Fraktion eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. (Abg. Leikam: Wo steht das? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist dasselbe Thema, Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Das ist dasselbe Thema. (Abg. Dr. Kostelka: Herr Präsident! Ich muss Sie ernsthaft fragen, ob Sie, wenn dieses Protokoll vorliegt ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es obliegt mir, einzig und allein mir, darüber zu entscheiden.

Ich rufe damit den nächsten Redner auf. Es ist dies der Herr Bundesminister für Finanzen. Herr Bundesminister Mag. Grasser hat das Wort. (Abg. Ing. Westenthaler: Wieder abgeblitzt, Kostelka! – Abg. Dr. Kostelka: Ja, bei einer Vorsitzführung, die so "objektiv" ist! Ohne den Präsidenten kommt ihr nicht zu Rande! – Abg. Dr. Wittmann: ... jämmerliche Vorsitzführung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.34

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Herr Bundeskanzler, die Frau Vizekanzler, meine Person gemeinsam mit den anderen Kolleginnen und Kollegen, die Ministerverantwortung haben, haben zu zwei Reformdialogen eingeladen, weil es uns ein Anliegen ist, die Neuausrichtung der Finanzpolitik unseres Landes und damit die Sanierung der Staatsfinanzen umfassend zu diskutieren, weil es uns wichtig war und wichtig ist, über die parteipolitischen Grenzen hinaus einen Konsens für die österreichische Finanz- und Wirtschaftspolitik erreichen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben daher – wie in anderen Ländern auch, die manches Mal hier im Hohen Haus ins Treffen geführt werden, wie beispielsweise in Holland – auch versucht, die Opposition einzubinden, damit wir einen Konsens erreichen können, der von möglichst breiten Teilen der Bevölkerung getragen wird, und das Ergebnis, eine nachhaltige Reformpolitik zum Wohle unserer Kinder und Enkelkinder, zum Wohle unserer nächsten Generationen und eines möglichst hohen Wohlstandes unseres Landes, auch in Zukunft erlangen können.

Meine Damen und Herren! Wenn bei diesen zwei Reformdialogen im Grundsatz alle Fraktionen – also auch die Sozialdemokratie, auch die grüne Fraktion, die Gewerkschaft, die Arbeiterkammer – gesagt haben, diese Zielsetzung, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, kann man im Grundsatz unterstützen, keine neuen Schulden mehr zu machen, macht grundsätzlich Sinn, wenn das auch die Sozialpartner mitgetragen haben und wenn das auch die Länder mitgetragen haben, dann finde ich es sehr bedauerlich, dass man jetzt ein wenig zurückweichen will und dass man versucht, die Zeit zurückzudrehen und zu sagen: Na ja, eigentlich macht das so doch keinen Sinn mehr, und wir diskutieren darüber, in welcher Zeit wir versuchen, diese Konsolidierung zu erreichen.

Herr Abgeordneter Edlinger! Wenn Sie sagen, wir sollten uns eine Atempause gönnen, dann muss man schon sehen, was es bedeutet, uns für die Budgetkonsolidierung eine Atempause zu gönnen. (Abg. Edlinger: Nein, für die Ausgaben!) Wenn man zu lange mit dem Atmen pausiert, dann – das wissen wir alle – bekommt man keine Luft mehr. Wir wollen das nicht. Wir wollen eine Sauerstoffkur für dieses österreichische Budget haben und damit für die Zukunft dieses Landes einen wichtigen Beitrag erreichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn man daher sagt, ausgeglichener Haushalt in Österreich nach mehr als drei Jahrzehnten, keine neuen Schulden mehr in Österreich, dann, meine ich, haben wir diesen grundlegenden Konsens in Österreich deshalb erreicht, weil alle – in Wirklichkeit auch alle Fraktionen des Hohen Hauses – wissen, dass eine rasche und nachhaltige Budgetkonsolidierung den Wirtschaftsstandort Österreich sichert, eine hohe Beschäftigung in Österreich sichert und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Österreich sichert.

Alle wissen, dass die Kreditwürdigkeit Österreichs auf den internationalen Kapitalmärkten auf dem Spiel steht. Wie Sie in den letzten Wochen gesehen haben, haben die Kapitalmärkte bereits reagiert und unterstützen den Kurs der Bundesregierung, indem die Refinanzierung des


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Landes deutlich verbessert werden konnte. Ein solcher Budgetkonsolidierungskurs sichert damit günstigere Zinssätze für den Staat, günstigere Zinssätze für die Wirtschaft und günstigere Zinssätze für die Konsumenten.

Meine Damen und Herren! Ein solcher Kurs sichert Haushaltsspielraum für die Zukunft, damit wir mehr in Forschung und Entwicklung, mehr in Bildung und Ausbildung und mehr in Infrastrukturinvestitionen geben können. Damit ist es ein sehr bedeutender Schritt in der Gegenwart und ein umso wichtigerer Schritt für die Zukunft unseres Landes. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist eine Konsolidierung zum richtigen Zeitpunkt. Wenn wir nämlich sehen, dass jetzt bereits acht Mitgliedsländer der Europäischen Union Überschüsse machen, dann müssen wir erkennen, dass es das Mindestmaß dessen ist, was auf europäischer Ebene als notwenig erachtet wird. Wenn wir – und daran zweifle ich nicht – im Jahre 2002 erstmals diesen ausgeglichenen Haushalt erreichen werden, werden wir nicht die Nummer eins in Europa sein. Wir werden auch nicht Nummer zwei oder drei sein. Wir werden nicht in den Medaillenrängen sein, wie das bei unseren Sportlern Gott sei Dank so oft der Fall ist, sondern wir schaffen es, uns von der Nummer 15, der letzten Position, auf die Nummer zehn zu bewegen. Das heißt, man kann sagen, wir werden im hinteren Mittelfeld sein, sodass man sehen kann: Im europäischen Vergleich ist es das Mindestmaß dessen, was notwendig ist.

Wir machen eine Konsolidierung, die keineswegs die Konjunktur abwürgt, sondern ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren! Wir haben heuer ein Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent. Wir haben eine Arbeitslosenquote, die im September 3,1 Prozent betragen hat, 3,5 Prozent auf das Jahr hochgerechnet. Das ist der drittbeste Wert in Europa. Wir haben in der Jugendarbeitslosigkeit den besten Wert in Europa. Wir haben in der Exportquote Rekordwerte, wir haben in der Investitionsquote in Österreich zurzeit Rekordwerte.

Es ist eine hervorragende ökonomische Situation, die es auch im nächsten Jahr in Österreich geben wird. Die ganze OECD wächst im nächsten Jahr mit 2,8 Prozent im Durchschnitt, 28 entwickelte Industriestaaten. Auch Österreich wird im nächsten Jahr mit 2,8 Prozent wachsen; die Kommission der Europäischen Union sagt, mit 2,9 Prozent. Wir werden im nächsten Jahr stärker als Deutschland wachsen. Wir sind über dem langjährigen, zehnjährigen Wachstumsdurchschnitt, den wir in Österreich verzeichnen konnten. Damit ist klar, wir haben trotz Budgetkonsolidierung eine hervorragende Konjunktur. Sie werden sehen, wir werden die Beschäftigung weiter aufbauen und die Arbeitslosigkeit weiter zurückfahren können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Budgetbegleitgesetze, die heute hier diskutiert werden, stehen natürlich in einem untrennbaren Zusammenhang mit diesem Konsolidierungsweg, den wir für unser Land gehen wollen. Es sind diese Budgetbegleitgesetze ein Kernstück der bisherigen Regierungsarbeit. Ich kann Ihnen versichern, wir haben es uns nicht leicht gemacht. Wir haben nicht, wie das in der Vergangenheit öfters der Fall war, Steuersätze einfach erhöht und gesagt, wir wollen Mehreinnahmen haben, damit wir den Haushalt sanieren können. 1996 hat einer der sozialdemokratischen Vorgänger 46 Milliarden Schilling über Steuererhöhungen hereingeholt, nur damit man Löcher stopft, aber trotzdem den Haushalt nicht konsolidiert.

Wir haben gesagt: Wir machen eine gründliche Untersuchung des österreichischen Steuersystems, der Steuerstruktur im europäischen, im internationalen Vergleich und versuchen so, wie wir auch danach trachten, die Vorteile des gemeinsamen Marktes, die Vorteile des Binnenmarktes zu nutzen, uns natürlich auch in den Steuerstrukturen an diesen gemeinsamen europäischen Markt anzupassen und darauf auszurichten. Deswegen ist ein Kurs entstanden, wonach wir dann gesagt haben: Wir nehmen Begünstigungen zurück, wir reduzieren bestehende Ausnahmen, wir schließen Lücken, die es bisher gegeben hat, und wir beseitigen Ungerechtigkeiten, die in unserem System vorhanden waren.

Wir gehen damit den Weg einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, der Grundlage dafür ist, nach diesem ersten Schritt einer Sanierung des Haushaltes einen wichtigen zweiten Schritt


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zu gehen, für den wir auch immer gestanden sind. Wir wollen eine grundlegende Vereinfachung des Steuerrechts erreichen, und wir wollen im zweiten Schritt, wenn wir es uns strukturell leisten können, auch die Steuersätze nach unten bringen. Wir wollen entlasten können, meine Damen und Herren, wir wollen eine Perspektive nach der Sanierung für dieses Land aufmachen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Daher sind all diese steuerlichen Pläne und Überlegungen, die in den Budgetbegleitgesetzen ihren Ausdruck finden, von diesem Grundsatz einer Gerechtigkeit und einer internationalen Zielsetzung geprägt – egal, ob das der Investitionsfreibetrag ist, ob das Abschreibungszeiträume sind, ob das Rückstellungen sind, Maßnahmen, die uns an die Europäische Union und deren Strukturen heranführen und angleichen.

Meine Damen und Herren! Die Stiftungen sind angesprochen worden. Wir haben immer einen Grundsatz vertreten: Wir haben gesagt – und das ist die Handschrift, die diese Konsolidierung zeigt –, wir wollen, dass jene, die mehr verdienen, dass jene, die vermögender sind, einen größeren Beitrag zur Konsolidierung leisten. Wir sind stolz darauf, dass uns das gelungen ist mit den Budgetbegleitgesetzen, die wir vorlegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auch wenn es die Opposition nicht hören will: Meine Damen und Herren, wir haben mit diesen Begleitgesetzen, mit diesen steuerlichen Maßnahmen eine enorm hohe soziale Verträglichkeit sichergestellt! Wir schaffen es, dass – man sieht das, wenn man 1999, die alte Bundesregierung, mit 2001, der neuen Bundesregierung, vergleicht und überprüft, wo all die Maßnahmen, die teilweise auch zu Recht angeführt wurden, greifen – das untere Einkommensdrittel in Österreich nachhaltig mit 5,5 Milliarden Schilling entlastet wird.

Natürlich rechnen wir hier eine Steuerreform mit, die Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist und die wir finanzieren mussten. Aber ich denke, wichtig ist für die Bevölkerung, was unter dem Strich für sie übrig bleibt. Da ist es mein Ersuchen im Sinne der Fairness, im Sinne einer offenen und ehrlichen Information an die Bevölkerung, hier nicht permanent eine subjektive Belastungstirade von den Rednerpulten loszutreten, sondern zu sagen, was für die Bevölkerung wirklich Sache ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist ein riesiger Unterschied, ob man so vorrechnet, wie Sie es gemacht haben, Herr Edlinger; ich denke – ohne dass das polemisch sein soll –, Sie haben schon besser gerechnet. (Abg. Dr. Stummvoll: Das glauben wir nicht!) Sie haben gesagt: 40 S am Tag mehr an Steuern, die von jedem Österreicher, jeder Österreicherin bezahlt werden, durch unsere Erhöhungen. 40 S am Tag brächten, auf das Jahr hochgerechnet, in etwa 14 600 S ein, und wenn das 8 Millionen Menschen in Österreich tun müssten, wären wir auf 120 Milliarden Schilling an Belastungen, die Sie formuliert haben. (Abg. Dr. Stummvoll: Das Edlinger-Paket!)

Wir rechnen so, wie es auch tatsächlich nachvollziehbar ist, wie es transparent ist und wie es stimmt, an konkreten Beispielen, meine Damen und Herren!

Erstes Beispiel: Allein erziehende Mutter mit zwei Kindern, die 17 000 S brutto im Monat verdient; zwei Kinder, die unter zehn Jahren alt sind. Diese allein erziehende Mutter, die doch ein Beispiel dafür ist, dass man sagt: Mehrkinderfamilie, die in einer sozial besonders schwierigen Situation und sicherlich armutsgefährdet ist – diese allein erziehende Mutter hat im Jahre 2001 netto 7 615 S mehr in der Brieftasche im Vergleich zu 1999. Daher können wir meiner Ansicht nach stolz darauf sein, dass es gelingt, trotz einer Konsolidierung des Haushaltes denjenigen, die armutsgefährdet sind, mehr Geld in der Brieftasche zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Ein anderes Beispiel: Zwei Verdiener, der Mann verdient 26 000 S brutto im Monat, die Frau verdient 18 000 S brutto im Monat, sie haben ein Kind unter zehn Jahren. Diese Familie wird im Jahre 2001 im Vergleich zu 1999 netto 6 320 S mehr in der Brieftasche haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Das führt dann in Summe dazu, dass wir berechtigt sagen können: Das untere Einkommensdrittel hat trotz Konsolidierung des Haushaltes 5,5 Milliarden Schilling mehr an Kaufkraft zur Verfügung. Das ist eine Reform, für die wir stehen wollen, meine Damen und Herren!

Ebenso haben wir es geschafft, diesen Weg der Konsolidierung zu gehen, ohne dass es – wie Sie es permanent gerne anführen – Rekordwerte der Steuer- und Abgabenquote gibt! Ich konnte Ihnen im Ausschuss bereits sagen, dass die Europäische Kommission jüngst eine Prognose gemacht hat, die besagt: Unter Ihnen, verehrter Vorgänger Edlinger, betrug 1999 die Steuer- und Abgabenquote 44,7 Prozent; unter dieser österreichischen Bundesregierung werden es im Jahr 2002 44,4 Prozent sein. Das heißt, sie ist niedriger und kein Rekordwert! (Abg. Edlinger: Sie wissen, dass das nicht offiziell ist! Wifo sagt: 46!) Ich darf Ihnen diesen Rekord in der Steuer- und Abgabenquote belassen – ein Rekord, auf den wir keinen Wert legen, Herr Abgeordneter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

So wie es uns daher gelungen ist, auf der Einnahmenseite im Ergebnis sehr sozial verträglich vorzugehen, haben wir es auf der anderen Seite – was das Herzstück der Regierungsarbeit, nämlich die Ausgabenseite, betrifft – wirklich geschafft, Strukturen in Veränderung zu bringen, meine Damen und Herren! Wir konsolidieren im Jahr 2001 zu etwas mehr als 60 Prozent auf der Ausgabenseite, wir konsolidieren im Jahr 2002 bereits zu knapp 70 Prozent auf der Ausgabenseite.

Sie wissen es, wenn Sie sehen, wie sich die Staatsausgaben in Österreich reduzieren: In Ihrer Zeit, 1999, waren es 54,1 Prozent Staatsausgaben im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt, im Jahre 2002 werden es 49,5 Prozent sein. Das bedeutet, es sind fast 5 Prozent weniger an Staatsausgaben im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt. Das ist eine deutliche Reduktion der Ausgabenquote, womit sehr klar bewiesen ist: Wir konsolidieren vor allem auf der Ausgabenseite! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir konsolidieren deshalb auf der Ausgabenseite, weil es uns gelingt, Strukturreformen in Bewegung zu bringen, meine Damen und Herren. Beispiel Pensionsreform: Eine wichtige Strukturmaßnahme, weil wir einmal dafür stehen wollen, dass die Pensionen in Österreich tatsächlich sicher sind, dass auch meine Generation, die jüngere Generation, und die Kinder daran glauben können, dass die Pensionen in Österreich sicher sind und dass es nicht immer nur versprochen wird. Damit ist die Pensionsreform ein Beispiel für eine Strukturreform.

Verwaltungsreform: Wir haben besonders ambitionierte Zielsetzungen in diesem Bereich eines Umbaus des Staates, weg von einem Hoheitsstaat hin zu einem Dienstleistungsstaat, zu einer Serviceorientierung, wonach der Bürger als Kundschaft verstanden und wirklich gut bedient wird, sodass man hinkommt zu einer Leistungsorientierung, zu einer Wettbewerbsorientierung, weg von einer Mehrklassengesellschaft, weg von einem unterschiedlichen Dienstrecht, weg von einem unterschiedlichen Arbeitsrecht, weg von einem unterschiedlichen Pensionsrecht, sondern hin zu Chancengleichheit für alle, mit einer Leistungsorientierung, die sich auszahlen soll in unserem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Finanzausgleich: Natürlich ist der Finanzausgleich eine Strukturreform. Wenn Länder, Städte und Gemeinden in Österreich erstmals 29,5 Milliarden Schilling zur Sanierung des gesamtstaatlichen Haushaltes beitragen – 29,5 Milliarden Schilling, das ist in der Geschichte der Zweiten Republik noch nie da gewesen! –, dann zeigt das, dass sie diesen Weg der österreichischen Bundesregierung und der Mehrheit des Parlamentes nicht nur unterstützen, sondern dass sie auch bereit sind, selbst ihren Beitrag zu leisten. Da sage ich den Ländern: Danke, dass es möglich ist, diesen Konsens im Finanzausgleich zu erreichen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein anderes Beispiel, das angesprochen wurde, ist die Hochschule. Da hier ein Satz aus dem Zusammenhang gerissen präsentiert wurde: Ich will mit Kollegin Gehrer für diese Hochschulreform stehen, weil wir doch alle wissen – und in Wirklichkeit haben es auch die Sozialdemokraten trotz vieljähriger Verantwortung in diesem Ressort bestätigt –, dass wir im Hochschulbereich nicht in der "Champions League" sind. Es ist uns aber wichtig,


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dort zu sein. (Abg. Dr. Niederwieser: Aber wenn Sie sich darum kümmern, ist das eine Drohung!)

Wir haben die längste Studiendauer in Europa. Ein Student braucht im Durchschnitt 7,3 Jahre, um sein Studium zu absolvieren. Im OECD-Vergleich sind es 4,3 Jahre. (Abg. Dr. Niederwieser: Ist ja falsch! Völlig falsch!) Wir wissen, dass 43 Prozent aller Studenten im letzten Studienjahr keine Prüfung gemacht und keine Übung absolviert haben. (Abg. Dr. Mertel: Ja, warum?) Wir wissen auch, dass heute an den Universitäten, in den Hörsälen mehr als 1 000 Studenten Vorlesungen besuchen. Wir wissen auch, dass sie keine Prüfungsangebote und keine Laborplätze bekommen.

Das ist der Punkt, an dem wir sagen: In einer solchen Situation, in der wir nicht wettbewerbsfähig sind und in der wir wissen, dass es nicht die beste Ausbildung für unsere Studenten gibt, muss man ein solches System reformieren im Sinne einer Gesamtsystemreform. Die heißt Beiträge, die heißt, die Pragmatisierung bei den Professoren und Assistenten abzuschaffen, die heißt Autonomie für die Universitäten, die heißt Organisationsreform und damit auch Angebotsverbesserung für unsere Studenten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit gehen wir in Summe einen sehr, sehr klugen Konsolidierungskurs, einen Konsolidierungskurs, der auch bedeutet, dass wir die forschungswirksamen Ausgaben in unserem Land von 49 Milliarden Schilling im Jahre 2000 auf 60 Milliarden Schilling im Jahre 2001 erhöhen können. Das hat es unter einer Vorgängerregierung noch nie gegeben! Es ist eine Konsolidierung, die es auch ermöglicht, dass wir im Bildungsbereich, im Kulturbereich, im Wissenschaftsbereich die Ausgaben von 103 Milliarden Schilling auf 109 Milliarden Schilling im Jahre 2001 erhöhen können.

Es ist eine Konsolidierungspolitik, die auch heißt, dass wir die Mittel in der aktiven Arbeitsmarktpolitik erhöhen. Wir sind der Überzeugung, die beste Armutsbekämpfung ist aktive Arbeitsmarktpolitik, ist Integration der Menschen in den Arbeitsmarkt. Wir erhöhen diese Mittel von 8,8 Milliarden Schilling auf 10,1 Milliarden Schilling. Wir erhöhen die investiven Ausgaben im Bundesbereich, im öffentlichen Bereich inklusive ausgegliederter Einheiten, von 31 Milliarden Schilling im Jahre 2000 auf 36 Milliarden Schilling im Jahre 2001 und haben damit natürlich Infrastrukturverbesserungen und wesentliche Beschäftigungsimpulse.

Meine Damen und Herren! Wir werden es ermöglichen, das Kindergeld im Jahre 2002 umzusetzen und damit bei den Familienleistungen – als Signal, was den Stellenwert der Familie, was die Bedeutung der Kinder in unserer Gesellschaft betrifft – in das europäische Spitzenfeld zu kommen und damit einen besonders wichtigen Beitrag zur Familienpolitik in Österreich zu leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Klassischer Beweis für die Umverteilung von Arm zu Reich!)

Meine Damen und Herren! Wir schaffen es auch, dass man nicht die Diskussion über Lohnnebenkosten, die es seit 20 Jahren oder mehr gibt, fortführt und permanent redet, aber nicht handelt. Wir werden bis zum Jahr 2003 die Lohnnebenkosten um 15 Milliarden Schilling senken, weil wir wissen, es ist wichtig für die Arbeitnehmer in diesem Land, es ist wichtig für die Unternehmer, es ist ein wichtiger Impuls für den Wirtschaftsstandort Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das ist ein Kurs, den beispielsweise Professor Streissler, Professor Felderer, Professor Kramer oder Professor Frisch vom Staatsschuldenausschuss loben, und sie sagen: Das ist der richtige Weg, den wir gehen. Jüngste Untersuchungen von Fritz Breuss, von Gottfried Haber besagen: Das ist der richtige Weg, den diese österreichische Bundesregierung geht. (Abg. Silhavy: ... kann man nicht gehen!) Der Managing Director des Internationalen Währungsfonds war in Österreich und hat gesagt: Lob und Anerkennung, Wertschätzung dieser österreichischen Bundesregierung und der Mehrheit des Parlaments, dass wir diesen Weg gehen, denn es ist die Konsolidierung zum richtigen Zeitpunkt, in hoher sozialer Verträglichkeit, bei Sicherung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts. Es ist damit ein wichtiger Schritt für


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unsere Kinder und Enkelkinder, für deren Wohlstand, für deren Lebensqualität in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Niederwieser: Märchenstunde!)

Meine Damen und Herren, vor allem von der Opposition! Daher ein Ersuchen und eine Empfehlung: Wenn Sie nicht weiterhin für Defizit, für Schulden, für Hypotheken und Belastungen unserer Kinder und Enkelkinder stehen wollen, sondern für diesen Erfolgsweg eintreten wollen, dann brauchen Sie diesem Budget nur Ihre Zustimmung zu geben. Sie können auf dem Erfolgsweg mit dabei sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. Sie kennen ja den § 58 Abs. 2 GOG ganz besonders genau, und um dessen Beachtung bitte ich Sie.

11.55

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Grasser hat in seiner Rede gemeint, die Sozialpartner hätten bei dem Reformdialog grundsätzlich die Zustimmung zu dem Kurs gegeben.

Ich stelle fest und stelle richtig – wörtliches Zitat; Herr Bundesminister, Sie saßen neben mir, also bin ich sicher, Sie können sich daran erinnern; nachzuholen auch beim ORF –: Es wird niemand Vernünftigen geben, der gegen eine Reduzierung des Defizits auftritt. (Abg. Schwarzenberger: Das ist aber hohe Zustimmung!) Es ist aber sehr wohl zu hinterfragen, ob das Ziel des Nulldefizits bis zum Jahre 2002 erreichbar ist, und vor allem, mit welchen Methoden.

Die Methoden lagen zu diesem Zeitpunkt nicht vor. (Abg. Dr. Stummvoll: Das sind ja zwei Paar Schuhe, das Ziel und die Methoden!) Daher, Herr Bundesminister, erinnere ich Sie daran, dass Sie von mir auch die Bitte erhalten haben, zum gleichen Zeitpunkt ... (Abg. Böhacker: Aber das Ziel war doch unbestritten! Da kommen Sie nicht heraus!)

Nicht das Ziel 2002, dieses Ziel war nicht unbestritten. Dafür gibt es genügend Beweise. Ich habe den Herrn Bundesminister aufgefordert, so wie in der sozialen Treffsicherheit auch einen Treffsicherheitsbericht zu Steuern, Abgaben und Transferleistungen vorzulegen. Das ist bis heute nicht geschehen.

Zitieren Sie, wenn Sie zitieren, richtig, und zitieren Sie nicht nach Ihrem Willen! (Beifall bei der SPÖ.)

11.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. Sie möchte ich ganz besonders eindringlich auf § 58 hinweisen. Ich bitte vielmals, sich ein Beispiel an Ihrem Vorredner zu nehmen.

11.57

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Ich danke Ihnen für Ihre besondere Zuwendung.

Herr Minister! Der Herr Bundesminister für Finanzen hat in seiner Rede behauptet, dass einer seiner sozialdemokratischen Vorgänger 1996 46 Milliarden Schilling Steuermehreinnahmen verlangt und keine Budgetkonsolidierung bewirkt hätte. Diese Tatsachenbehauptung ist – wie Sie, Herr Minister, wissen – falsch!

Richtig ist, dass die Schuldenquote 1995 5,4 Prozent, 1996 3,7 Prozent und 1997 1,9 Prozent betrug. Daher ist die Tatsachenfeststellung, die Sie getroffen haben, falsch. Sie selbst nehmen nächstes Jahr 80 Milliarden Schilling zusätzlich an Steuern und Gebühren ein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Auch das ist falsch!)

11.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Danke sehr, Herr Abgeordneter.


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Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.58

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesminister auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Nach den zahlreichen Berichtigungen ist jetzt festzustellen ... (Abg. Dr. Niederwieser: Zwei!) Es gab im Prinzip eine einzige Wortmeldung, die sachlich war, und die kam vom Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Die war sachlich fundiert. Alles andere war im Prinzip Ausdruck einer gewissen Wehleidigkeit der ehemaligen großen Regierungspartei, der SPÖ (Abg. Edlinger: Die Wahrheit ist immer wehleidig!)  –, vom Klubobmann über den ehemaligen Finanzminister bis hin zum Abgeordneten Edler.

Wahr ist und Tatsache ist, dass Sie zwei Sparpakete geschnürt haben, keine Konsolidierung durchgeführt und die Leute belastet haben. (Abg. Dr. Stummvoll: Jawohl!) Ich erspare es mir, das wieder aufzuzählen (Abg. Edlinger: Drei Minister in neun Monaten!), diese Gebühren- und Abgabenerhöhungen von der Rezeptgebühr bis hin zur Erhöhung der Körperschaftsteuer, Einkommensteuer, Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Versicherungssteuer und so weiter, und die Kürzungen, die Sie durchgeführt haben, bei der Dauer und der Höhe des Karenzgeldes, und bei der Geburtenbeihilfe, die Sie überhaupt gestrichen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie sprechen von einer hartherzigen Politik, von einer Politik der Kälte. Tatsache ist aber, dass Sie immer von Reformen gesprochen und keine durchgeführt haben. (Abg. Riepl: Das ist falsch!) Das Einzige, was ich Ihnen zugestehe, ist, dass Sie das Bundespflegegeld eingeführt haben. (Abg. Riepl: Das ist richtig!) Dazu stehe ich, das halte ich Ihnen auch zugute. Das ist eine gute Einrichtung, daran muss auch weitergearbeitet werden. (Abg. Riepl: Danke schön!) Ich stehe dazu, so ist es. Aber sonst hat Sie überall der Mut verlassen, wirklich strukturell einzugreifen. Sie haben nur überall etwas herumgekratzt. (Abg. Riepl: Falsch! Das ist falsch!)

Beim Expertenhearing zu diesem Budgetbegleitgesetz, das ja sehr vieles umfasst, waren alle einer Meinung, dass der Zeitpunkt für eine Budgetsanierung im Prinzip der richtige ist. Das hat auch der Präsident des Gewerkschaftsbundes, Herr Abgeordneter Verzetnitsch, gemeint. Die günstige Konjunkturlage, eine geringe Arbeitslosigkeit sind natürlich prädestiniert dafür, jetzt dort anzusetzen. Die Abgabenquote wird, wenn sie bereinigt wird, auch im Sinken begriffen sein.

Es stellt sich im Prinzip nur die Frage, in welchem Zeitraum man das macht. Man kann auch die Frage stellen, warum das so schnell erfolgen muss und ob wir uns nicht länger Zeit lassen könnten. Wollen wir überhaupt ein Nulldefizit? Wie investiert man in die Zukunft? Die Wertschöpfungsabgabe ist angesprochen worden, und es ist gesagt worden, dass die Arbeitskosten gesenkt werden sollen. Der Herr Finanzminister hat sich ebenfalls zu einer Senkung der Lohnnebenkosten bekannt, um eine Entlastung der arbeitenden Menschen, und zwar sowohl der selbständigen als auch der unselbständigen, zu gewährleisten. Jetzt geht es darum, in diese Richtung zu arbeiten. – Sie haben zwar davon gesprochen, aber durchgeführt haben Sie nichts.

Tatsache ist, dass die Zinsbelastung enorm hoch ist. Wenn nichts passiert, wird diese immer höher werden. Und wenn ich mir die jungen Menschen anschaue – einige verlassen gerade die Galerie –, dann stellt sich für mich schon die Frage, wie lange die dafür gezahlt hätten, wenn wir hier so weitergewurstelt hätten. Die Folge wäre, Österreich wäre beim internationalen Rating durchgefallen, die Zinsbelastung wäre dann noch höher. Wenn wir nicht jetzt eine Budgetkonsolidierung, einen Schuldenabbau durchführen, ja wann denn dann? Je schneller, desto besser.

Schulden sind der größte Feind von Arbeitsplätzen; das ist schon des Öfteren von mir gesagt worden. Unsozial ist es, Schulden zu machen und andere dafür bezahlen zu lassen.

Die soziale Treffsicherheit muss auch immer wieder hinterfragt werden – es ist egal, wer jetzt in Regierungsverantwortung ist –, weil sich die Zeiten eben ändern. Wir wollen diese soziale Treffsicherheit erhöhen. (Abg. Hagenhofer: Wie denn?) Sie kennen doch unsere Maßnahmen, die wir zur Erhöhung der sozialen Treffsicherheit durchbringen wollen. Erreichen die Sozial


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leistungen jene, die man erreichen will, oder nicht? – Diese Frage muss man sich stellen. (Abg. Hagenhofer: Genau!) Und wie sieht es wirklich aus? Wie fair ist man eigentlich? Das Sozialsystem muss durchforstet werden. Es muss geschaut werden: Wo sind Unterversorgungen, wo sind Überversorgungen, Doppelbezahlungen? (Abg. Dr. Mertel: Jeden Einzelnen überprüfen!) Das meine ich mit Durchforstung, mit Erhöhung der Treffsicherheit bei den Sozialleistungen, nämlich Hilfe für jene, die sie brauchen, und nicht für jene, die sie wollen.

Wir gehen neue Wege bei der Kinderbetreuung, wir setzen dort neue Maßstäbe. (Abg. Silhavy: Herr Kollege Dolinschek! Nur beschließen Sie etwas anderes, als Sie gesagt haben!) Das ist ja nicht wahr! Frau Kollegin, ich weiß, dass Sie immer nur mit einem halben Ohr zuhören. Auf Grund von 30 Jahren sozialistischer Sozial- und Finanzpolitik sind Sie irgendwie betriebsblind geworden, was diese Fragen betrifft. Das geht vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen so. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stellt sich die Frage: Soll die Kinderbetreuung gebührenpflichtig sein oder nicht? Unterstützung der Familien: Junge Eltern mit kleinen Kindern haben in der Regel ein geringeres Einkommen als ältere Eltern mit großen Kindern. Und wenn man neue Wege in der Familienförderung (Zwischenruf der Abg. Silhavy ), Frau Kollegin, gehen will, dann muss man den jungen Müttern Wahlfreiheit gewährleisten, und zwar bei der Kleinkindbetreuung, bei der Zuverdienstmöglichkeit. Bei der jetzigen Karenzgeldregelung hat man keine Zuverdienstmöglichkeit. Unabhängig von der Versicherungsleistung soll das ebenfalls sein.

Es ist jedenfalls unverständlich, wenn man für die Betreuung von Kleinkindern einen Kindergartenbeitrag verlangt, während große Kinder gratis studieren dürfen. Manche studieren überhaupt umsonst. Es besteht ein Unterschied zwischen gratis und umsonst. – Das muss auch erwähnt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Überlegungen der SPÖ gingen dahin, keine Studiengebühren einzuheben, stattdessen allerdings die Familienbeihilfe einfach abzuschaffen. Das wäre noch viel schlimmer. Ich sage Ihnen, überall auf der Welt, in ganz Europa werden Studiengebühren eingehoben. Wenn man begleitende Maßnahmen für Studierende setzt, dann ist das nur ein Gewinn: Die Studierenden werden schneller studieren, haben ihre Laborplätze, haben ihre Unterrichtsplätze. Diese Dinge müssen dort verbessert werden.

Wir gehen neue Wege bei der Krankenversicherung: Jedem Bürger seine Versicherung und keine Abhängigkeiten. Jede Frau soll unabhängig von ihrem Mann sein. Wir werden in der Pensionsversicherung neue Wege gehen. Jeder soll seine eigene Pensionsversicherung haben. Wir gehen hier in Richtung eines Dreisäulenmodells, und Sie alle wissen, dass dies die einzige Möglichkeit ist. Auch die Frage der Abfertigung soll einer Reform zugeführt werden, und zwar soll eine Betriebspension, eine Betriebsvorsorge Platz greifen. (Abg. Mag. Posch: Wo gibt es eine Betriebspension?) Dort gibt es noch ein großes Versäumnis, weil heute eben nicht alle Dienstnehmer eine Abfertigung bekommen. In diese Richtung werden wir arbeiten, auch an einem Ausbau der dritten Säule.

In aufrechter Ehe sollte es ebenfalls dazu kommen, dass die Pensionsleistungen auf die Partner aufgeteilt werden. Das wäre Gerechtigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.06

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Mitglieder der österreichischen Bundesregierung! Hohes Haus! Ein paar Vorbemerkungen zu den Rahmenbedingungen dieser Debatte. Es scheint sich in diesem Hause eine neue, im europäischen Vergleich wohl recht unkonventionelle Linie des Maßes für "political correctness" einzubürgern, auch für die Ordnungsrufe. Es scheint ohne weiteres möglich zu sein, Abgeordneten der Opposition psychische Krankheiten, moralische Defekte zu unterstellen oder auch Überforderung,


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Unfähigkeit zu agieren. Hingegen scheint es ganz von Übel zu sein, Worte wie "Wuff! Wuff!" hier zu gebrauchen oder auch das Wort "dumm". (Abg. Jung: Tiervergleiche!)

Wir nehmen das einmal in dieser Art und Weise zur Kenntnis. Ich denke, es ist durchaus eine neue Praxis, die geeignet ist, auch in Europa innerhalb der parlamentarischen Usancen für Aufmerksamkeit zu sorgen. Möglicherweise ist es aber auch eine zeitlich vorübergehende Praxis, die mit der Tatsache zusammenhängen könnte, dass der Fasching bereits begonnen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Finanzminister hat vorhin den eindringlichen Appell an die Opposition gerichtet, diese möge sich doch an dem neuen Erfolgskurs beteiligen und sie möge auch gemeinsam mit dieser Bundesregierung gegen Defizit, Schuldenbelastungen – lauter so garstige, negativ besetzte Worte – ankämpfen.

Nun, Herr Finanzminister, im Bereich Ihrer eigenen Partei waren Sie damit offenbar weniger erfolgreich, denn ich entnehme dem Rechenschaftsbericht für das Jahr 1999, dass die Freiheitliche Partei neue Kredite aufgenommen hat, und zwar in stattlicher Höhe, es handelt sich um 11,3 Millionen, und dass die Kreditkosten knapp 2 Millionen Schilling betragen. Also offenbar scheint dieser Erfolgskurs nur für die von Ihnen gerne angesprochenen "kleinen Leute" zu gelten, aber weder für die Freiheitliche Partei noch für die Superreichen in dieser Gesellschaft. Und auch das ist ein sehr bemerkenswerter Umstand, dass wir einen Finanzminister haben, der offenbar mit ganz verschiedenem Maß misst, wenn es um die eigenen Angelegenheiten geht oder eben um die "kleinen Leute".

Meine Damen und Herren! Zur sozialen Ausgewogenheit muss ich mir leider erlauben, auf eine Pressemitteilung des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums vom 29. September hinzuweisen. Ich zitiere den Originaltext.

Unter der Überschrift "Bisher Überversorgung" wird das Beispiel einer Teilzeitbeschäftigten mit drei Kindern und einem Bruttobezug von 6 000 S gebracht, wobei der Nettolohn 4 941 S beträgt. Das Arbeitslosengeld war um 400 S höher als der letzte Aktivbezug. – Das als Beispiel für Überversorgung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Aber genau das ist das Problem, Frau Abgeordnete: Soll das Arbeitslosengeld höher sein als der Aktivbezug?)

Ich denke, das Problem ist in diesem Fall nicht, dass das Arbeitslosengeld möglicherweise um ein paar hundert Schilling höher ist als der Aktivbezug, sondern das Problem dieser Frau und ihrer Kinder ist, dass man von so einem Geld nicht leben kann, niemand leben kann in diesem Lande! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gibt in Österreich kein Mindestmaß, keinen Sockelbetrag für Arbeitslosenunterstützung, für Notstandshilfe, gar nichts. (Abg. Dr. Martin Graf: Deswegen braucht man Kinderbetreuungsgeld!) Es ist der Fall ins Bodenlose möglich. Mein Vorwurf richtet sich an die österreichische Bundesregierung, dass rund um ein Konzept der sozialen Absicherung bei Frauen, und nur bei diesen, immer stärker auf das Faktum "hat Kinder oder nicht", "hat geboren oder nicht" abgestellt wird. Hiermit, auch mit dem künftigen System der Mitversicherung beziehungsweise mit dem System des Kindergeldes in der neuen Form schaffen Sie ein System, in dem Frauen in Zuverdiensttätigkeiten gedrängt werden.

Wie dazu die Wissenschaft in Österreich steht, das ist ziemlich eindeutig. Ich zitiere wörtlich aus einer Arbeit von Talos, Fink:

Hinsichtlich der Folgen für Arbeitsbedingungen besteht weitgehend Konsens, dass atypische Beschäftigungsformen inklusive Teilzeitarbeit zum einen überwiegend mit wenig qualifizierten Tätigkeiten und schlechteren Aufstiegsmöglichkeiten verbunden sind. – Zitatende.

Das heißt, die Frauen werden in ein Segment gedrängt, das mit wenig qualifizierten Tätigkeiten und schlechteren Aufstiegsmöglichkeiten verbunden ist. Da braucht es einen nicht zu wundern,


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dass sich diese Diskriminierung, dieser Nachteil ein ganzes Erwerbsleben bis in die Pension fortsetzt. (Abg. Dr. Martin Graf: Das bisherige System war auch ...!)

Die freiheitliche Fraktion scheint eigentlich immer nur zu argumentieren, es war bisher etwas schlecht, und daher müssen wir es noch schlechter machen. Das ist eine Argumentation, die nicht wirklich logisch und nicht wirklich einsichtig ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es war beim Vorredner genauso, der argumentiert hat, es sei eine Ungerechtigkeit, dass die Kindergärten in Österreich so teuer sind. – Ja, das ist eine Ungerechtigkeit. Wir haben zu wenig gute Kinderbetreuungsplätze, vor allem für Kleinkinder, in diesem Land, und sie sind viel zu teuer. Ihre Antwort darauf ist nicht, dass man dort vielleicht die Kosten senken könnte, nein, es werden jetzt alle Formen der Bildung und alle Formen der Betreuung teurer und weniger leicht zugänglich. (Abg. Dr. Martin Graf: Kinderbetreuungsgeld – das ist die Lösung!) Das ist sehr "logisch", aber das ist die Handschrift dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es ist eine Tatsache, dass Sie die EU-Kritik in Sachen Verweigerung der Frauengleichstellung nicht so ernst nehmen wie die Budgetkritik im Allgemeinen. Da gibt es eindeutige Richtlinien, auch vom Europäischen Rat. Sie sollten ein Acht-Faktoren-Modell erstellen, um zu messen, wo Diskriminierung auftritt, und nach Wegen suchen, wie sie zu bekämpfen ist. Aber Sie hören immer nur auf dem Ohr des Budgetdefizits und dort auch nur für die "kleinen Leute". Ihre Verpflichtung in Sachen Gender Mainstreaming, Ihre Verpflichtung im Hinblick auf Kampf gegen Ungerechtigkeiten verletzen Sie jeden Tag aufs Neue.

Das vorliegende Sozialpaket ist ein eindrucksvoller Beweis für die soziale Ignoranz dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.15

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Petrovic, in unserem Lande ist, wie ich meine, noch kaum jemand ins Bodenlose gefallen, und es wird auch in Zukunft niemand ins Bodenlose fallen. Dafür sorgt die Österreichische Volkspartei. Wir waren in der Regierung, und wir sind in der Regierung, und ich bin froh darüber, dass wir in dieser Richtung gestalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie heute und hier sagten, es gebe zu wenig Kindergartenplätze und sie seien zu teuer, dann sage ich Ihnen, schauen Sie nach Niederösterreich, wo auch die ÖVP die gestaltende Kraft ist: In Niederösterreich ist der Kindergartenplatz kostenlos! Eine tolle Leistung, darüber können wir uns freuen. Das können wir herzeigen. So können wir auch glaubwürdige Politik dokumentieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn wir heute und hier das Budgetbegleitgesetz beraten, dann muss ich sagen, dass ganz klar ist, dass es unterschiedliche Zugänge gibt. Es ist auch ganz klar, dass es unterschiedliche Betrachtungen gibt. Es gibt Emotionen, es gibt Standpunkte, die hat es auch in der Vergangenheit gegeben.

Ich verweise auf die Budgets 1995 und 1996. Dazumals waren wir auch dabei, keine Frage, und da gab es Sparpakete. Betroffen waren die Familien, die Studenten, die Arbeitnehmer, die Beamten, die Pensionisten, die Exekutive. Die Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer wurden erhöht, die Tabaksteuer und vieles mehr. Der Rechnungshof sagte im Jahr 1999, dass diese beiden Sparpakete insbesondere dahin gehend unrichtig waren, als sie vor allem einnahmenseitig gelaufen sind, aber die Strukturmaßnahmen unterblieben sind. Das soll nicht mehr passieren, das soll nicht mehr laufen, und deshalb haben wir uns zu einem ganz anderen Kurs entschlossen. Dieser ist zwar hart, aber, wie ich meine, richtig. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Es geht einfach darum, die Ausgaben und Einnahmen der Republik in eine richtige Balance zu


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bringen. Es geht darum, sinnlose Ausgaben für Zinsenbelastungen abzubauen und endlich in die Zukunft zu investieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn die Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratischen Partei heute hier Kritik üben, dann verstehe ich es. Sie waren ja auch beim Budgethearing nicht dabei. Sie haben sich freiwillig ausgeklinkt. Sie konnten auch nicht mitverfolgen, wie Experten im Großen und Ganzen diesen Budgetkurs bejaht haben. Es gab kein überzeugendes Argument, warum wir es nicht so machen sollten. Und wenn Sie heute hier sagen, das sei alles heiße Luft, dann sage ich: Ist Ihre Antwort das Papier Gusenbauer – Edlinger, wo Sie selber schreiben: Der Budgetkurs ist grundsätzlich falsch, weil es unnötige Mehrausgaben des Staates gibt!? Wohin? (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Gehen Sie, hören Sie auf, Ihr billiges Argument können Sie sich behalten, das können Sie daheim erzählen! Es hört Ihnen auch dort niemand zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Oder wenn da steht, das Wendebudget gehe zu wenig rasch, dann frage ich Sie: Wollen Sie Tempo? – Dann gehen Sie mit uns. Wollen Sie verhindern? – Dann müssen Sie ein besseres Papier vorlegen, denn dieses ist bitte wirkungslos. Das ist nicht einmal das Papier wert, auf dem es steht. Ich darf Ihnen das in aller gebotenen Deutlichkeit sagen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun zu einigen Themen. Natürlich bitte – und das hat der Herr Finanzminister in eindrucksvoller Weise gesagt – gilt es die Steuerreform, die wir gemeinsam gemacht haben, heute zu bewältigen. Wir haben uns auch bei der Steuerreform dafür eingesetzt, dass vor allem die kleinen und mittleren Einkommen besonders begünstigt werden. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Das kostet uns enorm viel Geld. Das müssen wir jetzt finanzieren. Wir tun es, weil wir zu dem stehen, was wir beginnen. Das setzen wir fort. Sie brauchen sich nur daran zu erinnern. Gar kein Problem.

Herr Gusenbauer hat heute hier erklärt, dass er in diesem Budget zum Beispiel die Sicherung der Krankenversicherungsfinanzierung vermisst. Er hat mit seiner Partei die Chance, hier mitzustimmen, denn wir haben hier beim Budgetbegleitgesetz die 3,4 Prozent Zusatzabgabe für Ehegatten, die gewisse Voraussetzungen nicht erfüllen, wo der andere Ehepartner ein hohes Einkommen hat, und das bringt Geld in die Krankenversicherung. Sie können mitstimmen. Wir tun das, was einmal Ihr Bundeskanzler oder Ihr Parteimitglied und unser Bundeskanzler Dr. Vranitzky auch eingefordert hat. Heute machen wir es! Ein richtiger Weg. Sie können uns dabei begleiten, und Sie werden das nicht bereuen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Eine weitere Überlegung. Gestern wurden wir in Kenntnis gesetzt, dass es heute ab 5 Uhr Früh besondere Schwierigkeiten geben wird, weil das Parlament mit Studenten umstellt ist, die sich alle die Studiengebühr nicht bieten lassen. Vielleicht können wir uns in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, dass in diesem Budget auch enorme Gelder für Innovation und Forschung enthalten sind, dass wir in den nächsten Jahren 10 Milliarden Schilling investieren wollen. Das ist gut, da stimme ich völlig mit Ihnen überein. Wir müssen in die Zukunft investieren.

Was haben wir heute früh bemerkt? – Studenten waren fast keine da. Es waren ein paar Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei, die eine kleine Gruppe begleitet haben. (Abg. Dr. Trinkl: In die Jahre gekommene Studenten!) Ich habe gefragt, was sie wollen. Sie haben gesagt: Das ist alles ein Wahnsinn! Sage ich: Was ist ein Wahnsinn? – Es muss alles anders werden, war die Antwort.

Schauen Sie, diese Budgetlinie ist nicht sehr angenehm, weil sie uns alle in irgendeiner Weise in die Verantwortung mit einbezieht. Sie wird aber größtenteils von der Bevölkerung mitgetragen, wenn nicht, dann wären die Demonstranten heute bei Ihnen gewesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie waren nicht bei Ihnen, weil auch die jungen Leute sagen: Jawohl wir gehen mit dieser Regierung mit, weil sie unsere Zukunft besser absichert, als es in der Vergangenheit gelungen ist.


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Es ist heute hier schon mehrmals von den Unfallrenten gesprochen worden. Ich bitte Sie, sagen Sie auch ganz klar, dass wir mit diesem Budgetbegleitgesetz zum Beispiel die Schwerversehrtenrente überproportional anheben, damit gerade diese Menschen eine zusätzliche Entlastung erfahren, und dass die Unfallrente als Einzelleistung nur dann in die Steuerpflicht kommt, wenn sie von entsprechender Höhe ist. Ansonsten wird sie nur in der additiven Anrechnung kommen. Und jetzt frage ich Sie, warum eine Unfallrente, die auch ein Teil des Erwerbseinkommens ist (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch )  – ich weiß es schon, Herr Präsident, ich kenne mich Gott sei Dank ein bisschen aus –, nicht versteuert werden soll, während die Invaliditätspension versteuert werden muss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nein, ich bitte Sie, wir haben auch darauf geachtet, dass ein für den Bürger akzeptabler Weg vorgeschlagen wird, und das werden wir weiter tragen.

Wenn Sie auch heute hier gesagt haben, der Verkauf der Bundesforste sei ein Wahnsinn, dann möchte ich Sie nur daran erinnern, dass ein Herr Mag. Schlögl – er dürfte Ihnen bekannt sein, er ist jetzt Landeshauptmann-Stellvertreter in Niederösterreich und nicht mehr bei Ihnen hier im Nationalrat – mit der ÖVP und mit der FPÖ in Niederösterreich vor einigen Tagen einen Initiativantrag mitgetragen hat, eben um diese Linie der Bundesforstepolitik zu unterstützen und für richtig zu erklären. Jetzt weiß ich nicht, was Sie wollen. Hier sagen Sie, es soll nicht sein, Schlögl in Niederösterreich geht den Weg mit. Sie brauchen sich nur intern zu koordinieren, dann werden Sie, wie ich meine, auch die Richtung finden, und dann werden Sie auch erkennen, dass der Budgetkurs stimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es geht einfach darum, das, was beim Zukunftsdialog schon begonnen wurde, fortzusetzen und ein aufrichtiges Gespräch mit allen zu führen. Es geht darum, die Zukunft nicht mehr zu verbrauchen, sondern zu gestalten. Es geht darum, den jungen Menschen, die uns heute hier zuhören – ich bedanke mich für ihren Besuch –, eine Chance zu geben, was die Ausbildung und ihr späteres Berufsleben betrifft, und dieses Land dahin gehend zu entwickeln, dass wir im Kontext der EU-Länder eine klare, wichtige und bedeutende Rolle spielen und vom Schlusslicht, das wir jetzt leider sind, ins gute Mittelfeld, vielleicht sogar in die vorderen Reihen treten können. Dieses ehrgeizige Ziel haben wir uns gesetzt. Wir werden konsequent daran arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rada zu Wort gemeldet. Ich erinnere auch Sie: Beginnen Sie bitte mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung, und stellen Sie dem den berichtigten Sachverhalt gegenüber. – Bitte.

12.23

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohe Bundesregierung! Herr Abgeordneter Donabauer hat eben in seiner Rede behauptet, dass in Niederösterreich die Kindergartenplätze gratis wären. – Dem ist nicht so! (Abg. Dr. Puttinger: Sind sie in Wien auch frei?)

Ich stelle daher richtig: Die Kindergartenplätze in Niederösterreich sind nicht gratis. Für die Betreuungszeiten werden enorm hohe Beiträge einbehalten. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.24

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Donabauer, ich freue mich sehr. Wenn ich Ihre Ausführungen richtig interpretiert habe, werden Sie der Volksbefragung zustimmen, weil Sie offensichtlich doch noch etwas Wert auf die


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Meinung der Bevölkerung legen. Ich danke Ihnen dafür, ich finde, das ist eine sehr vernünftige Idee von Ihnen.

Meine Damen und Herren! Was sich hinter dem Titel "Budgetbegleitgesetz" verbirgt, ist eine beinharte Verteilungspolitik von Arm zu Reich. Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, greifen mit kaltschnäuzigem Zynismus in die Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Pensionistinnen und Pensionisten, der Studentinnen und Studenten, von behinderten Menschen, von kranken Menschen, von arbeitslosen Menschen, und Sie machen nicht einmal vor den Familien Halt.

Der verzweifelte Rundumschlag, den Abgeordneter Gaugg heute hier geliefert hat, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie einseitig abkassieren, um anderen undifferenziert Geschenke zu machen.

Die Bundesregierung behauptet immer wieder, zwei Drittel der Menschen wären von ihren Maßnahmen nicht betroffen. (Abg. Dr. Puttinger: Steuerlich!) Ich bringe das Beispiel einer Familie. Der Vater ist Pensionist, er hat einen Arbeitsunfall gehabt, er hat 17 000 S netto. Die Mutter – 53 Jahre alt – ist arbeitslos geworden, kein Notstandshilfebezug. Die Tochter ist derzeit in Karenz, das Baby ist sechs Monate alt, der Sohn ist Student.

Herr Minister Grasser hat gemeint, wir sollen den Menschen sagen, wie es wirklich ausschaut. Ich habe etwas anderes gemacht. Ich habe mir aufgeschrieben, welche Belastungen auf diese Menschen zukommen, und habe genau in dieser Familie hinterfragt, wovon die Mitglieder nicht betroffen oder wovon sie betroffen sind. Ich habe sie einen Selbsttest machen lassen.

Erhöhung von Steuern auf Strom: Sie sind betroffen. Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer: Betroffen. Erhöhung der Gebühren für einen Reisepass: Betroffen. Erhöhung der Gebühr für einen Führerschein: Betroffen. Erhöhung des Preises für die Autobahn-Vignette: Betroffen. Erhöhung der Steuern auf Tabak, Kaffee, Tee, Kakao: Betroffen. Erhöhung der Erbschaftssteuer: Betroffen. Und es geht so weiter. Ich stelle es Ihnen gerne hier her, damit Sie es auch sehen können. Sie werden sehen, die Betroffenheit ist sehr, sehr groß, Herr Minister. (Die Rednerin stellt zwei Schaubilder auf das Rednerpult. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. )

Herr Bundesminister! Es ist nicht die Frage der Größe der Formulare, es ist die Frage, wie schwerwiegend die Betroffenheit ist, und vor allem, welche Menschengruppen betroffen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Für einen Zynismus sondergleichen halte ich es, wenn Sie sich, Herr Dr. Stummvoll, da herausstellen und das ganze Paket verteidigen und den kleinen Pensionisten nicht einmal den Wertausgleich, die Abgeltung der Verteuerung zugestehen. Auf der anderen Seite lese ich in "News", dass es Sie wahrscheinlich nicht besonders treffen wird, denn laut "NEWS" erwartet Sie eine Pension von 174 000 S, ohne Wirtschaftskammerpension und so weiter und so fort. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist ein Stil! – Abg. Dr. Stummvoll: Ich habe mehr eingezahlt!) Vielleicht haben Sie kein Verständnis dafür, aber Sie sollten einmal mit Frauen und Männern reden, die im Jahr vielleicht das bekommen, was Sie in einem Monat bekommen! Vielleicht verstehen Sie dann, dass diese die Teuerung abgegolten haben wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: Dadurch wird Ihr Argument nicht besser!)

Herr Dr. Stummvoll! Dann stellen Sie sich da heraus und stellen die Versammlungsfreiheit in Frage. (Abg. Dr. Stummvoll: Zwischen Blockade und Versammlungsfreiheit ist ein kleiner Unterschied!) Also das war wirklich ein unglaubliches Schauspiel, das Sie heute da geliefert haben. Das muss ich tatsächlich sagen. Was haben Sie denn da heraußen gesagt? Lesen Sie einmal im Protokoll nach, was Sie hier gesagt haben! Ich denke mir, da müssen bei jedem Menschen, der etwas Gefühl für Demokratie hat, sofort alle Alarmglocken klingeln, wenn man Ihren Beitrag von heute liest und hört. Das ist erschreckend. (Abg. Dr. Trinkl: Gehen Sie einmal hinaus, und reden Sie mit den Leuten, was die für ein Gefühl haben!)


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Es ist nicht nur das, was Sie gesagt haben, bezeichnend für das Sittenbild Ihrer Koalition. Ich bringe Ihnen ein weiteres Beispiel. Da gibt es einen Abgeordneten namens Staffaneller; er gehört nicht Ihrer Fraktion an, er gehört der blauen Fraktion an. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Und war vorher bei Ihnen!) Er wird schon gewusst haben, warum er sich für diese Fraktion entschieden hat; offensichtlich passt er von seinem Sittenbild besser dorthin als zu uns. Das würde ich gleich einmal als Antwort auf Ihren Zwischenruf geben, Herr Minister. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staffaneller sagt: "Die Bauarbeiter glauben hier, ich nenne einen Ausspruch, net, wenn’s am Berg oben schneit, des is Maurergift, dann leg’ ma die Kelle nieder. Und dann warten schon die Nebenarbeiten, also Schwarzarbeit, Pfusch usw." – Das ist die Einstellung dieser Regierungskoalition zu Arbeitnehmerinnen, zu Arbeitnehmern, zu Menschen, die sich durch schwere Arbeit ihre Existenzgrundlage sichern müssen und auch erhalten wollen. Und genau dieser Gesinnung entsprechen Ihre Maßnahmen.

Wenn uns heute früh der Vorwurf gemacht worden ist, dass wir Zeit gefordert haben, uns mit den Abänderungsanträgen auseinander zu setzen, weil wir uns ernsthaft mit den Problemen der Menschen und ihrem Leben und mit den Auswirkungen dieser Politik auf das Leben der einzelnen Menschen beschäftigen, dann möchte ich Sie schon auch auf etwas anderes hinweisen. Land Salzburg: Das Land Salzburg schreibt – ich zitiere –:

"Wie bereits in der ho Stellungnahme vom 2. Oktober 2000 ... festgehalten, ist die do eingeräumte Begutachtungsdauer von nur wenigen Tagen als völlig unannehmbar abzulehnen, zumal zwischen einem Freitag und dem darauf folgenden Montag eine seriöse Begutachtung unter Einbeziehung der vom Vorhaben tangierten Dienststellen des Landes schlicht und einfach undurchführbar ist." – Amt der Salzburger Landesregierung. Sie haben viele solcher Stellungnahmen bekommen. Nicht umsonst wurde auch der Konsultationsmechanismus ausgelöst.

Genauso wie Sie mit Furcht erregender Kaltschnäuzigkeit das Leben der Menschen in Österreich dramatisch verschlechtern, genauso beängstigend ist die Form, wie Sie mit Demokratie hier in diesem Haus umgehen.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten geben Ihnen heute nochmals eine Chance, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, Ihre Sozialdemontagepläne zu überdenken.

Ich bringe daher den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, Silhavy, Mag. Kubitschek und GenossInnen betreffend Alternativen zum Budgetprogramm der Bundesregierung eingebracht im Zusammenhang mit dem Bericht des Budgetausschusses (369 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (311 der Beilagen) Budgetbegleitgesetz 2001 ein.

Dieser Entschließungsantrag beinhaltet im Wesentlichen, dass der Nationalrat beschließen wolle: eine Abkehr vom selbstgewählten Ziel, schon 2002 ein Nulldefizit zu erreichen; den Verzicht auf die im Regierungsprogramm vorgesehenen Mehrausgaben; durch Mehreinnahmen Maßnahmen zur Entlastung in jenen Bereichen vorzusehen, in denen Bezieher von Einkommen unter 30 000 S brutto monatlich besonders massiv betroffen sind; eine Offensive für Forschung und Entwicklung; kein Ausverkauf des österreichischen Waldes; ein Ja zur Interessenvertretung der Arbeitnehmer und für Konsumentenschutz.

Wir geben Ihnen damit die Möglichkeit, unter Beweis zu stellen, dass Sie lernfähig sind und nicht nur die Interessen der Reichen und Superreichen vertreten. Gehen Sie von Ihrer brutalen Politik gegen die Mehrheit der Menschen in Österreich ab! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Unglaublich!)

12.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend Alternativen zum Budgetprogramm der Bundesregierung ist auch schriftlich überreicht worden und genügend unterstützt. Er steht daher mit in Verhandlung.


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Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, Silhavy, Mag. Kubitschek und GenossInnen betreffend Alternativen zum Budgetprogramm der Bundesregierung eingebracht im Zusammenhang mit dem Bericht des Budgetausschusses (369 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (311 der Beilagen): Budgetbegleitgesetz 2001

Die SPÖ lehnt die Budgetpolitik dieser Koalitionsregierung grundsätzlich ab. Das Budgetbegleitgesetz 2001 und der BVAE 2001 sind dabei nur Mosaiksteine und ein Schlaglicht auf eine in verschiedener Hinsicht grundlegend falsche Budget- und damit auch falsche Sozial-, Verteilungs- und Gesellschaftspolitik. Die Hauptkritikpunkte der SPÖ sind:

1. Der Budgetkurs der Bundesregierung ist grundsätzlich falsch: er ist nicht notwendig, weil Österreichs Staatsfinanzen kein Sanierungsfall sind. Er unsozial ist, weil er Umverteilungen von arm zu reich vornimmt. Er ist falsch, weil er Wirtschaftswachstum und Einkommen schwächt und weil die Budgetkonsolidierung durch unnötige Mehrausgaben des Staates erschwert wird.

2. Die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung, ein so genanntes "Nulldefizit" des Gesamtstaates schon bis zum Jahr 2002 anzustreben, ist völlig willkürlich. So strebt auch unser wichtigster Handelspartner Deutschland einen ausgeglichenen Gesamthaushalt erst für das Jahr 2004 und einen Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung für das Jahr 2006 an. Würde auch Österreich diesen Weg wählen, könnte die weitere Budgetkonsolidierung sozial weit ausgewogener erfolgen, als dies durch den Bundesvoranschlag 2001 und die Budgetpläne für die Folgejahre der Fall ist. Es stünden dieser Koalitionsregierung lediglich weniger den Steuerzahlern vorher abgenommene Mittel für teure Wahlzuckerl in der nächsten Wahlauseinandersetzung zur Verfügung.

Darüber hinaus übersieht diese Koalitionsregierung völlig, dass wichtige Investitionen in den Standort Österreich, in seine Menschen, Bildung, Forschung, Entwicklung und Infrastruktur – Investitionen in unser aller Zukunft unterbleiben. Und das um den Preis, als Vorzugschüler eine Aufgabe bewältigt zu haben, die einem niemand aufgegeben hat.

3. Das Budget 2001 ist kein ,Wendebudget‘, weil das Tempo der Konsolidierung auch nicht rascher ist als in den Jahren 1995 bis 1999 (Senkung des Defizits um durchschnittlich 0,75 Prozentpunkte pro Jahr von 5,1 % auf 2,1 % des BIP). Die Rhetorik der Bundesregierung betreffend ‚Wendebudget‘ und ‚Historischer Neustart‘ entbehrt jeder realen Grundlage. Die gegenwärtige Bundesregierung plant, das Defizit von 1,6 Prozent im Jahr 2000 auf Null im Jahr 2002 zu verringern. Das entspricht wieder etwa einem Dreiviertelprozentpunkt pro Jahr. Die ‚Wende‘ in der Budgetpolitik liegt eher darin, dass die vorige Bundesregierung immer den Konsens mit den Sozialpartnern auf demokratische Weise gesucht hat, die neue Regierung dagegen bewusst das soziale Netz zerreißt und in autoritärem Stil über die Köpfe der Betroffenen hinwegregiert.

4. Die Budgetkonsolidierung erfolgt – im Gegensatz zu den Behauptungen der Regierung – überwiegend einnahmenseitig, also durch eine Erhöhung von Steuern und Abgaben. Dadurch wird Österreich die höchste Steuer- und Abgabenquote der Geschichte bekommen. Obwohl die Abgabenquote nach WIFO-Schätzungen im Jahr 2001 um 1,2 Prozentpunkte steigen wird, reduziert sich das Defizit nur um 0,8 Prozentpunkte.

Die überwiegend einnahmenseitige Budgetsanierung wird auch durch die Globalzahlen des Bundeshaushalts deutlich: Die Ausgaben des Bundes steigen 2001 mit 4,1 Prozent etwa so


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rasch wie das nominelle Bruttoinlandsprodukt, die Einnahmen hingegen mit plus 7,4 Prozent fast doppelt so stark.

Innerhalb von nur zwei Jahren werden die Steuereinnahmen durch die neue Bundesregierung um über 80 Milliarden Schilling oder 12 % erhöht! Jeder Steuerzahler, jede Steuerzahlerin – egal ob ArbeitnehmerIn, PensionistIn oder Selbständige/r – wird im kommenden Jahr täglich im Durchschnitt um 40 S mehr Steuern zahlen als 1999; das sind um 1 200 S monatlich oder 14 400 S jährlich mehr Steuern als 1999. Am stärksten wird die Lohnsteuer erhöht und somit die ArbeitnehmerInnen am stärksten belastet.

5. Der Budgetkurs ist sozial ungerecht, weil einseitig BezieherInnen von kleinen und mittleren Einkommen am stärksten belastet werden. Am Ende dieser Legislaturperiode werden die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen Österreichs um jährlich 42,8 Milliarden Schilling weniger Einkommen haben als heute, UnternehmerInnen und Selbständige hingegen jährlich um 3,4 Milliarden Schilling mehr als heute.

Die Behauptung der Bundesregierung, dass 75 Prozent der EinkommensbezieherInnen nicht betroffen wären, ist falsch. Zwar haben die 1999 beschlossene und von der FPÖ abgelehnte ‚Steuerreform 2000‘ und das 1998 beschlossene Familienpaket insbesondere dem unteren Einkommensdrittel große Vorteile gebracht, diese wurden für diese Einkommensgruppen aber durch die von der gegenwärtigen Regierung zu verantwortenden Maßnahmen weitgehend zunichte gemacht: Die Anhebung der Verbrauchssteuern und Gebühren oder die Verringerung der Absetzbeträge machen einen Teil der Steuerreform 2000 rückgängig und seien als Beispiele genannt.

Die Pensionisten, die überwiegend zum unteren Einkommensdrittel zu zählen sind, sind von den steuerlichen Konsolidierungsmaßnahmen auch in höchstem Maß betroffen. Pensionisten mit einem Einkommen von über 25 000 S brutto zahlen heute bereits mehr Lohnsteuer als vor der Steuerreform. Damit wurde entgegen aller Wahlversprechen in bestehende Pensionen massiv eingegriffen und netto gekürzt. Dazu kommen noch die Belastung mit höheren Verbrauchssteuern und Gebühren, der Selbstbehalt in der Krankenversicherung, das Streichen der Mitversicherung usw.

Umverteilt wird auch im großen Stil von den Arbeitnehmern zu den Unternehmern durch die geplante Lohnnebenkostensenkung. – Die darüber hinaus in Zeiten guter Konjunktur wirtschaftlich weder notwendig noch sinnvoll ist. Durch die Absenkung von Sozialbeiträgen der Unternehmer werden bis 2003 jährlich 3,5 Milliarden im Bereich der Arbeitslosenversicherung, 3,2 Milliarden im Bereich des Entgelt-Sicherungsfonds, 1,7 Milliarden im Bereich der Unfallversicherung sowie 1 Milliarde durch die bereits erfolgten Maßnahmen im Bereich der Krankenversicherung, also insgesamt jährlich mehr als 9 Milliarden Schilling den Arbeitnehmern weggenommen.

6. Die Situation für die Frauen verschlechtert sich massiv durch die von der Regierung gesetzten Belastungen. Die Einsparung treffen alle Frauen, insbesondere jedoch Studentinnen, junge Mütter, ältere Arbeitnehmerinnen, Pensionistinnen und Alleinerzieherinnen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung kürzt in all jenen Bereichen, die vor allem frauenrelevanten Bezug haben. Damit wird die Armutsgefährdung von Frauen, also auch ihre Abhängigkeit gegenüber dem Partner und Ehemann, erhöht. Die Situation des Mannes wird gestärkt, jene der Frau systematisch verschlechtert. Für die Verschlechterung der Situation der Frauen stehen – nur exemplarisch aufgelistet – u.a.: die Kürzung des Familienzuschlages, die Einschnitte bei der beitragsfreien Mitversicherung, die Einführung der Studiengebühren.

7. Durch geplante zusätzliche Ausgaben erschwert die Regierung die Budgetkonsolidierung unnötig. Die Staatsausgaben steigen schon in den ersten zwei Jahren ÖVP-FPÖ-Regierung stärker als in der gesamten vergangenen Legislaturperiode von 1996 bis 1999 (plus 23,2 Milliarden Schilling gegenüber 1995)! Von ausgabenseitiger Budgetkonsolidierung kann daher keine Rede sein.


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8. Der Budgetkurs der Bundesregierung wirkt negativ auf die Realeinkommen der Bevölkerung, negativ auf das Wirtschaftswachstum sowie inflationstreibend. Mehr als ein Fünftel der Steigerung des Verbraucherpreisindex der letzten Monate geht auf Steuer- und Gebührenerhöhungen zurück. Den Österreicherinnen und Österreichern kostet alleine die bisherige preistreiberische Politik dieser Koalitionsregierung damit rund 0,5 % des BIP oder rund 15 Milliarden Schilling. – Ein Schaden, der nie wieder aufgeholt werden kann. Die bereits beschlossene Erhöhung des Preises für die Autobahnvignette (wirksam mit 1.1.2001) und vor allem die Maßnahmen der Budgetgesetze für das Jahr 2001 werden zu einer weiteren Steigerung der Inflation beitragen.

Die SPÖ schlägt daher als Alternative vor ein

Entlastungsprogramm für Österreich.

Der Zweck dieses Entlastungsprogramms ist:

1. Positive Akzente für Konjunktur, Einkommen und Beschäftigungsentwicklung zu setzen,

2. Entlastungsmaßnahmen für die sozial Schwächeren zu setzen und damit den sozialen Zusammenhalt in Österreich auch künftig zu sichern,

3. für soziale Verteilungsgerechtigkeit in Österreich zu sorgen und keine Abkehr vom Sozialstaat vorzunehmen,

4. unsere Umwelt, unseren Lebens- und Wirtschaftsraum nachhaltig zu sichern.

Die untenstehenden Forderungen berücksichtigen im Ergebnis, dass bei einem Verzicht auf die Absenkung der Sozialbeiträge der Arbeitgeber (Lohnnebenkosten) nur ein Teil unmittelbar budgetwirksam werden kann.

Sie lassen darüber hinaus noch Spielraum offen. – Spielraum, der für jene Bereiche erforderlich ist, in denen die Regierung den echten Dialog mit den Sozialpartnern und anderen gesellschaftlichen Gruppen bisher verweigert und einer autistischen bzw. autoritären Haltung den Vorzug gegeben hat. Die Koalition soll wie bisher zum Wohl der Österreicherinnen und Österreicher im Dialog mit den Sozialpartnern einen sozial ausgewogenen Konsens in der Frage der Pensionen, der Sozial-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung erzielen.

Darüber hinaus lassen sie auch Spielraum, für eine offensive Standortpolitik, die dem internationalen Wettbewerb und den Neuen Technologien durch entsprechende Investitionen nicht nur in Bildung, Forschung und Entwicklung Rechnung trägt, sondern auch durch Investitionen in moderne, ökologisch ausgerichtete Infrastruktur und geeignete Förderpolitik für Unternehmen-Start-ups im Bereich der New Economy.

Die SPÖ will mit konkreten Vorschlägen für Maßnahmen die ärgsten sozialen Ungerechtigkeiten beseitigen und beispielhaft Wege aufzeigen, auch weiterhin Wachstum, Beschäftigung und soziale Sicherheit zu gewährleisten. Mit den folgenden Vorschlägen könnten kumulativ in den Jahren 2001 bis 2003 rund 170 Milliarden Schilling gerechter verteilt werden. Die Koalitionsregierung kann diesen Weg auch mitgehen, ohne das Ziel zu gefährden, ein Nulldefizit im Gleichklang mit den europäischen Partnern zu erreichen. Die Sozialdemokratie kann damit beweisen, dass der Budgetkurs der Bundesregierung nicht ,alternativlos‘ ist und dass es machbare soziale Alternativen zur Budgetpolitik der Koalitionsregierung gibt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihr Budgetprogramm für die laufende Legislaturperiode auf eine sozial- und verteilungspolitisch gerechte Basis zu stellen und das insbesondere durch die folgenden Maßnahmen sicherzustellen:


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1. Abkehr vom selbstgewählten Ziel, schon 2002 ein Nulldefizit zu erreichen; Konsolidierungspfad im Gleichklang mit unserem wichtigsten Handelspartner Deutschland, d.h. gesamtstaatlich ein Nulldefizit im Jahr 2004 – das bedeutet einen budgetären Spielraum in den Jahren 2001, 2002 und 2003 von jeweils mindestens 15 Milliarden Schilling

Summe: 15 Milliarden p.a. (2001-2003)

2. Verzicht auf die im Regierungsprogramm vorgesehenen Mehrausgaben:

Verzicht auf ein ohne jede Bedarfsprüfung bezahltes Karenzgeld für alle – bedeutet einen Spielraum von mindestens 6 Milliarden Schilling im Jahr 2002 und 2003

Verzicht auf die geplante Erhöhung der Heeresausgaben – bringt einen Spielraum von rund 6 Milliarden Schilling im Jahr 2003 und rund 2 Milliarden 2002

Verzicht auf die weitere Absenkung der Sozialbeiträge der Arbeitgeber (Lohnnebenkosten) – bringt einen Spielraum von rund 5 Milliarden 2002 (Verzicht auf Senkung IESG-Beitrag und Beitrag zur UV) und rund 8 Milliarden Schilling im Jahr 2003 (Verzicht auch auf zusätzliche Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung); (nur teilweise unmittelbar budgetwirksam)

Verzicht auf die geplante Anhebung der Agrarsubventionen, die primär Großbauern zugute kommen und damit dem Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit Hohn sprechen – bringt einen Spielraum von rund 5 Milliarden Schilling im Jahr 2003 und rund 2 Milliarden 2002

Summe der Minderausgaben bzw. der Einnahmen: 15 Milliarden im Jahr 2002 und 25 Milliarden p.a. ab dem Jahr 2003

3. durch Mehreinnahmen mit den Maßnahmen

Besteuerung der Erträge und Veräußerungen von Privatstiftungen mit 25 % ab 2001 – bedeutet einen Spielraum von rund 4 Milliarden Schilling ab 2001

Beseitigung der Befreiungsbestimmungen bei der KESt für Devisenausländer – bringt 0,7 Milliarden ab 2001

Keine Abschaffung der Börsenumsatzsteuer – bringt 0,8 Milliarden Schilling ab 2001

Rücknahme der Beitragsenkung für Arbeitgeber in der Krankenversicherung – bedeutet einen Spielraum in der KV von 0,9 Milliarden Schilling ab 2001

Erhöhung der Ausgleichstaxe – bedeutet netto einen Spielraum von rund 1 Milliarde Schilling p.a. ab 2001, der zur Finanzierung einer ‚Behindertenmilliarde‘ herangezogen wird, d.h. per Saldo 0

Durchführung der Aktion ‚Schwarzunternehmer‘ – bedeutet einen Spielraum von rund 3 Milliarden Schilling p.a. ab 2001

Anhebung der Unternehmens- und Vermögensbesteuerung an das EU-Niveau schrittweise ab 2001 – bedeutet mindestens einen Spielraum von rund 7,5 Milliarden 2001, rund 15 Milliarden 2002 und rund 30 Milliarden p.a. ab 2003

Summe der Mehreinnahmen: 16,9 Milliarden p.a. ab 2001, 24,4 Milliarden p.a. ab 2002 und 39,4 Milliarden p.a. ab 2003

Gesamtsumme der Punkte 1 bis 3: 31,9 Milliarden 2001; 54,4 Milliarden 2002; 79,4 Milliarden 2003

4. Maßnahmen zur Entlastung in jenen Bereichen, in denen Einkommensbezieher unter 30 000 S brutto/Monat besonders massiv betroffen sind:


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Rücknahme der Erhöhung der Energiesteuer – Mindereinnahme 3,5 Milliarden ab 2001

Rücknahme der Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer – Mindereinnahme von 4,5 Milliarden ab 2001

Rücknahme der Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrages – Mindereinnahme von 1,6 Milliarden ab 2001

Die Rücknahme des Absetzbetrages für Pensionisten – Mindereinnahme von 1,5 Milliarden 2001 und 1,9 Milliarden ab 2002

Rücknahme der Vollbesteuerung der Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen – Mindereinnahme von rund 4 Milliarden ab 2001

Rücknahme der Besteuerung der Unfallrenten – Mindereinnahme von rund 2 Milliarden ab 2001

Rücknahme der Leistungsverschlechterungen in der Arbeitslosenversicherung (Rücknahme der Kürzung der Familienzuschläge, Rücknahme der Erschwerung des Anspruchserwerbs, etc.) – Mindereinnahme von rund 0,8 Milliarden ab 2001

Nichteinführung von Studiengebühren – Mindereinnahme von rund 1 Milliarde ab 2001

Rücknahme weiterer Einschränkungen im Bereich ‚Soziale Treffsicherheit‘, wie zum Beispiel die Abschaffung der Mitversicherung von Familienangehörigen – Mindereinnahme von rund 0,8 Milliarden ab 2001

Befristete Erhöhung von Heizkostenzuschuss und Pendlerpauschale wegen der hohen Energiekosten im Winter 2000/01 – Mindereinnahme nur 2001 rund 2 Milliarden

Rücknahme der Selbstbehalte in der KV – Mindereinnahme für die KV ab 2001 mit rund 2 Millarden

Rücknahme der Streichung der ORF-Grundgebührenbefreiung und der Kürzungen bei der Telefon-Grundgebühren-Befreiung (durch entsprechende Kostenersätze für die betroffenen Unternehmen) – Mehrausgabe von rund 1 Milliarde ab 2001

Rücknahme der Streichung der Gemeinnützigkeitsbefreiungen im Werbeabgabegesetz – geringfügige Mindereinnahmen für die Länder und Gemeinden

Rücknahme der steuerlichen Belastung für unsere Grenzgänger, beispielsweise in Vorarlberg – keine relevante Größenordnung als Mindereinnahme

Steuerreform zur weiteren Entlastung der Arbeitnehmer und Pensionisten: deutliche Senkung der Steuern insbesondere für das untere Einkommensdrittel zur Hebung der realen Masseneinkommen und als Wachstumsimpuls, sowie für ökologische Anreizsysteme – in zwei Etappen: 2002 um 12,5 Milliarden und 2003 um insgesamt 25 Milliarden

Summe der Mindereinnahmen bzw. Mehrausgaben: rund 24,7 Milliarden im Jahr 2001, rund 35,6 Milliarden 2002 und rund 48,1 Milliarden ab 2003

5. Offensive für Forschung und Entwicklung, stufenweise Anhebung der F&E-Quote um 1 % BIP im Jahr 2003 (rund 1/3 davon im privaten Sektor ausgelöst) – belastet das Budget 2002 mit rund 10 Milliarden (selbe Dotierung wie 2001 aus dem Erlös der UMTS-Lizenzen) und das Budget 2003 mit rund 20 Milliarden

Summe der Mehrausgaben: rund 10 Milliarden im Jahr 2002 und rund 20 Milliarden 2003

6. Kein Ausverkauf des österreichischen Waldes


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Verzicht auf den Ausverkauf des österreichischen Waldes und der darin befindlichen Grundwasserquellen an jene, die das nötige Kapital haben – bringt dem Budget 2001 rund 3 Milliarden weniger

Gesamtsumme der Punkte 4 bis 6: 27,7 Milliarden 2001; 45,6 Milliarden 2002 und 68,1 Milliarden 2003

7. Ja zur Interessenvertretung der Arbeitnehmer und für Konsumentenschutz

Keine Demontage der Interessenvertretungen und Schutzeinrichtungen der sozial Schwachen und Arbeitnehmerinnen zugunsten der Unternehmer – Beibehaltung des bisherigen Umlagesystems bei der AK"

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein. – Bitte.

12.32

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Haupt! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Silhavy, Sie haben in den letzten Minuten von kaltschnäuzigem Zynismus gesprochen, von Furcht erregender Kaltschnäuzigkeit, von einer beinharten Verteilung von Arm zu Reich. Aus meiner Sicht ist mir die Ausdrucksform "Dummheit" noch lieber, als "kaltschnäuzig" oder "zynisch" genannt zu werden, aber das ist Auffassungssache.

Meine Damen und Herren! Es war heute in der Debatte die Rede vom Raubzug, vom Kahlschlag im Sozialsystem, von Sozialabbau, und ich frage mich, wenn ich dieses Land anschaue, sein Sozialsystem anschaue, seinen Wohlstand anschaue: Von welchem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Opposition, reden Sie eigentlich? (Abg. Mag. Prammer: Von dem Land, das wir aufgebaut haben!) Das Sie mit aufgebaut haben. Das ist schon richtig, das nimmt Ihnen auch niemand.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Finanzminister Grasser hat eine Zahl genannt, die ich noch einmal verdeutlichen möchte, weil sie wesentlich ist. Dem untersten Einkommensdrittel in diesem Land, Frau Abgeordnete Silhavy, stehen im Jahr 2001 5,5 Milliarden Schilling mehr zur Verfügung als im Jahr 1999. (Abg. Silhavy: Mehr an Steuern!) Unter Einbeziehung der Steuerreform, die wir als Volkspartei gemeinsam mit Ihnen als sozialdemokratische Regierungsfraktion beschlossen haben. Das wissen wir, das hat auch unser Finanzminister gesagt.

Von welchem Land des Sozialabbaus reden Sie eigentlich, wenn innerhalb von zwei Jahren das unterste Einkommensdrittel trotz einer Budgetkonsolidierung mit einem Volumen von 100 Milliarden Schilling per anno 5,5 Milliarden Schilling mehr bekommt? (Abg. Silhavy: Warum vergleichen Sie nicht mit dem Jahr 2000? Vergleichen Sie mit dem Jahr 2000! Vergleichen Sie fairerweise mit dem Jahr 2000!) 2001 gegenüber 1999 scheint mir ein durchaus angemessener Vergleich zu sein. (Abg. Silhavy: Für Sie! Das glaube ich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist für die Wirtschaft keinesfalls einfach, hier mitzugehen. Als Standortminister, der ich als Wirtschafts- und Arbeitsminister bin, muss ich mir die Frage stellen: Sind die enormen Mehrbelastungen in deutlich zweistelliger Milliardenhöhe verkraftbar und vertretbar? Und ich sage – nach sorgfältiger Überlegung und Prüfung – ja, weil letztlich ein Budgetdefizit in der bisherigen Höhe den Standort belastet, die internationale Wettbewerbsfähigkeit belastet. Insbesondere mit der Perspektive und unter dem Aspekt, dass es nach dem Sanierungsteil auch wiederum Möglichkeiten gibt, wettbewerbsfördernde und standortverbessernde Maßnahmen zu setzen, ist aus Sicht des Standortes Österreich diesem Konsolidierungspaket zuzustimmen.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von welchem Land reden Sie eigentlich – da komme ich jetzt auf meine Eigenschaft als Arbeitsminister zu sprechen –, wenn Sie sagen: Es schaut ganz schrecklich aus, den Arbeitslosen wird in die Tasche gegriffen, die großen Katastrophen brechen aus!? Wir haben eine im Vergleich zu den letzten zehn Jahren einmalig niedrige Arbeitslosenrate. Sie wissen das. Wir haben de facto Vollbeschäftigung, 3,1 Prozent Arbeitslosenrate in diesem Jahr. (Abg. Mag. Schweitzer: Bravo!) Das ist – Finanzminister Grasser hat es gesagt – der drittbeste Platz in Europa nach den Luxemburgern und Holländern und sogar Platz eins, was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft, sehr geehrte Frau Abgeordnete. (Abg. Mag. Schweitzer: Bravo!)

An ihren Taten sollt ihr sie erkennen – das ist auch ein politisches Prinzip. Und die Ergebnisse sind nicht nur gut, sondern sie sind sogar ganz ausgezeichnet. Das, was Sie uns vorwerfen, stimmt offensichtlich nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Differenziert auf den Arbeitsmarkt bezogen, weil Sie, sehr geehrte Frau Abgeordnete, natürlich ein besonderes Interesse an Frauen am Arbeitsmarkt haben: Die Frauenarbeitslosigkeit sinkt überproportional. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung der Abg. Silhavy –: Da bleibt Ihnen der Mund offen!) Es sinkt die Arbeitslosigkeit der älteren Menschen überproportional. Minister Grasser hat das auch gesagt. Ich bin froh, dass trotz aller Konsolidierungsmaßnahmen die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik in gleicher Höhe beibehalten werden konnten. Das ist doch etwas! Wir werden hier noch mehr tun können für einen funktionierenden, für einen im Interesse der Menschen stehenden Arbeitsmarkt als in der Vergangenheit.

Was mich an der Sozialdemokratie, meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten Monaten ein wenig gewundert hat, ist, dass all diesen Vorwürfen, all diesen Kritikpunkten sehr wenig an Alternativen gegenübersteht. Wenn sich der Finanzminister außer Dienst beispielsweise vergreift und uns vorwirft, dass im Jahre 2001 jeder Österreicher – das hat er heute gesagt – pro Tag 40 S mehr an Steuern zahlen müsste, dann entbehrt das jeder Grundlage. Das ist eben das Problem. Laute Rhetorik ersetzt die Richtigkeit von Zahlen nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist irgendwo hergeholt, aber es stimmt nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Sehr schütterer Applaus! Sie können die eigenen Leute nicht überzeugen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf einzelne Details der Budgetbegleitgesetze zu sprechen kommend: Wir haben damit die soziale Treffsicherheit verbessert, und wir haben etwas für mehr Gerechtigkeit getan. Es ist doch einfach ungerecht, wenn in einer einzelnen Branche lediglich 1,4 Milliarden Schilling in die Töpfe der Arbeitslosenversicherung eingezahlt, aber 3,7 Milliarden Schilling entnommen werden. Das ist nicht gerecht, wenn der Deckungsgrad in diesem Bereich gerade einmal ein Drittel ist.

Ich habe immer gesagt, dass die Vier-Wochen-Wartefrist dann fällt, wenn sichergestellt ist, dass es im Bereich des Tourismus zu einer Saisonverlängerung von vier Wochen kommt. Das haben die Sozialpartner gewusst. Sie wussten, dass dann, wenn sie eine verbindliche Formulierung vorlegen, die Vier-Wochen-Frist weg ist.

Wir haben jetzt zu einer Kombination gefunden: Die Sozialpartner sind zu einer Vereinbarung gekommen, die gut ist, aber aus meiner Sicht nicht gut genug, weil nicht verbindlich genug im Bereich des Überstundenanhängens. Weiters sichert eine Verordnungsermächtigung den Gesetzgeber und uns ab, dass man, wenn die Zusage der Sozialpartner nicht hält, wenn diese 600 Millionen Schilling nicht kommen, über diese Verordnung das Notwendige tun kann. Aber ich bin der Erste, sehr geehrte Frau Abgeordnete und Herr Präsident Verzetnitsch, der froh ist, von dieser Verordnungsermächtigung – das sage ich Ihnen ganz offen – keinen Gebrauch machen zu müssen, weil sich einfach herausstellt, dass die Maßnahmen der Sozialpartner greifen und dass die entsprechende Saisonverlängerung im Tourismus – und das ist ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit – kommt. Wir werden das durch eine begleitende Evaluierung sicherstellen und darstellen.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines noch zum Thema Arbeitslosenversicherung: Haben Sie es vergessen – oder ist das ein Maß an Fairness, das einer Oppositionspartei nicht zumutbar ist? –, dass es hier ganz einschneidende Verbesserungen gibt? Von einer sozialdemokratischen Opposition, meine Damen und Herren, hätte ich mir erwartet, dass zumindest ein wenig Applaus aufkommt, wenn wir als Regierung ein Sockelarbeitslosengeld in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes einführen: 8 312 S! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Selbstverständlich, Frau Abgeordnete Petrovic – sie ist jetzt leider nach Absolvierung ihrer Rede nicht mehr im Raum (Abg. Dr. Petrovic: Ich bin da!); Sie sind da –, selbstverständlich ist das weniger als das Aktiveinkommen – 80 Prozent bei Familienerhaltern, 60 Prozent bei solchen, die keine Familie zu erhalten haben –, aber 8 312 S als Sockelarbeitslosengeld, das ist, glaube ich, nicht uninteressant und hätte eigentlich ein wenig an Zustimmung verdient.

Genauso wie der Wegfall der Anrechnung des Partnereinkommens. Ich weiß schon, es ist eine Nivellierung des Familienzuschlages auf niedrigem Niveau. Da gibt es solche, die dabei nicht günstig aussteigen, aber es gibt natürlich auch solche, denen bisher das Partnereinkommen angerechnet wurde, die aber überhaupt keinen Familienzuschlag bekommen haben. Die bekommen in Zukunft einen.

Ebenso ist es ein wichtiger Beitrag zur besseren Transparenz. Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es hat sich in Wirklichkeit niemand ausgekannt. Ich weiß, man hat in der Vergangenheit in der Hohenstauffengasse angerufen, wenn man Informationen haben wollte. Aber diese Lohnklassen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes – es gab 130 oder 140 Lohnklassen! –, das war Ungerechtigkeit und Intransparenz par excellence! Was haben wir gemacht? – Eine einheitliche Nettoersatzrate – da sind die Sozialpartner übrigens mitgegangen, auch die Arbeitnehmerseite – von 55 Prozent. Da weiß jeder, was ihm zusteht. (Abg. Silhavy: Sagen Sie dazu, dass Sie nur 53 Prozent wollten!) 55 Prozent vom Nettoeinkommen – ein eindeutiger Fortschritt, über den Sie fairerweise auch reden sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass Abgeordneter Stummvoll heute eine besonders wichtige Rede gehalten hat. (Abg. Mag. Posch: Beschämend!) Sie haben, zum Teil auch zu Recht, der damals in Opposition befindlichen Freiheitlichen Partei manches vorgeworfen, aber ist Linkspopulismus etwas Besseres? Sind Sie als sozialdemokratische Opposition nicht aufgerufen, hier echte Alternativen anzubieten? Sind Sie wirklich nur in der Lage, vor dem Sommer gleich einmal nach Streik zu rufen und einen Eisenbahnerstreik zu initiieren, der hauptsächlich der Sicherung des Pensionsantrittsalters von 53 Jahren dienen sollte? Sind Sie jetzt diejenigen, die zum ersten Mal ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Selbst als die Freiheitlichen die härteste Oppositionspartei waren, haben sie niemals die Leute auf die Straße gerufen, niemals zum Streik aufgerufen. Das haben sie nicht getan. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Wie oft waren Sie auf der Straße?)

Unser Regierungspartner hat es in der Vergangenheit auch nie für notwendig befunden, zu einer Volksabstimmung über ein Budget aufzurufen. Heute hat Herr Abgeordneter Gusenbauer das getan. Ich habe es fast nicht glauben können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Dieser Antrag richtet sich selbst!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Opposition! Sie sind keine 5-Prozent- oder 7-Prozent-Oppositionspartei. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber bald!) Ich sage Ihnen, Sie sind wichtig für dieses Land, ebenso wie die Sozialpartnerschaft wichtig ist für dieses Land, aber nehmen Sie endlich Abschied von dieser Totaloppositionspolitik! Legen Sie Alternativen vor, über die wir dann intensiv diskutieren können! So weit sind wir aber im Moment noch nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Haller  – vor Beginn ihrer Rede –: Jetzt tun wir da erst einmal die Taferl weg! – Abg. Haller übergibt jene zwei


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Tafeln, die Abg. Silhavy auf dem Rednerpult stehen ließ, dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Bartenstein.)

12.42

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Trotz der ganzen Anschüttungen aus der linken Reichshälfte (Abg. Dr. Trinkl: Reichsdrittel! – Abg. Haidlmayr: Wir haben kein "Reich" mehr!) möchte ich eingangs eines feststellen: Als langjährige Angehörige dieses Hohen Hauses bin ich stolz auf unsere Ministerriege, vor allem natürlich auf die drei anwesenden Herren Bundesminister (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), denn ich weiß, dass Österreich bei ihnen in guten Händen ist. Österreich ist in guten Händen, denn niemand kann unseren Ministern die Kompetenz absprechen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang und besonders im Zusammenhang mit der gestrigen Debatte Sozialminister Haupt erwähnen. Gestern hat die SPÖ eine Dringliche Anfrage gestellt in Bezug auf Pensionen, ein Bereich, in dem nachweislich die Sozialdemokratie die größten Versäumnisse zu verantworten hat. Es war eine Anfrage, in der – genauso wie heute – mit Schlagworten wie "Sozialabbau", "soziale Kälte" argumentiert wurde, in der Schauermärchen verzapft worden sind und anlässlich der Kollege Nürnberger, der heute überhaupt nicht anwesend ist, weil ihn diese Debatte anscheinend nicht interessiert, mit völlig falschen Zahlen agiert hat, die ihm Sozialminister Haupt klar, sachlich, fundiert widerlegen konnte.

Heute behandeln wir das so genannte Bundesbudgetbegleitgesetz, eine Änderung einer Litanei von Gesetzen, einen umfangreichen Abänderungsantrag, Ausschussfeststellungen, abweichende Stellungnahmen. Dieses Paket, das ist der SPÖ nicht neu, neu ist allerdings, dass diese Regierung das, was Sie "Sparpaket" nennen, was aber in Wirklichkeit tatsächlich ein Konsolidierungspaket ist, wieder aufgeschnürt hat, und neu ist auch, dass dieses Konsolidierungspaket im Unterschied zu Ihren Sparpaketen grundlegende Änderungen im Staate Österreich bewirken wird. Und ich bekenne mich dazu.

Wenn Kollege Gusenbauer meint, dass jetzt "Ellbogengesetzgebung" an der Tagesordnung sei, so sei ihm gesagt, dass eines jedenfalls nicht mehr der Fall ist: Wir wollen keine "Hängemattenpolitik" mehr haben! Das können wir uns nicht mehr leisten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und wenn Herr Klubobmann Gusenbauer von 26 Maßnahmen gesprochen hat, die die kleineren Einkommen benachteiligen, dann sage ich einfach: Das ist nicht wahr! Sie agieren mit Fiktionen, mit an den Haaren herbeigezogenen Beispielen, wie heute auch Kollegin Silhavy. (Abg. Dr. Mertel: Wie erklären Sie das den "kleinen Leuten"?) Ich will Ihnen nicht einmal unterstellen, dass Sie bewusst die Unwahrheit sagen, ich meine, durch den Verlust der Macht hat sich einfach der Blick der Sozialdemokratie getrübt. Sie haben nur mehr eine selektive Wahrnehmung. Schlimm ist nur, dass Sie diese selektive Wahrnehmung auch so weitergeben. Darin ist letztlich auch ein gewisser Aktionismus beinhaltet, den Sie gestern in Bezug auf Unterschriftenpakete hier dokumentiert haben. Es ist ja klar, dass man sehr leicht Unterschriften bekommt, wenn man jemandem etwas wegnehmen will.

Sie waren gut im Verteilen, vor allem im Verteilen vor Wahlen. Sie haben allerdings bereits da mit Unwahrheiten agiert. Ich erinnere in diesem Zusammenhang, gerade weil wir beim Kapitel Soziales sind, wieder an den Pensionsbrief vor den Wahlen.

Und wenn Herr Klubobmann Gusenbauer davon spricht, dass der Weg der SPÖ eine Modernisierung des Wohlfahrtsstaates beinhaltet, dann frage ich Sie: Warum haben Sie das nicht gemacht, als Sie noch in der Regierung waren? Warum kommen Sie erst jetzt darauf, wo Sie in der Opposition sind?

Die von Herrn Gusenbauer so gelobte Konsensdemokratie in der Regierungszeit der Sozialdemokratie wurde einfach auf dem Rücken der Bürger ausgetragen. Ein Beispiel dazu von meiner Seite: Das Gleiche wäre, wenn ein Familienvater seine Familienmitglieder mit Geschenken verwöhnt, über die Maßen verwöhnt, der vielleicht eine Bank gefunden hat wie die


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Bank Burgenland (Heiterkeit bei der ÖVP), die diese Maßnahmen finanziert, weil er selbst dazu nicht in der Lage ist. Nach seinem Ableben müssen dann die Kinder feststellen, dass er ihnen nur Schulden hinterlassen hat, die sie zurückzahlen müssen. Aber nicht nur das, sie müssen auch die Zinsen und die Zinseszinsen zurückzahlen. Und das, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, ist grob fahrlässig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und nun noch schnell zur Sache: Natürlich gibt es einen Umbau in verschiedenen Ressorts, und natürlich – das tut mir persönlich wirklich sehr Leid – müssen auch Fonds abgeschöpft werden – zum Tilgen Ihrer Schulden! –, zum Beispiel der Familienlastenausgleichsfonds. Im Jahre 2001 müssen weitere 6,4 Milliarden, im Jahre 2002 noch einmal 460 Millionen Schilling zur Schuldentilgung abgeschöpft werden. Insgesamt ist das in den Jahren 1999 bis 2002 ein Betrag von 15,06 Milliarden. Kein anderes Ressort trägt so viel zur Schuldentilgung des Staates Österreich bei wie das Familienressort.

Das Geld geht in die Pensionsversicherung – und jetzt sind wir wieder dort (Abg. Dr. Mertel: Zweckgebundene Mittel!)  –, also in einen Bereich, in dem Sie, Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, vor Wahlen Maßnahmen beschlossen haben, die finanziell nicht gedeckt waren. Ich nenne das Stichwort "Kindererziehungszeiten", die Sie als Wohltat verkauft haben, die Bedeckung dieser Maßnahme haben Sie jedoch nicht abgesichert. (Abg. Silhavy: Das werden Sie mit Ihren 250 S aber auch nicht erreichen!)

Aber Gott sei Dank gibt es auch positive Maßnahmen im Bereich des Familienlastenausgleichsfonds. Ich erinnere an die 200 Millionen Schilling für Förderungsmaßnahmen im Bereich der Studienförderung als Abfederung für die Studiengebühren oder an die Erhöhung des Zuverdienstes für Studierende auf 120 000 S. Das wird jährlich durchgerechnet, ohne dass der Studierende dadurch die Familienbeihilfe verliert. Eine Maßnahme, die man schon lange hätte setzen können.

Oder: Die In-vitro-Fertilisation wird aus dem Familienlastenausgleich bezahlt, und endlich werden auch die medizinisch-technischen Fachdienste in den Bereich der Schülerfreifahrten mit einbezogen. (Abg. Hagenhofer: Auf die Zahnregulierungen haben Sie vergessen!)

Das alles sind Dinge, die Sie schon hätten erledigen können. Sie haben in Ihrer Regierungszeit sehr, sehr vieles versäumt, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie, und all die Forderungen, die Sie heute aufstellen, sind eigentlich nur ein Schuldeingeständnis. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 11 Minuten. – Bitte.

12.50

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die Reden Revue passieren lasse, die jetzt gekommen sind, und wenn ich mir überlege, welche Appelle speziell von den Regierungsparteien an uns gerichtet worden sind, dann muss ich Ihnen sagen: Nein, meine Damen und Herren, da sind wir nicht dabei! Da sind wir nicht dabei, wenn Herr Minister Grasser meint, wir sollten uns an diesem "Erfolgskurs" beteiligen. Da können wir nicht dabei sein, wenn es auf Kosten von Menschen geht, die ohnehin schon am Rande unserer Gesellschaft stehen, weil sie finanziell ausgeblutet sind und teilweise wirklich nur mehr am Existenzminimum leben.

Da können wir nicht dabei sein! Dieser "Erfolgskurs" ist nicht unserer! Ein Erfolgskurs der Grünen würde anders ausschauen. Da wäre es einfach selbstverständlich, dass die Reichen zum Budget beitragen müssen und dass man die Armen verschont lässt. Aber diese Bundesregierung hat es genau umgekehrt gemacht. Sie betreibt – es war ja auch nicht anders zu erwarten – ihre Klientelbetreuung, und das heißt: Gib dem Reichen und nimm dem Armen!


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Da sind wir nicht dabei, meine Damen und Herren, und ich hoffe, Sie haben auch nicht erwartet, dass die Grünen jemals diesen Weg: Gib dem Reichen und nimm dem Armen!, gehen werden. Dafür sind Grüne nie zu haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Grüne sind auch nicht für Ihren Aufruf, Herr Stummvoll, zu Ihrer "sozialen Fairness" zu haben, die Sie hier von diesem Rednerpult aus eingefordert haben. Haben Sie heute zufällig schon die Zeitschrift "News" gelesen? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Eben. (Abg. Dr. Mertel: Schon gestern!) Dann würden Sie nicht mehr von "sozialer Fairness" sprechen. Das müsste in Zukunft für Sie ein Fremdwort werden, denn mit "sozialer Fairness" haben Sie, Herr Stummvoll, mit dem, was Sie jeden Monat einsackeln, nichts mehr zu tun. Das ist soziale Kälte, wenn Sie sich mit Ihren Pensionen hierher stellen und von denen, die nur von 1 Prozent Ihrer Pension leben müssen, "soziale Fairness" verlangen. Sie sind gut ausgestattet, überausgestattet, finanziell überausgestattet, sodass Sie mehr als gut leben können.

Das ist irgendwie ziemlich ... Ich darf es nicht sagen, sonst bekomme ich einen Ordnungsruf, aber es macht mir schon zu schaffen, wenn jene, die alles haben, die genau wissen, wie sie zu Geld kommen, dann von denen, die nichts haben, denen man immer noch wegnimmt, "soziale Fairness" verlangen. Also das finde ich ein starkes Stück! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Herr Stummvoll, überlegen Sie sich, ob Sie das wirklich so gemeint haben! (Abg. Mag. Prammer: Sicher!) Ich kann es ganz einfach nicht glauben.

Frau Haller spricht hier immer von der "linken" und "rechten Reichshälfte". Sie hat vergessen, dass Österreich eine Republik ist. Und wenn sie mit "reich" meint, viel Geld zu haben, dann gehört die linke Seite dieses Hauses nicht dazu. Da sitzen nicht die Reichen, die sitzen – ich muss einmal schauen (Abg. Dr. Mertel: Hinter Ihnen!), ich sehe niemand (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ) –, die sitzen (die Rednerin blickt in Richtung Regierungsbank) da oben. (Abg. Dr. Mertel: Der Millionär sitzt hinter Ihnen!) Ich habe ihn gesehen. Die sitzen da oben, die sitzen da in Ihren Reihen, aber die sitzen nicht auf der linken Seite. Also, Frau Haller, machen Sie Ihren Aufruf für Ihre eigene Fraktion, aber nicht für uns. Bei uns sind die Reichen nicht zu finden.

Und wenn Sie verlangen, dass alle einsehen müssen, dass gespart werden muss, dass es dafür aber auf der anderen Seite angeblich keine Steuererhöhungen gibt, dann frage ich mich: Bin ich wirklich so blöd, dass ich bei der Besteuerung der Unfallrente nicht erkenne, dass brutto für netto dasselbe herauskommt? – Natürlich nehmen Sie Steuer! Was ist denn die Besteuerung der Unfallrente? Ist das keine Steuer? Ist das eine freiwillige Abgabe, die leisten kann, wer will?

Das ist eine Steuer, Herr Stummvoll, und Sie wissen das! Und diese Steuer wird jedem, der heute eine Unfallpension bezieht, abgezogen. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist unrichtig, Frau Kollegin! Nur die hohen Einkommen werden besteuert! – Abg. Dr. Stummvoll: Damit finanzieren wir die Behindertenmilliarde!) Das ist ja das Verwerfliche, Herr Stummvoll, Herr Graf! Ich wollte das ja aus Ihnen herauskitzeln, und es ist mir gelungen. Das ist ja das Verwerfliche, was Sie da gemacht haben! Na glauben Sie, ich hätte das nicht gewusst? (Abg. Dr. Martin Graf: Nur die Reichen sollen zahlen!) Das ist ja das Verwerfliche: Sie nehmen den behinderten Menschen in Österreich 1,7 Milliarden Schilling weg und geben ihnen davon eine Milliarde wieder zurück, eine Milliarde, mit der Sie seit Wochen, seit Monaten spazieren gehen und herausstreichen wollen, wie großartig Sie sind.

Sie sagen außerdem nicht einmal dazu, dass Sie die Mittel des AMS, die speziell für die Arbeitsplatzbeschaffung von behinderten Menschen notwendig sind, praktisch auf null gestrichen haben. Also Sie geben nichts! Sie geben nichts Zusätzliches, sondern Sie müssen das geben, was letztendlich nicht verhinderbar ist. Aber Sie holen es sich von einer anderen Gruppe von behinderten Menschen mit vollen Händen, wirklich mit vollen Händen.

Und was, bitte, Herr Stummvoll, passiert, wenn man heute eine Politik betreibt, bei der man Gruppen gegeneinander ausspielt, indem man sagt: Wir nehmen dir das weg und geben es dem anderen!? Haben Sie sich schon einmal überlegt, wozu das führt? (Abg. Dr. Martin Graf: Das machen alle Regierungen!) Das ist aber schlimm. Sie müssen ja das Schlimmste nicht ebenfalls


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praktizieren. (Abg. Dr. Martin Graf: Umverteilung machen alle Regierungen!) Wissen Sie, zu sagen, wir nehmen euch und geben euch einen Teil wieder zurück ... (Abg. Dr. Martin Graf: Wie würden Sie umverteilen?) Von oben nach unten und nicht von unten nach oben! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist ja der Unterschied, aber das haben Sie bis jetzt nicht kapiert! Das ist ja das Problem, das wir mit Ihnen haben (Abg. Dr. Martin Graf: Sie würden von rechts nach links verteilen!), dass Sie mit Ihrer Umverteilungspolitik, so wie ich das gesagt habe, Ihr Klientel bedienen. Die da oben (Abg. Dr. Martin Graf: Lassen Sie den Herrgott aus dem Spiel!), die hinter mir, die bedienen Sie, die bedienen Sie reichlich. Jenen Menschen, die heute nicht einmal in diesem Haus sein können, nehmen Sie das weg, damit Sie die da oben bedienen können. Das ist genau Ihre Politik, und diese Politik lehnen wir ab! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Diese Politik ist unsozial, diese Politik geht auf Kosten der Einkommensschwächeren. Und diese Politik ist höchst ungerecht, weil Sie damit den Überlebenskampf von Menschen, die ohnehin jeden Schilling dreimal umdrehen müssen, noch verschärfen, während Sie Millionen, Milliarden in Stiftungen ansammeln, für die Sie nicht einmal die ganz normale KESt zahlen, die jeder einzelne Bürger, jede einzelne Bürgerin bei einem Sparbuch, und seien es nur 500 S, bezahlen muss. Die Reichen brauchen das nicht mehr zu tun, die parken ihr Vermögen in Stiftungen. Dort ist es ja gut angelegt, denn 25 Prozent KESt erspart man sich auf jeden Fall. Nennen Sie mir irgendjemanden, der heute als ganz normaler Bürger die Chance hätte, ein Kapital mit 25 Prozent gewinnbringend zu veranlagen! Es ist ja eine Veranlagung, denn wenn ich nichts wegnehme, dann ist das automatisch der Wertzuwachs. – Aber das ist nicht Ihr Problem. Das betrifft ja nur die Reichen, und die schonen Sie.

Aber bitte verlangen Sie nicht, dass wir uns an Ihrem Kurs beteiligen! Das wäre ein Verrat an unseren Wählerinnen und Wählern. Das wäre derselbe Verrat, den Sie an Ihren Wählerinnen und Wählern begangen haben, denn Sie haben gesagt, Sie setzen sich ein für die Probleme des "kleinen Mannes". (Abg. Dr. Martin Graf: Das tun wir auch!) Ja, wenn zum Beispiel der Herr Prinzhorn der kleine Mann ist oder Herr Bartenstein der kleine Mann ist, dann ist Ihre Sicht vom "kleinen Mann" eine völlig andere als unsere. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Mertel: Schau mir in die Augen, Kleiner! Oder besser: Geh mir aus den Augen, Kleiner! – Abg. Dr. Martin Graf: Das ist überholter Klassenkampf, den Sie da betreiben! Klassenkampf wie im vorigen Jahrhundert! – Abg. Dr. Mertel: Geh mir aus den Augen, Kleiner!)

12.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.00

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Werte Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, vorweg zwei Antworten zu geben. Zunächst eine Antwort an Frau Kollegin Haidlmayr: Das Schüren von Neidkomplexen ist linker Populismus (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), mehr brauche ich dazu nicht zu sagen.

Zur Kollegin Silhavy: Wenn sie von "kaltschnäuzigem Zynismus" spricht, dann muss ich sagen: Erhöhungen wären auch mit der SPÖ gekommen! Ich verweise nur auf das Beispiel Autobahnvignette. Die Preiserhöhung für die Autobahnvignette lag schon lange auf dem Tisch, vorbereitet vom damaligen Bundesminister Einem. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Mertel und Mag. Prammer. )  – Darüber haben die Medien geschrieben, das wissen wir alle, auch Sie wissen das.

Nun zum Thema. Bundesminister Haupt hat gestern gesagt – das war sehr einprägsam –, jeder österreichische Arbeitnehmer – und gerade der linke Flügel hier tritt ja sehr stark für den "kleinen Mann" und für die "kleine Frau" ein – könnte im Monat um rund 7 000 S mehr verdienen, wären diese Schulden nicht vorhanden. Andererseits wird anhand von Umfragen auch bestätigt, dass sich 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher für ein Nulldefizit in den nächsten zwei Jahren aussprechen. Lediglich 23 Prozent würden sich damit gerne ein wenig Zeit lassen.


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Der gesamte Sozialbereich wird einen Beitrag von rund 5 Milliarden Schilling leisten müssen, um die soziale Fairness aufrechtzuerhalten und in der Folge, wie Kollege Stummvoll klar formuliert hat, eine Zukunftssicherung zu gewährleisten, denn eine Arbeitsplatzsicherung kann es nur dort geben, wo die öffentlichen Haushalte in Ordnung sind.

Nun zum Hauptteil. Die Sommerdiskussion, zum Teil von den Gewerkschaften geschürt, hat sich um folgende Punkte gedreht: Erstens: kein Arbeitslosengeld bei Abfertigungszahlung für die Dauer von drei Monaten; zweitens: Besteuerung des Pflegegeldes; drittens: Kürzung des Pflegegeldes; viertens: genereller Entfall der beitragsfreien Mitversicherung – einzige Ausnahme: Kindererziehung bis zum dritten Lebensjahr des Kindes –; fünftens: Streichung der Familienbeihilfe für Studenten ab dem 19. Lebensjahr.

Wir alle erinnern uns noch an Aussagen wie zum Beispiel jene von Zentralsekretär Kaske: Dann wird die Republik brennen! – Nichts davon ist passiert. (Abg. Dr. Trinkl: Noch nicht! – Abg. Dr. Stummvoll: Gott sei Dank!)

Die Regierungspartner haben gut verhandelt, die Opposition hingegen hat es dabei belassen, uns über die Medien auszurichten: Wir sind dagegen, und zwar gegen alles! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Was ist nun wirklich der Fall? – Das Arbeitslosengeld bei Abfertigungszahlung bleibt unberührt, das Pflegegeld bleibt unangetastet, und auch die Familienbeihilfe bleibt, wie sie ist. Richtig ist, wir arbeiten zeitgerecht an einem neuen Familienpaket. Die Mitversicherung bleibt für den Partner erhalten, aber darauf wird meine Kollegin Edeltraud Gatterer noch eingehen.

Eines ist klar: Einen guten Teil der Diskussion zu diesem Thema hätten wir uns ersparen können. Bei aller berechtigten und künstlichen Aufgeregtheit: Zuerst kommt die finanzielle Dimension, damit die Kirche im Dorf bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Unter dem Schlagwort "Treffsicherheit" werden Maßnahmen getroffen, die insgesamt per saldo rund 5 Milliarden Schilling von rund 100 Milliarden Schilling ausmachen. Das sind 5 Prozent, bezogen auf das gesamte Sozialsystem weniger als 1 Prozent.

Ich sage ganz deutlich: Stabilität, Vollbeschäftigung und das Ende der Schuldenpolitik sind die notwendige und beste Grundlage jeder Sozialpolitik, gerade auch im Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Wir haben darin auch eine gute Bestätigung seitens der europäischen Sozialpolitik erhalten.

Die Schulden von gestern – das kann man gar nicht oft genug wiederholen! – sind die Steuern von heute! Daher stehen wir aus Überzeugung dazu, so rasch wie nötig und so ausgewogen wie möglich eine Kurskorrektur in Richtung Zukunft ohne neue Schulden einzuschlagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kurz zusammengefasst noch einmal, was auch Bundesminister Bartenstein schon erwähnt hat: Was kommt jetzt wirklich? – Erstens: eine Neuberechnung des Arbeitslosengeldes. Eine neue Berechnungsformel statt des veralteten Lohnklassen-Schemas stellt sicher, dass das Arbeitslosengeld immer mindestens in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes liegt, wenn es dadurch nicht 60 beziehungsweise 80 Prozent des im Vorjahr bezogenen Nettoeinkommens überschreitet, und dass es zu einer Vereinheitlichung der Familienzuschläge in der Pensions- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von 400 S kommt. In diesem Zusammenhang kann niemand sagen oder einen plausiblen Grund angeben, warum es in diesem Bereich bis jetzt unterschiedliche Behandlungen gegeben hat.

Es kommt ferner zu einem Entfall der so genannten Begünstigungsklausel beim Fortbezug, wenn bereits eine neue Anwartschaft erworben ist. (Abg. Verzetnitsch: Die in der Regel niedriger ist!)  – In der Regel? Nicht immer oder fast überhaupt nicht!

Das Arbeitslosengeld soll eben in erster Linie ein Ersatz für das ausgefallene Arbeitseinkommen sein. Ausgenommen sind natürlich Arbeitnehmer über 45 Jahren.


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Die Saisonproblematik erfordert Gerechtigkeit; auch in diesem Bereich sollen Schlupflöcher geschlossen werden. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Insgesamt ist dieses Paket eine maßvolle, faire und zumutbare Lösung (Beifall bei der ÖVP), ein notwendiger und wichtiger Schritt, den diese Regierung aus Verantwortung für unser Land und für die Zukunft unserer Kinder unternimmt. Die Kinder haben weder ein "Mascherl" noch eine Farbe, sondern sind einfach die Kinder, die unsere Zukunft sichern. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Die überwiegende Mehrheit der Österreicher und Österreicherinnen weiß und ist mit uns davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und unterstützt uns dabei. Laut Meinungsumfragen sind 60 Prozent der Bevölkerung dafür, dass es in diesem Bereich einen weiteren Schritt geben muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

13.07

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Minister Bartenstein! Herr Minister Haupt! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Haller hat, auf ihre Person bezogen, angemerkt, dass sie schon lange Abgeordnete hier im Haus ist. Damit hat sie gleichzeitig auch für mich gesprochen. Ich glaube, wir sind etwa gleich lang im Nationalrat. Aber, Frau Haller, man erlebt alles irgendwann zum ersten Mal.

Ich habe es heute zum ersten Mal erlebt, dass in einer laufenden Debatte ein Abgeordneter, nämlich Herr Abgeordneter Stummvoll – ich betone: in einer laufenden Debatte im Plenarsaal! –, zum Protokollführer geht, um zu erkunden, was geschrieben, was von ihm festgehalten wurde, was ein Debattenredner hier gesagt hat.

Ich habe auch zum ersten Mal eine so "unvoreingenommene" Vorsitzführung wie jene von Herrn Präsidenten Prinzhorn erlebt, der Ordnungsrufe an seine Partei, also die FPÖ, nur dann erteilt, wenn er die betreffenden Passagen im Protokoll nachlesen kann. Aber ich kann das gut verstehen, weil er die Äußerungen Westenthalers, die eigentlich eher einem pubertierenden Jugendlichen entsprechen, nachlesen muss, denn sonst kann er ja nicht glauben, dass sie gefallen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. )

Ja, er ist unvoreingenommen, das sage ich ja! Ich habe ja gesagt: unvoreingenommen! Ich habe es ja betont. Dass ich das sarkastisch meine, das hören Sie ja aus dem Ton. Im Protokoll steht es natürlich anders.

Ich habe auch noch nie einen solchen Finanzminister erlebt, mit diesem "wirklichen Format", der ein Erfinder im Behübschen von Worten ist, der statt "abkassieren" "abschöpfen" sagt und von einem Nulldefizit spricht, aber dann – im "FORMAT" nachzulesen – in einer geschlossenen Veranstaltung des Ökonomenklubs Folgendes sagt: Das Ziel "Nulldefizit" ist ein Schlagwort aus der Trickkiste des Politmarketings. Das kann man den Leuten leichter klarmachen, rhetorisch besser verkaufen, sagt Grasser flapsig. – "Flapsig"? Na gut, flapsig, was immer das heißt.

Ein solcher Mann steht dann an der Regierungsbank, und er hat heute zu uns gesagt, wir sollen doch der Bevölkerung sagen, "was Sache ist" – wahrscheinlich auch "flapsig", oder wie auch immer. (Abg. Haller: Nicht Schauermärchen erzählen, sondern sagen Sie, was Sache ist!)

Sie reden auch von der Handschrift der FPÖ/ÖVP! Welche Handschrift ist das? – Ich sage es Ihnen: Das ist das Verteilen von Geldgeschenken an die Reichen!

Frau Haidlmayr, die Reichen sitzen hinter uns, Sie haben Recht. (Die Rednerin dreht sich um und stellt fest, dass in der Zwischenzeit Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn von Präsident Dr. Fasslabend abgelöst wurde.)  – Nicht mehr! Nur in der ersten Reihe. (Heiterkeit.)  – Die Reichen sitzen hinter uns, und die Umverteilung der Mittel von den Armen zu den Reichen bleibt auch Ihnen vorbehalten.


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Zu Frau Haller darf ich noch etwas sagen – auch das war neu –: Sie hat gesagt, die SPÖ – sie nennt sie natürlich "die linke Reichshälfte"; viele von der FPÖ haben ja noch immer den Ausdruck "Reich" im Kopf, das dürfen wir ja nicht vergessen! –, also die linke Reichshälfte (Abg. Mag. Kukacka: Reichsdrittel !), agiere mit Fiktionen, was die Unterschriften betrifft. Man bekommt ja leicht Unterschriften, wenn man den Leuten etwas wegnimmt, hat sie gesagt. – Sie hat wahrscheinlich gemeint, wenn man ihnen etwas verspricht. (Abg. Haller: Ich habe das genau definiert!)  – Vor allem haben wir ganz leicht die Unterschrift von ihrer Kollegin Haubner in Oberösterreich bekommen.

Frau Haller! Ihre Kollegin Haubner, die Schwester Ihres Parteiführers, hat die Liste gegen die Einführung der Ambulanzgebühr unterschrieben. (Zwischenruf der Abg. Haller .)  – Sie können noch so laut knarren, ich höre Sie nicht. Das ist der Vorteil meines Alters. (Abg. Wattaul: Das glaube ich eh!)

Ich wollte eigentlich mit etwas Positivem beginnen. Ich wollte ausdrücklich begrüßen und es positiv bewerten, dass eine Ungerechtigkeit, die seit Jahrzehnten besteht, beseitigt worden ist, nämlich dass außerordentliche BerufsschülerInnen, also jene, die ihren Ausbildungsplatz im nahe gelegenen Ausland haben, für die keine Berufsschulpflicht besteht, nun in die Schülerfreifahrt und in die Schulbuchaktion einbezogen worden sind, dass sie nun mit den ordentlichen Berufsschülern gleichgestellt sind.

Ich wollte erwähnen, dass die SchülerInnen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe die Schülerfreifahrt genießen können. Es fehlen mir noch die zahnärztlichen AssistentInnen. Das sind Jugendliche, die auf Grund eines Kollektivvertrages ausgebildet werden, die auf Grund einer VGH-Entscheidung die Familienbeihilfe beziehen, aber nicht Freifahrten oder Fahrtenbeihilfen erhalten. Ihr monatliches Einkommen liegt im Durchschnitt unter jeder Lehrlingsentschädigung. Es wäre daher nur gerecht, auch sie in die Fahrtenbeihilfen und Freifahrten einzubeziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Hohn, als schlichten Hohn und als Verhöhnung bezeichne ich nämlich die Regelung, dass Studenten und Studentinnen mehr dazuverdienen können, nämlich 120 000 S jährlich, ohne dass sie die Familienbeihilfe verlieren. Gleichzeitig kassieren Sie aber ab, nämlich die "Studentensteuer" von 10 000 S. Dadurch kommen die Studenten in einen Teufelskreis: Damit sie sich das Studium leisten können, nämlich die 10 000 S pro Jahr, müssen sie mehr arbeiten. Mehr zu arbeiten bedeutet aber, noch länger zu studieren, und noch länger zu studieren bedeutet, dass sie den Leistungsnachweis des FLAG nicht erbringen werden können und damit nicht nur die Familienbeihilfe verlieren werden, sondern auch die Studienbeihilfe.

Diese "Studentensteuer" betrifft ja nicht nur die Universitätsstudenten, sondern auch die Studenten der Pädagogischen Akademie, der Medizinisch-Technischen Akademie, der Fachhochschulen und der Kollegs.

Sie verwenden – Sie von der FPÖ haben immer versprochen, das nie zu tun – für Familien zweckgebundene Familiengelder nicht nur zum Erreichen des Nulldefizits, sondern auch zweckwidrig für den Verwaltungsaufwand. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das haben alle roten Finanzminister immer gemacht! Edlinger!)

300 Millionen Schilling gehen an die Finanzverwaltung zur Vollziehung dieses Gesetzes. 30 Millionen werden für Forschungsarbeiten, für Aufträge und Forschungsaufgaben zum Thema Familien und Generationen bereitgestellt.

Aber was machen Sie denn? Welche Konsequenzen ziehen Sie aus Berichten? Welche Erkenntnisse gewinnen Sie? – Wir haben zwei Berichte: den Familienbericht und den Bericht über die soziale Treffsicherheit, besser bekannt unter dem Begriff "Mazal-Bericht". Welche Erkenntnisse haben Sie? – Zentrales Thema war: Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen, aber im Budget steht kein Wort über Kinderbetreuungseinrichtungen und gibt es keinen Schilling für Kindergärten. Und dann versprechen Sie, Herr Haupt, Betriebskindergärten.


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Die Dotierung des FLAF ist so gut, dass Sie das Karenzgeld sofort auf ein existenzsicherndes Niveau erhöhen könnten. Aber Sie kassieren ab, und zwar für Ihr Kinderbetreuungsgeld. Sie treiben das Geld bei Familien ein, bei denen der Partner so wenig verdient, dass es einen Zuschlag zum Karenzgeld gibt. Sie treiben es bei Familien von Arbeitslosen ein. Sie treiben es insbesondere bei Familien ein, in welchen die Eltern schon lange arbeitslos sind.

Herr Bundesminister Haupt! Ich spreche Sie als Sozial- und Familienminister an. Es reicht nicht, wenn Sie als angebliche Entlastungsoffensive eine Maßnahme zurücknehmen. Wenn Ihnen die Sozialpolitik ein Anliegen ist, wenn Ihnen die Familien ein Anliegen sind, dann schnüren Sie dieses Paket der sozialen Härten auf! Alle Experten des Mazal-Berichtes, des Familienberichtes, der Armutskonferenz betonen, dass gegen die Armutsgefährdung von Familien von Arbeitslosen etwas getan werden muss!

Tun Sie etwas, Herr Minister Haupt! Verzichten Sie auf die geplanten Einsparungen! Wenn Sie für die soziale Sicherheit in diesem Land etwas tun wollen, dann stoppen Sie das mörderische Tempo, mit dem diese Regierung auf das Nulldefizit zuhastet! Das Tempo, das Sie vorgeben, ist sachlich durch nichts gerechtfertigt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. )

Herr Minister Bartenstein! Ich erinnere Sie: Sie haben uns – Herr Haupt war noch nicht dabei, zumindest nicht hinter mir, er ist damals da rechts von mir gesessen, in der rechten Reichshälfte – gesagt: Messt uns an unseren Taten! – Auch Bundeskanzler Schüssel hat gesagt: Messt uns an unseren Taten! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Genau! – Abg. Wattaul: Die Wähler messen uns!)

Tun wir! Wir messen Sie an den Taten, zum Beispiel am neuen Stil dieser Regierung, der sich auf die Kurzformel "speed kills" reduzieren lässt. Das ist der neue Stil: "speed kills". Für die selbst ernannten Familienparteien in der rechten Reichshälfte, die selbst ernannten Familienparteien FPÖ-ÖVP, ein Zusatz: "Speed kills families!" (Beifall bei der SPÖ.)

13.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

13.17

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Themenwechsel: Weg von der Polemik, hin zur Kultur. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )  – Ein bisschen mehr davon würde hier bei Gott nicht schaden! Ich weiß, das ist eine große Herausforderung für Sie. Ich weiß es! (Abg. Dr. Jarolim: Nicht sehr niveauvoll!)

Aber es ist nicht nur dies eine große Herausforderung für Sie, sondern, um zu meinem Thema zu kommen, auch für die Museen ist es eine große Herausforderung, mit der im Bundesmuseengesetz beschlossenen Vollrechtsfähigkeit umzugehen. Große Museen stellen sich dieser Herausforderung leichter. Für kleinere Museen kann diese Eigenständigkeit sowohl in der Präsentation des Museums als auch in der Wirtschaftlichkeit nicht nur zu einer Lebens-, sondern sogar zu einer Über lebensfrage werden. Es ist daher sinnvoll, über mögliche Synergien im musealen Bereich nachzudenken.

Durch die Änderung des Bundesmuseen-Gesetzes im Budgetbegleitgesetz soll das Museum für Völkerkunde und das Österreichische Theatermuseum mit dem Kunsthistorischen Museum sowie die Österreichische Phonothek mit dem Technischen Museum zusammengeführt werden.

Was heißt "Synergien nutzen", meine Damen und Herren? – Synergie heißt nicht territoriales Machtstreben. Synergie heißt nicht Einverleiben kleinerer Museen, um das gesamte operative Budget kurzfristig scheinbar zu sanieren und dann erneut finanzielle Engpässe darzustellen. Nein, Synergie bedeutet ein sinnvolles Miteinander beziehungsweise sogar ein sinnvolles Potenzieren der Möglichkeiten der Sammlungspräsentationen aller Mitwirkenden unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit, des Marketings und letztendlich natürlich auch des Bildungsauftrages.


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Es war uns daher ausgesprochen wichtig, den zukünftigen Geschäftsführer der Museen dazu zu verpflichten, abseits der gesetzlichen Auflagen des Bundesmuseen-Gesetzes binnen drei Monaten nach In-Kraft-Treten der neuen Museumsordnung ein Evaluierungsgutachten betreffend die Zusammenlegung des Österreichischen Theatermuseums, des Völkerkundemuseums und des Kunsthistorischen Museums zu erstellen.

Dieses Gutachten soll die Analyse der betriebswirtschaftlichen Effekte auf Grund der Zusammenlegung aufzeigen und wird dem Kulturausschuss zur Kenntnis gebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Dr. Brinek. ) Warum? – Damit erhalten die Abgeordneten die direkte Information über mögliche betriebswirtschaftliche Synergien und über weitere jährliche Berichte die begleitende Kontrolle dieser auf uns zukommenden Entwicklungen.

Über die sicher neu zu beschreitenden Wege der Kulturfinanzierung wurde in den letzten Jahren auch von sozialdemokratischer Seite viel zu wenig nachgedacht.

Für eine Stadt wie Wien mit seiner europaweit unvergleichlichen musealen Dichte und musealen Vielfalt wird es eine große Herausforderung sein, das gesamte Angebot – unter Einbeziehung des Museumsquartiers, mit all seinen innovativen Möglichkeiten, und unter Einbeziehung der übrigen Museen – in einem gemeinsamen Museumskonzept, in dem die Länder die Wienlastigkeit auch aktiv ein bisschen entschärfen können, zu akkordieren.

Frau Bundesministerin Gehrer wird diesbezüglich sowohl in gestalterischer als auch in finanzieller Hinsicht vor große Aufgaben gestellt werden. Dabei hat sie auch die Möglichkeit, zu beweisen, dass ihr Weg der richtige ist. Wäre sie heute hier, würde ich ihr auf tirolerisch zurufen: Pack’ mer’s, Frau Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte.

13.21

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Herr Abgeordneter Stummvoll hat mehrfach – zunächst hier am Rednerpult, dann auch in Form von Zwischenrufen – das Recht der Demonstrationsfreiheit als "Blockade" bezeichnet, und er meinte, Blockaden seien verwerflich, seien zu verbieten.

Meine Damen und Herren! Kollege Stummvoll – ich würde ihn gerne fragen, aber er ist nicht im Saal –, wie sehen Sie denn dann das regelmäßige Blockade-Verfahren der Frächter, wenn es um die faire Beteiligung an der Straßenfinanzierung geht? (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn wir schon vom Blockieren sprechen, dann bin ich auch schon beim Thema. Die ÖVP hat – ebenso wie die Freiheitlichen in ihrer früheren Oppositionsrolle – in der Vergangenheit die Frauenpolitik blockiert, und Sie tun das nachweislich und nachhaltig auch jetzt und auch in Zukunft. (Abg. Haller: Wir verstehen einfach etwas anderes darunter!) Nicht nur das, Sie blockieren nicht nur, sondern es wird auch viel zurückgenommen, der Weg geht zurück in die Vergangenheit.

Frau Abgeordnete Haller! Sie haben es ganz klar gesagt. Sie sprechen von der "Hängemattenpolitik". Ich habe mir das ganz genau notiert. Die Alleinerzieherinnen werden sich bei Ihnen herzlich bedanken! Die Arbeitslosen werden sich bei Ihnen sehr herzlich bedanken! (Abg. Mag. Schweitzer: Legen Sie eine Bilanz Ihrer Tätigkeit vor! – Abg. Haller: Um ein halbes Jahr haben Sie gekürzt bei den Alleinerziehern! Das weiß jeder!)

Das ist die "Hängematten-Philosophie" der Freiheitlichen und die "Hängematten-Philosophie" der ÖVP! Sie sagen es ohnehin ganz unumwunden. Es ist ja das "Schöne" an dieser neuen Zeit, dass es nicht mehr versteckt gesagt wird, sondern laut ausgesprochen wird, und die Menschen in Österreich werden Ihre Sprache schon noch richtig einzuschätzen wissen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Kollegin Prammer! Was haben Sie bewegt? Legen Sie Ihre Bilanz vor! – Abg. Dr. Pumberger: Was haben Sie vom Frauen-


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Volksbegehren umgesetzt? – Abg. Mag. Wurm  – in Richtung Freiheitliche –: Sie haben die Sozialpolitik abgeschafft!)

Herr Abgeordneter! Ihnen möchte ich nur eines sagen: Sie würden sich viel leichter tun, wenn Sie ein Grammophon aufstellen und diese alte, zerkratzte Platte immer wieder auflegen würden, wenn ich hier beim Rednerpult stehe. Da würden Sie sich ein bisschen leichter tun.

Das ist wie bei einem Haus: Am Dach sind ein paar Ziegel kaputt, und anstatt die Ziegel auszubessern, reißt man gleich das ganze Haus nieder. – Das ist die Politik der Freiheitlichen und der ÖVP, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir kommen ohnehin gleich zum Thema. Ich habe mir Folgendes sehr genau angeschaut: Herr Bundesministerin, Frauenministerin Haupt wurde vor kurzem mehrfach zum Thema Einkommensunterschiede befragt. Er hat auf die Frage: Worin liegen denn die Gründe für die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen? geantwortet: Erstens ist es die Berufswahl, zweitens die Berufsunterbrechung wegen der langen Karenzzeiten, und drittens sind es zu geringe Qualifikationen. – Wie wahr, Herr Ministerin! Das stimmt hundertprozentig!

Sie sind dann aber auch noch gefragt worden: Wie schaut denn die Lösung aus? Wie könnte man zu geringeren Einkommensunterschieden kommen? – Darauf fiel Ihnen nur etwas zu Punkt eins ein, nämlich: der Eintritt in die klassischen Männerberufe. – Wenn das wenigstens auch mit Geld verbunden wäre, aber nein, Sie meinten, Sie wollen motivieren, und sonst nichts. (Abg. Mag. Schweitzer: Habe ich das überhört, wie Sie bilanziert haben?)

Zu den anderen Punkten, nämlich ganz konkret zum zweiten, zur Berufsunterbrechung wegen zu langer Karenzzeit, fällt Ihnen nur das Stichwort "Kindergeld" ein, also lange weg aus dem Beruf. Und damit wollen Sie die Einkommensunterschiede reduzieren?! (Abg. Dr. Pumberger: Sie haben Ihre Amtszeit verschlafen!)

Wie widersprüchlich und wie absurd diese Situation und diese Überlegungen sind, zeigt auch die Widersprüchlichkeit in Ihren eigenen Ausführungen. Sie schaffen gleichzeitig nach der Karenz die Bildungskarenz ab. Dazu sind Sie auch befragt worden, Herr Frauenministerin Haupt, nämlich was Sie zur Abschaffung der Bildungskarenz sagen. Darauf haben Sie gesagt, das kommt aus einem anderen Ministerium. Sie haben sich an Ihrem Sitznachbar schadlos gehalten, an Ihrem Kollegen Bartenstein. Und Sie meinten, Sie werden in Ihrem eigenen Ressort nach Möglichkeiten suchen.

Das haben Sie dann auch etwas ausgeführt, indem Sie gesagt haben, da muss dann die Frau, während sie in Zukunft das Kindergeld, oder wie immer das dann heißen wird, bezieht, auch noch ein bisschen Qualifizierung machen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie wird ja auch voll arbeiten können während dieser Zeit, sie wird sich auch ein bisschen schulen lassen können während dieser Zeit, denn Kinderbetreuung läuft ja "ganz einfach nebenbei". Das wissen wir ja alle, wir Frauen unter uns, Herr Ministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: Subventionszusagen für Frauenprojekte; auch eine ganz spannende Sache. Ich habe versucht, mir das Budget ganz genau anzuschauen, und habe festgestellt, dass es der größte Verschiebebahnhof aller Zeiten geworden ist. Es gilt anscheinend das Motto: Verschieben wir den einen Budgetansatz zum anderen Budgetansatz und dann zum dritten Budgetansatz, denn dann weiß niemand mehr, wie viel Geld wirklich da ist! Das ist die praktische Methode. (Abg. Mag. Schweitzer: Was haben Sie getan?!)

Aber Sie sind ja auch gefragt worden, was Sie in Sachen Frauenförderung vorhaben, und dazu möchte ich Sie wie folgt zitieren:

Ab 2001 werde ich jedoch meine eigenen Entscheidungen für die Subventionspolitik unseres Ressorts fällen. Dort, wo Kürzungen vorgenommen wurden, wie zum Beispiel beim "Unabhängigen Frauenforum", sprich "UFF", sind diese Entscheidungen auf meine Initiative zurückzu


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führen, weil ich mit der Höhe der zugesagten Förderung und der Ausstattung des vorgelegten Projektes Inkompatibilität feststellen musste. – Was immer das heißt. (Abg. Wattaul: Sie haben bewiesen, dass Sie es nicht können!)

Das heißt, Sie wenden hier ein Prinzip an, nämlich die Beseitigung des so genannten Gießkannenprinzips, wie Sie es nennen. Stellen Sie sich die Frauenprojekte vor, die Förderungen von 100 000, 200 000 oder 300 000 S im Jahr brauchen, damit sie überleben können, und dann stellen Sie sich vor diese Frauen hin und erklären Sie ihnen, wie sie plötzlich ohne dieses Gießkannenprinzip eine Überlebenschance haben, Herr Minister!

Aus diesem Grund kann ich nur eines sagen ... (Abg. Mag. Schweitzer: Jetzt ist die Redezeit aus, und Sie haben noch immer nicht gesagt, was Sie umgesetzt haben! – Abg. Dr. Pumberger: Sie haben völlig versagt! Warum haben Sie so versagt? – Abg. Mag. Schweitzer: Konrad, Prammer – unter dem Strich: nichts!)

Ja, ich weiß schon, die zerkratzte Platte wäre viel einfacher. Das ist schon logisch, Herr Abgeordneter Schweitzer. Ihre Platte ist nicht sehr gut anzuhören. Diese zerkratzte Platte würde ich eher ins Kabinett verbannen. Machen Sie doch ein Stück Frauenpolitik und fortschrittliche Frauenpolitik! Aber das wollen Sie nicht! (Abg. Mag. Schweitzer: Haupt macht in zwei Wochen, was Sie in vier Jahren nicht geschafft haben!)

Wir wissen, was Sie wollen: Sie wollen die Frauen zu Hause sehen, daheim und hinter dem Herd (Abg. Mag. Schweitzer: Wir haben keinen Herd!), und so lange das nicht erledigt ist, geben Sie keine Ruhe und keinen Frieden. Aber das ist nicht unsere Politik, und das ist nicht das, was die Frauen in Österreich von der Politik erwarten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Das ist unwürdig! – Abg. Ing. Westenthaler: Als Sie Ministerin waren, haben Sie noch nach der Schrift gesprochen! – Abg. Mag. Schweitzer: Sie hätten Gelegenheit gehabt, eine Erfolgsstory zu schreiben! Die Prammer-Erfolgsstory!)

13.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

13.28

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Paul Watzlawik hat ein Buch geschrieben mit den Titel: "Wie wirklich ist die Wirklichkeit?" In diesem Buch geht es um die selektive Wahrnehmung. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Prammer! Sie erinnern mich an die Zielgruppe dieses Buches, denn Sie haben offenbar etwas gehört, was gar nicht gesagt wurde, da Sie Dr. Stummvoll unterstellen, er habe sich gegen die Versammlungsfreiheit gewandt. Er hat gesagt – das können Sie nachlesen –, die Politik wird im Parlament gemacht und nicht auf der Straße. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf: Das stimmt! – Widerspruch bei der SPÖ.)

Aber in die Zielgruppe dieses Buches fallen nicht nur Sie, Frau Prammer, sondern das sollten auch andere lesen, denn die gesamte sozialdemokratische Fraktion will permanent hier und auch in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, dass es um einen enormen Sozialabbau geht, dass es um eine neue Umverteilung von unten nach oben geht, und Ähnliches mehr.

Meine Damen und Herren! Frau Prammer, Sie haben zwar nur gesagt, Sie hätten den Versuch unternommen, sich die Begleitgesetze anzuschauen – gelungen ist es Ihnen im Detail natürlich nicht. Aber Sie könnten es machen, Sie könnten lesen, Sie könnten rechnen. Schauen Sie sich an, was da wirklich geschieht!

Was geschieht? – Im Budget 2001 wird es insgesamt 11 Milliarden Schilling an Mehreinnahmen aus der Lohnsteuer geben und 15 Milliarden Schilling Erhöhung aus der Einkommensteuer und KöSt.


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Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen – auch in Ihrem Papier –: Im Endeffekt zahlen der Mittelstand und die Unternehmer die meisten Erhöhungen. Das wollen Sie nicht wahrhaben, passt nicht in Ihre Ideologie. Mir passt das natürlich auch nicht ganz, muss ich sagen, denn ... (Abg. Gradwohl: Sie sollten sich ...!)  – Bitte, halten Sie sich ein bisschen zurück! Ich komme gleich auf Sie zu sprechen.

Was die Fondsabschöpfungen anlangt, Herr Finanzminister, muss ich schon sagen: Wir sehen beim FLAF 6,7 Milliarden Schilling, beim AMS 11,3 Milliarden, beim IESG 3,7 Milliarden, beim EFZG 0,3 Milliarden, also insgesamt 22 Milliarden Schilling. Von diesen 22 Milliarden Schilling zahlen die Arbeitgeber – und da irrt Frau Haller, denn das zahlt nicht das Familienministerium, sondern das zahlen die Arbeitgeber – 14,7 Milliarden Schilling. Rechne ich die 16,2 Milliarden Schilling an sonstigen Belastungen hinzu, komme ich auf insgesamt 30,9 Milliarden Schilling. Da kann man schon die Pensionsleistungen abziehen, bleibt doch nur eines übrig, dass nämlich für das Budget von den Fonds abgeschöpft wird. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )

Herr Minister Bartenstein! Was die Arbeitslosenversicherung anlangt, bin ich sehr dankbar dafür, dass es diese Vier-Wochen-Sperre nicht geben wird. Aber: Wenn es eine Quersubventionierung gibt und es sozial ungerecht ist, dass eine Gruppe die andere Gruppe im Bereich der Arbeitslosenversicherung finanziert, so teile ich die Meinung, dass man schauen muss, dass man da die Ungerechtigkeiten beseitigt. Ist es jedoch wirklich gerechter, Herr Minister, dass nicht eine Gruppe für die andere zahlt, sondern dass man insgesamt für das Budget zahlt? – Am gerechtesten wäre es wohl, man würde die Beiträge senken. Das wäre meiner Meinung nach der richtige Weg.

Insgesamt muss ich sagen: Die Wirtschaft ist nicht sehr begeistert. Aber was ist die Alternative, und warum können wir das doch mittragen? – Früher hatten wir immer nur die ÖVP-SPÖ-Regierungsvereinbarung, die nicht zu Stande gekommen ist, jetzt habe ich aber ein besseres Papier, das heute bereits angesprochen wurde: die Presseerklärung, in der Herr Edlinger und Herr Gusenbauer darstellen, wie denn die Alternativen der sozialistischen Budgetpolitik ausschauen.

Punkt 1 ist fett geschrieben: Der Budgetkurs der Bundesregierung ist grundsätzlich falsch, er ist nicht notwendig, weil Österreichs Staatsfinanzen kein Sanierungsfall sind. (Abg. Dr. Trinkl: Grüß Gott!)

Herr Minister Edlinger! Ich muss schon sagen, das ist ein Fall von peinlicher Dreistigkeit, denn wenn die EU mahnt, da wir an letzter Stelle liegen und wir das Budget sanieren müssen, dann im Endeffekt davon zu sprechen, dass das kein Sanierungsfall sei, ist ausgesprochen interessant. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber es geht ja weiter. Punkt 2, Sie sagen: Die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung, ein so genanntes Nulldefizit des Gesamtstaates schon bis zum Jahre 2002 anzustreben, ist völlig willkürlich. Wir sollten uns an Deutschland orientieren; die haben einen viel besseren, nämlich langsameren Kurs. – Zitatende.

Lesen Sie die gestrige Ausgabe des "Kurier", darin ist der Economic Forecast der EU enthalten! Da liegt Deutschland an der letzten Stelle! Herr Schröder gibt offensichtlich für Sie die Marschroute vor. Was Sie da machen, wäre nichts anderes als Benchmarking, orientiert am Letzten, Benchmarking Marke SPÖ.

Warum ist es notwendig, dass wir sanieren? – (Abg. Edlinger: Weil wir so niedrige Vermögensteuern haben, Herr Kollege!) Weil acht andere Länder schon in Richtung Forschung und Entwicklung, in Richtung Infrastruktur investieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie wollen es nicht, Sie wollen wieder nur eines machen, nämlich das, was Sie immer gemacht haben: Durchlavieren und nur keine Probleme ansprechen! (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen unterstütze ich natürlich den Regierungskurs, denn Sie, Herr Edlinger, sagen Folgendes: Verzicht auf weitere Absenkung der Lohnnebenkosten, 5 Milliarden 2002 und


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8 Milliarden 2003. – Dann schreiben Sie aber selbst zwischen Klammern: nur teilweise budgetwirksam.

Rechnen Sie mir vor, was denn an Lohnnebenkosten budgetwirksam abgesenkt wird? Worauf sollen wir denn verzichten?

Weiters schreiben Sie in Ihrer Aussendung: Beseitigung der Befreiung bei der KESt für Devisenausländer. Haben Sie keine Zeitung gelesen? – Unsere Wirtschaftskammer hat eindeutig klargestellt, wenn das kommt, ist das Geld weg. Ja, setzen Sie diese Maßnahme, "wunderbar"!

Aber das, was am besten versteckt ist – Sie sagen ja immer, dass wir Steuererhöhungen und das und das durchführen; was schreiben Sie denn in Ihrem Programm auch noch? –: Unternehmens- und Vermögensteuer gehören ordentlich angehoben, nämlich 2001 7,5 Milliarden, 2002 15 Milliarden und 2003 30 Milliarden. (Abg. Edlinger: Europäisches Niveau!)

Sie haben ein riesiges Steuererhöhungsprogramm vorliegen, nur sagen Sie es nicht, aber Sie schreiben es hinein, zumindest für die Presse. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Bei Ihnen kommt natürlich, Herr Edlinger – Herr Gusenbauer ist leider nicht im Saal –, der berühmte Schwarzunternehmer vor, dem Sie wieder 3 Milliarden Schilling wegnehmen. Die Steuereintreibung kommt nicht mehr vor, die war bei Ihren früheren Sanierungsprogrammen vorhanden, das ist offensichtlich schon erledigt.

Sie haben noch die Rücknahme der Krankenversicherungsbeiträge drinnen. Ich frage Sie: Haben Sie das nicht mitvollzogen? – Hier wurde eine Neuregelung im Bereich der Entgeltfortzahlung geschaffen. Die Krankenkassen ersparen sich Krankengeld, und die Betriebe zahlen sich das selbst. Daher ist es doch ganz logisch, dass man da auch die Beiträge entsprechend senkt.

Es gäbe noch eine Reihe anderer Maßnahmen, die man erwähnen könnte. Aber ich möchte insgesamt nur sagen: Frau Mertel sagt, sie hört das nicht, was andere sagen; Herr Edlinger kann nicht genau nachrechnen, und wieder andere haben andere Probleme. (Abg. Edlinger: Ich kann das schon!) Ich sehe: Das, was Sie da an Konzepten vorlegen, ist eigentlich ein bestürzendes Zeugnis, eine bestürzende Dokumentation, dass Sie nämlich keine Konzepte haben, dass Sie die Fehler der Vergangenheit nicht einsehen, dass Sie die Schuldenpolitik fortsetzen wollen. (Abg. Mag. Wurm: Sie hören das Gras wachsen!)

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen aus der Sicht der Wirtschaft nur sagen: Wir haben das, was Sie gehabt haben, schon probiert. Nein, danke! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Präsident stimmt zu, weil ...!)

13.36

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Herren Minister! Meine Vorredner, Frau Str eibl und auch Herr Mitterlehner (Abg. Steibl und weitere Abgeordnete der ÖVP: Steibl!)  – Steibl, pardon! Entschuldigung! –, haben hier einige Dokumente aufgezählt und gemeint, das sei der falsche Weg. Bei Ihrer Aufzählung ist eines noch nicht vorgekommen, und zwar die August-Ausgabe der ÖAAB-Zeitung. In dieser steht nämlich zu lesen, dass Herr Fasslabend, der hinter mir sitzt, zum Beispiel – wörtlich zitiert – der Meinung ist: Die meisten Maßnahmen davon, den Sozialbereich betreffend, sind für Fasslabend nicht zufrieden stellend. – Zitatende. (Abg. Steibl: Ich habe gesagt, die Regierungsparteien haben konsequent und gut verhandelt!)

Herr Mitterlehner, derselbe Herr Fasslabend verlangt, dass endlich die Steuerschulden der Unternehmer eingetrieben werden sollen – nachzulesen in der ÖAAB-Zeitung vom August


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dieses Jahres, nur damit die Wahrheit im Raum bleibt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über die Budgetbegleitgesetze debattieren und darüber später eine Abstimmung durchzuführen haben und hier immer wieder die Steuerbelastung mit in Diskussion steht, dann bin ich schon sehr für das Benchmarking. Nehmen wir die österreichischen Unternehmenssteuern im Vergleich zu den finnischen! Hätten wir die finnischen Unternehmenssteuern, dann wären wir schon in einer ganz anderen Situation, soweit es die Budgetgestaltung anlangt. Benchmarking kann man nicht einseitig erwähnen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. )  – Ich kann Nokia genauso erwähnen. Wir können uns auch darüber unterhalten, ob die österreichische Forschung – Sie sind nicht der allein zuständige Minister – so orientiert ist, dass zum Beispiel ein Unternehmen wie Nokia in Österreich auch möglich wäre. Ich glaube, dass wir hier noch sehr viel aufzuholen haben.

Aber wenn wir über Benchmarking reden, dann machen wir das Benchmarking allgemein. Da sind wir meiner Meinung nach noch weit entfernt von dem, was uns heute eigentlich beschäftigt. Fast 90 Gesetze sollen einem Ziel untergeordnet werden, nämlich dem Nulldefizit – koste es, was es wolle. Ein Wiener Sprichwort könnte man hier abgewandelt noch anfügen: "Verkauft’s mei Gwand, wenn es net funktioniert, geh i nachher wieder zruck in die Wirtschaft."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Je nach Zielgruppe kann man die Karten nicht herausziehen. Man kann von Seiten der neuen Koalitionsparteien nicht sagen: Wir haben die Steuerreform 2000, wir haben die Familien im Jahr 2000 besser bedient, und wenn man das mit 1999 vergleicht, dann ist es noch immer besser. – Das kommt mir ungefähr so vor, als ob man einem Kind eine Geburtstagtorte mit zehn Kerzen gibt und sagt: Aber dir gehört nur eine Kerze, denn den Rest müssen wir wieder einsparen. – So wird hier Politik betrieben! Die Steuer-reform 2000 wird erwähnt, wenn sie dient, sonst ist sie aber, wie wir heute auch wieder gehört haben, in Wirklichkeit belastend, daher müsse man das wieder reduzieren.

Dasselbe gilt aber auch, wenn die Bundesregierung inseriert: Drei Viertel aller Österreicherinnen und Österreicher sind von den Maßnahmen nicht betroffen. – Wir brauchen ja nur eine Liste abzuhandeln, dann kommt man meiner Meinung nach sehr schnell drauf, dass das nicht der Wahrheit entspricht.

Herr Abgeordneter Gaugg und andere haben gemeint: Irgendwie haben wir ja dafür gesorgt, dass diese ganz schlimmen Maßnahmen nicht kommen! (Das Mikrophon, das vor dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Bartenstein steht, fällt zu Boden. – Abg. Mag. Wurm: Das ist von oben gekommen!) Das kommt mir ungefähr so vor, als ob jemand als Brandstifter unterwegs ist, ein Haus anzündet, auch beim Löschen mit dabei ist und sagt: Ich habe eh dafür gesorgt, dass das Haus nicht ganz abbrennt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit 30 Maßnahmen werden rund 30 Milliarden Schilling von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Ende dieser gesetzlichen Regelungen eingefordert werden. Und da reden Sie davon, dass drei Viertel nicht betroffen sind?!

Die Frau Vizekanzlerin hat auch gemeint – ich habe das gestern gehört –, der Schutz des Rechtsstaates müsse gewährleistet sein. Da frage ich mich: Wie geht es denn nun einem Betroffenen, der einen begründeten Austritt hat?

Was ist ein begründeter Austritt? – Wenn zum Beispiel ein Arbeitgeber nicht in der Lage ist, für die geleistete Arbeit Geld zu bezahlen, dann ist das ein begründeter Austritt. Die neue Bundesregierung sagt: Tut uns Leid, dass du einen begründeten Austritt hast. Wir machen nicht generell vier Wochen Wartefrist, sondern wir machen nur in deinem Fall eine Wartefrist von vier Wochen, denn du hättest ja noch weiter bei dem Unternehmen bleiben können. – Dasselbe gilt auch bei Krankheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn Sie in dieser Frage einen Regionalbeirat einschalten, ist das eine Verschärfung gegenüber der derzeitigen Methode administrativer Art


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und ist nicht gerechtfertigt. Die Arbeitslosenunterstützung hat überhaupt kein Defizitproblem, da sind Überschüsse vorhanden. Hier greifen Sie in ein Recht ein (Abg. Mag. Wurm: "Zweckentfremdet" heißt das!), hier greifen Sie mit Maßnahmen ein, die nicht durch Budgetprobleme begründbar sind. In Wirklichkeit ist das eine Maßnahme, die im nächsten Jahr dazu führen wird – Herr Bundesminister, Sie wissen das –, dass der Bund überhaupt keinen Beitrag mehr zur Arbeitsmarktförderung leisten wird, sondern das wird ausschließlich durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge finanziert. Das kritisieren wir.

Genauso kritisieren wir auch, dass man zum Beispiel die Mitversicherung wegfallen lässt. Denken Sie nur an eine Frau, die 30 Jahre lang gearbeitet hat! Das ist eine konkret Betroffene. Sie arbeitet 30 Jahre lang, ist selbst versichert, wird arbeitslos – das passiert jeden Tag, immer wieder –, ist derzeit bei ihrem Mann mit einem Bruttoeinkommen von 17 000 S mitversichert, aber ab morgen zahlt diese Frau oder der Lebenspartner dann die Mitversicherung, weil sie eben nicht mehr mitversichert ist, obwohl sie 30 Jahre lang selbst einen Beitrag geleistet hat. (Abg. Mag. Wurm: Sehr "gerecht"!)

Ich glaube, dass das mit Gerechtigkeit und Treffsicherheit nur insofern etwas zu tun hat, als dass man wirklich Menschen trifft, ohne auf die Direktbetroffenheit entsprechend einzugehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das gilt auch für die so genannte Ersatzmaßnahme, statt 26 Wochen Wartefrist für den Neueintritt eines Arbeitslosengeldbezuges jetzt eine Ausdehnung auf 28 Wochen. Das ist nämlich noch viel zynischer. Diese Menschen fallen nämlich komplett aus dem Leistungsangebot heraus, sie haben nicht, wie ursprünglich vorgesehen, vier Wochen Wartefrist, sondern sind aus dem Leistungsangebot heraußen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben ja die Wartefrist kritisiert!) Das kommt mir ungefähr so vor, als ob Ihnen eine private Versicherung Folgendes vorschreiben würde: Den ersten Autounfall, den Sie haben, zahlen wir nicht, wir zahlen erst den zweiten; ob wir den dritten zahlen, das überlegen wir auch noch.

Wir haben ganz konkret bei diesen Dingen immer wieder darauf hingewiesen, dass man das nicht tun sollte.

Einen letzten Punkt erlauben Sie mir auch noch anzumerken: Wenn der Gewerkschaftsbund am 5. Dezember um das Parlament eine Menschenkette bilden wird, dann blockiert er keine Straße. Er hat mit Straßenblockaden nichts zu tun, aber er genießt das Recht in der Demokratie, seine Meinung den Abgeordneten, den Männern und Frauen zu sagen, die hier Maßnahmen setzen, aber auch jenen, die sie treffen. Deshalb wird der ÖGB das am 5. Dezember machen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

13.43

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen auf der Ministerbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Verzetnitsch! Es ist nicht darum gegangen, von Seiten der Bundesregierung die Demonstrationsfreiheit und die Meinungsfreiheit in Österreich einzuschränken, sondern es ist nur darum gegangen, eine Relation zwischen der Maßhaltigkeit dieser Maßnahmen, der legistischen und der verfassungsmäßigen Möglichkeiten festzustellen.

Eines darf ich in der Tradition der 14-jährigen parlamentarischen Tätigkeit, die ich ausübte, schon sagen: Wir Freiheitlichen haben in 14 Jahren Opposition nie die Bürger auf die Straße getrieben. Wir hatten ein einziges Mal eine lokale Versammlung in Klagenfurt am Neuen Platz nach der Abwahl von Dr. Haider. Ich glaube, wir haben das Instrument der Demonstration mit mehr Fingerspitzengefühl angewendet, als Sie das heute machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Die Wertung darüber, ob das notwendig ist, ob das angepasst ist, ob das maßvoll ist, mögen Sie treffen. Kein Mensch von Seiten der Bundesregierung hat das verfassungsmäßige Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Demonstrationsfreiheit in diesem Lande eingeschränkt. Aber es wird hoffentlich noch erlaubt sein, die Angemessenheit der Maßnahmen in Relation zu den Maßnahmen, die die Bundesregierung gesetzt hat, zu stellen.

Sehr geehrte Damen und Herrn! Wenn wir heute auch hier von Seiten der Diskussionsteilnehmer aus ... (Von der Zuschauergalerie werden Flugblätter in die – vom Präsidium aus gesehen – linke Hälfte des Plenarsaales geworfen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sowohl Missfallenskundgebungen als auch Zustimmungskundgebungen von der Galerie sind nicht erlaubt. Ich bitte, das zu berücksichtigen! (Unruhe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.  – Abg. Mag. Schweitzer: Typisch ... Gewerkschafter! – Abg. Ing. Westenthaler: Sozialistische Gewerkschafter werfen sozialistischen Abgeordneten Zettel auf den Kopf! – In weiterer Folge werden von der Zuschauergalerie Flugblätter auch in die – vom Präsidium aus gesehen – rechte Hälfte des Plenarsaales geworfen.)

Ich ersuche, wenn ich schon darauf aufmerksam gemacht habe, zumindest die Anordnungen gemäß der Geschäftsordnung zu befolgen. Ich halte es für eine Zumutung – das muss ich in aller Deutlichkeit hier aussprechen –, dass trotz alledem nachher noch immer derartige Aktionen gesetzt werden!

Ich bitte jetzt den Herrn Bundesminister um Fortsetzung seiner Ausführungen.

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, alle Mitglieder der Bundesregierung sind durchaus in der Lage, dann, wenn ihnen Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmende Proteste übermitteln wollen, auch Termine einzuräumen, um auch bei berechtigten Protesten mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes in eine Diskussion einzutreten.

Ich glaube aber nicht, dass es sehr sinnvoll ist, dann, wenn man ernst zu nehmende Proteste deponieren will, hier in Überschreitung der Geschäftsordnung und der Praktiken des Hauses einen medialen Auftritt zu suchen und sich nicht an jene Anlaufstellen zu wenden, bei denen man eigentlich diese Proteste und die abweichenden Meinungen in einer Demokratie demonstrieren, aber auch deponieren sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nunmehr auf einige Bemerkungen, die im Rahmen der Diskussion auch an mich herangetragen wurden, eingehen. Ich darf schon, sehr geehrte Frau Kollegin Prammer, darauf aufmerksam machen, dass ich immer darauf hingewiesen habe, dass ich mir im Frauenbereich, so wie in allen anderen Bereichen, vornehmen werde, Förderungsansuchen genau und auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen.

Ich darf Ihnen dazu Folgendes sagen: Es ist mir ein Ansuchen des UFF um 500 000 S übermittelt worden. Wir haben Ende November dieses Jahres. In diesem Ansuchen inkludiert war der Bundeskongress der Frauen in Österreich. Es konnte mir bis zum heutigen Datum noch nicht erklärt werden, wo dieser Kongress stattfinden soll, unter welchen Rahmenbedingungen er stattfinden soll und wie viel er kosten soll. Daher habe ich, um nicht Gefahr zu laufen, dass Frauengelder, wie es die Gesetze vorschreiben, am Ende des Jahres mit 50 Prozent Verlust weiter vorgetragen werden, umgeschichtet.

Mir ist es wichtig erschienen, einem Frauenprojekt, das derzeit 150 000 S an Förderungsmitteln zugesprochen bekommen hat, 300 000 S zuzusprechen, damit Frauen in aktive Beschäftigung und Unternehmerschaft gebracht werden. Ich habe weiters einem Projekt, das sich mit dem Frauenhandel und mit den Opfern des Frauenhandels auseinander setzt und das ursprünglich 150 000 S zugesprochen bekommen hat, 300 000 S zugesprochen.

Ich hoffe, sehr geehrte Frau Kollegin Prammer, dass Sie wenigstens feststellen, dass alle Zielsetzungen innerhalb der Interessen und der Wünsche der Frauenorganisationen zwar


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umgeschichtet worden sind (Abg. Mag. Prammer: Was ist mit den anderen? Gegeneinander ausspielen!), aber zumindest bei beiden Projekten meine Zielsetzung, nämlich Frauen in den Beruf zu bringen, Frauen in Unternehmerschaft zu bringen, durchgekommen ist und eine höhere Priorität in der Förderung bekommen hat. Zum Zweiten will ich mich sehr wohl auch stärker um die Opfer des Frauenhandels kümmern, als es ursprünglich die Zusage in diesem Modell war.

Sehr geehrte Frau Kollegin Prammer! Sie haben mir auch vorgeworfen, dass ich als Frauenministerin hier von den drei Punkten, die als Karriereknick und für die Einkommenssituation für Frauen gegeben sind, die auch von Ihrer Seite aus unbestritten sind, nur zu Punkt 1 marginale Maßnahmen und zu den Punkten 2 und 3 keine Maßnahmen vorgesehen habe.

Ich darf Sie daher, sehr geehrte Frau Kollegin Prammer, schon darauf aufmerksam machen, dass ich nicht nur davon gesprochen habe, die Frauen zu motivieren, sich bei der Berufswahl mehr für Männerberufe zu entscheiden, sondern dass wir im Programm der Bundesregierung bei der Umsetzung des "Kindergeldes für alle" auch als Programmpunkte Zuverdienstmöglichkeiten, Möglichkeiten von Urlaubsvertretungen und Fortbildung in dieser Zeit mit inkludiert haben. Dieses Ergebnis, diesen Wunsch, habe ich Ihnen vor zwei Tagen in einer persönlichen Aussprache mit mehreren Damen Ihrer Fraktion in meinem Ministerium übermittelt.

Ich bitte, auch wenn wir in manchen Punkten unterschiedlicher Meinung waren und Sie und manche der Frauen der sozialdemokratischen Fraktion gemeint haben, dass damit der Druck der Unternehmer auf die Frauen, weiterzuarbeiten und Vollbeschäftigung nach der Wochenfrist zu leisten, hier nicht von der Hand zu weisen ist, schon darauf aufmerksam machen zu dürfen, dass die Öffnung für die Fortbildung, für die Weiterbildung, für die Höherqualifizierung durchaus Maßnahmen sind, die im Interesse der Frauen sind, nach der Karenzzeit und nach der Kindergeldzeit wieder berufstätig und teilweise sogar dann noch höher qualifiziert berufstätig zu sein, dass sie gut sind. (Abg. Mag. Prammer: Hätten Sie die Weiterbildungskarenz gelassen! – Abg. Mag. Wurm: Warum ist die Weiterbildungskarenz gestrichen worden?)

Sie, Frau Kollegin Prammer, haben in Ihrem Redebeitrag angeführt, dass die Möglichkeiten zur Weiterbildung durch diese Bundesregierung nunmehr beschnitten werden. Ich darf Sie hier zumindest zu einem Teil auf die gesetzlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Wegfall des Weiterbildungsgeldes aufmerksam machen – ich zitiere –:

Personen, die den Nachweis über die Vereinbarung einer Bildungskarenz erbringen, sich aber nach dem 1. Jänner 2001 noch in Karenzurlaub befinden, zum Beispiel Beginn der Bildungskarenz geplant für 1. Feber 2001, haben sohin keinen Anspruch mehr auf Weiterbildungsgeld. – So weit sind wir also offensichtlich konform. – Wenn sie aber während der vereinbarten Bildungskarenzzeit an einer Ausbildungsmaßnahme des AMS teilnehmen, erhalten diese Personen die so genannte Deckung des Lebensunterhaltes, das sind derzeit 6 867 S bei Teilnahme an einer Vollmaßnahme. – Zitatende.

Ich darf es volkstümlich und verkürzt ausdrücken: Bügelkurse und Weihnachtsbäckereikurse, die auch angeboten werden, werden dann nicht mehr gefördert, aber die Teilnahme am Telesoft-Programm zur Weiterbildung wird beispielsweise gefördert. Ich darf Ihnen das schriftlich geben. Ich bitte Sie, das auch an interessierte Kreise weiterzugeben. Sie können es auch dem Protokoll des heutigen Plenartages im Parlament entnehmen. Dazu sind die derzeitigen gesetzlichen Maßnahmen innerhalb des AMS geeignet. Ich bitte Sie schon, auch das den interessierten Frauen in Österreich bekannt zu geben, weil ich glaube, dass Vollmaßnahmen innerhalb des AMS gerade zur Weiterbildung, gerade zur Fortbildung ein wichtiger Beitrag sind.

Ich darf aus meiner Sicht als Sozialminister auch sagen, dass ich mich im AMS erkundigt habe. Wenn sich manche Frauen, während sie Weiterbildungsgeld bekommen, im zweiten oder dritten Selbstfindungskurs befinden, so gestatten Sie mir schon, dass ich hinterfrage, wie gut diese Selbstfindungskurse sind. Sind sie so gut, dass man sie drei Mal wiederholen muss, um sich nach dem dritten Selbstfindungskurs endlich selbst zu finden, oder sind der zweite und dritte Selbstfindungskurs vielmehr dafür da, um jene, die die Selbstfindungskurse innerhalb des AMS


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präsentieren und dabei nicht schlecht verdienen, zu beschäftigen und den Frauen in der Weiterbildung keine andere Möglichkeit, nämlich jene nach Höherqualifizierung und nach beruflicher Fitness für den Wiedereinstieg zu geben? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich meine, sehr geehrte Damen und Herren, daher, dass Ihr Vorwürfe gegen meine Person, meine Interessen und meine Beweggründe zu kurz greifen. Ich gebe Ihnen schon Recht, dass ich auch sehe, dass die eine oder andere Frau, die nunmehr durch den Wegfall des Weiterbildungsgeldes benachteiligt ist, auch in Zukunft benachteiligt sein wird. Aber eines sollte auch gesagt werden: Ab 1. Jänner 2002 wird es zumindest das "Karenzgeld für alle", wenn nicht sogar – und davon bin ich überzeugt, weil das Geld vorhanden ist – das Kindergeld für alle für drei Jahre geben. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird sich die Frage nach Verlängerung um ein halbes Jahr in der Weiterbildungsphase für die Frauen nicht mehr stellen, sondern alle Frauen werden zumindest für zwei Jahre – das wird dann abhängig sein davon, inwieweit die Partner miteingebunden oder nicht miteingebunden sind im dritten Jahr –, vermutlich sogar für drei Jahre die Karenzzeit mit Weiterbildung und mit Fortbildung haben können.

Wenn Sie das nicht als eine Verbesserung der Situation der Frauen, bei drei Jahren Kinderbetreuungszeit auch als eine Verbesserung der Situation der Kinder betrachten, so verstehe ich die Welt – ganz ehrlich gesagt – nicht mehr.

Sehr geehrte Damen und Herren! In aller Kürze möchte ich auch noch etwas hinzufügen: Es ist in diesem gesamten Sozialpaket auch nicht zu übersehen, dass diese Bundesregierung das weiterbetreibt, was wir in das Regierungsprogramm geschrieben haben, nämlich die langsame Harmonisierung der einzelnen Sozialversicherungssysteme. Ich weiß schon, von Seiten der Arbeitnehmerschaft wird das wieder mit scheelen Augen angesehen, aber dass etwa Bauern über 200 000 S Einheitswert nunmehr die Möglichkeit bekommen, Buch führend mit den Rahmenbedingungen der gewerblichen Wirtschaft in Zukunft ihre Betriebe zu leiten und ihre Beitragsleistungen zu gestalten, sollte auch nicht übersehen werden. Das ist eine Fortführung der Harmonisierung der Systeme.

Sehr geehrte Damen und Herren von Seiten der Sozialdemokratie! Sie haben immer gesagt, dass diese Maßnahmen der Bundesregierung nur ein vordergründiger Griff in die Tasche der Österreicherinnen und Österreicher sind, um schnell das Budget zu sanieren, aber nicht langfristig vorzuplanen. Ich darf Sie schon noch einmal auf die Zahlen aufmerksam machen, die ich gestern bereits erwähnt habe, und zwar dass im Zeitraum 2001 bis 2005 insgesamt 31,206 Milliarden Schilling an Mittelzuführung notwendig sein werden, um die Pensionsversicherungsanstalten aller Betroffenen, von den Bauern über die Selbständigen, den Bergbau, die Eisenbahner, die Angestellten bis hin zum ASVG-Bereich, zu stabilisieren, um den Pensionistinnen und Pensionisten und den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern das zu garantieren, was sie auch heute bekommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung ist in der glücklichen Lage, bei diesem Budgetbegleitgesetz keine neuen Steuern und Gebühren erfinden zu müssen, denn die sozialdemokratischen Vorgänger haben bereits alle eingeführt. Betrachte ich etwa nur jene Punkte im Gesundheitsbereich, die Sie moniert haben, zum Beispiel die Lenkungsabgabe der Rezeptgebühr, muss ich sagen: Das ist nicht uns Freiheitlichen eingefallen. Wir haben sie um 10 S für die Bürger erhöht – sicherlich eine Belastung –, aber mit dem Lenkungseffekt ausgestattet.

Herr Kollege Verzetnitsch hat am letzten Plenartag das Beispiel von den 15 000 S an Rezeptgebühr ins Treffen geführt. 12 300 S davon haben die Sozialdemokraten zu verantworten und nur 2 700 S die jetzige Bundesregierung. Das sage ich auch in aller Klarheit und Deutlichkeit.

Betreffend Beiträge in den Krankenanstalten: Das Taggeld haben nicht wir eingeführt, sondern wir haben es in der Form ausgestattet. Ich gebe zu, dass da eine Mittelzuführung an die Sozialversicherungsanstalten erfolgt, die der Bürger zu zahlen hat. Das ist evident. Aber, sehr


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geehrte Damen und Herren von Seiten der Sozialdemokratie: Haben Sie nicht auch bedauert, dass im österreichischen Sozialversicherungssystem 5 Milliarden Schilling fehlen? Haben nicht auch Ihre Vertreter im Hauptverband verlangt, dass diese Mittelzuführung über eine Erhöhung von 0,2, ja sogar auch von 0,3 Prozent von den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes zu zahlen ist?

Ich bin immer für Lenkungseffekte eingetreten. Ich darf nur die Ambulanzen des AKH Wien nehmen. Für die Ambulanzen des AKH Wien wurden 1997 etwa 970 Millionen Schilling von der Gebietskrankenkasse refundiert und 3,5 Milliarden Schilling vom Steuerzahler, der Gemeinde Wien, obwohl all das Gesundheitsleistungen sind, die vom Gesetz her eigentlich von der Sozialversicherung zu tragen sind.

Glauben Sie nicht, dass es gerechtfertigt ist, da Lenkungsbeiträge einzuheben? Glauben Sie nicht, dass unser System, Lenkungsbeiträge einzuheben, besser ist? Am Beispiel des Beziehers von 10 000 S 14 Mal im Jahr noch einmal aufgezeigt: Nur mit 0,2 Prozent gerechnet, wären es 280 S – wir haben 250 S eingeführt!

Wir wollen neben dem Einsparungseffekt, den wir durch diese Lenkungsmaßnahme erzielen werden, so wie in sehr vielen sozialdemokratisch gelenkten Ländern die niedergelassenen praktischen Ärzte als "gate keeper", als Eingangspforte in das Gesundheitssystem, als kompetente Verteilungsposition genau dort haben und wieder in ihrer Position stärken.

Wir wollen Leistungen, die heute in den Krankenanstalten, aber auch in anderen Ambulanzen erbracht werden und dort zweifelsfrei kostenungünstiger sind – nämlich bei gleicher Leistung und gleicher Qualität oft mit einer Kostenstruktur von bis zu dreifacher Höhe –, wieder dorthin rückverlagern, wo sie bei gleicher Qualität kostengünstiger erbracht werden können, damit in Zukunft für die Sozialversicherungen wieder jener finanzielle Spielraum geschaffen wird, der es ermöglicht, allen Bürgern eine Medizin zu gewährleisten, die keine Klassenmedizin ist, sondern für alle zugänglich, für alle Leistungsempfänger auch in entsprechender Form leistbar ist und für alle Bevölkerungsschichten von der Wiege bis zur Bahre – im wahrsten Sinne des Wortes – auch die höchsten spitzenmedizinischen Leistungen Europas gewährleisten soll. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Pumberger. )

All das wird nicht möglich sein, wenn wir keine Mittel zuführen. Wir haben darauf gesetzt, den billigeren Weg für den Beitragzahler zu gehen, jenen über die Erhöhungen von Lenkungsabgaben – auch im Bewusstsein dessen, dass dieses Instrument besser geeignet ist, populistische Politik darauf auszurichten.

Aber auch Ihre Vorschläge, sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, hätten den Bürger Geld gekostet – und zwar, wie ich Ihnen nachweisen konnte, mehr als unsere Lenkungsmaßnahmen. Seien Sie also, wenn Sie die Ambulanzgebühren kritisieren, so fair, in der Öffentlichkeit auch zu sagen, dass Ihre Maßnahmen die Bürgerinnen und Bürgern mehr Geld gekostet hätten.

Noch etwas: Für sozial Schwache, für chronisch Kranke und für Gebiete, in denen es keinen niedergelassenen Facharzt gibt, der diese Leistungen erbringen könnte, haben wir Ausweichmöglichkeiten, sprich Ausnahmemöglichkeiten im Gesetz fixiert. Wir haben darüber hinaus die konkrete Entscheidung über diese Ausnahmemöglichkeiten dort belassen, wo es uns sinnvoll erscheint: bei der Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger, die erstens die Daten haben und zweitens auf dem schnellsten Wege sozial eingreifen können.

Schauen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, dass Ihre Funktionäre das von Ihnen behauptete soziale Herz auch tatsächlich haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: ... auch sein Herz für die Arbeiter entdeckt!)


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14.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Staffaneller. – Bitte.

14.01

Abgeordneter Norbert Staffaneller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf die Bemerkungen zweier Vorredner eingehen.

Frau Abgeordnete Haidlmayr hat gemeint, diese Regierung hätte die Förderungen für Behinderte im AMS-Bereich eingestellt. – Das stimmt nicht! Das entspricht nicht den Tatsachen. Die Förderung für Behinderte in Form von Schulungsmaßnahmen wurde von Klima im Wahlkampf 1999 eingestellt, weil er die dafür vorgesehenen Mittel auf sein Jugendprogramm umgelenkt hat, das jedoch in der Form, wie er es wollte, nie zum Tragen gekommen ist.

Herr Bundesminister Haupt hat schon erwähnt, dass viele zwei, drei Mal zu Schulungen gekommen sind. Ähnlich war es auch bei den Jugendlichen. Es sind zu mir als Leiter einer AMS-Geschäftsstelle Mütter gekommen, die Jugendlichen haben geweint, weil sie das zweite, dritte Mal ein Praktikum in Form dieser Jugendschulung machen sollten – etwa bei Großmärkten Stapel einräumen –, aber eine Ausbildung hat nie herausgeschaut und auch kein fixer Arbeitsplatz!

Ich habe damals und bis heute keinen Aufschrei der Frau Abgeordneten Haidlmayr über diese Maßnahmen gehört, was mich, ehrlich gesagt, sehr trifft.

Eine zweite Anmerkung zu Frau Abgeordneter Silhavy. Frau Silhavy ist sehr realitätsfremd. Sie agiert abgehoben, von den hohen AK-Stellen aus, und hat anscheinend keinen Bezug zu den örtlichen Bezirkssekretären des ÖGB und auch nicht zu den Bezirkssekretären der Arbeiterkammer. Diese wissen doch ganz genau – auch im Beirat wurde dieses Problem wiederholt besprochen –, dass Bauarbeiter nicht den gesamten Winter durcharbeiten können, und, weil sie eben schwer arbeiten müssen, dann, wenn es auf dem Berg schneit, den Schnee teilweise als "Maurergift" ansehen und sagen: Jetzt will ich Arbeitslose beziehen! (Abg. Silhavy: Das haben Sie gesagt in der "Zeit im Bild 2"!)  – Das stimmt bitte! Frau Silhavy, Sie haben nur die halbe Wahrheit gesagt. (Abg. Silhavy: Das kann man vom Tonband abschreiben!) Sie haben nicht zugehört.

Das andere in diesem Interview war ein Beitrag, und zwar in der Form, dass einerseits Firmen teilweise Leute, die gar nicht gehen wollen, in die Arbeitslose schicken, es aber andererseits Firmen gibt, die dringend Aufträge, Arbeiten zu erledigen hätten, dies aber nicht können, weil ihnen die Arbeitskräfte fehlen. Und dass diesbezüglich eine Änderung angebracht wäre, nämlich eine in Richtung Ganzjahresarbeitszeitmodell, dass man also den Urlaub anrechnet – so, wie wir das vorhaben –, auf diese Idee ist diese Frau Abgeordnete Silhavy nie gekommen!

Sehr wohl aber ist sie auf die Idee gekommen, zu verhindern, dass Frauen zu gleichen Bedingungen wie Männer in Elektro-, Elektronikbetrieben arbeiten dürfen, sie ist auch mit dafür verantwortlich, dass die Frauen in den Grenzlandbezirken noch zu Niedriglöhnen beschäftigt sind. Dafür ist sie verantwortlich. Diese Verantwortung nimmt ihr niemand ab.

Sehr geehrte Damen und Herren! Über mehrere Jahrzehnte hinweg hat die Sozialdemokratische Partei die Arbeits-, Finanz- und Sozialpolitik, die Gesundheits- und Pensionspolitik bestimmt. Die wenig erfreulichen Ergebnisse ihres Wirtschaftens, nämlich ein enormer Schuldenberg von 1 700 Milliarden Schilling, veraltete Strukturen, Hypotheken für die nächste Generation und anderes mehr, sind Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, hinlänglich bekannt.

Diese Regierung ist angetreten, um Reformen durchzuführen, damit die Pensionen für die Älteren und auch für die Jugend in Zukunft gesichert sind. Bei Gesprächen mit der Jugend, aber auch mit den Älteren – man muss nur hinausgehen, man darf das nicht nur von hier aus, vom Parlament aus betrachten – spürt man, dass uns die Bevölkerung sehr dankbar dafür ist, dass wir diese Reformen eingeleitet haben, sodass die Menschen in Zukunft mit ihren Pensionen rechnen können.

Dieser Herr Bundesminister hat sich zu einem guten Teil von der Sozialromantik, von der seine Vorgänger geprägt waren, entfernt und schaut der Realität in die Augen, der Realität, wie sie


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eben ist! Und nur so werden wir gemeinsam die Zukunft meistern. Die Jugend, aber auch die Älteren verstehen diese Reformschritte. (Abg. Edlinger: Ja, Sie sind der Freund der "kleinen Leute" ...! – Ruf bei der SPÖ: Das ist der Gaugg!) Das sage ich nun zum wiederholten Male.

Zur Arbeit: Das AMS hat Schwerpunktprogramme und Ziele gesetzt, in denen eindeutig festgehalten ist, dass zum Beispiel Gründerprogramme ausgearbeitet werden sollen. Es sollen mehr Betriebsgründungen stattfinden, da die Zahl der Selbstständigen, die Landwirte mit eingerechnet, in den letzten zehn Jahren um ungefähr 50 000 geringer geworden ist.

Es soll auch die Behindertenmilliarde wirklich zum Tragen kommen, um jenen Menschen zu helfen, für die in den letzten zehn Jahren kaum etwas getan worden ist. Nicht umsonst ist die Anzahl der als arbeitslos vorgemerkten Behinderten um mehr als 100 Prozent, nämlich von 18 000 auf über 40 000, gestiegen. Diesbezüglich gibt es ein gemeinsames Vorgehen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Wie wir gehört haben, stehen für aktive Arbeitsmarktpolitik nicht 8,8, sondern 10,1 Milliarden Schilling zur Verfügung. Die Abgrenzung bei Behinderten ist fließend. Man kann auch ältere Langzeitarbeitslose mit Körperschäden dazu zählen. Es werden also beide Ministerien zusammenarbeiten und diese Probleme lösen.

Die Ansätze sind vorhanden, die Erfolge auch: Die Arbeitslosigkeit ist wesentlich gesunken, nämlich um über 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr, und zwar insgesamt, also in den verschiedenen Sparten: bei den Jugendlichen, bei den Älteren, auch bei den Behinderten – das ist bereits die Arbeit dieser Regierung!

Mir ist nicht bange. Ich glaube, die Bevölkerung wird das in entsprechendem Maße zu honorieren wissen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.09

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Staffaneller hat mir soeben im Zusammenhang mit einem Zitat von ihm, das ich in meinem Debattenbeitrag erwähnt habe, unterstellt, ich wüsste nicht, wie es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht.

Ich berichtige tatsächlich: Im Gegensatz zu Herrn Staffaneller weiß ich, wie es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht, vor allem wie es den Bauarbeitern geht. Ich zitiere noch einmal: Herr Staffaneller – und nicht ich! – hat am 29. September dieses Jahres in der "ZIB 2" um 22 Uhr gesagt – und Herr Staffaneller ist zufällig auch Regionalstellenleiter des AMS, das möchte ich noch betonen! –:

Die Bauarbeiter glauben hier, ich nenne einen Anspruch: Wenn es am Berg dann oben schneit, das ist Maurergift, dann legen wir die Kelle nieder und dann warten schon die Nebenarbeiten – also Schwarzarbeit, er hat gesagt Pfusch. – Zitatende. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das sind die Worte des Herrn Staffaneller. Das ist die Menschenverachtung, mit der Sie mit den Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Hause umgehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

14.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich dem Nächsten auf der Rednerliste das Wort erteile, erteile ich es Herrn Abgeordnetem Kostelka, der sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat. – Bitte.

14.10

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir haben in der Präsidiale am 23. Oktober dieses Jahres vereinbart, dass die Regierungsfraktionen den anderen Fraktionen dieses Hauses Abänderungsanträge und Entschließungsanträge mindestens zwei Tage vorher  – wie es im Präsidialprotokoll heißt – übermitteln werden.


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Wir sind nunmehr von den beiden Regierungsfraktionen davon in Kenntnis gesetzt worden, dass der 64. von insgesamt 70 Abgeordneten einen umfangreichen Abänderungsantrag, der uns bisher nicht übermittelt wurde, einbringen wird, und zwar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, einer Materie, die nicht in Begutachtung war, die darüber hinaus der Verfassungswidrigkeit verdächtig ist und in deren Rahmen Wohnungen im Umfang von 30 Milliarden Schilling auf den Markt geworfen werden, was den Mietern die Gemeinnützigkeit nehmen wird.

Herr Präsident, ich ersuche Sie, unverzüglich, auch im Wege einer Präsidiale, zu klären, ob in Entsprechung dieser Vereinbarung in der Präsidiale die Einbringung dieses Antrages unterbleibt und ob darüber hinaus sichergestellt ist, dass der Ausschuss die Vorberatung von solchen Vorlagen auch tatsächlich vornehmen kann. Das wäre doch die Konsequenz einer solchen Vorgangsweise: 5 Minuten vor der Abstimmung werden umfangreiche Anträge eingebracht und damit eine angemessene Beratung im Plenum des Nationalrates, aber auch in den Ausschüssen verunmöglicht.

Ich bitte Sie daher, die Präsidiale unverzüglich damit zu befassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist eh heute eine! – Abg. Silhavy: Es ist ungeheuerlich, wie diese Regierung mit der Demokratie umgeht! – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Das haben wir von der Sozialdemokratie gelernt!)

14.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist zweifelsohne richtig, dass immer wieder knapp vor Abstimmungen relativ umfangreiche Entschließungs- oder auch Abänderungsanträge eingebracht werden, sodass die nicht einbringenden Parteien Probleme haben, in kurzer Zeit feststellen zu können, was der tatsächliche Inhalt ist und ob sie bereit wären, mitzugehen – ja oder nein.

Was den konkreten Fall betrifft, würde ich Sie ersuchen, mit den Klubobmännern der beiden Regierungsparteien sofort Kontakt aufzunehmen und zu klären, inwieweit die der freiwilligen Vereinbarung zugrunde liegenden Spielregeln tatsächlich aufrecht sind oder nicht. Ich kann es von meiner Position aus nicht beurteilen.

Ich erteile damit der nächsten Rednerin, Frau Abgeordneter Bures, das Wort. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler verlässt den Sitzungssaal.)

14.13

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Westenthaler verlässt schnell den Raum. (Abg. Schwemlein: Fluchtartig!) Ich verstehe das. Er möchte nichts dazu sagen, ob er tatsächlich vorhat, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion massive Verschlechterungen für Mieter zu beschließen.

Mich würde tatsächlich interessieren – und ich bitte den nächsten Redner der Regierungsfraktionen dazu Stellung zu beziehen –, ob es wahr ist, was sich gerade herumspricht, nämlich dass Sie planen, dass der letzte Redner der FPÖ-Fraktion einen Abänderungsantrag zu diesem ohnedies schon grausamen Budgetbegleitgesetz einbringt, der zusätzlich 30 Milliarden Schilling in das Budget liefern soll – auf Kosten von 106 000 Familien in diesem Land, nämlich 106 000 Familien, die in Wohnungen wohnen, deren Eigentümer Bund oder Bundeswohnbaugesellschaften sind, und die morgen nicht mehr wissen, ob nicht in Zukunft ein Häuserspekulant ihre Wohnung vermietet und verwaltet.

Ich denke, dass alle Familien, alle Mieter ein Recht darauf haben, dass Sie das nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion machen, und vor allem ein Recht darauf haben, dass sie darüber informiert werden, wenn Sie vorhaben, den Ausverkauf dieser Häuser, all dieser Gesellschaften und damit in Wirklichkeit sozusagen des sozialen Wohnbaubestandes in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu ermöglichen. Das zeigt eigentlich nur, dass zu dieser massiven sozialen Kälte, die heute ohnedies breit diskutiert wurde, auch eine demokratiepolitische Kälte Ihrerseits dazukommt. (Abg. Böhacker: Ihr müsst euch halt warm anziehen!)


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Das ist kein Umgang mit dem Hohen Haus, den Sie da pflegen. Es ist kein Umgang mit dem Hohen Haus, wenn es ohnedies für dieses Budgetbegleitgesetz kein Begutachtungsverfahren gegeben hat, wenn Sie im Zuge des Hearings zum Budgetbegleitgesetz die Chuzpe hatten, 30 Minuten vorher einen über 40-seitigen Abänderungsantrag vorzulegen (Abg. Neudeck: Was ist eine Chuzpe?)  – und der war noch nicht einmal vollständig, denn anscheinend planen Sie, heute in der Nacht zu diesem 40-Seiten-Abänderungantrag, den Sie schon eingebracht haben, noch eine Antrag einzubringen, der nicht im Ausschuss diskutiert werden konnte, der nicht begutachtet werden konnte. Sie machen es wohl auch deshalb in der Nacht, damit er hier im Plenum nicht mehr diskutiert werden kann. (Abg. Schwemlein: Drüberfahren!)

Sie scheuen die Auseinandersetzung mit dieser Materie, und Sie haben Recht, diese zu scheuen, denn es ist eine der größten Grausamkeiten, die Sie damit planen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sagen Sie doch, was dieser mir zugekommene Abänderungsantrag bedeutet! Sagen Sie diesen 106 000 Familien, die davon betroffen sind, dass es nicht wahr ist, dass sie Wohnungseigentümer werden können, sondern dass ihre Gebäude verschleudert werden! Sagen Sie diesen Familien, denen Sie versprochen haben, Mieten zu senken, dass es nicht wahr ist, dass sich durch diese Regelung an den Mieten nichts ändern wird!

Ich kann Ihnen eine ganze Palette aufzählen, wofür Mieter in Zukunft, wenn Sie das heute in der Nacht durchführen, zahlen müssen: Sie müssen höhere Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge zahlen, weil diese im vollen Ausmaß ausgeschöpft werden. (Abg. Neudeck: Sie haben ja nur Angst, dass die Mietervereinigung arbeitslos wird!) Sie werden mit Fremdmittelverzinsungen und nicht mit Eigenmittelzinsen belastet sein, das hat massive Auswirkungen. Sie werden höhere Verwaltungs- und Betriebskosten zu zahlen haben, weil diese bis aufs Äußerste ausgenützt werden. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich vertrete Mieter in privaten Althäusern (Abg. Neudeck: Schlecht!) und weiß daher, dass diese mit genau solchen Problemen konfrontiert sind. Daher bin ich froh darüber, dass es auch soziale Vermieter und den sozialen Wohnbau gibt, den Sie aber offensichtlich zerschlagen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sie meinen jetzt aber nicht die Gemeinde Wien! – Abg. Binder  – in Richtung des Abg. Neudeck –: Sie dürfen sich zu Wort melden!)

Aber wie immer zahlen es nur die einen! Jetzt müssen jene 106 000 Familien dafür herhalten, dass Sie, Herr Bundesminister Grasser, in den letzten Wochen ein wirtschaftspolitisches Debakel in diesem Land angerichtet haben, ein wirtschaftspolitisches Debakel, was den Verkauf der UMTS-Lizenzen betrifft, ein Debakel, was den missglückten Börsegang der Telekom betrifft. Damit werden Sie nun nicht zu Ihrem Körberlgeld kommen, das Sie gerne für den Kinderbetreuungsscheck hätten, daher verscherbeln Sie jetzt die Wohnungen jener Familien, die geglaubt haben, in diesem Land sichere Wohnungen zu finden. Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, verscherbeln Sie die Wohnungen vielleicht an jenen Immobilienmakler, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der BUWOG ist? Erstmals in der Zweiten Republik ist nämlich ein privater Immobilieninvestor Aufsichtsratsvorsitzender im sozialen Wohnbau! Sucht sich dieser bereits die schönsten Grundstücke und Liegenschaften aus? (Ruf bei der SPÖ: Freunderlwirtschaft!) Dann werden wir es ja wieder sehen: Die Erträge für das Budget werden niedrig sein, profitieren werden die Plechs und die anderen Herren von der FPÖ und ÖVP, die den Immobilieninvestoren das Geld zuschieben wollen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Warum sind Sie so aufgeregt?)

Ich kann Ihnen das schon sagen: Mich regt das Schicksal von 106 000 Familien wahrlich auf! Dass Ihnen das Schicksal aller Menschen, die ein geringes oder mittleres Einkommen haben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neudeck ), völlig egal ist, haben Sie in den letzten Tagen und Monaten ohnedies bewiesen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich bin ja mit meiner Meinung, wonach man so eine Materie, die so vielen Menschen Verschlechterungen bringt, nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion erledigen soll, nicht allein. Ich


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möchte Ihnen eine Presseaussendung dazu vorlesen, denn es hat ja ein gewisses Verwirrspiel gegeben. Schon letzte Woche hat es geheißen, es kommt ein Abänderungsantrag in den Ausschuss. Ich habe gewartet. (Abg. Schwemlein: Das war wahrscheinlich Absicht!) Es kam aber kein Abänderungsantrag in den Ausschuss – ganz im Gegenteil! Die Wohnbausprecher der Regierungsparteien haben eine Pressekonferenz gegeben und sind gemeinsam zu der Erkenntnis gekommen – ich zitiere aus einer APA-Aussendung, die vier Tage alt ist –:

"Das ‚heikle Thema‘ einer großen Reform im WGG könne nicht ‚binnen zwei Wochen als Budgetbegleitgesetz‘ erledigt werden, sagte Firlinger. VP-Wohnbausprecher Walter Tancsits erklärte, das WGG solle, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, erst nächstes Jahr reformiert werden."

Sagen Sie mir, was sich in den letzten vier Tagen abgespielt hat, oder stehen Sie zu Ihren Worten, und ziehen Sie diese furchtbare Vorlage, die Sie planen, zurück!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie haben nicht nur dieses Haus nicht informiert, Sie haben nicht nur die Diskussion im Ausschuss nicht zugelassen, Sie haben vor allem mit den Betroffenen, mit den Mieterinnen und Mietern dieses Landes, nicht darüber gesprochen. Lassen Sie sie daher über dieses Budgetbegleitgesetz abstimmen, stellen Sie sich dieser Diskussion!

Ich garantiere Ihnen: Die MieterInnen werden sich das nicht gefallen lassen! (Beifall bei der SPÖ.)

14.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

14.20

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! (Abg. Schwemlein: Österreich neu regieren: Drüberfahren! Speed kills!) Frau Kollegin Bures wird mir verzeihen, dass ich auf ihre Anschuldigungen – sage ich jetzt einmal – nicht eingehen werde. Sie ist lange genug im Parlament, um zu wissen, dass sich jeder von uns mit verschiedenen Themen befasst. (Abg. Schwemlein: Sie können ja nicht alle Komplexe verstehen! Das wirft man Ihnen ja auch nicht vor!) Sie müssen das ganz einfach akzeptieren und mir zugestehen.

Überhaupt ist die heutige Debatte schon sehr aufgeheizt. (Abg. Dr. Mertel: Sie drücken sich! Da gibt es eine Eisenbahnerwohnungsgenossenschaft in Villach!) Ungeheuerlich sei es, sagt Kollegin Silhavy, wie die Regierung mit der Demokratie umgeht. Ich frage mich: Hat die ehemalige Regierungspartei, die immer wieder darauf hinweist, dass alles, was in den 30 Jahren passiert sei, ihr Verdienst sei (Abg. Dr. Mertel: Sie drücken sich!)  – ich denke zwar, dass es vor allem das Verdienst der fleißigen Österreicherinnen und Österreicher war, aber gut (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), Sie sagen, es war Ihr Verdienst –, in wenigen Monaten vergessen, was Demokratie bedeutet?

Bedeutet das für Sie Demokratie? (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe. – Abg. Schwemlein: Natürlich!) Ihr Präsident und Sie alle wissen, dass man von der Galerie nichts herunterwerfen darf!

Haben Sie gesehen, wer das heruntergeworfen hat? – "Wir, die sozialdemokratischen GewerkschafterInnen in den BMHS"! (Abg. Schwemlein: Sie verweigern ja den Dialog! Wie sollen sich die Leute mitteilen?) Sie sagen: Leute auf die Straße! Sie sagen: Wir brauchen bei dem Sparpaket eine Volksabstimmung! (Abg. Dr. Mertel: Drückebergerin!)

Sie werfen der ÖVP auch vor, dass wir den Wählern nicht gesagt haben, was wir vorhaben. – Das muss ich schon einmal richtig stellen. Wir haben schon vor Jahren gesagt, damals, als wir nach einem Jahr Neuwahlen gefordert haben: Die Wahrheit ist jedem zumutbar! Wir können finanztechnisch nicht mehr so weitermachen, sonst geht dieser Staat bankrott! (Beifall bei der


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ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)  – Sie haben gesagt, das sei nicht notwendig! Uns können Sie das nicht vorwerfen. (Abg. Dr. Mertel: ... Phantasie ...!)

Beim letzten Sparpaket, das es ja zweifelsohne gegeben hat (Abg. Dr. Mertel: Zwei!), im Rahmen dessen auch große Eingriffe vorgenommen wurden (Abg. Dr. Mertel: Aber sozial gerecht!), kann ich mich nicht daran erinnern, dass Sie auf einmal gesagt haben: Wir müssen jetzt das Volk befragen, wir müssen jetzt eine Volksabstimmung machen, ob das Volk damit einverstanden ist!

Jetzt aber fordern Sie das! (Abg. Schwemlein: Wir haben es eben im Sinne der "kleinen Leute" gemacht! Das war sozial gerecht!) Es ist eh klar, als Opposition kann man sich das vorstellen, allerdings frage ich Sie schon: Sie alle kennen das Budgetbegleitgesetz – 90 Gesetze werden dadurch geändert, das ist so dick –, darüber wollen Sie die Bevölkerung fragen: Was sagen Sie dazu, kennen Sie sich da aus, wie stimmen Sie ab? Oder machen Sie einfach nur populistische Politik, indem Sie es einfach darauf reduzieren, zu sagen: Steuerzahler, wollt ihr Steuern zahlen oder nicht? – Ich würde auch sagen: Ich will nicht 50 Prozent Steuern zahlen! – Also so populistisch zu agieren, wie Sie das gerade tun, ist meiner Ansicht nach grob fahrlässig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Den Bürger zu befragen, als grob fahrlässig zu bezeichnen, das ist Realitätsverweigerung!)

Zu Ihrem Entschließungsantrag: Diese Forderung bedeutet eine Abkehr vom selbst gewählten Ziel, schon im Jahre 2002 ein Nulldefizit zu erreichen. Ich mache jetzt auch eine Kurzfassung: Für mich ist der Antrag, den Sie heute eingebracht haben, ein Antrag zum Nichthandeln! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Für die Aktualität möchte ich vielleicht noch dazusagen: Es war in Amerika schon sehr schwierig, irgendwo zwischen Gore und Bush das richtige Stanzloch zu machen, aber bei der Volksabstimmung über das Budgetbegleitgesetz werden die Leute sicher wissen, worüber sie damit abstimmen (Abg. Dr. Mertel: Die Abstimmung findet in Österreich statt, nicht in Florida!), was diese 90 Gesetzesänderungen bewirken! (Abg. Schwemlein: Halten Sie den Bürger nicht für ungebildet! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber ich möchte trotzdem noch dazu sagen: Die Budgetkonsolidierung ist ja bitte kein Selbstzweck dieser Bundesregierung, sondern eine Notwendigkeit. Und Sie wissen, was unser Ziel ist: Der Wirtschaftsstandort Österreich und die hohe Beschäftigung müssen gesichert werden. Sie alle wissen, dass wir noch nie einen so hohen Beschäftigungsstand hatten, auch das sollte man immer wieder positiv hervorheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie wissen, dass wir heute allein 100 Milliarden Schilling im Jahr an Zinsen – nur die Zinsenlast – zahlen müssen, und Sie wissen auch, dass damit die Kreditwürdigkeit Österreichs, würden wir so weitermachen, auf den internationalen Kapitalmärkten wirklich in Gefahr geriete. (Abg. Schwemlein: Na holla!) Jene 7 000 S oder jene 30 000 S, die jeder Arbeitnehmer pro Jahr mehr hätte, wenn wir diese Zinslasten nicht hätten, möchte ich gar nicht noch einmal zitieren. (Abg. Schwemlein: Frau Kollegin, reden Sie über Sachen, von denen Sie vielleicht etwas verstehen!)

Sie wissen auch, dass wir einen Spielraum für die Forschung, einen Spielraum für neue Technologien brauchen. Wir brauchen eCommerce, wir brauchen viele neue Ideen, wir brauchen Geld in der Forschung, in der Bildung – und dafür muss man einen Spielraum schaffen. Deswegen gibt es diese Einsparungen, die zum Teil auch schmerzhaft sind, das möchte ich gar nicht abstreiten. (Abg. Schwemlein: Dann holen Sie es sich bei den Leuten, die es leisten können, und nicht bei den armen Leuten! Dann unterstützen wir Sie!) Aber wir müssen uns dazu bekennen!

Heute sind schon so viele Sprichwörter zitiert worden, daher möchte ich auch ein Sprichwort zitieren, ein kärntnerisches Sprichwort (Abg. Schwemlein: Im Wald ist es dunkel, im Wald ist es ...!): "Ein Schuft ist der, der mehr gibt, als er hat!" – Genau das haben wir in den letzten Jahren immer gemacht, aber das wollen wir nicht mehr machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Ich möchte jetzt aber doch konkret auf zwei Punkte eingehen. Das eine ist die Mitversicherung, die in Zukunft für Frauen, die keine Kinder, keine Betreuungspflichten haben, begünstigt möglich beziehungsweise verpflichtend sein wird. Wir von der ÖVP waren nicht glücklich über diesen Vorschlag, aber ich muss dazu sagen, wir können damit leben! Kollege Verzetnitsch hat gesagt, dass dadurch in der Praxis vor allem die älteren Frauen benachteiligt sind. Sie waren lange berufstätig, werden dann eventuell arbeitslos – das ist sicher ein schlimmes Schicksal –, bekommen aber keine Notstandshilfe, weil eben der Gatte zu viel verdient. (Abg. Schwemlein: Richtig!) Dazu möchte ich aber ein Zitat Ihrer Kollegin Ederer, die einmal hier im Parlament war und die Sie ja sicher kennen, vorlesen. Sie sagte zum Beispiel:

Vorstellbar wäre für Ederer, ab einer gewissen Einkommenshöhe diese Mitversicherung verpflichtend zu machen. Das Argument, dass viele Frauen keine Arbeitsplätze fänden, kann Ederer als Politikerin so nicht hinnehmen. Ziel müsse es sein, ausreichend Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. – Zitatende.

Darin hat, würde ich sagen, Kollegin Ederer von der SPÖ durchaus Recht. Auch wir bekennen uns dazu!

Meine Redezeit ist schon fast erschöpft, trotzdem möchte ich abschließend noch einmal darauf hinweisen, dass diese Regierung für soziale Fairness eintritt, dass wir wissen, dass das Budget konsolidiert werden muss – wir wollen das bis zum Jahr 2002 tun –, dass wir aber auch wissen: Wir werden jenen Gruppen, die Hilfe besonders brauchen, diese Hilfe weiterhin gewähren, und dazu zählen auch die Behinderten. Dass es für die Behinderten 1 Milliarde Schilling zusätzlich geben wird, bedeutet Hoffnung für viele junge behinderte Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten wollen.

Dazu stehen wir, denn wir wissen, dass es auch in Zeiten des Sparens notwendig ist, auf die Schwächsten zu schauen. Ich glaube, wir haben mit diesem Budgetbegleitgesetz trotz aller Maßnahmen, die wir setzen mussten, erste faire Schritte gesetzt – und die ÖVP steht dazu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

14.28

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! "Mieten senken" verkündete das Plakat, das die Freiheitliche Partei im Wahlkampf überall affichiert hatte. Und nun ist zu hören, dass heute noch ein Abänderungsantrag eingebracht werden soll, der sich damit befasst, dass 106 000 Wohnungen, also 106 000 Familien, aus dem gemeinnützigen Bereich in die Wohnunsicherheit hinauskatapultiert werden sollen. Das ist meines Erachtens ein Skandal, der seinesgleichen sucht! Die Freiheitliche Partei hat eine Unwahrheit plakatiert, wie sie noch nie da gewesen war! (Abg. Mag. Trattner: Stimmt auch nicht!)

Meine Damen und Herren! Wenn man liest, was Journalisten, zum Beispiel in den "Oberösterreichischen Nachrichten", schreiben, wonach bei Bundesgesellschaften die Durchschnittsmiete bei 27 S liegt, gleichzeitig aber hört, dass Sie annehmen, dass man einerseits Wohnungen verkaufen, andererseits aber solche Mieten halten kann und einen Investor dafür findet, dann weiß man: Sie werden sich sehr schwer täuschen!

Und wenn der Herr Finanzminister meint, dass er 30 Milliarden Schilling über diese Schiene lukrieren kann, wird er sich ebenfalls sehr, sehr täuschen. Wenn er meint, dass er 30 Milliarden Schilling über die Wohnschiene lukrieren kann, so muss er auch wissen, dass diese 30 Milliarden Schilling auch von jemandem bezahlt werden müssen, und wenn 30 Milliarden bezahlt werden müssen, kann man sich an fünf Fingern ausrechnen, dass einen beachtlichen Teil davon die in diesen Wohnungen wohnenden Mieter bezahlen werden müssen.

Wenn nämlich private Investoren diese Häuser kaufen oder auch, wie im Gesetzentwurf ja vorgesehen ist, ganze Gesellschaften gekauft werden können, dann muss uns klar sein, dass –


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und da braucht man gar nicht das WWG zu ändern; das ist nämlich ein bisschen so der Trick dabei – allein die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge wesentlich erhöht werden können, dass die Fremdmittelzinsen entsprechend ansteigen würden, dass die Eigenmittelverzinsung wesentlich erhöht werden würde, dass die Verwaltungs- und Betriebskosten wesentlich ansteigen würden, dass bei den Eintrittsrechten von Nachfolgern in den Familien Probleme entstünden und dass vor allem bei Neuvermietungen dann die Mieten empfindlich steigen würden.

In meinem Bezirk hat man einige BUWOG-Häuser errichtet, um Polizisten aus den Bundesländern nach Wien zu bekommen, um die Sicherheit der Großstadt zu erhöhen. Genau für diese Polizisten mit ihren geringen Einkommen könnte es nunmehr, wenn es so käme, wie es im Entwurf, der da heute irgendwo herumschwebt, vorgesehen ist, Mieterhöhungen geben, Mieterhöhungen bis zu 1 500 S bei 80 Quadratmetern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, was hat denn das noch mit sozialer Wohnpolitik zu tun? Die Menschen in diesen Wohnungen müssen ja Angst bekommen, denn die können sich diese Wohnungen dann nicht mehr leisten. Das kommt ja noch hinzu zu all dem, was Sie ohnehin schon an Belastungen der Bevölkerung auferlegt haben, und so werden diese Menschen in eine sozial äußerst problematische und kritische Situation gebracht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Da nützt es auch gar nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die ÖVP hier eine Presseaussendung macht, dass das alles nicht in Frage kommt, dass man das alles nicht durchziehen will. Ich kann nur hoffen, dass das, was Kollege Firlinger in einer Presseaussendung geschrieben hat und was hier auch schon zitiert wurde, stimmt, nämlich dass dieses heikle Thema im WGG nicht binnen zwei Wochen über die Runden gehen kann und dass man darüber reden muss. Wir bieten an, darüber zu reden, aber bitte reden wir auch wirklich darüber! Gerade die Wohnpolitik war immer ein Politikfeld, wo wir sehr sorgfältig, sehr sensibel vorgegangen sind. Die Menschen können sich bei den Wohnungen nicht helfen, sie haben keine Möglichkeit, außer zu zahlen und Angst zu haben, dann in diesen Wohnungen bleiben zu müssen. (Abg. Böhacker: Erst abwarten, dann reden! Die können die Wohnungen ja kaufen!)

Das Kaufen dieser Wohnungen, die Übertragung ins Eigentum ist ja jetzt schon möglich, Herr Kollege Böhacker. Das WGG sieht jetzt schon vor, dass, wenn ein Eigentümer Wohnungen verkaufen will, diese Wohnungen jetzt schon gekauft werden können. Dazu braucht man nicht diese Änderung, wie Sie sie hier vorhaben. Diese Änderung geht in die Richtung, dass man das Geld aus dem wohnwirtschaftlichen Kreislauf herausnehmen will. Das ist noch jedes Land, auch Deutschland, in dem das WGG abgeschafft wurde, wesentlich teurer gekommen, als es in Österreich derzeit ist.

Es geht darum, dass Wohnungen, wenn der Mieter sie binnen einer bestimmten Zeit nicht kauft, an Immobilieninvestoren abgegeben werden können, dass ganze Häuser verkauft werden können und vor allem auch ganze Gesellschaften gekauft werden können.

Eines steht jedenfalls fest, und das sagen mir alle Fachleute: 30 Milliarden Schilling werden Sie nicht bekommen! – Aber Sie werden auch die Stimmen dieser 106 000 Wohnungsmieter nicht mehr bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.34

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Abgeordneter Eder und auch seine Vorrednerin des gleichen Klubs, Frau Kollegin Bures, haben tatsachenwidrig behauptet, durch die Änderungen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, die jetzt im Budgetbegleitgesetz vorgenommen werden, werden die Mieten in die Höhe gehen. – Diese Behauptung ist falsch. (Abg. Bures: Wird dieser Antrag eingebracht?)


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Ich behaupte vielmehr ... (Abg. Eder: Das ist ja eine Behauptung, keine Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich berichtige tatsächlich: Die Mieten werden durch diese Maßnahme nicht in die Höhe gehen, der Gemeinnützigkeitsstatus wird nicht verändert (Abg. Bures: Bringen Sie den Antrag nicht ein?), es bleibt bei der Aufrechterhaltung der gemeinnützigen Wohnungen, und zwar für alle Mieter, und es bleibt dabei, dass sich die Koalitionsparteien für das nächste Jahr eine Reform des Gemeinnützigkeitswesens vorgenommen haben. (Abg. Bures: Das ist völlig falsch! Sie haben keine Ahnung, und Ihr Minister zieht Sie über den Tisch!) Es bleibt auch dabei, dass es nicht in 14 Tagen im Schnellverfahren erledigt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Herr Präsident! Wo ist die Berichtigung? – Abg. Eder: Wird der Antrag jetzt eingebracht oder nicht? Das ist der Punkt!)

14.35

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

14.35

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist, glaube ich, wert, festgehalten zu werden, dass zumindest nach Meinung der grünen Fraktion der Inhalt der Ausführungen des Kollegen Firlinger nicht den Bestimmungen einer tatsächlichen Berichtigung entsprechen, da Prognosen des Herrn Kollegen, die ideologiegefärbt in die Zukunft weisen, niemals Tatsachenbehauptungen sein können. (Abg. Dr. Fekter: Das zu beurteilen liegt nicht an Ihnen! – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Kostelka, bitte.

14.36

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe mich in einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung bereits vor einiger Zeit gemeldet und ersucht klarzustellen, ob die Vereinbarung in der Präsidiale, die von den Präsidenten umzusetzen ist, auch respektiert wird, dass entsprechende Anträge 48 Stunden vorher übermittelt werden.

Die tatsächliche Berichtigung des Abgeordneten Firlinger, die keine war, lässt darauf schließen, dass er etwas, was noch nicht einmal eingebracht ist, als Maßnahme betrachtet. Das heißt, es wird vorweggenommen, was dieses Haus noch nicht einmal beschlossen hat.

Ich bestehe daher darauf: Herr Präsident, bitte klären Sie, ob Vereinbarungen der Präsidiale noch einen Pfifferling wert sind und auch umgesetzt werden, auch vom Präsidium dieses Hauses, oder ob sie überhaupt nicht einmal mehr das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind! (Beifall bei der SPÖ.)

14.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Khol. – Bitte.

14.37

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Dem Herrn Klubobmann Kostelka kann geholfen werden. Wir haben natürlich die Präsidialvereinbarung, dass wir Abänderungsanträge im Ausschuss 48 Stunden vorher übermitteln werden, eingehalten und einen umfangreichen Abänderungsantrag zwei Tage vor dem Freitag letzter Woche übergeben. Darüber wurde dann auch eine halbe Stunde lang im Budgetausschuss beraten.

Für die Einbringung von Abänderungsanträgen in zweiter Lesung gibt es keine Vereinbarung (Abg. Dr. Kostelka: Das stimmt doch nicht!), und es wird wie bei jedem Gesetz auch in zweiter Lesung Abänderungsanträge geben. (Abg. Eder: Also in zweiter Lesung wird er eingebracht! In zweiter Lesung werden 106 000 Wohnungen verkauft!)

14.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Kostelka, Sie kennen die Vereinbarung, dass wir keine Geschäftsordnungsdebatte durchführen, sondern dass jeder das Recht hat, sich zu Wort zu melden. Ich habe Ihnen bereits gesagt, es handelt sich hierbei um eine Vereinbarung


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unter den Klubs. (Abg. Dr. Kostelka: Im Präsidialprotokoll!) Es war im Rahmen des Präsidialprotokolls festgehalten.

Ich bitte, sich mit den drei Klubobmännern zusammenzusetzen und zu klären, was der gegenständliche Fall ist und was die Tatsachen sind.

Ich gehe in der Zwischenzeit in der Reihenfolge der Redner weiter.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte.

14.38

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich kann zwar nicht Stellung nehmen zum parlamentarischen Procedere dieses Abänderungsantrages, über den vor allem die Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion in den letzten Ausführungen hier diskutiert haben, es ist mir aber als Eigentümervertreter einiger Gesellschaften, die Wohnungen halten – BUWOG und andere, etwa 66 000 Wohnungen –, ein Anliegen, die Unsicherheit, die hier in den Raum getragen, und die Sorge, die artikuliert wurde, sehr, sehr deutlich aus meiner Sicht zu interpretieren und aus meiner Sicht ein paar Klarstellungen vorzunehmen.

Erster Punkt: Meine Damen und Herren! Ich glaube, Ihnen ist besser als mir bekannt, weil ich damals noch nicht Mitglied der Bundesregierung und damit nicht Diskussionspartner hier im Hohen Haus war, dass es gerade die freiheitliche Fraktion war, die sich immer für die Rechte der Mieter eingesetzt und für die Senkung von Mieten gerade auch im genossenschaftlichen Bereich sehr massiv verwendet hat. (Abg. Eder: Auf den Plakaten!)

Daher kann ich Ihnen versichern, dass es durch das, was in diesem Abänderungsantrag, der jetzt in virtueller Diskussion ist, an inhaltlichen Maßnahmen festgelegt werden soll, wenn Sie sich auf ein parlamentarisches Procedere einigen können, nicht zu Mietenerhöhungen für die Mieter in diesen Wohnungen kommt. Ich betone das: dass es zu keiner Mieterhöhung für die Mieter in diesen Wohnungen kommt!

Ich betone weiters, dass das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz für diese Wohnungen weiterhin Gültigkeit hat, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz weiterhin gilt und dass die Mieter vielmehr die Möglichkeit erhalten, auf der Basis dieses Abänderungsantrages die Wohnungen zu kaufen. Sie wissen so gut wie ich, dass es ein berechtigtes Anliegen vieler Mieter dieses genossenschaftlichen Bereiches ist, diese Wohnungen, in denen sie seit vielen Jahren wohnen, in denen sie sich wohl fühlen, auch im Eigentum zu erwerben. (Abg. Eder: Das können sie ja bisher auch schon, Herr Minister, das wissen Sie ganz genau! Das können die Mieter jetzt schon!)

Das ist die wesentliche inhaltliche Aussage dieses Abänderungsantrages: keine Mieterhöhung für die Mieter, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gilt weiterhin, und die Mieter können sich ihre Wohnungen kaufen. Nichts anderes ist die inhaltliche Grundlage dieses Abänderungsantrages. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Bures: Die Mieter sind Ihnen egal!)

14.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

14.41

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die sozialdemokratische Politik weder sozial noch erfolgreich war, zeigt sich auch in einem anderen Bereich, nämlich beim Versagen der sozialdemokratischen Wissenschaftspolitik.

Unser Finanzminister hat vorhin bereits auf einige Missstände hingewiesen: Wir haben in Österreich – wir wissen das – die jüngsten Pensionisten und die ältesten Studenten, wir haben


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eine skandalöse durchschnittliche Studiendauer – nämlich 7,3 Jahre; OECD-weit 4,3 Jahre Durchschnitt (Abg. Dr. Mertel: Jetzt werden sie noch länger studieren!)  –, wir haben im OECD-Vergleich die geringste Akademikerquote, wir haben eine Drop-out-Quote von sage und schreibe 50 Prozent, und – auch darauf hat der Herr Finanzminister schon hingewiesen – wir haben 43 Prozent der Studierenden, die im letzten Jahr keine einzige Prüfung abgelegt haben, keine Pflichtübung besucht haben.

Es ist unsozial, sehr geehrte Damen und Herren, dass Eltern Kinderbeihilfe für Studierende beziehen, die auf gut Deutsch nichts tun!

Was sind die Gründe dafür? – Es gibt keine Zugangsbeschränkungen und keine Studiengebühren.

Sehr geehrte Damen und Herren der Sozialdemokratie! Es ist unverantwortlich, der Jugend einen Schuldenberg von 2 200 Milliarden zu übergeben, es ist skandalös, dies unter den Teppich zu kehren und bei den Studiengebühren – das wurde von dieser Stelle schon mehrfach erörtert – sein Fähnchen nach dem Wind zu richten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und ich freue mich sehr, dass der ÖH-Vorsitzende Martin Faißt jetzt auch seine Haltung zu den Studiengebühren überdenkt. (Rufe bei der SPÖ: Was?)

Wir brauchen dringend strukturelle Veränderungen und Verbesserungen im tertiären Bildungssektor. Leistung und Wettbewerb müssen wieder gesellschaftlich akzeptiert werden. Wir brauchen für eine gesunde österreichische Wirtschaft junge, motivierte Menschen, die den Anreiz haben, schnell zu studieren.

Die Drop-out-Quote an den Unis könnte durch eine verschärfte Studieneingangsphase gesenkt werden, denn der Rekord an Studienanfängern in diesem Wintersemester – nämlich plus 4,6 Prozent – beweist, dass Studiengebühren allein die Studierenden nicht abhalten.

Studiengebühren sind notwendig – notwendig für die Unis, notwendig für die Studierenden; notwendig für die Unis für strukturelle Schwerpunkt-Investitionen und für die Studierenden für Stipendien, für die Verbreiterung von Stipendien, Leistungsstipendien sowie Stipendien für sozial Bedürftige.

Durch die Akkreditierung von Privat-Unis ist eine neue Ära im tertiären Bildungssektor eingeleitet worden, und ich freue mich sehr darüber. Ich freue mich sehr über das gleichberechtigte Nebeneinander zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Unis, weil das im Sinne des Wettbewerbs notwendig ist. Der Wettbewerb nützt dem Kunden – der Kunde ist der Student –, und es ist auch richtig, dass im Sinne des Wettbewerbs die Studenten an Privat-Unis in Zukunft Studienförderung beziehen können.

Der Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Universitäten nützt aber auch den Lehrenden, weil auch mehrjährige, verlängerbare Leistungsverträge statt wettbewerbsfeindlicher Pragmatisierung für exzellente Professoren andere Perspektiven bieten.

Ein nächster wichtiger Schritt ist in meinen Augen die Titelbereinigung. Privat-Unis können nationale und internationale Degrees vergeben, und dem Austriacum MAS – Master of Advanced Studies –, ich habe das von dieser Stelle aus schon gesagt, muss endlich abgeholfen werden. Das ist weder Fisch noch Fleisch. Ein einfacher Handelsschulabschluss genügt: Man macht einen MAS, und schon wird ein vollwertiger Master-Titel vorgetäuscht! Das erzeugt im internationalen Gefüge Spott und Hohn.

Im tertiären Sektor werden in Zukunft auch die Fachhochschulen eine wichtige Rolle zu spielen haben, in enger Kooperation mit der Wirtschaft, da die Wirtschaft berufsorientiert ausgebildete Fachhochschul-Absolventen dringend braucht. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Es müssen aber universitäre Grade und Fachhochschulabschlüsse klar unterscheidbar sein, und die Lösung Mag. (FH), Dipl.-Ing. (FH) klingt nach Notlösung, bestenfalls nach Notlösung, und wird auch der Stellung der Fachhochschulen nicht gerecht.

Im internationalen Gefüge entspricht der Fachhochschulabschluss einem Bachelor-Degree, und das sollte auch in Österreich so gehandhabt werden. Wenn Fachhochschulen darüber hinausgehende Ausbildungen anbieten, darüber hinausgehende Degrees, dann besteht die Möglichkeit, sich als Universität bei Vorliegen der Voraussetzungen akkreditieren zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt viel zu tun in der Wissenschaft. Arbeiten wir alle zusammen – zum Nutzen der Jugend, zum Nutzen unserer Wirtschaft und zum Nutzen unseres Landes! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Erwin Niederwieser zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.47

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mitglieder der Bundesregierung! Kollegin Papházy hat soeben behauptet, dass es unsozial sei, Familienbeihilfe zu beziehen und gleichzeitig nicht zu studieren oder keine Studienleistungen zu erbringen.

Kollegin Papházy! Das ist deswegen völlig unrichtig, weil der Bezug der Familienbeihilfe ganz strenge Studienerfolgskriterien voraussetzt. Es bekommt nur jemand Familienbeihilfe – und Sie wissen das genau, das steht im Familienbeihilfengesetz so drinnen –, der den Studienerfolg laufend nachweisen kann.

Das heißt, Familienbeihilfe beziehen und nicht ordentlich studieren ist unmöglich. Sie wissen das, und Sie sollten das bitte daher hier nicht einfach so hereinstreuen.

14.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

14.48

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister Grasser! Wir haben Ihnen sehr genau zugehört. Ich kann Ihnen eines garantieren: Ihre Wortmeldung wird noch zu parlamentarischen Aktivitäten der sozialdemokratischen Fraktion führen! (Abg. Dr. Khol: Na Gott sei Dank! Dann tut was!)

Und das Zweite, was ich mit aller Deutlichkeit sagen möchte – und das ist ja fast eine tatsächliche Berichtigung –: Sie haben gemeint, nun könnten sie endlich kaufen, die Mieter. – Herr Bundesminister! Sie können bereits jetzt kaufen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Sie können jetzt natürlich auch als Eigentümervertreter eine Weisung erteilen, dass verkauft werden muss – und das soll man hier auch mit aller Deutlichkeit sagen.

Herr Bundesminister! Sie haben behauptet, die Mieten werden nicht erhöht. – Natürlich, die zinsrechtlichen Bestimmungen werden nicht erhöht, aber die Rahmenbedingungen ändern sich. Ich glaube, Sie als Finanzminister können rechnen: Was heißt es, wenn das Steuerprivileg des § 5 für die gemeinnützigen Bauvereinigungen fällt? – Natürlich gibt es eine höhere Steuerbelastung! Und an wen wird diese weitergegeben? – Nicht an den Herrn Finanzminister, sondern diese Steuererhöhung wird an die Mieter weitergegeben.

Meine Damen und Herren! Es gibt ja noch weitere Bereiche, aber ich gestehe dem Herrn Finanzminister zu, der nie in der Beratung tätig war, zu, dass er das nicht so genau kennen kann wie ich. Ich bin als Konsumentenschützer in einer Wohnrechtsberatung tätig und habe mich mit den Problemen der Wohnungseigentümer und Mieter auseinander zu setzen: Na, was wird denn passieren, Herr Bundesminister? – Die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge werden


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ausgeschöpft, die Fremdmittelzinsen werden steigen, die Eigenmittelzinsen werden erhöht werden, ebenso die Verwaltungskosten und Betriebskosten.

Zahlen Sie die erhöhten Kosten? – Nein, der Herr Bundesminister zahlt sie nicht. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mieterinnen und die Mieter werden diese Kosten zu bezahlen haben.

Es ist schon einigermaßen bezeichnend: In der Dämmerung bringt man einen Antrag ein, in der Nacht beschließt man ihn. Wir in Salzburg hatten eine "Dämmerungsbande". Die hat in der Dämmerung ausgekundschaftet und in der Nacht eingebrochen. (Abg. Auer: Leben Sie nur in der Dämmerung?) Was Sie hier vorhaben, ist ein Diebstahl, ein volkswirtschaftlicher Diebstahl und eine Verletzung von Mieterrechten. – Ich sehe da wenig Unterschied. (Beifall bei der SPÖ.)

Um auf die konkreten Probleme einzugehen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wissen Sie, wie es die Menschen in diesem Lande trifft? In BUWOG-Wohnungen beispielsweise gibt es kleine Beamte, gibt es Eisenbahner, Polizisten, die vielleicht, weil sie günstigere BUWOG-Wohnungen bekommen haben, nach Wien übersiedelt sind. Nun garantiere ich Ihnen eines: Diese Neuregelung mit dem Verkauf kann bedeuten, dass die Mieter um 1 000 bis 1 500 S mehr zahlen müssen. Sagen Sie das den Beamten, den Lehrern, den Polizisten oder auch den Eisenbahnern!

Was geschieht überhaupt mit den Eisenbahnerwohnungen, Herr Bundesminister? Wollen Sie die an das japanische Konsortium verkaufen, weil Sie hoffen, hier einen Großteil Ihres 30-Milliarden-Schilling-Budgets zu bekommen? Herr Bundesminister, ich vermisse eine klare Erklärung Ihrerseits, wer die zukünftigen Käufer sind, ob es vielleicht nur die Immobilienhaie sind, die frühzeitig über bestimmte Objekte informiert werden, die besonders lukrativ verwertet werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich halte diese Vorgangsweise der Regierungsparteien, in zweiter Lesung einen Abänderungsantrag in dieser Dimension einzubringen, für absolut skandalös. Es ist ein Bruch mit parlamentarischen Usancen. Wir, die Opposition, die Sozialdemokraten, stellen fest: Neu regieren heißt Verschleuderung des Volksvermögens, neu regieren heißt Mietzinserhöhungen – zum Nachteil der Wirtschaft, zum Nachteil der Tausenden Mieterinnen und Mieter in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Herr Abgeordneter! Ich mache darauf aufmerksam, dass wir beabsichtigen, um 15 Uhr eine Dringliche Anfrage zu behandeln. Das heißt, Sie haben zwar eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 8 Minuten, in Wirklichkeit stehen aber nur noch 6 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

14.53

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Was wir heute über weite Strecken hören, ist eine Art Tatsachenvernebelung unter dem Nebelwerk Belastungswelle. Ich möchte das jetzt an einem Beispiel herausgreifen, am Beispiel der so genannten Mitversicherung. Was wird da alles geredet, wie unsozial das sei! Keiner stellt sich aber die Grundfrage: Wer braucht Solidarität, und wer hat sie zu leisten? Das sind ja zwei spiegelgleiche Paare.

1884 war das noch überhaupt kein Problem, Herr Abgeordneter Öllinger. Da war klar, dass jeder Solidarität leisten muss, der sie dann später zeitverschoben einmal braucht. Heute haben wir ein tolles System: 3,3 Millionen Beschäftigte und 2 Millionen Mitversicherte. Das ist, glaube ich, weltweit ein ziemlich einmaliger Wert. Deshalb, glaube ich, ist es sehr wohl nicht anrüchig, die Frage zu stellen: Kann man da ewig so weitermachen? Zweitens: Kann man sich das leisten?

Die Regierung sagt jetzt unter dem Eindruck der leeren Kassen: Wir führen eine moderate – eine moderate! – Mitversicherung ein. Bedenken Sie die Ideen zum Beispiel von Sozialforscher Marin! Wenn man jetzt zum Beispiel für Frauen, die Kinder erziehen, oder für Mitversicherte, die


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Pflegeleistung erbringen, nur 3,4 Prozent Beitragserhöhung einfordert – in Deutschland sind es 13,5 Prozent bei einer rot-grünen Regierung! –, dann, glaube ich, ist diese eine Milliarde, die da in etwa hereinkommt – oder weniger –, bei einem Gesamtbudget von 140 Milliarden durchaus vertretbar. Und das sollte man auch sagen.

Zeigen Sie den Menschen die Alternative! Das muss man nämlich auch sagen: entweder weniger Leistungen oder höhere Beiträge, aber für weniger, oder höhere Zuzahlungen. Sie haben kein Alternativmodell, denn es gibt keine Gelddruckmaschine, die auf Knopfdruck anspringt. (Abg. Dr. Petrovic: Grundsicherung! Ein anderes Modell!)

Das Zweite: die Versicherungspflicht bei öffentlichen Zusatzpensionen. Wenn man das Drei- Säulen-Modell einführt, dann wird der Fall eintreten, dass der eine eine Pension von – sagen wir – 20 000 S hat, nur aus den Beiträgen, die er gezahlt hat, und der andere vielleicht 15 000 S plus 5 000 S aus einer Zusatzpension. Ist es nicht gerechtfertigt, zu fragen, ob diese 5 000 S nicht auch zur Solidarität herangezogen werden? (Abg. Öllinger: Aber bitte bei allen Zusatzpensionen!)

Das ist eine Diskussion, die der deutsche Verfassungsgerichtshof schon beantwortet hat und die grüne Ministerin in Deutschland durchaus fordert. In Österreich ist das alles tabu. In Österreich darf man über nichts reden! In Österreich heißt es nur: Wir wollen alle Leistungen, aber zahlen darf niemand. – So schaut Gerechtigkeit nicht aus.

Ziel muss sein – das fordern Sie ein, und dafür sind wir auch –, dass das soziale Netz eng ist. Wir wollen mehr Leistungen für alle, für die Kranken. Wir, Sie, ich – wir alle können morgen krank sein. Wenn wir Ja sagen zur Solidarität, dann müssen wir auch Ja sagen zur Finanzierung des Systems, denn sonst ist Ihre Nebelrakete der erste Weg in die Zwei-Klassen-Medizin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu der vorhin von Herrn Abgeordnetem Kostelka angesprochenen Frage der Vereinbarungen im Rahmen der Präsidiale zu den Budgetberatungen ist Folgendes zu sagen:

Unter dem Kapitel "Budgetausschuss" steht unter anderem: Die Regierungsfraktionen sagen zu, dass Anträge zum Budgetbegleitgesetz mindestens zwei Tage vorher den Oppositionsparteien übermittelt werden. Ebenso wird eine Liste der Teile des Budgetbegleitgesetzes bis Freitag, den 13. Oktober 2000, also zwei Tage davor, der Opposition zur Verfügung gestellt werden – woraus sich ergibt, dass es sich offensichtlich darauf bezogen hat.

Ich gehe auf Grund der Tatsache, dass der Herr Abgeordnete Kostelka selbst die Terminisierung oder das Einlangen dieser Abänderungsanträge nicht vorher eingemahnt hat, davon aus, dass er eine gleiche oder eine ähnliche Interpretation gehabt hat. (Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

14.58

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich finde es sehr beachtlich, dass Sie offensichtlich versuchen, das Ergebnis der Präsidiale hier bereits vorwegzunehmen. Aber ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir im Ausschuss, aber natürlich auch für das Plenum eine solche Übermittlungspflicht vereinbart haben, dass es geschäftsordnungsmäßig sogar im Sinne von § 53 der Geschäftsordnung mehr als problematisch ist, den Ausschuss auf diese Art und Weise der Beratungsmöglichkeiten zu entheben.

Herr Präsident! Es macht mich mehr als nachdenklich, dass Sie eine solche Vorgangsweise, die letztendlich darauf hinausläuft, dass eine gehörige Beratung des Hauses nicht möglich ist, auch noch schützen. Ich mache Sie darauf aufmerksam, Herr Präsident, dass diese Vorlage weder begutachtet worden ist, noch, weil nicht begutachtet, im Hearing besprochen werden konnte,


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das in diesem Zusammenhang im Ausschuss vereinbart wurde, und dass jetzt offensichtlich nicht einmal eine Beratung im Plenum des Nationalrates möglich ist.

Herr Präsident, wir haben diesen Antrag noch nicht! Wir wissen nicht, ob das, was eingebracht wird, auch wirklich das ist, was beschlossen werden soll. Es ist informell ein entsprechender Antrag übermittelt worden, aber wird er eingebracht? – Wir wissen es nicht, Sie aber offensichtlich schon. Und Sie verteidigen das in vorauseilendem Gehorsam auch noch! (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Khol: zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

14.59

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich verweise auf die Seite 11 des Präsidialprotokolls vom 16. November 2000: "Budgetausschuss, Budgetbegleitgesetz 2001: Die Regierungsfraktionen haben zugesagt, dass Abänderungs- und Entschließungsanträge zum Budgetbegleitgesetz mindestens 2 Tage vorher den Oppositionsparteien übermittelt werden."

Das haben wir getan.

Eine entsprechende Bemerkung beim Programm der Plenartage findet sich nicht.

Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass auf Grund der Bestimmungen der Geschäftsordnung jeder Abgeordnete zu jeder Zeit der Debatte Abänderungsanträge einbringen kann.

Herr Kollege Kostelka! Ich weise darauf hin, dass Sie in einer Zeit, in der Sie selbst noch Klubobmann einer Regierungspartei waren (Abg. Dr. Kostelka: Unsere Vereinbarungen haben gehalten – zum Unterschied von heute!), mit mir gemeinsam umfangreiche Abänderungsanträge in zweiter Lesung eingebracht haben. (Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsordnung!)  – Der Standort bestimmt Ihren Standpunkt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Petrovic, bitte.

15.01

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Dr. Khol! Gerade das letzte Argument, nämlich dass es in der Vergangenheit Missstände gab, was die Oppositionsrechte betrifft, und dass man diese fortschreibt, ist eines, das gerade die Grünen und auch die Öffentlichkeit, denke ich, wenig überzeugt.

Ich meine, in der Sache ist das ein klarer Bruch der Vereinbarungen in der Präsidiale, denn das, was intentiert ist, ist doch, dass die Abgeordneten mindestens zwei Tage – zwei Tage! – Zeit haben, um sich auf wesentliche Änderungen im Sozialbereich für die Diskussion einstellen zu können. Ist das zu viel verlangt, Herr Dr. Khol?

Dass das nicht für kleine Abänderungen fürs Plenum gelten kann, ist selbstverständlich. Aber wenn Sie eine in der Präsidiale getroffene Vereinbarung dadurch unterlaufen und brechen, dass Sie den eigentlichen Kern der Regelung im Wege eines riesigen Abänderungsantrages einbringen, dann ist das meiner Meinung nach ein verdrehter Umgang mit Abmachungen. Ich denke, die Opposition wird gut beraten sein, sich auf diese Ihre mangelnde Qualität des Worthaltens einzustellen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich verstehe, dass die Diskussion emotional geführt wird. Herr Abgeordneter Kostelka, ich würde Sie aber trotzdem ersuchen (Abg. Dr. Kostelka: Das würde ich Sie auch!), dabei die Spielregeln beziehungsweise die empfehlenswerten Spielregeln zwischen dem Klub und dem jeweils amtsführenden Präsidenten nicht zu verlassen. (Abg. Edlinger: ... Wortbruch, die neue Spielregel! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Ich möchte noch dazusagen: Es besteht absolut kein Anlass, hier Bemerkungen in der Art und Weise zu machen, wie Sie das getan haben. Erstens habe ich versucht, Sie auf Vereinbarungen hinzuweisen, an die entsprechenden Klubobmänner zu appellieren. (Abg. Dr. Kostelka: Herr Präsident! Sie haben das Geschäft der Regierungsparteien besorgt! Das ist das Problem!)

Zweitens habe ich mir das Protokoll besorgt. Die Auskunft meiner Beamten war wie mein eigener Befund, nämlich dass sich das auf die Ausschussberatungen bezogen hat. Ich habe mich extra rückversichert, ich habe keine schnelle Antwort gegeben. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte Sie, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht jede Äußerung des Präsidenten, der aus den eigenen Reihen kommt, eine unparteiische oder eine unparteiliche ist (Abg. Dr. Kostelka: Das war sicher keine unparteiische!) und dann, wenn sie von einem Präsidenten einer anderen Fraktion kommt, immer einen parteilichen Charakter hat. Ich glaube nicht, dass das dem Betrieb des Hauses förderlich wäre.

Ich glaube, wir sollten uns bemühen, hier so vorzugehen, dass nach größtmöglicher Objektivität die Maßstäbe nicht nur eingehalten werden, sondern auch die Abfolge so durchzuführen ist. Dazu gehört aber auch ein gewisses Einverständnis aller.

Wir kommen jetzt zur Durchführung der Dringlichen Anfrage, und ich bitte den Präsidenten, den Vorsitz zu übernehmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich unterbreche die Verhandlungen über das Budgetbegleitgesetz für das Jahr 2001, da wir nun in die Verhandlung der Dringlichen Anfrage eintreten.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer, Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend SPÖ-Mißwirtschaft am Beispiel des Bank-Burgenland-Skandals (1532/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Erstunterzeichner der Dringlichen Anfrage ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer, es handelt sich um die Anfrage 1532/J. Sie ist inzwischen schriftlich verteilt worden; es erübrigt sich daher eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Der Bank Burgenland-Skandal hat mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Staatshaushalt und die Steuerzahler befürchten läßt. Die Bank Burgenland ist eine durch Landesgesetz gegründete Bank, bei der eine Ausfallbürgschaft des Landes Burgenland gemäß § 1376 ABGB für alle Verbindlichkeiten der Bank im Falle ihres Konkurses besteht. Die Haupteigentümer der Bank Burgenland, die in ihrer jetzigen Form durch eine Fusion der Landeshypothekenbank Burgenland mit der Eisenstädter Bank entstanden ist, sind das Land Burgenland sowie die Bank Austria.

Bei dieser Fusion wurde dem Land Burgenland als Ausfallsbürge sogar eine besondere Sorgfaltspflicht auferlegt, indem ihr für alle Verbindlichkeiten der Bank das Recht auf jederzeitige Buch- und Betriebsprüfung sowie der jederzeitigen Einsichtnahme in die sonstigen, für die Wahrnehmung seiner Pflichten und Rechte erforderlichen Aufzeichnungen und Belege der Bank Burgenland eingeräumt wurde.

Die Bank Burgenland weist zum 31. Dezember 1999 eine Bilanzsumme von lediglich rund 40 Mrd. S auf. Um so bemerkenswerter ist es, daß der bisher bekanntgewordene Vorsorgebedarf der Bank Burgenland bereits rund 4,6 Mrd. S, das sind mehr als 10 % der Bilanzsumme, erreicht hat. Davon entfallen allein rund 2,75 Mrd. S auf den Kreditkomplex Hom-Rusch des mutmaßlichen Großbetrügers Gualterio Alejandro Hom-Rusch alias Walter Alexander Thom und nahezu weitere 2 Mrd. S auf weitere Kreditausfälle. Es ist damit zu rechnen, daß weitere


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Risikovorsorgen aus bisher noch nicht geprüften Krediten erforderlich sind. Endgültigen Aufschluß wird darüber ein Prüfbericht von KPMG geben.

Aufgrund der gegebenen Ertragssituation wird die Bank Burgenland kaum in der Lage sein, die Kreditausfälle selbst zu verdienen. Die Bank hatte 1999 ein Betriebsergebnis von 475 Mio. S. Es ist daher nicht auszuschließen, sondern sogar damit zu rechnen, daß nunmehr das Land Burgenland aufgrund der Ausfallshaftung in Anspruch genommen werden wird. Eine Inanspruchnahme der Haftung des Landes Burgenland könnte angesichts eines Jahresbudgets von 9,5 Mrd. S tatsächlich gravierende Auswirkungen auf Haushalt und Steuerzahler haben.

Wie konnte es dazu kommen?

Der Chronologie der Ereignisse, wie sie sich aus dem Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses des Burgenländischen Landtages ergibt, ist zu entnehmen, daß der Bank Burgenland Skandal und insbesondere dessen Ausmaß auf ein kumuliertes Fehlverhalten im Bankenbereich, im politischen Bereich sowie auch bei den Sicherheitsbehörden und bei der Justiz zurückzuführen ist.

Die Hauptverantwortung für dieses Milliardendebakel trägt die beispiellose Verfilzung von parteipolitischen und wirtschaftlichen Interessen im Land Burgenland, die bereits seit vielen Jahrzehnten andauert:

Nur durch diese Verfilzung ist die auffallende Sorglosigkeit zu erklären, die seitens des Landes Burgenland bei der Wahrnehmung der Pflichten als Eigentümer der Bank Burgenland an den Tag gelegt wurde. Als Folge der alleinigen Zuständigkeit der SPÖ in der Landesregierung für die Bank Burgenland spielte Landeshauptmann und Landesfinanzreferent Stix eine wesentliche Rolle. Neben seiner Funktion als Eigentümervertreter bei der Bank Burgenland hatte er auch bis Mitte 1998 die Funktion des bei der Landes-Hypothekenbank Burgenland-Holding eingerichteten Aufsichtskommissärs inne, wodurch ihm wegen der Ausfallsbürgschaft des Landes Burgenland eine besondere Sorgfaltspflicht auferlegt worden war. Anstatt dieser nachzukommen, mißbrauchte Landeshauptmann Stix seine Stellung als Eigentümervertreter zu rein parteipolitisch motivierten Besetzungen z. B. des Aufsichtsrates mit seinem ehemaligen Sekretär Mag. Teuschler, welchen er bereits im Jahre 1995 ohne Ausschreibung zum Prokuristen der BEWAG gemacht hat, mit Ministersekretären von SPÖ-Ministern (wie z. B. den ehemaligen Klima-Sekretär Szekely) sowie mit dem Obmann des Freien Wirtschaftsverbandes der SPÖ (Vizepräsident der burgenländischen Wirtschaftskammer KR Schneeberger, der als Gläubiger der HOWE-Gruppe massives Interesse an einer weiteren Kreditvergabe an HOWE haben mußte). Bei der Bestellung des Vorstandes setzte sich Landeshauptmann Stix auch nach Bekanntwerden des Skandals nicht nur massiv für eine Verlängerung des Mandates des Vorstandsvorsitzenden Gassner ein, sondern auch für die Entsendung eines SPÖ-Vizebürgermeisters. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, daß Gassner nicht nur ein persönlicher Freund des sozialistischen Landeshauptmannes Stix ist, sondern auch Aufsichtsratsvorsitzender der BEWAG war, was der Rechnungshof als unvereinbar kritisierte. Weiters fungierte der aufgrund seiner persönlichen Verwicklungen in den Bank Burgenland-Skandal zurückgetretene SPÖ-Landesparteiobmann Dr. Moser – im Auftrag des Vorstandsvorsitzenden Gassner – als Rechtsanwalt für die Bank Burgenland.

Auch die Bank Austria als zweiter Haupteigentümer der Bank Burgenland erfüllte ihre Aufsichtspflichten offensichtlich völlig unzulänglich. Obwohl nämlich ihr Generaldirektor Gerhard Randa lange Zeit im Aufsichtsrat der Bank Austria vertreten war, konnte in dieser Zeit das Kreditvolumen insbesondere der Hom-Rusch Gruppe wegen der unzureichenden und offenbar völlig ungeprüften Besicherungen zu einem existenzgefährdenden Klumpenrisiko für die Bank Burgenland anwachsen. Gerade von Seiten der Bank Austria hätte frühzeitig die Wertlosigkeit der Besicherungen und das damit verbundene Risiko erkannt werden müssen.

Die politischen Verflechtungen zwischen der SPÖ und den im Bank Burgenland-Skandal involvierten Personen wie Generaldirektor Gassner und Hom-Rusch werden auch durch den Profilartikel vom 9. Oktober 2000 bekräftigt, wonach es Hinweise darüber geben soll, daß Hom-


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Rusch geheime Kontakte zur SPÖ Burgenland gehabt und bereits Ende der achtziger Jahre als weitgehend unbekannter Unternehmer stattliche Überweisungen auf Konten hochrangiger SPÖ-Funktionäre getätigt habe.

Trotzdem ist bemerkenswert, wie rasch sich das Kreditobligo der Bank Burgenland für die Hom-Rusch Gruppe in schwindelerregende Höhen entwickelte:

Im Jahr 1987 beginnt die Finanzierung des Hom-Rusch Firmenkonglomerates durch den damaligen Direktor der Eisenstädter Bank und späteren Generaldirektor der Bank Burgenland Ernst Gassner. Bereits bei der Fusion der Landeshypothekenbank mit der SPÖ-nahen Eisenstädter Bank im Jahr 1991, durch die es zu einer enormen Ausweitung der Landeshaftung, die ursprünglich nur für die Landeshypothekenbank Burgenland bestanden hatte, gekommen war, gab es erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten und den Verdacht auf strafbare Handlungen und einen beträchtlichen Wertberichtigungsbedarf. Das Kreditobligo betrug zum damaligen Zeitpunkt rund 100 Mio. S.

Obwohl bereits damals Bedenken hinsichtlich des Kreditengagements Hom-Rusch bestanden wuchs innerhalb eines Jahres das Obligo der Hom-Rusch Gruppe auf 240 Mio. S. In der Aufsichtsratssitzung vom 8. März 1992 wurde daher festgehalten, daß "unter keinen Umständen" weitere Kredite gegeben werden dürften. Diese Warnung wurde in der Folge gröblich mißachtet, wie die Schuldenentwicklung beweist:

1994

790 Mio. S

1995

1,007 Mrd. S

1996

1,220 Mrd. S

1997

1,444 Mrd. S

1998

1,975 Mrd. S

1999

2,221 Mrd. S

14.7.2000

2,643 Mrd. S

Der Aufsichtsrat stimmte bis 2000 jeder Ausweitung des Kreditengagements zu, obwohl er seit 1992 wußte, wie problembeladen die Hom Rusch-Gruppe ist, obwohl die Bankprüfer ab 1995 ernsthafte Probleme mit diesem Kreditengagement ganz klar aufgezeigt hatte, trotz der negativen Medienberichte über und trotz der anonymen Strafanzeigen gegen Hom-Rusch, trotz diverser Gutachten über die Zahlungsunfähigkeit verschiedener Firmen aus dem Hom-Rusch-Komplex und obwohl immer wieder die der Sicherheit dienenden Grundschuldbriefe als nicht werthaltig bezeichneten worden sind. Dazu kommt, daß – wie den Protokollen zu entnehmen ist – dem Aufsichtsrat die Verknüpfung der verschiedenen Hom-Rusch Firmen und die Höhe der Verbindlichkeiten klar gewesen ist.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, daß der sozialistisch dominierte Vorstand der Bank Burgenland, insbesondere Generaldirektor Gassner die jahrelange Fälschung der Bilanzen von Hom-Rusch nicht erkannt hat, obwohl laut Expertenmeinung in allen Bilanzen dermaßen gravierende Fehler enthalten waren, daß diese sogar einer betriebswirtschaftlich weniger gebildeten Person auffallen hätten müssen. Der Vorstand negierte nicht nur jede Warnung hinsichtlich des Kreditengagements sondern auch alle Gutachten zur Werthaltigkeit der Grundschuldbriefe. Er zahlte sogar von Hom-Rusch-Konten 180 Mio. S an Provisionen für die Vermittlung von Grundschuldbriefen aus (ca. 20 % der Besicherungssumme). Er sicherte sogar den Freispruch für Hom-Rusch in einem Strafverfahren, indem die Bank Burgenland sämtliche offene Forderungen des Konkursantragstellers beglichen hat und er negierte alle Nationalbankprüfberichte und Bankaufsichtsberichte sowie ein Strafverfahren gegen Hom-Rusch in Düsseldorf.


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Hinzu kommt, daß trotz einer Steuerschuld der Hom-Rusch Gruppe von mehreren Hundert Mio. S nicht die Notbremse beim Kreditengagement gezogen wurde, sondern sogar beim ehemaligen Finanzminister Edlinger hinsichtlich der Abstandnahme von einem Konkursantrag erfolgreich interveniert werden konnte, um weiterhin Kredite vergeben zu können.

Noch im September 1999 gewährte die Bank Burgenland weitere Kredite in für sie existenzgefährdender Höhe an den Firmenkomplex Hom-Rusch obwohl zu diesem Zeitpunkt die Bank bereits von der Oesterreichischen Nationalbank geprüft wurde. Nach Bekanntwerden des Nationalbankberichtes stiegen die Schulden des Hom-Rusch Komplexes um weitere 422 Mio. S an, wobei nur ein Bruchteil davon Zinsen und Spesen betrifft. Im Juni 2000 wurde seitens der Bank Burgenland erstmals zugegeben, daß für Kredite die der Hom-Rusch Gruppe gewährt worden sind ein Vorsorgebedarf von 2,35 Mrd. S gegeben ist.

Ein weiteres Problemfeld im Bank Burgenland-Skandal betrifft die Ausgabe der sogenannten Grundschuldbriefe, deren Wertlosigkeit beinahe von Anfang an erkennbar war, wie nachfolgende Ausführungen beweisen und welche im Ausmaß von knapp 900 Mio. S als Sicherheit herangezogen worden sind.

Bereits im Jahre 1994 gab es intensive Warnungen der internen Revision der Bank Burgenland betreffend die Werthaltigkeit der Grundschuldbriefe. Auch die Notariatskammer Österreich warnte 1995 vor diesen Grundschuldbriefen. Signifikant für die Sorglosigkeit ist, daß seitens der Bank Burgenland eine Überprüfung der Bonität dieser Grundschuldbriefe durch einen Gutachter veranlaßt wurde, der selbst Provisionen in der Höhe von 180 Mio. S aus diesen Geschäften kassiert hatte. Weder der Umstand, daß das Finanzamt für Körperschaften die Werthaltigkeit der Grundschuldbriefe bezweifelt hatte noch daß sich im November 1998 Eigentümer von Grundschuldbriefen bei der Bank Burgenland darüber beschwerten, daß diese zur Sicher-stellung eines Vielfachen des vereinbarten Betrages verwendet worden seien, führte zu Reaktionen seitens der Bank Burgenland.

Wie oben ausgeführt, erkannte das Finanzamt für Körperschaften im Jahr 1997, daß die zur Besicherung der Finanzschulden angebotenen Grundschuldbriefe aufgrund ihrer Konstruktion nicht als werthaltig angesehen und daher als Sicherheit nicht anerkannt werden könnten. Es beabsichtigte daher gegen die HOWE AG wegen hoher Finanzschulden einen Konkursantrag einzubringen.

In der Folge wurde vom Steuerberater Dr. Schuster beim damaligen Bundesminister für Finanzen Edlinger mit dem Ziel interveniert, das abgabenrechtliche Verfahren hinsichtlich der HOWE AG und weiterer Hom-Rusch Firmen neu aufzurollen und von einem Konkursantrag Abstand zu nehmen. Obwohl dieses Ansinnen vom zuständigen Finanzamt für Körperschaften und von der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland aus guten Gründen abgelehnt wurde, wurde diesem Wunsch von seiten des Ministeriums nach erfolgter persönlicher Intervention im Ministerbüro durch eine Weisung entsprochen.

Durch diese Vorgangsweise wurde es trotz der offensichtlichen Zahlungsschwierigkeiten der HOWE Gruppe und der erkennbaren Wertlosigkeit der angebotenen Sicherheiten verabsäumt, die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Es hätte nämlich bereits damals von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen die Bankenaufsicht eingeschaltet werden müssen, weil ein außerordentlich hohes Kreditengagement der Bank Burgenland bei der HOWE Gruppe sowie die Möglichkeit der Verletzung des Bankwesengesetzes erkennbar waren. Dadurch wurde letztlich der HOWE Gruppe die Möglichkeit eröffnet, wie dies bereits oben ausgeführt wurde, ihren Schuldenstand bei der Bank Burgenland weiter zu erhöhen und den Schaden zu vergrößern.

Erst im Jahr 1999 erkannte auch das Finanzministerium den hohen Wertberichtigungsbedarf und beauftragte im Juni 1999 die Oesterreichische Nationalbank, bei der Bank Burgenland eine "Vor-Ort-Prüfung" vorzunehmen. Diese stellte bereits nach kurzer Zeit erhebliche Mängel im Bereich des Risikomanagements und der Gesamtbanksteuerung sowie Verletzungen des Bankwesengesetzes fest. Dabei wurde ein noch höherer Wertberichtigungsbedarf für das Geschäftsjahr 1999 festgestellt. Die Bank Burgenland bzw. ihre Organe zogen jedoch aus


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diesen Vorwürfen keine Konsequenzen. Es wurde sogar das Vorstandsmandat von Generaldirektor Gassner trotz der Einwände des Bundesministeriums für Finanzen um 1 Jahr verlängert.

Aber auch die Sicherheitsbehörden und die Justiz haben im Zusammenhang mit dem Bank Burgenland-Skandal versagt, weil sie trotz zahlreicher Alarmsignale nicht rechtzeitig eingegriffen haben.

Bereits 1993 gab es Medienberichte über Zahlungsschwierigkeiten der Hom-Rusch Firmen (Kurier vom 17. Jänner 1993 und vom 20. Jänner 1993). Dabei wurde über mangelhafte Zahlungsmoral, Schwierigkeiten mit der Bank und über einen aufwendigen Lebensstil des Herrn Hom-Rusch berichtet.

Am 12. Februar 1993 erfolgte eine anonyme Anzeige, wonach die der Bank Burgenland vorgelegten Bilanzen nicht der Realität entsprächen. In diesem Zusammenhang wurde auch Generaldirektor Gassner durch die Bundespolizeidirektion Eisenstadt befragt.

Eine weitere Strafanzeige vom 24. Mai 1993 hatte zwar Erhebungen durch die Staatsanwaltschaft Wien zur Folge. In diesem Verfahren wurde in einem Gutachten ausgeführt, daß Firmen der HOWE-Gruppe bereits seit 1992 erkennbar zahlungsunfähig gewesen seien. In diesem Strafverfahren kam es dennoch im Jahr 1997 zu einem Freispruch, weil die Zahlungsunfähigkeit aufgrund der Berichtigung der Forderungen der Wiener Gebietskrankenkasse vom Gericht verneint wurde. Hiebei wurde pflichtwidrig die Frage der Mittelaufbringung nicht geprüft; erst nachträglich stellte sich heraus, daß die Bezahlung an die Wiener Gebietskrankenkasse mittels neuerlichen Kredits finanziert worden war. Hätte das Gericht diese Prüfung vorgenommen, hätte es zu einem Schuldspruch kommen müssen.

Außerdem erlangte Hom-Rusch eine Aufenthaltsbewilligung nur aufgrund einer gefälschten Heiratsurkunde und eines bolivianischen Reisepasses ohne Vorlage weiterer Urkunden.

Aber auch seit der Aufdeckung des Bank Burgenland-Skandals durch den Bericht der Oesterreichischen Nationalbank wurde seitens der Sicherheitsbehörden und der Justiz keine besondere Eile bei der Aufklärung der Verfilzungen, der Geldflüsse und der Verantwortlichkeiten gezeigt. Obwohl es z. B. dringende Verdachtsmomente bezüglich der Zahlung von Schmiergeld gab, gab es bisher dazu keinerlei Reaktionen von Seiten der Staatsanwaltschaft. Dies vor allem vor dem Hintergrund, daß in anderen Fällen bei weit geringeren Verdachtsmomenten rigoros durchgegriffen wird.

Durch die Machenschaften Hom-Ruschs wurde die Bank Burgenland um Milliarden betrogen. Der Verbleib dieser Beträge konnte bisher wegen des dichten Netzes an Treuhandge-sell-schaften und Strohmännern noch nicht festgestellt werden. Auch Hinweise auf eine "Venezuela Connection" blieben bisher nahezu unbeachtet. Es liegt daher der Verdacht nahe, daß die Vermutung, "die im Einflußbereich des Landes Burgenland stehende Bank zeige mittlerweile nur mehr sehr verhaltenes Interesse an der lückenlosen Aufklärung der Affäre" (Profil vom 9.10.2000) zutrifft. Laut Profil seien in Südamerika nicht nur die Gelder, sondern auch Hinweise über Hom-Rusch geheime Kontakte zur SPÖ Burgenland vergraben. Tatsächlich sei es bis heute völlig unklar, wie es dem Bauunternehmer Hom-Rusch gelingen konnte, ausgerechnet der kleinen Bank Burgenland immer neue Finanzierungen zu entlocken. Der Verdacht auf Schmiergeldzahlungen und Parteifinanzierung zugunsten der SPÖ und zu Lasten der Steuerzahler ist daher naheliegend. Eine lückenlose Aufklärung aller dieser Vorgänge und die Rolle der SPÖ ist somit dringend angezeigt.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR folgende


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 112

Dringliche Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie das Risiko des Landes Burgenland, das aufgrund der Haftungsübernahme zu erwarten ist?

2. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen des Bank Burgenland Skandals auf die öffentliche Haushalte und insbesondere auf den innerösterreichischen Stabilitätspakt?

3. Trifft es zu, daß im Falle der Inanspruchnahme der Haftung des Landes Burgenlandes auch direkte Auswirkungen auf den Steuerzahler im Wege von Steuererhöhungen nicht auszu-schließen sind?

Wenn ja, weshalb?

4. Ist durch den Bank Burgenland Skandal die innerstaatliche Kofinanzierung des Ziel 1 Gebietes Burgenland gefährdet?

Wenn ja, inwiefern?

Wenn nein, weshalb nicht?

5. Sind seitens des Bundesministeriums für Finanzen für den Fall der Inanspruchnahme der Haftung des Landes Burgenland besondere Vorkehrungen zur Unterstützung dieses Landes geplant?

Wenn ja, welche?

6. Wodurch wurde das Einschreiten der Bankenaufsicht im Falle der Bank Burgenland konkret veranlaßt?

7. Weshalb hat die Bankenaufsicht die wiederholten Medienberichte sowie die Warnungen nicht nur der internen Revision der Bank Burgenland seit dem Jahr 1994 nicht zum Anlaß ge-nommen, früher einzuschreiten?

8. Werden Sie aufgrund der Erfahrungen des sozialistischen Bank Burgenland-Skandals im Bereich der Bankenaufsicht Konsequenzen ziehen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

9. Wie beurteilen Sie die Tatsache, daß der sozialistische Landeshauptmann Stix seit Jahren auf Warnungen nicht reagiert hat und auch nach Bekanntwerden des OeNB Berichtes nicht verhindert hat, daß die Schulden des Hom-Rusch Komplexes um weitere 422 Mio. S angestiegen sind?

10. Wie beurteilen Sie den Umstand, daß die Finanzprokuratur noch am 12. Mai 2000 trotz des Vorliegens eines aufschlußreichen Bank Burgenland Berichtes der Oesterreichischen Nationalbank eine Anzeigepflicht gegen die Organe der Bank Burgenland leugnete?

11. Trifft es zu, daß das Finanzamt für Körperschaften bereits 1997 gegen die HOWE AG wegen hoher Finanzschulden einen Konkursantrag beabsichtigte?

Wenn ja, welchen Umfang hatten die damaligen Finanzschulden?

12. Wie wurden vom Finanzamt die damals zur Besicherung angebotenen Grundschuldbriefe bezüglich ihrer Werthaltigkeit beurteilt?

13. Weshalb wurde aufgrund der damaligen Sachlage von den Finanzbehörden von einem Konkursantrag Abstand genommen?


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 113

14. Trifft es zu, daß in dieser Angelegenheit beim damaligen sozialistischen Finanzminister Edlinger mit dem Ziel interventiert wurde, das abgaberechtliche Verfahren neu aufzurollen und von einem Konkursantrag Abstand zu nehmen?

Wenn ja, wie beurteilen Sie diesen Vorgang?

15. Ist es für Sie nachvollziehbar, daß der damalige Bundesminister für Finanzen Edlinger mit der damaligen Intervention, bei der es um eine Abgabenschuld in Höhe von mehreren hundert Millionen Schilling ging, nicht befaßt wurde?

16. Teilen Sie die Auffassung, daß in diesem Zusammenhang im Ergebnis vom Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zugunsten der Hom-Rusch Firmen abgegangen wurde?

17. Wurde auch bei anderer Gelegenheit von Seiten der Hom-Rusch Firmen interveniert?

Wenn ja, in welchem Zusammenhang?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Sinne der einschlägigen Bestimmungen erhält der Erstunterzeichner, also Herr Abgeordneter Schweitzer, das Wort. Seine Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.05

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die in der gestrigen Aktuellen Stunde vom Finanzminister dargebrachten Zahlen betreffend das Ausmaß und das noch nicht feststehende Ausmaß dieses Bankenskandals sind vor allem für die burgenländische Bevölkerung erschütternd.

Allein der bereits feststehende Schaden wird mit mehr als 4,6 Milliarden Schilling beziffert. Wie wir gestern gehört haben, sind dazu noch Prüfungen von Krediten über 10 Millionen Schilling im Gesamtwert von 6,7 Milliarden Schilling sowie Prüfungen von Krediten unter 10 Millionen im Gesamtwert von 8,7 Milliarden Schilling ausständig. Das heißt, ein Kreditvolumen von etwa 15 Milliarden Schilling wird noch geprüft, und es kann durchaus passieren, dass da noch weitere "faule", nicht mehr rückzahlbare Kredite auftauchen.

Meine Damen und Herren! Somit ist für dieses kleine Bundesland, das ein Jahresgesamtbudget von 9 Milliarden Schilling hat, unter Umständen ein Schaden zu erwarten, der annähernd die Höhe dieses Budgets ausmachen kann. – Das ist Misswirtschaft mit roter Handschrift, die es in diesem Lande nicht einmal beim "Konsum" gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Schaden wird mit Sicherheit weitaus höher liegen, als bisher bekannt ist. Wenn ich das Wochenmagazin, das heute erschienen ist, aufschlage, stelle ich fest, es wird schon von weiteren fällig gewordenen und nicht rückzahlbaren Krediten gesprochen.

Es gibt zum Beispiel einen mit mehr als 100 Millionen Schilling fälligen Kredit einer Firma, die in Neudörfl und in Müllendorf angesiedelt ist – eine einschlägig rote Firma, im Druckereibereich tätig.

Weiters gibt es den dubiosen Kredit für einen Adeligen in der Höhe von 40 Millionen Schilling, bei dem bemerkenswert ist, dass der Adelige seine Ansprüche, die er an das Dritte Reich hat, als Kreditsicherheit gegeben und dafür auch den Kredit bekommen hat. Auch dieser Kredit ist inzwischen "faul" geworden.


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45. Sitzung / Seite 114

Herr Kollege Edlinger! Was sagen Sie zur Vorgangsweise bei der Firma Glatter? – Es hat kein Eigenkapital gegeben, man hat einen Kredit bei der Bank Burgenland aufgenommen, um EU-Förderungen lukrieren zu können. Der Kredit hat 200 Millionen Schilling betragen und ist inzwischen uneinbringlich. Die Firma Glatter wurde in dieser Woche an eine slowakische Gruppe verkauft. – Das ist Wirtschaftspolitik mit sozialdemokratischer Handschrift!

Zuerst 200 Millionen Schilling Kredit, Förderungen geradezu erschlichen, weil Förderungen an und für sich mit Kredit nicht zu bekommen sind, und heute ist die ganze Firma an eine slowakische Gruppe verkauft. Firma weg, Geld weg, Arbeitsplätze auch bald weg – sozialdemokratische Wirtschaftspolitik à la Stix, à la Edlinger, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der nächste Fall: die Firma Wippel, allen Burgenländern gut bekannt. Wippel, ein persönlicher Freund des noch amtierenden Landeshauptmannes Stix in Hornstein. Wippel hat dort eine Stahlbaufirma, und dann hat er noch ein Sportstudio aufgemacht. Dafür hat er einen Kredit in der Gesamthöhe von 349 Millionen Schilling bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie seriös diese Kreditvergabe war, zeigt sich am Beispiel des Sportstudios in Hornstein. Hornstein ist eine Gemeinde mit schätzungsweise 2 000 Einwohnern, und dieses Sportstudio hätte täglich 40 000 S umsetzen müssen, um allein die Kreditzinsen bedienen zu können. Das zeigt, wie "seriös" man dort mit Geld der öffentlichen Hand – die Bank Burgenland ist ja im Besitz des Landes – umgegangen ist. 40 000 S Tagesumsatz für ein Sportstudio in einer 2 000-Einwohner-Gemeinde waren kein Problem, man hat das Geld locker gegeben, damit dieses Sportstudio errichtet und betrieben werden kann.

Natürlich hat das nicht funktioniert. Die Lösung, die Landeshauptmann Stix seinem Freund Gassner vorgeschlagen hat, war: Übernehmt doch dieses Studio und betreibt es selbst, dann kommt dieses Chaos nicht an die Öffentlichkeit! Und so hat man es gemacht. Diese Vorgangsweise ist verwerflich und zeigt, dass dieser Skandal eindeutig eine rote Handschrift zeigt, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das nur, um diesen Skandal zu vermeiden.

Diese Beispiele zeigen: Nicht nur Hom-Rusch ist das Problem, sondern die vielen Kredite, die auch an rote Freunde oder an den Roten nahe stehende Leute vergeben wurden, obwohl diese Kredite nie zu vergeben gewesen wären. Man hat den Leuten rund um Stix auf abenteuerlichste Weise das Geld herauslocken können – und nun werden die Burgenländer halt zur Kasse gebeten.

Ich habe gestern den Schaden mit 16 000 S pro Kopf bezeichnet. Ich sage, meine Damen und Herren, es wird von Tag zu Tag mehr. Heute sind es vielleicht 17 000 S, und morgen sind es 18 000 S, weil ja immer mehr "faule" Kredite an die Oberfläche gelangen (Abg. Öllinger: Bis zu den Wahlen, dann sinkt es wieder!), deshalb an die Oberfläche gelangen, weil es vor allem bei den SPÖ-Verantwortlichen keine Bereitschaft gegeben hat, die Alarmzeichen rechtzeitig zu erkennen und diese Alarmzeichen ernst zu nehmen!

Ich habe es gestern gebracht und wiederhole es heute, weil die Sache so skandalös ist. Ich erinnere noch einmal, Herr Kollege Öllinger, an das Schreiben eines besorgten Burgenländers, der das Schreiben an den Vorstandsvorsitzenden, an den Aufsichtsratsvorsitzenden, an die Aufsichtsräte, an die Polizeidirektion in Eisenstadt gerichtet hat, und zwar am 12.2.1993, in dem er detailliert beschreibt, was passiert, welchem Betrüger die Bank Burgenland und alle Verantwortlichen aufgesessen sind.

Der Verfasser verweist wörtlich darauf, dass die Bank Burgenland "Verlustgeschäfte in zig-Millionenhöhe" finanziert. Und das im Jahre 1993! Zu Beginn des Jahres 1993 – meine Damen und Herren, das kann man nicht oft genug wiederholen – verweist der Verfasser dieses Schreibens darauf.

Er verweist ausdrücklich auf die vielen hohen und "unerklärlichen Auslandsüberweisungen". Inzwischen wissen wir ja, dass viel davon in Venezuela gelandet ist.


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45. Sitzung / Seite 115

Er verweist ausdrücklich auf "die betrügerische Geldbeschaffung mit fingierten Rechnungen", auf viele "ungedeckte Schecks".

Und er fragt – da fragt er alle Herren im Vorstand, alle Herren im Aufsichtsrat, alle Herren bei der Polizei und schlussendlich auch die politisch Verantwortlichen, und zwar bereits zu Beginn des Jahres 1993 –: "Können Sie tatsächlich ein Kreditvolumen von" – damals – "ca. 300 Mio rechtfertigen, welches weit über dem Jahresumsatz liegt und größtenteils noch unbesichert ist?" – Keine Reaktion, meine Damen und Herren! Keine Reaktion.

Damals wäre der Gesamtschaden noch ein Bruchteil dessen gewesen, was er heute ausmacht.

Ich muss noch einmal an den Abgeordneten Wagner erinnern, der am 10. Oktober 1996 dieses Thema aufgegriffen und Herrn Landeshauptmann Stix gefragt hat: "... gibt es Anzeichen dafür, daß bei der Bank Burgenland vergebene Kredite im Gesamtausmaß von zirka" – damals schon! – "1,2 Milliarden Schilling uneinbringlich sind?"

Meine sehr geehrten Damen und Herren von Links! Stix dazu: "... es gibt keine Anzeichen dafür". "Ganz im Gegenteil, die Bank Burgenland hat eine sehr gute und zufriedenstellende Entwicklung genommen." Und Sie kennen ja schon den berühmten Nachsatz: Das, was Sie da tun, Herr Kollege, ist nichts anderes als "Kaffeesudleserei".

So sorglos ist der damalige und jetzige Landeshauptmann des Burgenlandes Karl Stix mit all diesen Bedenken umgegangen. Obwohl seit spätestens 1993 diese massiven Hinweise hinsichtlich des Kreditengagements Hom-Rusch bestanden haben, hat man weiter, ohne darüber nachzudenken, Geld gegeben: 1994 war man bei 790 Millionen Schilling, 1995 bei 1 Milliarde Schilling, 1996 bei 1,2 Milliarden Schilling, 1997 bei 1,4 Milliarden Schilling, 1998 bei 1,9 Milliarden Schilling, 1999 bei 2,2 Milliarden Schilling und am 14. Juli 2000 bei 2,643 Milliarden Schilling!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Aufsichtsrat stimmte bis zum Jahr 2000 jeder Ausweitung des Kreditengagements zu, und zwar trotz all dieser Warnungen! (Abg. Öllinger: Wer ist dort drinnen?) Wir alle wissen inzwischen, wer dort drinnen ist, und sie alle müssen zur Verantwortung gezogen werden. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.) Sie haben zuge-stimmt, obwohl die Bankprüfer ab 1995 ernsthafte Probleme bei diesem Kreditengagement ganz klar aufgezeigt haben, trotz der negativen Medienberichte, die ich bereits erwähnt habe, trotz der anonymen Strafanzeigen gegen Hom-Rusch (Abg. Öllinger: Bankenaufsicht!), trotz diverser Gutachten über die Zahlungsunfähigkeit verschiedener Firmen aus dem Hom-Rusch-Komplex. Obwohl immer wieder die Sicherheit der Grundschuldbriefe als nicht werthaltig bezeichnet wurde, haben die Verantwortlichen der Ausweitung dieser Kredite zugestimmt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit kann für niemanden, der damit befasst war, der jetzt die Faktenlage objektiv beurteilt, ein Zweifel aufkommen an der Feststellung, dass Stix und Co schon sehr, sehr lange Bescheid gewusst haben, wie es tatsächlich um die Bank Burgenland steht. Sie haben wahrscheinlich schon Ende der achtziger Jahre Bescheid gewusst, und sie wurden immer wieder darauf aufmerksam gemacht: 1991, 1992, 1993, 1996, aber trotzdem haben sie nicht reagiert!

Es ist die Frage zu klären, warum man nicht reagiert hat. – Jetzt zeichnet sich doch ein sehr, sehr schwerwiegender Verdacht ab, warum seitens der Verantwortlichen, seitens des Eigen-tümervertreters des Burgenlandes, des Herrn Landeshauptmannes Stix, nicht reagiert wurde: Es ist offensichtlich, dass damals eine Klärung auf Grund eines parteipolitischen Kalküls nicht zustande gekommen ist.

Ich bin davon überzeugt, dass es für die burgenländische SPÖ viele handfeste Gründe gege-ben hat und handfeste Gründe gibt, dass es aus ihrer Sicht notwendig war, all das, was jetzt bekannt ist, zu vertuschen. Die Funde von Venezuela werden den endgültigen Beweis erbringen, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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45. Sitzung / Seite 116

Die sichergestellten Belege weisen eindeutig auf Geldflüsse von Hom-Rusch zur SPÖ hin. Herr Kollege Edlinger, ich werde Ihnen am Schluss noch ein schönes Beispiel bringen, das diese ganze Überlegung untermauert, auch wenn Ihr Parteisekretär Darabos gestern einmal mehr be-tont hat, dass es diese Geldflüsse nicht und nie gegeben hat, und das auch mit einem Gut-achten unterlegen wollte. Übrigens ein Gutachten, das von dem Steuerberater stammt, der gemeinsam mit Herrn Schubaschitz in einer Firma gearbeitet hat. Herrn Schubaschitz kennen Sie, das ist der heutige BEWAG-Generaldirektor und seinerzeitige große "BF"-Sanierer – darauf komme ich noch einmal zurück, Herr Kollege Edlinger, und ich sehe an Ihren Gesichtszügen, dass sie Ihnen etwas entgleiten.

Herr Schubaschitz, seinerzeitiger "BF"-Sanierer und jetziger BEWAG-"General", ist der Partner jenes Wirtschaftstreuhänders, der dieses Gutachten erstellt hat, wonach es keine Querverbindung zwischen SPÖ und Hom-Rusch gibt.

Aber dieser Gutachter, dieser Freund des roten Herrn Schubaschitz, war nicht nur auf einem Auge blind, er war auf beiden Augen blind. Er ist nicht einmal draufgekommen, dass es zum Beispiel genau über diese Parteizeitung, die "Burgenländische Freiheit", Geldflüsse von Hom-Rusch in die SPÖ gegeben hat. Die Belege findet man in jeder Bibliothek, die finde ich hier im Hause, die finde ich in der Nationalbibliothek, die finde ich im Archiv der "BF".

Herr Kollege Kaipel, weil Sie mich so angestrengt anschauen: Schauen Sie einmal nach in der "BF" Nummer 41 aus dem Jahre 1995, in der "BF" Nummer 45 aus dem Jahre 1995, in der "BF" Nummer 24 aus dem Jahre 1996, in der "BF" Nummer 37 aus dem Jahre 1996 – Sie werden immer wieder ganzseitige Inserate der Baufirma des Herrn Hom-Rusch und von vielen anderen Firmen des Herrn Hom-Rusch finden! (Abg. Ing. Westenthaler: Die "BF" ist die Parteizeitung!) Das ist das Zentralorgan der Sozialdemokratie des Burgenlandes, das inzwischen auch an allen Schulen zur Verteilung gelangt, weil man glaubt, so Jungwähler zu bekommen. Wir müssen mit der Frau Bundesministerin für Unterricht einmal darüber reden, ob das überhaupt zulässig ist.

Diese Wirtschaftsprüfer waren ja nicht einmal in der Lage – ich sage es noch einmal: Freunde des Herrn Schubaschitz, der der große "BF"-Sanierer ist –, diese banalen Geldflüsse zu erkennen. Sie konnten von ihnen nicht nachvollzogen werden – wahrscheinlich wollten sie es nicht. Das ist meine Interpretation.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Jetzt frage ich Sie: Wie soll dieser Wirtschaftsprüfer, der bei der Suche nach versteckten Geldflüssen in der Form schon überfordert ist, woanders fündig werden? Er möchte ja gar nicht fündig werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Herr Kollege Edlinger! Jetzt kommen wir zu einem sehr schönen Beispiel, und ich werde jetzt ganz detailliert ausführen, wie es tatsächlich um Finanzgebarungen aussieht, wenn es zum Beispiel um die Sanierung dieses Zentralorgans geht, auch um zu beweisen, wie es mit der Wirtschaftskompetenz der SPÖ aussieht. Und zwar betrifft das jetzt die schon mehrfach angesprochene "wunderbare" Sanierung dieser schwer defizitären Parteizeitung "Burgenlän-dische Freiheit".

Ihr Sekretär Darabos hat der Öffentlichkeit erklärt: Diese Sanierung erfolgte durch den Verkauf eines Hauses. – Ich habe mir den Verkauf dieses Hauses angeschaut. Es handelt sich, wie Kollege Kaipel weiß, um das Haus in der Johann-Permayer-Straße Hausnummer 5 in Eisenstadt. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ein ehrenwertes Haus!) Ein ehrenwertes Haus! Dieses Haus wurde am 24.4.1991 gekauft, und zwar mit einem Darlehen. Herr Kollege Edlinger, mit einem Darlehen! Von wem ist dieses gekommen? – Von der Wiener Städtischen! Die Wiener Städtische hat der SPÖ ein Darlehen in der Höhe von 6,5 Millionen mit einer Verzinsung von 8,7 Prozent gegeben. Und übrigens: Die Verträge wurden gezeichnet von den Herren Sellitsch, Prebil einerseits beziehungsweise Sipötz, Payer andererseits – für ein Darlehen zum Ankauf des Hauses für die "BF" in der Johann-Permayer-Straße 5.

Bereits am 29. Juni 1993 wurde das Haus wieder verkauft. Verkaufssumme: 7 Millionen Schilling. Ich habe gemeinsam mit Kollegen Böhacker die Verzinsung des Kredites ausgerechnet.


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45. Sitzung / Seite 117

Für diese paar Monate machen die Zinsen, Herr Ex-Finanzminister, 1,2 Millionen Schilling aus. 6,5 Millionen plus 1,2 Millionen: 7,7 Millionen. Bei einem Erlös von 7 Millionen ergibt sich immerhin ein stattliches Minus von 700 000 S. Und Herr Darabos geht her und sagt: Mit dem Erlös, der durch den Hausverkauf in die Kassen geflossen ist, wurde die Zeitung finanziert. Jetzt erklären Sie mir, wie Sie es schaffen, mit einem Minus von 700 000 S eine Zeitung zu sanieren, Herr Finanzminister! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist wieder einmal ein Beispiel für sozialistische Wirtschafts- und Finanzpolitik, das vieles erklärt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das hat sicherlich der Edlinger ausgerechnet!)

Schauen wir uns aber die Geschichte noch ein bisschen im Detail an. Der Verkäufer SPÖ Burgenland verkauft an die IVB, Immobilienvermarktung und Bauträger Ges.m.b.H., in der Hauptstraße 37 in Eisenstadt. Was glauben Sie, wer da mit 25 Prozent beteiligt ist? Eine Beteiligungs- und VerwaltungsgesmbH. Und dann schaut man weiter, was da dahintersteckt? Diese Beteiligungs- und VerwaltungsgesmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Bank Burgenland. (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der Kaufvertrag wird unterschrieben von den Herren Stix und Payer, und abgewickelt wird der Vertrag von Kurzzeitobmann Dr. Manfred Moser. Der hat sich an dem Desaster, das die Burgenländer zu bezahlen haben, dumm und dämlich verdient, der gute Moser – wie viele andere, die dann beauftragt wurden, diesen Skandal zu vertuschen, wie zum Beispiel die PR-Agentur Hochegger. Die Bank Burgenland hat diese PR-Agentur engagiert, um Nebel zu werfen, um ja nicht aufkommen zu lassen, welcher Skandal hier tatsächlich dahintersteckt.

Also: Hochegger hat gut verdient, und all die Honorare für die Anwälte machen ein Vermögen aus, und den Großteil hat der gute Moser kassiert. Der hat sich an dem Desaster, das seine Partei verursacht hat, noch dumm und dämlich verdient.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines steht fest: Die SPÖ saniert ihre defizitäre Zeitung mit einem Minus von 700 000 S. Die Frage, woher das Geld tatsächlich kam, ist noch – noch! – offen, Herr Kollege Kaipel. Woher kam das Geld tatsächlich?

Es wird jetzt vieles klar, warum es bei der SPÖ, wenn es um finanzielle Dinge geht, so drunter und drüber geht: bei den Parteifinanzen, beim "Konsum", bei der Bank Burgenland und bei der Staatsverschuldung. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Sie können mit Geld nicht umgehen. Das wird hier einmal mehr klar und deutlich.

Zum Abschluss kann ich allen Burgenländern und Burgenländerinnen nur sagen: All das, was ich jetzt hier erzählt habe, muss für alle Grund genug sein, nie mehr auf Rot zu setzen. – Sie werden es auch nicht tun. Glauben Sie es mir! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Finanzminister zu Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

15.26

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dieser offensichtlich sehr schwere Skandal rund um die Bank Burgenland, auf den wir gestern auch im Zuge der Aktuellen Stunden eingehen konnten, ist nicht nur ein Kriminalfall, sondern auch ein politischer Skandal. Es ist das nicht nur ein massives Problem für das Land Burgenland und vor allem für den burgenländischen Steuerzahler damit verbunden, sondern es ist auch ein katastrophales Signal für den Sparer, für den Kleinanleger, für die Sicherung der Einlagen der Sparer und der Kleinanleger und damit für die schützenswerten Interessen der Sparer in diesem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Daher muss es uns ein Anliegen sein, dem Sparer wieder Vertrauen zu geben, ihm wieder Sicherheit zu geben, an eine stabile, an eine solide Bankenlandschaft in Österreich berechtigt glauben zu können. Und daher halte ich es für entscheidend, wenn von diesem Hohen Haus


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45. Sitzung / Seite 118

klare Botschaften, klare Signale ausgehen, dass sorgfältig ermittelt werden muss und soll, dass dieser Fall restlos aufgeklärt werden soll, dass die Verantwortungen im politischen, im rechtlichen, auch im strafrechtlichen Bereich wahrgenommen werden müssen und Konsequenzen haben müssen und dass man vor allem aus dieser Frage auch lernt.

Abermals: Es ist besser, private Unternehmer zu haben als staatliche Eigentümer, und daher war es vernünftig und klug, dass wir die letzte Bank, die operativ im Bankgeschäft tätig war, die P.S.K., für knapp 18 Milliarden Schilling verkauft haben und damit dem Steuerzahler einen Vorteil verschafft haben – im Gegensatz zum Land Burgenland, wo man mehr als 4 Milliarden Schilling Schaden für das Land und damit für den Steuerzahler zu verzeichnen hat. Das ist der weitere Beweis dafür zu sagen, ein privater Unternehmer mit Geld, der mit seinem Herzblut dabei ist, ist besser als ein staatlicher Unternehmer. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit darf ich zu den konkret gestellten Fragen kommen.

1. Frage: Wie beurteilen Sie das Risiko des Landes Burgenland, das aufgrund der Haftungsübernahme zu erwarten ist?

Ich darf versuchen, einige Informationen vorweg zu übermitteln, damit man die zukünftigen Belastungen des Landes Burgenland aus den übernommenen Haftungszusagen dann näher beleuchten kann.

Das Betriebsergebnis der Bank Burgenland betrug im Jahre 1999 475 Millionen Schilling. Das Betriebsergebnis ist – das wissen wir alle, denke ich – jener Betrag, der einer Bank aus den Erträgen des Geschäftsjahres zur Bildung von Risikovorsorgen, das sind Einzelwertberichtigungen, das sind Rückstellungen, zur Verfügung steht.

Im Geschäftsjahr 1999 hatte die Bank Burgenland für das Kreditgeschäft Risikovorsorgen in Höhe von rund 500 Millionen Schilling zu bilden – jedenfalls mehr als das damalige Betriebsergebnis von 475 Millionen Schilling. Daher musste man damals Rücklagen und stille Reserven auflösen. Ich sage das deshalb, um ein Bild der Ertragskraft dieser Bank zeichnen zu können.

Zur Ertragskraft der Bank Burgenland hält selbst der Vorstand der Bank in seinem im Juni 2000 verfassten Lagebericht zum Geschäftsjahr 1999 fest, dass das für das Jahr 2000 prognostizierte Ziel, nämlich ein Betriebsergebnis in der Höhe von 310 Millionen Schilling zu erreichen – 475 Millionen 1999, 310 Millionen als Ziel im Jahre 2000 –, gerade im Lichte der jüngsten Entwicklungen ein sehr ambitioniertes ist.

Insofern ist es natürlich schwierig, jetzt Aussagen zu treffen, welche Haftungsübernahme das Land Burgenland tatsächlich treffen wird. Aber als Worst-Case-Szenario darf ich in Anlehnung an gestern darstellen, welche Belastungen sich ergeben könnten.

Erster Punkt: Hom-Rusch-Garantie: 2,35 Milliarden Schilling. Dazu kommt ein zusätzliches Hom-Rusch-Risiko von 400 Millionen Schilling, das in den letzten Monaten evaluiert wurde. Dazu kommen die sonstigen Risikovorsorgen in Höhe von 1,35 Milliarden Schilling, die jetzt auf Grund von Kreditrisikoüberprüfungen gebildet werden mussten, und dann kommen noch weitere Risikovorsorgen für bis jetzt ungeprüfte Kredite hinzu.

Das heißt, jetzt einmal klar sind 4,1 Milliarden Schilling, wobei ich hinzufügen darf, dass zwischen dem Land Burgenland, der Bank Austria und der Bank Burgenland aus Anlass des im Oktober 2000 offenbar gewordenen zusätzlichen Wertberichtigungsbedarfs eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurde mit der Zielsetzung, die Überschuldung der Bank abzuwehren und dem Land für die Bank Burgenland eine Liquiditätsgarantie zu geben.

Zur Erfüllbarkeit dieser Liquiditätsgarantie erklärt sich die Bank Austria bereit, dem Land Kreditlinien zur Verfügung zu stellen, damit dieses ein Gesellschafterdarlehen an die Bank gewähren kann oder das Land die Haftung für eine direkte Liquiditätssicherung durch die Bank Austria übernimmt.


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45. Sitzung / Seite 119

Festzuhalten ist in jedem Fall, dass die Bank Burgenland auf Grund ihrer Ertragssituation nicht in der Lage sein wird, sämtliche Ansprüche des Landes aus den Haftungsübernahmen abzudecken.

Das Endergebnis – das werden wir natürlich erst in Zukunft feststellen können – hängt also von mehreren Variablen ab:

1. Punkt: Welche Ausfälle gibt es tatsächlich für die Bank aus dem Kreditkomplex Hom-Rusch?

2. Punkt: Welche etwaigen Konkursrückflüsse gibt es aus dem Kreditkomplex Hom-Rusch?

3. Punkt: Welche Risiken treten tatsächlich ein von jenen, die jetzt mit ihren 1,35 Milliarden Schilling offenbar sind?

4. Punkt: Welche Risiken ergeben sich noch aus der Prüfung der bisher eben nicht evaluierten Kredite im Ausmaß von 15,4 Milliarden Schilling?

5. Punkt: Die Verzinsung der Haftung des Landes für die Kreditrisiken Hom-Rusch und die Verzinsung des Besserungskapitals der Bank Austria werden ein wesentliches Faktum sein.

6. Punkt: Die Kosten des Landes aus der gegenüber der Bank Burgenland übernommenen Liquiditätsgarantie spielen eine Rolle.

7. Punkt: natürlich die Gewinnsituation der Bank Burgenland selbst, wenn man die Haftung des Landes reduzieren möchte.

8. Punkt: Kapitalerhöhungen durch Dritte, die die Haftung des Landes aus dem Kreditkomplex Hom-Rusch mindern könnten, sind zumindest diskutabel.

Zusammenfassend kann aus heutiger Sicht gesagt werden, meine Damen und Herren: In jedem Fall wird ein sicherlich sehr beträchtlicher Teil der 4,1 Milliarden Schilling das Land Burgenland, den burgenländischen Steuerzahler treffen.

2. Frage: Wie beurteilen Sie die Auswirkungen des Bank-Burgenland-Skandals auf die öffentlichen Haushalte und insbesondere auf den innerösterreichischen Stabilitätspakt?

Wenn es zum Durchschlagen auf die Landeshaftung kommt, ist klar, dass der Landeshaushalt natürlich unmittelbar belastet sein wird. Wie gesagt, die Wahrscheinlichkeit ist eine sehr, sehr hohe. Es ergibt sich ferner natürlich auch eine indirekte Belastung des Landeshaushaltes, weil es ja einen Wertverlust der Beteiligung gibt. P.S.K. ist ein Beispiel, das zeigt, eine Beteiligung kann 18 Milliarden Schilling wert sein. Dass diese Bank nicht mehr sehr viel wert sein kann, ist angesichts der jüngsten Ereignisse klar. Insofern könnte man bei einem etwaigen Privatisierungsvorgang natürlich nur einen sehr niedrigen Verkaufserlös erzielen. Das schädigt natürlich auch die Vermögenssituation des Landes Burgenland.

Wir gehen davon aus, dass die Bank Burgenland in den nächsten Jahren keine Erträge erwirtschaften wird und somit aus dem Titel Körperschaftsteuer-Zahlungen auch keine Eingänge zu erwarten sind.

Zur Frage nach den Auswirkungen auf den innerösterreichischen Stabilitätspakt: Sie wissen, dass es einen gültigen Stabilitätspakt auf der Grundlage des gültigen Finanzausgleichs 2001 gibt. Wir haben eine neue Vereinbarung mit den Ländern verhandelt, die dem Nationalrat zur Beratung und Beschlussfassung vorliegt und beträchtliche Unterstützungen der Länder für den Gesamthaushalt vorsieht. Für das Land Burgenland ist das ein Betrag von 659 Millionen Schilling jährlich, die man im Sinne des neuen Stabilitätspaktes zu leisten haben wird. Ich gehe davon aus, da Landeshauptmann Stix einer der wesentlichen Verhandlungspartner war, dass er sich sicher ist, dass das Land diese Verpflichtungen, die es jetzt durch ihn als Landeshauptmann und Finanzreferenten eingegangen ist, auch erfüllen wird können.


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45. Sitzung / Seite 120

3. Frage:
Trifft es zu, dass im Falle der Inanspruchnahme der Haftung des Landes Burgenland auch direkte Auswirkungen auf den Steuerzahler im Wege von Steuererhöhungen nicht auszuschließen sind? Wenn ja, weshalb?

Für mich ist es natürlich vor allem eine Frage der Budgetpolitik: Wie schlägt es auf den Steuerzahler durch? Schlägt es überhaupt durch? Und wie kann man Mittel für den Haftungsfall aufbringen? Daher ist die aktuelle Budgetsituation des Landes wichtig, um diese Frage beantworten zu können. Ich muss sagen, es ist nicht möglich, größere Haftungsbeträge aus dem Budget, wie es sich derzeit darstellt, abzudecken. Man kann es also nicht aus Überschüssen abdecken. Sie alle kennen mögliche Wege einer Mittelaufbringung, ob das Leistungskürzungen, Vermögensverkäufe oder Steuererhöhungen sind: In jedem Fall wird der Steuerzahler bei der Bank Burgenland die Rechnung bezahlen müssen.

4. Frage: Ist durch den Bank-Burgenland-Skandal die innerstaatliche Kofinanzierung des Ziel-1-Gebietes Burgenland gefährdet? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, weshalb nicht?

Wenn sich ein Land in einer äußerst schwierigen budgetären Situation befindet, dann ist natürlich klar, dass beträchtliche finanzielle Verpflichtungen nur sehr schwer aufbringbar sind. Das heißt, mit diesem Skandal ist die budgetäre Situation des Landes vor eine neue Herausforderung gestellt, um es ganz diplomatisch zu formulieren.

Wenn Sie sehen, dass das Land Burgenland für die Ziel-1-Förderungen 522 Millionen Schilling aus Landesmitteln über eine 7-jährige Periode leisten muss – dazu kommen Bundesmittel in der Höhe von 721 Millionen Schilling über die gesamte Periode – und es darüber hinaus im Sinne des Zusätzlichkeitsprinzips der Europäischen Union ein Additionalitätsprogramm zwischen Bund und Land gibt, das rein national finanziert wird, und das Land auf Grund dessen noch einmal 215 Millionen Schilling zu finanzieren hat, der Bund 300 Millionen Schilling, dann ist vor diesem Hintergrund klar, dass die Sicherstellung der Kofinanzierung für das Ziel-1-Gebiet sehr, sehr schwer machbar sein wird.

5. Frage: Sind seitens des Bundesministers für Finanzen für den Fall der Inanspruchnahme der Haftung des Landes Burgenland besondere Vorkehrungen zur Unterstützung dieses Landes geplant? Wenn ja, welche?

Ich darf noch einmal auf den Finanzausgleich 1997 und auf den nun abzuschließenden Finanz-ausgleich verweisen. Es ist klar, dass alle Maßnahmen, ob es um Verteilung, Besteuerungsrechte, um Abgabenerträge für Bund, Länder und Gemeinden geht, ob es um ergänzende finanzausgleichsrechtliche Regelungen geht, Finanzzuweisungen, Zweckzuschüsse, Regelungsinhalt des Finanzausgleichs sind. Darüber hinaus hat natürlich jedes Land in seiner Haushaltsführung völlige Autonomie, ist daher auch im Rahmen der Bundesgesetze und der Landesgesetze politisch eigenverantwortlich. Daher sind aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen keine besonderen Vorkehrungen zur Unterstützung des Landes Burgenland für den Fall der Inanspruchnahme der Haftung des Landes geplant. Sie sind auch nicht möglich, denn sie hätten eine Präjudizwirkung für alle Länder, die einfach nicht bewältigbar wäre, und würden auch die Selbstverantwortung und die Autonomie eines Landes und damit den Föderalismus in Frage stellen.

6. Frage: Wodurch wurde das Einschreiten der Bankenaufsicht im Falle der Bank Burgenland konkret veranlasst?

Sie wissen, dass wir im Sinne des § 70 Bankwesengesetz die Möglichkeit haben, Vor-Ort-Prüfungen bei Banken durchzuführen. Auf der einen Seite war es ein routinemäßiges Prüfprogramm, das vor der Tür stand, auf der anderen Seite waren es auffallend hohe Wertberichtigungsbedarfe der vergangenen Jahre, die dazu geführt haben, dass das Bundesministerium für Finanzen die Oesterreichische Nationalbank nach einer entsprechenden Empfehlung der Expertenkommission beauftragt hat, bei der Bank Burgenland eine Vor-Ort-Prüfung vorzunehmen. Diese Vor-Ort-Prüfung hat dann die bekannten Mängelfeststellungen, und zwar im Widerspruch zur Bank, die das noch lange Zeit abgestritten hat, ergeben und letztendlich die Aufdeckung des Bank-Burgenland-Skandals möglich gemacht.


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7. Frage:
Weshalb hat die Bankenaufsicht die wiederholten Medienberichte sowie die Warnun-gen nicht nur der internen Revision der Bank Burgenland seit dem Jahr 1994 nicht zum Anlass genommen, früher einzuschreiten?

Die bei der Bank Burgenland bestellten Wirtschaftsprüfer haben immer uneingeschränkte Bestätigungsvermerke für die Jahresabschlüsse erteilt, und auch sonst war aus den der Aufsicht vorliegenden beziehungsweise eingeholten Berichten keine dramatische oder sogar existenzgefährdende Situation der Bank Burgenland erkennbar.

Die interne Revision, die in der Fragestellung angesprochen ist, ist in Österreich im Sinne des Bankwesengesetzes ein Organ des Vorstandes und berichtet auch an den Vorstand und nicht an die Bankenaufsicht. Eine Berichtspflicht an die Bankenaufsicht besteht ebenso nicht. Es war auch aus sonstigen Informationen der Bankenaufsicht, insbesondere aus den Berichten der Wirtschaftsprüfer, nicht ableitbar, dass es kritische Berichte der internen Revision gibt. Daher hat es keine Anhaltspunkte für die Bankenaufsicht gegeben, früher einzuschreiten, als es dann tatsächlich geschehen ist.

8. Frage: Werden Sie auf Grund der Erfahrungen des sozialistischen Bank-Burgenland-Skandals im Bereich der Bankenaufsicht Konsequenzen ziehen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Ich darf feststellen, dass im vorliegenden Fall das System der Bankenaufsicht sicher auf mehreren Ebenen nachhaltig versagt hat. Weder die Bankprüfer, zwei renommierte Wirtschaftsprüfer, noch der Vorstand, noch der Aufsichtsrat der Bank-Burgenland haben in diesem Umfang auf die bestehenden Probleme hingewiesen, geschweige denn im Vorfeld präventive Maßnahmen gesetzt, was auch und vor allem, wie ich gestern bereits gesagt habe, für den Eigentümer der Bank gilt, der bis Oktober 1998 in Form von Regierungskommissären, die das Land bestellt hat, bei der Bank vertreten war. Das heißt, es hat auch ein eklatantes Versagen des Eigentümers, des Eigentümervertreters und damit diese politische Verantwortung gegeben.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich aus einem "sozialistischen Bank-Burgenland-Skandal", wie es in der Frage formuliert ist, keine Konsequenzen für die Bankenaufsicht ableite, sondern es hat völlig unabhängig davon und nachweisbar bereits vorher im Rahmen des Regierungsübereinkommens einen Konsens dahin gehend gegeben, eine von der Politik unabhängige Bankenaufsicht nach internationalem Vorbild einzurichten. Wir sind dabei, das umzusetzen, was im Regierungsübereinkommen festgeschrieben ist, haben ein internationales Gutachterteam beauftragt, sind in Verhandlungen und werden einen großen Wurf für eine unabhängige Bankenaufsicht nach internationalem Vorbild zu Stande bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9. Frage: Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass der sozialistische Landeshauptmann Stix seit Jahren auf Warnungen nicht reagiert hat und auch nach Bekanntwerden des OeNB-Berichts nicht verhindert hat, dass die Schulden des Hom-Rusch-Komplexes um weitere 422 Millionen Schilling angestiegen sind?

Ich sage ganz offen, es obliegt mir nicht, die Verhaltensweisen des Herrn Landeshauptmannes zu beurteilen oder zu kommentieren. Klar ist aber am Beispiel der Bank Burgenland, dass die Wahrnehmung der Pflichten des Eigentümers durch die öffentliche Hand nicht stattgefunden hat, dass die Eigentümerrolle nicht ausreichend wahrgenommen wurde. Und es kommt vor allem erschwerend hinzu, dass das Land Burgenland auf Grund der Gewährsträgerhaftung für sämtliche Verbindlichkeiten der Bank im Falle ihrer Insolvenz haftet und gerade deswegen das Recht auf jederzeitige besondere Einschau, die Überprüfungs-, die Betriebsprüfungsrechte besessen hat, die ebenfalls nicht wahrgenommen wurden. Daher auch gestern meine klare Aussage: Es gibt natürlich nicht nur den Kriminalfall, sondern vor allem auch die politische Verantwortung, die durch eine Nichtwahrnehmung der Eigentümerrechte zu Tage getreten ist.

10. Frage: Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die Finanzprokuratur noch am 12. Mai 2000 trotz des Vorliegens eines aufschlussreichen Bank-Burgenland-Berichtes der Oesterreichischen Nationalbank eine Anzeigepflicht gegen die Organe der Bank Burgenland leugnete?


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Im Hinblick auf die Anzeigepflicht der Behörde nach § 84 StPO bei Bekanntwerden einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung habe ich die Finanzprokuratur um gutachtliche Äußerung zum OeNB-Bericht ersucht. Um der Finanzprokuratur ein für die Beurteilung des Sachverhaltes auch umfassendes Bild zu geben, habe ich neben dem OeNB-Bericht auch die gesetzlich vorgesehene Stellungnahme der Bank zu diesem und den Entwurf einer Stellungnahme des Bankprüfers übermittelt.

Ich darf darauf hinweisen, dass diese Berichte damals abweichende Standpunkte beinhaltet haben.

Nach Prüfung der übermittelten Unterlagen hat die Finanzprokuratur mit Schreiben vom 12. Mai mitgeteilt, dass kein hinreichend konkreter substantiierter Tatverdacht vorliegt und daher keine Anzeigeverpflichtung des Bundesministeriums für Finanzen gemäß § 84 StPO vorliegt. Selbstverständlich haben aber die Beamten meines Ressorts umgehend Mitteilung an die Staatsanwaltschaft erstattet, nachdem am 2. Juni 2000 die ersten Bilanzfälschungen bei der Howe AG und den Allhauer Holzwerken bekannt geworden sind.

Die Fragen 11 bis einschließlich 16 beziehen sich ausschließlich auf Fragen, die der abgaben-rechtlichen Verpflichtung zur Geheimhaltung unterliegen. Ich bitte daher um Verständnis dafür, dass ich diese Fragen nicht wie gewünscht beantworten kann.

Zur letzten Frage, Nummer 17: Wurde auch bei anderer Gelegenheit von Seiten der Hom-Rusch-Firmen interveniert? Wenn ja, in welchem Zusammenhang?

Auf Grund der mir vorliegenden Unterlagen und wie mir berichtet wird, gab es keine weiteren Interventionen im Bundesministerium für Finanzen.

Damit herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke dem Herrn Bundesminister.

Wir gehen in die Debatte ein.

Keine Fraktion darf länger als 25 Minuten sprechen, kein Redner länger als 10 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Edlinger. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

15.45

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Wir haben ja gestern im Rahmen der Aktuellen Stunde bereits über die Causa Bank Burgenland diskutiert, und meine gestrige Meinung, die ich in diesem Zusammenhang hatte, ist unverändert, nämlich dass es sich hiebei um einen eher massiven Versuch handelt, wenige Tage vor der burgenländischen Landtagswahl in extrem subjektiver Weise vom Parlament her Einfluss zu nehmen, und dass hier ein riesiges Ablenkungsmanöver im Rahmen des Wahlkampfes im Burgenland vorgenommen wird, mit dem von vielen Problemen, die vor allem die freiheitliche Regierungspartei im Hinblick auf die Spitzelaffäre massiv betreffen, abgelenkt werden soll.

Ich habe mit sehr großer Aufmerksamkeit die Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch den Herrn Bundesminister verfolgt, und ich muss wirklich mit Bedauern registrieren, dass sich die Aussagen zur ersten Dringlichen Anfrage vor wenigen Wochen zu diesem Thema und auch die Aussagen, die Sie, sehr geehrter Herr Minister, unter Wahrheitspflicht vor dem Untersuchungsausschuss getätigt haben, weit vorsichtiger angehört haben als die heutigen. Tendenz und Stil der Beantwortung waren sehr verschieden. Offenbar sind Sie von Ihrer Partei als Wahlkampfhelfer verpflichtet. Das möchte ich von meinem Feeling her hier feststellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt, dass es niemanden gibt, der Interesse daran haben könnte, den Kriminalfall Bank Burgenland nicht restlos aufgeklärt haben


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zu wollen. Aber ich halte es für absurd, dass heute hier eine Dringliche Anfrage der Einheits-FPÖVP vorliegt. Ich verstehe zwar auf der einen Seite die Freiheitliche Partei, dass sie alles versucht, um in irgendeiner Weise Skandalisierungen vorzunehmen, aber auf der anderen Seite stellt diese Dringliche Anfrage ein neuerliches Dokument des totalen Gedächtnisverlustes der anderen Regierungspartei dar. Wie Sie hier in den Fragestellungen politische Verantwortlichkeiten zu definieren versuchen und dabei darauf vergessen, dass wesentliche Mandatare und Funktionäre und Freunde von wichtigen Würdenträgern der Volkspartei im Burgenland in wesentlichen Funktionen der Bank Burgenland tätig waren, das ist wirklich ein starkes Stück. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bezüglich Ihrer Behauptung, dass die Causa Bank Burgenland ein politischer Skandal sei: Wenn überhaupt – und das wird sich sicher noch herausstellen –, dann ist es ganz sicher kein politischer Skandal der SPÖ, denn die handelnden Spitzenfunktionäre in der Bank Burgenland waren mehrheitlich der Österreichischen Volkspartei zuzuordnen. Hohe und höchste Würdenträger, Landtagspräsidenten, Schöpfer von Landeshauptleute-Stellvertretern waren dort in den entscheidenden Funktionen tätig. Und wenn hier Unredlichkeit unterstellt wird, dann gehen Sie bitte in sich, bevor Sie hier mit irgendwelchen Schaubildern auftreten, nach denen der zweite Teil der so genannten Krake, wie Sie gesagt haben, Herr Kiss, offenbar abgestorben ist. Ich bedauere wirklich zutiefst, dass heute manches anders dargestellt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Finanzminister! Ich war selbst ganz erstaunt, und auch den "Presse"-Redakteur hat Ihre Aussage vor dem Untersuchungsrichter erstaunt, als Sie auf Interventionen im Hinblick auf den burgenländischen Landeshauptmann angesprochen wurden. Die "Presse" schreibt: ungewollte FPÖ-Entlastung für Stix. Der Herr Finanzminister selbst hat die Unterstellung, die immer wieder betrieben worden ist, nämlich Stix hätte für die fünfjährige Bestellung Gassners gestimmt, ganz einfach widerlegt. Dass es auch Stix darum gegangen ist, in einer bestimmten Übergangsphase ärgeren Schaden zu vermeiden, wurde durch die Aussagen des Herrn Finanzministers im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht bestätigt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage, ich verstehe die Freiheitliche Partei, aber die ÖVP ist in ihrer Argumentation tatsächlich fast drollig. Ich sage noch einmal: kollektiver Gedächtnisverlust! – Drei Direktoren, zwei Schwarze, einer parteifrei, wenn Sie wollen: ein Freund des Landeshauptmannes; der Aufsichtsratsvorsitzende letztendlich der Präsident der Industriellenvereinigung, Präsident nachweislich jener Organisation, die Parteienfinanzierung der ÖVP und der FPÖ vornimmt. Da sprechen Sie von verbotener Geldzuwendung an die SPÖ? Da gibt es niemanden, der dorthin in irgendeiner Weise finanzielle Connections hat.

Sehr geehrter Herr Kiss! Herr Frantsits oder der Herr wirkliche Hofrat Mag. Franz Havlicek oder Sektionschef in Ruhe Mag. Erich Scharinger oder Herr Walterskirchen oder Herr Dr. Manfred Drennig – der wird sich sehr dafür bedanken, wenn Sie ihn als Teil des roten Netzwerkes bezeichnen –, das sind Ihre Freunde! (Zwischenruf des Abg. Kiss. )  – Das weiß ich schon, aber Sie werden doch nicht glauben, dass diese Leute im Aufsichtsrat nichts zu reden haben. Werden Sie doch ein bisschen ernster in Ihrer Argumentation, zumal: Es glaubt Ihnen ohnehin niemand etwas! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie über mich als früheren Finanzminister und Chef der Bankenaufsicht sprechen wollen, dann können wir das auch. Die Bankenaufsicht – und das hat der Herr Finanzminister dankenswerterweise bestätigt – hat alles getan, was ihr gesetzlich möglich ist. Und wenn die ÖVP ungeheuerlich frenetisch "pascht", wenn der Herr Finanzminister sagt, er habe vor, die Bankenaufsicht unabhängig zu stellen, dann frage ich mich, warum genau jene, die hier "paschen", mir diese Veränderung der Struktur der Bankenaufsicht versagt haben, indem sie nicht zugestimmt haben.

Ich wollte das durchsetzen – das ist in den Medien auch nachvollziehbar –, aber Sie haben es deshalb verhindert, weil dies in der Notenbank Frau Gugerell zugeordnet worden wäre, und das hätte Ihnen nicht gepasst. Sie haben es außerdem verhindert, weil Sie, wie mir Herr


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Dr. Stummvoll auch gesagt hat, den Finanzminister aus seiner politischen Verantwortung nicht entlassen wollten.

Sie "paschen" heute anlässlich einer Forderung, deren Umsetzung Sie zwei Jahre lang verhindert haben, und das schaut Ihnen ähnlich, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn – wie auch in dieser Dringlichen Anfrage – behauptet wird, ich hätte letztendlich mit Weisung Steuerverfahren unterbunden, dann sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit – und das ist auch unter Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss klargestellt worden –: Jeden, der behauptet, ich hätte mich in der Sache "Bank Burgenland" für irgendjemanden persönlich oder in der Sache engagiert, zeihe ich der infamen Lüge. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Ich stehe zu dem Wort "Lüge", denn es bedeutet: vorsätzliche Unwahrheit mit dem Ziel, dem Betroffenen zu schaden. – Und das ist in diesem Fall auf meine Person bezogen falsch, und daher zeihe ich jeden, der das sagt, der infamen Lüge. Im Untersuchungsausschuss wurde von den zuständigen Beamten diese Unterstellung massiv entkräftet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zeit läuft leider ab, ich habe nur 10 Minuten (Abg. Jung: Ihre ist schon abgelaufen! – Abg. Dr. Khol: Ihre Zeit läuft ab! Ihre Zeit ist abgelaufen!), aber ich möchte Ihnen schon noch etwas sagen: Sie tun so, als ob Sie eine weiße Weste hätten. Ich darf Sie an die "Libyen-Connection" erinnern, im Zusammenhang damit an die RBB in Kärnten, wo in spekulativer Art und Weise durch Ihre Freunde, Direktoren der Bank, durch Aufsichtsräte Schaden angerichtet wurde; eine Versicherung in Graz hat jetzt die Malaise zu tragen! Tun Sie nicht so, als ob Sie hier nicht in spekulativer Absicht Bankengelder verschleudert hätten!

Ich darf Sie an noch etwas erinnern: an Ihren ehemaligen Tiroler Politiker, der 70 Millionen in den Sand gesetzt hat. 35 Millionen hatte der Tiroler Steuerzahler über die Hypobank zu bezahlen, und strafrechtlich hatte das keine Relevanz, weil er gute Beziehungen zur Spitze der Regierung hat.

Das möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Tun Sie nicht so, als könnten Sie alles mit reinem Gewissen beurteilen! Ich möchte eine Aufklärung, aber unterstellen Sie nicht ununterbrochen mir, meiner Partei oder meinen Parteifreunden niederträchtige Motive in der Führung der Geschäfte! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Böhacker. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

15.55

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Edlinger hat gemeint, die Dringliche sei ein "Ablenkungsmanöver" vom angeblichen Spitzelskandal. – Das haben wir absolut nicht notwendig! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)  – Ihnen wird das Lachen gleich vergehen, hören Sie zu!

Ich darf Ihnen Folgendes zur Kenntnis bringen, Herr Kollege Edlinger: Spitzelaffäre – Suspendierung von FPÖ-Naderer aufgehoben. (Ah-Rufe und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Einer, der Sicherheitsdirektor werden will, hat das aufgehoben!) Eine dreiköpfige unabhängige und weisungsfreie Disziplinarkommission in Linz hat dies heute entschieden. Bezirksinspektor Naderer ist somit ab morgen wieder auf dem Posten Bergheim als stellvertretender Postenkommandant im Einsatz. (Abg. Ing. Westenthaler: Das tut euch weh!)  – So viel zu dem von der SPÖ herbeigeredeten und herbeigeflehten Spitzelskandal. (Abg. Ing. Westenthaler: Es bricht alles zusammen!) Es wird sich alles in Luft auflösen, und übrig bleiben werden Sie als Be... – ich sage das lieber nicht. (Abg. Mag. Schweitzer:  ... Skandal! – Abg. Edlinger: Rosenstingl! Meischberger!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zunächst möchte ich mich einmal sehr herzlich bei Herrn Bundesminister Grasser bedanken für die korrekte, umfassende, wirklich seriöse und


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sachliche Beantwortung der Fragen, die sehr inhaltsschwer und dramatisch sind. Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Finanzminister, aber auch dafür bedanken, dass Sie die Fragen 11 bis 16 unter Hinweis auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht nicht beantwortet haben. – Ich würde mir wünschen, dass auch in anderen Ressorts so korrekt vorgegangen werden würde. (Abg. Dr. Kostelka: Was heißt denn das?) Das wäre wirklich empfehlenswert, meine Damen und Herren!

Herr Kollege Edlinger! Sie waren heute wieder "entlarvend". Gestern haben Sie noch von einem Wirtschaftsskandal gesprochen, von einem reinen Wirtschaftsskandal, und was haben Sie heute gemeint? – Es gebe sehr wohl einen politischen Skandal, eine politische Verantwortung, nur sähen Sie diesen nicht bei der SPÖ, sondern ausschließlich bei der Österreichischen Volkspartei! Herr Kollege Edlinger! Für wie naiv – ich möchte fast sagen –, für wie dumm halten Sie mich eigentlich, dass ich Ihnen das noch glauben soll?! (Abg. Edlinger: Ersparen Sie mir die Antwort! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sehen Sie sich doch bitte die Zusammensetzung der Organe in der Bank Burgenland an: zwei ehemalige Ministersekretäre der SPÖ, ein Sekretär von Landeshauptmann Stix, der Obmann der sozialistischen Tarnorganisation für die Wirtschaft, nämlich der Obmann des Freien Wirt-schaftsverbandes Kommerzialrat Schneeberger, ein ehemaliger SPÖ-Gemeinderat und viele, viele andere mehr. Und selbstverständlich – das mag ja gar nicht verschwiegen werden – haben Sie sich auf der sozialistischen Geldvernichtungsbühne auch den einen oder anderen schwarzen Laienspieler gehalten.

Dasselbe Strickmuster hat es ja schon in Salzburg gegeben: eine schwarze WEB-Skandalserie mit roter Restbeteiligung; die Roten waren die Opfer. Das ist doch das Schlechte an der alten großen Koalition gewesen. Deshalb brauchen wir ein Regieren-neu in Österreich, und das werden die Volkspartei und die Freiheitlichen gemeinsam in Österreich auch umsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun zur Verantwortung von Landeshauptmann Stix. Es wurde schon gesagt, er hätte jederzeit als Eigentümervertreter die Vorlage von Ausweisen, von Berichten verlangen können, Einsicht in die Bücher nehmen können – das Primitivste, was ein Eigentümervertreter machen kann. Er hat das alles nicht getan. Er hat zugeschaut. Er hätte es nicht nur tun können, sondern er hätte es schon bei den ersten Hinweisen und Verdachtsmomenten tun müssen. Und weil er es nicht getan hat, hat er grob fahrlässig gehandelt und trägt dafür die politische Verantwortung.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Aufsichtsratsprotokolle durchliest, muss man feststellen, dass es da wie auf dem Basar von Bagdad zugegangen sein muss. Monat für Monat sind Millionenkredite neu vergeben worden, wohl wissend, dass bereits alte Kredite fragwürdig sind. Was waren das für Zustände? Das ist ja unglaublich!

Ich frage mich, meine Damen und Herren – und dafür gibt es ja ein wunderbares Beispiel –, wie das ist, wenn heute Sie oder wir oder ein kleiner Unternehmer einen Kredit braucht. Was muss denn alles gemacht werden, bis man diesen Kredit bekommt? – Es wird immer wieder überprüft. Jedes Jahr hat der Kreditnehmer die Bilanzen vorzulegen. Es gibt eine Kreditprüfungsabteilung, die penibel jeden Schilling, jede Kontobewegung prüft. Und was passiert bei den Milliardenschuldnern? – Unter der "Schutzpatronanz" der Sozialdemokraten im Burgenland passiert gar nichts. Da wird einfach zugedeckt und nichts aufgeklärt.

Es ist schon sehr kokett, dass sich Herr Ex-Minister Edlinger hier herstellt – für die Bankenaufsicht zuständig, versagend und nicht wissend, was wirklich gespielt wird – und den Chefankläger, den Verteidiger und den Zudecker zugleich spielen will. Das ist wirklich sehr kokett, Herr Ex-Finanzminister Edlinger!

Verfolgt man die Chronik des Skandals, dann kommt man drauf, dass es bereits im Jahre 1992 in der "Hütte" Hom-Rusch gebrannt hat. Der damalige Vorstandsdirektor Gassner sagte, dass die Kreditbedienung unter der Voraussetzung, dass die Bilanzen stimmen, gegeben scheint. – Das muss man auf der Zunge zergehen lassen! Jeder kleine Mitarbeiter einer Bankfiliale, der so


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etwas sagt und nicht unverzüglich eine Bilanzprüfung beantragt, wird in die Wüste geschickt, bekommt den blauen Brief, muss die Bank verlassen. Doch der Herr Generaldirektor machte überhaupt nichts?!

Dass da Bilanzen gefälscht wurden und das nicht gesehen wurde, ist unglaublich, ist unerhört. Ein Beispiel: Es gibt eine Howe Generalbau, die im Jahre 1993 einen Umsatz von "satten" 790 000 S erwirtschaftet hat. Gleichzeitig war aber in der Bilanz dieser Firma ein Betrag von 135 Millionen Schilling an offenen Forderungen ausgewiesen. Da sieht der berühmte Blinde mit dem weißen Krückstock, dass diese Bilanz nur gefälscht sein kann. Aber solche Bilanzen wurden als Kreditbesicherung hingenommen.

Meine Damen und Herren! Das alles kann nur passieren, wenn über das gesamte System eine schützende Hand gehalten wird (Abg. Dr. Khol: Die rote Krake!), wenn – wie Klubobmann Khol gemeint hat – die "rote Krake" zugreift. Anders sind derartige Vorgangsweisen nicht möglich.

Wenn der Herr Finanzminister erklärt hat, dass im vorliegenden Fall das System auf mehreren Ebenen versagt hat – weder die Bankprüfer noch der Vorstand, noch der Aufsichtsrat, noch der Eigentümervertreter ist hier fündig geworden –, dann mag das vom Ablauf her richtig sein, aber es kann mir niemand erklären, dass hier nicht klarer Wille dahinter stand, dass es weder vom Eigentümervertreter noch vom Bankprüfer, noch vom Aufsichtsrat, noch vom Vorstand der Bank Burgenland tatsächlich gewollt war, hier Licht ins Dunkel zu bringen. Das ist der klassische sozialistische Skandal! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen zusammenfassend: Rund 4,7 Milliarden Schilling Schaden. – Stellt man diesen Schaden mit der Haftung des Landes Burgenland in Zusammenhang, dann, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, muss man sagen: Es ist Ihnen gelungen, ein ganzes Bundesland – das Land Burgenland – an den Rand des Ruins, an den Rand des Konkurses, an den Rand der Zahlungsunfähigkeit zu treiben. Die Bürger dieses Landes werden Ihnen am 3. Dezember die Rechnung dafür präsentieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.04

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Quintessenz der Aussagen unseres Finanzministers und auch der Kollegen Schweitzer und Böhacker ist eigentlich in einem einzigen Satz sehr leicht zusammenzufassen: Wo Rote das Sagen haben, gibt es rote Zahlen, wo Rote das Sagen haben, gibt es Filz, gibt es Debakel, gibt es Skandal. Die Bank Burgenland ist der typische Beweis dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr ehemaliger roter Finanzminister Edlinger! Heute, der 23. November, ist jener Tag, an dem der klassische rote Skandal, der "Konsum", einmal mehr in die Berufungsverhandlung geht. 8 Milliarden Schilling von einer der Säulen der Sozialdemokratie sind den Bach hinunter geschwommen, Tausende Mitarbeiter haben ihre Arbeitsplätze verloren. – Kollege Edlinger! Das ist rote Wirtschaftspolitik, das ist rote Finanzpolitik, das ist das Debakel, das Sie und Ihre Genossen zu verantworten haben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe Ihrer Rede mit großem Amüsement zugehört, und Kollege Böhacker hat sie auch treffend analysiert. Sie sind derjenige, der die Verantwortung getragen hat. Sie sind derjenige, der jetzt Debattenredner ist. Sie sind derjenige, der jetzt auch der Zudecker ist. (Abg. Edlinger: Das ist unglaublich!) Ich werde mit diesem Schaubild (der Redner stellt ein Schaubild mit dem Titel "Bank Burgenland – das rote Netzwerk" vor sich auf das Rednerpult)  – wie bereits gestern – auch heute wieder dokumentieren, dass einer in diesem System des roten Netzwerkes – Kollege Klubobmann Khol hat gesagt: "rote Krake" –, einer derjenigen, die in führender Position tätig waren, nicht anders als Edlinger heißt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler. )


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Ich zitiere jetzt aus dem "Standard" vom 1. September 2000, und den "Standard" kann man wirklich nicht als eine Bastion der Journaille bezeichnen, die die Regierung stützt, sondern eher doch als eine rot-grüne Zentralausgabe des Zentralorgans, links-liberal oder rosafarben oder wie auch immer. Dieser "Standard" titelt am 1.9.2000: "Bank Burgenland: ... Hom-Rusch Hilfe bei Edlinger".

Ich zitiere – und ich wäre doch neugierig auf Ihre Antwort, Kollege Edlinger, weil Sie das vollmundig verkündet haben –:

"Im nichtöffentlichen Teil des U-Ausschusses" – also des Untersuchungsausschusses des Burgenländischen Landtages – "erklärte Harald Werilly vom Finanzamt für Körperschaftssteuern, Finanzminister Rudolf Edlinger habe für Hom-Rusch interveniert. Der Steuerberater Hom-Ruschs, Herbert Schuster, der nächsten Donnerstag als Zeuge geladen ist, habe mit ihm 1997 das persönliche Gespräch gesucht. Werilly habe ihm freilich sagen müssen, das vom Finanzamt ins Auge gefasste Insolvenzverfahren ließe sich nicht mehr vermeiden. Daraufhin habe sich Schuster ans Ministerbüro gewandt. Und erst dann sei – dem Ausschuss liegt ein diesbezüglicher Brief des Ministerbüros an Schuster bei – das Verfahren gestoppt worden." – Zitatende.

Herr ehemaliger Finanzminister Edlinger! Doch Sie haben die Stirn, hier wider besseres Wissen die Unwahrheit zu sagen?! Kommen Sie hierher und bestätigen oder verwerfen Sie das, was hier im "Standard" zitiert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Unglaublich!)

Weil eben Edlinger derjenige ist, der in diesem roten Netzwerk an prominenter Stelle steht, mit Stix, mit Moser, wie wir heute bereits gehört haben, mit Nießl, mit Tumpel-Gugerell und all jenen, die da auf meinem Schaubild angeführt sind, bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kiss, Mag. Schweitzer und Genossen betreffend die umgehende Aufklärung aller Hintergründe des Bank-Burgenland-Skandals; eingebracht zur Dringlichen Anfrage betreffend SPÖ-Mißwirtschaft am Beispiel des Bank-Burgenland-Skandals

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Regierungsmitglieder werden aufgefordert, die Vorgänge um den Bank-Burgenland-Skandal umgehend und lückenlos aufzuklären und dazu insbesondere folgende Veranlassungen zu treffen:

1. Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Weisung des damaligen Bundesministers für Finanzen Edlinger betreffend Wiederaufnahme des Bemessungsverfahrens im Fall Hom-Rusch im Jahr 1997 im Hinblick auf allfällige Steuerausfälle und Organhaftpflichttatbestände sowie den Verdacht auf Amtsmißbrauch zu überprüfen,

2. die Ereignisse im Zusammenhang mit der Wiederbestellung von Ernst Gassner zum Generaldirektor der Bank Burgenland im Hinblick auf politische Einflußnahmen zu überprüfen,

3. alle erforderlichen Veranlassungen zu treffen, um die strafrechtlich relevanten Verdachtsmomente insbesondere auch in Hinblick auf allfällige Schmiergeldzahlungen und Parteifinanzierung durch die Hom-Rusch Gruppe aufzuklären,

4. Überprüfung der Rolle der Sicherheitsbehörden sowie der Wirtschaftspolizei im Zusammenhang mit der Unterlassung von Erhebungsschritten gegen Hom-Rusch und andere Verdächtige sowie


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5. alle Möglichkeiten der Rechtshilfe auszuschöpfen, um eine rasche Aufklärung der "Venezuela-Connection" und allfälliger damit verbundener Geldflüsse sowie die zügige Weiterführung des Verfahrens gegen Hom-Rusch zu gewährleisten.

Darüber hinaus werden die zuständigen Regierungsmitglieder aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich über die getroffenen Veranlassungen, insbesondere auch darüber, welche Veranlassungen die Staatsanwaltschaft Eisenstadt auf Grund des Berichtes des Untersuchungsausschusses des Burgenländischen Landtages getroffen hat, zu berichten.

*****

Das zur Causa Edlinger, und daran, Herr Kollege Edlinger, haben Sie jetzt sicherlich zu kiefeln.

Wir werden jedenfalls das Thema "Bank Burgenland" auch hier im Hohen Haus nicht loswerden, auch nicht nach diesem heutigen Tag. Wenn nämlich dieser Entschließungsantrag angenommen werden wird – und ich bin zuversichtlich, dass das der Fall sein wird –, werden Sie, Herr Kollege Edlinger, auch in Zukunft weiterhin im Mittelpunkt dieses roten Netzwerkes stehen, und zwar als der Verursacher dieser Gesamtproblematik, bei der es um Milliarden und Abermilliarden Schilling geht! – Dies sei Ihnen in Ihr politisches Stammbuch geschrieben, Kollege Edlinger! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben ja vom Herrn Finanzminister gehört, wie hoch der Schaden in dieser Causa ist. In Diskussionen mit den Menschen bei uns im Burgenland können wir immer wieder feststellen, dass diese sagen: Unglaublich, eigentlich unvorstellbar, dass diese unfassbar hohe Summe von 4 Milliarden Schilling für einen Edlinger offenbar gar nichts ist! Kein Wort des Bedauerns von ihm, kein einziges Wort des Ärgernisses über diese Zu- und Missstände, die die SPÖ im Burgenland verursacht hat! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist eine unvorstellbar hohe Summe: 4 Milliarden Schilling! Das können die Burgenländerinnen und Burgenländer kaum verstehen, wie so etwas überhaupt passieren konnte! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich werde das jetzt anhand eines sehr einfachen Beispiels darstellen: So, wie ich jetzt Geld aus meiner Tasche nehme (der Redner holt Geldscheine aus seiner Rocktasche und hält diese in die Höhe), genau so hat die SPÖ Geld aus der Tasche der Burgenländerinnen und Burgenländer genommen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen eine ganz einfache Rechnung darlegen. Schauen Sie, geschätzte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen: Ich habe hier (der Redner hält 1000-S-Geldscheine in die Höhe) 20 000 S – damit das auch Sie von der SPÖ sehen. 200 000 Wählerinnen und Wähler werden am 3. Dezember im Burgenland zu den Wahlurnen gebeten, und – um bei meinem Vergleich zu bleiben – jedem Wähler/jeder Wählerin müsste bitte vom jeweiligen SPÖ-Ortsparteivorsitzenden dieser Betrag von 20 000 S in die Hand gedrückt werden, damit jene 4 Milliarden Schilling, die Sie den burgenländischen Wählerinnen und Wählern aus der Tasche gezogen haben, einigermaßen abgedeckt sind! (Abg. Auer: Unglaublich!) 20 000 S für jeden einzelnen burgenländischen Wähler! Das ist SPÖ-Wirtschafts- und Finanzpolitik! Das ist rote Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

ÖVP und FPÖ treten gemeinsam mit dieser Bundesregierung auch in diesem Zusammenhang für klare Konsequenzen ein! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser. )  – Ich verstehe das, Herr Finanzminister. Bei dem Desaster, das Edlinger Ihnen hinterlassen hat, habe ich wirklich volles Verständnis. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist die armseligste Rede seit langem! – Ruf bei der SPÖ: Bringen Sie die 20 000 S der Caritas!)

20 000 S – man verachte bitte auch die kleineren Scheine und Beträge nicht!


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45. Sitzung / Seite 129

Die ÖVP steht mit der FPÖ auch in diesem Zusammenhang für klare Konsequenzen. Am 3. Dezember muss es daher dazu kommen, dass dieser SPÖ-Filz im Burgenländischen Landtag, in der Burgenländischen Landesregierung wegkommt! Die SPÖ muss abgewählt werden! Raus aus der Verantwortung! – Das ist die Botschaft an die Burgenländerinnen und Burgenländer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Bank Burgenland werden wir aber die Treue halten, jenen tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die hoch qualifiziert sind und die es nicht verdient haben, dass im Bereich des Vorstandes, dass im Bereich der Eigentümervertretung, der Aufsichtsräte sowie des damaligen Finanzministers Edlinger Leute das Tummeln haben, die sich einen Pfifferling um Anstand, einen Pfifferling um Kontrolle, einen Pfifferling um politische Verantwortung scheren!

Wir werden die Bank Burgenland fitmachen, damit genau das geschieht, was auch der Herr Finanzminister schon angesprochen hat und was auch ich klar und deutlich sage: Es ist immer besser, private Investoren in eine Bank hereinzuholen, als nur den Staat beziehungsweise, wie es in diesem speziellen Fall geschehen ist, die SPÖ in der Verantwortung stehen zu haben.

Wir machen bei der Landtagswahl am 3. Dezember damit ernst. Wir werden diesen sozialistischen Augiasstall ausmisten! Das werden Sie mir spätestens dann glauben, wenn Sie am Abend des 3. Dezember die Wahlergebnisse erfahren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die burgenländische Bevölkerung hat nämlich ein sehr großes Sensorium dafür, was notwendig ist, was kommen muss.

Jetzt fällt die Entscheidung für unser Burgenland – und diese wird gegen die SPÖ, aber für ÖVP und FPÖ getroffen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Kiss, Ihr Entschließungsantrag ist noch nicht eingebracht worden; ich habe ihn in diesem Moment in die Hand bekommen. Ich werde ihn dann während der nächsten Rede prüfen.

Ob die Behauptung von einem "sozialistischen Augiasstall" für das Burgenland der Diktion dieses Hauses angemessen ist, möchte ich jetzt einmal dahingestellt lassen.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Edlinger. – Bitte.

16.14

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Abgeordneter Kiss hat hier aus einem "Standard"-Artikel vom 1. September zitiert und in diesem Zusammenhang die Behauptung aufgestellt, ich hätte in der Causa Bank Burgenland Weisungen erteilt.

Ich möchte tatsächlich richtig stellen, dass selbst der "Standard", und zwar in seiner Ausgabe vom 28. September, dazu eine Klarstellung vorgenommen hat und dass auch vor dem Untersuchungsausschuss des Burgenländischen Landtages der hiefür zuständige Beamte im Finanzministerium, Herr Mag. Gerhard Richter, unter Eid ausgesagt hat: Die Weisung an das zuständige Finanzamt, das Steuerverfahren neu aufzurollen, wurde von mir erteilt – dies ohne Rücksprache mit dem Ministerbüro –, und es erschien sinnvoller, das Steuerverfahren neu aufzurollen, um wenigstens einen Teil der Steuerschulden der Hom-Rusch-Firmen zu erhalten, als nach einem Insolvenzverfahren überhaupt nichts mehr zu bekommen.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich da also nie mit einer Weisung persönlich eingeschaltet. Sie wissen das auch, und es ist daher von Ihnen sehr mies gewesen, was Sie da getan haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist charakterlos! Völlig charakterlos!)

16.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Ich darf Herrn Kollegen Kiss eine Sekunde zu mir aufs Präsidium bitten.


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45. Sitzung / Seite 130

Bitte, Herr Kollege Van der Bellen, Sie haben das Wort. Redezeit: 10 Minuten. (Rufe und Gegenrufe bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

16.16

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Die Bank Burgenland ist ja wirklich ein großer Skandal. Herr Kollege Schweitzer hat hier eine sehr nützliche Übersicht geliefert. (Abg. Mag. Schweitzer: Danke!)

Man muss da aber natürlich noch ein paar Worte vorausschicken, denn hier war viel davon die Rede, die Wirtschaftskompetenz im Burgenland würde dann wieder einziehen, wenn die Sozialdemokraten da möglichst draußen sind.

Kollege Kiss hat schön gedichtet, so sinngemäß: Haben Rote das Sagen, gibt es rote Zahlen. – Ist ja alles ganz nett, Herr Kiss, nur bin ich inzwischen ein hinreichend abgebrühter Politiker und frage mich (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner ): Um wie viel besser ist die Alternative, Herr Kollege Trattner? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Chefverteidiger der SPÖ!)

Darf ich Sie nur an eines erinnern: Unter der alten rot-schwarzen Bundesregierung ist ein Viertel der Telekom um 27 Milliarden Schilling verkauft worden, und zwar an die italienische Telecom. Unter der schwarz-blauen Bundesregierung jetzt ist ein weiteres Viertel der österreichischen Telekom um sage und schreibe 13 Milliarden Schilling verkauft worden: 16 Milliarden Schilling über die Börse, und 3 Milliarden Schilling musste man den italienischen Partnern schenken, und zwar auf Grund eines Vertrages sozusagen aus der alten Zeit. (Abg. Böhacker: Wer war das?)  – Das war die rot-schwarze Bundesregierung, in dieser Zeit ist das passiert. (Abg. Böhacker: Das ist eine gegebene Tatsache! Das ist die Ausgangsbasis!)  – Ja, das war die Ausgangsbasis, aber, Herr Kollege, kein Mensch hätte Sie zwingen können, jetzt, zu diesem Zeitpunkt, an die Börse zu gehen, wo ohnehin alle gesagt haben: Die Telekom-Aktien sind im Keller. (Beifall bei den Grünen.)

Ich verstehe ja, dass Sie sich um die burgenländischen Sparer, die Einlagen bei der Bank Burgenland haben, Sorgen machen, nur: Bis zu einer gewissen Höhe wenigstens sind diese kleinen Sparer im Burgenland – Gott sei Dank! – versichert, eben auf Grund der Einlagensicherung.

Jene kleinen Sparer aber, die in dieser "Aktien-Euphorie" überredet wurden, jetzt Telekom-Aktien zu kaufen, haben keine Versicherung, die haben binnen drei Tagen einen Kursverfall von 10 Prozent zu tragen ... (Abg. Böhacker: Sie werden aber nichts verlieren! Wenn ...!) Ja, das sagen Sie heute. Wenn, wenn, wenn, wenn, wenn, wenn, wenn, wenn, Herr Kollege Böhacker! (Beifall bei den Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Böhacker. )

Jene Wirtschaftskompetenz, die diese Bundesregierung da an den Tag legt, macht mich nicht gerade optimistisch, wenn das bitte die Alternative zu dem sein soll, was sich im Burgenland abgespielt hat. (Abg. Mag. Kukacka: Sie werden doch die Bank Burgenland nicht mit den Telekom-Aktien vergleichen!)

Herr Kiss hat hier auch das – etwas problematische und vom Herrn Präsidenten schon gerügte – Bild vom "sozialistischen Augiasstall" im Burgenland gebracht. – Lassen wir halt dieses Bild einmal stehen, Herr Kiss. Die Frage ist nur: Wer räumt diesen Stall bitte auf? Wer ist dafür kompetent? Wer hat denn das alles über die Jahre hinweg beobachtet und mitvollzogen?! Wo waren denn all die ÖVP-ler im Vorstand der Bank Burgenland? Wo waren sie bitte? Wo war denn da der Aufsichtsratsvorsitzende und all die ÖVP-ler im Aufsichtsrat der Bank Burgenland? Wo war denn da der Herr Landesrat Jellasitz in der Landesregierung?

Herr Schweitzer macht eine verdienstvolle Auflistung darüber, wie über die Jahre hinweg die uneinbringlichen Kredite an die Hom-Rusch-Gruppe gestiegen sind. Pro Jahr sind sie um 200 Millionen Schilling, und 1998 sind sie sogar um 530 Millionen gestiegen. Das ist eine wunderbare Auflistung und zeigt tatsächlich, auf welche Art und Weise die Geldvernichtungsmaschine in Betrieb war.


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Der Vorstand der Bank Burgenland hat das nicht gemerkt? Der Aufsichtsrat der Bank Burgenland hat das nicht gemerkt? (Abg. Mag. Schweitzer: Genau das ist es!) Herr Jellasitz in der Landesregierung hat das nicht gemerkt? Haben Sie inzwischen vergessen, Herr Schweitzer – Sie haben es nicht erwähnt, und die Vorredner von der ÖVP haben es auch nicht erwähnt –, dass laut "Kurier"-Meldung vom 27. Oktober gegen die ÖVP-Mitglieder im Vorstand der Bank Burgenland auch staatsanwaltschaftlich ermittelt wird? (Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank!)

Ich lese es Ihnen vor: Das neuerliche Desaster – das waren die zusätzlichen 1,7 Milliarden uneinbringliche Kredite – hat die Staatsanwaltschaft in Eisenstadt bewogen, nicht nur gegen den inhaftierten Ex-Generaldirektor Gassner, sondern auch gegen die anderen früheren Vorstände Widder und Schneider zu ermitteln. Im Aktienrecht gibt es die Gesamtverantwortung des Vorstands – die Gesamtverantwortung des Vorstands. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe gewusst, dass Sie das sagen!) Herr Böhacker weiß, was das heißt.

Herr Widder ist nicht irgendjemand, er ist burgenländischer Landtagspräsident gewesen, Landesparteisekretär der ÖVP und seit 14 Jahren im Vorstand dieser Bank. Er hat natürlich alle Kontakte zu Herrn Jellasitz in dieser Zeit abgeschnitten, er hat nie etwas gesagt; Jellasitz als Miteigentümer-Vertreter des Landes Burgenland hat auch nie gefragt. – Mit anderen Worten: Wenn Jellasitz nichts gewusst hat, dann hätte er es aber wissen sollen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie alle haben ihre Pflichten sträflich vernachlässigt. Die FPÖ überlässt es uns, den Grünen, diesen Punkt extra herauszuarbeiten. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein bisserl haben es die Roten auch!) Ich verstehe das schon, aber zu Gunsten der Wahrheit, Herr Kollege Schweitzer, hätten Sie diesen Teil der Geschichte nicht verschweigen dürfen. Die ÖVP hängt da genauso drinnen wie die SPÖ.

Sie schreiben zu Recht auf Seite 4: Der Aufsichtsrat stimmte bis 2000 jeder Ausweitung des Kredit-Engagements zu, obwohl er seit 1992 wusste, wie problembeladen die Hom-Rusch-Gruppe ist. – Das ist völlig richtig! Doch wer ist der Vorsitzende des Aufsichtsrats? Im Aufsichtsrat gibt es keine von der ÖVP Entsandten? Wirklich nicht? – Das glauben Sie selbst nicht! Sie wissen das ganz genau. (Abg. Böhacker: Wer hat die Mehrheit im Vorstand?)

Ihr Kollege Rauter im Burgenland sagt, dass es sich dabei nicht um ein rotes Netzwerk handelt – jedenfalls nicht nur; diese Tafel gefällt mir, aber es ist nur die Hälfte –, sondern Ihr Kollege Rauter im Burgenland plakatiert etwas ganz anderes: Er plakatiert das rot-schwarze Netzwerk im Burgenland, und das kommt der Wahrheit viel näher als das hier. (Beifall bei den Grünen.)

Abgesehen davon: Es hat schon – das steht auch leider nicht in Ihrem Papier – 1996 einen bankaufsichtsmäßigen Bericht gegeben, in welchem festgehalten wurde, dass es Gesetzwidrigkeiten und andere Unzulänglichkeiten gab, namentlich dass am Aufsichtsrat vorbei – am Aufsichtsrat vorbei! – Kredite an die Hom-Rusch-Gruppe vergeben wurden, und zwar von Gassner persönlich.

Der Aufsichtsrat hat diesen Bericht natürlich erhalten. Doch was hat der Aufsichtsrat unter seinem Vorsitzenden, der der ÖVP zuzurechnen ist, getan? – Gar nichts! Nichts hat er getan! Das ist eine sträfliche Vernachlässigung der Pflichten eines Aufsichtsrates. (Abg. Böhacker: Die rote Krake! – Abg. Edlinger: Dann sind die Schwarzen in der "roten Krake"! Das ist klass!)

So könnte man Ihr ganzes Papier durchgehen, Herr Schweitzer, und immer wieder sagen: Ja, nach all dem, was wir heute wissen – auf Grund der Medienberichte, auf Grund der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses –, stimmt das sowieso. Es fehlt aber die Hälfte: Die ÖVP war dabei. Die ÖVP war heuer noch dabei, als es um die leidige Vertragsverlängerung für Generaldirektor Gassner ging. Diese Vertragsverlängerung ist nicht von Stix oder von sonstigen SPÖ-Aufsichtsräten unterschrieben worden, sondern diese Vertragsverlängerung ist vom Aufsichtsrat einstimmig beschlossen worden, also auch mit den Stimmen der ÖVP-Vertreter. (Abg. Böhacker: Wahrscheinlich hat er zu viel gewusst!)


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45. Sitzung / Seite 132

Das ist eine interessante Hypothese. Kollege Böhacker sagt, er habe zuviel gewusst. Mit anderen Worten heißt das: Hat die ÖVP in diesen zehn Jahren nichts aufgedeckt, weil sie zu viel gewusst hat, weil sie mit der SPÖ gemeinsam dort ihre Geschäfte macht? – Natürlich liegt dieser Verdacht nahe. Ganz wider den Stil der Freiheitlichen wird das mit keinem Wort erwähnt.

Meine Kolleginnen und Kollegen von den Freiheitlichen! Sie legen zum Schluss nahe, dass es hier auch um Schmiergeld-Zahlungen und Parteienfinanzierung gehen könnte. Die Beweise dafür sind Sie vorläufig schuldig geblieben. (Abg. Kiss: Nein, nein, nein!) Aber eines muss ich schon sagen: Wenn Sie sich hier – eventuell zu Recht – über mögliche Parteienfinanzierungen erregen (Abg. Böhacker: Geldflussrechnung!), dann würde ich Sie schon bitten, sich selbst bei der Nase zu nehmen. (Abg. Edlinger  – in Richtung ÖVP –: Frantsits wird euch schon Geld gegeben haben!) Was ist denn mit der illegalen Parteienfinanzierung durch die Millionäre, Milliardäre Turnauer und wie sie alle heißen? (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) – "NEWS"? – Ich habe das aus den "Salzburger Nachrichten". Mir ist nicht bekannt, dass das ein unseriöses Blatt ist. Lesen Sie das nach, Herr Kollege Trattner! Sie sind doch für diese Geschichten zuständig. (Beifall bei den Grünen.)

So erinnert sich ein Zeuge, dass allein 1995 und 1996 mindestens zehnmal beträchtliche Summen von Herbert Turnauer an Jörg Haider überreicht worden seien. Ein zweistelliger Millionenbetrag soll den Besitzer gewechselt haben.

Okay, entweder ist es eine Ente, dann müssen Sie irgendjemanden klagen – oder es ist keine Ente, dann ist es entweder Schenkungssteuer-Hinterziehung, wenn es an Jörg Haider persönlich gegangen ist, oder Sie haben das Parteienfinanzierungsgesetz verletzt, Herr Kollege Trattner, denn Beträge solcher Größenordnung müssen ausgewiesen werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Trattner: Was steht drinnen?) Das wissen Sie mindestens so gut wie ich, obwohl ich nicht der Finanzreferent meiner Partei bin, Sie sind es für die Freiheitlichen aber schon.

Meine Herren von der FPÖ und von der ÖVP – da lichten sich schon die Reihen –, wenn schon, dann insgesamt, also für alle!

Noch ein allerletztes Wort: In Burgenland hat es in dieser Causa immerhin einen Untersuchungsausschuss gegeben (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – das ist mein letzter Satz, Herr Präsident (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer –, hier im Parlament weigern sich ÖVP und FPÖ in jeder Causa, die sie irgendwie negativ betreffen könnte, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag Kiss, Mag. Schweitzer ist ordnungsgemäß unterfertigt. Die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen kann ich nicht überprüfen, ich stelle mich aber auf den Standpunkt, dass es auch nicht Aufgabe des Präsidiums ist, Tatsachenbehauptungen in Entschließungsanträgen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Ich lasse daher den Antrag zu den Beratungen zu. (Abg. Kiss: So ist es! Genau!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

16.28

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich einen Dank abstatten: Ich möchte mich bei den burgenländischen Mandataren von der ÖVP und von den Freiheitlichen hier im Haus für ihre Inszenierung der Aktuellen Stunde gestern und der Dringlichen Anfrage heute bedanken. (Rufe bei den Freiheitlichen: Bitte, gerne!) Durch Ihre Aktionen erspare ich mir nämlich, bei anderen Gelegenheiten den Menschen darzulegen, wie scheinheilig und unaufrichtig Sie mit Fakten umgehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Wo ist das "scheinheilig"?)


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45. Sitzung / Seite 133

Diese Dringliche Anfrage ist Ihr Eingeständnis, dass es Ihren Filialleitern im Burgenland nicht gelungen ist, aus dem Kriminalfall der Bank Burgenland einen politischen Fall zu machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? – Abg. Böhacker: Edlinger hat etwas anderes gesagt!) Sie wollen nur den burgenländischen Wahlkampf in das Parlament bringen (Beifall bei der SPÖ), aber wir haben Ihr Spiel durchschaut. Ihre Rechnung ist nicht aufgegangen. (Abg. Mag. Schweitzer: Schauen wir einmal!)

Die Aktuelle Stunde war der Ausdruck der Resignation, die Sie alle erfasst hat, weil ein von Ihnen groß aufgezogener Untersuchungsausschuss Folgendes gebracht hat: Es gibt keinen Hinweis für die Verantwortung, die Sie Landeshauptmann Stix unterschieben wollen, aber es gibt schwarz auf weiß Beweise dafür, dass Ing. Jellasitz zumindest alle Informationen, die auch der Landeshauptmann gehabt hat, bekommen hat. Herr Jellasitz tut aber so, als hätte er von nichts gewusst, als wäre er nicht genauso wie Landeshauptmann Stix Eigentümervertreter der Bank Burgenland gewesen.

Vergesslichkeit scheint aber in dieser Wahlbewegung überhaupt das Generalrezept der ÖVP zu sein. (Abg. Kiss: Blödsinn!) Jellasitz behauptet beispielsweise, dass unser Bundesland über-schuldet sei, und er spricht von "roten Schulden". Er hat als Regierungsmitglied – hören Sie sich das an! – mehr als 20 000 Mal mitgestimmt, und heute will er von nichts wissen, heute putzt er sich ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Bank Burgenland-Skandal ist bei den Gerichten anhängig. Wir Sozialdemokraten sind für die volle und schonungslose Aufklärung. Ihr Untersuchungsausschuss im Burgenländischen Landtag war aber ein Rohrkrepierer. Jetzt müssen Sie halt vor der Wahl schnell versuchen, den Menschen im Burgenland vorzugaukeln, dass die Adventwahl und in der Folge der Abbruch der Arbeit für unser Land notwendig waren. Sie wollen nämlich Schwarz-Blau auch ins Burgenland importieren. Sie sind sich längst einig gewesen und hatten das schon von langer Hand vorbereitet und geplant.

Die Bestätigung dafür hat Klubobmann Khol selbst geliefert, als er in einem Zeitungsinterview von der ÖVP-Klausur in Purbach von einer Wette erzählte, und zwar war der Inhalt der Wette, dass Jellasitz noch vor dem 1. Jänner 2001 Landeshauptmann sein werde. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lentsch: 2002!) – Stellen Sie es richtig, wenn es nicht stimmt!

Der reguläre Wahltermin wäre aber erst im Frühjahr 2001 gewesen. Wie konnte Klubobmann Khol wissen, dass die Wahlen vorverlegt werden? (Abg. Dr. Khol: Weil ich ein begnadeter Wetter bin und alle Wetten gewinne! Da steht auch nicht drinnen, mit wem Jellasitz Landeshauptmann wird!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Betrügereien betreffend die Bank Burgenland sind ein Verbrechen, welches schonungslos und lückenlos aufgeklärt werden muss. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Verantwortlichen, der Vorstand, der Aufsichtsrat und die übrigen Kontrollorgane, müssen zu ihrer Verantwortung stehen. Wenn es irgendwie eine Möglichkeit gibt, werden sie geklagt, damit zumindest ein Teil des Schadens ersetzt wird. Das gilt aber auch für den Exbauernbunddirektor, Ex-FPÖ-Landtagspräsidenten und Jellasitz-Ziehvater Dr. Widder, der sich als Vorstand der Bank auch noch eine fette Pensionsabfertigung in der Höhe von rund 17 Millionen Schilling sichern wollte. Hören Sie sich das bitte an! (Abg. Böhacker: Seit wann ist der bei der FPÖ? – Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Das gilt aber auch für den Vorsitzenden des Aufsichtsrates Dr. Frantsits, dem Obmann der Industriellenvereinigung und Mitglied des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Übrigens, laut Gerhard Jellasitz haben beide Herren nichts mit der ÖVP zu tun. – Das ist sehr interessant!

Gedächtnislücken werden als Schlupfloch aus der Verantwortung gebraucht. Aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben die Regierungsparteien dabei vergessen: Die Rechnung muss mit dem Wirt ausgemacht werden. Am 3. Dezember wird der Wirt, nämlich die Wählerinnen und Wähler des Burgenlandes, diese Rechnung ausstellen. Sie werden beurteilen,


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45. Sitzung / Seite 134

was es bedeutet, wenn die Freiheitlichen den Bericht des Untersuchungsausschusses zu Gunsten von Jellasitz geschönt haben, um dem zukünftigen Koalitionspartner nicht zu schaden. Die Burgenländerinnen und Burgenländer werden selbst beurteilen können, ob es fair und anständig war, einen erfolgreichen Landeshauptmann wie Karl Stix, gegen den nicht einmal Gerhard Jellasitz etwas sagen kann, auf diese Art und Weise aus dem Amt zu entfernen. (Abg. Mag. Schweitzer: Was fällt dir zur Sanierung der "BF" ein?) – Ich komme schon noch zu dir.

Meine Landsleute werden schließlich noch beurteilen, ob sie diese schwarz-blaue Koalition der Unsozialen und Vergesslichen auch im Burgenland haben wollen. Jellasitz will Landeshauptmann werden. Übrigens ist das meiner Meinung nach seine letzte Chance. Der Pakt für Schwarz-Blau ist bereits ausgepackelt, denn warum sonst, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, treten Sie in dieser Frage wie siamesische Zwillinge auf? – Da Sie nichts in der Hand haben, greifen Sie in den Personen von Khol und Westenthaler zur altbewährten Methode, nämlich der Unterstellung, es habe Schmiergelder an die SPÖ gegeben und unsere Zeitung "BF" wäre von Hom-Rusch saniert worden. – Verleumdungen sind halt Ihr letztes Mittel.

Die SPÖ Burgenland hat gestern den Bericht eines gerichtlich beeideten unabhängigen Sach-verständigen vorgelegt. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer. ) – Du brauchst gar nicht zu lachen. – Es wurden die Konten der SPÖ und der "BF" geöffnet. Das Ergebnis liegt auf dem Tisch. (Abg. Mag. Schweitzer: Ein Freund, ein Partner von ...!) Es gibt nicht den geringsten Hinweis auf irgendwelche Geldflüsse (Beifall bei der SPÖ) – weder von Hom-Rusch, Herr Kollege Schweitzer, noch von Turnauer oder wie sie sonst alle heißen. Bei uns gibt es keine Kuverts mit Geld. (Abg. Mag. Schweitzer: "BF": 45 aus 1995, 24 aus 1996!)

Meine Damen und Herren von der Koalition! Ich frage Sie: Ist das bei Ihnen auch so? Es wäre höchst an der Zeit, sofern Sie genügend Rückgrat haben – Herr Ing. Westenthaler, insbesondere Sie! –, sich für Ihre Unterstellungen und Verleumdungen zu entschuldigen.

Ich fordere Sie auf: Öffnen Sie Ihre Konten, auch die des so genannten Sozialfonds oder andere Sonderkonten, die Sie haben! Legen Sie alles offen, und entschuldigen Sie sich für Ihre Unterstellungen! (Abg. Mag. Schweitzer: "BF"-Sanierung! Mit minus 700 000 S!)

Mir leuchtet natürlich ein, dass die Freiheitlichen mit dem Thema Bank Burgenland von ihren eigenen Problemen, den Schnüffelbrigaden und Spitzelgenerälen, ablenken wollen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie wurde die "BF" saniert?) Mir leuchtet ein, dass Sie davon ablenken wollen (Abg. Mag. Schweitzer: Komm zur Wahrheit!), dass Sie Ihre Wähler verraten haben und ihnen eine Belastung nach der anderen aufdividieren. (Abg. Mag. Schweitzer: Komm zur Wahrheit! Wie wurde die "BF" saniert?) – Das ist die Wahrheit, Herr Kollege Schweitzer!

Mir leuchtet auch ein, dass Sie dem Wähler in Burgenland – das ist der eigentliche Grund für diese Aktionen hier im Hohen Hause – Sand in die Augen streuen wollen, um die ausgemachte Koalition im Burgenland zu verdecken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wie wurde die "BF" saniert?)

Es leuchtet mir aber auch ein, Herr Kollege Schweitzer (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung der Abg. Pfeffer –: Kathi! Wie wurde die "BF" saniert?), dass Sie Ihre Parteigänger, die tief in die Affäre verstrickt sind, als Verantwortliche im Vorstand und Aufsichtsrat am liebsten vergessen haben wollen. Sie wollen davon ablenken, dass Sie die Vergesslichen sind.

Am 3. Dezember abends werden wir es wissen. Ich bin davon überzeugt, dass die Wählerinnen und Wähler Ihrem Spiel eine Absage erteilen werden, denn unsere Menschen im Burgenland wissen, Schwarz-Blau – das sind die Wortbrüchigen und Vergesslichen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie wurde die "BF" saniert?) Wir Sozialdemokraten sind aber die Verlässlichen! (Beifall bei der SPÖ.)

16.37


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45. Sitzung / Seite 135

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung der Abg. Pfeffer –: Kathi! Wie wurde die "BF" saniert?)

16.37

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Hohes Haus! Neueste Schreckensmeldung aus der pannonischen Tiefebene: Der Schaden bei der Bank Burgenland beträgt schon rund 5 Milliarden Schilling. Die Verluste können noch weiter steigen, denn Kredite in der Höhe von 15 Milliarden Schilling sind noch nicht geprüft worden. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

Wie schon hinlänglich bekannt ist, zeigt die Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat der Bank Burgenland, dass die Parteipolitik auf die Zusammensetzung dieser Organe nicht unerheblich Einfluss genommen hat. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates trägt eindeutig die Handschrift der SPÖ.

Als ehemaliger Geschäftsleiter einer Bank interessierten mich natürlich die Protokolle und die Prüfungsberichte. Erlauben Sie mir, nun einen Auszug zu zitieren:

Prüfungsbericht aus dem Jahr 1995: Gesetzesverletzung bei der Erfassung der wirtschaftlichen Einheit, Gesetzesverletzung der Einhaltung der Berichtspflicht – beide Verletzungen unterliegen § 27 Bankwesengesetz – und Gesetzesverletzung bei der Meldung der Großveranlagung für Kreditinstitute.

Prüfungsbericht 1996: Darin stehen die gleichen drei Gesetzesverletzungen wie 1995.

Prüfungsbericht 1997: Wörtlich heißt es in diesem Bericht:

Neuerlich werden dieselben Punkte, die bereits für die Jahre 1995 und 1996 beanstandet wurden, vorgefunden. Zusätzlich kommt noch der Vorwurf der dauerhaften Rahmenüberschreitungen bei Großveranlagungen hinzu. – Zitatende.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Bei Studium dieser Berichte musste ich mir einmal Luft verschaffen und mich fragen: Wofür sind denn die Bankprüfer vom Finanzministerium jahrelang zur Bank Burgenland gepilgert, wenn sie immer die gleichen Feststellungen treffen? – Darauf gibt es nur zwei Antworten: Die damaligen Bankprüfer waren unfähig, aus den aufgezeigten Gesetzesverletzungen notwendige Konsequenzen zu ziehen beziehungsweise ziehen zu lassen, oder die Bankprüfer hatten von oberster Stelle den Auftrag, außer aufzuzeigen, nichts zu unternehmen.

Diese Untätigkeit in diesen drei Jahren ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass nun rund 5 Milliarden Schilling in die pannonische Tiefebene gesetzt wurden. Ich erinnere mich an folgende Situation bei einem Ex-Kollegen: Es gab einen Kreditausfall in der Höhe von rund 30 Millionen Schilling. Er wurde fristlos entlassen, und die Bank hat ein Schreiben bekommen, aus dem hervorgeht, dass der Entzug der Bankkonzession angedroht wird, wenn nicht bald eine Regelung gefunden wird.

Wenn ich jetzt die Untätigkeit der Bankprüfer bei der Bank Burgenland mit dem soeben geschilderten Fall vergleiche, dann muss ich sagen: Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Im Falle meines ehemaligen Kollegen kann man feststellen, dass mit Kanonen auf Spatzen geschossen wurde. Im Fall der Bank Burgenland wurde ein Dinosaurier mit einer Steinschleuder attackiert.

1996 legte bereits Dkfm. Lehner ein brisantes Gerichtsgutachten vor, aus dem hervorgeht, dass bereits in den Jahren 1992 bis1994 in Firmen des Hom-Rusch-Imperiums Zahlungsunfähigkeit herrschte und bereits damals gefälschte Bilanzen vorgelegt wurden.


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45. Sitzung / Seite 136

Als Weihnachtsmann besonderer Art hatte sich der Aufsichtsrat der Bank Burgenland in seiner Sitzung vom 16. Dezember 1998 betätigt. In dieser Sitzung, meine sehr geschätzten Damen und Herren, wurde den diversen Firmen der Howe AG Kredite in der Höhe von 650 Millionen Schilling gewährt. Da es die letzte Sitzung des Jahres war, wurden auch Beschlüsse über Wertberichtigungen gefasst.

Meine Damen und Herren! Das ist das Paradoxe: Da werden Hunderte Millionen Schilling genehmigt, und im selben Atemzug werden Einzelwertberichtigungen vorgenommen. – All das passierte unter dem Aufsichtsratskommissar und Noch-Landeshauptmann Karl Stix. Dazu kann ich nur den gestrigen "Kurier" zitieren: "Mein Name ist Stix – ich weiß von nix."

Die Rechnung in der Höhe von 5 Milliarden Schilling wird der Steuerzahler im Burgenland übernehmen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

16.42

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Katharina Pfeffer! Du weißt, dass ich dich menschlich sehr mag, aber bei deiner Rede war wirklich der Wunsch Vater des Gedankens. (Beifall bei der ÖVP.)

Da Herrn Kollegen Van der Bellen die Tafel so gut gefallen hat, möchte ich sie wieder herstellen, damit er die Gelegenheit hat, sie weiter zu betrachten. (Beifall bei der ÖVP. – Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Überschrift "Bank Burgenland – das rote Netzwerk" vor sich auf das Rednerpult.) Ich möchte ihm nur noch sagen, dass Landeshauptmann Jellasitz nie Finanzreferent und daher auch nie Eigentümer-Vertreter war. (Abg. Eder: Überhaupt nicht! – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, Sie sind nicht ganz informiert!)

Wenn das rote Netzwerk nicht so gut funktioniert hätte, dann wäre den Burgenländern sehr viel erspart geblieben. Glauben Sie mir das, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Skandal rund um die Bank Burgenland hat vordergründig zwei Gesichter – wir haben das heute schon des öfteren gehört –: Zum einen geht es um den größten Kriminalfall in unserem Lande, welcher der Bank Burgenland und damit natürlich auch uns Steuerzahlern mindestens 2,6 Milliarden Schilling kosten wird. Daneben gibt es aber noch einmal Kredite in Höhe von 2 Milliarden Schilling, die die Bank wohl nie mehr wieder sehen wird. Es sind mindestens 2 Milliarden Schilling, geschätzte Damen und Herren, denn die Prüfer haben ihre Arbeit noch lange nicht beendet.

Damit erhebt sich jetzt schon die Frage, ob der Fall rund um Hom-Rusch und die anderen nicht wieder einbringlichen Kredite wirklich so verschiedene Kategorien sind oder ob hier nicht generell mit Geld sehr sorglos umgegangen wurde.

Natürlich ist das Bankengeschäft ein Risiko, und natürlich können Einschätzungen in die Zukunft auch ab und zu danebengehen. Das ist uns wohl allen bewusst! Aber wenn nach neun Jahren – so lange gibt es diese Bank Burgenland – 4,5 Milliarden Schilling auf den Konten beziehungsweise in den Kassen fehlen, dann gibt es keine Ausrede mehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu kurz ist die Zeit, in der all dies passiert ist, und zu klar ist die Verantwortlichkeit. Man kennt die handelnden Personen auf Eigentümerebene, man kennt die Aufsichtsräte, die die Interessen der Eigentümer hätten schützen sollen, und man kennt auch die Verantwortlichen in der Geschäftsführung. Das Management und der Aufsichtsrat werden das zu verantworten haben. Auch wenn solche Prozesse manchesmal sehr lange dauern, sie folgen klaren Richtlinien, und die ersten Klagen gibt es schon.


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Ich mache mir auch keine großen Sorgen, denn ich habe ein ganz großes Vertrauen in die österreichische Justiz. Aber um die andere Verantwortung, geschätzte Damen und Herren, mache ich mir sehr wohl Sorgen, also um jene Leute, die zwei kleine Banken zu einem großen Bankhaus zusammengeflickt haben, bei dem es offenbar drunter und drüber ging, bei dem nur noch der Generaldirektor selbst Kredite vergeben konnte, weil sich sonst niemand mehr auskannte oder weil sich sonst niemand mehr auskennen durfte, wie wir alle vermuten.

Wenn ich von dieser obersten Verantwortung rede, dann meine ich jene Leute, die permanent in diese Bank hineinregiert haben, ohne sich darum zu kümmern, ob die Geschäftsführung mit diesen Wünschen auch fertig wird, und ohne sich darum zu kümmern, ob die Geschäftsführung diese Wünsche auch bewerkstelligen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das sind übrigens dieselben Leute, die nicht bereit waren, ein offensichtlich überfordertes Management abzuberufen. Warnrufe gab es da sehr viele – sowohl von Mitarbeitern als auch von außenstehenden Personen –, nur der Eigentümer-Vertreter des Landes hat von all dem nichts gewusst, nichts gehört, nichts gesehen und nichts gelesen. Er hat auch nie etwas von "faulen" Krediten gewusst, er hat natürlich nie darauf gedrängt, dass große Firmen, die knapp vor der Pleite standen, noch einmal Riesenkredite bekommen haben. Er hat auch nichts von der WIBAG gewusst, die all die Fälle angeblich geprüft hat.

Dieser ahnungslose Eigentümervertreter, den sich das Burgenland da ausgesucht hat, wurde bekanntlich nie eingesetzt. Er wurde auch nie von irgendeinem Gremium bestimmt, nein, er wurde gewählt, und zwar konkret bei den letzten Landtagswahlen, konkret als Landeshauptmann. Genau deshalb hat dieser Bank Burgenland-Skandal eine politische Dimension, die mindestens so schwerwiegend ist wie die strafrechtliche. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren von der SPÖ-Fraktion! Hören Sie doch endlich auf, all dies verniedlichen zu wollen. Der Skandal in der Bank Burgenland ist ein Politskandal, der nur auf Ihre Kappe geht und in Wahrheit nicht erst seit Landeshauptmann Stix präsent ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieses politische Fehlverhalten hat eigentlich schon viel früher begonnen. Das reicht weit zurück. Zu nennen sind da die Landeshauptleute Stix, Sipötz und auch Theodor Kery. Diese Leute haben jahrzehntelang dieses Land als Selbstbedienungsladen betrachtet. Kery, Vogl und Co haben jahrzehntelang in alles und jedes hineinregiert, haben jahrzehntelang ihre Günstlinge in Stellung gebracht, wie auch bei der Bank Burgenland, nur leider Gottes waren diese Herrschaften grenzenlos überfordert. (Beifall bei der ÖVP.)

Wer das jetzt noch nicht wahrhaben möchte, der sollte sich doch einmal die Frage stellen: Warum passieren solche Skandale nicht in Niederösterreich oder in Tirol? Warum passieren solche Skandale nicht in Oberösterreich oder in Salzburg? (Rufe bei der SPÖ: Rosenstingl!) Warum passieren sie nur im Burgenland? (Abg. Edlinger: Die Freiheitliche Partei in Niederösterreich ist bankrott!)  – Ich meine, wer sehen will, kann sehen, und ich glaube auch, dass sich die Burgenländerinnen und Burgenländer, die am 3. Dezember zur Wahl gehen werden, sicherlich besser informieren werden, als dies Ihr bisheriger Landeshauptmann getan hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin davon überzeugt, dass sie eine gute Wahl für dieses Land treffen werden, auch wenn es nicht leicht sein wird. Die Volkspartei ist bereit, so wie auch auf Bundesebene, im Burgenland die dringend notwendigen Reformen durchzuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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16.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Die Redezeit beträgt 9 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Neun Minuten, dann gehe ich! – Abg. Mag. Kogler  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich schenke Ihnen eine Minute, Herr Westenthaler! Machen Sie ausnahmsweise etwas Sinnvolles!)

16.49

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Der Herr Minister ist im Moment nicht anwesend, obwohl es gut wäre. Ich beginne so wie gestern noch einmal mit der Rolle der Bankenaufsicht. Mittlerweile ist jetzt nicht nur ein Kuhhandel im Spiel, sondern meines Erachtens sind es schon zwei Kuhhändel – so muss es dann wohl heißen. (Abg. Böhacker: Sind es Kühe oder Hendel? Was sind es jetzt?) – Herr Kollege Böhacker! Sie erreichen schon bald Haigermoser’sches Niveau, und da weiß ich nicht, ob dann der Dummheits-Paragraph der Zwischenruferei greift. Nehmen Sie sich also ein bisschen in Acht.

Noch einmal: Es waren zwei Kuhhändel. Den ersten, was die Verlängerung des Vertrages des Direktors Gassner betrifft, haben wir gestern diagnostiziert. Darauf werden ich noch einmal kurz eingehen. Die Rolle der Bankenaufsicht ist meines Erachtens nicht so rigoros, wie es hier dargestellt worden ist. Man fragt sich, warum ausgerechnet der nunmehrige Finanzminister Grasser daran ein Interesse hat, es so darzustellen. Meines Erachtens deshalb, weil er weiß, dass die gleichen Beamten, die damals schon am Werk waren, ... Es wäre überhaupt sehr nützlich, wenn der Finanzminister hier wäre. Ich erinnere an die Präsidialvereinbarung, Herr Präsident!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben in der letzten Präsidialsitzung vereinbart, dass die Präsidenten bemüht sein werden, die Anwesenheit der Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank sicherzustellen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich verstehe das schon, wenn einer hinausgehen muss, aber ich wusste nichts davon.

Kollege Kogler! Ich schlage zur Güte vor, Sie setzen Ihre Rede fort, und ich bitte den Kollegen Khol, bemüht zu sein, dass der Herr Finanzminister nach menschlicher Möglichkeit wieder hereinkommt. – Bitte, Herr Kollege Kogler, setzen Sie Ihre Rede fort!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Ich werde jetzt auf den zweiten und dritten Teil eingehen, der mir noch von Relevanz erscheint. Die "rote Krake" ist ein ausgestorbenes Tier, jedenfalls im Burgenland, es war nämlich eine "rot-schwarze Krake", und das wird immer in sehr plumper Weise verheimlicht, indem man hergeht und hier auf das Rednerpult eine Tafel stellt, auf welcher alles rot übersprüht ist, und glaubt, damit den Beweis führen zu können. Würde ich eine tatsächliche Berichtigung machen, müßte ich hier ein anderes Taferl herstellen. Das tatsächliche Taferl werde ich Ihnen jetzt nur verbal darstellen.

Ich komme noch einmal zurück auf den Anfang der neunziger Jahre. Das schwarze Vorstandsmitglied Widder hatte alles gewußt; das ist schon mehrmals hier gesagt worden. Aber es soll nicht nur um Herrn Widder gehen, der ja ohnehin immer schon in Pension gehen wollte, was soll’s, es geht eigentlich um die politische Verantwortung. Da geht jetzt einer, und zwar Herr Jellasitz, im Burgenland mit einem Plakat hausieren, auf welchem "Burgenland jetzt neu statt ...", was weiß ich – ich habe mir den Slogan nicht einmal gemerkt –, steht.

Das ist jener Herr Jellasitz, der laut Protokoll des Untersuchungsausschusses – das alles ist dort nachzulesen; Widder hat es gesagt – den schwer kritisierten Herrn Widder, der bekanntlich schon sehr in der Bredouille war, kontaktiert und zu ihm Folgendes gesagt hat – Zitat –:

"Ich habe mich mit dem Landeshauptmann-Stellvertreter ab und zu getroffen. Ich muss ehrlich sagen, der Landeshauptmannstellvertreter hat mich im Sommer noch" – im Sommer noch! – "gefragt – weil ich gesagt habe, dass ich mich nicht mehr bewerben werde –, warum ich das nicht tue, ich solle doch, du bist doch erst 60 ..." und so weiter.

Kollege Widder, kleine schwarze Krake, bitte bleibe: Das war die Position von Herrn Jellasitz. Das ist im Protokoll des Untersuchungsausschusses nachzulesen. Das zur politischen "Seriosität" des Herrn Jellasitz, der sich, was seine politische Verantwortung betrifft, in diesem ganzen Untersuchungsausschuss, der ja Gott sei Dank öffentlich zugänglich war, gedreht und gewendet hat, dass es erbärmlicher nicht mehr gegangen ist. (Beifall bei den Grünen.)


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Aber wir haben ja einen prominenteren Kronzeugen, was das Verhalten des Herrn Jellasitz betrifft, und zwar den Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn Frantsits; das möchte ich auch noch kurz anführen. – Dieser Herr ist "sicher" kein Schwarzer, wie wir alle wissen, denn der Wirtschaftsbund hat nichts mit der ÖVP zu tun, die Industrie hat nichts mit der ÖVP zu tun, niemand mehr hat mit der ÖVP etwas zu tun. (Abg. Dr. Khol: Er ist kein ÖVP-Mitglied!) Herr Kollege Khol! Sie sollten sich eigentlich Sorgen machen, denn niemand mehr will mit der ÖVP etwas zu tun haben. (Abg. Kiss: Frantsits war nie Wirtschaftsbund-Mitglied!) Herr Kollege Kiss! Mit Ihren Zwischenrufen haben wir schon so viele Probleme gehabt, bitte, im eigenen Interesse, mäßigen Sie sich! (Beifall bei den Grünen.)

In dieser Sache sagte Frantsits, dass er schon 1992 gewußt hat, dass es mit dem Hom-Rusch ein Problem gibt, und zwar schon bei der Fusionierung der Banken. Er hat sogar einen Beschluss herbeigeführt, es möge keine Kreditausweitung für den Komplex HOWE mehr vorgenommen werden. Das war 1992! Dankenswerterweise hat Abgeordneter Schweitzer aufgelistet, was alles seit damals passiert ist.

Wo war denn Herr Frantsits? Mit wem aller hat er denn geredet? Was tat er denn die vielen Jahre? – Er hat nämlich gar nicht nur geschlafen, sondern er hat sogar geredet, und zwar in den entscheidenden Aufsichtsratsitzungen. Wissen Sie, mit wem? – Mit Herrn Jellasitz. (Abg. Kiss: Blödsinn!) Der Herr Stix hat das gar nicht notwendig gehabt, der hat seine Besprechungen folgendermaßen gemacht: Die Bankenaufsicht, auf die noch zurückzukommen sein wird, ist eingeladen worden, diese Herren sind zum Kollegen Stix ins Büro gefahren und haben dort verhandelt.

Klar, der Herr Jellasitz, der "Arme", hat diese Möglichkeit nicht gehabt, aber er hat sich anders beholfen: Er hat in die Aufsichtsratsitzung hineintelefoniert. Mit wem? – Mit dem besagten Aufsichtsratvorsitzenden. Und worum ist es dabei gegangen? – Um die Verlängerung des Vertrages von Gassner. Nach dem Telefonat gab es einen einstimmigen Beschluss. Zuerst hat sich alles angeblich nicht so leicht angelassen. Herr Frantsits hat dem burgenländischen Landtag geschildert, wie bemüht er war, und man hat gemeint, dass das mit diesem belasteten Generaldirektor vielleicht doch nicht geht, et cetera. (Abg. Dr. Krüger: Wer war Ihrer Meinung nach verantwortlich?) Nach ein paar Telefonaten mit Herrn Jellasitz kam es zu einem einstimmigen Beschluss. (Beifall bei den Grünen.)

Dass das ursächlich ist, behaupte ich ja nicht, aber dass Herr Jellasitz nichts gewusst hat, das können Sie jemand anderem erzählen. Doch wenn Herr Jellasitz etwas anderes wollte, als dass Herr Gassner als Generaldirektor wiederbestellt wird, dann sollte er sich schön langsam Sorgen um seine politische Potenz machen. Er gibt nur dauernd Plakate großspurig heraus. Es kann nicht beides stimmen: Er kann nicht einerseits alles gewusst haben und andererseits alles verhindert haben wollen, denn dann ist er erbärmlich gescheitert. Er muss sich einmal für eine der beiden Varianten entscheiden. Genauso ist die Anlage der ÖVP im Burgenland, so, wie wir sie von sonstwo auch kennen: ein starker Nebel, der nur mehr mit der politischen Alzheimerkrankheit zu diagnostizieren ist. Das ist der Zustand der ÖVP im Burgenland. Das erleben wir ja manchmal auch hier im Hohen Hause! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Krüger: Und die Roten sind schuldlos?!)

Ich komme noch einmal kurz auf die Bankenaufsicht zu sprechen. – Der Herr Minister ist wieder da. – Die Bankenaufsicht war einerseits nicht so unwissend und harmlos, sie hat aber andererseits mit diesem ihrem Wissen nicht das Ausreichende getan. 1996 – im Übrigen auch im Untersuchungsausschuss abgehandelt – wird im Bericht der Bankenaufsicht unter der bezeichnenden Überschrift "Gesetzesverletzungen und sonstige Beanstandungen" neuerlich – neuerlich!; das war nämlich die vorhergehenden Jahre auch schon der Fall, aber ich muss es kürzen – ausführlich der HOWE-Komplex abgehandelt. Warum? – Weil dort schon darauf hingewiesen wurde, dass die HOWE-Firmen sehr verflochten sind, sodass eigentlich von einem so genannten Klumpenrisiko auszugehen ist. Und wir wissen ja, dass genau jenes zugeschlagen hat – ausnahmsweise nicht die "rote Krake", Herr Kollege Khol –, nämlich das Klumpenrisiko des HOWE-Komplexes, und die Bankenaufsicht hat es auch gewusst. Diese hat


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meines Erachtens mit den Mitteln, die ihr, der Bankenaufsicht, das Bankwesengesetz in die Hand gegeben hat, viel zu wenig gemacht.

Es gab ein paar leitende Beamte in der Bankenaufsicht, die damals – zum Teil auch schon vor dieser Zeit – in Amt und Würden waren. Diese Beamte sind – und jetzt bin ich schon in der Gegenwart, bereits in Ihrer Ressortzeit, Herr Minister Grasser! – zu Herrn Stix gefahren und haben darüber geredet, ob Herr Gassner fünf Jahre – vielleicht gar noch mehr – oder genau ein Jahr lang noch in der Bank bleiben soll. Ein Generaldirektor, der völlig handlungsunfähig war, der das Christkind gar nicht mehr richtig erlebt hat, weil er nur mehr von einem planlosen Desaster zum nächsten getorkelt ist, ist im März noch einmal vorgeschlagen worden – zum "Wohle" der Bank. Herr Frantsits, der angeblich mit der ÖVP nichts zu tun hat, hat argumentiert, dass zum Wohle der Bank Herr Gassner noch einmal auf ein Jahr bestellt werden soll.

Das alles, was die Bankenaufsicht betrifft, geschah in einer Zeit, in der Sie, Herr Finanzminister schon über ein Monat oder gar zwei Monate im Amt waren. Jetzt wird erklärt, dass endlich einmal das Bankwesengesetz beziehungsweise die Bankenaufsicht in die richtige Reparatur gebracht wird. Ich finde das nicht mehr besonders glaubwürdig, und es ist diese Rolle wirklich zu hinterfragen. (Abg. Dr. Krüger: ... des roten Sumpfes!)

Am Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch auf die beiden Anträge eingehen, die hier vorliegen. Sicherlich kann man verlangen, dass alle Regierungsmitglieder genau das tun, was sie tun sollten. Das ist offensichtlich auch keine Selbstverständlichkeit mehr. Die schwarze und die blaue Fraktion sehen mittlerweile ein, dass das bei unseren Regierungsmitgliedern nicht mehr selbstverständlich ist. Insoferne wird es kein Problem sein, den Anträgen zuzustimmen. Besser wäre es allerdings, endlich einmal einen Untersuchungsausschuss hier im Hohen Hause einzusetzen – keinen, der parteipolitisch eingefärbt ist –, und zwar einen Untersuchungsausschuss über Schmiergeldzahlungen und Parteispenden der letzten Jahre. Ganz genau!

Eines ist sicher klar – es wurde ja schon ausgeführt –: dass die Verdachtslage in einer Sache am konkretesten ist, und das ist die Spende in der Kanzlei Böhmdorfer. Das ist offensichtlich eine Parteispende an die FPÖ oder jedenfalls ein Geschenk; Schenkungssteuer ist allerdings keine bezahlt worden, soweit wir wissen. Jedenfalls sollte das Geld dort gebunkert werden. Das heißt, es ist dort deponiert und kann natürlich als kleine Kriegskassa sofort wieder eingesetzt werden, und es ist natürlich undeklariert und an allen Öffentlichkeitsbestimmungen des Parteiengesetzes vorbei dorthin geflossen. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Herr Kollege Trattner, Sie wissen das ganz genau. Ich habe mir das auch angeschaut.

Die öffentlichen Ausweise Ihrer Partei, was die Parteispenden betrifft, in den Jahren 1994 ... (Abg. Dr. Khol: Was hat das mit der Bank Burgenland zu tun?) Herr Kollege, ich bitte Sie, Sie werden doch das Parteiengesetz kennen! – In den Jahren 1994 und 1995 – Wahljahre wohlgemerkt! – wurden Parteispenden von einmal 93 000 S und einmal 130 000 S ausgewiesen. Das sind die offiziellen Bilanzen. Wer das glaubt, der ist entweder naiv oder selber ein Gauner. Ich glaube nicht, dass die FPÖ in diesen Jahren solch geringe Parteispenden eingenommen haben soll. Deshalb wäre es vielleicht nützlich, dass das alles einmal im Gesamtzusammenhang geprüft wird. Warum nicht? Das wäre ein konkreter Ansatz.

Dass die Regierung jetzt das tut, was sie ohnehin tun soll, dagegen kann man nicht allzu viel einwenden.

Fest steht jedenfalls, dass alle burgenländischen Parteien – bis auf die Grünen im Übrigen – bis jetzt der Forderung nicht nachgekommen sind, dass die Parteieinnahmen und die Spendeneinnahmen der letzten Jahre offen gelegt werden. Bis zum 3. Dezember wäre noch Zeit. Ich würde das für eine vernünftige Maßnahme halten. (Beifall bei den Grünen.)


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45. Sitzung / Seite 141

17.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Der Wunsch lautet, die Uhr auf 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung zu stellen. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Er darf nicht mehr! – Abg. Dr. Kostelka  – auf dem Weg zum Rednerpult –: O ja, ich darf mehr und ich werde auch mehr!)

17.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kiss hat einen Antrag eingebracht, der offensichtlich nur einen Zweck hatte, nämlich Wahlkampfmunition für die ÖVP und FPÖ sicherzustellen. Ich sage Ihnen: Wir werden im Kern, im Wesentlichen diesem Antrag zustimmen (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol sowie Ruf: Zustimmen? Schon wieder?!), weil uns von Ihnen eines unterscheidet: dass wir nichts zu verbergen haben und wir keine Politik über Vorverurteilungen betreiben! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Für Sie ist Rechtsstaat ein Selbstbedienungsladen zum politischen Zweck, und das lehnen wir dezidiert ab. Sie haben nämlich in Ihrem Entschließungsantrag zwei Punkte enthalten, weswegen wir einen eigenen desselben Inhaltes einbringen. Sie haben zwei Fehler gemacht, die inakzeptabel sind, die Ihre Geisteshaltung zum Ausdruck bringen. Sie zeihen nämlich den Herrn Bundesminister a.D. Edlinger ausdrücklich des Verdachtes des Amtsmissbrauchs, obwohl Ihr eigener, Ihr burgenländischer Untersuchungsausschuss eines dezidiert erwiesen hat: Edlinger hat keine Weisung erteilt. Das heißt, dass Sie eine Politik der Vorverurteilung betreiben. Das ist Ihre Politik: Vorverurteilung, Vorverurteilung, Vorverurteilung! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau dasselbe gilt im Zusammenhang mit unterlassenen Schritten der Erhebung. Wir bringen daher von unserer Seite folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Katharina Pfeffer, Kaipel und Genossen betreffend umgehende Aufklärung aller Hintergründe des Kriminalfalles Bank Burgenland sowie sonstiger Politskandale der Republik, insbesondere im Zusammenhang mit dem FP-Spitzelskandal und der illegalen Weitergabe von Polizeidaten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Regierungsmitglieder werden aufgefordert, die Vorgänge um den Kriminalfall Bank Burgenland umgehend und lückenlos aufzuklären und dazu insbesondere folgende Veranlassungen zu treffen.

1. Prüfung, ob im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Bemessungsverfahrens im Fall Hom-Rusch im Jahr 1997 eine politische Weisung und von wem vorliegt.

2. Prüfung der Ergebnisse im Zusammenhang mit der Wiederbestellung von Ernst Gassner zum Generaldirektor der Bank Burgenland im Hinblick auf politische Einflussnahme.

3. Prüfung strafrechtlich relevanter Verdachtsmomente auch im Hinblick auf allfällige Parteienfinanzierung (insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Präsident der Industriellenvereinigung Aufsichtsratsvorsitzender der Bank Burgenland war).

4. Überprüfung der Rolle aller involvierten Behörden und Organe der Bank.

5. Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Rechtshilfe, die eine rasche Aufklärung der "Venezuela-Connection" und eventuell damit verbundene Geldflüsse sowie Beschleunigung des Verfahrens gegen Hom-Rusch sicherzustellen.

Darüber hinaus werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat ehemöglichst über die Veranlassungen in diesem Zusammenhang sowie über die Veranlassung betreffend die Aufklärung der illegalen Weitergabe von Polizeidaten und sonstigen dem Amtsgeheimnis unterliegenden Daten, insbesondere im Zusammenhang mit dem burgenländischen Abgeordneten Paul Kiss, zu berichten.

*****


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45. Sitzung / Seite 142

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine so reine Weste und ein so reines Gewissen, dass wir uns sogar einer Untersuchung subjektiver politischer Zielsetzungen dieser Bundesregierung unterziehen. Wir haben nichts zu verbergen! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte, im Zusammenhang mit Punkt drei auch eines genau zu prüfen, nämlich die Frage, wie denn Herr Hom-Rusch zu seiner Villa gekommen ist. Da gibt es schon sehr aufklärungsbedürftige Fakten, beispielsweise das Faktum, dass das Land Niederösterreich, initiiert vom Landeshauptmann von Niederösterreich Erwin Pröll, eine sehr teure Villa gekauft hat, die eigenartigerweise außerordentlich kostengünstig dem Herrn Hom-Rusch für private Zwecke weitervermietet worden ist.

Ich frage Sie wirklich: Kann man denn da Parteifinanzierung als Motiv ausschließen? – Ich glaube nicht! Das sind die Dinge, die untersucht werden sollen!

Meine Damen und Herren! Ich möchte dazu ganz deutlich sagen: Sie sind diesbezüglich nicht nur einäugig, sondern haben sich selbst Scheuklappen angelegt. Was demokratiepolitisch in diesem Zusammenhang zu geschehen hat, das ist eine breite Aufklärung. Wir sind dazu bereit! Für uns ist das nicht Wahlkampfmunition, sondern demokratiepolitisches Anliegen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der vom Abgeordneten Dr. Kostelka eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Jarolim und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.07

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Pfeffer hat ihre Ausführungen mit dem Satz beendet: Wir Sozialdemokraten sind verlässlich. – Frau Abgeordnete! Das mag schon sein. Verlässlich jedenfalls von der "Konsum"-Pleite zur Bank Burgenland-Affäre. Man kann es drehen und wenden, wie man will, aus dem SPÖ-Skandal Bank Burgenland ist beim besten Willen und trotz all Ihrer Bemühungen keine FPÖ-Affäre zu machen, und zwar auch dann nicht, wenn die SPÖ nach dem Motto "Haltet den Dieb!" gestern und heute ganz hartnäckig versucht, vom Kriminalfall Bank Burgenland und ihrer Verwicklung abzulenken.

Das Manöver der großen Oppositionspartei ist leicht durchschaubar: Angriff ist die beste Verteidigung, haben sich die linken Parteistrategen gedacht, und sie haben mit der so genannten Spitzelaffäre wieder einmal gestern und heute Nebelgranaten verschossen, die ihre wirklichen Probleme verdecken, zudecken sollen. Sie sind in einem politischen Dauertief, meine Damen und Herren von der politischen Linken, vor allem jene von der Sozialdemokratie, und ergreifen jeden Strohhalm, um aus diesem Tief herauszukommen.

Die so genannte Spitzelaffäre, auf die Sie zurzeit Ihre ganze Hoffnung setzen – und das ist gestern vor allem aus den Ausführungen von Herrn Jarolim klar hervorgegangen –, ist aber nichts weiter als ein aufgeblähtes Medienspektakel, das die Bevölkerung ziemlich kalt lässt. Wir können aber auch diese Angelegenheit gerne zum Anlass nehmen, um die Gesinnungsschnüffelei und den Tugendterror, der in der Vergangenheit gegen alles, was nicht links war, ausgeübt worden ist, einmal kurz unter die Lupe zu nehmen.

Die Ausforschung des gesamten, damals völlig zu Unrecht als rechte Szene verdächtigten freiheitlichen Lagers im Zuge der so genannten Briefbombenaffäre dürfte weitgehend ohne gesetzliche Grundlage erfolgt sein. Nicht erst seit der Präsentation des Buches von Michael Sika ist klar, dass es einen politischen Auftrag gegeben hat, nur in eine Richtung, nämlich in die falsche, zu ermitteln. Bei den Kontakten des damaligen Innenministers zur linksextremen Szene – Stichwort "Ebergassing", Stichwort "TATblatt" – hat das aber niemanden wirklich verwundert.


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45. Sitzung / Seite 143

Meine Damen und Herren! Nun ist es aber endlich einmal wirklich an der Zeit, offen zu legen, wer damals abgehört worden ist, wer damals observiert worden ist und wer bespitzelt worden ist. Vom Amtsleiter einer Magistratsabteilung im Grazer Magistrat über einen Universitätsprofessor an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz bis hin zu freiheitlichen Politikern hat die Liste jener gereicht, die damals grundlos als Bombenhirn verdächtigt wurden.

Es ist Zeit, das alles einmal auf den Tisch zu legen, viele Ermittlungen auch im Nachhinein auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen und die Verantwortlichen für allenfalls ungesetzliches Handeln der Justiz zu überantworten. Der Herr Bundesminister Strasser hat auch in diesem Bereich noch ein weites Betätigungsfeld vor sich.

Beim Skandal Bank Burgenland liegt, wie sogar der Chef der Grünen, Herr Van der Bellen, gestern eingeräumt hat – und die grüne Fraktion hat ja heute einen merkwürdigen Schwenk vollzogen, sie hat sich nämlich zum Anwalt der SPÖ gemacht –, die Hauptverantwortung eindeutig bei der SPÖ. Ich habe mir gedacht, das stehe außer Zweifel, es ist aber offenbar nicht so.

Was für jeden Beobachter so unverständlich ist, ist die Tatsache, dass die verantwortlichen Landespolitiker, in erster Linie Stix, trotz mehrfacher Warnungen überhaupt nicht reagiert haben und damit ihre Aufsichtspflicht gröblich verletzten. Wir wissen heute, dass die Schadenssumme das Volumen von 4,5 Milliarden Schilling bereits überschreitet, die letztlich der Steuerzahler wird berappen müssen, und nach "NEWS", dem Leib- und Magenblatt der politischen Linken, drohen weitere Verluste in der Höhe von 1 Milliarde Schilling. Erklärbar ist das alles nur mit einem unvorstellbaren Filz aus Politik, Wirtschaft und Kriminalität. Dass führende SPÖ-Funktionäre darin verwickelt sind, steht außer Zweifel.

Martin Walser, der große deutsche Schriftsteller und vielfache Literaturpreisträger, hat vor rund drei Jahren den Begriff "Moralkeule" geprägt. Sie von der politischen Linken schwingen zusammen mit den pseudointellektuellen Eliten dieses Landes immer wieder gegen Andersdenkende diese Moralkeule. Ihnen fehlt allerdings die moralische Legitimation. Wer so wie Sie im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! Ihre Skandalisierungskampagnen, sehr geehrte Damen und Herren von der Linken, werden genauso scheitern wie die von Ihnen versuchte Mobilisierung der Straße. Diese Regierung wird weder durch Vernaderung im Ausland, die Sie massiv betrieben haben, noch durch Intrigen im Inland zu Fall gebracht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loos. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.13

Abgeordneter Johann Loos (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe leider keine grüne Tafel hier. Ich hätte gerne die grüne Tafel jemandem gezeigt, eine grün-rote Tafel. Ich glaube – und das haben alle gemerkt –, dass sich heute Herr Abgeordneter Van der Bellen und auch Herr Abgeordneter Kogler um die Victor-Adler-Plakette beworben haben, denn niemand hat so sehr die Roten in Schutz genommen wie die beiden genannten Herren, habe ich heute gemerkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sollte die burgenländische Bevölkerung das, was Sie hier heute gesagt haben, irgendwie mitbekommen haben, dann wird sie wissen, wer im Burgenland grün wählt, wählt rot, und somit haben Sie hier heute auch eine wichtige Aussage getätigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zur Aussage der Frau Abgeordneten Pfeffer, die gesagt hat, dass Herr Klubobmann Khol gewettet hat, dass Jellasitz nach der nächsten Landtagswahl Landeshauptmann sein wird: Ich kann dem nur beipflichten. (Abg. Edlinger: Ist das schon ausgemacht?) Ich würde mich auch dieser Wette anschließen. Er hat sonst nichts getan, als dass er gesagt hat: "nach der nächsten Landtagswahl". Übrigens hat er nicht 2001, sondern 2002 gesagt. Ich möchte das nur berichtigen, damit das nicht so im Raum stehen bleibt.


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45. Sitzung / Seite 144

Nun zu dem besonders von den Grünen angeschütteten Landeshauptmannstellvertreter Jellasitz. Er muss ja Ihr "Liebling" sein, wie ich gemerkt habe. Aber kommen wir zu den Fakten: Jellasitz hatte nie eine Funktion in der Bank Burgenland. Er war lediglich – und da passen Sie jetzt auf! – Stellvertreter des Aufsichtskommissärs Stix in der Bank Burgenland Holding. Da wird einiges immer wieder absichtlich verwechselt. Diese Bank Burgenland Holding hat mit der Bank Burgenland an und für sich nur sehr wenig zu tun. Das ist wichtig zu wissen. (Abg. Schieder: Überhaupt nichts!)

Herr Abgeordneter Schieder! Alle, die Landeshauptmann Stix kennen – ich kenne ihn auch, ich war mit ihm 13 Jahre lang gemeinsam im Landtag –, wissen, dass Stix sehr fleißig ist. Das bestreite ich auch nicht. Niemals musste Jellasitz Stix vertreten, weil immer Stix bei den Sitzungen dabei war. Kein einziges Mal hat Jellasitz Stix dort vertreten. Das wollte ich noch dazu sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die politische Verantwortung, meine Damen und Herren – die Burgenländer wissen das Gott sei Dank; jeder, mit dem man im Burgenland spricht, sagt einem das –, hat eindeutig die SPÖ, hat eindeutig Landeshauptmann Stix. Er war sehr lange Zeit Finanzreferent, er war als Eigentümervertreter in der Bank Burgenland tätig, und er war Aufsichtskommissär. Sonst niemand von den politischen Parteien war dort drinnen. Ich glaube, das weiß hier jeder, besonders die erfahrenen Abgeordneten.

Es gibt auch bei uns im Burgenland eine Kompetenzaufteilung. Jellasitz ist für die Feuerwehr zuständig. Weil Sie sich jetzt so benehmen wie ein Feuerwehrhauptmann, darf ich sagen: Er muss das Feuer, das angezündet wurde, möglichst bald löschen. Er ist außerdem für die Bereiche Jugend und Schule zuständig – nicht aber für die Bank Burgenland. Das muss klar und deutlich gesagt werden. Das sollen auch die Menschen im Burgenland wissen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen aus persönlicher Erfahrung eine kurze Geschichte erzählen. Heuer hat es bei uns in Apetlon – damit Apetlon, wo ich Bürgermeister bin, auch einmal im Protokoll aufscheint (Heiterkeit)  – im Frühjahr eine Tourismuseröffnung gegeben, und bei dieser Tourismuseröffnung war schon bekannt, dass in der Bank Burgenland etwas nicht stimmen soll. Mit mir auf einer Kutsche – bei uns fährt man noch mit Kutschen durch die Gegend – saßen Herr Landeshauptmann Stix und Herr Landeshauptmann-Stellvertreter Jellasitz, und Jellasitz hat Stix fast flehentlich ersucht, doch Gassner nicht mehr zum Direktor zu bestellen, nicht mehr darauf zu bestehen, dass Gassner zum Direktor bestellt wird, weil man einiges Negatives bereits hört. Nichts hat leider Gottes Landeshauptmann Stix getan. Die beiden haben übrigens dann den ganzen Tag kaum mehr etwas miteinander geredet, weil Jellasitz das so ernst gemeint hat. Der stellvertretende Präsident der Wirtschaftskammer, Herr Schneeberger, hat, als Gassner wieder zum Direktor bestellt wurde, am Sportplatz seiner Heimatgemeinde gesagt: Jetzt haben wir es den Schwarzen aber wieder gezeigt! (Abg. Kiss: So ist es! Das war der Schneeberger!)

Einen möchte ich nicht vergessen, und zwar Herrn Klubobmann Niessl, der von all dem nichts gewusst haben soll, wie er sagt. (Abg. Kiss: Na geh!) Ich kann das wirklich nicht sagen.

Ich möchte Ihnen noch einen ganz berühmten Herrn zitieren, der in einer Sitzung Folgendes gesagt hat, und zwar zum Landeshauptmannstellvertreter Sauerzopf: Wenn Sie das gewusst haben, dann treten Sie zurück! (Abg. Kiss: Wer war das?) Wenn Sie es nicht gewusst haben, dann waren Sie mit Blindheit geschlagen, dann treten Sie auch zurück! Es ist eine Schande für das Land Burgenland, dass 800 Millionen Schilling weggebracht wurden! (Abg. Kiss: Wer hat das gesagt?)  – Wissen Sie, wer dieses Mitglied im Untersuchungsausschuss war? – Unser Landeshauptmann Karl Stix. (Abg. Kiss: Ach so?!)

Ich möchte all jenen sagen, die in der Sache Bank Burgenland nichts gewusst haben, die mit Blindheit geschlagen waren, sie sollen die politische Bühne verlassen! Wir Burgenländer haben genug davon, wir brauchen unbedingt einen Neubeginn, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.18


Nationalrat, XXI.GP
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45. Sitzung / Seite 145

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits. – Bitte. (Abg. Loos kehrt zum Rednerpult zurück, um die dort liegengelassene Tafel zu holen. – Abg. Mag. Stoisits  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Er borgt mir das! Borg’s mir! Borg’s mir!)

17.18

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte diese Tafel jetzt gern gehabt, weil ich nämlich zutiefst besorgt bin, dass es im Burgenland neuerdings, zumindest bei der ÖVP, keine schwarze Farbe gibt. Bei der ÖVP Burgenland gibt es nur Rotdrucker. Mit diesen Tafeln, die hier dauernd gezeigt werden, hat es etwas ganz Außergewöhnliches an sich. (Beifall bei den Grünen.)

Darf ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Satz aus der Anfrage des Abgeordneten Schweitzer noch einmal vorlesen? Er ist nämlich wirklich lesenswert. Zitat:

"Die Hauptverantwortung für dieses Milliardendebakel trägt die beispiellose Verfilzung von parteipolitischen und wirtschaftlichen Interessen im Land Burgenland, die bereits seit vielen Jahrzehnten andauert."

Sie werden es kaum glauben, aber unter dem Namen Schweitzer wird auch Wahres hier im Nationalrat vorgetragen, und das sogar schriftlich belegt. (Abg. Dr. Pilz: Tatsächliche Berichtigung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wahr! Parteipolitische und wirtschaftliche Interessen im Burgenland werden beispiellos verfilzt. Ja, da hat er Recht, der Karl Schweitzer. (Abg. Mag. Schweitzer: Er hat immer Recht!) Die Roten und die Schwarzen im Burgenland sind so verfilzt, dass es kaum gelingt, diesen Filz überhaupt wegzubringen und diese beiden auseinander zu bringen. Daher ist die ganze Geschichte mit diesen roten Schautafeln und mit der mangelnden schwarzen Farbe ja mehr als durchsichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die bedauernswerte Tatsache allerdings, die wir aus den letzten Jahren gelernt haben, ist: Überall dort, wo sich in diesen rot-schwarzen Filz eine neue Farbe gemischt hat, nämlich die blaue – das haben wir im Land Kärnten ja seit einigen Jahren erlebt, und das erleben wir in den letzten Monaten auf Bundesebene –, geschieht nichts anderes, als dass Parteibuchwirtschaft, wie ich sie als Burgenländerin nur zu gut aus dem Burgenland kenne und wie viele von Ihnen sie auch nur zu gut kennen, abgelöst wird durch Freunderlwirtschaft. Jetzt geht es tatsächlich nicht mehr um ein Parteibuch, das man zu haben hat, sondern jetzt geht es darum, dass man beispielsweise – wenn man sich die Aufsichtsratsbesetzungen der neuesten Zeit anschaut – ein Freund von Präsident Prinzhorn ist. Das ist das neue Markenzeichen.

Dass das natürlich nicht in Buchform – ob jetzt rot, schwarz oder irgendwie – festgelegt ist, ist klar. Auf der Jagd oder wo auch immer werden diese Freundschaften geknüpft, da werden nicht Marken oder so etwas Altertümliches gepickt. (Beifall bei den Grünen.) Es ist alles viel nobler, wie das vor sich geht: auf der Fasanjagd, auf der Großwildjagd oder ich weiß nicht genau, auf welchen Jagden; im Burgenland, schätze ich, eher Fasan und Rebhühner, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, wie ich das alles nur nennen kann? – Das ist der neue Wirtschaftsfeudalismus, der diese österreichische Unart des rot-schwarzen Filzes und dieser Durchdringung ablöst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Ihnen eines versprechen. Die Burgenländerinnen und Burgenländer, die davon gekennzeichnet sind, dass sie in den letzten Jahrzehnten von Politikern – Politikerinnen muss ich nicht sagen, weil die kaum in Erscheinung getreten sind, in keiner der verantwortlichen Parteien – nicht gerade gelernt haben, mit sehr aufrechtem Rückgrat und viel Selbstbewusstsein durchs Leben zu gehen, sondern die auch bewusst klein gehalten wurden, die Burgenländerinnen und Burgenländer werden sich am 3. Dezember besinnen, dass Verfilzungsmodelle oder auch Wirtschaftsfeudalismus, wie er jetzt auftritt, nicht der Weg sind, wie das Burgenland nach dem 3. Dezember ins nächste Jahrtausend gehen wird.


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45. Sitzung / Seite 146

Jetzt komme ich noch einmal zurück auf Karl Schweitzer. Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Freiheitliche Partei auch im Burgenland seit Jahren in der Landesregierung sitzt (Abg. Mag. Schweitzer: Und?), dass die Freiheitliche Partei im Burgenland seit Jahren im Kontrollausschuss des Landtages sitzt? (Abg. Neudeck: Was hat das mit der Bank Burgenland zu tun?) Ich habe nie gehört, dass es da große Aktivitäten des Herrn seinerzeitigen Landesrates Rauter gegeben hätte, die zur Aufklärung gedient oder überhaupt gemahnt hätten, dass das irgendwie öffentlich geworden wäre, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es ist dieses burgenländische, aber nicht allein originär burgenländische, leider auch noch immer in anderen Bundesländern, zwar ohne Bank-Burgenland-Skandal, gegenwärtige System der Proporzregierungen, der Verfilzungen, ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): ... der Parteibuchwirtschaft, das den Bürgerinnen und Bürgern schadet. Im Burgenland hat es ein dramatisches Ausmaß angenommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

17.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Redezeit ist erschöpft! (Abg. Mag. Stoisits: Ich noch nicht, Herr Präsident! – Heiterkeit und Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Mag. Stoisits. )

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.23

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem, zu dem wir heute eine Dringliche Anfrage haben, ist ein reines Problem dessen, dass Sie, sehr verehrte Damen und Herren von der roten Reichshälfte, Besetzungen immer nur nach dem Parteibuch und nicht nach der beruflichen Qualifikation vorgenommen haben. (Abg. Dr. Mertel: Wie der Haider in Kärnten!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt hierfür Beispiele wie etwa die Salzburger Sparkasse: Ein Herr Schmidt hat vom Bankenwesen überhaupt keine Ahnung gehabt. (Abg. Parnigoni: Was wollen Sie dem Herrn Schmidt unterstellen?)

Der nächste Fall, die Länderbank: Riesenkonkurs Klimatechnik/Eumig. Ein eigenes Gesetz musste geschaffen werden, damit diese Bank nicht in Konkurs geht.

Das nächste Problem: "Konsum". Beim "Konsum" gibt es heute eine Bestätigung des Urteils: Die Schuldsprüche in der Causa "Konsum" sind von einem Dreiersenat des Wiener Oberlandesgerichtes bestätigt worden. Am Donnerstag Nachmittag endet die Berufungsverhandlung im Wiener Justizpalast mit einer Abweisung der von Ex-Generaldirektor Hermann Gerharter und zwei weiteren ebenfalls verurteilten Vorstandsmitgliedern eingebrachten Rechtsmittel. Gerharter war im Mai 1999 von einem Schöffensenat wegen fahrlässiger Krida zu zehn Monaten bedingter Haft sowie zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 180 000 S verurteilt worden. – Und so weiter, und so fort.

Sie haben einfach ein so genanntes "glückliches Handerl".

Ein "glückliches Handerl" mit der Besetzung beziehungsweise mit so genannten "Sanierern" hat auch die Bank Austria gehabt. Und zwar geriet Ende 1995 die Baufirma Hazet in Wien in finanzielle Schwierigkeiten, zum Teil auch verursacht durch den Kreditgeber Bank Austria, zumal die Bank damals massiv an einer Marktbereinigung interessiert war. Mitte 1996 wurde der Hazet-Eigentümer, Ing. Hans Zehethofer, von der Bank Austria völlig entmachtet. Vorgeblich als Sanierer wurde im November 1996 als Unternehmensberater beziehungsweise -sanierer in das Unternehmen Hazet-Bau entsandt – wer? – Howe-Chef Hom-Rusch!


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45. Sitzung / Seite 147

Das heißt, denjenigen schicken Sie dort als Sanierer hinein, mit dem die Bank Austria als Gesellschafter der Bank Burgenland praktisch bereits einträgliche Erfahrung gemacht hat, und zwar Erfahrung in der Richtung, dass bereits 1992 nach einem Bericht des Kreditausschusses ein Kreditobligo von 240 Millionen Schilling vorhanden war und dieses Kreditobligo nicht mehr hätte ausgeweitet werden sollen.

Im Mai 1992 gab es eine weitere Kreditausschusssitzung, in der für die Hausbau, ebenfalls ein Hom-Rusch-Unternehmen, Einzelwertberichtigungen in der Größenordnung von 30 Millionen Schilling stattgefunden haben. Dann kam eine gewisse Beruhigungsphase, und danach gab es die Aufsichtsratssitzung am 4. April 1995. Die Howe AG wurde vorstellig um einen Kreditrahmen in der Größenordnung von 250 Millionen Schilling beziehungsweise um einen Kredit von 50 Millionen Schilling.

Jetzt muss man auch Folgendes wissen: Eines der Aufsichtsratsmitglieder bei der Bank Burgenland war Herr Landeshauptmann Stix. Herr Landeshauptmann Stix war bei keiner einzigen Aufsichtsratssitzung dabei. Er war bei keiner einzigen Aufsichtsratssitzung dabei, obwohl ihm die Tagesordnung zur Kenntnis gebracht worden war und auf dieser Tagesordnung ständig auf Krediterweiterungen der Howe Bau hingewiesen worden war.

Der nächste Kreditfall war Gegenstand der Aufsichtsratssitzung am 29. April 1996. Für die Allhauer Holzbau kam es zu einer Einzelwertberichtigung im Ausmaß von 30 Millionen Schilling. Der Herr Landeshauptmann war bei dieser Aufsichtsratssitzung nicht anwesend.

Hier liegt das Problem, und da können Sie sich nicht entziehen. Da melden sich Politiker um Positionen an, gehen in Aufsichtsräte hinein, wollen dort Aufsichtsratssitze besetzen, wollen Sitzungsgelder kassieren, gehen nie dorthin und sagen: Ich weiß von nichts. – Der Schaden, der daraus entstanden ist, erreicht eine Größenordnung von 2,2 Milliarden Schilling.

Das Gustostückerl bei dieser Kreditvergabe: Es geht darum, dass eine so genannte BV Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft ein Kreditansuchen in der Größenordnung von 21,5 Millionen D-Mark gestellt hat. Diese 21,5 Millionen D-Mark hätten dafür herhalten sollen, dass man sich zu 40 Prozent an der Howe AG beteiligt und an einer Kapitalerhöhung mitmacht. Die wird noch dazu von der Bank Burgenland finanziert, obwohl man zu diesem Zeitpunkt schon genau gewusst hat, dass die Finanzprokuratur an der Einbringlichkeit von Steuerrückständen an der Arbeit war – an der Arbeit in der Art und Weise, dass der dort zuständige Beamte einen Konkursantrag stellen wollte!

Der Vertreter von Hom-Rusch, Dr. Schuster, hat an Sie persönlich, Herr Abgeordneter Edlinger, einen Brief geschrieben, und zwar am 27. August 1997. (Abg. Edlinger: Das ist falsch!) Das ist nicht falsch. Der Brief datiert vom 27. August 1997 und ist adressiert an Herrn Bundesminister Rudolf Edlinger, Himmelpfortgasse 6, zur persönlichen Vorlage. (Abg. Kiss: Ach so?)

Damit wurden die Eintreibungsmaßnahmen beziehungsweise die damit befassten Beamten zurechtgestutzt. Man durfte die Eintreibungsmaßnahmen nicht vollziehen und nicht betreiben, sondern man sollte eine Zahlungsvereinbarung schließen, und zwar in der Form, dass man seitens Hom-Rusch vordatierte Schecks bekommt, ausgestellt von der Bank Burgenland. (Abg. Kiss: Aber meine Ausführungen tatsächlich berichtigen!) Diese hätten auch rechtzeitig eingelöst werden sollen, aber diese Schecks sind eben nur zum Teil eingelöst worden. Nicht einmal ein Betrag in der Größenordnung von 40 Prozent ist an liquiden Mitteln tatsächlich an die Finanzprokuratur beziehungsweise an die Einbringungsstelle ergangen.

Sie, Herr Ex-Finanzminister Edlinger, können sich dem jetzt nicht entziehen, weil es sicherlich nicht üblich ist, dass heute jeder österreichische Steuerbürger, wenn er einen Abgabenrückstand hat, persönlich an den Finanzminister herantritt. Hier war etwas ganz anderes im Spiel. (Abg. Kiss: So ist es! Aber mich hat er tatsächlich berichtigt!) Das haben Sie sich am Fußballplatz, im Rapid-Stadion, mit Herrn Hom-Rusch ausgemacht: Na, schreiben Sie mir halt einmal, und ich werde schauen, dass wir die ganze Geschichte abwehren können.


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45. Sitzung / Seite 148

Wenn nämlich heute jeder österreichische Steuerzahler an Sie herantreten würde, da hätten Sie eine Flut von Schreiben für Stundungen von Steuerrückständen, was ungewöhnlich ist. Hier gab es eine persönliche Beziehung zwischen Ihnen und Herrn Hom-Rusch.

Sie können sich auch nicht entziehen und einfach sagen, ein Beamter hat diesen Brief beantwortet. Der Brief wurde von Ihrem damaligen persönlichen Sekretär Weintögl beantwortet. (Abg. Kiss: So ist es!) Dieser Herr persönliche Sekretär Weintögl wird nicht von sich aus diesen Brief beantwortet haben. Das resultiert auch aus einer Zeugenaussage des Herrn Werilly vor dem Untersuchungsausschuss im Burgenländischen ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): ... vor dem Untersuchungsausschuss im Burgenländischen Landtag, in dem er gesagt hat: Na klar wird die Weisung vom Herrn Finanzminister gekommen sein.

Hier haben Sie Erklärungsbedarf! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das war jetzt so klar! – Abg. Kiss  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Vor einer halben Stunde hat er mich deshalb tatsächlich berichtigt!)

17.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ihre Redezeit ist erschöpft.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Edlinger zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter Edlinger: § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung: Beginnen Sie mit der Wiedergabe des zu berichtigenden Sachverhaltes – wenn ich ersuchen darf.

17.31

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Abgeordneter Mag. Trattner hat eben behauptet, ich hätte eine persönliche Beziehung mit Herrn Hom-Rusch und am Fußballplatz mit ihm über verschiedene Sachen gesprochen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das stimmt nicht ...!)

Wahr ist vielmehr, dass ich Herrn Hom-Rusch persönlich nie begegnet bin, ihn auch nicht kenne und es daher unmöglich ist, dass ich am Fußballplatz mit ihm gesprochen haben könnte.

Zum Zweiten: Herr Abgeordneter Trattner hat eben behauptet, ich hätte persönlich einen Brief erhalten und bearbeitet.

Wahr ist vielmehr, dass ein Brief, der an mich gerichtet worden ist in einer Steuersache, immer an die zuständige Abteilung gegangen ist (Abg. Kiss: Das war der Weintögl!) und dort im Rahmen der Gesetze von den verantwortlichen Beamten erledigt worden ist. Das wissen Sie, ich habe Ihnen das bereits mehrmals gesagt.

Daher ist diese neuerliche Behauptung wirklich ganz mies. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Das ist die Unwahrheit! Sie wissen ganz genau, dass Sie hier die Unwahrheit gesagt haben!)

17.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Restliche Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

17.33

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schweitzer: Ein Konvolut an Unwahrheiten von deiner Seite! Leider kann ich aus Zeitgründen nur noch einige aufklären.

Zu den Fakten: Die vorhandenen Schulden der SPÖ-Burgenland sind durch den Hausverkauf abgedeckt worden. Eine Immobilienfirma hat das Haus gekauft, es wurde über einen Notar abgewickelt. Herr Moser ist kein Notar, daher ist deine Aussage falsch. (Abg. Mag. Schweitzer: Was?)


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45. Sitzung / Seite 149

Du behauptest, dass die Immobilienfirma eine 100-Prozent-Tochter der Bank Burgenland ist. (Abg. Mag. Schweitzer: 25 Prozent! – Abg. Neudeck: 25 Prozent, hat er gesagt!) Das ist im Protokoll nachlesbar, darauf wollte ich hinweisen. Es gibt vier Eigentümer.

Die Sanierung der "BF" ist nicht über Darlehen, sondern durch ein ganz strenges Kostensenkungsprogramm, durch ein radikales Personalreduktionsprogramm, durch den Einsatz neuer Technologien und durch das Steigern der Erlöse erfolgt. Der Anzeigenbereich ist um 250 Prozent gesteigert worden. Ich möchte dich bitten, Herr Kollege Schweitzer, ein ordentliches Wirtschaftsunternehmen wie die "BF" nicht zu diskreditieren. Du riskierst eine Klage.

Die Prüfung ist durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen erfolgt. Du behauptest, Schubaschitz und dieser Sachverständige sind Partner. Das ist falsch. Die waren nie und sind nicht Partner.

Aber eure übertriebenen Agitationen hier sind verdächtig genug. Ich denke, dass es durchaus möglich ist, dass diese Gelder von Howe, die Sie suchen, auf Konten der VP liegen. Solange Sie Ihre Konten nicht öffnen, bleibt dieser Verdacht aufrecht. (Abg. Kiss: So ein unglaublicher ...!)

Ich kann jedenfalls behaupten, dass die Parteikassen und die "BF"-Kassen im Burgenland sauber sind. Diese Aktion, meine Damen und Herren, ist nicht der Schuss ins Knie. Ich glaube, der Schuss wird Sie höher treffen. Sie sind jedenfalls eine Gefahr für unser Burgenland, und wenn Sie, Blau-Schwarz, im Burgenland regieren – na, dann Gute Nacht, Burgenland!

Es gibt eine einzige Garantie für das Burgenland: Das ist die Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

17.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. Bitte beachten auch Sie § 58 Abs. 2. – Bitte.

17.35

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Es ist in dieser Zeit unmöglich, alles noch einmal tatsächlich zu berichtigen.

Herr Kollege Kaipel! Sie haben behauptet, dass ich gesagt habe, dass die IVB, die Immobilienvermarktung und Bauträger Ges.m.b.H. in Eisenstadt in der Hauptstraße 37, eine 100-prozentige Tochter der Bank Burgenland ist. Das habe ich nicht behauptet. Sie hätten besser aufpassen sollen.

Wahr ist, dass ich gesagt habe, dass es eine 25-prozentige Beteiligung gibt, und zwar von einer Beteiligungs- und VerwaltungsgesmbH. Diese ist zu 100 Prozent Tochter der Bank Burgenland.

Das ist genauso wahr wie alles andere, was ich rund um die Sanierung der "BF" gesagt habe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kiss, Mag. Schweitzer und Genossen betreffend umgehende Aufklärung aller Hintergründe des Bank-Burgenland-Skandals.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 43.) (Abg. Dr. Khol: Mit den Grünen, gegen die Sozialdemokraten!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jarolim und Genossen betreffend umgehende Aufklärung aller Hintergründe des Kriminalfalls Bank Burgenland sowie sonstiger Politskandale der Republik, insbesondere im Zusam


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45. Sitzung / Seite 150

menhang mit dem FP-Spitzelskandal und der illegalen Weitergabe von Polizeidaten. (Abg. Ing. Westenthaler: Fürs Protokoll: Gusenbauer fehlt wieder! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer war bei keiner Abstimmung heute anwesend! – Abg. Gaugg: Wo ist Verzetnitsch?)

Fortsetzung der Tagesordnung


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45. Sitzung / Seite 151

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Bevor ich die Verhandlungen über das Budgetbegleitgesetz 2001 wieder aufnehme, möchte ich folgende Feststellung machen:

Im Rahmen meiner Vorsitzführung am Vormittag hat Herr Abgeordneter Edlinger eine tatsächliche Berichtigung gemacht, und zwar zu meiner Ausführung im Rahmen der Erteilung eines Ordnungsrufes. – Unbeschadet dessen, Herr Abgeordneter Edlinger, ob dies eine tatsächliche Berichtigung war oder nicht, haben Sie jedenfalls dabei ausgeführt, Sie hätten in Ihrem Debattenbeitrag gesagt: "eine dumme, weil unrichtige Argumentation".

Im Protokoll steht: "Das ist wirklich eine dumme und unrichtige Argumentation, Herr Dr. Khol" – eben an Herrn Dr. Khol gerichtet.

Daher habe ich Ihnen diesen Ordnungsruf zu Recht erteilt, weil auch in vorherigen Legislaturperioden für ähnliche Vorfälle Abgeordneten Ordnungsrufe erteilt wurden.

Ihr Argument, ich hätte gesagt: "dümmste Argumentation sei das gewesen", ist laut Protokoll richtig. Ich habe gesagt: "dumme Argumentation". ("Was?"-Rufe bei der SPÖ.) Ihre Ausführung ist richtig, habe ich gerade gesagt. Ich habe gesagt: "dümmste Argumentation", wobei laut Protokoll Ihre Aussage lautete: "dumme Argumentation". (Abg. Mag. Trattner: Edlinger ist wirklich nervös!) So gesehen, haben Sie Recht.

Aber für "dumme Argumentation" erteile ich Ihnen, Herr Abgeordneter Edlinger, ebenfalls einen Ordnungsruf. (Abg. Ing. Westenthaler: Die ganze SPÖ ist nervös!)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Khol. (Abg. Dr. Khol: Kostelka heißt er! Khol bin ich!) Herr Abgeordneter Kostelka – Verzeihung!

17.38

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich verstehe schon, dass Sie lieber Herrn Abgeordneten Khol als mir das Wort erteilen würden. Aber ich kann es Ihnen nicht ganz ersparen.

Ich kann Ihnen vor allem nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass Sie in diesem Zusammenhang folgende Vorgangsweise an den Tag gelegt haben: Sie haben einen unrichtigen Ordnungsruf erteilt, und Sie erklären jetzt, ich nehme ihn zwar nicht zurück, obwohl er zu einem Ausdruck erteilt worden ist, der nie gefallen ist, erteile aber gleichzeitig einen zweiten Ordnungsruf. Das ist abenteuerlich, Herr Präsident, und steht im Widerspruch zur Geschäftsordnung. (Abg. Edlinger: Jetzt habe ich zwei!)

Es steht auch im Widerspruch zur entsprechenden Formulierung im Protokoll. Laut Geschäftsordnung ist ein Ordnungsruf nur zulässig zu einer Äußerung, die tatsächlich gefallen ist. Das, wofür Sie einen Ordnungsruf erteilt haben, diese Formulierung ist nie gefallen.

Daher bitte ich Sie wirklich, zur Wahrung der Geschäftsordnung den einen Ordnungsruf formell zurückzunehmen und darüber hinaus zu überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, einen Ordnungsruf zu etwas zu erteilen (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist der Antrag?), wo Sie beim ersten Mal erklärt haben, dass Sie diesen Ordnungsruf nicht erteilen würden. (Abg. Dr. Jarolim: Zeigen Sie Größe!)

17.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung? – Herr Klubobmann Van der Bellen, bitte.

17.40

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur für das Protokoll festhalten, dass die Würde des Hauses meines Erachtens nicht verletzt wurde, wenn das Werturteil "dumm", "weniger dumm", "am dümmsten" ausgesprochen wurde. Ich finde es völlig überflüssig, dafür einen Ordnungsruf zu erteilen. Ich werde meine Zeit jetzt auch nicht damit vergeuden, in dieser Sache weiter Stellung zu nehmen. – Danke schön. (Abg. Ing. Westenthaler: Das war eine "weltbewegende" Erklärung!)

17.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Dazu möchte ich nochmals sagen: Ich werde nicht von der bestehenden Praxis abweichen und mit verschiedenen Messlatten messen. In vergangenen Gesetzgebungsperioden wurde für diese Feststellung ein Ordnungsruf ausgesprochen, daher habe ich das auch heute getan.

Zu Ihrer Anregung, Herr Klubobmann Dr. Kostelka: Ich werde die Anregung gerne annehmen und die Präsidiale damit beschäftigen, ob das Wort "dumm" oder "dümmste" der Rücknahme eines Ordnungsrufes bedarf. Ich bin der Meinung, dass das nicht der Fall ist, weil es denselben Sinn und denselben Adressaten hat. (Abg. Edlinger: Sie stellen fest, dass etwas nicht gesagt wurde – und geben dafür einen Ordnungsruf! Ich halte es für eine Auszeichnung, dafür einen Ordnungsruf zu bekommen! – Abg. Dr. Kostelka: Jetzt hat er zwei Ordnungsrufe!)

*****

Damit nehme ich die Verhandlung über das Budgetbegleitgesetz 2001 wieder auf.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

17.41

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin, an Sie gerichtet: Es tut mir Leid. Es gab Verzögerungen, und so werden Sie sich jetzt leider in die Niederungen der Sozialpolitik begeben müssen. Am Vormittag musste sich Herr Minister Haupt schon einiges über Museen anhören.

Wir haben die Budgets immer sozial ausgewogen konsolidiert, wenngleich so eine Konsolidierung nicht immer schmerzfrei abgeht. Die FPÖ/ÖVP-Regierung setzt auf soziale Treffsicherheit. Meine Damen und Herren! Was ist der Unterschied? – Sie trifft mit Sicherheit die sozial Schwächsten, und die dafür mehrfach.

Meine Damen und Herren! Gutachten zufolge wird Ihre Sozialdemontage auch nicht mehr an Budgetkonsolidierung bringen als bei den Sozialdemokraten in der letzten Legislaturperiode, denn eine extrem rasche Konsolidierung hat auch negative Auswirkungen auf das Wachstum. – So zu lesen in den Erläuterungen zum Budget. Und da reden Sie von Sicherung des Wachstums!

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Stummvoll – er hat das Haus leider schon verlassen (Zwischenrufe bei der ÖVP), da ist er ja, wunderbar – hat gesagt, alle Bevölkerungsgruppen müssen ihren Beitrag leisten. Jetzt frage ich mich wirklich, Herr Kollege Stummvoll: Welchen Beitrag leisten denn Sie, wenn man von einer 180 000 S-Pension, Pensionsbezug mandatgedeckelt, spricht, wobei Sie dann noch (Abg. Steibl: Na geh!)  – regen Sie sich wieder ab! – eine ASVG-Pension und die Pension der Wirtschaftskammer dazubekommen sollen?

Ich war fast zu Tränen gerührt über den Artikel in "News", wo Sie sagen: Das verdiene ich mir auch, ich arbeite ja so viel. Ich bin Klubobmannstellvertreter. Ich bin Bereichssprecher. – Meines Wissens bekommen weder Bereichssprecher noch Klubobmannstellvertreter eine erhöhte


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Stenographisches Protokoll
45. Sitzung / Seite 152

Gage. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Wenn Sie deshalb eine Pension begründen (Abg. Dr. Stummvoll: 20 Jahre einbezahlt!), dann muss ich sagen: Viele andere Menschen haben auch 20 Jahre eingezahlt, und ihre Pension wird jetzt gekürzt. Da wäre es doch an Ihnen, einen Solidaritätsbeitrag zu leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sprechen von sozialer Fairness. Was verstehen Sie denn darunter? – Sie essen die Wurst, und die anderen bekommen die Wursthaut? Oder wie ist das zu verstehen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: So schauen Sie aus, dass Sie eine Wursthaut essen!) Sie gewinnen auch keinen Schönheitswettbewerb. Das können wir lassen.

Neuerlich zu den Pensionen. Ich muss mich auch mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Bruckmann auseinander setzen. Er hat gestern gesagt, jeder Schilling Pension ist ein Schilling aus der Tasche von Aktiven. Herr Kollege Nürnberger hat ihn aufgefordert, sich zu entschuldigen. Herr Kollege Bruckmann! Ich glaube, dass Sie das durchaus nicht böse gemeint haben. Das unterstelle ich Ihnen nicht. Aber Sie haben sicher eines geschafft: dass Sie die Menschen mehr verunsichern und das Vertrauen der jungen Generation endgültig zerstören. So einfach kann man es sich wirklich nicht machen. Das wäre für einfach gestrickte Gemüter eine Erklärung des Umlageverfahrens. (Abg. Mag. Tancsits: Sie haben es nicht verstanden!) Ja, ja.

Diese Schutzbehauptung haben Sie selbst ad absurdum geführt. Sie wollen immer mit der Pensionsreform das Vertrauen der jungen Generation gewinnen, sichern, erhalten oder was auch immer. Aber Sie kränken die Pensionisten und dividieren die Generationen damit auseinander.

Die hinlänglich bekannten Grauslichkeiten, die mit 1. Oktober in Kraft getreten sind, haben massiv gegen den Vertrauensschutz verstoßen. Die Abfederungsmaßnahmen waren völlig ungenügend – im Gegensatz zu jenen für den Herrn Stummvoll. Das wird ein Abdrängen in die Altersarbeitslosigkeit zur Folge haben.

Heute ist in der "Kronen Zeitung" zu lesen, dass es trotz Reform einen Rekord an Pensionsanträgen gibt. Jeder, der vorher noch irgendeine Chance gesehen hat, hat angesucht. Viele Ansuchen werden vor dem Arbeits- und Sozialgericht anhängig sein. Das ist ganz klar.

Zum Abdrängen in die Altersarbeitslosigkeit ist zu sagen: Schauen Sie sich die Zahlen an! 34 Prozent sind bisher schon aus der Arbeitslosigkeit in die vorzeitige Alterspension gegangen. Ganz abgesehen von der persönlichen Betroffenheit fehlen ihnen ja dann wieder Beitragszeiten, weil das bekanntlich Ersatzzeiten sind. Damit haben Sie wahrscheinlich schon die Ausrede für das nächste Durchgreifen, für die nächste harte Reform.

In der gestrigen Diskussion zur Pensionsanpassung hat Herr Minister Haupt – ich bedauere, dass er nicht mehr hier ist – gesagt, 0,8 Prozent und 0,7 Prozent Wertanpassung, das würde miteinander 1,5 Prozent ausmachen. Jetzt frage ich erstens: Was ist mit der Wertanpassung? Kann er sie garantieren? Er war ja im Wegverhandeln von Härten ja auch nicht besonders erfolgreich.

Die Inflationsrate betrug im September 3 Prozent, geschätzt auf den Jahresdurchschnitt 2,3 bis 2,4 Prozent. Da fehlt ja immerhin noch ein Prozent für den Wertausgleich! Oder wollen Sie jetzt das gegenrechnen, was die Pensionisten früher etwas mehr über der Inflationsrate bekommen haben?

Herr Bundesminister Haupt hat gesagt, die Pensionsanpassung wäre unabhängig von unvorhergesehenen Ereignissen ein langfristiges Projekt. – Das mag schon sein, aber die Menschen brauchen jetzt zum Beispiel das Geld zum Heizen.

Die permanent unwahre Behauptung, dass die Pensionistenvertreter und der Seniorenbundvertreter (Zwischenruf des Abg. Großruck )  – Ihr Herr Kollege Knafl – für die Durchrechnung von Juli bis Juli gesorgt hätten, wird nicht wahrer, wenn Sie sie auch öfter aufstellen. Ich setze genau so oft entgegen: Das stimmt nicht! Sie hatten sich lediglich ein Mitspracherecht erwirkt, und das wäre wohl sinnlos, wenn – wie fälschlicherweise behauptet – schon vorher eine Zustimmung vorliegt.


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Sie haben ja auch die Gesprächstermine nicht eingehalten. Das war ein ganz grober Wortbruch. Je mehr Sie die Wahrheit strapazieren, desto mehr sollten Sie sich überlegen: 208 000 Unterschriften. Das Thema geht den Menschen unter die Haut.

Wenn Frau Kollegin Gatterer gesagt hat, die Wahrheit ist den Menschen zumutbar, dann stimme ich ihr zu. Aber dann sagen Sie bitte auch die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.)

17.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pumberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.48

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe geglaubt, die Bereichssprecherin heißt jetzt Silhavy, Frau Kollegin Reitsamer. Es würde mich freuen, wenn Sie das Amt wieder zurückerkämpfen konnten.

Aber Sie stehen heute ja auch nicht auf dem Antrag drauf, den Herr Klubobmann Gusenbauer eingebracht hat. Der Anwesenheitsverweigerer und Abstimmungsverweigerer Gusenbauer hat jetzt auch in Abwesenheit einen Antrag eingebracht. (Abg. Silhavy: Als der Antrag eingebracht wurde, war der Kollege Gusenbauer da!) Er steht zwar als Erstunterzeichner drauf, hat ihn aber gar nicht selbst eingebracht. Der Antrag hat den Titel "Entlastungsprogramm für Österreich".

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag erinnert mich sehr an die gerade abgeschlossene – aber in der Öffentlichkeit und auch hier im Hohen Haus sicher noch nicht ganz abgeschlossene – Debatte zum Bankenskandal Burgenland. Dabei, wie man im Burgenland mit Geld umgeht und wie man das Budget sanieren will aus der Sicht der SPÖ, aus der Sicht von Gusenbauer, sind ja ganz klare Parallelen zu erkennen. Obwohl alle Budget- und Finanzexperten in Österreich und auch außerhalb Österreichs sagen, dass dieser Sanierungskurs prinzipiell richtig ist, sagt Gusenbauer mit seinen Genossen, der Budgetkurs der Bundesregierung ist grundsätzlich falsch.

Gusenbauer weiß es besser. In Antragsform schlägt er ein "Entlastungsprogramm für Österreich" vor, in dem er sagt, man müsse sich vom Nulldefizit abwenden. Man brauche kein Nulldefizit, man soll abwarten. Man soll so weitermachen wie bisher und auf Mehrausgaben verzichten. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Frau Kollegin Silhavy, ich weiß nicht, ob Sie Bereichssprecherin sind oder Frau Kollegin Reitsamer. Wenn Sie aber Bereichssprecherin sind, dann würde ich Sie sehr darum bitten, Frau Kollegin Silhavy, dass Sie Ihren Klubobmann Gusenbauer berichtigen, wenn dieser fordert, dass die Regierung auf Mehrausgaben im Familienbereich verzichten soll. Gusenbauer spricht sich im Namen der gesamten Sozialdemokratischen Partei mit diesem Antrag gegen das Karenzgeld aus. Er spricht sich auch – und das ist schon sehr interessant – gegen eine Erhöhung der Ausgaben für das Bundesheer aus.

Gibt es in der SPÖ eigentlich noch ein Bekenntnis zum österreichischen Bundesheer? Will man das Heer aufrechterhalten, dann muss man auch für die Finanzierung sorgen. – In diesem Antrag ist das allerdings nicht erkennbar. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Gusenbauer spricht sich weiters dafür aus, dass die Sozialbeiträge der Arbeitgeber nicht gesenkt werden sollen. Gusenbauer will also eine Erhöhung der Lohnnebenkosten. Das will Gusenbauer mit seinem Antrag. – Statt dessen will er Mehreinnahmen mit Maßnahmen erzielen. Er will die Schwarzunternehmer bestrafen – und trifft damit natürlich auch die Schwarzarbeiter, eine Klientel Ihrer Fraktion.

Frau Sozialsprecherin Silhavy! Ihr Parteivorsitzender spricht sich auch gegen die Einführung einer Behindertenmilliarde aus. – Das ist Sozialpolitik der Sozialdemokratischen Partei!


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Gusenbauer spricht sich weiters für eine Anhebung der Unternehmens- und Vermögensbesteuerung aus. (Abg. Silhavy: Wenn man Millionäre unterstützen muss, passt ihm das nicht!) Er tritt dafür ein, dass es zu einer Wettbewerbsverzerrung bei österreichischen Unternehmen im Vergleich zu ausländischen Mitbewerbern kommt, er würde also dadurch die Wirtschaft schwächen und Arbeitsplätze nicht sichern. Ganz im Gegenteil: Es würde so die Gefahr im Raum stehen, dass es wieder so viele Arbeitslose gibt, wie das eben früher der Fall war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist die Sozial- und Budgetpolitik der SPÖ! Aber die kennen wir ja ohnehin schon lange. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was die Sozialversicherung anlangt, spricht sich Gusenbauer dafür aus, dass die Selbstbehalte der Krankenversicherung zurückgenommen werden. Wortwörtlich! – 10 Milliarden Schilling an Selbstbehalten, von der Sozialdemokratie eingeführt – und die sollen, so Gusenbauer, jetzt zurückgenommen werden. Wie wollen Sie dann die Krankenkassen sanieren? Zusätzliche 2 Milliarden Schilling gehen der Krankenkasse ab. Aber das ist Ihnen von der SPÖ völlig egal. Ob die Pflichtversicherten bei der Sozial- und Krankenversicherung noch zu ihren Leistungen kommen, ob sie in Zukunft noch regulär und in guter Qualität versorgt werden können, ist fraglich. – Aber das dürfte für Sie von der SPÖ völlig normal sein.

Unsere Politik ist eine andere. Am 14. November, also vor wenigen Tagen, wurde das Controlling-Gremium im Hauptverband installiert. Der Hauptverband unterliegt also jetzt einem Controlling. Sicherlich ist es nicht schlecht, dass da endlich einmal eine ordentliche Kontrolle durchgeführt wird, dass nicht mehr auf Teufel komm raus Geld hinausgeschmissen wird, dass nicht freiwillige Sozialleistungen bei den Mitarbeitern der Sozialversicherung bezahlt werden und bei den Patienten eingespart wird.

Wir werden dafür sorgen, dass das nun ein Ende hat. Und wir machen mit unserer Politik weiter – ungeachtet dessen, was Sie in Ihrem "Illusionspaket", so würde ich es nennen, fordern, einem Paket, dessen Umsetzung zu einer wirtschaftlichen Verschlechterung in Österreich führen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt bin ich gespannt!)

17.54

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Budgetbegleitgesetz-Ungetüm, das wir gerade behandeln, beinhaltet auch eine sogenannte Neufassung des Rundfunkgesetzes. Diese "Neufassung" besteht in der Streichung von zwei Sätzen, wodurch die 1999 beschlossene Refundierung des dem ORF durch die bundesgesetzlichen Befreiungen entstehenden Ausfalls an Programmentgelt rückgängig gemacht wird.

Ich werde ausführen, dass dies zu einer eklatanten Ungleichbehandlung führt, verfassungsrechtlich bedenklich ist, den ORF wie ein Ressort der Regierung behandelt, ihm die von ihm gleichzeitig verlangte verstärkte Öffentlich-Rechtlichkeit erschwert und dass das darüber hinaus auch einen politischen Wortbruch bedeutet. (Abg. Dr. Khol: Und das in 6 Minuten!)

Erstens: Die Ungleichbehandlung ergibt sich dadurch, dass in vergleichbaren Regelungen – ich nenne in diesem Zusammenhang nur das Telekommunikationsgesetz, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz – "besondere Versorgungsaufgaben", also nach § 27 (1) TKG, das sind die Sondertarife für Pensionisten und Studenten, für "Universaldienste" und "gemeinschaftliche Leistungen" abgegolten werden, aber durch diese Änderung des Rundfunkgesetzes dem ORF nicht mehr.

Zweitens: Diese Regelung ist verfassungsrechtlich bedenklich, wahrscheinlich sogar verfassungswidrig. Ich weiß nicht, wie es früher gewesen wäre. Seit dem 1. Jänner 2000 hat jedenfalls der ORF ein Recht auf Programmentgelt seitens aller Hörer und Seher. Bundesgesetzliche


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Beschränkungen dieses Rechtes sind zulässig, sind aber vom Bund entsprechend abzugelten. Ob dies in Stufen geschieht oder nicht, ist dabei nicht relevant. Die Rücknahme dieser Regelung stellt daher einen Eingriff in ein Recht des ORF dar, und dieses Recht des ORF ist Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinn, der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie unterliegend. Der allfällige Hinweis, meine Damen und Herren, auf öffentliches Interesse geht angesichts eines Individualgesetzes lediglich zu fiskalischen Zwecken fehl.

Drittens: Diese Regelung stellt auch einen politischen Wortbruch dar, sogar einen äußerst pikanten. Ich war selbst in den Verhandlungen dabei. Von der ÖVP hat damals Klubobmann Khol ja gesagt, als FPÖ-Klubobmann Westenthaler vom ORF zulässige Gegenleistungen verlangte, die den österreichischen Kultur- und Filmschaffenden und dem föderalistischen Gedankengut zugute kommen. Der ORF hat dies erfüllt. Abgeordneter Khol ist noch immer Klubobmann der ÖVP, Abgeordneter Westenthaler noch immer der FPÖ. Der einzige Unterschied ist, dass beide nun im ORF-Kuratorium sitzen. – Aber das wird doch wohl nicht der Grund dafür sein, dass sie zu Lasten des ORF ihre damaligen Zusagen brechen.

Viertens: ÖVP-Politiker haben das Rückgängigmachen des Befreiungsausgleiches als "Beitrag des ORF zur Budgetsanierung" bezeichnet. – Merken Sie nicht, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, dass Sie damit den ORF zum Staatsrundfunk machen, den ORF wie ein Ressort der Regierung behandeln? Ihre Argumentationswortwahl verrät Ihre Absichten! (Abg. Dr. Khol: Eine gute Rede!)

Fünftens: Im vergangenen Jahr haben Sie argumentiert, damals bei der Beschlussfassung, dass Sie zustimmen, weil Sie dadurch dem ORF mehr öffentlich-rechtliche Programme ermöglichen. Sie verlangen dies auch noch darüber hinaus jetzt von ihm – gleichzeitig nehmen Sie ihm aber die Mittel dazu weg, um ihn in der Folge dann wieder deswegen zu kritisieren. Wenn ich diese Vorgangsweise als das bezeichnete, was sie ist, würde ich vom Präsidenten einen Ordnungsruf erhalten. Vielleicht erhalte ich ihn auch so, man weiß ja nie. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Khol: Dafür gehörte ein Ordnungsruf, für diese Unterstellung!)

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Manche meinen, in Wirklichkeit ginge es der Regierungskoalition mit dieser Novelle um ein "Strafmandat" an den ORF wegen mangelnder Bereitschaft zur Befolgung der Westenthaler-Interventionsbefehle und sonstiger unzulässiger Regierungskoalitionswünsche.

Den Mitarbeitern und der Geschäftsführung des ORF wünsche ich alles Gute bei der Abwehr dieser Versuche sowie beim Erhalt der Objektivität und Unabhängigkeit des ORF. Unsere Unterstützung haben sie dabei. (Beifall bei der SPÖ.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Der Peter Schieder hat den Handkuss an die gnädige Frau vergessen! – Abg. Silhavy: Dr. Khol ist auch wieder munter geworden!)

18.00

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Mich verblüfft immer wieder die Diskussion darüber, wer wo Bereichssprecher ist oder nicht. – Wir haben uns auch nicht darüber alteriert, Kollege Pumberger, ob Sie Vorsitzender im Gesundheitsausschuss waren oder warum das die Kollegin Povysil war, weil das eben nicht unsere Angelegenheit ist. Das ist wirklich Angelegenheit der jeweiligen Fraktion, in die sich die anderen eigentlich nicht einmischen sollten.

Ich habe mich nicht einmal eingemischt, als Sie sagten, Sie geben Ihren Patienten Medikamente, die in Österreich nicht zugelassen sind. Und Folgendes auch noch: Heroin wird international nicht so sehr zur Schmerzbekämpfung verwendet, sondern ist für die Bekämpfung des Hustenreizes bei Leuten, die an Lungenkrebs erkrankt sind, zugelassen – und das, glaube ich, auch nur in England.


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Gesundheit ist im Übrigen das wichtigste Gut, aber die Regierung achtet dieses Gut gering. Es ist ungeklärt, wie die Krankenversicherungen die gesteigerten Anforderungen bewältigen sollen. – Die Sozialversicherung der Bauern erhält jedoch über den Ausgleichsfonds das durch Ambulanzgebühr eingenommene Geld anstatt Steuergeld.

Die unleidige Ambulanzgebühr bleibt noch immer aktuell: Bis heute wissen die damit Befassten in den Spitälern nicht, wie diese Ambulanzgebühr zu handhaben ist: Sind alle PatientInnen zu melden oder nur die zahlenden? Wie erfolgt die Verwaltung bei der fraglichen Gebühr? – Enorme Verwaltungsarbeit für Spitalsangestellte, die schon heute zu viel Zeit für Verwaltung und Dokumentation verwenden.

Wie wird die Krankenanstalten-Finanzierung aussehen? – Auf Mittel aus der Sozialversicherung muss verzichtet werden, wenn ambulante PatientInnen nach extramural umgeleitet werden und die dort erbrachte Leistung zu finanzieren ist.

Die Spitäler sollen teurere Leistungen mit weniger Geld erbringen. Die Krankenversicherung soll bei durch Ambulanzgebühr gesteigertem Aufwand Verwaltungskosten einsparen. Die Ambulanzgebühr muss die Krankenversicherung des Behandelten erhalten, statt sie in die milliarden-defizitäre Sozialversicherung der Bauern umzuleiten.

Schaffen Sie auch sofort die kostenlose Mitversicherung aktiver Bauern ab, die bei ihrem ASVG-versicherten Partner mitversichert sind! Die Gebietskrankenkasse bringt unentgeltlich Leistungen – trotz eigener SV-Bauernversicherung. Keine kostenlose Mitversicherung für die kinderlosen Ehefrauen, aber für Bauern bei der Gattin, das finden Sie gerecht?

Als Sozialminister müsste er die Kinderlosen-Strafsteuer für die KV einheben, nicht der Finanzminister für das Budget. Die beitragsfrei Mitversicherten sind selten Politiker-, Beamten- und Generaldirektors-Gattinnen, sondern Menschen mit geringem Einkommen. (Abg. Dr. Pumberger: Wo bleibt die Solidarität mit den Bauern?)

Sie besteuern Unfallrenten – das trifft auch die Ärmsten und Kranken.

Die Gesundheit wird teurer: Ambulanzgebühr, Rezeptgebühr, Spitalskosten-Beitrag. Kranke Menschen werden vor der Zeit sterben – offensichtlich das Regierungsziel zur Kosteneinsparung.

Sie wollen auch Krankenversicherungsbeiträge von Pensionen von rechnungshofgeprüften Institutionen. Warum soll nicht ... (Abg. Dr. Pumberger: Soll ein kranker Bauer schlechter behandelt werden als ein kranker Eisenbahner?) Er hat ja eine eigene Krankenversicherung! Warum zahlt es die nicht, warum die Mitversicherung bei der Gattin? – Es ist doch nicht einzusehen, warum das nicht von seiner eigenen Krankenversicherung, sondern von der anderen gezahlt wird! Er arbeitet ja selbst.

Warum ist das aber nicht bei allen Einnahmen, die steuermindernd waren – also Pensionsbeiträge –, warum wird davon nicht ein Krankenversicherungsbeitrag eingehoben? Sind die für die Krankenversicherung oder für den Finanzminister bestimmt? Und wie ist es mit unseren Ärztekammer-Pensionen? Werden uns auch davon Krankenversicherungsbeiträge abgezogen? Die Ärztekammer wird wie alle Kammern auch vom Rechnungshof geprüft.

Was ist mit den Pensionen von Angestellten der Wirtschaftskammer? – Ich hörte schon, dass diese Pensionen, da über Pensionskassen laufend, nicht unter das Bezügebegrenzungsgesetz fallen. Entrichten diese Kammerangestellten für die Pensionen keine Krankenversicherung?

Personen, die vollmundig Unselbständige herabwürdigen, sind ob ihrer Angestellten-Pension in der Wirtschaftskammer die größten Privilegienritter. Auch wenn Sie, Herr Abgeordneter Stummvoll, sagen, dass Sie von 100 S 75 S an Abgaben haben, wie das im "NEWS" steht, kann ich mir das nicht vorstellen, denn Pensionsbeiträge sind steuermindernd. Also das wird sich wohl nicht ausgehen, dass Ihnen von Ihren 100 000 S Abgeordneten-Bezug nur 25 000 S netto bleiben. So manche hier im Hause, die auch lange sitzen, wären glücklich, sie hätten das. (Zwischenruf des


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Abg. Dr. Stummvoll.  – Abg. Dr. Pumberger: Rechnen ist nicht die Stärke der Sozialdemokraten!)

Diese Regierung ist "treffsicher" gegen Arme, Kranke und Schwache. Sie vernichten das bewährte Sozialversicherungssystem, Sie bevorzugen Ihre Klientel und wenden sich gegen die Arbeitslosen mit Kindern.

Es wäre die Ambulanzgebühr für die Kinder auszusetzen. Jetzt zwingen sie die Frauen ja dazu, sich einen Kinderarzt zu suchen, und da nehmen Sie vielleicht sogar Schaden für das Kind in Kauf, wenn sie keinen finden.

Kindergeld allein produziert noch nicht die gewünschten Kinder. Die soziale Sicherheit, das gesellschaftliche Klima und die Möglichkeit zur Eigenständigkeit lassen Frauen ihren Kinderwunsch verwirklichen. Das kann man ja am Beispiel Schweden sehen.

Das Mitteilen von Kosten an die Versicherten laut § 81 ASVG verursacht Mehraufwand. – Das ist rechtswidrig, denn auch Mitversicherte haben ein Recht auf Verschwiegenheit!

Ich war stolz darauf, in einem Sozialstaat zu leben, der Geld für soziale Gestaltung, für den Ausgleich zwischen Jung und Alt und Reich und Arm verwendet. – Aber das passt nicht zu Ihrer Ideologie! Sie vernichten daher diesen Sozialstaat und wollen die Zwei-Klassen-Medizin.

Ich frage jene, die sich immer so christlich geben: Ist das Ihr gelebtes Christentum? – Selbst die Caritas ist entsetzt über Ihre Pläne!

Zerschlagen Sie nicht den Sozialstaat! Sie haben unsere Unterstützung, wenn Sie den Sozialstaat erhalten oder verbessern wollen oder auch dafür, wenn Sie den sozialen Schutz für jene, die es benötigen, verstärken. Zerschlagen Sie doch nicht bewährte Institutionen wie die Sozialversicherung!

Wir von der SPÖ bleiben als Partei der Anwalt für die Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

18.06

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Als Österreich den "Vormärz" erlebte, ist in Hessen, eben im Jahre 1834, der "Hessische Landbote" erschienen. Und in diesem wird die enorme Steuerlast, die dem einfachen Volk auferlegt wurde, gebrandmarkt. Georg Büchner, der berühmte Autor, gibt die Losung aus: "Friede den Hütten, Krieg den Palästen!"

Beim Budgetprogramm dieser Bundesregierung wurde von den Regierungsparteien ganz offensichtlich die gegenteilige, die "Wende"-Losung ausgegeben: "Friede den Palästen, Krieg den Hütten!" (Beifall bei der SPÖ.)

Kapitalisten, Steuerhinterzieher, Abzocker werden geschont, die Tüchtigen und Fleißigen und jene hingegen, die Österreich aufgebaut haben, werden geschröpft. Das ist das einfache Strickmuster, nach dem diese Bundesregierung ein ausgeglichenes Budget für 2002 verwirklichen will. Für die Christlichsozialen in biblische Worte gefasst, Herr Abgeordneter Khol: Denjenigen, die wenig haben, wird auch das noch genommen. Genommen wird es nämlich den Tüchtigen und Fleißigen – und die verdienen hier in Österreich meist unter 30 000 S –, und zwar durch die Erhöhung diverser Gebühren, den höheren Preis für die Maut-Vignette, die Kürzung des Karenzgeldes auf maximal 52 Wochen, höhere Selbstbehalte bei Beihilfen, echte Pensionskürzungen durch Abschläge, Urlaubsaliquotierung, Studiengebühren, beitragsfreie Mitversicherung, Selbstbehalt bei Ambulanzbesuchen, Besteuerung und Kürzung von Unfallrenten – und so weiter und so fort. Diese Litanei unter dem Motto "Regierung verschone uns vor diesem Übel!" könnte


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beliebig fortgesetzt werden. – So schaut es nämlich aus, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Regierung frönt aber auch noch einem anderen Fetisch: dem des Nulldefizits – ein Nulldefizit so schnell wie möglich und ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verluste. Ein Nulldefizit hätten auch wir Sozialdemokraten angestrebt, aber nicht um jeden Preis, nicht mit dieser Geschwindigkeit und im Einklang bitte mit unseren wichtigsten Handelspartnern.

Silvia Angelo, eine Sozialwissenschaftlerin (Zwischenruf der Abg. Mag. Hartinger )  – hören Sie zu, es ist ein interessantes Buch, das Angelo gerade einmal vorgestellt hat –, hat in dem Buch mit dem Titel "Mythos Nulldefizit, Alternativen zum Sparkurs" Folgendes geschrieben – ich zitiere –:

Das Nulldefizit ist das zentrale Vehikel der Regierung, um ihre gesellschaftspolitischen Ziele umzusetzen. Das ökonomische Projekt ist vor allem ein ideologisches Projekt. – Zitatende.

Angelo kritisiert den Umbau des Sozialstaates vom Wohlfahrtsstaat zum Wettbewerbsstaat – Ellbogengesellschaft.

Das ist treffend analysiert und erklärt auch, warum diese Geschwindigkeit eingeschlagen wird: Die Regierung will noch vor den nächsten Wahlen ihr Geschenk – das "Karenzgeld für alle" – unters Wahlvolk bringen, und das wird mit zirka 5 Milliarden veranschlagt. – Das ist eine konservative Ideologie-Abgabe ohne soziale Treffsicherheit, die Österreich und das Budget belastet. (Abg. Dr. Khol: Applaus!)

Gerade gestern hat die EU-Kommission – Herr Khol, Sie werden es auch gehört haben – mitgeteilt, dass sie Ihrer Regierung nicht glaubt, dass mit den vorgesehenen Maßnahmen das Nulldefizit bis 2002 erreicht werden kann. – Trotzdem wird, ohne den gesellschaftlichen Konsens zu suchen, am überhasteten Nulldefizit und an der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes eisern festgehalten. Und warum? – Weil ÖVP und FPÖ unbedingt ihr reaktionäres gesellschaftspolitisches Konzept umsetzen wollen, und das gerade in der Frauenpolitik. (Beifall bei der SPÖ.) Die Frauen werden wieder hauptsächlich in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter gesehen. Die Frauen werden verstärkt aus dem öffentlichen in den privaten Bereich gedrängt. Sie brauchen nach der Meinung dieser Regierung keine Vertretung mehr, darum gibt es keine weibliche Frauenministerin mehr. Diese Politik ist ein Angriff auf die Eigenständigkeit der Lebensplanung von Frauen und ein Angriff auf eine autonome Lebensführung aller Frauen.

Ganz kurz erwähnen möchte ich auch noch die Studiengebühren, die eingeführt werden sollen. Unter diesen Studiengebühren, die eingeführt werden sollen, leiden vor allem die Frauen, weil wieder sie es sein werden, die dann keinen Studienplatz erreichen können. Das ist das Problem, das ist blanker Bildungsabbau.

Was Sie unter dem Deckmantel der Budgetkonsolidierung betreiben, ist blanke Ideologie, ist die Wende zurück in die Vergangenheit. Sie setzen an bei den Frauen, Sie setzen an bei den StudentInnen, Sie setzen an bei den Andersdenkenden, und ganz nebenbei machen Sie beinharten Sozialabbau und eine Umverteilung von Arm zu Reich. (Beifall bei der SPÖ.)

18.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

18.12

Abgeordneter Manfred Lackne


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r
(SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Kollege Gaugg hat am Schluss seiner vormittägigen Rede die bedeutenden Worte geprägt, die Koalition wolle dieses Land in ein blühendes Land umwandeln.

Herr Kollege Gaugg – er ist zwar jetzt nicht da; wenn Sie es ihm vielleicht ausrichten (Abg. Dr. Pumberger: Er ist mit dem Gusenbauer hinausgegangen!) –, das ist nicht nötig, denn Österreich ist ein blühendes Land, und das ist sicherlich nicht das Verdienst der Freiheitlichen. Ich glaube, das muss ich hier nicht sonderlich betonen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf allerdings darauf verweisen, meine Damen und Herren, dass schon einmal ein konservativer Politiker mit dem Slogan von "blühenden Wiesen" hausieren gegangen ist. Es gibt diesen Politiker nicht mehr, und wenn es ihn noch gibt, dann macht er Negativschlagzeilen mit einem etwas unappetitlichen Parteispendenskandal. (Abg. Silhavy: Ach so! Da schau her!)

Meine Damen und Herren! Sozusagen als Ausgangspunkt meiner Rede möchte ich heute auch ein Märchen vorbringen. Es stammt allerdings, ich gebe es zu, nicht von mir, es kommt aus dem Hause Westenthaler.

Der Herr Westenthaler hat am 1. Dezember 1999 so Bedeutendes von sich gegeben: "Ich bin davon überzeugt, dass eine nichtsozialistische Regierung sowohl die Sanierung des Staatshaushaltes als auch sämtliche weitere Schritte der Reform und der Neuerung ohne weitere finanzielle Belastung der Menschen zustande bringen würde." – Starke Worte.

Und da der Herr Westenthaler schon einmal in Fahrt war, hat er am 26. Jänner 2000 im "WirtschaftsBlatt" gleich nachgedoppelt:

"Die FPÖ lehnt jede Steuererhöhung grundsätzlich ab, und auch der ÖVP, die sich diesen Punkt von der SPÖ hat aufzwingen lassen, ist diese Mehreinnahme kein Anliegen. An ihrer Stelle muss eine andere Finanzierungsmaßnahme gefunden werden."

Meine Damen und Herren! Sie können wirklich stolz sein auf das Ergebnis Ihrer Bemühungen. – Aber das sind natürlich alles keine Erhöhungen, das sind natürlich auch keine finanziellen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger. Vielleicht hat der Herr Westenthaler für die Besteuerung der Unfallrenten eine neue Wortschöpfung, etwa Solidarbeitrag für die desolate Koalition. Das könnte ja möglich sein, seiner Kreativität sind wahrlich keine Grenzen gesetzt.

Aber wie schaut es nun wirklich aus, meine Damen und Herren? Wo ist der große Unterschied zwischen dem hohen Anspruch des Herrn Westenthaler und der Wirklichkeit?

Um wiederum mit den Worten des Herrn Westenthaler zu argumentieren ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Sie müssen nur zuhören. (Abg. Silhavy: Dazu hat er keine Zeit!) Sie lernen dann wieder einmal etwas. Das ist nicht schlecht, denn das haben Sie sicherlich bitter notwendig. Die ultimative Zerschlagung – hören Sie gut zu! – des Wohlfahrtsstaates ist angesagt, Herr Dr. Pumberger. Die Armenvorsorge nach amerikanischem Vorbild wird durch die Hintertür eingeführt. Sozialdarwinismus und Ellbogengesellschaft sind der Ausfluss Ihrer unsozialen Politik. (Abg. Böhacker: Die Märchenstunde kommt aber erst!) "Verteilungsgerechtigkeit" wird durch Sie zum Unwort des Jahres erklärt.

Meine Damen und Herren! Ich nehme ja zur Kenntnis, dass es – nach Ihrer Diktion, Herr Böhacker – keine Steuererhöhungen gibt, sondern nur Abschöpfungen und Anpassungen. Es ist allerdings für die Betroffenen wirklich egal, nach welcher Diktion Sie vorgehen. Die Betroffenheit bei den Betroffenen ist groß, und sie werden Ihnen demnächst die Rechnung präsentieren.

Ich darf jetzt noch ganz kurz zu einem anderen Wortschöpfer kommen, zum Abgeordneten Dr. Khol, der der Erfinder der "sozialen Hängematte" ist. Das ist auch erstaunlich für einen Christdemokraten, dass ausgerechnet er sich in diesem Belastungspaket wiederfinden muss, nämlich bei der Kürzung des Arbeitslosengeldes und natürlich auch bei den Familienzuschlägen. Es ist auch interessant für eine Partei, die sich ständig als die Familienpartei gibt (Abg. Dietachmayr: Das ist schon lange her!), dass sie zulässt, dass ausgerechnet jene, die sicherlich nicht zu den Betuchtesten in dieser Republik zählen, durch diese Regierung massiv geschröpft werden.

Es ist erstaunlich, dass gerade Dr. Khol – er ist jetzt leider nicht da (Abg. Dr. Pumberger: Gusenbauer auch nicht!)  –, der bei Sonntagsreden immer gelebte Solidarität von allen einfordert, kaum in Regierungsverantwortung, Entsolidarisierung und die Ellbogengesellschaft propagiert.


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45. Sitzung / Seite 160

Meine Damen und Herren! Ich darf ganz kurz noch ein paar abschließende Bemerkungen machen: Politik ist die Vertretung der berechtigten Interessen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Die derzeitige rechtskonservative Regierung mit ihrer Klientelpolitik verstößt permanent gegen diese Grundsätze. Sollte es Ihnen nämlich wirklich ernst gewesen sein, den Dialog auch mit der Opposition gerade in dem so sensiblen Bereich der Haushaltssanierung mit all ihren Facetten zu suchen, dann wären ganz andere Maßnahmen vorzusehen gewesen, um die soziale Stabilität und die gesellschaftliche Kohäsion in diesem Lande zu gewährleisten.

Sie haben diesen Weg des sozialen Ausgleiches bewusst verlassen, weil Sie kein Interesse an diesem gesellschaftlichen Konsens haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

18.17

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Im Mittelpunkt meiner Betrachtungen heute steht ausschließlich die Behindertenpolitik dieser Regierung. Jeder zehnte Österreicher ist davon betroffen und ist behindert – auch weil er behindert wird. Vor allem seit die jetzige Bundesregierung selbst bei dem heftigen MinisterInnenwechsel neu regiert, steigen diese Behinderungen durch die Regierung ganz massiv.

Ich möchte Ihnen dazu gerne zwei Zitate unseres Herrn Sozialministers vorlesen. Anlässlich der Beratungen und der Vorberatungen zu den Budgetbegleitgesetzen hat er gefährliche Drohungen ausgesprochen. Seine zynischen Bemerkungen zum Schicksal von Verunfallten, von BezieherInnen von Unfallrenten rücken die Behindertenpolitik dieser Regierung in sehr schlechtes Licht. Er hat gesagt: Wenn zum Beispiel einem jungen Mann nach einem Arbeitsunfall ein Bein amputiert werden muss, kann dieser seine berufliche Karriere in einem anderen Bereich ja ungehindert fortsetzen. – So Herr Sozialminister Haupt, wörtlich mitgeschrieben.

Die Folgerung für ihn war offensichtlich die Frage: Braucht dieser Mensch überhaupt eine Unfallrente? Und wenn er schon eine braucht, versteuern zumindest kann man sie ja wohl auf jeden Fall.

Herr Bundesminister für Soziales! Sie verdrehen die Wirklichkeit ganz schön. (Abg. Donabauer: Das sind auch nicht seine Worte!)  – Das sind seine Worte, wörtlich mitgeschrieben. – Unfallrenten ermöglichen kein Leben in Luxus, in Saus und Braus und ohne Arbeit, eine Unfallrente ist eine Versicherungsleistung, ist Schadenersatz, ist Schmerzensgeld, ist Abgeltung für in der Arbeit Erlittenes. Und das kann und darf niemand gleichstellen mit Lohn für geleistete Arbeit.

Etwas mehr als 108 000 Österreicherinnen und Österreicher beziehen Unfallrenten, zwei Drittel davon haben weniger als 15 000 S zum Leben – nicht Unfallrente, zum Leben –, und diesen Menschen nehmen Sie noch ein Drittel weg. Von den Unfallrentnern Österreichs, von den 6 Milliarden, die die Unfallrenten ausmachen, nimmt der Finanzminister 2 Milliarden Schilling. Ein Drittel, 33 Prozent an Steuern von den Unfallrentnern!

Und was – nur zum Vergleich – nehmen Sie von Stiftungsmilliardären? – Von einem Stiftungsvolumen von 500 Milliarden Schilling nehmen Sie 1,5 Milliarden. Das sind 0,33 Prozent. Hundertmal weniger! Hundertmal weniger als die Schwachen und Schwächsten unserer Gesellschaft zahlen die Superreichen in das Budget ein! (Abg. Böhacker: Glauben Sie diese Rechnung wirklich?) Sie stimmt. Ich brauche sie nicht zu glauben, sie stimmt. Das ist es! Rechnen Sie nach, und Sie werden beschämt schweigen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Für wen diese Regierung Politik macht, ist damit wohl eindeutig klar: für ihre Klientel. (Abg. Böhacker: Das ist eine eindeutige Demaskierung!) – Ja, und zwar dieser Regierung. Der Meinung bin ich auch. Ich gebe Ihnen absolut Recht. (Abg. Böhacker: Sie haben keine Ahnung!) Und was das Schlimmste für mich ist: Diese Regierung sagt anderes, als sie tut, sie täuscht völlig anderes vor. Sie schnürt ein 2-Milliarden-Behinderten-Grausamkeits-Paket, erfindet dazu ein


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45. Sitzung / Seite 161

nettes Wort – sie spricht von einer "Behindertenmilliarde" – und meint, damit sei alles wieder gut. Den Behinderten nehmen Sie 2 Milliarden Schilling weg! Eine versprechen Sie, in Behindertenarbeitsplätze zu stecken – und die andere stecken Sie überhaupt sofort dem Finanzminister zu. Der wird diese Milliarde vermutlich zur Finanzierung des Kinderbetreuungsgeldes auf die hohe Kante legen.

Wenn Sie es ernst meinten mit Politik für Behinderte, warum wäre nicht viel eher eine einfachere Lösung anzudenken, zum Beispiel die Zahlungen in den Ausgleichstaxfonds zu erhöhen?

Es gäbe noch eine ganze Liste von unsozialen Maßnahmen, mit denen Sie die Kranken, Alten, die von der Arbeit Gezeichneten, die Behinderten treffen und die anderen belohnen. Diese Regierung setzt auf Entsolidarisierung. Sie sehen die Gesellschaft nicht als Solidargemeinschaft von Menschen an. Sie bestrafen Kranke und Leidende und halten den anderen den Rücken absolut frei.

Das Bild zeichnet sich klar und deutlich ab: Entsolidarisierung, Ellbogengesellschaft, das Recht des Stärkeren. Diese Regierung lässt die Menschen mit ihren Problemen allein, und – was das Schlimmste für mich ist – sie kündigt die Verantwortung des Staates für seine Bürger auf. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter Donabauer, beachten Sie die Geschäftsordnung!

18.22

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Plank hat hier ausgeführt, dass Minister Haupt bei der Budgetberatung gesagt hätte: Braucht ein 26-Jähriger, der eine Unfallrente hat, überhaupt eine?

Wahr ist und Tatsache ist, dass Minister Haupt in dieser Beratung Folgendes sagte: Wenn ich die Unfallrente eines 26-Jährigen und eines 48-Jährigen vergleiche und sehe, dass der 26-Jährige weit weniger bekommt als ein 48-Jähriger, obwohl der am Beginn seines Lebens steht, müssen wir die Berechnungsformel hinterfragen.

Das war richtig, und ich meine, wenn man schon zitiert, dann muss man hier auch den ganzen Sachverhalt darstellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker  – in Richtung der Abg. Mag. Plank –: Das war "planker" Unsinn! – Abg. Silhavy  – in Richtung des Abg. Böhacker –: Der kann nicht einmal rechtschreiben!)

18.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.24

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir die gestrigen und die heutigen Debattenbeiträge der Regierungsfraktionen, aber auch die der Minister mit dem Sport vergleichen, dann würde ich gerne sagen: Es war Eiskunstlaufsport par excellence. Warum?  (Abg. Auer: So schöne Pirouetten!) – Genau! Weil Sie Pirouetten gedreht haben nach allen Richtungen und weil Sie Doppelaxel gesprungen sind, aufgesetzt mit einem Bein, aber nicht, weil graziös, sondern weil Sie so mit dem zweiten Bein graziös in die andere Richtung kurven konnten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Warum? – Ich werde Ihnen das sagen. Kollege Gaugg hat heute am Morgen gemeint: Was haben Sie – die SPÖ – denn in den letzten 30 Jahren getan? Gemeint hat er wohl: Das war alles nichts, sondern es wurden nur Schulden gemacht. Daraufhin kam Minister Scheibner in der Fragestunde zu Wort, und Minister Scheibner sagte: Österreich ist eines der reichsten Länder. Es dauerte nicht lange, kam Finanzminister Grasser zu Wort und meinte, Österreich sei ein Scherbenhaufen. Und es dauerte wieder nicht lange, kam Minister Bartenstein und sagte,


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Österreich hätte die niedrigste Arbeitslosenrate und Österreich hätte die höchste Beschäftigungsquote.

Meine Damen und Herren! Wenn das nicht Bocksprünge sind, wenn das nicht Pirouetten sind, wenn das nicht Doppelaxel sind, was dann? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: Ein Spagat!) Genau!

Meine Damen und Herren von der ÖVP, aber auch von der FPÖ! Die SPÖ stand für Konsenspolitik – Sie weichen davon ab. Wir standen für Wirtschaftswachstum – die Experten sagen Ihnen, Sie drücken das Wirtschaftswachstum. (Abg. Böhacker: Na, na, kennen Sie das Wirtschaftswachstum?) Wir standen für Modernisierung, und wir standen für einen Wohlfahrtsstaat. Das ist der Unterschied der jetzigen Regierung zu unserer. (Abg. Auer  – eine Graphik in die Höhe haltend –: Frau Kollegin! Österreich hat den höchsten Zuwachs!)

Meine Damen und Herren! Sie setzen den Mythos Nulldefizit zur Durchsetzung Ihrer gesellschaftspolitischen Vorstellungen ein. Ideologische Weichenstellungen passieren unter dem Deckmantel des Schuldenabbaues. Alle anderen Interessen und Probleme werden von der Sanierungslosung zugedeckt. Ihre Haushaltskonsolidierung entspringt einer Konzeption, die auf das Zurückdrängen des Sozialstaates abzielt, so unter dem Motto: Hilf dir selbst, dann ist dir geholfen! (Abg. Mag. Schweitzer: Wo steht das?) Aber ich frage Sie: Wann kann sich ein arbeitsloser Älterer helfen? Wann kann sich ein Kranker helfen – vor allen Dingen wie –, wann kann sich ein Behinderter helfen? Und wann kann sich ein Arbeitnehmer helfen, dessen Betrieb in die Insolvenz gegangen ist.

Von gleichmäßiger Belastung aller Bevölkerungsgruppen – das wird immer wieder betont – gemäß ihrer Leistungsfähigkeit kann keine Rede sein. Im Sozialbereich wird ausschließlich über die so genannte Treffsicherheit diskutiert, mit dem einzigen Zweck, Argumente für Einsparungen zu finden. Wie wäre es sonst zu verstehen, dass Sie das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz in der Weise abändern, dass Ansprüche im Sinne von Zeitguthaben, die länger als sechs Monate zurückliegen, nicht mehr abgegolten werden?

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ist das Ihre Antwort auf "new economy" für jene Personen, die flexibel arbeiten, für jene Personen, die über Jahresarbeitszeit-Modelle arbeiten?

Und noch etwas, da der Minister heute gemeint hat, beim Arbeitslosengeld sei nicht so viel passiert. Es ist nur die eine Tatsache passiert, dass früher das Arbeitslosengeld vom Bruttobezug berechnet wurde, jetzt wird es vom Nettobezug berechnet. Das ist ein feiner Unterschied, meine Damen und Herren. Zwischen brutto und netto liegen Welten. Und da sprechen Sie von Sozialpolitik?

Meine Damen und Herren! Es zeigt von großer Bedeutung, dass nicht eine SPÖ-Zeitung, sondern der "Kurier" (die Rednerin hält eine Zeitung in die Höhe) groß auflistet: "Geballte Ladung an Belastungen". – Aber Sie stellen die Streuaktien steuerfrei. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.28

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurden heute – allerdings zum falschen Zeitpunkt, aber das geschah wahrscheinlich durch dienstfrei gestellte Gewerkschafter, die jetzt, wo die Bildungsdebatte beginnt, wahrscheinlich schon wieder anderes zu tun haben – diese Flugblätter (der Redner hält ein orangefarbenes Blatt in die Höhe) von der Galerie heruntergeworfen.

Da steht ganz groß "Protest" drauf, und da steht weiters: Wir, die sozialdemokratischen GewerkschafterInnen, protestieren auf das Schärfste gegen die geplanten Verschlechterungen im


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Bildungsbereich. – Dann wird aufgelistet, warum jetzt wieder demonstriert werden soll, warum es Protestmärsche geben soll – übrigens hat es am Donnerstag, dem 23. November, um 16 Uhr einen Protestmarsch gegeben –, und dann wird aufgelistet, was die Begründung dafür ist.

Da steht, dass durch die Tatsache, dass die Frau Bundesministerin mit ihren Maßnahmen zustande bringen will, dass die Lehrer mehr in der Klasse stehen, indem sie die Ordinariate und Kustodiate aus der Lehrverpflichtung herausnimmt und somit unter Umständen Lehrer nicht mehr 13 bis 14 Stunden wöchentlich, sondern vielleicht 15 bis 16 Stunden wöchentlich in der Klasse verbringen, folgende Verschlechterungen eintreten. Kollege Antoni wird für seine Freunde von der sozialistischen Gewerkschaft dann argumentieren, warum das stimmt. Aber es wird dir nicht gelingen, lieber Dieter, es wird dir nicht gelingen. (Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Schweitzer! In der Klasse mit den Kindern oder ohne die Kinder?)

Da steht zum Beispiel: Bedingt dadurch, dass jetzt die Ordinariate und Kustodiate für alle Lehrer, egal, wie alt sie sind, gleich entlohnt werden, ist die Nachmittagsbetreuung Ihrer Kinder nicht mehr gesichert. – Ich verstehe das nicht! (Abg. Mag. Muttonen: Das ist doch logisch!) Erklären Sie es mir bitte, Frau Muttonen! Erklären Sie es mir! Warum ist dadurch, dass jetzt diese Leistung für den Klassenvorstand beziehungsweise für den Kustos gleich bezahlt wird und aus der Lehrverpflichtung herausgenommen ist, die Nachmittagsbetreuung der Kinder nicht mehr gesichert? Erklären Sie mir das! Ich verstehe es nicht! Bitte! (Abg. Dr. Martin Graf: Vielleicht verstehen Sie jetzt meine Frage? – Abg. Öllinger: Wir sind nicht in der Schule!) Erklären Sie es mir, bitte! Sie haben gesagt, dass ich es nicht verstehe. Ich verstehe es wirklich nicht. Erklären Sie es mir, bitte! (Ruf: Es gibt keine Erklärung!) Es gibt keine Erklärung, das ist eine falsche Behauptung. Absolut falsch!

Nächster Punkt: Ihre Kinder werden mit bis zu 36 MitschülerInnen in einer Klasse sitzen. – Warum? Was hat das mit dieser Regelung zu tun? Ich verstehe es nicht! Kollege Niederwieser – der Kollege Antoni hat schon die Flucht angetreten (Abg. Dr. Niederwieser: Diese Rede hält man nicht so leicht aus!)  –, erklären Sie es mir! Warum? Ich verstehe es nicht, ich verstehe es wirklich nicht.

Individuelle Betreuung und pädagogische Beratung durch die Klassenvorstände entfallen. – Das ist ja eine Zumutung! Da werden sie extra für diese Tätigkeit bezahlt, und dann drohen die Genossen, obwohl sie jetzt extra für diese Tätigkeit bezahlt werden, dass die individuelle Betreuung und die pädagogische Beratung durch die Klassenvorstände entfallen werden. (Abg. Auer: Das ist allerhand!) Ja, was ist da los, Frau Kollegin? Können Sie mir das erklären? Frau Muttonen, erklären Sie mir das bitte!

Die Auswahlmöglichkeit für die Wahlpflichtfächer wird damit drastisch eingeschränkt. – Also ich kann den Gedankengängen dieser Gewerkschafter einfach nicht folgen. Das funktioniert nicht. (Abg. Dr. Martin Graf: Das sind alles keine Idealisten!)

Die Angebote für unverbindliche Übungen werden deutlich reduziert, sämtliche Zusatzangebote werden gestrichen. – Das hat doch mit dem, was hier von der Frau Bundesministerin sinnvollerweise eingeführt wird, absolut nichts zu tun. Was Sie tun, ist, mit Unwahrheiten die Lehrer gegen sinnvolle Maßnahmen aufzuhetzen und zu Protestmärschen anzuregen. Das ist es! Das sind glatte Unwahrheiten, meine Damen und Herren von den Sozialisten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Intensivsprachwochen und Skikurse werden nicht mehr wie bisher organisiert. – Warum? Wollen die Genossen ihre Arbeit nicht mehr machen? Wollen sie nicht mehr arbeiten, dann sollen sie es sagen. Es wurde unter sozialistischer Ägide ohnehin der Fehler gemacht, dass man zu viele angestellt hat. Dann können wir vielleicht jene Sozialisten entlassen, die nicht mehr arbeiten wollen. Kein Problem!

Aber mit solchen Unwahrheiten in die Öffentlichkeit zu gehen, Protestmärsche zu inszenieren und etwas zu behaupten, was mit dem überhaupt nichts zu tun hat, das mit dem in Zusammenhang zu bringen, ist abenteuerlich, ist unwahr, ist sozialistisch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Das ist typisch sozialistisch!)

18.34


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwarzenberger: Der Antoni wird es auch nicht erklären können! – Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Antoni –: Dieter, erklär das! Dir vertraue ich!)

18.34

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Ich weiß schon, dass Kollege Schweitzer gerne hätte, dass ich jetzt auf seine Aussagen eingehe, um mich von meinen vorbereiteten Angriffen abzuhalten. (Abg. Mag. Schweitzer: Tu’s doch! Erkläre es!) Aber mit Polemisieren, Ablenken und Abgeben der pädagogischen Kompetenz vor der Türe dieses Saales werde ich mich nicht abfinden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Auer: Er ist zu feig, der Herr Antoni! Er traut sich nicht einzustehen für das, was da steht! – Abg. Mag. Schweitzer: Erkläre das doch!)

Meine Damen und Herren im Hohen Haus! In den vergangenen Tagen und Wochen kamen unzählige Studentinnen und Studenten, Schüler, Eltern zu uns Bildungspolitikern und brachten ihre tiefen Sorgen und Ängste zum Ausdruck. Diese Sorgen sind berechtigt und ehrlich. Ich selbst habe Hunderte Briefe, Mails, Anrufe erhalten, Petitionen und Bürgerinitiativen übernommen. Der Tenor, sehr geehrte Damen und Herren, der geschilderten Sorgen und Ängste, ist Folgender: Was geschieht da mit der Ausbildung der jungen Menschen in Österreich? Was kommt auf die Schule zu? Wie wird unsere Bildung denn in Zukunft aussehen?

Meine Damen und Herren von der FPÖ/ÖVP-Regierung, wissen Sie eigentlich, was Sie hier angerichtet haben? Schieben Sie, meine Damen und Herren, die Schuld nicht auf die Betroffenen, die angeblich falsch informieren oder die Lage nicht so einschätzen, wie Sie es sich vorstellen oder wünschen. Sie selbst von der Regierung sind die Ursache für diese enorme Verunsicherung an unseren Schulen. Diese führt halt einmal zu Protesten der Schüler und Eltern, und sie führt bei den Lehrerinnen und Lehrern auch zu Streikdrohungen. Sie lassen wirklich eine unglaubliche Kälte spüren, und Sie verlassen in der Tat den gesellschaftlichen Grundkonsens der Zweiten Republik. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Schule, die Schulpartner müssen dafür büßen, dass Sie auf Gedeih und Verderb in kürzester Zeit ein Nulldefizit im Budget erreichen wollen. Die Schicksale der Eltern, die Schicksale unserer Kinder, die scheinen Ihnen fremd zu sein. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das ist nur eine Ansammlung von Sprechblasen!) – Nun, dann machen wir es konkret, Herr Kollege.

Herr Kollege Amon! Sie bezichtigen mich heute in einer Presseaussendung, die Unwahrheit zu sagen. Ich werde Ihnen das Gegenteil beweisen und erwarte mir eigentlich von Ihnen eine Entschuldigung. (Abg. Amon: Und Sie bezichtigen die Frau Bundesministerin, dass sie die Unwahrheit sagt!)

Eine Ausschussfeststellung, die Sie kennen, denn sie stammt von Ihrem Abgeordneten Stummvoll und vom FPÖ-Abgeordneten Trattner, stellt fest: Der Budgetausschuss geht davon aus, dass an allen Bildungseinrichtungen des postsekundären Bereiches Kostenbeiträge eingeführt werden.

Meine Damen und Herren! Der postsekundäre Bereich – damit das klar ist – umfasst Pädagogische Akademien, Religionspädagogische Akademien, Berufspädagogische Akademien, Sozialpädagogische Akademien, Kollegs, die Schwerpunkt EDV vermitteln, Speziallehrgänge, die Schwerpunkt EDV vermitteln, medizinisch-technische Lehrgänge. Das ist nachzulesen zu § 6 im Budgetbegleitgesetz.

Herr Kollege Amon! Ich habe nicht die Unwahrheit gesagt, sondern ich habe aufgezeigt, was – unter Umständen an Ihnen vorbei, an Ihnen vorbei, Frau Unterrichtsministerin, aber auf alle Fälle an der Opposition vorbei – hineingeschrieben wurde, offenbar im letzten Moment, sodass es vielleicht niemand gemerkt hat. (Abg. Dr. Brinek: Waren Sie nicht im Ausschuss?) Ich war schon im Ausschuss, aber die Herren Stummvoll und Trattner waren nicht im Budgetausschuss, als es um Unterricht und Wissenschaft gegangen ist, meine Damen und Herren.


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Wir wollen daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Antoni, DDr. Niederwieser betreffend Abstandnahme von der Einführung von Kostenbeiträgen in postsekundären Bildungseinrichtungen eingebracht im Zusammenhang mit dem Bericht des Budgetausschusses (369 der Beilagen über die Regierungsvorlage (311 der Beilagen): Budgetbegleitgesetz 2001

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, vom Vorhaben der Einführung von Kostenbeiträgen im postsekundären Bildungsbereich Abstand zu nehmen.

*****

Ich hoffe, das ist konkret genug, Herr Kollege!

Herr Kollege Amon! Sie stellen auch fest – und ich sage, fälschlich fest –, dass kein Lehrer in Österreich von der Bundesregierung gekündigt werden wird. Sie wissen genauso gut wie ich und wie alle hier im Saal, dass mindestens 4 000 Lehrerdienstposten am Beginn des kommenden Schuljahres nicht mehr nachbesetzt beziehungsweise aufgelassen werden. (Abg. Dr. Brinek: Das ist aber keine Kündigung!) Sie kennen die Berechnungen des Ministeriums, Sie kennen die Berechnungen der Landesschulräte, Sie kennen die Berechnungen der Interessengruppen. (Abg. Amon: Sie kennen den Begriff "Kündigung" nicht! – Abg. Dr. Brinek: Es ist ein Unterschied zwischen Kündigung und Definitivstellung!)

Jawohl, definitiv gestellte Lehrer werden nicht gekündigt werden, aber was ist denn der Unterschied, wenn ich Vertragslehrer zu Tausenden nicht mehr weiter beschäftige? Wo ist denn da der Unterschied zu einer Kündigung? – In Wirklichkeit heißt es: Tschüss und auf Wiedersehen! Und Sie sagen, es wird kein Lehrer seinen Arbeitsplatz verlieren. Das sind keine redlichen und ehrlichen Aussagen, die Sie hier treffen.

Meine Damen und Herren! Glauben Sie mir: Wenn das so weitergeht, ist die Qualität unseres Bildungswesens wirklich in allergrößter Gefahr! Die derzeitige Politik, die im Bildungsbereich stattfindet, ist eine reine Lehrerabbau-Politik. In Wahrheit hat das mit Bildungspolitik überhaupt nichts zu tun! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von den Abgeordneten Dr. Antoni, DDr. Niederwieser und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Bis jetzt haben wir noch keinen bildungspolitischen Ansatz gehört! – Abg. Öllinger  – in Richtung Freiheitliche  –: Sie sind doch in der Regierung!)

18.41

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Antoni! Ihre Rede in allen Ehren, aber das Einzige, was Ihnen zur Bildungspolitik einfällt, ist, zu den Vorhaben der Bundesregierung nein zu sagen. Das ist Ihre Bildungspolitik. (Abg. Öllinger: Das war ein schwacher Beginn, Kollege Amon! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)


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Wenn Sie davon sprechen, dass die Sorgen der Lehrer, der Eltern und der Schüler ernst zu nehmen sind, dann glaube ich das schon, denn Sie leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, dass die Menschen sich Sorgen machen müssen. Ich sage Ihnen, wir nehmen ihnen diese Sorgen, und damit, dass Sie ständig Unwahrheiten behaupten, wird es Ihnen nicht gelingen, die Tatsache zu entkräften, dass die Reformen, die wir vorhaben, notwendig sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Antoni und Herr Kollege Niederwieser! In Ihren heutigen Aussendungen reden Sie das österreichische Bildungssystem krank. Offenbar wollen Sie ein schlechtes Bildungssystem, denn das System, das Sie permanent beschreiben, ist mit Sicherheit nicht das österreichische! (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich untermauere das auch, damit Sie mir nicht vorhalten, das sei vielleicht eine subjektive Sicht der Regierungsparteien. Sehen Sie sich doch bitte einmal die Umfrage an, die das Bundesministerium alljährlich in Auftrag gibt! Sie wissen, das ist das IFES-Schulmonitoring, bei dem alljährlich 2 000 Personen ab dem 15. Lebensjahr befragt werden. Es werden Lehrer befragt, es werden Schüler befragt, es werden Eltern befragt.

Auf die Frage: Wie beurteilen Sie ganz allgemein die Qualität des Schul- und Bildungssystems in Österreich? erreichen wir heuer den höchsten Wert seit 1991! 76 Prozent der Befragten geben dem österreichischen Schulsystem die Note eins oder zwei. – Frau Bundesministerin! Das ist vor allem Ihr Verdienst. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie können sich diese Statistik seit dem Jahr 1995 anschauen. (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe.) Seit dem Jahr 1995 ist eine sukzessive wachsende Zufriedenheit mit dem österreichischen Bildungssystem zu verzeichnen. Ich ersuche Sie von der Opposition nachdrücklich: Reden Sie unser Bildungssystem nicht ständig krank!

Auch die jüngste Lehrerarbeitszeit-Studie, Herr Dr. Antoni, in der die Lehrer selbständig ihre Arbeit beurteilen, zeigt ein ähnliches Bild. 82 Prozent der Lehrer sagen, dass sie mit ihrer Tätigkeit sehr zufrieden oder zufrieden sind. Ich verstehe nicht, wo Sie das hernehmen, dass das Bildungssystem derart im Argen liegt und dass wir es kaputt sparen, wie Sie immer sagen. (Abg. Mag. Muttonen: Und warum drohen die Lehrer dann mit Streik? – Abg. Silhavy: Sie reden immer von der Zeit, als wir in der Regierung waren! Wann ist denn diese Studie gemacht worden?!)

Ich weiß nicht mehr, wie lange Sie im heurigen Jahr in der Regierung waren. Es ist mir nicht besonders aufgefallen, Frau Silhavy, dass Sie heuer besonders lange in der Regierung waren. (Beifall bei der ÖVP.) Im heurigen Jahr erreicht diese Studie den höchsten Zufriedenheitsgrad.

Ich möchte noch etwas dazu sagen, dass für Sie, Herr Dr. Antoni, Bildungspolitik offensichtlich mit Lehrerentgeltpolitik gleichgesetzt wird. Das ist wohl auch ein bisschen zu wenig. (Beifall bei der ÖVP.)

Weniger Lehrer, Herr Dr. Antoni, bedeuten noch nicht automatisch weniger Bildung. Wenn Sie sich im OECD-Vergleich ansehen, wie viel Unterrichtszeit österreichische Lehrer in der Klasse verbringen, dann stellen Sie fest, dass österreichische Lehrer 616 Stunden in der Klasse verbringen. Im OECD-Durchschnitt sind es 642 Stunden, und in Deutschland sind es 788 Stunden.

Frau Silhavy, Sie sagen, die Studie sei alt. Ich zitiere jetzt aus einer Studie, die letzte Woche oder Anfang dieser Woche präsentiert wurde. In der AHS verbringt ein Lehrer wöchentlich durchschnittlich 13,28 Stunden in der Klasse, in den berufsbildenden höheren und mittleren Schulen 15,28 Stunden. Es muss uns gelingen, die Lehrer mehr in der Klasse zu beschäftigen und weniger mit überbordenden Verwaltungstätigkeiten zu belasten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Muttonen: Keine Ahnung!)

Sie reden auch davon, dass uns das Bildungssystem angeblich wenig wert ist. Auch dazu möchte ich Zahlen anführen, die die Wahrheit sprechen. Wir erhöhen heuer das Bildungsbudget um 1,7 Prozent. Vom letzten Jahr auf das heurige Jahr hatten wir ein Plus von 4,69 Prozent, und


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vom Jahr 1996 auf das Jahr 2000 insgesamt eine Steigerung von 15,12 Prozent. Erklären Sie mir, wo da im Bildungssystem gespart wird!

Vergleichen Sie das auch mit dem, was in der OECD für Bildung ausgegeben wird. In der OECD werden im Durchschnitt 4,8 Prozent für Bildung ausgegeben. Wir in Österreich geben 6 Prozent aus.

Wissen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ich glaube, Sie sollten sich an Willy Brandt orientieren. Willy Brandt hat einmal gesagt: Die Fortschreibung der Vergangenheit bedeutet noch nicht Zukunft. – Was Sie betreiben, ist eine vergangenheitsorientierte Politik. (Abg. Silhavy: Ihre Politik auch! – Abg. Mag. Muttonen: Rückschritte sind auch keine Fortschritte!)

Wir sind bestrebt, Maßnahmen zu setzen, die die Zukunft sichern. Wir versuchen, im Bildungssystem die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien auf dem neuesten Stand zu halten, was die Ausbildung der jungen Leute betrifft. Wir versuchen, sie den Umgang mit den neuen Medien, mit der "new economy" zu lehren. Wir versuchen, Antworten auf die immer kürzer werdende Halbwertszeit des Wissens zu finden. Das ist die Aufgabe, die sich uns in der Bildungspolitik stellt, und nicht das Kaputt- und Krankjammern des österreichischen Bildungssystems! (Beifall bei der ÖVP.)

18.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Die Uhr ist wunschgemäß auf 11 Minuten gestellt. – Bitte.

18.47

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Rede des Herrn Kollegen Amon würde Anlass dazu geben, die Debatte komplett umzustellen, aber dann reden wir wieder nicht über die Dinge, die Sie in das Budgetbegleitgesetz hineingeschrieben haben, und über diese sollten wir heute wahrscheinlich doch reden. Es ist ja wohl eine ziemlich durchsichtige Strategie, hier mit OECD-Zahlen und ähnlichen Dingen zu operieren. All das steht aber nicht im Budgetbegleitgesetz drinnen. Dabei geht es um etwas ganz anderes. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Bundesministerin! Zunächst komme ich auch auf die Arbeitszeitstudie zurück. Ich möchte Sie zitieren aus der APA vom 10. August 1999, OTS. Darin heißt es – ich zitiere –:

Nach Vorliegen der Studien zur Arbeitszeit und zur Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer und der internationalen Vergleiche wird eine detaillierte Festlegung der Aufgaben für die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer erfolgen. – Zitatende.

Diese Studie wurde am Dienstag präsentiert. Heute beschließen wir ein Budgetbegleitgesetz, das in einem Ausmaß und in einer Form prägend sein wird, wie wir es in den letzten Jahren im Bildungssystem einfach nicht erlebt haben. Sie haben offenbar genau zwei Tage gebraucht, um die Ergebnisse der Studie in ein Maßnahmenpaket zu gießen, das im Übrigen in keiner Weise durch diese Studie belegt wird.

Die Studie sagt – und Sie haben das als Essenz auch zugegeben –, Lehrer zu sein ist ein Fulltimejob. – Okay. Dem würde ich zustimmen. Aber was Sie jetzt machen – obwohl Sie immer sagen, so ist es nicht –, ist de facto eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung.

Es ist ganz einfach. Sie können zwar sagen, formal haben Sie nicht erhöht. Sie haben aber auch zugestanden, es wird Ziel sein, LehrerInnen müssen mehr in der Klasse stehen, sie müssen mehr unterrichten. Das ist eine eindeutige Tatsache. Sie können es bezeichnen, wie Sie wollen, Sie können Haarspalterei betreiben, Faktum ist jedenfalls genau das: LehrerInnen werden nach Ihrem Modell wesentlich länger in der Klasse stehen müssen.

Die berühmten Kumulierungseffekte, die man sich anschauen kann, würden heißen, es kann für Lehrer um Kustodiat plus Klassenvorstand gehen. Diese Belastung ist schon ziemlich beträcht


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lich. Also zu sagen, dass sei keine Lehrpflichterhöhung und keine Verlängerung, das kann man einfach nicht akzeptieren. Ich wiederhole: Das ist nicht zu akzeptieren! Sie können das drehen und wenden, wie Sie wollen. In der Form und in dem, was es besagt, ist es eine Erhöhung der Unterrichtszeit der Lehrer. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie sagen immer, pädagogische Tätigkeit soll von Pädagogen ausgeübt werden, und Verwaltungstätigkeit soll offenbar von Verwaltern ausgeübt werden. (Abg. Öllinger: Vom Schulwart!)  Ich weiß nicht, das müsste man sich anschauen.

Sie haben mir in Ihrer Beantwortung im Ausschuss gesagt, für Sie sei die Klassenvorstandstätigkeit eine pädagogische Tätigkeit. Ich würde dem zustimmen. Ich frage mich nur: Was wird denn dabei verwaltet? Und was wird für Verwaltungsleistungen abgegolten, wenn es pädagogische Tätigkeiten sind?

Ich habe ein e-Mail mitgebracht, das habe ich heute von einem Kustoden bekommen, der beschreibt, was seine Tätigkeit ist. Und jetzt würde ich Sie gerne fragen oder ersuchen, zu definieren, was davon Verwaltungsarbeit ist.

Zu seinen Tätigkeiten gehören: die Instandhaltung eines kompletten Labors, die Be- und Entsorgung von Chemikalien, die Anpassung des Inventars an neue Bedürfnisse, Lehrpläne und Unterrichtsformen, die Instandhaltung der Sicherheitseinrichtungen, die Haltung einer Fachbibliothek auf dem neuesten Stand, die Auswahl und der Einsatz von neuen Medien, Computersimulationen im Chemiesaal und last but not least die Weiterentwicklung des fachlichen Unterrichts, die Koordination und Information der FachkollegInnen.

Sie sagen, das alles ist Verwaltungstätigkeit. Ich frage mich nur: Wer soll das machen, wenn nicht die LehrerInnen in den Schulen? (Abg. Öllinger: Der Schulwart!) Die Schulwarte, wie Kollege Öllinger einwirft? Wer soll das machen? Wer?

Wenn man das, was Sie sagen, noch weiter hinterfragt, dann stellt sich am Ende die Frage: Was ist Ihre Zielvorstellung? Heißt die Zielvorstellung: Am besten ist es, die Pädagogen stehen 40 Stunden pro Woche in den Klassen und unterrichten!? – Das kann es ja wohl nicht sein.

Alles andere wäre ja vielleicht noch als Verwaltung auszulegen. Man kann sich auch überlegen: Wie kann man Arbeiten mit technischen Mitteln auswerten? All das, so könnte man sagen, ist Verwaltungstätigkeit. Aber es kann doch wohl nicht das Ziel sein, dass eine pädagogische Tätigkeit davon geprägt ist, dass man eine möglichst hohe Anzahl von Stunden in der Klasse verbringt. Das hat mit Unterricht in moderner Form nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zum budgetären Bereich. – Kollege Schweitzer hat Fragen gestellt und danach den Saal verlassen; vielleicht kann man es ihm ausrichten. – Zunächst zu den Klassenvorstandstätigkeiten im AHS-Bereich. Ich möchte Ihnen nachweisen, dass unsere Zahlen stimmen. Sie haben uns vorgeworfen, die Zahlen, die wir nennen, stimmten nicht, das sei schon berechnet, und nur die Zahlen, die Sie nennen, seien richtig.

Ich möchte Sie konkret dazu befragen. Die Klassenvorstandstätigkeiten im AHS Bereich werden neu mit einer Abgeltung von 20 000 S pro Jahr entlohnt. Gut, das nehme ich zur Kenntnis. Was Sie aber nicht dazusagen, ist, dass es bisher eine administrative Entschädigung von zwei mal 4 500 S dafür gab, das macht pro Jahr 9 000 S. Diese Entschädigung gibt es nun nicht mehr. Diesen Betrag würde man ja wohl in jeder normalen Mathematikrechnung abziehen, und dabei kommt heraus, dass die zusätzliche Leistung nur mehr 11 000 S pro Jahr ausmacht. Ich betone: 11 000 S jährlich für eine Abgeltung von 1,1 Werteinheiten, das sind mehr als zwei Stunden Arbeit pro Woche!

Wenn man das umrechnet, wenn man diese zwei Stunden auf eine Normalarbeitszeit hochrechnet, dann stellt man fest, die Entlohnung dafür beträgt nicht einmal 20 000 S brutto im Monat. Bitte, wer soll um dieses Geld, für nicht einmal 20 000 S brutto im Monat, diese Tätigkeiten verrichten? Das sind Zahlen, die man in diesem Zusammenhang auch nennen müsste.


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Nun zu Ihren Budgetdaten, die ich ja besonders spannend finde. Gott sei Dank ist Herr Kollege Van der Bellen noch da. Er kann mir wahrscheinlich volkswirtschaftlich bestätigen, dass diese Rechnung nicht ganz aufgehen kann.

Es gab zunächst einmal eine Darstellung von Ihnen über 1 Milliarde Schilling Konsolidierungsbedarf in dieser Legislaturperiode. Finanzminister Grasser hat gesagt, das ist zu wenig. Dann hieß es, es gibt 3 Milliarden Schilling Konsolidierungsbedarf. So, und was machen Sie jetzt? – Sie frieren die Personalkosten ein. Sie frieren das Budget ein.

Das kann man relativ einfach nachrechnen. Wir haben in Österreich im Lehrerbereich Personalkosten von ungefähr – so genau ist es ja nicht – 70 Milliarden Schilling, und dazu kommen die jährlichen gehaltsmäßigen Erhöhungen. Was aber nicht dazukommt, das ist der Struktureffekt in der Budgetierung.

Dieser Struktureffekt wurde von Ihnen in der Vergangenheit immer mit 3 Prozent beziffert; 3 Prozent für Biennalsprünge: Lehrer werden älter, ältere Lehrer verdienen mehr. Bei 70 Milliarden Schilling Personalkosten machen 3 Prozent Struktureffekt ungefähr 2 Milliarden Schilling im Jahr aus. Sie frieren das für das Jahr 2001 ein, und Sie frieren es in dieser Legislaturperiode ein.

Das heißt aber, dass, wenn man vom Stand 2000 ausgeht, jährlich zusätzlich 2 Milliarden eingespart werden müssen. Das heißt, im ersten Jahr sind es 2 Milliarden, im zweiten Jahr sind es 4 Milliarden Schilling, und im dritten Jahr sind es 6 Milliarden Schilling, wenn Sie die Personalkosten einfrieren. Das macht nach meiner Rechnung – vielleicht können Sie mir das ja widerlegen – einen Konsolidierungsbedarf oder, besser gesagt, einen Einsparungsbedarf in diesem Bereich von 12 Milliarden Schilling aus. Ich betone: 12 Milliarden Schilling!

Und jetzt rechnen Sie das einmal um, das ist ja auch nicht allzu schwierig. Die Personalkosten dividiert durch die Anzahl der Lehrer ergibt den Betrag von 570 000 S, den ein Lehrer im Durchschnitt kostet. Rechnet man ein, dass – das hat Kollege Antoni ja betont – vor allem jüngere LehrerInnen den Job nicht weiter verlängert bekommen – das ist keine Kündigung; sie bekommen halt keinen neuen Vertrag –, dann nehme ich nur mehr 500 000 S als Rechengröße an.

2 Milliarden Schilling Einsparungsbedarf pro Jahr dividiert durch 500 000 S pro Lehrer ergibt 4 000 Stellen pro Jahr  – pro Jahr, und nicht für diese Legislaturperiode. Ich wiederhole: 4 000 Stellen pro Jahr!

Derzeit haben wir einen Stand von 122 000 Lehrern, bis 2003 werden es dann nur mehr 110 000 Lehrkräfte sein. Sie sollten mir erklären, wie das ohne eine tiefgreifende und völlige Umorientierung dieses Schulsystems, ohne eine massive Erhöhung der Klassenschülerzahlen, ohne das Streichen von sämtlichen Maßnahmen im Förderbereich, im Integrationsbereich, von all dem, was es an progressivem Unterricht gibt – Freigegenstände, Projektunterricht, all diese Dinge – funktionieren soll, nämlich mit einem Abbau von 12 000 Stellen innerhalb von drei Jahren. Das ist für mich einfach unvorstellbar! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ein Punkt, den ich auch noch nennen muss, sind die Überstundenzuschläge. Über die Höhe der Zuschläge kann man diskutieren. Es soll ein Modell kommen, das die Überstundenzuschläge so weit reduziert, dass eine Normalarbeitsstunde um einiges günstiger sein wird als eine bezahlte Überstunde, und zwar einfach deshalb, weil der Zuschlag so gering ist und nur dann ausbezahlt wird, wenn es Überstunden gibt, und nicht mehr über das gesamte Jahr.

Man kann darüber diskutieren, wie viel es genau ist. Die Berechnungen, die ich habe, kommen auf ungefähr 75 Prozent dessen, was eine normale Stunde kosten würde; so viel kostet letztlich eine Überstunde. Erklären Sie mir aber, was jene Schulen tun werden, die ein Lehrerproblem haben, die einfach geringe Mittel haben, die sie verwenden können. Die werden nichts anderes tun, als die möglichen Überstunden, die sie ansetzen können, voll auszuschöpfen und jene Lehrer, die in diesen Schulen arbeiten, massiv zu belasten. Diese Lehrer werden noch mehr unterrichten müssen, und außerdem – das kommt ja noch dazu! – werden junge LehrerInnen keine Jobs bekommen.


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Das ist einfach eine Bildungspolitik, mit der wir uns überhaupt nicht anfreunden können. Das geht völlig in die falsche Richtung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kollege Graf hat Inhalte eingefordert, leider stehen heute die Budgetbegleitgesetze auf der Tagesordnung. Ich kann daher nicht allzu viel zu den Bildungsinhalten sagen. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn wir in diesem Jahr im Unterrichtsausschuss auch nur einmal die Möglichkeit gehabt hätten, wirklich inhaltlich über die Bildungspolitik zu diskutieren, zum Beispiel über unseren Antrag auf Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen. Das wäre ein interessantes Thema gewesen, darüber hätte man bildungspolitisch diskutieren können. Aber es gibt keine Ausschusssitzungen, und wir werden heuer auch kaum mehr eine haben.

Frau Bundesministerin! Ich bekenne mich zu einem, was Sie gesagt haben: Die Wissensvermehrung schreitet rasant fort. Wir haben das Problem, dass es einfach zunehmend so viel Wissen gibt, dass das in der Schule kaum mehr unterrichtbar ist. – In diesem Zusammenhang erhebt sich aber eine Frage. Wenn das der Schluss ist – und diese Ansicht teile ich –, dann muss es doch tiefgreifende Auswirkungen auf den Unterricht, auf das Schulsystem geben, dann kann es doch wohl nicht so sein, dass es in der Ausbildung der LehrerInnen und in der Struktur keine Veränderungen gibt und dass wir nichts anderes tun, als die Klassenschülerzahlen zu erhöhen!

Frau Bundesministerin! Es geht aus meiner Sicht doch eindeutig um Folgendes: Faktenwissen veraltet innerhalb weniger Jahre, das heißt, Faktenwissen kann nicht mehr den größten Raum im Bildungssystem, im Schulsystem einnehmen. Wir müssen uns vielmehr nach Kompetenzen orientieren. Es muss darum gehen, dass Schülerinnen und Schüler, wenn sie die Schule verlassen, die Fähigkeit haben, sich genau das anzueignen, was sie spezifisch brauchen.

Frau Bundesministerin! Nennen Sie mir eine einzige Maßnahme, die in diesen Gesetzen steht, die das fördern soll – die die Kompetenzen fördert, die die Teamfähigkeit fördern soll, die einfach eine Antwort auf die Fragen des Bildungssystems ist. Davon ist nichts drinnen! Es tut mir Leid, diese Maßnahmen sind wirklich völlig missglückt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte, Frau Bundesministerin.

18.59

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst Folgendes richtig stellen. Ich habe in der Öffentlichkeit seit den Budgetberatungen, seit den Diskussionen um das Budget, immer folgende Zahlen genannt: Im Bundeslehrerbereich sind innerhalb von zwei Jahren 1,1 Milliarden Schilling einzusparen, im Landeslehrerbereich 1,5 Milliarden und im Universitätsbereich 400 Millionen Schilling.

Ich habe immer klar und deutlich gesagt, dass wir Maßnahmen setzen müssen, damit das Budget nicht um diese 3 Milliarden Schilling in zwei Jahren ansteigt. Das heißt, die Budgetkosten für das Personal, für die Lehrer und Lehrerinnen, sind zwei Jahre lang in gleicher Höhe zu halten. Die Kosten für die Gehaltserhöhung kommen dazu.

Nur damit das klar ist: Diese Übereinstimmung haben wir in den ersten Koalitionsgesprächen mit der SPÖ gefunden, und wir haben sie in den zweiten Koalitionsbesprechungen mit der FPÖ übernommen. – Das muss ich einmal ganz klar feststellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was mich auch wundert, ist die Gesetzesgläubigkeit des Kollegen von der grünen Fraktion. Er möchte mit Gesetzen Kompetenzen an den Schulen festschreiben, er möchte mit Gesetzen Teamfähigkeit an den Schulen vermitteln. – Meine Damen und Herren! Diese Kompetenzen, diese Fähigkeiten werden von engagierten Lehrern und Lehrerinnen mit moderner Didaktik vermittelt, und dafür bin ich dankbar! (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Stabilisierung der Personalkosten wurden im Schulbereich vernünftige Maßnahmen gemeinsam mit den Gewerkschaftsvertretern erarbeitet. Die unvernünftigen Maßnahmen, die von verschiedener Seite gefordert werden, wie Erhöhung der Lehrverpflichtung oder Erhöhung


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der Klassenschülerzahl, wurden von mir verhindert – nur damit das einmal klar ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben durch die Neubewertung der Tätigkeit des Klassenvorstandes und der Kustodiate sowie durch die Neubewertung von Überstunden und Supplierungen, bei gleichzeitiger Abschaffung der ungeliebten Wochendurchrechnung, einen fairen Weg gefunden. Gegen diese Wochenrechnung sind Sie in den letzten Jahren Sturm gelaufen! Da haben Sie gesagt, diese Wochendurchrechnung muss wieder weg! – Wir haben jetzt diese Abrechnung weiterentwickelt.

Meine Damen und Herren! Für die Arbeit als Klassenvorstand erhält man nun keine Abschlagsstunde mehr, sondern eine Zulage zum Gehalt. Für einen Klassenvorstand werden jährlich 20 000 S bezahlt, und für ein Kustodiat bis zu 16 000 S jährlich. Dass dieser Weg der richtige Weg ist, zeigt eben auch die Studie, denn sie zeigt ganz klar, dass die Zufriedenheit der Lehrerschaft nicht steigt, wenn sie weniger in der Klasse stehen und weniger Arbeit mit Schülerinnen und Schülern haben, sondern diese Studie zeigt klar und deutlich auf, dass Lehrerinnen und Lehrer besonders zufrieden sind, wenn sie mit der Jugend arbeiten, wenn sie mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten können. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe auch nie verschwiegen – das kann mir niemand unterstellen –, dass man dann, wenn wir im Bereich der Personalkosten Einsparungen tätigen, selbstverständlich Dienstposten nicht mehr nachbesetzen kann. Wir haben im AHS-Bereich und im BHS-Bereich 36 811 Dienstposten. Die Stabilisierung kann durch Nichtnachbesetzung von 650 Dienstposten im AHS-Bereich und 650 Dienstposten im BHS-Bereich erfolgen, durch Pensionierungen und den Abbau von Überstunden.

Weiters gibt es im Lehrerbereich als so genannten Sozialplan ein Vorruhestandsmodell, welches die anderen öffentlich Bediensteten nicht haben. Ich meine, damit machen wir ein echtes Angebot, damit wir diese Reduktion der Dienstposten ohne Kündigungen erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich stelle also Folgendes fest: Wir können durch Pensionierungen und durch Auffangen mit Überstunden diese vernünftigen Strukturmaßnahmen erreichen. Es gibt keine Erhöhung der Klassenschülerzahlen, es gibt keine Kürzungen im Angebot der Schulen, und bei der Zuteilung der Werteinheiten pro Schüler im Schuljahr 2001 und 2002 werden dieselben Angebote wie bisher an den Schulen ermöglicht.

Welche Angebote im autonomen Bereich gemacht werden, muss jede Schule selbst entscheiden, aber sie haben die dafür notwendigen Ressourcen. Und das, was in der Öffentlichkeit behauptet wird – Kollege Schweitzer hat es hier vorgetragen –, was an Material allen Eltern von Schülerinnen und Schülern geschickt wird, das ist nicht wahr!

Ich bringe den derzeit laufenden Demonstrationen und Mahnwachen kein Verständnis entgegen. Ich halte es für nicht vertretbar, dass Schülerinnen und Schüler für derartige Aktionen instrumentalisiert werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sie unterschätzen die Schüler! – Abg. Dr. Petrovic: Das sind eigenständige Personen!)

Nach meiner Information soll es sogar Lehrerinnen und Lehrer einer gewissen Richtung geben, die Lehrausgänge zu Mahnwachen beantragt haben. Ich bitte alle, die dies tun, zu überdenken, welchen Schaden sie dem Ansehen der Lehrerschaft in der Öffentlichkeit zufügen. Diese Aktionen werden in besonderem Maße von linken Gruppierungen angefacht, von manchen Lehrerinnen und Lehrern, die jedes Maß verloren haben und die Verhältnismäßigkeit nicht mehr sehen. (Abg. Öllinger: Sie waren auch schon besser, Frau Ministerin!)

Ein Lehrer, der Klassenvorstand ist, wird also in Zukunft in jeder von den 38 Schulwochen 50 Minuten mehr in der Klasse stehen. An Stelle der Abschlagsstunde erhält er aber eine jährliche Zulage von 20 000 S. Das ist eine große Chance für die jüngeren Kollegen, ihr Einkommen zu verbessern. Eine so günstige Regelung hat kein anderer Bereich in der öffentlichen Verwaltung! Bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium wurden lineare Strei


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chungen bei den Überstunden vorgenommen, aber sie erhalten keinen Ausgleich dafür, keine Zulage für irgendeine Leistung.

Es ist für mich verantwortungslos, mit Behauptungen, die nicht der Wahrheit entsprechen, Ängste zu schüren und zu nicht begründbaren Protestmaßnahmen aufzurufen.

Meine Damen und Herren! Aufgabe einer verantwortlichen Politik ist es, die beste Ausbildungs- und Forschungsqualität bei gleichzeitig sorgsamem und effizientem Einsatz der Steuergelder zu garantieren. Von diesem richtigen Weg werde ich mich nicht abbringen lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

19.06

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren – zumindest jene, die an einer Bildungsdiskussion interessiert sind! Frau Bundesminister! Auch wir haben in der Oppositionszeit manch harten Strauß ausgefochten, aber zu solchen Worten mussten Sie uns gegenüber nie greifen, wie Sie sie jetzt am Schluss verwendet hatten: von wegen der Unwahrheiten, die hier breitflächig verteilt werden. (Abg. Dr. Cap: Kuschelbären waren Sie aber auch nicht!)

Auch ich habe die Schlagzeilen gelesen, die da lauteten: "Kahlschlag im österreichischen Bildungssystem", "Jagd auf die bildungswillige Jugend", "Sozialer Numerus Clausus an Unis", "Junglehrervertreibung an Österreichs Schulen" und so weiter, und so weiter. (Zwischenruf der Abg. Mag. Muttonen. )  – Frau Kollegin! Das sind Schlagzeilen, die Sie bestellt haben. Sie haben diese Möglichkeiten in den Medien. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Mag. Muttonen: Genau! – Abg. Schasching: Bei den Medien, die Sie eingeschüchtert haben!)

Sie haben sich zur Zeit Ihrer Machtausübung in den Medien und in den Banken genügend Einfluss gesichert, um solche Schlagzeilen bestellen zu können. Natürlich weiß ich gleichzeitig, dass der Reporter, dass der Redakteur bei drastischer Formulierung sein Produkt leichter verkauft. Aber Sie nehmen das ja auf, was da an Unwahrheit verbreitet wird, Sie tragen es in die Schulen, und dann fragt uns Kollege Antoni heuchlerisch: "Wissen Sie, was Sie hier angerichtet haben?"

Herr Kollege Antoni! Wissen Sie eigentlich, was Sie anrichten? Wissen Sie eigentlich, was Sie mit dieser Propaganda, mit diesem Aufruf, mit dem, was uns heute von oben, von der Galerie herunter, auf den Kopf gefallen ist – im Übrigen unter feiger Umgehung der Hausordnung –, anrichten? Wissen Sie, dass das alles Produkte Ihrer Politik sind?

Passt das in den Bildungsbereich? Dass dieser Bereich nicht ganz in Ordnung ist, dass es dort Probleme gibt, dass die Bildungspolitik sich ununterbrochen weiterzuentwickeln hat, das wissen wir doch alle. Aber kann man wirklich mit solchen Schlagzeilen die momentane Situation definieren? Sehen Sie da wirklich einen realen Zusammenhang, wenn es heißt: "Jagd auf bildungswillige heimische Jugend"? – Das braucht man doch gar nicht zu kommentieren. Diese Polemik richtet sich ja anhand der Zahlen selbst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nehmen wir zum Beispiel die jüngsten Inskriptionszahlen. Was haben Sie, nachdem die Anlaufzeit in Leoben ein bisschen länger gedauert hat, über die Medien berichten lassen? Die Erfolgsgeschichte unserer Fachhochschulen – ist das nicht ein Zeichen, wie ausbildungswillig unsere Jugend ist? Der Aus- und Fortbildungswille von Österreichs Jugend – alle Bildungsstätten berichten davon. Ist dieser Bildungswille wirklich "zur Jagd freigegeben"? Stimmen diese Überschriften wie "Sozialer Numerus Clausus" wirklich?

Es können doch wirklich nur Ignoranten übersehen, wo die Schwachstellen in unseren Hochschulen sind. Dass wir lange Studienzeiten haben, haben wir heute von Frau Kollegin Papházy gehört. Es gibt weiters hohe Drop-out-Quoten, Engpässe bei verschiedenen Studienrichtungen


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sowie Defizite bei der Forschung und bei einzelnen Ausbildungsqualitäten. Das muss man akzeptieren, das muss man sehen, dagegen muss man etwas tun. Ob das jetzt tatsächlich Studiengebühren sind, das bezweifle auch ich, meine Damen und Herren. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube: Ich bin in den späten sechziger Jahren gegen Studiengebühren aufgetreten, allerdings am Verhandlungstisch und nicht auf der Straße – und das erfolgreich. Ich halte jedoch den Zeitpunkt, zu dem das nun passiert, und die Art für nicht optimal. Ich glaube, das Pferd wurde falsch aufgezäumt; wir hätten zuerst den Universitäten die Autonomie und ihnen dann die Möglichkeiten geben müssen, auch Studiengebühren zu fordern.

Das ist im Übrigen identisch mit Ihren Wünschen von der Sozialdemokratie, als Sie mit der ÖVP über diese Regierungsperiode verhandelt haben. Natürlich haben auch Sie die Möglichkeit angedacht und auch schriftlich formuliert, dass man um Studiengebühren auf Sicht nicht herum-kommen kann.

Noch ein Satz zum Kollegen Brosz, der wirklich viel lieber reglementiert und Gesetze wünscht, als die Autonomie der Schulen zu stärken (Abg. Dr. Petrovic: Brosz kennt den Artikel 18 B-VG!) und bezüglich Bildungspolitik meint, dass die Erhöhung der Klassenschülerhöchstzahlen im Wunschkatalog der Frau Minister ist. (Abg. Brosz: Der Klassenschülerzahlen!)  – Der Klassenschülerzahlen, pardon! Kennen Sie die Klassenschülerzahlen an Österreichs Schulen? (Abg. Schwemlein: Ja! Ich habe drei Klassen! In der einen sitzen 30, in der anderen 23, ...!) Sie haben sie abgefragt – ich gehe davon aus, Sie kennen sie –, aber vielleicht kennen die übrigen Herrschaften im Hause diese nicht: Volksschulen im OECD-Durchschnitt 17,9 Schüler, in Österreich 11,8, im OECD-Durchschnitt im AHS-Bereich 15,5 Schüler, in Österreich 9,3 und so wieter. (Abg. Schwemlein: Du weißt ganz genau, was statistische Mittelwerte bedeuten!)

Wir können uns über diese Zahlen im Detail unterhalten, wissen auch wechselweise, wie sie mit den diversen Förderungsmodellen zu Stande kommen, aber hier der Politik zu unterstellen, dass sie es auf die Erhöhung dieser Zahlen abgesehen hat, ist ein Unsinn. (Abg. Öllinger: Waren Sie schon einmal in einer ... Klasse drinnen?)

Ein letzter Punkt, Frau Bundesminister, zu Ihren Möglichkeiten, wie man diesen Einbruch in der Zahl der Lehrer auffangen kann. Ich glaube, Österreich verwendet das System der Teilarbeitszeitmodelle im schulischen Bereich im Unterschied zur EU mit etwa knapp 4 Prozent viel zu wenig. Es gibt ausreichend Mütter mit Kinderbetreuungspflichten, die in Schulen arbeiten, die vor allem in Pflichtschulen arbeiten, die sich geradezu danach sehnen, eine Zeit lang mit einer geringeren Belastung in der Schule arbeiten zu können. Vielleicht denken wir das noch etwas stärker an.

Ein allerletzter Punkt. Da ich selbst ein Berufsleben lang zwischen Unterrichtszeit und so genannter Administrationszeit mit einem klar vorgegebenen Umrechnungsschlüssel arbeite, finde ich es höchst an der Zeit, dass Sie Ähnliches wenigstens ansatzweise auch in der Schule machen. – Ich danke Ihnen jedenfalls für Ihre diesbezüglichen Bemühungen, Frau Bundesminister. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

19.13

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Frau Bildungsministerin! Das, was Sie uns heute hier als Weiterentwicklung verkaufen wollten oder auch im Unterrichtsausschuss als solche präsentiert haben, ist meiner Meinung nach gerade in der Bildungsfrage wirklich ein gewaltiger Rückschritt, geht es doch vor allem um Kürzungen. Ich möchte Herrn Schweitzer – auch wenn er jetzt leider nicht da ist – gerne ein noch paar Zahlen im Detail präsentieren, damit er weiß, wovon wir hier eigentlich reden und wie diese Maßnahmen vor allem die Schulqualität und die Kinder – und die sind es ja, um die es uns vordringlich gehen soll – treffen werden.


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Wir haben in den nächsten vier Jahren zum Beispiel in Niederösterreich auf Grund dieser Einsparungsmaßnahmen damit zu rechnen, dass 900 Lehrer allein im allgemeinen Pflichtschulwesen eingespart werden. Dem kann man natürlich mit in etwa 500 Pensionierungen entgegentreten. Da muss man aber die Kollegen, die jetzt 55 Jahre alt sind, dazu motivieren, dass sie das auch tun werden. Man muss schon die 55-Jährigen miteinbeziehen und motivieren, in Pension zu gehen.

Dann bleiben aber immer noch 400 junge Lehrer übrig, die Sie einsparen wollen, die Zeitverträge haben und die dann nicht mehr weiterbeschäftigt werden. Ich bin schon sehr gespannt darauf, welche Maßnahmen Sie ihnen anbieten werden und welche Möglichkeiten, damit sie dann weiterhin ihr Einkommen haben werden.

Aber noch viel krasser ist diese Einsparung, wenn wir uns das Wiener Bildungswesen anschauen. Das Wiener Schulwesen, das allgemeine Pflichtschulwesen in Wien, hat mit Einsparungsmaßnahmen von 14 Prozent – es ist eigentlich nicht ganz erklärbar, warum es gerade in Wien 14 Prozent und in den übrigen Bundesländern 8 Prozent an Einsparungen gibt – zu rechnen. Was das bedeutet, sind in Summe in den nächsten drei Jahren in etwa 1 445 Dienstposten – und das gerade in einer Bundeshauptstadt, in der bekanntermaßen die Bildung und die Ausbildung, das Pflichtschulwesen mit seiner Reformpädagogik und mit seinen besonderen integrativen und innovativen Ansätzen eigentlich weltweit Beachtung gefunden haben.

Ich kann Ihnen gerne einen Brief der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung aus Bayern zeigen. Es war eine Lehrergruppe auch in meiner Schule, einer Hauptschule, und in der benachbarten Volksschule. Man konnte sehen, was dort alles an Unterrichtsqualität und an zusätzlichen Leistungen für Kinder, für Schülerinnen und Schüler geboten wird. Man hat unter anderem auch in diesem Dankschreiben an die LehrerInnen geschrieben: Wir sind bemüht, unsere Beobachtungen auch einem größeren Kreis zugänglich zu machen, um die Orientierung an europäischen Entwicklungen zu fördern. – Europa betrachtet also das Wiener Schulwesen als eines, das so qualitätsvoll ist. Und diese Qualität geht jetzt verloren.

Was bedeuten denn 1 445 Dienstposten weniger? – Das bedeutet Qualitätsverlust in den Schulen. (Abg. Schwemlein: Und Einzelschicksale!) Was alles wird nun nicht mehr stattfinden können? Worauf müssen unsere Schüler und Schülerinnen in Zukunft verzichten? – Das ist zum Beispiel die Einsparung bei der Fremdsprachenoffensive, die Einsparung von "native speakers". (Abg. Amon: Das ist doch überhaupt nicht wahr!)  – Ja, hören Sie mir zu, Herr Amon! Ich sage es Ihnen der Reihe nach. Die Begabtenförderung, die zusätzlichen Lehrereinsatz fordert, und ganz besonders das interkulturelle Lernen – darauf möchte ich auch im Detail hinweisen (Abg. Amon:  ... keine Bildung eingespart!)  – sind davon betroffen. Nicht nur, dass in der Landeshauptleutekonferenz am 16. Oktober eine Einsparung von 14 Prozent ausgemacht wurde, hat am 13. November die Frau Bundesministerin der Frau Vizebürgermeisterin Laska in einem Gespräch noch mitgeteilt hat, dass auch die Zuschläge für besondere Aufgaben des Schulwesens in Wien nicht inkludiert sind, das heißt, noch zusätzlich gestrichen werden.

Was bedeutet das? – Das bedeutet 750 LehrerInnen im Bereich des interkulturellen Lernens weniger, das bedeutet 180 LehrerInnen im Bereich der muttersprachlichen Zusatzunterrichte weniger. Das ist es eigentlich, worum es hiebei geht, nämlich dass wir nicht mehr nach dem Prinzip "fördern statt Auslese" vorgehen können, sondern dass wir die Qualität und die qualitätsvolle Ausbildung unserer Schülerinnen und Schüler schlicht und einfach den Bach hinunter schicken. (Beifall bei der SPÖ.)

Was mich daran besonders bestürzt, sind Ihre heutigen Aussagen, in denen Sie auch die qualitätsvolle Arbeit der Klassenvorstände angesprochen und diesbezüglich von Verwaltungstätigkeit gesprochen haben. Frau Ministerin! Sie sind so wie ich Lehrerin im Pflichtschulwesen, im Pflichtschulsystem. Sie wissen ganz genau, was es heißt, Klassenvorstand zu sein. Ich war es viele Jahre lang, und ich denke, Sie waren es auch irgendwann einmal. Sie wissen ganz genau, dass nur ein ganz kleiner Teil davon Verwaltung ist, dass sich der größte Teil eigentlich um die Zuwendung, um pädagogische Gespräche, um pädagogische Gespräche mit Eltern, mit Erziehern und um viele, viele andere Dinge mehr drehen muss und drehen wird. (Abg. Amon:


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Sind junge Klassenvorstände weniger wert als ältere?) Und das alles tun Sie als Verwaltungsarbeit ab.

Wenn ich Sie so beobachte, wie Sie uns das hier präsentieren, dann sind, so glaube ich, Ihre Körperhaltung und Ihr Gesichtsausdruck ein Spiegel dessen, dass Sie sich bei dem, was Sie uns hier erzählen, nicht ganz wohl fühlen können, nämlich bei den Unwahrheiten, die Sie uns in den letzten Wochen und Monaten präsentiert haben, wenn man sich die Studiengebühren, die Einführung der Zuschläge und des plötzlich kostenintensiven Zugangs zu Pädagogischen Akademie ansieht.

Wenn ich lese, dass Sie in den "Niederösterreichischen Nachrichten" sagen: Kostenlos ist nichts im Leben, aber der Unterricht wird unentgeltlich bleiben!, so kann ich das leider auch nicht glauben, denn ich denke, hier wurden schon so viele Unwahrheiten verbreitet, dass ich befürchten muss, dass wir über diesen Weg auch demnächst das Schulgeld in der höheren Schule in Kauf nehmen müssen. Das ist ein derartiger Rückschritt in die Vergangenheit, dem ich mich nicht widerstandslos stellen möchte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

19.20

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Werter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte Folgendes klarstellen: Die Klassenvorstandstätigkeit wird nach wie vor vom Lehrer durchgeführt. Der Lehrer ist ein Pädagoge. Er hat 1 793 Stunden an pädagogischer Tätigkeit im Jahr. Ich habe ganz klar gesagt: die Neubewertung der Tätigkeit des Klassenvorstandes und von Kustodiaten. – Ich habe nicht von Verwaltungstätigkeit gesprochen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

19.21

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir sind bei den Schulen – oder besser –, bei den hohen Schulen, gelandet. Die Österreichische Hochschülerschaft verlangt Uni-Reform statt Studiengebühren. – Ich meine, das ist eine falsche Entweder-oder-Auffassung. Wir brauchen beides. Heute nehmen wir den Ausgang bei einer ganz wichtigen Frage, die im öffentlichen Hearing zu den Budgetbegleitgesetzen Professor Mazal stellte: Wie kommen wir zu mehr sozialer Treffsicherheit?

Genauer hieß es: Ist es gerecht, dass Eltern mit Kindern im Kindergartenalter durch Kindergartengebühren belastet werden und Eltern mit studierenden Kindern nicht mit vergleichbaren Lasten zu rechnen haben? – Ich glaube, das ist eine wichtige Frage. Die Bundesregierung hat einen Antwortvorschlag gemacht. Die Ministerin hat schon ausgeführt: 400 Millionen Schilling sollen im Bereich der Studierenden, der Universitäten, der hohen Schulen zur besseren Balance dieser Belastungen beziehungsweise zur sozialen Treffsicherheit eingespart werden.

Das Unterhaltsgesetz lässt sich nicht so ohne weiteres ändern, und Familienbeihilfen in einem schnellen Verfahren abzusenken, wäre nicht gerade seriös gewesen. Es bleibt daher nur der europäische Weg, die Studierenden einzuladen, zur Hochschul- und Studienfinanzierung auch ihren Beitrag zu leisten. Das ist, so glaube ich, wesentlich, wenn wir die gegenwärtige Situation bewerten, in der wir Hochschulfinanzierungsbeiträge von Studierenden festlegen wollen. Dass wir von der Elternperspektive ausgehen müssen, bestätigt auch der Studienautor Hans Pecherxxxok, indem er fairerweise sagt, Abschied vom Nulltarif ist möglich, und korrekterweise von "Elternbeiträgen" spricht.

Österreich geht also diesen europäischen Weg, und dieser europäische Weg hat gezeigt: Studiengebühren, Studienbeiträge, Mitfinanzierungen halten nicht vom Studienzugang, vom Zugang zu Universitäten ab. Das ist ganz wichtig. Daher lässt sich auch die These, dass Mädchen


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besonders "dran glauben" werden, sehr schnell falsifizieren. Wir hatten beispielsweise in den achtziger Jahren einen Einbruch beim Unizugang von Mädchen, obwohl es damals keine Studiengebühren gab.

Ich denke, das ist wichtig, wiewohl mir die Beobachtung der Inskribierten- und Inskribentenzahlen ganz wichtig ist. Das gehört zum soliden Handwerk eines Parlamentariers, einer Parlamentarierin. Ich hoffe also, dass die Zahl der Studierenden weiter steigt. Die Inskriptionszahlen dieses Wintersemesters lassen mich ruhig sein. Die Reformpunkte waren bereits im Oktober bekannt, die Voraussetzungen damit also auf dem Tisch. Ich verstehe nicht, warum schon jetzt ein undifferenziertes Wehklagen einsetzt.

Ich bin auch froh darüber, dass der Studienautor Wohlfahrt im öffentlichen Hearing seine Thesen sehr modifizieren musste, war er doch auf Grund von falschen Annahmen zu seiner Aussage gekommen. Details lasse ich weg. Ich stimme ihm aber in einer Hauptthese zu, nämlich dass Studienbeiträge bedeuten, dass das mittlere und obere Einkommensdrittel das untere Einkommensdrittel finanzieren. Das ist mir unter dem Titel "soziale Gerechtigkeit" durchaus recht. Wer denn sonst soll Beiträge bezahlen, wenn nicht die Bezieher hoher Einkommen?

Meine Damen und Herren! Wir können daher heute sagen: Erstens: Studienbeiträge sind kein Hindernis. Im Fall von geringem Elterneinkommen gibt es Stipendien – um 450 Millionen Schilling mehr als bisher. In Summe werden künftig fast 1,9 Milliarden Schilling ausgegeben werden.

Zweitens: Die studentische Zuverdienstgrenze wird erhöht. 100 000 S können insgesamt pro Jahr verdient werden, ohne Familienbeihilfe und Stipendium zu verlieren.

Drittens: Mit den Banken hat die Frau Bundesminister ein Darlehensmodell ausgehandelt, das einen nahezu zinsenlosen Kredit bedeutet. Das ist ein gutes Ergebnis. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir können daher sagen, dass wir die zwei Entschließungsanträge, die die ÖVP-FPÖ-Fraktionen im Zusammenhang mit Studiengebühren und Studienbeitragsabsichten im September und Oktober verabschiedet haben, zum Großteil erledigt sind und wir daher beim zweiten Punkt des von der ÖH geforderten Anliegens sind, nämlich bei der Uni-Reform. Auch hier sind wir schon ein gutes Stück weit gekommen: Abbauen von Engpässen an Universitäten durch zusätzliche Investitionen – 500 Millionen Schilling sind dafür reserviert; Schwerpunktsetzungen im Studienangebot – werden angegangen; das neue Dienstrecht – in Vorbereitung; Evaluierung von Forschung und Lehre – in konzentrierter Bearbeitung.

Meine Damen und Herren! Ein letztes Wort noch zur Neuregelung der Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Universitäten. Auch diese wird neu organisiert. Der Rektor kann auf Antrag der Studiendekane Leistungsprämien für Lehr- und Prüfungstätigkeiten vergeben. Ich möchte aber an dieser Stelle schon sagen, dass ich traurig bin und es bedauere, dass sich einige Universitätslehrer in Kenntnis dieser Regelung in den letzten Tagen so verhalten haben, dass sie den Ruf der Universitäten nicht gerade würdig verteidigt, sondern beschädigt haben. Sie haben damit die Idee der Freiheit der Lehre und des Denkens in gewisser Weise in Misskredit gebracht.

Dennoch: Dialog als Angebot gilt unbegrenzt und uneingeschränkt. Wir wollen diesen Dialog für die weiteren Reformen nützen. Wir wollen uns anstrengen, weil wir mit Seneca meinen: Anstrengung ist für edle Geister eine Stärkung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte. (Abg. Schwemlein  – in Richtung der Abg. Dr. Brinek –: Gertrude! Ich habe mir die Lippen blutig gebissen und auf alle Zwischenrufe verzichtet!)

19.27

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wenn ich jetzt hier in die Reihen schaue, muss ich sagen, die Anwesenheit bei der FPÖ


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lässt ganz klar den Bildungsschwerpunkt der Bundesregierung erkennen. (Abg. Schwemlein: Hohe Drop-out-Quote!) Die Anwesenheit bei der ÖVP entspricht vielleicht der gewünschten schmalen, aber schlagkräftigen Bildungselite oder einer idealen Klassenschülerzahl. Aber darauf mögen wir uns selbst einen Reim machen. Über anderes rede ich jetzt fairerweise einmal nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es überrascht eigentlich nicht, dass in letzter Zeit Sozialstaat und auch Bildungspolitik leider vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Kosten debattiert werden. Immer wieder fällt auf, wenn öffentliche Gelder knapp werden, dass plötzlich manche Talente und Fähigkeiten in sich entdecken, ganz lupenrein und scharf zwischen Notwendigkeiten, zwischen Ballast und Luxus zu unterscheiden. Wenn ich daran denke, wie bestimmte Geistes- und Kulturwissenschaften – zum Beispiel Orientalistik – oder die Freiheit des Hochschulzuganges als Luxus deklariert wurden, fällt mir nur ein: Ich assoziiere mit Orientalistik "ex oriente lux", aus dem Osten kommt das Licht.

Ich frage mich: Brauchen wir denn das überhaupt, wo doch bei uns im Westen das Licht der Geistesflamme unserer Bildungs- und Forschungspolitiker der Bundesregierung ohnehin so hell strahlt? Also weshalb: "ex oriente lux"?

Nun zitiere ich noch eine erleuchtende Bemerkung der ÖVP-Generalsekretärin Rauch-Kallat aus der APA. Sie bezeichnet die Studiengebühren als "Meilenstein einer Bundesregierung, für die die Bildung höchsten Stellenwert besitzt". – Diskrete Widersprüchlichkeiten sind in diesem Licht der Erkenntnis nicht aufgegangen.

Weiters zitiere ich sie: "Investitionen infolge moderater Studienbeiträge werden der Universität ein völlig neues Gesicht verleihen." – Jetzt frage ich Sie: Sind Universitäten Schönheitsfarmen, oder sollen Universitäten unter dem Blickwinkel von Jagdschlössern eines Geldadels gesehen werden, oder hat man nicht begriffen, dass universitäre Leistungen im Kopf entstehen – ich meine das Gehirn? – Da gibt es nur eine topographische Nähe zum Gesicht. Denken mit dem Gesicht habe ich noch nicht erlebt; auch mit einem neuen Gesicht wird das Denken wahrscheinlich nicht flotter und besser vonstatten gehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich frage mich – und diese Frage habe ich in vielen Diskussionen mit Vertretern der Regierungsparteien gestellt, wobei ich ohne jede Eitelkeit sagen muss, dass ich, zumindest was die Auditorien gesagt haben, jeweils nicht übel, um es ganz dezent auszudrücken, ausgestiegen bin –: Was sind die Motive für diese Studiengebühren?

Ist es wirklich das Budget? – 2 Milliarden Schilling erwartet man sich, wohl wissend, dass es diese nicht sein werden. Denn in Bildung wird ja viel mehr investiert. Ist es wirklich dieser Tropfen – oder, wenn Sie wollen, auch diese zwei Tropfen bei 2 Milliarden Schilling – auf den heißen Stein, der es einen in Kauf nehmen lässt, bildungspolitische Ideale und auch bildungspolitisch sinnhafte Dinge – ich kann das dann gerne noch erläutern – einfach über Bord zu werfen? Oder ist es doch das Klientel? – Ich erinnere nochmals daran, dass Wirtschaft und Industrie eine Woche vor dem Beschluss im Ministerrat das wiederum eingefordert haben. Glauben Sie mir, ich habe die Papiere der Industriellenvereinigung über neue Finanzierungsmöglichkeiten an Universitäten gelesen. Hochintelligent waren sie nicht, aber aufschlussreich. (Beifall bei den Grünen.)

Oder gibt es ein weiteres Motiv? – Aber diesbezüglich habe ich schon einmal gesagt, das sind eher mittelalterliche Erziehungsrituale, wenn man glaubt, durch Gebühren oder durch gewisse Härte das schneller, weiter und höher erreichen zu können. Denn das müssen Sie mir erklären; und so dumm bin ich nicht, um nicht zu sehen, dass eine Steigerung der Durchflussrate, nämlich möglichst viele in möglichst kurzer Zeit durch Studiengebühren zu einem Abschluss zu bringen, mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erreichen ist. (Abg. Dr. Mitterlehner: Wieso machen es die anderen Länder dann? Sind das lauter Blöde?)  – Das habe ich nicht gesagt. Andere Länder haben andere Bedingungen, haben höhere Stipendienraten an Quotienten jener, die Stipendien bekommen, und auch höhere Volumina pro Kopf. Das ist Ihnen entgangen.


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Aber ich komme jetzt auf etwas zu sprechen, was mir schon wichtig ist, nämlich sich etwas der Wahrheit zu nähern. Es wurde immer wieder argumentiert: Studieren ist nicht gratis. Ich sage nochmals: Studieren war nie gratis. Dass der Staat Nutznießer von Bildungsinvestitionen ist, ist klar; alles, was an einer Million in die Bildung gesteckt wird, kommt mit dem Faktor drei heraus. Das besagen OECD-Studien und Herr Kollege Mitterlehner als Wirtschafter wird diese gelesen haben – nehme ich an.

Dass pro Kopf eines/r Studenten/in und pro Bruttoinlandsprodukt die öffentlichen Investitionen seit den siebziger Jahren um 50 Prozent reduziert wurden, ist Ihnen auch aufgefallen, aber man verschweigt es. Es wird auch verschwiegen, dass Studieren deswegen nicht gratis ist, weil durch den fehlenden Glättungsvorteil 80 Prozent der öffentlichen Investitionen in Studierende von diesen, sobald sie Akademiker sind, über ihre erhöhten Steuern zurückgezahlt werden. 80 Prozent! Unwahr ist es daher auch, die Kosten der Studierenden höher einzuschätzen, als sie tatsächlich sind. Nur Volksschülerinnen und Volksschüler sind letztlich im Schnitt billiger als Studierende.

Wissen ist Macht. Ich habe schon einmal gesagt: Wissen erlaubt auch, sich zu emanzipieren, kritisch zu denken und sich in einer immer komplizierteren Welt zu orientieren. Aber wenn es Leute gibt, die Macht am liebsten nur bei sich selbst vereint als Monopol sehen, haben Sie natürlich keine Freude damit, wenn jetzt Linke, Katholen, Gutmenschen und Grübler einmal eine Mahnwache abhalten. Ich glaube, unterschiedliche Meinungen sind erlaubt – welche die beste ist, darüber kann man streiten.

Wir waren der Meinung, dass Anreize für höhere Bildung notwendig sind und man nicht Hürden errichten soll, über deren Produktivität man keinerlei dezidierte Aussagen von Seiten der Regierung treffen kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Argumente: Auch der Kindergarten kostet etwas und daher müssten auch die Schulen etwas kosten!, sind spärlich und nicht anständig. (Abg. Dr. Brinek: Das kam von Experten!) Wenn ich sage, Kindergartenplätze sind zu teuer, könnte ich ja auch sagen, na dann schaffe ich auch die Budgets für Kindergartenplätze und ermögliche den Leuten, ihre Kinder dort genauso frei hinzugeben, wie ich Leute frei mache für Bildung, und zwar für kostenlose Bildung. Das ist möglich. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Antoni.  – Abg. Dr. Brinek: Der Frau Stadträtin Laska sagen wir das in Wien, der Vizebürgermeisterin! Das sind die teuersten! Unterschiedlich hoch, aber das sind die höchsten!)

Man muss überall für Kindergartenplätze zahlen, das konzentriert sich nicht auf Wien, auch wenn die Preise da vielleicht am höchsten sein mögen. Aber ich würde an Ihrer Stelle diese Argumente nicht nehmen, weil sie nicht klug sind. (Abg. Dr. Brinek: Die kamen von den Experten!)  – Schauen Sie, es gibt auch eine Moral; bei Experten mag manches Fachwissen liegen, aber sie sind keine Politiker. Die Politik hat immer frei zu entscheiden, ob sie sich einer Expertenmeinung zuneigt oder nicht. (Beifall bei den Grünen.) Das hätte ich als unsere Aufgabe gesehen. Sonst können wir alle heimgehen, denn es gibt genügend Experten, die unsere Plätze füllen können. Das glaube ich schon. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Das sind Experten – und keine Politiker!)

Ich komme jetzt zu etwas, was ich noch ganz gerne andiskutiert hätte. Wenn wir schon darüber streiten, was in der Präsidiale erlaubt wird, was man sagen darf und was nicht, welche Ausdrücke hier erlaubt sind und welche nicht, komme ich noch auf ein Argument, das ich in Diskussionen mit Ihren Parteimitgliedern immer wieder gehört habe. Es wurde gesagt – und ich halte das fast für eine Notwehraktion, wenn ich freundlich bin –: "Es blieb uns nichts anderes übrig, entweder die Familienbeihilfe zu streichen oder Studiengebühren einzuführen."

Sie wissen aber haarscharf und genau, dass die Absicht, die Familienbeihilfe zu streichen, nicht nur schwerste verfassungsrechtliche Bedenken ausgelöst hat, sondern schlichtweg als verfassungswidrig bezeichnet wurde. Das heißt, Sie hatten diese Alternative gar nicht, und es war dies nicht eine Morgengabe in der Art: Hier habe ich etwas verhindert, und um das zu retten, muss ich jetzt die Studiengebühren einführen.


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Ich möchte Ihnen jetzt noch einmal meine Definition über Ausdrücke und Wörter, die im Parlament erlaubt sind, klarlegen. Wenn jemand oder eine Gruppe etwas sagt, was nicht stimmt, hat das für mich drei Gründe. Erstens: Man unterliegt einer Täuschung; sagen wir jetzt, pseudowissenschaftlich, ist gleich: komplexer Irrtum. Zweitens: Man versteht etwas nicht; das ist entweder bloßes Unwissen oder einfache Dummheit. Drittens: Man sagt bewusst die Unwahrheit, das heißt, man lügt; das ist eine Charaktervariante, die Intelligenz allerdings nicht ausschließt.

Wenn wir jetzt bei Wissenschaft und Lehre sind, bin ich aber dafür – und bekenne mich dazu –, dass ich dann "klug" und dann "gescheit" sage, wenn ich etwas für klug und gescheit halte, und dann sage, es sei etwas als Argument oder als Idee dumm, wenn ich es für dumm halte und das hinreichend beweisen kann. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Zwischen Täuschung und Lüge gibt es ein breites Feld, und Sie sollten zulassen, dass wir uns darin frei bewegen. Wenn Sie der Wahrheit – und dazu gehören auch die Ausdrücke "Dummheit" und "Lüge" – keine Handbreit Raum lassen, finde ich, dass etwas hier zu kurz kommt, zumindest das, was man den Spiegel nennt, in den man schauen sollte. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

19.38

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich gebe dem Kollegen Grünewald nicht immer, aber sehr oft gerne Recht. Er hat am Ende seines Redebeitrages – ich möchte das auch kommentieren – offensichtlich zur Ordnungsrufpraxis dieses Hauses Stellung genommen. (Abg. Schieder: Aber geh!) Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: Diese müssen wir uns wirklich einmal in der Präsidiale genauer anschauen. Es gibt eine Praxis, und man darf die ständige Praxis, die hier geübt wird – mag sie dumm oder klug sein –, nicht immer gerade abhängig davon abändern wollen (Abg. Schieder: Sonst ist die Praxis keine Praxis mehr!), je nachdem, welcher Präsident gerade den Vorsitz führt. Sonst ist die Praxis keine Praxis mehr.

Daher sollte man in dieser Ordnungsrufpraxis durchaus in dem einen oder anderen Bereich Lockerungen machen, weil sie ganz einfach in der einen oder anderen Sache nicht mehr wirklich zeitgemäß ist – aber dann bitte für alle gleich gültig und nicht wiederum differenziert für einen Teil. (Abg. Schieder: Sie meinen "gleichermaßen"! Für alle gleich!)

Ich glaube, wenn man sich darauf verständigen kann, dann würde es schon Sinn machen, sich das auch anzusehen. Man braucht ja nur den Geschäftsordnungskommentar, in dem die ständige Praxis aufgelistet ist, was da alles an Harmlosigkeiten drinnen ist, durchzusehen. Dann wird man draufkommen, dass das vielleicht wirklich reformierungsbedürftig ist. – Soviel dazu.

Nun im Wesentlichen zum Wissenschaftsbudget, das wir noch separat im Detail behandeln werden. Es hat mich zumindest sehr zufrieden gestellt, dass Kollege Niederwieser bei den Budgetverhandlungen unumwunden zugeben musste, dass es nur einen einzigen Punkt gibt, den es im Wissenschaftsbudget zu kritisieren gilt, und das sind die Studiengebühren. Ansonsten könnte er dem vollinhaltlich zustimmen. Wir haben es alle gehört.

Das ist daher der einzige, wenn auch ein zentraler Punkt – das gebe ich gerne zu, weil es eine Systemänderung darstellt – der Kritik. Und ich glaube, eine Regierung, der permanent so viel Gegenwind entgegenweht, nur an einem Kritikpunkt letztlich in einem gesamten ... (Abg. Schieder: Gegenwind kann einem nur entgegenwehen, sonst wäre er es nicht, sonst wäre er kein Gegenwind!)  – Genau, Herr Kollege Schieder! Sie haben offensichtlich irgendetwas Nettes gegessen, denn Sie sind gut aufgelegt, das merke ich. Aber es macht nichts – Zwischenrufe beleben die Debatte!

Tatsächlich ist es so, dass man eigentlich stolz darauf sein kann, wenn das in einem derartigen Umfang so passiert, denn nur ein Kritikpunkt ist jedenfalls wenig. Aber es würde zu kurz greifen, wollte man die Studiengebühren nur in einigen Sekunden oder Minuten diskutieren. Wir werden da oder dort vielleicht noch Gelegenheit dazu bekommen.


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Ein Faktum darf man in diesem Zusammenhang wirklich nicht vergessen. Es war ein breit unterstützter Wunsch, dass die Studiengebühren gleichzeitig mit der Ausgliederung der Universitäten – und es besteht relativ breiter Konsens in diesem Haus, dass diese Ausgliederungen erfolgen sollen – oder auch früher kommen sollen. Wenn also die Rektoren – ich kenne das Argument, dass die Rektoren nicht die gesamte Universität sind; das ist schon klar – selbst festschreiben, dass man das nicht autonomen Regelungen der Universitäten überlassen sollte, sondern der Gesetzgeber gefragt sei, ja oder nein zu sagen, und man letztlich dieser Anregung dann nachkommt – vielleicht nicht zu dem Zeitpunkt, den man sich gewünscht hat –, dann darf man sich nicht wundern! In Wirklichkeit war es ein mutiger Schritt dieser Regierung.

Sie haben schon Recht: Es wird jetzt natürlich unsere Aufgabe sein, es zu bewerkstelligen, dass Studenten letztendlich in möglichst kurzer oder kürzester Zeit ihr Studium zu Ende bringen können. Und ich habe es immer wieder gesagt: Für mich ist nicht unbedingt ausschlaggebend, ob wir 220 000, 200 000 oder 180 000 Studierende an den österreichischen Universitäten haben, für mich ist die Absolventenquote, also wer das Studium in möglichst kurzer Zeit erfolgreich abschließt, das entscheidende Kriterium. Wenn es diesbezüglich zu Problemen kommt, also wenn die Akademikerquote in dieser Beziehung abnimmt, dann werden wir selbstverständlich weitere Überlegungen in diese Richtung anstellen müssen.

Aber ich glaube, es ist auch zu erkennen, dass diese Regierung wirklich dazu bereit ist, mit dem Etikettenschwindel, der gerade im Bildungssystem allgemein – also im primären, sekundären und tertiären Bereich – vorherrscht, Schluss zu machen. Grüne und Freiheitliche mögen zwar in der Kritik unterschiedliche Ansatzpunkte haben, aber darin stimmen Sie uns, glaube ich, doch zu, dass es gerade im Schul- und Bildungs- und auch im Wissenschaftssystem aus verschiedensten Gründen Etikettenschwindel gegeben hat, den man beseitigen muss, und hiezu braucht man Mut.

Oftmals Keimzelle des politischen Unmuts auch von Standesvertretungen ist der Umstand, dass im Entlohnungssystem ein Etikettenschwindel betrieben wird. Warum ist nach dem alten System ein Klassenvorstand, der erst wenige Dienstjahre hat, in der Bezahlung weniger wert als ein älterer? – Das müssen Sie mir erklären! (Zwischenruf des Abg. Brosz. )

Mit diesem kleinen Teilschritt wird nun auch dieses System geändert. Es geht nicht alles in acht Monaten, das werden Sie uns ja konzedieren können, aber in Wirklichkeit ist das der Systemwechsel in die richtige Richtung. Letztendlich sollte ein wirklich tertiärer Bildungsbereich nicht – wie dies aus Überlegungen des rot-schwarzen Proporzes erfolgte, da man es einem bestimmten Minister zuordnen möchte – postsekundärer Bildungsbereich genannt werden, so wie es in der Vergangenheit der Fall war. Tatsächlich ist der so genannte postsekundäre Bildungsbereich – Pädaks und so weiter – doch nur aus dem Grund als Zwischenstufe bezeichnet worden, damit man ihn nicht in ein bestimmtes Ministerium eingliedern muss. Das ist doch mit eine Ursache gewesen! (Abg. Dr. Niederwieser: Nein!)

Ich halte es für nicht zielführend, wenn entgegen der von uns getroffenen Feststellung im Ausschussbericht, vor allem in Anbetracht dessen, dass die Pädagogischen Akademien in absehbarer Zeit zu Fachhochschulen werden – das haben ja noch Sie von der SPÖ beschlossen, das darf ja nicht vergessen werden –, diese dann nicht auch so behandelt werden wie alle Fachhochschulen. Um nichts anderes geht es!

Diesem Hort des Etikettenschwindels im Bildungsbereich soll letztlich ein Ende bereitet werden.

Noch ein letzte Anmerkung, Herr Grünewald: Sie haben am Anfang die Anwesenheit, die Präsenz thematisiert. Man kann das durchaus so sehen, aber in genau jenem Moment, als Sie es gesagt haben, habe ich nachgezählt: Bei den Freiheitlichen waren 14 Abgeordnete da – das ist ein bisschen mehr als ein Viertel der Fraktion –, bei den Sozialisten waren 16 da – das ist auch knapp mehr als ein Viertel der Abgeordneten –, bei der ÖVP waren 18 da – das ist weit mehr als ein Viertel –, bei den Grünen waren fünf da – das ist knapp die Hälfte! Aber wahrscheinlich haben Sie in Ihrer Fraktion auch Werbung dafür gemacht (Abg. Dr. Grünewald: Nein, nein!),


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damit Sie diesen Eingangs-Sager machen können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

19.45

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Lassen Sie mich noch einmal zurückkommen zu den Lehrern und zu der Frage, ob diese jetzt gekündigt werden oder nicht, Kollege Amon.

Halten wir uns an das, was die Ministerin im Ausschuss gesagt hat: 4 200 sind es in etwa, 400 Millionen Schilling müssen an den Universitäten auf dem Personalsektor eingespart werden. – Es ist also wirklich Haarspalterei, ob Sie sagen, da wird ein Vertrag nicht verlängert oder da wird ein Junglehrer nicht eingestellt, der sonst beschäftigt werden würde, oder wie immer Sie das nennen wollen! Diesen 4 200 Personen, die nun entweder nicht mehr arbeiten können oder nicht arbeiten können, werden Sie näher erklären müssen, dass Sie behaupten, es passiere gar nichts und niemand brauche sich zu fürchten. Die Zeit kommt noch, in der Sie das erklären müssen, da machen wir uns keine Sorgen. (Abg. Amon: Sie haben ja behauptet, sie werden gekündigt!)

Lassen Sie mich gleich bei Ihnen bleiben, Kollege Amon, und zu den Studiengebühren kommen: Ich habe in meinen Unterlagen – und einer unserer tüchtigen Mitarbeiter hat da sehr mitgeholfen – noch ein Schreiben vom 14. Mai 1998, das ist noch nicht allzu lange her. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Es trägt so ein Logo: "JVP Österreich" – ich nehme an, das ist die Junge Volkspartei –, und ist gezeichnet mit: "Abg. z. NR, JVP-BO Werner Amon, Sprecher der Plattform"

Was will diese Plattform? – Sie bringt eine Petition im Parlament ein, ein "Jugendvolksbegehren", dessen zentraler Punkt lautet: "Keine Einführung von Studiengebühren und Schuldgeldern."

Kollege Amon! Wie ist das jetzt mit Ihnen? – Zu Beginn haben Sie und noch einige andere gesagt, Sie können sich mit diesen Dingen nicht anfreunden. Da hätten Sie schon schreiben können: "Keine Einführung, wenn nicht Bedingungen erfüllt werden." Aber nein, Sie haben geschrieben: "keine Einführung". – Jetzt aber stimmen Sie und einige, die vorher großartig dagegen protestiert haben, diesem Gesetz betreffend Studiengebühren zu. Da wird es doch, wenn das schriftlich vorliegt, erlaubt sein, zu fragen, wie sehr man Ihren Worten trauen kann – oder nicht! (Abg. Amon: Aber Sie dürfen diese Worte nicht aus dem Zusammenhang reißen!)

Lassen Sie mich noch zu einem weiteren Punkt kommen: Die Frau Bundesministerin hat am 12. Oktober 2000 hier, ungefähr von derselben Stelle aus, gesagt – ich zitiere wörtlich –:

"Eine zweite Klarstellung möchte ich prophylaktisch treffen: Es ist eine Unwahrheit, wenn behauptet wird, die Regierung plane die Einführung von Schulgeldern. Ich fordere alle, die Verantwortung tragen, auf, die Verbreitung einer derartigen Unwahrheit zu unterlassen!" – Zitatende. (Bundesministerin Gehrer: Das ist es!)

Nun aber lesen wir in diesen Unterlagen, Budgetbegleitgesetz, Bericht des Budgetausschusses, auf Seite 11 – ich zitiere –:

"Daher geht der Budgetausschuss davon aus, dass an allen Bildungseinrichtungen des Postsekundarbereiches Kostenbeiträge eingeführt werden."

Ja ist das nicht ein Widerspruch? (Abg. Dr. Brinek: Da ist der Hochschulbereich gemeint! – Abg. Dr. Martin Graf: Hochschulbereich!) Entschuldige! Da steht: "an allen Bildungseinrichtungen des Postsekundarbereiches", und das ist nicht etwas, was Kollege Graf definiert, sondern


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für den Postsekundarbereich gibt es eine internationale Definition. Und wenn Sie schon immer die OECD-Studie zitieren, dann nehmen Sie auch deren Definition, die für alle Länder gilt.

Und das gilt natürlich für die Akademien (Abg. Dr. Brinek: Wenn sie Hochschulen sind!), das wissen Sie ganz genau, religionspädagogische Akademien – gleich, ob sie Hochschulen genannt werden oder nicht, und das gilt genauso gut für die Kollegs. (Abg. Dr. Brinek: Das ist ja nicht wahr!) Postsekundär ist, was nach der Matura passiert. Über diese Definitionen sollte man bitte unter Bildungspolitikern nicht mehr streiten müssen. (Abg. Dr. Martin Graf: Auch eine Universität ist nach der Matura!)

Und es ist ja auch kein Wunder, denn was hat denn der Herr Bundeskanzler laut einer Aussendung im Jahre 1995 – damals nicht Bundeskanzler, aber immerhin dieselbe Person: Wolfgang Schüssel – in Alpbach gesagt? – Ich zitiere:

"Die Pflichtschule müsse auch weiterhin kostenfrei sein. Ansonsten könnte man sich aber auch im Bereich der Schule überlegen, ,ob alle Leistungen, die angeboten werden, umsonst sein müssen.‘"

Da schließt sich der Kreis, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da schließt sich der Kreis und bekommt eine Logik, und daher bekommt auch unser Entschließungsantrag eine Logik, nämlich das zu tun, was Sie hier immer so großartig behaupten. Beschließen Sie daher doch mit uns, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, vom Vorhaben der Einführung von Kostenbeiträgen im Postsekundarbereich Abstand zu nehmen. – Dann wäre das klar (Abg. Dr. Martin Graf: Das Vorhaben gibt es ja nicht!), andernfalls müssen Sie ab heute Abend damit rechnen, dass wir die Behauptung aufrechterhalten, dass diese Bundesregierung Schulgeld einführen will, denn das stimmt dann, und das werden wir noch erleben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Von einem Vorhaben, das es nicht gibt, kann man nicht Abstand nehmen!)

Abschließend noch, Frau Bundesministerin, wir haben ja wenig Zeit: Sie haben gemeint, Sie haben vieles, was dem Bildungsbereich noch gedroht hätte, verhindern können. Wir stellen dazu nur fest: Mir kommt das ein wenig so vor, als ob man sagen würde, der Patient Bildung liegt nicht auf der Intensivstation, er liegt nur im Krankenhaus – und das ist schlimm genug! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Wer hat ihn denn dorthin gebracht? – Abg. Dr. Martin Graf: Aber in einigen Jahren wird er im Leistungszentrum sein!)

19.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

19.51

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte verwundert mich, und ich muss sagen, es ist von all den Debatten über den Wissenschafts- und Bildungsbereich, die ich bisher hier erlebt habe, diejenige, die insbesondere von Seiten der Opposition die am wenigsten inhalts- und gehaltvolle ist.

Ich bin enttäuscht, ich bin wirklich enttäuscht darüber, dass es anstatt um inhaltliche Probleme hauptsächlich darum geht (Abg. Mag. Prammer: Um Geld!), wer wann was gesagt hat. Wir sind heute hier, um ein Budgetbegleitgesetz zu beschließen, in dem wichtige Maßnahmen enthalten sind.

Herr Dr. Grünewald! Ich habe jetzt schon ein paar Mal von Ihnen gehört – Sie haben es immer ein bisschen anklingen lassen und einmal sogar ganz ausdrücklich gesagt –, dass es "jemandem" wahrscheinlich nicht passe, wenn an den Universitäten kritische Geister erzogen werden. Ich muss das, da es nun schon zum dritten oder vierten Mal gefallen ist, von dieser Stelle aus auf das Schärfste zurückweisen! (Abg. Dr. Grünewald: Wissen Sie das? Beweise!) Das ist mir ein dringendes Anliegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie zitieren darüber hinaus immer wieder eine Studie von Wohlfahrt, die mir bekannt ist und die auch die einzige ist, die ich kenne, die sich gegen Studienbeiträge als solche ausspricht. Was


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nämlich heute zu wenig diskutiert wird, ist, dass Studienbeiträge Struktureffekte haben, die für die Universitäten sehr wichtig sind. Zum einen ist es so, dass die Mittel wesentlich zielgerichteter eingesetzt werden können, wenn es keine Karteileichen mehr gibt, zum Zweiten sind Leistungsanreize noch nie etwas unglaublich Schlechtes gewesen, und zum Dritten, Herr Dr. Grünewald, ist es überhaupt nicht so, dass es ganz egal wäre, wie lange jemand studiert, denn die Berufs- und damit die Lebenschancen junger Leute hängen sehr wohl auch davon ab ... (Abg. Dr. Grünewald: Habe ich das gesagt?)  – Sie haben gerade unterstellt, man möchte jetzt möglichst schnell und egal in welcher Qualität die Studenten durch die Universität schleusen. (Abg. Dr. Grünewald: Das ist ein Unterschied!) Das Gegenteil ist der Fall: Wir wollen bei einer Optimierung der Qualität so kurze Studienzeiten wie möglich und so geringe Drop-out-Quoten wie möglich. (Beifall bei der ÖVP.)

Aus diesem Grund ist es trotz dieses Budgetkonsolidierungspaketes gelungen, ein Budget vorzulegen, in dem insbesondere im Wissenschafts- und Bildungsbereich überwiegend konstante, zum Teil aber auch erheblich angehobene Budgetansätze vorhanden sind. Es ist also ein Schwerpunkt im Bereich der Wissenschaft und der Bildung gesetzt worden. (Abg. Dr. Grünewald: Gewollt worden!)

Abschließend muss ich noch sagen, dass mir nicht bekannt ist, dass eine Verkürzung der Kinderbeihilfe verfassungswidrig wäre. Es wäre ohne weiteres möglich, sie nur noch bis zu einem gewissen Lebensalter von jungen Menschen auszubezahlen. Das wäre kein Problem. Wir wollen das aber nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Grünewald: Es war aber nicht falsch!)

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Opposition! Ich bitte Sie, unsere Reformen mit zu beschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. – Bitte.

19.55

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Grünewald, wenn die Anwesenheit in den Reihen der Fraktionen wirklich so ausschlaggebend ist, dann befürchte ich, dass Ihr Interesse, das Interesse der grünen Fraktion, an dieser Bildungsdebatte doch nicht so groß ist, denn anscheinend ist der Hunger mittlerweile größer geworden als das Interesse für die Studenten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Grünewald: Weil die Argumente immer schlechter werden!)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Die Art und Weise, wie Sie heute in dieser Bildungsdebatte argumentiert haben, die Art und Weise, wie Sie die Diskussion auch in der Öffentlichkeit führen, ist aus meiner Sicht schlichtweg verantwortungslos. Sie machen Angst, Sie versuchen, mit unrichtigen Behauptungen Lehrer, Eltern, Schüler und Studenten zu verunsichern, ihnen Angst einzuflößen (Abg. Öllinger: Sprechen Sie von der Freiheitlichen Partei?), ihnen einfach etwas vorzugaukeln, was diese Regierung nicht machen wird. (Abg. Dr. Grünewald: Sie machen Mut!)

Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass wir an den österreichischen Universitäten alles andere als gute Bedingungen haben. Tatsache ist, dass wir katastrophale Bedingungen haben – und auch äußerst schlechte statistische Daten: Wir haben in Österreich die längsten Studienzeiten, wir haben eine beinahe 50-prozentige Drop-out-Rate, 43 Prozent der Studenten haben im letzten Jahr keine einzige Prüfung absolviert, wir haben überfüllte Hörsäle, wir haben zu wenig Praktikumsplätze – und all das, meine Damen und Herren, ist das Ergebnis einer sozialistischen Massenuniversität! (Abg. Edlinger: Auf das habe ich jetzt gewartet!) Das ist das Ergebnis einer sozialistischen (Abg. Edlinger: Sapperlot! Noch einmal!) Massenuniversität! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: ... Karl Habsburg ...!)


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Und daher, Kollege Edlinger, hat sich diese Bundesregierung dazu entschlossen (Abg. Edlinger: Sagen Sie "Herr Edlinger"! Lassen Sie den "Kollegen" weg!), eine umfassende Universitätsreform anzugehen (Abg. Brix: Damit ein Arbeiterkind nicht mehr studiert!), auch mit Tabuthemen zu brechen, auch über Themen zu sprechen, die nicht populär sind, und zwar deshalb, weil sie ganz einfach notwendig und zum Wohle unseres Universitätswesens sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Sie vertreiben ja noch die letzten Zuhörer!)

Daher wird es notwendig sein, im Bereich des Dienstrechts für Professoren, für Universitätsangehörige eine umfassendere Reform durchzuführen, um mehr Leistungsanreiz, mehr Leistungsmotivation hineinzubringen. (Abg. Öllinger: Etwas weniger Schlagwörter!) Es wird der Weg in die Vollrechtsfähigkeit der Universitäten beschritten, und, meine Damen und Herren, es wird – und das ist im Budgetausschuss sogar von Seiten der SPÖ anerkannt worden – wichtige Investitionen im Universitätsbereich geben. Und das ist auch gut so!

Allerdings: Diese notwendigen Investitionen, die von überhaupt niemandem bestritten werden, diese notwendigen Investitionen kosten – denklogisch – Geld. (Abg. Öllinger: Geld von den Studenten!) Genau das ist der Punkt, und Sie können sich vielleicht denken, was jetzt kommt: Ihre dreißigjährige sozialistische Verschwendungspolitik (Abg. Edlinger: Sapperlot!), zu der Sie, Herr Ex-Minister Edlinger, ganz wesentlich beigetragen haben (Abg. Edlinger: Na "selbstverständlich"!), genau diese Ihre Verschwendungspolitik hat hier einen Engpass bewirkt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man nur die Zinsen hernimmt, die wir in Österreich jährlich zahlen – 100 Milliarden Schilling an Zinsen –, wenn man nur einen Bruchteil davon in Forschung und Lehre investieren könnte (Abg. Edlinger: Eine "große" Rede!), dann hätten wir diese ganze Diskussion, die wir heute führen, nicht notwendig.

Sie sollten nicht mit faulen Eiern werfen. Sie sollten sich in Selbsterkenntnis üben. (Abg. Schieder: Wieso 34 Jahre?) Sie sollten sich in Selbsterkenntnis üben, Herr Kollege Schieder, denn auch Sie sind jahrelang mit verantwortlich gewesen für dieses Desaster, das Ihre Fraktion hauptsächlich zu verantworten hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schieder: Wieso 34 Jahre? Sie können ja nicht einmal rechnen!)

Meine Damen und Herren! Diese Reform, diese Universitätsreform wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Universitäten sichern. (Abg. Schieder: 34 Jahre ist die Studiendauer von Karl Habsburg!) Diese Universitätsreform wird den österreichischen Studenten und Studentinnen die bestmögliche Ausbildung gewährleisten. Und, glauben Sie es mir, die Menschen, vor allem die jungen Menschen, die Studenten erkennen die Notwendigkeit dieser Reform. Sie erkennen, dass es notwendig ist, diese Investitionen vorzunehmen, sie erkennen auch, dass es notwendig ist, einen Beitrag dazu zu leisten. (Abg. Edlinger: Manuskript weitergeben! Nicht wegschmeißen! Das ist so notwendig!) Deswegen ist dieser Weg zwar nicht angenehm, aber er ist richtig und notwendig, und daher werden wir ihn auch konsequent weiter gehen.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich wünsche Ihnen sehr viel Erfolg. Unsere Unterstützung haben Sie. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.01


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.01

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Abgeordneter Schender hat soeben behauptet (Ruf bei der ÖVP: Oberlehrer!), wir würden den Menschen Angst machen. Wir, die Sozialdemokraten würden den Menschen Angst machen.

Ich stelle dazu tatsächlich richtig: Ich habe Bundeskanzler Schüssel zitiert, der gesagt hat, dass nur die Pflichtschulen kostenfrei sein müssen. Und es tut mir sehr Leid, wenn wir Ihnen mit einem Zitat von Bundeskanzler Schüssel Angst machen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sevignani. – Bitte.

20.02

Abgeordneter Hans Sevignani (Freiheitliche): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Letzter Programmpunkt der destruktiven Politik der SPÖ war heute dieser Flugzettel. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Man kann nur sagen, schade um das Geld, man könnte das sicherlich besser verwenden.

Die Koalition gibt mit ihrem Budget 2000/2001 einen Startschuss für das umfangreichste Reformprogramm der Zweiten Republik. Wir lassen uns von unserem Reformprogramm, Österreich zu einem modernen, effizienten und zukunftsorientierten Staat zu machen, nicht abhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir wollen ein Ende der sozialistischen Schuldenpolitik.

Als Lehrer an einer Tourismus-Schule möchte ich den Lehreraspekt kurz herausgreifen. Wir Lehrer sind entgegen Ihren Behauptungen sehr wohl bereit, für die Reform- und Budgetmaßnahmen einen angemessenen Beitrag zu leisten. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen haben mir bestätigt, dass sie voll hinter diesem Programm stehen. Deshalb verstehe ich solche Flugzettel nicht.

Darin besteht auch ein Einvernehmen mit der Gewerkschaft. Ich halte fest, dass etwa der Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst, der eine Valorisierung der Gehälter gebracht hat, auch von den sozialistischen Gewerkschaftern gelobt worden ist. Trotzdem bringen die Reformen im öffentlichen Dienst in den kommenden drei Jahren Mehreinnahmen von jährlich 1,5 Milliarden Schilling.

Unser Ziel ist ein modernes und zukunftsorientiertes Schul- und Bildungssystem für Österreich. Dieses Ziel werden wir mit unserem Vorhaben erreichen. Dazu gehören: flexible Arbeitszeitregelungen, Durchrechnungszeiträume, Gleitzeit-Dienstpläne, Umstellungen bei Vergütungen von Mehrdienstleistungen bei Ordinariaten und Kustodiaten.

Was ich als Praktiker, als Lehrer nicht verstehe, ist die große Aufregung darüber, dass nunmehr Kustodiate oder Klassenvorstands-Abschlagsstunden separat bezahlt werden. Motivierte Lehrer mit guter Einstellung haben jetzt die Möglichkeit, länger in der Klasse, länger bei den Jugendlichen, länger bei den Kindern zu sein. Es ist doch eigentlich die Aufgabe jedes Pädagogen, in der Klasse zu sein und für guten Unterricht zu sorgen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sehe in diesem Schritt große Gerechtigkeit, Gerechtigkeit für alle jungen Lehrer, die nunmehr die Möglichkeit haben, ihre volle Lehrverpflichtung wahrzunehmen, und darüber hinaus für Tätigkeiten wie Klassenvorstand oder Kustodiate separat zu kassieren.

Dazu, dass bisher die Gewerkschaft still war und nichts gesagt hat, nur ein Beispiel: Eine Klassenvorstands-Abschlagsstunde von einem 55-jährigen Lehrer beziehungsweise einer Lehrerin hat bisher das Doppelte gekostet als bei einem jungen Lehrer. Das finde ich einfach ungerecht und deshalb gefällt uns dieses neue System. Frau Minister, wir stehen voll hinter Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich noch einen Satz sagen, und zwar als Touristiker: Es wird heute auch die neue Regelung bezüglich Arbeitslosengeld beschlossen, die Wartefrist von vier Wochen wird fallen. Ich freue mich darüber, und ich möchte mich bei unserer Staatssekretärin Frau Rossmann und bei den Sozialpartnern für diesen Schritt bedanken. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

20.06

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es freut mich, dass heute eine Frau Natur und Umwelt vertritt, ich hoffe, dass Sie, wie ich das von den Frauen immer kenne, mehr Sensibilität bezüglich Umwelt und Natur haben.


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Somit glaube ich auch, dass nach den mächtigen Bauern, die daran sind, sich die Umwelt mehr oder weniger unter den Nagel zu reißen und sich jetzt schon darauf freuen – nicht die kleinen Bauern, die großen! –, Österreichs Wälder und Seen aufzuteilen, noch nicht das letzte Wort gesprochen worden ist. (Abg. Schwarzenberger: Wir sind die einzigen Umweltschützer, nicht nur mit Taten, sondern auch mit Worten!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn wir in der Umwelt- und Landwirtschaftsdebatte – wie in der letzten Zeit immer angeklungen ist – gehört haben: Nehmt euch ein Beispiel an Wien – und es ist oft direkt eifersüchtig herausgeschrieen worden, Wien sei sozusagen der größte Bauer und Häupl der größte Waldbesitzer (Abg. Schwarzenberger: Nach den Bundesforsten!) nach den Bundesforsten, ich sage das ohnehin dazu, Kollege Schwarzenberger –, so sage ich als Wiener mit Stolz: Ja, das stimmt! Wien ist ein sehr großer Waldbesitzer, aber Wien macht im Wald auch etwas, und zwar nicht nur für den Wald und für die Natur, sondern Wien macht Waldwirtschaft für die Menschen in diesem Lande, damit diese Menschen in einer gesunden Umwelt leben können. Das ist der Unterschied zu anderen, wie diese mit dem Wald umgehen.

Wien nützt vor allem seinen Wald auf eine Weise, was Sie von der blau-schwarzen Regierung gerne einfach abkassieren wollen. Wien nützt den Wald für die Wasserwirtschaft, und Wien hat tagtäglich aus den beiden Hochquellenwasserleitungen 450 000 Kubikmeter an Wasser bester Qualität, das den Wienerinnen und Wienern und allen Gästen zur Verfügung steht.

Wenn ich immer wieder höre, in Wien werden die Forste gesperrt, was einfach nicht stimmt – irgendein Abgeordneter der Freiheitlichen Partei hat behauptet: Wien lasse die Menschen nicht in den Wald hinein –, so ist das ganz einfach nicht wahr. Im Gegenteil: Die Wälder, die der Stadt Wien gehören, sind geöffnet, und ich würde mich freuen, würde das auch in Zukunft so bleiben – entgegen dem Gesetz, das Sie planen, einem Anschlag auf die Österreicherinnen und Österreicher, wodurch ihnen Wald und Seen nicht mehr so zur Verfügung stehen wie bis jetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie ein, Sie können es sich anschauen am Hochschwab, im Rax-Schneeberg-Gebiet, Sie können es sich überall anschauen: Wo die MA 49, die Forstverwaltung der Stadt Wien, Waldwirtschaft betreibt, wird Waldwirtschaft gemacht, und das in einer natürlichen Art und Weise. Da wird Verjüngung betrieben! Da wird kein Kahlschlag betrieben, sondern Verjüngung, und zwar so, dass in erster Linie – das hat Vorrang – den Menschen hochwertiges Wasser zur Verfügung steht.

Ich habe schon das Gefühl, wenn ich sie so herausschreien höre – da gibt es ja einige Bauernvertreter unter den Abgeordneten der ÖVP –, so beginnt das jetzt schon ... (Abg. Auer: Aber mich meinst du nicht?)  – Nein, dich meine ich nicht. Aber da hinten sitzen einige.

Von denen glaube ich, wenn sie sagen, es wäre schön, wenn die Wiener auch ihren Anteil verkaufen würden, damit sich die Herren Prinzhorn, Schalle, Heinzel – und wie sie in diesem blauen Netzwerk alle heißen – diese Wälder unter den Nagel reißen und dort billigst jagen gehen können. Das ist der Grund, das Prinzip: Auf der einen Seite will man die Bundesforste mit einem Schuldenpackerl versehen, und zwar deshalb, damit sie auf der anderen Seite billig verkaufen müssen, damit die Herren Prinzhorn, Schalle, Heinzel – und wie sie alle noch heißen mögen – dadurch billig zu Grund und Boden kommen können.

Einige Vorredner wie etwa Herr Abgeordneter Schender haben gemeint: Was braucht denn jeder zu studieren? Andere sagen: Was braucht denn jeder Österreicher in den Wald zu gehen, es genügt doch, wenn die Reichen allein in den Wald gehen – die Arbeiter sollen draußen bleiben! – Aber diese Zeit ist ein für alle Mal vorbei und wird, meine Damen und Herren, auch nicht mehr kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Zusammenhang mit Ihren diesbezüglichen Absichten zitiere ich aus einer Pressekonferenz unseres Wiener Bürgermeisters, jenes Mannes, der der prädestinierte Umweltpolitiker ist, weil er mit Herz und Seele nicht nur Obmann der Naturfreunde, sondern auch Umweltpolitiker ist. Er teilt uns mit, dass diese Republik die Seeanteile vom Attersee, vom Wörthersee, vom Ossiacher


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See, vom Millstätter See, vom Weißensee, vom Brennsee, vom Afritzersee, vom Längsee, vom Presseggersee, vom Bassgeigensee und Falkertsee verkaufen will. Das ist eine Verschleuderung österreichischer Kultur, österreichischer Erholungslandschaft an einige hochprivilegierte Nutznießer!

Meine Damen und Herren! Das darf es ganz einfach nicht geben! Daher werden auch wir Wiener das Volksbegehen unterstützen und die Österreicherinnen und Österreicher aufrufen: Lasst euch euren Wald und lasst euch euer Wasser von ein paar reichen Bauern und ein paar reichen Industriellen nicht nehmen! Das darf ein für alle Mal nicht sein, denn der Wald ist unser aller Eigentum. (Beifall bei der SPÖ.)

20.11


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

20.11

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Brix! Ich habe mich nach Ihnen zu Wort gemeldet, weil ich habe geglaubt, Sie gehören noch zu den Bildungssprechern. Bitte um Entschuldigung, ich habe inzwischen dazugelernt. Ich habe mich zu Beginn Ihres Redebeitrages gefreut, weil Sie gesagt haben, dass Frauen mehr Sensibilität haben. Deswegen sage ich auch: mehr Frauen in die Politik! (Allgemeiner Beifall.)

Um nur ganz kurz auf Ihre Rede einzugehen: Ich möchte schon festhalten, ich bin bei allen Diskussionen im Ministerrat und sonst überall dabei. Sie wissen ganz genau, der freie Zugang zu den Wäldern bleibt erhalten. Sie wissen ganz genau, das Forstgesetz bleibt erhalten. Sie wissen ganz genau, die Seen bleiben öffentliches Wassergut. Sie wissen ganz genau, strategisch wichtige Wasserquellen sind vor dem Ausverkauf geschützt. Es ist also nicht so, wie Sie es hier dargestellt haben. Mit Ihren Ausführungen malen Sie wieder nur Ängste an die Wand.

Meine Damen und Herren! Es hat hier geheißen, Frauen sind sensibel, und deswegen möchte ich auch noch ein sensibles Thema aus dem Hochschulbereich ansprechen, das mir ein Anliegen ist. Es wird immer wieder in den Zeitungen kolportiert, dass die Prüfungstaxen gestrichen werden. Das ist falsch. Die Prüfungstaxen werden neu geregelt. Wir haben im Universitätsbereich einen Stabilisierungsbedarf – ich habe es bereits erwähnt – von 200 Millionen Schilling jährlich. Wir wollen den Universitäten die Möglichkeit geben, in ihrer Autonomie frei zu entscheiden, wo sie diese Strukturmaßnahmen setzen.

Es wurde mir von kompetenten Professoren empfohlen, das so zu machen, es wurde mir von Mitgliedern der Rektorenkonferenz empfohlen, das so zu machen. Deshalb stelle ich jetzt fest: Wir haben für die Prüfungstaxen im Budget 255,6 Millionen Schilling, wir haben für die Kollegiengelder im Budget 576 Millionen Schilling.

Auf Anraten der Fachleute haben wir aber folgende Regelung getroffen: Der Rektor einer Universität oder einer Universität der Künste kann auf Vorschlag des zuständigen Studiendekans Universitätslehrern, die in einem Semester oder Studienjahr besondere Leistungen im Rahmen der Lehr- und Prüfungstätigkeit erbracht haben oder besonderen Belastungen im Lehr- und Prüfungsbetrieb ausgesetzt waren, eine besondere Leistungsprämie gewähren. Dabei sind auch Evaluierungsergebnisse zu berücksichtigen.

Wir haben also die Autonomie der Universitäten sehr, sehr ernst genommen, und die Verantwortungsträger an den Universitäten können nun beweisen, dass sie in ihrer Autonomie Leistungen gerechter und besser honorieren als das Ministerium mit einer neuen, starren Prüfungstaxenregelung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Möglichkeit der Leistungsprämie ist ein weiterer Schritt zu einem neuen Dienstrecht, ein weiterer Schritt zu unserem Gesamtprojekt "Modern studieren", mit Uni-Neu, mit Dienstrecht-Neu, mit Strukturmaßnahmen-Neu, und ich lade Sie alle ein, an der Verwirklichung dieses Gesamtprojektes mitzuarbeiten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schender zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.15

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident! – Herr Abgeordneter Brix hat behauptet, ich hätte gesagt, es braucht nicht jeder zu studieren, und das in einer abwertenden Art und Weise.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe einen derartigen Satz niemals gesagt, er wäre auch meinem Denken völlig fremd!

Aber das ist genau die Art und Weise, in der Sie auf unzulässige Art und Weise mit der Verbreitung von Unwahrheiten Angst und Unsicherheit säen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

20.16

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich finde, die Diskussionskultur in diesem Hause ist schon etwas mangelhaft. Abgeordneter Prinz geht heraus (Rufe bei der SPÖ: Prinz? – Brix!), kritisiert sozusagen die Zerschlagung der Bundesforste, und dann entfernt er sich sofort und betreibt praktisch Dialogverweigerung. Er will die Antwort gar nicht hören.

Bereits im Budgetausschuss hat die SPÖ-Fraktion bei der Behandlung dieses Budgetbegleitgesetzes durch Abwesenheit geglänzt. Sie wollen sich also sachlich nicht damit auseinander setzen, weil Sie wissen, dass Sie dabei die schlechteren Argumente haben.

Herr Abgeordneter Prinz (Rufe: Brix!)  – Brix! –, nun sind Sie endlich wieder da. – Auch Gusenbauer hat heute Früh schon gesagt, dass die Zukunft der Bundesforste aufs Spiel gesetzt wird. Darf ich die Fakten darstellen: Herr Abgeordneter Brix! Die Bundesforste hatten im Jahre 1970 829 000 Hektar, sie hatten 1999 862 000 Hektar. Das heißt, sie haben in den letzten 30 Jahren 33 000 Hektar mehr zugekauft, als sie verkauft haben. Einen Grundverkehr hat es immer gegeben. Selbst wenn jetzt zum Beispiel 30 000 Hektar verkauft werden, wäre das durchaus vertretbar. Aber die Fläche steht ja noch nicht fest. Es werden ja erst die Seegrundstücke bewertet, und entsprechend der Höhe des Wertes der Seegrundstücke werden die Bundesforste in etwa dann auch Flächen verkaufen. Die Bundesforste verkaufen Flächen nicht unter 10 S pro Quadratmeter.

Ich habe in meiner Umgebung schon Angebote von Bauern, die bisher Almflächen von den Bundesforsten gepachtet haben, für 10 S und mehr pro Quadratmeter, die sozusagen nur die Pachtflächen ins Eigentum bekommen wollen. Was ist daran agrarpolitisch oder auch ökologisch so schlecht?

Ich könnte Ihnen auch viele Beispiele dafür bringen, dass der Kleinwaldbesitzer seinen Wald ökologischer bewirtschaftet als der Großwaldbesitzer (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen – Abg. Brix: Das ist richtig! Georg Schwarzenberger zum Beispiel! Aber schaut euch die Stadt Wien an!), weil der Großwaldbesitzer in der Regel mit schweren Maschinen im Wald arbeitet. Der Kleinwaldbesitzer hat höchstens einen Traktor, eine Seilwinde und die Motorsäge. In sehr vielen Fällen, vor allem dort, wo es Sturmkatastrophen gab, haben die Bundesforste zuerst die größeren Stämme herausgeholt, aber die Bauern machten die Flächen dann erst wirklich sauber und arbeiteten bis zum Brennholz alles auf. Da kann man nicht sagen, dass damit der ökologische Wert zerschlagen wird.

Im Forstgesetz ist – und das gilt für den Privatwald genauso wie für den öffentlichen Wald – die freie Begehbarkeit verankert. Ich könnte Ihnen auch Zahlen nennen, die belegen, dass im


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Privatwald, also vor allem im Kleinwald, weniger Flächen für die Begehung als im Großwaldbereich gesperrt sind. Die Bundesforste haben eine sehr starke Rechtsabteilung, die vieles durchsetzt. Die Bundesforste sind ein forstlicher Leitbetrieb, und den wollen wir auch erhalten.

So konnten zum Beispiel die Privaten eine Entschädigung im Zusammenhang mit den Schäden durch Mountainbiker früher nie durchsetzen, aber als die Bundesforste ihre Wälder und ihre Forstwege sperrten und damit sozusagen eine Entschädigung erzwangen, musste diese natürlich auch den privaten Waldbesitzern gegeben werden.

Es ist also nicht so, dass der Wald im privaten Bereich für Erholungszwecke nicht mehr so geeignet wäre.

Ich habe aber selber auch Wünsche. Wir haben bei den Bundesforsten sehr viele Holzbezugs- und Weiderechte; insgesamt sind es 31 500 Holzbezugsrechte und 15 100 Weiderechte. Der Verband der Einforstungsgenossenschaften versucht, für sie die Interessenvertretung zu sein. Wir werden auch die Bundesforste auffordern: Wenn solche belasteten Grundstücke verkauft werden, sollten sie in erster Linie an die Holzbezugs- und Weideberechtigten, die jetzt die Nutzung haben, verkauft werden, also in deren Eigentum übertragen werden.

Ich möchte aber noch einen Punkt anführen. Im Budgetbegleitgesetz ist auch eine Änderung im Bewertungsgesetz vorgesehen. Im Bewertungsgesetz ist verankert, dass die Einheitswerthauptfeststellung als vollzogen gilt und die Werte gelten, wie sie bei der letzten Hauptfeststellung 1988 festgesetzt wurden.

Die SPÖ beklagt etwa bei der Grunderwerbsteuer, dass in der Landwirtschaft auch weiterhin nur der einfache Einheitswert gilt, das sei ein Privileg für die Reichen. Herr Abgeordneter Edlinger! Von den rund 430 000 Liegenschaften in Österreich haben nur 37 000 einen höheren Einheitswert als 200 000 S. Es gibt also sehr wenige reiche Grundbesitzer. Zum Großteil sind es kleine Grundbesitzer. Die SPÖ greift in ihrem politischen Kampf gegen die Bauern zu Methoden, die sie selbst in der Regierung noch abgelehnt hat. Bei den Bauern und bei den Bürgern im ländlichen Raum habt ihr bereits den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verloren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber begibt sich mit einem großem Foto zum Rednerpult. – Abg. Dr. Khol: Die rote Krake kommt jetzt!)

20.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Überraschung! – Nein, nicht die rote Krake! Es kommt auch nicht der schwarze Tintenfisch, Herr Kollege Khol, sondern es kommt etwas ganz anderes: Es geht jetzt um die Bundesforste, um Landwirtschaft und Umwelt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesforstedeal fügt sich ... (Abg. Dr. Khol: Der Grüne Knollenblätterpilz! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Nein, nein, Herr Klubobmann Khol! Der Bundesforstedeal fügt sich schön nahtlos in das politische Gesamtkonzept dieser blau-schwarzen Koalition. Die Philosophie, die dahinter steckt, ist klar: Privatisierungsgewinne für entsprechende Klientelen, für die Papierindustrie und große Forstbetriebe.

Meine Damen und Herren! So wie im Sozialbereich versucht diese Regierung, auch diesen Deal als im Interesse der kleinen Bäuerinnen und Bauern liegend darzustellen. Ich halte das für einen ganz massiven Etikettenschwindel, das muss ich Ihnen klar und deutlich hier sagen.

Vergessen wir doch nicht, wie diese Debatte begonnen hat. – Ich erinnere: Am 27. Juni dieses Jahres hat der Kärntner Landeshauptmann gefordert, 80 Milliarden Schilling aus dem Verkauf der Bundesforste zu erlösen. Herr Präsident Prinzhorn ist jetzt nicht da, aber er hat damals, im August, sehr lapidar festgestellt, "dass Wälder eine schlechte Geldanlage sind." Das hat er im "WirtschaftsBlatt" vom 17. August gesagt. Aber er könne sich durchaus eine ÖBF-Immobilie als nette Sommerfrische vorstellen. – Das war die Antwort eines Papierindustriellen, der selbstver


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ständlich ein Interesse hat, nämlich Interesse an einem niedrigen Holzpreis, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Aber erinnern wir uns: Das ist der größte Walddeal der Zweiten Republik, und Minister Molterer versuchte – hat es auch zum Teil gar nicht schlecht geschafft –, diesen Deal zu kaschieren, ihn sozusagen als eine Öko-Maßnahme im Hinblick auf die österreichischen Wasserressourcen zu tarnen. Es werde zu keinem Ausverkauf der Wälder kommen, sagte er. Es werde zu keinem Verkauf von strategischen Wasserressourcen kommen, im Gegenteil: Die Gletscher und die Naturschutzgebiete werden mit einem Verkaufsverbot belegt werden.

Meine Damen und Herren! Ein Etikettenschwindel, wie er nicht besser gelingen kann, denn die vorliegende Novelle ist eigentlich ein echter Ausverkauf, nämlich der Verkauf der österreichischen Seen, dieser elf Seen in Kärnten und Oberösterreich an die Bundesforste AG, einer Aktiengesellschaft, von der man nicht weiß, welche Begehrlichkeiten in den nächsten zwei, drei Jahren noch auf sie zukommen werden, was noch alles unter den Hammer kommen könnte.

Das ist wirklich eine große Sorge, die ich habe, und ich glaube, dass das ein Grundproblem der derzeitigen Politik ist: Es gibt keine Diskussion über das öffentliche Gut, über die Bedeutung des öffentlichen Gutes und gemeinwirtschaftlicher Interessen. Und da brauchen wir einen Kurswechsel, da brauchen wir eine Korrektur. Ich glaube, die Frage, wie wir langfristig unseren Wasserbedarf decken werden, ist ungemein wichtig. Wie werden wir mit unseren Ressourcen umgehen, noch dazu, da die Bundesforste, da der Staatswald nur einen sehr geringen Anteil an der gesamten Waldfläche ausmacht? – In Österreich sind es nur 20 Prozent, während es in anderen Ländern, zum Beispiel der Schweiz, 73 Prozent sind. Meine Damen und Herren! Das sollte man auch nicht vergessen.

Schauen wir uns an, wie dieser Deal konkret vonstatten geht, wie er sozusagen technisch angelegt ist! – Was sind die Seen eigentlich wert? Wo steht das? – Nirgendwo! Wir haben nie eine Auskunft darüber erhalten, wie viel der Attersee genau wert ist. (Abg. Edlinger: 3 Milliarden, hat der Grasser gesagt! Das will er haben!)

Herr Kollege Edlinger! Sie wissen so wie ich, die 3 Milliarden stehen auf dem Papier. Konkret stehen im Voranschlag 2001 1,5 Milliarden Schilling, und alle Experten sagen, das ist nicht möglich, die Seen haben einen Verkehrswert, der höchstens 700 bis 800 Millionen Schilling beträgt – auf keinen Fall diese 3 Milliarden, auch nicht eineinhalb Milliarden.

Meine Damen und Herren! Aber das Skandalöse ist doch, dass ein Finanzminister ohne jede sachliche Grundlage eine Zahl festschreibt, die derzeit nicht überprüft werden kann und auch nicht überprüft wurde. Ich denke, dass eine Vorgangsweise wie diese für einen österreichischen Finanzminister keine Auszeichnung darstellt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Womit soll dieser Seeneinkauf von der ÖBF AG finanziert werden? – Natürlich mit dem Ausverkauf von Wäldern. Das ist eine Katastrophe, meine Damen und Herren – und da muss ich dem Kollegen Schwarzenberger massiv widersprechen –, denn auch das österreichische Forstgesetz verhindert eben nicht Kahlschläge. (Der Redner platziert ein großes Foto, das massive Kahlschläge in einem Wald zeigt, vor sich auf dem Rednerpult.) Kahlschläge in einem Ausmaß bis zwei Hektar sind dann zwar behördlich zu genehmigen, aber sie sind nicht unmöglich. Und Sie wissen sehr genau ... (Abg. Auer: Von wem? Wer ist das? – Abg. Schwarzenberger: Aber die Bundesforste machen auch größere Schläge! – Abg. Auer: Sie werden doch nicht so feig sein, nicht zu sagen, von wem das ist?!)

Herr Kollege! Das ist ein Privatwald eines großen Waldbesitzers, der einen Wald gekauft hat und der dann klarerweise versuchen muss, das Kapital, dass er investiert hat, auch rasch wieder hereinzubringen. (Rufe bei der ÖVP: Wer ist das?) Meine Damen und Herren! Das spielt keine Rolle. Das ist ein österreichischer Wald, und zu diesem Thema werden wir noch weitere Diskussionen führen. Herr Kollege Auer! Das wissen Sie ganz genau. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)


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Genau darum geht es nicht! Es geht nicht darum, den Kollegen A oder B zu nennen. Mir geht es darum zu beweisen, dass das Forstgesetz Kahlschläge in einem Ausmaß ermöglicht, wie es hier dargestellt ist. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Und schließlich: Wer soll die Wälder kaufen? – Es ist eine Lüge, wenn gesagt wird, das sollen die kleinen Bäuerinnen und Bauern kaufen. Das ist eine Lüge! Warum? – Weil derzeit nicht um 3 Milliarden Schilling Wälder von den Bäuerinnen und Bauern gekauft werden können. Das wissen Sie so gut wie ich! Das ist nicht möglich, auch nicht mit Agrarinvestitionskrediten und Unterstützungen.

Ich halte es ohnehin für eine Augenauswischerei, wenn man einerseits den Bauern zusätzlich 600 Millionen Schilling an Agrarinvestitionskrediten "hinüberschiebt", wenn sie mit geförderten Krediten Wald kaufen sollen, der andererseits das Budget konsolidieren soll. Das ist doch ein Circulus vitiosus, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich weiß das auch von persönlichen Gesprächen mit Kollegen von der freiheitlichen Fraktion.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz wirft mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Eines aber ist klar: Die 1,5 Milliarden Schilling, die im Budgetvoranschlag stehen, sind aus der Luft gegriffen, und daher ist diese Zahl auf jeden Fall irrelevant.

Wo aber wäre wirklich Geld zu holen? Wo gibt es Einsparungspotentiale? – Wir haben Vorschläge, und es gibt im selben Kapitel, im Kapitel Landwirtschaft und Umwelt, eine Position, nämlich die Frage der Umweltförderungen in der Siedlungswasserwirtschaft.

Meine Damen und Herren! Der Kanalbau im ländlichen Raum: Milliardenbeträge werden da investiert – Milliardenbeträge! Schauen Sie sich die letzten Gesetzesänderungen genau an!

In den Budgetbegleitgesetzen 2000 hatten wir die erste Korrektur im Umweltförderungsgesetz, im August 2000 die zweite Korrektur und jetzt in den Budgetbegleitgesetzen 2001 wieder die nächste Korrektur – und zwar nach oben, meine Damen und Herren! Milliarden werden in den Kanalbau gesteckt, und wir kritisieren Sie, weil Sie nicht dazu bereit sind, in diesem Zusammenhang technische Richtlinien zu überarbeiten, Förderrichtlinien generell zu überdenken und dezentrale Lösungen im ländlichen Raum zu ermöglichen.

Sie begründen diese Erhöhungen in Ihrem Begleitgesetz mit der Tatsache, dass 13 Milliarden Schilling derzeit das Antragsvolumen in der Siedlungswasserwirtschaft ausmachen. Meine Damen und Herren, das ist schlichtweg falsch! Tatsächlich sind es 9 Milliarden Schilling. Kollege Gorbach von der freiheitlichen Fraktion in Vorarlberg hat das in einer Anfrage in der Kommunalkredit betreffend Siedlungswasserwirtschaft als Antwort erhalten. 9 Milliarden ist das derzeit tatsächlich offene Antragsvolumen, und nicht 13 Milliarden Schilling, wie Sie hier in der Begründung dieser Gesetzesvorlage schreiben.

Sie machen keine Reformen, meine Damen und Herren! Sie machen Klientelpolitik im Falle des Umweltförderungsgesetzes, Klientelpolitik für die Bauwirtschaft. Das werden wir uns noch genauer anschauen müssen, denn es kann doch nicht Sinn machen, hier Milliarden auszugeben, die anderswo effizienter einzusetzen wären, die für nachhaltige Lösungen für den ländlichen Raum zu verwenden wären.

Der Verkauf der Seen an die ÖBF AG, meine Damen und Herren, offenbart Ihren Umgang mit dem öffentlichen Gut. Statt es zu vermehren und zu erhalten, wird es auf dem Altar einer zweifelhaften Budgetkonsolidierungspolitik geopfert. Das Nulldefizit ist ein Mythos, denn in Wirklichkeit erhöhen Sie die Steuerquote und wird auch der Haushalt nicht nachhaltig konsolidiert werden, wie die Europäische Union ja festgestellt hat.

"Tausche Seen gegen Wälder": Dieses Angebot wird nur die Papierindustrie freuen, aber nicht die Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber nimmt das große Foto, das er vor sich auf dem Rednerpult aufgestellt und das den Redner nahezu völlig verdeckt hat, mit zu seinem Platz.)

20.32


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45. Sitzung / Seite 192

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch.

Ich erlaube mir anzumerken: Wenn die Taferln noch größer werden, wird man bald das Gesicht des Redners nicht mehr erkennen können. (Heiterkeit.) Das kann möglicherweise als Umgehung des Vermummungsverbotes aufgefasst werden, und das sollte es nicht sein.

Aber jetzt ist Herr Abgeordneter Wenitsch am Wort. – Bitte.

20.33

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Pirklhuber, Herr Brix, die These, dass heute ein Privater seinen Wald oder seinen Betrieb im Allgemeinen schlechter bewirtschaftet als der Staat, habe ich überhaupt noch nie gehört. Ich kenne nämlich niemanden, der, wenn ihm etwas gehört, das nachhaltig ruinieren möchte. Im Gegenteil! Ich bin überzeugt davon, dass die österreichischen Waldbauern – ob das große Stifte sind, ob das große Grafen, Adelige, sind oder ob das der kleine Bauer ist – sich bemühen werden, ihren Wald so nachhaltig wie möglich zu bewirtschaften. Ich glaube, Sie wollen dadurch die Bevölkerung nur verunsichern. Es steht wirklich nicht dafür, auf dieses Thema näher einzugehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind diesen Klassenkampf seit der letzten Regierungsbildung eigentlich schon gewohnt. Es wird hier Klassenkampf auf Kosten der österreichischen Bauern betrieben. Ich habe diesen Begriff heute wieder gehört: Großbauern. Kollege Brix, bitte, was ist ein Großbauer? Ich habe das schon einmal von diesem Rednerpult aus gesagt: Ist ein Großbauer einer über zwei Meter Größe, ist es einer unter zwei Meter? Oder wie groß muss man sein, dass man heute ein Großbauer ist? – Ich sage: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir es den Bauern in Österreich überhaupt ermöglichen, in Zukunft auf ihren Höfen zu überleben und zu bestehen.

Herr Kollege Brix, es wird auch immer wieder eine Umverteilung gefordert. Ich frage Sie allen Ernstes, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Was soll man in dieser Republik, nachdem Sie 30 Jahre den Finanzminister gestellt haben, noch verteilen? Was haben wir noch zu verteilen? Ich frage Sie allen Ernstes: Was können wir jetzt noch verteilen? Soll man die 2 500 Milliarden Schilling Schulden verteilen, die Sie der österreichischen Bevölkerung zugemutet haben? 2 500 Milliarden Schulden! Das sind über 300 000 S pro Kopf, meine sehr geehrten Damen und Herren, vom Säugling bis zur Urgroßmutter. Und das sollen wir verteilen? An wen sollen wir das verteilen, die 300 000 S? Das frage ich Sie allen Ernstes. (Abg. Edlinger: Herr Abgeordneter, wie setzen sich die zusammen, diese 2 500 Milliarden? Ich kenne diese Zahlen nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Herr Ex-Finanzminister! Sie haben sehr großen Anteil daran, dass das Budget heute so schlecht ausschaut. Sie sind da nicht unschuldig. Auch betreffend Bank Burgenland sind Sie nicht ganz unschuldig. Das können Sie vielleicht Ihren roten Genossen erzählen, aber mir sicherlich nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Sagen Sie, wie es sich zusammensetzt! Sie haben ja keine Ahnung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme nur den Zinsendienst dieser Republik her. Diese Republik muss im Jahr über 100 Milliarden Schilling an Zinsen für Ihre inflationäre Misswirtschaft der letzen 30 Jahre leisten. Über 100 Milliarden! Das sind 12 500 oder 13 000 S pro Kopf, natürlich auch wieder vom Säugling bis zur Urgroßmutter, die jeder Österreicher jährlich bezahlen muss, um Ihre Misswirtschaft der letzen 30 Jahre auszugleichen. Das ist ein Zumutung, meine Damen und Herren! Da könnten wir von Umverteilung sprechen, denn die größte Umverteilung seit 1945, die jemals in diesem Lande stattgefunden hat, hat die Sozialdemokratie zu verantworten.

Sie haben es geschafft, eine Umverteilung des Steuergeldes der fleißigen österreichischen Arbeitnehmer, Unternehmer, Beamten, mehr oder weniger aller Österreicher (Abg. Brix: Bauern!)  – selbstverständlich auch der Bauern! –, die in Österreich ihren Beitrag dazu leisten,


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dass diese Republik doch noch einen gewissen Wohlstand hat, vorzunehmen. Sie haben es geschafft, dieses Steuergeld in 30 Jahren unter sozialdemokratischen Finanzministern zu verwirtschaften, und das stimmt mich traurig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist das Problem, das wir heute diskutieren müssen, meine Damen und Herren. Und Sie können mir eines glauben, Kollege Brix: Ich bin bei Gott nicht zufrieden mit dem Budget, das für die Landwirtschaft ausverhandelt wurde. Das können Sie mir glauben. (Abg. Schwemlein: Dann stimmen Sie doch dagegen!) Ich bin nicht glücklich darüber, aber ich werde mich hinter diese Bundesregierung stellen, ich werde dieser Regierung hier mit meiner Zustimmung zu ihrem Budget helfen, diesen Staat wieder zu stabilisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist dies ein unbedingt notwendiger Schritt, denn wir wissen natürlich, dass die Schulden, die wir heute neu machen, wie heute schon einige Male betont wurde, die Steuern und Abgaben von morgen sind. Und das müssen wir mit allen Mitteln verhindern. Wir wollen auch in Zukunft einen österreichischen Bauernstand haben, der unsere Berge, unsere Täler bewirtschaftet, flächendeckend bewirtschaftet, so weit wie möglich ökologisch bewirtschaftet. Wir müssen auch in Österreich in Zukunft eine naturnahe Bewirtschaftung ermöglichen, um im Fremdenverkehr, um im Tourismus in Zukunft nicht unsere wichtige Einnahmequelle, unsere Natur, zu verlieren. (Abg. Gradwohl: Wie? Vorschlag!)  – Indem wir dafür Sorge tragen und die entsprechenden Schritte setzen werden!

Jetzt muss einmal das Budget saniert werden. Dazu stehen wir, zu dem werden wir auch stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir werden Ihre Misswirtschaft mit diesem Budget ausgleichen. Diese Regierung wird den Anfang machen, und wir werden es schaffen. Und dann erwarte ich mir von dieser Bundesregierung, dass endlich die nötigen Schritte im Bereich der Landwirtschaft, nämlich in der Betriebsmittelanpassung, im Wettbewerb gegenüber den anderen Mitgliedstaaten in der EU, eingeleitet werden, um es den Bauern zu ermöglichen, auf ihren Höfen zu überleben.

Dieser Regierung traue ich das zu, die wird das machen. (Abg. Brix: Der trau ich alles zu, das ist wahr!) Das Problem ist die Europäische Union. Wenn ich mir die Pläne der Europäischen Union anschaue, wird mir schwummrig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich höre, dass die Zuckerquote fallen soll, dass die Milchquote fallen soll, dass die österreichischen, dass die europäischen Bauern in Zukunft ihre Produkte weitgehend zum Weltmarktpreis abgeben müssen, habe ich Angst. Davor habe ich Angst, nicht vor dieser Regierung. Ich habe Angst vor dem, was weiterhin in dieser Europäischen Union passiert.

Leider ist heute der Herr Landwirtschaftsminister nicht persönlich anwesend, da er wichtige Termine auf europäischer Ebene hat, aber ich werde selbstverständlich mit ihm sprechen. Wir müssen unter allen Umständen verhindern, dass diese Pläne der derzeitigen EU-Kommission in die Tat umgesetzt werden. Wir sind es unseren österreichischen Bauern schuldig, das mit allen Mitteln, mit aller Kraft zu verhindern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Betriebsmittelpreise bereits angesprochen. Mit den Betriebsmittelpreisen hat niemand Freude, auch nicht die Bauern in der Europäischen Union. Auch diese Bauern sind ja heute speziell vom Dieselpreis sehr stark betroffen. Wir haben es in der Vergangenheit privaten Konzernen ermöglicht, Milliardengewinne auf Kosten der Autofahrer, auf Kosten der Wirtschaft, auf Kosten der Transporteure, wem auch immer, zu erwirtschaften.

Heute geht man her und sagt: Diese Unternehmen arbeiten ja alle im Interesse der Öffentlichkeit, im Interesse des Staates, im Interesse der Bürger. Alles wird ihnen ermöglicht, angefangen von Servituten bis hin zu Betriebsgenehmigungen, bei denen der Grund für ihre Erteilung heute noch in den Sternen steht: Es weiß keiner, warum sie die überhaupt bekommen haben. Diese Unternehmen erwirtschaften auf Kosten der österreichischen Steuerzahler, der österreichischen Bürger jährlich Milliardengewinne.

Hier ist einmal der Hebel anzusetzen! Ich fordere den Wirtschaftsminister von dieser Stelle aus auf, endlich dafür Sorge zu tragen, dass, wie es ja mehr oder weniger vereinbart wurde, der


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Preis für Mineralöle nicht um mehr als 40 Groschen über dem EU-Durchschnitt liegen darf! (Abg. Brix: Bravo!)

Da bin ich also bei Ihnen, Herr Kollege Brix! Es wäre vielleicht gut, wenn Sie das auch der roten Kaderschmiede, der OMV, ausrichten könnten! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Bitt’ gar schön! Der Generaldirektor Schenz ein Roter?! – Weitere Zwischenrufe.)

20.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

20.41

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Wenitsch! Ich habe versucht, Ihnen sehr aufmerksam zuzuhören. Ich sehne mich zurück nach der Zeit, als Kollegin Aumayr die Diskussionen in Ihrer Fraktion (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Achatz!)  – Entschuldigung: Achatz – eröffnet hat. – So viel zu Ihnen.

Herr Kollege Schwarzenberger! Sie haben ein anschauliches Beispiel dafür gebracht, wie dieses neue Regieren auf die Österreichische Bundesforste AG wirkt. Sie sagten: In 30 Jahren ist es gelungen, durch den Liegenschaftsverkehr einen Zukauf von 33 000 Hektar zu erreichen. (Abg. Schwarzenberger: Mehr als Verkauf! Der Zukauf war größer!)

Das heißt, Herr Kollege Schwarzenberger, es hat 30 Jahre gedauert, bis dieser Zuwachs an Liegenschaften erreicht war, um 33 000 Hektar – sprich, 1 100 Hektar pro Jahr – zuzukaufen. Was aber ordnet diese Regierung der Österreichischen Bundesforste AG an? – In den nächsten zehn Jahren 50 000 Hektar zu verkaufen! Und warum? – Um der Nullenerotik gerecht zu werden, Herr Kollege Schwarzenberger! Einen anderen Sinn kann es dafür nicht geben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Edlinger . – Abg. Schwarzenberger: Mehr privat, weniger Staat!)

Wenn Sie, Herr Kollege Schwarzenberger, Anforderungen an die Bundesforste AG stellen, indem Sie meinen, "die Bundesforste AG soll dafür sorgen, dass die Bauern ...", so ist diese Anforderung an die falsche Adresse gerichtet. Die Bundesforste AG, ein Gewinn bringendes Unternehmen, das vergangenes Jahr 210 Millionen Schilling an das Budget abgeführt hat, wird von dieser Bundesregierung dazu gezwungen, ab dem übernächsten Jahr ein Defizit zu haben, sodass es absehbar ist, wie lange es noch dauern wird, bis die Bundesforste AG entweder Restlverwerter von irgendwelchen Brachflächen und von Grundstücken, die man nicht los wird, ist oder aber in der Riemergasse auftaucht. – Das ist das neue Regieren! Daher sind es nicht die Bundesforste, die dafür verantwortlich sind, sondern es ist die Bundesregierung, Herr Kollege Schwarzenberger! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich Folgendes feststellen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir haben ein Begutachtungsverfahren und eine Diskussion auf Grund des Begutachtungsverfahren zur Änderung des Bundesforstegesetzes erlebt. Es war eine Situation, in der von vielen Stellen heftig Einspruch erhoben wurde, aber es hat sich an der Sache selbst, an der Zielsetzung dieser Novelle grundsätzlich nichts geändert. Sie haben mit dem Begutachtungsentwurf vorgesehen, dass die Bundesforste 3 Milliarden Schilling plus eine Milliarde Finanzierungskosten abliefern sollen – das haben Sie heute noch. Sie haben in der Zwischenzeit einen Abänderungsantrag zu einer Regierungsvorlage eingebracht und diesen Abänderungsantrag neuerlich abgeändert. Hat das irgendetwas an der Qualität dieser Regierungsvorlage verbessert? – Nein, das Gegenteil ist der Fall (Abg. Schwarzenberger: Es stehen die 3 Milliarden nicht mehr drinnen!): Sie haben rein semantische Änderungen hineingeschrieben! (Abg. Schwarzenberger: Es stehen die 3 Milliarden nicht mehr drinnen!) Ich werde Ihnen das heute noch anhand der Ausschussfeststellung, von der Sie, Herr Kollege Schwarzenberger, einer der Urheber sind, beweisen – aber dazu komme ich noch.

Das Ziel dieser Novelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist also, wie in vielen anderen Bereichen, so auch hier bei den Bundesforsten: Abzocken! 3 Milliarden für den Staatshaushalt; 1,5 Milliarden nächstes Jahr, wie jetzt im Budget vorgesehen, und 1,5 Milliarden Schilling für das darauf folgende Budget – anders wird sich das nicht ausgehen, was Sie vorhaben.


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Zweitens: Die Finanzierungskosten von 1 Milliarde Schilling haben die Bundesforste zu tragen – ich sage es noch einmal: ein hervorragendes, gutes Unternehmen, ein Leitbetrieb in der Forstwirtschaft. – In diesem Punkt bin ich ausnahmsweise Ihrer Meinung, Herr Kollege Schwarzenberger.

Drittens ist der Verkauf von 50 000 Hektar Wald und Wasserreserven geplant. Aber, Herr Kollege Schwarzenberger, ich befürchte, dass diese Bundesregierung auch hier den gleichen Flop erleben wird wie bei der UMTS-Lizenz-Versteigerung, wie beim Börsegang der Telekom. Wenn 50 000 Hektar auf einmal auf den Markt kommen, dann wird der Preis fallen und dann werden mehr Hektar verkauft werden müssen als jetzt vorgesehen (Abg. Edlinger: Das ist ja Absicht!), um diese Gelder hereinzubekommen. Sie umgehen damit eine Verfassungsbestimmung zum Substanzerhalt! (Abg. Edlinger: Das ist doch Absicht! Das ist Taktik der ÖVP, damit ein paar Freunde kaufen können!)

Jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch eine Bemerkung zu den Interessenten: Die Interessenten – das wurde vom Kollegen Brix schon angesprochen – sind nach wie vor die "FoPs", die "Friends of Prinzhorn" (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ) – die Stiftungsväter, Großindustrielle und und und –, keine kleinen Bauern! Daran kann auch das "Sandmännchen Prinzhorn", das den Österreicherinnen und Österreichern Sand in die Augen streuen will, indem es am 6. Oktober einen Marshall-Plan für die kleinen Bauern forderte, damit sie einen Wald kaufen können, nichts ändern. Hätten Sie nämlich unseren Vorschlägen folgend eine andere Förderpolitik betrieben, dann wären die kleinen Bauern vielleicht jetzt in der Lage, tatsächlich Wald zu kaufen. Aber auf diese Art und Weise wird es nicht funktionieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun zur Ausschussfeststellung – denn es wird ja "nichts verkauft", und vor allem See- und Seeufergrundstücke werden "besonders geschützt".

Erste Feststellung, Herr Kollege Schwarzenberger, nämlich zum Verkauf: In dem Budgetbegleitgesetz steht eine Übergabeermächtigung. – Ausschussfeststellung: "Bei Verkäufen von mit Einforstungsrechten belasteten Liegenschaften hat die Österreichische Bundesforste AG für die Ersichtlichmachung der Einforstungsrechte im Grundbuch Sorge zu tragen." – Es wird also nicht "übertragen", sondern es wird verkauft!

Zweite Feststellung: Seen sind besonders geschützt. See- und Seeufergrundstücke: Substanzerhalt – alles, wir wissen es. – Feststellung des Ausschusses unter Federführung von Schwarzenberger:

"Der Budgetausschuss geht weiters davon aus, dass die Österreichische Bundesforste AG vor der Veräußerung von Seeuferflächen an Private die Zustimmung des zuständigen Landeshauptmannes im Rahmen des Wasserrechtsgesetzes einholt."

Wenn nichts verkauft werden darf, wozu brauchen wir dann das Einverständnis des Landeshauptmannes? (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt, Sie hintergehen hier die österreichische Bevölkerung und auch dieses Haus, geschätzte Damen und Herren!

Lassen Sie mich daher zum Abschluss feststellen, dass wir keinen Kahlschlag im Wald brauchen, wie Kollege Pirklhuber es geäußert hat. Wir brauchen auch keinen Kahlschlag in der Sozialpolitik, und wir brauchen dieses neue Regieren zu Lasten der Menschen, der Österreicherinnen und Österreicher, mit seiner "Treffsicherheit" – von der alle betroffenen sind und unter der alle leiden – nicht! Bei diesem eklatanten Abbau von Sozialleistungen und von Bundesvermögen wollen wir daher, geschätzter Herr Kollege Schwarzenberger, dass das Volk darüber entscheiden kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das wird ein Flop werden!)

20.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.


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20.49

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die Bundesforste sind zwar nicht mein Thema, aber ich habe diese Debatte vor allem jetzt in der letzten Stunde doch mit Interesse verfolgt und eines daraus mitgenommen: Offenbar sind gute Waldbesitzer nur jene, die den Wald mit öffentlichem Geld betreiben und bei denen öffentliches Kapital dahinter ist. Private Waldbesitzer sind demzufolge keine guten Waldbesitzer und können auch keine sein (Abg. Schwemlein: Wer sagt denn das? Das hat doch niemand behauptet! Das hat doch damit nichts zu tun!), obwohl über 80 Prozent des Waldes in privater Hand ist (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Niemand hat das behauptet, auch ich nicht!) und, wie ich höre, gerade dieser Teil des Waldes in bestem Zustand ist und viele dieser hier vorgebrachten Behauptungen nicht zutreffen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Hier geht es um etwas anderes, Herr Kollege! Hier geht es um Geld! In den USA haben 38 Prozent ...!)

Ich glaube, viele von uns können sich noch gut an die linke Wirtschaftsphilosophie erinnern nach dem Motto: Ein guter Unternehmer ist nur der, der mit öffentlichem Kapital Unternehmen betreibt. – Die Folgen daraus kennen wir ja alle: Viele dieser Unternehmen, die mit dieser Philosophie betrieben wurden, gibt es heute nicht mehr, und jene, die es aus diesem Pool noch gibt, sind in privatem Besitz, aber dafür heute um vieles erfolgreicher als die anderen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber alles, was nur von Ideologie geprägt und abseits von vernünftigen Überlegungen ist, ist natürlich schwer in vernünftige, realitätsbezogene Politik umzusetzen, weil die Ideologie allein einem viel zu starre Scheuklappen auferlegt. (Zwischenruf des Abg. Edlinger.  – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Darum gibt es kein Finanzkonzept für ..., Herr Kollege!)

Nun aber zu meinem Thema, der Umweltpolitik: Es finden sich im Budgetbegleitgesetz auch zwei Umweltgesetze: zum einen eine Novelle zum Altlastensanierungsgesetz. Hiezu ist zu sagen, dass uns gerade im Bereich der Abfallbehandlung, des Umgangs mit Müll, mit den Deponien in der letzten Zeit in der Politik einiges in die richtige Richtung gelungen ist: Gesetze und Gesetzesnovellen vom Abfallwirtschaftsgesetz über die Deponieverordnung und die Altlastensanierung bis hin zum Wasserrechtsgesetz. Dabei erfolgte die ganz klare Festlegung, dass wir ab dem Jahr 2004 unseren Müll nicht mehr unbehandelt in den Deponien ablagern werden und damit wegkommen von einer Art des Umgangs mit unserem Restmüll, die uns in der Vergangenheit einiges an Altlasten, an Problemen verursacht hat, wenngleich natürlich die Deponietechnik um einiges besser geworden ist.

Die konsequente Fortsetzung dieser Philosophie – keine Ablagerung von unbehandeltem Restmüll mehr – findet sich auch in dieser Korrektur des Altlastensanierungsbeitrages, wenngleich ich nicht verschweigen will, dass natürlich einige kleinere Bundesländer, wie auch meines – Vorarlberg – darunter konkret zu leiden haben werden, und zwar deshalb, weil sie natürlich ob der Kleinheit des Einzugsgebietes größere Restvolumina an Deponieraum haben und dadurch natürlich auch im Zusammenhang mit dieser Ausnahmebestimmung, die wir ja im Jahre 1998 mitbeschlossen haben, jetzt in Probleme kommen. Auch die Tiroler haben damit keine Freude. Dennoch muss man sagen, dass diese Maßnahme insgesamt gesehen aus umweltpolitischer Sicht eine absolut richtige ist.

Zum zweiten Punkt, der sehr erfreulich ist: Im Umweltförderungsgesetz findet sich eine Reihe von offensiven Maßnahmen, wie eine zweite Sondertranche – nachdem es die erste ja schon gegeben hat – für zusätzliche Förderungsmittel für den Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds in der Höhe von 500 Millionen Schilling, eine Festsetzung des Zusagerahmens für 2001 bei immerhin 3,5 Milliarden Schilling und auch, um die Belastung der Finanzausgleichspartner zu reduzieren, Entnahmen aus dem Reinvermögen von je 700 Millionen Schilling – in absolut vertretbarem Ausmaß –, um das Fördervolumen zu erhöhen und damit wiederum auf der einen Seite Umweltschutzmaßnahmen zu forcieren und auf der anderen Seite auch ein hohes Investitionsvolumen zu schaffen.

Es ist insgesamt ein offensives Programm – das in Zeiten des Sparens umso bemerkenswerter ist – im Sinne unserer Umwelt und zum Wohle unserer Umwelt. Es ist dafür vor allem unserem


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Umweltminister Willi Molterer, der jetzt gerade in Den Haag um Ergebnisse und Erfolge zur Erreichung des Kyoto-Zieles ringt, in besonderem Maße zu danken, und es ist ihm dazu zu gratulieren, dass das in Zeiten dieser Sparbudgets gelingen konnte! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.54

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kopf hat behauptet, Vorredner hätten die Bewirtschaftung durch die privaten Waldbesitzer in Kritik gezogen. (Abg. Kopf: Das habe ich nicht gesagt!)

Ich berichtige tatsächlich, dass abgesehen von Abgeordnetem Schwarzenberger, der Ihrer Fraktion angehört, keiner der Rednerinnen oder Redner die privaten Waldbesitzer erwähnt hat, geschweige denn Kritik an deren Bewirtschaftung geübt hat. Diese Mär, Herr Kollege Kopf, sollte eigentlich nicht weiterbetrieben werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Das stimmt doch nicht!)

20.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

20.55

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mich in diesem Redebeitrag mit dem gleichen Thema wie mein Vorredner, Herr Abgeordneter Kopf, auseinander setzen und auch einiges an Übereinstimmung feststellen können, was die Einschätzung der derzeitigen Vorgangsweise im Bereich der Veränderungen im ALSAG betrifft.

Wir sind ja nicht immer ganz einer Meinung, aber wenn es darum geht, die Auswirkungen dieser Novelle auf die Bundesländer, aber auch auf die gesamte Abfallwirtschaft zu betrachten, dann kommt man wirklich zu dem Schluss, dass diese Novelle kontraproduktiv ist, und zwar in wesentlichen Teilen.

Natürlich bin ich wie Abgeordneter Kopf der Meinung, dass das Ablagern von unbehandelten Abfällen auf unseren Deponien ein Ende haben muss, dass diese Strategie der Vergangenheit, die zu enormen Belastungen der Anrainer geführt hat – und jeder und jede von uns kann aus seinem beziehungsweise ihrem Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern Beispiele für solche belastenden, besonders auch geruchsbelastenden Deponien nennen –, geändert gehört, dass diese Deponien nicht mehr so weiterbewirtschaftet werden können, wie es in einer langen unheiligen Tradition geschehen ist.

Was aber nun im Rahmen des Altlastensanierungsgesetzes geschieht, ist eine Herbeiführung einer Verfahrenskonzentration, und zwar in dem Sinn, dass nur mehr einzig und allein die Müllverbrennung das sein soll, was die verschiedenen Bundesländer in ihren Entscheidungen herbeiführen können.

Lassen Sie mich darauf ein bisschen näher eingehen: Ich habe mich als Landesrätin in Tirol damals sehr dafür eingesetzt, dass es Verfahrensvielfalt auch bei der Behandlung von Abfall geben soll, denn nichts bringt einen solchen Sektor weiter und besser weiter als Verfahrenskonkurrenz. Diese Verfahrenskonkurrenz zwischen zum Beispiel einer biologisch-mechanischen Behandlung einerseits und der Müllverbrennung andererseits würde beide Technologien voranbringen und würde auch zum Beispiel kleineren Bundesländern mit noch vorhandenem großen Deponieraum die Möglichkeit geben, einen Schritt in die Zukunft zu tun, und zwar zur biologisch-mechanischen Abfallbehandlung, die jetzt zum Beispiel in Deutschland von vielen Bundesländern angestrebt wird.

Die ALSAG-Novelle begünstigt unzulässigerweise die Schlacke aus der Müllverbrennung, für die kein Altlastensanierungsbeitrag bezahlt werden muss. Genau damit versucht man, das zu


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erreichen, was man im ersten Schritt nicht geschafft hat: Mit der Deponieverordnung wollte man mit einem eisernen Besen alle anderen Verfahren außer der Müllverbrennung aus Österreich hinausbringen, um endlich den Müllverbrennern in Österreich ein gutes Geschäft zu verschaffen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist damals nicht gelungen, und ich habe mich sehr dafür eingesetzt, dass es Verfahrenskonkurrenz und unterschiedliche Verfahren der Abfallbehandlung in Österreich geben soll. Nun versucht man mit dem Brecheisen der Finanzen, das zu erreichen, was man damals auf Grund des Widerstandes auch von etlichen Abfallverbänden nicht geschafft hat: Man versucht die Abfallverbände mit Abgaben so unter Druck zu setzen, dass nur mehr und ausschließlich die Müllverbrennung möglich sein soll. Das ist aus meiner Sicht eine Vorgangsweise, die uns weit zurückwirft in eine abfallwirtschaftliche Debatte, die ich an und für sich schon für überwunden geglaubt hatte.

Das ist ein mehr als unmoderner Weg, ein mehr als schlichter Weg, der auch viele Planungs- und Investitionsentscheidungen, die in Abfallverbänden im Vertrauen auf das Gesetz getätigt worden sind, nun obsolet machen soll, damit ein großes Konglomerat an Müllverbrennern endlich das Geschäft macht, das sie sich aus dem Ministerium immer schon erwartet haben! Ich lehne diese Vorgangsweise striktest ab! (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin mir darin mit vielen Anrainerinnen und Anrainern von Müllverbrennungsanlagen, die bis heute in vielen Fällen viel zu wenig Information über die emittierten Schadstoffe und Ähnliches mehr haben, einig.

Dieser Weg, der ausschließlichen Müllverbrennung in Österreich, unter Begünstigung nur dieser einen Möglichkeit, führt in eine Sackgasse!

Deswegen bringen wir folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eva Lichtenberger, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage 311 der Beilagen Budgetbegleitgesetz 2001 in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel 80 (Änderung des Altlastensanierungsgesetzes), womit das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2000, geändert wird, wird folgende Ziffer 1.a. eingefügt:

1.a. In § 2 Abs. 5 entfällt die Ziffer 7.

*****

Dann hört es sich mit der Begünstigung einer einzigen Technologie, die von vielen Bürgerinitiativen nicht als der Anfang, sondern als das Ende der Abfallbewirtschaftung gesehen wird, auf, und wir kommen endlich zu einer wirtschaftlich fruchtbaren Verfahrenskonkurrenz, die beide Techniken weiterbringt und den Abfallverbänden eine inhaltlich richtige Entscheidung ermöglicht und nicht eine Entscheidung, die nur auf Druck eines völlig ungerechten Abgabewesens erfolgt! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem sachlichen Zusammenhang und steht damit auch mit zur Verhandlung.


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Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. – Bitte.

21.02

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die neue Bundesregierung ist nicht nur daran, den österreichischen Staat von einer Belastung von zirka 2 300 Milliarden Schilling zu befreien, sondern bemüht sich auch, neue Rahmenbedingungen zu schaffen, um Umwelt und Klimaschutz voranzutreiben. Angesichts steigender Ölpreise, die neben der Euroschwäche und Spekulationszuschlägen auch auf die Tatsache zurückzuführen sind, dass es einen Engpass in der Verfügbarkeit so genannten billigen Öls gibt, sieht man, dass fossile Energieträger sowie Atomenergie keine Zukunft haben, und es wird uns bewusst, dass wir neue Wege gehen müssen. Ein altes indianisches Sprichwort lautet: Wenn du merkst, dass du auf einem toten Pferd sitzt, dann steig ab.

Bei der zurzeit stattfindenden Klimakonferenz in Den Haag bemühen sich die Umweltminister, Experten und NGOs, auf neue Pferde zu setzen, den Umbruch zum Aufbruch zu wagen und ein neues Energiezeitalter einzuleiten. Leider können wir den Meldungen entnehmen, dass diese Verhandlungen ins Stocken geraten sind. Die Vereinigten Staaten sind nicht bereit, mitzumachen, denn dieser neue Weg ist geprägt von Ressourcenschonung und Energieeffizienz, vom Ausstieg aus fossilen und atomaren Energieproduktionen und von der Hinwendung zu erneuerbaren Energietechnologien, zu Kreislaufwirtschaft und zum Prinzip der Nähe. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss möglich sein, im Sinne der Nachhaltigkeit die Ressourcen der Regionen eben für Regionen nutzbar zu machen. Geben wir daher Innovation und Technologie faire Rahmenbedingungen für praxisorientierte Anwendungen und Marktdurchdringung! Schaffen wir im Wissen des "first mover advantage" und im Sinne von "new economy" neue Industrien und Wirtschaftsbereiche! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Österreich ist ein Land der Erfinder, Pioniere und Vordenker. Dr. Hans Kronberger, Mitglied des Europäischen Parlaments, hat sein politisches Leben der Sonne und der Energiewende verschrieben. Durch seinen unermüdlichen Einsatz wurden in den letzten Tagen EU-Richtlinien zum Strom aus erneuerbaren Energieträgern beschlossen, die richtungweisend für Europa und die Mitgliedstaaten sind. Dabei wurde festgelegt, dass der Anteil von erneuerbaren Energieträgern – ausgenommen Großwasserkraft – zur Erzeugung von Strom bis zum Jahre 2010 22,1 Prozent betragen soll.

Die Europäische Kommission rechnet weiters damit, dass sie mit der Erreichung dieses Zieles Export- und Wachstumsmöglichkeiten in ungeahntem Ausmaß hat. Sie geht davon aus, dass für das Jahr 2010 jährliche Exportleistungen von zirka 17 Milliarden Euro pro Jahr möglich sind. Schätzungen zufolge könnte dies einen Beschäftigungseffekt von zirka 1 250 000 neuen Arbeitsplätzen haben, Arbeitsplätzen, die vor Ort entstehen, regionalen Wohlstand sichern und dafür einen guten Beitrag leisten.

Diese neuen Arbeitsplätze sind die Voraussetzung, um ein großes Ziel der Bundesregierung in Österreich zu erreichen, nämlich, das Gender Mainstreaming umzusetzen, der Landwirtschaft eine Zukunft zu geben und den Menschen trotz Verwaltungs- und Aufgabenreform hin zu einem schlanken, aber, wie wir sagen, starken Staat Beschäftigung zu sichern.

Wir treten daher dafür ein, die Klimaschutzziele möglichst durch nationale Maßnahmen zu erreichen. Dies beinhaltet unter anderem die Umsetzung des bereits beschlossenen ElWOG, eine Neugestaltung der Wohnbauförderung hin zu energetischen Kriterien und die Ordnung von Räumen nach dem Prinzip der Nähe in einer Art und Weise, dass Strukturen erhalten bleiben und Lebensräume mit Zukunft dauerhaft gesichert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Hornek. ) Wir setzen uns auch dafür ein, Altlasten der Vergangenheit zu sanieren und nicht unseren Kindern zu überlassen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abgeordneten Hornek und Schwarzenberger. )


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Wir werden uns auch dafür einsetzen, dass trotz der angespannten budgetären Situation die Finanzierung dieser Maßnahmen möglich wird. Wir werden darüber hinaus dafür sorgen, dass wir Förderprogramme der Europäischen Union bestmöglich einsetzen und nutzen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sagen aber nein zu dem, was zurzeit in Temelin passiert! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir werden alles daran setzen, den Betrieb Temelins zu verhindern und alle positiven Kräfte zu unterstützen.

Wir ersuchen die Europäische Union, uns dabei zu helfen und rasch verbindliche Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke und verbindliche Ausstiegsszenarien hin zu einem atomkraftfreien Europa zu beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachhaltige Entwicklung setzt vernetztes Denken und Handeln voraus. Sie soll ökonomisch tragfähig, ökologisch sinnvoll und sozial ausgewogen sein. Satteln wir daher ein neues Pferd und schaffen wir faire Rahmenbedingungen, und machen wir uns gemeinsam auf diesen zukunfts- und erfolgsträchtigen Weg! Mein Dank gilt jenen, die diesen Weg bereits vorausgegangen sind. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.08

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte wieder zum Thema Wasser- und Waldverkauf durch die Bundesregierung zurückkommen. Die Argumentation der Regierungsfraktionen zieht sich ja wie ein roter Faden durch die Diskussion; so auch die Argumentation des Kollegen Schwarzenberger.

Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen! Sie sagen ständig das Gegenteil von dem, was Sie tun, und das ist das Verwerfliche! Das ist Ihre Politik der sozialen Kälte und Ihre unsoziale Vorgangsweise, die wir mit aller Kraft ablehnen!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In diesem Budgetbegleitgesetz soll auch das Bundesforstegesetz geändert werden. Die ÖBF AG wird vergewaltigt: 3 Milliarden Schilling werden für das Budget bereitzustellen zu sein. 3 Milliarden Schilling müssen an den Finanzminister abgeliefert werden!

Das ist eine beispiellose Vorgangsweise, die überhaupt noch nie da gewesen ist. Das muss man sich einmal vorstellen: Eine Aktiengesellschaft wird von der Regierung verpflichtet, sich Geld auszuleihen und dieses Geld dann abzuliefern, und gleichzeitig bekommt dieses Unternehmen einen Persilschein dafür, staatseigenen Wald zu verkaufen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Die grüne Lunge der Bevölkerung zu verkaufen beziehungsweise zu verscherbeln, ist einfach verantwortungslos! Genauso verantwortungslos ist es, unsere Wasserressourcen aufs Spiel zu setzen! Daher sage ich Ihnen schon heute: Die Bevölkerung wird Sie nicht aus der Verantwortung entlassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Molterer selbst hat 1996 bei der Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste die Substanzerhaltung des österreichischen Waldes dezidiert versprochen. Heute verkauft er alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Bundesminister Molterer hat sich 1996 zum staatseigenen Wald bekannt. Bekanntlich wurde für diese Substanzerhaltung die Zweidrittelmehrheit vereinbart. Heute wird diese gesetzliche Schutzmaßnahme ganz elegant umgangen. Dass diese Verfassungsbestimmung damals festgelegt wurde, war also völlig für die Katz’!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich sage Ihnen: Die Menschen sind enttäuscht von dieser Vorgangsweise und werden sich das nicht gefallen lassen! Sie werden Widerstand leis


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ten, und wir werden die Menschen dabei unterstützen! Wir werden alle demokratischen Möglichkeiten ausschöpfen, um diesen Ausverkauf der Natur zu verhindern, und wir wissen, dass die Menschen auf unserer Seite stehen!

Allein in Oberösterreich sind bis zum heutigen Tage mehr als 15 000 Unterstützungserklärungen eingetroffen. Jawohl, meine sehr geschätzten Damen und Herren: Es rührt sich etwas, weil die Menschen betroffen sind!

Lassen Sie mich abschließend feststellen: Wir Sozialdemokraten werden gegen diesen Ausverkauf von Lebensgrundlagen mit allen demokratischen Mitteln kämpfen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsfraktionen! Wir werden der Bevölkerung eine Plattform bieten, sich gegen dieses Unrecht zu artikulieren, und Sie werden sich wundern, wie viele Österreicherinnen und Österreicher mit Ihrer Vorgangsweise nicht einverstanden sind und sich gegen den Ausverkauf von Wald und Wasser zur Wehr setzen werden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

21.13

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Wimmer hat gesagt, dass die österreichische Bevölkerung die Bundesregierung hoffentlich nicht aus der Verantwortung entlassen wird. – Er kann sich darauf verlassen, dass diese Bundesregierung in der Zukunft noch mehr Verantwortung erhalten wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Eine kurze Anmerkung zum Abänderungsantrag der Kollegin Lichtenberger über die Ausnahme für Schlacken und Aschen aus der thermischen Abfallbehandlung: Warum soll diese Ausnahme getroffen werden? – Einerseits wird diese Maßnahme aus Kostengründen getroffen, andererseits deswegen, weil die Verbrennung die ökologisch sinnvollste Variante ist; dies wurde im Rahmen einer Studie entsprechend untersucht und ist klar belegt.

Meine Damen und Herren! Der Sparkurs dieser Bundesregierung wird die Politik für den ländlichen Raum absichern. Mit den Beschlüssen zum Budgetbegleitgesetz sind die notwendigsten Maßnahmen abgesichert, und nur durch eine Politik des Sparens in der Gegenwart wird es möglich sein, auch für die Zukunft die notwendigen Mittel für mittelfristige und langfristige Perspektiven für den ländlichen Raum zu erhalten. Dieser Sparkurs verlangt natürlich auch von uns Bauern, verlangt im ländlichen Raum viele Opfer, die eben derzeit erbracht werden müssen.

Kurz zusammengefasst kann man durchaus sagen: Agrarpolitik ist für die Opposition nicht sonderlich interessant, beziehungsweise verschließt sie sich diesem Thema völlig. Einer, der sich besonders gerne der Agrarpolitik verschließt, ist der ehemalige Finanzminister, nun außer Dienst, Herr Abgeordneter Edlinger. In seinen Meldungen betreffend Budgetpolitik im Agrarbereich ist ja immer davon zu lesen, dass durch massive Belastungen Mehrausgaben für die Landwirtschaft finanziert würden. – Diese Mehrausgaben für die Landwirtschaft gibt es nicht, Herr Kollege Edlinger! (Abg. Edlinger: Da kennen Sie das Budget nicht, Herr Kollege!)

Ich fürchte, Ihre Einsätze sind zu wenig für eine konstruktive Politik mit einem greifbaren Hintergrund. Herr Edlinger! Wenn Sie am 27. Oktober schreiben, dass Österreich kein Sanierungsfall sei, dann frage ich mich wirklich, was Sie in Anbetracht von 2 245 Milliarden Schilling Schulden und 680 Millionen Schilling an täglichem Aufwand für Zinsen und Tilgung gemacht hätten, wenn Sie noch Finanzminister wären! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Ex-Finanzminister! Ihre Aussagen zur Finanzpolitik sind ein nicht enden wollendes Gruselmärchen: In den Monaten nach der letzten Nationalratswahl haben Sie mit der Nennung von Märchenzahlen wahrlich einen wesentlichen Beitrag zur Budgetpolitik geleistet! Mit Ihrer Arbeit sind Sie wirklich in den Bereich der Märchenerzähler einzureihen! Vielleicht wäre es manchmal


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besser gewesen, Sie wären zu Hause geblieben, hätten in den Kühlschrank gegriffen und Ihre Hunde mit guten österreichischen Würsten versorgt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Nulldefizit, das jetzt laut SPÖ wieder hinausgeschoben werden soll, ist ein zugegebenermaßen ehrgeiziges Ziel, aber ein Nulldefizit, das keiner merkt, wird es nicht geben! Man muss sich auch etwas zutrauen. Ich glaube, die Bevölkerung vertraut jenen, die klare Ziele vorgeben und diese konsequent anstreben – wie unser Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und seine Regierungsmannschaft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen – Ironische Heiterkeit des Abg. Edlinger. )

21.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schwemlein zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.16

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner behauptete, die SPÖ verschließe sich der Diskussion.

Ich berichtige tatsächlich: Wir haben alle Möglichkeiten – es waren leider sehr wenige, die uns von Ihrer Seite angeboten wurden! – für das Gespräch genutzt.

Die Antwort der Regierung aber ist: Drüberfahren! (Abg. Schwarzenberger: Im Ausschuss war kein einziges Mitglied der SPÖ-Fraktion!) Herr Kollege! Wir suchen jederzeit den Dialog, aber Sie verweigern diesen! Es ist also genau das Gegenteil des von Ihnen Gesagten der Fall! (Beifall bei der SPÖ.)

21.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kogler. Ich erteile ihm das Wort.

21.17

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Die Frau Ministerin ist gerade nicht da.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Frau Ministerin hat sich für 5 Minuten entschuldigt. Sie kommt wieder.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Kein Problem! – Ich wollte kurz auf die Ausführungen des Kollegen Prinz eingehen, weil er gemeint hat, dass er eine Studie kennt, wonach die Müllverbrennung das Beste sei. – Herr Kollege Prinz! Es gibt so viele Studien und Gutachten, dass man es wirklich mit Bernd Lötsch halten soll: Es gibt Gutachten und Schlechtachten! Und die Schlechtachten sind meistens bei jenen Auftragnehmern zu finden, die sich von den Auftraggebern sehr gut bezahlen lassen und diesen dann eine Stellungnahme entsprechend deren Interesse retournieren. Wenn Sie also mit irgendeinem Gutachten wacheln, dann interessiert mich das herzlich wenig und regt mich nicht auf. Die Müllverbrennung wird deshalb sozusagen nicht besser.

Herr Kollege! Bei Ihnen brennt allerdings der Hut. Ich meine, die Studie, die Sie da zitiert haben, könnte allenfalls der Jungbauernkalender sein, der jetzt die Gemüter erregt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich lese das eben in der "Kleinen Zeitung", die nicht wirklich ein antirurales Kampfblatt ist. Kollege Prinz! Sie haben genug Erklärungsbedarf, und wenn Sie aus irgendwelchen Studien zitieren, dann machen Sie das anständig, denn es geht nicht überall so locker wie mit diesem Kalender! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Sache der Budgetbegleitgesetze im engeren Sinn: Finanzminister Grasser wirft der Opposition öfters beziehungsweise regelmäßig vor, sie würde keine konstruktiven Vorschläge im Sinne der Budgeteinsparung machen. – Ich kann das nur energisch zurückweisen! Das ist zwar nicht grundsätzlich Job der Opposition, aber wenn man die Vorschläge der Opposition verfolgt, dann


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wird man sogar auch ausgabenseitig immer wieder Vorschläge finden, die zur Einsparung und somit zur Reduktion des Budgetdefizits beitragen können.

Es gibt dafür verschiedene Beispiele. Ich möchte jetzt nur eines erwähnen, und zwar jenes betreffend die Förderungsfonds im Umweltbereich, im Besonderen den Wasserwirtschaftsfonds, und da geht es um Milliarden. Da geht es pro Jahr um Milliarden Schilling und in einer Legislaturperiode um zig Milliarden! Unter dem Deckmantel der Ökologie werden regelmäßig Projekte gefördert, die in Wirklichkeit unökologische Auswirkungen haben, weil sie zu groß sind, weil dabei sehr viele Beton- und Kanalrohre verbraucht werden und große Anlagen damit betrieben werden, obwohl kleinere Anlagen viel billiger zu haben wären und ökologisch sinnvollere Lösungen bringen.

Das ist ein riesiges Problem, und das fängt phasenweise schon beim Gesetzgeber an. Man könnte da durchaus von Korruption sprechen, denn innerhalb der bestehenden Gesetze wird des Öfteren sozusagen am Effizienten vorbeigemogelt.

Es ist einmal wert, festgehalten zu werden, welche Interessenten hier aufeinander treffen: Landesregierungsmitglieder – meistens von der ÖVP – sind damit betraut, Betonbau-Firmen und Zivilingenieure sind sehr oft involviert, und alle haben einen Anreiz-Mechanismus, sich dort zu treffen, dass möglichst große Anlagen gebaut werden, und das halte ich einfach für ineffizient! (Beifall bei den Grünen.)

Nichtsdestotrotz werden weder die Gesetze noch die Förderrichtlinien repariert, geschweige denn werden die Fondszuschüsse in diesem Bereich zurückgenommen, sondern diese werden irgendwo hingeschoben; Sie kennen das ganz genau! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) – Ah, als ich von Beton geredet habe, sind Sie munter geworden, Frau Kollegin! Das hätte mich jetzt nicht überraschen sollen! Es ist auch keine Rede davon, dass irgendwo einmal am Schluss eine Variantenoptimierung gefördert wird, die wirklich ökonomisch die sinnvollste Lösung ist. Dafür gibt es reihenweise Vorschläge von den Grünen, das wird aber immer negiert. Würde man diese Vorschläge befolgen, dann könnten im ganzen Bundesgebiet – da geht es nicht nur um ein Bundesland, obwohl die Förderungen bundeslandweise abgewickelt werden – pro Legislaturperiode nach unserer Hochrechnung zirka 15 bis 20 Milliarden Schilling eingespart werden. – Dafür sollte man sich als Finanzminister bedanken und nicht ständig dem Lobbyismus, der auf diesem Terrain regiert, nachgeben!

Ich fasse zusammen: In dieser Vereinigung fehlt eigentlich nur mehr der Herr Pfarrer, denn sonst sind schon alle dabei, die von diesem System profitieren. Nur der Kanalanschlussbenützer, der oft gezwungen wird, anzuschließen, hat hier sozusagen die "Rote Laterne" im Sinne der roten Zahlen, und das kann nicht sein. Dazu fehlt also nur mehr der Segen vom Pfarrer im Dorf.

So spielt sich das auf dem flachen Land ab, wo bis zum letzten Bauern hinauf ein Kanal gegraben werden soll, gegen jede Vernunft, die darin ihren Ursprung findet, dass die Gesetze zu schwach sind, um das zu regeln. Aber selbst innerhalb der bestehenden Gesetze gelingt es nicht, gescheite Lösungen zu forcieren. Der Grund dafür ist, dass wir es in diesem Bereich zum Teil mit korrupten Systemen zu tun haben – das ist es einmal wert, im Protokoll festgehalten zu werden –, und dass das wider besseres Wissen aller Beteiligten, angefangen von den Fraktionen hier im Haus, also der gesetzgebenden Körperschaft, bis hinunter zu den Landesräten und Bürgermeistern, negiert wird.

Es geht um zig Milliarden! Das werden wir einmal mit dem Herrn Finanzminister diskutieren. Im Übrigen hat er mir in einem dieser erwähnten Gespräche zugesagt, dass er sich dafür verwenden wird, dass die Fondsdotierungen verringert werden. Das Gegenteil ist allerdings der Fall! Und dann stellt er sich hin und sagt, dass die Opposition keine Vorschläge macht. Das werden wir so nicht durchgehen lassen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. – Bitte.

21.23

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte noch einen Abänderungsantrag im Zusammen


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hang mit dem Budgetbegleitgesetz einbringen. Der Abänderungsantrag ist relativ umfangreich, deshalb wurde beim Herrn Präsidenten beantragt, dass der Antrag gemäß § 53 Abs. 4 GOG verteilt wird. Der Herr Präsident hat diesem Wunsch freundlicherweise entsprochen, daher möchte ich mich darauf beschränken, den Antrag in den Kernpunkten zu erläutern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Abänderungsantrag betrifft vier Änderungen:

Zunächst eine Änderung des Einkommensteuergesetzes: Dabei geht es im Wesentlichen um eine Klarstellung in Ziffer 23 litera b betreffend Auszahlung des 13. beziehungsweise 14. Bezuges, dass ein vorläufiger Lohnsteuerabzug unterbleibt.

Weiters geht es in diesem Zusammenhang um steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften: Hier wird klargestellt, dass Miet- und Pachtverträge, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts als Vermieter beziehungsweise als Mieter geschlossen werden, gebührenfrei gestellt werden.

Weiters soll es inhaltliche Klarstellungen und redaktionelle Änderungen im ASFINAG-Gesetz und im Bundesforstegesetz geben. Beim ASFINAG-Gesetz wird ein Straßenverlauf betreffend Bundesstraße 100 beziehungsweise Einmündung in die Süd Autobahn neu definiert.

Meine Damen und Herren! Eine weitere Änderung betrifft das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Es ist heute im Zuge der Debatte schon darüber gesprochen worden: Hiebei geht es darum, dass das Finanzministerium den geordneten Rückzug – ich betone ausdrücklich: den geordneten Rückzug – aus dem Wohnungsbereich antreten möchte. Die Änderungen, die hier vorgenommen wurden, schauen deshalb kompliziert aus, weil in Ziffer 1 und in den Ziffern 2 bis 7 eine technische Krücke vonnöten ist: Die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften der öffentlichen Körperschaften – also Bund, Länder, Gemeinden – räumen ihren Mietern zunächst eine Kaufoption ein. Das steht schon in der bisherigen Fassung des Budgetbegleitgesetzes. Als technische Krücke ist jetzt im Abänderungsantrag vorgesehen, dass vorübergehend die globalen Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes außer Kraft gesetzt werden, diese aber sofort wieder in Kraft gesetzt werden, indem ein Opting-In seitens der Wohnbaugesellschaften, befristet bis 30. März 2001, stattfinden kann. Das heißt, gemeinnützige Wohnbauträger, die weiterhin in vollem Umfang die Wohnungsgemeinnützigkeit beanspruchen wollen – nicht nur hinsichtlich des Wohnbauregimes –, können diese beim Amt der Landesregierung sofort wieder beantragen. Bei einigen wenigen – wahrscheinlich wird es sich wirklich nur um fünf Wohnbaugesellschaften handeln, nämlich um jene, die im Eigentum des Bundes stehen – wird der Gemeinnützigkeitscharakter global aufgehoben, die mietrechtlichen Bestimmungen werden hingegen nicht aufgehoben. (Abg. Eder: Das geht ja gar nicht!)

Sie werden nicht aufgehoben, Herr Kollege, auch wenn Sie das nicht hören möchten, aber es ist so! Es gelten weiterhin die Bestimmungen des § 20: Danach wird es keine Änderung im Zinsregime und in mietrechtlichen Belangen geben, aber der große Vorteil wird dadurch ermöglicht, dass Mieter solcher Wohnungen diese Wohnungen, auch per Gesetz möglich, tatsächlich erwerben können. (Zwischenruf der Abg. Bures. )

Frau Kollegin Bures! Sie wissen ganz genau, dass es in vergangenen Legislaturperioden Hunderte beziehungsweise Tausende Anträge von kaufwilligen Mietern insbesondere im Bereich der BUWOG, aber auch im Bereich der WAG gegeben hat. Das wurde von der Regierung immer pauschal abgelehnt beziehungsweise kategorisch zurückgewiesen. Wir gehen hier einen anderen Weg: Wir wollen, dass langjährige Mieter die Wohnungen tatsächlich als Eigentum erwerben können! Das ist eine sehr wesentliche Zielsetzung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da Bund, Länder und Gemeinden regelmäßig viel Geld in diesen Bereich gepumpt haben, ist es durchaus legitim, dass Geld wiederum in Richtung der ursprünglichen Geldgeber zurück transferiert wird. (Abg. Eder: Das ist das Ende des sozialen Wohnbaus!) Ich halte das für wesentlich.


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Die Geschichten, die Sie erfunden oder über die Zeitungen verbreitet haben, gehören genauso in den Bereich der Schauermärchen, wie Sie uns das anlässlich der Wohnrechtsgesetz-Novelle 2000 angedichtet haben! Damals haben Sie behauptet, dass alles viel teurer wird und eine gigantische Belastungswelle kommt. Sie haben das im Zusammenhang mit der Pro-futuro-Abschaffung des Hausbesorgergesetzes angekündigt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! All das ist nicht eingetreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Ihre Befürchtungen sind unzutreffend, auch wenn Sie wieder die Ängste der Bevölkerung schüren! Was Sie plakativ schwarz-weiß an die Wand malen, wird nicht eintreten! (Zwischenruf des Abg. Eder. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche daher höflichst um Ihre Zustimmung zu diesem Abänderungsantrag. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ordnungsgemäß unterfertigt, vervielfältigt und steht zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Fekter, Mag. Trattner, Mag. Tancsits, Mag. Firlinger und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend das Budgetbegleitgesetz 2001 (311 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (369 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Art. 7 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1998) wird wie folgt geändert:

a) In Z. 21 wird im § 67 Abs. 8 lit. a und c in der Fassung des Ausschussberichtes jeweils die Wortfolge "nach Abs. 3, 6 oder 8" durch die Wortfolge "nach Abs. 3 oder 6" ersetzt.

b) In Z. 23 lit. b wird im § 69 Abs. 2 nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

"Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausgezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben."

2. Art. 34 (Steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften) wird wie folgt geändert:

"Artikel 34

Steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederungen von Aufgaben der Gebietskörperschaften

§ 1. (1) Die durch die Ausgliederung und Übertragung von Aufgaben der Gebietskörperschaften an juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sowie an Personenvereinigungen (Personengemeinschaften), die unter beherrschendem Einfluss einer Gebietskörperschaft stehen, anfallenden Schriften, Rechtsvorgänge und Rechtsgeschäfte sind von der Gesellschaftsteuer, Grunderwerbsteuer, den Stempel- und Rechtsgebühren sowie von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit. Derartige Vorgänge gelten nicht als steuerbare Umsätze. Ist die juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts im Rahmen der Aufgabenerfüllung als Unternehmer tätig, gelten für Zwecke der Umsatzsteuer die Rechtsverhältnisse für diese Tätigkeit als Unternehmer weiter.

(2) Miet- und Pachtverträge, die zwischen der juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts als Vermieterin und der übertragenden Gebietskörperschaft als Mieterin unmittelbar an


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lässlich der Ausgliederung bezüglich der übertragenen Objekte abgeschlossen werden, sind von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.

§ 2. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich der Befreiung von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren der Bundesminister für Justiz, im Übrigen der Bundesminister für Finanzen betraut."

3. Art. 78 (Änderung des Bundesforstegesetzes 1996) wird wie folgt geändert

a) In Z. 8 (§ 12 Abs. 2) letzter Satz wird die Wortfolge "Abs. 2a dritter Satz" durch die Wortfolge "§ 1 Abs. 2a dritter Satz" ersetzt.

4. * Art. 82 (Änderung des ASFINAG-Gesetzes) wird wie folgt geändert:

In Z. 3 (Artikel IX § 1) entfällt in der Aufzählung die lit. c und es werden die Litera-Bezeichnungen d bis u durch c bis t ersetzt.

5. * Art. 83 (Änderung des Bundesstraßengesetzes 1971) wird wie folgt geändert:

a) Der in Art. 83 novellierte § 34b erhält die Z. 1

b) Nach dieser Z. 1 wird folgende Z. 2 angefügt:

"2. In der Anlage wird im Verzeichnis 3, Bundesstraßen B, bei der Nummer B 111, mit der Bezeichnung Gailtal Straße, die Beschreibung der Strecke ,Arnoldstein (A 2) – Hermagor – Kötschach – Maria Luggau – Strassen (B 100)‘ durch ,Arnoldstein (B 83) – Hermagor – Kötschach – Maria Luggau – Strassen (B 100)‘ ersetzt."

6. Art. 87 (Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z. 1 werden folgende Z. 2 bis 7 angefügt:

2. In § 7 wird folgender Abs. 4b angefügt:

"(4b) Die Beteiligung einer Bauvereinigung an anderen als den in Abs. 3 Z 9 und 10 angeführten Unternehmungen bedarf nicht der Zustimmung der Landesregierung, wenn

1. die Unternehmung in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet ist,

2. die Gesellschaft ihren Geschäftskreis auf Tätigkeiten im Sinne der Abs. 1 bis 3 und 4a beschränkt,

3. die Mehrheit der Anteile im Eigentum der Bauvereinigung oder anderer Bauvereinigungen stehen und

4. das Kapital der Bauvereinigung durch die Beteiligung nicht übermäßig gebunden wird.

Die Gesellschaft gilt diesfalls als Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Genossenschaftsrevisionsgesetzes 1997 der beteiligten Bauvereinigung(en)."

3. § 9b zweiter Satz lautet:

"Gemeinnützige Bauvereinigungen und deren Gesellschaften gemäß § 7 Abs. 4b, Gebietskörperschaften und juristische Personen, deren sich Gebietskörperschaften zur Verwaltung ihrer Beteiligungen bedienen, zählen nicht zum Personenkreis gemäß § 9 Abs. 1."

4. § 20 Abs. 1 Z. 3. lautet:

"3. Wenn nach der Errichtung der Baulichkeit


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a) das Eigentum (Baurecht) an einen Erwerber übergeht, der keine gemeinnützige Bauvereinigung ist oder

b) die Bauvereinigung die Gemeinnützigkeit verliert,

sind die Bestimmungen der §§ 13 bis 22 und § 39 Abs. 8 bis 13, 18, 19, 21 und 24 bis 27 dieses Bundesgesetzes weiterhin sinngemäß anzuwenden."

5. Nach § 39 Abs. 6 werden folgende Abs. 6a bis 6d eingefügt:

"(6a) Mangels gegenteiliger schriftlicher Erklärung gegenüber der Landesregierung bis spätestens 31. März 2001 gelten in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft errichtete

a) gemeinnützige Bauvereinigungen, die im ausschließlichen Eigentum einer oder mehrerer Gebietskörperschaften oder

b) gemeinnützige Bauvereinigungen, die im ausschließlichen Eigentum von Bauvereinigungen gemäß lit. a

stehen, ab 1. April 2001 nicht mehr als gemeinnützig anerkannt.

(6b) Die Bestimmung des § 7 Abs. 3 Z. 6a ist auf Bauvereinigungen gemäß Abs. 6a weiterhin sinngemäß anzuwenden, sofern es sich um Baulichkeiten handelt, die dem § 20 Abs. 1 Z 3 unterliegen.

(6c) § 23 Abs. 2 findet für Bauvereinigungen gemäß Abs. 6a nur auf Geschäftsjahre Anwendung, die vor dem 1. April 2001 enden. Nur insoweit sind die §§ 27 bis 29 auch nach dem 31. März 2001 weiterhin sinngemäß anzuwenden.

(6d) Den Bauvereinigungen gemäß Abs. 6a fehlende bundesgesetzlich geregelte Befähigungen, Berechtigungen und Nachweise, insbesondere nach der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, sind bis 31. März 2002 zu erbringen."

6. § 39 Abs. 27 erster Halbsatz lautet:

"Abweichend von § 17 Abs. 1 gilt für den Fall der Auflösung eines Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses in Baulichkeiten, die vor dem 1. Juli 2000 bezogen worden sind:"

7. In Art. IV wird nach Abs. 1e folgender Abs. 1f eingefügt:

"(1f) § 7 Abs. 3 Z 6a, § 7 Abs. 4b, § 9b, § 20 Abs. 1 Z 3, § 39 Abs. 6a bis 6d und § 39 Abs. 27 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr.XXX/2000 treten mit 1. Jänner 2001 in Kraft."

b) Die bisherige Ziffer 2 entfällt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Ich erteile ihm das Wort.

21.31

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Verehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich beim Thema Umweltbudget auf einen Punkt konzentrieren, der vor allem den Gemeinden am Herzen liegt, nämlich mit der Finanzierung von Abfallbehandlungen.

Die derzeitige ALSAG-Novelle, und daraus abgeleitet der Budgetposten Altlastensanierung, schafft ein nicht erklärbares Ungleichgewicht zwischen den derzeit zur Verfügung stehenden Technologien, nämlich der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung und den Müllverbrennungsanlagen. Meine sehr geehrte Damen und Herren! Beide Verfahren stellen, wie ich meine,


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eine gleichwertige deutliche ökologische Verbesserung gegenüber der Ablagerung ohne Vorbehandlung dar. Insbesondere ist nachgewiesen, dass mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen die Treibhausbelastung gegenüber der Ablagerung ohne Vorbehandlung genau so gut reduzieren wie Müllverbrennungsanlagen. Trotzdem sind Vertreter des Umweltministeriums offensichtlich der Auffassung, als Geburtshelfer des flächendeckenden Einsatzes von Müllverbrennungsanlagen fungieren zu müssen.

Die derzeit vorliegende ALSAG-Novellierung sieht vor, dass für die Rückstände der Müllverbrennungen kein ALSAG-Beitrag zu bezahlen ist, während die Deponiefraktionen der mechanisch-biologischen Anlagen ALSAG-pflichtig sind. Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Ungleichbehandlung macht weder aus ökologischer noch aus ökonomischer Sicht Sinn. Ökologisch gesehen sind die Verfahren gleichwertig. Dies kann kein Grund für die Bevorzugung einer der beiden Technologien sein. Ökonomisch gesehen sind mechanisch-biologische Abfallbehandlungen günstiger, da der apparattechnische Aufwand von Müllverbrennungsanlagen enorm hoch ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist verständlich, dass es einen Topf für Altlastenerkundung und -erhebung geben muss. Es ist aber nicht erklärbar, warum dies nur durch die MBA-Abfälle finanziert werden soll.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das innovative Verfahren der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsverfahren in Form des Müllsplittings würde es zum Beispiel in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten ermöglichen, bei gleicher Umweltqualität – ich betone: bei gleicher Umweltqualität! – die Müllgebühren für die Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verbrennung deutlich niedriger zu halten. Daher ersuche ich den Herrn Umweltminister nochmals, den MBA eine Chance zu geben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. Ich erteile ihm das Wort.

21.34

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich bin eigentlich verwundert, dass der Herr Ex-Finanzminister, der ein erfahrener Politiker ist und schon sehr lange in der Politik ist, heute so beleidigt reagiert hat. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Ich weiß nicht, woran das liegt! Um in seiner Sprache zu reden, müsste man sagen, dass er wie eine "beleidigte Leberwurscht" reagiert hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Ich bin überhaupt nicht beleidigt! Ich bin heute ein glücklicher Mensch!)

Ich weiß nicht, was der Grund dafür ist, dass er so reagiert. Vielleicht ist es der Nikotinentzug! Das würde ich verstehen. Anfangs, als er abgewählt wurde, habe ich verstanden, dass er beleidigt war und Herrn Bundesminister Grasser nicht die Hand gegeben und sein Büro nicht übergeben hat. Das habe ich noch verstanden. Das tut eben weh! (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Gell Schwemlein, die Geschichte tut weh? Das war keine anständige Art, das Büro nicht zu übergeben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Um beim Nikotinentzug zu bleiben: Ich habe im "FORMAT" einen Artikel gelesen, der mit "Das Taschenzieherkabinett" übertitelt war, und darin ist Folgendes beschrieben: Hans Jörg, 27 Jahre, Tankwart, arbeitslos, sucht derzeit Arbeit. Seine Frau ist ebenfalls arbeitslos und hat keinen Leistungsanspruch. Die Tochter der beiden ist neun Monate alt. Sein letztes Einkommen betrug 11 256 S brutto. Er fährt einen Nissan Bluebird mit 70 PS und raucht drei Packerln Zigaretten. Und dieser Hans Jörg verliert 2 190 S durch die erhöhte Tabaksteuer. Insgesamt hat er – so wird in diesem Artikel vorgerechnet – durch diverse Belastungen einen Jahresverlust von 10 799 S. (Abg. Schwemlein: Zu welchem Thema reden Sie eigentlich?) Es wird jedoch nicht erwähnt, dass Hans Jörg durch die Steuerreform und durch die Reform der Familienbeihilfe von der neuen Bundesregierung 6 000 S mehr bekommt. Das steht nicht in diesem Artikel. Die Zeitschrift heißt "FORMAT", ich weiß aber nicht, was "FORMAT" in diesem Fall bedeuten soll!


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45. Sitzung / Seite 209

Wissen Sie, was sich dieser Hans Jörg für den Fall, dass er wie Ex-Minister Edlinger mit dem Rauchen aufhören würde, ersparen könnte? – Er würde sich insgesamt 30 811 S ersparen! Das müsste man ihm sagen! Bei den im Artikel "Taschenzieherkabinett" angeführten Personen handelt es sich durchwegs um Raucher! Da ist dem "FORMAT" wirklich etwas Gutes eingefallen! (Abg. Edlinger: Was hat das eigentlich mit mir zu tun?) Das kann es aber nicht sein!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen die Staatsfinanzen sanieren, daher ist dieses Budgetbegleitgesetz notwendig. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)

21.37

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! So aufregend war der Beitrag des Kollegen Fink auch wieder nicht, dass Sie sich so aufregen müssen! Und wenn Ihnen die Entzugserscheinungen des ehemaligen Finanzministers Edlinger solche Sorgen machen, dann muss ich Ihnen etwas zu Ihren Entzugserscheinungen sagen: Als Ihnen die Konzession entzogen wurde, professionell Arbeitskräfte zu vermitteln, haben Sie sogar den Immunitätsausschuss beschäftigt! Wenn man im Glashaus sitzt, Herr Kollege, gerade wenn es um Entzug geht, sollte man nicht mit Steinen werfen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Alle, die sich heute in diesem Hohen Haus ein bisschen ernsthafter mit Umweltschutz und Klimaschutz auseinander gesetzt haben, waren sich darüber einig, dass Klimaschutz einer der politischen Schwerpunkte im nächsten Jahrzehnt sein wird. Wir Österreicher haben uns dazu verpflichtet, die Gesamtemissionen von klimawirksamen Gasen um 13 Prozent zu verringern. Das ist ein stolzes Ziel, meine Damen und Herren! Dem Trendwert entsprechend müssen wir die Emissionen auf 67 Millionen Tonnen jährlich verringern, also um 16 Millionen Tonnen! Das ist eine stolze Zahl.

Die Kommunalkredit hat berechnet, dass wir dafür jährlich Investitionen von mindestens 15 Milliarden Schilling vornehmen müssen, vor allem in den Bereichen Raumwärme, Verkehr und erneuerbare Energien. Kollege Fallent als einer meiner Vorredner hat dazu bereits einige sehr wesentliche Maßnahmen angesprochen. Ich bin in dieser Frage ganz bei Ihnen, Herr Kollege Fallent! Leider muss ich jedoch feststellen, dass die Regierung in Sachen Klimaschutzpolitik bisher eher zurückhaltend agiert. Vielleicht können Sie diesem Thema über Ihre Fraktion etwas mehr Nachdruck verleihen!

Bundesminister Molterer – so empfinde ich das als Parlamentarier – ist gewissermaßen ohne konkreten Maßnahmenplan zur Vertragsstaatenkonferenz nach Den Haag gereist. Ich habe hier nichts darüber gehört, was er in Den Haag für Österreich vertreten will und wird. Leider ist der Klimaschutz auch bei den Finanzausgleichsverhandlungen, auf die wir gerade in Sachen Klimaschutz gesetzt hätten, zu kurz gekommen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass die Mittel, die jetzt budgetiert sind, nämlich für das Jahr 2001 550 Millionen und 650 Millionen Schilling für das Jahr 2002, ausreichen werden. Sie sind eindeutig zu wenig, auch wenn, Kollege Schwarzenberger, im Rahmen der Landwirtschaftsförderung wie immer das Füllhorn für die Biomasse ausgegossen wird. Ich darf daran erinnern: 0,5 Tonnen beträgt der Anteil der Biomasse an diesen 16 Millionen, also eindeutig zu wenig.

Wir fordern konkrete Maßnahmen für den öffentlichen Verkehr – er muss weiter attraktiviert werden –, ein umfangreiches Förderungspaket zur Althaussanierung, bundesweite Förderung der Kraft-Wärme-Kopplungen und der Fernwärme. Auch die Landwirtschaft darf im Zusammenhang mit Methangas- und Lachgas-Emissionen aus ihrer Verantwortung nicht entlassen werden. Unabdingbar für mich ist in der Abfallbewirtschaftung, dass das Deponierungsverbot für


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unbehandelte Abfälle unbedingt einzuhalten ist. Ich glaube, Herr Kollege Kogler, dass das eine das andere nicht ausschließen muss.

In Summe wünsche ich mir einen Umweltminister, der für den Klimaschutz genauso aktiv und erfolgreich eintritt, wie er das bisher für gewisse Kreise in der Landwirtschaft eigentlich recht erfolgreich getan hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: Für welche denn?)

21.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Fink zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Oberhaidinger  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Fink –: Berichtigst du jetzt den eigenen Beitrag?)

21.42

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Herr Kollege Oberhaidinger hat behauptet, dass ich Arbeitsvermittlung ohne Konzession gemacht hätte.

Herr Kollege Oberhaidinger! Das ist unrichtig. Ich habe die Konzession gehabt. Das Einzige, was nicht der Fall war: Das Bundessozialamt hat mir diese Arbeitsvermittlung verwehrt. Dort haben sie nämlich ganz einfach Angst gehabt, dass wir Arbeit vermitteln. Sie haben Angst gehabt, so wie auch das AMS! (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich sage Ihnen etwas dazu, Herr Kollege Oberhaidinger: Mit 3. Dezember hat jetzt auch das Bundessozialamt diese Arbeitsvermittlung genehmigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornegger. Ich erteile ihm das Wort.

21.43

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Durch die Änderung des Bundesforstegesetzes wurde natürlich die Frage der Wasserressourcen wieder aktuell. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, diese Regierung gibt keinen Anlass, Angst um den Ausverkauf der Bundesforste und ihrer Wasserressourcen zu verbreiten. Diese Regierung sichert unsere Ressourcen.

Wir versuchen, die Ressourcen durch das bestehende Wasserrecht zu sichern. Man tut nämlich immer so, als ob es überhaupt kein Wasserrecht geben würde. Wir haben ein gutes, funktionierendes Wasserrecht, und wir haben ein gutes Forstgesetz.

Wir versuchen aber auch, durch biologische Bewirtschaftung großer Flächen die Qualität des Wassers abzusichern. Was ein ganz besonderes Anliegen unserer freiheitlichen Fraktion und der Regierung sein wird, ist die Absicherung der Einstimmigkeit in der EU, sodass unsere Wasserressourcen weiterhin nur bei Einstimmigkeit abgegeben werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die versuchte Panikmache durch Schauermärchen der Opposition ist daher völlig umsonst. Die Kollegen Pirklhuber und Brix haben heute ausführlich gezeigt, wie man solche Schauermärchen verbreiten kann. Aber wie der Schelm denkt, so ist er: Sie wären doch die Ersten, die – wie sich in den letzten 30 Jahren gezeigt hat – alles verschleudern würden – so, wie es mit unseren Finanzen passiert ist. (Abg. Edlinger: Sapperlot!) Sapperlot, Herr Finanzminister!

In Bezug auf den Trinkwasserverkauf gibt es von Bundesminister Molterer die klare Aussage, dass die Wertschöpfung in Österreich zu erfolgen hat. Strategisch bedeutende Wasservorkommen sollten langfristig für die örtliche Nutzung gesichert werden. Meine Damen und Herren, 83 Milliarden Kubikmeter Wasser fließen das ganze Jahr lang täglich aus unseren Quellen und Grundwasserreservaten. Nur 1,2 Milliarden davon brauchen wir zur Trinkwasserversorgung, und 2 Milliarden Kubikmeter für Brauchwasser. Daher noch einmal: Diese Schauermärchen werden ein Ende finden, wenn wir aufzeigen, wie es besser gemacht werden kann.


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Heute war oft von Blinden die Rede. Die sich abzeichnende Blindheit in Bereichen der Opposition kann sicher nicht von unserem glasklaren Wasser kommen – das schließe ich völlig aus –, sondern schon eher durch das Verfassen von Resolutionen und Briefen über diese Schauermärchen.

Für mich und meine Fraktion besteht ein klares Ziel darin, Wald und Weideflächen an interessierte Bauern zur nachhaltigen Verbesserung des bäuerlichen Besitzstandes zu übertragen. (Abg. Eder: Das hat aber wer aufgeschrieben jetzt! – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Bitte? (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Eder, von der Landwirtschaft verstehst nichts! – Abg. Edlinger: Aber von der deutschen Sprache!)

Ich bin aber bei Ihnen: Einige Vorredner haben heute ganz groß gesagt, sie wollen verhindern, dass Bundesforstebesitz an bäuerliche Kleinstbetriebe verkauft wird. Da bin ich Ihrer Meinung: Wenn Sie schon nicht verkaufen wollen, dann übertragen wir gewisse Flächen der Bundesforste für kleine Betriebe zur Wertsicherung und zur Vergrößerung ihrer Betriebe (Abg. Edlinger: Heißt das: schenken?), damit sie im Überlebenskampf gegen die großen EU-Bauern noch eine Chance bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das ist ein neues Wort für "schenken"!)

Zu Herrn Gradwohl noch einen Satz: Er hat hier am Rednerpult verlauten lassen, dass es ein Fehler wäre, es grundbücherlich festzuschreiben, wenn Wald verkauft wird, der durch Einforstungsrechte belastet ist. Für uns ist es ein wichtiger Punkt, dass, wenn belastete Flächen veräußert werden, diese wenigstens vorher grundbücherlich abgesichert und niedergeschrieben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pistotnig. – Bitte.

21.48

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde die linke Reichshälfte nicht wieder mit Argumenten überschütten, weil ich glaube, dass Sie nicht dumm sind. Sie sind höchst intelligent, und daher brauche ich nichts zu wiederholen. Sie verstehen alles, nur glauben Sie, dass man in der Opposition immer zu allem nein sagen muss. Aber ich darf Ihnen sagen: Sie werden noch lernen, dass es auch eine konstruktive Opposition gibt. Die wird Ihnen dann auch besser anstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger hat am Vormittag gesagt, er setzt voraus, dass auch die Superreichen einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten. Ein Betrieb wie die Bundesforste, der rund 120 Milliarden Schilling wert ist, soll 3 Milliarden Schilling beitragen. Mit diesem Vermögen ist man kein Armenhaus, also setze ich voraus, dass es wohl das Mindeste ist, dass auch von dieser Seite etwas beigetragen wird.

Herrn Pirklhuber mit seinem Bild, auf dem ein paar Fratten – so sagt man in Kärnten, also nicht "Kahlschläge", sondern "Fratten" – drauf sind, muss ich schon ins Stammbuch schreiben, dass es viel vernünftiger ist, wenn mehr Wald in private Hände kommt. Er weiß doch ganz genau, dass die privaten Waldbesitzer pro Jahr um 9 Millionen Festmeter weniger schlägern, als im Wald zuwächst. Daher ist der Wald auch bei den Privaten in den besten Händen.

82 Prozent sind Privatwälder. Herr Gradwohl hat vorhin hier gesagt: Ich habe die kleinen Waldbesitzer nicht angegriffen. – Bitte, was ist denn das, wenn ich tage- und wochenlang sage, dass der Wald kaputt wäre, wenn jetzt 2 oder 3 Prozent der Bundesforste in privaten Besitz kommen? Ich brauche nicht zu sagen, dass die Privaten nichts wert sind, denn wenn ich ihnen jede Wirtschaftsfähigkeit abspreche, dann habe ich das Gleiche getan. Also braucht er auch nicht herauszugehen, um das zu sagen, sondern sollte sich entschuldigen, damit er nicht vielleicht bei den kleinen Bauern blöd dasteht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Restlverwerter sind die Österreichischen Bundesforste, wenn sie nicht mehr 860 000, sondern 830 000 oder 820 000 Hektar besitzen, ebenfalls keine. Man soll


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bei der Wahrheit bleiben. Man muss nicht unbedingt alles auf die Spitze treiben, und man soll die Leute auch nicht anlügen. (Abg. Sophie Bauer: Wenn Sie sich bei der Nase nehmen, wegen der Wahrheit!) Tatsache ist, dass maximal 2 Prozent verkauft werden sollen. (Abg. Dr. Mertel: Ein Pinocchio!)

Sie werden selbst nicht annehmen, dass man für 3 Milliarden Schilling 50 000 Hektar verkaufen muss. Jeder Anfänger weiß, dass man einen durchschnittlichen Wald unter 10 S pro Quadratmeter nicht bekommt. Dann wären es ungefähr 30 000 Hektar, wenn wir schon von Hektar reden, und nicht 50 000. Wenn aber jemand um 5 S Felsen kauft, die keinen Ertrag haben, und es werden 40 000 oder 50 000 – gratuliere! Einem solchen Käufer vergönne ich die Felsen, denn der hat vom Wald keine Ahnung. Aber ich glaube nicht, dass es das geben wird.

Selbstverständlich wird es Interessenten geben, auch kleine Bauern. Man muss ihnen nur die Möglichkeit geben, und die haben wir geschaffen mit unserer Ausschussfeststellung, dass das den kleinen Bauern angeboten wird. Bundesminister Molterer hat mir versprochen, dass es auch Mittel dafür geben wird, dass sich der kleine Bauer einen Wald leisten kann. Schon in der Vergangenheit wurde von kleinen und mittleren Betrieben Wald gekauft – warum nicht auch in Zukunft von den Bundesforsten?

Und weil Herr Gradwohl gemeint hat, er braucht keinen Kahlschlag: Herr Gradwohl, wo waren Sie denn in den letzten 15 Jahren? Sie haben die ganze Republik kahl geschlägert, ohne Rücksicht auf Verluste! Was wir übernommen haben, sind Fratten und Kahlschläge – merken Sie sich das einmal! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Hymne "Bundesforste über alles" – ich sage Ihnen jetzt etwas. Es gibt Presseaussendungen, in denen jemand Folgendes gesagt hat, als es darum ging, die Bundesforste als Aktiengesellschaft zu etablieren: Immerhin geht es um den Staatswald, und die zu befürchtenden ökologischen Schäden werden erst langfristig sichtbar werden, wenn die Verantwortlichen längst nicht mehr greifbar sind. – Im Agrarausschuss hat dieselbe Person damals gesagt, die Einrichtung einer Aktiengesellschaft mit ökonomischen Vorgaben werde zu Konflikten zwischen ökonomischen und ökologischen Kriterien führen.

Das eine war am 3. Dezember 1996, das andere am 12. Dezember 1996. Das war kein Geringerer als Herr Wabl von den Grünen! Und jetzt auf einmal sind die Bundesforste das Allheilmittel, obwohl sie damals nicht brauchbar waren?

Einen Satz erlauben Sie mir bitte noch, weil ich gestern im "Kurier" gelesen habe, dass Herr Präsident Fischer eine Plattform mit Herrn Bürgermeister Häupl bilden wird (Abg. Dr. Mertel: Außer mir versteht Sie hier herinnen eh keiner!), weil er Angst hat, dass der Wald für die Wanderer eingeschränkt wird. – Herr Präsident Fischer! Ich gratuliere Ihnen dazu, und ich hoffe, dass auf dieser Plattform endlich herauskommt, dass ich als Staatsbürger und andere Bürger auch einmal sämtliche 40 000 Hektar des Gemeindebesitzes von Wien betreten dürfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

21.54

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Kolleginnen und Kollegen! Zeitökonomisch muss ich mich auf einige wesentliche Punkte beschränken.

Kollege Schwarzenberger, stellvertretender Klubobmann, hat zuvor gemeint, es gebe auf der Oppositionsseite eine Dialogverweigerung. – Herr Kollege Schwarzenberger! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, heute haben Sie ihn erbracht: dass Sie die Dialogverhinderer sind! Wenn Sie jetzt nämlich einen wichtigen Antrag einbringen und erwarten, dass es in den verbleibenden paar Minuten noch eine sachliche Auseinandersetzung geben kann, dann müssen Sie uns das vormachen. In Wirklichkeit ist es so: Sie wollen weder einen Dialog noch eine sachliche Auseinandersetzung, weil Sie dabei ganz einfach den Kürzeren ziehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler. )


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Ich behaupte das nicht grundlos. Sie kennen mich gut genug und wissen, dass ich, wenn ich Kritik übe, auch Argumente vorzulegen habe. (Abg. Schwarzenberger: Ich habe die Situation im Budgetausschuss angesprochen! Da war Ihre Fraktion überhaupt nicht da!)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, wenn Sie schon mir nicht glauben: Der Rechnungshofpräsident schreibt an das Finanzministerium in der Begutachtung zu diesem Budgetbegleitgesetz: "In der kurzen Begutachtungszeit war eine umfassende inhaltliche Beurteilung nicht möglich."

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag schreibt ausführlich zur Durchführung des Begutachtungsverfahrens: "So ist es dennoch unmöglich, zu einem Gesetzentwurf, der samt Erläuterung 83 Seiten umfasst, innerhalb von drei Tagen eine fundierte Stellungnahme abzugeben." (Abg. Neudeck: Schauen Sie nach: 1995!)

Die Wirtschaftstreuhänder- und Steuerexpertenkammer sagt in einer Presseaussendung (Abg. Böhacker: Die heißt "Kammer der Wirtschaftstreuhänder"!): "Begutachtungsfristen von drei bis vier Tagen sind schlicht unanständig, sind eine Farce."

Meine Damen und Herren! In dieser Situation hat sich der Herr Bundespräsident zu Wort gemeldet und hat in einer Erklärung gemeint: "Für Reformvorhaben und Gesetze sollte genügend Zeit zur Überprüfung vorhanden sein." Das hat er erst vor einigen Tagen gesagt.

Daher sage ich Ihnen: Wozu führt das? – Jetzt lasse ich einmal ganz weg, dass es für die Bevölkerung unerträglich ist, gar nicht zu merken, wie hier die Positionen sind, weil man sich nicht damit auseinander setzen kann. Das führt dazu, Herr Finanzminister – ich habe das auch im Budgetausschuss beim Kapitel Finanzen gesagt, als wir darüber diskutierten –: Bei Investmentfonds – um nur noch einige Beispiele zu nennen – wollen Sie eine Steuer von 5 Prozent einführen. Das ist ein Thema, über das man diskutieren kann, aber nicht in der Form, dass es zu verfassungsmäßig kritischen Entwicklungen käme. Sie wissen ganz genau, dass im Bereich der EU diesbezüglich bereits ein Vertragsverletzungsverfahren läuft. Ich kann nur davor warnen. Es tut der Republik nicht gut – jetzt rede ich gar nicht von der Regierung –, wenn wir laufend in diese Richtung arbeiten. (Abg. Böhacker: Hätten wir uns bei der Getränkebesteuerung ...!)

Meine Damen und Herren! Es gibt hier etliche Dinge kritisch anzumerken, eines aber ganz besonders, gerade bei den zusätzlichen Pensionsbeiträgen von Bediensteten der Sozialversicherung: Das ist eklatant verfassungswidrig. Sie wissen das, aber Sie beschließen es trotzdem!

Ich kann abschließend nur sagen: Machen Sie Schluss mit diesem Weg, Sie tun weder sich selbst noch dem Land und schon gar nicht unserer Bevölkerung etwas Gutes! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mühlbachler. – Bitte.

21.58

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ... (Abg. Dr. Mertel: Rauchen Sie noch?) – Ja. (Abg. Dr. Mertel: Kollege Fink hat über die Raucher gesagt, Raucher sind ...! – Abg. Böhacker: Er lamentiert aber auch nicht! – Abg. Dr. Khol  – in Richtung der Abg. Dr. Mertel –: Dürfen wir Sie auch intime Fragen fragen? – Abg. Dr. Mertel: Ist Rauchen "intim" ...? – Abg. Dr. Khol: Persönliche Lebensgewohnheiten sind seine Privatsache! Ich frage auch nicht, ob Sie noch stricken! – Abg. Dr. Mertel: Ja!)

Ich möchte replizieren auf das, was sich am 7. und 8. November ereignet hat. Wir hatten am 7. November ein Hearing zum Budgetbegleitgesetz und am 8. November ein Budgethearing.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist damals ähnlich abgelaufen wie heute. Es waren das Budgetbegleitgesetz und die Abänderungsanträge schriftlich vorhanden, man hat sich aber


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nicht der Mühe unterzogen, dort fachlich beurteilen zu wollen, sondern man hat von vornherein damit argumentiert, es wäre unmöglich gewesen, innerhalb kurzer Zeit die Tragweite tatsächlich zu beurteilen. Nun, damit kann ich mich noch anfreunden, und das kann ich auch noch mittragen.

Allerdings hat es dann eine Vereinbarung gegeben, dass spätestens am 15. November alle Abänderungsanträge – ausgenommen solche, die in der zweiten Lesung erforderlich sind – den Oppositionsparteien übermittelt werden, damit eine Beurteilung und eine ausreichende Überprüfung möglich wäre. Meine sehr geehrten Damen und Herren, de facto hatten Sie aber das Budgetbegleitgesetz und die Abänderungsanträge weitgehend vom 7. November an zur Verfügung.

Ich möchte zum Hearing zum Budgetbegleitgesetz und zum Budgethearing noch etwas hinzufügen. Ich war von einigen Experten einigermaßen enttäuscht, und zwar deshalb, weil ich nicht eine fundierte Argumentation pro oder contra erlebt habe, sondern weil die Argumentation allzu sehr parteipolitisch ausgerichtet war. Verstehen Sie? – Das sollte, wenn diese Hearings nicht ad absurdum geführt werden sollen, in Hinkunft vermieden werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz noch etwas zu den vielen Beschwerden beziehungsweise zu den vielen Klagen über das Budget 2001 und das Budget 2002: Es hat nun einmal in der Budgetpolitik unseres Landes durch die neue Regierung ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Und mögen Sie das auch noch so sehr beklagen, die breite Öffentlichkeit trägt interessanterweise diesen Paradigmenwechsel mit, und zwar gut mit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist interessant, die Österreicherinnen und Österreicher erkennen seit langer Zeit erstmals wieder ein Ziel, das zu erlangen für sie erstrebenswert ist. (Abg. Eder: Die werden schauen nächstes Jahr!) Da können Sie noch so oft dagegen auftreten und dagegen reden. Sie würden es bei einer Volksbefragung sehen. (Abg. Eder: Es wird immer teurer!)

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mühlbachler und Trattner zur Regierungsvorlage betreffend das Budgetbegleitgesetz – 311 der Beilagen – in der Fassung des Ausschussberichtes – 369 der Beilagen – einbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ich jetzt kurz und pointiert vortrage, ist notwendig, weil redaktionelle Versehen zu beheben sind.

Es geht in Artikel 41 um die Änderung der Wortfolge von "der Bundesministerin" auf "dem Bundesminister".

In Artikel 47 geht es um die Änderung des Gehaltsgesetzes. Beim Gehaltsgesetz geht es um eine ganze Reihe von geringfügigen Schreibfehlern, die durch diesen Abänderungsantrag behoben werden.

Schließlich geht es in Artikel 48 um Änderungen des Vertragsbedienstetengesetzes. Auch hier sind Abschreibfehler passiert, die durch diesen Abänderungsantrag korrigiert werden.

Dasselbe gilt für Artikel 59, Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, und Artikel 66, Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. (Abg. Dr. Niederwieser: Bist du dir sicher, dass das jetzt stimmt?)

Herr Präsident! Dieser Abänderungsantrag wurde ausreichend unterstützt und auch verteilt, sodass ich mir die wortgetreue Verlesung ersparen kann.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es war lange an der Zeit, für die Bevölkerung von Österreich erkennbar zu machen, dass Regierungspolitik ein Ziel hat, nämlich ein lohnendes Ziel für alle Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Mühlbachler liegt vor, ist ordnungsgemäß unterfertigt, ist verteilt worden und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Mag. Gilbert Trattner und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend des Budgetbegleitgesetz 2001 (311 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (369 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Art. 41 (Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

In Z 1 wird in § 19a Abs. 8 die Wortfolge "der Bundesministerin" durch die Wortfolge "dem Bundesminister" ersetzt.

2. Art. 47 (Änderung des Gehaltsgesetzes 1956) wird wie folgt geändert:

a) Im Abschnitt 47.1 Z 6 tritt im § 42 Abs. 1 in der Tabelle in der rechten oberen Spalte anstelle des Ausdruckes "Gehaltsstufe" der Ausdruck "Gehaltsgruppe".

b) Im Abschnitt 47.1 Z 13 entfällt im § 61b Abs. 1 Z 4 lit. b der Ausdruck "L 2".

c) Im Abschnitt 47.1 Z 16 tritt im § 85 Abs. 1 in der Tabelle in der Gehaltsstufe 16 der Verwendungsgruppe M BUO 1 anstelle des Betrages "25 259" der Betrag "25 295".

d) Im Abschnitt 47.1 Z 21 wird im § 114 Abs. 2 Z 2 in der Tabelle unter der die Dienstklassen III und IV anführenden Zeile eine Zeile mit dem Ausdruck "in der Verwendungsgruppe" eingefügt.

e) Im Abschnitt 47.1 Z 27 tritt im § 158 Abs. 2 in der Tabelle in der Gehaltsstufe 8 der Gehaltsgruppe I anstelle des Betrages "44 965" der Betrag "44 956".

f) Im Abschnitt 47.2 Z 9 tritt im § 28 Abs. 1 in der Tabelle in der Gehaltsstufe 12 der Verwendungsgruppe A 6 anstelle des Betrages "1 328,8" der Betrag "1 321,8".

g) Im Abschnitt 47.2 Z 15 tritt im § 42 Abs. 1 in der Tabelle in der rechten oberen Spalte anstelle des Ausdruckes "Gehaltsstufe" der Ausdruck "Gehaltsgruppe".

h) Im Abschnitt 47.2 Z 18 tritt im § 48 Abs. 1 in der Tabelle in der Gehaltsstufe 8 für Außerordentliche Universitätsprofessoren anstelle des Betrages "3 394,1" der Betrag "3 294,1".

i) Im Abschnitt 47.2 Z 75 tritt im § 105 Abs. 4 in der Tabelle anstelle des Wortes "Landeszustelldienst" der Ausdruck "Landzustelldienst".

j) Im Abschnitt 47.2 Z 85 tritt im § 118 Abs. 3 in der Tabelle in der Gehaltsstufe 6 der Verwendungsgruppe C anstelle des Betrages "1 221,2" der Betrag "1 221,1".

k) Im Abschnitt 47.2 Z 94 wird im § 140 Abs. 1 der Tabelle folgende Tabelle angefügt:


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in der Verwendungsgruppe W 1

in den

bei Führung eines Amtstitels, der einem

Dienst-

Dienst-

der nachstehend angeführten Amtstitel

Zulage

klassen

vergleichbar ist

Euro

III

Leutnant

   

113,2

und

Oberleutnant

   

133,1

IV

Hauptmann

   

173,0

ab der Dienstklasse V

     

189,5

 

l) Im Abschnitt 47.2 Z 99 entfällt im § 150 in der Tabelle der Ausdruck "(ernannt)".

3. Art. 48 (Änderung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948) wird wie folgt geändert:

a) Im Abschnitt 48.2 Z 6 lautet im § 41 Abs. 1 in der Tabelle die Spalte l 3 wie folgt:

1 220,1

1 242,5

1 262,5

1 283,8

1 305,1

1 338,0

1 389,4

1 443,9

1 499,4

1 555,9

1 613,0

1 669,2

1 726,4

1 783,8

1 862,0

1 940,7

2 018,7

2 097,0

2 175,2


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b) Im Abschnitt 48.2 Z 26 tritt im § 72 Abs. 1 in der Tabelle in der Entlohnungsstufe 1 der Entlohnungsgruppe v2 anstelle des Betrages "1 388,3" der Betrag "1 383,3".

4. Art. 59 (Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes) wird wie folgt geändert:

In der Z 3 tritt im § 106 Abs. 2 Z 9 in der Tabelle in der Dienstzulagengruppe VI ab der Gehaltsstufe 13 anstelle des Betrages "190,4" der Betrag "191,4".

5. Art. 66 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

In Z 24 wird in § 589 Abs. 3 das Wort "tritt" durch das Wort "treten" ersetzt.

Begründung:

Behebung von redaktionellen Versehen.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lichtenberger. – Bitte.

22.04

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist sehr schwierig, jetzt, am Ende diesen langen Diskussionstages, die gesamte Verkehrspolitik noch in ihren budgetären Auswirkungen beziehungsweise in Bezug auf die Begleitgesetze abzuhandeln. Deswegen muss ich mich hier auf einige wenige Themen beschränken, die natürlich sehr stark mit den Budgetbegleitgesetzen zusammenhängen.

Zunächst einmal möchte ich, auch wenn sie nicht anwesend ist, der Verkehrsministerin und ihren Beamten danken. Die Antworten aus dem Ausschuss sind prompt und vollständig und in manchen Bereichen sogar wirklich aussagekräftig ergangen. (Beifall des Abg. Ing. Herbert L. Graf. )

Allerdings befindet sie sich damit in einem starken Gegensatz zum Beispiel zum Verteidigungsausschuss, dem ich eine Frage nach einer Steigerung in Bezug auf Baukosten gestellt habe. Diese Antwort halte ich wirklich für eine Beleidigung für jeden, der versucht, sich inhaltlich mit dem auseinander zu setzen, was an Budgetbegleitgesetzen eingebracht wird. Dort steht dann einfach: Im Zuge der Anhebung dieses Ansatzes wurde die Voranschlagspost sowieso auf 442 Millionen angehoben.

Das ist nicht einmal mehr zynisch, das ist eigentlich eine Zumutung! Das möchte ich in diesem Zusammenhang wirklich ganz deutlich sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich möchte eben auch hinzufügen, dass das Ganze aus dem Verkehrsministerium wirklich vollständig, allerdings in manchen Punkten nicht inhaltlich erschöpfend gekommen ist. Auf diese Punkte möchte ich jetzt eingehen.

Beginnen muss ich allerdings mit einer Presseaussendung des Herrn Bundeskanzlers. Er hat am 4. September festgestellt, dass bei den Investitionskosten – und das ist für ihn wirklich ganz klar – das Road-Pricing auf jeden Fall eingeführt werden soll, weil der Verkehr zu billig sei und die Kostenfrage nicht jene Bedeutung habe, die sie volkswirtschaftlich hat. Er stellt damit also fest, wie notwendig das Road-Pricing wäre.

In den Budgetbegleitgesetzen hingegen sind zwei relevante Dinge schlicht gestrichen worden. Das erste ist der Zeitpunkt der Einführung. Das heißt, Herr Finanzminister, hier muss ich mich wirklich fragen, warum es denn so leicht ist, den so genannten kleinen Frauen und Männern in unserem Land alles wegzunehmen, was nicht niet- und nagelfest ist, und den LKW-Verkehr so weitgehend ungeschoren zu lassen, dass noch immer Quersubventionen vom PKW zum LKW stattfinden (Abg. Wattaul: Keine Ahnung!) und das, was geplant worden ist, nämlich die Kfz-Steuer inzwischen anzuheben, nur die einheimischen Frächter trifft, aber nicht den Transitver


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kehr. Das muss man auch einmal festhalten. Das halte ich nicht für gerecht und nicht für fair. Zweitens hat man noch dazu die Progression gestrichen, dass mehr Straßenabnützung auch mehr Steuerlast bedeutet hätte.

Viel schlimmer aber ist, dass man damit letzten Endes wieder den Fahrzeugbesitz und nicht die Fahrzeugbenützung besteuert, jegliches verkehrssparende Verhalten, jegliches ökologisch sinnvolle Verhalten bestraft und alle diejenigen belohnt, die möglichst viel zum Billigtarif fahren und fahren wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Interessant ist in den Budgetbegleitgesetzen – und da haben wir jetzt, glaube ich, den 17. Abänderungsantrag in Serie bekommen –, dass das Bundesland Kärnten offensichtlich im allerletzten Abdruck noch schnell eine Änderung zu erreichen versucht hat, indem es nämlich die Drautal-Bundesstraße nicht der ASFINAG überlassen will. Ganz im Gegenteil, man will die Wohnbauförderungsgelder – aus meiner Sicht ist das ein Missbrauch dieser Gelder – in den Straßenbau stecken. Man hat in Kärnten Angst, dass die ASFINAG ein bisschen zu wenig Geld hat und die Schwerpunkte woanders setzt.

Für mich ist das wieder ein Hinweis darauf, dass es mit der Einführung des Road-Pricing überhaupt nicht ernst ist, dass man weiterhin sowohl die PKWs wie jeden autolosen Haushalt in diesem Land dazu zwingt, den überdimensionierten Straßenbau zu subventionieren bis zum Gehtnichtmehr, den öffentlichen Verkehr hingegen kaputtspart und damit all jene trifft, die nicht mit dem Auto fahren können oder wollen.

Herr Finanzminister! Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird von Ihnen letzten Endes bestraft.

Vernünftiges Verkehrsverhalten, meine Damen und Herren, und eine Lösung der Verkehrsprobleme in den großstädtischen Ballungsräumen hingegen sind nur durch eine Verbesserung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewirken. Das bringt sogar die Europäische Union zum Ausdruck, allerdings nur in einer Willenserklärung im berühmten Grünbuch zum Verkehr und nicht in dem, was dann an Maßnahmen vorgesehen wird.

Das Gleiche gilt für die Zerschlagung der ÖBB, die jetzt geplant ist (Abg. Wattaul: "Zerschlagung"?) und hinsichtlich der noch kein Mensch gefragt hat, ob und nach welchen Zielsetzungen das geschehen kann. Ich sehe leider – und das halte ich für einen schweren und folgenreichen Fehlgriff für die Zukunft – eine Schwerpunktsetzung gegen öffentliche Verkehrsmittel und für den privaten PKW und noch viel mehr für den LKW, damit wir möglichst viel Transitverkehr zu uns nach Österreich hereinziehen, denn offensichtlich ist die Belastung der Brenner-Route noch nicht genug! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Da sind Sie nicht ... diesmal! Da müssen Sie sich ein bisschen einlesen, Frau Lichtenberger! – Abg. Dr. Lichtenberger  – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Machen Sie einmal die Grundschulung, dann reden wir weiter!)

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zellot. – Bitte.

22.11

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist vielleicht verständlich, dass auf Grund der Budgetentwicklung, der im Zusammenhang damit gesetzten Maßnahmen und der Budgetbegleitgesetze für manchen die Dinge etwas zu schnell gehen. Das mag sein. Tatsache ist aber, dass es auf Grund der 30-jährigen SPÖ-Verschwendungspolitik (Abg. Dr. Mertel: ... der dritte Satz im Manuskript!) dringend notwendig ist, Sofortmaßnahmen zu setzen. Das ist auch der Wille und die Forderung der bedürftigen Österreicher und Österreicherinnen.

Geschätzte Damen und Herren der SPÖ! Sie haben in der heutigen Debatte wieder bewiesen (Abg. Dr. Mertel: Der vierte Satz!): Sie haben null Strategie! Sie haben keine Gegenmaßnahmen! Sie sind von den schnellen Maßnahmen des besten Finanzministers dieser Republik überrascht worden! Sie sehen tatenlos zu! – Das sagt nicht nur hier Abgeordneter Zellot. Frau Abgeordnete, die Kärntner Spitzenpolitiker (Abg. Edlinger: Es gibt nur einen!), wie zum Beispiel


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Manzenreiter, bringen es im heute in der "Kleinen Zeitung" veröffentlichten Interview zum Ausdruck (Abg. Edlinger: Da gibt es nur einen!), indem sie sagen: Die SPÖ hat keine Strategie! – SPÖ ist null! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Eder, Edlinger und Neudeck. )

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn wir zum Agrarbereich übergehen: Auch da stellt sich die Frage, wen Sie eigentlich noch vertreten. (Abg. Eder: Ein bisschen leiser! Wir hören Sie doch ohnedies!) Die bäuerlichen Familien, den Umweltschutz, die artgerechte Produktion? (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Es ist ein Anschlag auf die Bauern, dass Herr Kostelka bei den letzten Sitzungen gemeint hat, die Bauern seien die Wasservergifter! (Abg. Dr. Mertel: Blutdruck!) Ex-Minister Edlinger setzt noch eins drauf: Wäre ich Finanzminister – kein Geld mehr für die Bauern! (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )  – Das ist Ihre Politik! (Abg. Dr. Jarolim  – in Richtung des mit lauter Stimme sprechenden Redners –: Sagen Sie lauter, was Sie zu sagen haben! – Abg. Edlinger: ... bereit, Steuern zu zahlen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden doch jetzt diese Sache nicht irgendwie eskalieren lassen!

Kollege Zellot, bitte setzen Sie fort!

Abgeordneter Roland Zellot (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Diese unqualifizierten Schreiduelle und rhetorischen Untergriffe beweisen eigentlich, dass ich richtig liege! So ist das, und die Bevölkerung weiß es! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist eine Schande, dass Sie den Bauern vorhalten, dass sie nicht in der Lage sind, den Wald zu bewirtschaften! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. ) Wissen Sie eigentlich, was Sie dabei tun? Sie donnern das täglich in der Presse und auch hier im Plenum (Abg. Edlinger: Weitermachen!), und dann lässt man sich noch im Wald fotografieren, weil es so schön ist! (Rufe bei der SPÖ: Mehr! Mehr! – Abg. Schwemlein: Herr Kollege, das ist das Parlament und keine Versammlung von Prinzhorn! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Sie, Abgeordneter Schwemlein! (Neuerliche Heiterkeit bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wissen Sie, das beweist für mich, dass Ihnen die Sache nicht ernst ist! Das ist der Beweis, dass Sie 30 Jahre so gewirtschaftet haben! Das blühende Land war nicht für die Arbeiter, das blühende Land war für die Abkassierer, für die Gewerkschaftler! Die haben abkassiert! (Abg. Eder: Lauter! Wir hören Sie nicht!) Für die, ja! Jetzt ist nichts mehr da! Jetzt geht es Ihnen zu schnell! Jetzt sind Sie traurig! Jetzt sind Sie bestürzt! (Abg. Dr. Kostelka: Wir sind "bestürzt"! – Heiterkeit des Abg. Dr. Kostelka. )

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher brauchen nicht mehr solche, die das Finanzressort über hatten! (Neuerliche Heiterkeit bei der SPÖ.) Die brauchen Sie nicht mehr! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Reitsamer und Dr. Kostelka: Zugabe! Zugabe! – Abg. Neudeck: Der war besser als der Edlinger! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist nun Herr Abgeordneter Pendl. (Anhaltende Unruhe im Saal. – Abg. Dr. Kostelka: Wo ist der Gudenus? – Abg. Schwemlein: Schickt uns den Gudenus auch noch, bitte! – Ruf bei den Freiheitlichen: Da müsst ihr ins andere Zimmer gehen!)

Herr Abgeordneter Pendl, bitte ergreifen Sie das Wort!

22.16

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte hier auch zu fortgeschrittener Stunde noch einige


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grundsätzliche Bemerkungen zur Qualität und zur Gerechtigkeit des neuen Regierens einbringen (Abg. Neudeck: Nicht nachlassen!), und zwar nicht aus der Sicht der Opposition und schon gar nicht aus Sicht der sozialdemokratischen Gewerkschafter, sondern, meine Freunde vom ÖAAB, auch aus Sicht der Mehrheitsfraktion unserer Gewerkschaft! Ich bin jetzt schon neugierig, was ihr euren Kolleginnen und Kollegen nach Fassung dieser Beschlüsse mitteilen werdet! (Beifall bei der SPÖ.)

Folgendes, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist schon interessant: "Neue Qualität der Zusammenarbeit", "neue Qualität der Sozialpartnerschaft" – das sind Worte, die von Seiten des Herrn Bundeskanzlers mehrmals gefallen sind. Das letzte Mal beim Budget-Hearing hat er sich beim Herrn Vorsitzenden der GÖD, Fritz Neugebauer – er ist Ihnen ja bekannt –, bedankt. Ich zeige euch alle Schreiben von Fritz Neugebauer an den Kanzler, Vizekanzler und an die Klubobmänner: Die Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Gewerkschaft öffentlicher Dienst wird nicht eingehalten! Sämtliche Punkte, die hier liegen und den öffentlichen Dienst betreffen, werden nicht verhandelt, nicht in Begutachtung geschickt, nicht einmal mitgeteilt! – Das, liebe Freunde vom ÖAAB, werdet ihr eurer Klientel mitteilen müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Hier wird einfach drübergefahren! Das ist in Wirklichkeit die Qualität des neuen Regierens! (Abg. Wattaul: Das Meidlinger "L" ist heute schon stark! Heute hast du das Meidlinger "L"!)

Wenn wir schon bei diesem Thema sind, dann auch noch kurz zur Frage des Lehrerbereichs – schade, dass die Frau Bundesminister schon gegangen ist. Ich bin froh, dass Kollege Brosz das schon angesprochen hat. Er hat nur einen einzigen Punkt vergessen: Nur als Folge der hier heute vorgetragenen Punkte werden es ungefähr 10 000 Arbeitsplätze sein, aber, meine Damen und Herren, da ist das Jahresarbeitszeitmodell drinnen! Wenn wir das mit berücksichtigen, dann "verschwinden" in dieser Legislaturperiode zwischen 12 000 und 15 000 Lehrer! Das werdet auch ihr erklären müssen! Was das für die Qualität der Bildung unserer Kinder bedeutet, das, glaube ich, wissen wir alle! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde als ÖAAB-Funktionär nicht zu viel lachen, denn eines muss man sich auch einmal vorstellen: eine Änderung für eine einzige Berufsgruppe bei der Berechnungsmodalität der Überstunden ohne Verhandlung! Diese sollen, wenn das beschlossen wird, nämlich jetzt neu berechnet werden, und zwar in Form von Durchschnittsberechnungen – egal, wo sich einer befindet –, und noch dazu soll der Zuschlag auf 24 Prozent gesenkt werden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da knüppelt man eine Berufsgruppe, die es nicht verdient hat!

Und noch eines: Das sind alles Lehrersektionen, wo wir nur Minderheiten sind! Darum wird das Match in den nächsten Wochen und Monaten mit euch interessant werden, denn, liebe Freunde, ihr werdet dieser Verantwortung nicht entkommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Mir tut nur Leid, dass der Herr Klubobmann der Österreichischen Volkspartei momentan nicht hier im Saale ist. Wir haben es ja schriftlich und mündlich von ihm: Er ist der Retter des österreichischen Berufsbeamtentums! – Bei der letzten Diskussion im Ausschuss anlässlich des Pensionsrechtes hat er sich ein wenig selbst relativiert und hat gesagt: Ich habe ja nur die Pragmatisierung gemeint.

Gestern hat uns der Herr Bundeskanzler bereits mitgeteilt, was auf uns zukommt. Wir selbst stehen ja für große Veränderungen gerne zur Verfügung, aber es gibt natürlich Bereiche im öffentlichen Dienst, wo ein einheitliches Privatrecht nicht sinnvoll erscheint. Wenn wir uns an die letzten Tage erinnern, in denen hier korrekte Beamte massiv heruntergemacht worden sind, über sie drübergefahren worden ist und sie an den Pranger gestellt worden sind, dann, Freunde, müssen wir sagen: Das ist ja ein Druck, bei dem die Kollegen ihrem Gesetzesauftrag nur nachkommen können, wenn sie auch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen! – Auch das wird die Österreichische Volkspartei ihrer Klientel erklären müssen!

Schade, dass wir heute nicht mehr Zeit haben. Man könnte leider Gottes über eine solche Abkassierermethode, wie sie beim öffentlichen Dienst praktiziert wird – drei-, vierfach wird er


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bestraft! –, noch vieles sagen, aber wir werden das gerne mit unseren Kolleginnen und Kollegen weiterdiskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

22.21


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein  – in Richtung ÖVP –: Glaubst du, dass er das auch so anlegen wird wie der Zellot?)

22.22

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pendl, machen Sie sich keine Sorgen um den ÖAAB (Abg. Pendl: Die mach’ ich mir ohnedies nicht!) und um unsere Wählerklientel! Diese Sorgen machen wir uns schon selbst. Machen Sie sich lieber Sorgen um Ihre eigene Klientel! Um die steht es nämlich nicht so besonders gut, wenn es stimmt, was man alles hört und liest und sieht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Weil Sie die Lehrer angesprochen haben: Wir werden das auch den Lehrern erklären. Wenn ich mir das Wahlverhalten der Lehrer ansehe, dann bin ich auch ganz zufrieden. Aber eines sage ich Ihnen auch: Wir machen als Österreichische Volkspartei und als Bundesregierung keine Klientelpolitik, sondern wir machen eine Politik für die Zukunft unseres Landes! Das ist uns wesentlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Wort noch zu Frau Kollegin Lichtenberger: Ich verstehe Ihre ständigen Ausritte gegen die Verkehrspolitik eigentlich nicht. Sie sind weder berechtigt, noch sind sie richtig – Sie wissen das ja eigentlich auch. (Abg. Dr. Lichtenberger: Was heißt, sie sind nicht berechtigt? Erklären Sie mir das bitte einmal!) Sie sind vielfach realitätsfremd, Sie sind ideologisch fixiert, und Sie gehen auch nicht auf die Wünsche und Bedürfnisse der österreichischen Bevölkerung ein, auch nicht auf die der Pendler! (Abg. Dr. Lichtenberger: Erklären Sie mir einmal, warum die nicht berechtigt sind!)

Eine Politik der Zwangsbeglückung im Bereich der Verkehrspolitik ist nun einmal nicht richtig, und sie ist mit uns auch nicht zu machen! (Abg. Dr. Lichtenberger: Das glaube ich schon!) Diese Art von ideologisch fixierter Politik können Sie mit uns nicht machen! (Abg. Dr. Lichtenberger: Fragen Sie einmal die alten Leute und die Frauen, was die wollen!) Wir stehen auch in diesem Bereich für die Freiheit und für die individuelle Entscheidung der Wähler und vor allem auch der Verkehrsteilnehmer, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Deswegen fördern Sie nur die Straße und nicht die Verkehrsmittel ...!)

Sie sagen, wir machen eine Lobbypolitik für den LKW. Ich frage mich daher: Haben Sie nicht registriert, dass jetzt mit diesem Budget etwa auch die LKW-Steuer, die Kfz-Steuer um 50 Prozent erhöht wurde? Nennen Sie das "Begünstigung des LKW"? – Nein, das ist keine Begünstigung, sondern das ist eine harte Maßnahme, die ihm die Konkurrenz und den Wettbewerb erschwert! (Abg. Dr. Lichtenberger: Eine Begünstigung des Transits!) Nehmen Sie auch das zur Kenntnis! Wir haben es aber getan, weil wir glauben, dass es in dieser Situation richtig und notwendig ist. Deshalb bekennen wir uns auch dazu! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wattaul. )

Mit dieser heutigen Beschlussfassung wird auch das ASFINAG-Gesetz in dem Sinne geändert, dass in Zukunft nicht nur das duale Mautsystem, sondern ein neues, modernes, zukunftsorientiertes, elektronisches LKW-Mautsystem möglich wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht darum, dass wir in die Zukunft investieren und nicht ein altes, antiquiertes System mit 23 Hauptmautstellen und 60 Nebenmautstellen übernehmen, während technologisch schon längst der Zug in eine andere Richtung fährt und die Entwicklung in Europa in eine andere Richtung geht! (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie wollen ja nur verzögern! – Abg. Wattaul: Frau Lichtenberger, das stimmt ja nicht!) Da stellen wir eine neue Weiche, und ich glaube, wir handeln richtig und verkehrspolitisch zukunftsorientiert! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Ich rede ja gern mit Ihnen, wenn das wirklich am 1. Jänner .... eingeführt wird!)

22.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

22.26

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es würde die in der Geschäftsordnung vorgesehene Gesamtredezeit weit überschreiten, würde man all die Unwahrheiten, Halbwahrheiten und Verdrehungen, die Oppositionsabgeordnete hier von sich gegeben haben, berichtigen. Ich möchte mich daher auf ein paar ganz kurze Sätze beschränken.

Kollege Edlinger und auch andere Oppositionsredner erklären immer wieder, Österreich hätte in dieser Regierung-Neu die höchste Steuer- und Abgabenquote. (Abg. Edlinger: Auch Wifo-Studien!)

Ich berichtige tatsächlich: Laut Herbstprognose 2000 der Europäischen Kommission beträgt Österreichs Steuer- und Abgabenquote 1999 44,7 Prozent, im Jahre 2000 44 Prozent, im Jahre 2001 44,6 Prozent und im Jahre 2002 44,4 Prozent. – Trotz aller Maßnahmen bleiben wir unter der Steuer- und Abgabenquote des Jahres, in dem Sie an der Regierung waren!

Zum Zweiten: Sie haben immer kritisiert, dass ausgabenseitig nicht gespart wird, dass die Staatsausgabenquote steigt. – Das ist unrichtig! Ausgabenquote beziehungsweise Staatsausgaben in Prozent des BIP: 1999: 54,1; 2000: 52,3; 2001: 50,8, 2002: 49,5 – also eine Senkung um 5 Prozentpunkte oder rund 140 Milliarden Schilling an Einsparung bei den Staatsausgaben! – Das ist die Wahrheit, und nicht das, was Sie hier immer kundzutun versuchen!

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich habe mit einem gewissen Amüsement den Minderheitsbericht zum Budgetbegleitgesetz gelesen. Sie haben offensichtlich wirklich ein sehr schlechtes Kurzzeitgedächtnis. Sie bekritteln hier Maßnahmen, die Sie in gleicher Art und Weise, und oft sogar viel schärfer, in den Jahren 1995 bis 1997 gesetzt haben! Sie haben offensichtlich vergessen, dass die sozialistische Regierung die Kinderbeihilfe gekürzt hat, Selbstbehalte bei Schülerfreifahrten und Schulbüchern eingeführt hat (Zwischenruf der Abg. Silhavy ), das Pflegegeld nicht erhöht hat, die Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes bei den Beamtenpensionen, die Kürzung der Karenzzeit von 24 auf 18 Monate und die Streichung bei der Geburtenbeihilfe beschlossen hat, das Karenzgeld nicht erhöht hat, und, und, und.

Insgesamt haben Sie in den Jahren 1996 und 1997 an direkten Steuern 66 Milliarden Schilling mehr kassiert, und bei den indirekten Steuern durch die Erhöhung der Umsatzsteuer, Energieabgabe, Versicherungssteuer, Tabaksteuer und Normverbrauchsabgabe um rund 28 Milliarden Schilling mehr eingenommen. Sie haben also insgesamt um rund 100 Milliarden Schilling mehr vom österreichischen Bürger abkassiert. Dann aber gehen Sie her und meinen, dieses Budgetbegleitgesetz sei überzogen und würde einen sozialen Kahlschlag mit sich bringen!

Meine Damen und Herren! Sie sind allein durch diese Zahlen entsprechend entlarvt worden!

Ein paar Worte noch zum Thema Stiftung: Herr Kollege Edlinger! Wer hat denn, bitte, das Stiftungsrecht in Österreich eingeführt? – Das waren federführend die Sozialdemokraten, und zwar mit einem Eingangssteuersatz von 2,5 Prozent!

Diese neue Regierung macht etwas ganz Richtiges – und zwar deswegen, weil sie sich die Steuern bei denen holt, die sich das auch leisten können –: Der Eingangssteuersatz wird um 100 Prozent auf 5 Prozent erhöht, und es wird eine Zwischenbesteuerung in der Höhe von 12,5 Prozent eingeführt. – Das hat es bei Ihnen alles nicht gegeben! Sie haben alles steuerfrei gelassen.

Es gäbe noch viele Punkte im Budgetbegleitgesetz zu diskutieren, aber die Zeit ist leider zu kurz, um auf all das einzugehen.

Ich kann Ihnen nur eines sagen, meine Damen und Herren von der Opposition: Diese Regierung-Neu mit Finanzminister Karl Heinz Grasser macht Schluss mit der sozialistischen Ver


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schwendungspolitik, macht Schluss mit der ständigen Neuverschuldung, macht Schluss mit dem Vorgriff auf die Zukunft unserer Kinder, sagt Ja zu mehr sozialer Gerechtigkeit, zu mehr Wohlstand, zu mehr Beschäftigung in Österreich – kurz gesagt: Ja zu einer ordentlichen Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Bures und Edlinger. )

22.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bin gebeten worden, noch Herrn Abgeordneten Verzetnitsch zu entschuldigen. Er war gestern krankgemeldet, hat heute einige Termine wahrgenommen und sich dann krankheitshalber wieder entschuldigen lassen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

22.31

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz auf die Änderungen im Einkommensteuergesetz im Rahmen dieser Budgetbegleitgesetze eingehen.

Es ist mir die Aufzählung der Änderungen im Einkommensteuergesetz deshalb so wichtig, weil damit demonstriert wird, wie groß der Beitrag ist, den die Wirtschaft für dieses Budget leistet. Ich möchte zum wiederholten Male darauf hinweisen, dass es nicht die Nichtselbständigen sind, die diesen Beitrag leisten, sondern dass es im Wesentlichen die Wirtschaft ist.

Meine Damen und Herren! Denken Sie an die Abschaffung des Investitionsfreibetrages: Das bringt dem Budget an die 6 Milliarden Schilling! Die Einschränkungen der Rückstellungen: Die Tatsache, dass auch die Körperschaftsteuerrückstellung, die vom Charakter her eine Verbindlichkeit ist, davon betroffen ist, bedeutet, dass der Unternehmer in diesem Fall Steuer von der Steuer bezahlt. Weiters sind in diesem Zusammenhang die Verlängerung der Gebäudeabschreibung und die Begrenzung des Verlustvortrages zu nennen. – Herr Minister! Hier möchte ich Sie auch daran erinnern, dass es im Rahmen der Verlustvortragsmöglichkeiten bereits die fünfte Variante ist, die im Einkommensteuergesetz vorgesehen ist. – Last but not least ist an dieser Stelle auch die Stiftungsbesteuerung zu erwähnen.

Insgesamt bringt die Wirtschaft einen Beitrag von etwa 30 Milliarden Schilling in das Budget ein. Ich glaube, dass das eine wirklich stattliche Leistung ist.

Herr Bundesminister! Sie haben dieses Budget 2001 wirklich bravourös erstellt. Wir gratulieren Ihnen und der gesamten Regierung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie dürfen sich aber leider Gottes noch nicht im Sessel zurücklehnen und davon ausgehen, dass damit alles erledigt ist. Gerade Ihnen als Sohn einer Unternehmerfamilie und auch auf Grund Ihrer beruflichen Erfahrungen muss es ein Anliegen sein, das Einkommensteuergesetz neu zu kodifizieren. Ich habe bereits die Varianten bei den Verlustvorträgen angeschnitten, und ich könnte noch viele Beispiele anführen, von denen nicht nur ich als Steuerberaterin, sondern eigentlich alle Unternehmer meinen, dass sie dringend reformiert gehören. (Beifall bei der ÖVP.)

Bedauerlicherweise erlaubt mir die Zeit nicht, alle diese Punkte anzuführen, aber ich werde im Rahmen der Budgetdebatte darauf eingehen. (Abg. Böhacker: Jawohl, das ist gut! Genau!)

Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass die Debatte zu den Budgetbegleitgesetzen zu Ende ist. Ich würde mir wünschen, dass in Hinkunft nur noch 20 Debattenbeiträge mündlich vorgetragen werden (Beifall bei der ÖVP) und der Rest schriftlich vorgelegt wird. – In diesem Sinne einen schönen Abend! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

22.34

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich verstehe natürlich die Aufregung der Regierungsparteien, denn es haben nicht nur die Oppositionsparteien, wie


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45. Sitzung / Seite 224

der heutige Tag gezeigt hat, darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen, die Sie heute beschließen wollen, massive soziale Kälte bedeuten, dass es hier um massive Belastungen im Steuerbereich geht, und dass Sie massive Sparmaßnahmen gerade bei jenen, die es am meisten brauchen, nämlich im Sozialbereich, setzen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum, Frau Abgeordnete?)

Selbst der "Kurier" – und ich zitiere damit nicht eine uns nahe stehende Zeitung, sondern eine, hinter der der Raiffeisenverband steht – titelt: Eine geballte Ladung an Belastungen für die Bevölkerung. – Ich bin froh darüber, dass das heute klar zum Ausdruck gekommen ist!

Meine Damen und Herren! Zu dieser sozialen Kälte – und ich habe das heute schon einmal gesagt – kommt noch die demokratiepolitische Kälte: Sie bringen um 21.30 Uhr einen Abänderungsantrag ein, den wir eigentlich schon am Vormittag diskutieren hätten können, der eigentlich, wenn Sie sich an Vereinbarungen und an Ihr Wort halten würden, einem Ausschuss zur Beratung zugeleitet werden hätte sollen. Es geht in diesem Antrag um Einnahmen von 30 Milliarden Schilling auf Kosten der Mieterinnen und Mieter dieses Landes, auf Kosten von 106 000 Familien!

Herr Kollege Firlinger! Sie wissen es genau! Sie gehen hinaus und sagen, es wird nichts geändert werden. Was heißt, es wird nichts geändert werden, wenn Sie sich 30 Milliarden Schilling von den Mietern holen, um privaten Investoren zu ermöglichen, ganze Gebäude, ganze Wohnbaugesellschaften zu kaufen, und Mieter, die geglaubt haben, ein sicheres Mietverhältnis zu haben, plötzlich irgendwelchen Immobilienhaien ausgeliefert sind? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen, dass es auch massive verfassungsrechtliche Bedenken gibt, denn was macht es für einen Unterschied, ob der Bund Eigentümer ist und sich das Geld als Körberlgeld holt oder ob ein Privater Eigentümer ist! Sie haben verfassungsrechtliche Gutachten, die festhalten, dass es verfassungsrechtlich höchst bedenklich ist, dass es eine umstrittene rechtliche Konstruktion ist, weil es Ungleichbehandlung bedeutet! Sie beschließen heute hier im ersten Schritt die Zerschlagung des sozialen Wohnbaues! (Abg. Mag. Firlinger: Sozialistische Altrede!) Um für Ihr wirtschaftspolitisches Desaster herzuhalten, werden 106 000 Familien in diesem Land zur Kasse gebeten! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Tancsits! Wie viel ist Ihr Wort noch wert, da Sie in einer Presseaussendung gesagt haben, wir werden nächstes Jahr darüber verhandeln? Ist die Zeit für Sie so schnell vergangen?

Herr Kollege Firlinger! Was ist Ihr Wort noch wert, da Sie noch vor vier Tagen gesagt haben, dass man in zwei Wochen mit einem Budgetbegleitgesetz diese Maßnahmen nicht beschließen kann, und heute stellen Sie sich hier her und bringen das ein? (Abg. Mag. Firlinger: Wir sind ja noch gar nicht fertig, Frau Kollegin!)  – Das ist eine Chuzpe! Das ist ein Affront gegenüber diesen Familien, mit denen Sie nicht ein einziges Mal Gespräche geführt haben! (Abg. Mag. Firlinger: Ja, ja, ja!) Wann haben Sie mit den Mietern gesprochen, die davon betroffen sind? – Davor scheuen Sie sich, und Sie scheuen sich zu Recht davor! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Ihr Wort zählt, dann ersuche ich Sie, dem bereits eingebrachten Entschließungsantrag auch zuzustimmen. In diesem Entschließungsantrag geht es darum, dass es keinen Verkauf von Wohnungen, Gebäuden, Liegenschaften gemeinnütziger Baugesellschaften an Immobilieninvestoren geben soll, dass die Wohnversorgung für junge Menschen im sozialen Wohnbereich in Zukunft sichergestellt werden soll. Wenn es Ihnen ernst ist, dann stimmen Sie diesem Entschließungsantrag zu!

Ansonsten – und das zum Abschluss der heutigen Debatte – hat sich Folgendes klar gezeigt: Sie rütteln an den Grundfesten des modernen Wohlfahrtsstaates! Sie rütteln an den Grundfesten der Interessen von Arbeitnehmern, an den Interessen von Mietern, an den Interessen von Pensionisten! Sie stehen für eine Ellenbogengesellschaft! Wir hingegen stehen für eine solidarische Gesellschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

22.38


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45. Sitzung / Seite 225

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Entschließungsantrag, von dem die Frau Abgeordnete gesprochen hat, ist schriftlich verteilt worden. Er steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Doris Bures, Eder, Mag. Maier, Mag. Barbara Prammer und GenossInnen betreffend Anschlag auf den Sozialen Wohnbau in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre eigenen Versprechen einzuhalten, dass die Mieten sinken und nicht steigen werden, die Mieter auch sonst keinen Belastungen ausgesetzt werden, wie zum Beispiel dem Verlust der Sicherheit im sozialen Wohnbau, der Sicherheit, nicht über Nacht mit einem neuen Eigentümer, geänderten Rahmenbedingungen und mittelfristig höheren Mietzinsbestandteilen konfrontiert zu sein. Die Bundesregierung wird aufgefordert, das insbesondere durch die folgenden Maßnahmen sicherzustellen:

1. Erhaltung des Gefüges der gemeinnützigen Wohnbauwirtschaft

2. Kein Verkauf einzelner Wohnungen, Teilen von Liegenschaften, ganzen Liegenschaften, Teilen von oder ganzen gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften an private Immobiliengesellschaften beziehungsweise Investoren

3. Erhalt der Substanz und des Vermögens der gemeinnützigen Gesellschaften für den sozialen Wohnbau

4. Sicherstellung der Wohnversorgung im sozialen Wohnbau auch für die Zukunft.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

22.39

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte kurz zu dem Entschließungsantrag, der soeben eingebracht wurde, Stellung nehmen. Ich bin vor allem der Meinung, dass er eigentlich nicht mehr notwendig ist, weil ja die aufgezeigten Bedenken in Bezug auf den Verkauf von Wohnungen, die im Bundeseigentum stehen – vorrangig an die Mieter –, aber auch von Häusern, Wohnhausanlagen und damit auch der Gesellschaft (Zwischenrufe der Abgeordneten Bures, Haidlmayr und Mag. Wurm ) durch den von Kollegen Firlinger um 21.06 Uhr eingebrachten Abänderungsantrag (Abg. Bures: 21.30 Uhr!) hinreichend klargestellt wurden. Darin wurde ja auf Ihre Bedenken eingegangen.

Es liegt, seit das Budgetbegleitgesetz vorliegt, auf der Hand, dass diese Maßnahme getroffen werden soll. (Abg. Bures: Sie machen eine Presseaussendung!) Wir haben auch klipp und klar gesagt, dass das vorrangige Ziel die Eigentumsbildung (Abg. Silhavy: ... in der Regierungsvorlage!)  – in der Regierungsvorlage, völlig richtig! – bei den Mietern ist. Es wird sich nichts ändern!

Sie haben es nicht geglaubt! Sie haben Aussendungen gemacht, in welchen gestanden ist, dass man 1 800 S mehr für eine 80-Quadratmeter-Wohnung und 2 000 S mehr für eine 77-Quadratmeter-Wohnung zahlen wird. (Abg. Edlinger: Das wird auch geschehen!) Daher haben wir heute einen Abänderungsantrag eingebracht, aus dem klar hervorgeht, dass sich beim Mietverhältnis für jene, die nicht Eigentum bilden wollen, überhaupt nichts ändert. (Abg. Mag. Prammer: Schauen wir uns an, was Sie in einem Jahr sagen!) Ich nenne Ihnen nur die Überschriften jener Paragraphen, die weiter wirken, egal, in welchem Fall: angemessenes


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45. Sitzung / Seite 226

Entgelt, Berechnung dieses Entgelts, Preisbildung bei Eigentumsübertragung, Rückzahlung von Beiträgen an die Mieter, jährliche Abrechnungen, Aufwertung mietrechtlicher Bestimmungen.

Meine Damen und Herren! Mit diesem Abänderungsantrag – und ich lade Sie daher ein, mit diesem mitzugehen! – werden Ihre Bedenken aufgehoben. Oder sollte es daran liegen, dass einige Paragraphen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes sehr wohl aufgehoben werden, etwa § 25 oder § 26, Entschädigung und Reisegebühren der Funktionäre, Bezüge von Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und Angestellten der gemeinnützigen Gesellschaften? Darum geht es Ihnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Die Eigentumsbildung und der Mieterschutz sind Ihnen egal, es geht Ihnen vielmehr um die Bezüge der gemeinnützigen Funktionäre vom Schlage eines Herrn Sallmutter, der in der Wohnbaugenossenschaft der Privatangestellten 30 Prozent der Anteile hält und dort von den Mietern über alle Maßen abkassiert! (Abg. Schwarzenberger: Jetzt hast du sie ertappt!) Um diesen Schutz geht es Ihnen, und das stellen wir Ihnen bei den Bundesgesellschaften ab! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Bures zu Wort gemeldet. – Bitte.

22.42

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Tancsits hat behauptet, dass die Vorlage zur Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes bereits bei den Budgetberatungen im Budgetausschuss vorgelegen ist. Das ist falsch!

Wahr ist vielmehr: Dieser heute vorliegende Antrag wurde im Budgetausschuss nicht beraten, dieser heute vorliegende Antrag wurde auch beim Budgethearing nicht beraten, und dieser heute vorliegende Antrag konnte auch im Plenum nicht diskutiert werden, weil Sie extra darauf gewartet haben, diese Grausamkeit als 94. Redner in einer Nacht- und Nebelaktion durchzuziehen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung SPÖ –: Wollen Sie nicht einmal auch vor 24 Uhr heimgehen? – Anhaltende Rufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

22.43

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Sie werden es mir wahrscheinlich nicht glauben, es verhält sich aber trotzdem so: Ich warte seit einer Woche auf diesen Antrag. Dieser Antrag war vorhersehbar, es war nur noch nicht klar, zu welcher Stunde er eingebracht werden wird, jetzt noch vor 22 Uhr oder nach 24 Uhr, und es war außerdem nicht klar, in welchem Zusammenhang er eingebracht werden wird. Dass er jedoch eingebracht werden wird, war klar! (Abg. Dr. Fekter: Das war gar nicht so geheim!)

Die Kräfteverhältnisse sind klar: Blau-Schwarz hat die Mehrheit, Blau-Schwarz will Eigentum fördern und den Bereich der sozialen Wohnungen insgesamt reduzieren, weil ja der Bereich des Marktes ausgedehnt werden soll.

Die Gemeinnützigen sind ein sehr gewichtiger Block im Bereich des sozialen Wohnungsbereiches. Diesen gilt es scheibchenweise zu entsorgen. Dafür gibt es elegante und weniger elegante Methoden, und jetzt haben wir es mit einer Mischmethode zu tun, die seit einer Woche mehr oder weniger im Raum steht. Nach dieser Mischmethode soll die Gemeinnützigkeit ihre erste große Scheibe verlieren, und diese erste große Scheibe heißt: Aufhebung der Gemeinnützigkeit bei den Wohnungen, die im Eigentum der Gebietskörperschaften stehen.

Das ist ja klar, Herr Finanzminister, ich nehme Ihnen das gar nicht übel! Sie wollen 30 Milliarden Schilling haben, das ist Ihr gutes Recht! Allerdings sollte man sich fragen, woher man die


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30 Milliarden nimmt, und ich meine, man sollte sie dort nehmen, wo ohnedies Überfluss ist, und nicht dort, wo Leute im Wohnungsbereich ohnehin sehr eng leben! (Demonstrativer Beifall des Abg. Parnigoni. ) Man sollte sie nicht aus dem Wohnungsbereich, sondern etwa aus dem Stiftungsbereich nehmen.

Aber Sie sind halt großzügig, Herr Finanzminister, und anderer Meinung! Sie nehmen es eben dort, wo die Leute aufs Geld schauen müssen. Sie nehmen es den Leuten, die bei den Mietzahlungen durchaus auf die eigene Tasche schauen müssen, und nicht dort, wo das Geld auf der hohen Kante liegt! Das ist eine klare Sache: Das zeigt die Mehrheit hier in diesem Haus, und das zeigt jetzt auch noch dieser Antrag! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. )

Ich rege mich ja gar nicht groß auf. Ich stelle nur fest, dass der Antrag deutlich Ihre Handschrift trägt und das wiedergibt, was Sie verkündet haben! Die Vorgangsweise regt mich jedoch tatsächlich etwas auf, obwohl ich natürlich gewusst habe, dass etwas kommen wird. Aber wenn Sie hier knapp vor Mitternacht in einer demokratiepolitischen Harakiri-Aktion wirklich gewichtige Änderungen, die insgesamt 105 000 Wohnungen betreffen, beschließen wollen, dann ist das unfair! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist nicht nur unfair, das ist echter demokratiepolitischer Spott und Hohn! Für solche Aktionen ist mir dieses Hohe Haus einfach zu schade, nämlich für mehr oder weniger landstreicherartige Nacht- und Nebelaktionen! (Abg. Dr. Krüger: Anstreicher-Aktionen?) Meinetwegen auch handstreichartige Aktionen, ich bin ja nicht so kleinlich Ihnen gegenüber!

Ich möchte Ihnen noch einmal ganz klar und deutlich vor Augen halten: 104 000 Wohnungen sind ein Viertel des gesamten Gemeinnützigkeitsbereiches. Kollege Tancsits und auch sein Kollege Firlinger von der F haben gesagt, dass es sich nur um einen Randbereich der Gemeinnützigen handelt. – In der APA vom 13. November, also von letzter Woche, kann man allerdings nachlesen, wie sich dieses Tauziehen hinter den Kulissen abgespielt hat. Die Zwillinge von Blau-Schwarz, Firlinger und Tancsits, haben noch ein großartiges Bekenntnis zur Gemeinnützigkeit abgelegt und gesagt, dass die Bundeswohnungen ein Randbereich sind. Jetzt geht es jedoch um die Wohnungen aller Gebietskörperschaften, nämlich um 104 000. Das ist bei insgesamt 450 000 Wohnungen ein Viertel, und das nennen Sie Randbereich! Ich glaube, da stimmt etwas nicht bei Ihrem Hausverstand oder bei Ihrer Blickschärfe!

Sie wollen jetzt den – wie ich meine – Kernbereich der Gemeinnützigkeit in privates Eigentum übertragen. Sie wissen genau, dass in der zweiten Generation von MieterInnen, die jetzt noch in den Genuss des WGG-Rechts kommen, dann andere Mieten verlangt werden. Das wissen Sie ganz genau! Jetzt gilt noch das WGG, aber auch jetzt werden die Wohnungen bereits bis 15 S pro Quadratmeter teurer. Sie wissen das genau! Die Deckelung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge wird ausgenützt werden, jetzt sind es noch um die 9 S, in Zukunft wird man 17,50 S zahlen.

Wie wird es aussehen, wenn die Umschuldung des Eigenkapitals vorgenommen wird? – Die günstigen Kredite nimmt der private Investor, die teuren Kredite zahlen die Mieterin oder der Mieter. Das ist Ihre Rechnung! Pro forma bleibt das Gesetz gleich, aber in der Substanz zahlen die Leute mehr! Und wenn die Annuitätenzuschüsse auslaufen, werden die Mieten nicht verringert, denn das liegt nicht im Interesse des privaten Investors, sondern diese bleiben hoch.

Wenn es jetzt zu Delogierungen kommt, wird der Private durchgreifen, während die Gemeinnützigen bis jetzt doch oft etwas großzügiger waren und Mieter noch ein bis zwei Monate in den Objekten wohnen ließen.

Herr Finanzminister! Wie wird sich die Situation insgesamt für Sie, für denjenigen, der über Wohnbeihilfen vielleicht auch auf Landesebene agieren muss, darstellen? – Sie werden mehr zahlen müssen! Sie wissen genau, dass es, wenn die Mietpreise steigen, notwendig ist, mehr Wohnbeihilfe zu leisten, und das geht durch die öffentliche Hand, das geht durch die Kommunen und durch die Länder! Dann werden Sie die Länder – wenn ich das jetzt so ausdrücken darf – beim Finanzausgleich wieder im Genick haben, denn dann brauchen Sie wieder mehr Geld für Wohnbeihilfen!


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Jetzt haben Sie ihnen ohnedies großzügig eine Schatulle mit Milliarden Schilling überlassen; darüber werden wir nächste Woche reden. Das war nämlich, so meine ich, Ihre finanzpolitische Blamage schlechthin! Jetzt wird es, wie gesagt, zu diesen Mietpreissteigerungen kommen, obwohl sich alles im Rahmen des WGG abspielt. Herr Kollege Firlinger hat jetzt netterweise schon wiederholt in Aussicht gestellt, dass es ja auch zu einer Umgestaltung des WGG kommen wird. – Ich bin gespannt, was im Frühjahr wird! Dann wird vermutlich die Preisbindung bei Eigentumserwerb aufgeweicht und freigegeben werden! Ebenso wird die Preisbindung bei der Miethöhe aufgeweicht und freigegeben werden, und zum Schluss werden wir nur noch ein WGG haben, das auf dem Papier steht, jedoch Mieten, die in die Höhe geschnellt sind!

Sie wissen ganz genau, wie die Auswirkungen auf den privaten Wohnungsmarkt sein werden: Wenn der Bereich der Gemeinnützigen kleiner ist, dann wird sozusagen die Schranke für die Mietenfindung auf dem freien Markt gehoben, und dann kann dort auch mehr verlangt werden. All das ist ja dann legitim und liegt in Ihrem Interesse! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber wir ziehen nicht mit! Wir werden Widerstand leisten, und mit uns sicherlich MieterInnen, voraussichtlich mindestens 200 000 an der Zahl! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

22.51

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage es noch einmal: Die Freiheitliche Partei hat auf ihre Fahnen geschrieben, dass sie Mieten senken wird. Was Sie jedoch heute hier tun, ist eine Mieterhöhung für 106 000 Familien in unserem Lande! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Herr Tancsits! Ihr Wort ist überhaupt keinen Pfifferling mehr wert, denn vor zwei oder drei Tagen haben Sie in einer Presseaussendung das Gegenteil von dem geschrieben, was Sie heute hier gesagt haben! Wie Sie sich hier aufführen, ist wirklich eine Schande für den gesamten ÖAAB! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt 10 Minuten vor 23 Uhr über einen Betrag von 30 Milliarden Schilling, den letztendlich 106 000 Familien zu bezahlen haben. – Daher ist es wirklich eine Schande auch für die Regierung, dass wir in der Frage der Wohnpolitik, in der es immer darum ging, miteinander zu sprechen und Konsens zu finden, heute im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes den Anfang vom Ende des sozialen Wohnbaus miterleben müssen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mir ist völlig klar, dass man einen solchen Anschlag auf die Bevölkerung nur um diese Zeit machen kann, und zwar in der Hoffnung, dass das schon untergehen wird. – Wir können Ihnen versichern: Das wird nicht untergehen! Das werden wir der Bevölkerung und den betroffenen Familien sagen!

Etwas ist nämlich klar, Herr Finanzminister: Einerseits wollen Sie nämlich an Immobilienfonds oder an andere Investoren Wohnungen aus dem gemeinnützigen Bereich verkaufen. Gleichzeitig sagen Sie aber – so wie Sie es heute getan haben –, dass es keine Mieterhöhungen gibt, alles weiterhin im WGG bleibt und nur die Mieter kaufen können. Wäre das der Fall, dann müssten Sie das, was Sie hier tun, ja überhaupt nicht machen! Hielte Ihr Wort, dann müssten Sie dieses Gesetz heute hier nicht beschließen. Ihr Wort wird aber leider nicht halten!

Das wäre mir aber gar nicht so wichtig. Vielmehr ist mir wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass in diesem Zusammenhang Familien, die in diesen Wohnungen leben – Polizisten, Krankenpfleger, junge Ärzte –, in Zukunft mit mindestens 1 000 bis 1 500 S mehr belastet werden. Und der Höhepunkt des Ganzen ist, dass solche Leute gar nicht mehr an diese Wohnungen herankommen werden, denn wenn diese Wohnungen privaten Immobilienunternehmern gehören, dann wird bei der Weitervermietung nicht mehr sozial vorgegangen werden. Das können


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private Unternehmer gar nicht tun, denn sonst können sie das Kapital, das sie brauchen, um diese 30 Milliarden Schilling auf dem Kapitalmarkt aufzubringen, nicht bewirtschaften. Das ist betriebswirtschaftlich ganz einfach nicht nachzuvollziehen!

Meine Damen und Herren! Wer von den Mietern jetzt nicht unter Zeitdruck kauft, hat im zweiten Schritt mit einer klaren Mieterhöhung zu rechnen. Das ist die Botschaft, die wir hier verkünden! Allein die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge können im Rahmen des bestehenden WGG wesentlich erhöht werden. Allein die Fremdmittelzinsen können im Rahmen des bestehenden WGG wesentlich erhöht werden. Die Eigenmittelzinsen der Gesellschaften können im Rahmen des WGG wesentlich erhöht werden. (Zwischenruf des Abg. Neudeck. ) Erzählen Sie das in Ihrem Bezirk dann den Mietern in diesen Wohnungen, etwa den jungen Polizisten, die Sie immer so geschützt haben! Erzählen Sie diesen, dass sie 1 000 S mehr Miete zahlen müssen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wer verdient eigentlich bei der ganzen Geschichte? – Verdienen werden nur wenige in der Immobilienwirtschaft. Es werden umfangreiche Bewertungsaufträge vergeben werden müssen, damit man überhaupt den Wert dieser Wohnungen feststellen kann. Kassieren werden die Makler und Vermittler, und die Investoren werden bei der Weiterveräußerung kassieren. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kassieren werden jene, die Ihrer Wählerklientel angehören, und die Zahler werden die Wohnungsmieter sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Dazu brauche ich niemanden in der Wohnpolitik! Ich bin möglicherweise länger in der Wohnbaupolitik hier im Haus tätig, als Sie Mitglied in der Freiheitlichen Partei sind! Das kann ich Ihnen, wie ich glaube, ruhig einmal sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Ich bin seit 25 Jahren Mitglied der Freiheitlichen Partei!) So lange sind Sie schon Mitglied! Das zeugt aber von keiner sehr hohen Intelligenz!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf abschließend noch einmal feststellen: Am Anfang werden für 106 000 Familien die Wohnungen verteuert, und nur wenige dieser Mieter können die Wohnungen kaufen. Die meisten werden die Zeche zu bezahlen haben. Am Ende werden es 500 000 Familien sein, denn insgesamt leben 500 000 Familien im sozialen Wohnbau.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nehmen Sie zur Kenntnis: Sie, die Sie das heute hier mit Aufstehen beschließen, stehen hinter Immobilienmaklern und hinter Immobilienfonds, und Sie stehen auch hinter Spekulanten! Wir stehen hinter den Mietern! (Beifall und Bravo-Rufe bei der SPÖ.)

22.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Tancsits. Zweite Wortmeldung. – Bitte. (Abg. Dr. Mertel: Der jugendliche Liebhaber!)

22.57

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Ich könnte das jetzt im Wesentlichen im Rahmen einer tatsächlichen Berichtigung machen, aber da hätten annähernd Tatsachen behauptet worden sein müssen. Ich werde es aber nicht wesentlich länger machen.

Meine APA-Aussage von vergangener Woche stimmt natürlich. Ich habe sie Ihnen vorher vorgelesen und erklärt. Es wird vorrangig an die Mieter angeboten zur Eigentumsbildung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Prammer: Wie lange haben die Mieter noch Zeit?) Das steht im § 15 WGG. Für jene, die im Mietverhältnis bleiben, wird sich auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen, die wir heute beschließen, nichts ändern. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Weiters handelt es sich hiebei nicht um die WGG-Reform. Die WGG-Reform kommt erst im nächsten Jahr. (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Ich lade Sie heute schon ein, meine Damen und Herren, dabei konstruktiv mitzumachen. (Zwischenruf der Abg. Bures. ) Es bringt Ihnen ja letzten


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45. Sitzung / Seite 230

Endes nichts, wenn Sie den Menschen erzählen, dass alles teurer wird – wie bei der Wohnrechtsgesetz-Novelle 2000 – oder dass die Wohnbauförderung abgeschafft wird und alle Mieten um 1 500 S oder 1 800 S erhöht werden. (Abg. Edlinger: Das brauchen wir ihnen nicht zu sagen! Das merken die Menschen schon selbst!) Machen Sie weiter so! Umso besser, dann werden die Menschen sehen, dass Sie sie in Angst und Schrecken versetzen, so wie Sie ihnen erzählt haben, dass sie auf Grund unserer Wirtschafts- und Budgetsanierungspolitik die Arbeitsplätze verlieren werden oder dass 32 000 Hausbesorger ihren Job verlieren werden. Erzählen Sie es ihnen nur! Sie haben ja das Geld interessanterweise noch.

Wir wissen, dass all das nicht der Fall sein wird, und wir wissen, dass sich bei der Umsetzung dieser Gesetze die Wahrheit durchsetzen wird. Daher werden wir diesen Gesetzen unsere Zustimmung geben! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit erkläre ich die Debatte für geschlossen.

Wird von Seiten der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Hinsichtlich des Gesetzentwurfes, den wir jetzt verhandeln, liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Fraktion vor, über den ich sogleich abstimmen lasse.

Ich bitte daher jene Mitglieder dieses Hauses, die dafür eintreten, den Entwurf für das Budgetbegleitgesetz 2001 an den Budgetausschuss zurückzuverweisen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Rückverweisungsantrag ist abgelehnt.

Daher kommen wir nun zu den Abstimmungen im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf in 369 der Beilagen.

Die Abgeordneten Dr. Fekter, Mag. Trattner und Genossen haben hiezu einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Lichtenberger und Fraktion einen Zusatzantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Mühlbachler, Mag. Trattner und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht

Weiters liegt auch ein Verlangen auf namentliche Abstimmung vor.

Die Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Kostelka haben beantragt, den gegenständlichen Gesetzentwurf nach Beendigung des Verfahrens gemäß Art. 42 Bundes-Verfassungsgesetz, jedoch vor seiner Beurkundung durch den Herrn Bundespräsidenten einer Volksabstimmung zu unterziehen.

Ich werde also zunächst über die Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abstimmung über den Antrag Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka und Genossen auf Durchführung einer Volksabstimmung wird nach § 84 Abs. 2 der Geschäftsordnung nach der dritten Lesung erfolgen.

Nun zu den einzelnen Anträgen:

Die Abgeordneten Dr. Fekter, Mag. Trattner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 7 und Art. 34 bezieht.


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45. Sitzung / Seite 231

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Mühlbachler, Mag. Trattner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Art. 41, 47, 48, 59 und 66 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Kollegin Dr. Fekter hat gemeinsam mit Mag. Trattner und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 78 bezieht.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest, dass dieser Abänderungsantrag in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Die Abgeordneten Dr. Lichtenberger und Fraktion haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 1a in Art. 80 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Fekter und Mag. Trattner haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 82 bezieht.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Der Antrag zu Art. 82 ist mehrheitlich beschlossen.

Die Kollegen Dr. Fekter und Mag. Trattner haben auch einen Zusatzantrag betreffend eine neue Z 2 in Art. 83 sowie die damit verbundene Änderung der Ziffernbezeichnungen eingebracht.

Auch diesbezüglich darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest: Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Kollegin Dr. Fekter und Mag. Trattner haben einen Abänderungsantrag beziehungsweise Zusatzantrag vorgelegt, der sich auf Art. 87 bezieht.

Ich lasse darüber abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zu Art. 87 ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen, die damit beendet ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Für die dritte Lesung ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Dieses Verlangen ist ausreichend unterfertigt, und es ist daher in diesem Sinne vorzugehen.

Ich darf Ihnen Folgendes in Erinnerung rufen: Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden, und zwar hat jeder Abgeordnete einen Stimmzettel.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.


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45. Sitzung / Seite 232

Ich darf bitten, dass jene Abgeordneten, die für den Gesetzentwurf in dritter Lesung stimmen, einen "Ja"- Stimmzettel, und jene, die dagegen stimmen, einen "Nein"- Stimmzettel abgeben.

Ich darf die Frau Schriftführerin, Abgeordnete Reitsamer, bitten, in bewährter Weise mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Haller wird sie dann ablösen. – Bitte, Frau Schriftführerin.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Haller werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre die Stimmabgabe für beendet und bitte, die Stimmenzählung vorzunehmen.

Zu diesem Zweck unterbreche ich die Sitzung für den dafür erforderlichen Zeitraum.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 23.11 Uhr unterbrochen und um 23.18 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis wie folgt bekannt:

Es wurden 163 Stimmen abgegeben. Davon waren 93 "Ja"-Stimmen und 70 "Nein"-Stimmen.

Der gegenständliche Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer;

Bauer Rosemarie, Baumgartner-Gabitzer, Böhacker, Bösch, Brinek, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fekter, Fink, Firlinger, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck;

Hakl, Haller, Hartinger, Hetzl, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Loos;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Pistotnig, Povysil, Prinz, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;


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45. Sitzung / Seite 233

Schender, Scheuch, Schoettel-Delacher, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Stadler, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wochesländer, Wolfmayr;

Zellot, Zernatto, Zierler, Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Hannes, Bauer Sophie, Binder, Brix, Brosz, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder, Edler, Edlinger, Einem;

Faul, Fischer;

Gartlehner, Gaßner, Gradwohl, Grünewald, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl, Heinisch-Hosek, Heinzl, Huber;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kogler, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam, Lichtenberger;

Maier, Mertel, Moser, Muttonen;

Niederwieser;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parnigoni, Pendl, Petrovic, Pfeffer, Pirklhuber, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schwemlein, Silhavy, Stoisits;

Van der Bellen;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen als Nächstes zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka, gemäß § 84 der Geschäftsordnung den gegenständlichen Gesetzesbeschluss nach Beendigung des Verfahrens gemäß Artikel 42 der Bundesverfassung, jedoch vor seiner Beurkundung durch den Bundespräsidenten einer Volksabstimmung zu unterziehen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Volksabstimmung stimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, der Antrag auf Volksabstimmung hat keine Mehrheit gefunden und ist daher abgelehnt.


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45. Sitzung / Seite 234

Wir kommen nunmehr zu den Entschließungsanträgen, die zu diesem Gesetz eingebracht wurden. (Abg. Dr. Khol: Die Grünen sind keine Populisten! – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wir gelangen zur Abstimmung über die Entschließungsanträge.

Zunächst stimmen wir ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Dr. Gusenbauer betreffend Alternativen zum Budgetprogramm der Bundesregierung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag Dr. Gusenbauer ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag hat keine Mehrheit gefunden und ist abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Aber der Gusenbauer ist ausnahmsweise da! – Abg. Ing. Westenthaler: Die erste Abstimmung, bei der er da ist!)

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend Abstandnahme von der Einführung von Kostenbeiträgen in postsekundären Bildungseinrichtungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bures und Genossen betreffend Anschlag auf den Sozialen Wohnbau in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag zustimmen, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Anfragen 1532/J bis 1558/J eingelangt sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Freitag, den 24. November 2000, um 9 Uhr ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 23.20 Uhr