Stenographisches Protokoll

90. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 10. Dezember 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

90. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode             Freitag, 10. Dezember 2004

Dauer der Sitzung

Freitag, 10. Dezember 2004: 9.03 – 21.56 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (3. Sozialversiche­rungs-Änderungsgesetz 2004 – 3. SVÄG 2004)

2. Punkt: Bundesgesetz zum Schutz vor gefährlichen Produkten (Produktsicher­heits­gesetz 2004 – PSG 2004)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 465/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 380/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungsoffensive für wissenschaftliche Alternativmethoden zum Tierversuch

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 129/A der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz), BGBl. I 12/2002, geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 167/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung des Sportunterrichts in den Schulen

8. Punkt: Bericht über den Antrag 239/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Nieder­wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von 100 000 Ganztagsplätzen in Schulen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 419/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Nieder­wieser, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend 5 Millionen Euro jährlich als Sofortmaßnahme zur Existenzsicherung der nichtkonfessionellen Schulen in freier Trägerschaft


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90. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bericht über den Antrag 222/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Anhebung der Lehrereinstiegsgehälter – Änderung der Lebensverdienstkurve

11. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finan­zierung des Gesundheitswesens

12. Punkt: Bericht über den Antrag 257/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung von qualitativ und quantitativ mess­baren Gesundheitszielen

13. Punkt: Bericht über den Antrag 269/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der regionalen Vernetzung der Gesundheits- und Sozialdienste

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz, das Ärzte­gesetz 1998 und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert sowie ein Bundesgesetz zur Qualität von Gesundheitsleistungen und ein Bundesgesetz über Telematik im Gesundheitswesen erlassen werden (Gesundheits­reformgesetz 2005)

15. Punkt: Bericht über den Antrag 256/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion der unsozialen Selbstbehalte und Har­monisierung des Beitrags- und Leistungsrechts im Bereich der gesetzlichen Kranken­versicherung

16. Punkt: Bericht über den Antrag 280/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbreiterung der Beitragsgrundlage zur Finan­zierung des Gesundheitssystems

17. Punkt: Bericht über den Antrag 282/A der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, BGBl. Nr. 746/1996, geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Antrag 237/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der medizinischen Datenlage

19. Punkt: Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G)

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (DentG-No­velle 2004)

21. Punkt: Bericht über den Antrag 215/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Palliativ Care in der stationären geriatrischen Pflege

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittel­gesetz und das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden


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90. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Bericht über den Antrag 279/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Regelungen für eine verstärkte Qualitätssicherung bei der Verwendung von Blut und Blutprodukten

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheits­gesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwaren­einfuhr­gesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Bankwesengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Pensionskas­sengesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Nationalbank­ge­setz 1984 an die IAS-Verordnung angepasst und die Modernisierungs- sowie die Schwellenwertrichtlinie umgesetzt und das Firmenbuchgesetz, das Aktiengesetz sowie das GmbH-Gesetz geändert werden (Rechnungslegungsänderungsgesetz 2004 – ReLÄG 2004)

27. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 – FMedGNov 2004)

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugend­ge­richtsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Straf­sachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Bewährungshilfegesetz geändert werden (Strafprozessnovelle 2005)

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Firmenbuchgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozialbetrugsgesetz-SozBeG), und Bericht über die

Petition (12/PET) betreffend „Frächterskandale: Illegale Beschäftigung darf kein Kava­liersdelikt bleiben! Sozialbetrug ist Diebstahl und Diebstahl muss strafrechtlich verfolgt werden!“, überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier

31. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizi­nischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Ein­führungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Markenschutz­gesetz 1970 geändert werden und ein Bundesgesetz über die im Bereich des Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamtsgebührengesetz – PAG) erlassen wird (Patentrechts- und Gebührennovelle 2004)

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-No­velle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz betref­fend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden


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90. Sitzung / Seite 4

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraftfahrgesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden

36. Punkt: Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasser­straßenverwaltung – Wasserstraßengesetz

37. Punkt: Seeverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regierung der Volksrepublik China anderer­seits

38. Punkt: Urkunde zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Euro­päischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlage

39. Punkt: Bericht über den Antrag 480/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 16

Ordnungsruf ................................................................................................................... 85

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 2160/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 33

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ....... 131

Redner:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 132

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 134

Ridi Steibl .................................................................................................................... 136

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 137

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 139

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 139

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 33

Unterbrechungen der Sitzung ...............................................................................  81, 81

Ersuchen des Abgeordneten Herbert Scheibner auf Unterbrechung der Sitzung und Einberufung einer Präsidiale ........................................................................................................................ 81

Ersuchen des Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll auf Unterbrechung der Sitzung und Einberufung einer Präsidiale ............................................................................................................... 82

Ersuchen des Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer auf Weiterführung der Sitzung                   82

Ersuchen der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig auf Weiterführung der Sitzung                        82


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90. Sitzung / Seite 5

Erklärung des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel zum Thema „Die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher – Wechsel an der Spitze des Bundesministeriums für Inneres“ im Sinne des § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................................ 101

Bekanntgabe ................................................................................................................. 100

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................... 101

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                   103

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................................. 103

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 105

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 107

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 109

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 111

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 113

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 115

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 117

Fragestunde (12.)

Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz ................................ 16

Theresia Haidlmayr (96/M); Mag. Christine Lapp, Mag. Walter Tancsits, Dr. Helene Partik-Pablé

Maximilian Walch (101/M); Mag. Brigid Weinzinger, Dietmar Keck, Maria Grander

Mag. Johann Maier (99/M); Dr. Dieter Böhmdorfer, Dr. Gabriela Moser

August Wöginger (94/M); Elmar Lichtenegger, Sabine Mandak, Gabriele Heinisch-Hosek

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 16

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 32

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (703 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz geändert werden (3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 3. SVÄG 2004) (776 d.B.) ........................................................................................................................ 34

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Re­gierungsvorlage (512 d.B.): Bundesgesetz zum Schutz vor gefährlichen Produk­ten (Produktsicherheitsgesetz 2004 – PSG 2004) (777 d.B.) ........................................................................................................................ 34


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90. Sitzung / Seite 6

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 465/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hoch­schülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (764 d.B.)                34

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 380/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungsoffensive für wissenschaftliche Alternativ­metho­den zum Tierversuch (765 d.B.) ............................. 34

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 35

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 37

Karl Öllinger .................................................................................................................. 39

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 41

Bundesminister Mag. Herbert Haupt ......................................................................... 51

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 55

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 56

Sabine Mandak ............................................................................................................. 58

Maximilian Walch ......................................................................................................... 59

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 61

Doris Bures ................................................................................................................... 63

Karl Donabauer ............................................................................................................ 64

Mag. Brigid Weinzinger ........................................................................................  66, 99

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 68

Josef Broukal ................................................................................................................ 69

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 72

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 77

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 79

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .............................................................  81, 83, 91

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 85

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 86

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 88

Elmar Lichtenegger ..................................................................................................... 89

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 92

Silvia Fuhrmann ........................................................................................................... 93

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ........................................................................................... 94

Mares Rossmann ......................................................................................................... 95

Dr. Gertrude Brinek (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 96

Sabine Mandak (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 96

Dr. Richard Leutner ..................................................................................................... 96

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 97

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 98

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 119

Manfred Lackner ........................................................................................................ 120

Barbara Riener ........................................................................................................... 122

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 124

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 125

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 126

Herta Mikesch ............................................................................................................. 127

Dietmar Keck .............................................................................................................. 127

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 128

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 129

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 129

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 130

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 131

Petra Bayr ................................................................................................................... 141


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90. Sitzung / Seite 7

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 142

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 143

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 144

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährleistung der Direktwahl der ÖH-Bun­desvertretung und tatsächliche Stärkung der Universitätsvertretungen – Ableh­nung .................................................................  121, 145

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 776, 777 und 764 d.B. ...................................... 144

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 765 d.B. ..................................................... 145

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 765 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Forschungsprojekte für Ersatzmethoden zum Tierversuch (E 85) ............................. 145

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (687 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (725 d.B.) ......................................... 146

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 129/A der Abge­ordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungsdokumentationsgesetz), BGBl. I 12/2002, geändert wird (726 d.B.)              ............................................................................................................................. 146

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 167/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicher­stellung des Sportunterrichts in den Schulen (727 d.B.) ...................................................................................................................... 146

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 239/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von 100 000 Ganztagsplätzen in Schulen (728 d.B.) ...................................................................................................................... 146

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 419/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend 5 Millionen Euro jährlich als Sofortmaßnahme zur Existenzsicherung der nichtkonfessionellen Schulen in freier Trägerschaft (729 d.B.)     ............................................................................................................................. 146

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 222/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhebung der Lehrereinstiegsgehälter – Änderung der Lebensverdienstkurve (730 d.B.) ................................................................................. 146

Redner/Rednerinnen:

Franz Riepl .................................................................................................................. 146

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 148

Dieter Brosz ................................................................................................................ 150

Mares Rossmann ....................................................................................................... 152

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 153

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 155

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 156

Sabine Mandak ........................................................................................................... 157

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 158

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 160

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 161


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90. Sitzung / Seite 8

Beate Schasching ...................................................................................................... 161

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 162

Christian Faul ............................................................................................................. 163

Carina Felzmann ........................................................................................................ 164

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 165

Anna Franz .................................................................................................................. 165

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 166

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 167

Annahme des Gesetzentwurfes in 725 d.B. ................................................................ 168

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 726, 727, 728, 729 und 730 d.B. .......... 168

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (692 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (708 d.B.)   ............................................................................................................................. 168

12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 257/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung von qualitativ und quantitativ messbaren Gesundheitszielen (709 d.B.) ....................................................................................... 169

13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 269/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­besserung der regionalen Vernetzung der Gesundheits- und Sozialdienste (710 d.B.) ............................................................................................... 169

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (693 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beam­ten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergän­zungsgesetz, das Ärztegesetz 1998 und das Bundesgesetz über die Dokume­ntation im Gesundheitswesen geändert sowie ein Bundesgesetz zur Qualität von Gesundheitsleistungen und ein Bundesgesetz über Telematik im Gesundheits­wesen erlassen werden (Gesundheitsreformgesetz 2005) (711 d.B.) .................................................. 169

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 256/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion der unsozialen Selbstbehalte und Harmonisierung des Beitrags- und Leistungs­rechts im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (712 d.B.)           ............................................................................................................................. 169

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 280/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbrei­terung der Beitragsgrundlage zur Finanzierung des Gesundheitssystems (713 d.B.) .................................................................................. 169

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 282/A der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfen­ge­setz 1996, BGBl. Nr. 746/1996, geändert wird (714 d.B.) .......................... 169

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 237/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbes­serung der medizinischen Datenlage (715 d.B.)           ............................................................................................................................. 169


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90. Sitzung / Seite 9

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (673 d.B.): Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G) (716 d.B.) ................................................. 170

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (DentG-Novelle 2004) (721 d.B.) ................ 170

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 215/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­richtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Palliativ Care in der stationären geriatrischen Pflege (722 d.B.) ............................................... 170

Redner/Rednerinnen:

Manfred Lackner ........................................................................................................ 170

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 171

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 173

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 175

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 176

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 178

Ridi Steibl .................................................................................................................... 179

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 180

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 181

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 182

Barbara Riener ........................................................................................................... 183

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 184

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 184

Erika Scharer .............................................................................................................. 185

Karl Donabauer .......................................................................................................... 186

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 187

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 187

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) ................ 188

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 188

Anna Höllerer .............................................................................................................. 189

Josef Broukal .............................................................................................................. 189

Maria Grander ............................................................................................................. 190

Christoph Kainz .......................................................................................................... 190

Genehmigung der Vereinbarung in 708 d.B. ................................................................ 191

Kenntnisnahme der sieben Ausschussberichte 709, 710, 712, 713, 714, 715 und 722 d.B.                        191

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 711, 716 und 721 d.B. ...................................... 191

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 722 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Palliativ Care in der stationären geriatrischen Pflege (E 86)   ............................................................................................................................. 193

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (700 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Ta­bakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird (717 d.B.) ............................................................................................................................. 193


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90. Sitzung / Seite 10

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (676 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arznei­mittelgesetz und das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden (718 d.B.) ................................ 193

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 279/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Regelungen für eine verstärkte Qualitätssicherung bei der Verwendung von Blut und Blutprodukten (719 d.B.) ........................................ 193

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (675 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungs­sicher­heitsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arznei­waren­einfuhrgesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden (720 d.B.) ........................................ 193

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 193

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 194

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 195

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 196

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 197

Beate Schasching ...................................................................................................... 198

Herta Mikesch ............................................................................................................. 199

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 200

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 201

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 202

August Wöginger ....................................................................................................... 202

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 203

Günter Kößl ................................................................................................................ 204

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 717, 718 und 720 d.B. ...................................... 204

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 719 d.B. ..................................................... 205

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (677 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Bankwesen­gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Pen­sionskassengesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das National­bankgesetz 1984 an die IAS-Verordnung angepasst und die Modernisie­rungs- sowie die Schwellenwertrichtlinie umgesetzt und das Firmenbuchgesetz, das Aktiengesetz sowie das GmbH-Gesetz geändert werden (Rechnungs­legungsänderungsgesetz 2004 – ReLÄG 2004) (739 d.B.)                            205

27. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird (740 d.B.) ......................................................... 205

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 206

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 206

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 207

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 207

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 207

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 739 und 740 d.B. ......................................... 208


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90. Sitzung / Seite 11

28. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (678 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 – FMedGNov 2004) (741 d.B.) ......................................................................................... 208

Redner/Rednerinnen:

Anton Doppler ............................................................................................................ 208

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 209

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ............................................................... 212

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 212

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend die mögliche Benachteiligung von ohne PartnerInnen lebenden Frauen und lesbischen Partnerinnenschaften im Fortpflanzungsmedizingesetz – Ablehnung ...............  210, 213

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 213

Gemeinsame Beratung über

29. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (679 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugend­gerichtsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Bewährungs­hilfegesetz geändert werden (Strafprozessnovelle 2005) (742 d.B.) ......................................................................... 213

30. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (698 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Firmenbuchgesetz und die Konkursordnung zur Be­kämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozialbetrugsgesetz-SozBeG), und über die

Petition (12/PET) betreffend „Frächterskandale: Illegale Beschäftigung darf kein Kavaliersdelikt bleiben! Sozialbetrug ist Diebstahl und Diebstahl muss straf­rechtlich verfolgt werden!“, überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier (743 d.B.) ....................................................................................... 214

31. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (699 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten (746 d.B.) .................................... 214

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 214

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 214

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 215

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 216

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ............................................................... 217

Johann Ledolter ......................................................................................................... 217

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 218

Maximilian Walch ....................................................................................................... 219

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 220

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 221

Konrad Steindl ............................................................................................................ 221

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 223

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 224

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 225


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Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 225

Peter Haubner ............................................................................................................. 226

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 226

Michael Praßl .............................................................................................................. 227

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 742 und 743 d.B. ......................................... 228

Genehmigung der Vereinbarung in 746 d.B. ................................................................ 228

32. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (621 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikats­gesetz 1996, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Mar­kenschutzgesetz 1970 geändert werden und ein Bundesgesetz über die im Bereich des Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamts­ge­bührengesetz – PAG) erlassen wird (Patentrechts- und Gebührennovel­le 2004) (770 d.B.) ............................................................................... 228

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 229

Johann Ledolter ......................................................................................................... 229

Michaela Sburny ......................................................................................................... 230

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 231

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 231

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 232

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 233

Gemeinsame Beratung über

33. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (548 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (750 d.B.)              ............................................................................................................................. 233

34. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (680 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-Novelle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden (751 d.B.) ...................................................................................................................... 233

35. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (682 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraftfahrgesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (752 d.B.) ........................................................... 233

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ..................................................................................................................... 233

Werner Miedl ............................................................................................................... 234

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 235

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 236

Peter Marizzi ............................................................................................................... 237

Franz Glaser ................................................................................................................ 238

Anita Fleckl ................................................................................................................. 239

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 239

Gerhard Steier ............................................................................................................ 240

Martin Preineder ......................................................................................................... 241

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 241


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Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 242

Hermann Gahr ............................................................................................................ 243

Johann Rädler ............................................................................................................ 244

Anton Heinzl (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 245

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 750, 751 und 752 d.B. ...................................... 245

Gemeinsame Beratung über

36. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (669 d.B.): Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Was­serstraßenverwaltung – Wasserstraßengesetz (753 d.B.)             ............................................................................................................................. 246

37. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (611 d.B.): Seeverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regierung der Volksrepublik China andererseits (754 d.B.) ................................................................ 246

Redner/Rednerinnen:

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 246

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 247

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 247

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 248

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 249

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 249

Peter Haubner ............................................................................................................. 250

Annahme des Gesetzentwurfes in 753 d.B. ................................................................ 250

Genehmigung des Staatsvertrages in 754 d.B. ........................................................... 251

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 754 d.B. ......... 251

Gemeinsame Beratung über

38. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (610 d.B.): Urkunde zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlage (756 d.B.) ...................................................................................................................... 251

39. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 480/A der Ab­geordneten Klaus Wittauer, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geändert wird (755 d.B.) .................... 252

Redner/Rednerinnen:

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 252

Gabriele Binder .......................................................................................................... 252

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 255

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 255

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 257

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der Bevöl­kerung mit Post-Dienstleistungen – Ablehnung       256, 258

Genehmigung des Staatsvertrages in 756 d.B. ........................................................... 258

Annahme des Gesetzentwurfes in 755 d.B. ................................................................ 258


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Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ...................................................................................................... 32

779: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe

Anträge der Abgeordneten

Josef Broukal, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewähr­leistung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung und tatsächliche Stärkung der Universitätsvertretungen (489/A) (E)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gebührenbefreiung für gehörlose oder blinde Menschen (490/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Missstände im Bereich des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (491/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweite Überprü­fung der Alten- und Pflegeheime durch die Arbeitsinspektion (492/A) (E)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Feststellungsverfahren beim Obersten Gerichtshof zur schnellen und kostengünstigen Klärung strittiger Rechts­fragen für Konsumenten im Sinne von § 1 KSchG (493/A) (E)

Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobelpreis 2005 (494/A) (E)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz 1993 geändert wird (495/A)

Anfragen der Abgeordneten

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend tatsächliche Personalstände in der Exekutive, Stand 1. Dezember 2004 (2416/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend Kosten des verfassungswidrigen Hauptverband-Konzeptes (2417/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Kosten des verfassungs­widrigen Hauptverband-Konzeptes (2418/J)

Mag. Hans Langreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Moldawien, Freilassung eines mutmaßlichen Kinderschänders (2419/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Recht auf ein Girokonto“ (2420/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Rätseln um Förderung für mindestens 15 AuslandskärntnerInnen (2421/J)


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Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Generika-Preise und Vertriebsmethoden (2422/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Sonntagsöffnung der Spar-Filiale am Linzer Hauptbahnhof (2423/J)

Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Sanierung des Wiener Künstlerhauses (2424/J)

Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Sanierung des Wiener Künstlerhauses (2425/J)

Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend verpflichtende Standardausstattung von neuen Kraftfahr­zeugen mit einem Handfeuerlöscher (2426/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Post AG – Dienstleistungsunternehmen mit Infra­strukturauftrag oder Transportunternehmen mit Gewinnmaximierung (2427/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Post AG – Dienstleistungsunternehmen mit Infrastrukturauftrag oder Trans­port­unternehmen mit Gewinnmaximierung (2428/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Genehmigung der Prostitution für Asylwerberinnen in Wien (2429/J)

Mag. Karin Hakl, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das Schicksal von Yasemin Kobal (2430/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (2171/AB zu 2264/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2172/AB zu 2238/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2173/AB zu 2196/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (2174/AB zu 2215/J)



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Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie alle hier im Hohen Hause.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Csörgits, Verzetnitsch und Dr. Bleck­mann.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll wird durch den Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser vertreten.

Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr – um 9.03 Uhr – zur Frage­stunde.

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen zur 1. Anfrage, und zwar zur Anfrage der Abgeordneten Haidlmayr an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Minister! Meine Frage lautet:

96/M

„Halten Sie die nunmehr erstmalige Valorisierung des Pflegegeldes in Höhe von 2 Prozent – somit 0,25 Prozent jährlich durchgerechnet für die letzten acht Jahre – für ausreichend?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich darf Sie zunächst einmal auf die Geschichte des Pflegegeldes aufmerksam machen. Das Pflegegeld wurde 1993 eingeführt und mit Artikel-15a-Verträgen zwischen den Ländern und dem Bund abgesichert. Diese Artikel-15a-Verträge sehen vor, weil 30 Prozent des Pflegegeldes von den Ländern, und zwar für die Landespflegegeldbezieher, und 70 Prozent des Pflegegeldes vom Bund zu tragen sind, dass da ein gemeinsames Vorgehen zwischen Ländern und Bund zu vereinbaren ist.


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Das Pflegegeld wurde ein einziges Mal, und zwar im Jahre 1995, für alle Gruppen erhöht. Im Jahre 1996 kam es dann zu einer Umverteilung innerhalb der einzelnen Gruppen der Pflegegeldbezieher, wo die Pflegegeldbezieher der Stufen 1 und 2 auf Kosten jener der Stufen 4, 5, 6 und 7 benachteiligt worden sind, indem das Volumen von unten nach oben umverteilt worden ist. Danach war es unter der sozial­demokratisch geführten Regierung nicht möglich, das Pflegegeld anzupassen. Erst heuer, 2004, ist es mir das erste Mal gelungen, das Pflegegeld um 2 Prozent zu erhöhen.

Wenn man sich den gesamten Zeitraum seit Bestehen des Pflegegeldes ansieht, so muss man feststellen, dass diese Erhöhung keinesfalls ausreichend ist, um die Teue­rung, die es in der Zwischenzeit gab, abzugelten, aber man muss auch die Gesamt­entwicklung des Pflegegeldes betrachten. Das Gesamtvolumen des Pflegegeldes hat seit 1995 eine Erhöhung von etwa 13 Prozent erfahren, weil auf Grund der demo­graphischen Entwicklung eine Verbreiterung beim Pflegegeld und eine Änderung bei den Pflegegeldstufen 3 und 4 stattgefunden haben.

Im Jahre 2000 hat es für die am meisten betroffene Gruppe beim Pflegegeldbezug, nämlich für die Pflegegeldbezieher der Stufen 4, 5, 6 und 7 eine Erhöhung des Zu­schusses beim Pflegegeld um 50 Prozent gegeben, die in diesem Zusammenhang auch als Verbesserung für die Pflegegeldbezieher betrachtet werden muss.

Die jetzige Erhöhung des Pflegegeldes um 2 Prozent hat erst bei der Sozial­referenten­konferenz im Juli 2003 die Zustimmung aller Bundesländer gefunden. Das steht im Einklang mit den Artikel-15a-Vereinbarungen. Da zum Zeitpunkt der Zustimmung der Bundesländer das Budget 2004 bereits auf Schiene war, war erst mit den Bud­gets 2005 und 2006 die erste Möglichkeit von Seiten des Bundes gegeben, das Pflegegeld um 2 Prozent zu erhöhen.

Mein Heimatbundesland Kärnten hat als erstes im März dieses Jahres dankens­werterweise eine Anhebung des Pflegegeldes um 2 Prozent beschlossen. Die Bundes­länder Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Niederösterreich haben in ihren Landesbudgets ebenfalls eine Anpassung des Pflegegeldes um 2 Prozent vorgesehen. Die anderen drei Bundesländer sind im legistischen Bereich noch säumig. Ich hoffe aber trotzdem, dass im Laufe des Jahres 2005 der Gleichklang zwischen allen Bundesländern, und zwar mit einer um 2 Prozent erhöhten Pflegegeldleistung, erfolgt, sodass ein harmo­nisiertes Weiterentwickeln zwischen Landespflegegeld und Bundespflegegeld für die Pflegegeldbezieher stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Minister! Die Geschichte des Pflege­geldes kenne ich wahrscheinlich besser als Sie. Ich habe seit 1988 daran mitge­ar­beitet, und ich war auch jene, die 1992 dafür hungergestreikt hat, dass es dieses Ge­setz gibt. (Rufe bei der ÖVP: Frage! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Jetzt zu meiner Zusatzfrage: Herr Minister, Sie haben meine Frage nicht richtig beant­wortet. Sie haben gesagt (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen), es gebe eine Erhöhung für das Jahr 2004. Das stimmt natürlich nicht.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frage, Frau Abgeordnete, nicht Feststellungen!

 


Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Meine Frage ist: Wie hoch werden die Erhöhungen in den Jahren 2006, 2007 und 2008 sein?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Der Beschluss, das Pflegegeld ab 1. Jänner 2005 um 2 Prozent zu erhöhen, ist selbstverständlich im Jahre 2004 erfolgt. Sie wissen das! Die Erhöhung des Pflegegeldes im Bundesland Kärnten ist im März dieses Jahres erfolgt, und für die Erhöhung des Pflegegeldes in Vorarlberg, in Tirol, in Salzburg und in Niederösterreich liegt derzeit der Antrag den dortigen Land­tagen zur Beschlussfassung nach Verabschiedung des Budgets vor. Die Erhöhung des Pflegegeldes steht dort im Rahmen der Budgetverhandlungen in Diskussion, sodass ich sagen kann, dass ich hier nichts Falsches gesagt habe.

Ich möchte Sie aber auch darauf hinweisen, Frau Abgeordnete, dass es in den letzten drei Jahren massive Versuche gegeben hat, das Pflegegeld endgültig abzuschaffen. So hat etwa der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion mehrmals die Aussage gemacht, dass das Pflegegeld eine Fehlentwicklung wäre. (Abg. Riepl: Das stimmt überhaupt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bin der gegenteiligen Meinung! Ich vertrete die Auffassung, dass das Pflegegeld eine notwendige Maßnahme für ein selbstbestimmtes Leben der zu pflegenden Per­sonen ist. Ich halte nichts davon, Diskussionen darüber zu führen, das Pflegegeld abzuschaffen, sondern ich halte alles davon, gemeinsam dafür zu sorgen, dass das Pflegegeld als starke Unterstützung für zu pflegende Personen auch weiterhin in Kraft bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Zusatzfrage hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Guten Morgen, Hohes Haus! Herr Minister! Es gibt bei allen VertreterInnen der politischen Parteien immer wieder Menschen, die das Pflegegeld in Frage stellen.

Ich komme jetzt zu meiner Frage: Im Budgetbegleitgesetz steht, dass die Unfall­rentnerinnen und Unfallrentner durch die Unfallrentenbesteuerung für die Valorisierung des Pflegegeldes aufkommen, sich somit die Valorisierung selbst zahlen.

Wie hoch sind die Mittel, die aus diesen Teilen der Unfallrentenbesteuerung für die Valorisierung des Pflegegeldes verwendet werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie wissen selbstverständlich aus der Kenntnis der Budgetzahlen, dass Ihre Vergleiche falsch sind.

Sie haben in der Vergangenheit angeführt, dass sich die Versicherten durch die Be­steuerung der Unfallrenten die Behindertenmilliarde selbst zahlen. Nunmehr kommt das andere Argument. Das Argument, dass die Behindertenmilliarde von den Behin­derten selbst durch die Besteuerung gezahlt wird, ist gleich falsch wie dieses Ihr Ar­gument.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass mir von meiner eigenen Fraktion und auch von der grünen Fraktion niemand bekannt ist, der das Pflegegeld in Frage stellt. Sie haben allerdings Recht, wenn Sie Ihre eigene Fraktion meinen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Lapp: Das ist keine Antwort! – He-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Lackner: Das ist unglaub


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lich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Mag. Tancsits zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Bauer: Das ist ungeheuer­lich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) – Am Wort ist der Zusatzfrager!

 


Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Wie weit sind Ihre Überlegungen zu einer Neuordnung des Prüfverfahrens zur Zuerkennung des Pflegegeldes gediehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir haben gemeinsam mit der Sozialversicherungsanstalt der österreichischen Bergbauern und der Sozialver­siche­rungsanstalt der österreichischen Eisenbahner einen Probelauf gemacht, wo wir das berücksichtigt haben, was von Seiten der Pflegeberufe immer ins Treffen geführt worden ist, nämlich dass die Pflegeberufe besser geeignet wären, die Zuerkennung und die Höhe des Pflegegeldes darzustellen.

Ich habe heute einen ersten Zwischenbericht dieser Arbeitsgruppe bekommen, der für psychische Erkrankungen und für Erkrankungen im Bereiche orthopädischer Fälle eine deutliche Schlechterstellung bei der Zuerkennung für zu pflegende Personen durch ausschließliche Beurteilung von Pflegepersonen gegenüber der heutigen Praxis, wo Ärzte maßgeblich an der Zuerkennung des Pflegegeldes mitwirken, aufweist.

Ich kann daher nach diesem ersten Zwischenbericht sagen, dass es gut ist, wenn Pflegedokumentationen auch von integrierten Sozialsprengeln bei der Zuerkennung von Pflegegeld von Seiten der begutachtenden Ärzte gemacht werden. Eine aus­schließliche Beurteilung an Hand der Pflegeberufe scheint prima vista, nach dem ersten vorliegenden Zwischenbericht, nicht sinnvoll, da gerade die Pflegepersonen bei den zunehmenden psychischen Erkrankungen deutlich schlechter gestellt werden, und das will ich nicht.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Abge­ordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Es ist richtig, dass gerade von Seiten der Sozialdemokraten immer wieder eine Änderung des Pflegegeldes verlangt wird, insbesondere dahin gehend, dass das Pflegegeld an ein bestimmtes Einkommen gebunden werden soll.

Denken Sie an eine Änderung in dieser Richtung?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich denke nicht an eine Änderung in dieser Richtung. Ich halte das seinerzeit unter Bundesminister Hesoun eingeführte Pflegegeld für einen Meilenstein in der österreichischen Sozialgesetz­gebung.

Ich glaube, dass jedes Gesetz, das zehn und mehr Jahre am Wirken ist, nach­gebessert werden muss, aber ich halte nichts davon, dass man durch Einführung von reinen Sachleistungen die pflegebedürftigen Personen wieder in die Heime und in die Anstalten zurücktreibt und das selbstbestimmte Leben wieder der Vergangenheit angehört.

Ich meine, dass das Pflegegeld eine wichtige soziale Maßnahme ist und dass das Pflegegeld auch in Zukunft weiter ausgebaut werden soll.

Ihre Frage kann ich von meiner Seite aus so beantworten: Ein Zurückgehen bezie­hungsweise ein Abschaffen des Pflegegeldes kommt für mich nicht in Frage, aber eine


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Verbesserung und eine Verstärkung des Pflegegeldes durch Zusatzleistungen sollten möglich sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der erste Fragenkomplex erledigt.

Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, und zwar zur Anfrage des Abgeordneten Walch. – Bitte, Herr Kollege, formulieren Sie Ihre Anfrage.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zu den vielen Diskussionen über die Pensionsharmonisierung, spe­ziell bei Frauen, habe ich folgende Frage an Sie:

101/M

„Werden Frauen von der Schwerarbeiterregelung profitieren können, wenn das Regel­pensionsalter und das Schwerarbeiterpensionsalter das 60. Lebensjahr ist?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ihre Frage zielt offensichtlich auf den Bereich des ASVG und die damit verbundenen Gesetze ab. In diesem Bereich ist es so, dass sich das Frauenpensionsalter ab dem Jahr 2024 bis zum Jahr 2034 vom 60. Lebensjahr sukzessive an das 65. Lebensjahr, so wie es die Bundesverfassung seit 1993 garantiert, annähern wird.

Ich darf Sie aber auch darauf aufmerksam machen, Herr Abgeordneter, dass es heute schon eine Gruppe von Frauen gibt – etwa die Beamtinnen –, die auf Grund ihrer Arbeitsverhältnisse bereits das gleiche Pensionsantrittsalter wie die Männer haben, nämlich 61,5 Jahre. Für diese Frauengruppe wird daher, sofern sie in die Parameter des Schwerarbeitergesetzes hineinfallen, bereits ab 2007 die Schwerarbeiterregelung Erleichterungen bringen.

Beispielsweise wäre daran zu denken, dass ein Arzt oder eine Krankenschwester, die im Bereich von erkrankten Menschen mit nicht selbstbestimmten Leben, also in psychiatrischen Anstalten, mit sehr vielen Nachtdiensten und Intensivtätigkeiten ihren Dienst über Jahre verrichtet haben, in diese Schwerarbeiterregelung hineinfallen.

Im ASVG-Bereich wird ab dem Jahr 2024 für die Frauen die Schwerarbeiterregelung zum Tragen kommen. Bis dahin haben diese Frauen ein früheres Pensionsantrittsalter, als es in der Schwerarbeiterregelung festgelegt ist, und zwar ab dem 60. Lebensjahr. Sie steigen daher mit dem verfassungsmäßig garantierten früheren Pensions­antritts­alter besser aus als mit der Schwerarbeiterregelung.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Noch eine Zusatzfrage: Ab welchem Jahr trifft für die Frauen die Schwerarbeiterregelung zu?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Die Regelung tritt, so wie es der Gesetzgeber beschlossen hat, spätestens mit 1. Jänner 2007 in Kraft und wird für Schwerarbeiter ab dem 60. Lebens­jahr gültig sein. Sie wird – abgesehen vom Kreise der Bundesbediensteten und Per­sonen mit ähnlichen Dienststellungen, die zu diesem Zeitpunkt für Frauen als Regel­pensionsantrittsalter ein höheres Pensionsantrittsalter haben, das über 60 Jahre liegt – für Frauen im Bereich des ASVG erst ab dem Jahr 2024 relevant werden, weil erst ab diesem Zeitpunkt das vorzeitige Frauenpensionsantrittsalter von 60 Jahren sukzessive


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zu steigen beginnt. Erst dann werden die Bonifikationen der Schwerarbeiterregelung für die Frauen im ASVG-Bereich voll zum Tragen kommen. Davor wird den Frauen im Bereich des ASVG nach wie vor verfassungsmäßig garantiert, früher in Pension gehen zu können als die Männer.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Abgeord­nete Mag. Weinzinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Bundesminister, ebenfalls einen schönen guten Morgen! Ihren bisherigen Ausführungen konnten wir soeben entneh­men, dass es eine Schwerarbeiterregelung nur für Frauen im öffentlichen Dienst geben wird.

Halten Sie diese Diskriminierung von Frauen, die nicht im öffentlichen Dienst beschäf­tigt sind und Schwerarbeit verrichten, zum Beispiel am Fließband stehend, und die nicht in eine frühere Pension einsteigen können, so wie die Männer das tun können, für verfassungskonform?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Zum Ersten: Da die Frauen im ASVG-Bereich und im Rahmen der damit verbundenen Gesetze bis zum Jahr 2024 früher in Pension gehen können, halte ich diese Regelung für verfassungskonform, so wie auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes.

Zum Zweiten, Frau Abgeordnete, darf ich Sie darauf hinweisen, dass in sehr vielen Berufsgruppen für Frauen bis zum Jahr 1997 ein striktes Nachtarbeitsverbot gegolten hat. In diesen Bereichen, wo für Frauen das Nachtarbeitsverbot gegolten hat und ähnlich schwere Arbeit wie von Männern zu leisten war, war daher die Nachtarbeit, die ein wichtiges Kriterium für die Bewertung als Schwerarbeit ist, von den Männern zu leisten. Diese sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt sind auch zu berücksichtigen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Keck zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Bundesminister! Die Definition der Schwer­arbeit ist noch nicht geklärt, Sie haben dazu bis 1. Jänner 2007 Zeit.

Meine Frage lautet: Gibt es, sobald diese Definition der Schwerarbeit fertig ist und das Schwerarbeitsgesetz auch in der Praxis angewendet werden kann, dazu dann auch Maßnahmen, rückwirkende Beitragszeiten für schwer arbeitende Menschen zu berück­sichtigen? Wenn ja, ab wann werden diese Zeiten berücksichtigt? (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Und wenn nein, warum nicht?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das sind zwar im Prinzip drei Fragen, aber ich bin sicher, der Herr Bundesminister wird sie beantworten. – Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Keck! Wir haben im Kreise der Expertinnen und Experten, die an den Eckpunkten der Schwerarbeiterregelung ar­beiten, fünf maßgebliche Kriterien zusammengefasst, die unter den Begriff der Schwer­arbeit fallen werden. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Wir richten uns in den Grundsätzen dabei nach dem gültigen Nachtschwer­arbeits­ge­setz, dem früheren Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz.

Ich glaube daher, dass es, wenn diese Parameter, die für das Nachtschicht-Schwer­arbeitsgesetz seit Jahren in Kraft sind und hier eine Abmilderung vom Nachtschicht-


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Schwerarbeitsgesetz zur Schwerarbeiterregelung stattfindet, juridisch keine Probleme geben dürfte, die Schwerarbeiter und die Schwerarbeit eindeutig zu definieren, und jedem Arbeiternehmer, der glaubt, unter diese Regelungen fallen zu können, die Schwerarbeiterregelung in entsprechender Form vor den Arbeits- und Sozial­gerich­ten – wenn es strittig ist – zuerkannt werden kann oder nicht.

Ich glaube daher, dass wir Pionierarbeit leisten, indem wir sehr vieles an Gesund­heitskriterien der heutigen Arbeitswelt und an Gesundheitskriterien, die die Arbeitswelt vor Jahren den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abverlangt hat, in eine Parität stellen.

Wenn das Nachtschwerarbeitsgesetz und die Schwerarbeiterregelung nebeneinander bestehen werden, so wird es zum Beispiel auch möglich sein, dass Leute, die nicht die komplette Periode nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz erfüllen – also nicht 15 Jahre erreichen, sondern nur in etwa zehn Jahre lang eine derartige Tätigkeit ausgeübt haben und dann etwa, entsprechend Ihrem typischen Beispiel im Sozialausschuss, Herr Kollege Keck, infolge einer Verbesserung um 1 Dezibel zwar weiter die gleiche Arbeit leisten, aber nicht mehr unter die Nachtschicht-Schwerarbeiterregelungen fal­len –, leicht nachweisen können, dass sie zumindest unter die Schwerarbeiterregelung fallen.

Es sollte auch möglich sein, mit In-Kraft-Treten des Schwerarbeitergesetzes jene 15 Jahre und mehr, die man mit Schwerarbeit verbracht hat, entsprechend anzuer­kennen – und das selbstverständlich in der Parallelrechnung, rückwirkend ebenso wie für die Zeiten von 2007 in die Zukunft, sodass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 60 dann auch die Schwerarbeiterregelung in Anspruch nehmen können, wenn sie die notwendigen Schwerarbeitszeiten nachweisen können.

Mein Bemühen muss es sein, dass diese Schwerarbeiterregelungen so gefasst wer­den, dass sie juridisch halten, auch ausjudiziert werden können und in strittigen Fällen das Arbeits- und Sozialgericht entscheiden kann.

Wir sind gerade an Experten aus der Welt des Arbeits- und Sozialgerichtswesens und der Judikatur herangetreten, sie sollen die derzeitigen Eckpunkte auf ihre Tauglichkeit für die Judikatur überprüfen, damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in stritti­gen Positionen zu ihrer jeweiligen Pensionsversicherungsanstalt vor dem Arbeits- und Sozialgericht ihr Recht dann auch im positiven Sinne erstreiten können.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass eine Fülle von Datenmaterial und Grundlagen erar­beitet worden ist, und ich halte die grundsätzlichen Arbeiten zum Schwerarbeiter­gesetz, die in den letzten eineinhalb Jahren erfolgt sind, für eine sehr wichtige Grund­lage, um dann der Wirtschaft, aber auch den Arbeitnehmervertretern an die Hand gehen zu können, um Verbesserungen in der Arbeitswelt laufend – auch für die zukünf­tigen Generationen von Arbeitnehmern – herbeizuführen.

Es bereitet mir nämlich große Sorgen, dass wir alle zwar von Prävention reden, aber sehr viel Prävention am Arbeitsplatz heute unter dem Kostendruck nicht mehr so zeit­gemäß und schnell erfolgt, wie wir es uns und sehr viele Betriebsräte es sich wünschen würden. Sie als intimer Kenner der Betriebe werden mir auch Recht darin geben, dass die Betriebsräte oftmals mit dem Rücken zur Wand stehen: auf der einen Seite Arbeitsplätze für Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter quasi garantieren zu müssen und gleichzeitig auf der anderen Seite eine gesunde Arbeitswelt im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem im Konkurrenzkampf mit der Welt­wirtschaft stehenden Betrieb zu erreichen.

Ich bin daher auch daran interessiert, dort, wo mir Fragestellungen von Seiten der Betriebsräte zukommen, weil sie glauben, dass Teile ihres Betriebes unter das


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Schwer­arbeiter- und Nachtschwerarbeitsgesetz fallen, durch laufende Überprüfungen über die Gebietskrankenkassen diesbezüglich auch vor Ort tätig zu werden, um die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Betrieben zeitgerecht so umzusetzen, dass sie unter die heute gültigen Regelungen des Nachtschwer­arbeitsgesetzes fallen und in Zukunft auch weniger Probleme haben, unter die Schwer­arbeiterregelung zu fallen.

Ich hoffe, ich habe Ihre Fragen ausführlich genug beantwortet.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Scheuch, ich erinnere Sie an das Telefonverbot im Plenum – das nächste Mal gibt es einen Ordnungsruf.

Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Guten Morgen! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet: Wird auch das Krankenpflegepersonal unter die Schwerarbeiter­regelung fallen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Da unter den Eckpunkten, die für die Schwerarbeiterregelung ins Auge gefasst wurden, auch Punkte enthalten sind, die auf das Kranken- und Pflegepersonal zutreffen – wie beispielsweise Nachtarbeit, besondere psychische Belastung, etwa in Intensivstationen, oder die Konfrontation mit Personen, die nicht selbstbestimmt sind, selbst- oder fremdaggressiv sind, was für psychiatrische Abteilungen oder Abteilungen mit Drogenkranken durchaus zutreffend ist –, werden auch Teile des Krankenpflegepersonals, der in diesen Bereichen tätigen Ärzte und des Hilfspersonals durchaus in die neuen Schwerarbeitsregelungen hinein­fallen.

Ich darf aber gleichzeitig davor warnen, zu behaupten, dass das gesamte Kranken­pflegepersonal nunmehr zu den Schwerarbeitern zählen wird. Aber es werden Teile des Krankenpersonals, die die von mir skizzierten Arbeitsbelastungen nachweisen können, darunter fallen, so wie es auch andere Berufsgruppen gibt, etwa in der Gastronomie oder auch in anderen Bereichen, von denen nur ein bestimmter Teil der Beschäftigten unter diese Regelungen fallen wird.

Es ist nicht daran gedacht, ganze Berufsgruppen zu Schwerarbeitern zu erklären. Wir wollen nicht den gleichen Fehler wieder machen, den man seinerzeit etwa im Bergbau oder auch bei den Österreichischen Bundesbahnen gemacht hat: dass nämlich bei tatsächlicher Schwerarbeit und erheblichen Belastungen auch alle anderen Berufs­gruppen, die im gleichen Unternehmen tätig sind, in den Genuss der Vorteile der Schwer­arbeitsregelungen und des vorzeitigen Pensionsantritts gekommen sind. So sind etwa Sekretärinnen in Bergbaubetrieben unter die gleiche Sonderunterstützung gefallen wie die Hauer, das Personal an den Hochöfen oder die unter Tage arbeiten­den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und das ist und war ungerecht!

Diese Ungerechtigkeiten wollen wir mit dem neuen Schwerarbeitergesetz nicht fest­schreiben. Jene aber, die wie in Ihrem Fall das Krankenpflegepersonal in ihrem Beruf die wichtigsten Kriterien des Schwerarbeitergesetzes tatsächlich nachweisen können, werden darunter fallen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den zweiten Fragenkomplex ausführ­lich dargestellt.

Wir kommen jetzt zur 3. Anfrage, die Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier formu­lieren wird. – Bitte.

 



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Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Konsumenten stehen oft vor ähnlich gelagerten Problemen (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen): Es geht um strittige Rechtsfragen und um Muster­prozesse.

Herr Bundesminister, ich frage Sie daher:

99/M

„Welche Änderungen der Zivilprozessordnung haben Sie als Konsumenten­schutz­minister vorgeschlagen, damit in Zukunft Musterprozesse ohne höchstes Kostenrisiko durchgeführt werden können?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Seitens meines Ressorts wurde ein Textvorschlag erarbeitet, der mit dem Bundesministerium für Justiz, dem VKI und Vertretern der Wissenschaft erörtert und koordiniert wurde.

Der Justizausschuss hat in seiner Sitzung vom 6. Oktober 2004 eine Entschließung gefasst, der zufolge die Bundesministerin für Justiz ersucht wird, gesetzliche Möglich­keiten zur ökonomischen und sachgerechten Bewältigung von Massenklagen zu prüfen. In dieser Sitzung des Justizausschusses wurde zudem vereinbart, dass der akkor­dierte Gesetzesvorschlag seitens des Bundesministeriums für Justiz in Begut­achtung geschickt wird. Nach Durchführung des Begutachtungsverfahrens wurde die Stellungnahme seitens des Bundesministeriums für Justiz, meines Ministeriums und des VKI Vertretern der Anwaltschaft erörtert. Dabei konnte ein gemeinsamer Kom­promisstext erarbeitet werden; dieser wurde den Parlamentsklubs übermittelt.

Dieser Gesetzesvorschlag sieht vor, dass auf Antrag eines klagebefugten Verbandes dessen Verfahren seitens des Gerichtes unterbrochen werden kann, wenn bei dem­selben Gericht gegen dieselben Beklagten ein Rechtsstreit anhängig ist, bei dem im Wesentlichen gleiche Tat- oder Rechtsfragen zu klären sind. Im Falle einer Unter­brechung ist die Verjährung der Ansprüche gehemmt.

Die Beratungen in den Klubs ergaben, dass kein Initiativantrag eingebracht werden sollte. – Dieses Ergebnis wird von meiner Seite entschieden bedauert, die parlamen­tarischen Beratungen können aber von mir leider nicht beeinflusst werden.

Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass der zwischen VKI, meinem Ministerium, dem Justizministerium und der Anwaltschaft akkordierte Vorschlag das Licht der Welt des Justizausschusses erblicken sollte, denn ich erlebe gerade bei Musterprozessen, die über dreistellige Millionen-Beträge gehen, dass ein einfacher Schriftverkehr für jedes der parallel laufenden Verfahren eine riesige Summe Geldes verschlingt.

Es war daher, um solche Verfahren als zuständiger Konsumentenschutzminister in erster und, wenn es notwendig ist, auch in zweiter Instanz finanzieren zu können, meiner Meinung nach notwendig, eine Risikohaftung durch eine deutsche Firma abzu­schließen, die die Prozessrisikohaftung übernommen hat, die aber den Nachteil hat, dass die Konsumenten – wenn das Verfahren gewonnen wird – einen um 30 Prozent geschmälerten Anteil ihrer tatsächlichen Zahlungen erhalten werden, weil diese 30-prozentige Prozessrisikohaftung selbstverständlich überwälzt werden muss.

Es wäre daher leichter, wenn wir in diesem Bereich zu einem vernünftigen und ökonomischen Verfahren kämen. Ich betrachte dieses Verfahren auch im Lichte sehr vieler Verfahren kleiner Pächter gegen Ölmultis als dringend notwendig, weil es in


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diesem Bereich große Missstände gibt. Mein gegenständliches Verfahren wurde vor 14 Tagen auf Ebene der Europäischen Union von der Europäischen Kommission übernommen, ich warte daher gespannt darauf, was neben der österreichischen Kartellbehörde nunmehr auch die Europäische Kommission in diesem Verfahren gegen die österreichischen Ölmultis unternehmen wird.

Ich glaube, es gibt eine Fülle von Bereichen, in denen Finanzschwache von Finanz­starken durch die Parallelführung mehrerer kostspieliger Musterprozesse einfach in die Knie gezwungen werden sollen und jene, die sich das leisten können, die anderen einfach „auskaufen“, um keine endgültige Judikatur zu bekommen. Ich glaube daher, dass es im Sinne des Konsumentenschutzes höchst an der Zeit wäre, dass der Justizausschuss die vorliegende Materie einer positiven Lösung zuführt.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich bedauere es ebenfalls, dass es zu keinem Initiativantrag kommt.

Meine Frage lautet: In wie vielen Verfahren hat Ihr Bundesministerium derzeit das Pro­zesskostenrisiko für Musterverfahren übernommen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Ich habe in der Zeit, seit ich Bundesminister für Konsumen­tenschutz bin – das sind jetzt knapp zwei Jahre –, insgesamt 231 Verfahren geführt. Von diesen 231 Verfahren wurden 8 Verfahren verglichen, 6 Verfahren habe ich verloren und die restlichen Verfahren gewonnen. Wir haben gerade diese Woche wieder Musterprozesse gegen Banken im Interesse von Zinsen beziehenden Konsu­mentinnen und Konsumenten gewonnen. All diese Verfahren wären bei Vorliegen des entsprechenden Initiativantrages, wie er vom Justizministerium ausgearbeitet ist, deut­lich kostengünstiger für den Steuerzahler, für die öffentliche Hand, aber auch deutlich kostengünstiger für die betroffenen Klägerinnen und Kläger zu führen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon hat sich zu einer Zusatzfrage gemeldet, ist aber derzeit nicht im Saal.

Die nächste Zusatzfrage stellt daher Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben soeben dargestellt, wie sehr Sie die Konsumenten unterstützen, vor allem auch den VKI als Träger der Konsumentenschutzklagen, und zusätzlich in mehreren Hundert Verfahren eben die Konsumenten.

Die Senioren haben auch ein Verbandsklagerecht. Sie werden derzeit noch nicht segmentartig unterstützt. Ich frage Sie daher: Sind Sie bereit, auch das Verbands­klagerecht der Senioren zu unterstützen, und zwar mit ähnlichen Beträgen wie den VKI, in dem ja auch die Sozialpartner, vor allem Wirtschaftskammer und Arbeiter­kammer, tätig sind, die nicht immer im Gleichklang vorgehen? Bei den Senioren wäre das anders, diese wollen, so glaube ich, immer im Gleichklang vorgehen. Können Sie ähnliche Mittel für die Senioren aufwenden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Seniorenkurie hätte die Klagslegitimation, hat aber von dieser Klagslegitimation bis heute nicht Gebrauch gemacht. Ich bin daher der Meinung, dass es durchaus überlegenswert ist, auch


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einzelnen Teilorganisationen, die in der Pensionistenkurie vertreten sind, eine Klags­legitimation einzuräumen, diese Überlegungen also anzustrengen.

Ich bin gerade in diesem Bereich daran interessiert, eine entsprechende Senioren­versicherung abzuschließen und einzuführen, um vielleicht auch bei einem hohen Risiko für die Seniorenverbände diese Verbandsklage im Interesse aller Senioren tatsächlich zu ermöglichen.

Im Übrigen, Herr Abgeordneter, teile ich Ihre Meinung, die Sie immer öffentlich ver­treten haben, dass eine Klage nur dann die volle Sinnhaftigkeit für den Konsumenten hat, wenn er sein Klagsziel vor Gericht auch zu 100 Prozent erstreiten kann und nicht 20 oder 30 Prozent infolge Rückhaltungen und entsprechender Klagsversicherungen von Seiten Dritter vorenthalten bekommt.

Ich darf in diesem Zusammenhang aber auch darauf aufmerksam machen, dass es bei strittigen Rechtslagen, wo der Ausgang des Verfahrens nicht eindeutig positiv zu bewerten ist, Rückversicherungen für mich als Konsumentenschutzminister der einzige Weg sind, um den österreichischen Steuerzahlern nicht mehrere aushaftende Klagen in Millionenhöhe gleichzeitig zuzumuten.

Betreffend die Senioren sollte man, glaube ich, einmal die Seniorenverbände selbst fragen, warum sie von ihrer derzeit existierenden Klagslegitimation noch nicht Ge­brauch gemacht haben, und zum Zweiten sollte man sich überlegen, dass man, wenn tatsächlich, so wie Sie es jetzt verbal und visuell richtig gezeigt haben, die finanzielle Situation ausschlaggebend ist, durch die Einführung einer kostengünstigen Senioren­versicherung das nötige Kleingeld herbeischafft, damit diese Klagslegitimation nicht totes Recht bleibt, sondern im Interesse der Seniorinnen und Senioren von Seiten ihrer legitimen Vertreter auch wahrgenommen werden kann.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Abge­ordnete Dr. Moser gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Minister! Sie haben es bedauert, dass es keine Regierungsvorlage, keinen Initiativantrag zur Verbesserung der Situation der KonsumentInnen bei Musterprozessen gibt. Warum?, ist meine Frage.

Und da ich diesen Initiativantrag, den die Regierung vorbereitet hat, bereits einge­bracht habe: Wird darüber verhandelt werden? Und wann?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie können mich nur fragen, was ich als zuständiger Minister dazu sage. Ich wäre sehr daran interessiert, dass zügig und schnell verhandelt wird. Aber da ich auch lange Jahre Abgeordneter war, weiß ich, dass über das Tempo, über die Verhandlungsführung und welche Tage­sordnungspunkte im Justizausschuss verhandelt werden, ausschließlich der Justiz­ausschuss, die Mitglieder des Justizausschusses und das Präsidium des Justizaus­schusses entscheiden werden.

Ich als Konsumentenschutzminister wäre auf jeden Fall daran interessiert, dass zügige und schnelle Verhandlungen im Justizausschuss zu diesem Thema zu einem positiven Ende gebracht werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der dritte Fragenkomplex beantwortet.

Den vierten Fragenkomplex leitet Herr Abgeordneter Wöginger mit seiner Frage ein. – Bitte.

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:


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94/M

„Wieso ist die Pensionsharmonisierung gerade für Junge ‚fair und gerecht?“

(Abg. Mandak: So eine „kritische“ Frage! – Abg. Öllinger: Sie trauen sich was!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe großes Interesse daran, dass gerade Sie als junger Mensch diese Frage stellen.

Der Entwurf der Bundesregierung zur Pensionsharmonisierung setzt sich zum Ziel, die Beitragsgerechtigkeit zu verwirklichen. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Im Hinblick auf das Vertrauen und die Absicherung der jüngeren Generation in eine leistungsfähige und beitragsorientierte Altersicherung wird mit der Schaffung eines beitragsorientierten persönlichen Pensionskontos dem Versicherungsprinzip entsprochen, wonach die Höhe der Pensionen eines Versicherten bei gleichem Lebensalter von der Höhe der Beiträge abhängt, die für ihn geleistet werden.

Dieser Entwurf der angestrebten schrittweisen Harmonisierung der Beitragssätze und der Beitragsgrundlagen bei gleichzeitiger Vereinheitlichung der Leistungen schafft die Basis für ein einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen. Gerade die junge Generation wird davon profitieren, weil im Falle eines Hinausschiebens der notwen­digen Reformen noch über Jahre die junge Generation dann die Leistungen für drei Ge­nerationen zu tragen gehabt hätte.

Ich glaube daher, dass eine Erstreckung der langen Übergangsfristen und damit eine harmonische Belastung von drei Generationen über Jahre gerade der jungen Ge­neration die Chance gibt, erstens in ihrer Aktivzeit von ihrem Einkommen möglichst viel der Qualität ihrer Lebensführung und ihren eigenen Lebensvorstellungen zu widmen sowie zum Zweiten durch die Senkung der Abgaben- und Steuerquote Geld frei zu bekommen, um für die zweite und dritte Säule der Pensionsabsicherung genügend Kapital zu haben.

Zum Dritten ist durch die Abfertigung-neu eine Möglichkeit auch für Kleinstein­kom­mensbezieher geschaffen worden, in eine persönliche Pensionsvorsorge in der zweiten Säule umzusteigen – ohne dass sie von ihrem täglichen Einkommen etwas abzweigen müssen.

Außerdem ist für die junge Generation ab Einführung des harmonisierten Pensions­rechtes klar, dass sie nach wie vor eine der besten Pensionsversicherungen in Europa haben wird, auch in Bezug auf die Höhe der Leistungen.

Ich meine, sehr geehrter Herr Abgeordneter Wöginger, dass diese Pensionsreform zwei echte Gewinner hat: Zum einen sind das die Frauen, die Familienleistungen und Pflegeleistungen erbracht haben, zum anderen ist das die jüngere Generation insge­samt. Man sollte aber nicht vergessen, dass es auch die ältere Generation in Zukunft leichter haben wird, weil die Anhebung der Pensionen nicht mehr nach dem im Jahr 1995 eingeführten Nettopensionsprinzip erfolgen wird, sondern so, wie es am Verhandlungstisch mit allen Sozialpartnern einvernehmlich vereinbart worden ist, nämlich nach dem Lebenshaltungsindex des Österreichischen Statistischen Zentral­amtes.

Diese Valorisierung wird für die Senioren einen deutlichen Vorsprung bringen, denn ich kenne sehr wenige Menschen in Österreich – abgesehen von den Fachleuten –, die sich im alten Nettopensionsanpassungssystem ausgekannt haben und damit zufrieden waren.


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Wenn man all diese Punkte zusammenzieht, so ist das für die jetzt in Pension Befindlichen die Beruhigung, dass sie ab dem Jahre 2007 mit der Teuerung ihre Pensionen aufgewertet bekommen. Für die junge Generation bedeutet das, sie kann endlich wieder darauf vertrauen, auch eine leistungsfähige Pension für sich selbst zu bekommen. Mit der Senkung der Steuer- und Abgabenquote werden die Jungen in ihrer Aktivzeit profitieren, indem Sie mehr Geld für sich selbst in der Brieftasche haben werden und weniger Geld für den Staat werden zahlen müssen.

Im heurigen Jahr sind es durch die Steuerreform aktuell 18 Tage, die jeder Arbeit­nehmer gewonnen hat. Im nächsten Jahr werden durch die Steuerreform noch einige Tage dazukommen. Und wenn es nach dieser Bundesregierung geht, wird die Senkung der Steuer- und Abgabenquote von – Ausgangspunkt – 45 Prozent bis zum Jahr 2010 immerhin 7 Prozent des Einkommens für Eigenbedarf, Eigenvorsorge, eigenen Verbrauch und für eigene Lebensführung freimachen.

Ich meine daher, dass gerade die junge Generation mit dieser Pensions­harmonisie­rung sehr zufrieden sein kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Übrigen haben wir bei dieser Pensionsharmonisierung auch festgehalten, dass alle drei Jahre alle Parameter der wirtschaftlichen Voraussagen und der demoskopischen Voraussagen zu überprüfen sind, sodass die junge und auch die alte Generation sich darauf verlassen können, dass das österreichische System mit seiner hohen ersten Komponente des Generationenvertrages auch in Zukunft weiterhin und sinnvoll adaptiert und angepasst wird und nicht als Fremdkörper, ganz egal, wie sich die Wirtschaft in Österreich und die Rahmenbedingungen der Wirtschaft entwickeln, als Monolith nach oben und nach unten stehen bleibt und daher zusätzliche Belastungen oder zusätzliche Verluste mit sich bringt.

Ich betrachte das gesamte System in seiner Endausbauphase auch als ein schlankes System. Sie können sich selbst davon überzeugen, der Gesetzestext des neuen Allgemeinen Pensionsgesetzes für die Zeit nach 2034 umfasst acht Seiten, und in diese acht Seiten ist das gesamte neue Pensionssystem verpackt. Ich glaube, es gibt in der Zweiten Republik sehr wenige Gesetze, die so umfassenden Charakter haben und doch in solch sparsamer Form die Zukunft regeln.

Es ist allerdings auch festzustellen, dass die Übergangsbestimmungen einen erheb­lichen Aufwand erfordern. Sie können sich das bildlich vorstellen: Wenn Sie auf zehn verschiedenen Wegen ein gemeinsames Ziel anstreben, so sind diese Wege meistens sehr verschlungen, sehr unterschiedlich in der Länge und sehr unterschiedlich in der Ausgestaltung. Und so ist das auch bei der Pensionsharmonisierung. Wir gehen von standespolitisch geprägten Gesetzen aus, die zu einem einfachen und gemeinsamen System zusammenzuführen sind. Demzufolge gestaltet sich auch die Übergangsphase entsprechend schwierig. Wir müssen die unterschiedlichen Systeme in ein gemein­sames System verfassungskonform und zukunftsträchtig zusammenzuführen.

Herr Abgeordneter! Ich hoffe, ich habe Ihre Frage für die junge Generation, aber darüber hinaus auch für die anderen Generationen ausreichend beantwortet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das werden wir gleich sehen, Herr Minister, denn ich frage den Herrn Abgeordneten, ob er eine Zusatzfrage hat. – Er hat eine. Bitte.

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Bundesminister! Ihre Erläuterungen waren sehr ausführlich, aber ein Hauptgrund für die notwendigen Reformen im Bereich der Pensionen ist ja die demographische Entwicklung.

Meine Zusatzfrage lautet: Wie entwickelt sich das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Pensionsempfängern in den nächsten Jahren beziehungsweise Jahrzehnten?

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber ausführlich, bitte!)

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist nicht nur das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Pensionisten, das hier in Frage steht, sondern es ist auch eine Frage des Anteils der arbeitsfähigen Gruppe am Wirtschaftsprozess. Und hier haben wir in Österreich gerade für die arbeitsfähige Gruppe der über 55-Jährigen einen deutlichen Nachholbedarf im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern.

Ich habe seinerzeit die Barcelona-Ziele mit unterzeichnet, und ich denke, dass wir diese bis zum Jahr 2010 erreichen können. Nach dem Jahr 2010 ist eine Weiter­entwicklung der Barcelona-Ziele in Österreich auf Grund des nach wie vor früheren Antrittsalters für Frauen bis zum Jahr 2024 nur sehr schwer möglich. Sie können sich vorstellen: Wenn 40 Prozent des österreichischen Arbeitsmarktes mit 60 Jahren in Zukunft in Pension gehen können, wird es sehr schwer möglich sein, bei den über 60-Jährigen mehr als 60 Prozent Beschäftigung zu erreichen.

Die Barcelona-Ziele mit 53 Prozent halte ich für noch erreichbar, darüber liegende Ziele halte ich so lange für nicht ausbaufähig, solange die Verfassungslage – konsensual – für die Frauen so ist. Ich kann einfach nicht erkennen, dass dann, wenn 40 Prozent der Arbeitsfähigen und Arbeitstätigen in Österreich nach wie vor mit 60 in die Regelpension gehen können, das Benchmark in dieser Gruppe in Österreich ver­gleichbar ist mit jenen in den anderen Ländern in Europa, wo für Frauen und Männer ein deutlich höheres gleiches Pensionsantrittsalter gilt.

Ich meine, dass auch nicht übersehen werden darf, dass auch die längere Aus­bildungsdauer in Österreich für die Pensionsversicherung ins Gewicht fällt. Als die Pensionsversicherung eingeführt wurde, hatten wir ein durchschnittliches Eintrittsalter in die Arbeitswelt von knapp über 18 Jahren, heute haben wir ein Eintrittsalter in die Arbeitswelt von knapp über 21 Jahren. – Das ist eine Auswirkung der erwünschten Akademisierung unserer Gesellschaft. Das ist auch eine erwünschte Nebenwirkung der hohen Zahl an Maturitätsbefunden. 51 Prozent aller Mädchen und 48 Prozent aller Männer in Österreich schließen die Sekundarschule mit Matura ab. Das heißt, die Ver­kürzung der Beitragsphase durch eine längere Ausbildung ist bei den Berechnungen mit zu berücksichtigen.

Es gibt einzelne Berufsgruppen, wo das Verhältnis zwischen Berufstätigen und Pen­sionisten heute schon ein umgekehrt proportionales ist. Eine typische Berufsgruppe für diesen Bereich sind etwa die Bauern. Schon heute muss ein aktiver Bauer mehr als 1,12 Pensionisten erhalten. Diese Zahl wird in den nächsten Jahren steigen; Kollege Donabauer hat das richtig erkannt.

Es gibt aber auch eine andere Reihe von sterbenden Berufen, die in ihrer gesell­schaftlichen Bedeutung an Wert verlieren und für deren Pensionen die nachkom­menden Generationen eine deutliche Last zu tragen haben. Eine solche Berufsgruppe ist auch die des österreichischen Bergbaus. Es gibt heute nur mehr knapp 4 000 Per­sonen, die aktiv in die Regelungen des Knappschaftssoldes fallen, während es insge­samt etwa 53 000 Versicherte in dieser Versicherungsanstalt gibt – der überwiegende Teil schon Pensionisten.

Man sieht an diesen einzelnen Gruppen, welche Schwierigkeiten es macht, wenn eine sinkende Beschäftigtenzahl einer immer größer werdenden oder zumindest gleich bleibenden Pensionistengruppe gegenübersteht. In der Gesamtpopulation Österreichs sieht das so aus, dass sich das Verhältnis von 1 000 : 463 verändern wird auf 1 000 Personen in Beschäftigung : 768 bis 800 Pensionisten in den Jahren 2020 bis 2030.


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All diese Zahlen sind aber auch davon abhängig, wie die Geburtenrate in den nächsten Jahren ausfallen wird. Wenn die Geburtenrate weiterhin so niedrig bleibt, wie sie heute ist – 78 000 bis 79 000 –, werden diese Zahlen zutreffend sein, wenn die Geburtenrate wieder ansteigt, werden sich diese Zahlen ändern.

Daher: Das sind keine endgültigen Befunde, sondern nur gesellschaftliche Schätzun­gen, die man ernst zu nehmen hat, die aber nicht punktgenau so eintreffen müssen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister! Wir haben jetzt noch drei Zusatz­fragen. Ich hoffe, wir werden bis zum Ende der Fragestunde mit der Beantwortung fertig. In der Geschäftsordnung, darf ich nur sagen, heißt es: „Die Beantwortung hat so kurz und konkret zu erfolgen, wie es die Anfrage zulässt.“ Jetzt sind das natürlich sehr wichtige Fragen, ich weiß das, und es steht Ihnen frei, so lange zu antworten, wie Sie wollen.

Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lichtenegger, bitte.

 


Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Diese ge­rechte und faire Pensionsreform, mit der wir Jungen sehr zufrieden sind, ist eigentlich, kann man sagen, eine Pensionssicherungsreform. Warum ist das so, Herr Minister?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es wurde schon in der Vergangenheit mehrfach der Versuch unternommen, durch eine grundsätzliche Ände­rung des Pensionssystems auch eine Pensionssicherungsreform über Jahre vorzu­nehmen. Der deutlichste Anlauf dazu erfolgte im Jahr 1995 unter dem deutschen Experten Rürup, der aber dann in der Umsetzung an wichtigen Punkten, die Rürup richtigerweise für die Zukunft und für die Sicherung der Pensionen vorgeschlagen hat, in der parlamentarischen Debatte, aber auch in der Debatte innerhalb der Bundes­regierung abgeschwächt und verwässert worden ist, sodass von einer langfristigen Sicherung über das Jahr 2030 hinaus keine Rede mehr sein konnte.

Ich denke, dass es richtig, notwendig und wichtig war, diese Pensionsharmonisierung und Pensionssicherungsreform jetzt anzugehen und mit langen Übergangsfristen eine möglichst harmonische Zusammenführung der unterschiedlichen Pensionssysteme zu einem einheitlichen neuen Pensionssystem zu garantieren, es gleichzeitig durch die langen Übergangsfristen den betroffenen Jahrgängen zu ermöglichen, entsprechend zu reagieren, um ihre Vorstellungen die Pension betreffend auch tatsächlich ver­wirklichen zu können, und jenen, die über 50 sind, mit der Abmilderung durch die Deckelungen aus der Pensionsreform 2003 einen Teil ihres Geldes rückzuerstatten und zukünftig auch höhere Pensionen ausbezahlen zu können. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erlauben nunmehr mehr Großzügigkeit als die ursprünglichen Prognosen und Annahmen.

Ich halte es für wichtig, um die Pensionssicherung für die Zukunft tatsächlich zu gewährleisten, dass das von der Bundesregierung vorgesehene Ziel der dreijährigen Überprüfung der Pensionsreform nach den wirtschaftlichen Kriterien, nach den demoskopischen Kriterien, nach den Einkommenskriterien und nach den sonstigen im Gesetz festgehaltenen Kriterien auch tatsächlich verfolgt wird, um der jungen Gene­ration die Sicherheit zu geben, eine ausreichende, für sie tragfähige Pension zu erhalten, und den in Pension Befindlichen die Angst zu nehmen, in der Pension zu verarmen, was heute ja tatsächlich viele in der österreichischen Gesellschaft be­fürchten, wie man am Ausmaß des Angstsparens in den jüngsten Berichten der österreichischen Banken durchaus erkennen kann.


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Ich glaube, dass diese Reform tatsächlich den Namen Sicherungsreform verdient. Es hätte mir und auch den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und der österreichischen Bevölkerung insgesamt gut getan, wenn dieses Ziel bereits mit der Reform 1995/1997, so wie es von Rürup vorgeschlagen worden ist, angegangen worden wäre. Wir haben neun wertvolle Jahre verloren, und daher sind manche dieser Harmonisierungsschritte drastischer ausgefallen, als sie es noch vor neun Jahren hätten sein müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Abgeord­nete Mandak gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben die Pensionsreform mit guten Begründungen abgelehnt. Herr Kollege Wöginger hat offen­sichtlich keine Ahnung von der Pensionsreform (Zwischenrufe bei der ÖVP), weshalb sonst hat er Sie heute gefragt, warum sie so fair und gerecht sei, und Herr Kollege Lichtenegger wollte von Ihnen wissen, warum das eine Pensionssicherungsreform sei.

Meine Frage an Sie lautet daher: Haben Sie die Abgeordneten von den Regierungs­parteien, bevor sie über die Pensionsreform abgestimmt haben, nicht darüber informiert, was überhaupt der Inhalt dieses Gesetzes ist? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich weiß vom Kollegen Wöginger aus mehreren Debatten, die wir auch im ÖVP-Klub geführt haben, dass er über die Pensionsreform ausgezeichnet Bescheid weiß. Als oberösterreichischer Man­datar war er auch Tag und Nacht unterwegs, um den Menschen dort sehr viele Ängste, die geschürt wurden, zu nehmen. Man hat in die Pensionsreform Dinge hineinge­heimnisst, die tatsächlich so nicht drinnen stehen.

Ich bin mir sicher, dass auch Kollege Lichtenegger sich in seiner/meiner Fraktion über die Pensionsreform ausreichend kundig gemacht hat.

Ich bin beiden dankbar dafür, dass sie mir heute durch ihre Fragen Fernsehzeit ein­geräumt haben, um den Zuseherinnen und Zusehern vor dem Bildschirm ausführlich zu antworten und die tatsächlichen Gegebenheiten der Pensionsreform zu schildern.

Frau Kollegin Mandak, wie Sie in Ihrer Fraktion das gehalten haben, weiß ich nicht. Ich bin mir sicher, dass manche immer wiederkehrenden Behauptungen, die die Frauen mit Familienleistungen als Verlierer darstellen, in dieser Pensionsreform mit Sicherheit nicht zu finden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer letzten Zusatzfrage hat sich Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich entnehme der Austria Presseagentur, dass der österreichische Innenminister heute um 11 Uhr zurücktreten wird. Ich frage Sie daher, ob Sie meine Einschätzung teilen, dass das einerseits wegen seiner verfehlten Asylpolitik geschieht und andererseits – um den Bezug zu meinem Bereich herzustellen – auch wegen der verfehlten Gender-Main­streaming-Politik im Innenministerium? (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Frau Kollegin! Sie sind lange genug im Parlament, um zu wissen, dass in der Fragestunde nur Bereiche der eigenen Vollziehung behandelt


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werden können. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass ich seit vier Jahren Minister bin und es oft vor der Weihnachtszeit Rücktrittsgerüchte um meine Person gegeben hat, die immer falsch waren. Ich meine daher, Frau Abgeordnete, Sie sollten diese Frage sinnvollerweise an den Apostrophierten in Ihrer Frage richten, nämlich an den Herrn Innenminister, und an niemanden sonst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit sind alle für die heutige Fragestunde vorge­sehenen Anfragen behandelt.

Die Fragestunde ist beendet.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 2171/AB bis 2174/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe (779 d.B.);

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz, das Versicherungsaufsichts­ge­setz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Erb­schafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Betriebspensionsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (707 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 483/A (E) der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutzzonen rund um Abtreibungskliniken“;

Justizausschuss:

Antrag 484/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsumentenschutz-Maßnahmen im Zuge der Verwendung von RFID (Radio Frequency Identification)-Systemen;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 485/A (E) der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der EU-Zuckermarktordnung;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 487/A (E) der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des Unterrichtsgegenstandes „Leibesübungen“ in „Bewe­gung und Sport“;


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Verfassungsausschuss:

Gesetzesantrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen vom 2. De­zem­ber 2004 betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (769 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Antrag 486/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine qualitativ hochwertige flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen;

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 488/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförde­rungsgesetz 1992 geändert wird.

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2160/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwortung 2160/AB der Anfrage 2182/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend AGES – Schließung der bakteriologisch-serolo­gischen Geschäftsstelle in Linz durch die Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a der Geschäftsordnung spätestens um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 4, 5 bis 10, 11 bis 21, 22 bis 25, 26 und 27, 29 bis 31, 33 bis 35, 36 und 37 sowie 38 und 39 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 175 Minuten, Freiheitliche 120 sowie Grüne 130 Minuten, wobei die unten angeführten Redezeiten der Fraktionen in die vereinbarten 10 „Wiener Stunden“ eingerechnet werden.

Hinsichtlich der Gestaltung und Dauer der gemeinsamen Debatte zu den Punkten 1 bis 4 wurde für die Zeit von zirka 10 Uhr bis 13 Uhr, die vom ORF übertragen wird, folgende Vereinbarung getroffen:

Für die Debatte zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2, die in der Zeit von zirka 10 Uhr bis 11.30 Uhr stattfinden wird, wird folgende Redeordnung festgelegt: zunächst


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je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 8 Minuten, anschließend ein Regierungs­mitglied mit 10 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten, in weiterer Folge ein Regierungsmitglied mit 8 Minuten und schließlich je eine Wort­meldung pro Fraktion mit je 5 Minuten.

Anschließend findet in der Zeit von 11.30 Uhr bis 13 Uhr die Debatte zu den Tages­ordnungspunkten 3 und 4 mit folgender Redeordnung statt: je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 8 Minuten, anschließend ein Regierungsmitglied mit 10 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten, in weiterer Folge ein Regie­rungsmitglied mit 8 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten.

Nach 13 Uhr wird die Debatte in der Weise weitergeführt, dass es jedem Abgeordneten frei steht, jenen Verhandlungsgegenstand zu wählen, zu welchem er sprechen möchte. Danach, wenn die Rednerliste zu diesen Tagesordnungspunkten erschöpft ist, kom­men die Abstimmungen zu den Punkten 1, 2, 3 und 4 der Tagesordnung.

Das ist der Vorschlag der Präsidialkonferenz, über den das Hohe Haus entscheidet.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem sehr kunstvoll ausgearbeiteten Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Kunst wird anerkannt. Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen daher so vor.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (703 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungs­ge­setz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 3. SVÄG 2004) (776 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (512 d.B.): Bundesgesetz zum Schutz vor gefährlichen Produkten (Produkt­sicherheitsgesetz 2004 – PSG 2004) (777 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den An­trag 465/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hoch­schülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (764 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 380/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungsoffensive für wissenschaftliche Alternativ­metho­den zum Tierversuch (765 d.B.)

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die ersten beiden Vorlagen werden in der ersten Hälfe des Vormittags diskutiert, die beiden weiteren Vorlagen danach.

Bei allen vier Tagesordnungspunkten wurde auf eine mündliche Berichterstattung ver­zichtet, wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer; seine Redezeit beträgt 8 Minuten.

Ich bitte die Damen und Herren des Hohen Hauses noch einmal, dem Redner nicht den Rücken zuzuwenden!

Bitte, Herr Kollege.

 


10.01

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­desregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Diskussion über die Reform des Hauptverbandes ist die Konsequenz des Dauerkonflikts dieser österreichischen Bundesregierung mit der österreichischen Verfassung. Wir diskutieren das heute deswegen, weil der Verfassungsgerichtshof die alten Reformen des Haupt­verbandes aufgehoben hat, die im Wesentlichen nur eines zum Ziel hatten: die Machtverhältnisse dort so zu verändern, dass eine Privatisierung des österreichischen Gesundheitssystems leichter möglich ist.

Das, was heute vorliegt, setzt den bisherigen Bestrebungen die Krone auf, denn der künftige Hauptverband wird im Wesentlichen durch zwei Charakteristika bestimmt: Erstens, dieser Hauptverband wird zu 100 Prozent in den Einflussbereich der ÖVP wandern, also eingeschwärzt; und zweitens werden in diesem Hauptverband die Ver­treter von 300 000 Unternehmen die Vertreter von 3 Millionen Arbeitnehmern, sprich von Arbeitern und Angestellten, majorisieren können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das hat mit einer demokratischen Struktur überhaupt nichts mehr zu tun! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn schon in der Demokratie gilt: ein Mensch – eine Stimme, wieso soll das dann im Hauptverband nicht gelten? Warum zählt die Stimme eines Unternehmervertreters zehn Mal soviel wie die Stimme eines Arbeitnehmervertreters? (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) – Herrn Stummvoll ist das recht (Abg. Dr. Stummvoll: Nein!), denn der will schon lange solche Verhältnisse haben. Das ist nämlich sein Demo­kratieverständnis, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ellmauer: Können Sie nicht einmal sachlich bleiben?!)

In Wirklichkeit ordnet sich ja diese Veränderung im Hauptverband in das Gesamt­konzept des Demokratieabbaus von Seiten der ÖVP ein. Wir haben ja heute nicht nur den Hauptverband auf der Tagesordnung, sondern auch eine Änderung des ÖH-Gesetzes. Und was dort passiert, ist ziemlich klar: Das erste Mal in der Geschichte wird die Direktwahl zu einer österreichweiten Vertretung abgeschafft – das erste Mal in der Geschichte der Zweiten Republik!

Damit ist klar: Mit dieser Veränderung des Hauptverbandes und mit der Änderung des ÖH-Gesetzes setzt die ÖVP ihren Demokratieabbau fort. Und das ist schädlich für unser Land, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es gibt ja eine ganze Liste von Institutionen, die anzuführen wäre, die die ÖVP sich in ihrem Machtrausch in den letzten vier Jahren versucht hat, unter den Nagel zu reißen.


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Aber niemals zuvor wurde derart drastisch vorgegangen wie jetzt. Man muss sich vorstellen, die studentische Selbstverwaltung, die ÖH und die Direktwahl, wurden zu einem Zeitpunkt geschaffen, als es Mehrheitsverhältnisse des RFS, der ÖVP-Studen­ten gab. Jahrzehnte hindurch hat das weder sozialdemokratisch geführte Regierungen noch sozialdemokratische Alleinregierungen gestört, es war ein normales demokra­tisches Prinzip. Jetzt gibt es zum ersten Mal im Zentralausschuss eine Mehrheit von Rot und Grün, und was macht die ÖVP – und mit ihr als Steigbügelhalter die FPÖ? – Sie ändern das Wahlrecht so, dass bei gleich bleibenden Stimmergebnissen in Zukunft eine schwarze Mehrheit vorhanden ist.

Wenn man demokratische Gesetze einmal so missbraucht, dass man Wahlergebnisse uminterpretieren kann, dass in Zukunft andere Ergebnisse herauskommen, dann, Herr Molterer, ist das ein ganz massiver Demokratieabbau, den Sie hier zu verantworten haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was dadurch zum Ausdruck kommt, ist eine Gesinnungsfrage. Wir haben in den letzten Wochen mehreres erlebt. Als es die Debatte über die Pensionsreform gab und die Arbeiterkammer auf Punkt und Beistrich vorgerechnet hat, welche dramatischen Auswirkungen die Pensionsreform für die Betroffenen hat, hat die Regierung gesagt: „Rote Gräuelpropaganda!“

Es hat sich herausgestellt, dass alle Rechnungen gestimmt haben (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Nein!), das Sozialministerium hat das bestätigen müssen. Und was war die Reaktion von Seiten der Regierung? – Man muss die Arbeiterkammer in ihren Möglichkeiten beschneiden, man muss die Beiträge einfrieren oder senken. Alles nach demselben Muster: Wer in Österreich qualifiziert Kritik an dieser Regierung übt, soll in seinen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden! – Das ist ein unwürdiges Vorgehen knapp vor dem Beginn eines Jubiläumsjahres, in dem die Wiedererstehung der Demokratie in unserem Land gefeiert werden soll. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher ist der heutige Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich ein trauriger Tag für das Parlament, denn der heutige Tag ist zusammenzufassen als „Tag des Demokratieabbaus“. Das, was Sie heute hier in zwei Schritten vollziehen – erstens beim Hauptverband, zweitens beim ÖH-Gesetz, als zwei konkrete Ausdrucksformen Ihrer Gesinnung, Ihrer Haltung, die Sie in vielen Beispielen in den letzten Wochen an den Tag gelegt haben –, führt dazu, dass man den heutigen Tag als den „Tag des Demokratieabbaus“ bezeichnen muss.

Es ist des österreichischen Parlaments nicht würdig, 60 Jahre nach der Gründung der Zweiten Republik, in der immer wieder darüber diskutiert wurde, wie man die Demo­kratie ausbauen, wie man sie verbessern, wie man die Teilnahmemöglichkeiten der Bürger verbessern kann, heute herzugehen, kurz, bevor das Jubiläumsjahr beginnt, und einen massiven Demokratieabbau zu betreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist Zeit, dass Ihr Machtrausch beendet wird, dass Ihre brutale Machtpolitik (Abg. Steibl: Was ist das für eine Sprache?! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), die auch vor der Änderung von Gesetzen nicht Halt macht, dass diese Machtpolitik beendet wird. Bei den nächsten Wahlen werden Ihnen die Menschen die Rechnung dafür präsentieren. Es ist an der Zeit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Sie sich schon von der Opposition und von vielen Experten und Journalisten nicht ins Gewissen reden lassen wollen, dann lesen Sie doch zum Beispiel die Aus­sagen des früheren Präsidenten Heinrich Neisser über den Umgang der ÖVP mit dem Rechtsstaat, den Umgang der ÖVP mit rechtsstaatlichen Traditionen nach! (Abg. Großruck: Lesen Sie die Aussagen des Herrn Dr. Androsch, was der über Sie sagt!) –


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Ich weiß, dass Sie mit Aussagen wie jenen des Herrn Neisser nichts anfangen können, denn bei Ihnen ist offensichtlich auch jede Einrede eines ÖVPlers, der Sie vor dem Demokratieabbau warnt, an der völlig falschen Adresse. Es entlarvt in Wirklichkeit Sie (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), wenn Sie nicht einmal auf die war­nenden Stimmen aus den eigenen Reihen hören.

Stoppen Sie diesen Demokratieabbau, meine Damen und Herren, bevor es zu spät ist! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindeleg­ger. 8 Minuten Redezeit. (Abg. Großruck: So, jetzt kommt wieder Seriosität hinein!)

 


10.10

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin Rauch-Kallat! Geschätzte Damen und Herren! Da kann man sich ein gutes Bild darüber machen, welchen Zugang die Sozialdemokratie zu Problemen dieses Landes hat und welchen Zugang die Regierungsparteien haben. Kollege Gusenbauer zählt zunächst einmal, wenn es um die Reform des Hauptverbandes geht, die Zahl der Köpfe von Sozialdemokraten in Gremien – das ist sein Zugang, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.) Unser Zugang ist, den Hauptverband so zu gestalten, dass das Wohl der Versicherten bestmöglich vertreten wird. Das ist der Unterschied, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir uns Kollegen Gusenbauer, „Mister 88 Prozent“, und seinen Zugang über­haupt zu Fragen der Demokratie ansehen, müssen wir festhalten: Wenn Gusenbauer nicht rot sieht, dann ist offenbar die Demokratie in Gefahr. Meine Damen und Herren! Das kann doch nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie verwechseln hier anscheinend Demokratie mit Sozialdemokratie, aber da besteht Gott sei Dank ein großer Unterschied.

Meine Damen und Herren! Uns geht es darum, hier eine Struktur für den Hauptverband vorzusehen, die verfassungskonform ist – selbstverständlich; es gab hier eine Auf­hebung, das müssen wir berücksichtigen, reparieren –, aber gleichzeitig auch auf Effi­zienz und Kostenbewusstsein zu schauen. Wir müssen aber nicht nur das, was der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat, in eine neue Struktur gießen, sondern bei dieser Struktur sehr wohl auch darauf Rücksicht nehmen, welche Grundsätze wir verfolgen.

Das, was nunmehr vorliegt, zeigt, dass wir künftig sehr wohl mit einer sehr effizienten Struktur Sozialverwaltung betreiben können. Wir haben künftig statt fünf Gremien zwei Gremien, die Entscheidungen treffen (Zwischenruf des Abg. Öllinger), die Träger­organisationen, die in der neuen Trägerkonferenz sitzen werden. Dort sind alle Sozial­versicherungsträger mit dem Obmann und dem Obmannstellvertreter vertreten, meine Damen und Herren. (Abg. Keck: Das stimmt nicht!)

Ich meine, dass es wesentlich ist, welche Aufgaben eine solche Trägerkonferenz hat, und diesbezüglich haben wir neue Schwerpunkte gesetzt. Sie soll nicht wie die bis­herige Hauptversammlung ein Debattierklub sein – ich sage das einmal überspitzt so –, sondern sie soll sehr wohl mit Rechten ausgestattet sein: mit dem Budgetrecht, das heißt mit dem Recht, einen Jahresvoranschlag zu beschließen, einen Rechnungs­abschluss zu beschließen, dem Verbandsvorstand die Entlastung zu erteilen oder auch nicht, den Verbandsvorstand selbst zu bestellen, eine Richtlinienkompetenz zu haben! All das sind neue Aufgaben, die einer Trägerkonferenz würdig sind, meine Damen und Herren. Und das ist ein wesentlicher Fortschritt gegenüber bisher. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Wir haben zweitens einen Verbandsvorstand, der sich künftig auf genau das zu kon­zentrieren hat, was ein Vorstand tut: Er hat das Management zu bestellen, die Ver­tretung nach außen wahrzunehmen, er hat generell alles, was in diesem Haupt­verband wichtig ist und nicht der Trägerkonferenz vorbehalten ist, zu erledigen.

Der Verbandsvorstand ist schlanker als bisher, er ist aber nach wie vor paritätisch aufgeteilt zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern, und das ist auch ein wichtiger Grundsatz. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.)

Meine Damen und Herren! Wir gehen daher in dieser Richtung nach wie vor nach dem Grundsatz der Selbstverwaltung vor. Ich halte das für richtig. Da gibt es andere Dis­kussionen darüber: Es ist zum Beispiel zu Recht auch die Frage zu stellen, inwieweit der Hauptverband bisher richtig strukturiert war. Ich glaube aber, dass man dem Grundsatz der Selbstverwaltung Rechnung tragen muss, weil damit einerseits die Nähe zu den Versicherten gewährleistet ist und andererseits auch die Nähe zur Praxis, schließlich sitzen ja in der Trägerkonferenz all die Funktionäre der einzelnen Sozial­versicherungsträger, die gewährleisten, dass im Hauptverband praxisnahe Politik gemacht wird.

Geschätzte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich weiß schon, dass Sie einen anderen Zugang haben, dass Sie lieber etwas anderes in den Mittelpunkt stellen würden, aber ich darf für meine Fraktion festhalten: Uns ist das Wohl der Versicherten und uns ist eine effiziente und kostenbewusste Organisationsform wichtiger als die Zahl von Köpfen nach einer Farbenlehre. – Das können Sie sich in Ihr Stammbuch schreiben, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte auf etwas anderes eingehen, das zeigt, wie faszinierend Zukunfts­ge­staltung auch im Rahmen dieses Reformvorhabens ist. Wir haben in diesem 3. So­zialversicherungs-Änderungsgesetz auch Grundlagen gelegt für den Betrieb eines neuen Forschungszentrums, das auch zur Behandlung von Krebspatienten entschei­dende Beiträge leisten wird.

Es geht um das Projekt MedAustron. Fünf Standorte in ganz Europa soll es geben, die künftig eine Behandlung von Krebspatienten mit einer Punktbestrahlung gewähr­leisten können, die vielen das Überleben sichern kann. Ich meine, dass wir als Öster­reicher stolz und froh sein können, dass eines dieser Projekte in Österreich stationiert wird, nämlich in Wiener Neustadt in Niederösterreich, und dass es damit in Zukunft möglich sein wird, den Menschen besser, aber auch mit medizinischem Fortschritt ausgestattet zu helfen.

Das ist faszinierende Zukunftsgestaltung. Mit diesem Gesetz werden Grundlagen gelegt, und darüber freuen wir uns! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf bei dieser Gelegenheit festhalten, dass das auch wirtschaftliche Effekte haben wird. Das IHS hat uns eine Studie vorgelegt, die besagt, dass damit, hoch gerechnet auf einen 15-jährigen Betriebszeitraum, 320 Millionen € Wertschöpfung in Österreich verbunden sind. Wir Österreicher, Niederösterreicher, sollten uns alle darüber freuen, dass das möglich wird.

Ich denke daher, das sind substantielle Fortschritte in die Richtung, wie wir mit einem Sozialrechtsänderungsgesetz nicht nur Vorgaben eines Erkenntnisses des Verfas­sungsgerichtshofes entsprechen können, sondern auch eine faszinierende Zukunfts­gestaltung im Interesse und zum Wohle der Patienten durchführen können.

Geschätzte Damen und Herren! Ich darf daher für meine Fraktion noch einmal festhalten: Uns geht es nicht um die Farbenlehre (ironische Heiterkeit und Zwischen­rufe bei der SPÖ), uns geht es um effiziente Strukturen. Ich weiß, dass Sie das mit


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einem Lächeln quittieren, weil Sie es anders sehen, meine Damen und Herren von der Opposition! Aber das macht eben den Unterschied aus, und ich halte das für einen wesentlichen Qualitätsunterschied zwischen Ihnen und uns. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Mit dieser neuen Struktur wird der Hauptverband auch arbeiten können im Sinne einer effizienten Struktur, im Sinne von Kostenbewusstsein. Und ich erwarte mir, dass sich alle Versicherungsvertreter, die von den Trägerorganisationen entsendet werden, die­sen Grundsätzen auch unterziehen, denn, meine Damen und Herren, es geht nicht um eine Spielwiese für politische Auseinandersetzung, es geht nicht darum, dass man Gewerkschaftsfunktionären eine Auftrittsmöglichkeit verschafft (Abg. Mag. Lapp: Wo bleiben die Versicherten?), sondern es geht schlicht und einfach darum, wie wir für die Patienten, wie wir für die Versicherten in Österreich bestmögliche Sicherheit in der Versorgung gewährleisten können.

Wir glauben, dass das mit diesem Vorhaben gelingen wird und werden Ihrer Farben­lehre auch in Zukunft keine Beachtung schenken, geschätzte Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Auch seine Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Parnigoni: Der Strasser weiß, dass die Regierung nicht mehr lange im Amt ist, darum ist er zurückgetreten!)

 


10.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Einen schönen guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Rufe: Guten Morgen!) Heute ist Großfärbetag – es wird umgefärbt: der Hauptverband, die Hochschülerschaft. Und damit es noch mehr zum Umfärben gibt, werden Gesundheitsagenturen und Gesundheitsplattformen in den Ländern geschaffen, damit auch dort schwarz hineinkommen und die Farbe heraus­kommen kann. (Abg. Kößl: Das glaubst du ja selber nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie lachen, aber das, was sich in dieser Re­publik tut, ist eigentlich nicht zum Lachen! Das, was in den letzten vier Jahren bereits umgefärbt worden ist, müssen Sie sich nur einmal annähernd vorstellen (Abg. Kößl: Das war zuerst alles rot!): Austrian Research Centers in Seibersdorf, Austro Control, AUA, Asfinag, Austria Center, aws – das Austria Wirtschaftsservice –, die Bundes­immobiliengesellschaft, die Bundestheater-Holding, die BUWOG, die Brenner Eisen­bahngesellschaft, die Bundesbeschaffungsagentur, Graz-Köflacher Eisenbahn GmbH, Hochleistungs AG, Hauptverband, Hochschülerschaft, Ministerien, Nationalbank, ÖBB, ÖIAG, Pensionsversicherungsanstalt, Post, Postbus, Polizei und Gendarmerie (Abg. Kößl: Das ist ein Blödsinn! Das ist ja ein kompletter Schwachsinn!), Rechnungshof, Uniräte, Theaterservice, Telekom, Verbund, Voest. Und damit noch immer nicht genug: Ernährungsagentur (Ruf bei der SPÖ: ORF!) – ist schon umgefärbt –; Buchhal­tungsagentur, Gesundheitsagentur, Gesundheitsplattformen – das steht alles auf dem Tapet.

Reicht Ihnen das? – Das reicht Ihnen noch nicht! (Abg. Kößl: Das ist eine populistische Aussage!) Es muss in dieser Republik offensichtlich alles schwarz werden. Das kann doch nicht Ihre Vorstellung von Demokratie sein, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Oder ist es wirklich schon so weit, dass Sie nur mehr dann einigermaßen zufrieden sind, wenn alles schwarz eingefärbt ist?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierung Schüssel zwingt Farbe raus und Schwarz rein, könnte man in Abwandlung einer Waschmittelwerbung sagen. Aber: Es ist nicht gut für die Republik! Es ist nicht gut, was Sie in Bezug auf den Haupt-


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verband jetzt wieder machen wollen und was Sie schon in den vergangenen Jahren gemacht haben. Ich nehme hier in erster Linie einmal nur zum Hauptverband Stellung.

Erinnern Sie sich an 2000, da gab es nur ein Thema: Im Hauptverband passt alles nicht. Da gab es einen Spitzenfunktionär im Hauptverband, das war damals Herr Sallmutter, der wollte einen starken Hauptverband – und er wollte Beitragserhöhungen nicht ausschließen! Da haben Sie gesagt: Was? Da gibt es jemanden, der Beitragserhöhungen haben will? Der muss weg! Mit allen Mitteln muss der weg, denn Beitragserhöhungen kommen für uns nicht in Frage.

Dann haben Sie es geschafft. Sie haben im Rahmen dieser verfassungswidrigen Reform eine Bestimmung eingeführt, die vorgesehen hat – und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, dass leitende Funktionäre kollektivvertragsfähiger Kör­perschaften und Vereine, auch wenn sie die Kollektivvertragsfähigkeit in fremdem Namen ausüben, nicht Mitglieder dieses Führungsgremiums im Hauptverband sein dürfen. Das wäre ungefähr so, als ob Sie festgelegt hätten, dass jemand, der brünette Haare hat, nicht Mitglied im Führungsgremium sein darf. Und der Verfassungs­gerichtshof hat Ihnen zu Recht – völlig zu Recht! – diese Bestimmung als verfas­sungswidrig aufgehoben.

Sie haben gewusst, dass diese Bestimmung verfassungswidrig ist. Und das ist ja der besondere Zynismus in dieser Angelegenheit. Sie haben von Anfang an gewusst, dass Sie hier etwas fordern und im Gesetz verankern, was nicht wird halten können. Trotzdem: Wir machen es, denn es geht doch nur um eines: den Sallmutter weg­zubekommen! – Gut. Der Sallmutter war weg. Hauptverband neu!

Dann gibt es ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das Ihnen gewisse Prob­leme bereitet hat. Was tun Sie? – Nachdem es vorher, also im Hauptverband 2001, 2002 und 2003, noch immer keine rein schwarze Mehrheit gegeben hat, sondern unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Konstellationen Rot und Blau eine Mehrheit erzielen konnten, haben Sie gesagt: Es muss ausgeschlossen werden, dass wir in Zukunft, falls jemals wieder Rot und Blau in einer Frage – in der Frage Wiener Gebietskrankenkasse war das – zusammenspannen, in der Minderheit bleiben. Und das haben Sie auch erreicht.

Jetzt schaffen Sie eine Hauptverbandsreform, die mit 7 : 5 eine absolute Mehrheit für die ÖVP im Spitzengremium garantiert. Das ist Ihre Vorstellung von Demokratie?

Ich erinnere Sie daran, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, womit Sie im Jahr 2000 ausgezogen sind: Wir Grüne waren mit der alten Struktur des Haupt­verbandes nicht einverstanden, Kollege Donabauer weiß es. Wir haben die Struktur, die es vorher gegeben hat, immer wieder kritisiert. Sie ist uns zu wenig demokratisch gewesen. Mit uns hätten Sie über das reden können, was Sie in diesem Regierungs­programm stehen gehabt haben, nämlich eine direkte Wahl der Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter in den Sozialversicherungsträgern. Aber die direkte Wahl haben Sie nie tatsächlich in Erwägung gezogen. Das wollten Sie nicht! Sie wollten umfärben, einfärben, das war Ihr einziges Bestreben.

Darum haben Sie diesen Passus Ihres Regierungsprogramms aus dem Jahr 2000 sofort wieder entsorgt. Im Regierungsprogramm von 2003 kommt das nicht mehr vor, denn: Kommt doch gar nicht in die Tüte, dass wir irgendwo etwas wählen lassen. Wenn, dann muss es so sein, dass wir, die ÖVP, auf jeden Fall die absolute Mehrheit haben. – Das ist die Direktive, die Sie überall durchziehen.

Entschuldigung, Herr Sozialminister! Was Sie als Sozialminister dabei machen, das ist ja nichts anderes als Sekretariatsarbeiten für den Herrn Schüssel. Die Schreibstube des Bundeskanzlers ist das Sozialministerium geworden. Sozialminister Haupt, ur-


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sprüng­lich nicht einverstanden mit der Reform, die 2001 gemacht wurde – letztendlich hat er sich überreden lassen –, macht auch jetzt die Reform 2003, obwohl die FPÖ in den Gremien dann nur mehr in Spurenelementen vertreten ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Spurenelemente sind sehr wichtig! Das wissen Sie ja!) Na soll sein, Hauptsache, die ÖVP setzt sich durch. Das ist inzwischen das Überlebenskonzept der Freiheitlichen geworden, nämlich der ÖVP in allen Gremien und allen Einrichtungen zur absoluten Mehrheit zu verhelfen.

Das tut aber der Demokratie nicht gut, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sollten Sie auch wissen. Es ist demokratieschädlich, wenn Sie den Hauptverband umfärben. Es ist demokratieschädlich, wenn Sie die Hochschülerschaft, nur weil sie einmal eine andere Mehrheit hat, umfärben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch noch nicht aller Tage Abend. Der damalige Klubobmann ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Den Schlusssatz bitte, Herr Kollege!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... der ÖVP, Andreas Khol, hat gesagt, wir sind mit unserer Koalition auf dem „Marsch durch die Wüste Gobi“. – Die Wählerinnen und Wähler werden Sie wieder in die Wüste schicken! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Auch seine Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


10.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Das Kernstück der Novelle des 3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2004 ist sicherlich die Neuorganisation des Hauptverbandes. Ich verweise da auf die Ausführungen von Rednern der Op­position. Herr Parteivorsitzender Gusenbauer sagt, 100 Prozent Einfluss der ÖVP, der Wirtschaft, sei Demokratieabbau. Herr Kollege Öllinger spricht von „Umfärbelung“. Wenn Sie meinen, dass alle Gremien in den Verwaltungskörpern nach politischen Gesichtspunkten besetzt werden müssen, was in der Vergangenheit auch so war, dann spiegelt das Ihre Denkweise wieder. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Für uns zählt nämlich nicht die Farbe oder die politische Gesinnung, sondern es zählt allein die Leistung, also wie jemand seine Arbeit in den diversen Gremien verrichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Ja, ja! – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin Silhavy, den Versicherten geht es nicht darum, wie ein Gremium besetzt ist, etwa mit Mandataren von SPÖ, ÖVP, FPÖ oder Grünen, sondern ihnen geht es darum, dass effizient und korrekt gearbeitet wird, dass mit den Beiträgen sparsam und wirtschaftlich umgegangen wird. Das steht im Vordergrund. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, mit dieser Neuorganisation des Hauptverbandes wurde ein vernünftiger Vorschlag vorgelegt, der alle Träger miteinbezieht, den paritätischen Aufbau wider­spiegelt und eine bisher ausgeschlossene Gruppe, nämlich die Pensionisten, jetzt mit berücksichtigt. Im Vordergrund steht die Stärkung des Hauptverbandes als zentrales Netzwerkmanagement im Sozialversicherungssystem. Und die Aufgaben des Haupt­verbandes konzentrieren sich zukünftig auf die Strategie des Kooperations­manage­ments und des Monitorings. Gleichzeitig wird auch der Hauptverband operative Auf­gaben an einzelne Sozialversicherungsträger oder gemeinsame Dienstleistungsein-


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richtungen der Sozialversicherung abgeben und damit die heutige Trägerstruktur stärken. Mit der Neuorganisation dieses Hauptverbandes soll weiters eine Steigerung der Effizienz und Effektivität der Sozialversicherung einhergehen.

Konkret besteht der Hauptverband künftig nur mehr aus zwei anstatt aus fünf Ver­waltungskörpern. Statt der Hauptversammlung gibt es jetzt die Trägerkonferenz und statt des Verwaltungsrates den Verbandsvorstand.

Erstmalig werden die Seniorenvertreter mit eingebunden. Es gibt drei Seniorenvertreter als gleichwertige Mitglieder in den Verwaltungskörpern, die in den Hauptverband ent­sandt worden sind. Inklusive dieser drei Pensionistenvertreter ist die Zahl der Mitglieder in der Trägerkonferenz verringert worden, nämlich von 38 auf 37. Der Ver­bandsvorstand wird in Zukunft ebenfalls nur noch aus zwölf Mitgliedern bestehen und nicht mehr aus 14 so wie bisher. Die Parität der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite wird beibehalten. Sehr geehrte Damen und Herren! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Parität beibehalten bleibt!

Auf Arbeitgeberseite steht das Vorschlagsrecht für fünf Mitglieder der Wirtschafts­kammer zu und für ein Mitglied der Präsidentenkonferenz der Landwirtschafts­kam­mern. Auf Arbeitnehmerseite werden fünf Mitglieder von der Bundesarbeitskammer und ein Mitglied von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst entsandt. Was wollen Sie noch? Ist das nicht paritätisch besetzt? Was wollen Sie? Wieso sprechen Sie hier von „Umfärbelungen“? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Wirtschaftskammer Österreich und die Bundesarbeitskammer haben bei ihren Vor­schlägen auf die Wahlergebnisse nach dem d’Hondt’schen System Bedacht zu neh­men. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Herr Kollege, wieso sind Sie so nervös? – Weil ich Recht habe! Durch Ihre Nervosität geben Sie mir hier ganz einfach Recht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Das Sozial- und Gesundheitsforum bleibt ebenfalls als beratendes Gremium im Hauptverband bestehen. Die Controllinggruppe ist zwar jetzt kein eigener Verwaltungskörper mehr, bleibt aber dort beratend tätig. Herr Kollege Öllinger! Ein modernes Management soll auch im Hauptverband seinen Platz haben, um rechtzeitig auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren zu können. (Abg. Silhavy: Eben!)

Dieses Sozialversicherungs-Änderungsgesetz enthält nicht nur Bestimmungen über den Hauptverband und dessen Organisation, sondern zahlreiche weitere Adaptie­rungen und Ergänzungen des Sozialversicherungsrechts, die der weiteren Anpassung der Rechtsentwicklung und Harmonisierung im Sozialversicherungsrecht dienen.

Es gibt zum Beispiel eine Neuregelung bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – das wird Sie ebenfalls interessieren –, nämlich die Ausweitung der Zuschussregelung bei der Entgeltfortzahlung wird nun von der AUVA übernommen. Davon werden Kleinbetriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern profitieren. Es gibt eine Neuadaptierung der chefärztlichen Bestimmungen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und es gibt eine Verschiebung des Zeitpunktes der Einhebung der Gebühr für die e-Card. Geschätzte Damen und Herren! Das ist ein wesentlicher Punkt. Die Chipkarte, eine unendliche Geschichte, wird jetzt endlich finalisiert. Die Gebühr von 10 € wird mit 15. No­vember 2005 eingehoben. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Ich habe hier einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek und Kollegen vorbereitet, der zur Verteilung aufliegt und hier eingebracht ist. Dieser sieht vor, dass das Service-Entgelt jeweils zum 15. November für das folgende Kalen­derjahr, in diesem Fall also für 2006, zu bezahlen ist. (Abg. Silhavy: Nur für die ASVG-Versicherten, Herr Kollege Dolinschek! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Horchen Sie zu!)


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Frau Kollegin, Sie wissen, dass es Selbstbehalte gibt. Eisenbahner, selbständige Er­werbstätige und Bauern haben Selbstbehalte zu bezahlen. Es steht den Versiche­rungen frei, dass sie eben diese Gebühr auch an ihre Versicherten weitergeben. Ein­gehoben werden die Gebühren übrigens nicht über die Ärzte, sondern über den Dienstgeber wie bisher auch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Sie haben noch eine Minute Re­dezeit. Der Antrag ist noch nicht in seinen Kernpunkten erläutert. Wenn Sie noch einige andere Sachen dazusagen, bitte.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (fortsetzend): Herr Präsident! Auf der Uhr am Rednerpult waren bereits 8 Minuten verstrichen. Dann war die Uhr falsch eingestellt.

Der Abänderungsantrag zum 3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz beinhaltet eben die Punktationen zur Chipgebühr. Da die Ärzteschaft nicht gewillt war, das Inkas­so für die Chipkarte zu übernehmen, wird es eben so wie bisher vom Arbeitgeber und, wenn jemand arbeitslos ist, vom AMS durchgeführt. – Das ist Inhalt des Abänderungs­antrages. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Antrag ist damit in seinen Kernpunkten erläutert. Er wird gemäß § 53 Abs. 4 GOG an die Abgeordneten verteilt. Er ist hinreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek und Kollegen zum Gesetzentwurf im Be­richt des Sozialausschusses 776 der Beilagen über die Regierungsvorlage 703 der Beilagen betreffend ein 3. Sozialversicherungs Änderungsgesetz 2004

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird in Teil 1 wie folgt geändert:

a) Im § 32a in der Fassung der Z 5 wird nach dem Ausdruck „Controllinggruppe“ der Ausdruck „mit einer Amtsdauer von jeweils fünf Jahren“ eingefügt.

b) Nach der Z 17 wird folgende Z 17a eingefügt:

»17a. Im § 34 Abs. 2 letzter Satz wird der Ausdruck „15. des Folgemonats“ durch den Ausdruck „Ende des Folgemonats“ ersetzt.«

c) Im § 441b Abs. 2 Z 1 in der Fassung der Z 23 wird der Ausdruck „Kreis der Vorstandsmitglieder und der Mitglieder der Kontrollversammlungen“ durch den Ausdruck „Kreis der Mitglieder der General- und Kontrollversammlungen“ ersetzt.

d) Nach der Z 24 wird folgende Z 24a eingefügt:

»24a. Im § 446a zweiter Satz wird nach dem Ausdruck „§ 81 Abs. 2“ der Ausdruck „sowie für die Gründung von Tochtergesellschaften bzw. die Beteiligung an weiteren Vereinen und Gesellschaften im Rahmen solcher Finanzierungs- und Betreiber­modelle“ eingefügt.«

e) Nach der Z 25 wird folgende Z 25a eingefügt:

»25a. Nach § 448 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:


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„(1a) Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die im Rahmen von Finanzierungs- und Betreibermodellen nach § 81 Abs. 2 errichteten (gegründeten) Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw. Vereine, Fonds oder Gesell­schaften mit beschränkter Haftung, an denen der Hauptverband oder mindestens ein Versicherungsträger im Rahmen eines solchen Finanzierungs- und Betreibermodells beteiligt ist. Dies gilt jedenfalls so lange, als die Beteiligung des Hauptverbandes bzw. der Versicherungsträger ein Ausmaß von mindestens 50 % umfasst oder die Gesell­schafts- oder Stimmrechtsanteile mindestens 50 % betragen. Im Fall einer Minder­heitsbeteiligung des Hauptverbandes bzw. der Versicherungsträger sind die Aufsichts­rechte des Bundes in geeigneter Weise sicherzustellen.“«

f) Im § 618 Abs. 1 in der Fassung der Z 40 wird nach dem Ausdruck „32f samt Überschrift,“ der Ausdruck „34 Abs. 2,“ und nach dem Ausdruck „442 bis 442b samt Überschriften,“ der Ausdruck „446a,“ eingefügt sowie der Ausdruck „448 Abs. 3“ durch den Ausdruck „448 Abs. 1a und 3“ ersetzt.

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird in Teil 2 wie folgt geändert:

a) Nach der Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

»1a. Im § 31 Abs. 5 Z 16 wird nach dem Ausdruck „Krankenscheingebühr“ der Ausdruck „und vom Service-Entgelt“ eingefügt.«

b) Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

»2a. § 31c samt Überschrift lautet:

„Krankenscheinersatz

§ 31c. (1) Eine innerhalb des ELSY zu verwendende Chipkarte (insbesondere die e-card) hat alle Arten von Krankenscheinen (Krankenkassenschecks, Behandlungs­scheine, Patientenscheine, Arzthilfescheine) zu ersetzen. Sie ist zu diesem Zweck ab dem Zeitpunkt ihrer Verfügbarkeit bei jeder Inanspruchnahme eines/einer mit der entsprechenden technischen Infrastruktur ausgestatteten Vertragspartners/Vertrags­partnerin (§§ 338 ff.) vorzulegen. Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen ist ermächtigt, im Einführungszeitraum regional jeweils den Zeitpunkt festzulegen, ab dem von der Vorlage des Krankenscheines wegen der gesicherten Verfügbarkeit der technischen Infrastruktur der e-card abzusehen ist.

(2) Für die e-card ist von der anspruchsberechtigten Person ein Service-Entgelt von 10 € pro Kalenderjahr für Rechnung des Versicherungsträgers zu zahlen. Für die im § 135 Abs. 3 Z 1 bis 6 genannten Personen ist das Service-Entgelt nicht zu entrichten.

(3) Das Service-Entgelt ist jeweils zum 15. November für das folgende Kalenderjahr, erstmals zum 15. November 2005 für das Jahr 2006, vom Versicherten/von der Ver­sicherten für sich und seine/ihre Angehörigen einzuheben durch

1. den Dienstgeber/die Dienstgeberin oder

2. die sonst zur Ausstellung von Krankenscheinen (Abs. 1) verpflichtete Stelle bzw. nach Ablösung des Krankenscheines durch die e-card zuletzt verpflichtet gewesene Stelle

und in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die allgemeinen Beiträge an den Krankenversicherungsträger abzuführen. Der Hauptverband kann davon ab­weichende Bestimmungen über die Abführung der Service-Entgelte an die Kranken­versicherungsträger in der Verordnung nach Abs. 4 vorsehen.


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(4) Wurde das Service-Entgelt für ein Kalenderjahr von einer anspruchsberechtigten Person mehrfach eingehoben, so sind die über Abs. 2 hinausgehenden Beträge auf Antrag rückzuerstatten. Das Nähere ist durch eine Verordnung des Hauptverbandes zu regeln.“«

c) Nach der Z 7 werden folgende Z 7a und 7b eingefügt:

»7a. Im § 135 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 wird der zweite Satz durch folgenden Satz ersetzt:

„Für die e-card ist ein Service-Entgelt nach § 31c zu entrichten.“

7b. Im § 153 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002 werden der zweite und der dritte Satz durch folgenden Satz ersetzt:

„Für die e-card ist ein Service-Entgelt nach § 31c zu entrichten.“«

d) Die Z 9 lautet:

»9. Im § 173 wird am Ende der Z 2 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 3 angefügt:

„3. im Falle einer durch eine Krankheit oder einen Unfall verursachten Arbeits­ver­hinderung des/der Versicherten:

Zuschüsse zur teilweisen Vergütung des Aufwandes für die Entgeltfortzahlung nach § 53b.“«

e) Nach der Z 9 wird folgende Z 9a eingefügt:

»9a. § 175 Abs. 5 Z 1 lautet:

„1. bei der Teilnahme an Schulveranstaltungen, schulbezogenen Veranstaltungen sowie individuellen Berufs(bildungs)orientierungen nach den §§ 13, 13a und 13b des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986;“«

f) Die Z 10 lautet:

»10. § 447h samt Überschrift lautet:

„Fonds für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Gesundheitsförderung

§ 447h. (1) Beim Hauptverband ist ein Fonds für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Gesundheitsförderung zu errichten. Das Vermögen dieses Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Hauptverbandes zu verwalten. Für jedes Jahr ist ein Rech­nungsabschluss zu erstellen, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz zum Ende des Jahres bestehen muss. Weiters ist zum Abschluss eines jeden Jahres ein Geschäftsbericht zu verfassen und mit dem Rechnungsabschluss dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen vorzulegen.

(2) Die Mittel des Fonds werden aufgebracht durch:

1. die Überweisungen nach § 447a Abs. 8 Z 2;

2. sonstige Einnahmen.

(3) Die Mittel des Fonds sind für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen sowie für vom Hauptverband koordinierte Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu verwenden. Mindestens 10 % dieser Mittel sind jeweils für bundesweite Maßnahmen zur Förderung und Erhöhung der Inanspruchnahme von Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu verwenden; der Hauptverband hat die Verwendung dieser Mittel bis 31. August jedes Jahres zu planen und mit der


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Bundesministerin für Gesundheit und Frauen abzustimmen. Die Überweisung der verbleibenden Mittel an die Krankenversicherungsträger nach diesem Bundesgesetz, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversiche­rungs­anstalt der Bauern und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als Träger der Krankenversicherung erfolgt nach Maßgabe des Einlangens

1. im Jahr 2005 nach dem Schlüssel des § 447f Abs. 11 Z 2 und

2. in den Jahren 2006 bis 2008 unter Berücksichtigung der Entwicklung der Vor­sorge(Gesunden)untersuchungen durch Beschluss der Trägerkonferenz.

(4) Der Hauptverband hat bis zum 30. Juni über das jeweils vorangegangene Jahr, erstmalig bis zum 30. Juni 2006 und letztmalig bis zum 30. Juni 2009, dem Bundes­ministerium für Gesundheit und Frauen sowie dem Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz einen Bericht über die Entwicklung der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und die Maßnahmen der Gesund­heitsför­derung vorzulegen. Dieser Bericht hat insbesondere zu beinhalten:

1. die zahlenmäßige Entwicklung der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen sowie eine Darstellung der Maßnahmen zur Steigerung der Inanspruchnahme der Vor­sor­ge(Gesunden)untersuchungen,

2. eine Evaluierung der Auswirkungen der Änderungen des Untersuchungsprogramms sowie einer Kosten-Nutzen-Bewertung samt einer Prognose der Entwicklung der zumindest nächsten drei Jahre,

3. die Auswirkungen auf Leistungen, die nicht im Untersuchungsprogramm enthalten sind,

4. eine gezielte Evaluierung der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen nach spezifi­schen Risikogruppen,

5. die Maßnahmen der Gesundheitsförderung, die in Koordination durch den Haupt­verband (teil-)finanziert wurden.“«

g) Die Z 15 lautet:

»15. Im § 600 Abs. 1 wird die Z 4a durch folgende Z 4a und 4b ersetzt:

„4a. mit 1. Jänner 2005 § 58 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002;

4b. mit 1. Jänner 2006 die §§ 31 Abs. 5 Z 16, 135 Abs. 3, 153 Abs. 4 und 361 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/2002;“«

h) § 619 Abs. 1 und 2 in der Fassung der Z 20 lauten:

»(1) Es treten in Kraft:

1. mit 1. Dezember 2004 § 609 Abs. 9a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004;

2. mit 1. Jänner 2005 die §§ 26 Abs. 1 Z 4 lit. a, 31 Abs. 5 Z 16, 31c samt Überschrift, 53b samt Überschrift, 71 Abs. 1 und 3, 128 samt Überschrift, 172 Abs. 1, 173 Z 2 und 3, 175 Abs. 5 Z 1, 447h samt Überschrift, 473 Abs. 3, 474 Abs. 2 in der Fassung der Z 13, 597 Abs. 6, 600 Abs. 1 Z 4a und 4b sowie 609 Abs. 1 Z 2 und Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004;

3. mit 1. Jänner 2006 die §§ 135 Abs. 3 und 153 Abs. 4 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004;

4. mit 1. Jänner 2008 § 131b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004.


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(2) Die §§ 31 Abs. 5 Z 33 und 474 Abs. 2 in der Fassung der Z 12 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft.«

i) § 619 Abs. 4 in der Fassung der Z 20 entfällt.

j) § 619 Abs. 5 in der Fassung der Z 20 erhält die Bezeichnung „(4)“.

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 2 werden folgende Z 2a bis 2c eingefügt:

»2a. § 109 samt Überschrift lautet:

„Verwendung von Chipkarten

§ 109. § 31c ASVG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass in der Satzung vorzusehen ist, von welchen anspruchsberechtigten Personen ein Service-Entgelt einzuheben ist. Die Satzung hat hiebei auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers Bedacht zu nehmen. Die Einhebung erfolgt durch den Versicherungsträger.“

2b. Im § 218a zweiter Satz wird nach dem Ausdruck „§ 43 Abs. 2“ der Ausdruck „sowie für die Gründung von Tochtergesellschaften bzw. die Beteiligung an weiteren Vereinen und Gesellschaften im Rahmen solcher Finanzierungs- und Betreibermodelle“ eingefügt.

2c. Nach § 220 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die im Rahmen von Finanzierungs- und Betreibermodellen nach § 43 Abs. 2 errichteten (gegründeten) Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw. Vereine, Fonds oder Gesell­schaften mit beschränkter Haftung, an denen der Versicherungsträger im Rahmen eines solchen Finanzierungs- und Betreibermodells beteiligt ist. Dies gilt jedenfalls so lange, als die Beteiligung des Versicherungsträgers ein Ausmaß von mindestens 50 % umfasst oder die Gesellschafts- oder Stimmrechtsanteile mindestens 50 % betragen. Im Fall einer Minderheitsbeteiligung des Versicherungsträgers sind die Aufsichtsrechte des Bundes in geeigneter Weise sicherzustellen.“«

b) Die Z 3 lautet:

»3. Nach § 306 wird folgender § 307 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2004 (30. Novelle)

§ 307. Es treten in Kraft:

1. mit 1. Jänner 2005 die §§ 87 samt Überschrift, 109 samt Überschrift, 218a und 220 Abs. 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2004;

2. mit 1. Jänner 2008 § 85 Abs. 4a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004.”«

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Die Z 1 lautet:

»1. Im § 80 Abs. 2 werden der dritte und der vierte Satz durch folgende Sätze ersetzt:

„Für ärztliche Hilfe und chirurgisch konservierende Zahnbehandlung durch nieder­gelassene Ärzte, Dentisten und Gruppenpraxen beträgt der Kostenanteil (Behand-


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lungs­beitrag) einheitlich 7,14 € pro Behandlungsfall und Quartal. Als Behandlungsfall gilt auch die mehrmalig im Quartal erfolgende Leistungsinanspruchnahme.“«

b) Die bisherige Z 1 erhält die Bezeichnung „1a.“

c) Nach der Z 2 werden folgende Z 2a bis 2d eingefügt:

»2a. § 101a samt Überschrift lautet:

„Verwendung von Chipkarten

§ 101a. § 31c ASVG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass in der Satzung vorzusehen ist, von welchen anspruchsberechtigten Personen ein Service-Entgelt einzuheben ist. Die Satzung hat hiebei auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers Bedacht zu nehmen. Die Einhebung erfolgt durch den Ver­sicherungsträger.“

2b. Im § 206a zweiter Satz wird nach dem Ausdruck „§ 41 Abs. 2“ der Ausdruck „sowie für die Gründung von Tochtergesellschaften bzw. die Beteiligung an weiteren Vereinen und Gesellschaften im Rahmen solcher Finanzierungs- und Betreibermodelle“ ein­gefügt.

2c. Nach § 208 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die im Rahmen von Finanzierungs- und Betreibermodellen nach § 41 Abs. 2 errichteten (gegründeten) Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw. Vereine, Fonds oder Gesell­schaften mit beschränkter Haftung, an denen der Versicherungsträger im Rahmen eines solchen Finanzierungs- und Betreibermodells beteiligt ist. Dies gilt jedenfalls so lange, als die Beteiligung des Versicherungsträgers ein Ausmaß von mindestens 50 % umfasst oder die Gesellschafts- oder Stimmrechtsanteile mindestens 50 % betragen. Im Fall einer Minderheitsbeteiligung des Versicherungsträgers sind die Aufsichtsrechte des Bundes in geeigneter Weise sicherzustellen.“

2d. Im § 284 Abs. 1 wird die Z 3 durch folgende Z 3 und 3a ersetzt:

„3. mit 1. Jänner 2004 die §§ 165 und 168 und in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2002;

3a. mit 1. Jänner 2006 die §§ 85 Abs. 3 und 95 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2002;“«

d) Die Z 3 lautet:

»3. Nach § 295 wird folgender § 296 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2004 (29. Novelle)

§ 296. Es treten in Kraft:

1. mit 1. Jänner 2005 die §§ 80 Abs. 2 dritter und vierter Satz, 80a samt Überschrift, 101a, 206a und 208 Abs. 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004;

2. mit 1. Jänner 2008 § 80 Abs. 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004;

3. rückwirkend mit 31. Dezember 2003 § 284 Abs. 1 Z 3 und 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004.”«


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Art. 4 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 8 werden folgende Z 8a, 8b und 8c eingefügt:

»8a. § 63 Abs. 3 wird aufgehoben.

8b. § 69 Abs. 4 wird aufgehoben.

8c. § 86 samt Überschrift lautet:

„Verwendung von Chipkarten

§ 86. § 31c ASVG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass in der Satzung vorzusehen ist, von welchen anspruchsberechtigten Personen ein Service-Entgelt einzuheben ist. Die Satzung hat hiebei auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsanstalt Bedacht zu nehmen.“«

b) Die Z 11 lautet:

»11. Nach § 209 wird folgender § 210 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 4 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004 (32. Novelle)

§ 210. (1) Es treten in Kraft:

1. mit 1. Jänner 2005 die §§ 1 Abs. 1 Z 17 lit. b sublit. cc, 2 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2, 19 Abs. 1 Z 3, 26 Abs. 1 Z 3, 57 samt Überschrift, 86 samt Überschrift, 194 Abs. 2 und 203 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004;

2. mit 1. Jänner 2008 § 60a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004;

3. rückwirkend mit 1. Oktober 2004 § 2 Abs. 1 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2004.

(2) Die §§ 63 Abs. 3 und 69 Abs. 4 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft.“«

Begründung

Zu Art. 1 Teil 1 lit. a (§ 32a ASVG):

Die Amtsdauer der (neuen) Controllinggruppe soll ausdrücklich festgeschrieben wer­den: Sie soll mit 1. Jänner 2005 beginnen und jeweils fünf Jahre dauern.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. b (§ 34 Abs. 2 ASVG):

Im Rahmen des Steuerreformgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, wurde § 84 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 so geändert, dass ab 1. Jänner 2005 der Lohnzettel im Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses bis zum Ende des Folgemonats zu übermitteln ist. Im Hinblick auf die durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 132, normierte gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (durch die Finanz­behörden und die Sozialversicherungsträger) soll diese steuerrechtliche Änderung in der Parallelvorschrift des § 34 Abs. 2 ASVG nachvollzogen werden.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. c (§ 441b Abs. 2 Z 1 ASVG):


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Aus demokratiepolitischen Gründen sollen die Mitglieder des Verbandsvorstandes aus dem Kreis der Mitglieder der in Betracht kommenden General- und Kontroll­versammlungen rekrutiert werden können. Damit wird der Kreis jener Versicherungs­vertreter und -innen, die für die Entsendung in dieses Gremium in Frage kommen, entsprechend verbreitert, und zwar um jene Mitglieder der Generalversammlungen, die nicht schon Vorstandsmitglieder sind.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. d und e, Art. 2 lit. a und Art. 3 lit. c (§§ 446a und 448 Abs. 1a ASVG; §§ 218a und 220 Abs. 1a GSVG; §§ 206a und 208 Abs. 1a BSVG):

Durch die vorgesehenen Ergänzungen soll den Aufsichtsbehörden des Bundes auch über Vereine, Fonds und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die vom Haupt­verband oder den Sozialversicherungsträgern errichtet wurden bzw. an denen die Sozialversicherungsträger (der Hauptverband) im Ausmaß von zumindest 50 % beteiligt sind (Stimmrechts- oder Gesellschaftsanteile im Ausmaß von mindestens 50 %), ein Aufsichtsrecht eingeräumt werden, das der Aufsicht über die Sozial­versicherungsträger (den Hauptverband) entspricht. Damit werden den Aufsichts­behörden sowohl Informations- und Einschaurechte als auch etwa die Berechtigung zur Teilnahme an Sitzungen der Organe dieser (ausgegliederten) Einrichtungen er­möglicht. Bei einer Beteiligung von weniger als 50 % ist das Aufsichtsrecht auf andere geeignete Weise (etwa durch entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrages) sicherzustellen.

Unter einem mit dieser Erweiterung des Aufsichtsrechtes soll klargestellt werden, dass auch die Gründung von Tochtergesellschaften der erwähnten Einrichtungen sowie die Beteiligung an weiteren Vereinen und Gesellschaften der Genehmigung der zustän­digen Aufsichtsbehörden bedarf.

Durch diese Maßnahmen wird der vom Rechnungshof geäußerten Kritik an der vom Hauptverband errichteten Chipkarten-GmbH in der Weise Rechnung getragen, dass für die Zukunft die Einflussmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden auf derartige Einrich­tungen verbessert und ein ausreichender Informationsfluss von diesen Einrichtungen hin zu den Aufsichtsbehörden sichergestellt wird.

Zu Art. 1 Teil 2 lit. a bis c und g, Art. 2 lit. a, Art. 3 lit. a und c sowie Art. 4 lit. a (§§ 31 Abs. 5 Z 16, 31c, 135 Abs. 3, 153 Abs. 4 und 600 Abs. 1 ASVG; § 109 GSVG; §§ 80 Abs. 2 und 101a BSVG; §§ 63 Abs. 3, 69 Abs. 4 und 86 B KUVG):

In Ergänzung zu den in der Regierungsvorlage getroffenen Maßnahme wird der Bun­desministerin für Gesundheit und Frauen eine Verordnungsermächtigung eingeräumt, um dem tatsächlichen Fortschritt der Einführung der technischen Infrastruktur der e-card entsprechend Rechnung tragen zu können. Im Übergangszeitraum wird der „Parallelbetrieb“ von Krankenschein und e-card nur nach Maßgabe der Verordnung geführt.

Die Einhebung des Service-Entgeltes soll – nicht wie ursprünglich vorgesehen von den Vertragsärzten/Vertragsärztinnen bei der erstmaligen Vorlage der e-card – sondern jeweils für das nächstfolgende Kalenderjahr von jenem Dienstgeber/jener Dienst­geberin vorgenommen werden, zu dem/der am 15. November eines jeden Jahres ein Dienstverhältnis besteht. Subsidiär werden jene Stellen, die zur Ausstellung der Kran­kenscheine verpflichtet sind (waren) bzw. bei den selbstständig Erwerbstätigen die Krankenversicherungsträger beauftragt.

Wird in Fällen der Mehrfachversicherung das Service-Entgelt mehrfach eingehoben, kann auf Antrag eine Rückabwicklung erfolgen. Für die Rückabwicklung und die Über­weisung der Beträge aus der Einhebung ist eine Verordnungsermächtigung des Hauptverbandes vorgesehen.


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Für jene Versicherungsträger, die von der Krankenscheingebühr unterschiedliche Kos­tenanteilsregelungen bei Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe haben, wird eine Satzungs­ermächtigung zur näheren Bestimmung des Kreises jener anspruchsberechtigten Personen vorgesehen, die das Service-Entgelt zu leisten haben.

Zu Art. 1 Teil 2 lit. d (§ 173 Z 3 ASVG):

Durch diese lediglich redaktionelle Änderung wird sichergestellt, dass die Zuschuss­regelung nach § 53b ASVG nicht auf durch Berufskrankheiten oder Arbeitsunfälle bedingte Arbeitsverhinderungen beschränkt ist, sondern generell bei durch Krankheit oder Unfälle verursachten Arbeitsverhinderungen zur Anwendung kommt.

Laut neuerlichen Berechnungen der Wirtschaftskammer Österreich wird die Aus­weitung der Zuschussregelung bei Entgeltfortzahlung auf durch Krankheit bedingte Arbeitsverhinderungen, wie sie in der Regierungsvorlage (703 der Beilagen) vorgesehen ist, mit Mehrkosten von rund 35 Mio. € verbunden sein.

Zu Art. 1 Teil 2 lit. e (§ 175 Abs. 5 Z 1 ASVG):

Durch die Einführung der individuellen Berufs(bildungs)orientierung im Wege des neuen § 13b des Schulunterrichtsgesetzes in der Fassung der als Regierungsvorlage vorliegenden Novelle (687 der Beilagen) ist § 175 Abs. 5 Z 1 ASVG entsprechend zu ergänzen.

Weiters enthält § 175 Abs. 5 Z 1 ASVG eine überholte Zitierung einer Verordnung betreffend Schulveranstaltungen aus dem Jahr 1974, welche durch den generellen Verweis auf § 13 des Schulunterrichtsgesetzes richtig gestellt wird.

Zu Art. 1 Teil 2 lit. f (§ 447h ASVG):

Im Zusammenhang mit der abgeschlossenen Überarbeitung des Behand­lungs­kataloges für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen sollen über einen Fonds allen Kran­kenversicherungsträgern die prognostizierten Mehraufwendungen aus der Leistungs­inanspruchnahme im Ausmaß von 20 Mio. € zufließen. Eine bundesweite Strategie der Sozialversicherung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen soll zur größtmöglichen Förderung der Akzeptanz und Inanspruchnahme der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen in der Bevölkerung führen. Durch die Einführung der Berichtspflicht wird einerseits dem besonderen Stellenwert von Vorsorge­maßnahmen Rechnung getragen und andererseits die Grundlage für weitere gezielte Maßnahmen im Vorsorgebereich zur künftigen Entlastung des kurativen Bereiches geschaffen werden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Mag. Haupt. Er hat eine Redezeit von 10 Minuten. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

 


10.35

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die heutige Reform des Hauptverbandes der österreichischen Sozial­versicherungsträger war notwendig, weil der Verfassungsgerichtshof die gültigen Re­gelungen über die Besetzung des Hauptverbandes in manchen wichtigen Punkten aufgehoben hat.

Aber ich glaube, dass in der Diskussion, die bis dato geführt worden ist, doch einige Dinge auch aus dem Verfahren des Verfassungsgerichtshofes interessant sind, weil sie der interessierten Öffentlichkeit nicht nur hier im Hohen Hause, sondern darüber


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hinaus auch zu Hause an den Bildschirmen vielleicht einiges in einem anderen Licht erscheinen lassen, als aus den Äußerungen von Abgeordneten der Oppositions­par­teien hervorgegangen ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf darauf hinweisen, dass die General­ver­sammlung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und die zukünftige Trägerkonferenz von der jetzigen Zusammensetzung in drei Punkten abweichen. Es wird erstens die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau gegründet, es erfolgt also eine Zusammenlegung. Es erfolgt somit eine Reduktion von zwei Vertretern auf einen. Und es werden zum Zweiten erstmalig drei Seniorenvertreter in dieser Vertretungsgruppe für 1,7 Millionen Versicherte auch so quasi als dritter Sozialpartner Platz nehmen können, nämlich auch mit Sitz und Stimme und nicht nur als Zuhörer wie bisher. (Abg. Öllinger: Parteiorganisationen!)

Wir lösen damit ein Versprechen an die Seniorenverbände ein, das von sehr vielen Fraktionen dieses Hauses den Senioren gegenüber abgegeben worden ist und das aus meiner Sicht auch auf Grund der Interessen, die im Hauptverband der öster­reichischen Sozialversicherungsträger vertreten werden, wichtig ist.

Da Herr Kollege Gusenbauer ausgeführt hat, dass hier ausschließlich eine „Umfärbe­lungsaktion“ stattfindet, muss ich sagen, diese Behauptung kann keinesfalls unwider­sprochen hier im Raum stehen bleiben!

Herr Kollege Gusenbauer, Ihre Fraktion hat eine so genannte Drittelklage zum Thema Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger eingebracht. In dieser Drittelklage hat die sozialdemokratische Fraktion des österreichischen Parlaments auch die entsprechende Parität bei der Zusammensetzung des Hauptverbandes in der derzeitigen Form bestritten.

Es gibt ein Verfahren des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, das sich mit einer Reihe von Paragraphen von Amts wegen beschäftigt hat und sich auf die Be­stimmungen der §§ 441b, 441c Abs. 1, 441e Abs. 1 bis 3 und 442a ASVG bezogen hat. Die Prüfung erstreckte sich somit auch auf den Verwaltungsrat, in dem Parität zwischen Interessenvertretungen der Dienstgeber und Dienstnehmer mit jeweils sechs Mitgliedern von 14 vorgesehen war.

Der Verfassungsgerichtshof hat nicht an der Parität von Dienstgebern und Dienst­nehmern bei der Besetzung des Verwaltungsrates in der vorliegenden Form Anstoß genommen, sondern aufgehoben wurde die Bestimmung vielmehr ausschließlich des­halb, weil er am Besetzungsmodus Anstoß genommen hat und an den Aus­schließungsgründen nach Anfechtung durch Herrn Haberzettl. Es wurde die Be­stimmung aufgehoben, dass jemand, der eine kollektivvertragsfähige Organisation vertritt, nicht Präsident des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversiche­rungs­träger werden darf.

Es ist aber interessant, dass in diesem Zusammenhang die Parität, die auch Gegen­stand dieses Prüfungsverfahrens war, nicht bekrittelt worden ist, sodass eine Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Verhältnis von sechs zu sechs als durchaus verfassungskonform angesehen werden kann.

In dem seinerzeit von der SPÖ am 4. August 2003 dem Verfassungsgerichtshof über­mittelten Drittel-Antrag ist auch die Parität bestritten worden. In der Stellungnahme der Bundesregierung an den Verfassungsgerichtshof hat die Bundesregierung unter anderem Folgendes ausgeführt – ich zitiere –:

„1. Es ist daher auch nicht verfassungsrechtlich geboten, die Zusammensetzung der Organe der Selbstverwaltungskörper ausschließlich nach dem Verhältnis der Zahl der Dienstnehmer und Dienstgeber zueinander zu organisieren.


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Vielmehr zeigt sich im Bereich der Sozialversicherung ein je nach Träger unter­schied­liches Bild, wobei der Gesetzgeber eine ausgewogene Berücksichtigung der jeweiligen Interessenvertretungen in den einzelnen Verwaltungskörpern anstrebt.

2. In den Organen der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes hat der Gesetzgeber das zahlenmäßige Verhältnis der Dienstnehmer- und der Dienstgeber­vertreter zueinander für jeden einzelnen dieser sozialpartnerschaftlich organisierten Selbst­verwaltungskörper gesondert festgelegt.

So sind etwa die Generalversammlung und die Vorstände bei der Pensions­ver­sicherungsanstalt zu zwei Dritteln aus Vertretern der Dienstnehmer und zu einem Drittel aus Vertretern der Dienstgeber zusammengesetzt, bei den Gebietskranken­kassen hingegen bestehen die genannten Verwaltungskörper nur zu einem Fünftel aus Vertretern der Dienstgeber. Parität herrscht diesbezüglich bei der Allgemeinen Unfall­versicherungsanstalt. Für diese Anstalt wurde darüber hinaus ausdrücklich der Grund­satz aufgestellt, dass der Obmann der Gruppe der Dienstgeber angehören muss, womit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass die Mittel der Unfall­versicherung ausschließlich aus Beiträgen der Dienstgeber aufgebracht werden.“

In diesem Zusammenhang ist auch auffallend, dass der Obmann-Stellvertreter in die­sem Sozialversicherungsträger aus dem Kreise der Arbeitnehmervertretungen bis heute noch nicht nachbesetzt worden ist, weil die Arbeitnehmervertreter untereinander sich nicht auf eine Person einigen konnten.

„Da der Hauptverband als Dachverband der Sozialversicherungsträger mit Funktionen nach Art einer ,Holding‘ trägerübergreifend die Interessen der gesamten Sozial­ver­sicherung wahrzunehmen hat, sollten in ihm die jeweiligen Versicherungsvertreter aus dem Kreis der Dienstnehmer und Dienstgeber auch möglichst gleichmäßig vertreten sein. Parität im Sinne einer zahlenmäßigen Gleichheit zwischen den Dienstnehmer- und Dienstgebervertretern sowohl in der Hauptversammlung als auch im Verwaltungs­rat ist nach Auffassung der Bundesregierung daher geradezu geboten.“

So weit die damalige Stellungnahme der Bundesregierung an den Verfassungs­gerichtshof.

Es ist nunmehr dazu gekommen, dass die Sozialdemokratische Partei am 14. Novem­ber 2003 ihren Antrag an den Verfassungsgerichtshof, der die Parität mit überprüft haben wollte, zurückgezogen hat. Übrigens nach dem Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes und nachdem der Verfassungsgerichtshof die Parität im Verwaltungs­körper nicht aufgehoben hat.

Ich betrachte daher die Parität zumindest in der vorliegenden Form als verfas­sungs­konform, weil die Trägerkonferenz so wie die vom Verfassungsgerichtshof nicht auf­gehobene Generalversammlung der Sozialversicherungsträger Österreichs in der gleichen Zusammensetzung wieder existiert, mit dem Unterschied, dass es durch die Zusammenlegung der Eisenbahner-Sozialversicherungsanstalt und jener des Berg­baues nur mehr zwei Vertreter dieser ehemals vier Vertreter gibt und dafür drei Ver­treter der Senioren zu diesem Gremium, die bis dato nicht stimmberechtigt waren, hinzugekommen sind.

Ich darf hier auch zur Frage der Verfassungskonformität Professor Öhlinger aus einem Beitrag zur verfassungsrechtlichen Frage der Neuorganisation des Hauptverbandes aus dem Jahre 2001 zitieren, also vor dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. In der Frage der Parität von Dienstnehmern und Dienstgebern äußert sich Professor Öhlinger eher vorsichtig. Er führt unter anderem wörtlich aus: „Für eine Parität von Dienstgebern und Dienstnehmern spricht, dass es in der Sozialversicherung auch um einen Ausgleich zwischen den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geht.“


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Schließlich kommt er zu folgendem Ergebnis: Ob angesichts des enormen zahlen­mäßigen Übergewichtes der unselbständig erwerbstätigen Versicherten eine Parität von Vertretern der Dienstnehmer und Dienstgeber in den Verwaltungskörpern des Hauptverbandes noch im Einklang steht, könnte nur der Verfassungsgerichtshof verbindlich beantworten.

Diese Frage hat der Verfassungsgerichtshof, wie oben ausgeführt, beantwortet: Er hat die Parität und den Bestand der Generalversammlung nicht beanstandet.

Ich glaube daher, dass die vorliegende Korrektur als Folge des Verfassungs­gerichts­hof-Erkenntnisses, die zeitgerecht dem Parlament zugemittelt worden ist, durchaus verfassungskonform ist und keine Umfärbelung darstellt, sondern vielmehr einen ver­nünftigen Interessenausgleich zwischen unterschiedlichen Paritäten, wie bereits aus­geführt, von 5 : 1 beziehungsweise 3 : 1 zu Gunsten der Arbeitnehmervertreter und in der AUVA 1 : 1 zwischen Arbeitgebervertretern und Arbeitnehmervertretern.

Ich glaube daher, dass die Kritik in Richtung Umfärbelung falsch ist. Eines halte ich allerdings fest: dass im neuen Hauptverband auch Virilisten sitzen werden, die die jeweils dritte Kraft, die aus den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberwahlen hervorgeht, re­präsentieren werden, sodass es in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, dass der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger ausschließlich und allein Angelegenheit der zwei stärksten Fraktionen der Arbeitgeber- und der Arbeit­nehmerseite ist.

Kollege Gusenbauer, ich gebe Ihnen allerdings Recht, dass für die Arbeitnehmer­vertretungen es nicht mehr möglich sein wird, mit 60 oder 70 Prozent der Stimmen die gesamte Arbeitnehmervertretung durchzuführen, so wie es auf Arbeitgeberseite nicht mehr möglich sein wird, mit 60 oder 70 Prozent der Stimmen bei den entsprechenden Wahlen der Vertretungskörper 100 Prozent der Macht auszuüben. Das ist ein Spie­gelbild der demokratischen Wahlen, und das ist durchaus auch ein Spiegelbild des Inter­essenausgleiches, der der Selbstverwaltung eigen ist.

Ich glaube daher, man sollte nicht die Selbstverwaltung mit dem österreichischen Parlament vermischen, sondern die Selbstverwaltung als das betrachten, was sie ist, als Selbstverwaltung, die seit dem Jahre 1929 in der österreichischen Bundes­verfas­sung noch nie präzisiert worden ist in ihren Rechten, ihren Pflichten und ihren Mög­lichkeiten, zu deren Zusammensetzung, wie eben ausgeführt, es aber eine ausführ­liche und umfassende Judikatur gibt, die mich veranlasst, den vorliegenden Entwurf zum Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger als verfassungs­konform zu betrachten. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich glaube auch, dass die neue Zusammensetzung des Zukunftsgremiums ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Herr Minister!

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): ... für die österreichische Öffentlichkeit interessant ist.

Herr Präsident! Ich komme zum Schlusssatz.

In der Vergangenheit war es möglich, dass die Gebietskörperschaften und Länder durch Nichtteilnahme die Beschlüsse des Zukunftsgremiums der Österreichischen So­zialversicherungsträger verhindert haben. In Zukunft wird das nicht mehr möglich sein. Die Selbsthilfeorganisationen und die Patientenvertreter werden daher in Zukunft die Entwicklung des österreichischen Sozialversicherungssystems direkt beeinflussen können. (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das halte ich für einen wichtigen Fortschritt, dass die Patienten und die


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Versicherten endlich selbst das Wort ergreifen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


10.46

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister Haupt, Sie haben gerade eben wieder ein Beispiel dafür geliefert, was undemokratisch ist. Sie halten sich nicht an ver­einbarte Redezeiten und sind gegenüber anderen Abgeordneten in diesem Haus äußerst unfair. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete! Einen Schlusssatz lasse ich bei jedem zu. Auch Ihrem Obmann habe ich bei seiner Rede einen Schlusssatz erlaubt. Dass die Sätze des Herrn Bundesministers sehr lang sind, das ist eben so. (Heiterkeit.)

 


Abgeordnete Heidrun Silhavy (fortsetzend): Eben, Herr Präsident, das hat mit Fairness zu tun!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute erleben wir einen absoluten Tiefpunkt für die Demokratie in Österreich unter dieser schwarz-blauen Bundesregierung. Bei den ÖBB, dem ORF, der ÖIAG, der Nationalbank, dem Hauptverband, ja sogar im Gesundheitsbereich wurden die Positionen von der ÖVP besetzt, beklagt via APA der Freiheitliche Martin Strutz.

Das, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, sollte Ihnen zu denken geben, wenn Sie sich hier als Steigbügelhalter für diese schwarze Machtpolitik andienen. Sie sollten sich überlegen, wie Sie Ihre Politik gestalten, denn die Wählerinnen und Wähler haben Ihnen für die bisherige Politik bereits die Rechnung präsentiert. Sagen auch Sie: Schluss mit dem Abbau der Demokratie! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Schluss mit dem Abbau von Demokratie“ vor sich auf das Rednerpult. – Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, wenn Sie vorher gesagt haben, 70 Prozent werden nicht reichen, um 100 Prozent sozusagen zu erhalten, dann gebe ich Ihnen Recht. Aber warum machen Sie dann bei einer Politik mit, wo eine 42-Prozent-Partei 100 Prozent der Macht in diesem Staat haben will? Machen Sie da nicht mit und sagen Sie auch da: Schluss mit dem Abbau der Demokratie! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Ich erinnere an die politische Hetzjagd auf Präsident Hans Sallmutter, der durch Sie nur per Gesetz abgelöst werden konnte. Sie haben eine verfassungswidrige Reform des Hauptverbandes gemacht und haben den Hauptverband aufgebläht. Er ist dreimal so teuer gekommen wie der ursprüngliche Hauptverband. Und dann stellen Sie sich heute her und sagen, er wird schlanker und billiger.

Sie, Herr Bundesminister, haben auch damals gewusst, dass Sie nicht verfassungs­konform handeln, Herr Bundesminister, und haben auch damals dem Hohen Haus erklärt, das Gesetz wäre verfassungskonform, genauso wie Sie heute wissen, dass auch das wieder verfassungsrechtlich bedenklich ist, was Sie tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Was ist denn das für eine Demokratie? Wenn Ihnen Wahl­ergebnisse nicht passen, dann dehnen Sie die Gesetze, dann streichen Sie die Gesetze, dann ändern Sie die Gesetze so lange, bis sie zu einem Ziel führen, das Ihnen politisch passt, dass nämlich überall die Posten schwarz besetzt sind. Das,


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meine Damen und Herren, ist keine Demokratie, das lehnen wir ab, und das be­kämpfen wir auf das Schärfste! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Spindelegger, wenn Sie sagen, Sie handeln nicht nach Farbenlehre, dann glaube ich Ihnen das, denn Sie kennen nur eine einzige Farbe, nämlich schwarz. Eine bunte Welt existiert für Sie nicht! Und das ist auch schlecht für eine Demokratie, das sage ich Ihnen.

Aber was mich besonders empört hat, ist, dass Sie sich hierher stellen und die Selbstverwaltung als Diffamierungsklub hier diffamieren. Dagegen verwahre ich mich wirklich ganz entschieden! (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist eine Unterstellung! Sie haben nicht zugehört!)

Wenn die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung die Interessen der Versicherten wahrgenommen und Ihnen gesagt hat, die Ambulanzgebühren sind unsozial und auch unwirtschaftlich, und Sie dann sagen, das ist Diffamierung, dann, muss ich Ihnen sagen, zeigen Sie Ihr wahres Gesicht und Ihr nicht vorhandenes Demokratie­ver­ständnis. Das ist abzulehnen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wann kriegt ihr endlich einen Ordnungsruf? Ununterbrochen „diffamieren“, „diffamieren“!)

Sehr geehrte Frau Partik-Pablé! Hätten Sie den Vorrednern zugehört, dann hätten Sie das auch gehört. Aber Sie sind ja damit einverstanden, dass gesagt wird, das ist ein Diffamierungsklub. Auch Sie wollen diese Änderungen, die demokratiepolitisch absolut abzulehnen sind.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: In der Trägerkonferenz stehen 20 Dienstgeber 14 Dienstnehmern und drei Pensionisten gegenüber. Die Frau Bundesministerin und Sie zeigen uns mit Ihrer Politik permanent, dass Sie die Gesundheitspolitik privatisieren wollen. Deswegen suchen Sie sich einen verlängerten Arm hier in der Selbst­verwaltung, der diese Politik der Privatisierung für Sie mitträgt und für Sie erledigt. Und das lehnen wir entschieden ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Trägerkonferenz ist nämlich nicht nur für Budgets zuständig, sie ist auch für Honorare und für Selbstbehalte zuständig. Und wir haben erst kürzlich gehört: 100 € an Selbstbehalten hat jeder ASVG-Versicherte in diesem Jahr bezahlt.

Das ist Ihre Politik. Die Wirtschaft will an dem wachsenden Gesundheitskuchen teil­haben, und Sie wollen ihr das ermöglichen zu Lasten der Versicherten, zu Lasten der kranken Menschen. Das lehnen wir ab! Das ist undemokratisch und unsozial! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich komme zu meinem Schlusssatz. Ich fordere Sie wirklich auf: Machen Sie Schluss mit dem Abbau von Demokratie, denn das hat sich Österreich nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ.)

10.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.52

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister Gehrer! Frau Minister Rauch-Kallat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wer­den verstehen, dass ich den Umfärbungs- und Antidemokratie-Thesen der Opposition absolut nichts abgewinnen kann. Ich halte das für Verfolgungstheorien, die von den Fakten absolut nicht unterstützt werden. – Warum?

Einmal politisch gesehen, werfen Sie jetzt der Bundesregierung vor, man wolle um­färben. Das genau haben Sie ihr auch im Jahr 2001 vorgeworfen. Wenn das im Jahr 2001 zugetroffen hätte, dann wäre ja bereits umgefärbt worden und wäre jetzt


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nicht schon wieder eine Umfärbung notwendig. Also haben Sie im einen oder anderen Fall Unrecht; das sollten Sie einmal begreifen.

Das Zweite ist: Sie sollten einmal das betreffende Erkenntnis des Verfassungs­gerichts­hofes lesen. In dem Erkenntnis stehen zwei Dinge, die wesentlich sind: Das eine ist, dass der Hauptverband nicht der Dachverband der einzelnen Sozialversicherungs­organisationen war, und das Zweite, dass die Geschäftsführung dem Verwaltungsrat gegenüber nicht weisungsgebunden war. Das waren die zwei inkriminierten Haupt­punkte, und genau das ist auch entsprechend geändert worden.

Nicht geändert worden ist, weil es vom Erkenntnis nicht erfasst war, die Frage der Parität. Und da muss ich Ihnen schon sagen, es gibt namhafte Juristen, die in der Frage der Parität durchaus eine berechtigte Vorgangsweise sehen, möchte aber auch erwähnen, was Herr Sozialminister Haupt einmal in der Debatte 2001 angesprochen hat: Als das ASVG beschlossen worden ist, war es eine der Grundintentionen, eine Partnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorzusehen, so wie es diese Partnerschaft heute auch noch in Deutschland gibt.

Meine Damen und Herren! Ich halte es einfach für kindisch, wenn Sie dauernd nach Köpfen rechnen. Schauen Sie sich doch einmal das Präsidium der Sozialpartner an! Da sitzen auch nicht ein paar hunderttausend ein paar tausend gegenüber, sondern Partnerschaft heißt, dass hier nach Köpfen und nach Gruppen gearbeitet wird. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Daher, meine Damen und Herren, kann ich das einfach nicht nachvollziehen. Es ist entlarvend. Was Sie sagen, ist entlarvend für Ihr Denken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was jetzt angebracht ist, ist eine Zeit der Entpolitisierung (neuerliche ironische Heiter­keit bei der SPÖ), ist eine Zeit der Sacharbeit im Interesse der betroffenen Ver­sicherungsvertreter, im Interesse der betroffenen Bürger.

Meine Damen und Herren! All diese Organe, die hier angesprochen wurden, sind demokratisch gewählte Organe. Wie wollen Sie wissen, was sich in der Arbeiter­kammer verändert? Wie wollen Sie wissen, was sich in der Wirtschaftskammer verändert? All diese Wahlen ziehen möglicherweise Änderungen nach sich und werden auch die Zusammensetzung entsprechend beeinflussen. (Abg. Silhavy: Das ist unfassbar, was Sie da sagen!)

Damit wir jetzt gleich zum Punkt kommen – und das wird Ihr Denken wirklich entlarven –, ein Vorschlag für die Praxis, ein Vorschlag von unserem Präsidenten Dr. Christoph Leitl. Was ist die Schwäche dieses Vorschlags? Er greift nicht auf das Organisationssystem der Gebietskrankenkassen durch, was den Vorstand mit der Generalkompetenz anbelangt. Daher mache ich Ihnen folgenden Vorschlag, und Sie werden es dann in der Praxis schon sehen, wie weit es wirklich mit Ihren Vorwürfen in Richtung Umfärbung und nicht vorhandenes Demokratieverständnis her ist.

Der Vorschlag lautet: Die Arbeitgeberseite, die Dienstgeberseite, soweit sie von der Wirt­schaftskammer entsprechend vertreten wird – und das ist im Bereich der Dienstgeber der Fall –, bietet Ihnen an, dass wir nicht überstimmen. Also keine Überstimmung der Arbeitnehmerkurien, mit der Bedingung, dass das auf der Ebene der Gebietskrankenkasse genauso gehandhabt wird wie auf der Ebene des Haupt­verbandes. (Abg. Silhavy: Entschuldigung, aber wir sind ja nicht beim Kuhhandel! Wir sind in der Demokratie!) Das ist kein „Kuhhandel“, sondern das ist eine Systemfrage!

Frau Silhavy, Sie denken auf der einen Ebene nur so und auf der anderen Ebene anders. (Abg. Silhavy: Es ist unglaublich, wie Sie mit der Demokratie umgehen!) Das kennzeichnet Ihr ganzes Denken. Im Übrigen: Ihr Taferl war relativ verschwommen.


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Das dürfte noch aus der Zeit der Sozialdemokratie sein. Dazumal, vor 30 Jahren, dürften Sie ein wirkliches Demokratiedefizit gehabt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich die neue Struktur anschauen, dann sehen Sie, es ist hier wesentlich abgeschlankt worden. Die Geschäftsführung ist dem Vor­stand gegenüber weisungsgebunden. Das heißt, dem Erkenntnis des Verfassungs­gerichtshofes wurde Rechnung getragen, auch was die Zusammensetzung der Trägerkonferenz anbelangt. Die Frage Notariat oder Betriebskrankenkassen kann man differenziert sehen; da gibt es Herrn Professor Öhlinger und andere Experten. Wir sind uns relativ sicher, dass Betriebskrankenkassen eine andere Funktion haben, daher von den Gebietskrankenkassen sehr oft vertreten werden und dass daher diese Regelung verfassungskonform ist.

Ich komme zu meinem Schlusssatz, meine Damen und Herren. Ich glaube, dass die hier vorgelegte Struktur durchaus den Erfordernissen eines zeitgemäßen Sozialver­sicherungsmanagements Rechnung trägt. Es ist eine gute, es ist eine akzeptable Reform. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.57

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Spindelegger hat davon gesprochen, dass es heute nicht um Farbenlehre ginge und auch nicht ums Umfärben. – Das stimmt, denn: Es geht ganz eindeutig ums Einschwärzen! Das zieht sich doch wie ein schwarzer Faden durch die Sitzungen von gestern und heute!

Es geht Ihnen darum – und das ist ganz klar –, Pfründe zu sichern. Es geht Ihnen darum, Stellen zu besetzen, Posten zu vergeben. Es geht Ihnen darum, Macht auszuüben, und es geht Ihnen darum, langfristig Einfluss sicherzustellen, auch wenn Ihre Tage hier in dieser Regierung gezählt sind. Darum geht es Ihnen in Wirklichkeit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Öllinger hat – wie viele waren es genau? – 35 Einrichtungen aufgezählt, wo Sie das sukzessive machen, nach und nach. Wenn man sich die Tagesordnungen von gestern und heute anschaut, dann sieht man, es läuft immer nach genau dem gleichen Muster ab: gestern beim Beschluss des Sicherheitspolizeigesetzes zu sehr später Stunde. Aber sogar beim Filmförderungsgesetz, wo es um das österreichische Film­institut gegangen ist, war es genau das Gleiche: Es geht um Einschwärzen, es geht darum, dass Ihre Leute an die Posten kommen, und dafür verändern Sie die Struk­turen, das ist Ihnen ganz gleich.

Jetzt bei der Neustrukturierung des Hauptverbandes wieder das Gleiche, bei den Gesundheitsplattformen, bei der Gesundheitsagentur, und der Punkt, der als Nächstes kommen wird, ist die Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes. Und das ärgert mich insofern ganz besonders, als Sie immer von Mitbestimmung Jugendlicher reden, und wenn es Ihnen nicht in den Kram passt, dass bei den Studierenden derzeit die Sozial­demokratinnen und Sozialdemokraten und die Grünen die Mehrheit bilden, dann schrecken Sie nicht davor zurück, die Strukturen zu ändern, das direkte Wahlrecht zu verbieten, nur damit Sie Ihre Mehrheiten sichern können. So ist Ihre Grundhaltung zur Demokratie! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mitbestimmung Jugendlicher ist für Sie wirklich eine reine Worthülse, und dass Sie als Abgeordnete da mitspielen, mitmachen, ist für mich absolut nicht nachvollziehbar.


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Sprechen Sie in diesem Haus nie mehr davon, dass Sie Jugendliche wirklich ein­beziehen und mitbestimmen lassen wollen! (Abg. Ellmauer: Keine Ahnung!) Ich habe sehr wohl eine Ahnung, deswegen sage ich das da, Herr Kollege! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Schauen Sie sich einmal das Hoch­schüler­schaftsgesetz in der neuen Vorlage an! (Abg. Ellmauer: Keine Ahnung!) Genau diese Mitbestimmung wollen Sie verhindern. Aber das haben wir ja heute schon bei den Anfragen gesehen, dass Sie öfters nicht ganz über das informiert sind, wozu Sie zu­stimmen. Lesen Sie nach, noch haben Sie Zeit dazu! (Abg. Ellmauer: Informieren Sie sich, bevor Sie einen solchen Unsinn reden!)

Die Trägerkonferenz wird jetzt eines dieser neuen Gremien mit einer ganz, ganz zen­tralen Bedeutung: Die Trägerkonferenz des Hauptverbandes wird über das Budget und über das Dienstrecht entscheiden; sie ist jedoch völlig willkürlich besetzt! Völlig will­kürlich! Man muss sich einmal vorstellen, dass es da künftig zwei Vertreter geben wird, die 800 Notare und Notarinnen repräsentieren, und dann wird es zwei Vertreter geben, die 1,3 Millionen Versicherte der Wiener Gebietskrankenkasse vertreten! 800 : 1,3 Mil­lionen: Ist das Ihr Begriff, Ihre Vorstellung von Demokratie in Gremien? – Unserer sicherlich nicht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was Sie jetzt neu machen wollen, ist, dass von jeder Versicherung zwei Personen hineinkommen sollen. Und warum? – Da sozusagen die Erstperson in zu vielen Bereichen SPÖ-besetzt ist, glauben Sie von ÖVP und FPÖ ein Gegengewicht schaffen zu müssen. Das ist der einzige Grund! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Sie hätten es auch anders machen können. Wenn Sie sagen, zwei Personen jeder Organisation – gut, aber es hätte auch ein Mann und eine Frau sein können. Ich bin sicher, meine Kollegin Brigid Weinzinger wird Ihnen nachher erklären, wie man das hätte besser und gerechter machen können. (Beifall bei den Grünen.)

Völlig willkürlich haben Sie das gemacht! – Ich selbst bin sehr dafür, dass Seniorinnen und Senioren vertreten sind, dass sie ein Mitspracherecht haben, aber Seniorinnen und Senioren nehmen Sie hinein, Menschen mit Behinderung hingegen nehmen Sie nicht hinein, Jugendliche nehmen Sie schon gar nicht hinein, Hausfrauen auch nicht! Also Ihre Auswahl, welche Repräsentantinnen und Repräsentanten da mitbestimmen sollen, ist eine rein willkürliche und ist daher abzulehnen.

Was könnte man machen? – Man könnte Folgendes sagen: Diese Gremien sollen von jenen besetzt sein, die wirklich vertreten werden müssen, nämlich die Versicherten, die direkt ihre Vertreterinnen und Vertreter in den Hauptverband wählen könnten. Das wäre eine Möglichkeit eines demokratischen Vorgehens, dem Sie von den Regierungs­parteien aber leider nichts abgewinnen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Walch. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.03

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Silhavy, „Schluss mit der Parteizentrale in den Sozialversicherungs­anstalten“ hätte eigentlich auf dem Taferl da stehen müssen! (Beifall sowie Rufe bei den Freiheitlichen: Genau!)

Ich sage: Rote Farbe hinaus aus den Sozialversicherungsanstalten und (Rufe bei der SPÖ: Schwarze hinein!) entsprechende Qualität hinein!


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Ich weiß schon, dass das heute ein schwarzer Tag für die SPÖ ist, denn da drinnen hat man sich entsprechende „Parteizentralen“ errichtet. (Widerspruch und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Beweise dafür, was im Hauptverband passiert ist, hat man ja gesehen, und man braucht sich ja nur einmal die Gebietskrankenkasse in Wien anzuschauen, welche Leute dort die Geschicke der Krankenkasse leiten und welche Defizite die „erarbeiten“! – Was die Wirtschaftskompetenz der SPÖ, was Qualität anlangt, seid ihr nicht ganz „Meter“! Lasst euch jemanden von der FPÖ oder von der ÖVP kommen, dann funktioniert das! (Beifall sowie Rufe bei den Freiheitlichen: Genau! – Ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir machen Reformen! Und: Den Versicherten interessiert überhaupt nicht, wer dort drinnen sitzt, welche Partei, sondern er will Qualität haben, er will, dass in der Verwaltung sparsam ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ruhig! Aufpassen! Hört’s zu, dann lernt ihr was! (Ruf bei der SPÖ: Von Ihnen wirklich nicht ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der Versicherte will, dass in der Verwaltung sparsam und wirtschaftlich umgegangen wird, damit mit die Beiträge (Abg. Dr. Niederwieser: Mit den Beiträgen! Reden Sie Deutsch! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ) die Leistungen erhöht werden, damit die Qualität erhöht wird. Und das geschieht mit der Neubesetzung des Hauptverbandes!

Zur Demokratie: Natürlich ist es immer schlecht, wenn jemand die Mehrheit hat; auch in den Sozialversicherungsanstalten und im Hauptverband ist das so. Ich als Personalvertreter finde es ganz gut, wenn es eine 50 : 50-Besetzung gibt, denn dann muss sich sowohl die Wirtschaft bemühen, wenn sie etwas durchbringen will, als auch der Arbeitnehmerflügel, wenn er etwas durchbringen will. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich hoffe jedenfalls, dass im Interesse der Versicherten alle sagen, dass die Qualität gesteigert werden muss, dass das Geld sinnvoll eingesetzt wird. (Neuerliche Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Host d’ daham nix z’reden? (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Darum bin ich auch sehr zufrieden mit dem Vorschlag, den unser Minister Haupt hier vorlegt, denn es geht dabei auch um eine Verwaltungseinsparung. Ihr von der SPÖ könnt der Bevölkerung Unwahrheiten erzählen, so viel ihr wollt, aber ich sage hier jetzt die Wahrheit – und Gott sei Dank gibt es jetzt eine Fernsehübertragung.

Künftig wird es dort statt fünf nur noch zwei Verwaltungskörper geben. Fünf minus drei ist zwei! Das hätte es bei euch von der SPÖ sicherlich nicht gegeben, ihr hättet das wahrscheinlich wieder auf zehn erhöht.

Zum Recht der Senioren, zu den Seniorenvertretern: Da sind drei Fraktionen drinnen.

Jetzt gibt es nur mehr 34 Obmänner/Obfrauen statt 38. Also: 38 minus vier sind 34. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Aufpassen! Lesen – denken – rechnen!

Das Nächste ist, dass der Verbandsvorstand künftig nur mehr aus zwölf Mitgliedern bestehen wird; nicht aus 14! – Das haben nicht wir gemacht, das habt ihr (in Richtung SPÖ) dazumal gemacht in eurer Regierungszeit!

Ich kann wirklich nur sagen: Der neue Hauptverband der Sozialversicherung kann jetzt an die Arbeit gehen – jetzt ist er entsprechend besetzt – und soll gute Leistungen für die Versicherten in Österreich erbringen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sind keine Ankündigungspolitiker, son­dern Verwirklichungspolitiker! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben gesagt: Wir machen auch für die Patienten einen weiteren Schritt, und daher soll der Krankenschein in Zukunft der Vergangenheit angehören! Die Kranken­scheingebühr pro Quartal – das habt ihr von der SPÖ eingeführt – gehört in Zukunft


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der Vergangenheit an. In Österreich wird es dann eine Chip-Karte anstatt eines Kran­kenscheines geben, und zwar erstmalig 2006. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Auf­passen, sonst wissts ihr’s wieder net! 2006 wird das sein – und für diese Gebühr eine Einmaleinhebung von 10 €. – Also das lästige zum Arbeitgeber Hingehen, sich dort einen Krankenschein ausstellen lassen, jedes Mal 50 S zahlen, das gehört der Ver­gangenheit an! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß schon, dass ihr schreit, weil ihr diese Krankenscheingebühr eingeführt habt! Wer schreit, ist schuldig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Das gehört der Vergangenheit an! In Zukunft ist es so: Wie mit einer Bankomat-Karte kann der Versicherte mit der Chip-Karte zu jedem Arzt gehen, braucht keinen Einsatz mehr zu zahlen und so weiter. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Das ist ein Sozialversicherungssystem für die Zukunft (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen), das sind Reformen für die Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Aber nicht für die Menschen!)

11.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Frau Ministerin.

 


11.08

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsiden­tin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Aus demokratiepolitischen Erwägungen wer­de ich versuchen, meine Redezeit nicht voll auszuschöpfen, um die Zeit für den langen Schlusssatz meines Kollegen Herbert Haupt in der Fernseh-Übertragungszeit sozusagen wieder hereinzubringen, und ich hoffe, dass ich trotzdem in der restlichen Zeit alles unterbringen kann.

Die Hauptverbands-Reform, wie sie heute vorliegt, hat alle vom Verfassungs­gerichts­hof aufgehobenen Punkte berücksichtigt: Die Trägerkonferenz spiegelt die öster­reichische Sozialversicherungslandschaft wider und enthält zusätzlich Senioren­vertreterinnen und -vertreter.

Der Verbandsvorstand hat die vom Verfassungsgerichtshof geforderte Anbindung sei­ner Mitglieder an die Sozialversicherungen ebenfalls berücksichtigt, indem diese ent­weder aus dem Vorstand der Controlling-Gruppe oder der Generalversammlung dieser Versicherungsträger kommen müssen. Der Verbandsvorstand hat darüber hinaus die Generalkompetenz, vertritt den Hauptverband nach außen und hat damit auch ein Weisungsrecht an das Verbands-Management, das an die Weisungen des Vorstandes gebunden ist.

Die Parität – mein Kollege Herbert Haupt hat das bereits ausgeführt – wurde vom Verfassungsgerichtshof nicht in Frage gestellt, und ich möchte ausdrücklich festhalten, dass diese Parität auch auf Grund der Gelder, die in die Sozialversicherungen in Öster­reich fließen, absolut gerechtfertigt ist, denn zur Hälfte zahlen die Arbeitge­ber/Ar­beitgeberinnen in diese Sozialversicherungen und zur Hälfte die Arbeitnehmerinnen und -nehmer.

Der Hauptverband ist auch das wichtigste Koordinationsorgan innerhalb der Sozial­versicherungen. Es kommen ihm bedeutende Aufgaben zu, so zum Beispiel die EDV-Koordination innerhalb der Sozialversicherungsträger. Da ist ja in der Vergangenheit einiges gelungen: In den vergangenen zwei, drei Jahren konnten wir die vielen unterschiedlichen EDV-Systeme zusammenführen, auch in einer ITSV, und letztendlich werden alle Österreicherinnen und Österreicher die Gesundheitskarte, die e-Card spätestens im November 2005 haben. Damit wird es uns gelingen, eine nahezu


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unendliche Geschichte – auch einiger meiner Amtsvorgänger – zu einem guten Ende zu führen.

Nächste Woche wird die Musterordination für die e-Card, und zwar in Trausdorf, in Betrieb genommen. Mit dem Probebetrieb wird in den nächsten zwei Monaten, also Jänner und Februar, begonnen werden. Ende Februar beginnt dann der Roll-out im Burgenland und in weiterer Folge, nach einem genauen Plan, in ganz Österreich.

Der Hauptverband wird aber auch eine wichtige Koordinationsfunktion in der Um­setzung des Gesundheitsreformgesetzes haben, das ja heute noch auf der Tages­ordnung steht, wo eben die Bundes-Gesundheitsagentur und die Landes-Gesund­heitsplattformen eingerichtet werden. – Herr Kollege Öllinger und Frau Kollegin Mandak: Das hat nichts mit „Umfärbelung“ zu tun! (Zwischenruf bei den Grünen.)

Erstmals gelingt es, die zersplitterten Kompetenzen zwischen den einzelnen Bereichen des Spitalsmanagements sowie des niedergelassenen Bereichs zusammenzuführen, und erstmals werden auch die Sozialversicherungen das Recht haben, mitzureden im Spitalsbereich, vor allem aber im Koordinationsbereich, an den Nahtstellen zwischen intra- und extramuralem Bereich.

Die Sozialversicherungen haben auch mitzuarbeiten an der Entwicklung einer gemein­samen Dokumentation von Spital und niedergelassenem Arzt und der Entwicklung einer elektronischen Gesundheitsakte, für die wir heute noch mit dem Gesundheits­telematikgesetz die Grundlage schaffen werden.

Die Sozialversicherungen werden aber auch mitarbeiten müssen im Qualitäts­siche­rungsbereich, und zwar im gesamten Gesundheitswesen; auch das ist eine Heraus­forderung der Zukunft. Sie werden vor allem auch mitarbeiten müssen im Rahmen der Gesundheitsvorsorge und der Gesundheitsförderung, ein Anliegen, das dieser Bundesregierung ganz besonders wichtig ist und dem wir heute mit der Schaffung eines eigenen Fonds für Gesundheitsförderung und Vorsorgeuntersuchung Rechnung tragen.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt des Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes herausgreifen – damit das nicht ganz untergeht –, nämlich die Zuschussregelung für die Entgeltfortzahlung für Dienstgeberinnen und Dienstgeber. Nicht nur nach Arbeits­unfällen der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer, sondern auch bei Krankenstand ab dem elften Tag werden in Hinkunft 50 Prozent der Kosten an den Dienstgeber/an die Dienstgeberin refundiert werden. – Ich denke, dass das eine Erleichterung vor allem für Klein- und Mittelbetriebe bis 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist.

Das ist mir deswegen ganz besonders wichtig, weil die österreichische Wirtschaft von Klein- und Mittelbetrieben geprägt ist, und wir müssen diese Betriebe unterstützen, weil diese letztendlich den Großteil der österreichischen Arbeitsplätze schaffen und sichern. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ganz kurz etwas zur Bemerkung von Frau Abgeordneter Mandak sagen, warum nicht jeweils ein Mann und eine Frau in diese Gremien geschickt werden. – Das wäre mir sehr recht gewesen, aber nach 30 Jahren sozialdemokratischer Mehrheit in allen Sozialversicherungsträgern gibt es nur ganz, ganz wenige Frauen in den Sozialversicherungen. (Abg. Öllinger: Die Stellvertreter sind von der Arbeitgeberseite!)

Ich habe erstmals – erstmals! – als Frauenministerin, trotz aller meiner Vorgän­gerInnen, ein Frauenförderungsprogramm in der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und Angestellten initiiert, also in der PVA, ein Frauenförderungsprogramm, das sehr positiv angenommen wird und das in weiterer Folge von allen Sozial­versicherungsträgern weitergeführt, implementiert werden soll.


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Leider gibt es in den österreichischen Sozialversicherungsanstalten bislang keine Frauen­förderpläne, daher: Das wäre eine lohnende Aufgabe für viele Frauen­ministerinnen, aber auch für die Sozialversicherungen selbst gewesen. In einer ein­zigen, nämlich in Oberösterreich, gibt es das schon; ich will das nicht hintanstellen, sondern möchte betonen: Oberösterreich war da wirklich vorbildlich.

In der PVA haben wir das initiiert, und wir werden das in weiterer Folge in allen Sozialversicherungsanstalten implementieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das wäre gescheiter gewesen als diese „Reform“!)

11.15

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bures. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Bures begibt sich zum Rednerpult und stellt auf dieses eine große Tafel mit der Aufschrift „Schluss mit dem Abbau von Demokratie“. – Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Das Taferl kennen wir schon! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

 


11.15

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie nehmen das ernst. Wir haben ja heute auf der Tagesordnung einige gesetzliche Maßnahmen, die zur Folge haben, dass es zu einem massiven Demokratieabbau in Österreich kommt.

An diesem Tag, an dem es auch um einen Abbau von Demokratie in Österreich geht, tritt gleichzeitig Innenminister Strasser zurück, ein Innenminister, der eine offene Bau­stelle hinterlässt (Widerspruch bei der ÖVP), wie wir ja gestern gehört haben: eine offene Baustelle beim Asylgesetz, eine offene Baustelle beim Zivildienstgesetz, eine Einfärbelungspolitik in der Exekutive gegen den Widerstand der dort Beschäftigten (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist die Bilanz des jetzt zurückgetretenen Innenministers Strasser, und zwar an dem Tag, an dem wir über den von Ihnen geplanten Abbau von Demokratie reden! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sollen als Bundesgeschäftsführerin zurücktreten, wurde verlangt! – Weitere Zwischen­rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß, dass Sie sehr überrascht waren. Wolfgang Schüssel war überrascht, Herr Lopatka war überrascht, Herr Molterer war überrascht, alle waren überrascht darüber! Das ist die Performance dieser Bundesregierung! (Abg. Neudeck: Wissen Sie zu diesem Tagesordnungspunkt auch etwas? – Weitere Zwischenrufe bei den Frei­heit­lichen und der ÖVP.)

Vielleicht wissen Sie auch das noch nicht: Ich habe soeben gehört, dass Bun­desminister Platter der Nachfolger von Innenminister Strasser werden soll, ein Landesverteidigungsminister also, der gerade damit konfrontiert ist, dass es Missstände im österreichischen Bundesheer gibt! Auch dieser Minister hinterlässt eine Baustelle! (Rufe bei der ÖVP: Wo denn? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Gestern haben wir, Frau Bundesministerin Gehrer – Sie geben uns ja heute wieder die Ehre –, Ihre Regierungsbilanz erlebt: Neun Jahre Bildungsministerin, massiver Bil­dungsabbau; Sie berauben unsere Kinder ihrer Zukunftschancen und haben nur etwas über für verzopfte Wertedebatten! Das ist die Bilanz der Bundesministerin Gehrer! (Abg. Murauer: Eine Parteitagsrede halten Sie hier! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin Rauch-Kallat, Sie haben sich jetzt hier hergestellt und beteuert, wie Sie sich für Frauenförderung einsetzen. – In Wirklichkeit machen Sie doch das Gegenteil! Frauen werden durch diese Regierung immer mehr diskriminiert, ältere Frauen werden in die Armut gedrängt! Das ist die Bilanz dieser Regierung! Sie aber stellen sich heute


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da her, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, und sagen, Sie machen eine Reform des Hauptverbandes. – Sie machen doch nichts anderes, als für die ÖVP die Gesetze zurechtzubiegen! Und das ist undemokratisch! Daher haben Sie eine Regierungskrise! (Ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der ÖVP.)

In Wirklichkeit sind Sie alle rücktrittsreif! Für viele wären das schöne Weihnachten in Österreich, wenn Sie zurücktreten würden! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin Gehrer, ich sage Ihnen auch, wie Ihr Demokratieabbau aus­sieht: Sie versuchen, sich demokratische Mehrheiten zurechtzubiegen, Sie versuchen, aus Mehrheiten Minderheiten in unserem Land zu machen! Das ist diese unverfrorene Machtpolitik der ÖVP, die viele Menschen in Österreich genau spüren! Das ist eine Unrechtspolitik, die Sie betreiben, eine Politik, die sich immer mehr an der Grenze des Rechtsstaates befindet. Deshalb muss ja auch der Verfassungsgerichtshof bei wesentlichen Gesetzen so oft einschreiten!

Unrecht, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, besteht darin, dass im Hauptverband 300 000 Arbeitgeber 3 Millionen Arbeitnehmer überstimmen dürfen! Da wird doch ganz klar ein demokratisches Grundprinzip verletzt! Und Sie verletzen auch das Grund­prinzip des gleichen Wahlrechts in Österreich, eines gleichen, allgemeinen demo­kratischen Wahlrechts, wenn 300 000 Arbeitgeber 3 Millionen Arbeitnehmer überstim­men können! Das ist ein Verbiegen von Gesetzen, das ist ein Demokratieabbau, für den Sie verantwortlich sind!

Frau Bundesministerin, ich möchte dieser Regierung auch ins Stammbuch schreiben: Dieses Land, dieses Österreich gehört nicht der ÖVP (Abg. Murauer: Aber der SPÖ auch nicht!), und die Menschen wollen auch nicht, dass dieses Land der ÖVP gehört. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber in der ÖVP hat es ja Tradition, sich alles zurechtzubiegen. Sie haben ja bis 1970 im ÖVP-Statut enthalten gehabt, dass der Bundeskanzler immer dem ÖVP-Vorstand angehören muss. Das heißt, die nächste Wahlrechtsänderung wird sein: Es muss immer einen ÖVP-Bundeskanzler in unserem Land geben. (Ruf bei der ÖVP: Das wird auch so sein!)

Ich sage Ihnen: Die Menschen merken, dass Sie das eine sagen und das andere tun, dass diese Regierung in Wirklichkeit nichts anderes als Sein und Schein und massiven Demokratieabbau betreibt.

Da nützen alle Ihre Beteuerungen nichts – die Lebensrealität und die politischen Aus­wirkungen Ihrer Maßnahmen sprechen eine andere Sprache. Aber leider werden Sie diese Politik im Jubiläumsjahr fortsetzen. Sie werden versuchen, ein ÖVP-Jubeljahr auf Kosten der Steuerzahler daraus zu machen. (Abg. Neugebauer: Was Sie alles wissen! Sie hören ja das Gras wachsen!)

Ich sage Ihnen noch einmal, Herr Neugebauer: Dieses Land Österreich gehört nicht der ÖVP, und die Sozialdemokratie wird Seite an Seite mit den Menschen in diesem Land dafür kämpfen, dass dieser Demokratieabbau nicht mehr fortgesetzt wird, und dafür kämpfen, dass der ÖVP-Machtrausch in Österreich gestoppt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

11.21

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Donabauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.21

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundes­re­gierung! Meine Damen und Herren an den Fernsehapparaten und hier im Hohen Haus!


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Frau Kollegin Bures, Sie brauchen hier keine Krise herbeireden. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Grünen.) Die Bürger dieses Landes werden das tun, was sie für dieses Land als gut erachten.

Und wenn Sie heute davon sprechen, dass Demokratieabbau betrieben wird, dann darf ich Ihnen sagen: Arbeiten Sie mit daran, dass wir in Zukunft mehr Bürger zu den Wahlen bringen! Wenn wir heute hier das Hochschülerschaftsgesetz diskutieren, dann sollten wir ernsthaft auch einmal darüber reden, dass in den vergangenen Jahren die Wahlbeteiligung äußerst, äußerst gering war. (Abg. Öllinger: Na, na, na!) Jawohl! Das ist richtig!

Da heute hier auch über den Hauptverband diskutiert wird, ist es vielleicht einmal gut, zu hinterfragen: Was ist der Hauptverband? – Der Hauptverband ist die Dach­organisation aller Sozialversicherungsträger. Ich habe in dieser Organisation lange Jahre gearbeitet und darf heute noch dort arbeiten, weil ich als Sozialpolitiker mit Freude und mit Begeisterung in der Sozialverwaltung mitarbeite.

Aber ich sage Ihnen auch Folgendes: Der Hauptverband vergangener Zeiten war, wenn Sie wollen, eine Farbenpracht von oben bis unten. (Abg. Öllinger: Und jetzt schwärzen Sie ihn ein!) Ich schwärze niemanden an, sondern ich sage Ihnen das: Diese Organisationen, die Organe waren ausnahmslos von einer Partei besetzt, die zweite – das war meine Partei – hatte fallweise ein Mitspracherecht. Das ist die Wahrheit, und das kann ich Ihnen auch dokumentieren.

Wenn der heutige Hauptverband-Neu so ausgerichtet ist, dass in Zukunft alle Sozial­versicherungsträger vertreten sind, dann ist das doch keine unrichtige Entscheidung! In keinster Weise! Und wenn Sie heute hier die Notariatsversicherung kritisieren, dann sage ich Ihnen: Auch das ist eine Körperschaft öffentlichen Rechtes, die genau das selbe Recht hat mitzureden wie jeder andere. Auch in der Vergangenheit ist die Vertretung nicht nach Größe erfolgt, sondern nach Institutionen. (Abg. Öllinger: Das ist ja ein Ständestaat!)

Wenn die neuen Organe, wenn die Trägerkonferenz alle drinnen hat, alle Träger­schaften, dann nehmen Sie doch endlich auch zur Kenntnis, dass es in Zukunft drei Seniorenvertreter gibt. Das ist bis heute noch keiner anderen Regierung eingefallen. Diese Regierung macht es, weil wir eine Politik mit den Senioren machen, weil sie ein wichtiger Teil der Gesundheits- und Sozialpolitik sind. Das soll einmal gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Welchen Einfluss können sie ausüben? Welche Entscheidungen können sie treffen?)

Da Frau Kollegin Mandak hier gemeint hat, dass niemand mehr dort vertreten ist: Lesen Sie das Gesetz, Frau Kollegin! Dort steht drinnen, dass es eine Trägerkonferenz gibt, dass es einen Vorstand gibt, dass die Trägerkonferenz auch eine Kontroll­einrichtung wählt. Es steht aber auch drinnen, dass es ein Sozial- und Gesund­heitsforum gibt, wo genau diese Gruppen drinnen sind: die Behinderten, die Invaliden, die Frauen, die Jugendorganisationen. Das ist die Ausstattung, die heute vorgegeben und beschlossen wird!

Und deshalb bitte ich Sie: Kehren Sie zur Sache zurück und hören Sie mit Ihrer Polemik auf! Die hilft keinem Menschen, und schon gar nicht diesem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Rahmen der heutigen Beschlussfassung bezüglich des Hauptverbandes wird auch über die e-Card entschieden. Jahrelang haben wir dieses Projekt diskutiert, nun ist es endlich vor der Umsetzung. Es fließt damit etwas Gutes in eine moderne Verwal­tungsstruktur ein, und ich bin froh, dass wir diese Schwierigkeit bewältigt haben, Frau Minister.


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Auch die Neuregelung der Chefarztpflicht halte ich für gut, wiewohl wir da noch einiges nachzuarbeiten haben. Ich glaube, der Slogan ist richtig: Nicht der Patient soll laufen, sondern das Rezept soll „laufen“, damit die Menschen möglichst rasch mit Medikamen­ten versorgt werden.

Eines stimmt mich natürlich schon etwas nachdenklich: Wenn ein Drittel der ausge­gebenen Medikamente nicht endverbraucht werden, ist der so genannten Nachbeob­achtung oder Nachkontrolle allergrößtes Augenmerk zuzuwenden. Da brauchen wir einen engen Schulterschluss mit den Ärzten, denn die Bürger müssen das bekommen, was für sie wichtig und gut ist. Aber hier müssen wir letztendlich zu mehr Ökonomie finden.

Abschließend möchte ich auf § 28 Abs. 2 verweisen, wo eine Satzungsbestimmung im Gesetz festgeschrieben ist, wonach in Zukunft bei MedAustron, das eine ganz moder­ne Behandlungsmethode für schwerstkranke Menschen ermöglicht – es gibt bis dato eine einzige Einrichtung in Heidelberg; Bundeskanzler Schüssel, Landeshauptmann Pröll haben es geschafft, diese Einrichtung nach Niederösterreich zu holen –, die So­zialversicherungen auch dort ihren Kostenbeitrag in Form einer Satzungsbestimmung zu leisten haben. Ich halte das für enorm wichtig (Beifall bei der ÖVP), und ich glaube, es sollte bei Ihnen etwas mehr Freude aufkommen. Vielleicht gelingt Ihnen das besser, wenn Sie Abschied nehmen von der Farbe und zur Sache zurückkehren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Sie waren ja auch nicht fröhlich, Kollege Donabauer, Sie haben immer geschimpft!)

11.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.26

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus und auf der Regierungsbank! Herr Abgeordneter Dona­bauer, wo da Freude aufkommen soll bei dem, was Sie hier vorlegen, das weiß ich nicht! Das passiert maximal beim Rücktritt von Minister Strasser, von dem wir heute erfahren haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da stimme ich schon eher dem Abgeordneten Walch zu, wenn er gesagt hat – nicht ich, das hat er gesagt! –, das ist heute ein schwarzer Tag. Stimmt! Es wird die Republik wieder ein Stück schwärzer, weil Sie ja heute den Hauptverband der Sozial­versiche­rungen und die Österreichische Hochschülerschaft umfärben und damit das fortsetzen, was Sie gestern schon getan haben und was Sie in den letzten Wochen und Monaten und in der gesamten Regierungsperiode bislang getan haben.

Aber warum ist das so relevant? – Man könnte sagen: Okay, Postenschacher erwartet man von der Regierung ja sowieso, Ausweitung der Einflusssphären erwartet man von der Regierung sowieso. Ich glaube, es ist deswegen so wichtig, weil wir hier drei zentrale Grundkonflikte unterschiedlicher Interessen haben.

Wir haben einen Interessenskonflikt gerade im Sozialversicherungswesen zwischen Männern und Frauen, denn das, was wir hier haben, ist eine reine Männer­veranstal­tung. Das, was Sie in dieser neuen Struktur des Hauptverbandes festschreiben, ist, dass es weiterhin eine Männerveranstaltung bleibt, wo die Interessen der Männer daher auch im Vordergrund stehen werden, weil sie dort eben präsenter sind. (Abg. Großruck: Haben Sie was gegen Männer?)

Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, wo ist denn Ihre Frauenförderung? Glauben Sie wirklich, dass Sie mit ein bisserl Mentoring in irgendwelchen Institutionen, meistens der Privatwirtschaft, irgendetwas an diesem Konflikt ändern? Warum gehen Sie denn nicht


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her – das hätten Sie ja machen können, wenn Sie als Ministerin was tun wollen – und schreiben in diesen neuen Strukturen vor – wo man doch gerade ein neues Gesetz macht –, dass die Gremien zumindest zur Hälfte von Frauen und von Männern besetzt werden müssen?

Sie können ja auch sagen, es müssen sowohl die Obleute beziehungsweise ihre Stellvertreter drinnen sein. Warum können Sie nicht genauso sagen: Es ist uns egal, welche Funktion es ist, wichtig ist uns, dass ein Mann und eine Frau pro Gremium entsandt werden. – Wäre ja eine Möglichkeit gewesen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Ihnen das zu weit geht – und Ihnen ist ja bei der Frauenförderung bald einmal schon zu viel, was man vorschlägt –, hätten Sie ja zumindest die von Ihnen gerade angekündigten Frauenförderungspläne vorschreiben müssen. Sie bestimmen ja ohnehin – nicht völlig willkürlich, aber so ein bisschen nach einem handverlesenen Verfahren –, wer in dieses neue Gremium der Trägerkonferenz hinein darf. Warum sagen Sie dann nicht auch, ein Kriterium, wer dort hinein darf, ist, ob die jeweilige Institution Frauenförderpläne hat und umsetzt? Das hätten Sie auch machen können, Frau Ministerin!

Es gibt jede Menge an Vorschlägen – wir können uns auch privat noch weiter unter­halten –, es gibt noch eine ganze Fülle von Vorschlägen, aber das würde hier nur den zeitlichen Rahmen sprengen.

Der zweite Interessenskonflikt, mit dem wir es zu tun haben, ist einer zwischen den Versicherten, also jenen Menschen in Österreich, die sozialversichert sind und Leis­tungen in Anspruch nehmen möchten und die dafür mit ihren Beiträgen zur Kasse gebeten werden. Diese Versicherten haben ganz klare Interessen. Diese Versicherten haben Interessen, die dem entgegenstehen, was die Regierung zurzeit macht, denn die Regierung betreibt einen Abbau an Sozialleistungen und eine Erhöhung der Kosten für die Menschen. Wir haben es ja bei der Pensionsreform gesehen, was Sie alles gemacht haben.

In dem Moment, wo die Versicherten an Einfluss verlieren und die Regierung im Haupt­verband an Einfluss gewinnt, haben Sie das sofort verschoben. Und es ist kein Zufall, dass die Regierung daher größtes Interesse hat und das knallhart durchzieht, sicher­zustellen, dass jedenfalls die eigenen Leute, in welcher Konstellation immer, eine Mehrheit haben. Das ist dann Ihre „Demokratie“!

Herr Minister Haupt, Sie haben gesagt, es ist ein Spiegelbild von demokratischen Wahlen. – Das ist ein Zerrspiegel, was Sie uns hier vorhalten! Es wurde auch gesagt: Wenn die Wahlbeteiligung nicht passt ... – Schaffen wir dann die Wahlen ab, oder wie soll das gehen? Sie haben überhaupt keine demokratischen Wahlen, wo eins zu eins – jede Stimme hat gleiches Gewicht – die Gremien bestimmt werden.

Ganz im Gegenteil! Sie gehen her und sagen: Die 800 Notare sind uns demokratisch gleich viel wert wie 1,3 Millionen Versicherte in Wien oder 1 Million Versicherte in Niederösterreich. – Das ist Ihr Verständnis von Demokratie!

Genauso machen Sie es beim dritten Grundkonflikt, bei den Interessen von Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmern versus den Interessen von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Das sind nun einmal sehr unterschiedliche Interessen. Aber was machen Sie? – Sie gehen her und stellen sicher, dass die 300 000 Arbeitgeber jederzeit die 3 Millionen ArbeitnehmerInnen überstimmen können. (Abg. Broukal: Das ist Parität à la ÖVP!) Das ist Ihre Demokratie! Sie stellen sicher, dass jedenfalls Ihre Partei das Sagen hat und jedenfalls Ihre Klientel ein Übergewicht hat. Das ist nicht sozial gerecht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.31

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerinnen! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte die Diskussion rund um den Hauptverband heute hier nutzen, um noch einmal über jenes Reformprojekt zu diskutieren, das wir vor kurzem hier beschlossen haben, nämlich die Pensionsharmonisierung, die wohl sehr direkt mit diesem Hauptverband zusam­menhängt.

Ich glaube, man kann es nicht oft genug sagen, und man sollte es jetzt hier noch ein­mal wiederholen, dass hier wirklich etwas Grundsätzliches passiert ist. Und ich glaube, man sollte auch die Diskussion heute so sehen, dass wir Freiheitlichen und auch die gesamte Bundesregierung Stück für Stück Dinge in Angriff nehmen, um sie zu verbessern, um sie zu erneuern und um Dinge in Bewegung zu setzen, die für diese Republik wichtig sind.

Es ist natürlich nicht immer alles ganz einfach, und es passieren natürlich auch uns Fehler. Ich wäre der Letzte, der nicht sagen würde – und auch sagt –, dass manchmal etwas nicht so gut funktioniert und dass auch manchmal Handlungsbedarf besteht, um etwas zu verbessern. Aber bei uns in Kärnten sagt man: Wo man hobelt, fallen Späne. Und: Nur wer arbeitet, macht Fehler. – So gesehen kann man uns, glaube ich, viel vorwerfen, aber nicht, dass wir die Dinge nicht in Angriff nehmen und nicht verbessern.

Bei dieser Pensionsharmonisierung ist es ähnlich gewesen. (Abg. Silhavy: Jetzt geht es um den Hauptverband!) Über 30 Jahre hinweg – Frau Kollegin Silhavy, über 30 Jahre hinweg! – hat die Sozialdemokratie permanent angekündigt, hier etwas zu machen, permanent angekündigt, dass es hier die großen Veränderungen geben wird. 30 Jahre ist unter Ihrer Schirmherrschaft nichts passiert! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Faktum ist, die Pensionsharmonisierung ist unter unserer Schirmherrschaft zustande gekommen. (Abg. Öllinger: Das hat mit dem Thema überhaupt nichts zu tun!) Unter unserer Schirmherrschaft haben wir es geschafft, dass wir endlich ein System schaf­fen, dass alle Menschen gleich behandelt werden in der Pension. (Widerspruch bei den Grünen.) Das ist es wirklich wert, dass man das noch einmal hier heraußen sagt: Alle werden gleich behandelt, meine geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Öllinger, ich glaube, dass Ihnen das wehtut im Tiefsten Ihres grünen Herzens und dass Sie deswegen hinausgehen, aber Sie können mir eines glauben: Man muss sich das einmal im Detail anschauen!

Wir haben ganz klar drei Systeme geschaffen. Alle über Fünfzigjährigen behalten ihre bestehenden Rechte. (Abg. Öllinger: Keine Gleichbehandlung!) Da passiert überhaupt nichts. Das ist gut so, denn bestehende Rechte soll man nicht angreifen. Ich glaube, jemand, der 30, 40 und mehr Jahre gearbeitet hat, hat das Recht, dass ihm das gehört, was ihm zusteht. (Abg. Öllinger: Sie haben keine Ahnung! Schon wieder keine Ahnung!)

Alle zwischen Neueintritt und 50 Jahren werden in einem Parallelsystem gegen­ge­rechnet. Da gibt es das alte System, das es 30, 40 Jahre lang gegeben hat, und da gibt es ein neues System, das wir eingeführt haben, ein gutes, ein faires System. Und je nachdem, wie lange man im System war, wird es zum Schluss eine Pension geben, die gerecht, fair und ausgeglichen ist.


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Jetzt kommt der springende Punkt: Alle, die neu beginnen, egal, ob sie Bauern, Beamte, Arbeiter, Angestellte, Selbständige sind, sind in einem gleichen System. (Abg. Öllinger: Wovon reden Sie eigentlich?) Von der Pensionsharmonisierung! (Abg. Öllinger: Jetzt geht es ja um den Hauptverband!)

Ja, meine geschätzten Damen und Herren, aber es ist auch gut, das hier noch einmal zu sagen. Es ist auch gut, dass die Leute in dieser Diskussion noch einmal erfahren, dass hier ein Jahrhundertprojekt geglückt ist: dass alle, die neu zu arbeiten beginnen, alle, die neu eintreten, ein einheitliches, faires, gerechtes Pensionssystem haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Keck.)

Sie können ja Frau Kollegin Bures fragen, warum sie nicht über den Hauptverband gesprochen hat, sondern nur über Innenminister Strasser. Fragen Sie doch Ihre eigene Kollegin, warum sie nicht über den Hauptverband diskutiert hat! Kollege Keck, Sie müssen nachdenken, bevor Sie etwas herausrufen! Sie müssen Ihre eigene Abgeord­nete, Kollegin Bures, die jetzt nicht mehr hier ist, fragen, warum sie 5 Minuten lang über Herrn Strasser und über Herrn Platter diskutiert hat! Ich werde es mir nicht neh­men lassen, die Hauptverband-Diskussion dafür zu nutzen, um dieses faire, gerechte und gute System der Pensionsharmonisierung hier noch einmal unter die Leute zu bringen.

Wir Freiheitlichen haben auch Verbesserungen bei der Parallelrechnung vorge­nommen. Es gibt erstmals eine Schwerarbeiterregelung. Es gibt erstmals Besser­stellungen für Frauen. (Abg. Silhavy: Da sind Sie hintennach! Das ist der falsche Tagesordnungspunkt!) – Meine geschätzte Frau Kollegin Silhavy, das ist nicht ein falscher Tagesordnungspunkt, denn Pensionen und Pensionsharmonisierung sind es immer wert, dass man darüber redet. Das ist so ein wichtiges Thema, dass man auch diesen Tagesordnungspunkt dafür nutzen kann und dafür nutzen sollte, über die Ver­besserungen, die wir Freiheitlichen gemacht haben, zu diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Oje!)

Ich glaube, Sie sollten bei dieser Sache noch einmal in sich gehen. Sie sollten noch einmal überlegen, warum Sie denn so sehr gegen dieses System waren. Ich bin vor 14 Tagen hier gestanden und habe das SPÖ-Pensionsmodell zitiert. Ich habe damals sechs oder sieben tatsächliche Berichtigungen dafür geerntet. (Abg. Broukal: Fünf waren es!) – Nein, es waren sieben, denn bei fünf Tatsächlichen waren zwei doppelte; das macht sieben. – Herr Kollege Broukal, fünf plus zwei macht sieben. Sie sollten besser lernen, Sie sollten schauen, dass Sie bei der nächsten PISA-Studie nicht dran­kommen, denn sonst fallen wir noch weiter zurück, denn wenn fünf plus zwei bei Ihnen nicht sieben ergeben, dann wäre es besser, Sie schauen, dass Sie dort nicht hinkommen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Frau Präsidentin, ich komme schon zum Schlusssatz: Sie von der SPÖ sollten öfter in sich gehen, dann würden Sie sehen, dass das, was die Regierung hier macht, gut ist. Denn wir verändern Österreich zum Guten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Broukal zu Wort. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.37

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dipl.-Ing. Scheuch, jeder


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sucht hier im Raum seine Rolle. Sie haben die Ihre gefunden. Eine ernste ist es nicht geworden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir heute am Vormittag hier im Nationalrat erleben, ist eine Neuauflage von „speed kills“, es ist Demokratieabbau sozusagen im Stundentakt: im Hauptverband der Sozialversicherung und bei der Österreichischen Hochschülerschaft.

Direktwahl der Österreichischen Hochschülerschaft, eingeführt unter dem ÖVP-Unter­richtsminister Felix Hurdes, abgeschafft unter der ÖVP-Bildungsministerin Elisa­beth Gehrer. Das ist eine „Unehrentafel“, auf der ich nicht stehen möchte, aber Sie haben diesen Weg gewählt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist der Weg einer Paradoxie: weniger Wahlen – mehr Mitsprache. Ein wirrer Satz, mit dem seit Wochen versucht wird, allen Menschen zu erklären, dass der Abbau von Demokratie bei der Hochschülerschaft irgendetwas damit zu tun hätte, dass die Mitsprache der Studierenden besser wird. Es ist dies ein Satz, der Ihnen von nieman­dem abgenommen wird – nicht von den Menschen in diesem Land, nicht von den Studierenden, nicht von den Journalisten und Journalistinnen in diesem Land.

Margaretha Kopeinig im „Kurier“: „Konservative Revolution“.

Andreas Koller in den „Salzburger Nachrichten“: „Unwürdiger Beitrag“ zur Demokratie­diskussion.

Herbert Lackner im „profil“: „Hier riecht’s streng“.

Erich Witzmann in der „Presse“: „Überrumpelt“.

Lisa Nimmervoll im „Standard“: Schwarzmalerei.

Aber was setzen Sie denn an die Stelle dieser direkten Wahl der Österreichischen Hoch­schülerschaft, die für die Vorgänger der Frau Bundesministerin Gehrer eine demokratische Errungenschaft war, die ganz absichtlich im Jahr 1946 eingeführt wurde, als Antithese zur staatlichen NS-Studentenorganisation, in die damals alle vor 1945 hineingezwungen wurden, ob sie wollten oder nicht?

Was setzen Sie denn an die Stelle dieser direkten Wahl? – Die Karikatur einer Wahl. 1 000 Stimmen an einer Universität haben in der Bundesvertretung dasselbe Gewicht wie 7 000 Stimmen an einer anderen Universität.

Während Sie behaupten, dass es darum ginge, die einzelnen Universitäten zu stärken, schaffen Sie für den fast vom Aussterben bedrohten Ring Freiheitlicher Studierender ein Sonderrecht, das es möglich macht, mit sechsmal 167 Stimmen an verschiedenen Universitäten ebenso ein Mandat in der Bundesvertretung zu bekommen wie mit 7 000 oder 6 000 Stimmen an einer einzigen Universität.

Ja, Herr Dipl.-Ing. Scheuch, da schaut PISA wirklich herunter, wenn das ein demo­kratisches Wahlrecht sein kann. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber es geht ja in diesem merkwürdigen Sinn weiter: 35 Prozent der Wähler haben es nach der von Ihnen gewählten Konstruktion in der Hand, in Zukunft 63 Prozent der Mandate in der Bundes-ÖH zu beschicken. 35 Prozent der Wähler – 63 Prozent der Mandate! Und ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie so unerfahren, ungeschickt und unmathematisch veranlagt wären, um dieses Rechenexempel nicht selbst durchgeführt zu haben, bevor Sie ein Gesetz gebastelt haben, das es ermöglicht, Ihren Studie­rendenvertretern, denen es bei demokratischen Wahlen nach dem Prinzip „eine Per­son, eine Stimme“ nicht gelingt, eine Mehrheit zu bekommen, auf dem Weg über merkwürdige, umwegige Konstruktionen doch noch diese Mehrheit zu beschaffen.


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Sie von den Regierungsparteien sagen, der Stellenwert der einzelnen Universitäts­vertretungen habe sich erhöht, der der Bundesvertretung habe abgenommen, und deswegen brauche man dort gar keine demokratischen Wahlen mehr, sondern dieses indirekte Beschickungssystem, das alles andere als demokratisch ausgewogen ist.

Prüfen wir dieses Argument! Fragen wir uns: Wer gibt das Geld für die Universitäten? Die Landesregierungen, die Gemeinden, in denen diese Universitäten sind, oder die Bundesregierung? – Der Bund natürlich!

Wer bestimmt die innere Verfassung der obersten Organe der Universitäten? Die Gemeinden, die Landesregierungen oder der Bund? – Der Bund natürlich!

Wer entscheidet über die Höhe der Stipendien in diesem Land, egal an welcher Universität jemand studiert? – Natürlich die Bundesregierung!

Wer entscheidet über die grundlegenden Ziele, denen sich die Universitäten in For­schung und Lehre zu widmen haben? – Natürlich die Bundesregierung! (Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger.)

Ich verstehe Sie nicht. Sie reden zu leise. Vielleicht können wir das nachher bei einem Kaffee klären, was Sie mir sagen wollen. – Danke vielmals. (Abg. Felzmann: So machen Sie Politik!)

Wer entscheidet denn über die Forschungsmittel, die den Universitäten in ganz Öster­reich zukommen? Die Länder, die Gemeinden? – Nein, die Bundesregierung über den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, den sie mit Geld versieht.

Also es gibt jede Menge Anknüpfungspunkte, die es als gegeben erscheinen lassen, dass eine starke Studierendenvertretung auf Bundesebene – direkt gewählt und legitimiert – jene Dinge auch gegenüber der Bundesministerin vertritt, die Studieren­denvertreter nun einmal zu vertreten haben.

Wissen Sie, noch ein Vergleich macht mich sicher: Als die Mitbestimmung der Studie­renden an den Universitäten eingeführt wurde, im Jahre 1973, waren die Studierenden, die Vertretungskörper der Studierenden von einer Dreiviertelmehrheit von ÖVP- und FPÖ-nahen Studierenden dominiert. Und dennoch ist damals die Mitbestimmung von einer sozialdemokratischen Bundesregierung eingeführt worden, ist diesen Studie­rendenvertretern – die die Gegner der Sozialdemokratie waren! – das Recht einge­räumt worden, an den Universitäten, aber auch gegenüber der Ministerin Firnberg politisch legitimiert durch eine direkte Wahl aufzutreten.

Das ist eine Größe, das ist ein Mut, das ist ein Verständnis von Demokratie, das Sie nicht mehr haben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte zum Abschluss noch einmal zusammenfassen:

Die Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft ist ein direkt­demokratisch legitimiertes Organ der ÖH. Durch den Wegfall dieser direkten Wahlen wird den Studierenden einerseits die Möglichkeit genommen, ihr direktes Wahlrecht auszuüben, und andererseits fällt auch die Möglichkeit aus, auf Bundesvertretungs­ebene bewusst politisch zu wählen. Die Bundesvertretung wird dadurch nicht nur geschwächt, sie wird auch ihrer Existenzberechtigung beraubt. Deshalb: Die Direkt­wahl muss bleiben!

Von wem ist dieses Zitat? – Von den ÖVP-nahen Studenten an der Universität Wien. – Ich wünsche wohl zu speisen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.44

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 



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11.44

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen Ministerin­nen! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Broukal, wir ziehen uns noch nicht zum Speisen zurück, denn wir diskutieren hier gerne mit Ihnen. (Abg. Öllinger: Ja, so schaut es aus!) Ich nehme gleich ein paar aufgeworfene Punkte gerne auf.

Sie, Herr Kollege Broukal, beschreiben eine Universitätswirklichkeit aus der Nach­kriegszeit, die längst nicht mehr existiert: Es sitzt nicht einer starken, für alle Details verantwortlichen Ministerin die Bundesvertretung gegenüber. Wesentliche Dinge werden an den Universitäten geregelt! Dort muss einem starken Rektorat, einem star­ken Senat (Abg. Dr. Grünewald: Schwacher Senat!), einer starken Uni-Rats-Vertretung eine starke Studierendenvertretung gegenübersitzen. – Und genau das machen wir heute mit diesem Gesetz! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das heißt, es ist schon ganz gut, sich der Geschichte und der Anfänge zu besinnen – aber dann, bitte, auch den Wandel nachzuvollziehen!

Apropos Wandel: Es wird hier in verschiedenen Zusammenhängen von Schwarz­malerei, Umfärben und so weiter gesprochen. Logisch denkende Oberstufen­schülerinnen haben zu mir gesagt: Muss da nicht vorher schon eingefärbt worden sein? (Abg. Dr. Grünewald: Also bitte! – Abg. Öllinger: Die Hochschülerschaft?) – Also, wenn Sie da nicht eingefärbt haben, dann haben wir nicht umgefärbt. (Abg. Öllinger: Wer hat denn die Hochschülerschaft eingefärbt?) Wer auch immer. Die Vorgänger in den Ebenen. (Abg. Öllinger: Das ist ja jenseitig! Die wird gewählt!)

Also: Die Regierenden färben nicht um – einigen wir uns darauf; dann haben die ande­ren keinen Anlass gehabt, schon vorher einzufärben.

Was sind denn die neuen Aufgaben und die neuen Strukturen der Studierenden­vertretung? Übrigens: Die Aufgaben der Bundesvertretung bleiben im Wesentlichen gleich. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir diesen Paragraphen geändert haben. Was sind die neuen Aufgaben der Bundesvertretung (Abg. Dr. Grünewald: Brav sein!), und wie können die Universitätsvertretungen gestärkt werden? – Jeder Organisations­soziologe, jeder Betriebswirt sagt Ihnen: Ich muss der Struktur mehr Macht, mehr Autonomie und mehr Geld geben. – Genau das machen wir, und nicht über diese Entscheidungsebene weitere Entscheidungsbefugte platzieren, damit man die Ent­scheidungen der darunter liegenden Ebenen aufheben kann.

Also: Wir stärken die Universitätsvertretungen, wir stärken die Möglichkeiten, vor Ort Probleme zu lösen, zu identifizieren – zum Wohle der Studierenden (Ruf: Nein!) und zum Wohle derjenigen, die an der Weiterentwicklung der Universität interessiert sind. Also der/die einzelne Studierende gewinnt, und politische Blockadepolitik soll abgebaut werden – mir wäre es am liebsten: ein Ende haben können. (Abg. Öllinger: Ah? Wo ist die Blockade? Können Sie uns das erklären?)

Die Wählerinnen und Wähler werden bei der nächsten Wahl entscheiden. Wenn Sie schon wissen, wie das ausgeht: Denken Sie offenbar, Sie wollen irgendwie eingreifen, irgendwie jetzt eine Art Veränderung herbeiführen? Worauf führen Sie diese Unter­stellung, diesen Vorwurf zurück? (Abg. Dr. Glawischnig: Was ist denn eigentlich der Grund für dieses Gesetz?)

Wir sind mit der Strukturierung der Hochschülerschaft hier auch ganz parallel zu den anderen Interessenvertretungen, wie die Arbeiterkammer, wie die Wirtschaftskammer, wie andere Interessenvertretungen auch (Abg. Dr. Grünewald: ... frei gewählt!), und der Vorschlag des Vorsitzenden Gusenbauer in der letzten „Pressestunde“, nämlich auch dort eine Direktwahl der Bundesvertretung einzuführen, ist von Herrn Tumpel zurückgewiesen worden. Also: Wählen auf der regionalen Ebene, Stärkung der


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regionalen Ebene – entsenden in die Bundesvertretung! Davon wollen auch die Arbeiterkammer und Herr Tumpel nicht abweichen. (Abg. Mandak: Na, das ist ein Argument! – Abg. Öllinger: Was ist das für ein Argument?)

Noch einen Irrtum möchte ich gerne aufklären, dass nämlich hier in einer Art Schnell­schuss oder sonst wie gearbeitet wurde. Auf den Tag genau vor einem Monat haben Elke Achleitner und ich einen Initiativantrag eingebracht (Abg. Dr. Grünewald: Aber nicht geschrieben!), sofort eine eigene Homepage eingerichtet, zu einer informellen Begutachtung eingeladen, die auf der Basis Regierungsvorlage im Wesentlichen auch nicht länger gedauert hätte, wie die Praxis zeigt.

Ich bedanke mich an dieser Stelle für die vielen konstruktiven Emails, Briefe, Faxe, Teilnahmen (Abg. Öllinger: Ach ja! Vom RFS! Vom RFS, oder?) – diese haben Sie wahrscheinlich nicht bekommen; danke, dass wir sie bekommen haben! Wir haben daher im Laufe der Debatte und der Ausschussverhandlungen noch viele Verbes­serungen eingebracht; Kollegin Wolfmayr und meine weiteren Nachredner werden auf diese Verbesserungen im Wesentlichen noch eingehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Also, die Mär vom Überrollen, die Mär vom Nichtberücksichtigen, die Mär (Abg. Krainer: Die Wahrheit!) vom Nicht-zu-Wort-kommen-Lassen stimmt überhaupt nicht! Ich habe das Protokoll der vielen Gespräche im Ministerium (Abg. Öllinger: Wir haben es auch gelesen!), wir haben hier im Haus zwischen den Wissenschaftssprecherinnen und -sprechern und Vertretungen Gespräche geführt, wir haben mit der Bundes­vertretung Gespräche geführt, wir haben mit vielen Universitätsvertretungen, auch mit Fachschaftslisten, mit sehr konstruktiven Vertreterinnen und Vertretern Gespräche geführt. Es lässt sich einfach nicht aufrechterhalten, dass wir hier in irgendeiner Weise undemokratisch oder sonst wie vorgegangen wären (Abg. Krainer: Das ist die Wahrheit!) – das lässt sich alles dokumentieren (Abg. Mandak: Das ist eigentlich noch schlimmer!), wir haben damit überhaupt kein Problem (Abg. Dr. Grünewald: Das ist Ihr Problem, ja!) –, sodass die Bundesvertretung zerknirscht ein Konsenspapier über­geben hat, ein Konsenspapier, das wir auch noch in einzelnen Punkten mit einem heutigen Abänderungsantrag verfeinern wollen.

Meine Damen und Herren! Ich bringe gerne diesen Abänderungsantrag noch ein – ich bitte die Frau Präsidentin, ihn zu verteilen – und meine, dass wir ein Wort, das ich den Ausführungen der Kollegin Csörgits in einer der letzten Sitzungen entnommen habe, nämlich: „Demokratie braucht Auseinandersetzung!“, ernst nehmen, dass wir diese Aus­einandersetzung dort führen, wo sie zu führen ist – nicht in eskalierenden Demon­strationen, bei denen es gestern zu Sachbeschädigungen von Objekten gekommen ist, und zwar nicht nur von Parlamentariern, sondern auch von Mitarbeitern. Das ist eine bedauerliche Entwicklung. Ich meine, der Ort der Auseinandersetzung ist das Parla­ment, ob jetzt an den Universitäten oder hier.

Der Handlungsbedarf für die Reform besteht auch darin, dass sich offenbar die bisher bestehende Attraktivität recht unattraktiv ausnehmen ließ, wenn ich mir die Wahl­beteiligung anschaue: Wir haben 1979 eine ÖH-Wahlbeteiligung gehabt, die bei mehr als 45 Prozent lag, und jetzt haben wir 29 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Also, so ein Erfolgsmodell muss das nicht gewesen sein.

Ich appelliere an alle, die an der Weiterentwicklung der Universität arbeiten wollen – das sind viele Studierende, viele jungen Frauen und ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Sie sollen Ihren Antrag in den Kernpunkten erläutern.

 



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Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (fortsetzend): Ich setze auf diese Kooperation, und ich will eigentlich Sie noch davon überzeugen, dass es sich lohnt, auf diese Art von Kooperation weiter zu setzen – mit dem neuen HSG, mit den neuen Universitäts­gesetzen.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 465/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschüler­schaftsgesetz 1998 (764 d.B.)

*****

Ich ersuche die Präsidentin wegen des Umfanges dieses Antrags um dessen Ver­teilung.

Ich erläutere die Kernpunkte: Wir haben auch hier im Titel gegendert. (Abg. Mandak: „Wow!“ – Abg. Öllinger: Na „super“!) Es soll „Hochschülerinnen- und Hochschüler­schaftsgesetz 1998“ heißen. Ihnen ist das jetzt auf einmal nicht wichtig – uns ist das schon wichtig. Und es soll weiters keine Verpflichtung bestehen, dass wahlwerbende Gruppen, welche das Recht haben, Studierendenvertreterinnen und Studierenden­vertreter in die Bundesvertretung zu wählen, und die Vorsitzende oder den Vorsitzen­den der jeweiligen Universitätsvertretung stellen, diese Vorsitzende oder diesen Vor­sitzenden jedenfalls in die Bundesvertretung zu wählen haben.

Der Listenverband, den Sie angesprochen haben, soll mindestens an sechs Univer­sitäten bestehen. Und redaktionelle Fehler sollen auch ausgeglichen werden.

Ein abschließendes Rechenbeispiel, auch zum Minderheitenschutz: Gestern hatten die Grünen bei 17 Mandaten 130 Minuten Redezeit und die ÖVP bei 79 Mandaten 175 Minuten. (Abg. Öllinger: Möchten Sie das auch noch ändern?) Auch eine Form der Berücksichtigung von kleinen Gruppen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Möchten Sie das auch noch ändern?)

11.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen schriftlich überreicht wurde, ausreichend unterstützt ist und auch gemäß § 53 Abs. 4 GOG zur Verteilung gelangt. Er steht damit auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 465/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschüler­schaftsgesetz 1998 (764 d.B.)


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Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Z 1 lautet:

„1. Im Inhaltsverzeichnis lauten § 15. „§ 15. Organ gemäß § 12 Abs. 2“, § 16. „§ 16. Aufgaben des Organs gemäß § 12 Abs. 2“, § 17. „§ 17. Studienvertretung“, § 18. „§ 18. Aufgaben der Studienvertretung“, § 19a. „§ 19a. Tätigkeitsbericht“, § 30. „§ 30. Verteilung der Studierendenbeiträge“, § 35a. „§ 35a. Wahl von Studierenden­vertreterinnen und Studierendenvertretern in die Bundesvertretung“, § 41. „§ 41. Zu­weisung der Mandate für die Universitätsvertretungen“, § 42. „§ 42. Zuweisung der Mandate für die Studienvertretungen“, § 45. „§ 45. Einsprüche gegen die Wahlen der Universitätsvertretungen und der Studienvertretungen“, § 58a. „§ 58a. Vermögensüber­gang auf die Hochschülerschaften der Medizinischen Universität Wien, Graz, Inns­bruck“.“

2. In Z 10 wird in § 12 Abs. 2 das Wort „Vertreter“ durch das Wort „Vertretern“ ersetzt.

3. Z 19 lautet:

„19. In § 22 Abs. 3 erster Satz entfällt die Wortfolge „gemäß § 13 Abs. 4 Z 6 UniStG“; in § 22 Abs. 3 Z 2 wird das Wort „Fakultätsvertretungen“ durch die Wortfolge „Organe gemäß § 12 Abs. 2“ und das Wort „Studienrichtungsvertretungen“ durch das Wort „Studienvertretungen“ ersetzt; in § 22 Abs. 3 Z 3 wird das Wort „Fakultätsvertretungen“ durch die Wortfolge „Organen gemäß § 12 Abs. 2“ und das Wort „Studien­richtungs­vertretungen“ durch das Wort „Studienvertretungen“ ersetzt; in § 22 Abs. 3 letzter Satz wird die Wortfolge „die Studiendekanin oder der Studiendekan“ durch die Wortfolge „das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige Organ“ ersetzt; in § 22 Abs. 4 werden beide Klammerausdrücke gestrichen.“

4. Z 25 lautet:

„25. In § 34 Abs. 1 erster Satz wird die Wortfolge „in alle Organe der Österreichischen Hochschülerschaft und der Hochschülerschaften an den Universitäten mit Ausnahme der Wahlkommissionen“ durch die Wortfolge „in die Bundesvertretung und die Organe gemäß § 12 Abs. 2 sind alle zwei Jahre durchzuführen, die Wahlen in die Studien­vertretungen und die Universitätsvertretungen“ ersetzt; § 34 Abs. 2 erster Satz lautet: „Die Wahlen in die Studienvertretungen und die Universitätsvertretungen sind von Dienstag bis Donnerstag einer Woche in der Zeit von Mitte April bis Mitte Juni durchzuführen.“ und in § 34 Abs. 4 und Abs. 5 Z 3 entfällt das Wort „sicherer“.“

5. In Z 28 entfällt § 35a Abs. 1 letzter Satz und § 35a Abs. 5 erster Satz lautet:

„Wahlwerbende Gruppen für die Wahl zur Universitätsvertretung können sich univer­sitätsübergreifend vor der Wahl zur Universitätsvertretung zu Listenverbänden für die Wahl zur Bundesvertretung zusammenschließen, sofern der Zusammenschluss wahl­werbende Gruppen an mindestens sechs Universitäten umfasst.“

6. In Z 30 wird in § 39 Abs. 2 das Wort „Studierendenvertreter“ durch das Wort „Studierendenvertretern“ ersetzt.

7. Z 34 lautet:

„34. § 43 Abs. 3 und 4 lauten:

„(3) Ein Mandat für das Organ gemäß § 12 Abs. 2 erlischt, wenn die Mandatarin oder der Mandatar auf das Mandat verzichtet oder sie oder er zu keinem Studium an der Universität zugelassen ist.


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(4) Ein Mandat für die Studienvertretung erlischt, wenn die Mandatarin oder der Mandatar auf das Mandat verzichtet oder sie oder er zu keinem Studium an der Universität zugelassen ist.“

8. Nach Z 43 wird folgende Z 44 angefügt:

„44. Der Kurztitel des Hochschülerschaftsgesetzes 1998 samt Abkürzung lautet „(Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998)“ und im gesamten Gesetz werden die Worte „Hochschülerschaft“ durch die Wortfolgen „Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft“ und die Worte „Hochschülerschaften“ durch die Wortfolgen „Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften“ ersetzt.“

Begründung:

Zu Z 1, 2, 3, 6 und 7 (Inhaltsverzeichnis, § 12, § 22, § 39, § 43):

Die Änderungen dienen der Bereinigung von Redaktionsversehen.

Zu Z 4 (§ 34):

Da die Wahlen in die Bundesvertretung und in die Organe gemäß § 12 Abs. 2 nicht für ganz Österreich gleichzeitig mit den Wahlen in die Studienvertretungen und in die Universitätsvertretungen stattfinden, ist die Bestimmung entsprechend zu ändern. Außerdem ist die neue Art der Wahl in die Bundesvertretung und die Organe gemäß § 12 Abs. 2 zu berücksichtigen. Die Funktionsperiode soll für alle genannten Organe zwei Jahre dauern und die Wahlen in die Studienvertretungen und in die Univer­sitätsvertretungen sollen weiterhin für ganz Österreich gleichzeitig stattfinden.

Zu Z 5 (§ 35a):

Es soll keine Verpflichtung bestehen, dass wahlwerbende Gruppen, welche das Recht haben, Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter in die Bundesvertretung zu wählen und die Vorsitzende oder den Vorsitzenden der jeweiligen Universitäts­vertretung stellen, diese Vorsitzende oder diesen Vorsitzenden jedenfalls in die Bun­desvertretung zu wählen haben.

Weiters wird, um eine Mindestrepräsentanz zu erreichen und Missbrauch auszu­schließen, festgelegt, dass an einem Listenverband wahlwerbende Gruppen von mindestens sechs Universitäten teilnehmen müssen.

Zu Z 8 (Umbenennung des Gesetzes):

Im Sinne eines geschlechtergerechten Sprachgebrauches soll der Kurztitel dieses Gesetzes von „Hochschülerschaftsgesetz 1998“ in „Hochschülerinnen- und Hoch­schülerschaftsgesetz 1998“ umbenannt werden, wobei gleichzeitig im gesamten Ge­setz „Hochschülerschaft“ bzw. „Hochschülerschaften“ durch „Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft“ bzw. „Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften“ zu ersetzen ist.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir internationale Gäste im Haus haben: Ich darf sehr herzlich eine Gruppe von jordanischen Provinz­gouverneuren hier bei uns im österreichischen Parlament (Abg. Öllinger: Na, die werden sich was denken!) – und momentan auf der Besuchergalerie – begrüßen. (All­gemeiner Beifall.)


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Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort. Redezeit: 8 Minu­ten. – Bitte. (Abg. Dr. Grünewald begibt sich zum Rednerpult und platziert dort einen Gegenstand, der die Abbildung eines Gesichtes mit zugenähtem Mund trägt.)

 


11.53

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte ZuhörerInnen auf der Galerie! Mir ist schon klar, dass Politik und Macht ein Bruder- und Schwesternschaftsverhältnis haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das kennt ihr ja aus Oberösterreich, gell?) Trotzdem sollte man dieses Verhältnis von Politik und Macht natürlich untersuchen, und hier und heute geht es, auch wenn Brinek das nicht wahrhaben will, um das notwendige Augenmaß bei Machtausübung und auch um den Missbrauch von Macht. Ich sage das ganz bewusst. Wenn es nämlich in den letzten Jahren, Monaten und Tagen zur Gewohnheit gewor­den ist, dass bald jedes Mittel recht ist, um kritische Menschen und kritische Gruppen ihrer Stimme zu berauben, hört sich für mich jedweder Spaß auf!

Wenn Macht so ängstlich und so beharrend wird, dass dadurch fast pathologische Kontrollzwänge erwachsen – die den ORF, die Krankenkassen, den Hauptverband, Asylsenate und nunmehr die ÖH betreffen –, dann ist das mehr als ein Verlust an Augenmaß: Das ist für mich ein Sittenbild, das beschämend ist! Und ich halte es auch für ein gefährliches Sittenbild, denn kritische Gruppen in Ohnmacht und Resignation zu treiben, kann nicht politischer Wille einer demokratischen Partei und einer demo­kratisch gewählten Regierung sein. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn diese Bundesregierung ihre Mehrheit missbraucht, um über Studierende Macht zu ergreifen, produziert sie eben ein Volk von „Ergriffenen“, und diese „Ergriffenheit“ hat mit Adventstimmung nichts zu tun. Das ist eine andere Art von Ergriffenheit, die meiner Meinung nach berechtigten Ärger auslöst. Und dieser Ärger – das sage ich euch oben auf der Galerie – soll und darf kein privater Ärger mehr sein, kein Ärger des Biedermeiers, kein Ärger einer milden Melancholie. Er soll nicht zur Resignation füh­ren, sondern bevor dieser Ärger zur Resignation führt – weil die Betreffenden nichts erreichen können, weil die Bundesregierung es ihnen verwehrt, oder euch verwehrt –, ist es mir lieber – und ich halte es für notwendig –, dass dieser Ärger einen demo­kratischen, gewaltfreien Widerstand auslöst (Rufe bei der ÖVP: Gewaltfrei! Gewalt­frei!), der ein öffentlicher Widerstand sein muss, der ein hör- und sichtbarer Wider­stand sein muss – für Österreich und für die Demokratie in Österreich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Spürbar!) Ja, spürbar, aber spürbar im Kopf!

Die Abschaffung der Direktwahl der ÖH ist eine Zäsur in der Zweiten Republik – und die Motive, die mir dafür genannt werden, sind schwach und dürftig! Es wird immer wieder die Autonomie der Universitäten genannt. Frau Bundesminister Gehrer! Wir haben lang über diese Autonomie diskutiert. Wo ist diese Autonomie? – Überall außer im Parlament dürfte ich sagen: Das ist die grobe Unwahrheit! Die Autonomie der Universitäten schaut so aus: Senate geschwächt; Rektor zwar gestärkt, aber einem übermächtigen, bestimmenden Universitätsrat gegenübergestellt, der zu 50 Prozent von der Regierung beschickt wird. – Das ist Ihrer Meinung nach Autonomie!

Weiters: Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der vielfach auch über die Gelder der Unis bestimmt: von der Regierung bestimmt! Der Nationalfonds, der Forschungsgelder an die Unis verteilt: von der Regierung ernannt! – Das ist Auto­nomie, Frau Brinek? Oder ist das eben keine?

Und das möchte ich wirklich wissen: Was ist passiert mit der Rektorenkonferenz? (Abg. Dr. Brinek: So ... wie nie zuvor!) Sie wurde ein Verein! Professorenkonferenz, Bundeskonferenz des wissenschaftlichen Personals aufgelöst! Alle bundesein­heitl-


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ichen Vertretungen, kritischen Vertretungen, intelligenten Vertretungen wurden abge­schafft.

Natürlich schreibt die Bundesregierung mit dieser Zäsur Geschichte. Aber ist das wirklich die Geschichte, die wir uns wünschen? Ich glaube, dass Jugendliche, junge und ältere Studierende Räume der Auseinandersetzung brauchen, wie die Universität ein Raum der Auseinandersetzung sein muss. Und wenn das eine Regierung nicht aushält, dann ist sie schwach und mutlos – und ich sage auch: ziemlich feige.

Diese Räume der Auseinandersetzung müssen – um einen Sektionschef ein bisschen falsch zu zitieren – schonungslose Schonräume sein, und zwar Schonräume vor den Moden, aber auch vor den Mächtigen der Zeit. Das muss man sich trauen dürfen auf der Universität, sage ich euch!

Was sucht aber die Bundesregierung? – Da habe ich ja Beispiele genug: Es gibt Schleppenträger und Schleppenträgerinnen. Die Regierung will nur Applaudierer, sie will nur Weihrauchschwinger, Untertanen und Ja-Sager. Aber wir sind kein Volk von Untertanen, und die Universität darf kein Volk von Untertanen werden! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)

Die Regierung hat eben nicht die Größe und den Anstand, anderes auch zuzulassen. Ich fürchte, bald kommen die Zeiten, wo wir auch nur mehr still denken dürfen und nicht mehr das aussprechen dürfen, was wir aussprechen wollen und müssen. Und man braucht schon eine ausgesprochene Leseschwäche – dagegen ist PISA nur ein Klatsch –, um dann, wenn man diese Novelle liest, nicht zu erkennen, was die Regierung wirklich will.

Autonomie war ein vorgeschobener Vorwand. Wenn sogar – und das ist jetzt wirklich an die ÖVP und an den CV gerichtet – die österreichischen Hochschulseelsorger sagen: So geht das nicht, das ist nicht gut!, dann frage ich mich schon: Worauf wird sich die Regierung noch berufen können? – Auf niemanden! Wenn der große Liebling des Bundesministeriums, früher der Vorsitzende der ÖH, Faißt, aus der ÖVP-nahen AG, sagt: So geht das nicht!, ja was sagt da die Bundesregierung – wenn ehemalige ÖH-Vorsitzende, die sogar in leitenden Stellungen in Banken sitzen, im Fernsehen sagen, das finden sie nicht gut, das finden sie beschämend?

Daher ist dieser Machtmissbrauch kaltschnäuzig, und er ist auch unklug und unver­froren. Wenn gewählte ÖH-VertreterInnen nicht zu Verhandlungen eingeladen werden (Abg. Mag. Donnerbauer: ... waren im Ausschuss dabei!), wenn die offiziellen Ver­treterInnen überhaupt nicht eingeladen werden – nein, sie wurden nicht eingeladen! –, dafür aber handverlesene Kronzeugen gesucht werden; wenn zu einem Gesprächs­termin, zu dem die Wissenschaftssprecherinnen der Regierungsparteien geladen haben, vier RFS-Studierende als ExpertInnen geladen werden, von denen drei Schmis­se tragen – soll so sein, stört mich nicht, man darf Schmisse tragen –, dann stimmt aber doch die Proportion nicht mehr! Oder rechnen Sie mir das jetzt noch einmal anders vor? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Leute jubeln dann auf ihren Homepages über die Zerschlagung der ÖH: 700 Stimmen – ein Mandat, 7 000 Stimmen – ein Mandat. Da stimmt einiges nicht!

Wenn Sie wollen, dass die ÖH zur Skriptenproduzentin und zur Verwalterin lokaler Defizite wird, dann ist das eine Schwächung, denn das Budget und die Befindlichkeiten auf lokaler Ebene, die Sie so stärken wollen, sind hier im Parlament und von der Bundesregierung hausgemacht. (Abg. Dr. Brinek: Wir beschließen ja ...!) Da wird auch nicht mit 21 lokalen Universitäten verhandelt, sondern da braucht es eine starke, freie und demokratisch gewählte Bundesvertretung.


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Wenn die ÖVP aber unbedingt glaubt, sich in die Umarmung mit schlagenden Burschenschaftern begeben zu müssen – und dem ist so –, dann ist das nicht mehr nur eine Frage des guten Geschmacks. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.) Man kann sich mit Säbeln so lange auf den Kopf hauen, solange man will – das ist mir gleich –, aber etwas sage ich Ihnen – dazu brauche ich nicht Arzt zu sein –: Intellektuell stimulierend ist das nicht. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Niederwieser – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Achleitner –: Aber keine Untergriffe, bitte!)

 


12.01

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Damen Bundesministerinnen! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Broukal! Herr Kollege Grünewald! Missbrauch von Macht und Abbau von Demokratie, das sind unerhörte Aussagen Ihrerseits, sie entsprechen auch ganz einfach nicht der Wahrheit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie zielen doch nur darauf ab, dass Sie wiederum die Österreicherinnen und Österreicher verunsichern. (Abg. Krainer: Da müssen Sie selber lachen!)

Demokratiepolitisch bedenklich ist das, was gestern im Rahmen der eigentlich friedlich verlaufenden Studentendemonstration erfolgt ist. Eine Gruppe von 50 Demonstranten hat versucht, mit Gewalt in das Parlament einzudringen und konnte nur mit einem massiven Aufgebot der Exekutiv daran gehindert werden. (Abg. Rädler: Genau!) Das ist nicht das, was die Studenten wollen. Es hat sich auch gezeigt, dass die Teil­nehmerzahl bei dieser Demonstration nicht sehr hoch war. Die Studenten wollen gute Vertreter vor Ort und keine Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rädler – in Richtung des Abg. Dr. Grünewald –: ...! Sie haben dazu aufgerufen!)

Nun etwas für die Zuschauer hier auf der Galerie und an den Fernsehgeräten (Abg. Öllinger: Thema Gewalt! Schmisse!): Was bringt eigentlich diese neue Reform des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes in Österreich? – Durch das Uni­versitätsgesetz 2002 traten die Unis mehr ins Zentrum, die Entscheidungen werden an den Universitäten getroffen, die Verantwortung wird dort wahrgenommen. Durch die Autonomie kommt mehr Kompetenz an die Universitäten. Der Bund ist nicht mehr die zentrale Anlaufstelle. (Abg. Dr. Einem: Wo kommt das Geld her?)

Deswegen sind auch für die Interessenvertretung der Studenten neue Strukturen erfor­derlich. Die starre Gliederung der Hochschülerschaft entspricht einfach nicht mehr den Strukturen der Universitäten. Der Zentralismus ist nicht mehr so wichtig. (Abg. Dr. Einem: Wo kommt das Geld her?) – Das Geld, Herr Kollege Einem, wird an den Unis autonom verteilt. (Abg. Dr. Einem: Das wächst dort? Wo kommt das her?) Es gibt ein Globalbudget. Die Art und Weise, wie das Geld dort verteilt wird, genau das geschieht an den Universitäten, auch welche Studienrichtungen dort vertreten sind. Wir brauchen eine starke Vertretung direkt vor Ort an den Universitäten.

Das ist auch deswegen ein wichtiger Schritt, weil gerade die Studienvertretungen an den Universitäten gestärkt werden. Da ist es schon wichtig, dass insbesondere kriti­sche Vertreter, die den starken Rektoren, den starken Senaten und den Uni-Räten gegenübertreten, wirklich vor Ort die Interessen der Studierenden wahrnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Es ist keine Rede von Abschaffen demokratischer Wahlen. Es ist bei den Hoch­schülerschaften keine Rede von Abschaffen der Bundesvertretung und auch nicht von Geld wegnehmen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Alles Erfindung!) An den Universitäten werden in Zukunft ganz basisdemokratisch von jedem Studierenden die Studenten­vertretungen gewählt – wie bisher. (Abg. Parnigoni: ...! Aber Sie wollen das so!)

Die Universitätsvertretungen entsenden dann in die Bundesvertretung – wie in vielen anderen Interessenvertretungen, wie zum Beispiel in der Arbeiterkammer. (Abg. Broukal: Falsch, Frau Achleitner! Es wird nicht richtiger durch Wiederholen!) Die Bundesvertretung übernimmt nach wie vor Uni-übergreifende Anliegen. Der Unter­schied ist nur, dass natürlich die Vertretungen und die Interessen der Universitäten mehr berücksichtigt werden. Da es sehr unterschiedliche Universitäten in Österreich gibt, ist es nur richtig, dass die unterschiedlichen Interessen dort verstärkt vertreten werden.

Auch die finanziellen Mittel werden deswegen nicht weniger, sondern sie werden dorthin verlagert, wo die Arbeit geschieht, dorthin verlagert, wo mehr Arbeit für die Interessen der Universitäten und die Interessen der Studierenden geleistet wird.

Früher erfolgte eine Verteilung von 30 Prozent der gesamten ÖH-Beiträge an die Bundesvertretung, von 70 Prozent an die Universitäten. Jetzt kommt mehr Geld an die Universitäten, wobei 85 Prozent an die Universitäten und 15 Prozent an die Bundes­vertretung fließen. Das Gesamtbudget – noch einmal zur Wiederholung – bleibt aber gleich.

Die Universitätsvertretung hat durch das neue Gesetz mehr Rechte. Sie kann durch mehr Transparenz betreffend die Verwendung der Studiengebühren etwas von den Rektoraten erfahren. Sie hat das Recht, darüber informiert zu werden. Sie hat auch das Recht, bei Sitzungen des Uni-Rates angehört zu werden.

Gerade Herr Kollege Broukal hat in einer Aussendung gefordert, dass das politische Studierendenparlament ein buntes sein soll. – Ja, genau dem wird Rechnung getragen, indem Minderheiten geschützt werden. Kleine Standorte, kleine Universitäten sollen auch das Recht haben, in der Bundesvertretung vorzukommen. Deswegen können kleine Standorte mit mehr als 1 000 Studierenden ein Mandat in der Bundesvertretung haben. Kleinere Universitäten und Akademien bilden dann eine Entsendungs­gemein­schaft. (Ruf bei der ÖVP: Das ist Demokratie!)

Stärkung wird durch die Listenverbände auch gegenüber kleineren wahlwerbenden Gruppen gewährleistet. Es ist gut so, dass auch da die Kleineren eine Chance haben. Ich möchte nur darauf hinweisen, genau so geschieht es auch beim Österreichischen Gewerkschaftsbund. Dort wird auch die Anzahl der Delegierten in den Bundeskongress entsendet, dort haben auch die kleinsten Gewerkschaften das Recht, mindestens vier stimmberechtigte Vertreter zu entsenden. Es wird also überall darauf geschaut, dass Minderheiten das Recht haben, ihre Rechte zu vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Reform des HochschülerInnenschaftsgesetzes wird den neuen Strukturen an den Unis gerecht und stärkt die demokratisch gewählten Interessenvertretungen vor Ort.

Ich sage Ihnen Folgendes, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ und den Grünen: Machen Sie endlich Schluss damit, dass Sie durch Ihre Aussagen die Öster­reicherinnen und Österreicher verunsichern! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.08

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­ministerin Gehrer. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Parnigoni: Erklären Sie Ihren Rücktritt, Frau Minister?)

 


12.08

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Novelle des Hochschülerschaftsgesetzes wurde notwen­dig, weil das neue Universitätsgesetz 2002 ... (Rufe von der Besuchergalerie: Shame on you! Shame on you! Shame on you! – Von der Besuchergalerie werden schwarze und blaue Papierstreifen auf die Abgeordnetenbänke im Plenarsaal geworfen. – Zwei Besucher versuchen, ein schwarzes Transparent zu entrollen, werden aber von Bediensteten der Parlamentsdirektion daran gehindert.)

12.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Unterlassen Sie sofort die Aktionen auf der Galerie, sonst unterbreche ich die Sitzung und lasse die Galerie zur Gänze räumen! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Das ist unerhört!)

Ich werde, bis auf der Galerie wieder Ruhe eingekehrt ist, die Sitzung einen Moment lang unterbrechen! Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich ersuche die Amtsdiener, das zu entfernen, was von der Galerie geworfen wurde!

Ich gebe der Frau Ministerin ... (Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Ich denke, jetzt ist auf der Besuchergalerie Ruhe eingekehrt. Das erwarte ich mir auch hier im Saal!

Wir setzen die Debatte fort. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie auf, sofort wieder Ruhe walten zu lassen! Die Galerie ist geräumt. Wir können die Debatte fortsetzen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt wiederholt das Glockenzeichen.)

Ich werde die Sitzung noch einmal unterbrechen.

Die Sitzung ist unterbrochen. (Die Sitzung wird um 12.10 Uhr unterbrochen und um 12.12 Uhr wieder aufgenommen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich fordere Sie sofort zur Ruhe auf! (Unruhe im Saal.)

Ich habe bereits angekündigt, das entfernen zu lassen, was von der Besuchergalerie geworfen wurde.

Herr Klubobmann Scheibner hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.12

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Es sind hier von der Galerie Gegenstände auf Abgeordnete geworfen worden. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Ihre Heiterkeit ist absolut unberechtigt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Frau Präsidentin! Ich ersuche Sie, die Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidiale einzuberufen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.13

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann! Wir haben um 13 Uhr eine Präsidiale, in der alles Nähere besprochen werden kann. (Rufe bei der ÖVP: Aber jetzt! – Abg. Scheibner: Jetzt geht es um diesen Vorfall!) Ich werde jetzt nicht für eine Präsidiale unterbrechen. Ich habe bereits angekündigt, dass das von den Amtsdienern entfernt wird.

Wir setzen die Debatte fort.

Zu Wort ist Frau Bundesministerin Gehrer gemeldet. (Zwischenrufe bei der ÖVP, da das Handzeichen von Abg. Dr. Stummvoll, der sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort melden möchte, übersehen wird. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen. – Abg. Hornek: Das war nicht zu spät! Sie missbrauchen die Geschäftsord­nung! – Abg. Lentsch: Total überfordert!)

Ich habe Herrn Abgeordneten Dr. Stummvoll nicht gesehen, ich nehme aber gerne zur Kenntnis, dass er sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat. – Bitte.

 


12.13

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der heutige Vorfall ist kein Einzelfall. Wir haben gestern erlebt, wie Demonstranten Sachbeschädigungen an Autos von Parlamentsmitarbeitern und Abgeordneten begangen haben. (Abg. Mag. Johann Moser – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Das ist ... Ihrer Politik! – Gegenruf des Abg. Scheibner.) Ich bitte wirklich, angesichts dieser Häufung von Vorfällen gestern und heute um Sitzungsunter­brechung und Einberufung einer Präsidiale. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Rufe bei der ÖVP: Jawohl!)

12.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeord­neter Klubobmann Dr. Gusenbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.14

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Wenn es hier Proteste von der Galerie gegeben hat, dann ist das nicht legitim. Diese Proteste sind einzustellen. Das haben Sie auch angeordnet.

Aber was ebenso nicht legitim ist, ist, dass sich hier eine Mehrheit im Haus so aufführt, dass ein geregelter Sitzungsablauf nicht möglich ist. (Rufe bei der ÖVP: Aber hallo!) Ich ersuche Sie, die Sitzung weiterzuführen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsordnung hat sich Frau Abgeord­nete Dr. Glawischnig zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.14

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Ich denke, die Aktion auf der Galerie ist beendet worden. Wir könnten jetzt ohne weitere Verzögerung eine sehr wichtige Diskussion über die Abschaffung von demokratischer Mitbestimmung in den Hochschülerschaften fort­setzen, bei der es um die Abschaffung einer Wahl geht. (Zwischenrufe des Abg. Scheibner.)

Ich glaube, dass die Aufregung auf dieser Seite (in Richtung ÖVP und Freiheitliche) völlig unverständlich ist und auch etwas gekünstelt wirkt. Ich denke, wir können jetzt


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mit der Debatte ganz einfach fortfahren. (Ruf bei der ÖVP: Das denken Sie!) Ich beantrage das auch. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.15

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Da ohnedies bereits für 13 Uhr eine Sonderpräsidiale anberaumt ist, wird auch dieser Vorfall dort zur Dis­kussion stehen.

*****

Wir setzen nun die Debatte fort.

Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Gehrer. Ihre Redezeit beträgt, wie gesagt, 10 Minuten. – Bitte.

 


12.15

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mit meinem Redebeitrag etwas zur allgemeinen Beruhigung beitragen. (Abg. Dr. Kräuter: Treten Sie zurück?) Ich glaube, es ist nicht gut, wenn wir auf diese Art und Weise eine Auseinandersetzung führen – eine Aus­einandersetzung um junge Leute, um die Jugend, um die Zukunft, um die Univer­sitäten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes ist notwendig geworden, weil das Universitätsgesetz 2002 mit mehr Autonomie eingeführt wurde. Jeder, der mit offenen Augen durch unsere Universitäten geht, sieht, dass sich etwas weiterentwickelt hat. Vielleicht gibt es noch manches zu verbessern, manches zu verändern, aber es wur­den positive Akzente gesetzt. (Abg. Mag. Johann Moser: Sie verunsichern die Österreicher!)

Die Universitäten haben mit neuem Schwung und neuem Elan viele Entwicklungen vorangetrieben. Dafür möchte ich auch im zu Ende gehenden Jahr 2004 sehr herzlich danken. Es wurde der neue Organisationsplan mit großem Engagement eingeführt. Es wird an den Leistungsvereinbarungen gearbeitet, es wird an den Schwer­punktset­zun­gen gearbeitet, es wird an einem Schwerpunktprofil gearbeitet. Es wird weiters an einer Wissensbilanz gearbeitet. Ich sehe, dass hier sehr viele positive Kräfte am Wirken sind. Ich glaube, dafür gebührt den Rektoren, dem Senat, den Kuratorien und dem Aufsichtsrat ein herzliches Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wissen Sie, was interessant ist, was man vielleicht vom Blickwinkel aus Österreich manchmal nicht direkt sieht? – International hat das Universitätsgesetz 2002 sehr große Beachtung gefunden. Es sind viele Delegationen zu uns gekommen, die sich das Universitätsgesetz und dessen Entwicklung haben vorstellen lassen. Unsere Experten und Expertinnen sind in das Ausland eingeladen worden. Interessanterweise hat Baden-Württemberg ein umfangreiches Uni-Gesetz beschlossen, das dem Uni­versitätsgesetz 2002 nachgebildet ist. Die sozialdemokratische Regierung in Ungarn plant ein Universitätsgesetz, das ebenfalls unserem Universitätsgesetz 2002 nachge­bildet ist. Das ist eine schöne internationale Anerkennung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dipl.-Ing. Achleitner.)

Nun zur Frage, die immer wieder aufgeworfen wurde: Wer beschließt denn das Budget für die Universitäten? – Ich kann Ihnen diese Frage sehr leicht beantworten: Das Parlament im Universitätsgesetz 2002. Die Universitäten sind eine der wenigen Ein­richtungen, die ein im Gesetz abgesichertes Budget haben, das nicht von Budgetjahr zu Budgetjahr neu beschlossen werden muss. Das heißt, das Parlament beschließt im


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Universitätsgesetz für drei Jahre das Grundbudget für die Universitäten und das, was noch dazu kommt. Ich glaube, das ist gut so, weil so auf einer breiten Basis alle drei Jahre dieses Gesamtbudget für die Universitäten diskutiert und beschlossen wird.

Zum heurigen Universitätsbudget kann ich Ihnen nur so viel sagen: Zum Grundbudget von 1,7 Milliarden € kommen noch 63,7 Millionen € an Zusatzzuweisungen. Es kom­men 90 Prozent der Mittel des FWF dazu. Es kommen die ganzen Drittmittel dazu. Es kommen die Studienbeiträge dazu. Wir werden am Ende des Jahres, wenn die Uni­versitäten zum ersten Mal einen Rechenschaftsbericht vorlegen, zum ersten Mal eine Gesamtrechnung ihres Budgets darlegen, sehen, was die Universitäten wirklich an Budget hatten.

In den nächsten Jahren ist mit 50 Millionen € für die Infrastruktur zusätzliches Geld für die Universitäten, für die Ausstattung vorhanden. Wir haben mindestens 200 Mil­lionen € seit dem Jahr 2000 für Bauten ausgegeben, und wir werden für die Bauten weiterhin viel in die Universitäten investieren. Ich meine also, dass das Budget für die Universitäten ein gutes Budget ist und dass wir damit neue Akzente an den Uni­versitäten setzen.

Meine Damen und Herren! Sehen Sie, nachdem nun die Universitäten diese wichtige Eigenständigkeit, diese wichtige Weiterentwicklung haben, ist es mir schon ein Anliegen, dass wir die Vertretungen an den Universitäten stärken, dass sie echte Part­ner der Universitätsführung sind, dass sie echte, direkt gewählte Mandatare der Studierenden sind. Wir werden also an den Universitäten 21 direkt gewählte Univer­sitätsvertretungen mit 218 Mandatarinnen und Mandataren haben, die direkt gewählt werden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte es für etwas zweifelhaft, wenn jetzt hier jemand herausgeht und sagt: Ich weiß schon, wie diese Wahlen ausgehen werden. – Ich weiß es nicht! Ich hoffe, dass junge, engagierte Menschen, die neue Ideen haben, die auch einmal gegen das Establishment sind, an den Universitäten gewählt werden (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen), die an den Universitäten neue Ideen vertreten, die neue, zukunfts­orientierte Vorschläge einbringen. Ich bin überzeugt davon, dass die Studierenden an den Universitäten mündig genug sind, junge, engagierte Vertreter und Vertreterinnen zu wählen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Aber nur, wenn sie nicht gegen die ÖVP ...!)

Es wurde hier von Frau Kollegin Mandak gesagt, man möchte Jugendliche nicht mit einbeziehen und sie nicht mitbestimmen lassen. Ja bitte, was ist es denn sonst? 218 junge Studierende werden an den Universitäten gewählt, sie werden direkt gewählt! (Abg. Mandak: Jetzt können alle wählen!) Sie werden direkt gewählt, sie werden von ihren Kollegen und Kolleginnen für diese Ämter gewählt. Aus denen heraus setzt sich dann die Bundesvertretung zusammen (Abg. Mandak: Aber jetzt können sie überall gewählt werden!) – es können auch noch andere Delegierte in die Bundesvertretung entsandt werden –, die dann wieder frei ihren Vorsitzenden, ihre Vorsitzenden-Stellvertreter wählt. Wer jetzt sagt, wie diese Wahlen ausgehen werden, der muss ein Hellseher sein. Ich glaube, das können wir alle nicht sagen.

Meine Damen und Herren! Deswegen meine ich ... (Abg. Öllinger: Das ist schein­heilig! – Abg. Dr. Jarolim: Sehr scheinheilig! Scheinheilig und falsch! – Weitere Zwischenrufe. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich meine, dass wir den 200 000 Studierenden dieses Vertrauen geben sollten, dass sie gute Vertreter und Vertreterinnen wählen, die engagiert für die Zukunft an den Uni­versitäten arbeiten und die engagiert für ihre Kollegen und Kolleginnen arbeiten. Ich


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meine, wir sollten diesen Vertrauensvorschuss wagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zunächst: Mir ist auch das Wort „scheinheilig“ zu Ohren gekommen. Ich konnte nicht eruieren, wer es gesagt hat. (Abg. Dr. Jarolim gibt ein Zeichen mit der Hand. – „Jarolim“-Rufe bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Dr. Jarolim meldet sich freiwillig. Ich erteile ihm für die Verwendung des Wortes „scheinheilig“ einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist doch lächerlich wegen „scheinheilig“! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich gebe Ihnen nun bekannt, wie die weitere Aufteilung der Redezeit getroffen wurde. Die nächste Runde von Rednerinnen und Rednern wird jeweils 4 Minuten erhalten, mit Ausnahme der SPÖ, die 5 Minuten erhält. Das ist mit den Fraktionen abgesprochen, nachdem es eine Ausblendung während der Fernsehzeit gegeben hat.

Das heißt, als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort, und zwar mit 5 Minuten Redezeit. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Frau Präsidentin! Wegen „scheinheilig“ eine Ordnungsruf zu geben, das ist wirklich übertrieben! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist scheinheilig! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe auch schon einmal einen gekriegt wegen „scheinheilig“! Wir sind doch nicht in einem Mädchenpensionat! – Weitere Zwischenrufe.)

Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl, Sie sind am Wort. – Bitte.

 


12.24

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern war übrigens Ihre Generallosung: Unauf­geregtheit angesichts der PISA-Studie. Vielleicht wäre heute auch ein wenig Unauf­geregtheit gut am Platz. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das gilt allerdings nicht angesichts der Materien, über die wir heute diskutieren, das möchte ich schon betonen.

Frau Bundesministerin, da Sie richtigerweise sagen: Wenn man mit offenen Augen durch die Universitäten geht, dann sieht man, dass sich etwas verändert hat – ja, es hat sich viel verändert, Frau Bundesministerin! Aber ich sehe nicht neuen Schwung und neuen Elan, so wie Sie das darstellen, sondern angesichts der finanziellen Situation auf den Universitäten – die nicht so rosig ist, wie Sie das darzustellen versuchen! – sehe ich ziemlich viel Verzweiflung und Sorge. Es wurde den Uni­versitäten nicht einmal das Notprogramm von 100 Millionen € zugesagt, das sie dringend brauchen würden, und jetzt setzen Sie mit dem neuen ÖH-Wahlrecht noch eines drauf! Da gibt es nichts schönzureden, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist heute ein wirklich schwarzer Tag für die österreichische Demokratie: In einem Paket, quasi in einem Demokratieabbau-Paket, wird der Hauptverband erledigt und das Studentenparlament gleich mit! Die lange Liste, die Kollege Öllinger dargestellt hat, war ja eindrucksvoll. Wo Sie es aber nicht schaffen, Leute einfach abzusetzen, die Strukturen zu verändern und Leute einzu­setzen, die Ihnen politisch genehm sind, dort ändern Sie dann das Wahlrecht, so wie im Studentenparlament. Wo Sie Wahlen respektieren müssten, dort ändern Sie die Spielregeln, damit sie das nächste Mal anders ausgehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das sagen nicht nur wir. Andreas Koller schreibt in den „Salzburger Nachrichten“ am 2. Dezember: „Beinharter Abbau der Demokratie“. „Außer den Koalitionsparteien kam bisher freilich niemand auf die Idee, ... die Demokratie nicht nach oben, sondern nach unten zu nivellieren.“ „Erstmals in der


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jüngeren Geschichte dieses Landes werden freie, demokratische Wahlen nicht ein­geführt, sondern abgeschafft.“ Darüber reden wir heute. Er sagt weiter: „ein billiger Triumph für die Koalition, ein teurer Preis für die Demokratie“. (Abg. Ellmauer: Ein völliger Unsinn! Der hat von Föderalismus keine Ahnung, wer so was schreibt!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist der Kern dessen, worüber wir heute reden. Sie verstoßen gegen einen Grundkonsens, den es bis heute in diesem Haus gegeben hat. (Abg. Ellmauer: Die Entscheidung ...!) Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir in vielen Punkten uneinig sind und heftige Diskussionen führen, aber letztlich darüber einig sind, dass wir die Demokratie nach oben ausbauen und weiterentwickeln wollen, und nicht nach unten abbauen. Diesen Schritt setzen Sie heute zum ersten Mal! Das ist tatsächlich eine Schande, da haben die Studenten Recht gehabt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wie gehen Sie da vor? – Zum Ersten schaffen Sie die direkte Demokratie ab. Natürlich, Frau Bundesministerin! Selbstverständlich wissen wir nicht, wie die nächsten Wahlen ausgehen werden, das ist ja keine Frage. Aber es ist legitim, sich auf Basis des letzten Wahlergebnisses das neue Wahlrecht anzuschauen. Da gibt es nichts herum­zudeuteln: Wäre das letzte Mal schon nach dem neuen Wahlrecht, das Sie heute beschließen wollen, gewählt worden, so hätten diejenigen, die damals 35 Prozent der Stimmen hatten, jetzt 63 Prozent der Mandate. Das ist eine Verzerrung, die durch nichts zu beschönigen ist.

Verzerrt wird außerdem auch noch, indem nicht jede Stimme gleich viel zählt, indem an manchen Universitäten die Stimmen mehr zählen, an anderen weniger, und indem Sie gegen das Prinzip verstoßen, dass jede Person eine Stimme hat. Künftig haben 18 000 Personen zwei Stimmen!

Ich möchte Ihnen hier auch darauf antworten, dass Sie immer sagen, es geht um eine Stärkung – „es geht um eine Stärkung“, das ist überhaupt die Verhöhnung schlecht­hin! – der Universitäten vor Ort. Zuerst bauen Sie in der letzten Universitätsreform die Mitspracherechte der Studierenden ab; und jetzt erzählen Sie uns, dass Sie über dieses Pseudo-Wahlrecht die Universitäten vor Ort stärken wollen? – Wenn Sie das wollen, dann nehmen Sie bitte die Universitätsreform 2002 zurück und führen Sie wieder Mitbestimmungsrechte für die Studierenden ein! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Noch ein Vorschlag zur Güte: Es gibt eine Umfrage an den Universitäten, wonach die Mehrheit für die Beibehaltung der Direktwahlen ist. Lassen wir doch die Studenten direkt entscheiden! Die Hochschülerschaft würde eine Urabstimmung durchführen wollen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.) Lassen wir diese Urabstimmung durchführen, respektieren wir das Ergebnis, und setzen wir die heutige Entscheidung aus! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.29

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Parnigoni – in Rich­tung Bundesministerin Gehrer –: Wann treten Sie vorsichtshalber zurück? Treten Sie gleich zurück? – Weiterer Zwischenruf bei der SPÖ.)

 


12.30

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wurden heute schon mehrmals aufgefordert – von Ihnen, Frau Präsidentin, und von Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsparteien –, nicht so aufgeregt zu sein.


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Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, Ihre Partei­gänger bei der Hochschülerschaft dazu benutzen, dass Aktionen gesetzt werden, bei denen gestern vor dem Parlament fünf Autos beschädigt worden sind (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen), bei denen – und ich zitiere hier heutige Medien – Hunderte Demonstranten plötzlich versuchten (Abg. Reheis: Wer hat mit ihnen nicht geredet?), das Hohe Haus durch einen Seiteneingang zu stürmen, während gleich­zeitig andere Teilnehmer in die VP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse eindringen wollten – ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wann sollen wir denn aufgeregt sein, wenn nicht dann, wenn solche Aktionen passieren?! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube wirklich, dass wir hier sachlich und inhaltlich diskutieren sollten. (Abg. Gradwohl: Wann beginnen Sie damit?) Aber Herr Kollege Grünewald und Herr Kollege Broukal haben hier keinen Beitrag dazu geleistet. (Abg. Gradwohl: Wann beginnen Sie mit dem Sachlichen?) Wir haben nur gehört von Demokratieabbau, von einem unwürdigen Beitrag zur Demokratie­dis­kussion und dass die Hochschülerschaft zu Grabe getragen wurde – alles das stimmt nicht! Das wurde heute schon mehrfach widerlegt und ist nicht richtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf auch einen anderen Vergleich an­stellen, um das wieder auf die sachliche Ebene zu bringen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Ah ja, bis jetzt war es nicht sachlich! Das ist richtig!) Nehmen wir einmal die Arbeiter­kammer her. Wie funktioniert eine Wahl bei der Arbeiterkammer in Österreich? (Abg. Dr. Gusenbauer: Bis jetzt war es nicht sachlich!) – Es gibt neun Länderkammern, die direkt von den Mitgliedern der Arbeiterkammern gewählt werden, und der Vorstand dieser Länderkammern entsendet – und das steht wortwörtlich im Arbeiterkam­mer­gesetz – Vertreter in die Vollversammlung der Bundesarbeitskammer. Das ist Demo­kratie, und das wird jetzt auch bei der Hochschülerschaft umgesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Ist es Ihnen deswegen schon einmal eingefallen, den Herrn Präsidenten Tumpel als nicht demokratisch legitimiert anzusehen? Würden Sie das allen Ernstes behaupten? – Dann stellen Sie sich hier heraus und sagen Sie das auch, wenn Sie dieser Meinung sind! Wir sind dieser Meinung nicht. Wir glauben, dass es ... (Abg. Dr. Gusenbauer: ... regeln!)

Ja, wir machen ja dieses Gesetz! Wir machen auch für die Interessenvertretung der Hochschüler eine ähnliche Regelung. Dort, wo die Arbeit an den Universitäten stattfindet, an den einzelnen Universitäten, die in Zukunft autonom sein werden, dort werden die Vertreter direkt demokratisch gewählt – von Demokratieabbau überhaupt keine Rede –, und diese Universitäten entsenden, ähnlich wie die Arbeiterkammern, ihre Vertreter, sie wählen sie in die Bundesvertretung. Keine Spur von Demo­kratie­abbau, alles demokratisch legitimiert und in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher würde ich Sie ersuchen, auch Ihren Ton entsprechend zu mäßigen und zu einem sachlichen Klima hier im Hohen Haus beizutragen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber sehen Sie sich auch an, wie die Situation bei der Hochschülerschaft bis jetzt war. (Abg. Dr. Gusenbauer: Diese Rede ist zwar schwach, aber trotzdem unerträglich!) Wir haben eine Wahlbeteiligung von knapp 30 Prozent. Das heißt, die Mehrheit der Bun­desvertretung ist bis jetzt im besten Fall von etwa 15 Prozent der Studierenden legitimiert. In Zukunft wird es anders sein, in Zukunft ist die Bundesvertretung von 100 Prozent der Universitäten und Akademien in Österreich legitimiert! Das ist Demo­kratie, wie sie funktionieren wird und wie wir sie auch verstehen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte abschließend wirklich ersuchen, die Sache zu sehen, die Inhalte zu sehen (Abg. Dr. Gusenbauer: Machtrausch der ÖVP!) und nicht polemisch Stimmung gegen die Regierung zu machen (Zwischenruf der Abg. Silhavy), wie Sie es immer wieder versuchen. Ich darf den Damen und Herren von der Opposition, die meinen, es ist ja nichts passiert, auch heute hier im Hohen Haus nicht, die Abfälle, die heute auf die Abgeordneten dieses Hohen Hauses heruntergeworfen worden sind, wieder an die Absender zurückstellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Das ist eine Frechheit! Merken Sie sich das! – Abg. Mag. Donnerbauer legt Knäuel von schwarzen und blauen Papierstreifen auf Pulte von Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. – Abg. Mag. Johann Moser: Geistige Mattscheibe! – Abg. Dr. Gusenbauer: Unerträglich! So schaut der Macht­rausch der ÖVP aus! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Prä­sidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

12.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gla­wischnig zu Wort. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.35

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Donnerbauer, ich muss Sie jetzt wirklich fragen: Was wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, wenn Sie uns Aktionsmaterial von jungen Leuten auf der Tribüne auf den Tisch legen und „zurück an die Absender“ sagen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe wirklich jegliches Verständnis dafür, dass man sagt, man kann jetzt über, ich weiß nicht, mehr Ruhe oder eine sachliche Auseinandersetzung diskutieren. Aber ich kann es absolut nicht akzeptieren, wenn Sie versuchen, Grüne oder SPÖ-Abgeordnete ständig mit irgendwelchen Aktionen in Zusammenhang zu bringen, mit denen wir nichts zu tun haben. Was soll das? (Heftiger Widerspruch bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Was soll das wirklich?

Ich denke, jetzt einmal zurück zum Thema! Sie müssen sich schon mit einem zentralen Vorwurf auseinander setzen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Unerträglich, diese Partie!) Ich bin seit fünf Jahren im Parlament, ich habe hier viele Gesetzesvorlagen kritisiert, mit denen ich inhaltlich nicht einverstanden war. (Abg. Rädler: Distanzieren Sie sich!) Aber was wir heute hier machen, ist etwas ganz anderes, ist etwas ganz Neues, das seit 1945 noch nie in diesem Hause möglich war. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Es wird eine direkte Wahl abgeschafft! Den Vorwurf des Abbaus von Demokratie, der dahinter steckt, müssen Sie sich einfach gefallen lassen.

Ich sage Ihnen ein Beispiel: Stellen Sie sich einmal vor, wir wählen den Gemeinderat, den Landtag und das Parlament, so wie es jetzt üblich ist, und wir schaffen daraufhin die Direktwahl des Parlamentes ab, und es wird dann von den Gemeinderatsvertretern oder von den Landtagsvertretern die Parlamentszusammensetzung bestimmt. Das ist das, was Sie jetzt bei der Hochschülerschaft machen! Und dann sagen Sie, das ist kein Abbau von Demokratie?! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich glaube, die Menschen wissen es sehr wohl zu schätzen, dass sie auf den unter­schiedlichen Ebenen eine Auswahl haben und demokratisch legitimierte Körper zu­sammensetzen können, je nach Angebot. Sie differenzieren auch sehr stark. (Abg. Dr. Brinek: Arbeiterkammer!) Ich denke, dieses Recht soll man auch Studierenden zubilligen, dass sie die Vertretung direkt vor Ort anders zusammensetzen wollen als vielleicht die Bundesvertretung. (Abg. Dr. Fekter: Alle Interessenvertretungen ...!) Das machen die Menschen auch, wenn sie den Gemeinderat anders wählen als das


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Parlament. Das ihnen wegzunehmen, das ihnen mit vollem Bewusstsein wegzu­nehmen (Abg. Dr. Brinek: Arbeiterkammer!), ohne irgendeinen Grund dafür zu nennen (Abg. Dr. Fekter: Ihr seid ja minderheitenfeindlich!), ohne irgendein Motiv, das verstehe ich nicht. (Abg. Dr. Fekter: Ja, weil ihr minderheitenfeindlich seid!) Das ist tatsächlich ein sehr, sehr schwarzer Tag in der Geschichte der österreichischen Demokratie! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir sollten bei den Universitäten im Grunde über etwas anderes diskutieren, und es tut mir Leid, dass das so in den Hintergrund tritt. Ich würde mit Ihnen gerne über einen Ausbau der Mitsprache und einen Ausbau der direkten Demokratie, der Partizipation generell reden. Da fällt das Wahlalter darunter, da fallen viele Themen darunter. Aber hier bei den Universitäten haben wir eigentlich ein ganz anderes Problem. (Zwischen­ruf des Abg. Öllinger.) Das ist die finanzielle Situation, das ist das Aushungern der Universitäten seit mittlerweile 1996 (Abg. Dr. Fekter: Das stimmt doch nicht!), und das ist ein Kurs, den Sie fortsetzen, der dramatisch ist für unsere internationale Entwick­lung!

Ich sage Ihnen nur eine einzige Zahl: Österreich gibt genau 1 Prozent vom Brutto­inlandsprodukt für die Universitäten aus. Das ist um fast 50 Prozent weniger als der OECD-Durchschnitt, als der Durchschnitt aller OECD-Staaten. Länder wie Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Island, Kanada, sogar Korea geben deutlich mehr aus. (Abg. Dr. Brinek: Stimmt nicht!) Die USA geben zweieinhalb Mal so viel wie wir für die Universitäten aus. (Abg. Dr. Brinek: IHS-Studie!) Das sollte Ihnen Sorgen machen. Das sollte Ihnen wirklich Sorgen machen, Frau Kollegin Brinek! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn dann an einzelnen Universitäten oder an einzelnen Fakultäten zu wenig Material vorhanden ist, wenn es also nicht einmal mehr möglich ist, aus der Bibliothek Bücher auszuborgen – Uni Innsbruck zum Beispiel –, weil kein Geld für Ankäufe mehr da ist, dann fallen solche Sätze wie: Die sollen bei sich selber sparen, die lernen eh Öko­nomie oder irgendwas, die können ja durchaus bei sich selber anfangen und sich überlegen, wie man zu mehr Geld kommt. – Das alles ist absolut inakzeptabel! Hier geht es um das Zukunftskapital, um unsere jungen Leute, die eine gute Ausbildung brauchen. Und die Situation an den Universitäten ist verheerend und dramatisch!

Es tut mir wirklich in der Seele weh, dass wir heute über Rückbau von Demokratie reden und nicht über mehr Budget für die Universitäten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.38

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lich­tenegger zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.39

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr verehrte Minister! Hohes Haus! Liebe Zuhörer! Wir haben schon einiges über das Universitäts­gesetz und über die neue Autonomie der Universitäten gehört. Dadurch ist es natürlich auch zeitgemäß, dass wir das Hochschülerschaftsgesetz erneuern und meiner Ansicht nach verbessern. Wir haben heute viel über die Mitsprache der Studierenden gehört, wir haben gehört, dass man seiner kritischen Stimme beraubt wird, hier wird mit Wort­hülsen, mit einzelnen Wörtern herumgeworfen. Aber in Wirklichkeit ist das Problem, das wir haben und das wir zu bekämpfen haben, ein ganz anderes.

Wir alle sollten danach trachten, dass jeder in Österreich seine legitimierte Standes­vertretung hat und so gut wie möglich vertreten ist. Die Studierenden haben eine Vertretung, das ist die Österreichische Hochschülerschaft. Wenn man sich aber


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anschaut, mit wie vielen Stimmen – und das ist schon ein wesentlicher Punkt – diese Hochschülerschaft gewählt wird, nämlich mit einer Wahlbeteiligung, die teilweise um 29 Prozent liegt, dann ist das nicht die entsprechende Vertretung, die man sich als studierender Mensch wünscht. (Abg. Krainer: Wie ist das bei der Wirtschaftskammer?) Das ist eigentlich ein Problem, dessen wir uns annehmen sollten, und da sollten wir uns überlegen: Wie können wir das verbessern? (Abg. Gradwohl: Sollten wir das nicht den Studierenden überlassen?)

Sie sagen: Die Direktwahl wird abgeschafft. (Abg. Gradwohl: Das ist die Wahrheit!) Das ist aber nicht die Wahrheit, denn in Wahrheit wählt man weiterhin 218 Mandatare direkt. Man kann also nicht sagen, dass die Direktwahl abgeschafft wird. Vielmehr versucht man einfach, die Vertretung der Studenten wieder näher an die Studenten heranzubringen, sodass sie auch wirklich die Interessen der Studierenden vertreten, die Probleme vor Ort erkennen, mit den Studierenden sprechen und das dann in die Bundesvertretung weitertragen.

Da ist es sehr wohl wichtig, dass man zwischen den einzelnen Universitäten differen­ziert, denn jede Universität hat auch ihre unterschiedlichen kleinen Probleme. (Abg. Dr. Glawischnig: Jede Gemeinde hat auch ihre spezifischen Probleme! Ist das ein Argument gegen das Parlament?) Genau das ist das Wichtige, dass man separiert die Probleme erkennt, die Probleme auch in die Bundesvertretung einbringt und dort zu verbessern versucht.

Ich habe nichts dagegen, dass jemand demonstriert. Also jeder, und das sollten wir auch so beibehalten, kann seine Meinung bei uns kundtun, wie er möchte. Allerdings hat es ja intensive Aufforderungen dazu gegeben, sei es durch Propaganda auf der Homepage der ÖH, die übrigens auch mit ÖH-Beiträgen, die nach wie vor verpflichtend eingehoben werden, finanziert wird und die eigentlich eine Service-Homepage dar­stellen sollte. (Abg. Dr. Matznetter: Service statt Politik, das wollt ihr also!) Im „Stan­dard“ hat es Aufforderungen gegeben, die Studierenden sind von einzelnen Gremien massiv aufgefordert worden, zu demonstrieren. (Abg. Gradwohl: Das sind Vertreter, die für ihre Interessen eintreten, und das sollen sie wohl nicht, wenn es nach euch geht!) Das Ergebnis waren 1 000 Studierende! Es ist also nicht wirklich so, dass man sagen könnte, all das hätte eine gute Wirkung gezeigt. Man hat auch gesehen: Zunächst sind die Presseaussendungen nur so herausgeflattert, aber kaum war die Demonstration vorbei, hat man von keiner einzigen APA-Meldung seitens der ÖH mehr gehört, weil das für sie selbst – für die ÖH – kein gutes Ergebnis war.

Man muss also sagen: Offensichtlich ist das Interesse der Studierenden an der ÖH – und das ist ja das Traurige – nicht wirklich groß. Mit diesem Gesetz, so meine ich, verbessern wir das wesentlich und können wir auch die Studierenden mehr dazu anhalten, sich in ihren Interessen vertreten zu fühlen, indem sie ihre Vertreter direkt wählen, 218 Mandatare, zu denen sie dann auch einen Bezug haben. Sie wissen dann auch, an wen sie sich wenden können. Das ist ein wesentlicher Punkt, der uns im Hinblick auf die Qualität der Studentenvertretung um einen riesigen Schritt weiterbringt, und genauso sollten wir das auch sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

„Wir lassen uns nicht mundtot machen!“ – das war das Plakat der Studenten. Da steht auch: „Die ÖH gehört den Studierenden, nicht der Regierung!“ Damit haben sie Recht! Die ÖH gehört den Studierenden, und die ÖH gehört nicht den Vertretern in der ÖH, sondern wirklich den Studierenden! Und die Studierenden sollten auch vertreten werden, da haben sie völlig Recht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Genau das sollten wir auch tun, und das machen wir hiemit, denn im Wesentlichen geht es darum, dass die Interessen der Studierenden vermehrt vertreten werden.


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(Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Kräuter: Die Zeit ist abgelaufen!) Ich denke, das ist uns hier außerordentlich gut gelungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.43

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


12.43

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich glaube, ein bisschen Recht hat Herr Abgeordneter Donner­bauer schon gehabt, denn wenn ich mich recht erinnere, dann hat Herr Abge­ordneter Grünewald in seiner Rede die jungen Leute auf der Galerie oben ermuntert, bei den Maßnahmen weiterzumachen. (Abg. Dr. Grünewald: Ich habe von demo­kratischem und gewaltfreiem Widerstand gesprochen!) Ich werde mir das gerne im Protokoll anschauen, aber ich glaube mich recht zu erinnern, dass Sie die jungen Leute ermuntert haben, bei ihren Maßnahmen weiterzumachen.

Ich denke, wir sollten dazu übergehen, dass wir ermöglichen, dass es gute Wahlen im Frühling – im Mai – an den Universitäten gibt und dass dann die 21 gewählten Universitätsvertretungen mit großem Vertrauen anfangen können. (Abg. Dr. Jarolim: Gute Wahlen! Wir wissen schon, was Sie mit guten Wahlen meinen!)

Ich möchte auch zu den Bemerkungen der Vorredner und zu Frau Kollegin Kuntzl sagen: Die Universitäten befinden sich in einer finanziellen Situation, die besser ist als in anderen europäischen Ländern: Wir haben keine Kürzungsprogramme gemacht. Die Universitäten bekommen noch Geld dazu! Ich werde nächste Woche das vorläufige Gesamtbudget der Universitäten veröffentlichen, und Sie werden sehen, da kommen mindestens noch 100 Millionen € zum im Gesetz festgelegten Budget dazu. (Abg. Mag. Kuntzl: Das sind bloß Ankündigungen!)

Nein, das ist eine Feststellung! Es ist eine Feststellung, dass zu dem gesetzlich vorgesehenen Budget mindestens noch 100 Millionen € sowohl aus dem FWF wie auch aus anderen Bereichen dazukommen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Kuntzl.) Nein, zu dem im Gesetz vorgesehenen Grundbudget dazu! Das heißt, dieses so genannte Notprogramm von Ihnen wird locker erfüllt.

Ich möchte auch festhalten: Es gibt für mich in der Demokratie nicht oben und unten, es gibt demokratisch und undemokratisch. Und ich stelle nachdrücklich fest, dass eine Direktwahl in den Nationalrat demokratisch ist, ich stelle aber auch nachdrücklich fest, dass eine Delegation in den Bundesrat ebenfalls demokratisch ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Grünewald: Und wenn es nur mehr den Bundesrat gibt und der Nationalrat abgeschafft wird?)

Und es gibt eben in einer Demokratie verschiedene Möglichkeiten, und ich bitte Sie wirklich, zum Wohle der Universitäten und zum Wohle der jungen Leute diese demo­kratische Möglichkeit der Direktwahl an den Universitäten, der Delegation in eine Bundesvertretung, die dann selbst ihren Vorsitzenden wählt, eben auch als demokratische Möglichkeit zu sehen. Ich meine, alles andere wäre nicht gut, auch nicht gut für die Zukunft der jungen Leute.

Meine Damen und Herren! Unsere Universitäten sind auf einem neuen Weg, und ich meine, wir müssen davon ausgehen, dass wir im 21. Jahrhundert manche Sachen erneuern müssen. Ich verstehe nicht, warum Sie immer darauf pochen, dass alles so bleiben muss, wie es ist! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Es muss aber besser werden und


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nicht schlechter!) Wir versuchen, einen neuen Weg zu gehen, und ich bitte Sie: Gehen Sie diesen Weg mit uns! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.47

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur letzten Runde. Ich fordere äußerste Disziplin, was die Redezeit betrifft, ein. Die Redezeit ist aufgeteilt auf 4 : 3 : 3 : 3.

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu Wort. 4 Minuten Redezeit. Ich werde bereits einige Sekunden vor Ablauf der Redezeit abläuten.

 


12.47

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist wirklich ein schwarzer Tag für die Demokratie, heute ist ein schwarzer Tag für Österreich – mit einem Lichtblick: Innenminister Strasser ist zurückgetreten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es könnte noch ein schöner Tag werden, wenn der Rest dieser unheilvollen Regierung seinem Beispiel folgen würde. Gründe dafür hätten Sie nämlich genug. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zum Beispiel die Novelle zum Hochschülerschaftsgesetz: Das ist die brutale Zer­schlagung der Interessenvertretung der Studierenden in Österreich! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Alles, was nicht durch und durch schwarz ist, hat bei Ihnen keine Existenzberechtigung – ein paar blaue Einsprengsel werden hier mangels Gefahrenpotenzial, Herr Kollege Scheuch, weil Sie sich hier so hervortun, gerade noch akzeptiert. Das hat wahrscheinlich auch meinen Vorredner, Herrn Kollegen Lichten­egger, zu seinen Lobeshymnen veranlasst.

Statt einer direkten Wahl des Studierenden-Parlaments wird ein obskures Wahlmän­ner- beziehungsweise Wahlfrauen-System geschaffen, das so undurchsichtig ist, dass nur eines sicher ist: eine blau-schwarze Mehrheit. So haben Sie sich nämlich das Gesetz hingebogen, und dabei hat es Ihnen wirklich nicht an Phantasie gefehlt. Mein Kollege Josef Broukal hat schon die wahlarithmetischen Möglichkeiten dargestellt, die sogar dem Ring Freiheitlicher Jugend – und das ist wirklich ein Kunststück! – ein Existenzminimum sichern.

Aber sicher ist nur eine schwarze Dominanz: Legt man nämlich das letzte ÖH-Wahl­ergebnis auf das neue Hochschülerschaftsgesetz um, dann hätten zwei Fraktionen, die auf gerade einmal 35,8 Prozent der Stimmen gekommen sind, plötzlich 63 Prozent der Mandate! – Also ich weiß nicht, wie Sie das nennen, ich nenne das einen feigen Anschlag auf die Demokratie! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Um zu sehen, wie Demokratie mit Füßen getreten wird, braucht man nicht in die Ukraine oder sonst wo hinzufahren, die schwarz-blaue Regierung beschert uns das im eigenen Land vor der eigenen Haustür. Und wenn bei den Wahlen nicht das Richtige herauskommt, dann werden die Wahlen einfach abgeschafft, dann wird einfach der Wahlmodus so geändert, dass einfach am Ende das Richtige herauskommt – nämlich Blau-Schwarz oder Schwarz-Blau, in dieser Reihenfolge! Das ist Ihr Demo­kratieverständnis, und das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es hat schon System, dass Sie versuchen, kritische Interessenvertretungen und Organisationen zum Schweigen zu bringen, nur gelingen wird es Ihnen nicht, denn dazu sind die Studierenden in diesem Land viel zu couragiert.

Auf der Homepage www.oeh-direkt.at haben sich Tausende mit den Forderungen der ÖH solidarisch erklärt, und ich möchte mich hier bei allen, die hier Solidaritäts-


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bekundungen abgegeben haben, wirklich sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Heben Sie die Papierln auf, die Ihre Kolle­gen heruntergeworfen haben!)

Leider wurde das Paket mit den Stellungnahmen, das Ihnen, Frau Ministerin, über­reicht wurde, schon entsorgt, aber ich hoffe, Sie gehen trotzdem sorgsam mit den Forderungen um. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Heben Sie die Papierln auf, die da herumliegen!)

In Summe bleibt jedenfalls: Eine aktive Interessenvertretung, die diesen Namen auch verdient, wird zerschlagen und zu einer Skriptenkopierservicestelle degradiert. Und bei jedem Anschlag auf die Demokratie in den letzten Jahren haben wir geglaubt, Frau Kollegin, es sei der Tiefpunkt der politischen Schamlosigkeit erreicht, aber Sie be­weisen immer wieder, Sie alle auf der rechten Seite dieses Hauses, es geht immer noch tiefer. Und um noch zu retten, was zu retten ist, bringe ich namens meiner Fraktion einen Entschließungsantrag mit folgendem Text ein.

12.51

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Frau Abgeord­nete, ich ersuche Sie, den Antrag von der nächsten Rednerin einbringen zu lassen. Die Zeit ist zu knapp.

(Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen für die das Rednerpult verlassende Rednerin.)

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.51

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frauen Minis­terinnen! Sehr geehrtes Hohes Haus! Eine Frage muss ich mir schon stellen: Frau Kollegin Grossmann, ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee kommen, dass die Bun­desvertretung jetzt plötzlich zu einer Kopierstelle umfunktioniert werden soll. Faktum ist, dass, wenn Unis autonom sind, die Bundesvertretung auch eine neue Aufgabe braucht, und da geht es darum, eine gemeinsame Stimme zu finden, um alle Univer­sitäten nach außen zu vertreten, Stellungnahmen zu Gesetzen abzugeben, zu Verord­nungsentwürfen und die Informationspflicht zu erfüllen. Das sind Aufgaben, die die ÖH bisher hatte und die die ÖH auch weiterhin haben wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Gegenteil: Die Studentenvertreter werden mit diesem Gesetz aufgewertet, sie erhalten zusätzlich eine rechtliche und eine finanzielle Kompetenz. Früher war es oft abhängig vom Gutdünken des Universitätsrates, ob die Entscheidungen beziehungs­weise Stellungnahmen der Studentenvertreter einbezogen worden sind. Jetzt ist genau festgelegt, in welchen Punkten der Vorsitzende einbezogen werden muss. Das sind Fragen des Budgets wie zum Beispiel Leistungsvereinbarungen mit dem Ministerium, Fragen der Struktur betreffend den Organisationsplan, des Profils und natürlich Fragen in Bezug auf das Studienangebot. Die ÖH hat jetzt sogar die Möglichkeit – und das war auch eine der Forderungen der Studentenvertreter – mitzubestimmen, was denn mit den Studiengebühren geschehen soll. Die ÖH wird hier eine Kontrollfunktion haben, und der Rektor hat die Pflicht, sich zu rechtfertigen, was mit dieser Summe, die die Studenten einzahlen, geschieht. Zum ersten Mal gibt es klare und nachvollziehbare Kompetenzen, von Demokratieabbau kann hier also überhaupt keine Rede sein. Im Gegenteil! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Alle, die hier sitzen, sollten es wissen: Die Glaubwürdigkeit eines Gremiums, einer Organisation ist stets der Nährboden für eine starke Vertretung. Und so stark kann die


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Vertretung nicht gewesen sein, wenn bloß 30 Prozent aller Studierenden daran inter­essiert sind, die Stimme abzugeben, was auch logisch ist, denn wenn man vier Wahl­zettel in die Hand gedrückt bekommt und die Leute sowieso nicht kennt, so ist das Bürokratie, so sind das groß aufgeblasene Apparate. Jetzt hat man das auf zwei Ebenen reduziert, und da geht es darum, Nähe zu den Universitäten herzustellen, was gleichzeitig eine Distanz zum Fraktionshickhack bedeutet. Und Nähe zu den Univer­sitäten bedeutet auch Nähe zu den Studenten. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Öllinger: Genau! Weg mit den anderen Parteien!)

12.54

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Dr. Zinggl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.55

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr schade, dass es von Seiten der Regierungsfraktionen so wenig Ver­ständnis für eine demokratische Entwicklung gibt, und wenn ich sage „Entwicklung“, dann meine ich, Frau Ministerin, Demokratie ist nicht nur eine Sache von Entweder-oder, wie Sie das formuliert haben, sondern da gibt es sehr wohl auch kontinuierliche Fortschritte, und es gibt auch Rückfälle. Und das, was Sie jetzt mit dem neuen Gesetz zum Wahlmodus betreiben, ist jedenfalls ein Abbau. Es ist ein Abbau der bereits erreichten Standards, von Fortschritt überhaupt keine Rede. Wir müssen natürlich zugeben, dass diese Art Wahlordnung, wie Sie sie jetzt für die ÖH einbringen, auch eine Art von demokratischem System ist. Es kommt eben immer darauf an, was man unter Demokratie jeweils verstehen mag.

Ich erinnere Sie, im alten, antiken Griechenland hatten die männlichen Haushalts­vorstände, die Freien allein das Wahlrecht, und das war eine Demokratie. Und wenn ich an Australien erinnern darf: Dort hat man bis 1967 den Aborigines das Wahlrecht nicht zugestanden, und das ist natürlich auch eine Demokratie. Das Frauenwahlrecht ist den Frauen bis in die achtziger Jahre hinein von der Schweiz nicht zugestanden worden, auch das eine uralte Demokratie. Sie sehen also, es gibt nicht nur ein Ent­weder-oder, sondern es gibt Entwicklungen und verschiedene Formen, und das, was Sie da machen, ist sicherlich kein Fortschritt, keine Weiterentwicklung.

Wir könnten gemeinsam überlegen, warum Sie zum Beispiel nicht einfach auch für die ÖH das Wahlrecht der Studentinnen abschaffen. Sie müssten davor natürlich noch Meinungsumfragen machen, um sicherzugehen, dass die männlichen Studenten eher AG und RFS wählen. Und dann können Sie das verteidigen mit der Argumentation, dass so etwas ja auch eine Spielweise von Demokratie wäre, wenn nur die männlichen Studenten wählen. Dann könnten Sie sich hinstellen und sagen: Jetzt warten wir doch einmal ab, was bei den Wahlen für ein Ergebnis herauskommt! Frau Ministerin, genauso haben Sie das formuliert: Wir sollten erst einmal abwarten, wie sich das neue System bewährt. Sie sagen uns damit mehr oder weniger deutlich, dass es auf das Ergebnis ankommt und nicht auf das System.

Es gibt da aber überhaupt nichts zum Abwarten, denn das System wird ja jetzt fixiert. Und das System ist entweder mehr oder weniger demokratisch. Und wir sehen jetzt, dass es ganz eindeutig weniger demokratisch ist. Wir brauchen da gar nichts abzu­warten, denn wenn wir abwarten, wie die Wahl ausgeht, dann sehen wir nur, ob Ihnen das Ergebnis passt oder nicht. Und wenn es Ihnen nicht entspricht, dann kann ich mir gut vorstellen, dass Sie das Wahlsystem neuerlich ändern wollen – und dann denken Sie bitte an meine Überlegung mit den Studentinnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

12.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Rossmann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.57

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Frau Präsident! Frauen Bundesminis­terinnen! Hohes Haus! Was Sie hier aufführen, ist eine Verbreitung von Halbwahr­hei­ten, Unwahrheiten, und das ist mehr als verantwortungslos. (Beifall bei Abgeord­neten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Kann es sein, dass Sie nicht wissen, was Sie da sagen?) Ich sage Ihnen auch, warum das verantwortungslos ist: Es kann nicht sein, dass die Universitätsvertretungen, die nach wie vor direkt gewählt werden – ich be­tone: direkt gewählt werden! – und in Zukunft 280 Mandatare stellen, in irgendeinen Zusammenhang mit Demokratieabbau gebracht werden können. Ich weiß gar nicht, was Sie unter Demokratie verstehen, wahrscheinlich die Demokratie, die Sie betrieben haben, als Sie noch in der Regierung waren.

Ich sage aber auch, dass wir hier eine Bundesvertretung haben, die in Zukunft andere Aufgaben hat, nämlich österreichweit die Studenten zu vertreten und die universitäre Vertretung direkt vor Ort zu sein. Das bedeutet natürlich in Zukunft mehr Arbeit, und vielleicht ist es ja das, was Ihnen nicht passt, dass die Studentenvertretungen vor Ort in Zukunft Serviceleistungen erbringen müssen, in Zukunft die Studenten beraten müssen und wirklich für die Studierenden da zu sein haben. Und dann wird eben wahrscheinlich der eine oder andere keine Zeit mehr zum Demonstrieren haben. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Aha! Darum geht es also! Jetzt ist die Katze aus dem Sack!)

Sie werden sich in Zukunft um die Studenten kümmern müssen und auch darum, was mit den zusätzlichen Mitteln, nämlich mit 85 Prozent der Mittel, die jetzt direkt bei den Studentenvertretungen vor Ort eingesetzt werden, geschieht. Und dann werden sie sich einer Wahl stellen müssen. Und die Wahlbeteiligung an den Unis – bitte, machen wir uns da nichts vor! – ist beschämend. Sie beträgt nur 30 Prozent! Es müsste eigent­lich Auftrag aller Fraktionen sein, die Universitätsvertretungen so gut werden zu lassen, dass in Zukunft die Studenten wirklich zur Wahl gehen und ihre Vertretungen wählen. Dann werden sie gewählt werden, wenn sie die entsprechende Leistung erbracht haben. Und das ist vielleicht das, was Sie nicht wollen, dass nämlich auch einmal vor Ort eine Leistung für die Studierenden erbracht werden muss. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Es ist uns sehr, sehr recht, dass mit dieser neuen Struktur diese Leistung erbracht und auch die Autonomie gestärkt wird, denn ich glaube, das Gesamtproblem ist, dass die Autonomie der Universitäten noch nicht in den Köpfen der Menschen ist. Ich erlebe das auch in Gesprächen mit Studierenden. Die Autonomie der Universitäten ist noch nicht in deren Köpfen. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist in Ihrem Kopf! – Präsident Dipl.-Ing. Prinz­horn übernimmt den Vorsitz.)

Sie wissen noch nicht, dass nicht mehr die Frau Bundesminister zuständig ist, nicht mehr das Kabinett zuständig ist, nicht mehr das Ministerium zuständig ist, auch nicht der Bund nebulos zuständig ist, sondern dass die Rektoren in Zukunft zuständig sind, und zwar auch wirtschaftlich für die Entwicklung der Universitäten zuständig sind. Und wenn dann die Fenster auf der Universität nicht geputzt sind, ist nicht die Frau Bun­desminister zuständig und niemand hier im Hohen Haus, sondern der Rektor ist zuständig. Er hat dafür zu sorgen, dass die Fenster auf den Universitäten sauber sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Gaál: Dafür gibt es von Ihnen Applaus!)

Das ist die triviale Art und Weise, wie Sie die Studenten verunsichern: Wenn in der Organisation etwas nicht passt, dann ist automatisch nebulos der Bund, die Bundes-


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regierung schuld oder die Frau Bundesminister persönlich. Das ist nicht so! Nehmen Sie das zur Kenntnis und verunsichern Sie nicht weiter die jungen Studierenden! (Abg. Gaál: Ihre Zeit ist abgelaufen!) Wir haben 200 000, die die neue Elitestruktur in Österreich bilden werden, und ich bin froh, dass diejenigen, die da oben gesessen sind, nur ein kleiner Teil der Studierenden sind, die in Zukunft, wenn sie sich nicht ändern, nicht zur Elite zählen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Brinek zu Wort gemeldet. (Abg. Dr. Jarolim: Sie berichtigt die Rossmann! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


13.01

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Ministerin­nen! Frau Kollegin Glawischnig hat gesagt, das Universitätsbudget würde weit unter dem Durchschnitt liegen. – Das ist falsch!

Das Universitätsbudget liegt im OECD-Durchschnitt. Und wenn Sie die IHS-Studie mit berücksichtigen und auf die Zeitstrecke übertragen, dann sind die Ausgaben pro Stu­dierenden über dem OECD-Durchschnitt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

 


13.02

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Donnerbauer hat vorhin behauptet, wir benutzten Demonstrantinnen und De­monstranten. (Abg. Lentsch: So ist es!) – Diese Aussage ist unrichtig!

Richtig ist vielmehr: Die Grünen benutzen niemanden. Die Studierenden, die hier demonstriert haben, haben das aus freien Stücken getan und sich aus freien Stücken dazu entschieden. (Abg. Lentsch: Sie wissen das!) Ich nehme zur Kenntnis, dass Ihnen die Vorstellung einer autonomen Entscheidung Jugendlicher offenbar völlig fremd ist. – Danke.

13.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. – Bitte.

 


13.03

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich eine kleine Zäsur mache und doch noch einmal zum Hauptverband zurückkomme, ganz einfach deshalb, weil ich glaube, dass das ein ganz besonders wichtiger Bereich auch für die ArbeitnehmerInnen dieses Landes ist.

Meine Damen und Herren! Selbstverwaltung heißt, dass die Interessen der ver­sicherten Menschen in der Sozialversicherung abgebildet werden müssen, und das sind nun einmal im Prinzip drei Millionen Arbeitnehmer und ihre Familien und 300 000 Selbständige. Deshalb sage ich, wenn man das jetzt mit den Augen der ArbeitnehmerInnen sieht, ist dieser Hauptverbandsentwurf keine Selbstverwaltung. Das ist keine Selbstverwaltung! Die Schieflage wieder zu Lasten der Arbeiter und Angestellten ist so extrem, dass es einem eigentlich den Atem verschlägt. Obwohl drei Millionen ArbeitnehmerInnen nur 300 000 Selbständigen gegenüberstehen, gibt es


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im ersten neuen Gremium des Hauptverbandes, der so genannten Trägerkonferenz, eine satte Arbeitgeber/Selbständigen-Mehrheit.

Da geht es dann schon, meine Damen und Herren, um Gesundheitspolitik, zum Bei­spiel um die Vertragsabschlüsse; es spricht meiner Ansicht nach Bände, dass genau diese Trägerkonferenz, von der ich gesprochen habe, mit satter Arbeitgeber­mehrheit für neue Selbstbehaltregelungen im Hauptverband zuständig sein soll, und das, obwohl jeder weiß, dass gerade die Arbeitgeberorganisationen, die dort die Mehrheit haben, immer wieder für die Ausweitung der Selbstbehalte in diesem Land eingetreten sind. Das ist dann nicht die Entpolitisierung, von der Abgeordneter Mitterlehner hier ge­sprochen hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das weitere wichtige Gremium im Hauptverband – das haben wir heute schon gehört – ist der Vorstand, der sehr viele Entscheidungen in der Gesundheitspolitik treffen wird. Da gibt es jetzt die Parität der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sechs Arbeitnehmer sitzen sechs Arbeitgebern gegenüber. Ich rede hier von den Entscheidungsbefugten. Was heißt das? – Das heißt ganz zufällig, meine Damen und Herren, dass auch dieses Gremium von den Regierungsparteien dominiert wird. Aber das wirklich entscheidende Ergebnis ist auch hier eine unverhältnismäßige Überrepräsentanz der Arbeitgeber und verschiedenen Selbständigengruppen im Hauptverband. Das lässt sich nicht anders sagen, meine Damen und Herren. Da zählt jeder Selbständige/Arbeitgeber nach der Regierungspolitik zehn Mal so viel wie ein Arbeiter und Angestellter dieses Landes. Und, Kollege Walch, ich kann nicht verstehen, wie du als Arbeitnehmervertreter mit diesem Entwurf mitgehen kannst. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, dass Beiträge als Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge in die Sozial­versicherung abgeführt werden, ändert nichts daran, dass in der Sozialver­sicherung ganz überwiegend die Unselbständigen versichert sind und eine paritätische Besetzung des Hauptverbandes keineswegs der österreichischen Versichertenstruktur entspricht. (Abg. Dr. Stummvoll: Was ist mit der Sozialpartnerschaft?)

Letztlich: Dieses Haus hat wohl zu Recht entschieden, meine Damen und Herren, dass die Gremien der Sozialversicherungen nach den Wahlen in den Interessenvertretungen zusammengesetzt sein wollen, also in der Arbeiterkammer, in der Wirtschaftskammer und in den Landwirtschaftskammern.

Nun – und das muss dieses Haus hier schon werten – in den Arbeiterkammerwahlen hat die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter, wohl als Antwort auf die Regie­rungspolitik, bis zu 70 Prozent Stimmenanteil bei den aktuellen Wahlen gewonnen. Und in Verbindung mit dem vorher Gesagten möchte ich darauf hinweisen, dass die FSG künftig vier von zwölf stimmberechtigten Mitgliedern im Vorstand des Haupt­verbandes haben wird. Bis zu 70 Prozent Wahlsieg, meine Damen und Herren, aber nur 33 Prozent Stärke im Vorstand! Das hat mit Demokratie nichts zu tun. Das heißt Zurückdrängen der Arbeitnehmer, aber nicht Demokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Hauptverband ist nicht Demokratie, er ist das Gegenteil von Demokratie. Mit der Sozialdemokratie kann man eine solche Politik nicht machen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


13.08

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Ich muss sagen, es befremdet einigermaßen, mit welcher Leicht­fertigkeit in unserem Parlament unter gewählten Parlamentariern das Wort „Demokratieabbau“ im Mund geführt wird, zumal zu einer Zeit, da in der Ukraine Men-


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schen für Demokratie kämpfen, jeweils wenige hundert Kilometer von uns entfernt Menschen nach wie vor dafür sterben, damit sie Demokratie haben können. (Abg. Bures: Sie wollen ja Demokratie abbauen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Hier in Österreich hingegen wird über einen Initiativantrag im Parlament, das demo­kratischste Element überhaupt, ein völlig demokratisches System einer ÖH entwickelt, und dann kommen diese Angstparolen. Ich finde, das ist demokratiegefährdend. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das ist ja nicht zu glauben!) Und ich wünsche mir nicht, dass wir auf diese Art und Weise diese Debatten führen.

Das Hochschülerschaftsgesetz – und das habe ich heute sehr vermisst – hätte es verdient, inhaltlich diskutiert zu werden, nämlich danach: Wird die künftige Studenten­vertretung besser sein und in welchen Punkten, oder wird sie schlechter sein, in welchen Punkten und warum?

Ich darf Ihnen sagen, wir haben uns darüber sehr viele Gedanken gemacht. (Abg. Öllinger: Das fällt auf!) Wir haben eine Universitätsreform beschlossen, bei der bei den autonomen Universitäten die Entscheidungsmacht über das, was an der Univer­sität passiert, nicht mehr in Wien, im Ministerium ist, sondern direkt an der Uni. (Abg. Öllinger: Na geh!) Diesen autonomen und entscheidungsbefugten Universitäten sind gestärkte Vertretungen der Studierenden vor Ort gegenüberzustellen. Ich empfinde das als logisch und als folgerichtig und als inhaltlich für die Studierenden wichtig. (Beifall bei der ÖVP. – Unruhe im Saal, weil nach und nach Bundeskanzler Dr. Schüssel sowie weitere Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank Platz nehmen, wobei Bundes­minister Mag. Grasser Bundesministerin Gehrer mit Wangenküssen begrüßt. – Abg. Öllinger: Dem Wolfi auch ein Bussi! – Abg. Parnigoni: Die Frau Hakl möchte auch ein Bussi!)

Wir haben gleichzeitig eine wesentlich größere Differenziertheit der Universitäten. Wir haben Medizinuniversitäten, wir haben allgemeine Stammuniversitäten, wir haben Kunstuniversitäten, und im letzten Ausschuss hat der Rektor der Kunst-Uni Graz uns in einem ganz anderen Zusammenhang erklärt, wie anders die Anliegen und Bedürfnisse seiner Kunstuniversität im Vergleich zu den übrigen Universitäten sind. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Aus diesem Grund bin ich der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, dass in der Bundesvertretung die Vertreter aller Universitäten mit ihren speziellen und spezifischen Bedürfnissen sitzen, damit die kleinen Universitäten, damit alle Universitäten ihre Interessen auch auf Bundesebene geltend machen können.

Und aus diesem Grund haben wir die neue ÖH so gestaltet, wie sie ist. Man kann dagegen sein, wir sind dafür, wir halten das für wichtig. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. (Abg. Parnigoni: Doktor-Doktor!)

 


13.11

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Kollegin Hakl hat davon ge­sprochen, dass es sich hier um einen Initiativantrag von Abgeordneten handelt. – Das ist unrichtig!

Tatsache ist, dass ein Initiativantrag etwas ist, was die Abgeordneten selbst geschrie­ben haben. Die Kolleginnen Brinek und Achleitner haben das nicht getan. (Abg. Neudeck: Das ist bei euch so üblich!) Sie haben sich bei ihrem eigenen Antrag in


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keiner Weise ausgekannt. Daher ist es in Wirklichkeit kein Initiativantrag. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war eine politische Wertung!)

13.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ich erteile es ihr.

 


13.12

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus und auf der nun recht vollzähligen Regierungsbank! (Abg. Parnigoni: Wo ist der Strasser?) Die Zufälligkeiten der Redner- und Rednerinnenliste wollen es, dass wir jetzt einen Themenwechsel vollziehen. Zufällig ist auch das zeit­gleiche Eintreffen der Regierungsvertreter und -vertreterinnen mit dem Wechsel zum Thema Tierversuche.

Aber zumindest haben wir jetzt eine kurze Verschnaufpause auch für die durch die überraschenden Entwicklungen ein wenig geschüttelte Bundesspitze der ÖVP hinter uns, aber auch eine Verschnaufpause eines Konsenses in einem Punkt, den ich für sehr wichtig halte, weil wir heute zum Thema Tierversuche sowohl eine stärkere Orientierung hin zu Alternativmethoden statt des Tierversuches beschließen werden als auch den gänzlichen Ausstieg, also ein Verbot des Tierversuches an Menschen­affen.

Das klingt für Sie vielleicht nebensächlich, aber lassen Sie mich Ihnen konkret ein paar Menschenaffen namentlich präsentieren. Einigen von Ihnen oder vielleicht auch vielen ist die Schimpansenfrau Washoe ein Begriff. Washoe hat in den sechziger, siebziger Jahren international für Furore gesorgt, weil sie die erste international dokumentierte Schimpansin war, die die amerikanische Gebärdensprache erlernte und damit in Menschensprache kommunizieren konnte.

Es hat sich dabei gezeigt, dass sie und einige andere Schimpansen, die so aufge­zogen und unterrichtet wurden, diese Sprache nicht nur vokabularisch anwenden können, sondern sogar sprachkreativ werden. Zum Beispiel haben sie neue Wörter erfunden für Objekte, für die sie noch keinen Begriff hatten. Jahrszeitlich vielleicht ein Beispiel: Die Schimpansinnen wurden mit einem Weihnachtsbaum konfrontiert, und sie kannten zwar Süßigkeiten, sie kannten Bäume, aber sie kannten kein Wort für Weih­nachtsbaum und haben diesen Baum daher als Bonbon-Baum bezeichnet. Eine originäre, intellektuelle, kognitive Leistung, die üblicherweise Kleinkindern jederzeit zugestanden wird, Tieren aber nicht.

Insbesondere Washoe hat unglaublich gerne verschiedenste Versandhauskataloge durchgeblättert und angeschaut, hatte für einige der Dinge aber keinen Namen und hat sich dann immer gewünscht: Ich hätte jetzt gerne das Schuh-Buch.

Ich erzähle Ihnen das einerseits deswegen, weil es dokumentieren soll, dass kognitive Leistungen bei Tieren – im Übrigen nicht nur bei Menschenaffen – inzwischen gut dokumentiert sind, andererseits weil es auch eine Episode gibt, die der Forscher, der mit ihnen gearbeitet hat, Roger Fouts, auch in seinem Buch beschreibt. Einer der Affen landete dann nämlich in der Pharmaforschung. Er hat versucht, die Spuren dieses einen Schimpansen, Booey mit Namen, nachzuvollziehen und hat 15 Jahre gebraucht, bis er ihn irgendwo in einem Labor in einem Einzelkäfig gefunden hat. Er schildert sehr eindrücklich, wie ihn dieser Schimpanse, den er vor 15 Jahren gut gekannt hatte, ansieht – der Forscher wusste nicht einmal, ob er ihn wirklich wieder erkennen würde – und dann die Gebärden für „Hol mich hier raus!“ signalisiert.

„Hol mich hier raus“ ist, denke ich, auch der Auftrag, den wir hier wahrnehmen, wenn wir sagen, an derart hoch entwickelten intelligenten Tieren ist es absolut unzulässig,


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Tierversuche durchzuführen und ihnen unermessliches Leid zuzufügen. Ich bin daher sehr froh darüber, dass Österreich hoffentlich sagen wird – das Parlament tut es, und die Regierung muss es umsetzen –, dass wir diese Tierversuche in Österreich stoppen wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das soll nicht davon ablenken, dass wir ein paar unbewältigte Probleme haben. Einige dieser Schimpansen oder anderer Affen, die in der Forschung waren, die in Österreich als Versuchstiere gehalten worden waren, sitzen heute im Affenhaus in Gänserndorf, und es ist völlig ungewiss, wie es dort nach Ende des Projektes weitergehen soll. Ich glaube, dass hier sehr wohl auch die öffentliche Hand gefordert ist, gefordert ist neben den Firmen, neben Tierschutzorganisationen.

Ich denke, dass es weiters wichtig ist, dass uns der Blick auf die Menschenaffen nicht den Blick darauf verstellt, wie viele andere Tierarten, die zum Teil auch heute noch in Tierversuchen verwendet werden, in Labors sitzen, höherer kognitiver Leistungen fähig sind und sowieso ein hochkomplexes Sozialleben und Empfindungsleben haben.

Wir wissen zum Beispiel, dass Tauben sehr gut zwischen Cézanne und Monet unter­scheiden können, wenn man ihnen Gemälde zeigt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir alle das selbst in jedem einzelnen Fall bewältigen würden. Die Tauben können es. Wir wissen, dass Ratten eine ausgeprägte kognitive Fähigkeit im Rahmen der örtlichen Orientierung haben, und wir wissen, dass all diese Tiere (Unruhe im Saal) – auch wenn das Interesse im Saal jetzt offenbar nicht sehr groß ist – heute noch im Tierversuch verwendet werden.

Ich glaube, dass es wichtig wäre, davon wegzukommen, dass es auch für die Sicherheit der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse wichtig wäre, auf Alternativ­methoden umzusteigen, zum Beispiel auf die Forschungsarbeit an menschlichen Zell­kulturen, was sehr viel weniger Leid verursacht und sehr viel genauere Ergebnisse bringt. Hier sollte man schauen, dass man diese Alternativmethoden in der Forschung deutlich besser fördert, und wir sollten versuchen, das, was es an Forschungs­ergeb­nissen gibt, auch tatsächlich anzuwenden.

Es ist schade, dass wir uns nicht dazu durchringen können, auch ein Melderegister für Tierversuche in Österreich anzulegen. Ich meine, es wäre durchaus möglich, das auch datenschutzkompatibel zu machen. Wenn es heute nicht gelingt oder wenn jetzt nicht diese Pause durch das Intermezzo der Regierungserklärung noch genutzt wird, um eine Abänderung vorzunehmen, klappt es hoffentlich beim nächsten Mal. Aber ich glaube, dass wir heute mit dem Verbot des Tierversuchs an Menschenaffen einen großen und wichtigen Schritt weiterkommen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.18

Ankündigung einer


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Erklärung des Bundeskanzlers zum Thema „Die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher – Wechsel an der Spitze des Bundesministeriums für Inneres“

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche die Tagesordnung, da der Herr Bundeskanzler seine Absicht bekannt gegeben hat, eine Erklärung zum Thema „Die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher – Wechsel an der Spitze des Bundesministeriums für Inneres“ abzugeben.

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz werde ich die Erklärung für 13.18 Uhr anbe­raumen. (Abg. Öllinger: Brauchen Sie dazu eine Präsidiale?)

Erhebt sich dagegen einen Einwand? – Das ist nicht Fall. Ich gehe daher so vor.

Erklärung des Bundeskanzlers zum Thema „Die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher – Wechsel an der Spitze des Bundesministeriums für Inneres“

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zur genannten Erklärung, und ich erteile dem Herrn Bundeskanzler das Wort.

 


13.19

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich danke dem Hohen Haus sehr für die Bereitschaft, diese Erklärung von mir entgegenzunehmen.

Mich hat Innenminister Ernst Strasser gestern Abend beziehungsweise heute Früh von seiner Absicht, dies heute öffentlich bekannt zu machen, in Kenntnis gesetzt, aus seiner Funktion als Bundesminister für Inneres ausscheiden zu wollen und nach 13 Jahren politischer Arbeit wieder in die Privatwirtschaft zurückzukehren. Diese Ent­scheidung, aus dem Regierungsteam auszuscheiden, respektiere ich selbstverständ­lich.

Ich habe heute Verteidigungsminister Günther Platter gebeten, vorübergehend auch das Bundesministerium für Inneres zu führen. Er wird morgen – auch das ist bereits abgesprochen – vom Herrn Bundespräsidenten um 8.15 Uhr angelobt. Es ist ein Glücksfall ... (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Danke für den Applaus für das Wort „Glücksfall“.

Es ist ein Glücksfall, dass mir in der Person des Günther Platter eine Persönlichkeit im Regierungsteam zur Verfügung steht, die fürwahr die Kompetenz hat, das Innen­ministerium, ein besonders wichtiges Ressort, zu führen. Er ist bereits jetzt als Verteidi­gungsminister für die Sicherheit der Menschen in unserem Land verantwortlich. Er hat viele Jahre lang sehr erfolgreich als Gendarmeriebeamter gearbeitet und kennt daher aus allernächster Nähe das Sicherheitsbedürfnis der Bürger und auch die Erforder­nisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres.

Günther Platter hat gerade in den letzten Tagen – ich will das ausdrücklich hervor­heben – höchste Führungskompetenz, Durchsetzungskraft und Krisenmanagement unter Beweis gestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Art und Weise, wie du die aufgetretenen und bekannt gewordenen Vorfälle im Bundesheer aufgeklärt und rasch Konsequenzen gezogen hast (Zwischenrufe bei der SPÖ), ist absolut richtig, notwendig und wird hoffentlich von uns allen breitest unterstützt. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Für eine sachgerechte Führung des Ressorts ist daher gesorgt. Der Übergang kann glatt und reibungslos vonstatten gehen.

Ernst Strasser hat im Februar 2000 ein sehr schwieriges Amt angetreten. Für alle Experten war damals klar, dass im Innenministerium zahlreiche Reformen in Angriff zu nehmen sind, die zum Teil schon viele, viele Jahre vorher fällig gewesen wären, die zwar vielfach schon angekündigt, aber eben nie durchgeführt worden sind.

Vieles war zu tun, um den österreichischen Sicherheitsapparat fit zu machen, etwa zur Bekämpfung von international organisierter Kriminalität, gegen Terrorismus, moderne Verbrechensformen und Computerkriminalität, Kinderpornographie, Schlepperunwe­sen, Asylmissbrauch und zur Abwendung von Katastrophen. Das sind die wichtigen Aufgaben, die im Innenministerium wahrzunehmen sind. Außerdem war die EU-Erweiterung in den Bereichen Justiz und Inneres mit Leben zu erfüllen.

Strasser hat die so genannte Salzburg-Gruppe ins Leben gerufen – das sind die mittel- und osteuropäischen Länder –, um mit den Ländern der Regionalen Partnerschaft


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schon vor deren Beitritt zur Europäischen Union Fragen der inneren und äußeren Sicherheit optimal vorzubereiten.

Auf europäischer Ebene haben wir uns darüber hinaus aktiv für eine stärkstmögliche Vernetzung der Polizeikooperation zur Bekämpfung von Kriminalität und Terror ein­gesetzt.

Die Reformen, die seit 2000 durchgeführt wurden, sind Ihnen, meine Damen und Herren, bestens bekannt: die Schaffung des Bundeskriminalamtes im Jahre 2001, die Reform der Bundespolizeidirektion Wien – davor gab es die bekannten Probleme, und zwar haben die Ermittlungsgrenzen an der Bezirksgrenze geendet, daher war diese Reform absolut notwendig –, eine Reform des Innenministeriums in der Zentralstelle, um mehr Mitarbeiter in den Außendienst zu bekommen und die Verwaltung abzu­schlanken, die Übergabe des Pass- und Meldewesens an die Magistrate, was deutlich weniger Verwaltung und Einsparungen zur Folge hatte, die Einführung der monatlichen Kriminalstatistik, des so genannten Sicherheitsmonitors, der zum Teil spektakuläre Ergebnisse gezeitigt hat – vor allem Serieneinbrüche und großflächige Kriminalfälle konnten in rascher Zeit aufgeklärt werden; wir merken das auch am Rückgang der Zahl der Kriminalfälle in Wien um 7 Prozent, aber auch österreichweit ist ein kleiner Rück­gang festzustellen –, die Eingliederung der Zollwache – auch eine Maßnahme, die jahrzehntelang diskutiert, aber nie umgesetzt worden ist; ich danke auch Karl-Heinz Grasser für seine Bereitschaft, da größtmöglich zu kooperieren – und vor allem die gestern hier im Hohen Haus beschlossene Zusammenlegung aller Wachekörper zu einer Polizei, womit ein echter Meilenstein in der Modernisierung der Exekutive erreicht wurde.

Das Asylgesetz 2003 hat wesentliche Verbesserungen bei den Verfahrensabläufen im Asylbereich gebracht, und durch die Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern wurde die Flüchtlingsbetreuung neu geregelt.

Zu danken ist dem scheidenden Innenminister auch für die Neuorganisation von Maut­hausen, den Kulturdialog der Zivilisationen, die Betreuung der verschiedenen, schwie­rigen Bereiche, etwa Kultusgemeinde, Islamische Glaubensgemeinschaft, vor allem im Nachhang zum 11. September.

Es weiß jeder, dass im Innenministerium, einem der größten Häuser in dieser Re­publik, in Summe mehr als 31 000 Mitarbeiter beschäftigt sind. Mit den Budgets 2005 und 2006 werden 800 Exekutivbeamte zusätzlich zu Verfügung stehen, und die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei bringt alleine durch die Einsparung von Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung 500 Exekutivbeamte mehr auf die Straße in den Einsatz für die Sicherheit der Bürger.

Meine Damen und Herren, nur zum Vergleich: Ende 1999 waren 21 900 Exekutiv­beamte auf der Straße im Dienste der Bürger, heute sind es um 1 000 mehr. Das soll nicht vergessen werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Ernst Strasser hat als Innenminister in den letzten viereinhalb Jahren gute Arbeit für die Sicherheit der österreichischen Bürgerinnen und Bürger geleistet. 90 Prozent der Menschen in unserem Land fühlen sich sicher. Der scheidende Innenminister Ernst Strasser hat gemeinsam mit den Sicherheitskräften dafür gesorgt, dass Österreich weiterhin zu den sichersten Ländern der Welt zählt. Dabei soll es auch mit Günther Platter bleiben! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Darabos: Das war sehr mager!)

13.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen.


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90. Sitzung / Seite 103

Es liegt das Verlangen gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, über diese Erklärung sogleich eine Debatte durchzuführen.

Wir gelangen nunmehr zur Debatte über diese Erklärung.

Für diese Debatte wurde nach Beratung in der Präsidialkonferenz folgende Rede­ordnung vereinbart: zunächst eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 8 Minuten, danach eine weitere Wortmeldung pro Fraktion mit je 6 Minuten. Die Debatte soll jedenfalls vor 15 Uhr beendet sein.

Weiters werden in dieser Zeit keine tatsächlichen Berichtigungen aufgerufen.

Die Redezeiten werden in die Gesamtredezeit eingerechnet.

Ich lasse nun über diesen Vorschlag abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Vorschlag ist einstimmig angenommen.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

 


13.27

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein etwas komischer Vorfall, dass gestern der Herr Innenminister hier im Hohen Haus war und heute seinen Rücktritt bekannt gibt und es nicht einmal der Mühe wert findet, sich vom Parlament ordnungsgemäß zu verabschieden. Ich finde, das ist keine Art, wie ein Bundesminister mit dem Parlament umzugehen hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Zweiten: Wenn Bilanz über die Tätigkeit des Herrn Innenministers Ernst Strasser gezogen wird, dann ist zu sagen: In seine Amtszeit fällt die stärkste Steigerung der Kriminalitätsrate in der gesamten Geschichte Österreichs. Bevor er Innenminister wurde, gab es weniger als 500 000 Delikte, im heurigen Jahr werden es bereits über 700 000 Delikte sein. (Rufe bei der SPÖ: Wahnsinn!)

Die Zahl der aufgeklärten Fälle ist jedoch stetig gesunken. Bevor er im Amt war, wurden über 50 Prozent der strafbaren Handlungen aufgeklärt, jetzt sind es nur noch 37,5 Prozent. Die Ursache für dieses Scheitern in der Sicherheitspolitik liegt auch auf der Hand: Er hat in den vergangenen Jahren über 3 000 Exekutivbeamte abgebaut, und es hat sich erneut erwiesen: Mit weniger Gendarmen und mit weniger Polizisten gibt es nicht ein Mehr an Sicherheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

Der Innenminister hat ebenfalls zu verantworten, dass er während seiner gesamten Amtszeit immer wieder mit dem Verfassungsgerichtshof in Konflikt gestanden ist. So haben die Höchstgerichte zum Beispiel seine Vorlagen zu den Themen Zivildienst und Asylrecht und auch zu den Zwangspensionierungen in seinem Ressort aufgehoben, weil diese Gesetze nicht verfassungskonform waren, und dieser Innenminister hat auch traurige Bekanntheit damit erlangt, dass er mit einer Rigorosität sondergleichen versucht hat, in seinem Ressort all diejenigen, die ihm politisch nicht zu Gesicht gestanden sind, zu „säubern“. Die Reaktion auf diese Politik im Innenministerium ist ja sehr eindrücklich bei den letzten Personalvertretungswahlen präsentiert worden: Die­jenigen, die mit ihm arbeiten müssen, haben die ÖVP nicht mehr gewählt. Und das war gut so! (Beifall bei der SPÖ.)

Am schlimmsten finde ich es, dass dieser Innenminister, der in den letzten Jahren nicht imstande war, das Asylproblem zu lösen, und der immer wieder von einer Verkürzung der Asylverfahren gesprochen hat, durch eigene Maßnahmen die Situation im


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Asylbereich noch verschärft hat, und zwar dadurch, dass er nicht genügend Personal zur Verfügung gestellt hat und dass er die Privatisierung der Asylantenbetreuung durchgeführt hat.

Dieser Innenminister hat in den letzten Wochen und Monaten versucht, die Stimmung in Österreich hochzuschaukeln, um damit ein Problem zu beklagen, das er selbst geschaffen hat.

Während er als ein vermeintlich liberaler Innenminister angetreten ist, so ist er als das Gegenteil davon gegangen, oder, um es anders zu sagen: Innenminister Strasser hat als Paulus begonnen und als Saulus geendet. Das ist die Bilanz seiner Amtszeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben jetzt den Herrn Verteidigungsminister beauftragt, das Innenressort zu führen, und ich muss dazu sagen: Ein Grundcharakteristikum eines Rechtsstaates ist es, dass es eine Trennung von Polizeigewalt und Militärgewalt gibt (Abg. Lackner: Genau!), und ich halte es für keine gute Idee – wenn auch nur vorübergehend –, diese beiden Ressorts in einer Hand zu vereinen. Das sollten Sie sich wirklich besser überlegen, Herr Bundeskanzler! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Hinzu kommt noch, dass der Herr Verteidigungsminister in der Tat alle Hände voll zu tun hat mit den jüngsten Vorkommnissen im österreichischen Bundesheer, Vorfällen, die, so meine ich, von der Gesamtheit dieses Hohen Hauses und auch vom Herrn Bun­desminister abgelehnt werden.

Viele dieser Vorgänge weisen darauf hin, dass es sich dabei um keine Einzelfälle handelt, sondern dass dies unter Umständen nur die Spitze eines Eisberges ist. Er selbst hat darauf hingewiesen, dass noch sehr viel an Aufklärungsarbeit notwendig ist, und gesagt, dass natürlich noch nicht alle Konsequenzen gezogen sind, die es in diesen Fällen zu ziehen gibt. Also in einer solchen Situation den Verteidigungsminister, der ohnehin alle Hände voll zu tun hat, um im Bundesheer für Klarheit und Sauberkeit zu sorgen, auch noch mit der Führung des Innenministeriums zu betrauen, Herr Bun­deskanzler, das halte ich bei aller Wertschätzung für den Verteidigungsminister für eine falsche Entscheidung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es stellt sich darüber hinausgehend aber auch noch eine andere Frage, und zwar: Wie geht es in einer österreichischen Bundes­regierung zu, in der der Innenminister am Vorabend seines Rücktritts den Bundes­kanzler informiert, dass er am nächsten Tag gehen möchte? Wie funktioniert da die Zusammenarbeit? Und wie schaut die Führungsfähigkeit in der Bundesregierung aus (Abg. Dr. Fekter: Hervorragend! – Abg. Großruck: Bestens!), wenn Sie heute zu einer solchen Notmaßnahme greifen müssen, nämlich den Verteidigungsminister, der ohne­hin alle Hände voll zu tun hat, auch noch mit der Führung des Innenressorts zu beauftragen? Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit wird doch Folgendes klargestellt: Diese Bundesregierung ist in einer tiefen Krise! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Bundesregierung war und ist nicht imstande, die Sicherheit in unserem Land zu garantieren. Dieser Bundesregierung ist jetzt der Innenminister abhanden gekommen (Abg. Großruck: Verwechseln Sie die Bundesregierung nicht mit Ihrem Bundes­parteitag!), und die einzige Frage, die sich noch stellt, ist die, Herr Bundeskanzler: Wer ist der Nachfolger (Ruf bei der ÖVP: Von Gusenbauer!) oder die Nachfolgerin von Ernst Strasser? – aber nicht im Ressort, sondern als Rücktrittskandidat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.35

 



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Darabos in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Molterer –: Bitte, nicht schönreden!)

 


13.35

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kollege Gusenbauer, wenn Sie hier die Frage nach der Ver­abschiedung eines Ministers stellen, dann stelle ich Ihnen die Frage nach Ihrer Gedächtnisdauer: Haben Sie vergessen, wie sich Karl Schlögl aus dem Innen­ministerium verabschiedet hat? Haben Sie vergessen, dass er das Büro ausgeräumt hat? (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Haben Sie vergessen, dass die Akten nicht auffindbar waren? Haben Sie vergessen, dass er die EDV-Anlage abgebaut hat? – Das ist das, was Sie offensichtlich mit Verabschiedung meinen! (Abg. Schieder: Der Strasser räumt jetzt selber aus!)

Da gibt es einen geordneten Übergang – so wie in dieser Bundesregierung unter Führung von Kanzler Schüssel selbstverständlich geordnete Arbeit geleistet wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Der Strasser räumt gerade zusammen!)

Herr Kollege Gusenbauer, dass Sie in der Sicherheitspolitik auf einem Auge blind sind, das wissen wir, das hat zum Beispiel die gestrige Debatte zum Sicherheits­polizei­gesetz ganz deutlich gezeigt. (Abg. Parnigoni: Chaos!)

Das ist jetzt zwar kein optimaler Vergleich, aber er ist richtig: Auf einem Auge sind Sie blind, da reden Sie Österreich krank, aber auf dem anderen Auge sehen Sie nichts, denn dann, wenn es darauf ankommt, etwas zu tun, verweigern Sie Ihre Zustimmung, so wie beispielsweise gestern beim Sicherheitspolizeigesetz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gusenbauer, ich wäre an Ihrer Stelle etwas vorsichtig, wenn Sie das Wort „Krise“ in den Mund nehmen, denn sonst müsste ich Ihnen zum „Mister Zickzack“ einen zweiten Beinamen geben (Abg. Mag. Darabos: Das ist ja peinlich! – weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ), nämlich „Mister 86 Prozent“. Vielleicht debattieren wir dann, ob es nicht doch 88 Prozent waren, Herr Kollege Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie von „Krise“ reden, dann denken Sie ganz offensichtlich an Ihren letzten Parteitag, der hat sich tief in Ihr Gedächtnis eingeprägt. Mich wundert es ja nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Österreich ist eines der sichersten Länder dieser Welt, und Sie können davon ausgehen, dass mit dieser Bundesregierung unter Führung von Wolfgang Schüssel Österreich auch eines der sichersten Länder dieser Welt bleiben wird. (Abg. Mag. Wurm: Das letzte Aufgebot! – Zwischenruf der Abg. Sburny.) Aber das ist keine gottgegebene Selbstverständlichkeit, sondern dafür ist hart gearbeitet worden.

Meine Damen und Herren! Ich bin selbstverständlich Ernst Strasser dankbar für die Arbeit, die er als Innenminister geleistet hat, und namens des Klubs der Österreichi­schen Volkspartei möchte ich heute Ernst Strasser für diese seine Arbeit sehr, sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieser Schritt von Ernst Strasser ist zu respektieren. Es ist seine Entscheidung, die er offensichtlich nach langer Überlegung getroffen hat. (Zwischenruf der Abg. Bures.) Diese Entscheidung, meine Damen und Herren, kann aber keinen Deut daran ändern, dass Ernst Strasser mit dieser Bundesregierung eine absolute Erfolgsbilanz vorzulegen hat (Abg. Bures: Oh, oh!):


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eine der tiefgreifendsten Reformen im Bereich der Organisation unserer Sicherheits­exekutive, gestern hier im Hohen Haus beschlossen – Sie haben das abgelehnt, meine Damen und Herren von der Opposition!;

ein effizientes Asylrecht, hier im Hohen Haus beschlossen – Sie haben es abgelehnt, meine Damen und Herren von der Opposition!;

ein effizientes Fremdenrecht, selbstverständlich auf Basis des Rechtsstaates (Abg. Schieder: Deswegen ist er gegangen!), hier im Hohen Haus beschlossen – Sie haben es abgelehnt, meine Damen und Herren von der Opposition!;

die Zusammenführung der Zollwache, ein wichtiges Reformprojekt, das umgesetzt wurde – es hat nicht Ihre Zustimmung gefunden!

Das ist genau das, was ich Ihnen vorwerfe: diese Politik des „Auf-einem-Auge-blind-Sein“, nämlich auf dem entscheidenden Auge, wo es darum geht, Österreich Sicherheit zu geben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Darabos: Das ist peinlich, was Sie da ...!)

Wir haben mit Günther Platter nun jemanden – und wir begrüßen ihn herzlich in diesem Hohen Haus –, den wir kennen, meine Damen und Herren (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), als einen Sicherheitsprofi Nummer eins. Er hat in seiner Arbeit eines bewiesen: Er kann mit der Sicherheit Österreichs gut umgehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Günther Platter ist jemand, der nicht nur ein Sicherheitsprofi ist, sondern der auch eine große Reformerfahrung hat. Er hat mit seiner Arbeit im Bundesheer, wie etwa mit der Reform des Bundesheeres, bewiesen, dass er ein Reformprofi ist und dass bei ihm Veränderung in guter Hand ist. Genauso ist Sicherheit bei ihm in guter Hand, meine Damen und Herren. Genau das ist entscheidend!

Günther Platter hat in den letzten Tagen und Stunden bewiesen (Abg. Bures: Das ist peinlich, was Sie ...!), dass er mit Krisensituationen professionell umgeht (Abg. Schieder: Ah, ist doch eine Krise?!) und in der Krise perfekte Arbeit leistet, meine Damen und Herren! Und das ist in allen Sicherheitsfragen von besonderer Bedeutung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Daher wissen wir, dass etwa in den so wichtigen anstehenden Fragen (Abg. Bures: Die Regierungspolitik ist in der Krise!) – und Sie können das auch durch Ihre Zwi­schenrufe nicht wegreden beziehungsweise wegrufen, meine Damen und Herren von der SPÖ (Abg. Schieder: Das ist eine Krise!) –, in den wichtigen Sicherheitsfragen ein Profi am Werk sein wird. (Abg. Gaál: Geh, übertreib es doch nicht so!)

Worum geht es denn in Zukunft? – Die Frage etwa der europäischen Dimension in der Sicherheitspolitik, in der Asylpolitik, aber selbstverständlich auch die professionelle Führung dieses Ressorts in der Vorbereitung der Präsidentschaft, die Österreich wahrnehmen wird und bei der uns Sicherheit ein großes Anliegen ist, all das liegt bei dieser Bundesregierung und bei Günther Platter in guten Händen. (Abg. Schieder: Vielleicht wollt ihr noch den Nobelpreis für ihn?!)

Wir haben etwa eine neue Asylrechtsgesetzgebung vorzubereiten. Dies wird auf Basis einer guten Entscheidung dieser Bundesregierung geschehen, weil uns das Asylrecht wertvoll und wichtig ist. (Abg. Mag. Darabos: Warum hat er ... gemacht?) Aber genau­so wichtig ist die Bekämpfung von Missbrauch, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir können nämlich nur dann ein Asylland bleiben, wenn wir Vermeidung des Miss­brauchs betreiben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Herr Kollege Van der Bellen! Von Ihnen steht nach wie vor jene Klarstellung aus, zu der ich Sie gestern aufgefordert habe: Voggenhuber will Österreich in der Euro­päischen Union verklagen. Neuerlich Sanktionen gegen Österreich! Ungeheuerlich! Und keine Distanzierung von Ihnen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen.) Das ist eigentlich das Bedenkliche. Das heißt, wir haben es wieder einmal mit einer Gruppe zu tun, die Österreich in der Europäischen Union unter Sanktionen stellen will. Aber nicht mit uns!

Wir haben ein wichtiges Reformprojekt etwa im Zivildienst. Wir haben auch ein wichtiges Reformprojekt mit der Umsetzung der gestern beschlossenen Polizei- und Sicherheitsreform. Selbstverständlich bleibt unser Motto unter Wolfgang Schüssel und Günther Platter gleich und lautet ganz klar: Wir müssen das Maximum tun, damit wir die bestmögliche Sicherheit für Österreich, für seine Menschen gewährleisten können.

Dieses Ziel der Bundesregierung galt bisher und gilt selbstverständlich auch in Zukunft, weil dieses Ziel alternativlos ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. (Abg. Ellmauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Van der Bellen –: Österreich-Sanktionierer!)

 


13.43

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Ich verstehe schon, Herr Kol­lege Molterer! (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des Abg. Mag. Molterer –: Ein wenig Angemessenheit hätte nicht geschadet! – Heiterkeit bei der SPÖ. – Oje-Rufe bei der ÖVP.) Leicht kann Ihnen diese Rede nicht gefallen sein. In der Bundesregierung werden Watschen ausgeteilt, dass es nur so scheppert. Und Sie müssen an dieses Rednerpult treten und so tun, als wäre alles in Ordnung. Das verstehe ich ja.

Der Innenminister tritt zurück. Er ist übrigens nicht da. Natürlich: Ein zurückgetretener Innenminister ist immer der beste Innenminister, eine super Innenminister, er hat alles geleistet. (Abg. Dr. Fasslabend: Er war sehr gut!) Der nächste Minister wird noch bes­ser sein. Und im Übrigen startet die ÖVP durch. – All das haben wir schon zigfach erlebt! Sie hatten die unangenehme Aufgabe, das halt jetzt in der x-ten Auflage zu stilisieren. Herr Molterer, damit können Sie niemanden beeindrucken. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber Folgendes möchte ich schon festhalten: Minister Strasser war gestern hier im Haus. Er hat kein Wort der Verabschiedung gefunden, kein Wort der Begründung, kein Wort darüber, was ihn bewogen hat, dem Parlament, der Bundesregierung den Rücken zu kehren. Das finde ich extrem unhöflich – um einmal das mindeste Etikett zu benützen! (Rufe bei der ÖVP: Naja!) Das ist jenseits aller üblichen Stilfragen. (Abg. Ellmauer: Wie finden Sie Voggenhuber?) Und, Herr Kollege Molterer, wenn Strasser selbst für diese Entscheidung verantwortlich ist, dann ist es auch feig! Wenn! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn er selber dafür verantwortlich ist! Wenn es seine Entscheidung war, hier und jetzt nicht auf der Regierungsbank zu erscheinen – denn heute ist er noch Bundes­minister für Inneres! Ich sehe hier (der Redner deutet auf die Regierungsbank) jede Menge Damen und Herren Mitglieder der Bundesregierung, aber nur einen nicht, einen, über den wir heute unter anderem reden. Das nenne ich eine Krise der Bundes­regierung (Ruf bei der ÖVP: Geh, hör auf!), nicht des Innenministeriums! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)


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Wie schaut denn die Realität aus? – In der Bundesregierung werden wechselseitig Watschen ausgeteilt, wie ich das noch nie erlebt habe in meiner, zugegeben kurzen zehnjährigen Erfahrung als Parlamentarier! Herr Präsident Khol kann sich vielleicht an etwas Ähnliches erinnern, ich nicht! (Abg. Dr. Khol wiegt nachdenklich den Kopf von einer Seite zur anderen. – Rufe bei der SPÖ: Er auch nicht!)

Da geht ein Innenminister her und teilt zur Überraschung seiner eigenen Partei­kollegen, seines eigenen Klubs, seiner Ko-Mitglieder in der Bundesregierung aus heite­rem Himmel mit: Übrigens, ich trete zurück! (Abg. Großruck: Woher wissen Sie das?) War irgendjemand von Ihnen darüber informiert? – Nein! Das hat man ja gemerkt und merkt man jetzt noch an den Gesichtern auf der Regierungsbank.

Dann sagt Herr Minister Strasser – er ist ja immer noch Minister – heute am Vormittag: Und im Übrigen werde ich bis Jänner im Amt bleiben, um die Geschäfte ordnungs­gemäß übergeben zu können. – Diese Meldung ist über die APA gegangen.

Was ist dann passiert? – Der Bundeskanzler sagt aus welchen Gründen auch immer, ich vermute, aus einem spontanen Wutanfall heraus (ironische Heiterkeit bei der ÖVP): Nichts da! Du bleibst mir nicht bis Jänner! Du gehst jetzt sofort! (Abg. Mag. Molterer: Wie es sich der kleine Alexander vorstellt!)

Sie, Herr Kollege Molterer, Sie sagen im Ernst ... (Heiterkeit des Abg. Mag. Mol­terer.) – Sie müssen ja selber lachen, Sie wissen nur noch nicht, worüber. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Sie haben gesagt, hier finde ein ordentlicher Übergang statt, so wie er immer in der Bundesregierung stattfindet. (Abg. Mag. Mol­terer: So ist es!) – So wie er immer in der Bundesregierung stattfindet! – Diese Bundesregierung verkörpere auch Stabilität, Sicherheit; wir halten Kurs. (Demonstra­tiver Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Genau!)

Tausendfach müssen wir uns das von Ihnen anhören! Aber wenn ein Innenminister in der Früh zurücktritt, dann hat der Bundeskanzler einen Wutanfall (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Nein!) und verhindert die ordnungsgemäße Übergabe der Geschäfte! Im Gegenteil: Wen betraut er, nur kurz, wie ich hoffe – ich komme darauf noch zurück –, mit der Fortführung der Geschäfte? – Jenen Minister, der in seinem Ressort, dem Bundesministerium für Landesverteidigung, gerade mit der größten Krise seit Jahrzehnten konfrontiert ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Schon wieder „Krise“!)

Gestern hat das Parlament mit der Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei und so weiter die tatsächlich über Jahrzehnte hinweg größte Reform des Innenressorts beschlossen. (Abg. Mag. Molterer: Leider nicht mit Ihren Stimmen!) Wer soll das jetzt durchführen? Der Verteidigungsminister, der selber andere Sorgen hat? (Abg. Dr. Brinek: Er kennt sich aus!) Ja!? Der hat wirklich andere Sorgen!

Das schafft der Herr Bundeskanzler! So schafft man aus einem simplen Minister­rücktritt – so etwas soll vorkommen; Minister Strasser hat vielleicht gute private Grün­de, das zu machen, vielleicht auch gute politische Gründe –, so schafft man aus einem Ministerrücktritt eine Regierungskrise! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ironi­sche Heiterkeit bei der ÖVP.)

Das ist die Folge des Führungsstils unseres Herrn Bundeskanzlers, der jetzt nicht nur einen Problemfall Frau Gehrer hat – die zwar eine ÖH-Knebelung zulässt, die zu verhindern, ihr keine Energie wert ist, aber über PISA kann man ja ruhig einschlafen –, einen Minister Grasser als Finanzminister – der sich seit Jahren erfolgreich den Ruf verschafft hat, dass alle Steuern zahlen sollen, nur ich, der Finanzminister nicht! –, und, wenn ich nicht irre, ist ja Herr Minister Haupt auch noch da. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Darüber verliere ich jetzt aber kein Wort.


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90. Sitzung / Seite 109

Herr Bundeskanzler! Etwas wollte ich von Ihnen heute aber schon noch erfahren: Wir haben jetzt beide Sicherheitsressorts in einer Hand, nämlich das Bundespolizei­ministerium sozusagen, also das Bundesinnenministerium, und das Bundesministerium für Landesverteidigung. (Abg. Mag. Wurm: Das ist wirklich demokratiepolitisch be­denklich!) Ich nehme an, das gilt für maximal ein paar Wochen, bis der Nachfolger, allenfalls die Nachfolgerin bestellt ist. Und diesbezüglich erwarte ich eine Klarstellung.

Oder ist von der ÖVP beabsichtigt, dass hier auf kaltem Wege etwas gemacht wird, wogegen wir – und nicht nur wir, die Grünen, sondern das ist in der ganzen zivilisierten Welt so – uns mit aller Macht wehren werden, nämlich die Zusammenlegung des Verteidigungsministeriums mit dem Innen- beziehungsweise Polizeiministerium? Wenn Sie das nicht vorhaben, dann sagen Sie uns doch heute gefälligst, wie viele Wochen Sie sich Zeit nehmen wollen, um die Frage des Nachfolgers, der Nachfolgerin von Herrn Strasser zu klären! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Zum Abschluss. Heute haben wir einmal gesehen, wie es in Wirklichkeit in dieser Bun­desregierung zugeht: Keine Weinlese in Retz – die Idylle von Retz, wo Sie sich gegenseitig die sauren Trauben in den Mund gesteckt haben, ohne die Miene zu verziehen –, keine Idylle vom Semmering mit dem Eisstockschießen, sondern gegen­seitiges Watschenausteilen in aller Öffentlichkeit, zuerst durch den Innenminister gegenüber dem Bundeskanzler, dann durch den Bundeskanzler gegenüber dem Innenminister.

Das soll man doch klar auf den Tisch legen! Spielen Sie uns hier doch nicht Theater vor, als ob das alles geordnete Übergaben wären, Herr Kollege Molterer! (Abg. Dr. Stummvoll: Also wer da Theater spielt ...!) Da lachen tatsächlich die Hühner! Diese Art von Seifenblasen sind ein für allemal zerplatzt.

Strasser ist zurückgetreten – ohne jede Rücksichtnahme auf Sie, auf seinen Klub, auf seine Partei, auf die Nachfolgeprobleme, die er auslöst. Bundeskanzler Schüssel hat darauf im Moment des Zorns reagiert.

Das ist kein Führungsstil! Das ist keine Art, die Republik zu führen, meine Damen und Herren! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Scheibner zu Wort gemeldet. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni – in Richtung des bereits hinter dem Rednerpult stehenden Abg. Scheibner –: Oje! Wieder nichts mit einem Ministerium!)

 


13.50

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Darabos: Sagen Sie das, was Sie sich wirklich denken!) – Wenn Sie etwas sagen wollen, dann kommen Sie da heraus, aber stören Sie nicht die Debatte! (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen! Ein überraschender Rücktritt eines Regierungsmitglieds ist unangenehm. (Abg. Dr. Wittmann: ... überhaupt keine Rolle mehr!) Das ist überhaupt keine Frage! Sie wissen, ich bin da immer sehr ehrlich. Aber es ist keine Staatskrise, das sei hier schon einmal festgehalten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen. – Abg. Öllinger: Regierungskrise!)

Sie haben gesagt, Sie könnten sich nicht erinnern, dass in den zehn Jahren Ihrer Abgeordnetentätigkeit so etwas vorgekommen sei. (Abg. Bures: Die Freiheitlichen wollen das Ministerium, habe ich gelesen!)


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90. Sitzung / Seite 110

Ich bin seit 15 Jahren dabei, und ich kann mich sehr wohl an derartige Situationen erinnern – ich sage, durchaus leider, an ähnliche Situationen und auch ganz andere Situationen! Da hat es Bundeskanzler erwischt, die über Nacht ausgetauscht worden sind, und Minister – allerdings einer anderen Koalition –, die aus den Zeitungen von ihrer Ablöse erfahren haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich weiß schon, es ist Ihnen unangenehm, Sie daran zu erinnern.

Aber jetzt schon in concreto! Ich will auch gar nicht ablenken von dieser über­raschenden und unangenehmen Situation – und das ist sie, selbstverständlich! (Abg. Dr. Kräuter: Wieso? – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Matznetter, Reheis und Mag. Darabos.) – Jetzt hören Sie endlich einmal zu! Ich weiß schon, Ihr Demo­kratieverständnis hört dort auf, wo es darum geht, einem Redner einer anderen Partei zuzuhören. Aber vielleicht schafft es Ihre Klubführung einmal, dass Sie wenigstens diese fünf Minuten ruhig sind und zuhören, meine Damen und Herren von der SPÖ.

Es war ein überraschender Schritt. Und er ist deshalb auch unangenehm, weil gerade im Innenressort sehr wichtige Reformen anstehen. Wir haben gestern das Sicher­heitspolizeigesetz – leider nur mit der Mehrheit der Regierungsparteien – beschlossen, eine wichtige Maßnahme zur Steigerung der Effizienz im Sicherheitsapparat. Wir sind gerade mitten in den Verhandlungen für ein neues Asylgesetz. (Abg. Dr. Puswald: ... schmeißen das Handtuch!)

Herr Kollege Puswald! Ein solches Gesetz ist absolut notwendig, weil wir im Interesse der Sicherheit des Landes den Grundsatz durchsetzen wollen und müssen, dass jene und nur jene in Zukunft Asyl bekommen, die wirklich in ihren Heimatländern politisch, religiös oder rassisch verfolgt sind, und dass wir dem gegenwärtigen Missbrauch des Asylrechts, der evident ist, absolut einen Riegel vorschieben müssen. Das hat Priorität im Innenministerium, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da muss professionell vorgegangen werden! (Abg. Dr. Wittmann: Wo ist der Vize­kanzler? Wo ist Ihre Parteichefin?) Hiezu braucht es auch eine Führung des Ressorts, die die Verhandlungen rasch und effizient weiterführt und auch umsetzen kann.

Wir haben auch im österreichischen Bundesheer durch die aktuellen Vorfälle eine schwierige Situation. Keine Frage! Es ist sicherlich richtig, dass diese Vorfälle bei den Übungen aufgeklärt werden müssen. Der Herr Verteidigungsminister hat da bis jetzt gute Arbeit geleistet. Es muss weiters sichergestellt sein, dass derartige Vorfälle in Zukunft nicht mehr möglich sind.

Folgendes sei hier ganz klar festgestellt: Es gibt im österreichischen Bundesheer keine Vorschrift, kein Merkblatt und keine Dienstvorschriften, die ein derartiges Handeln, wie es hier vorgekommen ist, rechtfertigen. Das soll einmal klar zum Ausdruck gebracht werden! (Abg. Mag. Gaßner: Sind Sie Verteidigungsminister?) Zudem sei gesagt – und wir verlangen von allen, die sich hier zu Wort melden, dass sie das nicht versuchen –, dass es nicht möglich ist, jetzt das gesamte österreichische Bundesheer – die Aus­bildner, die Offiziere und die Unteroffiziere, die sich in ihrer absoluten Mehrheit Gott sei Dank ihrer Verantwortung gegenüber den Grundwehrdienern bewusst sind – zu krimi­nalisieren. (Abg. Dr. Wittmann: Haben Sie es auch aus der APA erfahren, dass er zurücktritt?) Auch das muss hier eindeutig gesagt werden! (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weiters muss in Zukunft gewährleistet sein, dass die einsatznotwendige Ausbildung gesichert ist, aber richtig und mit Augenmaß umgesetzt wird. Das erwarten wir selbst­verständlich von allen Verantwortlichen im Verteidigungsministerium. (Abg. Bures: Welches Ressort wollen Sie jetzt?)


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90. Sitzung / Seite 111

Aber noch zu etwas anderem, Herr Verteidigungsminister, und da ist es mir schon wichtig, Folgendes hier festzuhalten: Es gibt momentan im Bereich des österreichi­schen Bundesheeres starke Verunsicherung, weil es Gerüchte gibt, wonach massive Umgliederungen und eine Neuordnung der obersten Führungsstruktur bevorstehen. Mit uns ist bis jetzt darüber nicht geredet worden (Abg. Öllinger: Na, das ist ja auch nicht notwendig!), deshalb gehe ich davon aus, dass es wirklich nur Gerüchte sind.

Und so, wie ich mir eine effiziente Führung im Innenministerium erwarte, erwarte ich mir auch, dass die Reformen nicht stoppen, sondern dass sie vorangetrieben werden und dass es in dieser Übergangsphase keine Maßnahmen gibt, die präjudiziell wirken, die eine massive Umgliederung und Neuorientierung der Führungsstruktur im öster­reichischen Bundesheer bedeuten und zu einer weiteren Verunsicherung im Offiziers­korps führen würden. Das erwarten wir, und wir gehen davon aus, dass das auch so gemacht werden wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Auch gehen wir davon aus, dass es sich hier wirklich um eine Übergangsphase handelt, dass da einfach nur eine vorübergehende Betrauung möglich gemacht wird, bis ein Ressortminister gefunden wird, der das Innenministerium auf Dauer übernimmt und die Reformen weiter betreut – eine Übergangsphase, die nicht lange dauern darf. Bis dahin werden wir selbstverständlich alles versuchen, Sie bei Ihrer schwierigen Arbeit zu unterstützen, aber die Grundsätze sowohl im Innenministerium – was die inhaltlichen Reformen anbelangt – als auch im Verteidigungsministerium – dass es keine Präjudizien für eine Umgliederung geben kann – müssen eingehalten werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort gemeldet.

 


13.56

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Es gibt in dieser Regierung, so wie in jeder anderen Regierung, einige Ressorts, vor allem ein zentrales Ressort: Das ist das Innenministerium! Daher kann man das nicht einfach so vom Tisch wischen, als wäre das so unbedeutend.

Es stellt sich schon die Frage: Was muss in dieser Regierung für ein Miss­trauens­verhältnis herrschen, wenn der Regierungschef selbst sagt, er sei eigentlich erst am Abend vorher vom Rücktritt eines seiner wichtigsten Minister informiert worden? Das ist das Sicherheitsministerium nämlich, und das ohnehin in einer Zeit, da die Menschen von Ängsten geplagt sind, weil die Kriminalität steigt und die Aufklärungsquote sinkt.

Ich frage mich daher: Vielleicht haben Sie es gar nicht gestern erfahren? Vielleicht wissen Sie es doch erst seit heute in der Früh! Im Vergleich zu normal (in Richtung Regierungsbank) fehlen hier doch noch einige – oder sind die gar nicht mehr Mitglieder der Regierung? Ich zähle ein, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun Sessel, die frei geblieben sind! Wo sind die anderen? (Bundeskanzler Dr. Schüssel: In Brüssel! – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sitzen sie schon in ihren Zimmern und schreiben an irgendwelchen Rücktrittserklärungen? Warum sind sie heute nicht hier? (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Sie sind in Brüssel beim Europäischen Rat!)

Dass Herr Minister Grasser da ist, verstehe ich. Er will einfach signalisieren: Ich bin noch da, obwohl ich keine Steuern zahle. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Dass Frau Ministerin Gehrer da ist, verstehe ich. Sie will sagen: Ich bin noch da, obwohl wir uns in einem Bildungsdesaster befinden. Und ich verstehe auch, dass


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Minister Platter hier sitzt, nicht bloß weil er mit den Geschäften dieses Ministeriums betreut wird, sondern ... (Abg. Mag. Molterer: Betraut!) – betraut wird, sondern ... (Ruf bei der ÖVP: PISA! – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel.) – Nein, nein!

Ich habe mir gestern die „ZiB 2“ sehr genau angesehen. Die Frage des ORF-Redak­teurs war: Wieso messen Sie eigentlich beim Folterskandal in zwei Kasernen mit zweierlei Maß? In Freistadt: Suspendierungen; in Landeck – Klammer: wo Ihr Schwager ist, Klammer geschlossen (Rufe bei der SPÖ: Na hö!) – gibt es diese Vorgangsweise plötzlich nicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Kopf: Schämen Sie sich!)

Darauf hat es gestern keine gute Antwort gegeben, Herr Minister Platter und Herr Bundeskanzler!

Was herrscht hier für ein Belohnungssystem, dass zwei ganz heikle, sensible Minis­terien auch nur für gewisse Zeit zusammengelegt werden, obwohl ohnehin jeder Bedenken hat, dass es überhaupt nur für ein paar Wochen möglich ist, dass diese Ministerien derart zusammengelegt werden?

Ich vermute – auch, weil Sie hier keine klare Stellungnahme dazu abgegeben haben, Herr Bundeskanzler –, dass es so etwas wie eine Teststrecke ist: Wie reagiert die Öffentlichkeit in Österreich darauf, dass das Verteidigungsministerium und das Innenministerium in einer Hand sind? Schauen wir es uns doch einmal an!, ist Ihre Botschaft. Danach schicken Sie vielleicht den gescheiterten Sparefroh aus dem Finanzministerium vor, der dann sagt: Na ja, da könnten wir uns aber einiges ersparen, zumindest einen Minister!

Da werden nicht rechtsstaatliche, wichtige Prinzipien debattiert! Da kommt nicht sofort von Ihnen eine Erklärung, dass nicht im Entferntesten daran gedacht sei, dass diese Zusammenlegung auf Dauer sein soll, um wirklich auf die Sensibilität vieler Rücksicht zu nehmen, dass diese zwei Ministerien in Wirklichkeit natürlich nicht zusam­mengehören.

Da zeigt sich ein Bild, Herr Bundeskanzler, angesichts dessen man den Schluss ziehen muss: Dieses Land, diese Regierung wird nicht geführt! Es herrscht nicht nur eine Regierungskrise, sondern es herrscht eine Bundeskanzlerkrise, eine Führungs­krise in dieser Regierung. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Dass Sie dann, wenn man am meisten Verantwortung zeigen müsste für die Österreicherinnen und Österreicher, immer am meisten lachen, ist signifikant in letzter Zeit, wenn wir hier diskutieren. Ich finde das nicht zum Lachen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Natürlich, ich weiß schon, Sie wollen immer die Angst wegapplaudieren. Immer dann, wenn die Regierung zu schlingern beginnt, applaudieren Sie am lautesten. (Rufe bei der ÖVP: Das war aber jetzt Ihr Applaus!) Das ist nicht die Lösung! Die Lösung wäre gewesen, dass es heute hier sofort einen Alternativvorschlag gibt, dass heute hier sofort der Nachfolger präsentiert wird. Wieso wird er nicht präsentiert? Was ist hier vor sich gegangen? – Natürlich ist das eine Krise, natürlich war es ein überraschender Rücktritt, natürlich geht es in dieser Regierung drunter und drüber, und das auch noch im hoch sensiblen Sicherheitsbereich!

Das muss man sich einmal vorstellen: Die Österreicherinnen und Österreicher sind tagtäglich konfrontiert mit Einbrüchen in ihre Autos, wie wir gestern schon gehört haben, der Innenminister ist nicht imstande, die Kriminalitätsrate zu senken und die Aufklärungsquote zu erhöhen – und in dieser Situation tritt er auf diese Art und Weise zurück!


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Da stellt sich auch die Frage, warum er eigentlich so schnell zurückgetreten ist. Was wissen Sie, Herr Bundeskanzler, was wir nicht wissen? (Rufe bei der ÖVP: Viel!) Was ist noch gewesen? Klubobmann Molterer hat von einer Krise im Verteidigungs­ministerium gesprochen – von einer Krise im Verteidigungsministerium! So, wie es im Sicherheitsbereich aussieht, kann man von einer Krise im Innenministerium sprechen. Man kann von einer allgemeinen Sicherheitskrise sprechen, in der sich dieses Land befindet, weil diese Regierung nicht imstande ist, ihre Aufgabe auch wirklich zu erfüllen, und der Bundeskanzler nicht imstande ist, diese Regierung wirklich zu führen. (Abg. Großruck: Auf Wiedersehen!)

Ich muss Ihnen sagen, es ist bedauerlich, dass das so ist, denn im Endeffekt geht es wirklich um die Österreicherinnen und Österreicher und darum, dass sie auch wirklich sicher in diesem Land leben können.

Wir haben am 10. November 2004 einen Misstrauensantrag gegen Ernst Strasser, den Innenminister, eingebracht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Deshalb ist er zurückgetreten! Er hat sich so gekränkt!) Überheblich waren Sie damals, arrogant, wie es halt so ist, wenn man zu lange an der Macht ist, einfach drübergefahren sind Sie über diesen Miss­trauensantrag, den wir hier gestellt haben. So sind Sie drübergefahren – vier Wochen später tritt er zurück. Der Grund dafür: weil die Sicherheitsbilanz ein Desaster ist, weil Sie nicht für mehr Sicherheit sorgen konnten, weil er letztlich seiner Aufgabe nicht gewachsen war!

Und jetzt soll jener Mann, der selbst gerade dabei ist, in seinem Ministerium zu schei­tern, der keine Führungskompetenz hat, der keine Krisen managt, sondern der in Wirklichkeit bereits im Verteidigungsministerium Teil einer Krise ist, diese beiden heiklen Ministerien führen. – Das ist der Anfang vom Ende dieser Regierung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte.

 


14.03

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Ankündigung von Bundesminister Ernst Strasser, dass er in die Privatwirtschaft zurückgehen wird, war zweifelsohne für uns alle überraschend. Aber auch die Art der Ankündigung weist einen Mann aus, der immer bereit war, neue Wege zu gehen, und der auch den Mut gehabt hat, schwierige Dinge anzupacken. (Abg. Sburny: Wird das jetzt ein Nachruf? – Rufe bei der SPÖ: Er lebt noch!)

Sie können seinen Lebensweg verfolgen. Ich habe ihn kennen gelernt, da war er noch Sekretär von Vizekanzler Riegler. Er ist nach dieser politischen Funktion in die Privat­wirtschaft gegangen, war bei der Firma Umdasch in Amstetten und hat dort nicht nur seinen Mann gestellt, sondern hervorragende Arbeit geleistet. (Abg. Mag. Wurm: Er lebt noch!) Er ist dann eigentlich zur Überraschung all seiner Bekannten wieder in die Politik eingetreten, ist Landtagsabgeordneter in Niederösterreich geworden, Klubob­mann, Landesgeschäftsführer (Rufe bei der SPÖ: Er lebt ja noch!) und hat auf Grund seiner Leistungen auch den Sprung in die Regierung geschafft. (Abg. Schieder: Er lebt ja noch!)

Wenn er heute geht, dann geht mit ihm ein Mann, der im Innenressort zweifelsohne viel geleistet hat. Zuallererst erwähnen möchte ich an dieser Stelle zweifellos die Neu­orientierung auf die neue Sicherheitssituation. Ernst Strasser hat den ganzen Apparat


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umgekrempelt, und zwar deshalb, weil wir eine gänzlich neue Bedrohungssituation haben, weil die organisierte Kriminalität nach dem Fall des Eisernen Vorhangs einfach im Übermaß auf Österreich zugekommen ist. Er hat mit vollkommen neuen Methoden versucht, dagegen aufzutreten. (Abg. Mag. Wurm: Das war ja 1989!)

Er hat auch den Mut gehabt, Polizei und Gendarmerie zusammenzulegen. Ich habe erst gestern im Auto mit Caspar Einem darüber gesprochen. Dazu gehört Mut! Viele Vorgänger von Ernst Strasser haben diesen Mut nicht gehabt. Er aber hat ihn aufgebracht. Ich glaube, es gibt in Österreich keine Alternative dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind Ernst Strasser zu Dank verpflichtet, und wir wünschen ihm auch alles Gute.

Selbstverständlich ist ein derartiger Schritt, wenn er gemacht wird, immer über­raschend. Das kann man nicht vorher ankündigen, sondern wenn, dann muss man Verhandlungen führen, und wenn diese erfolgreich abgeschlossen sind, dann muss man die Ergebnisse bekannt geben und die nötige Konsequenz daraus ziehen – auch wenn es für viele dann überraschend kommt. Das war so, als er eingestiegen ist, und das ist jetzt so, wenn er aussteigt. Jeder andere würde es genauso machen. Auch dieses Verständnis muss man aufbringen. (Abg. Broukal: Lebt Strasser noch?)

Wenn heute der Herr Bundeskanzler Herrn Verteidigungsminister Platter mit der Füh­rung der Amtsgeschäfte des Innenministers betraut hat, dann ist das ein Weg, der eigentlich ganz logisch und selbstverständlich ist. Verteidigungsminister Platter ist ein Mann, der die Kompetenz hat, weil er selbst gelernter Gendarm ist, die Probleme von unten her kennt, weil er als Bürgermeister die Probleme in einer kleinen Gemeinde kennen gelernt hat und weil er auch als Verteidigungsminister weiß, was an der Grenze vor sich geht. Er kennt die Probleme der Grenzgendarmerie genauso wie die Probleme des Terrorismus oder eben auch die Probleme, die durch ganz neue Bedrohungsszenarien entstehen.

Er hat bewiesen, dass er selbst nicht nur reformfreudig ist, sondern dass er dabei auch sehr konzentriert und wohl vorbereitet vorgeht. Seine Art und Weise, die Heeresreform durchzuführen, war zweifellos vorbildlich. Nicht nur, dass er sie mit Hilfe einer Kom­mission gut vorbereitet hat, sondern er hat auch über die Parteigrenzen hinaus geblickt und hat Leute wie etwa Altbürgermeister Zilk dazugeholt. Ich finde das gut. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt ist er dabei, das auch entsprechend umzusetzen, und er wird das gut machen, und zwar deshalb, weil er nicht nur fachliche Kompetenz hat, sondern auch eine hohe menschliche Kapazität. Er ist ein Mensch, der zuhören kann, er ist ein Mensch, der gut kommuniziert, der sich die Probleme anhört und dann versucht, entsprechende Lösun­gen zu schaffen. Ich wünsche ihm daher dazu auch alles Gute.

Was mich unangenehm berührt hat in der jetzigen Diskussion, ist, dass die Opposition wieder versucht hat, auf eine kleinliche Art hier einfach nur zu kritisieren. Wissen Sie, was ich mir gewünscht hätte, Herr Gusenbauer, Herr Cap oder auch Herr Van der Bellen? – Dass man einem Mann wie Günther Platter, der vor zwei Jahren noch unser Kollege hier im Haus war, einfach alles Gute wünscht. Natürlich ist es schwierig, zwei Ressorts – auch nur für kurze Zeit – gleichzeitig zu führen (Abg. Dr. Van der Bellen: Für wie lange?), aber ihm dafür alles Gute zu wünschen und ihm zu sagen: Unsere Partei wird Sie dabei unterstützen und einen Beitrag zur Sicherheit leisten!, das hätte ich mir gewünscht. (Abg. Dr. Van der Bellen: Zwei Wochen sind okay!) Diesen Mut zu menschlicher Größe haben Sie leider vermissen lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Wie lange? Wollen Sie auf Dauer die Minis­terien zusammenlegen?)


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Günther Platter wird seine erfolgreiche Arbeit für die Sicherheit unseres Landes sicherlich erfolgreich fortsetzen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Auf Dauer? Beide Minis­terien?) Ich kenne ihn gut, weil ich über Jahre mit ihm zusammengearbeitet habe, und ich kann angesichts dessen, wie er die Probleme angeht, wie er fachlich an die Prob­leme herangeht, wie er menschlich an die Probleme herangeht und sie löst, nur sagen: Dieses Land und die Sicherheit dieses Landes sind bei ihm in besten Händen! Ich wünsche ihm alles, alles Gute als Verteidigungsminister und als Innenminister. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Van der Bellen: Eine Antwort, Herr Fasslabend! Auf Dauer oder auf eine Woche? – Abg. Schieder: Scheint doch auf Dauer zu sein!)

14.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


14.09

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Mehr überrascht als heute früh die Nach­richt, dass Innenminister Strasser zurücktritt, haben mich jetzt die Ausführungen des Kollegen Fasslabend. Das war schon fast wie ein Bewerbungsschreiben. Wenn man diesen Text abdruckt und dem Ex-Innenminister in die Hand drückt, wird er sich vielleicht bei dem Wechsel in die Privatwirtschaft leichter tun. Den Kern der Debatte, worum es hier eigentlich geht, haben Sie völlig ausgeblendet; völlig überraschend für mich.

Die Überraschung ist das Thema, die Überraschung nicht für uns als Oppositions­abgeordnete, sondern vor allem für die ÖVP selbst. Der Generalsekretär gibt heute zu Protokoll, er sei überrascht, persönliche Entscheidungen seien aber immer zu respek­tieren. Wechsel in die Privatwirtschaft wird angekündigt.

Ich habe mit Spannung die Pressekonferenz verfolgt, und mir ist Folgendes aufgefal­len: Der Innenminister hat nicht vom sofortigen Rücktritt gesprochen, sondern davon, dass er im Jänner zurücktreten wird. Und er hat offensichtlich großes Interesse an einem geordneten Übergang gehabt. Der Innenminister wörtlich: Ich werde das Amt im Jänner zur Verfügung stellen.

Was ist dann passiert, dass wir jetzt mit einer Situation konfrontiert sind, die noch verwirrender ist als vor zwei Stunden? – Der Bundeskanzler sagt, der neue Innen­minister, nämlich der ehemalige Verteidigungsminister Platter, wird morgen angelobt. Die FPÖ sagt, das sei eine interimistische Lösung. Nationalratspräsident Khol hat vorhin in der Präsidiale gesagt, Platter werde jetzt mit der Führung der Amtsgeschäfte ausschließlich als Vertretung betraut. Ich denke, das ist der Kern des Problems: Was ist Platter? Ist er ein Bundesminister? Das ist er offensichtlich, aber wofür ist er zuständig? Das ist der Kern des Problems.

Ich orte hier ein massives Chaos und absolute Orientierungslosigkeit in der Bundes­regierung. Was ist der Herr Platter? Ist er Innenminister? Ist er Verteidigungsminister? (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Beides! Ab morgen beides!) Wird er Innenminister? Ist er jetzt mit der Vertretung der Geschäfte betraut? Sie können natürlich jederzeit einen Minister, einen Staatssekretär oder einen hohen Beamten mit der Vertretung der Ge­schäfte betrauen, aber Sie haben gesagt, er werde als neuer Minister angelobt. – Ich bitte um Aufklärung über diese Krise und über dieses Chaos. Was ist Platter? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das Chaos heute Vormittag setzte sich fort. Die FPÖ, 10.11 Uhr: FP erhebt nach Strasser-Rücktritt Anspruch auf Innenressort. Eine halbe Stunde später verkündet der


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Klubobmann der ÖVP: „Nachfolge ist ,Chefsache‘“. „Molterer weist FPÖ-Begehrlich­keiten zurück.“ Die Freiheitlichen, eine halbe Stunde später, sehr brav: „FPÖ nimmt Nominierung Platters zur Kenntnis“. (Abg. Scheibner: Das haben wir alles gelesen!)

Haben Sie in der Zwischenzeit irgendwann einmal über die Nachfolge gesprochen oder haben Sie sich da nur irgendwie über die APA ausgetauscht? Was ist in dieser Bundesregierung los? Was passiert da hinter verschlossenen Türen? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch bevor die FPÖ die Nominierung zur Kenntnis nimmt, wird um 10.52 Uhr die Meldung hinausgegeben: „Platter wird am Samstag angelobt“. (Abg. Scheibner: Das ist ja eine Lesung und keine Rede!)

Ich kann mich erinnern, dass wir im Sommer eine lange Diskussion über die Nachfolge der Außenministerin hatten, aber das ist ganz anders abgelaufen. Die Sondersitzung damals war ein verbales Blumenwerfen, wenn wir uns zurückerinnern. Die scheidende Außenministerin durfte hier auf der Regierungsbank sitzen, durfte die Ovationen ent­gegennehmen, sie hat Blumen bekommen, sie wurde von der Opposition dann auch noch gebührend verabschiedet. Es haben zehn Minister Zeit gefunden, an dieser Sitzung teilzunehmen und sich diese Erklärung anzuhören.

Warum hat Strasser nicht die Zeit gefunden, hierher zu kommen – jetzt, wo er ohnehin zurückgetreten ist? Wo ist der Innenminister? Warum sitzt er nicht neben Ihnen und nimmt diese wunderbare Lebenslaufbeschreibung von Herrn Kollegem Fasslabend oder vom Bundeskanzler hier in Anwesenheit ad personam zur Kenntnis? Was ist da passiert in der Bundesregierung?

Was passiert insgesamt in dieser Bundesregierung? Wie kann eine Bevölkerung einer Bundesregierung vertrauen, wenn das Führungsstil ist, wenn über die APA irgendwie ausgetauscht wird, wer jetzt überhaupt was wird, und wenn man bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiß, was er überhaupt wird? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe das nicht. Sie sind doch sonst nicht so „schmähstad“, Herr Bundes­kanzler! Ihre Erklärung war heute mehr als knapp, Ihre Erklärung war wirklich kurz. Ich weiß, dass es Führungsstil, dass es System von Wolfgang Schüssel ist, in heiklen Situationen zuerst einmal nichts zu sagen und dann möglichst wenig zu sagen. Heute war es offensichtlich so, dass es nicht mehr möglich war, nichts zu sagen, daher war es notwendig, etwas zu sagen, ganz kurz, einfach nur: Die persönliche Entscheidung wird zur Kenntnis genommen. (Abg. Mag. Molterer: Er ist sofort gekommen! Schneller geht es gar nicht!)

Das ist Ihr System, das ist Ihr Führungsstil: Chaos hinter verschlossenen Türen, ziem­lich autoritäres Vorgehen innerhalb der Regierungsparteien – Kollege Molterer lächelt versonnen vor sich hin. Eine halbe Stunde hat es gebraucht, bis die Freiheitlichen so weit waren: Wir nehmen alles zur Kenntnis! Alles wunderbar! – Das ist Ihr System, und das, glaube ich, wirkt sich auch negativ auf die österreichische Bevölkerung aus: Zudecken, Verantwortung wegschieben, so wie die Bildungsministerin, die sagt, für das Versagen im Bildungsbereich sind die Eltern verantwortlich, und in heiklen Situationen einfach schweigen beziehungsweise einen kurzen, knappen O-Ton. (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.)

Was jetzt ab 1. Jänner in diesem Ressort tatsächlich passieren wird, weiß niemand. Ich frage mich, ob der Bundespräsident bei dieser Komödie – wir wissen bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht, was morgen tatsächlich passiert – mitspielen wird. (Rufe bei der ÖVP: Sie wissen es nicht!) Betrauen mit der Vertretung der Geschäfte oder Angelobung als neuer Innenminister? Was erwartet die österreichische Bevölkerung?


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Herr Bundeskanzler! Ich würde mir von Ihnen erwarten, dass Sie zu dieser Ent­scheidung, zu dieser unserer Frage vielleicht noch einen Satz sagen. Was ist Minister Platter? Wofür wird er zuständig sein? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


14.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Da ist heute allerhand Wunschdenken bei der Opposition hochgekommen. Da wird geredet von einer tief greifenden Krise der Bundesregierung, Chaos, alles bedenk­lich. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Richtig! Ja! Jawohl!) Das sei der Anfang vom Ende dieser Regierung. – Sie wünschen das herbei! Sie wünschen das offensichtlich dringend herbei, damit Sie endlich von Ihrer erfolg­losen Oppositionspolitik wegkommen. Sie erhoffen sich, dass es für Sie dann besser wird, aber alle Daten sprechen eher gegen Sie. Sie sollten froh sein, dass weiterhin alles so bleibt, wie es ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und: Ob der Bundeskanzler zornig war oder nicht, ist doch völlig uninteressant. Ist das das, was die Opposition bewegt? Ob der Bundeskanzler über den Rücktritt zornig war oder nicht? Ich kann mir vorstellen, gefreut wird er sich nicht darüber haben, dass der Innenminister zurücktritt. Aber, wie gesagt, wie er reagiert hat, ist völlig egal. Er hat dafür gesorgt, dass es eine Übergangslösung gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist wichtig für uns! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Für wie lange?)

Wissen Sie, wer orientierungslos ist? – Das sind Sie! Sie sind völlig überrascht, des­halb hat Frau Abgeordnete Glawischnig auch nur APA-Aussendungen zitieren können, etwas anderes ist ihr gar nicht eingefallen. Uralte Sachen haben Sie da hervorgekramt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Gradwohl: Mehr haben Sie auch nicht!) Sie waren in Wirklichkeit orientierungslos.

Das Allerbeste – eigentlich nicht das Allerbeste, aber „heuchlerisch“ darf ich nicht sagen, sonst würde ich einen Ordnungsruf bekommen, deshalb sage ich es nicht – oder bemerkenswert ist, dass Sie bejammern, dass der Innenminister nicht hier herge­kommen ist, um sich zu verabschieden. Was soll er hier? Soll er sich Ihrem Hohn und Spott, dem Sie ihn die ganzen Jahre über ausgesetzt haben, noch aussetzen? Ich kann mir vorstellen, was das für eine Verabschiedung gewesen wäre! Sie sind über­haupt nicht einmal bereit, das Positive anzuerkennen. Ich kann Herrn Dr. Strasser eigentlich nur dazu beglückwünschen, dass er nicht hier hergekommen ist und sich Ihre diffamierenden Reden angehört hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Damit Sie sich wieder beruhigen können: Wissen Sie, auch mein Verhältnis zum Innenminister war nicht friktionsfrei (Abg. Dr. Wittmann: Sind Sie auch froh ...?), im Übrigen auch nicht zu den anderen (Abg. Dr. Wittmann: Sind Sie froh, dass er weg ist?), zu den sozialistischen Innenministern, weil es natürlich immer wieder Differenzen gibt zwischen einem Sicherheitssprecher einer Partei und dem Ressort­verant­wortl­ichen.

Mir ist die hohe Kriminalitätsrate natürlich auch nicht angenehm, aber wir wissen ganz genau, der Großteil der Kriminalität, die wir in Österreich haben, ist importierte Krimi­nalität. Wir sind aber noch immer, trotz der hohen Kriminalität, das sicherste Land


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Österreichs. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Schieder: Das sicherste Land Österreichs!) Das müssen Sie auch in Betracht ziehen. In anderen Ländern ist die Kriminalität noch viel höher.

Ich hätte es auch gerne, dass wir dem Drogendealer-Problem viel schneller ge­wachsen wären, aber: Wir haben erst gestern eine entsprechende Debatte geführt, und Sie waren diejenigen, die sich wieder dagegen gewehrt haben, dass wir Maßnahmen ergreifen gegen die schwarzafrikanischen Drogendealer, die unsere Kinder ver­führen. – Das bedenken Sie doch bitte einmal! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Auch ich wollte, dass der Innenminister in Brüssel aktiv wird, um eine Änderung der Genfer Konvention herbeizuführen, dass wir beispielsweise gegen illegale Asylwerber besser vorgehen können, dass wir straffällig gewordene Asylwerber abschieben können, bevor ihr Asylverfahren beendet wird. – Auch das habe ich an den Innen­minister herangetragen, aber er hat das auch nicht in einem meiner Vorstellung ent­sprechenden Ausmaß erfüllt.

Aber man muss zugeben, und das müssen auch Sie zugeben, dass er dieses schwierige Ressort angesichts dieses Budgetdrucks, dieses finanziellen Drucks wirk­lich mit Reformen versehen hat. (Zwischenruf der Abg. Bures.) Wir haben gestern die Zusammenlegung der Exekutive diskutiert. 40 Jahre lang hat es gedauert, sechs Innenminister hat es gegeben, die das nicht zuwege gebracht haben. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Bures.) Diese Bundesregierung hat es geschafft. Auch wenn Sie noch so hereinschreien, Frau Bures, das ist ganz einfach ein Erfolg, den diese Bundesregierung zu verzeichnen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Asylproblematik wurde von dieser Bundesregierung mit Bundesminister Strasser in Angriff genommen. Das hat zu einer besseren Effizienz geführt. Natürlich müssen wir jetzt nachbessern, aber auch das wissen Sie ganz genau.

Aber trotz allem, muss ich Ihnen sagen, bin ich enttäuscht, dass dieser Bundesminister nicht mehr sein Amt ausüben wird, da die Reformschritte, die gesetzt worden sind, wichtig waren und wir uns selbstverständlich da Kontinuität erwarten.

Sehr geehrter Herr Minister, ich möchte jetzt gar nicht Ihre Qualitäten in irgendeiner Weise bewerten, in Abrede stellen oder auch positiv bewerten, sondern für mich geht es wirklich darum, dass das Innenressort nur interimistisch von Ihnen geführt wird, denn für mich ist unabdingbar, dass es für diesen schwierigen Aufgabenbereich ein eigenes Ressort gibt. Und da erwarte ich mir – genauso wie die Opposition – in den nächsten Wochen, dass ein Innenminister, der dieses schwierige Ressort führen kann, vorgestellt und angelobt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Welches Ressort jetzt?)

14.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlung über die Tages­ordnungspunkte 1 bis 4 wieder auf.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 



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90. Sitzung / Seite 119

14.21

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Es ist schwierig, nach dieser Debatte jetzt wieder über Tierversuche zu reden (Abg. Parnigoni: Sag einmal deine persönliche Meinung ...!), aber mich persönlich interessiert die Befindlichkeit von Innenminister Strasser weitaus weniger als Tierleid, als Tierleid durch Tierversuche. Ich möchte daher näher darauf eingehen.

Wir haben eine Initiative gestartet, nämlich Förderungsoffensive für wissenschaftliche Alternativmethoden zum Tierversuch, und es gibt eine Vielzahl von diesen. Dort, wo man mit alternativen Methoden Tierversuche verhindern kann, sollte man alles unternehmen, um dies zu tun.

Es gibt das eine Vier-Parteien-Initiative – und da bedanke ich mich bei Abgeordneter Weinzinger, die sehr beharrlich war; es war auch mein Anliegen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch hier im Hohen Haus sagen – es wäre auch für die Regierung wichtig, das zu hören –, dass dort wirklich Probleme sind, die lösbar sind.

Wir haben über die Datenbank diskutiert, und die Beamten haben uns immer erklärt: Der Datenschutz, der Datenschutz, der Datenschutz. – Ich bin überzeugt davon: Wenn uns das ein Anliegen ist, werden wir auch dieses Problem lösen!

Natürlich wäre es wünschenswert, dass Österreich als Vorbild in Europa diese öster­reichische Datenbank einführt, sodass man Vergleiche hat und nicht immer wieder Tierversuche doppelt macht. Und wäre Österreich Vorbild in Europa, könnte es mit Frau Minister Gehrer vielleicht auch erreichen, dass das in Europa weitergeführt wird. Eine europäische Datenbank wäre mein Wunsch, denn damit würde viel Tierleid – wirklich viel Tierleid! – verhindert.

Ich möchte meine Enttäuschung schon ein wenig zum Ausdruck bringen: Nicht das Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen allein ist das große Problem, denn jeder von uns weiß, seit Jahren sind keine solchen Versuche in Österreich mehr gemacht worden. Das Ziel ist, Tierversuche so weit als möglich zu verhindern, so weit als möglich zurückzunehmen. Der größte Wunsch von meiner Seite ist, Tierversuche über­haupt abzustellen, dass die Forschung so weit entwickelt ist, dass die Forschungs­objekte so gute Arbeit liefern, dass in Zukunft – ich hoffe, ich werde das noch erleben – Tierversuche nicht mehr notwendig sind.

Da ist auch die pharmazeutische Industrie gefragt. Ich glaube, die macht es sich auch hin und wieder ein bisschen zu bequem, geht also den normalen gesetzlichen Weg und unternimmt dort, wo Tierversuche üblich sind, keine Anstrengungen, Alternativen einzusetzen. Auch die pharmazeutische Industrie, die sehr viele Gewinne macht in Österreich, ist gefordert, Eigeninitiativen zu starten, Eigeninitiative zu zeigen, um diesen Problemen schneller Herr zu werden.

Jedes Tierleid, das umsonst ist, ist, auch wenn es Menschen – unter Anführungs­zeichen – „hilft“, ein Tierleid zu viel! Der Tierschutz ist, auch wenn wir ein Tierschutz­gesetz gemacht haben, für mich noch lange nicht abgeschlossen, sondern fängt erst an: bei den Tierversuchen bis hin zu den Tiertransporten.

Wir Tierschutzsprecher haben noch viel zu tun, und ich hoffe, dass wir gerade im Zusammenhang mit dieser Problematik gemeinsam eine gute, erfolgreiche Politik machen, damit es in Zukunft weit weniger oder gar kein Tierleid mehr gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und den Grünen.)

14.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

 



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90. Sitzung / Seite 120

14.25

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute, meine Damen und Herren, ist in der Tat ein schwarzer Tag für die Demokratie in Österreich – und das im wahrsten Sinne des Wortes! Es ist dies die konsequente Fortsetzung der Machtpolitik der ÖVP, um wichtige Positionen in diesem Land mit ihren Parteigängern zu besetzen. (Abg. Großruck: Jetzt kommt er schon wieder damit!)

Da wir heute unter dem 1. Tagesordnungspunkt die Hauptverbandsreform be­schließen, möchte ich auch speziell zu dieser Problematik Stellung beziehen.

Das, was heute passiert, meine Damen und Herren, ist nichts anderes – um in der Wirtschaftssprache zu bleiben – als die feindliche Übernahme des Hauptverbandes durch die ÖVP! Wenn Sie es anders wollen (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner): Der Hauptverband, Herr Kollege Mitterlehner, soll zu einer Filiale des Wirtschafts­bundes beziehungsweise der Wirtschaftskammer umfunktioniert werden.

Ich verstehe schon, Herr Kollege Mitterlehner, dass Ihnen das wehtut (Abg. Dr. Mit­terlehner: Ist nichts Schlechtes, die Wirtschaftskammer!) – das verstehe ich schon! –, denn das macht natürlich Sinn, wenn man das Ganze ein bisschen genauer betrachtet. (Abg. Dr. Mitterlehner: Ja, tun Sie das!) Ja, natürlich! Für Sie natürlich schon.

Da gibt es so schöne Schreiben: Herr Gleitsmann schreibt in seiner Funktion als Wirt­schaftskämmerer an Herrn Gleitsmann im Hauptverband, dass künftig die Pharma­industrie wieder etwas besser bedient werden soll. – Das Gleiche, meine Damen und Herren, findet statt im Bereich der Privatkrankenanstaltenfinanzierung, Herr Kollege Mitterlehner, und das macht Sinn! (Abg. Mag. Regler: Keine Unterstellungen!)

Genauso bei den Selbstbehalten: Auch hier, meine Damen und Herren, wird Herr Gleitsmann wieder zur Feder greifen und seinem Freund im Hauptverband einen Brief schreiben, worin er ihn auffordert, Selbstbehalte – weitere Selbstbehalte, meine Damen und Herren! – einzuführen. – Das geht dann eben genau in Richtung Privati­sierung des Gesundheitswesens, und das lehnen wir ab!

Durch diese, wie ich schon gesagt habe, feindliche Übernahme des Hauptverbandes kommt es natürlich auch zu großen Problemen, weil, Herr Kollege Mitterlehner, die Interessen der Versicherten in keiner Weise gewahrt werden. Im Gegenteil: Aus­schließlich wirtschaftliche Interessen werden in den Vordergrund gestellt, und das ist bei dieser Reform wirklich bedenklich, meine Damen und Herren. Daher lehnen wir diese Reform entschiedenst ab.

Es ist noch etwas anzusprechen, Herr Kollege Mitterlehner: die Unvereinbarkeit. Herr Gleitsmann in seiner Funktion als Wirtschaftskämmerer und gleichzeitig in seiner Funktion im Hauptverband, wo er einerseits die Interessen der Privatkrankenanstalten und der Pharmaindustrie vertreten soll, andererseits aber die Interessen der Versicher­ten – das passt einfach nicht zusammen! Daher wird das auch problematisch sein.

Ich darf Sie daran erinnern: Herr Sallmutter musste, weil er die Interessen der Ver­sicherten sehr effizient vertreten hat, genau aus diesem Grund gehen, Herr Mitter­lehner! Und genau ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) – Herr Kollege Mitter­lehner! Glauben Sie, dass das besser wird, weil Sie am Werk sind? (Abg. Mag. Regler: Er hat die Sache nicht im Griff gehabt!) Nein.

Es ist eben so, meine Damen und Herren: Diese Hauptverbandsreform ist nichts an­deres als eine kalte Übernahme durch die ÖVP, und das lehnen wir auf das Ent­schiedenste ab!

Ich darf zum Schluss noch folgenden Antrag einbringen:


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90. Sitzung / Seite 121

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Broukal, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährleistung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung und tatsächliche Stärkung der Universitätsvertretungen, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Aus­schusses für Wirtschaft und Forschung

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden Entschließungs­antrag:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, dem Nationalrat Gesetzesvorschläge vorzulegen, die Folgendes sicherstellen:

Gewährleistung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung im Hochschüler­schafts­ge­setz,

passives Wahlrecht für ausländische Studierende.

Tatsächliche Stärkung der Universitätsvertretungen im Universitätsgesetz durch:

Einführung der Drittelparität im Senat,

Sitz und Stimme des/der Universitätsvertretungsvorsitzenden im Universitätsrat sowie

verpflichtende Einladung des/der Vorsitzenden der Universitätsvertretungen zu den Sitzungen des Rektorats.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Broukal, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Broukal, Dr.Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ge­währleistung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung und tatsächliche Stärkung der Universitätsvertretungen, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschus­ses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 465/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (764 d.B.)

Die Novelle zum Hochschülerschaftsgesetz kommt einer Zerschlagung der Bundes­vertretung der ÖH gleich. Das österreichweite Studierendenparlament wird in Zukunft nicht mehr direkt gewählt werden, stattdessen wird das höchste bundesweite Gremium von den einzelnen Universitätsvertretungen beschickt, wobei auch der Grundsatz „eine Person eine Stimme“ gröblich missachtet wird. Die kritische StudentInnenvertretung soll durch das neue Hochschülerschaftsgesetz einfach „mundtot“ gemacht werden.


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90. Sitzung / Seite 122

Den über 200.000 österreichische Studierenden soll mit diesem Gesetz die Möglichkeit genommen werden, ihr Studierendenparlament, ihre Vertretung gegenüber der Öffent­lichkeit, dem Parlament und der Regierung, direkt selbst zu wählen. Bei dieser Neu­regelung handelt es sich um ein obskures "Wahlmännersystem", dass die Zusam­mensetzung des bundesweiten StudentInnenparlaments auf undurchsichtige demo­kratiepolitische Weise zustande kommen lässt.

Der Initiativantrag wurde in einer Nacht- und Nebel-Aktion von ÖVP und FPÖ, ent­gegen den Vorankündigungen seitens der Bildungsministerin, ohne allgemeine Begut­achtung und ohne ausreichende, eingehende Anhörung der ÖH-Bundesfunktionäre (Gespräche wurden nur mit ausgewählten ÖVP- und FPÖ-nahen StudentenvertreterIn­nen geführt) eingebracht.

Eine aktuelle Studie des Instituts SORA zeigt aber, dass 84 Prozent der Studierenden das direkte Wahlrecht beibehalten wollen!

Auch im Universitätsgesetz 2002 ist die Einbindung der Studierenden in Senat, Universitätsrat und Rektorat nicht ausreichend gegeben. Nach § 25 des Universitäts­gesetzes 2002 wird die genaue Anzahl der VertreterInnen im Senat vom Universitätsrat bestimmt. Die UniversitätsprofessorInnen müssen laut UG aber über eine absolute Mehrheit verfügen, die Studierenden müssen mindestens 25 Prozent der VertreterIn­nen stellen und den Rest der Mittelbau bzw. das allgemeine Universitätspersonal. § 21 des UG 2002 sieht lediglich ein Anhörungsrecht für Universitätsvertretungsvorsitzende zu Tagesordnungpunkten, die ihren Aufgabenbereich betreffen, vor. Bei den Sitzungen des Rektorats sieht das UG 2002 (§ 22) keine Regelung zur Einbindung der Studieren­denvertreterInnen vor.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, dem Nationalrat Gesetzesvorschläge vorzulegen, die folgendes sicherstellen:

Gewährleistung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung im Hochschülerschafts­gesetz,

passives Wahlrecht für ausländische Studierende.

Tatsächliche Stärkung der Universitätsvertretungen im Universitätsgesetz durch:

Einführung der Drittelparität im Senat,

Sitz und Stimme des/der Universitätsvertretungsvorsitzenden im Universitätsrat sowie

verpflichtende Einladung des/der Vorsitzenden der Universitätsvertretungen zu den Sitzungen des Rektorats.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


14.30

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesministerinnen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Ich möchte auch zum 3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz sprechen. Wobei ich


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90. Sitzung / Seite 123

mir allerdings, wenn ich die Debatte so verfolge – inzwischen sind alle wieder entfleucht –, vor allem bei den Beiträgen der Kolleginnen und Kollegen der Opposition immer wieder sagen muss: In Österreich gelten – Gott sei Dank! – Meinungsfreiheit und Redefreiheit, auch hier im Hohen Haus. Die Österreicherinnen und Österreicher wissen – davon bin ich überzeugt –, dass es hier oft um subjektives Empfinden, um Meinungen, bei der SPÖ aber auch um frühere Handlungsweisen geht. Dabei ist die Sprache sehr verräterisch, oft verrät sie eigene Situationen, Haltungen, die auf andere projiziert werden.

Mir scheint, die ausgesprochene Krise des Kollegen Gusenbauer ist auch eine solche Projektion. In der Psychotherapie erleben wir immer wieder solche. (Abg. Mag. Kogler: Wir sind ja kein Sanatorium! Das ist unglaublich! Halten Sie sich zurück mit Ihren Krankheitsvergleichen!)

Es ist so, wie meine Kollegin Gertrude Brinek schon gesagt hat: Umgefärbt kann nur dort werden, wo es vorher Farbe gab. Und vermeintlich die Farbe rot nicht mehr so oft zu sehen, tut Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, halt weh.

Ich bin jedoch auf Grund der Vorfälle, die kürzlich hier stattgefunden haben, froh, dass Kollege Grünewald ... (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja nicht einmal ein Ausrutscher! Das ist ja geschrieben! Wer schreibt Ihnen das?) – Ich schreibe mir das selbst, Herr Kolle­ge. (Abg. Heinisch-Hosek: Weil Sie Psychotherapeutin ist!) – Ja, und ich verstehe auch etwas davon, Herr Kollege. (Ruf bei der SPÖ: Wollen Sie das dem Kollegen Gusenbauer unterstellen?) – Ich habe nur Fragen gestellt.

Ich bin aber auf Grund der Vorfälle, die kürzlich hier in diesem Hohen Haus stattge­funden haben, froh, dass Kollege Grünewald ausdrücklich von gewaltfreien De­monstrationen gesprochen hat (Abg. Dr. Fekter: Waren sie aber nicht!), doch Gewalt fängt mit Aggression an. Deshalb appelliere ich an alle hier, alles zu tun, um mit Aggression zivilisiert umzugehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Schade, dass der Cap nicht da ist!)

Beklagt wurde bei der Novelle, dass bei der – jetzt neu – Trägerkonferenz die Dienst­gebervertreter die Mehrheit hätten. Wer sitzt denn eigentlich in dieser Trägerkon­ferenz? Ja wer, wenn nicht die Repräsentanten der Versicherungsanstalten, nämlich die Obmänner und Stellvertreter, soll denn in dieser Trägerkonferenz Verantwortung übernehmen? Wenn dem nicht so wäre, würden Sie das erst recht kritisieren, davon bin ich überzeugt.

Ich möchte auch noch kurz auf den Bereich zu sprechen kommen – das wurde heute schon vom Kollegen Spindelegger angesprochen –, wo eine echte Unterstützung für PatientInnen, die an Tumorerkrankungen leiden, erfolgt. So wird eine ambulante Behand­lung durch eine punktförmige Bestrahlung des Tumors mit Protonen und/oder Kohlenstoffionen künftig bezuschusst. Es soll ein Zentrum in Wiener Neustadt ent­stehen. Wenn man weiß, dass ungefähr 18 Prozent aller KrebspatientInnen sterben, weil der Tumor am Ort der ursprünglichen Entstehung nicht vernichtet werden kann, obwohl er noch keine Metastasen gebildet hat, erkennt man, dass das eine sehr wichtige Maßnahme ist.

Dort soll auch Forschung stattfinden. Ich glaube, Österreich kann sehr davon profitie­ren, wenn 46,6 Millionen € in diese Forschung gesteckt werden. Solche Investitionen sind zu 100 Prozent gut angelegt, da ein solches Zentrum in Österreich den Krebs­patientInnen nicht nur durch die bessere Erreichbarkeit Erleichterung bringt, sondern echte Hoffnung bietet. (Beifall bei der ÖVP.)

14.34

 



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90. Sitzung / Seite 124

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


14.34

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder auf der Regierungsbank! Dass Ihnen als Psychotherapeutin so etwas hier passiert – ob es zufällig war oder nicht, weiß ich nicht –, ist mehr als niveaulos, Frau Kollegin Riener, das hätte ich mir von Ihnen nicht erwartet. (Abg. Riener: Beschäftigen Sie sich mit der Psychotherapie!) Aber das zeigt eigentlich die Krise, in der Sie sich befinden. Sie können sie psychotherapeutisch herreden, wegreden, wie Sie wollen: Es herrscht Chaos in der Bundesregierung. Sie sind in der größten Krise seit dem Jahr 2000, wür­de ich meinen (Abg. Dr. Lopatka: Reden Sie von Ihrem Parteitag?), und Sie haben so viele Probleme, dass Sie sie wahrscheinlich gar nicht mehr bewältigen können.

Hier im Vorblatt steht unter dem Punkt Probleme – ich möchte mich auch der 63. ASVG-Novelle widmen –: „Aufhebung maßgeblicher Bestimmungen über die Or­ganisation des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger durch den Verfassungsgerichtshof.“

Darauf, was Sie hier fabriziert haben, braucht niemand stolz zu sein. Aber wenn dann noch als Lösung dabeisteht: „Neuorganisation des Hauptverbandes“, dann brauchen Sie darauf schon überhaupt nicht stolz zu sein, denn ich denke, dass es auch hier wieder zu einer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof – zumindest in Teilen dieser Novelle – kommen wird.

Wie schaut denn die Realität aus? Wie schauen denn die neue 37-köpfige Träger­konferenz des Hauptverbandes-neu-neu und der 12-köpfige Verbandsvorstand in der Realität aus? – Abgesehen davon, dass es in der Zusammensetzung, das wurde heute schon einige Male gesagt, keine Parität zwischen DienstnehmerInnen und Dienst­geberInnen gibt. Im Gegenteil, meine Damen und Herren, diese deutliche Dienst­geberInnenübermacht ist ja frisch wieder verfassungswidrig, wie ich gerade ange­kündigt habe. Wir können nur darauf warten, dass sich auch dieses Gesetz bald wieder hier befindet, weil Sie „neu-neu-neu“ daraus machen müssen. Aber vielleicht kommt es gar nicht so weit. Wenn ich mir die Krise und das Chaos von heute Vormittag und diese Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die Aussagen des Innenministers und des Bundes­kanzlers anhöre und mir noch einmal ins Gedächtnis rufe, dann muss ich sagen, es wird vielleicht gar nicht mehr so lange dauern.

Trotzdem: Sie riskieren, Sie riskieren viel, wie schon so oft, und ich bin sicher nicht allein, wenn ich behaupte: Sie haben ein wirklich unreines Verhältnis zur Demokratie, so möchte ich es nennen, ein unreines bis schlampiges Verhältnis zur Demokratie, was diese beiden Schwerpunkte anlangt, die wir heute schon ausreichend diskutiert haben und noch diskutieren.

Aber ich denke, solange hauptsächlich Männer – und es sind hauptsächlich Männer, die in tradierten Rollenbildern denken – Gesetze wie dieses oder andere, die Sie in diesen vier Jahren fabriziert haben, machen, so lange wird sich für uns Frauen nicht viel verbessern in dieser Gesellschaft.

Ich kenne fortschrittliche Männer, aber die sind auf dieser Seite des Hauses zu finden, in der Opposition (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch), sicher nicht bei Ihnen, Herr Abgeordneter Scheuch, Sie zähle ich nicht zu den fortschrittlichen Männern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das nehme ich jetzt fast als Kompliment! Das war beinahe ein Kompliment!) Aber leider können sich auch die weiblichen Regierungsmitglieder anscheinend nicht durchsetzen, denn sonst würden die Gesetze für uns Frauen wohl anders aussehen. Geben Sie mir darin nicht Recht, Frau Kollegin Wolfmayr?


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Gerade jetzt vor Weihnachten geht es so vielen Frauen in diesem Land schlecht – keinem Heizkostenzuschuss zugestimmt; eine die Frauen wirklich benachteiligende Pensionsharmonisierung gemacht (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja nicht nachvoll­ziehbar, was Sie da sagen!), massive Einschnitte im Gesundheitsbereich stehen unmittelbar bevor, das werden die nächsten Materien sein, die Sie heute beschließen werden; und so weiter – über vierzig Belastungsmaßnahmen.

Ich kann zum Schluss nur sagen: mehr Schwarz in diesem Haus heißt weniger Demo­kratie, weniger Schwarz bringt wieder mehr Demokratie – ich hoffe, bald! (Beifall bei der SPÖ.)

14.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

 


14.38

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zum ÖH-Gesetz, und zwar zum Informations­austausch und zur Dialogführung: Von Seiten der Vorsitzenden der Universitätsvertre­tungen hat es Anregungen gegeben, die ins ÖH-Gesetz eingeflossen sind, sachliche Anregungen, die sehr ernst genommen worden sind. Auf dem Weg eines Abände­rungsantrages wurden sie eingebracht. Und das nenne ich demokratisch und konstruktiv, das ist im Sinne der Stärkung der Studierendenvertretungen an ihren Uni­versitäten.

Ich möchte einige Punkte kurz anreißen: Die Vorsitzendenkonferenz der Universitäts­vertretungen bleibt weiter als wichtiges Beratungsgremium der ÖH bestehen, und es existiert die Satzungsautonomie. Das heißt, die Universitätsvertretungen haben die Möglichkeit, sich an die jeweilige Universitäts- oder Studienangebotsstruktur in der Weise anzupassen, wie sie ihre Tätigkeiten am besten wahrnehmen können. Diese Autonomie ist jetzt möglich, weil ja die Genehmigung des Ministeriums nicht mehr nötig ist.

Es wird eine schrittweise Erhöhung der Mittel für Universitätsvertretungen von derzeit zirka 70 auf 85 Prozent der ÖH-Beiträge bis 2007/2008 geben. Und auf Anregung einiger StudierendenvertreterInnen erhalten die Vertretungen mindestens 30 Prozent des der einzelnen ÖH zur Verfügung gestellten Beitrages.

Darüber hinaus wird auch der Sockelbetrag – unabhängig von der Größe der Uni – von 25 auf 30 Prozent angehoben, wovon insbesondere kleinere Universitäten profitieren. Für jedes Studium, also auch Lehramts- und Doktoratsstudien, ist eine Studien­ver­tretung einzurichten. Die Vertretungen können mit Zweidrittelmehrheit mehrere Studien in eine Vertretung zusammenfassen.

Es gibt noch einige Vorschläge mehr, die in das Gesetz eingeflossen sind: Es werden die E-Mail-Adressen von den Rektoraten den Studienvertretungen zur Verfügung gestellt, Einrichtung von Klubs, Ausweitung der Zahl der passiv Wahlberechtigten und so weiter.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzesantrag spiegelt die neue Struktur der Universitäten wider und stärkt die direkten Vertretungen. Das Geld bleibt gleich, die Verteilung ist anders. Neue Schwerpunktsetzungen sind möglich. Der einzelne Studie­rende gewinnt, weil es mehr Service im Studium geben wird und mehr Auskunft über die Leistungen für die Studienbeiträge durch die Unis, weil die Mitsprache im Unirat sichergestellt wird. Kleine Unis und kleine Gruppen profitieren. Von Dialogverwei­gerung keine Rede, von Demokratieabbau ebenfalls nicht.


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Ein Initiativantrag ist ein demokratisch legitimiertes Instrument. Wer letztendlich über die Zusammensetzung der Studienvertretung entscheiden wird, das sind Wählerinnen und Wähler an den Universitäten, die in erster Linie – und auch ich habe viele Ge­spräche mit Studierenden geführt – eine starke Studienvertretung wünschen, die ihre Anliegen und Probleme vor Ort kennt und direkt umsetzen kann, weil sie dafür die Macht und die Mittel hat.

Meine Damen und Herren! Zu viele Studierende haben sich zu lange von ihrer Vertretung, für die sie Pflichtbeiträge zahlen, nicht vertreten gefühlt. Es wird Zeit, dass diese Vertretung sie wieder vertritt. In das vorliegende ÖH-Gesetz sind Vorstellungen der Studierenden eingeflossen. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Auswirkungen des Gesetzes in stärkeren Studienvertretungen, stärkerer Beteiligung bei den ÖH-Wahlen und Maßnahmen der einzelnen Universitäten für ihre Studierenden in nicht allzu ferner Zukunft zeigen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

14.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


14.42

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir könnten jetzt die Sicherheitsdebatte weiterführen, nämlich beim Produktsicherheitsgesetz, dem wir allerdings zustimmen werden. Das ist nicht Ihnen zu verdanken, sondern den Kolleginnen und Kollegen in der Sektion Konsumentenschutz, die hervorragende Arbeit geleistet haben, indem sie die Produktsicherheitsrichtlinie perfekt umgesetzt haben. Ich möchte mich namens meiner Fraktion bei den Mitarbeitern der Sektion Konsumen­tenschutz recht herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das Produktsicherheitsgesetz ist die einzige legistische Kompetenz, die dem Konsu­mentenschutzminister zukommt. Herr Bundesminister Haupt, sonst haben Sie nur die Koordinierungstätigkeit. Und da frage ich mich schon, wie es hier weitergeht. Heute Vormittag haben Sie in der Fragestunde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein ausgearbeiteter Vorschlag zur ZPO-Novelle, der mit dem VKI, mit der Wissenschaft, mit den Experten Ihres Hauses ausgearbeitet wurde, an der ÖVP, genauer gesagt, an der Wirtschaftskammer, an den Banken gescheitert ist.

Ich frage jetzt als Konsumentenschützer und Konsumentenschutzsprecher der SPÖ: Was werden Sie, Herr Bundesminister, tun, um den berechtigten Interessen der Kon­sumenten in Österreich zum Durchbruch zu verhelfen und diese ZPO-Novelle tat­sächlich zustande zu bringen?

Nun kurz zu diesem Gesetz. Dieses Gesetz ist ein gutes Gesetz und wird die Situation nicht nur in Österreich, sondern europaweit verbessern. Es kam zu einer begrifflichen Harmonisierung. Es wurden auch die Meldepflichten relativiert, weil sich gerade die Ärzte nicht daran gehalten haben. Und es gibt auch neue Regelungen für die Markt­überwachung.

Mir gefällt ein Punkt – und es freut mich, dass Frau Bundesministerin Rauch-Kallat hier sitzt –: Nach dem Produktsicherheitsgesetz gibt es nämlich eine Marktbeobachtung im Internet hinsichtlich gefährlicher Produkte. Das sind beispielsweise auch gefälschte Arzneimittel, die dort präsentiert werden. Nur, Frau Bundesministerin, im Arzneimittel­gesetz und im Lebensmittelgesetz haben wir das nicht. Und wir Sozialdemokraten erwarten uns bei der Reform des Lebensmittelrechts, beim Lebensmittelsicherheits­gesetz, dass auch im Lebensmittelbereich und im Arzneimittelbereich eine Markt­-


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90. Sitzung / Seite 127

kontrolle, eine Marktbeobachtung über das Internet eingeführt wird. Ein entsprechen­der Entschließungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion liegt vor.

Abschließend möchte ich Sie noch auf das internationale Meldesystem RAPEX verweisen. Es werden von allen Ländern gefährliche, unsichere Produkte zentral ge­meldet. Man findet da Kinderspielzeug, elektrische Geräte und so weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Schauen Sie nach – das ist mein Tipp als Konsumentenschützer –, damit Sie zu Weihnachten nicht die falschen Geräte einkaufen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.45

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Bitte.

 


14.45

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Als typische Vertreterin der Klein- und Mittelbetriebe freue ich mich heute ganz besonders über die 63. ASVG-Novelle. Ein Mühlstein, der vielen Unternehmerinnen und Unternehmern um den Hals hing, ist in Hinkunft deutlich leichter. Ein Problem, das mir bei vielen Betriebsbesuchen von Klein- und Kleinstbetrieben ans Herz gelegt wurde, wird heute gelöst. Die Entgelt­fortzahlung bei längerer Krankheit eines Mitarbeiters ist für unsere Klein- und Mittel­betriebe oft eine existenzbedrohende Belastung. Zur Kostenbelastung kommt noch ein größeres Problem dazu, das gerade bei kleinen Betrieben sehr stark zum Tragen kommt, nämlich der Arbeitsausfall durch den Kollegen, und andere Kollegen müssen dies durch Überstunden ausgleichen.

Mit der neuen Regelung können nun Unternehmen mit bis zu durchschnittlich 50 Mit­arbeitern 50 Prozent des Entgeltes ab dem 11. Tag inklusive Sonderzahlung bei der AUVA zurückfordern. Die Kosten der ersten zehn Kalendertage bei Krankheit ver­bleiben beim Arbeitgeber. Nach der bisherigen Regelung der Rückerstattung bei Arbeits- und Freizeitunfällen nun ein weiterer Meilenstein für unsere Klein- und Mittelbetriebe! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Über 240 000 Betriebe werden durch diese Maßnahmen entlastet. Das ist ein Moti­vationsschub für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer, die das Rückgrat unserer heimischen Wirtschaft sind. Knapp eine Million Krankenstandstage werden von dieser Regelung erfasst. Ein geradliniger Kurs mit klaren Zielen – das ist es, was unsere Unternehmerinnen und Unternehmer verstehen und wollen. Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik muss berechenbar sein. Wir von der ÖVP und vom Wirtschaftsbund sind Garanten dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

Statt SPÖ-Zickzack mit Volldampf voraus – das lohnt sich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Sind das die Weihnachtsgrüße vom Wirtschaftsbund?)

14.47

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


14.47

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Sie sind im Jahr 2000 angetreten, um den Hauptverband umzuorganisieren, und haben damals eine politische Hetzjagd gegen den damaligen Präsidenten Sall­mutter gestartet, die letztendlich damit geendet hat, dass er per Gesetz abgelöst wurde.


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90. Sitzung / Seite 128

Die Selbstverwaltung wurde durch ein Aufsichtsratsmodell ersetzt. Die aus Vertretern der Sozialversicherungsträger zusammengesetzte Verbandskonferenz verlor ihre zen­trale Bedeutung für die Willensbildung im Hauptverband. An ihre Stelle trat die Hauptversammlung, die aber die wichtigsten Kompetenzen an die neu eingerichteten Verwaltungskörper abgeben musste. Das war damals das Gesetz, und mit dieser Aktion haben Sie es geschafft, den Hauptverband, weil Sie es über Wahlen nicht geschafft haben, politisch besser zu Ihren Gunsten umzufärben.

Am 10. Oktober 2003 wurde diese Hauptverbandsreform vom Verfassungsgerichtshof als nicht verfassungskonform praktisch komplett aufgehoben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das wissen wir ja alles!) Bis 31. Dezember 2004 hat die Regierung jetzt Zeit, eine verfassungskonforme Lösung zu finden. Und wie schaut diese Lösung aus? – Es gibt künftig zwei Spitzengremien, die 37-köpfige Trägerkonferenz und den 12-köpfigen Verbandsvorstand. Wie schaut diese Trägerkonferenz aus? – Sie besteht aus 20 Vertretern von Dienstgebern, 14 Vertretern von Dienstnehmern und 3 Pen­sionistenvertretern. Sie ist nicht paritätisch zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern besetzt, sondern besteht mit absoluter Mehrheit aus Dienstgebern. 300 000 Dienst­gebern stehen im Verhältnis von 1 : 10 allerdings 3 Millionen Dienstnehmer gegenüber. Das ist daher sachlich nicht gerechtfertigt und ist somit sicher ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Aber Ihnen ist das offensichtlich egal. Wichtig ist wahrscheinlich, dass Ihnen die Fraktionszusammensetzung, nämlich 20 ÖVP, 14 SPÖ und 1 FPÖ, eine parteipolitische Mehrheit sichert.

Wie schaut die Demokratiepolitik in diesen Gremien aus? Folgendes ist bedenklich, das zeigt das Beispiel der Notariatskammer: Die Notariatskammer hat 831 Mitglieder und zwei Vertreter in dieser Trägerkonferenz, die Wiener Gebietskrankenkasse hat 1,4 Millionen Versicherte und auch nur zwei Vertreter. Von acht Betriebskranken­kas­sen ist nur eine vertreten, während sieben mit 47 000 Versicherten ausgeschlossen sind. Hätten Sie diese sieben Kassen auch so wie die Notariatskammer berücksichtigt, hätten Sie sicher keine Mehrheit in der Trägerkonferenz. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist doch gar nicht wahr!)

Ihnen, meine Damen und Herren, geht es bei dieser Reform nur um politische Macht, aber nicht um das Interesse der Versicherten. Überdenken Sie noch einmal diesen Beschluss, denken Sie an die Versicherten und lehnen Sie diesen Vorschlag, den Sie selbst eingebracht haben, ab! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist eine gute Idee!)

14.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


14.50

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank! Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek hat von schlampigen Verhältnissen gesprochen. Ich möchte sagen: Wenn es irgendwo schlampige Verhältnisse gibt, dann ist das das Verhältnis der SPÖ und der Grünen zu diesen gewaltbereiten Demonstranten, die gegen das neue Hochschülerschaftsgesetz protestiert haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Heinisch-Hosek: Hallo!)

Es ist schon klar: Mit dem neuen Hochschülerschaftsgesetz rückt die einzelne Univer­sität in den Brennpunkt der Studienvertreter – eine Tatsache, die den Studierenden künftig große Vorteile bringen wird, weil sie die vielen Aufgaben vor Ort erledigen können.


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90. Sitzung / Seite 129

Der Vorsitzende der Hochschülerschaft der jeweiligen Universität wird beispielsweise bei Sitzungen des Universitätsrates zu jenen Tagesordnungspunkten, die seinen Auf­gabenbereich betreffen, angehört. Dieses Anhörungsrecht gilt insbesondere für die Genehmigung des Entwicklungsplanes, des Organisationsplanes, der Leistungsverein­barung und so weiter.

Damit diese Universitätsvertretungen diesen neuen Aufgaben auch wirklich gerecht werden können, werden sie auch finanziell besser ausgestattet. Geplant ist eine schritt­weise Erhöhung der Mittel auf 85 Prozent bis zum Studienjahr 2007.

Ich glaube, dass mit diesem Entwurf wirklich ein Fortschritt erzielt worden ist, und ich bitte Sie, diesem Entwurf die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


14.52

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen auf der Regierungsbank! Man sieht, Frauen halten immer die Stellung. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Ich möchte jetzt zu einem Beispiel für Demokratieabbau kommen und einem Beispiel dafür, wie sich die Regierungspolitik als Selbstbe­dienungs­laden­politik versteht.

Beim Hauptverband ist es so, dass durch die Neuorganisation die Vertreter und Ver­treterinnen der Dienstgeber das Sagen haben, die Vertreter und Vertreterinnen der Versicherten stehen am Rand, die Stimmen der Selbständigen sind zehnmal stärker. – Ein weiteres Beispiel dafür, dass von Seiten der Regierung Demokratie als Selbst­bedienung für die Regierungsfraktionen verstanden wird. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die finanzielle Selbstbedienung der Regierungsparteien geht bei der Sozialver­siche­rung noch weiter. Es werden die Mittel an den Privatkrankenanstaltenfonds aus der Sozialversicherung erhöht, und es gibt ein Projekt „MedAustron“. VorrednerInnen haben bereits darüber gesprochen, wie wichtig das ist. Dieses Zentrum für Krebsbe­handlung wird aus den Mitteln der Sozialversicherung, die eigentlich das Gesund­heits­system für alle Österreicherinnen und Österreicher sichern sollte, finanziert. Es wird eine Finanzierungszusage für einen privaten Betreiber gegeben, das wird also nicht aus anderen Töpfen finanziert. Das ist ein großer Anschlag auf die finanziellen Res­sourcen der Versicherten. (Abg. Dr. Stummvoll: Sollen dort keine Versicherten behan­delt werden?)

Fazit ist, die Regierung bittet die Bevölkerung zur Kasse, greift tief ins Börsel und schafft demokratische Mitspracherechte ab. In Ihrer Krise reißen Sie die Öster­reicherinnen und Österreicher mit! (Beifall bei der SPÖ.)

14.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

 


14.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Produktsicherheitsgesetz – wahrscheinlich das für den Konsumenten und Verbraucher richtungweisendste Gesetz, auch schon 1994. Seither hat sich natürlich der Markt speziell in Europa in einer unglaublichen Weise verändert, vor allem für die Konsumen­tinnen und Konsumenten. Europa kann heute als Einkaufsmarkt und Verkaufsmarkt


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90. Sitzung / Seite 130

gesehen werden. Es sind neue Technologien, beispielsweise das Internet, als Medium, über das ich einkaufen kann, dazugekommen.

Damit steigen auch die entsprechenden Anforderungen an eine europäische Standar­disierung. Es steigen die Anforderungen an gegenseitige Anerkennungen, an ver­stärkte Kooperation und Informationspflichten für die Unternehmungen, die Produkte in den Verkehr bringen. Europäische Märkte brauchen europäische Spielregeln. Auf der anderen Seite kommen verstärkt Anforderungen an die Unternehmungen betreffend Rückverfolgbarkeit, Archivierungen hinzu. Da sind verstärkt Anstrengungen unter­nom­men worden.

Abschließend: Dieses Gesetz ist begrüßenswert und zustimmenswert, weil damit auch Anlaufstellen für Beschwerden im Hinblick auf Produktsicherheit und verstärkte Infor­mationspflichten für die Öffentlichkeit geschaffen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

 


14.55

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Ho­hes Haus! Gestatten Sie mir ein paar Worte zur Hauptverbandsreform. Die vorlie­gende Novelle erfolgt auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, das die Reform des Hauptverbandes fast vollständig aufgehoben hat. Auch die jetzt vorlie­gende Hauptverbandsreform hat mit Selbstverwaltung nichts zu tun. Die neue Zusam­mensetzung spiegelt die Versichertenstruktur in keiner Weise wider. Sie verfälscht den demokratischen Willen, wenn man bedenkt, dass bei der letzten Arbeiterkammerwahl 70 Prozent der Stimmen auf die FSG entfallen sind, die im neuen Vorstand nur mehr mit vier von zwölf Mitgliedern vertreten ist.

Auch die Tatsache, dass 300 000 Selbständige innerhalb der Trägerkonferenz die gleiche Repräsentanz haben wie 3 Millionen ArbeitnehmerInnen, widerspricht krass dem gleichen Wahlrecht, 1 : 10. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist ein guter Hinweis, dass sie das Gleiche zahlen, Ihr Einwand verrät den Geist des Gesetzes. Das gebe ich schon zu.

Auch der Rechnungshof hat daher zu Recht kritisiert und gemeint, dass von einer demo­kratischen Legitimation der Gremien nicht gesprochen werden kann. Er hat auch kritisch festgehalten, dass nur die größte Betriebskrankenkasse vertreten ist. Insge­samt ist zu sagen, dass diese Hauptverbandsreform ein eklatanter Akt politischer Willkür ist. Es ist das eine Abkehr von der traditionellen politischen Kultur, darauf ange­legt, den politischen Einfluss der Interessenvertretungen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schwächen, die finanzielle Basis der Arbeiterkammer zu untergraben.

Es ist in Wirklichkeit die fortgesetzte Trendumkehr in Ihrer Sozialpolitik, die mit der Kompetenzverlagerung arbeitsrechtlicher Materien aus dem Sozialministerium zum Wirtschaftsministerium begonnen hat. Sie steht in einer Linie mit der Abschaffung des Frauenministeriums, der Auflösung des Erstattungsfonds bei Entgeltfortzahlung, der Kürzung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung, der Verringerung der Familien­zuschläge, der Verlängerung der Anwartschaft von 26 auf 28 Wochen, der Verschär­fung der Zumutbarkeitsbestimmungen, der Pensionsreform und deren Leistungskür­zungen und, und, und. Diese Reform hat wirklich historische Vorbilder.

Tatsache ist, dass wirklich autoritäre Umgestaltung fast immer einhergeht mit der Ausschaltung autonomer Interessenvertretungen der Arbeiter und Angestellten, mit einem strukturellen Umbau der Sozialversicherung.


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Faktum ist, dass Demokratie im Sinne von mehr Mitentscheidungsrechten der Leis­tungsberechtigten und BeitragszahlerInnen in dieser Reform nicht vorgesehen ist. Diese Form von Selbstverwaltung, wie Sie sie sehen, soll Leistungsabbau exekutieren und legitimieren, das ist ihr einziger Zweck. (Beifall bei der SPÖ.)

14.58

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

 


14.58

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Nach den so heftigen und umstrittenen Diskussionen zu den unterschiedlichen Gesetzen, mit denen wir uns heute zu befassen haben, freue ich mich, dass ich nun zu einem Vierparteienantrag sprechen kann. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir haben in Sachen Tierversuchsgesetz eine gemeinsame Sprache und auch einen gemeinsamen Entschließungsantrag gefunden, und zwar dahin gehend, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, in einer Novelle zum Tierversuchsgesetz das Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen festzulegen. Ich glaube, dass das richtig ist. Wir haben schon seit Jahren in Österreich keine Versuche mehr an Menschenaffen durchgeführt, und diese Novelle ist daher ein nachträgliches Nachziehen in die richtige Richtung.

Der zweite Punkt, bei dem es zu einem Kompromiss gekommen ist, handelt von der Frage der Datenbanken. Ursprünglich gab es die Überlegung, eine österreichische Datenbank einzurichten. Das haben wir aber letztendlich nicht getan. Ein Kompromiss wurde jedoch dahin gehend erzielt, eine europaweite EU-Datenbank für Alternativen zu Tierversuchen einzurichten.

Im Grunde freut mich das. Wir haben diesen guten Geist des Tierschutzgesetzes weiterentwickelt, und ich glaube, dass es auf diesem Wege auch weitergehen kann.

Nur ein Wort noch zu den Ausführungen von Frau Abgeordneter Weinzinger, denn in diesem Fall kann ich Ihnen überhaupt nicht zustimmen. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, Tauben könnten zwischen Cézanne und Monet unterscheiden, manche Men­schen hingegen nicht, und Sie haben in diesem Zusammenhang Tauben beziehungs­weise Tiere und Menschen gleichgesetzt. Das ist etwas, was ich eindeutig zurück­weisen muss. Diese Gleichheit gibt es nicht, man kann das so nicht sagen. Es gibt Unterschiede zwischen Menschen und Tieren. Tiere haben ganz andere Wahrneh­mungen, andere Fähigkeiten – die wir zweifellos nicht haben. Eine Gleichsetzung möchte ich ausdrücklich zurückweisen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlung über die Punkte 1 bis 4 der Tagesordnung.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2160/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zu der kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung der Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen mit der Ord­nungszahl 2160/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.


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Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten sein.

Ich ersuche nun Frau Abgeordnete Dr. Moser als Antragstellerin des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Ihre Redezeit, Frau Kollegin, beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


15.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Meine Damen und Herren! Vor zirka zwei Stunden waren wir alle Zeugen einer eklatanten Regierungskrise. Es war auch eine Sicherheitskrise ... (Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Steibl: Na geh, komm! Ihr Grünen habt wirklich nichts mehr im Kopf!)

Jetzt gibt es die Möglichkeit, passend auch zur Diskussion über die Gesundheits­reform, über die Gesundheitsvorhaben der Regierung, ein anderes Sicherheitsproblem anzusprechen, das uns jetzt wirklich mit aller Drastik ins Haus steht: die Frage der Lebensmittelsicherheit.

Frau Ministerin! Wir haben während der Budgetsitzungen, aber auch schon früher über die Dotierung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit gesprochen. Es wurde immer wieder offensichtlich, dass für diesen Bereich einfach zu wenige Mittel budgetiert sind. Das Resultat dieser Unterdotierung ist mehr oder weniger ein halber Aufstand im Aufsichtsrat der Ernährungsagentur. Die Menschen, die für dieses Unter­nehmen Verantwortung tragen, das mit seinen an sich hoheitlichen Funktionen ausgegliedert worden ist, haben ernste Sorge, ob sie überhaupt noch das Jahr 2007 budgetär bewältigen können – eine eklatante Finanzkrise in einem zentralen Lebens­bereich, im Bereich der Lebensmittelsicherheit.

Da Sie auch immer wieder sagen, die Prophylaxe sei in der Gesundheitspolitik ganz wesentlich: Lebensmittelsicherheit ist die Voraussetzung für Prophylaxe im Gesund­heitsbereich! Vor diesem Hintergrund, Frau Ministerin, wäre es für mich persönlich recht gut nachvollziehbar, wenn Sie sich in der Situation, in der Sie sich jetzt befinden – zu wenig Geld für die Gesundheitsreform, zu wenig Geld für die Lebens­mittelsicherheit –, vielleicht auch überlegen, ob Sie nicht den Weg in die Privatwirt­schaft gehen sollten. Denn vor dem politischen Hintergrund einer ständigen Unterdo­tierung, einer permanenten Krisensituation sowohl im Gesundheitsbereich als auch im Bereich der Lebensmittelsicherheit würde ich mir persönlich auch überlegen, ob ich nicht in die Privatwirtschaft gehe. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Das wäre für Sie gar nicht einmal so schlecht! ...)

Sie, Frau Ministerin, sind ja gar nicht schuld an der Misere, daran, wie sie entstand. Sie sind ja nicht schuld an der Genese dieser ganzen misslichen Situation. Sie haben das ja geerbt von Ihrem Vorgänger, Herrn Minister Haupt, beziehungsweise von der ganzen Bundesregierung, die vor Ihrer Zeit in diesem Amt in diese Richtung einen Beschluss fasste, nämlich zentrale Kontrollaufgaben, zentrale hoheitliche Aufgaben des Staates einfach auszugliedern, und das noch dazu in einer Doppelkonstellation, indem man auf der einen Seite zentrale Gesundheitsbereiche privatisiert und auf der anderen Seite bei dieser Privatisierung die Gesundheitsbereiche mit Landwirtschafts­bereichen zusammenspannt.

Es hat anlässlich dieser Ausgliederung auch Expertenstudien gegeben, relativ fun­dierte Gutachten, die aufgezeigt haben, wie man hier, wenn man das schon machen will, ans Werk gehen kann. Diese Gutachten – Seidel, ROI haben schwarz auf weiß


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nachgewiesen, dass im Landwirtschaftsbereich, der ausgegliedert wird – Stichwort Hirschstetten –, sehr wohl die Möglichkeit bestünde, einzusparen. Es gibt sogar Stellungnahmen, die davon sprechen, dass man dort im Verhältnis zum Lebens­mittel­bereich 9 zu 1 umschichten könnte, praktisch neun Teile Finanzmittel aus dem Land­wirtschaftsbereich hinüberholen könnte in den Lebensmittelsicherheitsbereich. Das haben Sie gutachterlich attestiert bekommen.

Was passiert jetzt unter Ihrer Ägide, und was ist teilweise schon unter der Ägide Haupt passiert? Es wird gespart, es wird der Finanzdeckel eingezogen, es gab Basisfinan­zierungen, die unter den Erfordernissen geblieben sind. Gespart wird nicht im Ver­häl­tnis 9 zu 1 auf Kosten der Landwirtschaft, sondern gespart wird 50 : 50. Das heißt, der Bereich Lebensmittelsicherheit, der auch schon unter der großen Koalition, unter der Ägide der damaligen Frau Staatssekretärin Prammer immer unterdotiert war, ist in der Ära Schüssel und unter Ihrer Verantwortung noch zusätzlich ausgehungert worden.

Jetzt haben wir das Paradoxon, dass eine Ernährungsagentur permanent finanziell ausgehungert wird. Und das geht nicht! Dadurch wird die Lebensmittelsicherheit ernstlich gefährdet. Das zeigen uns ja auch wiederholt die EU-Berichte, die EU-Kontrollberichte, die Berichte der Inspektoren, die vor Ort immer wieder nachforschen, wie Österreich die verschiedenen EU-Vorschriften im Hinblick auf Lebens­mittel­sicherheit vollzieht. Da wird darauf hingewiesen, dass zu wenig kontrolliert wird. Da wird darauf hingewiesen, dass Laboranalysen zu spät kommen. Da wird darauf hinge­wiesen, dass zu schlecht reagiert und reorganisiert wird.

Die Folge ist, dass immer wieder geantwortet wird: Ja, vielleicht machen wir hier etwas!, aber in der Realität, Frau Ministerin, müssen Sie jedes Mal zum Finanzminister betteln gehen. Dieses Mal haben Sie gerade – Sie haben es mir geantwortet – 7 Millionen € bekommen, um über die Runden zu kommen, aber ich frage mich – und deswegen auch die Anfragebesprechung –: Wie schaut es denn aus für das Budget 2006? Da sind ja schon Vorverhandlungen gelaufen. Wie schaut es denn da aus bei der Dotierung für diese Agentur für Ernährungssicherheit? Jetzt haben wir insgesamt 54 Millionen, und wenn Sie vielleicht noch 7 Millionen dazugewinnen könnten, wäre das ein zarter Strohhalm zur finanziellen Rettung.

Stellen Sie sich vor, Frau Minister: Uns rufen die betroffenen Institutionen an, die bakteriologisch-serologischen Untersuchungsanstalten, die ehemaligen Bundesanstal­ten für Lebensmittelsicherheit in Linz, in Graz, in Innsbruck. Die wissen nicht, wie es weitergeht unter dieser Sparpolitik, die wissen aber genau, was notwendig wäre. Und dann hören wir immer wieder, dass es wieder neue Unternehmenskonzepte gibt, dass wieder personell runtergekürzt wird, womöglich auch finanziell, obwohl man den Deckel ohnehin schon relativ niedrig angesetzt hat. Und dann, Frau Ministerin, hört man noch von Geschäftsführungskrisen im vergangenen Sommer. Das Ganze war ja ein Paradebeispiel für diese Umfärbelung.

Ursprünglich begann ja die Agentur ihre Arbeit unter durchaus kompetenter Führung von Dr. Schuller. Und was passierte? Auf Intervention aus dem Ministerium Haupt ist dann eine Frau Dr. Weber nachbesetzt worden, die dann durch wirklich sehr geschick­tes Raffinement – bitte, das ist ironisch dargestellt – des begleitenden Geschäfts­führers das Handtuch werfen musste. Sie ist gekündigt worden von heute auf morgen, wegen sehr dubioser Umstände. Es war ein reines Geschäftsführungschaos. Das war schon die Summe von dem organisatorischen Chaos, das sowieso dort herrschte. Und jetzt haben wir ein Zukunftsszenario in finanzieller Hinsicht, das zu ärgsten Befürch­tungen Anlass bietet.

Vor diesem Hintergrund, Frau Ministerin, möchte ich von Ihnen klipp und klar wissen: Wie halten Sie es mit der Budgetierung 2006? Bleibt das Budget auf der Basis des


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Gesetzes für die Ernährungsagentur, in dem die Summen genannt sind, die Sie mir auch angegeben haben, nämlich für das Finanzjahr 2006: 55 231 300 €? Bleibt es dabei, oder müssen Sie dann wieder dem Herrn Finanzminister nachrennen, damit Sie noch etwas an Basisfinanzierung kriegen, weil es sonst einfach nicht mehr geht?

Oder, Frau Ministerin, schaffen Sie es schon auf Grund Ihrer Finanz­verhandlungs­künste, das Budget doch aufzustocken, sodass es eine Dimension erreicht, die dann wirklich die Substanz bildet für eine realistische, gute, qualitativ hoch stehende Lebens­mittelkontrolle, sodass Sie auch den Leuten vor Ort Sicherheit geben können, nicht nur den KonsumentInnen – die sind für mich sehr wichtig, und sie sollten für uns alle sehr wichtig sein –, sondern auch den dort Beschäftigten? Uns geht ja das Know-how verloren, wenn wir nicht qualifiziert nachbesetzen können, wenn immer nur personell gespart wird. Uns geht ja die Kompetenz verloren, die wir von der EU her sehr wohl brauchen für diesen sehr sensiblen Bereich.

Von Ihrer Seite her merke ich nur, dass Sie gegenüber der Landwirtschaft die Hände in die Höhe geben, also aufgeben und zur Kenntnis nehmen, dass nach wie vor mit dem Budget der Agentur für Ernährungssicherheit in Hirschstetten Brot gebacken wird, auf mehreren hundert Quadratmetern. Die haben dort Geld fürs Brotbacken – das ist der Landwirtschaftsteil. Auf der anderen Seite werden die Zeiten für die Laboranalysen im Zuge der wichtigen Lebensmittelkontrollen immer länger, weil immer weniger Leute dort arbeiten.

Das ist die Diskrepanz zwischen dem konkreten Zustand dort vor Ort und dem konkre­ten Zustand in Innsbruck, in Graz, in Salzburg und teilweise auch in Linz, wo Unsicher­heit herrscht, Unsicherheit, wie es weitergeht, Unsicherheit, wie reorganisiert wird, Unsicherheit, wie viel Geld noch zur Verfügung stehen wird.

Wir wollen von Ihnen hier und heute eine klare Aussage: Wie schaut es 2006 aus? Wird dann endlich Sicherheit auch in der Agentur für Ernährungssicherheit gegeben sein, Sicherheit in personeller und finanzieller Hinsicht? Bitte geben Sie uns da eine konkrete Antwort! Ich glaube, alle Konsumentinnen und Konsumenten erwarten sich das. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Frau Ministerin, bitte.

 


15.11

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Agentur für Gesundheit und Ernäh­rungssicherheit befindet sich in einem Umstrukturierungsprozess. Im Frühjahr 2002 haben der damalige Bundesminister Molterer und Gesundheitsminister Haupt den Entschluss gefasst, 18 für sich allein stehende nachgelagerte Dienststellen in einer gemein­samen Organisation, nämlich der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit, zusammenzulegen.

Von der thematischen Ausrichtung her war das einzigartig in Europa. Dem Ansatz der Kontrolle entlang der Lebensmittelkette folgend, sind mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit Themen von der Bodengesundheit über den Pflanzenschutz, über die Lebensmittelsicherheit bis hin zur Gesundheit von Mensch und Tier verbun­den. Mit der heute noch zur Beschlussfassung anstehenden Novelle zum Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz erhält die Agentur mit dem Geschäftsfeld Pharm­Med-Austria einen weiteren Themenbereich, der für die gesamte Gesundheit sehr bedeutsam ist und der Agentur für Ernährungssicherheit auch die Möglichkeit eröffnen


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wird, neue Geschäftsfelder zu erschließen und damit auch neue Einnahmen zu lukrieren.

Die Situation war nicht ganz einfach. Frau Abgeordnete Moser hat es bereits gesagt: Schon in den neunziger Jahren waren die Institute unterdotiert. Also das Sparen in diesem Bereich ist nicht auf einen Sparwahn dieser Bundesregierung zurückzuführen, sondern es ist ein kontinuierlicher Prozess gewesen, dass auch frühere Regierungen offensichtlich nicht dem gewünschten Ausmaß entsprochen haben.

Ich denke aber, dass seit dem Jahr 2002 schon sehr vieles in Gang gebracht wurde. Einerseits ist es mit dem AGES-Konzept 2007 gelungen, die ersten Schritte des Zusammenwachsens einzuleiten. Nach diesem Konzept wurden bereits aus 18 Ein­richtungen an verschiedenen Standorten neun Einrichtungen gemacht; sie wurden zusammengeführt. Viel Aufbauarbeit im Bereich des gemeinsamen Managements und des gemeinsamen Denkens in der Agentur wurde in den letzten Jahren erfolgreich ab­geschlossen.

In der Zeit von Juni 2003 bis 2004 wurde das Konzept AGES 2007 von der Geschäfts­führung gemeinsam mit dem Aufsichtsrat einer Evaluierung unterzogen. Als Ergebnis dieses Diskussionsprozesses wurde das Konzept AGES 2010 erstellt, das im Rahmen der Budgetverhandlungen für den Bundeshaushalt als Grundlage diente. Daher wurden für das Jahr 2004 – ich habe es Ihnen ja in der Anfragebeantwortung schriftlich schon mitgeteilt – noch eine zusätzliche Bareinlage von 7,26 Millionen genehmigt und für die Jahre 2005 und 2006 noch jeweils 2 Millionen € zu der gesetzlich vorgesehenen Basiszuwendung zur Verfügung gestellt.

Angesichts der von der Firma ROI genannten Summe von 90 Millionen € ist das natürlich, werden Sie sicher sagen, ein Tropfen auf den heißen Stein.

Allerdings wurde die im Juli 2004 umgebildete Geschäftsführung von mir unmittelbar im Anschluss an die Budgetverhandlungen beauftragt, das vorliegende Konzept AGES 2010 auf Grund der getroffenen budgetären Möglichkeiten strukturell und personell zu überarbeiten und mir bis Ende des Jahres 2004 für weitere Entscheidungen vorzu­legen. In diesem Prozess werden in enger Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Ministeriums die Aufgabenstellungen sowie die Struktur noch einmal überprüft.

Der Aufsichtsrat hat vorvergangene Woche getagt, und der zuständige Aufsichts­rats­vorsitzende Leopold März hat ja auch auf eine Aussendung von Ihnen, Herr Kollege Pirklhuber, reagiert, indem er das von Ihnen unterstellte Chaos ganz klar und ent­schieden zurückgewiesen und festgestellt hat, dass in dieser Aufsichtsratssitzung wesentliche Weichen für die Zukunft gestellt worden sind, dass die Geschäftsführung der AGES, der Aufsichtsrat und der Eigentümervertreter weiterhin in enger Abstim­mung die Schritte setzen werden, um das vorliegende Unternehmenskonzept bis zum Jahr 2010 auch umzusetzen.

„,Standortfragen stehen derzeit‘“ – das hat März klar und deutlich in seiner Presse­aussendung gesagt – „,nicht im Vordergrund und sind im Kontext des Gesamtkonzepts zu sehen.‘“ „Strukturveränderungen im Sinne der Effizienzsteigerung müssen auch in Zukunft denkbar bleiben. ,Ich bin sicher, wir sind auf dem richtigen Weg.‘“ – Zitat Leo­pold März, der ja als Rektor der Universität für Bodenkultur in der Sache eng mit die­sen Fragen verwoben ist und als Experte, glaube ich, unbestritten ist.

Wir haben uns auch vorgenommen, diese Fragen in den nächsten Wochen und Mona­ten als Eigentümervertreterin der Hälfte sehr intensiv zu begleiten. Die andere Hälfte – Sie haben es gesagt – untersteht dem Bundesministerium für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, wobei wir sehr gut kooperieren und nicht der


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eine dem anderen irgendwelche unangenehmen Dinge zuschieben oder einer sich der Verantwortung entziehen will.

Ich denke, dass in jedem Bereich, wo Umstrukturierungen vor sich gehen, Verun­sicherung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entsteht. Ich weiß das, ich habe als Umweltministerin den ganzen Bereich der Umwelt- und Wasserwirtschaft aus­gliedern, nicht müssen, es war, glaube ich, sinnvoll, es zu tun, denn hier arbeitet man seit mehr als zehn Jahren hervorragend als ausgegliederte Einrichtung: Die Wasser­wirt­schaftsansuchen der Gemeinden werden vier Mal so schnell bearbeitet mit weitaus weniger Personal. Hier ist eine Ausgliederung also sehr wohl geglückt, und ich bin überzeugt, dass es uns auch bei der Lebensmittelsicherheit glücken wird.

Vielleicht noch ein Letztes zum Abgeordneten Maier, der sich im Lebens­mittelsicher­heitsgesetz wünscht, dass wir eine entsprechende Frage aus konsumententechnischer Sicht mit einbauen: Wir werden das selbstverständlich mit berücksichtigen.

Sie können mir glauben, dass die Lebensmittelsicherheit auch mir ein ganz besonders großes Anliegen ist, denn gerade Lebensmittelsicherheit ist die Grundlage für Gesund­heit, und als Gesundheitsministerin ist mir das ein besonderes Anliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


15.19

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Lassen Sie mich gleich zu Beginn einen Blick in die Ver­gan­genheit werfen. Es gab früher 18 Untersuchungs- und Forschungseinrichtungen, jede arbeitete für sich, eine übergeordnete Stelle gab es nicht. Zur besseren Koor­dinierung wurde diese Einrichtung nun zu einer Agentur für Gesundheit und Ernäh­rungs­sicherheit mit mehreren Standorten zusammengeführt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben vieles geschaffen. Darf ich daran erin­nern, dass diese Einrichtungen seit 1972 im Ressort eines sozialistischen Gesund­heitsministers lagen – leider ist von der SPÖ jetzt niemand mehr da (Abg. Mag. Johann Maier: Von der SPÖ jetzt niemand mehr da?!) –, dann sind sie auf einen ebenfalls sozialistischen Bundeskanzler übergegangen. Da hat man einfach ruhig zugeschaut, so nach dem Motto: Schlafende Hunde weckt man nicht.

Erst die derzeitige Regierung hat erkannt, dass Handlungsbedarf gegeben ist, weil die Personal- und die Ressourcenpolitik der SPÖ völlig verfehlt war.

Meine Damen und Herren! Wieder einmal war es diese Regierung unter Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel, die sich nicht scheut, heikle Themen aufzugreifen, und jetzt repariert, was schon längst saniert werden hätte müssen. Das wissen auch die Kollegen von den Grünen. – Wobei ich meine, dass Kollegin Moser, als sie von einer eklatanten Lebenskrise oder wie auch immer gesprochen hat, damit offenbar eine persönliche Krise meinte, weil sie persönlich einen ganz engen Kontakt zu dieser Linzer Agentur hat. Aber ich denke, dass Abgeordnete für ganz Österreich da sein sollten, und nicht nur für eine Stadt oder für einen Ort.

Das heißt, dass gerade der Anfang dieser Umstrukturierung und dieser Verbesserung eben Haupt und Molterer zuzuschreiben ist. Jetzt liegt es an unserer Frau Bundes­ministerin Maria Rauch-Kallat, dies auch zu Ende zu führen.


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Ich denke, sehr geehrte Damen und Herren, dass dieses Konzept des Zusammen­wachsens der Kulturen, das im Juli 2004 einer Evaluierung unterzogen wurde, gut auf dem Weg ist. Evaluierungen sind dazu da, um zu sehen, wie gut und effizient gear­beitet wird, und um zu schauen, was besser gemacht werden kann.

Was war nun das Ergebnis dieser Evaluierung? – Die Wünsche und Forderungen im Evaluierungsbericht sind mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu erfüllen, dies – das wurde schon gesagt – obwohl zusätzlich 11 Millionen € für die Jahre 2004 bis 2006 für die Agentur vorgesehen sind. Die Geschäftsführung wurde daher beauf­tragt, Strategien und Vorschläge auszuarbeiten – dafür hat man ja eine Geschäfts­führung –, und ich glaube, dass das auch notwendig ist, um zu schauen, dass man mit den Mitteln, die ja letztendlich Steuermittel sind, auskommt.

Eines darf dabei aber auch keinesfalls vergessen werden: Die Qualitätsstandards und das Leistungsniveau in Österreich sind auf dem bekannt hohen Level zu halten. Es ist dabei immer das Interesse auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Mittelpunkt der Überlegungen gestanden. Das wird auch so bleiben. Es gibt Überlegungen, mit der Geschäftsstelle Linz ähnlich erfolgreich zu sein, wie es mit dem Institut zum Beispiel in Salzburg geschehen ist. Dort ist eine Übergabe an die Landeskrankenhäuser gelun­gen. Ich denke, das ist nichts Negatives. Es wurde auch auf die Mitarbeiter geschaut, die alle übernommen worden sind!

Ähnlich ist das in den anderen Ländern. Wenn ich beispielsweise die Steiermark oder Graz hernehme, denke ich, dass wir da auf einem guten Weg sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Schließung einzelner Standorte – das betone ich ausdrücklich – wird keinesfalls eine Verminderung der Leistungen bedeuten, egal, ob das beim Mutter-Kind-Pass ist, ob das die Untersuchungen im Tuberkulosegesetz sind oder andere Bereiche. Wir wissen, dass es gerade im Bereich Linz und Linz-Umgebung deutlich mehr Labors gibt, als Bedarf besteht. Meiner Meinung nach ist es nicht notwendig, dort, wo kein Bedarf ist, eine Nachfrage zu schaffen, da es sich dabei ja schließlich um Steuergelder handelt, sondern es ist unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass qualitätsvoll geprüft wird. Und die Qualität der Leistungen zeigt sich nicht in der Anzahl der Standorte, werte Frau Kollegin Moser. (Beifall bei der ÖVP.)

15.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


15.24

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede meiner Vorrednerin war wohl an Peinlichkeit kaum zu überbieten. (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Das können Sie gar nicht beurteilen! Nehmen Sie das zurück!) Frau Kollegin Steibl, von der SPÖ war natürlich jemand hier! Es war wer hier! Und ich frage mich, warum gerade Kollegin Steibl hier herausgeht. Wo ist der Klubobmann Molterer, der für diese Missstände ver­antwortlich ist? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Molterer betritt soeben den Sitzungssaal und begibt sich zu seinem Platz.) – Herr Kollege Molterer, es freut mich, dass Sie hier sind.

Im Bereich der AGES haben wir nicht nur ein Finanzdesaster, wir haben auch ein Sicherheitsdesaster. (Abg. Mag. Molterer: Tun Sie sich ein bisschen abreagieren, aber nicht an uns! Sie kriegen ja einen Herzinfarkt! Keep cool!) Herr Kollege Molterer! Herr Klubobmann! Sie waren einer, der dafür steht, dass er die AGES geschaffen hat, der mit Engelszungen gesprochen hat, welche Vorteile durch die AGES erreicht wer­den können.


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90. Sitzung / Seite 138

Hohes Haus! Ich habe hier ein Gutachten, datiert mit 19. Mai 2004. Ich bin immer sehr konkret. Dieses Gutachten zeigt die Leistungen der AGES. Untersucht wurde Ge­selchtes, und da heißt es: Die Analyse der vorliegenden Probe hat einen hohen Gehalt an krebserregenden polyzyklischen Kohlenwasserstoffen ergeben. Es wurde als gesundheitsschädlich beurteilt. (Abg. Steibl: Ja, ja, das tun sie immer vor Ostern, um die Bauern zu verunsichern!)

Und jetzt, Kollege Molterer, kommt ein weiterer Satz: Auf Grund des akuten Per­sonalmangels konnte die Untersuchung nicht rechtzeitig durchgeführt werden, sodass sie jetzt bereits verjährt ist. Es wird um eine neuerliche Probenziehung ersucht.

Wo sind die Konsumentensprecher der FPÖ und der ÖVP? Kollege Neugebauer, was sagen Sie dazu? (Abg. Steibl: Was sagen Sie dazu, dass willkürlich Proben heraus­genommen werden?) Nach acht Monaten kommt ein Gutachten, und in der Zwischen­zeit werden gesundheitsschädigende Lebensmittel in Österreich verkauft und ver­zehrt! – Kollege Molterer, diese Situation haben Sie mit dem Kollegen Haupt, mit Bundesminister Haupt mitzuverantworten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können über das finanzielle Desaster noch weiterreden. Es ist ein Sicherheitsdesaster und ein Finanzdesaster. Ich zitiere wiederum aus dem „Agrarmagazin“. – Frau Bundesministerin! Was sich in der AGES abspielt, ist mir nicht ganz klar. Auf der einen Seite sagen alle, es mangle an Geld, und gleichzeitig lese ich da drinnen, dass der zweite AGES-Steuermann, also der neue Geschäftsführer – gemeint ist Frühauf –, von der Post seinen Dienstwagen mitnehmen durfte. Im Gegenzug bestellte sich der Kollege selbstverständlich auch ein standes­gemäßes Gefährt. – Frau Bundesministerin, wussten Sie das? (Abg. Grillitsch: Aus welchem Magazin haben Sie das, Herr Kollege?)

Wussten Sie auch, dass der erste Geschäftsführer, nämlich Url, so agiert, als wäre die AGES sein privates Versuchslabor? Ich zitiere: Bereits vor Wochen wurde schon ein Freund mittels Schaffung einer externen Forschungsstelle, wobei 70 Prozent der Kosten die AGES tragen soll, bedient. (Abg. Grillitsch: Wo haben Sie das her? Aus welchem Magazin?)

Ein weiteres Beispiel, Frau Bundesministerin: Der jüngste AGES-Geniestreich ist aber die Verschenkung eines eigentlich zur Dioxin-Nachweisführung vorhandenen Gerätes. Diese knapp 1 Million € teure Maschine wurde nun als Ersatzteillager zum Aus­schlachten verschenkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist derzeit die Situation in der AGES. Und ich halte nochmals fest: Wir haben ein Sicherheitsdefizit, wir haben ein Sicher­heitsdesaster, und wir haben ein Finanzdesaster. Und Sie, Kollege Molterer, sind für diese Situation absolut mitverantwortlich!

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben später noch Zeit, über Details der AGES, über Entwicklungen und Probleme zu diskutieren. Wir werden auch hier unsere Argumente gegen eine Ausgliederung der Arzneimittelzulassung einbringen. Nur hat sich jetzt eines herausgestellt: All die Argumente, die wir im Jahr 2001 und auch 2002 eingebracht haben, sind bestätigt worden, und zwar nicht nur durch den Rechnungshof, sondern durch die Situation, wie sie derzeit in der AGES herrscht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rosenkranz. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 



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90. Sitzung / Seite 139

15.29

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Es ist in den letzten zwei Tagen in diesem Haus Mode geworden, einander wechselseitig auszurichten, nicht aufgeregt zu sein. Ich nehme diesen Brauch auf und meine, Herr Abgeordneter Maier, Sie dramatisieren: Überall sieht man jetzt ein Desaster, überall ist ein enormes Sicherheitsdefizit! – Wir sollten ein bisschen auch beim Kern dieser Anfrage bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Selbstverständlich ist es jedermann unbenommen, eine Kurzdebatte über eine Anfra­gebeantwortung einzubringen. Allerdings macht man das vor allem dann, wenn die Anfragebeantwortung nicht als ausreichend erachtet worden ist. Ich stelle fest, die Fragen, die hier gestellt wurden, sind klar und deutlich schriftlich beantwortet worden. Das möchte ich nur der Ordnung halber feststellen.

Frau Abgeordnete Moser! Sie ereifern sich darüber, dass die Dinge in der AGES noch im Fluss sind. Es ist aber nicht alles, was statisch ist, Ordnung, und überall dort, wo eine Entwicklung stattfinden muss, weil man sich vornimmt, bestimmte Dinge umzu­strukturieren, wo etwas Dynamik drinnen ist, ist Chaos. Es ist ganz klar: Die Aufgabe war, aus 18 verschiedenen Institutionen, die ohne Koordination, also separat gearbeitet haben, eine Organisation zu schaffen, die koordiniert ist. Das ist an und für sich eine notwendige und gute Idee, das kann die Qualität enorm steigern und wird jedenfalls die wirtschaftliche Effizienz erhöhen.

Zudem ist der Grundgedanke ein absolut vernünftiger, nämlich die Kontrolle entlang der Lebensmittelkette durchzuführen, von der Bodenqualität bis hin zum Lebensmittel selbst.

Ich komme darauf zurück, dass diese Anfrage sehr klar beantwortet worden ist. Es ist fix – die Frau Ministerin hat es ja noch einmal wiederholt –: Es kam zu einer Auf­stockung der Mittel, die Mittel sind gesichert.

Zum Zweiten: Über die Schließung von Standorten wird diskutiert – allerdings nicht darüber, ob die Leistungen damit wegfallen. Davon kann keine Rede sein. Aber es ist noch nichts fix. Ich bitte Sie also, die weitere Entwicklung genau zu verfolgen – natürlich, das müssen wir als Parlamentarier –, aber dennoch ein bisschen weniger Aufgeregtheit an den Tag zu legen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

15.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung hiezu: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Rosenkranz, so kann man es nicht machen! Sie tun so, als gäbe es nicht eine ganz große Aufregung innerhalb der AGES, also der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Und das ist nicht erst seit gestern der Fall, sondern in den letzten eineinhalb, zwei Jahren ist es ein permanenter Prozess von Verunsicherung und von Debakeln im Kleinen und im Großen.

Meine Damen und Herren! Das ist unsere Sorge, denn diese Entwicklung ist gegen die Interessen der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten, die Sicherheit für ihre Lebensmittel wollen, die Sicherheit bei den Kontrollen wollen. Frau Bundes­ministerin! Und diese können Sie derzeit nicht gewährleisten. Wir haben eine Proben­durchlaufzeit, die weit über sechs Monate beträgt, und das führt eben dazu, dass


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solche Fälle, wie sie Kollege Maier angeführt hat, nicht gerichtlich verfolgt werden können und nicht zu den entsprechenden Konsequenzen führen. Das ist Faktum.

Faktum ist auch, dass Herr Kollege Molterer als damals zuständiger Minister diese Ausgliederung in den höchsten Tönen gelobt und unter Beweihräucherungen in die Wege geleitet hat. Und was ist das Ergebnis? – Dass der Rechnungshof im heurigen Jahr ganz entschieden und massiv der Kritik der Opposition aus dem Jahre 2002 in vielen Punkten Rechnung trägt und auch Recht gibt.

Frau Bundesministerin, Sie wissen es. Sie kennen den Rechnungshofbericht. Er spricht dezidiert davon, dass eine sukzessive Reform in den einzelnen Abteilungen ohne Ausgliederung ein weitaus sicherer und effizienterer Weg gewesen wäre. Er spricht auch davon, dass die Widersprüche zwischen privaten Auftragsvergaben und den hoheitlichen Interessen ein sehr großes Problem darstellen.

Frau Bundesministerin, Sie haben dazu in der Anfragebeantwortung auch Stellung genommen. Ich zitiere aus Ihrer Antwort auf die Frage 8: Sie sagen dort:

„Durch den Rückzug der AGES aus privatwirtschaftlichen Tätigkeiten werden zusätz­liche Kapazitäten für die amtlichen und hoheitlichen Aufgaben frei.“

Das ist ja sehr interessant! Sie sprechen also davon, dass diese privatwirtschaftlichen Tätigkeiten eher reduziert werden sollen, gleichzeitig war das aber der Kernpunkt der Ausgliederung. Bei der Ausgliederung haben die zuständigen Minister damals gesagt, der erhöhte Finanzierungsbedarf von etwa 3,7 Millionen € soll durch zusätzliche privat­wirtschaftliche Einnahmen erreicht werden. – Also, hier stimmt das eine mit dem an­deren nicht mehr zusammen.

Wir sind der vollen Überzeugung, dass ein gut ausgestattetes Bundesamt für Gesund­heit und Ernährungssicherheit, wirklich in hoheitlichem Kompetenzbereich und mit entsprechenden finanziellen Sicherheiten ausgestattet und nicht mit permanenter Verunsicherung, die notwendige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft ist. Bedenken Sie: Es gibt eine Fülle von zusätzlichen Aufgaben im Qualitätsmanagement, im Lebensmittel- und Futtermittelbereich, im Gesundheitsbereich generell. Das wird ja nicht weniger, Frau Bundesministerin, sondern das wird laufend mehr, auch durch die Herausforderung der Europäischen Union, durch den europäischen Markt.

In Ihrer Antwort ist ein Aspekt völlig neu, nämlich dass Sie gesagt haben, für das Jahr 2005 und 2006 stehen zusätzlich 2 Millionen € zur Verfügung. Sehr interessant!

Meine Damen und Herren! Wir hatten kürzlich die Budgetdebatte. Wo sind diese 2 Millionen dort gewesen? Frau Bundesministerin, ich habe sie nicht gefunden, und Sie haben auch in den schriftlichen Anfragebeantwortungen von diesen 2 Millionen € nichts gesagt. Es wäre sehr interessant zu erfahren, wo genau diese 2 Millionen € herkom­men sollen: von Ihrem Ressort und auch, nehme ich an, vom Landwirtschaftsminister, der im Ausschuss auch Ähnliches angedeutet hat. Aber auch das wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn wir wissen, dass bedeutend mehr Mittel notwendig sind.

Nun noch zur Standortpolitik und zu Umstrukturierungen generell. – Wir Grünen sind nicht grundsätzlich für eine Aufgabenreform. Wir waren immer der Meinung, dass es notwendig ist, eine Reform durchzuführen. Aber es wäre aus unserer Sicht weitaus zielführender, die Aufgabenfragen in den Vordergrund zu stellen, eine Diversifizierung der Standorte anzupeilen und einen schrittweisen Transformationsprozess einzu­leiten – und nicht die Lebensmittelsicherheit sozusagen einer betriebswirtschaftlichen Optimierung zu opfern.

Das ist der falsche Weg! Der führt in eine Sackgasse und in das nächste Lebens­mitteldesaster!


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Meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht ist daher eine radikale Kurskorrektur im Interesse der Lebensmittelsicherheit einfach ein Gebot der Stunde. Frau Bundes­ministerin! Sorgen Sie dafür, dass die ausreichende Budgetierung auch wirklich gesichert ist, damit die Agentur nicht weiterhin in einem Umstrukturierungschaos wie derzeit verbleibt und am Boden liegt, sondern endlich das gemacht wird, was sich die Konsumentinnen und Konsumenten in diesem Land erwarten, nämlich dass Lebens­mittel rechtzeitig und rasch kontrolliert werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 1 bis 4 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Bayr. Gewünschte Redezeit: 3 Minu­ten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.37

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Was uns hier in Form der Hochschülerschaftsgesetz-Novelle vorliegt, ist ein ziemliches demokratie­politisches Armutszeugnis dieser Bundesregierung. Wenn es irgendwo in dieser Re­publik ein Gremium gibt, das sich nicht in den schwarz-blauen Einheitskanon einfügt, dann gibt es nur eines: drüberfahren, drüberbügeln und Wahlrecht ändern.

Das machen Sie auch hier. Sie schaffen es spielend, eine Ebene der ÖH komplett mundtot zu machen. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Sie die Energie, die Sie dafür aufwenden, dafür verwendet hätten, das Gesetz an Gegebenheiten anzupassen, die sich in den letzten zehn Jahren zum Beispiel im Fachhochschulsektor entwickelt haben.

Tatsache ist nämlich, dass es Träger von Fachhochschul-Studiengängen gibt, die es ablehnen, zu Fachhochschulen ernannt zu werden, obwohl sie alle Kriterien erfüllen würden, nur weil sie dann eine bessere studentische Mitbestimmung etablieren müss­ten. Tatsache ist auch, dass die Mitbestimmung im Fachhochschulsektor absolut unein­heitlich, undurchschaubar und auf den Goodwill der Träger angewiesen ist, und das ist unakzeptabel. Und drittens ist auch Tatsache, dass Mitbestimmung von Fach­hochschulstudierenden auf einer überregionalen Ebene so gut wie überhaupt nicht stattfindet.

Es gibt seit Jahren im Hochschülerschaftsgesetz § 20c und § 20d. § 20c regelt eine Studiengangsvertretung und eine Jahrgangsvertretung per se, wie sie zu wählen ist und welche Aufgaben sie hat. § 20d regelt, dass diese Studienvertretungen eine Infrastruktur bekommen müssen, dass die Träger diese Infrastruktur zur Verfügung stellen müssen und dass das Bundesministerium einen angemessenen Ersatz für die fachliche Betreuung der Studierenden zur Verfügung zu stellen hat.

Das ist an und für sich eine gute Sache und echt begrüßenswert. Das Problem ist aller­dings: Diese zwei Paragraphen sind nie in Kraft getreten. Die gibt es zwar gedruckt im Gesetz, aber nicht in Kraft. Ich frage mich, warum Sie sie nicht endlich in Kraft setzen. Ich frage mich, warum Sie 24 000 Studierende an Fachhochschulen und in Fachhoch­schul-Studiengängen einfach ignorieren und sie im mitbestimmungsmäßigen Steinzeit­alter festhalten.


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Studierende von Fachhochschulen wählen seit geraumer Zeit auch in die ÖH. Sie haben aber nichts dafür vorgesehen, dass sie sich dort irgendwie auch strukturell wieder finden.

Wenn Kollegin Brinek meint, die wollen dort überhaupt nicht hin, dann ist das besten­falls hellseherisch, schlechtestenfalls okkult, denn es gibt weder irgendwelche Studien, die das belegen, noch kommt in dem mir vorliegenden Protokoll eines vor drei Wochen stattgefundenen Meetings von Studienrichtungsvertretungen, die getagt haben, um über ihre Vertretung zu sprechen, in irgendeiner Form vor, dass sie nicht in der ÖH vertreten sein wollen.

Ihre Argumente führen sich also selbst ad absurdum, denn wenn es einen Anpas­sungsbedarf gegeben hätte, dann ganz sicher auch in diesem Bereich. Was Sie betrei­ben, ist die Ignoranz von 24 000 Studierenden, Sie betreiben eine vorauseilende Wahl­ergebniskorrektur, Sie tragen eine funktionierende demokratische Struktur zu Grabe, und Sie entlarven sich damit einmal mehr als abgehobene Drüberfahrer im Macht­rausch. (Beifall bei der SPÖ.)

15.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte kurz auf den Vier-Parteien-Antrag zu sprechen kommen, und zwar geht es um Ersatzmethoden zum Tierversuch beziehungsweise um ein Verbot von Tierversuchen an Menschen­affen beziehungsweise um europäische Datenbanken.

Seit 1992 werden alternative Methoden zu Tierversuchen mit insgesamt 3,2 Millionen € gefördert, und 1,5 Millionen € wurden in den letzten sechs Jahren zur Verfügung gestellt. Das Ziel ist und war, wissenschaftlich aussagekräftige Ersatzmethoden zu entwickeln, die eine Verringerung der Anzahl oder der Belastung der Versuchstiere ermöglichen oder Versuchstiere überhaupt entbehrlich machen.

Für Kosmetika sind Tierversuche bereits verboten; ich habe darüber vor einigen Wochen gesprochen, auch über die drei „R“: Replace, reduce, refine, was so viel heißt wie: Ersetzen, vermindern und verbessern.

Bei der Entwicklung von Medikamenten nehmen die Tierversuche zwar ab, sie sind aber nach wie vor unverzichtbar. Es gibt aber eine Reihe von Alternativen zu diesen medizinischen Tierversuchen, die verstärkt gefördert werden müssen.

Bezüglich Datenbank: In Anbetracht einer zunehmenden gesamteuropäischen Ver­flechtung macht eine nationale Datenbank mit vergleichsweise geringen Daten wenig Sinn, jedoch wäre im EU-Rahmen eine wissenschaftliche Datenbank zur Vermeidung von Doppel- und Mehrfachversuchen sinnvoll, besonders im Zusammenhang mit dem von der EU eingerichteten Europäischen Zentrum für die Validierung von Alternativ­methoden.

Ich glaube, dass wir mit diesem Antrag einen Beitrag zur Verminderung dieses Tierleides leisten.

Ein Wort noch zur Opposition, auch zu dem, was Frau Kollegin Heinisch-Hosek gesagt hat: Sie warten und Sie hoffen immer, dass irgendetwas kommt, was Sie aus der Krise bringt, beziehungsweise dass eine andere Krise kommt. Aber das erinnert mich immer an einen Film von Roman Polanski, der da heißt „Wenn Katelbach kommt“, aber


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„Katelbach“ ist im ganzen Film nie vorgekommen. – Das heißt, auch diese Krise wird nie kommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


15.43

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sehr geehrte Bundesministerinnen! Herr Prä­sident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen ist ein Schritt in die richtige Richtung, sowohl inhalt­lich als auch in der Form, weil hier das bewährte Konzept des Vierparteienweges, der schon beim bundesweiten Tierschutzgesetz eingeschlagen worden ist, beibehalten wird. Leider haben wir uns auf die Schaffung einer österreichweiten Datenbank, auf der die Tierversuche gesammelt werden sollen, nicht einigen können. Gemeinsam fordern wir zwar eine auf europäischer Ebene, aber es wäre, glaube ich, sehr vernünftig ge­wesen, diese Forderung auch dahin gehend zu bestärken, dass wir auf öster­reichi­scher, auf nationaler Ebene auch tätig sind und hier bereits eine derartige Datenbank einrichten, weil man damit seiner Forderung auf europäischer Ebene auch durch eine Tat Nachdruck verleiht, weil man Erfahrungen sammelt, wie das überhaupt funktioniert, und damit auch die Umsetzung auf europäischer Ebene ganz maßgeblich mitbestimmt, weil man einfach der Einzige ist, der hier auch Erfahrung und Know-how hätte. – Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Vielleicht gelingt es uns 2005, dass wir uns hier auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen.

Eine Sache erwarte ich und wollte ich auch noch sagen, weil in dem vorliegenden Antrag die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Gesetz über die Tierversuche vorzu­legen, in dem Versuche an Menschenaffen verboten werden: Es gibt von meiner Seite, von meiner Fraktion her auch darüber hinaus gehende Vorstellungen, wie man das Tierversuchsgesetz adaptieren und verändern soll. Ich nehme an, das ist auch bei allen anderen Fraktionen der Fall, und deswegen würde ich es für vernünftig halten – und habe an und für sich auch die Erwartung an die Bundesregierung –, dass hier alle vier Parteien beziehungsweise zumindest die vier Tierschutzsprecher bereits von Anfang an in die Erstellung des Entwurfes eingebunden werden, damit wir diesen Weg des Vier-Parteien-Konsenses in der Frage der Gesetzgebung betreffend Tierschutz und Tierrechte nicht verlassen.

Zum Abschluss noch ein paar Sätze zum Thema Österreichische Hochschülerschaft: Trotz aller glupschäugigen und mit Dackelblick vorgetragenen Beteuerungen, dass es hier nur um Stärkung geht und nicht um Umfärben, haben Sie einige Fragen nicht wegwischen können, allen voran die Frage, dass Sie mit 36 Prozent der Stimmen bei der letzten Wahl in Zukunft 63 Prozent der Mandate besetzen wollen. Auf den ersten Blick mag das als Legasthenie – weil Sie hier einfach die zwei Ziffern vertauschen – gewertet werden, aber es ist relativ klar, dass dahinter einfach kaltes Machtkalkül steht. Und dafür sollte man sich eigentlich schämen: eine Mehrheit hier im Hohen Haus auszunützen, um demokratische Wahlen derartig umzumanipulieren.

Folgendes sollte Ihnen auch klar sein bei allen Beteuerungen, die Sie hier gemacht haben: Es glaubt Ihnen niemand, dass Sie hier nur eine Ebene stärken wollen. Es glaubt Ihnen niemand Ihre Beteuerungen, dass es hier nicht um das Umfärben ginge, und das aus einem relativ einfachen Grund: weil Sie selbst das auch schon lange nicht mehr glauben! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Sie wünscht, die Uhr auf 2 Minuten einzustellen. – Bitte.

 



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15.46

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Ministerinnen! Heute gibt es eine sehr differenzierte Haltung von uns zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4. Ich fange jetzt mit jenem Punkt an, der der einzig positive ist, nämlich mit der Frage der Produktsicherheit.

Ich glaube, wir sollten schon auch würdigen, dass hier erstmals seit längerer Zeit eine EU-Richtlinie nicht nur in nationales Recht umgesetzt wird, sondern auch mit verbes­serten gesetzlichen Bedingungen gekoppelt wird. Ich glaube, das ist schon erwäh­nenswert. Wir haben jetzt mehr Transparenz, wir haben jetzt auch von der Hersteller­seite mehr Rechtssicherheit. Wir haben einen Produktsicherheitsbeirat, der sich nicht nur auf die Sozialpartner konzentriert, sondern auch geöffnet wird für die AUVA, für den VKI und auch für das Institut „Sicher Leben“. Es gibt jetzt bessere Sofortmaß­nahmen, und wir haben auch Maßnahmen, die zum vorbeugenden Gesundheitsschutz etwas beitragen. Und das Allerbeste ist, dass endlich einmal ein Gesetz mit männ­lichen und mit weiblichen Formulierungen ausgestattet ist. Ich glaube, da sollten wir schon den hier am Werk gewesenen Juristen danken, allen voran Herrn Mag. Perz. – Das ist die positive Seite.

Aber nun die negative: Sie wissen alle ganz genau, dass Sie sowohl beim Haupt­verband als auch beim ÖH-Gesetz in einer gravierenden Form in ein gewachsenes Gefüge, in ein gewachsenes demokratisches Gefüge eingreifen, was wirklich jeder normalen demokratischen Kultur spottet! Mit Gewaltaktionen sozusagen indirekte Wahl­rechtsformen wieder einführen bei der ÖH, mit Gewaltaktionen auch den Hauptverband umfärben – das haben viele Rednerinnen und Redner schon hervor­gehoben. Und ich glaube, diese Umfärbeaktion kann nur eine Antwort verdienen, und diese eine Antwort heißt: 2006 geht es wieder in die andere Richtung! Und diese Rich­tung wollen wir. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter beziehungsweise die Berichterstatterin wünschen kein Schluss­wort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend das 3. Sozial­ver­sicherungs-Änderungsgesetz 2004 in 703 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­an­trages abstimmen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 703 der Beilagen unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeord­neten Mag. Tancsits, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Produktsicher­heitsgesetz 2004 samt Titel und Eingang in 777 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf findet auch in dritter Lesung die einstimmige Zu­stimmung des Hohen Hauses und ist daher in dritter Lesung angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird, in 764 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antra­ges abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 764 der Beilagen unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrages der Abgeordneten Dr. Brinek, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf findet die Mehrheit und ist daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Broukal, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewährleistung der Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung und tatsächliche Stärkung der Universitäts­vertretungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit des Hohen Hauses und ist daher abgelehnt.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wis­senschaft und Forschung, seinen Bericht 765 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Der Bericht ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 765 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das geschieht einstimmig und ist daher angenommen. (E 85.)


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5. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (687 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (725 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 129/A der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Bildungswesen (Bildungs­dokumentationsgesetz), BGBl. I 12/2002, geändert wird (726 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 167/A (E) der Abgeord­neten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung des Sportunterrichts in den Schulen (727 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 239/A (E) der Abge­ordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaf­fung von 100 000 Ganztagsplätzen in Schulen (728 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 419/A (E) der Abgeord­neten DDr. Erwin Niederwieser, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend 5 Millionen Euro jährlich als Sofortmaßnahme zur Existenzsicherung der nichtkonfessionellen Schulen in freier Trägerschaft (729 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 222/A (E) der Abgeord­neten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhebung der Lehrer­einstiegsgehälter – Änderung der Lebensverdienstkurve (730 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Riepl. Wunschgemäß beträgt seine Redezeit 3 Minuten. (Abg. Stadler steht bei der Regierungsbank und spricht mit Bundesministerin Rauch-Kallat.) – Ich bitte, die Unterhaltung zu beenden, Frau Abge­ordnete Stadler!

Jetzt spricht Herr Abgeordneter Riepl!

 


15.55

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir diskutieren jetzt, wie ausgeführt, sechs Tagesordnungspunkte unter einem: eine Regierungsvorlage und fünf Anträge der Oppositionsparteien, vier von der SPÖ und einen von den Grünen.


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Ich glaube, es ist wichtig festzustellen, dass der Vorwurf, dass die sozialdemokratische Fraktion zur Bildung und zu anderen Bereichen nie eigene Vorstellungen hat, damit entkräftet werden kann, dass wir hier Anträge gestellt haben, die allerdings – und es ist mir wichtig, das festzuhalten – alle von den Regierungsparteien abgelehnt werden. Eine sachliche Diskussion war im Ausschuss nur in Teilbereichen möglich.

Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte Sie fragen: Wie geht es Ihnen denn heute? Gestern Nachmittag haben Sie einen sehr niedergeschlagenen Eindruck ge­macht, heute ist er auch nicht viel anders. Gestern waren Sie allein auf der Regie­rungsbank, niemand hat Ihnen bei der Diskussion geholfen. Steirische Parteifreunde von Ihnen haben dasselbe vorgeschlagen wie die Sozialdemokratische Partei in un­serem Land. Der Leiter der Zukunftsdiskussion meint, das Geld für Bildung bringt nicht das, was es bringen könnte.

Die SPÖ hat ein Bildungsprogramm, und Sie haben eine PISA-Studie. So hilflos wie gestern habe ich Sie, Frau Bundesministerin, eigentlich noch nie gesehen.

Warum diese Einleitung? Warum diese persönlichen Worte?

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! (Abg. Ellmauer: ... freundliche Worte!) Ihre Politik führt zu den Ergebnissen, die wir haben, und Ihre Politik schadet dem Wirtschafts­standort Österreich! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer.) – „Aber geh!“ als Zwischenruf von Ihnen nützt auch nichts, Frau Bundesministerin!

„Bildung ist die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung der Wirtschaft in einem Land.“ – Kommt Ihnen dieser Satz bekannt vor? – Das sind Ihre Worte, die Sie vor drei Jahren hier von der Regierungsbank aus gesprochen haben. Und wir stellen fest, dass heute die ärgsten Kritiker Ihrer Politik in den Interessenvertretungen der Wirtschaft sitzen.

Die Wirtschaftskammer sagt, wir müssen jetzt von den Vorzeigeländern, was die PISA-Studie betrifft, lernen. Österreichs Betriebe klagen seit Jahren über Mängel bei den Schulabgängern. Die Industriellenvereinigung sagt Ähnliches. Für die Industrie ist vor allem das schlechte Abschneiden der österreichischen Schülerinnen und Schüler im Bereich der Naturwissenschaften und der Technik beunruhigend. – Also Entwicklun­gen, die kein gutes Bild von Österreich im Ausland für Investoren und für den Wirt­schaftsstandort vermitteln.

Sie, Frau Bundesministerin Gehrer, sind die oberste Schulaufsicht, und Sie haben versagt – so einfach ist das. Und die Konsequenz? – Sie haben es uns im Ausschuss gesagt. Die Konsequenz aus diesem Versagen ist: Sie geben jetzt dem Leiter der Zukunftskommission ein bis zwei Monate Zeit zur Analyse der Ergebnisse. – Ich glaube, sehr verehrte Frau Bundesministerin, das ist etwas zu wenig!

Gut ist, dass wir durch diese Regierungsvorlage die Berufsbildungsorientierung neu ordnen, dass Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt möglich werden, die wir auch unterstützen werden und die auch dargelegt werden.

Allerdings glauben wir, dass es wichtig ist, dass eine Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf diese Schnuppertage in den Betrieben erfolgt, dass aber auch eine Nachbearbeitung notwendig ist. Wir hoffen auch, dass die von Ihnen zugesicherte Prüfung der Frage der Verantwortlichkeit während dieser Tage in den Betrieben, der Frage des Versicherungsschutzes und der Haftung, in ausreichender Weise erfolgt. Und ich denke, es ist auch wichtig, dass man eine begleitende Überprüfung während dieser Berufsinformationstage macht, sodass man allfällige Korrekturen später leicht durchführen kann.


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Zur Bildungspolitik insgesamt gesehen werden noch weitere Vertreter meiner Fraktion Stellung beziehen. Es wird aber insbesondere an der ÖVP liegen, einen Kurswechsel in der Bildungspolitik einzuleiten. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion sind je­denfalls bereit, dabei mitzuwirken.

Sehr verehrte Frau Bundesministerin Gehrer! Wenn Sie einmal zurücktreten, dann kommen Sie bitte zum Schluss noch einmal hierher. Ich denke, Sie haben sich immer bemüht, Ihr Bestes zu geben. Ob das allerdings reicht, wird man ja dann sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


16.00

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! (Abg. Eder: Leseschwäche ...!) Wenn das World Economic Forum im Global Competitiveness Report das österreichische Bildungssystem, das einer weltweiten Überprüfung durch mehrere tausend Führungs­kräfte unterzogen worden ist, gemeinsam mit Finnland an die erste Stelle reiht (Abg. Riepl: Wann war das?), dann ist das, glaube ich, der beste Beweis dafür, dass die Bildungspolitik unserer Frau Bundesministerin dem Wirtschaftsstandort nicht schadet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Murauer: Eigentlich logisch!)

Zum Zweiten: Sie finden, dass unsere Frau Bildungsministerin niedergeschlagen aus­sieht. – Ich finde, sie sieht blendend aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich halte das wirklich für eine sehr eigenartige Wahrnehmung, die Sie hier zum Besten geben. – Im Übrigen sehe ich auf den Abgeordnetenbänken der Sozialdemokratie nur Tristesse. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Hinsichtlich unserer Unterhaltung über die Vorlagen des Unterrichtsausschusses ist es sehr erfreulich, dass wir eine Regierungsvorlage einstimmig beschließen werden kön­nen, die zwei wesentliche Punkte zum Inhalt hat: einerseits die individuelle Berufs­orientierung, die wichtig ist – insbesondere für Jugendliche in der 8. und 9. Schulstufe, die in verstärktem Ausmaße die Möglichkeit erhalten, sich auch in Betrieben ein entsprechendes Bild von Berufen zu machen, die sie allenfalls gedenken zu erlernen.

Zum Zweiten ist die Ausweitung des Frühwarnsystems ein wichtiger Punkt. Ich denke, das ist auch wesentlich und ein guter Beitrag, um allfälligem Schulversagen entgegen­zuwirken.

Herr Kollege Riepl, Sie haben angesprochen, dass wir eine Reihe von Anträgen der Opposition abgelehnt haben. – Das ist richtig, und ich möchte das auch begründen, weil es relativ schwer ist, es Ihnen recht zu machen: Als wir die Anträge mit dem Hinweis darauf vertagt haben, dass eine Reihe von Maßnahmen, die Sie einfordern, in Arbeit sind, haben Sie kritisiert, dass wir sie vertagen. (Abg. Dr. Niederwieser: Anneh­men wäre das Beste!) Jetzt haben wir sie nicht vertagt, sondern abgelehnt, weil eine Reihe von Maßnahmen eben schon umgesetzt sind, und das passt auch wieder nicht. (Abg. Dr. Niederwieser: Annehmen kommt nicht in Frage?) Wir tun uns also relativ schwer, es Ihnen recht zu machen.

Aber ich möchte doch inhaltlich auf die einzelnen Punkte eingehen, die Sie vorgestellt haben, damit da nicht der Eindruck entsteht, wir würden aus Jux und Tollerei Anträge ablehnen:


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Der eine Antrag beschäftigt sich mit dem Bildungsdokumentationsgesetz. – Da darf ich Ihnen eine unverdächtige Zeugin nennen (Abg. Dr. Jarolim: Wer ist das?), und zwar Ihre Stadtschulratspräsidentin aus Wien, Frau Dr. Brandsteidl. Sie hat bei der Enquete des Bundesrates ausdrücklich gesagt, dass die Daten, die im Rahmen des Bildungs­dokumentationsgesetzes erhoben werden, wichtig sind, weil wir schlicht und einfach auch vieles nicht wissen, weil gewisse Daten eben nicht bekannt sind. (Abg. Mag. Wurm: Das sollten Sie auch nicht wissen! – Abg. Dr. Jarolim: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung!) Deshalb ist es notwendig, dieses Bildungsdokumen­tationsgesetz entsprechend zu exekutieren.

Ein Punkt, der auch in Ihrem Antrag enthalten ist – aber, wie gesagt, nur ein Punkt –, wirft die Frage der Sozialversicherungsnummer auf. Dazu gibt es eine interministerielle Arbeitsgruppe, die am 14. Dezember zusammentritt und sich mit dieser Frage beschäftigt. (Abg. Mag. Wurm: Wie lang denn noch?) Ihre Argumentation, a priori zu sagen, dass die Sozialversicherungsnummer automatisch zu einem Missbrauch führt, hat schlicht und einfach keine Gültigkeit. (Abg. Mag. Wurm: „Automatisch“ haben wir nicht gesagt!) Man kann darüber diskutieren, ob man nicht eine andere Nummer einsetzt, aber letztlich ist die Datensicherheit in ausreichendem Maße gegeben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Antrag beschäftigt sich mit der Frage der Ausweitung des Sportangebotes. – Da darf ich auf eine Studie der Weltgesundheitsorganisation verweisen, gemäß derer wir in dieser Hinsicht im internationalen Vergleich bei den 11-Jährigen auf Platz 2 und bei den 13-Jährigen auf Platz 4 rangieren. – Ich glaube also nicht, dass da für uns ein erweiterter Bedarf besteht.

Bei der Forderung nach 100 000 Ganztagsplätzen ist doch darauf hinzuweisen, dass die Frau Bildungsministerin 10 000 zusätzliche Nachmittagsbetreuungsplätze ange­boten hat und etwa 1 800 davon noch abzurufen wären.

Zwei weitere Anträge haben sich mit Sofortmaßnahmen im Privatschulbereich beschäf­tigt. – Da gab es eine Erhöhung. Mich wundert, dass sich Grüne und Sozialdemo­kraten in derartiger Weise für die Privatschulen „auf die Schienen werfen“. Das sind wichtige Ergänzungen zu einem sehr guten staatlichen Bildungssystem, aber ich glaube, dass der Schwerpunkt der Finanzierung unsererseits beim staatlichen System liegen muss.

Der letzte Punkt, die Umverteilung der Lebenseinkommenskurve – eine langjährige Forderung auch der Jungen Volkspartei –, wurde im Zuge der Verhandlungen um den öffentlichen Dienst und der Pensionsharmonisierung vom Vorsitzenden der Gewerk­schaft öffentlicher Dienst und Bundesobmann des ÖAAB, Fritz Neugebauer, durch­gesetzt.

Mit all diesen Forderungen kommen Sie zu spät, meine Damen und Herren, deshalb haben wir sie abgelehnt! (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend ist zu sagen, dass die Bildungspolitik bei unserer Frau Bildungsministerin in hervorragenden Händen ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Warten wir bis nächsten Samstag oder gar bis ins nächste Jahr? – Abg. Dr. Jarolim: Die Amon-Rede war irgendwie na ja! – Abg. Grillitsch: Sehr gut! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie Gegenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Aber die Zwischenrufe sind nicht PISA-tauglich!)

16.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. 6 Minuten Wunschredezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 



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16.06

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Heute haben wir, glaube ich, fünf abgelehnte Oppositionsanträge auf der Tagesordnung, aber das ist ja ein Fortschritt, denn wir haben drei Jahre lang darum gekämpft, dass im Bildungs­ausschuss irgendein Antrag der Opposition zumindest abgestimmt wird.

Nachdem es ununterbrochen Wiederaufnahmen und vertagte Anträge gegeben hatte, wir dann jedes Mal im Ausschuss fünf Stunden darüber diskutiert hatten und dann wieder vertagt worden war, sind Sie jetzt irgendwann draufgekommen, dass es viel­leicht doch gescheiter ist, zumindest einmal die Diskussion im Plenum zuzulas­sen. – Das halte ich für einen gewissen Fortschritt.

Beim nächsten Mal ist es dann vielleicht so, dass man nicht mehr alles niederstimmt, dann gibt es vielleicht auch schon Zustimmungen. – Das wäre ein weiterer Fortschritt. Das wäre vielleicht für den parlamentarischen Prozess durchaus wünschenswert.

Kollege Amon! – Ich meine, das ist jetzt an der Grenze, denn er sagt die Unwahrheit. – Okay, das könnte man so stehen lassen. (Abg. Dr. Niederwieser: Dass die Donau aufwärts fließt!) Er kennt aber jetzt schon alle Zahlen, was die Alternativschulen betrifft (Abg. Dr. Jarolim: Er glaubt die Unwahrheit, würde ich sagen!), sagt aber zum 17. Mal, die Alternativschulen hätten eine Erhöhung bekommen, als ob nicht schon zehn Mal darüber diskutiert worden wäre, dass sie noch im Jahr 2002 350 000 € För­derung bekommen haben und diese mittlerweile im Budget nur mehr die Hälfte beträgt, dann ist es ja mit der reinen Formulierung „er sagt die Unwahrheit“ schon fast nicht mehr getan. Zumindest bewusst die Unwahrheit sagt er auf jeden Fall. – Ich glaube, das darf man ja noch sagen. Was das sonst heißen würde, sage ich nicht.

Meine Damen und Herren, Sie können es sich auch noch einmal anschauen. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe, auf dem zwei Balkendiagramme zu sehen sind.) Hier haben Sie die Entwicklung im Bereich der Alternativschulen. – Sie sehen die Kürzung.

Sie können auch die Zahlen des Budgets hernehmen: Es gibt dort seit Jahren massive Einschränkungen – zugegebenermaßen in unterschiedlichem Ausmaß: Die Waldorf-Schulen sind nicht ganz so schlecht gestellt worden wie der Dachverband der Alter­nativschulen. (Abg. Amon: Die kriegen ja Förderungen, die nicht vom Bildungs­ministerium sind!) – Ja, die bekommen auch Förderungen. Aber warum sagen Sie dann, es gebe eine Erhöhung, die es in Summe bei weitem nicht gibt – denn das zeigen Sie mir dann bitte auch! (Abg. Amon: In Summe!) – In Summe gibt es eine Erhöhung? (Abg. Amon: Sie sagen, „in Summe“!) – Haben Sie irgendeinen Beleg, dass dieser Bereich in Summe eine Erhöhung zu verzeichnen hat? – Das würde ich ganz gerne einmal sehen, das gibt es nämlich hinten und vorne nicht! – Also, es sind Kürzungen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.)

Nur zur Größenordnung: Es gibt im Alternativschulbereich monatliche Beiträge von in etwa 250 bis 350 €. Die Förderung pro Kopf im Jahr ist mittlerweile bei 78 € angelangt. Sie lag vor einigen Jahren – im Jahr 2000 – noch bei 472 €, ist also wesentlich zurück­gegangen. Da gibt es also keine Erhöhung. Und dieser Antrag auf Umsetzung von Sofortmaßnahmen ist dringend notwendig und würde eine Entlastung in diesem wirklich in seiner Existenz bedrohten pädagogisch-innovativen Schulbereich bedeuten.

Zum Bildungsdokumentationsgesetz: Ich weiß nicht, was daran so schwer ist. – Kolle­ge Öllinger hat ja damals versucht, anhand des Beispiels von Pepi Huber aus Gries­kirchen darzustellen, dass es da um eine Datenverknüpfung geht, die hoch proble­matisch ist. – Es ist damals schon nicht gelungen.


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Die Sozialversicherungsnummer ist nicht dafür geschaffen worden, dass anhand ihrer Schülerdaten erhoben und verknüpft werden, und vor allem – und das ist das große Problem! – ist sie schon gar nicht dafür geschaffen worden, dass man über sie Bil­dungsdaten erhebt, die man den Gerichten, den zuständigen Stellen für den Familien­lastenausgleichsfonds, den Kommunen und verschiedenen Körperschaften zur Verfü­gung zu stellen hat. – Das steht so im Gesetz: Die Bildungsministerin hat diese Daten auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

Da geht es um sensible Daten wie sonderpädagogischen Förderbedarf. Auch die Beurteilungen in den Schulen werden über relativ lange Jahre gespeichert, nämlich bis zu 60 Jahren. Sie antworten dann immer, wir bräuchten eine bessere Daten­erhe­bung. – Ja, stimmt! Bräuchten wir! Nur: Durch das Bildungsdokumentationsgesetz kommen wir auch nicht weiter, wie ja die gestrige Debatte gezeigt hat.

Vielleicht könnten Sie schön langsam einmal damit beginnen, diese Fragen aufzuklä­ren, die ja völlig unbeantwortet geblieben sind, nämlich warum die Finanzierungsdaten in Österreich und jene der OECD dermaßen weit auseinander klaffen.

Das österreichische Bildungsdokumentationsgesetz hat aber folgendes massive Prob­lem: Es verknüpft Daten noch dazu so, wie es vom EU-Datenrecht explizit nicht angedacht ist, nämlich dass eine Kennnummer – in diesem Fall die Sozialversiche­rungsnummer – für völlig andere Zwecke verwendet wird. Das ist genau die span­nende Frage: Ist es zulässig, über die Sozialversicherungsnummer Daten zu erfassen, die mit den konkreten Aufgaben der Sozialversicherung nichts zu tun haben? (Abg. Dr. Niederwieser: Die Frage ist: Ist es überhaupt notwendig?) – Abgesehen von der Notwendigkeit. (Abg. Dr. Jarolim: Unverhältnismäßig!) Ich bin gespannt, wann das einmal rechtlich geklärt werden kann, weil nämlich genau das eine Frage der rechtlichen Klärung ist.

Es ist auch kein Wunder, dass sich die Schulbehörden weigern, irgendeinen Bescheid auszustellen: Es gibt in ganz Österreich noch keinen Bescheid zur Aufforderung, die Sozialversicherungsnummer bekannt zu geben, obwohl laut Gesetz die Schulbehörden dazu verpflichtet wären.

Gemäß dem Gesetz ist die schlichte Angabe der Nummer oder die Verweigerung nicht ausreichend. Es muss dann auch bei Androhung von Strafe versucht werden, zur Sozialversicherungsnummer zu kommen. – Die Schulbehörden tun das aber nicht. Das ist positiv für die betroffenen Eltern, aber deshalb schlecht, weil es keine Möglichkeit gibt, auch einmal zu klären, ob das rechtlich hält oder nicht.

Zum Abschluss noch zu den vorliegenden Gesetzesanträgen selbst: Wir werden unsere Zustimmung geben. Es geht da auch um die Ermöglichung von Berufs­orientierung in der AHS und auch um eine Veränderung bei der Frühförderung. Das ist so ein Gesetz, wie wir es eben alle Jahre einmal beschließen, die „großen Schul­reformen“ in Österreich.

Die AHS-Schüler dürfen fünf Tage lang in einen Betrieb schnuppern gehen. – Okay. Wenn man aber glaubt, dass man damit das österreichische Bildungssystem weitge­hend verändert, ist man ziemlich auf dem Holzweg. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Kuntzl.)

16.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 8 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist die Standardrede! – Abg. Rossmann – auf dem Weg zum Rednerpult –: Wir haben schon so viele! – Abg. Dr. Niederwieser: Da bin ich mir ganz sicher!)

 



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16.11

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Kollege Brosz! Ihnen kann man es wirklich nicht recht machen! (Abg. Öllinger: Na, na! Sag ich auch immer!) Es kommt immer dieselbe Leier – möchte ich schon fast sagen – mit der statistischen Erfassung. Auf der einen Seite fordern Sie eine durch­gängige Dokumentation des Bildungsweges. Sie fordern möglichst viel Material, wis­senschaftlich aufbereitet.

Auf der anderen Seite beschweren Sie sich, wenn man dann die Möglichkeiten schafft und Statistiken erstellt. Man braucht die Sozialversicherungsnummer nun einmal, damit man auch den Bildungsweg durchgängig verfolgen kann. (Rufe bei den Grünen: Wozu? – Abg. Mag. Wurm: Wozu brauche ich die Sozialversicherungsnummer?)

Ich empfehle Ihnen etwas, damit Sie sich vielleicht in Zukunft mit diesem Thema nicht mehr so zu befassen brauchen: Fordern Sie den Bericht an von „Ö1“ zu diesem Thema an. – Ich war zufällig im Auto unterwegs und habe eine Stunde lang eine phantastische Diskussion in „Ö1“ genau zum Bildungsdokumentationsgesetz mitverfolgt, in der die zuständige Abteilungsleiterin als Beamtin Zuhörern, Anrufern, aber auch einer Exper­tenrunde Rede und Antwort gestanden ist.

Da sind alle Argumente ausgetauscht worden. Hören Sie sich die Sendung an, und Sie werden wirklich eines Besseren belehrt und verstehen, dass das ein sinnvolles Gesetz ist. (Abg. Dr. Niederwieser: Das wäre ein Service gewesen, wenn Sie uns das mitgebracht hätten! – Zwischenruf der Abg. Sburny.) – Ich empfehle Ihnen diese Sendung, denn es war eine hervorragende, wirklich hochkarätige Diskussion. (Abg. Öllinger: Haben Sie ein Glück, dass Sie die Sendung gehört haben!) – Ganz genau.

Ich bin somit wirklich davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist. Die Beamtin, die dort wirklich hervorragend geantwortet hat, konnte auch meine Bedenken vollkommen entschärfen. (Abg. Mag. Wurm: Der Datenschutz ...!)

Ich komme aber jetzt zu dem vorliegenden Gesetz, denn das ist uns sehr wichtig. Das Frühwarnsystem, das ursprünglich für das zweite Semester eingeführt wurde, hat sich phantastisch bewährt. Das sage ich auch durchaus als Mutter einer Schülerin, die noch in die Mittelschule geht, und einer, die in der Mittelschule war und hin und wieder auch – sage ich einmal – den Stellenwert des Schulbesuchs oder die Aufgaben­prob­lematik nicht so gesehen hat, vor allem in der Pubertät. – Da hat das Frühwarnsystem immer geholfen, dass die Eltern rechtzeitig reagieren, mit den Lehrern Kontakt auf­nehmen und vor allem auch rechtzeitig mit dem Kind sprechen.

Viele Entwicklungswege haben gezeigt, dass es sinnvoll wäre, das Frühwarnsystem bereits im ersten Semester einzusetzen. Das beschließen wir jetzt mit diesem Gesetz. Ich begrüße das wirklich und glaube, es ist auch der richtige Weg, um Schwächen rechtzeitig auszumerzen.

Von Ihnen ist zu diesem Tagesordnungspunkt bisher sehr wenig oder gar nichts ge­kommen, weil Sie es einfach nicht darlegen wollen, wenn etwas sehr Positives passiert. Ich glaube, Sie wollen nur ständig alles schlecht machen, aber wenn etwas Positives passiert, dann dokumentieren Sie das nicht.

Das Frühwarnsystem im ersten Semester wird Erfolg haben. – Davon bin ich über­zeugt. Ich möchte aber etwas zu bedenken geben, das auch ich in vielen Gesprächen mit anderen Eltern und mit Lehrern erfahren habe: Frau Bundesminister! Vielleicht könnte man die Formalität etwas ändern.

Volksschullehrer haben mir gesagt, es hilft oft nichts, wenn man die Eltern zu einem Elterngespräch einlädt. Es gibt leider auch Eltern, die nicht die Zeit haben oder den Ernst der Lage nicht so erkennen und nicht in die Schule kommen. Wenn man die


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Frühwarnung schriftlich zur Kenntnis bringt und nicht inhaltlich im Detail klar darlegen kann, wie dramatisch die Situation ist – zum Beispiel dass das Kind nicht lesen kann und bei vielen anderen Dingen das Lernziel eben nicht erreicht hat –, dann ist das ein Problem. Man müsste, glaube ich, die Formalakte so fassen können, dass es auch auf schriftlichem Wege möglich sein soll, dass die Eltern die Information bekommen.

Ansonsten ist das, glaube ich, eine Maßnahme, die auch auf PISA reagiert. – Das ist überhaupt keine Frage. Wir haben das aber schon vorher beschlossen und somit schon auf PISA I reagiert. Ich glaube, dieses Frühwarnsystem wird sich sehr bewäh­ren, und wir sollten viel mehr Augenmerk darauf legen, dass die Schüler – wie das Lernziel es vorschreibt – am Ende der zweiten Volksschulklasse das Lesen wirklich lückenlos erlernt haben.

Deshalb sage ich einmal mehr: Wir brauchen die Vorschule vor dem Eintritt in die Volksschule – ein neues Vorschulmodell, damit die Kinder vor Eintritt in die Schule die Unterrichtssprache erlernen. (Abg. Dr. Niederwieser: Aber Sie sind ja mit in der Regierung!)

Der zweite Punkt im Schulunterrichtsgesetz, den wir heute beschließen, ist die indi­viduelle Berufsorientierung, die uns auch sehr wichtig ist. Gerade im dualen Bildungs­system ist es wesentlich, dass die Schüler der achten und neunten Schulstufe ver­mehrt die Möglichkeit haben, in Betriebe zu gehen. – Jetzt ist endlich auch die gesamte Haftungsfrage geklärt. Das ist ebenfalls wichtig. Jetzt werden die Lehrer von sich aus bereit sein, die Schüler auf breiter Basis in Schnupperlehren zu schicken. – Das war ja bisher auch nicht der Fall.

Ich muss aber auch anmerken, dass parallel dazu einmal mehr auch die Sozialpartner aufgefordert sind, eine dementsprechende Berufsorientierungskampagne zu starten. Berufsorientierungsmessen sind zu wenig. Die Berufsorientierung muss an der Schule erfolgen. Sie müsste in der vierten Klasse AHS, aber auch in der Hauptschule erfolgen, wenn nicht sogar früher, um den Jugendlichen auch Lehrberufe schmackhaft zu machen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist diesbezüglich, dass es, wie wir ja wissen, nach wie vor große Mängel bei den so genannten typischen Männerberufen gibt, die man jungen Mädchen nicht zutraut. Ich glaube, mittlerweile hat ein Umdenken und ein Generations­wechsel stattgefunden, sodass junge Mädchen sehr wohl auch in technische Berufe tendieren oder andere – unter Anführungszeichen! – „klassische Männerberufe“ ergrei­fen.

Ich glaube, wir sind da auf dem richtigen Weg, wenn natürlich auch noch viel zu tun ist. Die Bildungsdiskussion ist so intensiv wie noch nie, und ich lade sie alle ein – das habe ich gestern schon gesagt –: Gestalten Sie die „Bildung neu“ beziehungsweise diesen Reformweg konstruktiv mit uns mit, und nicht ... (Abg. Dr. Niederwieser hält ein Exemplar des Bildungsprogramms der SPÖ in die Höhe.) – Selbstverständlich, Herr Kollege Niederwieser, habe ich Ihr Bildungsprogramm studiert, und Sie sind einge­laden, konstruktiv mitzuarbeiten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Bundes­ministerin Gehrer. – Frau Ministerin, bitte.

 


16.18

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst möchte ich zwei Klarstellungen treffen: In der Debatte am Vormittag wurde gesagt, dass ich den Eltern eine Schuld zugeschoben hätte. – Ich


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stelle nachdrücklich fest: Ich habe gesagt, dass alle daran beteiligt sind, und dass wir die beste Bildung für die Jugendlichen haben. Es gibt keine Schuldzuteilung, wir müssen alle etwas dazu beitragen, dass die Bildungsangebote und die Bildungs­fortschritte in manchen Bereichen noch verbessert werden. – Das ist das eine.

Zweitens zu den Privatschulen: Der Waldorfschulen-Dachverband inklusive Kurato­riumsschulen hat im Jahre 2000 799 400 € erhalten. Im Budget 2005 sind 1 399 000 € enthalten. – Das ist eine Steigerung um 75 Prozent. (Beifall bei der ÖVP.)

Alternativschulen: Die Montessori-Schulen haben im Jahr 2000 55 958 € erhalten. (Abg. Mag. Wurm: Lächerlich!) Im Jahr 2005 erhalten sie 78 000 €. – Das ist eine Steigerung um 40 Prozent. (Abg. Brosz: Das stimmt ja nicht!) Dazu kommen noch in jedem Jahr weitere Förderungen für Projekte, die an diesen Schulen durchgeführt werden. So haben diese Alternativschulen im Jahr 2004 insgesamt 229 000 € erhal­ten. – Das möchte ich zur Klarstellung hier festhalten.

Zur Frage des Abgeordneten Riepl: Sehr geehrter Herr Kollege! Vielen Dank, dass Sie sich um mein Befinden bekümmern. Ich kann Ihnen sagen: Es geht mir gut! – Es geht mir deshalb gut, weil wir jetzt eine Bildungsdebatte führen, die nachweist, dass wir über ein Bildungssystem verfügen, in dem vieles sehr gut ist, in dem engagierte Lehrerinnen und Lehrer arbeiten, in dem die Schülerinnen und Schüler sehr gut sind, in dem sehr engagierte Schulpartner an der Bildungszukunft Österreichs arbeiten, in dem es aber noch einiges zu tun gibt. – Das ist nämlich interessant für eine Politikerin: wenn es noch Herausforderungen gibt! (Abg. Dr. Pirklhuber: Wie lange sind Sie schon Minis­terin?)

Zu dem, was Sie vorgelesen haben, nämlich Bildung sei die wichtigste Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes, muss ich Ihnen sagen: Vielleicht haben Sie es verpasst, aber der Wirtschaftsaufschwung ist da! Die Wirtschafts­entwicklung ist gut. Die Arbeitslosigkeit nimmt etwas ab. Die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich ist im Vergleich aller EU-Staaten besonders niedrig. Wir sind da also auf der Erfolgsspur. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie mich noch einmal fragen, ob es mir gut geht, dann muss ich sagen, es geht mir heute besonders gut. Wenn Sie die Zeitungen anschauen, wenn Sie inzwischen auch die internationalen Zeitungen anschauen, dann sehen Sie, dass in diese gesamte PISA-Debatte etwas mehr Sachlichkeit eingekehrt ist. In der heutigen Ausgabe des „Standard“ steht geschrieben: „PISA prüft PISA, nicht Bildung“. Es wird darin fest­gehalten, dass der Unterschied in Mathematik zwischen Finnland auf Platz 1 und Österreich auf Platz 15 gerade 38 Punkte beträgt. Finnland hat 544 Punkte. Wissen Sie, wie viel 38 Punkte davon sind? – Das sind gerade 6,9 Prozent. (Abg. Mag. Wurm: ..., warum ein Schüler eine Klasse wiederholen muss!)

Natürlich müssen wir etwas verbessern, aber ich sage Ihnen, wir sollten bei der ganzen Diskussion die Kirche im Dorf lassen und mit kühlem Kopf fragen: Was wollen wir miteinander weiterbringen? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: So ist es!)

Ich würde Ihnen auch raten, die Kommentare in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in der „Neuen Zürcher Zeitung“ und den heutigen Kommentar in der „Kleinen Zeitung“ von Konrad Paul Liessmann zu lesen. Sogar Herr Schleicher, der von Ihnen immer so hoch gelobt wird, sagt: Jetzt von einem Absturz zu reden ist übertrieben. – Bitte nehmen Sie sich das, was Herr Dr. Andreas Schleicher sagt, zu Herzen! (Abg. Brosz: Was hat er noch gesagt vom letzten Mal? Wie geht das weiter, das Zitat?)

Meine Damen und Herren! Natürlich gilt es, das zu tun, was uns meine Zukunfts­kommission, die ich eingesetzt habe, der ich den Auftrag gegeben habe und mit der ich die Verbesserungen machen werde, gesagt hat: Es muss beim Unterricht


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angesetzt werden, der Unterricht muss verbessert werden. Wir haben bereits nach der PISA-Studie des Jahres 2000 mit verschiedenen Projekten zur Qualitätsverbesserung begonnen, zum Beispiel die „Verlässliche Volksschule“. Das heißt, verlässlich die Kulturtechniken lernen. „Lesefit“ verbessert das Lernen des Lesens. Wir haben die Lehrpläne gestrafft. Wir haben Kernbereiche und Erweiterungsbereiche eingeführt. Wir haben die Schulautonomie ausgebaut. Wir haben eine Projektgruppe eingerichtet, die die Didaktik in den naturwissenschaftlichen Fächern verbessert. Wir erarbeiten die Bildungsstandards, erproben sie. Es gibt auch eine Ausbildungsakademie für Füh­rungskräfte.

Aber natürlich müssen wir uns fragen: Was gibt es noch zu tun? Wir müssen uns fragen, was andere Länder machen, damit sie besser liegen. Wir müssen überprüfen, ob die Lehrerausbildung insbesondere im Bereich der Didaktik auf modernstem Stand ist. Die Lehrpläne wurden entrümpelt. Es stellt sich die Frage: Werden die schlanken Lehrpläne mit modernen Unterrichtsmethoden umgesetzt? Die Lehrerfortbildung sollte für alle wichtig und auch verpflichtend sein. In der Integration sollten wir prüfen, wie wir jenen Kindern, die Deutsch nicht als Muttersprache haben, in der Schuleingangsphase besondere Förderungen bieten können.

Wir sollten allgemein schauen, ob wir die Schwachen genug fördern. Aber von einem bin ich überzeugt: Wir können nicht die Schwachen fördern, indem wir die Starken schwächen. Wir müssen die Starken weiter stärken und den Schwachen dabei helfen, dass sie ebenfalls gut werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Bösch.)

Meine Damen und Herren! Wir werden zu einem großen Reformdialog einladen. Ich werde vorher die Bildungssprecher der einzelnen Fraktionen hier im Haus zu Vorbe­sprechungen einladen. Ich freue mich, wenn wir gemeinsam für die Bildung neue Akzente setzen und wenn wir gemeinsam neue Ziele erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.24

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin, da Sie jetzt so salopp über die 38 Punkte Unterschied gesprochen haben, die uns im Bereich Mathematik von Platz 11 auf Platz 18 katapultiert haben, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass es oft nur ein Punkt ist, der für einen Schüler oder eine Schülerin bedeutet, das Jahr zu wiederholen oder vielleicht gar aus der Schule auszuscheiden. Und das ist schon ein Unterschied! Aber Sie reden hier salopp über diese Angelegenheit, als ob dies nicht wirklich bedenklich wäre. (Abg. Lentsch: Bitte!)

Ich möchte nun zum Antrag Stellung nehmen, den ich im Mai 2003 eingebracht habe. Es tut mir Leid, dass Sie ihn ablehnen. Herr Kollege Amon, es gibt neben ablehnen und vertagen noch eine andere Möglichkeit, nämlich zum Beispiel annehmen oder auch über die Parlamentsfraktionen hinweg verhandeln und nicht auf interministerielle Verhandlungen vertrösten, die am 14. Dezember, eineinhalb Jahre später, beginnen sollen. Sie haben schon im vergangenen Mai im Ausschuss gesagt, es sei Bewegung in der Sache, dass die Sozialversicherungsnummer nicht mehr auf diese Art und Weise erhoben werde. Jetzt ist Dezember und wir werden wieder auf die interministerielle Ebene vertröstet, anstatt dass wir diese Materie hier im Parlament als Gesetzgeber regeln könnten. Das tut mir Leid. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Das tut mir auch Leid, weil immer wieder Eltern, Schüler und Lehrer zu mir als Vor­sitzende des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen gekommen sind, die sich mit diesem Gesetz oder mit Teilen dieses Gesetzes nicht anfreunden können, nämlich dass man die Sozialversicherungsnummer, das religiöse Bekenntnis, den Beruf und die Stellung der Eltern im Beruf erhebt. Braucht es das wirklich zu einer Dokumentation der Bildungslaufbahn? – Ich, vor allen Dingen aber die besorgten Eltern sind der Auffassung, dass es das nicht unbedingt braucht. Damit soll der „gläserne Schüler“ geschaffen werden – und das wollen wir nicht! Wir nehmen auch ernst, was uns die Datenschutzkommission sagt, dass es diesbezüglich grundrechtliche Bedenken gibt.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich muss Ihnen schon sagen: Das ist heute ein schwar­zer Tag für die Demokratie in Österreich: Umstrukturierungen im Hauptverband, die mit Demokratie sehr wenig zu tun haben, sondern Demokratieabbau bedeuten. Das ÖH-Gesetz wird so verändert (Abg. Amon: Gewaltbereite Demonstranten!), dass man das Wahlergebnis, das früher erzielt wurde, nahezu nicht mehr erkennt.

Und dann verlässt uns auch noch der Innenminister, der eine Baustelle im gesamten Polizei- und Exekutivapparat hinterlässt. (Abg. Wittauer: Gisela, er hat ...!) Es ist wahrhaft ein schwarzer Tag für die österreichische Demokratie! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neugebauer. Auch seine Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


16.27

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme der Frau Bundesministerin gerne zu, wenn sie postuliert, dass Bildungs- und Erziehungsarbeit eine alle gesell­schaftlichen Schichten übergreifende Aufgabe ist. Das Frühwarnsystem als ein Detail möchte ich in einen größeren Zusammenhang stellen, nämlich dass das innere Schul­wesen von den Schulpartnern – Eltern, Lehrern und Schülern – getragen ist und nur dann funktionieren kann, wenn die Information, die heute schon im 19 des Schul­unterrichtsgesetzes niedergelegt ist, „Information der Erziehungsberechtigten“, auch tatsächlich informiert. Dabei halte ich diesen Hinweis, vor einer Schulnachricht bereits Informationen betreffend einen drohenden Abstieg in der Leistungsfähigkeit für ein wich­tiges Indiz.

Ich denke aber, dass wir uns insgesamt, wie bei vielem anderen, wieder bewusst machen sollten, dass es hier um eine gemeinsame Verantwortung geht und dass es auch eine Informationspflicht der Eltern geben sollte, wenn aus irgendwelchen Grün­den, die im familiären oder außerfamiliären Bereich gelegen sind, möglicherweise Lern­defizite der Schüler auftauchen können. Das hilft den Pädagogen durchaus. Mein Appell heißt: gegenseitige wichtige Information über mögliche Gefährdungen unserer Kinder. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir das Schulunterrichtsgesetz – das kann man an diesem einen Beispiel deutlich machen; das ist immerhin ein Gesetz aus dem Jahre 1974 – inzwischen mit sehr viel Bürokratie des inneren Schulwesens über­frachtet haben. Ich würde der Frau Bundesministerin den Vorschlag machen, dass wir in einer Arbeitsgruppe im Hause unter Beteiligung der Schulpartner versuchen, unter dem Prätext der größeren Eigenständigkeit des Ablaufes der Organisation eines Schul­alltages auch die Bürokratie aus dem Schulunterrichtsgesetz wieder herauszubringen, und zwar dort, wo sie nicht wirklich existenziell notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP.)


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Es wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen ... (Abg. Mag. Wurm: Das Bildungs­doku­mentationsgesetz schafft sehr viel Bürokratie!) – Das schafft viel Bürokratie. Ich darf Sie aber daran erinnern, dass gerade Sie, aber auch andere Kollegen der einzelnen Fraktionen, oft auf Daten zurückgreifen und abfragen wollen, welche Daten vorliegen. Man kann nicht einerseits Daten wollen und andererseits keine Bildungsdokumentation auf die Beine stellen. Ich halte das für ein wenig schizophren, liebe Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kollegin! Darf ich Ihnen noch etwas sagen – weil Sie das Berufsfeld der Erzie­hungsberechtigten angesprochen haben, dass man das nicht abfragen sollte –: Gerade von Ihnen kommt immer wieder die Frage betreffend schichtenspezifische Auslese­kriterien des Schulwesens. Wenn man das Berufsfeld der Erziehungsberechtigten nicht kennt, kann man darauf auch keine Antwort geben.

Zur „Seriosität“, dass Sie 100 000 Ganztagsplätze in Schulen fordern – Kollege Amon hat das schon gesagt –: Ich weiß nicht, haben Sie da gewürfelt? Wir haben 55 000 Plätze angeboten, und nicht einmal diese Plätze werden voll ausgenützt. Die Frau Bundesministerin hat zugesagt, wenn mehr Bedarf besteht, wird diesem Mehrbedarf auch entsprochen.

Was die Lehrereinstiegsgehälter betrifft, darf ich meinen Redebeitrag aus dem Aus­schuss wiederholen. Wir werden die Spreizung der Anfangsgehälter zu den Endgehältern von derzeit 1 : 2,2 auf 1 : 1,5 herunterdrücken und damit auch Ihrem Antrag, der somit als überholt zu gelten hat, gerecht werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.31

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss ehrlich sagen, es fällt mir momentan schwer, mich zu konzentrieren, weil ich gerade ein ... (Abg. Grillitsch: Geh!) – Wenn Sie zuhören würden, würden Sie viel­leicht verstehen, warum. – Ich habe gerade ein Interview in den „Vorarlberger Nachrichten“ gelesen, in dem ein Grundwehrdiener beschreibt, was ihm während der Grund­wehrausbildung passiert ist mit Verhören, mit dem Zeigen von Ekelbildern von ver­stümmelten Körpern. Er hätte einen Vertrag unterschreiben müssen, in dem er zuge­geben hätte, die Personen getötet zu haben und so weiter. Es ist schrecklich! Das ist ein Interview, das ein junger Mann gegeben hat. Das geht einem nahe! Es ist schlimm, was derzeit offenbar beim Bundesheer passiert, was in Kasernen passiert ist. Das sind unglaubliche Tatsachen, die hier geschildert werden. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) – Wenn es Ihnen egal ist – mir geht das nahe, mich bringt das Gott sei Dank noch aus dem Gleichgewicht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Muttonen.)

Frau Ministerin, Sie haben vorhin noch einmal gesagt, warum das Bildungsdoku­men­tationsgesetz so wichtig ist. Sie wollen damit sehr viele Dinge abfragen. Inter­essant dabei ist: Wenn wir Informationen von Ihnen haben wollen, was zum Beispiel die Nachmittagsbetreuung von Schülerinnen und Schülern betrifft, oder wenn wir Auskunft über Pflichtschulen haben wollen, dann bekommen wir keine Antwort von Ihnen.

Es gibt hier ein sehr starkes Ungleichgewicht. Sie sammeln die Daten, Sie hamstern sie, Sie haben offenbar einen ganzen Datenhaufen liegen, aber diese Daten stehen nicht zur Verfügung, wenn es darum geht, uns Antworten zu geben. Unserer Meinung nach wäre es entschieden besser, repräsentative Erhebungen zu machen als diese


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90. Sitzung / Seite 158

Bildungsdokumentation, so wie Sie sie derzeit vorsehen und durchführen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gibt eine ganze Reihe von Anträgen, die jetzt zu diskutieren und dann auch abzustimmen sind. Einer der Anträge, der von uns eingebracht worden ist, beschäftigt sich mit den Lehrerinnen- und Lehrereinstiegsgehältern. Uns geht es darum, dass die Differenz zwischen dem Einstiegsgehalt von Lehrerinnen und Lehrern und dem Gehalt, mit dem sie in Pension gehen, viel zu hoch ist. Die Differenz beträgt derzeit 242 Pro­zent. Das ist unheimlich hoch! Es gibt auch kein vergleichbares anderes Land, in dem die Lage ähnlich ist.

Das führt dazu, dass gerade junge Lehrerinnen und Lehrer ein viel zu geringes Gehalt haben und dann im Alter durchaus Bezüge bezahlt werden, die in Ordnung sind, aber das macht unserer Meinung nach keinen Sinn. Wir haben daher einen Antrag einge­bracht, in dem gefordert wird, dass die Einstiegsgehälter um 25 Prozent erhöht werden sollen. Damit verbunden gäbe es die Möglichkeit, diese vielen Steigerungsstufen – derzeit gibt es 18 – auf zwei zu reduzieren. Das würde unter dem Strich ein Null­summenspiel bedeuten. Es würde zu keinen Mehrausgaben führen, aber es würde zu gerechteren Gehältern für die Lehrerinnen und Lehrer führen.

Frau Ministerin, Sie haben vorhin gesagt, Sie wollen in der Bildung neue Akzente setzen. Wenn es Ihnen damit ernst ist, dann stimmen Sie diesem Antrag heute hier zu. Sie haben dazu die Möglichkeit, denn im Antrag heißt es: Die Bundesregierung wird aufgefordert, innerhalb eines Jahres dem Nationalrat eine Regierungsvorlage in diese Richtung vorzulegen. – Wenn Sie wirklich etwas verändern wollen, dann tun Sie es und unterstützen Sie uns auf diesem Weg!

Ein Punkt, der hier auch zur Sprache kommen soll, betrifft die Schaffung von 100 000 Ganztagsplätzen in Schulen in Österreich. Bei der Diskussion im Ausschuss hat sich gezeigt, dass es offenbar Probleme gibt, Ganztagsschule, Gesamtschule und Nach­mittagsbetreuung auseinander zu halten. Es geht hier nicht um Plätze für eine Nach­mittagsbetreuung, sondern es geht darum, Ganztagsschulplätze zur Verfügung zu stellen.

Das wäre für die nächsten zehn Jahre gedacht. Wir sind der Meinung, dass das ein sehr sinnvolles Angebot wäre, weil sich die Eltern das aussuchen können sollen. Sie sprechen immer von Wahlfreiheit, die es de facto aber nicht gibt. Wir möchten diese Wahlfreiheit gerne mehr Eltern bieten und werden deswegen diesen SPÖ-Antrag unterstützen und hoffen, dass es hier vielleicht doch noch eine Mehrheit gibt, weil das eine sinnvolle Sache ist. Sie sagen ja immer, Sie wollen sinnvolle Veränderungen.

Betreffend Sicherstellung des Sportunterrichts ist es uns nicht genug, dass gesagt wird, dass Staatssekretär Schweitzer ohnehin ein Sportprogramm macht. Solche Pro­gramme werden von Schülerinnen und Schülern in Anspruch genommen, die an und für sich schon sportlich sind und Interesse an Sport haben.

Das, was an den Schulen durch die Stundenkürzungen passiert, ist, dass viele Sport­stunden gekürzt worden sind, Stunden, die allen Schülerinnen und Schülern zugute kämen, allen Kindern. Auch deswegen werden wir diesen vorliegenden Antrag unter­stützen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Muttonen.)

16.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.37

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Abgeordnete Mandak! Alle Ehre: Ich wäre auch betroffen, wenn ich etwas höre, was


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mich erschreckt. Aber mich hat auch etwas betroffen gemacht, nämlich in der Zeitschrift „NEWS“ das Bild, auf dem ein Strahl zu sehen ist, und drunter steht: „Urinprobe à la Bundesheer“. Ein Ausbildner uriniert auf Grundwehrdiener. Ich habe knapp davor den Film dazu gesehen. Da war ein Mann, der eine Flasche in der Hand hatte und diesen Strahl gemacht hat. Da ist nicht uriniert worden, sondern er hat das nachgeahmt. (Abg. Mandak: ... mit dem Sack auf dem Kopf oder auf Knien!)

Ich möchte das nicht verniedlichen. Da passieren Dinge, die nicht in Ordnung sind, die aufgeklärt gehören, Frau Abgeordnete. Man kann aber nicht bei einer Bildungsdebatte hergehen und sagen: Ich bin so betroffen!, ohne zu überprüfen, was tatsächlich passiert ist. Ich verurteile, dass man das gesamte Bundesheer schlecht macht. Ich war Grundwehrdiener, und ich bin überhaupt kein Freund des Militärs; mir ist es dort nicht besonders gut gegangen, ich hätte lieber etwas anderes getan. (Abg. Sburny: Das Einzige, was Ihnen einfällt ...!)

Aber eine ganze Berufsgruppe permanent bei jeder Gelegenheit anzupatzen, das sollte nicht sein. Warten wir die Aufklärung ab, dann reden wir darüber – und dann sollten auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Abg. Mandak: Das hat ein Betroffener geschildert, warum das passiert!)

Frau Abgeordnete Wurm hat sich auch bei dieser Bildungsdebatte wieder einmal über Innenminister Strasser geäußert. Ich frage mich, was der da zu suchen hat? (Abg. Riepl: Er kommt nicht einmal mehr!) – Frau Abgeordnete Wurm sollte dankbar sein, sie hat um das Wachzimmer am Bahnhof Innsbruck gekämpft. Der Innenminister hat ihr Recht gegeben, hat dieses Bahnhofswachzimmer eröffnet. Sie sollte einmal danke sagen und nicht bei der Bildungsdebatte den Innenminister, der ja zurückgetreten ist, anpatzen. Das ist nicht in Ordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Faul: Du redest aber auch nicht zur Bildung!) – Ich hätte zur Bildung gesprochen, wenn Vorredner hier nicht so sehr auf andere Dinge eingegangen wären.

Natürlich rede ich über die Bildung. Polytechnischer Lehrgang, Hauptschulen, das ist ein Problemfeld. Für jemanden, der einen Beruf finden möchte, ist gerade dieser Bereich sehr sensibel. Es ist wichtig, dass jemand zur Berufsorientierung in die Betriebe geht, dass dort unter Umständen auch Kontakt stattfindet, dass der Lehr­stellensuchende danach auch eine Lehrstelle findet.

Der Polytechnische Lehrgang ist nicht gerade etwas Großartiges. Wenn es nach mir ginge – vielleicht sind die Menschen, die Bildungspolitik aktiv betreiben, anderer Meinung –, würde ich ihn abschaffen. Das ist ein verlorenes Jahr. Das ist meine per­sönliche Meinung. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) – Das ist meine persönliche Meinung, nicht jene der Regierung. Das habe ich gesagt.

Das heißt: Wenn es dieses Jahr schon gibt, dann soll es zumindest so ausgenützt werden, dass man dem jungen Menschen tatsächlich die Voraussetzung gibt, dass er einen Beruf findet, den er ausüben kann, mit dem er Zukunft und Sicherheit hat und an dem er auch Gefallen findet. Heute ist es nämlich so, dass sehr viele Jugendliche Lehrstellen annehmen müssen – das gebe ich auch zu: sie müssen –, mit welchen sie nicht glücklich sind, die ihren Eignungen eigentlich nicht entsprechen, worunter sie unter Umständen dann auf Dauer leiden müssen.

Ich stelle mir etwas anderes vor: Vielleicht trägt eine der Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden, dazu bei, dass auch dort Verbesserungen stattfinden. Das würde ich mir für die jungen Menschen wünschen, die ihr Leben noch vor sich haben, die Familien gründen wollen und Arbeit und einen Beruf brauchen. Ich glaube, da müssen wir doch alle ein bisschen zusammenhelfen. Es ist dieser Schritt vielleicht ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung. Dass wir Reformen brauchen, das wissen wir, und wir


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werden gemeinsam daran arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.41

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bringe in aller Kürze drei Punkte.

Erstens zum Frühwarnsystem: Wir stimmen der Ausdehnung des Frühwarnsystems zu, wobei man betonen muss, dass das natürlich innerhalb des bestehenden Schul­systems ein sinnvolles Instrument ist. Wir hoffen aber sehr darauf, dass im Zuge der Diskussion, die jetzt im Anschluss an die Ergebnisse der PISA-Studie hoffentlich inten­siver in Gang kommt, auch das System an sich überprüft und darüber nachgedacht wird, inwieweit es sinnvoll ist, den Fortschritt der Kinder zu beobachten und zu warnen, wenn es nicht funktioniert, und immer weniger zu stützen. Dann kann es nämlich geschehen, dass die Kinder durchfallen, wiederholen müssen und ein Jahr verlieren.

Pädagogisch sinnvoller wäre es – und das entspricht auch modernen pädagogischen Erkenntnissen –, zwar den Fortschritt zu überprüfen, dann aber mit individueller Stüt­zung einzusetzen, das Kind zu begleiten und auch aufsteigen zu lassen, aber eben individuell zu stützen. Wir hoffen, dass die Diskussion in diese Richtung gehen wird. In diese Richtung gehen ja auch die Vorschläge Ihrer Zukunftskommission. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Ganztagsschulen. – Das hängt eng damit zusammen, denn die Unter­stützung in den Schulen soll in sinnvoller Art und Weise stattfinden. Auch beim Thema Ausbau der Ganztagsschulen hoffe ich sehr darauf, dass im Anschluss an die Dis­kussion um die PISA-Studie Beweglichkeit vor allem in Ihre Reihen kommt. Es gibt hie und da gewisse Anzeichen, und ich hoffe, diese werden sich im Zuge der Diskussion verstärken. Ich habe an Sie, Frau Bundesministerin, mündlich im Budgetausschuss und schriftlich im Rahmen der Budgetberatungen im Ausschuss die Frage gestellt, wo diese 8 000 neuen Ganztagsplätze geschaffen wurden. – Ich habe bis heute keine Antwort bekommen. Im Ausschuss haben Sie mir eine Liste versprochen, die bis jetzt nicht gekommen ist. Vielleicht können Sie mir diese doch noch zukommen lassen; das wäre für uns von großem Interesse!

Dritter Punkt: Blockieren der Behandlung der Anträge im Ausschuss. – Offensichtlich verhält es sich so: Wir stimmen der Regierungsvorlage zu, Sie lehnen eine Latte von Oppositionsanträgen ab. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin sehr dafür, dass Sie Position beziehen. Das empfinde ich als konstruktiver und sinnvoller für eine Auseinandersetzung als das ewige Schieben. Aber Sie lehnen es ab und beziehen damit eben eine entsprechende Position. Das ist sehr schade!

Ich glaube auch, dass man, allein wenn man die Anträge, die heute zur Behandlung stehen, und das Abstimmungsverhalten sieht, feststellen kann, wo hier die von Frau Rossmann eingeforderte konstruktive Mitarbeit erfolgt und wo leider die Blockade immer wieder bestehen bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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16.44

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Frau Abgeordnete Kuntzl, zu Ihrem Antrag bezüglich der Ganz­tagsschulen wurde schon repliziert: Es sind nicht einmal alle Angebote abgerufen worden.

Ich möchte Ihnen auch sagen, was mich an dieser Organisationsform befremdet: Prin­zipiell bin ich nämlich dagegen, dass die pädagogisch betriebene Vergesellschaftung von Kindheit, Jugend und Aufwachsen im Sinne einer allumfassenden Sozialisation durch den Staat geschieht. (Zwischenruf der Abg. Sburny.) Ich sage Ihnen das ganz offen. Es gibt sicherlich bessere Alternativen. (Abg. Krainer: Nennen Sie mögliche Alternativen!)

Der zweite Antrag, dem ich mich widmen möchte, betrifft die Möglichkeit der Schnup­pertage nach der vierten Klasse Hauptschule beziehungsweise nach der achten, neun­ten Klasse Sonderschule oder der vierten Klasse AHS. – Ich glaube, dass diese indi­viduelle Berufsorientierung ein ganz wichtiger Schritt ist, weil unsere Jugend sehr oft – diese Erfahrung müssen wir leider machen – eine nicht sehr konkrete Vorstellung vom Berufsleben hat und vieles durch die rosarote Brille sieht. In Anbetracht dessen glaube ich, dass diese Schnuppertage in einem Betrieb diesbezüglich mehr Realitätssinn und Orientierung bringen können.

Ich denke, dass auch die anderen Anträge, so wie sie im Unterrichtsausschuss be­sprochen wurden, ihre Ordnung haben, und ich bitte, vor allem der Änderung des Schulorganisationsgesetzes zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte. (Abg. Schasching begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf mit der Überschrift: „Die PISA-Studie zeigt: Unsere Schule braucht Reformen“. – Ruf bei den Freiheitlichen: Endlich ein Taferl!)

 


16.46

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Genau! Endlich zeige ich auch ein Taferl! – Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Schon seit mehreren Jahren beschäftigen sich die Österreichischen Kinderfreunde sehr intensiv mit Schulpolitik, und ganz besonders seit PISA I haben wir uns ganz, ganz intensiv in die Arbeit gestürzt und uns vor­genommen, auch Vorschläge zu entwickeln. Sie haben eingefordert, dass wir kon­struktiv mitarbeiten sollen, Frau Kollegin Rossmann fordert, dass sich alle beteiligen sollen.

Wir beteiligen uns! Die Österreichischen Kinderfreunde haben ein Schulprogramm ent­wickelt – ich werde es Ihnen dann gerne überreichen –, haben in den letzten Jahren intensiv programmatisch gearbeitet und haben auch eine Broschüre herausgegeben und in einem Buch alle Ideen gesammelt. Der Titel lautet „Schule neu gedacht“, und es wurde vom Schulkompetenzzentrum der Österreichischen Kinderfreunde heraus­ge­geben.

Spannend dabei ist: Sie haben dankenswerterweise auch inseriert. Das Inserat in diesem Buch, welches das Bundesministerium geschaltet hat, heißt: Reden wir über Bildung. Die Qualität der österreichischen Schulen ist bereits top. Umfragen und inter­nationale Vergleiche zeigen dies. – Ich meine, das ist schon ein wenig überholt,

Das aber, was in diesem Buch gesammelt wurde, ist alles andere als überholt, es ist unser konstruktiver Beitrag für Sie, Frau Bundesministerin. Ich meine, dass diejenigen, die wir vertreten, nämlich Tausende Mitgliedsfamilien und 600 Ortsgruppen der Öster-


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reichischen Kinderfreunde, sich sehr wohl Gedanken gemacht haben, die Sie einfließen lassen sollten. Im Übrigen finden sich diese Gedanken auch in den Vor­schlägen der Zukunftskommission in weiten Teilen wieder.

Worin bestehen diese Vorschläge? Ich möchte es nur ganz kurz auf den Punkt brin­gen: Ganztägige Schulformen sollen ausgebaut werden. Eine gemeinsame Schule der Sechs- bis 15-Jährigen ist organisatorisch angedacht. Mehr individuelle Förderung soll in die Schulen gebracht werden, und schlussendlich müssen auch die Bedingungen für die LehrerInnen massiv verbessert werden.

So stellen sich die Österreichischen Kinderfreunde eine neue Schule vor. Und wir bitten ganz inständig darum, an diesem Reformdialog auch teilnehmen zu dürfen, denn erstens fühlen wir uns eingeladen und zweitens vertreten wir als größte Familien­organisation sehr wohl viele Tausende Kinder und deren Eltern.

Frau Bundesministerin! Ganz kurz noch zu dem Antrag auf Sicherung des Sport­unterrichts in der Schule, der heute möglicherweise beziehungsweise wahrscheinlich von Ihrer Fraktion abgelehnt werden wird. 2004 war – das Jahr neigt sich dem Ende zu – das Europäische Jahr „Erziehung durch Sport“. Ich habe am Anfang dieses Jahres den Antrag eingebracht. Am Ende des Jahres hat man nach zweimaliger Ver­tagung nun doch den Mut, diesen Antrag endgültig abzulehnen. Es hat den Anschein, dass Sie sich gesagt haben: Das Jahr ist vorbei, jetzt können wir den Antrag auch ablehnen.

Was ist geschehen? Die Proklamation des Europäischen Jahres „Erziehung durch Sport“, die internationalen Voraussetzungen, all die Präambeln, die an uns weiter­geleitet wurden, und alle Zielsetzungen waren schöne Worte. Übrig bleibt: Turnstunden wurden gestrichen, und das Fixangebot in Schulen, wo es logischerweise allen Kindern zur Verfügung steht, wurde auf ein Eventuell-Angebot, das von Vereinen in die Schulen kommt, hinuntergespart.

So kann es nicht sein! So wenig ernst sollte man europäische Initiative nicht nehmen, Frau Bundesministerin! Ich bitte alle Mitglieder der Regierungsfraktionen inständig, noch einmal darüber nachzudenken, ob es im Europäischen Jahr „Erziehung durch Sport“ nicht passend wäre, zumindest diesem Antrag der Opposition auch in kon­struktiver Form beizutreten! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Ihre Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


16.50

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Ich darf ganz kurz auf die Zwischenrufe eingehen, die Abgeordneter Brader geerntet hat, als er seine Skepsis gegenüber der allum­fas­senden – wie er gesagt hat – „Sozialisation durch den Staat“ ausgedrückt hat. Er hat gemeint: Es gibt auch andere Institutionen. Darauf kamen Zwischenrufe: Welche? – Das kann ich Ihnen leicht beantworten: Die Familie würde ich in diesem Zusam­menhang nicht so gering schätzen! Ich lege großen Wert darauf, das auch hier zu deponieren. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Krainer, Sie haben gemeint: Das ist aber nur in dem Fall eine Lösung, dass die Männer die Hälfte der Zeit zu Hause bleiben. – Glauben Sie mir: Wir Frauen können uns das selbst ausmachen! Und ich weiß, ich spreche für nicht so wenige Frauen, wenn ich sage, dass ein guter Teil der Frauen, wenn es ihnen ökonomisch möglich ist, gerne eine Zeit lang vor allem bei den kleinen Kindern bleibt. Ich war da kein Einzelfall. Ich war 15 Jahre gern und ausschließlich als Erzieherin


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meiner Kinder zu Hause, und ich betone es: Es war dies eine Aufgabe, die ebenso anspruchsvoll ist wie jene, die ich jetzt eben ausübe. (Abg. Dr. Niederwieser: Anspruchsvoller!)

Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf: Das Frühwarnsystem auf das erste Semester auszudehnen, ist natürlich eine gute Sache, denn gerade auch bei der Erziehung, Bildung und Entwicklung von Kindern ist es wichtig, Fehlentwicklungen so früh wie möglich abzufangen. Das ist ja auch ein Resultat der PISA-Studie: Wir stellen zum Beispiel nicht nur bei Kindern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sondern vor allem in Wien auch bei Kindern deutscher Muttersprache in den letzten fünf Jahren eine sprunghaft angestiegene Verwahrlosung der Sprachbeherrschung fest. Wenn diese Defizite beziehungsweise soziale Defizite vorhanden sind und dadurch sozu­sagen eine mangelnde Schulreife besteht, dann ist natürlich der Start in die Schule ungeheuer schwer.

Frau Bundesminister! Man sollte sich vielleicht in diesem Zusammenhang überlegen, ob man nicht doch wieder die Vorschule aktiviert, die auch vom Ausbildungsmodus der Lehrer her geradezu darauf ausgerichtet ist, die mangelnde Schulreife – wenn sie auf Grund von Defiziten besteht und nicht auf Grund von Behinderungen, die befürchten lassen, dass es eine Schulreife gar nicht geben wird – gleich am Beginn der Schul­karriere zu beseitigen, damit eine Entwicklung möglich ist, die zum Erfolg führt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Faul ans Redner­pult. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


16.53

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! – Frau Bundesministerin, ich darf Ihnen aus der Steiermark zum Bildungs­dokumen­tations­ge­setz aus der Praxis etwas berichten.

Der ÖVP-Lehrerbund in der Steiermark, Kollege Amon, sammelt bereits Unterschriften gegen die Sinnlosigkeit dieses Bildungsdokumentationsgesetzes, denn letztlich hat auch die Umsetzung und die mangelnde Transparenz dieser Systeme zu großen Prob­lemen geführt. (Abg. Grillitsch: Das ist ein Gerücht! Das stimmt nicht!) Ich muss Ihnen ehrlich sagen, Frau Bundesministerin: Es war dies das erste ÖVP-Dokument, das ich gerne mit unterschrieben habe!

Frau Ministerin, zum Schulunterrichtsgesetz: Für mich gibt es zu kritisieren, dass Sie die Rolle der Eltern in der Form festgelegt haben, dass die Eltern letztlich die Verantwortung für die Jugendlichen im Zusammenhang mit den Betriebsbesuchen tragen. Sagen Sie mir bitte, Frau Bundesministerin: Wie soll eine berufstätige, allein stehende, allein erziehende Frau sich fünf Tage frei nehmen, um ihren Sohn oder ihre Tochter an den berufsbildenden Tagen in die Betriebe zu begleiten.

Was wir außerdem sehr kritisieren – ich habe es Ihnen im Ausschuss gesagt –, ist, dass es Ihnen wie bei den Schulversuchen an der Realschule nicht möglich war, die Schüler durch verpflichtende Berufsorientierungsstunden auf diese Berufsbesuche vorzubereiten, damit die Schüler nicht unreflektiert in die Betriebe kommen, sondern gut vorbereitet sind, die Berufsbilder bereits kennen und sich letztlich tatsächlich mit dem zukünftigen Beruf auseinander setzen können.

Frau Bundesministerin Gehrer, ein bisschen etwas zu Ihrer Verantwortung, die Sie so gerne auf die Länder übertragen, und letztlich auch zu der von Ihnen genannten Zahl: 12 Millionen. Ich habe es ausgerechnet: Ich habe in meinem Bezirk 100 Volksschulen und 20 Hauptschulen. Wissen Sie, was von Ihren 12 Millionen Schilling (Bundes­minis-


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terin Gehrer: Euro!), die Sie für Fördermaßnahmen an die Gemeinden beziehungs­weise an die Länder weitergeben, übrig bleibt? – Ein einziger Dienstposten für 10 000 Kinder beziehungsweise für diejenigen Kinder von den 10 000, die diese Förderung notwendig haben

Auch das, was Sie zur Ganztagsschule angeführt haben, Frau Bundesminister, hat nicht gestimmt. Nicht Sie finanzieren die Ganztagsschulen, sondern wir Gemeinden finanzieren diese Ganztagsbetreuung zur vier Fünfteln. Sie tragen Ihren Anteil von fünf Unterrichtsstunden, und den Anteil, der den Lehrerinnen und Lehrern ausgewiesen wird, halten sie auch wirklich. Diesbezüglich müssten Sie einmal mit dem Landes­schulrat Rücksprache halten. Sie haben mir ja erklärt, dass dieses 1 : 2-System für Sie funktioniert.

Frau Bundesministerin, zurück zur PISA-Studie. – Ich glaube, es gäbe einen tollen Ansatz! Ich habe ihn gesehen. Die Situation der Polen im Jahr 2000 war ähnlich schlecht wie jetzt bei uns. In Polen ist es innerhalb von nur drei Jahren mit ganz starkem Willen gelungen, mit einer Umstrukturierung des Systems, aber auch auf Grund der Bereitschaft der Lehrerinnen und Lehrer, ganztägige Schulformen, eine Gesamtschule der 10- bis 16-jährigen Schüler zu schaffen und so die Plätze wett­zumachen, die wir Österreicher im Laufe der Jahre verloren haben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.56

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Kurz noch einmal zum Thema Schulunterrichtsgesetz auch unter dem Aspekt der Berufsorientierung. Der Vollständigkeit halber möchte ich es noch einmal erwähnen: Es betrifft die AHS einerseits und die Polys, die Sonderschulen und auch die achte Stufe der Volksschulen andererseits. Das ist noch nicht erwähnt worden.

Es geht darum, dass die Schüler und Schülerinnen wirklich Berufsbilder erleben sollen. Wichtig dabei ist, dass diese Maßnahme in dieser Vorlage zusätzlich zu den schon bestehenden Aktivitäten in den Schulen definiert wurde. Außerdem ist es auch wichtig zu erwähnen, dass die Schüler und Schülerinnen sich selbst den Betrieb suchen müssen und auch bereits ein gewisses Maß an Eigenverantwortung übernehmen sollen und müssen.

Ganz kurz zur Arbeit im Ausschuss: Kollege Niederwieser hat etwas erwähnt, was mich persönlich wirklich überrascht hat. Er hat gemeint, dass die Gefahr im Zusam­menhang mit dem Thema Berufsorientierung darin besteht, dass sich, wenn mehrere Schnupperschüler einen Betrieb besuchen, der Betrieb den Besten aussuchen wird. Dazu muss ich sagen: Als Unternehmerin kann ich diesem Argument überhaupt nicht folgen! Selbstverständlich wird sich die Firma den Besten aussuchen, wenn sie über­haupt einen braucht. Zum Teil sind die Schüler aber erst 14 oder 15, also ist das sowieso kein Thema!

Kollege Riepl oder Kollege Faul hat dann gesagt, dass die zweite Gefahr eben in der Eingliederung in den Arbeitsprozess liegt. – Ich selbst hatte als Unternehmerin schon fünf Schnupperschüler in meiner Firma. Ich sage Ihnen: Die wollen etwas tun! Die wollen sich einbringen, und das ist auch das Ziel. Diese Schüler sollen ja Erfahrung sammeln, um zu wissen, für welche Richtung sie sich entscheiden sollen.

Wenn diese Schüler in einem Gewerbebetrieb tätig sind, dann dürfen sie sowieso nicht an die Maschinen, so wie ein Lehrling. Unter 18 darf ein Schüler nicht an eine Ma-


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schine. (Abg. Riepl: Das stimmt nicht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Mit dem Moped dürfen sie ja auch fahren!) Ich möchte einfach Ihre Sorge entkräften! Bitte vertrauen Sie darauf, dass die Wirtschaft, für die das ja auch ein Aufwand ist, das gut aufgreifen wird und dass wir diesbezüglich für Schüler und Schülerinnen wirklich eine gute weitere Möglichkeit schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Im internationalen Vergleich sehen wir, dass wir hinsichtlich Jugendarbeitslosigkeit trotzdem noch sehr gut dastehen, und ich denke, das liegt an den Schulen und auch an dem in diese eingegliederten Berufsinformationssystem. (Beifall bei der ÖVP.)

16.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.59

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Felzmann, das Gesetz, das die berufspraktischen Tage auf eine bessere rechtliche Basis stellt, ist begrüßens­wert, weil es jungen Menschen eine der wichtigsten Entscheidungen erleichtert, näm­lich die Wahl des Ausbildungsweges und des Berufes. Deshalb gehen wir mit diesem Gesetz auch sehr gerne mit. Gar kein Problem!

Ich muss aber doch festhalten, dass das noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Es gibt noch sehr viele ungelöste Probleme. Meine Kolleginnen und Kollegen haben schon darauf hingewiesen: Da geht es um die Haftungsfragen und die Frage der Aufsichtspflicht. Oft begnügt man sich mit dem Hinweis auf eine Haushaltsversicherung und wähnt sich dann in Sicherheit. Ob die Versicherung im Ernstfall dann wirklich zahlt, steht auf einem anderen Blatt. Diesbezüglich gehört noch einiges im Sinne der Schulen, der Eltern und im Sinne der Ausbildungsbetriebe geklärt.

Leider werden berufspraktische Tage immer noch viel zu wenig in Anspruch genom­men, und wenn sie in Anspruch genommen werden, dann zeigt sich eine ganz klare geschlechtsspezifische Differenzierung. Da tendieren Mädchen vorrangig zu traditionell weiblichen Berufen, die meist überlaufen und meist auch sehr schlecht bezahlt sind, während Burschen eher zum technischen Bereich tendieren und soziale Berufe kaum für sich in Erwägung ziehen. Da müssten wir alle gemeinsam uns gewisse Steuerungs­instrumente überlegen, die es jungen Menschen ermöglichen, sich ein umfassendes Bild von Branchen und Berufen zu verschaffen.

Insgesamt ist es ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch ein sehr kurzer. Sie sehen aber, wenn etwas Vernünftiges von Ihnen kommt, dann gehen wir gerne mit, (Abg. Amon: Das entscheiden Sie, was vernünftig ist!) während Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren auf der rechten Seite dieses Hauses, alles reflexartig ablehnen, was von uns kommt. (Abg. Felzmann: Wenn es von Ihnen kommt ...!) Das heißt, wir sind keine Fundamentalopposition, wie Sie uns gerne diffamierend hinstellen, aber Sie sind eine Fundamentalregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

17.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. Ihre freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Sie sind am Wort.

 


17.01

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es geht mir auch um die Änderung des Schulunterrichtsgesetzes. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass diese individuelle Berufsorientierung geschaffen wird, nicht nur in den Polytechnischen Schulen, in denen sie derzeit hauptsächlich stattfindet, sondern auch in den Hauptschulen und in


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den AHS. Nicht alle Kinder haben das Ziel, ein Studium zu absolvieren. Deshalb ist es besonders wichtig, dass diese Kinder sich orientieren können, und das können sie am besten im Rahmen von berufspraktischen Tagen beziehungsweise Wochen. (Präsi­dentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich finde es aber auch gut, dass hier die Eigeninitiative gefördert wird, dass zunächst einmal ein direkter Kontakt mit den Betrieben stattfindet, dass die SchülerInnen sich selbst um einen Betrieb bemühen müssen und sich den Betrieb auch selbst aussuchen können, dass sie dadurch Einblicke in die Berufswelt bekommen und ihnen die Berufs­wahl dann nicht so schwer fällt. Ich meine, dass es ganz wichtig ist, dass das nun in den Hauptschulen und auch in den AHS gemacht werden kann und dass dadurch die mögliche spätere Berufswelt erfahren werden kann.

Das Frühwarnsystem ist ebenfalls eine ganz gute Sache. Es sollen negative Noten verhindert werden, auch das Schulversagen soll dadurch verhindert werden. Es ist gut, dass es Gespräche gibt, und zwar schon im ersten Semester, mit Eltern, mit Schülern, mit allen Betroffenen, mit den Lehrern, und dass hier Wege gefunden werden, wie man dieses Schulversagen verhindern kann.

Alles in allem: sehr gut! Über PISA zu jammern ist die eine Sache; etwas zu tun, sich gemeinsam auf den Weg zu machen die andere. (Abg. Dr. Niederwieser: Den ihr nicht wollt!) Wir sind auf einem guten Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.03

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ra­da zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.03

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Leider sehe ich jetzt Herrn Abgeordneten Wittauer nicht, der sich zur Bildungsfrage heute sehr detailliert geäußert hat, der von einem „Poly­technischen Lehrgang“ spricht, den es nicht mehr gibt, und der davon spricht, dass das ein verlorenes Jahr sein soll. Er möge sich bitte in Bildungsfragen informieren. Seine Frak­tionskollegen werden ihm das sicherlich ausrichten. (Abg. Amon: Wenn Sie eine Gesamtschule wollen ...!)

Aber nun zur Änderung des Schulunterrichtsgesetzes. Gerade in diesen Bereichen – da gebe ich meiner Vorrednerin hundertprozentig Recht – geht es uns nicht darum, dass sich irgendwelche Unternehmer und Betriebswirte die tüchtigsten Lehrlinge aus­suchen, sondern es geht uns darum, dass sich junge Menschen am Arbeitsmarkt orientieren können. Und wieder zu Herrn Abgeordneten Wittauer: Das hat die Polytechnische Schule vor vielen, vielen Jahren eingeführt, und sie hat damit ein positives Modell geschaffen.

Dass wir das heute auch für die anderen Arten der Pflichtschulen und insgesamt für die Sekundarstufe I legalisieren (Abg. Amon: Aber Sie wollen es ja abschaffen!), finde ich ein hervorragendes Vorgehen, auch wenn wir nicht wirklich zufrieden sind. Viele meiner Vorredner haben das angedeutet, insbesondere der Erstredner Riepl hat darauf hingewiesen: Wir brauchen eine entsprechende Steuerung in der Vorbereitung. Wenn diese Vorbereitung nicht erfolgt, dann könnte genau das passieren, was manche meiner VorrednerInnen gesagt haben: Es werden wieder die traditionellen Frauen­berufe, wieder die traditionellen Männerberufe gewählt! Wir brauchen die Steuerung, wir brauchen aber auch die Betriebe dazu. Es wird natürlich auch notwendig sein, die Frage zu beantworten: Wo gibt es diese Betriebe?

Frau Bundesministerin, wenn wir jetzt darüber diskutieren, fehlt garantiert eines: In all diesen unseren Schulbereichen im Sekundarbereich I, egal welche Schulart, steht die


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Berufsorientierung im Lehrplan, sie ist aber ein stiefmütterlich behandelter Teil, der grundsätzlich integrativ geführt wird, wie so vieles integrativ geführt wird, wie so vieles als Unterrichtsprinzip geführt wird und sich vielleicht in Exkursionen erschöpft. Aber es wäre unbedingt notwendig, die Berufsvorbereitung wirklich ernst zu nehmen.

Aus meiner Sicht ist die Berufsorientierung in der achten Schulstufe zu spät. Die Berufsorientierung muss wesentlich früher ansetzen, um früher vor Augen zu führen, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt. Es ist die Frage: Wer begleitet rundherum? – Da möchte ich noch einmal die Polytechnische Schule erwähnen, wo eben Lehrer dabei sind, die diese Schülerinnen und Schüler betreuen, die sie vorbereiten, die sie bei ihren berufspraktischen Tagen und Wochen begleiten und die auch eine Nach­bereitung machen. Das brauchen wir insgesamt.

Zum Schluss, sehr geschätzte Frau Ministerin: Gestern und auch heute war genügend Zeit, um PISA noch einmal zu erwähnen. PISA ist ein komplexer Bereich, da gebe ich Ihnen Recht. Aber helfen Sie mit, dass die Lehr- und Lernmethoden unserer Lehrerin­nen und Lehrer so verbessert werden, dass die Schülerinnen und Schüler auch Freude am Unterricht haben und nicht trockenen Frontalunterricht bekommen! Dann wird PISA 3 besser aussehen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Fuhrmann zu Wort gemeldet. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Sie sind am Wort.

 


17.07

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Zum Abschluss möchte ich, auch anschließend an die Diskussion von gestern, eines festhalten: Die Schüler, die wir in Österreich haben, liegen im OECD-Schnitt, und das ist unterm Strich ein gutes Ergebnis! Wir dürfen hier nichts schön­reden, das ist schon klar, wir dürfen aber auch nicht schlechter darüber sprechen, als es eigentlich ist. Es reicht, wenn wir bei der Realität bleiben. Manchmal habe ich den Eindruck, dass in Österreich die Politik und vielleicht auch einige Politiker noch nicht so weit sind oder einfach mit der Feedback-Kultur, die auch die PISA-Studie zu vermitteln versucht, noch nicht umgehen können.

Wir haben hier einige Anträge, Regierungsvorlagen vorgelegt, die dazu dienen sollen, die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Ich möchte festhalten, dass es hier nicht um organisatorische Fragen geht, sondern wirklich um inhaltliche. Dazu gehört zum Bei­spiel die Frage, wie man die Motivation der Lehrer verbessern kann. Ich glaube, dass an oberster Stelle der Liste dessen, was man tun kann, um den Unterricht zu verbessern, die Lehrerausbildung und qualifiziertes Lehrpersonal steht. Da bin ich sehr froh, dass wir endlich dem Senioritätsprinzip einen Riegel vorschieben konnten, denn sehr lange wurde der Eindruck erweckt, dass in Österreich nach Titeln oder „Alters­ringen“ bezahlt wird. Jetzt wird die Leistung bezahlt, und man kann mit höheren Einstiegsgehältern rechnen. Dafür möchte ich mich, da dies auch eine langjährige Forderung der Jungen ÖVP war, bei dem Kollegen Neugebauer und der Frau Bun­desminister sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin schon sehr gespannt darauf, was der Reformdialog im Jänner mit sich bringen wird, und möchte jetzt schon anregen, dass die Frage der Lehrerausbildung auch dort thematisiert wird. Sehr oft nehmen wir uns ein Beispiel an Finnland. Ich glaube, das können wir auch in dem Bereich tun, denn dort macht jeder Lehrer zuerst einmal eine pädagogische Ausbildung, bevor er sich dem Fachspezifikum widmet. Das ist etwas, was ich gerne einbringen möchte. Ich glaube, dass hier im Bildungsbereich noch viel zu tun ist.


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Faktum ist außerdem, dass unsere Kinder sehr gerne in die Schule gehen, lieber, als das in Finnland der Fall ist. Unser Ziel muss es sein, das noch zu verbessern, aber auf jeden Fall diesen Standard zu halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.09

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter oder eine der Berichterstatterinnen das Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 687 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zu­stimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 726 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 727 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 728 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 729 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 730 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

11. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (692 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens (708 d.B.)


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12. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 257/A (E) der Abgeord­neten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung von qualitativ und quantitativ messbaren Gesundheitszielen (709 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 269/A (E) der Abgeord­neten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der regionalen Vernetzung der Gesundheits- und Sozialdienste (710 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (693 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kur­anstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Sozialversicherungs-Ergänzungs­gesetz, das Ärztegesetz 1998 und das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert sowie ein Bundesgesetz zur Qualität von Gesund­heitsleistungen und ein Bundesgesetz über Telematik im Gesundheitswesen erlas­sen werden (Gesundheitsreformgesetz 2005) (711 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 256/A (E) der Abgeord­neten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduktion der unsozialen Selbstbehalte und Harmonisierung des Beitrags- und Leistungs­rechts im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (712 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 280/A (E) der Abgeord­neten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbreiterung der Beitragsgrundlage zur Finanzierung des Gesundheitssystems (713 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 282/A der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996, BGBl. Nr. 746/1996, geändert wird (714 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 237/A (E) der Abgeord­neten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der medizinischen Datenlage (715 d.B.)


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19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (673 d.B.): Bun­desgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Kran­kenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G) (716 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (DentG-Novelle 2004) (721 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 215/A (E) der Abgeord­neten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Palliativ Care in der stationären geria­tri­schen Pflege (722 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.14

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Kein Grund zum Jubel in der Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren! Daran ändern auch die heute zur Beschlussfassung vorliegenden Regierungsvorlagen relativ wenig. (Abg. Steibl: Das glauben Sie aber selbst nicht, oder?) Es sind auch danach mehr Fragen offen als gelöst. Daher wäre es besser, stille Einkehr zu pflegen, um über die Aus­wir­kungen Ihrer bisherigen unsozialen Gesundheitspolitik nachzudenken. 1,5 Milliar­den € an Selbstbehalten und sonstigen Belastungen für kranke Menschen, das ist das Er­gebnis Ihrer bisherigen Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren – keine Bilanz, auf die Sie wirklich stolz sein können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: O ja!)

Meine Damen und Herren! Dieser Weg der unsozialen Belastungen für kranke Men­schen wird durch das Gesundheitspaket konsequent weiter beschritten. 35 Mil­lionen € an Leistungskürzung für Augenkranke und Sehschwache – die größte Leis­tungs­kür­zung, die Sie bisher beschlossen haben! Auch darauf, meine Damen und Herren, dürfen Sie nicht besonders stolz sein. Natürlich stehen auch weitere Selbst­behalte ins Haus, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür haben Sie bereits geschaf­fen. Auch da kommt noch einiges auf die Kranken und Schwachen in unserer Gesell­schaft zu.

Meine Damen und Herren! Auch bei den Leistungskürzungen sind wir noch nicht am Ende des Weges angelangt, auch da sind weitere Maßnahmen geplant. Ich hätte gerne von der Gesundheitsministerin gewusst: Welche weiteren Leistungskürzungen und welche weiteren Selbstbehalte stehen den kranken Menschen in der nächsten Zeit ins Haus?


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Meine Damen und Herren! Was wir uns natürlich besonders anschauen sollten, sind die Verteilungswirkungen dieses Gesundheitspakets, das Sie jetzt beschlossen haben, und zwar deshalb, weil von Ihrer Seite immer wieder behauptet wird, dass das alles mit Augenmaß und sozialer Ausgewogenheit passieren soll. Ich habe mich der Mühe unterzogen, Ihr Gesundheitspaket etwas näher anzuschauen. Drei Viertel der Zusatz­belastungen treffen die Versicherten, nur ein Viertel trifft die Arbeitgeber. Die lediglich sehr bescheidene Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage trifft 6 Prozent der Ver­sicherten an der Spitze der Einkommenspyramide, und die wesentlich größere Belas­tung durch Leistungskürzungen und Anhebung der Selbstbehalte trifft Kranke, Alte und sozial Schwache. Allein im Fall der Sehbehelfe sind es 6 Prozent der Versicherten, die 27 Prozent der zusätzlichen Finanzlast überwälzt bekommen. Das, meine Damen und Herren, ist ein Weg, den wir nicht mit Ihnen beschreiten werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auch Ihre vollmundige Ankündigung, dass die Probleme der Krankenkassen mit dem zu beschließenden Maßnahmenpaket mehr oder weniger gelöst sind, erweist sich schon im Ansatz als Trugschluss beziehungsweise als grobe Täuschung. Wenn ich mir das Ergebnis anschaue: 2005 450 Millionen €, 2006 fast 600 Millionen € – das ist wahrlich nicht die Lösung des Problems, die Sie anstreben! Hier haben Sie noch gewaltige Defizite und gewaltige Probleme zu bewältigen. Denn die Krankenversicherung wird durch dieses Paket nicht konsolidiert. Das Finanzie­rungsproblem – ich habe es bereits erwähnt – der sozialen Krankenversicherung wird durch die vorgesehenen Maßnahmen nicht einmal im Ansatz gelöst. Die Mehrein­nah­men durch dieses Paket decken nicht einmal die Hälfte im Jahr 2005; von 2006 möchte ich gar nicht reden.

Meine Damen und Herren! Aus dem ursprünglichen 305-Millionen-€-Paket ist schluss­endlich ein 290-Millionen-€-Paket geworden. Entgegen dem Verhandlungsergebnis wurden bei diesem Paket den Sozialversicherungen noch rund 10 Millionen € entzo­gen, die sie vorher im Zuge einer Gegenverrechnung bekommen hatten. Auch der Ent­lastung, die im Regierungspaket festgeschrieben ist, und zwar um 250 Millionen €, wird nicht nachgekommen.

Meine Damen und Herren! Sie fordern in Sonntagsreden stets den nationalen Konsens in der Gesundheitspolitik ein; so weit, so gut. Dazu wäre es aber notwendig, diesen Weg der sozialen Spaltung und Belastung von kranken Menschen in der Gesund­heitspolitik zu verlassen und die Bereitschaft zu signalisieren, neue Wege des sozialen Zusammenhaltes gerade in der Gesundheitspolitik zu beschreiten. Zu Reformen mit sozialer Perspektive ja; zum Weg der Belastungen von kranken Menschen, den Sie gewählt haben, nein! Meine Damen und Herren, diesen Weg müssen Sie weiterhin allein beschreiten, dafür steht die SPÖ nicht zur Verfügung! (Beifall bei der SPÖ.)

17.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.20

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Diese Reform verdient den Namen Reform, und ich werde Ihnen beweisen, dass die Unkenrufe der Gesundheitsökonomen in St. Wolfgang, die gesagt haben, für Menschen über 77 Jahren solle man nichts mehr bezahlen, außer Basisleistungen, falsch sind. Man kann auch einen anderen Weg gehen. Man kann auch einen Weg gehen, der umfassend und international herzeigbar ist und die Zukunft des Gesundheitswesens sichert.

Herr Kollege Lackner, was Sie hier abgeliefert haben, war ein gesundheitspolitisches Geisterfahren. Im Ausschuss haben Sie der Artikel-15a-Vereinbarung noch zuge-


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stimmt, die ja das Kernstück der Reform ist, und jetzt erzeugen Sie ein Bild, das mir so vorkommt, als hätten Sie unser Land mit Deutschland verwechselt. Da müssen Sie hinschauen, was unter Rot-Grün passiert. In der heutigen Ausgabe der „Zeit“ wird unter dem Titel „Kürzen, Sparen, Rationieren – das tägliche Chaos“ beschrieben, dass deut­sche Ärzte bestraft werden, wenn sie gewisse Medikamente verschreiben, und dass eine Patientin, die unter Restless Legs leidet, von zwölf Neurologen weggeschickt wurde, weil das entsprechende Medikament, das 200 € kostet, zu teuer ist. (Abg. Reheis: Das ist die falsche Zeitung, um über österreichische Gesundheitspolitik zu reden!) Oder: Die Uni-Klinik Köln stellt die Behandlung zwischen 20. Dezember und 7. Jänner ein, weil das Klinikbudget überschritten ist. So schaut es in anderen Ländern aus und nicht in Österreich!

Ich bin stolz, dass wir einen nationalen Konsens haben, den Sie offensichtlich nicht sehen wollen oder sehen können. Ich bin auch stolz, dass bei uns Alzheimer-Patienten ihr Medikament kriegen und nicht wie in Deutschland sieben von acht nicht oder dass in Österreich Schizophrene ihre Medikamente kriegen, während in Deutschland vier von fünf diese nicht bekommen.

Drei Punkte dieser Gesundheitsreform möchte ich herausgreifen.

Erstens: den finanziellen Aspekt. Entgegen Kürzungsvorschlägen berühmter Gesund­heitsökonomen im Ausmaß von 2 Milliarden €, die das Zusperren jedes dritten Spitals bedeutet hätten, werden wir 300 Millionen € zusätzlich ins System einbringen. Und das ist nicht Belastung, Herr Lackner, wie Sie immer sagen, sondern das ist eine Chance für die Patienten. Selbst bei sorgfältigstem Umgang mit den Mitteln werden wir mehr Geld brauchen.

Zweitens: Das österreichische Schrebergarten-System: da Krankenkasse, dort Länder, Spital und Ambulanz, muss durchbrochen werden, und drei Maßnahmen werden uns dabei helfen: erstens der Strukturplan, zweitens die Landesgesundheitsplattform und drittens der Reformpool und darüber hinaus die Bundesgesundheitsagentur. Wir brauchen eine bessere Verzahnung von ambulantem, stationärem und Rehabilitations-Bereich. Es ist nicht einsichtig, dass 90 Prozent der Diabetiker im Spital behandelt werden! Es ist nicht einsichtig, dass 90 Prozent der Krebspatienten im Spital behandelt werden! Warum passiert das? Weil die Krankenkasse gesagt hat: Das interessiert uns nicht, wir haben kein Geld, bitte macht das im Spital!

Dritter Punkt: Wir kümmern uns auch um noch mehr Qualität. Auch wenn wir in der EU gut dastehen – zweiter Platz –, auch wenn wir weltweit sehr gut dastehen, ist jeder Fehler ein Fehler zu viel.

Es ist sehr viel geschehen, und ich möchte auch sagen, daran waren sehr viele SPÖ-Minister beteiligt. Die Studienreform – positiv, jetzt die Facharztprüfung, unter Ausser­winkler eingeführt – positiv, freiwillig von den Ärzten eingeführte Diplomfortbildungen und die Kongresse – positiv. Während die Kongresse in Deutschland gähnend leer sind, werden sie in Österreich sehr gut besucht. Ich glaube, wir können stolz sein. Die Continual Medical Education über Internet wurde zwei Jahre vor der Harvard University eingeführt. Gut, darauf können wir stolz sein, aber Zufriedenheit ist aller Laster Anfang. (Abg. Dr. Puswald: Ich bin nicht zufrieden mit Ihrer Politik!) Wir müssen einfach mehr tun, wir müssen trachten, möglichst viele Fehler zu vermeiden. Hiebei bedeutet das Gesundheitsqualitätsgesetz einen Schritt nach vorne, und das neu zu schaffende Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen wird uns auch nach vorne bringen.

Wir beschließen heute einen wichtigen Schritt für die Zukunft des österreichischen Gesundheitswesens. Es ist eine positive Zukunft, anders, als Sie das herbeireden wollen, Herr Abgeordneter Lackner. Es ist eine Zukunft für unsere Patienten, es ist eine zukunftsweisende Entscheidung für eine gute Versorgung. Österreichs Patienten


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haben sich diesen Tag redlich verdient. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Scheibner.)

17.24

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

 


17.25

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Rasinger, Sie haben uns etwas über Deutschland erzählt. (Abg. Dr. Rasinger: Vorgelesen!) Sie haben nur Grönland noch ausgelassen. Mir ist klar, dass man zu diesem Gesundheitsreformpaket nicht so einfach ja und nicht so einfach nein sagen kann, und das will ich auch hier nicht tun.

Mir ist ebenso klar, dass es in Artikel-15a-Vereinbarungen und Finanzaus­gleichsver­hand­lungen zu Kompromissen kommen muss. Nicht immer sind Kompromisse aber die Idealform dessen, was man sich als Resultat wünscht. Daher möchte ich versuchen, die Qualität dieser Kompromisse ein bisschen zu durchleuchten. Diese Auseinan­dersetzung ist einfach notwendig.

Vorab: Ich gebe zu, dass die Diskussion um die Reform durchaus mit gewissem Elan und überraschenderweise themenbezogen fast flächendeckend über sehr viele Frage­stellungen begonnen hat. Es waren auch Gespräche, die man jedenfalls als konstruktiv bewerten darf und bewerten musste. Wenn man dann aber sieht, was in den Ver­hand­lungen mit den Ländern letztlich passiert ist, kann ich das Resultat nicht voll mittragen. Ganz bezeichnend ist ein redaktioneller Fehler: Wenn in den 15a-Vereinbarungen, in einem der ersten Sätze der Präambel, steht: Es ist eine hoch stehende medizinische Versorgung bürgerunabhängig zu gewährleisten, so hätten Sie „bürger“ und „unab­hängig“ auseinander schreiben müssen, denn dann kommen die Kosten oder die Einkommen der Leute. Ein bisschen bürgerunabhängig scheint es mir teilweise aber schon zu sein, denn von den schönen Zielen, die es anfänglich gegeben hat – bun­deseinheitlichere Planung, Vorgabe an die Länder mit gewissen Rahmengesetzen bezüglich Qualität und Bedarfsplanung –, ist nicht mehr viel Verbindliches übrig geblie­ben außer Überschriften, die ich nahezu alle unterschreiben könnte.

Frau Bundesministerin! Wir haben Erfahrungen mit 15a-Vereinbarungen. Wenn ich nur daran denke, was mit Krankenanstaltenplänen und Großgeräteplänen in Österreich passiert ist, die alle von den Ländern unterschrieben waren, dann ist mein Optimismus ein zumindest schaumgebremster. (Abg. Öllinger: Da gibt es Beispiele!) Positive Aus­nahmen in diesen 15a-Vereinbarungen gibt es im Planungs- und Steuerungsbereich, aber da muss man dann genau anschauen, wie geplant und gesteuert werden soll.

Mir tut Leid, dass man nicht differenziert abstimmen kann, schon deswegen nicht, weil Finanzausgleichsverhandlungen, 15a-Vereinbarungen und diverse Gesundheitsge­set­ze dermaßen überlappend und verzahnend zur Abstimmung gestellt werden, dass man nicht getrennt zu einzelnen positiven Positionen auch positiv Stellung nehmen kann. Das geht nicht. In der zweiten Lesung möglicherweise schon, aber darüber hinaus eigentlich nicht. (Abg. Scheibner: Das können Sie dann ja auch in zweiter Lesung noch tun!) In zweiter Lesung werde ich das auch in einem Punkt machen.

Um das in Zukunft zu vermeiden, würde ich versuchen: Wenn diese Gespräche recht­zeitig beginnen, kann man vielleicht die Abstimmungen so zerlegen, dass dabei etwas Vernünftiges herauskommt und man nicht so pauschal handeln muss.

Frau Bundesministerin, in diesen Gesetzen ist etwas definiert, was sich integrierte Planung des stationären, ambulanten, des Rehabilitations- und des Pflegebereiches nennt. Und hier habe ich meine Zweifel, und da ist, meine ich, Regelungsbedarf ge-


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geben, vom Konvent angefangen bis in die jetzige Gesetzgebung hinein. Sie wissen, dass der Pflegebereich Länderkompetenz ist, und es ist absurd, pflegende Menschen in der Kompetenz der Länder zu belassen, wohl wissend, dass Menschen gepflegt wer­den, weil sie eben krank sind. Ich habe noch nie gehört, dass gesunde Menschen gepflegt werden müssen, und daher sollte der Bund hier mehr Regelungskompetenz bekommen.

Summa summarum: Dieses gesamte Paket hat gute Anteile, setzt aber voraus, dass man an ein Leben glaubt, das im Konjunktiv stattfindet – und Konjunktive haben wir, so meine ich, schon zu viele.

Der Problembereich der Länder ist einer, den man sich wirklich genauer anschauen muss. In diesem Zusammenhang kritisiere ich dezidiert die Gesundheitsplattformen der Länder, weil man hier den Ländern durch die Zusammensetzung der Stimmengewichte wieder Kompetenzen beziehungsweise Regelungsvollmachten gibt. Sie sagen zwar beziehungsweise schreiben vor, dass Land und Sozialversicherung fifty-fifty im Stim­menanteil zu gewichten sind, aber da kommen dann noch der Bund, die Ärztekammer, die Interessenvertretung von Städten und Gemeinden, die Patientenvertretung – das ist sogar sehr gut – und die Rechtsträger der Krankenanstalten dazu. Dann schreiben Sie, dass in unterschiedlichen Bereichen – im stationären, im ambulanten und im Koor­dinationsbereich – wechselnde und jeweils andere Mehrheiten bestehen sollten, und im Koordinationsbereich, der eigentlich der wichtigste ist und wo auch von Ihnen der größte Regelungsbedarf erkannt wurde, sollte Einvernehmen hergestellt werden.

Zuvor habe ich sechs, sieben Player genannt, und jetzt sagen Sie mir, wie oft zwischen diesen Einvernehmen in essentiellen Fragen herrschen wird. Mich hätte anfangs sogar beruhigt, dass der Bund in gewissen Dingen ein Veto-Recht hätte, wenn nämlich gegen Regelungen der Bundesagentur verstoßen wird. Ich fürchte nur, dass die Bun­desagentur, wie die Kräfteverhältnisse in Österreich nun einmal sind, keine Regelun­gen treffen wird, wo es zu einem Veto kommen muss, denn die Länder werden mit allem einverstanden sein, was Sie machen. Das halte ich schon für ein kleines Manko, ohne jetzt damit unbedingt die Länder beleidigen zu wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Gut in Ihrem Paket ist das Gesundheitsqualitätsgesetz, es ist in den allermeisten Punk­ten sehr gut, und wir werden daher auch eine getrennte Abstimmung bezüglich Arti­kel 9 verlangen. Ich hoffe nur, dass dieses Gesundheitsqualitätsgesetz nicht nur Papier bleibt, und wenn man da zusammenarbeiten kann, ist es gut.

Mit Vorbehalten – und da wurden ja einige von uns geäußert – gut finde ich das Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz, aber nicht deswegen, weil ich private Krankenanstalten als die Lösung aller Probleme ansehe, sondern weil durch Einführung des LKF-Systems Sie und andere erstmals Kontrolle über private Kranken­anstalten bekommen auch bezüglich der Qualitätssicherung und ihrer Gesundheits­daten im Outcome. Das halte ich für wichtig.

Wenn ich mir allerdings – und das ist jetzt eine Bitte an Sie – die Liste privater Kran­kenanstalten anschaue, da wird mir leicht wunderlich zumute, was da alles unter Kran­kenanstalten subsumiert wird. Hier sollte man schon so etwas einführen wie ein TÜV- oder anderes Gütesiegel, ein Austria-Gütesiegel oder was auch immer. Da müssen Sie etwas machen, denn da sind einige potemkinsche Dörfer zu finden, wo ich meine Patienten nicht unbedingt hinschicken würde.

Noch etwas Positives zum Schluss. Den Vier-Parteien-Antrag einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Palliativ Care in der geriatrischen Pflege finde ich ganz hervorragend. Ich hoffe nur, dass der Bund da auch etwas vorgibt und der Wert von sterbenden und alten Menschen nicht nur ein ideeller, gesellschaftlicher bleibt, sondern sich endlich auch monetär ausdrückt.


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Ich bitte Sie, weiter und rechtzeitiger mit uns zusammenzuarbeiten, dann wird es zu weiteren Reformen kommen, die wir dann auch von unserer Partei her leichter positiv abstimmen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Rosenkranz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


17.34

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Nach monatelangen Vorbereitungen, nach zwei großen Debat­ten hier im Hohen Haus liegt heute die so genannte Gesundheitsreform in Einzelge­setzen zur Beschlussfassung vor, die Artikel-15a-Vereinbarung ist auch dabei, und es ist dies ein Grund, eine positive Bilanz zu ziehen und das, was in zwei Debatten bereits gesagt worden ist, noch einmal zusammenfassend darzustellen.

Diese Reform ist schlicht und einfach notwendig; die Demographie zwingt uns dazu. Der medizinische Fortschritt, der es erfreulicherweise möglich macht, Krankheiten und Menschen mit schweren Krankheiten zu behandeln, wie man es sich vor zehn Jahren noch nicht hätte träumen lassen, dieser medizinische Fortschritt verteuert dieses System natürlich noch.

Jede Regierung in Europa steht vor dieser Frage. Die Frage ist nicht, ob ich eine Gesundheitsreform mache, um auch mehr Geld in das System zu bringen, die Frage ist nur, wie ich sie mache. Der Hinweis auf Rot-Grün in Deutschland ist gekommen. Wer hier säumig ist und wer aus Angst davor, sich dem Vorwurf der sozialen Kälte auszusetzen, nicht handelt, der führt genau dies herbei und verschuldet das, was er zu vermeiden glaubt, denn er setzt eine Entwicklung in Gang, die sozial höchst bedenklich ist. Es kommt zur schleichenden Einführung der Zwei-Klassen-Medizin schlicht und einfach deswegen, weil das Gesundheitssystem, das in öffentlicher Hand ist, seine Qualität senken muss und wer es sich leisten kann in das private, kompensatorische wechselt.

Diese Regierung hat sich diesen Vorwurf nicht zugezogen, sie hat gehandelt. Sie hat sich dieser schwierigen Aufgabe unterzogen, und ich stelle fest, dass dies gut gemacht worden ist. Es ist gelungen, für die kurzfristige Mittelbereitstellung zu sorgen.

Herr Abgeordneter Lackner, ich erinnere Sie wiederum daran, dass es gerade auch die von Ihrer Partei regierten Länder waren, die dringend mehr Mittel für ihre Spitäler gefordert haben und auch bereit waren, einen Entwurf, der in unseren Augen unsozial war, zu akzeptieren, um an diese Mittel zu kommen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Es war dies übrigens auch Ihre Politik in den neunziger Jahren: Wenn die Kranken­kassen vorstellig wurden, haben Sie lediglich mehr Mittel von den Patienten lukriert; sonst ist allerdings nichts passiert. Und genau diesen Vorwurf braucht sich diese Regierung nicht gefallen zu lassen. Es gibt mittelfristige Strukturreformen, die eine bessere, effizientere Ausnützung der Mittel bewirken werden. Für uns als Freiheitliche ganz besonders erfreulich ist, dass es zu einer Aufwertung der Prävention gekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieses Gesundheitspaket musste im Rahmen der realen politischen Bedingungen verhandelt werden: gewachsene Strukturen mit einem ausgesprochenen Machtbe­wusstsein. Sehr machtbewusste Länder waren zu einem gemeinsamen Vorgehen zu verlocken. Im Rahmen dieser Bedingungen hat die Regierung ihre Aufgabe tadellos erledigt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.37

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Frau Ministerin, bitte.

 


17.37

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich kurz Stellung nehmen zum umfassenden Gesundheits­paket, das heute hier zur Diskussion und zur Abstimmung anliegt.

In diesem Paket ist eine umfassende Reform des Gesundheitswesens enthalten, und ich denke, dass wir damit das Gesundheitswesen in Österreich nachhaltig verändern werden. Entgegen allen Unkenrufen, dass diese Gesundheitsreform nicht mehr statt­finden wird, weil die Regierung nach der Pensionsharmonisierung keine Kraft mehr hätte, kann ich heute mit Freude feststellen, dass diese Gesundheitsreform doch stattfindet, dass es im Rahmen des Finanzausgleichs möglich war, gemeinsam mit den Ländern eine Einigung über wesentliche Veränderungen in den Strukturen der Gesundheitspolitik in unserem Land zustande zu bringen und gleichzeitig auch eine Reihe von Gesetzen mit auf den Weg zu schicken, die in der Gesundheitspolitik die kommenden Jahre bestimmen werden.

Die Artikel-15a-Vereinbarung, die zwischen den neun Bundesländern und dem Bund im Rahmen des Finanzausgleichs abgeschlossen werden konnte, beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen.

Einerseits gibt es – und das ist meines Erachtens das Wichtigste – erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik die gemeinsame Planung, Steuerung und Koordinie­rung des Gesundheitswesens, und zwar sowohl des intra- als auch des extramuralen Bereichs, sowohl der Spitäler als auch der niedergelassenen Ärzte, und vor allem eine Kooperation im Nahtstellenmanagement. Das bedeutet nicht nur, dass wir ein besseres Service für die Patientinnen und Patienten zustande bringen werden, sondern auch, dass es letztendlich zu Kostenersparungen kommt, weil Leistungsverschiebungen zu Lasten des anderen Partners dann hoffentlich Geschichte sein werden.

Dieses Gesundheitspaket, die Artikel-15a-Vereinbarung, beinhaltet aber auch ein Qualitätssicherungsgesetz beziehungsweise die Einigung zwischen Bund und Ländern auf ein Qualitätssicherungsgesetz und auf ein Gesundheitstelematikgesetz, zwei Ge­setze, die von meinen Vorgängerinnen und Vorgängern über Jahre hinweg nie bei den Ländern durchgesetzt werden konnten, weil immer wieder Bedenken hinsichtlich der auf die Länder entfallenden Kosten vorgebracht wurden und der Konsultations­mecha­nismus angedroht wurde. Es ist in diesen Verhandlungen gelungen, die Länder zum Verzicht auf den Konsultationsmechanismus zu bewegen und damit diese beiden richtungweisenden Gesetze auf den Weg zu bringen.

Darüber hinaus ist neben dem Finanzpaket, das wir ja schon gestern hier im Haus beschlossen haben, auch ein Kostendämpfungspaket vorgesehen, das vor allem 300 Millionen € Kostendämpfung im intramuralen Bereich beinhaltet durch eine neue Bepunktung der tagesklinischen Leistungen infolge der Änderung, der Evaluierung des LKF-Punktesystems, womit für jeden Euro, der zusätzlich an Geld ins System fließt, mindestens ein Euro eingespart werden muss. Letztendlich sind auch wesentliche Vorsorgemaßnahmen enthalten wie ein flächendeckendes Mammographie-Screening-Programm für alle Frauen, ein Stoffwechsel-Screening-Programm für Säuglinge. All das sind wichtige Maßnahmen, die sowohl für den Bund als auch für die Länder von Bedeutung sind.

Das gesamte Paket enthält natürlich dann auch das Gesundheitsreformgesetz, das die Umsetzung der in der Artikel-15a-Vereinbarung getroffenen Maßnahmen beinhaltet. Ich freue mich und ich bedanke mich bei der Opposition, dass sie dem Artikel-15a-


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Vertrag zustimmen wird, bedauere es aber sehr, dass das beim Gesundheits­reform­gesetz nicht der Fall ist.

Im Paket ist darüber hinaus auch noch ein PRIKRAF-Gesetz enthalten, das die auslaufende prikraF-Verordnung im Gesetzestext übernimmt und damit sicherstellt, dass die Privatkrankenanstalten auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag im öster­reichischen Gesundheitswesen leisten.

Ich freue mich auch sehr, dass es gelungen ist, einen Antrag des Abgeordneten Grünewald zu einem gemeinsamen Antrag zu machen, um den weiteren Ausbau des Hospizwesens und die flächendeckende Implementierung sicherzustellen. Ich denke, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind.

Dieses große Gesundheitspaket, das mit dem nächsten Tagesordnungspunkt, nämlich der Novellierung des Tabakgesetzes, auch wichtige Vorsorgemaßnahmen enthält, ist neben den Maßnahmen, die bereits gesetzt wurden – nämlich die Vorsorge­unter­suchung neu, die evaluiert und neu auf die Beine gestellt wird und gemeinsam mit den Gesundheitspässen ab 1. Jänner 2005 allen Österreicherinnen und Österreichern ab 19 Jahren zur Verfügung steht und darüber hinaus auch mit entsprechenden Akzep­tanzmaßnahmen, einem Call- und Recall-System und damit hoffentlich auch mit einer Frequenzsteigerung verbunden sein wird –, ein wichtiger Meilenstein in der österreichi­schen Gesundheitspolitik.

Wir werden darüber hinaus aber auch noch im Bereich der Innovationen, die mit der Gesundheitskarte, die nächste Woche in der Muster-Ordination präsentiert wird und dann bis Ende Februar in den Probebetrieb geht, einen wichtigen Meilenstein setzen in der elektronischen Weiterentwicklung und letztendlich mit diesem Gesetz auch die Implementierung einer Steuerungsgruppe für die Entwicklung der elektronischen Gesundheitsakte vornehmen. Das ist ganz wichtig, denn sie wird es letztendlich sein, die für die Patientinnen und Patienten mehr Sicherheit bringen soll, die auch innovative Chancen eröffnen soll, dass zum Beispiel ein niedergelassener Arzt in einem entle­genen Bergtal sich eine Zweitmeinung von einer Universitätsklinik einholen kann, dass nicht jeder Patient jedes Mal, wenn er ins Spital kommt, seine Krankengeschichte von neuem erzählen wird müssen, dass damit auch Doppelbefundungen, Doppelgleisig­kei­ten vermieden werden, was letztendlich auch da zu Kostendämpfungen führen wird.

All das, meine Damen und Herren, ist nach dem Arzneimittelpaket, das in der Zwischenzeit greift, ein ganz, ganz wichtiger Teil dieses großen Gesundheits­reform­pakets.

Das Gesundheitspaket steht, und ich bin all jenen sehr dankbar, die daran mitgewirkt haben. Ich möchte mich sehr herzlich bei allen bedanken, die schon in den Ge­sundheitskonferenzen und -dialogen ihre Vorstellungen mit eingebracht haben, allen, die daran teilgenommen haben. Ich möchte mich bedanken bei den politischen Parteien, bei den Gesundheitssprecherinnen und -sprechern der eigenen Fraktion und des Koalitionspartners. Karl Schweitzer, Herbert Haupt und Ursula Haubner haben intensiv mit uns beraten. Ich danke hier sehr für die Kooperation. Ich bedanke mich auch bei der Opposition für die wertvollen Inputs.

Ich möchte mich auch bei den Ländern bedanken, vor allem bei den Landesräten, die hier mitgewirkt haben, auch bei den Landesbeamtinnen und ‑beamten. Vor allem möchte ich mich aber bei den Beamtinnen und Beamten meines Hauses und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Kabinetts für die intensive Arbeit der letzten Wochen und Monate bedanken. Wir haben 16 Monate sehr hart daran gearbeitet, manchmal bis 3 Uhr Früh. Man würde es den Beamtinnen und Beamten ja nur ungern unterstellen, aber hier wurde Unglaubliches geleistet. Auch die Landesbeamten sind


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am Sonntagnachmittag gesessen, um den Artikel-15a-Vertrag fertig zu bekommen. Niemand hat uns zugetraut, dass wir das letztendlich in zehn Tagen schaffen.

Daher: Ein großes herzliches Dankeschön an alle, die dazu beitragen, dass dieses Gesundheitspaket zum Wohle aller Österreicherinnen und Österreicher mit 1. Jänner 2005 in Kraft treten kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.46

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.46

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! In die falsche Richtung geht es diesmal – mit dem Pult aber nur, nämlich nach oben. Ich wünschte, es ginge mit der Gesundheitspolitik in Österreich auch nach oben und nicht nach unten. Und damit, Frau Bundesminister, bin ich schon bei meinem ersten Kritikpunkt.

Ich glaube Ihnen schon, dass die Beamtinnen und Beamten sehr viel und sehr fleißig gearbeitet haben. Sie haben uns diese Gesundheitsreform mehrfach angekündigt, Sie haben verschiedene Präsentationen gemacht, Sie sind mit all Ihren Vorstellungen nicht durchgekommen. Sie haben die Zeitknappheit genutzt, dass mit 31. Dezember dieses Jahres der Artikel-15a-B-VG-Vertrag über die Neustrukturierung des Gesundheits­we­sens und die Krankenanstaltenfinanzierung ausläuft, und haben damit die Länder – Sie haben das dankenswerterweise im Ausschuss sogar einmal selbst zum Ausdruck gebracht – unter Druck gesetzt. Sie haben sie insofern unter Druck gesetzt, als man im Zusammenhang mit einem Finanzausgleich eine Gesundheitsreform durchführt, zu der man nicht in der Lage war, sie aus eigenen Kräften und Fähigkeiten durchzuführen. – Das, denke ich mir, ist ein wesentlicher Punkt, den es auch zu betonen gilt.

Man merkt, auch die Begeisterung des Kollegen Rasinger hat sich heute sehr in Grenzen gehalten. Er hat ein Pflichtprogramm abgehalten, aber von Kür war weit und breit keine Rede. (Abg. Dr. Rasinger: Das war ein Kürprogramm!) Also, Herr Kollege Rasinger, das war ein Eingeständnis einer stillen Art, das Sie da gemacht haben, aber ich denke mir, auch das ist entsprechend zu interpretieren.

Frau Bundesministerin! Wir werden nun dieser Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung zustim­men, nachdem Sie von wesentlichen Maßnahmen, denen wir nicht zustimmen hätten können, Abstand genommen haben, wie zum Beispiel der Zwangsprivatisierung der Gesundheitseinrichtungen, was ja offensichtlich nach wie vor eine Zielsetzung Ihrer Gesundheitspolitik ist.

Wir sind gegen die Privatisierung der Gesundheitspolitik. Wir wollen nämlich tat­säch­lich, dass wir eine Gesundheitspolitik in Österreich haben, die zum Wohle aller Men­schen, vor allem der Menschen, die in Österreich von der Versicherung abhängig sind, besteht. Wir wollen keine Privatisierung des Gesundheitswesens. Wir wollen nicht, dass es zu einer Umverteilung von kranken Menschen zu den Institutionen kommt, die sich über die Gesundheitswirtschaft sozusagen das Geld von diesen Menschen holen.

Daher müssen wir auch andere Bereiche, die Sie heute hier im Paket haben, ablehnen. Insbesondere möchte ich auf das Gesundheitstelematikgesetz hinweisen, auf das Kollege Maier noch näher eingehen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



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17.49

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ein Satz zu meiner Vorrednerin: Ich glaube, dass zumindest der Großteil der 183 Abgeordneten – und ich kann von meiner eigenen Fraktion sprechen – niemals hier ein Pflichtprogramm herunterspult, sondern immer mit Herz und Verstand dabei ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Ich les’ dir einmal vor – ich war am Dienstag auch draußen –, was die Leute über euch gesagt haben!) Schön, jetzt bist du munter. – Gut.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich nimmt bei der Lebenserwartung innerhalb der Europäischen Union den hervorragenden 4. Rang ein. Die Lebenserwartung der Männer liegt derzeit bei 76 Jahren, die für die Frauen bei 81 Jahren. Eine Neu­strukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung ist daher ein Gebot der Stunde, um unseren hohen Standard im Leistungsbereich für unsere Gesundheitspolitik zu gewährleisten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich darf sich Gesundheitspolitik und daher jede Form der Gesundheitsreform nie allein auf die Frage der Kosten und der Technik beschränken. Gesundheit ist unser höchstes Gut, und dieses muss mit Vernunft und mit Augenmaß garantiert sein.

Sehr geehrte Damen und Herren, speziell von der SPÖ! Fürchten kann man sich vor allem und jedem, aber das ist nicht der Zugang dieser Regierung. Ein Jammertal zeichnet nur die Opposition, das heißt die SPÖ und die Grünen. Ich bin eigentlich sehr enttäuscht, denn ich schätze den Herrn Kollegen Lackner und auch meine steirische Kollegin das eine oder andere Mal von den Aussagen her wirklich. Ich denke nur, dass es für Sie immer sehr einfach ist, die Verantwortung uns als Regierungspartei zu geben und letztendlich nicht mitzustimmen. (Abg. Silhavy: Sie sind nun einmal in der Regierung und haben auch Verantwortung zu tragen!) Aber ich glaube, dass auch die Opposition Verantwortung hätte.

Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser heute zu beschließenden Vorlage über die Organisation des Gesundheitswesens wird – und das ist mir sehr wichtig – auch eine Neuregelung vereinbart, eine österreichweite, gleichwertige, flächendeckende, abge­stufte Versorgung im Palliativ- und Hospizbereich einheitlich umzusetzen; die Frau Bundesministerin hat das schon erwähnt. Das heißt eine weit reichende Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, eine Integration der Palliativ-Einrichtungen in ein System, was in Ansätzen ja schon geschehen ist, wenngleich unterschiedlich in den Bun­desländern. Wenn ich nur die Steiermark hernehme, so hat gerade sie mit Vorarlberg zusammen eine Vorreiterfunktion. All diese Systeme benötigen sozusagen ein kon­sequentes System, eine Zusammenführung, damit dort, wo Hilfe benötigt wird, diese auch geboten werden kann.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Integration der Hospiz- und der Palliatividee in alle Einrichtungen, zum Beispiel Altenpflegeheime und Hauskranken­pflege. Ich sage wirklich ein Danke, dass es hier einen Vierparteienantrag betreffend eine Bundesländerarbeitsgruppe gibt, denn in Österreich wohnen derzeit 65 000 Men­schen in Alten- und Pflegeheimen, und mehr als 30 000 sind pflegebedürftig. Ich denke, dass diese Regierung jetzt dank Ihres Mitgehens einen weiteren Schritt auf dem richtigen Weg macht, und Sie sind eingeladen, werte Opposition, im Gesamten mitzudenken, mitzugestalten und dann letztendlich auch mitzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Frau Abgeordnete, bitte.

 



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17.53

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesundheitspaket, das heute beschlossen wird, hat schon – Frau Ministerin, das wissen Sie auch – noch wesentliche Mängel, die eigentlich nicht hätten sein sollen. Ich weiß – ich habe da auch meine Erfahrungen –, dass es nicht einfach ist, mit den Ländern etwas auszuverhandeln, noch dazu, wenn sie selber zahlen sollen.

Dass das natürlich ein Problem werden wird, haben wir alle gewusst, Frau Ministerin, aber das Mindeste, was ich mir erwartet hätte, ist, dass es wirklich eine gemeinsame Finanzierung gibt und dass das nicht wieder aufgedröselt ist auf neun Bundesländer und in neun eigenen Töpfen, und darüber gibt es dann noch einen Hut, unter dem sich das alles sammelt.

Das ist eigentlich nicht Ihr Ziel gewesen, aber die Länder sind einfach so kräftig und stark, und es ist einfach nicht gegangen. Die Länder haben sich ihre Kompetenzen schon geholt. Manchmal, Frau Minister, habe ich auch das Gefühl, dass die Gesund­heitspolitik immer mehr weggeht von der Bundesverantwortung, und das ist, würde ich sagen, eine Entwicklung, der man nicht so einfach zuschauen kann, sondern ich denke, dass Gesundheit gefördert wird und dass Krankheit behandelt wird, muss vor­dringliche Aufgabe des Bundes sein, in allen Facetten, Frau Ministerin. Und davon sind wir wieder ein Stück weiter entfernt.

Ich möchte jetzt zu einigen Punkten Stellung nehmen, und zwar zunächst zum Gesundheitsqualitätsgesetz. Ja, Frau Ministerin, es ist ganz super, was da drinnen steht, aber die 15a-Verträge sind noch nicht unterschrieben (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat), und selbst wenn sie dann unterschrieben sind oder inzwischen unterschrieben worden sind, dann heißt das noch lange nicht, dass sie auch eingehalten werden. Wir wissen das aus der Pflegevorsorge. Die Verträge dazu wurden 1993 unterschrieben, aber bis heute sind sie nicht eingehalten, und darauf, dass die Maßnahmen, die damals in den 15a-Verträgen mit unterzeichnet worden sind, umgesetzt werden, warten wir noch in ganz Österreich. Und so ähnlich wird es ganz sicher Ihnen auch ergehen, weil das auch ein Bereich ist, der natürlich mit finanziellen Auswirkungen verbunden ist.

Ich glaube, wir werden uns in relativ kurzer Zeit anschauen müssen, wie weit die Län­der tatsächlich den Artikel-15a-Vertrag einhalten beziehungsweise welche Möglich­keiten Sie denn haben, dies auch einzufordern. In der Regel sind die Möglichkeiten natürlich sehr, sehr gering. Sie wissen es ja. Ich kann mich noch erinnern, was beim Pflegegeldgesetz Frau Ministerin Hostasch nicht alles versucht hat, wie sie die Länder bekniet hat, mit dem Ergebnis, dass sie ganz einfach gescheitert ist.

Es ist ganz nett, wenn jetzt drinnen steht, dass die Qualität von Leistungen zum Bei­spiel auch in Pflegeheimen gelten soll, aber ob die Länder es dann wirklich tun, das ist, wie gesagt, alles offen. Und dass Sie mit den Qualitätskontrollen natürlich mit den Ärzten in Konflikt kommen, weil das derzeit im Ärztegesetz geregelt ist, das ist auch schon vorprogrammiert.

Der zweite Bereich ist das Gesundheitstelematikgesetz. Ich weiß, Frau Ministerin, das Gesundheitstelematikgesetz betrifft hauptsächlich nur die Übertragung von Daten. Aber die Schwierigkeit ist: Welche Daten dürfen übertragen werden? Und vor allem: Wer hat Zugang zu diesen Daten? Das ist eine ganz, ganz gefährliche Angelegenheit, denn jetzt steht drinnen, dass all jene Zugang zu diesen Daten haben sollten oder haben werden, die diese gesundheitsrelevanten Daten brauchen. Sie wissen genau, das geht hin bis zu jeder Versicherung, denn wenn heute jemand eine private Kran­kenversicherung abschließt, dann wird natürlich die Versicherungsanstalt verlangen,


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dass sie auch Zugang zu diesen Daten hat. Damit gehen die Daten mehr oder weniger in Hände, wo sie wirklich völlig unkontrolliert sind, und das ist wirklich eine große Gefahr.

Den Umstand, dass in den Daten außerdem auch Lebensgewohnheiten abgespeichert sind, halte ich auch für gefährlich. Sie haben uns gesagt, das betrifft mehr oder weniger nur Daten im engeren Sinn, also ob jemand Alkoholiker ist oder ob er starker Raucher ist. Das ist der Anfang, Frau Ministerin, und wir wissen alle, dass dem wahr­scheinlich kein Ende gesetzt ist und dass da in der Regel auf wesentlich mehr Daten zugegriffen wird, als wir uns jetzt noch vorstellen können. Ich denke, hier muss es noch klare Regelungen geben, wo das beginnt und wo das endet, denn sonst endet das nämlich nirgends, und es kann jeder alle Daten mehr oder weniger eintragen und auf der anderen Seite jeder Zugriff zu den Daten haben, unter Umständen bis hin zum Dienstgeber. Und das halte ich für sehr gefährlich.

Unter diesen Tagesordnungspunkten wird auch das Privatkrankenanstalten-Finanzie­rungsfondsgesetz neu geregelt. Dadurch kommt es zu einer wesentlichen Verbes­serung gegenüber dem alten Status, weil jetzt die Verrechnungen auch nur mehr nach dem LKF stattfinden können. Das finde ich ganz, ganz wichtig und ganz, ganz gut. Damit werden Privatkrankenhäuser oder Ärzte, die kleine Sanatorien haben und dort ihre medizinischen Leistungen – meistens nach den Operationen – anbieten, nicht mehr die Möglichkeit haben, sich bis zur Decke zu strecken, sondern die Verrechnung, die sie machen können, ist im LKF geregelt und ist gleich jener Verrechnung, die erfolgen würde, wenn die Leistung im Krankenhaus erbracht würde. Das halte ich für sinnvoll.

Es gibt zwar unter diesen privaten Krankenanstalten einige, die man sich, glaube ich, anschauen muss, ob die es wirklich Not haben, dass sie aus der LKF finanziert werden, aber es sind da natürlich auch die großen Krankenhäuser wie die Diakonis­sen-Krankenhäuser oder die Barmherzigen Brüder, die Barmherzigen Schwestern et cetera drinnen, und für die ist es natürlich schon ganz, ganz wichtig, dass die Finan­zierung weiterhin sichergestellt ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

17.59

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Lichtenegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


18.00

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Minister! (Abg. Dr. Rasinger geht gerade am Rednerpult vorbei.) Herr Dr. Rasinger! Liebe Kolle­gen! Frau Abgeordnete Silhavy hat vorhin gemeint, sie habe das Gefühl, als ob es sich hierbei um eine Pflichtveranstaltung handle. Ich muss ihr da Recht geben, denn für uns ist es wirklich eine Pflicht, uns um die Gesundheitspolitik in unserem Land anständig zu kümmern. Das machen wir hier heute auch. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wurde heute hier schon viel zur Gesundheitsreform gesagt, von der einen großen Teil die Artikel-15a-Vereinbarung bildet. Diese soll im Wesentlichen drei Dinge bringen: bessere Planung, Steuerung und Finanzierung des österreichischen Gesund­heits­wesens.

Einen wichtigen Punkt stellt natürlich auch das Gesundheitsqualitätsgesetz dar. Qua­litätskontrolle ist gerade im Gesundheitswesen sehr schwierig, weil es linear schwer messbar ist. Da müssen immer sehr viele Kriterien einfließen.


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Bisher war es immer so, dass einige Pilotprojekte, kann man fast sagen, nebenher gelaufen sind. Es waren aber eigentlich immer nur Reaktionen auf aktuelle gesund­heitspolitische Notwendigkeiten. Jetzt macht man es so, dass man die Ergebnisse dieser Projekte hernimmt und auf Grund dieser Ergebnisse Aktivitäten setzt, um die Qualität wesentlich zu verbessern und in Zukunft mehr Effizienz zu erreichen.

Einsparungen werden mit der Artikel-15a-Vereinbarung, die ich schon erwähnt habe, hauptsächlich bei den Verwaltungskosten vorgenommen. Es gibt auch eine bessere Abstimmung zwischen den einzelnen Krankenhäusern und zwischen den Ärzten und den Krankenhäusern. Da haben wir einige Richtlinien zu verbessern, die mehr Effizienz in das Gesundheitswesen bringen sollen.

Ein weiterer Punkt ist das Telematikgesetz – auch das möchte ich ganz kurz anschnei­den –, das einen wesentlichen Schritt zu einem modernen Gesundheitswesen in der Zukunft darstellt. Wir haben darin Standards für die Sicherheit von Gesundheitsdaten festzulegen. Wir haben des Weiteren auch das Gefahrenpotential bei der Übertragung von Gesundheitsdaten zu reduzieren. Und wir haben darüber hinaus auch die Aufgabe, eine breite Informationsgrundlage für die Bewertung dieser Technologie zu erarbeiten.

All das geschieht in diesen Reformstücken, die wir lange und hart erarbeitet haben, aber zum Schluss hatten wir doch ein sehr gutes Ergebnis auf dem Papier.

Der Erstredner, Kollege Lackner, hat hier von „Leistungskürzungen“ und von „Selbst­behalten“ gesprochen. Ich glaube, ich muss da fast die Diagnose stellen: Es scheint so etwas wie – erlauben Sie mir diesen Ausdruck – eine sozialdemokratische Parlaments-Alzheimer zu geben, denn im Ausschuss haben Sie noch zugestimmt, haben gesagt, die Artikel-15a-Vereinbarung sei gut, aber das scheinen Sie jetzt schon wieder ver­gessen zu haben. Das ist meine Diagnose. Ein Mittel dagegen habe ich leider noch nicht, aber wir können es das nächste Mal wieder versuchen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Spindelberger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.02

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Wenn ich den heutigen Tag mit all den unsozialen und meiner Meinung nach wirklich demokratiepolitisch bedenklichen Be­schlüssen Revue passieren lasse, dann wird mir angst und bange ob Ihres asozialen Verhaltens.

Herr Kollege Lichtenegger, der Sie sagten, dass Sie gerne Gesundheitspolitik machen, und meinten, dass Sie richtige Gesundheitspolitik machen, Ihnen scheint entgangen zu sein, dass durch Ihre Politik den Krankenkassen Hunderte von Millionen Euro entzogen wurden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Aber geh! Was war bei Ihnen in der Steiermark?) Ihre Politik zielt einzig und allein darauf ab, das bewährte Sozial- und Gesundheitssystem auszuhungern, zu zerschlagen und die kranken Menschen in unserem Land bis zum Gehtnichtmehr zu belasten. Das kann es wirklich nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Obwohl Sie wissen, dass die extramurale Versorgung im Gesundheitsbereich an Bedeutung gewinnen wird, tun Sie nichts in dieser Richtung. Daher müssen wir das Gesundheitswesen an die Bedürfnisse anpassen und strukturelle Veränderungen dahin gehend vornehmen. (Abg. Steibl: Was haben Sie in der Steiermark mit den Gebietskrankenkassen gemacht?) Da wäre so viel zu tun, aber was tun Sie?


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Kollegin Steibl, weil Sie gesagt haben: Wir wollen, dass die Opposition mitarbeitet, dass sie mitbestimmt!, frage ich Sie: Warum werden dann ständig all die Anträge im Sozial- und Gesundheitsausschuss abgeschmettert? Warum vernetzen Sie nicht das Gesundheits- und Sozialsystem insgesamt und stellen kontinuierliche Betreuungs­ketten her?

Frau Bundesminister, Sie wissen, was unser Land wirklich benötigt und was die Men­schen in Österreich benötigen. Sie benötigen eine Integration der Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen in einem Koordinierungssystem. Die Menschen in Österreich benötigen auch eine Neuorganisation der extramuralen Versorgung und der Präven­tions­maßnahmen. Was sie aber nicht benötigen, das ist eine untätige Ministerin, die nur Spitalsschließungen ankündigt, das Gesundheitssystem finanziell aushungert (Abg. Steibl: Das machen Sie selber!) und die kranken Menschen bis zum Gehtnichtmehr belastet. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


18.05

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Werte Damen und Herren! Als untätig kann man unsere Gesund­heitsministerin sicherlich nicht bezeichnen, denn in Anbetracht dessen, welch großes Gesetzespaket wir heute hier debattieren und wie viele Gesetze in diesem Paket enthalten sind, kann man von Untätigkeit der Gesundheitsministerin sicher nicht sprechen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lichtenegger.)

Ich möchte mich auf Grund der langen Tagesordnung beziehungsweise der vielen Tagesordnungspunkte, deren Verhandlung noch vor uns liegt, kurz fassen.

Es ist sehr erfreulich, dass die Artikel-15a-Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens heute einstimmig beschlossen wird. Dabei soll es zu einer integrierten Planung der österreichischen Gesundheitsversorgungsstruktur auf allen Ebenen kommen, vor allem beim stationären, ambulanten, Rehabilitations- und Pflegebereich. Eine Gesamtschau ist dabei dringend notwendig. Dies soll künftig über eine Bundesgesundheitsagentur erfolgen, die für Qualitätsvorgaben, für trans­parente Kostendarstellung, für Rahmenvorgaben, für die Leistungsangebotsplanung und für das Nahtstellenmanagement et cetera verantwortlich ist.

Die Landesgesundheitsfonds haben dies in den Ländern umzusetzen. Wichtig ist dabei, wie bereits mehrmals betont, die Gesamtsicht der stationären und der ambu­lanten Bereiche. Die für diese Bereiche Zuständigen werden künftig in den Gesund­heitsplattformen ihre Verantwortung wahrnehmen müssen und auch daran gemessen werden.

Besonders möchte ich darauf hinweisen, dass die Länder gut beraten sind, wenn sie die Empfehlung, eine Gesundheitskonferenz einzurichten, ernst nehmen und sie auch umsetzen. Dort sollen, wie es im Gesetz heißt, die wesentlichen AkteurInnen, nämlich die Praktiker des Gesundheitswesens vertreten sein, und meiner Meinung nach gehören dazu auf jeden Fall das Pflegepersonal, die medizinisch-technischen Dienste, die klinischen Psychologen, die Psychotherapeuten und die Krankenhaus­sozial­arbeiter.

Es gilt jetzt, die von der ÖVP/FPÖ-Regierung auf Schiene gebrachte Reform – und ich danke unserer Gesundheitsministerin Rauch-Kallat für diesen mutigen Schritt – so zu verankern, dass unser sehr gutes Gesundheitssystem noch effizienter und somit für die


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österreichische Bevölkerung effektiver wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lichtenegger.)

18.07

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Mag. Lapp. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.07

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin – die im Hintergrund ist –! (Bundesministerin Rauch-Kallat steht links vom Präsidium und spricht mit einem ihrer Mitarbeiter.) Ich möchte vor allem zu den Artikel-15a-Verein­barungen sprechen, zum Gesundheitspaket. Dabei konnte das, was im vergangenen Jahr geplant war, nämlich dass das Gesundheitssystem privatisiert werden soll, abge­wendet werden. Dafür muss man sich bei sämtlichen Vertreterinnen und Vertretern der Länder bedanken, die gezeigt haben, dass es in einer gemeinsamen Kraftanstrengung möglich ist, dass man das Gesundheitssystem auf Schienen hält und nicht der privaten Marktwirtschaft überlässt, wo dann die Patientinnen und Patienten den Schaden haben. Dass diese Gefahr abgewendet werden konnte, ist meiner Meinung nach sehr wesentlich und wichtig. Da haben die Ländervertreterinnen und Ländervertreter ihre Verantwortung bewiesen. Sie haben gezeigt, wie Verhandlungen zu führen sind.

Ich möchte auch noch zu einem wichtigen Antrag unserer Fraktion sprechen. Es geht darin um die Reduktion der unsozialen Selbstbehalte und um die Harmonisierung der Leistungen und der Beiträge im Gesundheitssystem. Es ist so, dass Österreich da vor sehr vielen europäischen Staaten im Spitzenfeld liegt. Wir wollen, dass diese Selbst­behalte und Beiträge harmonisiert und vor allem auch reduziert werden. Darüber gab es im Ausschuss eine sehr kurze Diskussion, und das wurde dann von Seiten der Regierungsfraktionen kalt abgelehnt. Auch das ist wieder ein Beispiel dafür, dass Sie sich nicht auf die inhaltlichen Dinge beziehen, sondern große Maßnahmen setzen wollen und nicht die Patientinnen und Patienten im Auge haben.

Wichtig für eine effiziente und solidarische Gestaltung des Gesundheitssystems sind die Punkte, die in den Artikel-15a-Vereinbarungen enthalten sind. Die Ländervertreter haben Verantwortung bewiesen, die Regierung muss ihr Verantwortungsgefühl erst noch unter Beweis stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Die Vorredner von den Regierungsfraktionen haben bereits sehr deutlich darauf hingewiesen, wie wichtig diese Gesundheitsreform für unser Land ist. Es wurde bereits in Details erläutert, welche Meilensteine in dieser Reform enthalten sind, die nachhaltig das österreichische Gesundheitssystem für die nächsten Jahre absichert.

Mein Dank gilt an dieser Stelle nicht nur der Frau Minister, sondern vor allen Dingen auch jenen Verhandlern auf unserer Seite, auf Seiten der Freiheitlichen, die sich bei dieser Gesetzesmaterie sehr massiv eingebracht haben. Ich denke da speziell an Staatssekretär Karl Schweitzer, der über sein Staatssekretariat hinaus und von unserer Partei mit Kompetenz ausgestattet wirklich sehr gut und sehr konstruktiv mitverhandelt hat.

Es ist bei dieser Reform auch klar herausgekommen, dass auch die Länder gefordert sind. Der Bund kann nur die Rahmenbedingungen schaffen. In vielen Bereichen sind


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vor allem die Länder in ihrer Kompetenz gefordert. Sie sind gefordert, Sparpotentiale einzulösen und die vorhandenen Möglichkeiten dafür zu nützen, sicherzustellen, dass wir in Österreich flächendeckend eine medizinische Versorgung haben.

Ich glaube, es sind sich alle politischen Parteien darüber einig, dass es nicht sein kann, dass Regionen auf ihrer Landkarte sozusagen medizinisch weiße Flecken bekommen.

Es muss sichergestellt werden, dass auch die Krankenhäuser der kleinen und mittleren Struktur erhalten bleiben, wenngleich man darauf wird achten müssen, und zwar spe­ziell in den ländlichen Bereichen, dass man diese Krankenhäuser spezialisiert, dass sie einen Schwerpunkt bekommen, der sozusagen ihre Existenzberechtigung absichert. Parallel dazu muss die medizinische Grundversorgung durch das Vorhandensein von Ärzten und von Betreuungspersonal sichergestellt sein. Das sind wir von Bundesseite und von Länderseite her den Menschen in den ländlichen Regionen schuldig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zu einer anderen Geschichte: Es gehört schon zum guten Brauch von mir, dass ich mich immer sehr darum kümmere, wie sehr sich die SPÖ mit ihren Ideen und ihren Forderungen in die Gesundheitspolitik einbringt. Ich habe das heute wieder gemacht und habe mir – Kollege Broukal hat mich dabei beobachtet – Zeit genommen, in der SPÖ-Homepage zu stöbern und dort nach der SPÖ-Gesundheitspolitik zu suchen. Ich habe, anders als bei den Pensionen, keinen Button gefunden, und habe in die Suchmaschine bei der SPÖ „Gesundheitsreform“ eingegeben – erweiterte Suche, ein Jahr auf allen Seiten, die es bei der SPÖ gibt. Siehe da, was kommt heraus? – Zu „Gesundheitsreform“ wurde nichts gefunden!

Geschätzte Damen und Herren von der SPÖ! Ich glaube, Sie sind es den Lesern Ihrer Homepage schuldig, dass Sie Ihre sicherlich guten Ideen in die Homepage stellen, damit wir von Regierungsseite uns darum kümmern und uns Gedanken machen können, was Sie davon halten. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Lackner: Sie haben eindrucksvoll bewiesen, dass Sie mit dem Computer nicht umgehen können!)

18.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Scharer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 


18.12

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Das vorliegende Gesundheitspaket dieser pseudoreform­wütigen Bundesregierung bedeutet eindeutig nur eine kurzfristige Entlastung der Kran­kenversicherungen und geht eindeutig zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer beziehungsweise der Versicherten.

Ihre Lösungen sind einseitig und führen weiterhin zu einem Sozialabbau. Sie bestrafen die Versicherten mit neuen kostenintensiven, aufgeblähten Gesundheitsagenturen, mit neuen, zusätzlichen Selbstbehalten und mit immer mehr Leistungskürzungen.

Das ist keine Politik, die sich den Herausforderungen der gesundheitspolitischen Ent­wicklungen stellt!

Meine Damen und Herren! Sie ignorieren, dass es über eine Million Menschen in Österreich gibt, die weniger als 780 € im Monat zum Leben haben. 92 Prozent aller Steuern belasten die Erwerbseinkommen, aber nur 6 Prozent aller Steuern belasten das Vermögen.


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Wir meinen, das, was wir in Österreich brauchen, ist ein neues Bekenntnis zu einer gerechten Verteilung des gemeinsam Erwirtschafteten. Wir haben deshalb einen Antrag gestellt mit der Forderung, dass es unter anderem zu einer Umstellung des Dienstgeberbeitrages auf eine Wertschöpfungsabgabe kommen sollte. Das wäre ein neuer, sicherer und gerechter Weg bei der Finanzierung des Gesundheitssystems.

Es war schon von vornherein klar, dass alles, was von der Opposition kommt, abge­lehnt wird. Dieser Reform fehlt es – und das fehlt vor allem Ihnen – an Innovation für echte Strukturreformen. Es fehlt Ihnen der Mut, neue Wege bei der Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems zu gehen. Dafür belasten Sie weiterhin die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Das ist mehr als bedauerlich für die österreichische Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


18.14

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Wenn die Vorrednerin gesagt hat, dass es in Österreich eine Million Menschen gibt, die Versorgungsprobleme oder ein sehr geringes Einkommen haben, dann muss ich ihr sagen: Lesen Sie, bitte, all Ihre Berichte! Dieses Problem gibt es seit mindestens 20 Jahren. Das haben Sie genauso wenig bewältigt, und deshalb sollten Sie das hier auch nicht kritisieren.

Punkt zwei: Es gibt kein Land in Europa mit einem hoch entwickelten Gesund­heits­system, das nicht vor massiven Reformen steht und neue Wege gehen muss. Deshalb halte ich es wirklich schön langsam für phantasielos, dass hier am Rednerpult immer vorgejammert wird, welch eine Belastung die Menschen, die Dienstnehmer zu tragen hätten. Schauen Sie sich, bitte, an, wie die Beitragslinien verlaufen!

Die Anhebung der Beitragssätze um 0,1 Prozent betrifft alle Berufsgruppen. Das ist auch richtig, weil die Leistung ebenfalls allen geboten wird. Viele andere Maßnahmen, die gesetzt wurden, sind auch wohl überlegt.

Ich weiß schon, womit Sie ein Problem haben! Sie haben ein Problem damit, dass namhafte Repräsentanten Ihrer Partei, die gewusst haben, worum es geht, bei der Artikel-15a-Vereinbarung mitgestimmt haben, mit unterschrieben haben, zugestimmt haben – und dann haben Sie es selber eigentlich aus Feigheit oder aus Angst vor der Wahrheit zurückgezogen, und das war unanständig. Ich sage Ihnen: Das ist keine gute Politik! Wenn Sie als Opposition an einer vernünftigen Entwicklung mitwirken wollen, dann sollten Sie – und dazu wäre es höchste Zeit – hier nicht nur mit Kritik antreten, sondern auch gute Vorschläge bringen.

Frau Bundesminister! Insgesamt gesehen ist, glaube ich, diese Gesundheitsreform eine passende und klare Antwort auf die geltenden Rahmenbedingungen, wo sich Anbot, Versorgung und Lebenserwartung in einem neuen Problem begegnen, auf das wir Antworten brauchen. Das Zweite ist: Wir brauchen ein neues Bewusstsein in Bezug auf den Wert der Gesundheit und ein neues Bewusstsein in Bezug darauf, was Krankheit kostet.

Es sind, wie ich meine, all diese Maßnahmen, von der Gesundheitsförderung bis zur Qualitätssicherung, gut geplant, ebenso wie die Strukturreformen und die neuen Wege bei der Finanzierung.

Persönlich möchte ich der Frau Bundesminister und dem ganzen Team meine Anerkennung für die harte Arbeit, die sie geleistet haben, und für die guten Vorschläge,


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die sie unterbreitet haben, aussprechen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.17

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.17

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch hat be­hauptet, dass es auf der Internetpräsenz der SPÖ nichts über Gesundheit (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Gesundheitsreform!) zu finden gäbe. – Das ist unrichtig!

Richtig ist vielmehr, dass er von der Leitseite durch Drücken des Buttons „Startklar“ jederzeit zweifelsfrei auf ein mehrere Seiten langes Gesundheitskonzept der SPÖ im Internet kommen kann. – Ich gebe Ihnen wirklich einmal ein Privatissimum über Suche im Internet, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der SPÖ.)

18.18

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Kaipel. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.18

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ein paar wenige Gedanken zu zwei Oppositionsanträgen – solche werden ja üblicherweise vertagt, dieses Mal ist es allerdings anders –, die heute ins Plenum gekommen sind.

Zum Ersten zur Beihilfenregelung, die im Wesentlichen für die schlechte finanzielle Lage der sozialen Krankenversicherungen verantwortlich ist. Diese Situation wollten wir heute eigentlich korrigieren.

Mit der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ist die Umsatzsteuerbefreiung für das öffent­liche Gesundheitswesen entfallen, was eine wesentliche finanzielle Belastung für Vertragsärzte, Spitäler, Versicherungen und andere zur Folge hatte.

Das GSBG sieht an sich dafür einen Ausgleich vor, allerdings einen unterschiedlichen und auch ungerechten Ausgleich. Während die Krankenanstalten und Ärzte praktisch den vollen Ausgleich erhalten, gibt es für Sozialversicherungsträger und Krankenfür­sorgeanstalten eine pauschalierte Abgeltung. Diese pauschalierte Abgeltung belastete die Sozialversicherung von 1997 bis 2002 mit 164 Millionen €, und die Vorausbe­rechnung weist bis 2006 eine Belastung von über 300 Millionen € aus.

Die Entwicklung zeigt, dass die Prozentregelung nicht geeignet ist, dieses Problem zu lösen, daher haben wir vorgeschlagen, den Vorsteuerausfall auch den Versicherungs­trägern voll zu entgelten, und das rückwirkend ab In-Kraft-Treten des GSBG. Leider wollen Sie dieser Korrektur nicht folgen.

Zum Zweiten, Palliativ Care. Die moderne Medizin gibt uns die Möglichkeit, immer älter zu werden. Das ist gut so, wir alle wollen das auch. Das heißt aber auch, dass immer mehr Menschen am Ende ihrer Zeit in Heimen leben und dass auch immer mehr Menschen in Heimen sterben. Es ist legitimer Wunsch aller, dass man in Würde altern und auch in Würde sterben kann. Es gibt ein Recht darauf, das im KAG auch garantiert wird. Jedoch ist das Personal häufig überfordert, und zwar zahlenmäßig wie auch in Bezug auf die Ausbildung. Daher verfolgt der Antrag das Ziel, dieses garantierte Recht auch umzusetzen, er verfolgt das Ziel, die stationäre geriatrische Pflege menschen­würdig bis ans Ende zu gewährleisten.


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Es ist gut, dass wir uns gemeinsam zu diesem Antrag durchringen konnten und dass wir dem auch gemeinsam zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.21

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer persönlichen Erwiderung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, auch Sie kennen die Bestimmungen, Sie haben ebenfalls 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Broukal – in Richtung des bereits beim Rednerpult stehenden Abg. Dipl.-Ing. Scheuch –: Bitte, wir hören!)

 


18.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsident! Frau Minister! Herr Abgeordneter Broukal hat in seiner tatsächlichen Berichtigung behauptet, dass ich gesagt hätte, man hätte zu Gesundheit nichts gefunden. – Das stimmt nicht!

Ich sagte, ich habe in die Suchmaschine „Gesundheitsreform“ eingegeben und nichts gefunden. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Den Beweis dafür gibt es schriftlich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Lackner. – Abg. Broukal: Vielleicht liegt es an seiner Rechtschreibung! Das könnte ja auch sein!)

18.21

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich würde vorschlagen, die Internet-Debatte außerhalb dieses Saales fortzusetzen.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


18.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Informations- und Kommunikations­technologien finden in allen Lebensbereichen immer mehr Verwendung, und natürlich auch in der Gesundheitstelematik. Deren große Bedeutung ergibt sich aus der Mög­lichkeit des multimedialen Datentransfers im Rahmen der medizinischen Vorsorge und Versorgung sowie insbesondere auch bei der Vernetzung der Versorgungs­einrich­tungen.

Ziel dieses Telematik-, dieses Gesundheitstelematikgesetzes ist es, bundeseinheitliche Mindeststandards für die Datensicherheit beim elektronischen Transport von Gesund­heitsdaten zu schaffen.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass aktuell eine hohe Anzahl personenbezogener Gesundheitsdaten noch per Fax – mit den damit verbundenen Risiken – übermittelt werden. Datensicherheit hat oberste Priorität, und man muss auch genau wissen, wer der Kommunikationspartner ist, weil höchst sensible Gesundheitsdaten transportiert wer­den, für die das höchste Schutzniveau gilt. Die hohen Anforderungen an die zu verwendenden Zertifikate, Verschlüsselungsmechanismen und elektronischen Signatu­ren werden durch Verordnung festgelegt, um der Dynamik in der Informations­tech­nologie gerecht zu werden.

Ich halte das gesamte Gesundheitsreformpaket mit dem Stabilitätspakt und dem Finanzausgleich für gut und wichtig. Es ist jedoch befremdlich, wenn die SPÖ-Bun­despolitik in die Gemeinden hineinregiert. Ich habe in der letzten Woche in der Ge­meinderatssitzung in Wieselburg eine Resolution eingebracht, in der alle vier Parla­mentsparteien aufgefordert werden, für den gesamten Finanzausgleichspakt zu stim­men.

Der Bürgermeister hat diesen Antrag abgelehnt, weil er die Zickzackpolitik des Bundes, der Bundes-SPÖ mittragen muss. Dabei fließen in die Kassen der Gemeinden unseres


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Bezirkes Scheibbs mehr als 600 000 € zusätzlich! Das ist sehr wichtig für unsere Region, und das wissen auch unsere Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, sie wis­sen das zu schätzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.24

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort gemeldet. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.24

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Ich habe diese Debatte heute genau verfolgt: Alle Parteien haben die Meinung kundgetan, es seien sehr gute Gesetzesteile ausverhandelt wor­den, die Artikel-15a-Verhandlungen seien gut gelaufen, dem könne man auch zustim­men. Frau Abgeordnete Lapp hat gesagt, sie müsste den Vertretern der Länder für diese ausgezeichneten Verhandlungen ganz besonders Dank aussprechen.

Dem kann man sich durchaus anschließen. Auch wir können den Vertretern der Länder für diese Artikel-15a-Vereinbarungen Dank aussprechen. Allerdings muss man sagen, dass die Ländervertreter, die hier verhandelt haben, gerade von der SPÖ-Seite her nicht sehr unterstützt wurden! Wie Sie ja genau wissen, hatten die Vereinbarungen durchaus schon konkrete Gestalt angenommen, als Sie von der SPÖ das wieder „geschmissen“ haben.

Umso mehr darf ich mich jetzt bei der Frau Bundesministerin bedanken, die hier so gut verhandelt hat, dass diese Verträge zustande gekommen sind und dadurch das öster­reichische Gesundheitssystem auch zukünftig auf gute und sichere Füße gestellt wer­den kann. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Jeder von uns braucht dieses hochqualitative Gesundheitssystem – abgesichert für die Zukunft. Wir haben keine Versorgungskrisen, wir haben Defizite, und diese Defizite wurden erkannt und werden selbstverständlich auch mit allen Maßnahmen, die in diesem Reformpaket verpackt sind, in Angriff genommen.

Die Frau Gesundheitsministerin hat sich nicht gescheut, dieses heiße Eisen anzu­greifen und mit den Verhandlungspartnern etwas Gutes auf den Weg zu bringen. Vor allem die Installierung der Bundesgesundheitsagentur und der neuen Gesundheits­plattformen auf Länderebene wird dazu beitragen, dass dieses Nahtsystem zwischen niedergelassenem Bereich und Krankenhausbereich zukünftig sehr gut funktionieren wird. Aber auch alle anderen Maßnahmen, die in diesem Paket enthalten sind, werden dazu beitragen, dass es eine Absicherung des besonders guten Gesundheitssystems auch in Zukunft geben wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

18.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Broukal. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 1 Minute. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.27

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Es soll ja kein Privatkrieg werden, aber den­noch, Herr Abgeordneter Scheuch (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie haben immer Recht!): Wenn Sie auf der Homepage der SPÖ das Stichwort „Gesundheit“ eingeben, bekom­men Sie 19 Fundstellen, darunter unser Gesundheitsprogramm.

Im Internet suchen will gelernt sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt ist es leider zu spät, zu ...!)

18.27

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Grander zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.27

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ganz kurz auf die Artikel-15a-Vereinbarungen eingehen.

Mit der neuen Artikel-15a-Vereinbarung ist es gelungen, erstmals nicht nur die Bedin­gungen für die Verteilung der Finanzmittel festzuschreiben, sondern auch wichtige strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem zu verankern. Mit den Gesundheits­plattformen auf Landesebene und der Gesundheitsagentur auf Bundesebene gibt es Instrumente zur gemeinsamen sektorübergreifenden Planung und Steuerung der Finanzmittel für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte, an denen Länder und Sozialversicherung gleichermaßen verbindlich teilnehmen.

Diese enge Zusammenarbeit ist ein erster großer Schritt, da bisher sowohl die Länder im Krankenhausbereich als auch die Sozialversicherungen bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten die Planung für die Versorgungskapazität nicht aufeinander abstimmen mussten. Ich denke, dass gerade im extra- und intramuralen Bereich diese Zusammenarbeit besonders wichtig ist und uns auch hilft, ein großes Netz im Speziellen für den zu Betreuenden, sprich: für die Patientinnen und Patienten aufzu­bauen. Es ist mir ganz wichtig, hier auch die Pflege mit einzubeziehen.

Ich möchte mich bei der Frau Bundesministerin dafür bedanken, dass es immer Ihr Leitbild war, dass im Mittelpunkt der ganzen Gesundheitsreform der Mensch steht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.29

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vorläufig letzter Redner hiezu hat sich Herr Abgeordneter Kainz zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.29

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Wenn Frau Abgeordnete Scharer zuvor behauptet hat, der ÖVP fehle es an Mut (Ruf bei der SPÖ: Ja!) bei der Gesundheitspolitik, so kann ich darauf nur sagen: Die SPÖ hat der Mut verlassen, weil sie das paktierte Gesundheitssystem und damit den paktierten Finanzausgleich wieder aufgeschnürt hat.

Da ich jetzt die Diskussion im Rahmen der Gesundheitspolitik verfolge, in der man einfach Internetseiten der SPÖ-Homepage anschaut, ansonsten aber zur Gesund­heitspolitik nichts Großes beigetragen wird, bin ich sicher: Der Bürger draußen kann sich ein Bild davon machen, wer es in diesem Land wirklich ernst meint mit der Gesundheitsvorsorge für unsere Bürgerinnen und Bürger, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Losen, Kollege Scheuch!)

Österreich hat zweifellos eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Und diese Reform wird dazu beitragen, dass es weiterhin so bleibt und dass unsere Bürgerinnen und Bürger quer durch alle Bevölkerungsschichten einen freien Zugang zu dieser Spitzenmedizin haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Die Österreicherinnen und Österreicher wissen das sehr wohl. Sie sind stolz darauf und auch bereit dazu, einen Beitrag zu leisten. Das ist etwas! Deswegen sind auch diese moderaten Erhöhungen für eine flächendeckende Versorgung mit dieser Spitzen­medizin zweifellos der richtige Weg. Und ein Teil dieser Gesundheitsreform war auch


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die Finanzierung des Gesundheitssystems, unter anderem mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung.

Positiv ist weiters, dass beispielsweise Niederösterreich künftig 23 Millionen € mehr für das Gesundheitssystem bekommt, dass wir unsere Spitäler flächendeckend aufrecht­erhalten – und nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar ausbauen und auch investie­ren, wenn ich an die Spitäler in meiner Region denke, nämlich an das Thermenklinikum Baden, aber auch an Mödling sowie Hainburg.

Abschließend noch ein positiver Ausblick, eine Vision, etwas, worauf wir allesamt hier in diesem Haus, aber vor allem die Regierung stolz sein kann: Es ist uns gelungen, das Gesundheitssystem nicht nur aufrechtzuerhalten und auszubauen, sondern mit dem Projekt MedAustron Spitzenmedizin nach Österreich zu bekommen.

Stimmen Sie zu! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Abg. Dr. Jarolim: Das war eine alte Stummvoll-Rede!)

18.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünschen die Berichterstatter/die Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfas­sungsgesetz über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens in 692 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 709 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 710 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Gesundheits­reform­gesetz 2005, samt Titel und Eingang in 711 der Beilagen.

Hiezu hat Herr Abgeordneter Dr. Grünewald ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 9 in der Fassung des Aus­schussberichtes.


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Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diesen Teil des Gesetz­entwurfes aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes, samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 712 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 713 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte wiederum jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 714 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte die Damen und Herren im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheits­ausschus­ses, seinen Bericht 715 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Privatkranken­anstalten-Finanzierungsfondsgesetz, samt Titel und Eingang in 673 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 674 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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90. Sitzung / Seite 193

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 722 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 722 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 86.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (700 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabak­erzeug­nisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz) geändert wird (717 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (676 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittelgesetz und das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden (718 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 279/A (E) der Abgeord­neten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Rege­lungen für eine verstärkte Qualitätssicherung bei der Verwendung von Blut und Blutprodukten (719 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (675 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhr­gesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz ge­än­dert werden (720 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 22 bis 25 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.37

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich mit dem Bun­desgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arznei­mittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, das


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Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden, auseinander setzen.

Wenn man sich diese Regierungsvorlage anschaut, dann sieht man, dass ein Bun­desamt für Sicherheit im Gesundheitswesen geschaffen wird, und zwar im Rahmen der Agentur für Ernährungssicherheit, und dass die Agentur wie schon bisher dem Bun­desamt für Ernährungssicherheit und dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheits­wesen sämtliche erforderlichen Mittel zur Wahrnehmung der Aufgaben gemäß der §§ 6 und 6a zur Verfügung zu stellen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier geht es um die Vollziehung des Arznei­mittelgesetzes, des Arzneiwareneinfuhrgesetzes, des Medizinproduktegesetzes und dergleichen.

Wir haben jetzt – und das sei in der Diskussion ganz klar gesagt – AGES 2. Es geht um die Frage, warum im Rahmen der AGES Fragen der Arzneimittelzulassung, der Medizinproduktezulassung und auch die Erfassung der unerwünschten Nebenwirkun­gen, also Fragen der Pharmakovigilanz, geregelt werden sollen.

Im Hintergrund, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, stehen Rechnungshofberichte, und zwar ein vernichtender Rechnungshofbericht darüber, wie mit Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen in Österreich umge­gangen wird.

Das Arzneimittelgesetz wurde bislang nicht vollzogen. Und jetzt passiert Folgendes: Genau diese Aufgaben werden der AGES zugeordnet! Ich halte nochmals fest: In der AGES haben wir ein Finanzdesaster und ein Sicherheitsdesaster zu verzeichnen.

Wir diskutieren heute eine allgemeine Sicherheitskrise, in der sich dieses Land befin­det. Ich wiederhole: Gutachten werden erst nach acht Monaten und länger erstattet. Die Europäische Union weist darauf hin, dass die Gutachten nicht rechtzeitig erstellt werden. Kollege Molterer, einer der dafür Verantwortlichen, ist leider nicht anwesend. (Abg. Mag. Molterer – mit Bundesministerin Rauch-Kallat neben der Regierungsbank stehend –: Doch, Kollege Maier! Auch diesmal bin ich da!) Kennen Sie den Revisions­bericht über die Ausschreibung für TSE-Testsysteme? Wissen Sie, was darin steht, wie viele Millionen da in den Sand gesetzt wurden?

Willi Molterer, kennst du den Bericht „Systemdiagnose“ über die Entwicklung der AGES? Kennen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Schreiben von fünf Leitern von Untersuchungsanstalten, in dem sie darauf hinweisen, dass die Lebens­mittelsicherheit nicht mehr gewährleistet ist? Kennen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Rechnungshofbericht über die Entwicklung der AGES?

Nun passiert Folgendes: Die AGES wird mit neuen Aufgaben betraut, obwohl weder die Geldmittel noch das Personal in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten lehnen aus den dar­gelegten grundsätzlichen Überlegungen – und das wird heute nicht die letzte Dis­kussion gewesen sein, die wir zu Fragen der Lebensmittelsicherheit geführt haben – die heutige Beschlussfassung ab. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.41

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.41

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Es ist offensichtlich mein Lieblingsthema am


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Tapet: das Tabakgesetz. Alle gähnen, alle glauben, jetzt werde ich eine Philippika gegen das Rauchen halten (Abg. Dr. Jarolim: Es hat niemand eine Erwartungs­hal­tung!), aber ich bin kein Genussverweigerer. Ich hätte ein Drittel Patienten weniger, wenn es keine Raucher gäbe, also bin ich prinzipiell für die Raucher. Das sind arme Menschen.

Wir haben in Österreich leider einen viel zu hohen Raucheranteil, nämlich 31 Prozent, in Amerika sind es nur 22 Prozent. Rauchen ist, obwohl alle über die Preise klagen, kein gutes Geschäft. Die amerikanische Bundesregierung fordert von der Tabak­industrie 250 Milliarden Dollar für Medicare-Kosten, weil die Behandlungs- und Beren­tungskosten einfach hoch sind.

Wenn der heutige Abend für mich als Arzt einen Sinn hat, dann den folgenden: Es gibt eine Arbeit im „British Medical Journal“, wonach der flammende Appell eines Arztes schon allein reicht, dass 1 Prozent der Patienten zu rauchen aufhört. (Abg. Mag. Jo­hann Maier: Aber nicht von dir!) Wir sind hier 183 potentielle Patienten, also müssten 1,9 Patienten aufhören, wenn ich jetzt einen flammenden Appell halte.

14 000 Menschen sterben jährlich vorzeitig durch das Rauchen. 30 Prozent aller Krebserkrankungen sind durch Rauchen verursacht; das wären 12 000 Krebs­erkran­kungen weniger pro Jahr, und die Raucher gewännen acht Jahre an Lebenserwartung.

Die gute Nachricht zum Schluss: Sie könnten praktisch wie bei Leo Wallner im Casino spielen: 50 Prozent der Raucher überleben das Rauchen, 50 Prozent werden an den Folgen des Rauchens sterben. Wir wissen nicht, warum.

Das Tabakgesetz ist wichtig: Erstens: Es verschärft die Aufklärungspflicht. Zweitens: Es setzt die EU-Werbeverbote, die notwendig sind, um. Drittens: Es ermöglicht den Nichtrauchern, die nicht rauchen wollen, einen besseren Schutz. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Ergänzt wird das Tabakgesetz durch freiwillige Vereinbarungen mit der Gastronomie.

Ich möchte nicht, dass noch irgendjemand hier im Plenum fragt: Warum hat mich keiner gewarnt? So, wie mich das schon viele meiner Patienten gefragt haben, die mit schweren Krankheiten gekommen sind. Das ist der Sinn des Gesetzes: Warnung, Aufklärung und Prävention. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Pfeffer.)

18.43

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Grünewald. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abge­rd­neter.

 


18.44

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich rede jetzt aus verschiedensten Gründen nicht über das Tabakgesetz (Abg. Scheibner: Das ist aber jetzt auf der Tagesordnung!), möchte aber schon, Kollege Rasinger, darauf aufmerksam machen, dass die Bundesregierung gerade beschlossen hat, dass 90 Millionen € von den Rauchern in das Gesund­eitssystem fließen (Abg. Scheibner: Na, ist das schlecht?), und diese würden dann wieder irgendwo fehlen. Ich weiß nicht, ob schon berechnet und geschaut wurde, was man dann machen würde.

Ich rede jetzt über die Ernährungsagentur, und da, muss ich sagen, sind mit mir nur wenige Kompromisse möglich, denn es fehlen – nicht nur laut „Standard“, auch laut anderer Medienberichte und Berichten aus der Ernährungsagentur selbst – dieser Agentur bereits heuer 4 Millionen €, die vorläufig noch nicht bedeckt sind. Und nun muss die Ernährungsagentur noch eine Reihe zusätzlicher Aufgaben übernehmen.


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Das Problem liegt, denke ich, weit tiefer; der Rechnungshof hat das sehr gut erkannt. Er spricht davon, dass durch die Schaffung dieser Agentur und weiterer Agenturen und durch Auslagerungen massive Interessenkonflikte nahezu unauflösbarer Natur für die Organisationen entstehen, die kontrollieren, bewerten und begutachten sollen, gleich­eitig aber von jenen Auftraggebern leben, deren eingesandte Proben sie zu beurteilen haben. Sie müssen marktfähig sein: Je strenger sie sind, desto weniger Aufträge bekom­en sie, je milder sie sind, desto mehr schaden sie der gesundheitspolitischen Zielsetzung. Dieser Spagat wurde nicht nur laut Rechnungshof nicht bewältigt, sondern ist auch international gegeben.

Es wird von Ihnen immer wieder das „tolle“ Vorbild USA zitiert – nicht nur bei den Uni­versitäten –, aber die USA haben all diese Geschäfte, bakteriologische Untersuchungs­anstalten, Hygiene, Ernährungssicherheit, Arzneimittelsicherheit, im hoheitsrechtlichen Bereich angesiedelt; die USA, wo die freie Marktwirtschaft sonst gepredigt wird. Das hat seine Gründe.

Ich sehe wirklich nicht ein, dass schon durch Methoden der Täuschung im Finanz­ministerium, indem man einfach sagt: Ich spare Bundespersonal, ich reduziere die Zahl der Beamtinnen und Beamten!, etwas ausgelagert wird, was zu keiner Kostenreduktion führt, sondern lediglich zu einer Kostenverschiebung und zu mehr Intransparenz unter Inkaufnahme einer möglicherweise, sage ich jetzt einmal, schlechteren Qualität.

Ich sage Ihnen aus meiner Erfahrung: Bundesstaatlich serologische Untersuchungs­anstalten, auch Lebensmittelsicherheit wären gewinnbringende Institutionen, wenn man sie richtig führen würde, wären wertvolle Institutionen für Forschung und Planung. Man hätte das ruhig in Bundeshoheit lassen können. Dass Sie dem Druck aus dem Finanzministerium und von weiteren Mitgliedern der Bundesregierung nachgeben mussten und das nun auch noch verteidigen müssen, bedauere ich sehr.

Der Rechnungshof wurde vom Kollegen Maier schon erwähnt. Wir sollten uns schon überlegen, wo in der Gesundheitspolitik ein schlanker Staat wirklich etwas Gesundes ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.48

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Lichtenegger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.48

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Ich werde mich ganz kurz mit dem Tabakgesetz auseinander setzen.

Kurz zu den Fakten: 2,3 Millionen Österreicher rauchen, das sind rund 30 Prozent der Bevölkerung. Davon sind ein Drittel, also etwa 800 000, stark nikotinabhängig und dadurch auch krankheitsgefährdet.

Der Tabakrauch – ich habe das schon das letzte Mal gesagt, aber ich sage es noch einmal – beinhaltet rund 4 000 Chemikalien. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Folgen des Rauchens können sein: Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen und Bronchitis. 14 000 Tote jährlich, Kollege Rasinger hat das schon gesagt, als Folge des Rauchens. Das Interessante sind auch die Folgekosten, die dadurch in unserem Gesundheitssystem entstehen. Sie belaufen sich auf rund 2 Milliarden €, das sind rund 20 Prozent der Versicherungsleistungen aller Krankenversicherungsträger.

Es ist das, ich sehe es zumindest so, eigentlich ein Gesetz zum Schutz der Nicht­raucher, vor allem aber ein Gesetz zum Schutz der Jugendlichen. Die traurigen Fakten schauen nämlich leider so aus: Rund 20 Prozent der Burschen und 25 Prozent der


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Mädchen im Alter von 15 Jahren geben an, schon zu rauchen. Das allein ist schon schlimm, aber das Erschreckende, das aus dieser Statistik hervorgeht, ist, dass nur 96 Prozent der Elfjährigen angegeben haben, nicht zu rauchen. Daraus kann man schließen, dass 4 Prozent der Elfjährigen bereits in Kontakt mit Nikotin gekommen sind. Das ist eine Entwicklung, der wir auf alle Fälle entgegentreten sollten, und mit diesem Gesetz können wir einiges dazu beitragen.

Noch dazu ist das – Kollege Maier ist da ja auch immer ein Mitstreiter, ein Mitkämpfer – eng verbunden mit der Problematik der „Alcopops“. Hier sind wir, da wir wissen, dass die Rechtslage nicht so einfach ist, angehalten, alle gemeinsam an einem Strang zu ziehen und zu versuchen, das Problem „Alcopops“ zu lösen, den Jugendlichen zumin­dest den Zugang dazu zu erschweren, denn die Leute werden auch immer erfin­derischer.

„Alcopops“, das sind ja nicht nur die bunten Flaschen, wo wenig draufsteht, wie viel und welcher Alkohol enthalten ist, sondern da kommen ja auch manche drauf, das kann man mit Pulver und Wasser mischen und schon, so meinen manche, habe man ein wunderbares Getränk. – Angebracht wäre daher, dazu eine Arbeitsgruppe ein­zusetzen, wie wir das ja im Ausschuss vorgeschlagen haben, die dann Empfehlungen an die Gesundheitsministerin abgeben könnte, aber auch an den Finanzminister, der durchaus auch dafür verantwortlich ist, in diesem Zusammenhang eventuell steuer­technische Nicht-Anreize zu schaffen, sodass man diesbezüglich in nächster Zeit vielleicht einen kleinen Erfolg erzielen könnte. Das wäre wichtig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

18.51

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­ministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


18.51

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Lassen Sie mich ganz kurz zu den drei Vorlagen, die wir jetzt hier diskutieren, Stellung nehmen. Es geht bei der Novelle des Blutsicherheitsgesetzes, des Arzneimittelgesetzes sowie des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kur­anstalten um die Umsetzung einer Richtlinie, mit der sichergestellt wird, dass das hohe Niveau, das in Österreich im Bereich Blutsicherheit herrscht, nicht nur den EU-Anfor­derungen entspricht, sondern verbessert beziehungsweise noch weiter abgesichert wird.

Zum Gesetzentwurf betreffend Ausgliederung des Bundesinstituts für Pharmakologie – wir haben ja heute schon darüber diskutiert –: Mit der Schaffung einer dem Bundes­ministerium für Gesundheit und Frauen nachgelagerten schlanken und kollegial geführten Behörde wird sichergestellt, dass in Zukunft vor allem die Arzneimittel­zulas­sung schneller vonstatten geht, dass die Arzneimittelkontrolle besser organisiert wird. Wir werden diese PharmMed-Austria der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit eingliedern, womit sichergestellt wird, dass durch Synergieeffekte Steuer­mittel sparsam eingesetzt werden.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, aber auch noch kurz etwas zur Tabak­gesetz-Novelle sagen, etwas, was mir ein ganz besonderes Anliegen ist, weil es auch für mich extrem erschütternd war, dass Österreich – in diesem Falle: leider! – einen europäischen Rekord verzeichnet, nämlich den höchsten Anteil an jüngsten Rauche­rinnen und Rauchern. Mehr als 20 Prozent der 15-jährigen Burschen und 26 Prozent der 15-jährigen Mädchen haben bei einer Befragung angegeben, dass sie regelmäßig rauchen! Das ist eine erschreckend große Zahl, wenn man da beispielsweise auch noch an jene Burschen und Mädchen denkt, die das vielleicht nicht zugegeben haben.


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Wir wissen, dass Tabakkonsum, und zwar sowohl aktiver als auch passiver, schwere gesundheitliche Schäden nach sich zieht – und nicht nur Lungenkrebs. Jedenfalls ist aber zu 90 Prozent das Rauchen die Ursache für das Entstehen von Lungenkrebs. Weitere gesundheitliche Schäden: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die durch das Rauchen verursacht beziehungsweise verstärkt werden und sehr stark die Gesundheit beeinträchtigen.

Ich bin daher sehr froh darüber, dass wir mit dieser Tabakgesetz-Novelle ein sehr starkes Signal nach außen senden, und zwar dadurch, dass wir generell ein Rauch­verbot für überdachte öffentliche Räume verhängen – ein deutliches Signal, dass wir den Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher sehr ernst nehmen.

Neben diesen Maßnahmen haben wir noch eine Reihe weiterer gesetzt, die auch in Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Tabakgesetz – Werbeverbote, Sponsoring-Verbote und anderes mehr – in diese Novelle verpackt wurden; ebenso darin enthalten: ein Ausschilderungsgebot.

Das bedeutet aber nicht, dass wir einen Kampf gegen Raucherinnen und Raucher führen wollen, sondern wir bauen auf eine friedliche Koexistenz zwischen Raucherin­nen und Rauchern, weil ich weiß, dass die Mehrheit der Raucherinnen und Raucher Rücksicht auf Nichtraucherinnen und Nichtraucher nimmt. Daher haben wir uns dazu entschlossen, in öffentlichen Gaststätten, in Restaurants, in Speiselokalen eine Selbst­verpflichtung einzuführen, zu der sich die österreichische Gastronomie bekennt und die sie in den nächsten zwei Jahren umzusetzen bereit ist.

Ich denke, dass auch da – mit etwas gutem Willen – eine friedliche Koexistenz möglich ist und hoffe sehr auf die Rücksichtnahme der Raucherinnen und Raucher, weil ich wirklich nicht einsehen kann, dass Nichtraucherinnen und Nichtraucher durch passives Rauchen gesundheitlich geschädigt werden.

Meine Verpflichtung als Gesundheitsministerin ist es, dafür zu sorgen, dass der Ge­sundheitsschutz aller Österreicherinnen und Österreicher optimiert wird. In diesem Sinne hoffe ich auch auf Ihre Unterstützung in dieser Frage. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schasching. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.56

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Seitens der SPÖ macht es mir natürlich große Freude, unsere Zustim­mung zu diesem Gesetz kundzutun. Ich weiß auch, dass sich die ganz individuelle persönliche Ablehnung hiezu quer durch alle Parteien zieht, meine aber, dass das trotzdem ein wichtiges Signal ist, das wir hier heute gemeinsam setzen, nämlich nicht nur eine EU-Richtlinie zum Tabakgesetz umzusetzen – das ist sozusagen ohnehin Vorgabe –, sondern auch ganz besonders Bedacht auf den Nichtraucherschutz zu legen.

Die Prävention, die uns allen ein Anliegen sein sollte, ist natürlich nicht nur unter anderem auch eine Sache der Frau Gesundheitsministerin: Wir haben ja heute auch in der Bildungsdebatte darüber gesprochen, dass die Frau Unterrichtsministerin im Sinne einer Gesundheitsprävention durchaus mehr Turnstunden in den Schulen hätte forcie­ren können, gerade im Europäischen Jahr der Erziehung durch Sport! Ich bedauere sehr, dass die Frau Unterrichtsministerin diese Umsetzung einer EU-Richtlinie nicht so genau genommen hat, wie das eben im Gesundheitsausschuss der Fall ist.


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Aber ich denke, dass diese gemeinsame Beschlussfassung ein positives Signal ist – und ich werde natürlich auch, so wie bisher, gerne in meinem gesamten Umfeld darauf achten, dass Politik glaubwürdig bleibt. Das heißt: Wenn wir uns gemeinsam zu einem Entschluss durchringen, dann sollte dieser auch in Umsetzung kommen. Ich versuche, genau in diese Richtung weiter zu arbeiten. Das tue ich übrigens auch als Gesund­heitsstadträtin in meiner Heimatstadt Neulengbach und habe ein wachsames Auge darauf, dass das auch in unserer Stadtgemeinde umgesetzt wird. Ich werde natürlich auch heute ganz genau schauen, ob unser Herr Bürgermeister hier seine Zustimmung dazu gibt, damit wir gemeinsam die NichtraucherInnen intensiver und aktiver schützen können. Das ist noch immer nicht ganz geschehen, aber, Herr Bürgermeister (in Richtung des Abg. Kurzbauer): Ich werde mir das anschauen – und du wirst das sicherlich mittragen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mikesch. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.58

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rauchen – da sind wir uns ja wohl alle einig – gefährdet die Gesundheit; jährlich sterben in Österreich 3 800 Men­schen an Lungenkrebs. 90 Prozent dieser Todesfälle sind unmittelbar auf Tabak­kon­sum zurückzuführen.

Allein im System der österreichischen Sozialversicherung steigern sich durch die Fol­gen von Rauchen die Kosten um zirka 2 Milliarden € pro Jahr. Es ist daher sehr begrüßenswert, dass durch das neue Tabakgesetz Maßnahmen zum Schutz vor allem der Nichtraucher gesetzt werden. Es war und ist immer der Grundsatz der ÖVP, Eigenverantwortung zu fördern; diese Freiheit darf aber andere nicht gefährden – und deshalb brauchen wir im Zusammenhang mit dem Rauchen besondere Schutz­bedingungen. Vor allem die Kinder müssen wir schützen, schützen davor, dass sie, um „cool“ zu sein, zur Zigarette greifen. Ein Werbeverbot ist daher notwendig.

Eines sei aber auch gesagt: Am Verkauf von Zigaretten hängen auch wirtschaftliche Existenzen, vor allem jene behinderter Menschen. Damit meine ich nicht die Tabak­industrie, sondern die „kleinen“ Trafikantinnen und Trafikanten. Für manchen Nahver­sorger ist der Verkauf von Tabakwaren ein weiterer Frequenzbringer. Und gerade diese Strukturen stellen ein wichtiges Kommunikationszentrum in ländlichen Gemein­den dar. Umso mehr freut es mich, dass gestern für unsere Trafikanten ein wichtiges Signal gesetzt wurde, denn diese fürchten, dass es infolge der erhöhten Tabaksteuer zu einer Steigerung des Zigarettenschmuggels um weitere 15 Prozent kommen wird. Das sind nämlich die Erfahrungen, die man dazu in Deutschland hat.

Mit der Entschließung sagen wir der Schmuggelkriminalität abermals den Kampf an. Ich freue mich über diese Initiative für Klein- und Kleinstunternehmer.

Es gibt eine Unternehmergruppe, bei der ich mich ausdrücklich bedanken möchte: Die Gastronomie hat sich in einer freiwilligen Vereinbarung dazu verpflichtet, in Speise­betrieben mit einer Fläche von über 75 Quadratmetern freiwillige Nichtraucherzonen einzurichten. Ich bedanke mich ausdrücklich bei unseren Wirtinnen und Wirten, dass sie sich freiwillig dazu verpflichtet haben. Als Nichtraucherin weiß ich das ganz be­sonders zu schätzen.

Zum Schluss noch kurz zu den Strafbestimmungen, meine Damen und Herren: Wir wollen nicht die Raucher strafen, die in Verbotszonen rauchen, denn das ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll. Wir setzen auf präventive Wirkung. Deshalb ist es


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besser, dass das Rauchverbot verpflichtend ausgeschildert werden muss – und wer dagegen verstößt, wird bestraft. (Beifall bei der ÖVP.)

19.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Frau Abge­ordnete, bitte.

 


19.01

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, das Tabakgesetz war, wie es laut Ihrer Ankün­digung vor einem halben Jahr hätte aussehen sollen, sehr ambitioniert. Aber Sie sind einfach an der Wirtschaft, an den Gastronomen und an vielen anderen gescheitert. Ich weiß, dass Sie das sicherlich nicht glücklich macht, aber es ist halt so. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich denke, auch die Kampagne, die jetzt in den Trafiken gelaufen ist, war nicht okay. Das muss man wirklich dazusagen. Es kann sich jeder selbst entscheiden, ob er raucht oder nicht, aber nicht jemand anderen dafür verantwortlich machen, indem von „Ent­mündigung“ gesprochen wird. Das passt nicht – und das hat auch nie gepasst. Ich habe auch mit einigen Trafikanten gesprochen, die das ebenfalls abgelehnt haben.

Es wurde auch einmal eine Zeitlang versucht, Stimmung zu machen: Wenn das Tabak­gesetz kommt, dann werden die armen TrafikantInnen, die behindert sind, mehr oder weniger in ihrer Existenz gefährdet! Das kann doch nicht gewollt sein! – Das so zu verkaufen, auch das haben seriöse behinderte TrafikantInnen abgelehnt. Sie haben gesagt, das passt nicht und sie möchten auch nicht dafür missbraucht werden. Wenn sich welche gegen gesetzliche Maßnahmen aussprechen, dann sollen sie dazu stehen, aber nicht jemanden anderen mehr oder weniger als Schild vor sich herziehen. Ich habe das auch nicht okay gefunden, aber es ist so.

Aber jetzt zur Gesetzesvorlage, Frau Ministerin: Da fehlt einiges, da fehlt sogar ver­dammt viel. Sie haben gesagt, es wird jetzt in den Lokalen rauchfreie Zonen geben; das haben Sie noch vor dem Sommer gesagt. Jetzt gibt es diese nur mehr freiwillig. (Bundesministerin Rauch-Kallat: Nein, nein, nein!) Ja, ja, innerhalb von zwei Jahren, wurden Sie aufgefordert, sollen diese rauchfreien Zonen eingerichtet werden. Das heißt, es gibt einmal diese Zwei-Jahres-Frist, und außerdem gilt das dann erst für Lokalitäten mit einer Fläche von mehr als 70 Quadratmetern, und das heißt wiederum, es gibt sehr, sehr viele Lokalitäten, die automatisch ausgenommen sind.

Ich muss dazu sagen, mir persönlich ist das Wurscht, auch ich möchte mir aussuchen können, wo ich rauchen darf oder nicht, aber ich denke, es sind sehr, sehr viele, die wirklich die Sicherheit haben wollen, dass es, wenn sie zum Beispiel in ein Lokal essen gehen, dort einen Nichtraucherbereich gibt. Das sind meistens Familien mit Kleinkin­dern. – Jetzt weiß man das aber nicht! Gibt es diese freiwillige Nichtraucher-Zone oder nicht? Das heißt, man muss austesten, wo das der Fall ist und wo nicht! Und das ist nicht so lustig. (Bundesministerin Rauch-Kallat: Es ist außen gekennzeichnet!) Sie sagen, es ist heraußen gekennzeichnet: Da muss ich mich aber auch erst fertig machen und dort hinfahren, damit ich es sehe; anderenfalls weiß ich das nicht.

Ich denke, wenn diese Nichtraucher-Zone schon generell eingeführt worden wäre, dann wüsste jeder, der heute egal wohin fährt, dass es dieses Angebot gibt. Jetzt gibt es das nur auf freiwilliger Basis. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist tatsächlich ein großes Manko, Frau Ministerin, und ich hätte mir schon erwartet, dass Sie mehr Standfestigkeit gegenüber jenen beweisen, die nichtrauchende KundIn-


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nen genauso zu ihren Kunden zählen sollten wie rauchende. – Das sage ich als Raucherin!

Frau Ministerin, die Regelung, dass zum Beispiel in öffentlichen Räumen das Pickerl „Rauchverbot“ aufgeklebt sein muss und dass derjenige, der dieses Pickerl nicht aufklebt, bestraft wird, halte ich für ziemlich „witzig“. Stellen Sie sich einmal den West­bahnhof vor: Die Halle ist so riesengroß, dass diese Pickerl kein Mensch sehen wird. Von einem Ende zum anderen sind es Hunderte Meter, da sieht man die Pickerl nicht, und dass der Boden damit gespickt wird, damit alle sie sehen, das wird es nicht „spielen“. Außerdem: In einem Gebäude wie dem Westbahnhof, in dem es zieht wie in einem Vogelhaus, ist es nicht unbedingt notwendig, diese Verordnung umzusetzen. Ich hätte mir ein bisschen mehr Differenzierung erwartet.

Frau Ministerin, ich hoffe, das Tabakgesetz ist jetzt ein erster Schritt, und ich bin neugierig, was in den nächsten zwei Jahren wirklich passieren wird. Ich befürchte, es wird so bleiben, wie es ist, denn die Wirtschaft hat einfach eine gewisse Lobby, eine gewisse Stärke, und wenn die nicht will, dann können sich zehn andere in Bewegung setzen, wird sich dort nichts ändern!

Grundsätzlich sage ich ja zu dieser Verordnung, auch wenn wesentliche Punkte fehlen, wie zum Beispiel der NichtraucherInnenschutz am Arbeitsplatz. Das ist zwar geregelt, aber nur in sehr geringem Maße. Es gibt kaum Möglichkeiten, dass sich Nicht­raucherInnen tatsächlich schützen können vor Rauchern. Das, Frau Ministerin, hätte dieses Gesetz eigentlich bewirken sollen, aber das ist in der Regel nicht so. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. – Bitte.

 


19.06

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder dritte Österreicher/jede dritte Österreicherin raucht, sehr viele Frauen rauchen. In Zahlen bedeutet das: 2,3 Millionen Menschen in Österreich rauchen. Ein Drittel davon ist bereits schwer nikotinabhängig und gesundheitsgefährdet. Die Frau Ministerin hat bereits darauf hingewiesen, dass in Österreich vor allem auch sehr viele junge Menschen zu diesem Kreis zählen. Wir liegen da mit Grönland im Spitzenfeld, und das halte ich für beson­ders bedauerlich.

Ich freue mich daher, dass die Bundesministerin angesichts dieser Zahlen gehandelt hat. Es sind schon viele gescheitert an diesem Thema, daher muss ich Maria Rauch-Kallat gratulieren. Ich glaube, sie ist sehr ambitioniert. Ich freue mich auch, dass alle hier und heute diesen ersten richtigen Schritt anerkennen und wir diese Vorlage beschließen werden – einstimmig beschließen werden, so denke ich.

Dieses Tabakgesetz ist ein wichtiger Grundpfeiler in Richtung Gesundheitsreform, in Richtung Prävention, Aufklärung, Information und vor allem auch für junge Leute sehr, sehr wichtig. Wir setzen EU-Richtlinien um, wir setzen vor allem aber auch das Tabak-Rahmenübereinkommen der WHO, das grundsätzliche Verbot von Werbung und Sponsoring für Tabakerzeugnisse, um.

Frau Kollegin Haidlmayr hat vorhin auch die Wirtschaft angesprochen. Das ist natürlich auch ein wichtiges Thema, vor allem für kleine und mittelständische Betriebe. Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, eine Übergangsregelung bis zum Jahr 2006 zu er­reichen, die eben bestimmte Werbe- und Sponsoringmaßnahmen erlaubt, die vor allem auch Sponsoring von Veranstaltungen und Aktivitäten, die nicht grenzüberschreitend


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sind, Plakatwerbung sowie Kinowerbung im Rahmen von nicht jugendfreien Vorstellun­gen eben bis zum 31. Dezember 2006 erlaubt. Ich denke, es ist so, wie die Frau Bundesministerin gesagt hat: dass man hier einen guten Kompromiss gefunden hat.

Nichtraucherschutz – ein ganz wichtiger Punkt. Ich bin seit fast 30 Jahren mit einem Raucher verheiratet; er hat gesagt, ich darf nicht sagen, mit einem „starken“ Raucher. Ich bin selbst überzeugte und leidenschaftliche Nichtraucherin, daher weiß ich, worum es geht.

Nichtraucherschutz – ein ganz wichtiger Bereich. Ich denke, das Ausweiten der Nicht­raucher-Zonen in öffentlichen Bereichen ist vor allem auch im Hinblick auf den Jugend­schutz wichtig. Wo ist die Lobby für Kinder? Wo werden Kinder in Einkaufszentren, in anderen öffentlichen Bereichen geschützt? Daher noch einmal: Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Das rote Licht hier leuchtet bereits, es gäbe noch sehr, sehr viel zu sagen, aber meine Redezeit ist leider zu Ende. Ich denke, es ist uns gelungen, hier eine breite Akzeptanz zu finden, und das ist wichtig, denn etwas vorzugeben, das von den Menschen nicht akzeptiert wird, das bringt nichts. Ich meine, wir sind auf dem richtigen Weg. – Danke schön, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


19.09

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Dem Blutsicherheitsgesetz wird die SPÖ zustimmen. Die Novelle ist auf Grund einer EU-Richtlinie notwendig geworden. Diese Novelle ist natürlich eine Pflicht­veranstaltung, die Kür wäre ja gewesen, dem weiter führenden Antrag des Kollegen Lackner, dem Antrag der SPÖ zuzustimmen, in dem es um eine verstärkte Qualitäts­sicherung geht.

Da geht es allerdings auch um elektronische Belange, und da sitzt offenbar der Frau Ministerin der Schock noch zu tief in den Gliedern, Stichwort Chip-Karte. – Eine dramatische Geldvernichtungsaktion, Frau Ministerin, kriminelle Vorgänge! (Zwischen­bemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat.)

Schuld sind Sie ganz allein, das zumindest behauptet Herr Dr. Haider. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat.) Sie selbst, Frau Minis­terin – weil Sie gerade von der Regierungsbank aus zwischenrufen –, sagen, Minister Haupt sei allein schuld. – Das wird noch eine hochinteressante Debatte rund um die Aufklärung im Rechnungshofausschuss. Ich freue mich schon darauf. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


19.11

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Da ich selbst vor fünf Jahren mit dem Rauchen aufgehört habe, besser gesagt, aufhören konnte, ist mir dieses Thema wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Rauchen ist leider zu einer Volkskrankheit in Österreich geworden. Die Zahlen sind alarmierend; wir haben es bereits gehört: Über 2 Millionen ÖsterreicherInnen rauchen, 800 000 davon sind stark nikotinabhängig, und pro Jahr sterben rund 14 000 Men­schen an den Folgen des Rauchens.


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Für mich besonders erschreckend ist die zunehmende Zahl bei den Jugendlichen. Bei den 15-Jährigen rauchen bereits 20 Prozent der Burschen und 26 Prozent der Mäd­chen täglich. 30 Prozent der Burschen beziehungsweise 36 Prozent der Mädchen rauchen einmal pro Woche. Viele von diesen Jugendlichen kommen aber von der Zigarette ein Leben lang nicht mehr los, und jede Zweite/jeder Zweite wird an den Folgen des Tabakkonsums sterben. Dieses traurige Ergebnis kennen wir.

Lungen- und Brustkrebs, Herzinfarkt, chronische Bronchitis und Atemwegs­erkran­kun­gen sind die häufigsten Raucherkrankheiten. Davon sind aber nicht nur die Aktiv-, sondern leider auch die PassivraucherInnen betroffen. Mit dieser Novelle wird ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung verantwortungsvolle Gesundheitspolitik gegen den krank machenden Tabakkonsum gesetzt.

Die Schutzbestimmungen für NichtraucherInnen werden verschärft und verbessert, so zum Beispiel durch die verpflichtende Ausschilderung von Rauchverboten, durch das Verbot von stückmäßig kleineren, billigeren Packungen oder durch die Verschärfung für Tabakwerbung und Sponsoring.

Diese Maßnahmen tragen wieder ein klein wenig dazu bei, dass weniger Menschen überhaupt zu rauchen beginnen beziehungsweise dass wieder mehr Menschen ihre Nikotinsucht erfolgreich bekämpfen. Darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


19.13

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Die Gesundheitsreform 2005 wird geleitet vom Wandel von einem passiven zu einem aktiven Gesundheitsbegriff: mit Selbstverantwortung. Es geht um eine höhere Lebensqualität des Einzelnen. Daher ist neben der Sicherung einer hochwertigen und effizienten Versorgung auch die Vorsorge ein Schwerpunkt.

Diese Gesundheitsförderung hat konkrete Ziele, und ich darf die drei wichtigsten nennen: die Reduzierung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die Reduzierung der Krebssterblichkeit und die Reduzierung der Diabetes. Um diese Ziele zu erreichen, wird heute unter anderem das Tabakgesetz novelliert. Zigarettenkonsum stellt in Öster­reich das bedeutendste vermeidbare Gesundheitsrisiko dar. Auch Passivrauchen – das ist wissenschaftlich erwiesen – schädigt die Gesundheit. Die Gesundheitskosten der auf das Konto von Tabakkonsum gehenden Krankheiten werden auf zirka 2 Milliar­den € pro Jahr geschätzt.

Angesichts dieser Tatsachen muss eine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik gegen das Rauchen aktiv werden. Es geht um eine Verbesserung des Schutzes von Nicht­raucherinnen und Nichtrauchern einerseits durch eine Ausweitung bestehender Rauch­verbote sowie andererseits durch eine verpflichtende Ausschilderung derselben, ver­bunden mit Sanktionen. Auch in der Gastronomie wurden diesbezüglich sinnvolle Maß­nahmen ergriffen.

Weiters ist der Verzicht des entgeltlichen In-Verkehr-Bringens von Einzelzigaretten oder Packungen unter 20 Stück mit besonderem Blickwinkel auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen besonders wichtig.

All diese Maßnahmen sollen zu einer Verminderung des Tabakkonsums führen und somit helfen, die häufigsten Krankheiten, nämlich Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Bronchitis und obstruktive Atemwegserkrankungen, zu reduzieren.


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90. Sitzung / Seite 204

Lassen Sie mich mit einem Appell an die SPÖ schließen, die nämlich eine neue Linie in der Gesundheitspolitik entdeckt hat. Alfred Gusenbauer ist verstärkt als Wunder­heiler unterwegs. Bei einem Besuch einer älteren bettlägerigen Frau im Linzer AKH durch Gusenbauer ist diese Dame – entgegen ärztlicher Prognosen – völlig unerwartet aufgestanden. – Das stimmt angeblich wirklich, nur wird diese „Heilung“ unterschiedlich begründet. Gusenbauer behauptet, diese Frau sei aus lauter Freude über seine An­wesenheit aufgestanden, andere wiederum meinen, die Frau sei aus lauter Angst aufgesprungen, weil sie glaubte, dass eine Wahlkommission da sei und sie allenfalls Gusenbauer wählen müsse. Erst als ihr versichert wurde, dass erst im Herbst 2006 Wahlen sind, hat sie sich wieder beruhigt. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten von SPÖ und ÖVP.)

Sie sehen, so unterschiedlich können Heilungsprozesse begründet werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


19.16

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätz­te Damen und Herren! Als überzeugter Nichtraucher begrüße ich die heutige Novel­lierung des Tabakgesetzes. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, die Perspektive „Ohne Rauch geht’s auch!“ weiter zu verfolgen.

Wenn wir uns die Statistiken anschauen, dann sehen wir, die Zahlen sind alarmierend: Rauchen tötet weltweit jeden zehnten Erwachsenen! Und da ist es schon richtig und gut, dass diese Maßnahme hier in Österreich gesetzt worden ist.

Ich bedanke mich bei Frau Bundesministerin Rauch-Kallat für dieses Engagement. Ich denke, wir sind alle aufgefordert, da weiter mitzuhelfen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das In-Verkehr-Bringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucher­schutz geändert wird, samt Titel und Eingang in 700 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittelgesetz und das Bundes-


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90. Sitzung / Seite 205

gesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden, samt Titel und Eingang in 676 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 719 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arzneimittel­gesetz und weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 720 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung ebenfalls mehrheitlich angenommen.

26. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (677 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch, das Bankwesengesetz, das Versiche­rungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Pensionskassen­ge­setz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Nationalbank­ge­setz 1984 an die IAS-Verordnung angepasst und die Modernisierungs- sowie die Schwellenwertrichtlinie umgesetzt und das Firmenbuchgesetz, das Aktiengesetz sowie das GmbH-Gesetz geändert werden (Rechnungslegungsänderungs­ge­setz 2004 – ReLÄG 2004) (739 d.B.)

27. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird (740 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nunmehr gelangen wir zu den Punk­ten 26 und 27 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Sie sind am Wort, Frau Ab­geordnete.

 



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90. Sitzung / Seite 206

19.20

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Rech­nungslegungsänderungsgesetz – das ist eine EU-Umsetzung. Ich glaube, sie wird auf große Zustimmung stoßen.

Wir müssen hier mehrere EU-Vorgaben anpassen, nämlich einerseits die IAS-Ver­ordnung – das ist jene Richtlinie, die die Rechnungslegung der Konzernabschlüsse regelt –, dann die Modernisierungsrichtlinie – darin werden die Bilanzrichtlinien fest­gelegt – und die Schwellenwertrichtlinie. Es ist so, dass die IAS-Verordnung in Öster­reich an und für sich direkt gilt, aber es ist notwendig, dass wir unser Rechnungs­legungsgesetz dort, wo widersprechende Normen sind, anpassen.

Bei der Modernisierungsrichtlinie betrifft es die Jahresabschlüsse und konsolidierten Abschlüsse von Gesellschaften mit besonderer Rechtsform, insbesondere Banken und Versicherungsunternehmen. Es ist notwendig, dass eine besondere Vergleichbarkeit gegeben ist, dass man Transparenz gewährleistet. Dazu zählen Bestimmungen bei­spielsweise über Geschäftsbericht, Lagebericht, Bestätigungsvermerk.

Die Schwellenwertrichtlinie ordnet die Größenordnungen der Unternehmungen den einzelnen Bestimmungen zu. Hier geht es darum, welche Größenordnung Kapitalge­sellschaften haben; danach richten sich die Regelungen.

Eine Umsetzungsverpflichtung besteht für uns nicht. Wir haben das freiwillig gemacht, eben um die internationalen Standards nicht nur zu gewährleisten, sondern Trans­parenz zu sichern. Die Regierungsvorlage und auch dann der Beschluss im Ausschuss haben vorgesehen, dass wir eine Anpassung diesbezüglich vornehmen.

Und schließlich dient dieses Gesetz auch noch gewissen Anpassungen gemäß Außer­streitgesetz, insbesondere bei der Konkursordnung und beim Firmenbuch.

Ich hoffe, dass alle Fraktionen zustimmen, und glaube, dass wir damit der Wirtschaft ein neues, modernes Gesetz geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


19.23

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Es ist ein unspektakuläres Gesetz, aber es ist ein für die Wirtschaft wahrscheinlich sehr interessantes Gesetz.

Es geht im Wesentlichen um die Harmonisierung von Rechnungslegungsvorschriften, wo wir zwei Systeme haben: Das eine ist das anglo-amerikanische, das im Wesent­lichen kapitalmarktorientierter ist, wo es darum geht, möglichen Veranlagern, Aktio­nären, die überlegen, in eine Gesellschaft zu investieren, Informationen zu geben. Das ist eine andere Art der Information als auf der anderen Seite für die Gläubiger, für die Gesellschafter selbst, die in der Gesellschaft sind. Da gibt es eine Harmonisierung innerhalb der EU, wo es darum geht, einheitliche Maßstäbe zu setzen. Dazu dient auch diese Umsetzung. Die Umsetzung bewegt sich im Rahmen dessen, was die Richtlinie vorgibt. Mehr gibt es eigentlich dazu nicht zu sagen.

Wir werden dieser Vorlage zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 



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90. Sitzung / Seite 207

19.24

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann nur beiden Vorrednern zustimmen: Es ist völlig richtig, dass wir hier die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen etwas ergänzen, die die österreichische Wirtschaft vorzufinden hat.

Wenn manchmal seitens der Wirtschaft erklärt wird: Na ja, wir schaffen ja die Arbeits­plätze!, muss man eigentlich in einem Atemzug hinzufügen: Ja, aber unter korrekten, ordentlichen Bedingungen. – Und genau dieses Ziel wird hier mit dieser Novelle von einigen Gesetzen verfolgt.

Wir bereiten derzeit auch ein Paket zur Standortsicherung Österreichs vor. Wir sind da sehr ehrgeizig: Wir schauen nicht ins Ausland – was haben die, was können wir nach­machen? –, sondern wir sind da Vorreiter. Wir bemühen uns, dass in der österreichi­schen Wirtschaft wirklich korrekte Verhältnisse herrschen. Wenn diese verlassen wer­den, müssen die hiefür Verantwortlichen strafrechtlich oder zivilrechtlich zunehmend im Rahmen persönlicher Haftung herangezogen werden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


19.25

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wenn es um eine effiziente und moderne Finanzgesetzgebung geht, die uns international in eine Poleposition bringt, sind wir selbstverständlich dafür. Insofern auch unsere Zustimmung zu diesen Umsetzungen von EU-Vorgaben, wo wir durchaus im Vorreiterfeld sind.

Es ist ganz klar, dass Rechnungslegungsbedingungen eigentlich harmonisiert werden müssen, wenn wir im internationalen Kapital- und Finanzverkehr gut mithalten wollen, und dafür gibt es auch von unserer Seite her volle Unterstützung.

Ich bin besonders froh darüber, dass die Bausparkassen auch mit in diesem Finanz­paket eingeschlossen sind, weil sie doch einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung von Finanzmitteln für Wohnbauzwecke leisten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


19.26

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich weitgehend den Ausfüh­rungen meiner Vorrednerinnen und Vorredner an, möchte einen Punkt allerdings jetzt noch herausheben. Die sehr wichtige Umsetzung der IAS-Verordnung – immerhin ein Teil des Aktionsplanes für Finanzdienstleistungen, 2000 bei der Ratstagung der EU in Lissabon beschlossen und damit auch eine der Maßnahmen, die der Erreichung der Lissabon-Ziele 2010 dienen sollen – haben wir, glaube ich, mit sehr viel Augenmaß und differenziert vorgenommen. Wir haben für kapitalmarktorientierte Gesellschaften, wo die internationale Vergleichbarkeit der Bilanzierungen essentiell ist, um auch für Investoren international attraktiv zu sein, die Verordnung eingerichtet, gleichermaßen aber – in Anbetracht dessen, dass wir in Österreich eine Struktur kleiner und mittlerer Unternehmen haben – von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, auch ein Wahlrecht einzuräumen, und für die kleinen und mittleren Unternehmen künftig diese IAS-


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Standards nicht verpflichtend vorgeschrieben; diese können weiter nach HGB bilan­zieren. Damit haben wir für die österreichische Wirtschaft eine optimale Regelung getroffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Rechnungslegungs­änderungsgesetz 2004 samt Titel und Eingang in 739 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bausparkassengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 740 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Das ist einstimmig der Fall und angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

28. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (678 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (Fortpflan­zungsmedizingesetz-Novelle 2004 – FMedGNov 2004) (741 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu Punkt 28 der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.29

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Reproduk­tionsmedizin ermöglicht heutzutage bereits vielen Paaren, die aus unterschiedlichen Gründen ungewollt kinderlos sind, die Erfüllung ihres Wunsches nach einem eigenen Kind. Rechtsgrundlage dafür ist das Fortpflanzungsmedizingesetz aus dem Jahr 1992.

Nicht Bedacht nimmt das Gesetz jedoch auf jene Fälle, in denen zwar kein solcher aktueller Kinderwunsch vorliegt, aber im Hinblick auf eine Erkrankung und damit verbundene Therapie absehbar ist, dass der betreffenden Person künftig eine Fort-


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pflan­zung auf natürlichem Wege nicht mehr möglich sein wird. Das ist etwa bei bestimmten Krebserkrankungen der Fall. – Mit dem neuen Fortpflanzungsmedizin­ge­setz schaffen wir dem Abhilfe.

Die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die künstliche Fortpflanzung und Schran­ken des Jahres 1992 sind auch heute noch gültig, denn es war damals schon vorher­sehbar, dass es auf diesem Gebiet eine unaufhaltsame Weiterentwicklung geben wird.

Wesentlicher Inhalt der Neuerung: Hatten wir bisher eine Aufbewahrungsfrist von einem Jahr, welche sich unter bestimmten Voraussetzungen als zu kurz erwiesen hat, wird diese Frist verlängert. Da keine ethischen Bedenken bestehen, Samenzellen und unbefruchtete Eizellen auch länger aufzubewahren, wird es dem jeweiligen Patienten überlassen, wie lange die Aufbewahrung gewünscht wird. Lediglich die Aufbewahrung von entwicklungsfähigen Zellen wird an eine Frist von zehn Jahren gebunden.

Dies ergibt eine Verbesserung für Karzinompatienten, aber auch für andere Patienten, welchen späterer Kinderwunsch erleichtert werden soll, ebenso für Personen mit schweren Infektionskrankheiten, welchen die Herbeiführung einer Schwangerschaft auf natürlichem Weg unzumutbar ist.

Mit dieser Gesetzesänderung schaffen wir für einen großen Personenkreis Vorteile bei der Erfüllung eines Kinderwunsches. Ich ersuche das Hohe Haus um Zustimmung zu dieser Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte.

 


19.31

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die SPÖ-Fraktion begrüßt grundsätzlich die heute zu beschließende Novelle, beinhaltet sie doch wichtige Punkte, die wir schon seit langem fordern. Der eine Punkt ist die Aufbewahrungsfrist für durch Invitrofertilisation entstandene entwicklungsfähige Zellen, die von einem Jahr auf maximal zehn Jahre verlängert wird. Wir begrüßen das, weil wir damit betroffenen Menschen helfen können, sich einen möglichen Kinder­wunsch zu erfüllen. Die nähere Erläuterung dazu hat ja mein Vorredner bereits aus­geführt.

Der zweite Punkt ist der Arztwechsel, der für uns sehr wichtig ist. Es soll künftig Paaren offen stehen, wen sie als Arzt/Ärztin ihres Vertrauens wählen. Die Zellen sollen an befugte Ärzte/Ärztinnen und an befugte Einrichtungen weitergegeben werden können.

Wir sehen also diese Novelle als einen wichtigen Schritt, dem allerdings nächste Schritte folgen müssen. Dieses Gesetz benachteiligt nämlich allein stehende Frauen sowie lesbische Frauen. Es ist in Österreich nicht möglich, als lesbische oder allein stehende Frau die Dienste einer medizinisch einwandfreien künstlichen Befruchtung in Anspruch zu nehmen, was unter Umständen ein gewisses Gesundheitsrisiko für diese Frauen darstellt, denken wir nur an HIV und so weiter.

Das heißt, eine allein stehende Frau oder eine lesbische Frau kann zwar ohne weiteres auf natürlichem Wege schwanger werden – kein Gesetz verbietet dies und niemand stößt sich daran –, aber auf künstlichem Weg darf sie sich den Kinderwunsch nicht erfüllen. Das heißt, dieses Gesetz unterstützt auf der einen Seite den Kinderwunsch von bestimmten Gruppen und erleichtert ihnen somit das Leben, aber andere Gruppen werden dadurch benachteiligt.


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Wir sollten daher zum einen die vorliegende Novelle beschließen. Ich ersuche Sie aber auch, den Antrag, den ich hiermit einbringe, zu unterstützen. Dieser lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Bettina Stadlbauer, Mag. Ulrike Lunacek und KollegInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht,

1. zu prüfen, ob nach Beschlussfassung der Fortpflanzungsmedizingesetz-Novel­le 2004 in diesem Gesetz eine unsachliche Benachteiligung von ohne PartnerInnen lebenden Frauen sowie lesbischen Partnerinnenschaften besteht. Dabei sollen die Expertisen von WissenschafterInnen aus den einschlägigen Bereichen eingeholt wer­den. Falls als Ergebnis dieser Prüfung hervorkommt, dass es eine derartige unsachliche Ungleichbehandlung gibt, sollen Vorschläge für eine weitere Novellierung des Fortpflanzungsmedizingesetzes vorgelegt werden, die die festgestellte Diskriminie­rung beseitigen;

2. dem Justizausschuss des Nationalrates bis zum Ende des Jahres 2005 einen Bericht über die Ergebnisse der Prüfung dieser Materie vorzulegen.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben vorgetragene Entschließungs­antrag der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Stoisits und KollegInnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Bettina Stadlbauer, Mag. Ulrike Lunacek und KollegInnen betreffend die mögliche Benachteiligung von ohne Part­nerInnen lebenden Frauen und lesbischen Partnerinnenschaften im Fortpflanzungs­7medizingesetz

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (678 d.B.): Bun­desgesetz mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird (Fortpflanzungs­medizingesetz-Novelle – 2004 FMedGNov 2004) (741 d.B.)

eingebracht zu Top 28 der 90. Sitzung des Nationalrates der XXII. Gesetzgebungs­periode

Ziel des Fortpflanzungsmedizingesetzes war ursprünglich die Überwindung einer be­stehenden Fortpflanzungsunfähigkeit zur Erfüllung eines aktuellen Kinderwunsches. Die nunmehr vom Justizausschuss einstimmig beschlossene Novelle nimmt auf jene Fälle Bedacht, in denen zwar kein solcher aktueller Kinderwunsch vorliegt, aber im Hinblick auf eine Erkrankung und der damit verbundenen Therapie absehbar ist, dass der betreffenden Person künftig eine Fortpflanzung auf natürlichem Weg nicht mehr möglich sein wird. Nach geltendem Recht dürfen Samen und Eizellen, die für eine


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medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet werden sollen, sowie entwicklungs­fähige Zellen höchstens ein Jahr aufbewahrt werden. Die vorliegende Novelle er­mög­licht die Entnahme und Aufbewahrung von Zellen und Gewebe bis zum Widerruf der Zustimmung oder dem Tod der Person, von der sie stammen. Entwicklungsfähige Zel­len, deren langjährige Konservierung im Hinblick auf die hohe Missbrauchsgefahr problematisch erscheint, sollen zehn Jahr lang aufbewahrt werden dürfen.

Die unterzeichneten Abgeordneten begrüßen die genannten Zielsetzungen der No­velle.

Für die Zukunft diskussionswürdig erscheint darüber hinaus folgende Problematik, welche auch im Begutachtungsverfahren aufgeworfen worden ist: demnach scheint auch das novellierte Gesetz dezidiert alleine, ohne Partner lebende Frauen sowie lesbische Frauen und lesbische Partnerinnenschaften zu benachteiligen. Für diese rechtliche Ungleichbehandlung gegenüber in heterosexuellen Lebensformen lebenden Menschen bzw. Paaren wird auch in den Erläuterungen kein triftiger sachlicher Grund angeführt. Im Begutachtungsverfahren wurde z.B. von der „Homosexuellen Initiative Wien“ die Aufnahme der rechtlichen Zulässigkeit der Insemination für alle Frauen in die Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes gefordert. Dabei wurde auch angeführt, dass es dazu entsprechender begleitender rechtlicher Maßnahmen auch im Sinne des Kindeswohles bedürfe, insbesondere was das Adoptionsrecht betrifft. Nach dieser Stellungnahme sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass die nichtbiologische Mutter automatisch das Adoptionsrecht für das Kind ihrer Partnerin erhält, ohne dass die biologische Mutter ihren Rechtsstatus gegenüber dem Kind aufgeben muss. Umgekehrt erhalte das Kind auch Rechte gegenüber der nichtbiologischen Mutter, das heißt letzterer erwachsen auch Pflichten.

Die unterzeichneten Abgeordneten

sind der Auffassung, dass das Fortpflanzungsmedizingesetz durchaus in der Fassung des Ausschussberichtes beschlossen werden soll, dass darüber hinaus aber eine umfassende Diskussion über eine spätere Erweiterung bzw. weitere Novellierung geführt werden soll. Es sollen insbesondere von WissenschafterInnen aus den ein­schlägigen Bereichen und von LegistInnen geprüft werden, inwieweit es eine Diskrimi­nierung im genannten Sinn gibt und in welche Richtung allenfalls Novellierungs­vorschläge ausgearbeitet werden sollen.

In diesem Sinn stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht

1. zu prüfen, ob nach Beschlussfassung der Fortpflanzungsmedizingesetz-No­vel­le 2004 in diesem Gesetz eine unsachliche Benachteiligung von ohne PartnerInnen lebenden Frauen sowie lesbischen Partnerinnenschaften besteht. Dabei sollen die Expertisen von WissenschafterInnen aus den einschlägigen Bereichen eingeholt wer­den. Falls als Ergebnis dieser Prüfung hervorkommt, dass es eine derartige unsachliche Ungleichbehandlung gibt, sollen Vorschläge für eine weitere Novellierung des Fortpflanzungsmedizingesetzes vorgelegt werden, die die festgestellte Diskriminie­rung beseitigen;


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2. dem Justizausschuss des Nationalrates bis zum Ende des Jahres 2005 einen Bericht über die Ergebnisse der Prüfung dieser Materie vorzulegen.

*****

 



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin von der Regie­rungsbank aus zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Miklautsch. – Bitte.

 


19.34

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ganz generell möchte ich an­merken, dass ich persönlich sehr froh darüber bin, dass wir diese Regelung nunmehr wirklich ausverhandelt haben. Ich darf als bekannt voraussetzen, dass diese Regelung auf einem Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 1999 basiert, wo es eine ein­stimmige Entschließung gegeben hat – und es nunmehr gelungen ist, einvernehmlich mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eine Regelung herbeizuführen, die sicherlich sehr vielen Menschen, vor allem Paaren, die ungewollt kinderlos geblie­ben sind, die Erfüllung ihres Kinderwunsches ermöglicht.

Zu den Ausführungen meiner Vorrednerin darf ich sagen, dass es durch diese Ände­rung des Fortpflanzungsmedizingesetzes zu keiner Benachteiligung von lesbischen Frauen gekommen ist. Die Bestimmung mit dem Lebensgefährten war bereits vor dieser Novelle, die damit überhaupt nichts zu tun hatte, im Gesetzestext genauso ent­halten, wie sie jetzt enthalten ist. Ich wollte das nur kurz anführen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


19.35

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Bundesministerin! Das sehe ich nicht so oder nicht ganz so. Selbstverständlich gibt es die Diskriminierung von les­bischen Frauen ... (Bundesministerin Mag. Miklautsch: Aber nicht durch diese Ände­rung! Das wollte ich sagen!) Nicht durch diese Änderung, sondern diese besteht seit dem Fortpflanzungsmedizingesetz 1992. Ich habe nämlich schon damals mit Frau Ministerin Dohnal diese Debatte geführt. Es gab interessante und lange und sehr präzis geführte Verhandlungen über das Fortpflanzungsmedizingesetz. Sie besteht seit damals, und es gibt schon zahlreiche Bestrebungen, das zu ändern.

Wenn das Fortpflanzungsmedizingesetz novelliert wird, wäre es ein guter Anlass, eine Diskriminierung, die in diese Richtung geht, zu beseitigen. Wir haben uns in den Vor­besprechungen und dann im Ausschuss darauf geeinigt, dass es ein nicht ziel­führendes Unterfangen ist, einen Abänderungsantrag zu stellen, der abgelehnt wird. Wir hoffen aber auf Grund des Entschließungsantrages, den die Opposition heute angekündigt eingebracht hat, nicht nur auf Ihr persönliches Verständnis, sondern auch auf die Zustimmung der beiden anderen Fraktionen. Er ist auch so ausgerichtet, dass es bis Ende 2005 wahrlich mehr als genug Zeit gibt, um politische Verhandlungen zu führen und Lösungen, die wirklich im Detail dann auch passen, zu finden.

Ich bitte jetzt nicht Sie, Frau Minister, um Unterstützung, denn Sie dürfen ohnehin nicht mitstimmen, sondern ich bitte die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ und der ÖVP um Unterstützung, um diesem Punkt durch einen Entschließungsantrag einmal auf die Sprünge zu helfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


19.37

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Schon beim Inkrafttreten des Fortpflanzungsmedizingesetzes im Jahr 1998 war abzusehen, dass innerhalb relativ kurzer Zeit eine Novellierung notwendig sein wird, denn gerade im Bereich der Reproduktionsmedizin gibt es so rasante Fortschritte, dass eben ununterbrochen eine Anpassung notwendig ist. Dann hat es diesen Vier-Par­teien-Entschließungsantrag gegeben. Deshalb sind wir uns heute auch alle einig über den Inhalt, wobei als Hauptpunkt die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist einer befruchteten Eizelle auf zehn Jahre festgesetzt wurde. Das ist auch von Experten als gute Lösung empfunden worden.

Wie meine Vorrednerinnen schon angeschnitten haben, regelt der Entwurf Verschie­denes nicht, auch nicht einige brisante, brandheiße Themen, wie beispielsweise das Klonen oder die Präimplantationsdiagnostik. Wir werden uns auch über die weiteren heute aufgeworfenen Themen noch eingehend unterhalten müssen. Es ist gut, wie ich meine, dass wir diesen ersten Schritt jetzt gesetzt haben. Meine Fraktion wird dem zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 678 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig der Fall und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Jarolim, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend die mögliche Benachteiligung von ohne PartnerInnen lebenden Frauen und lesbischen Partnerin­nenschaften im Fortpflanzungsmedizingesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

29. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (679 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfe­gesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Bewährungshilfegesetz geändert werden (Strafprozessnovelle 2005) (742 d.B.)


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90. Sitzung / Seite 214

30. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (698 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungs­ge­setz, das Firmenbuchgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozialbetrugsgesetz-SozBeG), und über die

Petition (12/PET) betreffend „Frächterskandale: Illegale Beschäftigung darf kein Kavaliersdelikt bleiben! Sozialbetrug ist Diebstahl und Diebstahl muss straf­rechtlich verfolgt werden!“, überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier (743 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (699 d.B.): Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Ver­sorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justiz­anstalten (746 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 29 bis 31 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

 


19.41

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zum Sozialbetrugsgesetz Stellung nehmen. Wir haben eine Änderung im Strafgesetzbuch vorgenommen, indem wir die Beiträge zur Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse den anderen Beiträgen der Sozialversicherungsträger gleichstellen: Wer diese nicht abliefert, über den ist eine Freiheitsstrafe zu verhängen. Wenn das betrügerisch erfolgt, dann kann er sich auch nicht mehr durch Zahlung der Strafe entziehen, sondern dann ist auf alle Fälle eine Strafe zu verhängen.

Gleichzeitig werden mit diesem Sozialbetrugsgesetz Maßnahmen gesetzt, um die organisierte Schwarzarbeit intensiver bekämpfen zu können. Wir haben ja eine eigene Truppe, die KIAB, die Kontrollen in Richtung Schwarzarbeit durchführt, und diese war bisher immer konfrontiert mit der Ausrede, dass die erwischten Mitarbeiter ohnehin demnächst angemeldet werden. Daher ist in Zukunft verpflichtend, dass der neue Mitarbeiter unverzüglich anzumelden ist, und zwar bis spätestens Mitternacht des ersten Arbeitstages. Dafür werden eigene vereinfachte Anmeldungsmodalitäten vorge­sehen. Ich hoffe, dass Minister Haupt so rasch wie möglich diese technischen Voraus­setzungen schafft, damit die Kontrolle der organisierten Schwarzarbeit besser erfolgen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. (Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Jarolim –: Jetzt müssen Sie es auch so gut machen wie die Frau Kollegin!)

 


19.43

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Ich werde mich bemühen, dass ich wenigstens in die Nähe komme, Frau Kollegin. Aber mit Ihrer Hilfe gelingt es mir viel­leicht.


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90. Sitzung / Seite 215

Herr Präsident! Frau Bundesminister! Wir werden dieser Vorlage nicht zustimmen. Wir bedauern zutiefst, dass diese Möglichkeit, wirklich effizient gegen die Schwarzarbeit vorzugehen, nicht genützt wird, wobei ich persönlich es nicht verstehe, weil Sie ja schon seit längerem in der Öffentlichkeit immer wieder vorgeben, in diesem Bereich etwas tun zu wollen. Auf der einen Seite wäre es natürlich für die Wirtschaft sinnvoll, da effizient vorzugehen, auf der anderen Seite natürlich auch für die Arbeitnehmer. Es ist mir also völlig schleierhaft, warum eine Reihe von sehr sinnvollen Maßnahmen nicht getroffen wird und Sie allen Ernstes der Meinung sind, dass es mit einer Regelung, wonach man bis zum Schluss der Hauptverhandlung im Strafverfahren als tätige Reue das nachbezahlen kann, was an Strafe droht, zu Verbesserungen kommen würde. Bis die Verhandlung fast abgeschlossen ist, bis zu dem Punkt, wo man sieht, man kommt nicht mehr aus, kann man noch bezahlen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Also was da tatsächlich eine Verbesserung sein soll, weiß ich nicht, meine Damen und Herren. Vielmehr ist es eine Einladung, sich der organisierten Schwarzarbeit zu bedienen.

Der Herr Bundeskanzler spricht immer von e-Government und darüber, wo man überall die EDV einsetzen kann. Wenn man beispielsweise in der Gastwirtschaft die Mög­lichkeit anbieten würde, dass jeder, der neu beschäftigt wird, per Internet sofort ange­meldet werden kann und nicht bis 24 Uhr – Sie wissen ganz genau, dass das dem Missbrauch Tür und Tor öffnet –, dann könnte man sehr effizient sicherstellen, dass nicht schwarz gearbeitet wird. (Abg. Dr. Fekter: Der Maurer mit dem Laptop! Das ist die Vorstellung vom Kollegen Jarolim!)

Das sind nur ein paar von unseren Verbesserungsvorschlägen; Kollege Maier wird dann noch einige andere aufzählen. Wir können es einfach nicht verstehen, warum Sie das nicht so beschließen. Es bleibt eigentlich keine andere Annahme als die, dass Sie da eben nicht effizient vorgehen wollen. Wir glauben, dass das in dieser Form schlecht ist und dass hier eine Möglichkeit gegeben wäre, die Situation wirklich zu verbessern. Es wäre auch im Sinne der Wirtschaft gewesen, die Sie ja vertreten wollen, was Sie aber da nicht tun, in diesem Bereich wirklich effiziente Regelungen zu schaffen. Wir werden daher hier nicht mitgehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.45

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. (Abg. Dr. Fekter – in Richtung SPÖ –: Keine Ah­nung von der Realität! – Abg. Silhavy: Hat die Frau Fekter!)

 


19.45

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Herr Kollege, ich muss schon sagen, dieser § 114 ASVG, den Sie hier kritisiert haben und der, weil er in das Strafgesetzbuch gehört, dorthin transferiert wurde, hat sich sehr bewährt. Es ist nämlich wirklich ein großartiger Gedanke, jemandem eine Strafe anzudrohen im monetären Bereich, im reinen Geldzahlungsbereich und ihm zu sagen: Wenn du das aber nachbezahlst, dann wird dir das Delikt nachgesehen! Im Bereich des ASVG und den dort üblichen Größenordnungen hat sich das sehr bewährt. Es ist letztlich auch menschenfreundlich, weil dadurch die Beschuldigten und Ange­klagten veranlasst werden, rechtzeitig noch jene Beträge zu bezahlen, die der Staat braucht, um das gesamte Sozialversicherungssystem finanzieren zu können. – Das zum einen.

Im Übrigen danke ich der Frau Justizministerin, dass sie jetzt den Weg geht, das Hauptverfahren im Strafverfahren zu reformieren. Was die Reform des Vorverfahrens betrifft, war das mit dem Problem verbunden, dass wir einen riesigen Block vorgelegt haben, der auf großen politischen Widerstand gestoßen ist. Jetzt geht die Reform im


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90. Sitzung / Seite 216

Hauptverfahren des Strafverfahrens abschnittsweise, das geht ruhig vonstatten, das wird fertig sein, wenn auch das Vorverfahren rechtswirksam wird, und das ist eine gute Sache für das gesamte Strafrechtswesen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.46

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich möchte jetzt nur zu dem Gesetz sprechen, dem die Grünen nicht zustimmen, nämlich zum Sozialbetrugsgesetz.

Grundsätzlich möchte ich feststellen, dass wir Regelungen gegen betrügerisches Vorenthalten von DienstnehmerInnenbeiträgen und gegen organisierte Schwarzarbeit selbstverständlich begrüßen. Das ist ja eine Forderung, die von der Opposition schon lange erhoben wird. Wir hätten wirklich sehr gerne dieser Gesetzesvorlage zuge­stimmt, wenn es nicht, wie es halt leider in letzter Zeit immer wieder einreißt, in letzter Sekunde Änderungen gegeben hätte.

In dem Abänderungsantrag, der im Ausschuss eingebracht wurde, hat man wieder von der ursprünglichen Intention Abstand genommen, nämlich dass der Anmeldepflicht sofort bei Arbeitsbeginn, zu dem Zeitpunkt, zu dem die Arbeit aufgenommen wird, nachzukommen ist. Das wurde mit dem Abänderungsantrag wieder aufgeweicht, und jetzt gibt es Schlupflöcher, und es gibt auch – und das ist das besonders Bedauer­liche – Widersprüchlichkeiten zwischen dem Normtext und den Erläuterungen zum Gesetz, die es meiner Ansicht nach absolut nicht gebieten, dem zuzustimmen. Die Argumente, die Kollege Jarolim gebracht hat – und Kollege Maier wird das, wie ange­kündigt, noch weiter ausführen –, belegen das.

Ein zweistufiges Anmeldeverfahren, nämlich eine Voranmeldung mit den wichtigsten Daten zu Arbeitsbeginn und das Nachreichen der Details binnen Frist – vorstellbar wären sieben Tage gewesen –, hätte nicht nur unsere Zustimmung gefunden, sondern wäre auch im Sinne der Flexibilität gegenüber den Arbeitgebern durchaus angebracht.

Das ist der erste Punkt, der uns so sauer aufstößt, dass wir nicht zustimmen können.

Der zweite Punkt ist ein Punkt, der genereller Natur ist, nämlich die Regelung über die tätige Reue. In der Regel ist es so, dass man bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Behörde Kenntnis von einer strafbaren Handlung erlangt hat, tätige Reue üben kann. Das ist ja ein durchaus bekanntes und übliches Institut. – In diesem Fall ist es aber so, dass man tätige Reue üben kann bis zum Ende der Hauptverhandlung. Das heißt in Wahrheit, dass sich diejenigen, die am effizientesten sozusagen den Staat ausnützen und die am meisten Geld, in diesem Fall Schwarzgeld, beiseite geschafft haben, am einfachsten freikaufen können, um es jetzt ein bisschen polemisch zu sagen.

Herr Dr. Pilnacek hat uns im Ausschuss zu erklären versucht, dass das das einzig effiziente Mittel ist, denn nur so kommt Geld zum Staat zurück. – Aber, meine Damen und Herren, das ist eine so generelle Änderung der Systematik, dass wir eine derartige Strafbefreiung, was es ja ist, für absolut inakzeptabel halten. – Das ist der zweite Punkt, weshalb wir nicht zustimmen können.

Jene Punkte, die nicht darin enthalten sind, zähle ich erst gar nicht auf, nämlich flan­kierende Maßnahmen bei der Bekämpfung von organisierter Schwarzarbeit, wie sie die ArbeitnehmerInnenvertretungen schon längst gefordert haben. Zugegebenermaßen wäre das keine Materie, die man in diesem Gesetz regeln könnte, aber es gibt ja


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90. Sitzung / Seite 217

darüber hinaus keinerlei Vorschläge seitens der Bundesregierung, seitens der Justiz­ministerin oder des Arbeits- und Wirtschaftsministers.

Ich bin der Auffassung, dass die Arbeit der KIAB durch diese in letzter Minute wieder halbherzig abgeänderte Regelung nicht nur nicht unterstützt, sondern geradezu behindert wird!

Deshalb: Es tut uns Leid, aber wir können dem nicht zustimmen! (Beifall bei den Grünen.)

19.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Mag. Miklautsch. – Bitte.

 


19.51

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ganz kurz nur, und zwar eingehend auf die Ausführungen von Vorrednerinnen und Vorrednern, vor allem auf die von Frau Mag. Stoisits beziehungsweise Herrn Dr. Jarolim, möchte ich das unter­streichen, was Dieter Böhmdorfer bereits gesagt hat, dass nämlich die Bestimmung des § 153c, wie sie jetzt im Strafgesetzbuch vorgesehen ist, geltendes Recht und bereits die Rechtslage ist, wie sie derzeit im § 114 ASVG vorgesehen ist. Wie Herr Dr. Böhmdorfer bereits ausgeführt hat, hat sich das bestens bewährt.

Ich bitte Sie aus diesem Grund, dieser Gesetzesvorlage Ihre Zustimmung zu geben, haben wir doch alle gemeinsam ein Interesse daran, gegen organisierte Schwarzarbeit vorzugehen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


19.52

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Verehrte Frau Bundes­minis­terin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sehr schade ist, ist, dass hier eine Diskussion geführt wird, die, zumindest für meinen Geschmack, ein bisschen an Substanz und Qualität zu wünschen übrig lässt. Jene Kräfte, die immer wieder nach einer Bekämpfung der Schwarzarbeit rufen, sind jetzt offensichtlich nicht bereit, hier mitzugehen, wenn diese Regierung eine ordentliche Regelung vorlegt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Regelung, die Bestand haben kann, muss praxiskonform sein! Zu dem, wie Sie da so hinfabulieren: Der Dienstantritt findet nicht immer im Büro einer Firma statt, sondern auch auf einer Baustelle. Und den Polier mit dem Laptop gibt es zwar theoretisch, aber in der Praxis nicht immer. (Abg. Mag. Stoisits: Haben Sie noch nie etwas vom Telefon gehört?) – Frau Kollegin, auch bei Ihnen trifft zu, dass Sie offensichtlich von der Wirtschaft und der Praxis leider Gottes sehr, sehr wenig Ahnung haben – und daher wünschen Sie sich eine Anmel­dung vor Dienstantritt, was auch nicht immer möglich ist, denn zahlreiche Dienst­nehmer kommen gar nicht zum Dienstantritt.

Daher ist es sehr zweckmäßig, da Regelungen vorzusehen, die in Einklang mit den Bedürfnissen der Wirtschaft und ihrer korrekten Betriebe sind, denn deren Überlebens­kampf muss Unterstützung erfahren.

Da das so wichtig ist, gibt es noch ein paar kleine Korrekturen, sodass ich jetzt folgenden Antrag einbringen möchte:


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90. Sitzung / Seite 218

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die ganzen aufgezählten Gesetze in 743 der Beilagen wie folgt geändert werden:

1. Die Einleitung zu Artikel I soll lauten:

Das Strafgesetzbuch, zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt 136/2004, wird wie folgt geändert:

2. In Artikel II Änderungen und auch in Punkt 3, Artikel V, das In-Kraft-Treten, wo nach den Worten „Artikel IV“ das Wort „tritt“ eingefügt wird.

*****

(Abg. Schieder: Das ist aber keine Verlesung! – Abg. Silhavy: Was heißt das alles?)

Dabei geht es um technische und redaktionelle Änderungen, die ich schriftlich vorlege und bitte mit in Verhandlung zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Ledolter vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. (Abg. Schieder: Das war aber keine Verlesung, Herr Präsident! Herr Präsident, kommt in diesem Antrag wirklich „und so weiter und so fort“ vor? Kommt da vor: „Und da werden mehrere Paragraphen ...“?) – Herr Abgeordneter Schieder, Sie haben Recht. Ich werde das zurückweisen – und ein nachfolgender Redner wird sicherlich den Antrag beziehungsweise die Begründung wörtlich verlesen.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


19.55

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Ledolter, Sie haben vollkommen Recht: Viele Firmen, viele Unternehmen in Österreich befinden sich in einem Überlebenskampf – und hätten sich daher eine andere Regelung erwartet. Ich denke in diesem Zusammenhang insbesondere an die Frächter, die sich derzeit mit der Konkurrenz aus den neuen EU-Mitgliedsländern herumschlagen müssen, wobei von diesen derartige Standards, wie wir sie in Mitteleuropa haben, nicht eingehalten werden und wo es auch organisierten Sozial- und Steuerbetrug gibt.

Es gibt eine Petition, die ich gemeinsam mit der Gewerkschaft HTV eingebracht habe, eine Petition, in der wir genau unsere Forderungen beschrieben und auf die Probleme hingewiesen haben. Wir wollten eine Regelung haben, einen Strafrechtstatbestand Sozialbetrug, und zwar ähnlich, wie das in Deutschland der Fall ist. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, ist Ihnen jedoch hiemit nicht gelungen!

Wenn man sich diese Regelung insgesamt ansieht, muss man sagen: Sie wird in vielen Bereichen wirkungslos bleiben! Diese Regelung wird im Baubereich vielleicht in kleinen Bereichen, aber nicht bei den Scheinfirmen etwas bringen. Nichts wird das jedenfalls bringen im Sozialbereich, wo wir mit organisiertem Sozial- und Finanzbetrug konfrontiert sind! Nichts bringen wird das auch im Bereich der Frächter!


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90. Sitzung / Seite 219

Gerade vor kurzem wurde ein Frächterskandal in Kärnten aufgedeckt; ein Unternehmer soll 174 Fahrer illegal beschäftigt und widerrechtlich entlohnt haben. Die Lenker bekamen 11 Cent pro gefahrenem Kilometer; zusätzlich wurden ihnen auch Reinigung und Treibstoffkosten in Rechnung gestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen: Ein Frächterskandal, wie wir ihn in den letzten Jahren immer wieder erlebt haben, ist jederzeit wieder möglich! Darum frage ich Sie, warum Sie den Forderungen der Gewerkschaft nicht gefolgt sind, beispielsweise eine Erweiterung des Sanktionenkataloges vorzusehen, sodass in Extremfällen auch Arbeitsgegenstände und andere Arbeitsmittel beschlagnahmt werden können. All dies fand sich in der betreffenden parlamentarischen Petition.

Warum haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, keine Regelung vorgesehen, dass es zu einer Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils bei jenen Unternehmen kommt, die Vorteile aus illegaler Beschäftigung und Sozialbetrug gezogen haben?! – Die seriösen Unternehmen in Österreich, die Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten, die Betriebsräte, die damit konfrontiert sind, hätten sich eine derartige Regelung verdient!

Wenn Sie von ÖVP und FPÖ sagen, Sie sind gegen organisierten, systematischen Sozial- und Steuerbetrug, dann muss ich Ihnen entgegenhalten: Sie werden daran gemessen, was in diesem Gesetz steht! Mit diesem Gesetz werden Sie diesen An­sprüchen jedoch nicht gerecht! Der Präsident der Bundesarbeitskammer Tumpel hat in einer Pressekonferenz vom 2. Dezember diese Probleme aufgezeigt und darauf hinge­wiesen, dass in vielen Bereichen nur eine Generalunternehmerhaftung das Schwarz­unternehmertum wirklich stoppen kann. – Sie von den Regierungsparteien sind die Antwort auf diese großen Probleme schuldig geblieben!

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, lehnen wir mit allem Nachdruck diese Regelung ab! (Beifall bei der SPÖ.)

19.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


19.59

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Nichts tun, heißt, tatenlos zuschauen – und das machen wir nicht! Ich glaube, ich muss die Situation ein bisschen aufklären: Es nützt doch nichts, wenn wir neue Gesetze machen, die dann nicht eingehalten werden. Deshalb verschärfen wir die Gesetze! Diese Regierung ist bereit dazu! Nörgeln, immer nur kritisieren, aber nicht zustimmen, das ist nichts anderes als tatenloses Zusehen! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Silhavy: Lesen! Lesen!)

Betrug ist kein Kavaliersdelikt! Deshalb muss ich auch sagen, speziell ich im Bauge­werbe: Wenn Betriebe Beiträge an die Bauarbeiterurlaubskasse nicht abführen, wenn sie Mitarbeiter bei der Gebietskrankenkasse nicht anmelden, wenn Pensionsbeiträge nicht bezahlt werden und vieles mehr, dann muss man etwas unternehmen. Und diese Regierung sagt: Jawohl, wir machen etwas! Wir sagen, ab dem ersten Tag muss der Arbeitnehmer bei der Krankenkasse angemeldet sein. Das wird gesetzlich vorge­schrie­ben.

Da ich diesbezüglich Kritik höre: Mir wäre es auch lieber, wenn das bereits vor Arbeits­beginn der Fall wäre. Aber wer die Praxis kennt und weiß, wie das vor sich geht, der weiß auch, dass es öfters einfach nicht möglich ist, zu sagen: Bring ihm einen Laptop, einen Computer hinaus, damit er es nachher macht!


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90. Sitzung / Seite 220

Ich glaube, die vorliegende Regelung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das ist einmal das Erste.

Das Zweite ist, dass das Gesetz bezüglich Bestrafungen in diesem Zusammenhang entsprechend verschärft wird, dass mit Haftstrafen zu rechnen ist. Es gibt ja bis dato schon ein Gesetz, wonach derjenige, der illegale Beschäftigung praktiziert und dabei erwischt wird, mit einer Verwaltungsstrafe rechnen muss und ein Jahr lang von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen wird. Das wisst ihr nicht, weil ihr wahrscheinlich mit der Praxis nichts zu tun habt.

Ich sage, dieses Gesetz geht in die richtige Richtung. Verbesserungen kann man im­mer noch vornehmen, wenn es nicht so funktioniert, wie wir uns das vorstellen. Ich möchte mich als Arbeitnehmervertreter recht herzlich bei der KIAB und beim Arbeits­inspektorat dafür bedanken, was sie leisten, speziell gegen Schwarzarbeiter­beschäf­tigung.

Dazu, was ein Kollege bezüglich Frächter und so weiter gesagt hat: Zu mir kommen sehr viele und sagen: Das zahlt er mir nicht, und das zahlt er mir nicht! Dann frage ich: Wieso lässt du dir das gefallen? Sagt er: Weil es sich die anderen hundert auch gefallen lassen. – So ist es auch eine Arbeitnehmerpflicht, zusammenzuhelfen und zu sagen: Das lassen wir uns nicht gefallen!

Oder: Oft wird das Geld – Kollege Maier, du weißt genau, wovon ich spreche, weil ganze Delegationen deshalb zu mir kommen – über Umwege ausgezahlt. Da muss ich sagen: Hier gibt es eine Arbeitnehmerpflicht und eine Arbeitgeberpflicht. Und man kann nicht nur kritisieren, man muss auch selber einen Beitrag leisten. (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen sowie Beifall bei der ÖVP.)

20.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Mag. Maier hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie ken­nen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. (Abg. Dr. Jarolim: Dass man das übers Herz bringt, das so zu sagen wie der Kollege Walch! – Gegenrufe bei den Freiheit­lichen.)

 


20.03

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat behauptet, die SPÖ oder die Opposition habe in Sachen Sozialbetrug nichts unternommen, nur diese Bundesregierung.

Ich berichtige: Die SPÖ hat einen Initiativantrag zur Bekämpfung des Schwarz­unter­nehmertums, 182/A, der Abgeordneten Fritz Verzetnitsch und GenossInnen einge­bracht. (Abg. Scheibner: Wo ist denn der heute?) Dieser Antrag wurde von den Regierungsparteien nie in Verhandlung genommen. (Abg. Scheibner: Was ist denn das für eine tatsächliche Berichtigung? – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Zweitens: In der letzten ebenso wie in dieser Gesetzgebungsperiode wurde von mir eine Petition zu den Frächterskandalen mit klaren Forderungen der zuständigen Gewerkschaften aufgenommen. Diese Forderungen wurden von Ihnen allerdings nie übernommen und auch nie behandelt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Das war aber keine Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe.)

20.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 



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90. Sitzung / Seite 221

20.04

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Meine Damen und Herren! Kollege Walch, du hast gemeint, man sollte einen Beitrag leisten. Das, was hier heute von den Regierungsparteien vorgelegt wird, was Sozialbetrugsahndung anlangt, was vielleicht auch Mittel und Instrumente schaffen sollte, Frächterskandale zu verhindern oder zu ahnden, bitte, das ist kein Beitrag, das ist sozusagen genau das Gegenteil. Das ist geradezu eine Einladung zu diesen Delikten, insbesondere, was die Regelungen für den Frächterskandal anlangt. Es gab da massive Vorfälle! Denken Sie daran: Grad, Augustin, Kralowetz. – Das ist alles ver­sandet, verschleppt worden. Die Grünen haben das aufgedeckt, aber Minister Barten­stein war da relativ schnell unterwegs, um das irgendwie wieder ein bisschen in den Hintergrund zu drängen, und Kollege Stummvoll hat auch seinen Beitrag dazu geleistet. (Abg. Dr. Jarolim: Jetzt ist der Walch mit dabei!)

Was heute vorliegt – anstatt jetzt endlich bei den Frächterskandalen wirkungsvoll ans Werk zu gehen, zum Schutz der einheimischen Transportwirtschaft, zum Schutz des Transportgewerbes mit lokalem Hintergrund, zum Schutz auch unserer lokalen Speditionen –, das ist ja Spott und Hohn. Ich meine, gerade Ihre Klientel muss sich aufregen darüber, was Sie hier beschließen. Wenn man es sich konkret anschaut: Tätige Reue ist möglich – bis zur letzten Stunde des Verfahrens! Da greifen sich doch alle Juristen an den Kopf! Das kann doch unmöglich präventiv wirken.

Oder auf der anderen Seite: Schwarzarbeiter im Frachtgewerbe können angemeldet werden – bis zum Ende des Arbeitstages! Was ist denn das „Ende des Arbeits­tages“? – 23 Uhr! Wie soll denn der jemals bestraft werden für diese illegale Tätigkeit, der er nachgeht? Wie wollen Sie mit dieser Gesetzesvorlage mehr oder weniger das Sozialdumping auf der Straße hintanstellen? Wie wollen Sie dem Einhalt gebieten? Das ist ja nur Spott und Hohn! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Ikrath: Das ist eine Ahnungslosigkeit!)

Ich habe mich selten aufgeregt über eine Gesetzesvorlage, aber diese muss massiv bekämpft werden! Und Sie werden sehen, die Bevölkerung und auch das einheimische Gewerbe werden Sie noch in die Pflicht nehmen, und das wird dann sicherlich anders geregelt werden müssen.

Frau Ministerin! Es ist wirklich eine Schande, was Sie da unterschreiben! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Ikrath: Das war ja wirklich sehr peinlich! Vom Max Walch ein bisschen unterrichten lassen in der Praxis!)

20.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abge­ordneter Steindl zu Wort. – Bitte.

 


20.06

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Sehr verehrte Frau Kollegin Moser, das war schon sehr überzogen, was Sie jetzt zum Besten gegeben haben. Tatsächlich ist es so, dass das Sozialbetrugs­gesetz, das wir heute beschließen, wirklich ausreichend Strafbestimmungen vorsieht. Es kann nicht sein, dass wir generell alle Unternehmer kriminalisieren (Abg. Mag. Jo­hann Maier: Wenn sie Sozialbetrug begehen, dann ja! Dann müssen sie verurteilt werden!), denn es gibt ja auch Interpretationsunterschiede bei Arbeitsrechten, bei kollektivvertraglichen Regelungen und so weiter. Ich muss dazusagen, dass nur ein sehr kleiner Teil kriminell tätig wird, aber der überwiegende Teil völlig korrekt seine Beiträge zu den sozialen Sicherungssystemen leistet. Das sei hier auch einmal ver­merkt. (Beifall bei der ÖVP.)


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90. Sitzung / Seite 222

Abschließend darf ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen zum Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozial­betrugsgesetz-SozBeG) in der Fassung des Ausschussberichtes (743 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversiche­rungs­gesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozialbetrugsgesetz-SozBeG) in der Fassung des Ausschussberichtes (743 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Die Einleitung zu Artikel I (Änderungen des Strafgesetzbuches) lautet:

„Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, wird wie folgt geändert:“

2. In Artikel II (Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) lautet die Z 3:

„3. Nach § 621 wird folgender § 622 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. II des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/200x

§ 622. (1) Die §§ 33 Abs. 1 und 1a sowie 41 Abs. 4 Z 2 und 3 sowie Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/200x und die Aufhebung des § 41 Abs. 2 treten zu dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz mit Verordnung feststellt, dass die zur Erfüllung der Anmeldeverpflichtung nach § 33 Abs. 1a Z 1 erforderlichen techni­schen Mittel zur Verfügung stehen.

(2) § 114 tritt mit Ablauf des 28. Februar 2005 außer Kraft.“

3. In Artikel V (In-Kraft-Treten) wird nach den Worten „Artikel IV“ das Wort „tritt“ eingefügt.

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Steindl ver­lesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Böhmdorfer ist korrekt verlesen, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen zum Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozial­betrugsgesetz-SozBeG) in der Fassung des Ausschussberichtes (743 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:


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90. Sitzung / Seite 223

Das Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozialbetrugsgesetz-SozBeG) in der Fassung des Ausschussberichtes (743 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Die Einleitung zu Artikel I (Änderungen des Strafgesetzbuches) lautet:

„Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, wird wie folgt geändert:“

2. In Artikel II (Änderungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) lautet die Z 3:

„3. Nach § 621 wird folgender § 622 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. II des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/200x

§ 622. (1) Die §§ 33 Abs. 1 und 1a sowie 41 Abs. 4 Z 2 und 3 sowie Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/200x und die Aufhebung des § 41 Abs. 2 treten zu dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz mit Verordnung feststellt, dass die zur Erfüllung der Anmeldeverpflichtung nach § 33 Abs. 1a Z 1 erforderlichen tech­nischen Mittel zur Verfügung stehen.

(2) § 114 tritt mit Ablauf des 28. Februar 2005 außer Kraft.“

3. In Artikel V (In-Kraft-Treten) wird nach den Worten „Artikel IV“ das Wort „tritt“ eingefügt.

Begründung

Zu Art. II (§ 622 ASVG):

In den einschlägigen Regierungsvorlagen, die zur Zeit in parlamentarischer Behand­lung stehen, sind folgende Nummerierungen der Schlussbestimmungen zum ASVG vorgesehen: 3. SVÄG 2004: §§ 618 und 619 ASVG; Begleitnovellen zum FAG 2005: § 620 ASVG; Gesundheitsreformgesetz 2005: § 621 ASVG. Die Schlussbestimmungen des Art. II des Sozialbetrugsgesetzes sollen daher die Paragraphenbezeichnung „622“ erhalten.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


20.10

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungsvorlage zum Sozialbetrugsgesetz ist lückenhaft und zahnlos. Die ÖVP hat sich ja seit Jahren gegen eine wirksame Bekämpfung des Sozialbetrugs gewehrt. Ich darf nur daran erinnern, dass es in der großen Koalition bereits einen Vorschlag für ein Schwarzunternehmerbekämpfungsgesetz gegeben hat, gegen das Sie sich gewehrt haben, das damals gemeinsam mit den Sozialpartnern ausgearbeitet wurde. Mein Kollege Maier hat ja schon den Initiativantrag des Kollegen Verzetnitsch erwähnt, der seit dem Sommer 2003 vorliegt und nicht behandelt wurde und der eine sehr gute Grundlage für diese Regierungsvorlage abgegeben hätte. Da wäre nicht etwas so Mangelhaftes dabei herausgekommen.


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90. Sitzung / Seite 224

Eine umfassende Regelung gegen den Sozialbetrug wäre natürlich auch, dass man andere Bereiche und nicht nur das Strafgesetz ändert, zum Beispiel – auch das wurde schon erwähnt – die Generalunternehmerhaftung. Sie ist ganz wesentlich, um hier wirksam vorgehen zu können. Das heißt, dass der Generalunternehmer für durch Subunternehmer nicht abgeführte Beiträge haftet und so weiter.

Da wäre also einiges zu machen. Ein solch umfassendes Paket ist nicht vorgelegt worden. Dafür wäre der Initiativantrag eine gute Grundlage gewesen.

Der ursprüngliche Begutachtungsentwurf ist so sehr abgeschwächt worden, dass eigentlich kein Nutzen mehr vorhanden ist. Welche präventive Wirkung soll ein solches Gesetz haben, wenn die Möglichkeit der tätigen Reue so geregelt ist, dass die Strafbarkeit durch eine bloße Nachzahlung von Beiträgen, die ohnehin bezahlt werden müssen, abgewendet werden kann?

Auch ist durch einen zusätzlichen Abänderungsantrag der Begutachtungsentwurf jetzt so abgeändert worden, dass der Staatsanwalt nachweisen muss, dass die Löhne an Dienstnehmer ausbezahlt wurden. Dass das sehr schwierig ist, können Sie sich vor­stellen; und kann er das nicht, fällt die Sozialversicherung um die Dienstneh­mer­beiträge um.

Alles in allem ist hier ein Kniefall vor der Wirtschaft gemacht worden. Mit diesem Ge­setz kann man sich nicht identifizieren. Damit wird gegen Schwarzunternehmertum und Sozialbetrug nicht sehr viel ausgerichtet. Es ist ein Gesetz, das alles in allem den Namen nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

20.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


20.13

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Mich verwundert es schon, wenn von Seiten der SPÖ dem Sozialbetrugsgesetz nicht zugestimmt wird, denn es ist eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Status quo. Heute ist die Anmeldung ja innerhalb von drei Tagen möglich, und jetzt ist – eine wesentliche Verbesserung! – der Betreffende bei Arbeitsantritt anzumelden.

Allerdings wäre es auch mir lieber, sofort bei Arbeitsantritt und nicht bis 24 Uhr. Es ist eben ein Kompromiss, aber trotzdem eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Status. Wenn die SPÖ deswegen nicht mitstimmt, muss ich sagen: Sie hätten bis zum Jahr 1999 die Möglichkeit gehabt, das umzusetzen. – Sie haben es nicht umgesetzt. Warum nicht? – Weil Sie hier säumig waren oder keinen Partner dafür gefunden haben.

Das vorliegende Gesetz ist ein Kompromiss, und wir haben das jetzt gemeinsam mit unserem Koalitionspartner umgesetzt.

Zwei neue Tatbestände werden ebenfalls zur Eindämmung des Sozialbetrugs bei­tragen: zum Beispiel das Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialver­siche­rung und Zuschlägen zur Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse. Das wird jetzt im Strafgesetzbuch festgeschrieben und mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren geahndet, genauso wie organisierte Schwarzarbeit mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren.

Das ist meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung, um die Wett­bewerbs­fähigkeit der österreichischen Betriebe zu erhalten, und ein Schritt in die richtige Rich-


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90. Sitzung / Seite 225

tung, um die organisierte Schwarzarbeit unter Sanktion zu stellen und damit einzu­dämmen, um betrügerischen Absichten von Firmen einen Riegel vorzuschieben.

Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt zur Bekämpfung von Schwarzarbeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.15

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

 


20.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ein paar Bemerkungen zur Artikel-15a-Vereinbarung über die Abgel­tung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Kranken­anstal­ten für Insassen von Justizanstalten.

Von Sozialversicherungsträgern werden geringere Gebühren eingehoben als für unver­sicherte Privatpatienten. Für externe medizinische Versorgungsleistungen im Straf- und Maßnahmenvollzug soll diese Begünstigung durch Gewährung eines freiwilligen Pauschalbetrages durch die Länder für die Jahre 2005 bis 2008 erreicht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben im Moment eine Vereinbarung, die bis 31. Dezember gültig ist. In den so­eben abgelaufenen Verhandlungen für den Finanzausgleich wurde ein Paktum verein­bart, wonach diese Vereinbarung für die Jahre 2005 bis 2008 verlängert wird. Dies ge­schieht mit heutiger Beschlussfassung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. – Bitte.

 


20.16

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Es wäre schade, auf die Ausführungen der Frau Dr. Fekter und des Kollegen Walch näher einzugehen. (Beifall des Abg. Dr. Jarolim.) Diese richten sich selbst und sind auch mit eine Begründung dafür, warum die SPÖ dem Gesetz nicht zustimmen kann (Abg. Dr. Fekter: Weil ihr es nicht verstanden habt!), obwohl – und damit begegnen wir allen Unkenrufen – selbstverständlich der Sozial­betrug und dessen Bekämpfung eines unserer vorrangigen Ziele ist (Abg. Dr. Jarolim: Endlich ein klares Wort!), was ja der bereits vom Kollegen Maier vorgetragene Initiativ­antrag des Genossen Verzetnitsch und GenossInnen aus dem Vorjahr beweist.

Sie haben hier mit diesem Gesetz einmal mehr ein Husch-Pfusch-Gesetz vorgelegt oder, wie der Jurist das nennt, den absolut untauglichen Versuch (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits) – Herr Kollege Tancsits, Sie haben ja angeblich schon einmal etwas von Juristerei gehört – unternommen, Sozialbetrug zu bekämpfen.

Was es im Detail bedeutet, dass dieses Gesetz nicht umgesetzt werden kann, wurde bereits gesagt, aber es muss auch einmal klar gesagt werden – und das möge dem Herrn Dr. Böhmdorfer entgegengehalten werden –, dass nicht etwas, das bereits schlecht ist, perpetuiert werden kann. (Abg. Mag. Ikrath: Ihr habt überhaupt nichts gemacht!)

Man muss sich rechtspolitisch auch fragen, ob es Sinn macht, das, was bisher im § 114 ASVG geregelt war, nunmehr in das StGB zu transferieren und damit geradezu zum Sozialbetrug zu animieren. Denn wenn es mir als potentiellem Sozialbetrüger ermöglicht wird, Herr Kollege Ikrath, das Geld, das ich an die Sozialversicherung ab­führen soll, einzubehalten, den Betrugsversuch zu unternehmen und zu schauen, ob


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es einem Staatsanwalt gelingt, mich anzuklagen, und dann das gesparte Geld auf den Tisch zu legen (Abg. Dr. Fekter: Nein! Sie kennen sich nicht aus!) und zu sagen: War eh nichts!, dann bekämpft das nicht den Sozialbetrug – Frau Dr. Fekter, auch Sie sollten von der Juristerei etwas Ahnung haben –, sondern es fördert ihn geradezu. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Nein, nein! Sie kennen sich nicht aus!)

Einen Staatsanwalt in die Situation zu bringen, dass er beweisen muss, dass jemand bei Firmengründung einen Betrugsvorsatz hatte, das grenzt geradezu an juristische „Kindischheit“, Frau Kollegin Dr. Fekter, und ist unseres Ausschusses und einer Vor­sitzenden wie Ihnen eigentlich nicht würdig. (Abg. Dr. Fekter: Lesen! Lesen!) Dass Sie es hier auch noch wortreich zu verteidigen suchen, disqualifiziert Sie einmal mehr. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Ich bin ja froh, dass das gesagt worden ist!)

 


20.18

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die Insassen von Justizanstalten sind in keine Krankenversicherung eingebunden. Die ärztliche Betreuung wird teilweise direkt in den Justizanstalten sichergestellt. In den Fällen, in denen nicht direkt in den Justizanstalten betreut werden kann, stehen für die Strafgefangenen auch die Ge­meinde- und Landeskrankenanstalten zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dis Kosten für diese Maßnahmen haben sich in den letzten zehn Jahren stark ge­steigert. Im Jahr 2000 waren es bereits 16,3 Millionen €, und inzwischen hat sich die­ser Betrag noch wesentlich erhöht. Auch die Kosten für die externe Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher haben sich in den letzten 15 Jahren verfünffacht.

Die Kostensteigerungen werden wohl im Sinne einer bestmöglichen Versorgung akzeptiert. Da jedoch durch das Justizministerium infolge fehlender Einbindung in die soziale Krankenversicherung der Volltarif bezahlt werden muss, handelt es sich bei den rund 8,5 Millionen € letztlich um die Rückerstattung des Differenzbetrages durch die Länder, eine sinnvolle Maßnahme, die bis 2008 verlängert wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.20

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es gibt Missstände im Unternehmertum. Die SPÖ fordert daher bereits seit Jahren mit Nachdruck wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Praktiken von Schwarzunternehmern, wie Kollege Maier und Kollegin Becher bereits ausgeführt haben.

Mit unserem Vorschlag, der als Gesetzentwurf vorgelegen ist, wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Eindämmung organisierter Schwarzarbeit, null Toleranz gegenüber Scheinfirmen und Sozialbetrug gewährleistet worden. Ich erinnere ebenfalls daran, dass dieses Gesetz an den Widerständen der ÖVP und der Wirtschaft gescheitert ist.

Das nun vorliegende Sozialbetrugsgesetz ist ein Versuch, auf die Missstände im Schwarzunternehmertum zu reagieren. Allerdings bleibt es bedauerlicherweise nur


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90. Sitzung / Seite 227

beim Versuch. Gegenüber der Regierungsvorlage ist im vorliegenden Gesetzentwurf manches verschlechtert worden. (Ruf bei der ÖVP: Nein! Nein, das gibt’s nicht! Wir verbessern nur! Nur verbessern! Nie verschlechtern!) Die Gründe dafür wurden bereits erläutert. Weiters sind wir von der SPÖ der Meinung, dass die personelle Ausstattung der Kontrollbehörden noch immer unzureichend ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wäre höchst an der Zeit, effektive Maßnahmen gegen Sozialbetrug zu ergreifen, damit der Sozial- und Krankenversicherung und der Finanz nicht noch weitere Hunderte Millionen Schilling entgehen. Die schwarzen Schafe unter den Unternehmern wird es unter diesem Gesetz weiterhin geben. Dies ist von ÖVP und FPÖ so gewollt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein! Ist ja nicht wahr! Stimmt doch nicht!) Wir werden diesem Gesetz daher unsere Zustimmung verweigern. (Beifall bei der SPÖ.)

20.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Praßl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.22

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich ein wenig mit der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizini­scher Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justiz­anstalten beschäftigen.

Das Bundesministerium für Justiz war in den letzten Jahren beim Straf- und Maß­nahmenvollzug mit einer Aufwandssteigerung für medizinische Versorgungsleistungen, insbesondere bei den Kosten für die stationäre Unterbringung von Rechtsbrechern in öffentlichen Krankenanstalten, konfrontiert.

Insgesamt hatten die Kosten für die medizinische Versorgung von Strafgefangenen und Untergebrachten in öffentlichen Krankenanstalten eine Dimension erreicht, die sich nachteilig auf die interne medizinische Versorgung – im Sinne einer teilweisen Über­belastung – auswirkte. Die Kosten für die medizinische Versorgung der im Straf- und Maßnahmenvollzug stehenden Patienten sind deshalb so hoch, weil hier der Volltarif zu bezahlen ist.

Nach intensiven Verhandlungen im Rahmen der Struktur- und Aufgaben­reformkom­mission konnte bei der Landeshauptleutekonferenz ein Beschluss gefasst werden, wonach gemäß Artikel 15a B-VG eine Abgeltung beschlossen wurde. Durch die Bei­tragsleistung der Länder in Form eines Pauschalbetrages von ungefähr 8,5 Millionen € in den Jahren 2003 und 2004 an das Bundesministerium für Justiz konnte eine ent­sprechende Entlastung erreicht werden.

Würde diese Vereinbarung für die weiteren Jahre nicht beschlossen, so würde das für das Bundesministerium für Justiz eben einen dementsprechenden Aufwand bedeuten, den das Bundesministerium zur Gänze tragen müsste. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte, Platz zu nehmen!

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


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Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Strafprozess­novel­le 2005 samt Titel und Eingang in 742 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustim­mung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die Kon­kursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden, in 743 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend die Artikel I, II und V eingebracht. Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages abstimmen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 743 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit mehrheitlich auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung darüber, dem Abschluss der gegenständ­lichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten in 699 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

32. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (621 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungs­gesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Schutzzertifikatsgesetz 1996, das Halb­leiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Markenschutz­ge­setz 1970 geändert werden und ein Bundesgesetz über die im Bereich des Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamtsgebührengesetz – PAG) erlassen wird (Patentrechts- und Gebührennovelle 2004) (770 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen damit zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.

 



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20.27

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Patente und deren Entwicklung sind ein wichtiger Aspekt für die Messung und den Vergleich von Volkswirtschaften, sei es im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Innovationskraft oder den technischen Fortschritt. So kommt es auch, dass der Schutz des intellektuellen Eigentums für Unternehmen und auch für Erfinder sehr wichtig ist.

Die vorliegende Patentrechts- und Gebührennovelle 2004, die eigentlich in der Zwi­schenzeit von der Biopatentrichtlinie abgekoppelt ist, die wiederum eine sehr große Verspätung aufweist und längst durch dieses Haus durch sein sollte, bringt einige Verbesserungen mit sich, zum Beispiel eine Verbesserung, die die Veröffentlichung nach 18 Monaten ab dem Registrierungszeitpunkt festlegt. Das war früher anders.

Eine zweite Verbesserung ist, dass es bessere Beschwerdemöglichkeiten gibt. Es be­steht auch ein besserer Rechtsschutz des Patentinhabers. – So weit, so gut zu diesem Gesetz.

Aber diese Bundesregierung, überwiegend schwarz – Blau hat sich ja schon weit­gehend verabschiedet –, lässt auch wieder zum Vorschein kommen, dass hier hinein­gepfuscht wurde. Was meine ich damit? – Abgesehen davon, dass es eine lange Verzögerung gegeben hat, ist auch organisatorisch wieder eine größere Veränderung durchgeführt worden. Sie haben, wieder ganz heimlich, die Eliminierung der nicht­ständigen Vertreter vorgenommen und damit die Sozialpartner und deren Know-how ausgeschaltet. Wir haben heute diese Demokratiediskussion schon einmal gehabt. Hier muss man sich fragen: Wo bleibt der Aufschrei der Wirtschaftskammer?

Ein zweiter Punkt ist auch noch zu erwähnen, und das ist die finanzielle Seite: Durch diese Gebührennovelle kommt es zu einer Erhöhung um 70 Prozent, und überwiegend sind davon wieder Klein- und Mittelbetriebe beziehungsweise Einzelerfinder betroffen. Das ist natürlich ein Punkt, den wir nicht unterstützen können.

Diese beiden Gesetzesänderungen zeigen wieder ganz deutlich diese Mentalität des Drüberfahrens von Schwarz, insbesondere was den Demokratieabbau betrifft. Und es handelt sich um ein weiteres Belastungspaket: Um 70 Prozent steigen die Gebühren! (Abg. Murauer: Die „soziale Kälte“ haben Sie vergessen!)

Wir Sozialdemokraten tragen daher diese Gesetzesänderungen nicht mit. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.29

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


20.30

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch bei dieser Novellierung ist es mir unver­ständlich, warum die Sozialdemokraten sich weigern, mitzugehen – die Grünen sind anscheinend im Doppelpack bei diesem Zickzackkurs wieder mit dabei (Zwischenrufe bei den Grünen) –, denn diese Novelle bringt deutliche Verbesserungen. Einige hat Kollege Moser bereits erwähnt, nämlich – ganz wesentlich – die Veröffentlichung 18 Monate nach dem Einreichdatum, dem Prioritätstag. Damit kommt es zu einer Verbesserung im Hinblick auf das Schutzrecht, auf das Informationsbedürfnis der Wirtschaft und der Öffentlichkeit und letztendlich natürlich auch zu einer besseren vermögensrechtlichen Stellung des Patentanmelders.

Von einem „Belastungspaket“ zu sprechen, ist Polemik pur, meine Damen und Herren, denn die Gebühren, die hier eingehoben werden, sind seit zehn Jahren nicht erhöht


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und nicht verändert worden. Daher ist das eine Anpassung, die durchaus notwendig ist, sowie allgemein eine Anpassung an internationale Standards, entsprechend dem TRIPS-Abkommen und ähnlichen Regelungen, die hier erfolgt.

Tatsache ist auch, dass die Organisation des Patentamtes damit wesentlich flexi­bilisiert wird, und ein Nebenaspekt ist auch der, dass beispielsweise PC-Programme nicht mehr dem Schutz der Patentierung unterliegen – wie ich allgemein glaube, dass hiemit ein Gesetz im Interesse der Wirtschaft vorgelegt wird, dem wir gerne die Zustim­mung geben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

20.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. – Bitte.

 


20.32

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Ledolter hat offenbar auch im Ausschuss nicht zugehört. Sowohl die SPÖ als auch wir haben bereits ausführlich begründet, warum wir dem nicht zustimmen. (Abg. Ledolter: Aber nicht substantiell und nicht glaubwürdig!) Von „Zickzack“ kann keine Rede sein, wir haben eine sehr klare Position dazu, zumindest was die Grünen betrifft.

Ich erkläre es Ihnen gerne noch einmal. Erstens: Die Begutachtung ist aus dem Jahr 2000, und Sie werden wohl gute Gründe haben, warum Sie ein Gesetz, das seit vier Jahren vorliegt, obwohl Änderungen darin enthalten sind, nicht noch einmal in die Begut­achtung geschickt haben. Möglicherweise wären dann auch andere drauf­gekommen, dass das nicht alles so super ist. Die Wirtschaftskammer hat darüber hinaus festgestellt, dass die Gebühren, die es natürlich gibt, wie Sie richtig gesagt haben, erhöht worden sind. Die Begründung, warum das so ist, haben Sie hier nicht geliefert. – Also es gibt hier durchaus Änderungen, die auch wert gewesen wären, das zu diskutieren.

Es gibt allerdings noch einen zweiten Punkt, der mir schon interessant erscheint. Ich habe auch im Ausschuss nicht eruieren können – vielleicht kann hier irgendjemand noch etwas dazu sagen –, warum Sie diesen Punkt ändern. Da geht es nämlich um die Bestellungserfordernisse des Präsidenten. Sie haben festgelegt, dass in Zukunft erstens keine Pragmatisierung mehr notwendig ist – in Ordnung –, und zweitens keine rechtskundige oder fachliche Befähigung.

Das finde ich jetzt schon interessant: Wieso braucht man das auf einmal nicht mehr? Im Ausschuss haben Sie gesagt: weil ganz andere Fähigkeiten auch notwendig sind, nämlich Führungskompetenzen. Sie konnten mir nur nicht erklären, warum die Führungskompetenz die fachliche und rechtskundige Befähigung ersetzen soll. Dass man diese zusätzlich verlangt, erscheint mir in Zeiten wie diesen für ein derartiges Amt als selbstverständlich. Sie hätten nur dazuschreiben müssen: Und außerdem braucht dieser Mensch auch noch Führungsqualitäten.

Die Vermutung liegt leider nahe, dass Sie hier auch durchaus unkundige Personen, dafür mit dem richtigen Parteibuch, einsetzen wollen. Unsere Zustimmung werden Sie dafür sicher nicht bekommen. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Wie der Schelm denkt, ...!)

20.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 



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20.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Sburny, ich glaube, es geht hier vielmehr darum, dass nicht nur Leute aus dem eigenen Haus in eine Füh­rungsposition kommen können, und dem wird damit Rechnung getragen.

Es wurde schon gesagt: Ein wesentlicher Part dieser Novelle ist die Anmeldung inner­halb von 18 Monaten. Das wird seitens der Wirtschaft natürlich begrüßt. Das bedeutet ein beschleunigtes Verfahren. Ab dem Prioritätstag erfolgt die Veröffentlichung nach 18 Monaten. Das wirkt sich natürlich günstig aus für die Öffentlichkeit, die Entwick­lungen abschätzen kann, und es entstehen auch ab diesem Tag dann die Schutz­rechte. Im Übrigen sei gesagt, dass auch in vielen europäischen Ländern diese 18-Monate-Regelung gilt.

Es findet dabei auch eine Verfahrensneugestaltung statt. Bisher war es so, dass natürlich durch Einspruchsverfahren, die Teil des Anmeldeverfahrens waren, Verzöge­rungen aufgetreten sind. Nun ist das Einspruchsverfahren explizit aus dem Anmelde­verfahren herausgenommen. Es gibt auch noch eine Änderung des Rechtszugs von der Beschwerdeabteilung des Patentamtes zum Obersten Patent- und Markensenat. Es wird auch Konformität mit dem TRIPS-Abkommen – das wurde schon erwähnt – hergestellt.

Zu den Gebühren noch eine Anmerkung: Es wurde schon erwähnt, dass zehn Jahre lang keine Erhöhung stattgefunden hat. Demnach ist das, was hier stattfindet, in dieser abgestuften Tarifform oder Gebührenabstufung, eine Anpassung – und nicht als Erhö­hung zu sehen. (Abg. Dr. Niederwieser: Keine Erhöhung?) Eine Anpassung wäre ja mit der Novelle im Jahr 2000 auch beabsichtigt gewesen. Diese Novelle ist nicht zustande gekommen, und demnach hat es wohl seine Richtigkeit, dass jetzt eine entsprechende Gebührenanpassung erfolgt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Bitte.

 


20.36

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Zu zwei der wichtigen Punkte, die von der Opposition moniert wurden, hat bereits Herr Nationalratsabgeordneter Kollege Hofmann Stellung genom­men.

Es bleibt mir also die Thematik vorbehalten, warum es keine nichtständigen Mit­glieder – nämlich die, die aus der Sozialpartnerschaft gekommen sind – mehr gibt.

Ich darf erstens einmal darauf hinweisen, dass es um kein Drüberfahren geht, sondern dass wir in vielfacher Hinsicht bewiesen haben, dass Sozialpartner einen sehr wich­tigen Beitrag leisten, zuletzt erst im Zusammenhang mit der Frage der Schließung der Postämter, wo in dem Arbeitskreis und später auch in der Arbeitsgruppe, die durch die Universaldienstverordnung eingerichtet werden soll, selbstverständlich Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer mit Stimme vertreten sind.

Im gegenständlichen Fall ist es aber, wenn man sich die Geschichte ansieht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und den Grünen, doch so, dass es abgesehen davon, dass seit der Einführung dieses Institutes, nämlich des Patent­amtes, im Jahre 1897 bis zur Patentgesetznovelle 1973 kein nichtständiges Mitglied jemals herangezogen wurde, auch in der Folgezeit – und das ist jetzt, bitte, wichtig –


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bis heute keinen einzigen Fall der Befassung eines nichtständigen Mitgliedes gegeben hat.

Da somit das Rechtsinstitut der nichtständigen Mitglieder in der Praxis keinerlei Rele­vanz erlangt hat, soll es mit der anstehenden Novelle aufgehoben werden. Es geht um nichts anderes als um eine Bereinigung von totem Recht. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


20.38

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zu später Stunde noch ein paar Worte zu einem Thema, das an und für sich für die heimische Wirtschaft sehr wichtig ist.

Apropos heimische Wirtschaft und Wirtschaftsprogramme – Kollege Scheuch ist jetzt nicht da, aber vielleicht kann man es ihm ausrichten (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch) – hervorragend! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung SPÖ –: Da drüben sitzt kein Freiheitlicher!) –: Wenn Sie auf der FPÖ-Homepage zum Beispiel nach „FPÖ-Wirtschaftsprogramm“ suchen, finden Sie keine Ergebnisse. Wenn Sie den Begriff „Intelligenz“ eingeben, ist dies übrigens ebenso der Fall. (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich verhehle nicht, dass diese Patentrechtsnovelle durchaus in einigen Bereichen in die richtige Richtung weist, wobei das, wie gesagt, für die heimische Wirtschaft sehr wesentlich wäre und ich daher nicht verstehe, warum es zu Gebührenerhöhungen kommt. Gebührenerhöhungen führen nämlich – das wissen wir – im Patentbereich immer dazu, dass hier eine gewisse Scheu besteht, ebenso, wenn es eine überbor­dende Bürokratie gibt. Gebührenerhöhungen, das heißt also Mehrausgaben, als „Anpas­sungen“ zu bezeichnen, das ist auch eine Semantik, die möglicherweise Ihrem fehlenden Wirtschaftsprogramm entnommen werden kann. (Abg. Scheibner: Ihr Wirt­schaftsprogramm sieht das nicht so!)

Stimmt: Derartige Untergriffe sind in unserem Wirtschaftsprogramm in der Tat nicht zu finden. Das haben Sie offensichtlich gut gelesen. Ich gratuliere Ihnen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: „Da haben wir fünfmal einen Anlauf gebraucht, bis wir endlich draufgekommen sind, dass die Erbschaftssteuer nicht erhöht werden soll oder die Grundsteuer!“) – Vielleicht sollten Sie es auch zu Ende lesen und nicht auf Seite 2 aufhören.

Wie wichtig das Thema Patente und Lizenzen im internationalen Wettbewerb ist, sieht man zum Beispiel an einer Aussage des bayrischen Wirtschaftsministers Otto Wies­heu – nicht meiner Fraktion angehörend – vor rund einem Jahr, der die Ansiedlungs­kampagne der Austrian Business Agency damals als „zu weiten Teilen nichts als heiße Luft“ bezeichnet und qualifiziert hat. Als Beleg dafür hat er die Patentanmeldungen pro 100 000 Einwohner angeführt, die in Österreich rund 150 betragen, in Bayern rund 459.

Daher, denke ich, sollten wir uns mit diesem Thema ernsthaft auseinander setzen (Abg. Großruck: Dann tu es!) und durchaus Novellen ins Auge fassen, die dazu führen, dass etwa auch die Transmission von den österreichischen Hochschulen zur umsetzungsrelevanten Wirtschaft im Inland und die Stärkung der inländischen Wert­schöpfungsketten größeres Gewicht bekommen.

Ich will jetzt gar nicht auf die Diskussion eingehen, die in Deutschland vor rund drei, vier Jahren um das Hochschullehrerprivileg geführt wurde. Ich denke nur, dass die


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90. Sitzung / Seite 233

amerikanischen Patentanmeldungs- und -verwertungsstellen wirklich zeigen, was gehen kann – auch mit den Lizenzeinnahmen. Daher schlage ich vor, dass wir uns mit diesem Thema noch eingehend im Wirtschaftsausschuss beschäftigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte, Platz zu nehmen!

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 621 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Bejahung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

33. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (548 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (750 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (680 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-Novelle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden (751 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (682 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraft­fahrgesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (752 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 33 bis 35 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


20.42

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staats­sekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben durch den Herrn Präsidenten gehört, dass eine Reihe von Gesetzesvorlagen nunmehr hier in Behandlung stehen. Ich möchte mich vor allem mit einem Teil der Vorlagen beschäftigen, und zwar mit der


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90. Sitzung / Seite 234

Novelle zum ASFINAG-Gesetz; alle anderen Teile werden andere Kollegen aus meiner Fraktion mitbehandeln.

Ich darf zur ASFINAG feststellen, dass da vor allem schwerpunktmäßig die Möglichkeit für die ASFINAG aufgemacht werden soll, sich auch im Ausland zu beteiligen soll und zu expandieren. Darüber hinaus ist auch eine Konzernumstrukturierung erfolgt, wo­durch nunmehr sieben neue Gesellschaften gegründet wurden.

Man muss sich vorstellen: Bei ungefähr 100, 120 Beschäftigten sieben Gesellschaften zu gründen, bedeutet sieben Geschäftsführer, bedeutet wieder sieben Mal die Aus­stattung eines Büros, bedeutet womöglich auch noch sieben Autos et cetera – also eine sehr aufwändige Angelegenheit! Der Schwerpunkt liegt allerdings darin, sich auch im Ausland beteiligen zu können.

Jetzt könnte man sagen: Es ist ganz gescheit, wenn sich eine österreichische Firma auch im Ausland beteiligt oder Anteile von ausländischen Unternehmen kauft. Nur muss man wissen, wovon man ausgeht: Die ASFINAG ist an und für sich eine Gesell­schaft, die zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes steht und für die somit auch zu 100 Prozent der Steuerzahler haftet. Die ASFINAG ist darüber hinaus eine Gesell­schaft, die derzeit einen Schuldenstand hat, der sich um 8,5 Milliarden € bewegt und sich vermutlich bis 2012 auf 12 bis 13 Milliarden € erhöhen wird.

Ich glaube nicht, dass es sehr intelligent ist, wenn sich eine Gesellschaft, die sich selber noch finanzieren, die sich selber noch rechnen muss – bis zum Jahre 2042 soll sich das dann irgendwie gerechnet haben, also „astronomische“ Zeiträume für Finan­zierungsströme – im Ausland mit weiteren Schulden beteiligt –, denn das geht ja nur über weitere Schulden, für die die Steuerzahler wieder bürgen müssen.

Selbst die Bundeswirtschaftskammer ist sehr skeptisch. – Ich habe mir deren Stellung­nahme angesehen, die lautet: 

„Da die bisherige Schuldenbelastung somit weiter mitgetragen und auf diesem Wege getilgt werden muss, sollte sichergestellt sein, dass alle Gesellschaften der ASFINAG einen Beitrag dazu leisten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass in absehbarer Zeit die gewinnbringenden Tätigkeiten an Auslandstöchter übertragen werden und die öster­reichischen Mauteinnahmen vorrangig zur Tilgung der Schulden anstatt zum Ausbau der heimischen Infrastruktur verwendet werden.“ – Gezeichnet „Mitterlehner“.

Ich kann das nur voll unterstützen. – Das ist die Realität. Solange Generaldirektor Hecke bei der ASFINAG von Road-Pricing auch für PKW spricht, würde ich überhaupt warnen, irgendwelche Abenteuer im Ausland vorzunehmen, denn es können auf gar keinen Fall über die Gelder der österreichischen Autofahrer und womöglich über Road-Pricing für PKW im Ausland irgendwelche Risikogeschäfte gemacht werden.

Ich glaube, wir sollten da vorsichtig sein. Ich sage nicht, dass es für immer so sein soll, aber derzeit ist es, glaube ich, zu früh, solche Überlegungen anzustellen. – Wir werden daher dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte. (Abg. Dr. Niederwieser: Der Miedl wäre doch ein Innenminister! – Abg. Öllinger: Neuer Minister!)

 


20.46

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Lieber Kurt Eder: Mit dem Denken hätte die durchaus erfolgreiche OMV nie so erfolgreich werden können. Das, was die ASFINAG da vor hat, ist in einer


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90. Sitzung / Seite 235

boomenden Branche richtig: zur richtigen Zeit zu investieren. (Abg. Eder: ... Milliarden Schulden! Und der Steuerzahler bürgt!)

Wir machen per Gesetz etwas möglich, das jedem Wirtschaftsunternehmen möglich sein soll, und ich denke, das ist gut so. Das ist eine boomende Branche. – Oder soll man es den Italienern überlassen?

Meine Damen und Herren! Wir beschließen mit dieser Gesetzesvorlage das digitale Kontrollgerät, das eine EU-Vorgabe ist und im Wesentlichen zu mehr Verkehrs­sicherheit führen wird. Das wird bewirken, dass das Arbeitszeitgesetz und das Arbeits­ruhegesetz eingehalten werden – und das europaweit.

Wir werden mit diesem Gesetz auch eine KFG-Novelle beschließen, wo das Organ­mandat für das Anschnallen im Auto erhöht wird. Jene, die sich nicht anschnallen, werden also mit einem höheren Organmandat zu rechnen haben, und das Telefonieren im Auto soll auch mit einem höheren Organmandat belegt werden.

Ob die Strategie, mit höheren Organmandaten zu einer Verhaltensänderung zu kom­men, tatsächlich erfolgreich ist, werden wir zu beobachten haben. Das, worum es uns von der ÖVP in dieser Frage geht, ist, durch Maßnahmen verhaltensändernde Wirkun­gen beim Autofahrer zu erzielen. Ich denke, wir werden das beobachten und uns zur rechten Zeit wieder zu Wort melden. In diesem Sinne bitte ich um Annahme dieser Gesetzesvorlage. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.47

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


20.48

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Angesichts der Kombination dieser Tagesordnungspunkte ist meine Stellungnahmen in drei Teile gegliedert:

Erstens, was das Luftfahrtgesetz anlangt: Das ist unserer Ansicht nach wieder eine verfassungsrechtlich etwas bedenkliche Ausgliederung. Es ist zweitens nicht geklärt, wie weit es wirklich zu Verbilligungen kommt. – Unserer Ansicht nach sind Verteuerun­gen angesagt. Der dritte Kritikpunkt umfasst die AnrainerInnenrechte, weil gerade Flug­lärm das Umweltproblem Nummer eins in Wien beziehungsweise in Wien und Umge­bung ist. Deshalb werden Sie nachvollziehen können, dass wir diese Gesetzesvorlage nicht mittragen.

Ähnlich verhält es sich mit dem 34. Tagesordnungspunkt, mit dem ASFINAG-Gesetz. Da sehen wir eine Kombination von Investment im Umfeld von Österreich teilweise mit Risikohaftung beim österreichischen Steuerzahler/bei der österreichischen Steuerzah­lerin – und das noch dazu in Kombination mit dem Vorantreiben von österreichischen Baufirmen und -unternehmen im Ausland, wo aber die Republik immer wieder haf­tungsmäßig mehr oder weniger im Hintergrund steht.

Es ist in letzter Zeit ja interessant, in den Medien zu lesen, dass die ASFINAG – ich glaube, mit 9. November – bereits diese wirtschaftlichen Avancen und diese wirtschaft­lichen Strategien eingeschlagen hat, also praktisch diese Übernahme der heimischen Mautbetreiberfirma Europass von der Autostrade bereits vorgenommen hat. Wir schaffen aber heute – und heute ist der 10. Dezember – erst die gesetzliche Grund­lage dafür. Das ist ja wirklich ein starkes Stück, dass die ASFINAG als republikeigener Betrieb eigentlich bar jeder Gesetzesgrundlage am 9. November bereits wirtschaftliche Schritte unternimmt, die erst jetzt rechtlich gedeckt sind!


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Insofern ist unsere Ablehnung im Ausschuss jetzt wieder ganz gut zu argumentieren, weil mit diesem Gesetz wirklich ein Freibrief ausgestellt werden kann, sodass öster­reichische Unternehmen zwar im Ausland aktiv werden können, aber womöglich mit Haftung der österreichischen Steuerzahlerin/des österreichischen Steuerzahlers.

Der zweite Punkt, der uns beim ASFINAG-Gesetz noch bedenklich stimmt, ist die Tatsache, dass sich die STRABAG dann mit staatlicher Hilfe im Hintergrund mit der italienischen Firma im Nachhinein verbünden kann, dass also das, was im Vorfeld nicht möglich war, dann eine neue Avance, eine neue Möglichkeit für die STRABAG bietet. Da ist, so denke ich, SteuerzahlerInnenhaftung nicht unbedingt notwendig.

Zum dritten Gesetzesvorschlag, der heute vorliegt, und zwar zur Änderung des Kraft­fahrgesetzes, Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes. Im Gegensatz zu meinem Vorred­ner bin ich sehr wohl der Meinung, dass da zwar eine EU-Regelung umgesetzt wird, aber nicht in EU-konformer Art und Weise, und dass eigentlich die Strafsätze nicht in erheblicher Höhe vorgesehen sind, sondern dass man nur 3 oder 4 € mehr verlangen wird.

Ich teile durchaus Ihre Meinung, Herr Kollege Miedl, dass man mit Strafen und mit Strafhöhen allein keine Verhaltensänderung bewirken kann. Wesentlich – und das haben Sie nicht gesagt – ist meiner Ansicht nach jedoch sehr wohl die Kontrolle. Über die Kontrolle wird hier in diesem Gesetz aber nichts gesagt, obwohl das eigentlich der Hauptansatzpunkt wäre, um Verkehrssicherheit überhaupt zu ermöglichen.

Deshalb zu allen drei Gesetzen keine Zustimmung von unserer Seite. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Niederwieser. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

20.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 


20.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Die Luftfahrt­gesetz­novelle hat die Übertragung von Aufgaben vom Verkehrsministerium zur Austro Control GmbH zum wesentlichen Inhalt.

Herr Staatssekretär Kukacka, um das gleich von vornherein anzusprechen: Es geht mir nicht um die Übertragung oder um diese Luftfahrtgesetz-Novelle, sondern als Folge der Übertragung möchte ich einige Aspekte beleuchten.

Prinzipiell ist es ganz klar, dass dort, wo Synergien genutzt werden können, Synergien zu nutzen sind. Das heißt, wenn eine Durchforstung des Verwaltungsbereiches ergibt, eine Ausgliederung ist sinnvoll, dann soll diese auch geschehen. (Abg. Dr. Nieder­wieser: ... das Bundesheer auch! Luftraumüberwachung!)

Wie sieht es nun bei dieser Luftfahrtgesetznovelle im Bereich des Gewerbes mit den Übertragungen aus? – Bisher gab es eine Instanz, in der Folge wird es zwei Instanzen geben, und es ist die Frage, ob in dieser zweiten Instanz mit dieser Übertragung nicht ein zusätzlicher juristischer Aufwand, eine zusätzliche juristische Arbeit einhergeht.

Ich möchte klarstellen, dass ich für Kostenwahrheit bin. Es gibt ja seitens der Austro Control GmbH die gemachte Zusicherung, dass es zu keinen Gebührenerhöhungen kommen wird.

Jetzt kann man sagen, man streicht die Erinnerung, man streicht die Vergangenheit. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, welche Kostenerhöhungen aufgetreten sind, als die ACG ausgegliedert wurde. Ich habe es im Ausschuss erwähnt: Kosten­erhöhungen bis zu 1400 Prozent.


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Ich betone nochmals: Ich bin für Kostenwahrheit. Nur: Wäre da Kostenwahrheit gegeben, dann, so würde ich meinen, dürfte es keinen Unterschied machen – ich führe ein Beispiel an –, einen Privatpilotenschein bei der ACG zu verlängern oder einen Berufspilotenschein. Der Arbeitsaufwand, der Verwaltungsaufwand ist exakt der gleiche, nur der Berufspilotenschein kostet beispielsweise ein Vielfaches der Gebühren des Privatpilotenscheins.

Ich frage mich auch, wie es hinsichtlich der Gehaltsstruktur aussehen wird. Wir wissen ja, dass in den Jahren nach der Ausgliederung die Durchschnittsbezüge bei der Austro Control GmbH entsprechend gestiegen sind – das heißt, gewaltig angestiegen sind. Wie wird das nun sein? – Es werden ja Beamte zur ACG wechseln. Heißt das, dass im Zuge der Kostenwahrheit durch höhere Bezüge dann auch die Gebühren wieder stei­gen, oder ist das auszuschließen? – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

 


20.55

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Ich möchte gleich an die Ausführungen des Kollegen Hofmann anschließen.

Es ist nicht nur so, dass die Privaten gegen die Austro-Control-Gesetzgebung Sturm laufen. – Auch die Fluglinien lehnen diese Novelle aus Sorge um mehr Kosten ab. Ich glaube, wir haben uns im Ausschuss lange genug und sehr ausführlich darüber unter­halten. Die Skepsis des Kollegen Hofmann teilen wir auch.

Es wird aber auch die Luftfahrt mit zusätzlichen Kosten belastet. Da muss man sich fragen, ob diese Änderungen gerechtfertigt sind. Natürlich ist auch die ganze Konkur­renz­situation mit unter Betracht zu ziehen. Auch der Schutz der Bürger ist in dieser Novelle nicht enthalten. Durch die Ausgliederung können Verteuerungen entstehen, wie schon gesagt wurde.

Herr Staatssekretär Kukacka hat gemeint, die Ausgliederung bringe Vorteile. – Auf der anderen Seite hat der Rechnungshof gemeint, diese Vorteile seien nicht gegeben. Herr Staatssekretär Kukacka hat gemeint, es gebe Synergieeffekte. – Der Rechnungshof hat gesagt, diese Synergieeffekte seien nicht gegeben. Es wurden die Anrainerrechte nicht gewahrt. Es gibt genug Kritikpunkte und Widersprüche, aber es gibt zu wenig Kostenwahrheit. Es gibt keinen Anrainerschutz. Die Verfassungskonformität ist, wie vor allem auch Kollegin Moser gemeint hat, nicht gegeben und so weiter.

Einer der wesentlichen Punkte dieser Sitzung des Verkehrsausschusses war auch der Antrag, den die Grünen bezüglich der Postämter eingebracht haben. Da gab es eigent­lich zwei unterschiedliche Meinungen seitens der beiden Herren, die jetzt hinter mir auf der Regierungsbank sitzen.

Die eine Meinung war eine konsensbereite, eine einsichtige, eine gesprächsbereite. Auf der anderen Seite gab es so eine – ich darf es so pointiert sagen – Betonierer­meinung, so ein Drüberfahren, Herr Staatssekretär Kukacka! (He-Rufe bei der ÖVP.) – Es war so! Die, die im Verkehrsausschuss gesessen sind, wissen ganz genau, was Herr Kukacka über die Postämter gesagt hat. Staatssekretär Mainoni hat meinem Gefühl nach versucht ... (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Kukacka.) – Das steht nicht auf der Tagesordnung, aber ich kann über den Verkehrsausschuss reden, Herr Staatssekretär Kukacka!


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Sie waren der Betonierer, und Sie, Herr Staatssekretär Kukacka, sind aber in Wirk­lichkeit verantwortlich dafür, dass diese Regierung 700 Postämter geschlossen hat und weitere 378 Postämter schließen wird. – Schönen guten Abend! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Eder: Der Mainoni war konstruktiv!)

20.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


20.58

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staats­sekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war dem Kollegen Marizzi jetzt anscheinend ein großes Bedürfnis, das Thema Postämter wieder einmal unterzu­bringen. (Abg. Eder: Das ist ja wichtig! Bürgermeister! Das ist nicht wichtig?)

Ich hoffe aber doch, dass wir diese Sache mit den Postämtern bald einmal erledigt haben und uns wichtigen Dingen zuwenden können. (Abg. Marizzi: Das ist nicht wich­tig? Postämter offen zu halten, ist nicht wichtig! Wir nehmen das zur Kenntnis!) – Das ist wichtig, aber ich kenne keinen Bereich in ganz Österreich, wo die Nahversorgung so gut funktioniert wie bei der Post. Ich würde mir wünschen, dass in allen anderen Bereichen die Nahversorgung ähnlich gut funktionieren würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit möchte ich aber kurz auf die ASFINAG zurückkommen. Ich glaube, dass gerade die ASFINAG und auch die ÖSAG als eine der durchführenden Töchter in vielerlei Hinsicht eine Erfolgsgeschichte darstellen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kum­me­rer.)

Denken wir nur an die Einführung und Abwicklung der Maut! Denken wir an die Sicher­heitsmaßnahmen, die in vorbildlicher Weise in den letzten Monaten durch die Mittel­leitschienen durchgeführt wurden! Denken wir nur an die Lärmschutzmaßnahmen! Denken wir auch an die Abwicklung neuer Trassen! – Das sehe ich auch in meinem Bereich zurzeit konkret an der S7. Ich glaube, dass da eine wirklich absolut profes­sionelle Truppe am Werke ist! (Abg. Eder: Oje! – Ruf bei der SPÖ: Chaos-Truppe!)

Ich sehe nicht ein, warum wir eine derartige Erfolgsgeschichte nicht auch zu expor­tieren versuchen sollten und das Wissen und das Können, das sie hat, auch in anderen Ländern anzuwenden. (Abg. Eder: Sie ist ja erst gekauft worden! Das kann sie nicht selber!)

Dabei kann ich, Herr Kollege Eder, schon nachvollziehen, dass man auch vorsichtig sein muss und dass man die Dinge vielleicht auch mit gewissen Bedenken betrachten soll. Aber so wie Sie meinen, dass man hier mit dem Ausgliedern zu früh dran ist und dass man eventuell auch im Ausland tätig sein kann, so kann es auch sehr leicht zu spät sein – und dann ist die Sache vorüber und es werden andere das Geschäft machen.

Deswegen glaube ich, dass diese Ermächtigung der ASFINAG durch uns, genauso wie die Ermächtigung, dass Dienstbarkeiten und Baurechte in Hinkunft von der ASFINAG, von der ÖSAG direkt gegeben werden können, ohne jedes Mal die Zustimmung des Finanzministers einzuholen, ebenfalls eine gute und eine vernünftige Sache ist, die dem Bürokratieabbau dient und insgesamt ganz einfach ein effizienteres Management zulässt.

In diesem Sinn werden wir dieser Gesetzesvorlage sehr gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.00

 



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90. Sitzung / Seite 239

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 


21.00

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gläser (Abg. Lentsch: Glaser heißt er!), nur so viel dazu: Alles, was gut funktioniert, sind Sie im Begriff kaputtzumachen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich beziehe mich auf die 25. KFG-Novelle – eine sinnvolle Richtlinie der EU, die Sozial­vorschriften harmonisieren und Lenk- und Ruhezeiten besser kontrollieren helfen soll, und das mittels Fahrerkarten anstatt der bisherigen Tachoscheiben. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das, was Sie machen, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und Frei­heitlichen, ist wieder sehr typisch für Sie: Sie missbrauchen ein sinnvolles Gesetz für Ihre Klientelpolitik. Sie bürden ganz einfach die Kosten für die Fahrerkarten den Len­kerinnen und Lenkern auf – und nicht, wie bisher, dem Dienstgeber. Mit 100 € beuten Sie jene Menschen, die ohnehin schon in einer schwierigen Branche tätig sind, aus, um Menschen wie Kralowetz und Co. zu unterstützen. – Das ist meiner Meinung nach schon starker Tobak, und es zeigt, wie viel Ihnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eigentlich wert sind!

Aber damit nicht genug: Übertretungen von unselbständig Beschäftigten werden künf­tig dem Arbeitsinspektorat gemeldet, wobei selbständig Beschäftigte ungeschoren davonkommen. – Wissen Sie eigentlich, was das heißt? – Sie treiben diese Lenkerin­nen und Lenker scharenweise in die Scheinselbständigkeit, in der sie keinerlei Arbeit­nehmerschutz genießen. Unglaublich, was Sie mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmern in dieser Branche aufführen!

Damit immer noch nicht genug: Dass Sie in diesem Gesetz auch noch festlegen wollen, dass einzig und allein ein Beschäftigungsverhältnis in Österreich reicht, um den Antrag auf diese Fahrerkarte zu stellen (Abg. Dolinschek: Sie haben die falsche Rede mit!) – und nicht mehr, wie bisher, der Hauptwohnsitz –, ist einfach nicht mehr zu toppen. Sie öffnen damit Tür und Tor für den Mehrkarten-Besitz und für Fahrer aus Billiglohnländern.

Sie verstoßen wieder einmal gegen EU-Recht, verteilen Steuergeschenke an Frächter wie Herrn Kralowetz und Co., und auf der Strecke bleibt die Arbeitnehmerin/der Arbeit­nehmer und vor allem die Sicherheit. – Auf deren Rücken wird das alles ausgetragen!

Kurz und bündig: Mit diesem Gesetz fahren Sie die Verkehrssicherheit an die Wand. – Bravo, Schwarz-Blau! (Beifall bei der SPÖ.)

21.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wittauer 2 Minu­ten. – Bitte.

 


21.03

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Marizzi, ich gebe Ihnen Recht: Im Ver­kehrs­ausschuss waren die Worte unseres Staatssekretärs Mainoni die wesentlichen. – Es war das, was der Staatssekretär im Namen des Vizekanzlers gesagt hat, was auch umgesetzt wird.

Ich glaube eher, dass Herr Staatssekretär Kukacka im Ausschuss seine private Meinung geäußert hat, und die muss man auch gelten lassen! Natürlich ist es so, wenn einer privat glaubt ... (Abg. Eder: Die private Meinung?!) – Ein bisschen privat! Es war


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nicht seine Aufgabe, dazu Stellung zu nehmen, und deshalb muss man auch zur Kenntnis nehmen, was der Vizekanzler gesagt hat – und da ist Bewegung hinein­gekommen bei der Post!

Das ist, glaube ich, die Politik, die wir brauchen: mehr Sicherheit auch im ländlichen Bereich, mehr Sicherheit für die Menschen, die da draußen sind.

Aber wir reden ja jetzt über andere Tagesordnungspunkte: Herr Abgeordneter Eder, ich gebe Ihnen auch Recht, dass man bei der ASFINAG ein bisschen das Gefühl haben könnte, man müsse da aufpassen. Die Erfolgsgeschichte des Road-Pricing und die Einführung dieses Systems, bei dem sich alle Gesellschaften darum reißen, dort die Mehrheit zu haben, dort wirtschaftlich tätig werden zu können, ist jedoch eine Erfolgsgeschichte, die für Österreich und für die ASFINAG natürlich weiterhin weg­weisend sein kann.

Wenn wir nämlich dieses System und das Know-how der ASFINAG ins Ausland transportieren können (Abg. Eder: Das hat nicht die ASFINAG!) – inzwischen ist es so! –, ist es wirtschaftlich sinnvoll und gut für Österreich: der Exportartikel ASFINAG mit den Maßnahmen, die da gesetzt werden, kann nur eine Erfolgsgeschichte sein. Stimmen Sie zu! Immer gegen unsere Vorschläge zu sein, ist nicht immer positiv, Herr Abgeordneter! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.04

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Staats­sekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem von meinem Vorredner Peter Marizzi eigentlich schon alles über die Novelle zum Luftfahrtgesetz gesagt worden ist, will ich mich über ein paar aktuelle Daten zur österreichischen Luftfahrt äußern.

Erst vorgestern wurden aktuelle Zahlen präsentiert: Demnach waren 2004 in Öster­reich hohe Wachstumsraten sowohl bei den Flugbewegungen als auch bei den Flug­passagieren zu verzeichnen. Der Wermutstropfen dieser Entwicklung ist, dass die ständige Ausweitung des Luftverkehrs den Flughafen Wien langsam an seine Kapa­zitätsgrenzen stoßen lässt. Dies macht massive und vor allem rasche Inves­titionen erforderlich, damit der Flughafen im verschärften Wettbewerb bestehen kann.

Geschätzte Damen und Herren! Die Verkehrsüberlastung in der Luft wirkt sich auch auf die Pünktlichkeit der Flüge aus. So waren am Flughafen Wien Medienberichten zufolge 24 Prozent aller Flüge verspätet. Dies könnte auch für die österreichischen Fluggesell­schaften überaus brisant und vor allem teuer werden. Eine EU-Richtlinie sieht ab 2005 Entschädigungszahlungen wie bei der Bahn für Passagiere vor, wenn Maschinen überbucht oder verspätet sind. Zur Regelung läuft zwar gerade ein Musterprozess; dessen Ausgang ist allerdings noch offen.

Zusätzlich könnten den Fluglinien auch aus dem Thema Klimaschutz zusätzliche Kosten erwachsen: EU-Umweltkommissar Dimas plant Medienberichten zufolge, künftig auch den Flugverkehr in den europaweiten Emissionshandel einzubeziehen.

Allein schon diese wenigen Beispiele zeigen die Vielfalt offener Probleme und den akuten Handlungsbedarf ganz klar auf.

Wenn die Luftverkehrspolitik der Regierung zu Standortsicherung, Kostensenkung und Attraktivierung des Luftstandortes Österreich tatsächlich beitragen soll, dann wäre ein Ende der bisher praktizierten Nabelschau nötig.


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Den Änderungen des Luftfahrtgesetzes, die Sie heute beschließen wollen, können wir nicht zustimmen, weil die Intentionen bei den ExpertInnen nur Kopfschütteln hervor­rufen und weil die wirklich brisanten Probleme der Luftfahrt nicht einmal angetastet wurden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Preineder. Auch er hat 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.07

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich darf mich mit der Änderung des Kraftfahrgesetzes beschäftigen – eine Gesetzesänderung, die durchaus primär der Sicherheit im Straßen­verkehr dient: zum einen der Sicherung der Ladung, zum anderen mit der Einführung des Kontrollgerätes bei Fahrzeugen über 3,5 Tonnen der wirklichen Einhal­tung der Arbeitszeit und der Ruhezeiten vor allem von Berufskraftfahrern.

Frau Kollegin Fleckl, ich glaube, es ist auch angebracht, wenn die Kosten dieser Fahrerkarte, die dem Fahrer gehört und mit der er auch mehrere Fahrzeuge lenken kann, beim Fahrer liegen.

Wenn wir uns die Unfalldaten anschauen, dann wissen wir, dass es im vergangenen Jahr 2 166 Unfälle von LKW über 3,5 Tonnen gegeben hat, mit 2 892 Verletzten und 144 Verkehrstoten. – Ich glaube, jeder Verletzte, jeder Tote ist einer zu viel, und wenn die Einhaltung der Ruhezeiten der Sicherheit dient und die Zahl der Unfälle reduziert wird, dann ist das ein Erfolg, den wir damit verbuchen können.

Ich glaube, genauso der Sicherheit dient auch die Erhöhung der Organstrafe für die Verletzung der Gurtenpflicht. Die zweite Maßnahme, die wir alle kennen, ist das Verbot des Telefonierens mit dem Handy beim Autofahren. Heute steht in der „Kronen Zeitung“, dass jeder dritte Autofahrer mit dem Handy telefoniert. – Die Versuchung ist sehr groß, wir kennen es auch persönlich.

Eine höhere Strafe ist hier doch möglicherweise eine Abschreckung für die „Handy-Manie“: Wenn die Benützung des Handys im Auto einfach teurer wird, dann soll das für jene, die es nicht benützen, auch entsprechend mehr Sicherheit bringen.

Ich glaube, es sind in diesem Kraftfahrgesetz vielleicht noch einige Änderungen bei der Strafhöhe von Organstrafmandaten durchzuführen. Dort, wo es um hohes Gefähr­dungspotenzial geht, sollten nämlich hohe Strafen angesetzt werden, und dort, wo es geringes oder kein Gefährdungspotenzial gibt – Beispiel: Parksünden –, sollte es ein geringeres Strafausmaß geben. – Ich bitte deshalb um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


21.09

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte klar festhalten, dass die Novelle zum Luftfahrtgesetz selbstverständlich Vorteile bringt: Vorteile für das Ressort, für die Luftfahrt und natürlich auch für die Steuerzahler.

Es ist also kein Selbstzweck, sondern wir setzen diese Maßnahmen, weil damit auch generell eine Verbesserung des Standortes Österreich verbunden ist. Dass wir da umfassende Synergieeffekte lukrieren können, dazu gibt es auch die entsprechenden


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Unterlagen und die entsprechenden Gutachten, die wir natürlich zu diesem Fall haben anfertigen lassen.

Das dient vor allem auch einer besseren Kostenwahrheit in diesem Bereich, denn, Herr Kollege Marizzi, es kann doch nicht so sein, dass alle Kosten, die in der Luftfahrt entstehen, sowohl bei der Privatfliegerei als auch in der Zivilluftfahrt, vom Steuerzahler bezahlt werden. Das kann doch gerade nicht in Ihrem Interesse sein! Es geht also darum, dass bei den entsprechenden Bewilligungen, bei den entsprechenden Behör­denverfahren die Kosten auch dem Verursacher angelastet werden und nicht dem allgemeinen Steuerzahler anheim fallen. Das war doch eigentlich immer ein sehr sozialdemokratisches Anliegen, das wir nun auch entsprechend umgesetzt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auch betreffend Mautgelder und ASFINAG-Gesetz-Novelle verstehe ich Ihre Position nicht. Die ASFINAG ist eine Erfolgsgeschichte, die LKW-Bemautung und unser System sind eine Erfolgsgeschichte. Ganz Europa bewundert uns in dieser Frage. Und wir sollen diese Erfolgsgeschichte nicht ins Ausland tragen dürfen? Wir sollen unser System nicht exportieren können, nicht nach Polen, nicht nach Ungarn, nicht in die Slowakei? – Nein, meine Damen und Herren, das wäre eine sehr kurzsichtige Politik! Da machen wir nicht mit! Wir schaffen mit dieser Novelle die Voraussetzung dafür, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeführt werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Abschließend, Herr Kollege Marizzi: Wir haben heute nicht die Zeit, eine Postdebatte zu führen, aber eines ist auch klar – und die Antwort auf meine Frage sind Sie mir schuldig geblieben, nämlich ob Sie wirklich der Meinung sind, dass jedes Postamt, wie defizitär es auch ist, und all jene Postämter, die auf der Schließungsliste stehen, sind defizitär (Abg. Marizzi: Das ist nicht wahr!), ob tatsächlich all diese Postämter aufrecht­erhalten werden sollen, ob Sie in Kauf nehmen, dass der allgemeine Steuerzahler das alles übernimmt (Abg. Eder: Das hat er längst!), und ob jedes Postamt – unabhängig davon, ob die Postdienstleistung gesichert ist oder nicht – aufrechterhalten werden soll. (Abg. Schieder: Wir haben Ihnen keine Antworten zu geben! Sie haben uns Antworten zu geben! Sie sind dem Parlament verantwortlich!) – Die Antworten gebe ich Ihnen jetzt, Herr Kollege!

Wir sagen ja zur generellen Versorgung, auch des ländlichen Raums mit entsprechen­den Postdienstleistungen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Einmal bitte die Wahrheit!)

Wir sagen ja und wir werden in einer entsprechenden Universaldienstverordnung alle Voraussetzungen dafür schaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Eder: Traurig! Traurig!)

21.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Ing. Kaipel 2 Mi­nuten. – Bitte. (Abg. Schieder: Er verteidigt sich so, als ob er der Minister Gorbach wäre!)

 


21.13

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekre­täre! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Kukacka, es hat bei der ersten Welle der Schließung der Postämter geheißen, dass die unrentablen Postämter geschlossen werden. 800 wurden geschlossen, nunmehr stehen wir vor einer weiteren Schließung von 400. Wann folgt die dritte Welle der Schließungen?


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90. Sitzung / Seite 243

Ich wollte mich eigentlich zum ASFINAG-Gesetz kurz zu Wort melden. Die Änderung zeigt viele Schwachstellen. Sie ermöglicht einen fahrlässigen Umgang mit öffentlichem Vermögen. Daher werden wir von der SPÖ dieser Änderung nicht zustimmen.

Der Schuldenstand wird sich bis zum Jahre 2012 gegen 13 Milliarden € bewegen. Des­wegen glauben wir, dass es sinnvoll ist, zuerst einmal über die Entschuldung nach­zudenken und dann sinnvolle, kalkulierbare und unternehmerische Tätigkeiten zu überlegen, für die wir durchaus eintreten. Allerdings fordern wir volle Transparenz und Offenheit. Es ist unverständlich, dass es zum Beispiel keine Berichtspflicht an das Ministerium geben soll. Das widerspricht genau dieser Transparenz, die wir uns vorstellen. Das macht es auch verdächtig, Herr Staatssekretär. Vielleicht sagen Sie uns, was Sie mit dieser Vorgangsweise verheimlichen wollen.

Die Änderung ist auch nicht dazu geeignet, dass Privatisierungen verhindert werden können. Sie kennen die Absicht des Generaldirektors, der die Vignette durch die PKW-Maut ersetzen will. Auch diese Entwicklung kann das Gesetz nicht verhindern.

Auch die Regierung schließt die PKW-Maut nur für diese Gesetzgebungsperiode aus. Das heißt, dass sie eine etwaige nächste Periode anstrebt. Wir sind auch in dieser Frage gefordert, vorsichtig zu sein. Da nützt auch jede Beteuerung Ihrerseits nicht. Sie haben auch vor der letzten Wahl versprochen, dass die Pensionen sicher sind. Was bis heute mit den Pensionen passiert ist, das wissen wir ja nur allzu genau!

Auch der aktuelle Streit des Generaldirektors mit dem Aufsichtsrat zeigt einmal mehr, dass die Unternehmensziele strittig sind. Das sollte uns zusätzlich vorsichtig machen. Wenn Sie, Herr Staatssekretär, die Autofahrer neben den 13 Milliarden € Schulden zusätzlich mit Risikogeschäften belasten wollen, dann ist das Ihre Sache – wir werden da jedenfalls nicht dabei sein. (Beifall bei der SPÖ.)

21.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. 2 Minu­ten. – Bitte.

 


21.16

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden ASFINAG-Gesetz wird die Eigenverantwortung einer Staatsunternehmung – und da die wirtschaftlichen Entwicklungen eines Staatsunternehmens – massiv gestärkt und möglich gemacht. (Abg. Eder: Warum?)

Ich bin eigentlich beruhigt, Kollege Eder, im Ausschuss haben Sie noch von „Geld ins Ausland abwandern“ und von „ASFINAG verscherbeln“ gesprochen. (Abg. Eder: „Ver­scherbeln“ habe ich nicht gesagt! Nicht falsch zitieren! Bitte richtig zitieren!) Heute hat das nicht mehr so negativ geklungen, dass Ihnen das ein bisschen zu früh als Zeit­punkt in Frage kommt.

Kollege Eder, es geht also darum, dass die Instandhaltung, Finanzierung und Verwal­tung der ASFINAG auch in Zukunft gesichert ist. Es geht darum, Spielraum für Entwicklungen zu schaffen, und es geht darum, wirtschaftliche Möglichkeiten zu eröffnen. Da die LKW-Maut in Österreich bestens funktioniert, wäre es wohl unsinnig, diesem Know-how nicht die Möglichkeit zu eröffnen, an das Ausland verkauft zu werden oder es im Ausland zur Anwendung zu bringen, weil es unseren Handlungs­spielraum stärkt. Also: wirtschaftliche Entwicklungen zulassen, kein Abfluss von Geld, sondern die Chance eines Zuflusses von Geld.


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90. Sitzung / Seite 244

Mit dem ASFINAG-Gesetz wird die Möglichkeit geschaffen, ein Tor zu öffnen. Das ist ein flexibler Betrieb, der durch Wirtschaften zu neuen Märkten kommen und damit gestärkt werden soll. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Rädler. Auch seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 


21.17

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Freund Peter Marizzi, es ist schon sehr eigenartig, dass du hier eine Schuldzuweisung vornimmst und den Herrn Staatssekretär betreffend Schließung der Postämter ansprichst. Das würde sich ja fast in die Peinlichkeiten der SPÖ-Niederösterreich einreihen, als die Frau Landeshaupt­mann-Stellvertreter vor einem Postamt in St. Pölten demonstriert hat, das gar nicht geschlossen wird. Das ist Tatsache. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich wollte nicht glauben, dass du diesen Weg auch beschreitest. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber es ist schon eigenartig, dass auch Herr Abgeordneter Eder, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, wenn er hier im Plenum spricht, sagt, es sei ein Problem, wenn sich die ASFINAG international betätigen möchte. (Zwischenruf des Abg. Marizzi.) Ich kann mich daran erinnern, dass er im Verkehrsausschuss gesagt hat, die ASFINAG sei ein Vorzeigebetrieb, sei gut unterwegs. – Das ist also ein Widerspruch in sich.

Ich darf die Erfolgsgeschichte der ASFINAG, die heute angesprochen wurde, die ja letztendlich 641 Millionen € jährlich in den Staatssäckel bringt, hier auch fortschreiben, indem ich auf die Umweltschutzinvestitionen hinweisen darf. Rund 20 bis 30 Prozent aller Investitionen seitens der ASFINAG bei Straßenbauprojekten – das sind letztend­lich 200 Millionen € im Jahr – fließen in Umweltschutzmaßnahmen. Als Bürgermeister kann ich sagen, dass gerade im Zuge der Verländerung bezüglich der Bundesstraßen, die nunmehr in der Hoheitsverwaltung des Landes sind, ein effektives Verfahren mit der ASFINAG im Bereich Lärmschutzmaßnahmen herbeigeführt werden konnte. Wenn man sich hier ebenfalls die Erfolgsgeschichte anschaut, sieht man: Es waren im Jahre 1998 noch 5 Millionen € an Investitionen im Lärmschutzbereich, jetzt liegen wir bei 27 Millionen €. Das lässt sich also fortsetzen.

Ich glaube, wir brauchen keine Angst zu haben. Wenn die ASFINAG den inter­nationa­len Markt beschreiten will, dann, so glaube ich, könnten gerade Sie (in Richtung des Abg. Marizzi), aus der OMV kommend, das nur begrüßen oder sich dem deut­schen Verkehrsminister Manfred Stolpe anschließen (Abg. Dr. Kräuter: 10 Milliar­den ... ASFINAG!), der gemeint hat, wenn er sich selbst entschließen könnte und nicht das Vergaberecht hätte, dann würde er sich für das österreichische Mautsystem ent­scheiden.

Das ist ein Beweis für ein erfolgreiches System. Ich glaube, Sie könnten hier auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Eder zu Wort gemeldet. – Herr Kollege, haben Sie sich gemeldet oder nicht? (Abg. Eder: Heinzl wurde gemeldet!) Auf der Rednerliste steht Kurt Eder. Sie haben sich gemeldet, und Sie kommen zu Wort, Herr Abgeordneter.

Ich bitte um die tatsächliche Berichtigung. Fakten gegen Fakten und das in 2 Minu­ten. – Bitte.

 



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Stenographisches Protokoll
90. Sitzung / Seite 245

21.20

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Rädler hat behauptet dass die Frau Landeshauptmann-Stellvertreter von Niederösterreich Heide­marie Onodi vor einem Postamt in St. Pölten, in Spratzern, demonstriert hätte, welches gar nicht geschlossen wird. – Diese Behauptung ist völlig unrichtig!

Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin Onodi hat mit mir gemeinsam vor dem Postamt St. Pölten Pottenbrunn demonstriert, welches nach wie vor auf der Schließungsliste steht und auch geschlossen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

21.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Herr Berichterstatter/die Berichterstatterin wollen kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Es ist ein bisschen zu laut, meine Damen und Herren!

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz, das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luft­verkehr 1997 geändert werden, samt Titel und Eingang in 750 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzesentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf findet auch in dritter Lesung die Mehr­heit und ist damit in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über einen Entwurf betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetznovelle, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz und das Bundesgesetz betreffend Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden, samt Titel und Eingang in 680 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird mit Mehrheit erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf findet auch in dritter Lesung die Mehrheit und ist damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967, die 3. Kraftfahrtgesetz-Novelle, das Arbeits­zeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 752 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird mit Mehrheit erteilt. Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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90. Sitzung / Seite 246

36. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (669 d. B.): Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundes-Wasserstraßen­verwaltung – Wasserstraßengesetz (753 d. B.)

37. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (611 d. B.): See­verkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und der Regierung der Volksrepublik China andererseits (754 d. B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 36 und 37 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte wird durch Herrn Abgeordneten Reheis eingeleitet. Er bittet um 2 Minuten Redezeit, die ihm gewährt werden. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.25

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Teure Mitglieder der Bundesregierung! Wir haben heute hautnah erlebt, wie die Regie­rung ihre Krise auch hier vor dem Hohen Haus gezeigt hat.

Eine längere Krise spüren wir schon bei der Verkehrspolitik: Die Verkehrspolitik ist ein Zeichen einer langen Krise der schwarz-blauen Bundespolitik. Ich denke da zum Beispiel an den Zickzack-Kurs bei der Bahn und bei der Post, der heute schon ange­sprochen wurde. Ganz schlimm ist es natürlich beim Transit: Am Brenner wird jetzt bereits die 2-Millionen-LKW-Fahrten-Grenze überschritten.

Meine Damen und Herren! Der nächste Schritt betrifft nun die Wasserstraßen. Da setzt sich die verfehlte Politik dieser Bundesregierung fort. Das österreichische Wasser­straßengesetz führt dazu, dass wiederum erhebliches Bundesvermögen, auch Immo­bilienvermögen, verschoben und das Wasserstraßennetz dem unmittelbarem Zugriff des Bundes entzogen wird. Es werden jetzt, auch wie in anderen Bereichen, aus dem Familiensilber des Bundes 30 Schiffe, vier Steinbrüche, Baggergeräte, 180 Grund­stücke und Weiteres mehr an die Privatwirtschaft verkauft. Teile der Messwirtschaft wurden schon verkauft.

Diesbezüglich gibt es auch Kritik des WWF. Der WWF sagt, dass der technische Ausbau der Donau für die Schifffahrt, insbesondere für die Via Donau, im Vordergrund steht, und er bezieht sich hier auf den Wirkungsbereich des Gesetzes Donau-March und den Unterlauf der Thaya. Alle drei Flüsse sind von herausragender ökologischer Bedeutung.

Meine Damen und Herren! Dieser Entwurf dieses Wasserstraßengesetzes stellt auch aus Umweltsicht eine drastische Verschlechterung dar. Rund 1 000 Donaukilometer sollen nach den Plänen der Via Donau in den nächsten 15 Jahren ausgebaut werden; davon sind auch Schutzgebiete in Österreich betroffen. Darauf muss man natürlich auch an hier an dieser Stelle aufmerksam machen.

Eine Verankerung von klaren ökologischen Vorgaben in diesem Wasserstraßengesetz würde dieses neue Gesetz wesentlich stärken. Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, lassen Sie dies wieder vermissen. Es tut mir sehr Leid, aber so ist es! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

21.27

 



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90. Sitzung / Seite 247

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. 2 Minuten, Herr Abgeordneter. – Bitte.

 


21.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Das neue Wasserstraßengesetz definiert eingangs die Aufgaben des Bundes insbe­sondere bei der Regulierung der Gewässer und beim Hochwasserschutz. Es gilt für den Bereich der Wasserstraßen nach dem Schifffahrtsgesetz und die March sowie die Thaya bis Bernhardsthal.

Durch einen Änderungsantrag im Ausschuss wurde – entgegen den Äußerungen meines Vorredners – den Anliegen des WWF Rechnung getragen, indem zu den Auf­gaben nicht nur die Ufergestaltung gehört, sondern die Ufergestaltung einschließlich der Verbesserung der Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen an den Ufern und in den ufernahen Bereichen.

Zur Erfüllung dieser wasserstraßenspezifischen Aufgaben wird nun die Gründung einer Via Donau Österreichische Wasserstraßen GesmbH festgelegt. Sie steht zu 100 Pro­zent im Eigentum des Bundes. Es werden alle bestehenden Organisationseinheiten aus diesem Bereich eingegliedert – und was man nicht mehr braucht, wird ent­sprechend veräußert.

Welche Erwartungen haben wir an das neue Gesetz? – Erstens erwarten wir eine Steigerung des Güterschiffverkehrs auf der Donau, zum Beispiel durch Entwicklung des intermodalen Verkehrs, also durch Förderung des umweltfreundlichsten Verkehrs­trägers.

Zweitens erwarten wir seitens der Wirtschaft eine bessere Verkehrsregelung bei den Schleusen beziehungsweise bei den Staustufen. Hier hat sich früher gezeigt, dass es bei Reparaturen oft erhebliche Probleme gegeben hat.

Drittens muss eine ausreichende Fahrwassertiefe auf der Donau unterhalb von Wien durch Buhnen und Leitwerke garantiert werden, damit die Donaukonvention erfüllt werden kann, nachdem wir ja in diesen Tagen gefeiert haben, dass es nicht zur Errichtung der Staustufe bei Hainburg gekommen ist.

Viertens ist die Inanspruchnahme von gewerblichen Dienstleistungen bei den Bau­maßnahmen von Bedeutung: Es kann nicht Aufgabe der Gesellschaft selbst sein, dies zu machen. Da wird man sich gewerblicher Unternehmungen entsprechend bedienen.

Fünftens muss es zu einer Aktivierung und Entwicklung des Verkehrstelematiksystems Doris kommen.

Zuallerletzt erwähne ich auch noch das Lukrieren von Synergieeffekten durch eine schlanke Organisation und eine Zusammenführung all dieser Bereiche.

Hohes Haus! Was heißt das mit einem Wort? – Wir erwarten eine weitere Erfolgsstory unter den Ausgliederungen dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Sie wünscht, 5 Minuten zu sprechen. (Abg. Dr. Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Höchstens drei!) – Bitte.

 


21.30

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! In einem Punkt muss ich meinem Vor­redner durchaus Recht geben: Wir müssen die intermodale Mobilität verstärken, und


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90. Sitzung / Seite 248

das heißt auch, dass wir Wasserstraßen nützen müssen. Die Frage ist nur, wie, und bei dem Wie scheiden sich unsere Geister, denn auf der einen Seite sind wir sehr wohl für den Ausbau der Donau, aber nicht in der Form, wie Sie es planen.

Herr Staatssekretär, es gibt diesbezüglich wieder eine heftige Auseinandersetzung mit Umweltschutzverbänden, weil Sie auf 2,80 Meter Tiefe ausbaggern lassen. Das ist gar nicht notwendig! Man braucht nicht so tief auszubaggern, um die verschiedenen Frachtkähne vorankommen zu lassen! Vielmehr lässt sich durchaus eine ökologische Variante wählen.

Das zweite Moment ist sicherlich die Tatsache, dass sich Ausgliederungen laut Rech­nungshofberichten in vielen Bereichen eigentlich als die teurere Variante auch für die SteuerzahlerIn erwiesen haben und wir durchaus auf der Linie des Rechnungshofes liegen und deshalb die Ausgliederung in dieser Form, wie Sie sie vorschlagen, ableh­nen.

Zum Schluss, um den ökologischen Aspekt noch zu betonen, möchte ich folgenden Antrag einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriele Moser, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 1 Z 4 lautet: „4. die Verbesserung der Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen an den Ufern und den ufernahen Bereichen der in § 1 angeführten Gewässer, insbesondere die Planung, Projektierung, Errichtung, Wiederherstellung und Instand­setzung von Lebensräumen für die Tiere zu Pflanzen;“

2. § 2 Abs. 1 Z 9 lautet: „9. die Erfüllung der sich aus bilateralen und internationalen Verträgen sowie europäischen Richtlinien ergebenden Verpflichtungen der Republik Österreich, insbesondere die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) sowie der Regulierung und Instandhaltung der Wasserstraßen;“

*****

Das wird von uns als Abänderung beantragt, und zwar deshalb, weil gerade der WWF darauf ein Augenmerk legen möchte und weil Sie in Ihren Abänderungsanträgen zur Regierungsvorlage nicht in vollem Umfang den Wüschen des WWF entgegen kamen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Moser, Freundinnen und Freunde eingebrachte Abänderungsantrag ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Wunschredezeit 2 Minu­ten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.33

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Herr Kollege Reheis, es ist wirklich kühn, wenn Sie davon sprechen, dass die Verkehrspolitik der blau-schwarzen Regierung in der


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90. Sitzung / Seite 249

Krise stehe! – Ich glaube, Sie haben ein Problem, sich von Verlust machenden Gesell­schaften, die von Ihnen damaligen Ministern errichtet worden sind, zu lösen! (Abg. Eder: Damals war Schüssel Wirtschaftsminister!)

Sie, Kollege Reheis, können nicht sagen, dass die Effizienz dadurch geschmälert wird, wenn zersplitterte Gesellschaften, die parallele Arbeiten auf dem gleichen Gebiet machen, endlich zusammengeführt werden und durch Synergien mehr Arbeiten über­nehmen und daher viel effizienter arbeiten können. Die ÖDOBAG, die Donautechnik, die Via Donau und die Wasserstraßendirektion, die die gleiche Arbeit leisten, werden in einer Gesellschaft zusammengefasst. In Zukunft bleiben die strategische Kontrolle und die strategische Planung nach wie vor beim Bundesministerium.

Natürlich werden auch die sozialen Aspekte nicht vergessen, denn bei der Neustruk­turierung wird diese Zusammenfassung für die Mitarbeiter nach ganz sozialen Ge­sichtspunkten durchgeführt. Daher verstehe ich nicht – außer Sie wollen eine ganz starre Oppositionspolitik betreiben –, dass Sie dieser innovativen Verwaltungsreform nicht zustimmen. Das finde ich schade, weil Sie dadurch zu verhindern versuchen, dass eine effiziente Arbeit auf der Donau erfolgen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhm. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Böhm begibt sich zum Rednerpult.) – Die Redezeit wird schon durch den Anmarsch zur Tribüne verbraucht, Herr Kollege! (Heiterkeit.)

 


21.36

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staats­sekretäre! Die Seeverkehrsbeziehungen zwischen der Europäischen Gemein­schaft und der Volksrepublik China haben sich in jüngster Zeit intensiviert. Es bestehen zwar mehrere bilaterale Seeverkehrsabkommen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und China. Es erscheint aber zweckmäßig, die verbesserten Geschäftsbeziehungen durch einen Ansatz auf Gemeinschaftsebene weiter zu konsolidieren.

Zwischen Österreich und der Volksrepublik China bestand bisher kein bilaterales See­verkehrsabkommen. Durch ein Seeverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Volksrepublik China andererseits soll der rechtliche Rahmen für die weitere Förderung der Seeschifffahrts­beziehungen geschaffen werden.

Als Vertreter der Wirtschaft natürlich kann ich nur sagen: ja! Und natürlich bitte ich um allgemeine Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Staatssekretär. (Rufe bei der SPÖ: Oje!)

 


21.37

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, dass das Wasserstraßengesetz ein großer Reformentwurf ist, der zwei Zielsetzungen vereint.

Ich erwähne zunächst die ökologische Zielsetzung. Erstmals ist im Wasser­straßen­gesetz explizit festgehalten, dass damit auch ökologische Ziele und Maßnahmen ver­bunden sind. Ich bedaure deshalb, dass die Grünen dazu nicht ihre Zustimmung ge­ben, weil wir ausdrücklich einem Wunsch und einem Antrag des WWF in dieser Frage entgegen gekommen sind und diesen Wunsch in das Gesetz aufgenommen haben,


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90. Sitzung / Seite 250

wie wir uns überhaupt mit allen Maßnahmen – und so auch bei den Aus­baumaß­nah­men der Donau – bemühen, diese ökologischen Zielsetzungen zu berücksichtigen.

Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass führende Ökologen Österreichs, so zum Beispiel die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates des WWF, Herr Professor Jungwirth und Professor Schima und auch der Direktor des Nationalparks Donauauen Hainburg, Manzano, Mitglieder in unserem Lenkungsausschuss sind und gemeinsam mit den Experten des BMVIT die Ausbaugrundsätze gemeinsam und einstimmig beschlossen haben.

Ich halte fest, dass wir diesbezüglich in einer Weise vorgehen, die eigentlich Ihre Zustimmung erwarten lassen würde.

Herr Kollege Reheis, Sie haben gesagt, dass in den Plänen der Via Donau steht, dass 1 000 Kilometer an der Donau ausgebaut werden sollen. – Nein, Herr Kollege, es sind nicht 1 000 Kilometer, sondern nur 15 Kilometer! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Reheis.)

21.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Haubner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.38

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Die Aufgaben der neuen Gesellschaft Via Donau sind klar definiert. Die gesetzten Maßnahmen bedeuten darüber hinaus einen eindeutigen Schritt hin zu einer schlanken und effizienten Verwaltung im Dienste der Kunden.

Mit der Neuorganisation werden die Verluste der ÖDOBAG der Vergangenheit ange­hören, die neue Gesellschaft wird sich auf ihre Kernaufgaben beschränken und diese auch künftig mit der gewohnten Sorgfalt und Kompetenz ausüben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es mag schon sein, dass die umfassende Ausstattung der ÖDOBAG mit ihren Neben­betrieben, zum Beispiel Steinbrüchen, mit Gerätschaften für alle möglichen Anwen­dungsbereiche ihre Berechtigung hatte. Die Zeiten haben sich jedoch eindeutig geän­dert. Was jetzt wichtig ist, ist, dass man sich auf die Kernaufgaben konzentriert und diese zu 100 Prozent erfüllt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Die Zeit der strategischen Vermögenswerte ist vorbei. Die Zeit der ineffizienten ÖDOBAG ebenfalls. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

21.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter/die Berichterstatterin wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation der Bundeswasserstraßenverwaltung, Wasser­straßengesetz, 753 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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90. Sitzung / Seite 251

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag eingebracht, der sich auf § 2 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür Ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetz­entwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieses Zeichen der Zu­stimmung erfolgt mit Mehrheit; der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages, Seeverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regie­rung der Volksrepublik China andererseits, 611 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen erfolgt einstimmig; wir haben daher diesen Beschluss einstimmig gefasst.

Nun kommen wir zur Abstimmung darüber, dass die Fassungen des Abkommens in chinesischer, dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, italieni­scher, niederländischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache im Sinne des Artikel 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Verkehr, Inno­vation und Technologie aufliegen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen erfolgt wiederum einstimmig; daher ist dieser Beschluss einstimmig gefasst.

38. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (610 d.B.): Urkun­de zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlage (756 d.B.)


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90. Sitzung / Seite 252

39. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 480/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geän­dert wird (755 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 38 und 39 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeit­beschrän­kung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.43

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Wir beschließen hiermit, dass die Funkgebühren für jene Organisationen und Behörden, die mit Rettungsaufgaben oder mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit betraut sind, gestrichen werden. Ein Geburtstagsgeschenk für die neue einheitliche Polizei und für unsere Rettung! Es wird einstimmig beschlossen – ein Ausdruck der Wertschätzung für diese Organisationen, für den ich herzlich danke.

Darüber hinaus genehmigen wir das Übereinkommen zur Gründung des Europäischen Büros für Kommunikation, eines Fachzentrums für Post und elektronische Kommuni­kation mit Sitz in Kopenhagen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

21.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächste Rednerin spricht Frau Abgeordnete Binder. Auch Ihre Redezeit: 2 Minuten? (Abg. Binder – auf dem Weg zum Rednerpult –: 3 Minuten!) Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.44

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag zum Telekommunikationsgesetz ist eine Reparatur des bestehenden Gesetzes. Die damalige Verkehrsministerin Monika Forstinger war 2001 für diese Verordnung verantwortlich. Wie auch viele andere Ge­setze dieser Bundesregierung war dieses ebenfalls mangelhaft und rechtswidrig und wurde vom Verfassungsgerichtshof letztendlich aufgehoben.

Es ist aber ein Gesetz, das für die Rettungsdienste und die Sicherheitsbehörden äußerst wichtig und notwendig ist, stellt es doch sicher, dass die Einrichtung und der Betrieb von Funkanlagen für diese Blaulichtorganisationen weiterhin gebührenfrei blei­ben. Ich denke, meine Damen und Herren, dass diesen Organisationen unser Dank, unser Respekt und unsere Anerkennung gebührt, denn sie sind im Dienste der Menschen in Österreich unterwegs. (Beifall bei der SPÖ.) Wir werden deshalb dieser Gesetzesvorlage gerne zustimmen.

Aber ich bringe noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Eder, Dr. Gabriela Moser und Krainer ein. „Das im Titel genannte Bundesgesetz in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert“.

Es geht im Wesentlichen um Schutzmaßnahmen vor unerbetenen Nachrichten, meine Damen und Herren, zum Beispiel Anrufe, Spams, elektronische Post, SMS und so weiter. Wir wissen, dass dies ein großes Problem geworden ist und die Rechtsordnung unterschiedliche Ansätze anbietet. Mit der zurzeit geltenden Bestimmung betreffend


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90. Sitzung / Seite 253

unerbetene Nachrichten steht Österreich nicht nur im Widerspruch zum EU-Recht, sondern begünstigt geradezu das Versenden von Spams. Aus diesem Grund und aus diesen Überlegungen soll das Gesetz auf das von der letzten Novelle geltende Recht zurückgeführt werden.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie alle kennen dieses Prob­lem. Sie werden auch belästigt, und es belastet das. Ich denke, es muss auch in Ihrem Interesse sein, dass dieses Gesetz verändert und neu geregelt wird. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung, denn es geht um den Schutz der Menschen vor Belästigungen.

Im Übrigen werden wir auch dem Übereinkommen zur Gründung eines Europäischen Büros für Funkangelegenheiten unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Binder in seinen Kern­punk­ten erläuterte Antrag der Abgeordneten Eder, Moser, Krainer, Kolleginnen und Kolle­gen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kurt Eder, Dr. Gabriela Moser, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 480/A der Abgeordneten Klaus Wittauer, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geändert wird (755 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das im Titel genannte Bundesgesetz in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Nach Ziffer 1 werden die folgenden Ziffern 2 bis 4 angefügt:

2. § 107 lautet:

Unerbetene Nachrichten

„§ 107. (1) Anrufe – einschließlich das Senden von Fernkopien – zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post – einschließlich SMS – ohne vorherige Einwilligung des Empfängers ist unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt.

(3) Die Zusendung elektronischer Nachrichten zu Zwecken der Direktwerbung ist auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 unzulässig, wenn die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder ver­heimlicht wird oder bei der keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.


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90. Sitzung / Seite 254

(4) Wurden Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, an dem der Anruf den Anschluss des Teilnehmers erreicht.“

3. In § 109 Abs. 3 lautet Z 20 wie folgt und Z 21 entfällt.

„20. entgegen § 107 Abs. 2 und 3 elektronische Post zusendet“

4. Im § 133 wird nachstehender Abs. 12 angefügt

„(12) § 107 und § 109 Abs. 3 in der Fassung dieses Bundesgesetzes treten mit 1. 1. 2005 in Kraft“

Begründung

Unerbetene Nachrichten (Anrufe, Faxe, E-Mail, SMS) sind zu einem großen Problem geworden. Insbesondere „Spam“ (unerbetene E-Mail Nachrichten) haben sich zu einem großen Problem und Ärgernis der Internet Nutzer und des Internet Geschäfts­verkehrs (E-Commerce) entwickelt. Über 60 Prozent des weltweiten E-Mail Verkehrs besteht bereits aus „Spam“. Die Kosten dafür tragen die Internet Service Provider und alle Firmen und Organisationen, die das Internet für ihre Geschäfte und Arbeit nutzen. Den Ärger und den damit einhergehenden Vertrauensverlust in der Nutzung des Internets müssen die Nutzer des Internets ertragen.

In der Rechtsordnung gibt es verschiedene Ansätze zur Regelung dieses Problems. Im wesentlichen unterscheidet man dabei zwischen Opt-in-Regelungen (unerbetene Nachrichten sind verboten, wenn der Empfänger nicht im vorhinein zugestimmt hat) und Opt-out-Regelungen (unerbetene Nachrichten sind erlaubt, wenn dem Empfänger die Möglichkeit gegeben wird, weitere Nachrichten abzulehnen).

Auf der europäischen Ebene (Kommunikations-Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG) und in den nachfolgenden Mitteilungen und Opinions wird eine strenge Opt-in Regelung vorgeschrieben während im österreichischen Telekommunikationsgesetz 2003 eine komplizierte Mischform aus Opt-in- und Opt-out-Regelung im Vorjahr neu eingeführt wurde.

Die Opt-in-Regel der EU basiert auf dem vorherigen Einwilligung wie im § 1 des Artikel 13 der Datenschutzrichtlinie (2002/58/EC) festgehalten: „(1) Die Verwendung von automatischen Anrufsystemen ohne menschlichen Eingriff (automatische Anruf­maschinen), Faxgeräten oder elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung darf nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer gestattet werden.“

Die strenge Auslegung dieser Bestimmung wurde vor kurzem erst bekräftigt durch die „THE WORKING PARTY ON THE PROTECTION OF INDIVIDUALS WITH REGARD TO THE PROCESSING OF PERSONAL DATA“, in ihrer „Opinion 5/2004 on un­solicited communications for marketing purposes under Article 13 of Directive 2002/58/EC (Adopted on 27 February 2004)”.

Mit der zur Zeit geltenden Bestimmung betreffend „Unerbetener Nachrichten“ steht Österreich nicht nur im Widerspruch zu EU-Recht, sondern begünstigt geradezu das Versenden von „Spam“ (unerbetenen E-Mail Nachrichten), da die Komplexität der Regelung keine wirksame Strafverfolgung zulässt. Zugleich werden alle Bemühungen der Internet Service Provider ihre Kunden vor „Spam“ zu schützen, wie im ISPA Spam Code of Conduct festgehalten, desavouiert, da zu deren Unterstützung die rechtliche Grundlage zu schwach ausgebildet ist.


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90. Sitzung / Seite 255

Aus allen diesen Überlegungen soll das Gesetz auf das von der letzten Novelle gelten­de Recht zurückgeführt werden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.47

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungsmit­glieder! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Reheis, es ist enttäuschend für mich – wirklich, Gerhard! –, wie du da heraußen die positive Politik unseres Verkehrsministers und Vizekanzlers Hubert Gorbach bezeichnest, gerade als Tiroler! Wenn ich mir vorstelle, dass ein Landes-Verkehrsreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Gschwentner ein Sozialdemokrat ist (Abg. Reheis: ... erst zuhören!), der zu einer Lüge greifen muss, den Vizekanzler angreift, weil er nicht fähig ist, zu telefonieren, um die Ferienreiseverordnung umzusetzen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ah, sehr interessant!), dann ist das, muss ich sagen, ein Desaster bei den Sozialdemokraten! (Abg. Reheis: Pure Ablenkung! Du willst nur ablenken! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Folgendes merke dir: Den Tschirganttunnel, den Brenner-Basistunnel, die Unterinntal­trasse und Lärmmaßnahmen hat diese Bundesregierung mit dem Vizekanzler Hubert Gorbach umgesetzt – und nicht die Sozialdemokraten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ihre Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: 3 Minuten! Höchstens!) Sie beschränkt sich aber auf 3 Minuten. – Bitte.

 


21.48

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Her­ren Staatssekretäre! Natürlich stimmen wir der vorgeschlagenen Reparatur des Geset­zes zu. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Ich bin immer froh, wenn Fehler eingesehen werden und wenn ordentliche Gesetze dann die Folge davon sind.

Aber vielleicht können Sie auch als Zeichen dessen, dass Sie etwas verbessern wollen, einem Entschließungsantrag von uns zustimmen, der sicherlich im Interesse von vielen, vielen Bürgermeistern in Ihren Reihen ist. Funk hängt ja auch mit Post zusammen, und Post hängt auch mit Postämtern zusammen. Sie alle wissen, dass die Diskussion in den letzten Tagen und Wochen sehr intensiv war. Sie alle wissen, dass die Universaldienstverordnung jetzt der Post-AG sehr wohl die Möglichkeit einräumt, reihenweise Postämter zu schließen.

Wir haben im Verkehrsausschuss, glaube ich, mindestens eine halbe, dreiviertel Stun­de darüber diskutiert. Unser Antrag auf Reparatur der Universaldienstverordnung wur­de vertagt, und deswegen bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn jetzt wieder ein­zubringen, damit ein Beschluss gefasst werden kann, der vielen Gemeinden wieder Hoffnung gibt. (Abg. Scheibner: Bringen Sie ihn schon ein!)

Man hört sehr wohl über die Medien, dass der Herr Minister, dass der Herr Vizekanzler Gorbach eine Änderung der Universaldienstverordnung in Auftrag, ja sogar in Begut­achtung gibt. Sie soll scharf sein. Aber man hört auch, dass das eine reine Rute im Fenster ist, ein reiner Wink mit dem Zaunpfahl, nur damit die Post jetzt nachgibt.


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Doch Herr Generaldirektor Wais ist ja schon länger im Amt als der Herr Vizekanzler, und insofern fürchtet er sich wahrscheinlich nicht besonders (Abg. Scheibner: Verdient auch mehr, wahrscheinlich!) und wird wahrscheinlich mit dieser Drohung allein nicht zu Konzessionen bereit sein. Darum sollte man doch rechtlich einwandfrei vorgehen und einfach die Universaldienstverordnung ändern, im Hinblick auf die Sicherung – ich betone das – von Postdienstleistungen.

Deswegen bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, ehestmöglich eine Neufassung der Post-Uni­versal­dienstverordnung vorzulegen, die einem Kahlschlag bei den Postämtern tatsächlich vorbeugt und die dauerhafte Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen, insbesondere auch im ländlichen Raum, sicherstellt.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, die Vorstellungen hinsichtlich der Dividendenzahlung 2004 der Post AG via ÖIAG an den Bund, die maßgeblich für den Einsparungsdruck bei der Post und damit für die geplanten Postamtsschließungen mitverantwortlich sind, deutlich zu reduzieren, um die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen nicht zusätzlich zu gefährden.“

Sie alle wissen, dass Dividendenzahlungen üblich sind, dass jetzt wahrscheinlich die Post wieder 80 Millionen € Gewinn macht, davon der Finanzminister wieder einstreift, und es wird zugesperrt.

Gerade deshalb, damit die nächsten 250 Postämter nicht zugesperrt werden, würde ich ersuchen, dass Sie jetzt noch zustimmen (Abg. Scheibner: Der ist zu spät ein­gebracht!) und dass wir es – mein Schlusssatz – in Zukunft nicht nur dem Weih­nachtsfest verdanken, wenn das Postamt Christkindl nicht zugesperrt wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabri­ela Moser, Kolleginnen und Kollegen steht – bei großzügiger Interpretation – in einem innerlichen Zusammenhang mit dem derzeit behandelten Thema, steht daher mit zur Verhandlung und wird abgestimmt werden.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicher­stellung der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (610 d.B.): Urkunde zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten (ERO) samt Anlage (756 d.B.)

Im Bundesvoranschlag für 2005 ist erneut die Abschöpfung einer Sonderdividende aus der Österreichischen Post AG vorgesehen, die bis zum Doppelten der 2003 einkas­sierten 36,3 Millionen Euro betragen soll. Zugleich steht – begründet mit einem Einsparungsbedarf von etwa 22 Millionen Euro – eine massive weitere Ausdünnung bei den Postämtern/Postdienststellen in Diskussion, welche die Versorgung der Bevöl­kerung mit Postdienstleistungen besonders im ländlichen Raum nachhaltig in Frage stellen würde. Auch von der Aufhebung der Tarifeinheitlichkeit zwischen ländlichem


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und städtischen Raum als Antwort auf die Wettbewerbssituation war in letzter Zeit bereits die Rede. Insgesamt steht eine weitere Schlechterstellung von Bevölkerung und Wirtschaft im ländlichen Raum beim Zugang zu „Dienstleistungen im öffentlichen Interesse“ der Post in Diskussion.

Den politischen Beschwichtigungsversuchen aus den Reihen der Regierungsparteien ist das Faktum gegenüberzustellen, dass die unter Verantwortung der früheren FP-Ministerin Forstinger entstandene Post-Universaldienstverordnung zahnlos ist und der Politik kaum Gestaltungsspielraum in derartig wichtigen Fragen zumisst.

Die gegenwärtige Diskussion beweist einmal mehr, dass die bestehende Rechtslage den konkreten Fragestellungen und Problemen nicht angemessen ist und dringend reformbedürftig ist. Ein klarerer Auftrag für die Versorgung der Bevölkerung in den Regionen mit Postdienstleistungen ist ebenso unumgänglich wie eine zügige Aktuali­sierung des Postgesetzes. Dabei könnte aus guten Beispielen von anderen Mitgliedern der Europäischen Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation (CEPT), die unter anderem auch das ERO betreibt, gelernt werden. So gibt es etwa in Deutschland einen fixen Bevölkerungsschlüssel, an dem sich die Zahl der Postämter zu orientieren hat. Interessen der KonsumentInnen und der Regionalentwicklung müssen endlich in den Mittelpunkt der Postpolitik der Regierung rücken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, ehestmöglich eine Neufassung der Post-Uni­ver­saldienstverordnung vorzulegen, die einem Kahlschlag bei den Postämtern tatsächlich vorbeugt und die dauerhafte Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen, insbesondere auch im ländlichen Raum, sicherstellt.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, die Vorstellungen hinsichtlich der Dividendenzahlung 2004 der Post AG via ÖIAG an den Bund, die maßgeblich für den Einsparungsdruck bei der Post und damit für die geplanten Postamtsschließungen mitverantwortlich sind, deutlich zu reduzieren, um die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen nicht zusätzlich zu gefährden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Cap. Er beschränkt sich auf 1 Minute. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


21.52

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Es ist eine Konsensmaterie, wir werden hier gemeinsam abstimmen.

Auch unbeschadet dessen, dass es Konsens in der Präsidiale über diese zwei Plenar­tage gegeben hat, möchte ich trotzdem anmerken, dass wir, wenn wir uns in Zukunft ernst nehmen wollen, es vermeiden sollten, dass in zwei Tagen so wichtige Materien in der Intensität und mit dem Zeitdruck hier abgehandelt werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich würde wirklich vorschlagen, dass man das bei der Planung für das nächste Jahr berücksichtigt. Aber da ist natürlich von den Vorlagen her vor allem auch die Regierung


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gefordert – nicht nur die Opposition, sondern vor allem die Regierung –, dass es hier anders abläuft. Denn es ist ein Unbehagen bei meiner Fraktion, und ich möchte dieses Unbehagen hier auch zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen und den Grünen.)

21.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages, Urkunde zur Änderung des Über­einkommens zur Gründung des Europäischen Büros für Funkangelegenheiten samt Anlage in 610 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt, der Beschluss ist daher einstimmig gefasst.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der flächen­deckenden Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt. (Oh-Rufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird, in 755 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Eder, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Eder, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die §§ 107, 109 sowie 133 bezieht.

Wer diesem Zusatzantrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um eine Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf findet auch in dritter Lesung die einstimmige Zustimmung des Hohen Hauses und ist daher angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 489/A bis 495/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2416/J bis 2430/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen gewidmet ist, berufe ich für 21.56 Uhr ein; das ist unmittelbar im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.56 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien