Stenographisches Protokoll

34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 7. Juli 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Freitag, 7. Juli 2000

Dauer der Sitzung

Freitag, 7. Juli 2000: 9.01 – 19.36 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 180/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über den Antrag 164/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 104/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Bekämpfung der Todesstrafe

5. Punkt: Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feldbach (GZ 15.1 – 1999/5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink

6. Punkt: Ersuchen der Bundes-Wertpapieraufsicht um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird, sowie über die Anträge 72/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 – StudFG) geändert wird, und 80/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 – StudFG) geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 181/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird


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34. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 160/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend bildungspolitische Maßnahmen

11. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 161/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Informationstechnologie – Offensive an Schulen

12. Punkt: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen

13. Punkt: Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

14. Punkt: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

15. Punkt: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau

16. Punkt: Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995

17. Punkt: Bericht über den Antrag 216/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Reinhard Firlinger, Ing. Kurt Gartlehner, Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau

18. Punkt: Bericht über den Antrag 226/A der Abgeordneten Rudolf Schwarzböck, Anna Elisabeth Aumayr und Genossen und den Antrag 229/A der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen, beide betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden

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Inhalt

Nationalrat

Schlussansprache des Präsidenten Dr. Heinz Fischer 161

Personalien

Verhinderungen 15

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 265 und 266 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 24

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 550/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 26

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 97


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34. Sitzung / Seite 3

Redner:

Karl Öllinger 97

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 99

Dr. Dieter Antoni 100

Erwin Hornek 101

Mag. Karl Schweitzer 102

Dieter Brosz 103

Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen gemäß § 92 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Anfragebeantwortung 550/AB zu 536/J nicht zur Kenntnis zu nehmen – Ablehnung 104, 104

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 235/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden ("Kampfhunden") ausgehen, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz 1996 geändert werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. September 2000 zu setzen 26

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 26

Redner:

Dr. Peter Kostelka 105

Ludmilla Parfuss 107

Nikolaus Prinz 108

Dr. Helene Partik-Pablé 109

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 110

Annahme des Fristsetzungsantrages 111

Antrag der Abgeordneten Theresia Zierler und Genossen, dem Ausschuss für Menschenrechte zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 125/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend einen Bericht der Bundesregierung an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 20. Oktober 2000 zu setzen 26

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 26

Redner:

Theresia Zierler 112

Dr. Caspar Einem 114

Werner Miedl 115

Harald Fischl 117

Mag. Terezija Stoisits 119

Annahme des Fristsetzungsantrages 120

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 27

Unterbrechung der Sitzung 97

Einwendungen der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Alexander Van der Bellen gegen das Amtliche Protokoll der 32. Sitzung des Nationalrates 160


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34. Sitzung / Seite 4

Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 1999/2000 der XXI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates mit Freitag, dem 14. Juli
2000 160

Antrag des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, den Verfassungsausschuss gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung zu beauftragen, hinsichtlich des Antrages 235/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden ("Kampfhunden") ausgehen, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz 1996 geändert werden, sowie hinsichtlich des Antrages 217/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch, Nikolaus Prinz und Genossen betreffend Verschärfung der Zucht- und Haltungsbedingungen für "potentiell gefährliche" Hunde seine Arbeiten während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen – Annahme 161, 161

Fragestunde (6.)

Inneres 15

Wolfgang Jung (41/M); Günther Platter, Mag. Gisela Wurm

Theresia Haidlmayr (47/M); Helmut Dietachmayr, Norbert Staffaneller, Günter Kößl

Walter Murauer (39/M); Dr. Kurt Grünewald, Anton Leikam, Anton Knerzl

Günter Kiermaier (44/M); Hermann Reindl, Werner Miedl, MMag. Dr. Madeleine Petrovic

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 15

Ausschüsse

Zuweisungen 24

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 180/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz) (255 d. B.) 27

Redner:

Dr. Josef Cap 27

Dr. Andreas Khol 29

Mag. Herbert Haupt 31

Mag. Terezija Stoisits 33

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 36, 5


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34. Sitzung / Seite 5

2

Inge Jäger 40

Dr. Harald Ofner 41

Dr. Michael Krüger 43

Dr. Sylvia Papházy MBA 45

Mag. Helmut Kukacka 46

Karl Öllinger 48

Mag. Walter Posch 50

Dr. Peter Pilz 53

Annahme des Gesetzentwurfes in 255 d. B. 53

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (98 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (262 d. B.) 54

Redner:

Dr. Peter Wittmann 54

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 55

Dr. Michael Krüger 55

Staatssekretär Franz Morak 56

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 56

Annahme des Gesetzentwurfes in 262 d. B. 57

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Regierungsvorlage (127 d. B.): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über den Antrag 164/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird (202 d. B.) 58

Redner:

Mag. Walter Posch 58

Matthias Ellmauer 59

Dr. Harald Ofner 60

Mag. Terezija Stoisits 62

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 64

Mag. Brunhilde Plank 65

Dr. Christof Zernatto 67

Dr. Martin Graf 69

Dieter Brosz 70

Dr. Christof Zernatto (tatsächliche Berichtigung) 71

Gerhard Reheis 72

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Überarbeitung des Volksgruppengesetzes 1976 – Ablehnung 71, 73

Annahme des Gesetzentwurfes in 202 d. B. 73

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Entschließungsantrag 104/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Bekämpfung der Todesstrafe (86 d. B.) 73

Redner:

Mag. Walter Posch 73

Matthias Ellmauer 76

Dr. Harald Ofner 77

Mag. Terezija Stoisits 78

Inge Jäger 80

Werner Amon 81

Dr. Helene Partik-Pablé 82

Edeltraud Gatterer 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl und Genossen betreffend Rehabilitierung von Opfern des Austrofaschismus – Ablehnung 81, 85

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 86 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Bekämpfung der Todesstrafe (E 25) 85


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34. Sitzung / Seite 6

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feldbach (GZ 15.1 – 1999/5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink (197 d. B.) 85

6. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bundes-Wertpapieraufsicht um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (198 d. B.) 85

Redner:

Heinz Gradwohl 85

Mag. Helmut Kukacka 87

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 89

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 89

Dr. Martin Graf 91

Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) 93

Dr. Peter Pilz 93

Annahme der beiden Ausschussanträge in 197 und 198 d. B. 94

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (184 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird, sowie über die Anträge 72/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 – StudFG) geändert wird, und 80/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 – StudFG) geändert wird (224 d. B.) 95

Redner:

Dr. Robert Rada 95

Mag. Karin Hakl 120

Dr. Martin Graf 121

Dr. Kurt Grünewald 122

Dr. Dieter Antoni 123

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 125

Mag. Rüdiger Schender 125

Annahme des Gesetzentwurfes in 224 d. B. 126

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 181/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (225 d. B.) 126

Redner:

DDr. Erwin Niederwieser 126

Dr. Gertrude Brinek 128

Dr. Martin Graf 129

Dr. Kurt Grünewald 131

Dr. Sylvia Papházy MBA 132

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 133

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 134


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34. Sitzung / Seite 7

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf, Dr. Gertrude Brinek, DDr. Erwin Niederwieser, Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Schaffung international gebräuchlicher akademischer Grade für die universitäre Weiterbildung – Annahme (E 26) 130, 135

Annahme des Gesetzentwurfes in 225 d. B. 134

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (180 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird (220 d. B.) 135

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 160/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend bildungspolitische Maßnahmen (221 d. B.) 135

11. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 161/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Informationstechnologie – Offensive an Schulen (222 d. B.) 135

Redner:

Dr. Dieter Antoni 135

Werner Amon 138

Dieter Brosz 139

Hans Sevignani 143

Beate Schasching 143

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 145

Mag. Dr. Udo Grollitsch 145

Dr. Robert Rada 146

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend politische Bildung und Zurückweisung inakzeptabler Äußerungen des Landeshauptmannes und Präsidenten des Kärntner Landesschulrates – Ablehnung 146, 147

Annahme des Gesetzentwurfes in 220 d. B. 147

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 221 und 222 d. B. 147

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (109 d. B.): Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen (205 d. B.) 148

Genehmigung des Staatsvertrages in 109 d. B. 148

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 148

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (169 d. B.): Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (206 d. B.) 148

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (170 d. B.): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen


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34. Sitzung / Seite 8

Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (207 d. B.) 148

15. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (171 d. B.): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau (208 d. B.) 148

16. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (172 d. B.): Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995 (209 d. B.) 149

Redner:

Dr. Caspar Einem 149

Edeltraud Gatterer 150

Ilse Burket 151

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 152

Mag. Barbara Prammer 152

Genehmigung der vier Staatsverträge in 169, 170, 171 und 172 d. B. 154

Beschlussfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG betreffend 169 und 172 d. B. 154

17. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 216/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Reinhard Firlinger, Ing. Kurt Gartlehner, Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau (265 d. B.) 155

Annahme des Gesetzentwurfes in 265 d. B. 155

18. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 226/A der Abgeordneten Rudolf Schwarzböck, Anna Elisabeth Aumayr und Genossen und den Antrag 229/A der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen, beide betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden (266 d. B.) 155

Redner:

Anna Elisabeth Aumayr 155

Heinz Gradwohl 156

Rudolf Schwarzböck 156

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 158

Annahme des Gesetzentwurfes in 266 d. B. 159

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 266 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Berichterstattung an den Nationalrat über Zuweisung finanzieller Mittel (E 27) 159

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Wahrung der Menschenrechte in der Türkei (245/A) (E)

Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Wahrung von Patientenrechten durch Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Flugrettung im gesamten österreichischen Bundesgebiet (246/A) (E)


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34. Sitzung / Seite 9

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Novellierung des Volksgruppengesetzes (247/A)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend Zusatzabgaben der Nebenbahnen (248/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Erweiterung des § 29b StVO (249/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung von barrierefreiem Zugang zu Arztpraxen (250/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (251/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshebammengesetz, BGBl. 310/1994, geändert wird (252/A)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Karlheinz Kopf und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, aufgehoben wird (253/A)

Anfragen der Abgeordneten

Anna Huber und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend eine Privatisierung der Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchungen und -forschung sowie die Zusammenlegung mehrerer Institute (1050/J)

Katharina Pfeffer und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Todesfälle beim Bundesheer seit 1990 (1051/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausgliederung des Meldewesens (1052/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sperren des Bahnhof-Wachzimmers in St. Pölten (1053/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schutzausrüstung für die Sicherheitsexekutive (1054/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Nulldefizit bis 2003" (1055/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sparpakete 2001–2003 (1056/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Sparpakete 2001–2003 (1057/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sparpakete 2001–2003 (1058/J)

Otmar Brix und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Reise der Ministerin als Bürgerin (der "Standard", 10. Juni 2000) (1059/J)


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34. Sitzung / Seite 10

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aushöhlung des Deponierungsverbots für inerte Abfälle ab 1.1.2004 (1060/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens Innsbruck (1061/J)

Mag. Maria Kubitschek und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Forderung von Herrn Bundesminister Bartenstein nach einer Kartellbehörde anstelle des Kartellgerichtes (1062/J)

Mag. Maria Kubitschek und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Forderung von Herrn Bundesminister Bartenstein nach einer Kartellbehörde sowie die Aktivitäten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit im Rahmen der österreichischen Wettbewerbspolitik (1063/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Finanzierung einer Parteiveranstaltung der ÖVP Niederösterreich (1064/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend einen Zeitzeugen der "Initiative Wehrbereitschaft" an einer Schule in Baden (1065/J)

Rainer Wimmer und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Errichtung der Umfahrung Traunkirchen B 145 (1066/J)

Beate Schasching und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend unautorisierte Presseaussendungen der Sozialministerin (1067/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Infrastruktur für AuslandskorrespondentInnen in Österreich (1068/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz (1069/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz (1070/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Entwicklung der Verkehrsverbünde in Oberösterreich (1071/J)


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34. Sitzung / Seite 11

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Bregenzerwald Bundesstraße B 200 (1072/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Resolution des Landtages von Oberösterreich über Maßnahmen zur Verhinderung grenznaher Atomkraftwerke (1073/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung der Resolution des Landtages von Oberösterreich über Maßnahmen zur Verhinderung grenznaher Atomkraftwerke (1074/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend leicht verderbliche Lebensmittel in der StVO (1075/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Nebenbahnen Oberösterreich (1076/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbauvorhaben der einzelnen Bahnstrecken in Oberösterreich (1077/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Linzer UKH (1078/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Entwicklung eines neuen österreichischen Seilbahnkonzeptes (1079/J)

Karl Dobnigg und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bahnlinie Leoben–Vordernberg (1080/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Resolution des Landtages über Wohnbaugelder bzw. Beibehaltung der Wohnbauförderung (1081/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Resolution des Oberösterreichischen Landtages zum Bereich Lohndumping im Beschaffungswesen (1082/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Behebung des Informationsdefizits über das Gefahrenpotenzial bzw. Herstellung gesicherter Daten über in Österreich lebende Hunde unter besonderer Berücksichtigung von Hunden mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (Zucht bzw. Ausbildung) zum Schutz der österreichischen Bevölkerung (1083/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Harntests auf Drogenkonsum bei Verkehrstauglichkeitsprüfung durch Polizei und Gendarmerie sowie mögliche legistische Konsequenzen für SubstitutionspatientInnen (1084/J)


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Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (1085/J)


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Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse der Firma Pengg (1086/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse der Semperit AG (1087/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse Zeltweg (1088/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Bearbeitung des Mutter-Kind-Pass-Untersuchungsprogramms (1089/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Krebsstatistikgesetz und Krebsstatistik (1090/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Mifegyne (1091/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Einforderung der Behandlungskosten von betrunkenen Patienten (1092/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Acute Stroke Units (1093/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Ambulanzdokumentationssystem (1094/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Apalliker (1095/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse Kindberg (1096/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Versicherungsanstalt des Österreichischen Bergbaues (1097/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Burgenländischen Betriebskrankenkasse (1098/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse Kapfenberg (1099/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Kärntner Gebietskrankenkasse (1100/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse der Neusiedler AG (1101/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (1102/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (1103/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Salzburger Gebietskrankenkasse (1104/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (1105/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (1106/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates (1107/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse der Österreichischen Staatsdruckerei (1108/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (1109/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse der Austria Tabak AG (1110/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Tiroler Gebietskrankenkasse (1111/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse (1112/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse der VOEST-ALPINE Donawitz (1113/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Wiener Gebietskrankenkasse (1114/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe (1115/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Erweiterung der Schi-Handelsschule Schladming (1116/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend die Erweiterung der Schi-Handelsschule Schladming (1117/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Schließung von Bezirksgerichten im Land Steiermark (1118/J)

Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Aufwendungen und Selbstbehalte bei der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen (1119/J)

Christian Faul und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheit im Bezirk Hartberg (1120/J)

Christian Faul und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Baubeginn der Umfahrung Weiz (1121/J)


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Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Schul- und LehrerInnendaten (1122/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Telefongrundgebührenbefreiung für sozial Schwache (1123/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Telefongrundgebührenbefreiung für sozial Schwache (1124/J)

Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend OMV Ausbildungszentrum Gänserndorf (1125/J)

Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend OMV Ausbildungszentrum Gänserndorf (1126/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Gutachten über das Gebäude Franz Josefs-Kai 47, 1010 Wien, "Kaipalast" (1127/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Personalsituation, Ausrüstung und Unterkunftssituation der Gendarmerie im Bereich des Bezirkes Vöcklabruck (1128/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (745/AB zu 746/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl und Genossen (746/AB zu 786/J)

 

 


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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen. Ich begrüße auch den Herrn Bundesminister.

Ich eröffne die 34. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Gerhard Bauer, Mag. Lunacek, Großruck, Dr. Povysil, Wenitsch und Mag. Muttonen.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Bundespräsident hat heute, so wie gestern und vorgestern, eine Entschließung übermittelt, wonach Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner durch Frau Bundesministerin Gehrer vertreten wird.

Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen nur zur Information sagen, dass heute zu Probezwecken, und zwar zwischen 9 und 11 Uhr, eine Kamera im Sitzungssaal sein wird, mit der zwecks Verbesserung der Berichterstattung Probeaufnahmen gemacht werden sollen. Diese ist aber heute sozusagen nicht aktiv, sondern nur dazu da, damit verschiedene Positionen ausprobiert werden können. Ich sage das deshalb, damit sich niemand irritiert fühlt.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur Fragestunde.

Ich beginne jetzt, um 9.01 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Inneres

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte Herrn Abgeordneten Jung, die 1. Frage zu formulieren.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident. Guten Morgen, Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

41/M

Wie wollen Sie künftig bei den Dauerdemonstrationen, die schon Blockadecharakter annehmen, vor allem gewaltsame Ausschreitungen verhindern, damit neben dem Versammlungsrecht auch die Rechte Dritter ausgewogener als bisher gewahrt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke herzlich für die Frage. Wer beispielsweise die gestrige Demonstration nur von weitem verfolgt hat, musste feststellen, dass zum einen die Bevölkerung zusehends ungehalten ist über die Art und Weise dieser Manifestationen und dass zum Zweiten viele auch in der Öffentlichkeit die Frage stellen: Wie viel Geld kostet das den Staat? – Es sind inzwischen über 50 Millionen Schilling an Kosten durch Überstunden, Sachbeschädigungen und Ähnliches angefallen. Zum Dritten: Viele, die uns als Tou


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risten besuchen und unsere schöne Bundeshauptstadt anschauen, sind von dieser Vorgangsweise seltsam berührt.

Ich möchte noch einen vierten Punkt nennen: Auch unsere Exekutive ist hinsichtlich der Motivation und der Schlagkraft durch diese Demonstrationen vor große Herausforderungen gestellt. Wir hatten bisher insgesamt 140 derartiger Demonstrationen. Ich darf mich bei den Verantwortlichen der Wiener Sicherheitswache und der Exekutive dafür bedanken, dass der überwiegende Teil dieser Demonstrationen ruhig, sachlich und in geordneten Bahnen abgewickelt werden konnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich muss aber festhalten, dass es durchaus das eine oder andere Mal – es lässt sich auf zweimal begrenzen – zu Vorkommnissen gekommen ist, die uns dazu bewegt haben, unsere gesamte Vorgangsweise zu überdenken. Ich darf Folgendes festhalten: Ich habe als Bundesminister für Inneres das allergrößte Interesse – ich werde auch keinen Millimeter davon abrücken – daran, dass das Versammlungsrecht in dieser Republik gewährt bleibt und weiter gewährleistet ist. Die Exekutive wird dazu auch einen Beitrag leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun komme ich auf ein Rechtsgut zu sprechen, das ebenfalls hoch und höchst zu achten ist. Wir haben im Bereich der Exekutive alles zu tun, dass Gefahr für Leib und Leben, dass die Gefahr von Sachbeschädigung und dass eine Gefährdung unserer Mitbürger und der Anrainer hintangehalten werden. Da haben wir alles zu tun, um effektiv Vorkehrungen dafür zu treffen. Daher haben wir unsere Strategie immer wieder überprüft, und ich darf sagen, dass wir die polizeitaktischen Maßnahmen auf den jeweiligen Informationsstand intensivst abstimmen, dass wir den Demonstrationszug verstärkt schützen, dass wir den Demonstrationszug mittels Polizeieinheiten auf beiden Seiten begleiten, dass wir ein einheitliches Kommando gesichert haben und dass wir schnelle Eingreifreserven zum Objektschutz und zur Errichtung von Absperrungen vorgesehen haben.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Meine Zusatzfrage knüpft gleich daran an. Es gab mehr als zwei Demonstrationen, bei denen Gewalttaten vorgekommen sind. Die erwähnte war die größere.

Warum werden im Falle von Ausschreitungen bei nicht angemeldeten Demonstrationen nicht zumindest jene Personen angehalten, welche gewalttätig werden oder Sachschäden verursachen, die dann zu Lasten unbeteiligter Dritter gehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir schreiten dann ein, wenn ein straffälliges Verhalten vorliegt. So ist das auch vor etwa drei Wochen bei den zu beklagenden Vorkommnissen rund um das Hotel Marriott passiert. Es hat eine Reihe von Anhaltungen, aber auch Personenüberprüfungen gegeben, und schlussendlich erfolgten die Tatsachenmitteilungen an die zuständigen gerichtlichen Behörden. Diese Dinge sind in Gang gesetzt und werden auch penibel und genau fortgesetzt werden. Wir haben größtes Interesse daran, dass maßvoll, aber konsequent dafür gesorgt wird, dass einerseits das Versammlungsrecht, aber andererseits auch die Ruhe und Ordnung für die Anrainer und für die Bevölkerung gewährleistet sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Platter, bitte.

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Wie Sie bereits erwähnt haben, gab es in den letzten Monaten 140 Demonstrationen. Bei diesen 140 Demonstrationen gab es auch sehr viele Sachbeschädigungen, und leider wurden auch viele Exekutivbeamte verletzt. Diese Demonstrationen waren aber großteils unangemeldet.

Ich frage Sie daher, Herr Minister: Welche vorbeugenden Maßnahmen werden Sie künftig bei unangemeldeten Demonstrationen treffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Wir haben eine klare gesetzliche Vorgabe, die besagt, dass unangemeldete Demonstrationen oder Kundgebungen nicht per se einen Auflösungsgrund darstellen. Aber wenn es Rechtsüberschreitungen, Rechtsverletzungen gibt, hat die Exekutive einzuschreiten. Sie haben diese Vorgangsweise auch bei der Einhaltung der Bannmeile rund um das Parlament letzten Donnerstag oder auch vorletzten Donnerstag beobachten können. Wir gehen hier ganz genau und sehr penibel nach den rechtlichen Grundsätzen vor.

Wir haben in der Aus- und Weiterbildung vor allem jener Beamten, die in diesem sensiblen Bereich tätig sind, Vorkehrungen getroffen, dass genau auf diese Vorkommnisse eingegangen wird. Wir haben auf Grund der Vorfälle der letzten drei Wochen ein Maßnahmenpaket vorgesehen, das einen verstärkten Schutz des Demonstrationszuges, eine entsprechende Begleitung und eine schnelle Eingreifreserve zum Objektschutz zum Inhalt hat. Diese Maßnahmen haben sich in den letzten beiden Wochen als sehr erfolgversprechend gezeigt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Wurm, bitte.

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben sich gerade in Ihrer vorigen Wortmeldung zum Grundrecht für Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit bekannt. Herr Abgeordneter Jung spricht im Zusammenhang mit den wöchentlichen Kundgebungen am Donnerstag von Kundgebungen mit Blockadecharakter.

Glauben Sie, dass es anlässlich dieser wöchentlichen Kundgebungen einer Sondergesetzgebung bedarf, wobei aber das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit beziehungsweise die Rechte Dritter entsprechend gewahrt werden? Glauben Sie, dass der jetzige Rechtsbestand ausreicht, oder glauben Sie, dass eine Sondergesetzgebung notwendig ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Zum Ersten glaube ich, dass auf Grund der bestehenden Rechtslage unsere Exekutiveinheiten unter einer außerordentlich vorbildhaften und auch weit über Österreich hinausgehenden Beachtung ihre Aufgabe erledigt haben.

Wir können mit der derzeitigen gesetzlichen Regelung leben. Wir können auch unter dieser gesetzlichen Voraussetzung für Ruhe und Ordnung in Österreich und in Wien sorgen. Es steht den Abgeordneten des Nationalrates frei, Initiativen und Angebote – ich bin der Letzte, der diese nicht prüfen würde – betreffend die weitere Entwicklung – in welchem Gebiet auch immer – zu erarbeiten. Ich werde gerne jede Initiative, egal von welcher Partei oder von welchem Abgeordneten sie kommt, prüfen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 2. Anfrage, und ich darf Frau Abgeordnete Haidlmayr bitten, diese Anfrage zu formulieren.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

47/M

Bieten Sie, wie angekündigt, seit 1. Juni dieses Jahres ein flächendeckendes Versorgungsmodell an, welches sicherstellt, dass sich alle Zivildiener von den von Ihnen bereitgestellten 43 S Essensgeld täglich ausreichend verpflegen können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wir mussten eine völlige Neuorganisation der jetzt seit 25 Jahren bestehenden Zivildienstregelung vornehmen, weil sie personell, finanziell und organisatorisch auf Grund der bestehenden Sachlage nicht mehr haltbar war. Hätten wir die bestehende Situation einfach eins zu eins übernommen, dann hätten wir weder im Juni noch im Oktober auch nur einen einzigen Zivildiener zuteilen können. Es war daher eine Reihe von durchaus harten Schritten notwendig, um einerseits die Zuteilung von Zivildienern zu den Zivildienstorganisationen und andererseits die Zuteilung von derzeit 17 000 Wartenden zu ermöglichen.

Dabei war auch die Gleichstellung im Verpflegungsbereich mit den Präsenzdienern ein Schritt. Ich habe daher sowohl im eigenen Bereich als auch nach Gesprächen mit den Zivildienstorganisationen und nach Gesprächen und Verhandlungen mit Zivildienstträgern Maßnahmen getroffen, um eine Verpflegung seitens der Zivildienstträger für die Zivildiener sicherzustellen. Das ist in großen Teilen wie beim Roten Kreuz und bei anderen gelungen, das ist bei anderen Einheiten nicht gelungen. Ich habe die feste Absicht, mittels einer Novelle, mittels einer Neuregelung die Verpflegung, ähnlich wie beim Bundesheer, sicherzustellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Frau Abgeordnete, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Minister! Ich soll Sie von den Zivildienern, die in der Hungerfalle sitzen, schön grüßen lassen und Ihnen einen schönen Urlaub und gute Verpflegung wünschen. Ich darf Ihnen dieses T-Shirt überreichen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Urlaub. (Abg. Steibl: Wir verstehen nichts!)

Meine Zusatzfrage lautet: Herr Minister! (Rufe: Wir verstehen nichts! Wir verstehen die Frage nicht! Zum Mikrophon! Ruf bei der ÖVP: Herr Präsident! Können wir die Zusatzfrage hören, bitte?) Wie ist es möglich, dass in Österreich Menschen von einem Ministerium um 10 500 S pro Monat verkauft werden dürfen? (Abg. Kiss: So ein Unsinn!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte, Herr Minister, um die Beantwortung. (Abg. Haidlmayr überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Strasser ein T-Shirt.)

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich glaube, Sie sind da ganz schlecht informiert. Es geht darum, dass wir 17 000 jungen Männern, die zum Teil seit Jahren auf ihre Zuteilung zum Zivildienst warten, die Möglichkeit geben wollen, dass sie nicht weiter in ihrer Lebensplanung beeinträchtigt sind, sondern dass sie rasch, effizient und ohne bürokratische Schikanen, wie es bisher der Fall gewesen ist, ihren Zivildienst ableisten können. Wir haben dafür gesorgt, dass das ab Oktober möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dietachmayr, bitte.

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Bundesminister! Im Hinblick auf die Zahl, die Sie gerade genannt haben, nämlich dass 17 000 Männer warten – diese Zahl wird sich nicht so rasch reduzieren –, und im Hinblick darauf, dass Sie mehrmals von der Gleichstellung der Zivildiener mit den Präsenzdienern gesprochen haben, frage ich Sie: Sind Sie auch bereit, eine Gleichstellung hinsichtlich der Dauer des Zivildienstes herzustellen? Das heißt, sind Sie auch bereit, die Dauer des Zivildienstes auf die Dauer des Präsenzdienstes zu reduzieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wie Sie vielleicht wissen, war ich selbst Zivildiener. Ich bin einer der Ersten, die damals als Zivildiener zugeteilt worden sind. Mein Zivildienst hat damals genauso lange gedauert wie der Präsenzdienst beim Bundesheer. Es waren meine Amtsvorgänger, die die Zivildienstdauer schrittweise auf zwölf Monate verlängert haben. Ich habe jetzt in meinem Konzept betreffend einen grundsätzlichen Zivildienst neu, das ich im September vorstellen werde, den Grundlehrgang, den ich


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für überflüssig halte, gestrichen. Ich habe vorgesehen, dass es einen Jahreszeitraum gibt, in dem die Zivildienstorganisationen mittels Mehrjahresverträge sicher sein können, dass sie Zivildiener bekommen.

Ich habe weiters vorgesehen, dass sich Zivildiener nach Möglichkeit selbst ihren Einsatzplatz aussuchen können, weil damit auch die Talente eines Zivildieners für die Zivildienstorganisation und für die Betreuten genützt werden können. Diese Talente sollen zur Wirkung kommen. Weiters werde ich in Gesprächen mit dem Parlament und mit den zuständigen Ausschussmitgliedern die Frage der Dauer des Zivildienstes intensiv diskutieren. Ich kann mir aber nicht vorstellen – das sage ich sehr offen –, dass es eine Verlängerung des Zivildienstes geben kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Staffaneller, bitte.

Abgeordneter Norbert Staffaneller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In einem Rechnungshofbericht sowie in einer Infora-Studie wurden Kritik, Prognosen und Empfehlungen betreffend den Zivildienst abgegeben. Werden Sie diese bei der von Ihnen angekündigten Neuregelung des Zivildienstes berücksichtigen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich danke Ihnen herzlich für den Hinweis. Seit dem Jahre 1993 gibt es einen Infora-Bericht, der schon damals darauf hingewiesen hat, dass, wenn nach der gesetzlichen Grundlage so weiter gearbeitet wird, im Jahre 2000 mit 17 500 wartenden jungen Männern zu rechnen sein wird. Genau dieser Fall ist leider eingetreten. Seit 1997 gibt es einen Rechnungshofbericht, in dem der Grundlehrgang in Frage gestellt wird und in dem organisatorische Mängel, Abwicklungsmängel in hoher Zahl festgestellt werden. Genau diese Punkte will ich gemeinsam mit den Mitgliedern des Innenausschusses in einer Zivildienstgesetzgebung neu ab Jänner 2001 neu regeln und berücksichtigen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kößl, bitte.

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben mehrfach von einem Rettungsprogramm beim Zivildienst gesprochen.

Meine Frage lautet: Welche Maßnahmen wurden von Ihnen gesetzt, um auch weiterhin den Zivildienst aufrechtzuerhalten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Es ist hier ein mehrstufiges Verfahren notwendig. In einem Schritt ist dieser große Rucksack an Problemen, die sowohl für die Organisationen als auch für die Zivildiener bestehen, leider nicht aufzuarbeiten. Daher haben wir einen Etappenplan gemacht, wobei wir derzeit bei der zweiten Stufe der Umsetzung dieses Plans sind. Der erste Punkt war, dass wir den Non-profit-Organisationen eine absolute Priorität eingeräumt haben, um sicherzustellen, dass dem Roten Kreuz, der Feuerwehr, Behinderteneinrichtungen und sozialen Einrichtungen Zivildiener im Juni und Oktober überhaupt zugeteilt werden können.

Der zweite Punkt ist, dass wir vor 14 Tagen für alle Organisationen, Zivildienstorganisationen, die Möglichkeit geschaffen haben, zum Selbstkostenpreis von 10 500 S Zivildiener in unbegrenzter Zahl – derzeit in unbegrenzter Zahl – zu bekommen.

Wir erwarten auch nach den Gesprächen, die informell geführt worden sind, dass wir sehr rasch viele junge Männer zuteilen können.

Beim dritten Schritt geht es darum, innerhalb unseres Hauses, anschließend mit den Mitgliedern des Innenausschusses und dann mit dem Plenum des Nationalrates eine Neuorganisation des gesamten Zivildienstes zu erreichen, die sicherstellt, dass junge Männer rasch ihre Zuteilung bekommen, dass die Organisationen damit rechnen können, Zivildiener zu bekommen und dass


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der Lebensabschnitt für junge Männer nicht durch eine ineffiziente Verwaltung empfindlich gestört wird. Das werden wir ab 1. Jänner 2001 angehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur 3. Frage, zum Thema Flugrettung. Herr Abgeordneter Murauer, formulieren Sie bitte Ihre Frage.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben in der vergangenen Zeit erklärt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Verlesung der Anfrage!

Abgeordneter Walter Murauer (fortsetzend): Meine Frage lautet:

39/M

Welche Maßnahmen planen Sie im Bereich der Flugrettung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Hohes Haus! Wir haben ein hohes Niveau im Bereich der Flugrettung, das sich im europäischen Kontext sehen lassen kann. Wir haben jetzt folgende Situation: Um dieses hohe Niveau zu erhalten, sind Investitionen in Milliardenhöhe notwendig. Wir müssen neues Fluggerät sukzessive in die Flugrettung einbringen, das wird über 1 Milliarde Schilling kosten. Dieses neue Fluggerät wird auch den europäischen Anforderungen entsprechen müssen, das heißt, es muss zweimotorig sein. Ich habe daher nach Möglichkeiten gesucht, das rasch und effizient sicherzustellen.

Mein Ziel ist die Qualität der Flugrettung für jene, die in Not geraten sind und schnell Hilfe brauchen, weiter zu steigern. Aus diesem Grund habe ich mit möglichen Betreibern Kontakt aufgenommen, die die Verträge, die mit den Ländern abgeschlossen sind, vollinhaltlich übernehmen. – Erstens.

Zweitens sollen sie das sehr gute Personal sowohl des Bundesministeriums als auch der Rettungshelfer als auch der Rettungsärzte mit übernehmen, um den funktionellen Einsatz weiter zu gewährleisten. Ich gehe davon aus, dass wir im Rahmen der sehr guten Gespräche mit den Ländern und den Rettungsorganisationen diese Neuorganisation der Flugrettung ab 1. Jänner 2001 umsetzen werden können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, dass Sie sehr rasch an der Umsetzung arbeiten. Natürlich drängt sich die Frage auf: Wann werden Sie dies umsetzen können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Nach unseren Plänen wird – das ist bereits mit den Vertretern des Landes Vorarlberg fix vereinbart – ab 1. Jänner 2001 die Flugrettung im Raum Hohenems übergeben werden können. Wir arbeiten daran – die Endredaktion der Verträge ist gerade in Besprechung –, dass wir mit Jänner 2001 Innsbruck und Lienz übergeben können. Wir wollen den Raum Wien, Linz und Salzburg mit 1. April 2001 übergeben, und wir führen Gespräche, um mit 1. Juli 2001 den Raum Graz, Aigen und Kärnten übergeben zu können. Die Gespräche betreffend die Termine 1. April und 1. Juli 2001 sind derzeit im Laufen. Ich hoffe, dass sie in den nächsten Wochen abgeschlossen und die Verträge unterschrieben werden können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Grünewald, bitte.

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ihre Flugrettung trägt sehr zur Reputation Ihres Ressorts bei. Sie haben gestern immer wieder von Non


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profit-Organisationen gesprochen. Auch diese brauchen Geld. Meine Frage geht dahin: Die Flugrettung fliegt bei vielen Einsätzen mit hohem Risiko für Gerät und Personal. Wenn man etwas ausgliedert, wird sich das in Versicherungsprämien und Besoldungsforderungen niederschlagen.

Haben Sie Berechnungen, inwieweit eine Ausgliederung auch zu einer Verteuerung des Flugrettungsdienstes führen könnte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es tut mir Leid, dass ich nicht ganz Ihrer Meinung sein kann, was die Reputation der Flugrettung für unser Haus betrifft. Es ist dies nämlich leider ein riesiger Defizitposten, der 100 Millionen Schilling ausmacht, die dem Exekutivdienst und der öffentlichen Sicherheit woanders abgehen.

Es ist richtig, dass die Rettungsflieger, die Flugretter und die Ärzte hervorragende Arbeit leisten, ich konnte das in einer vorigen Frage schon festhalten. Beim Management der Flugrettung haben wir leider einen Abgang in der Höhe von 100 Millionen Schilling zu beklagen. Wir wissen, dass andere Organisationen unter denselben Voraussetzungen eine schwarze Null in diesem Bereich schreiben.

Das heißt, mein Ziel ist es, dass wir erstens die hohe Qualität der Flugrettung nicht nur erhalten, sondern weiter ausbauen – das wird durch ein neues Fluggerät möglich sein –, und dass wir zweitens eine effiziente Abwicklung sicherstellen, die dafür sorgt, dass Kosten, die derzeit nicht anfallen müssten, auch in Zukunft nicht anfallen.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Leikam, bitte.

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Schon in der gestrigen Fragestunde, aber auch heute sprachen Sie davon, dass Ihr neuer, beabsichtigter privater Betreiber der Flugrettung Milliarden an Investitionen vornehmen wird, dass die Qualität gesteigert wird und dass es sich bei den von Ihnen gewünschten Organisationen um eine Non-profit-Organisation handelt, die, wie zwischenzeitlich bekannt wurde, keine Piloten zur Verfügung hat und daher auf die gut ausgebildeten und erfahrenen und auch mit großem finanziellem Aufwand ausgebildeten Piloten der Exekutive zurückgreifen muss.

Was empfindet – das ist meine Frage – der österreichische Innenminister dabei, wenn diese gut ausgebildeten Piloten die Exekutive verlassen und einem privaten Betreiber zur Verfügung gestellt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist schön, wenn man eine Wahlmöglichkeit hat, und es ist auch schön für die Piloten, wenn sie eine Wahlmöglichkeit haben, und diese Wahlmöglichkeit werden wir zur Verfügung stellen. Wenn sie es wünschen, können sie in dieses neue Vertragswerk einsteigen. Wenn sie es nicht wünschen und weiterhin ihre Arbeit im Bundesministerium für Inneres tun wollen, dann werden sie für Exekutivaufgaben eingesetzt werden. Ich finde, das ist eine gute zusätzliche Möglichkeit für jemanden, der gut ausgebildet ist und seine Arbeit und bisherige Tätigkeit hervorragend macht. Diese Wahlmöglichkeit möchte ich anbieten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Knerzl, bitte.

Abgeordneter Anton Knerzl (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Könnten Sie sich als möglichen Flugrettungsstandort für die Obersteiermark den Union-Flughafen Niederöblarn vorstellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Herr Abgeordneter! Grundsätzlich kann ich mir das vorstellen, allerdings habe ich derzeit nicht die Absicht – so ist es auch in den Vertragswerken vorgesehen –, von den derzeitigen Standorten abzugehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Ich habe bereits jetzt eingeläutet, weil wir zu Beginn der Tagesordnung eine Abstimmung betreffend Ergänzung der Tagesordnung, wofür die Zweidrittelmehrheit notwendig ist, haben.

Wir kommen nun zur letzten Frage, die Herr Abgeordneter Kiermaier formulieren wird. – Bitte.

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

44/M

Sind in dieser Legislaturperiode weitere Personaleinsparungen geplant?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesministerium für Inneres hat einen Beitrag zur Budgetkonsolidierungspolitik dieser Republik zu leisten. Ich werde mich diesem Beitrag nicht verschließen, sondern den Teil, den das Innenministerium einzubringen hat, selbstverständlich auch mittragen. Ich werde daher die Personalpolitik nach dem Ministerratsbeschluss vom 21. Juni 2000 ausrichten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Bundesminister! Werden Sie den berechtigten Wünschen des Abgeordneten Kiss nachkommen und im nächsten Budget die vom Abgeordneten Kiss geforderten 1 000 neuen Planstellen für die Bundesgendarmerie ermöglichen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Grundsätzlich sind Wünsche, Sorgen und Anliegen der Abgeordneten des Hohen Hauses berechtigt und genau zu überprüfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist mein Selbstverständnis als langjähriger Parlamentarier in einem Landesparlament und auch angesichts der Wechselwirkung zwischen Regierung und Parlament. Ich werde daher jeden Wunsch eines Abgeordneten, egal von welcher Seite er kommt, genau prüfen und nach Möglichkeiten der Umsetzung suchen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Reindl, bitte.

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Auf Grund der leider notwendig gewordenen Budgetsanierung ist auch bei der österreichischen Bundesgendarmerie eine Personaleinsparung notwendig geworden.

Ist es trotz dieser Einsparungen möglich, noch im heurigen Jahr zumindest in Niederösterreich, wo viele steirische Kollegen ihren Dienst versehen, Grundausbildungslehrgänge für Wachebeamte und für den Grenzdienst einzuberufen, damit die steirischen Kolleginnen und Kollegen in ihr Heimat-Bundesland versetzt werden können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Das ist derzeit in Planungen vorgesehen. Wir prüfen das jetzt im Endstadium, und ich kann diese Frage in etwa vier Wochen abschließend beantworten. Wir arbeiten jedenfalls daran.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Miedl, bitte.

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Bundesminister! Auf Grund der budgetären Situation – mein Vorredner hat darauf Bezug genommen – ist es offensichtlich bei der Gendarmerie gelungen, Einsparungen zu setzen – leider Einsparungen zu setzen –, die ohne Belastung der Sicherheit sozusagen vonstatten gehen.

Scheint es möglich zu sein, Herr Bundesminister, das Kunststück, das Ihnen bei der Gendarmerie gelungen ist, auch für die Polizei in Anwendung zu bringen, nämlich einzusparen, intelligent einzusparen, ohne dass die Sicherheit der Bevölkerung darunter leidet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Besetzung der Wachzimmer und die Besetzung der Gendarmerieposten sind mir ein besonderes Anliegen. Ich konnte das auch in der jetzt erfolgten Personalzuteilung für beide Bereiche unter Beweis stellen.

Ich freue mich auch, insgesamt für die Polizei sagen zu können, dass alles in allem 81 Planstellen für das Jahr 2000 eingespart worden sind, und dies vorwiegend im Bereich der Verkehrsämter, bei denen die Ausgliederung der Kraftfahrzeugzulassung größere Mobilität zulässt.

Für die Sicherheitswache gilt, dass 118 Planstellen ausschließlich in administrativen Bereichen, aber nicht in den Wachzimmern eingespart werden. Das heißt, dass wir auf die Sicherheit vor Ort das größte Augenmerk lenken und das auch weiterhin tun werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, bitte.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit Einsparungen muss ich sagen, manchmal kann weniger mehr sein, nämlich dann, wenn Einheiten eingesetzt werden, die bisher den Dienst der uniformierten Exekutive nicht erleichtert haben. Ich denke da an die SEK, die Sie im Zusammenhang mit parlamentarischen Anfragen falsch informiert haben, die einen unbewaffneten Mann von hinten erschossen haben. (Rufe bei der ÖVP: Frage! Frage!)

Halten Sie es für vernünftig, dass genau diese Einheiten den Dienst der uniformierten Exekutive dadurch erschweren, dass sie vor Klärung dieser Vorwürfe immer wieder auch in der Wiener Innenstadt eingesetzt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich möchte Sie herzlich ersuchen, dass gerade im Schutz der Immunität keine Aussagen über Belange getroffen werden, die derzeit in Verhandlung stehen, die derzeit im Überprüfungsstadium sind, sowohl polizei- als auch exekutivintern als auch gerichtlich. Ich bitte Sie alle, die Exekutive insofern zu unterstützen, als keine Vorverurteilungen vor abgeschlossenen Verfahren stattfinden sollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Es sind zwar noch nicht die 60 Minuten der Fragestunde abgelaufen, aber wir haben ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Strasser. )

Waren Sie noch nicht fertig, Herr Minister? – Bitte, wenn Sie noch etwas hinzufügen wollen.

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Demütig beuge ich mich selbstverständlich jedem Entscheid des Herrn Präsidenten, aber wenn ich die konkrete Frage noch beantworten darf, bin ich glücklich. – Danke.


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Ich wollte Ihre konkrete Frage in gebotener Kürze beantworten. Sie wissen, dass diese Einheit im Überprüfungsstadium ist. Sie wissen auch, dass dieses Überprüfungsstadium bis Ende Juli begrenzt ist, und Sie wissen weiters, dass wir sehr genau eine Evaluierung vornehmen, ich mir diesen Bericht Ende August vorlegen lasse und wir dann eine klare Entscheidung treffen werden, wie es mit dieser Einheit weitergeht.

Ich habe hier schon einmal sehr klar gesagt: Wir wollen keine Cowboys, Sheriffs und Rambos. Wir wollen nach dem Prinzip des Minimaleinsatzes und nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit vorgehen, und das gilt selbstverständlich auch für diese Einheit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die vier vorbereiteten Fragen sind jetzt beantwortet.

Ich danke dem Herrn Bundesminister und schließe hiemit die Fragestunde.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um die Punkte 17 und 18 der heutigen Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist nach § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung ein Beschluss erforderlich, die Aufliegefrist zu verkürzen, da der Ausschussbericht noch nicht 24 Stunden aufliegt.

Es handelt sich bei den Punkten 17 und 18 um den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 216/A der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Mag. Firlinger, Ing. Gartlehner, Dr. Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau sowie um den Bericht des Budgetausschusses über die Anträge 226/A der Abgeordneten Schwarzböck, Aumayr und Genossen und 229/A der Abgeordneten Gradwohl und Genossen, beide betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die mit dem Verzicht auf die Aufliegefrist von 24 Stunden einverstanden sind, ein Zeichen geben. – Ich stelle fest, der Verzicht auf die Aufliegefrist ist einstimmig angenommen und damit genehmigt.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände darf ich auf die schriftliche Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 745/AB und 746/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (VAG-Novelle 2000) (219 der Beilagen),

Antrag 231/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Heindl und Genossen zur Verbesserung der Bankenaufsicht;


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Gesundheitsausschuss:

Antrag 241/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird,

Antrag 242/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz;

Justizausschuss:

Antrag 236/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird,

Antrag 237/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Änderung der Rechtsanwaltsordnung (RAO) und des RATG,

Antrag 238/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kapitalmarktgesetz geändert wird,

Antrag 239/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauträgervertragsgesetz geändert wird,

Antrag 240/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 232/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Verbot des Ferntransportes von lebenden Tieren,

Antrag 243/A (E) der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz von Antibiotika, Leistungsförderern und Hormonen und Maßnahmen zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz,

Antrag 244/A (E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen betreffend "Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet";

Rechnungshofausschuss:

Antrag 230/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Mag. Herbert Haupt und Genossen gemäß § 99 Abs. 1 GOG auf Beauftragung des Rechnungshofes mit der Durchführung besonderer Akte der Gebarungsüberprüfung;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 233/A der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch BGBl. 132/1998, geändert wird;

Verfassungsausschuss:

Antrag 234/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert wird,


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Antrag 235/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden ("Kampfhunden") ausgehen, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz 1996 geändert werden.

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 550/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich in die Tagesordnung eingehe, teile ich mit, dass mir das Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 550/AB zur Anfrage der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend rechtsextreme Zeitzeugen in Schulen unter der Nr. 536/J durchzuführen. Die Anfragebeantwortung stammt von der Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Nach § 57a der Geschäftsordnung findet diese Kurzdebatte um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters darf ich bekannt geben, dass Abgeordneter Dr. Kostelka beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 235/A der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden, so genannten Kampfhunden, ausgehen können, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz geändert werden sollen, eine Frist bis zum 19. September 2000 zu setzen.

Es liegt auch das Verlangen vor, nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Kurzdebatte wird im Anschluss an die andere Debatte, die ich soeben bekannt gegeben habe, durchgeführt werden.

Außerdem hat Frau Abgeordnete Zierler beantragt, dem Ausschuss für Menschenrechte zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 125/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch und Genossen betreffend einen Bericht der Bundesregierung an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich eine Frist bis zum 20. Oktober zu setzen.

Auch hier liegt ein Verlangen auf Kurzdebatte vor, und diese Kurzdebatte wird im Anschluss an die vorher bekannt gegebene Kurzdebatte stattfinden.

Die Abstimmungen über die Fristsetzungsanträge werden jeweils nach Schluss der Debatte durchgeführt werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Tagesordnung selbst liegt mir der Vorschlag vor, über die Punkte 5 und 6, 9 bis 11 sowie 13 bis 16 die Debatte jeweils zusammenzufassen.

Darüber hat das Haus zu befinden.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Ich nehme an, dass die Abgeordneten, die stehen, dennoch keinen Einwand erheben wollen. Daher ist das ziemlich einstimmig beschlossen. (Heiterkeit.)

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.


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Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt:

Es wird eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" vorgeschlagen. Aus dieser Tagesblockzeit ergeben sich für die SPÖ 156 Minuten, für die Freiheitlichen und für die ÖVP je 116 Minuten, für die Grünen 92 Minuten.

Es ist darüber abzustimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist jetzt eindeutig einstimmig beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 180/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz) (255 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt nicht vor. Somit können wir gleich in die Debatte eingehen.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

9.40

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, dass 55 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges heute ein besonderer Tag ist, an dem wir in einem Vier-Parteien-Antrag – ich möchte das positiv hervorheben, dass das ein Vier-Parteien-Antrag ist, also aller Parteien, die hier im Hohen Hause vertreten sind – ein Gesetz zu beschließen haben, ein Versöhnungsfonds-Gesetz zur Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeitern in der Zeit des Nationalsozialismus.

Es gilt, einmal den Dank auszusprechen an alle, die mitgearbeitet haben, insbesondere auch an Heinz Fischer und Maria Schaumayer, aber auch an die anderen, die sich darum bemüht haben, dass es zu diesem Ergebnis gekommen ist.

Ich meine, dass das wichtig ist, weil es nicht nur eine Symbolik hat, sondern weil konkret auch Entschädigungen in der Höhe von 20 000 bis 105 000 S gezahlt werden, wobei natürlich den Höchstbetrag diejenigen erhalten sollen, die als Sklavenarbeiter, also Zwangsarbeiter, im Konzentrationslager tätig waren. Es geht insgesamt um eine Summe in der Höhe von 6 Milliarden Schilling.

Ich bin der Ansicht, dass diese Initiative, die auch außerhalb unseres Landes auf Resonanz gestoßen ist, sehr wichtig ist und dass man sie nicht bloß darauf beschränken soll, dass österreichische Unternehmen in Zukunft quasi den Rechtsfrieden garantiert haben sollen. Das ist natürlich ebenfalls wichtig, aber ich denke, dass mehr damit zusammenhängt, nämlich auch unser oft durchaus schwieriges Verhältnis, das wir nach 1945 in der Bewertung und Beurteilung der Zeit vor 1945, aber vor allem der Rolle Österreichs, insbesondere natürlich der Österreicherinnen und Österreicher hatten.

Vielleicht ist die so genannte Opfer-Täter-Debatte zu lange nicht in der Gewichtung geführt worden, wie sie dann aber doch durch historische Reden etwa von Bundeskanzler Vranitzky, von Bundespräsidenten Klestil und anderen in der Form präsentiert und bewertet wurde, als es in


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einer korrekten und einer, wie ich meine, auch den damaligen Ereignissen Rechnung tragenden Form geschehen ist.

Vielleicht hat es nach 1945 in dem Bestreben, viele der in die Ereignisse vor 1945 Involvierten wieder in den demokratischen Prozess einbeziehen zu wollen, durchaus Vorgangsweisen, Bewertungen gegeben, die der einen oder anderen Schuld des einen oder anderen natürlich nicht ganz gerecht wurden.

Es ist schon richtig, dass es darum gegangen ist, die Minderbelasteten wieder in den demokratischen Prozess zu integrieren, aber es hat natürlich da und dort auch ein Augenzwinkern und ein Spekulieren mit Wählerstimmen ehemaliger Mitglieder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei gegeben. Es ist dadurch natürlich auch oft zu einer Schieflage der Bewertung der Ereignisse vor 1945 gekommen.

Es ist ein Faktum, dass die Zwangsarbeit eine der Grundlagen war, damit es überhaupt eine Kriegsproduktion geben konnte. Es ist ein Faktum, dass diese Zwangsarbeit natürlich für eine Kriegsproduktion, für einen Krieg, der ein rassistisch, weltanschaulich motivierter Angriffskrieg war, missbraucht wurde. Das ist ein Faktum, dem man sich stellen muss. Das ist auch wichtig, wenn man diese Zwangsarbeit letztendlich in der vollen Tragweite beurteilen will. Es sollte auch unser Bestreben sein, das zu sehen.

Daher kann überhaupt keine Rede von einer "ordentlichen Beschäftigungspolitik" im "Dritten Reich" sein, sondern in Wirklichkeit war diese Zwangsarbeit die Basis dafür, dass diese Kriegsproduktion überhaupt möglich war. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es hat natürlich entsetzliche Schicksale gegeben. Im Rahmen dieser Zwangsarbeit hat es natürlich viele Tote, viele Opfer gegeben. Ich finde, das sollte man all jenen klarmachen, die auch heute noch mit einer sauren Miene im Gesicht nicht wollen, dass es diese Entschädigung für die Zwangsarbeiter in der Zeit des Nationalsozialismus gibt. Sie sollen von uns hier hören – daher bin ich so froh, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag, dieses gemeinsame Auftreten in dieser Sache gibt –, dass die Republik eine eindeutige Stellung gegenüber diesen Ereignissen vor 1945, in der Zeit des Nationalsozialismus gefunden hat.

Es ist wichtig, dass in diesem Zusammenhang auch die Geschichtsbewertung ihren Stellenwert bekommen soll. Ich finde es daher – das möchte ich kritisch anmerken – nicht ganz verständlich, wenn die Wirtschaft, die ebenfalls ihren Beitrag zu leisten hat, zögert. Man soll bitte nicht vergessen, dass von Zwangsarbeitern in der Zeit des Nationalsozialismus Werte geschaffen wurden, von denen die Österreicherinnen und Österreicher nach 1945 beim Wiederaufbau dieser Republik profitiert haben. Man darf nicht vergessen, dass Gewinne gemacht wurden und dass diese Werte und Gewinne nach 1945 nie entschädigt wurden.

Daher ist es so entscheidend, dass wir 55 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges – ohnehin spät, sage ich jetzt einmal – diesen Schritt setzen. Ich habe mit großer Betroffenheit die Diskussion in dieser Arbeitsgruppe zur Erstellung dieses Gesetzes mitverfolgt, in der gesagt wurde: Beeilt euch, denn jene, die wir entschädigen wollen, sind hochbetagt.

Aber nichtsdestotrotz ist es wichtig und, so glaube ich, das richtige Signal sowohl gegenüber den Betroffenen als auch grundsätzlich, dass wir uns zusammenfinden. Daher – jetzt möchte ich diesen Gedankengang fortsetzen – verstehe ich es nicht, wenn die Resonanz aus Teilen der Wirtschaft etwas zögerlich ist, sich auch in einem adäquaten Ausmaß zu engagieren, also finanziell zu beteiligen. Das muss nicht nur aus Einrichtungen, Betrieben oder Unternehmungen sein, in denen nachweislich erkennbar ist, dass sie davon profitiert haben, sondern ich glaube, dass es durchaus auch angebracht ist, wenn das darüber hinausgeht. Das sind nicht nur private Einrichtungen, wie wir wissen, aber gerade aus diesen privaten Bereichen kommen unterschiedliche Signale. Daher denke ich, dass es entscheidend ist, dass auch klargestellt wird, dass eine finanzielle Beteiligung vonnöten ist, und ich denke, dass durchaus noch der nötige Druck zu erzeugen und die nötige Überzeugungsarbeit zu leisten sind.


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Ich meine, wenn wir uns auf diesem Weg wiederfinden, dann kann man sagen, das ist ein guter Weg, den wir eingeschlagen haben, dann hat das eine politisch sinnvolle Symbolik. Wir haben auch für die jüngeren Generationen in Österreich, die diese Zeit nicht miterlebt haben und die immer mehr werden, weil der Zeitabstand immer größer wird, eine Vorbildwirkung, eine Überzeugungsarbeit, eine Bildungsarbeit zu leisten, um vor allem eines zu erreichen, nämlich dass so etwas wie während der Zeit des Nationalsozialismus nie wieder möglich ist. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich möchte Frau Präsidentin Schaumayer herzlich begrüßen, weil sie alle Phasen der Gesetzwerdung unterstützt hat. (Allgemeiner Beifall.)

Sie hat auch im Verfassungsausschuss das Wort ergriffen und hält uns bis zur letzten Minute unter strenger Beobachtung, dass das Gesetz tatsächlich zustande kommt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

9.50

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Frau Regierungsbeauftragte (in Richtung Galerie) Dr. Maria Schaumayer! Meine Damen und Herren! Der Nationalrat beschließt heute – ich hoffe einstimmig – das Versöhnungsfonds-Gesetz. Damit erfolgt ein weiterer, sehr wichtiger Schritt zur Aufarbeitung des Unrechts und der Verbrechen des Nationalsozialismus in Österreich.

Die Republik Österreich leistet freiwillig Geldzahlungen an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter. Meine Damen und Herren! Die heutige Gesellschaft, die in nie gekannter Sicherheit, in Wohlstand lebt, unsere jungen Leute, die sich in ganz Europa ausbilden lassen können, wir, die wir in der ganzen Welt Urlaub machen, gesicherte Familienschicksale haben und eine hervorragende Gesundheitsversorgung – wir können uns nicht vorstellen, welchem Schicksal Millionen von Menschen in der Zeit von 1938 bis 1945 ausgesetzt wurden.

Ich habe als Student die "Erinnerungen" von Albert Speer für eine Seminararbeit gelesen. Das war nicht nur der Baumeister des Nationalsozialismus, sondern er war später auch jener Minister, der für die Kriegswirtschaft zuständig war. Ich habe gelesen, dass die deutsche Kriegsmaschinerie im Jahre 1944 die höchste Ausstoßleistung in der Rüstungsindustrie durch Millionen von Sklaven- und Zwangsarbeitern erzielte, die aus ganz Europa in das Gebiet des nationalsozialistischen "Deutschen Reiches" transportiert wurden.

Mit Presskommandos wurden die Länder nach jungen Männern und jungen Frauen durchsucht. Sie wurden aus ihrer Heimat herausgerissen. Sie wurden aus ihrer Familie herausgerissen. Sie konnten ihre Ausbildungen nicht beenden. Sie konnten keine Familien gründen. Versetzen Sie sich in die Position dieser unglücklichen Menschen, die für Jahre ihres Lebens Zwangsarbeit leisten mussten – oft unterernährt, gedemütigt und im Bewusstsein dessen, dass die Waffen, die Dinge, die sie produzieren, unter Umständen gegen ihre eigenen Landsleute eingesetzt werden, dass sie arbeiten müssen, dass sie jene ernähren müssen, die ihr Land, ihre Heimat, ihre Familien mit Unrecht überziehen!

Zwang, Leid, Unterernährung, erniedrigende und demütigende Behandlung; ein menschenunwürdiges Dasein war oft, sehr oft das Schicksal.

Meine Damen und Herren! Das Unrecht, das diesen armen Menschen angetan wurde, kann niemand wieder gutmachen. Herr Kollege Cap! Wenn Sie von Wiedergutmachung sprechen, wissen Sie nicht, wovon Sie reden. Es kann auch keine Entschädigung geben. Ent schädigen heißt, den Schaden wieder gutmachen. Wir können die traumatischen Erfahrungen, die verlorene Jugend, die besten Lebensjahre, das zerstörte Glück, das zerstörte Leben und die zerstörte Gesundheit nicht entschädigen und nicht gutmachen.

Das Einzige, was wir tun können, ist, fassungslos vor diesen Schicksalen zu stehen und – da gebe ich Ihnen Recht, Herr Kollege Cap – dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.


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Wir können nur trauern. Trauern allein wäre allerdings zu wenig. Wir können das Leid und die Folgen des Leides durch Geldleistungen lindern. Die Geldleistungen, die wir heute in die Wege leiten, können wir nur unter dieser Perspektive sehen: als Linderung dessen, was noch gelindert werden kann; als einen Akt auch der Trauer und auch des Gelöbnisses, dass wir alles tun werden, dass so etwas nie wieder geschieht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das Gesetz, das wir heute beschließen, dieser Akt der Republik, entspringt keiner rechtlichen Verpflichtung, sondern einer moralischen Verpflichtung unserer Heimat gegenüber diesen Menschen. Österreich war in den Jahren 1938 bis 1945 auch Opfer des Nationalsozialismus, war von der Landkarte gelöscht und nicht handlungsfähig. Daher war auch unsere Republik nicht verantwortlich, auch wenn viele Österreicherinnen und Österreicher Verantwortung getragen haben.

Die moralische Verpflichtung ergibt sich daraus, dass mehrere hunderttausend dieser Sklaven- und Zwangsarbeiter auf österreichischem Gebiet litten und arbeiteten. Die österreichische Historikerkommission schätzt, dass von diesen vielen Hunderttausend noch etwa 150 000 am Leben sind, hochbetagt oder in bedauernswertem Zustand, aber jedenfalls noch fähig, von uns ein Zeichen zu erhalten.

Wenn wir daher heute das Gesetz beschließen, kommen wir unseren moralischen Verpflichtungen gegenüber diesen Opfern des Nationalsozialismus in Österreich nach. Wir können das Leid nicht gutmachen, wir können nur die Folgen lindern. Meine Damen und Herren! Die neue Bundesregierung hat sich dieser Aufgabe bereits in ihrer ersten Arbeitssitzung gewidmet, hat das Problem zügig angepackt und mit Hilfe von Maria Schaumayer rasch gelöst. Ich möchte Herrn Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Frau Vizekanzlerin Riess-Passer herzlich dafür danken, dass sie die Dinge in die Wege geleitet haben, dass wir heute, sechs Monate später, bereits eine Lösung beschließen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Am 15. Februar, also unmittelbar nach dem Amtsantritt der Regierung, wurde Maria Schaumayer als Regierungsbeauftragte bestellt. Sie hat ehrenamtlich ihre große Erfahrung, ihre unglaubliche Energie und ihre sagenhafte Durchsetzungsfähigkeit, gepaart mit ihrer großen Menschlichkeit und Sachkunde in den Dienst der Lösung dieses Problems gestellt. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen, den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich werde das Bild nie vergessen, als Maria Schaumayer, gestützt von Deputy Secretary Stuart Eizenstat, über die Stiege der Hofburg in den Verhandlungssaal ging. Ein Bild spricht mehr als tausend Worte. Es war klar, so muss man das machen, und so wurde es gemacht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In hunderten Verhandlungen, in Verhandlungen mit den USA, in Verhandlungen mit anderen Ländern wurde das Problem gelöst. Viele fragen sich: Was haben die Vereinigten Staaten mit diesen Opfern in der Ukraine, in Tschechien, in der Slowakei und so weiter zu tun? – Wir müssen wissen, dass sich die Vereinigten Staaten, denen ich ausdrücklich dafür danken möchte, seit 1945 immer in Fortführung einer langen humanistischen Tradition zum Anwalt der Opfer des Nationalsozialismus gemacht haben, zum Anwalt, wo immer dieses Leid geschehen ist und wo immer Handlungen notwendig waren.

So wie wir Österreicher viel von dem, was wir heute haben und sind, den Vereinigten Staaten verdanken, hat sich in Fortführung dieser Mission Deputy Secretary Stuart Eizenstat namens der Vereinigten Staaten für diese Lösung des Zwangsarbeiterproblems eingesetzt. Ich möchte ihm ebenso danken wie vielen anderen, die daran mitgewirkt haben. (Allgemeiner Beifall.)

Mein Dank gilt natürlich auch Maria Schaumayer. Ich weiß, sie hat das in ihrer zielstrebigen durchsetzungsfähigen Art nicht gerne, aber trotzdem ist dir, liebe Maria, unser aller Dank sicher. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit ich hier aber nicht nur die Verantwortung und die Moral in den Vordergrund stelle, sondern die ganze Wahrheit sage, ist es natürlich auch ein Akt der Klugheit, dass wir dieses Problem heute lösen, denn es ist im Interesse unserer Wirtschaft, dass ihre Exporttätigkeit in


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Rechtsfrieden erfolgen kann und dass nicht Klagen, die nach dem amerikanischen Rechtssystem möglich sind, wie ein Damoklesschwert über unserer Wirtschaft hängen.

Es ist im Interesse der Wirtschaft, dass nicht auf ihre Exporterlöse zugegriffen werden kann, um gerechtfertigte Ansprüche von Dritten zu sichern. Und daher ist es nicht nur die moralische Verantwortung, die uns dazu gebracht hat, sondern auch das Interesse unserer Wirtschaft, die genau weiß, warum sie – und auch dafür sei ihr gedankt – dazu beiträgt, dass die Mittel für diesen Fonds vorhanden sind.

Meine Damen und Herren! Wir haben damit einen Teil unseres Regierungsprogramms erfüllt, das aber noch mehr vorsieht, und das möchte ich schon auch in diesem Zusammenhang sagen. Wir haben für weitere Aufarbeitung der Geschichte als weiteren Regierungsbeauftragten Botschafter Sucharipa eingesetzt, der das Mandat hat, als Sonderbotschafter für Restitutionsfragen noch andere, ebenso dringliche und wichtige unaufgearbeitete Wiedergutmachungsansprüche, seien sie nun rechtlicher Natur, seien sie moralischer Natur, zu bearbeiten. Ich wünsche Herrn Botschafter Sucharipa gleich viel Erfolg wie Maria Schaumayer, und wir werden ihn bei seiner Arbeit natürlich auch mit aller Kraft unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm festgeschrieben:

"Die Bundesregierung wird um sachgerechte Lösungen in den Fragen aller im Zuge des Zweiten Weltkrieges zur Zwangsarbeit gezwungenen Personen, der österreichischen Kriegsgefangenen sowie der in der Folge der Benesch-Dekrete und Avnoj-Bestimmungen nach Österreich vertriebenen deutschsprachigen Bevölkerung bemüht sein."

Das wollte ich hier auch noch sagen, denn auch in diesem Zusammenhang ist noch einiges zu tun und einiges zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! So ist jeder Generation aufgetragen, und jede Generation ist dazu aufgerufen, einen Beitrag zu leisten, um Unrechtsfolgen zu lindern. Wir sind mitten auf dem Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

10.03

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Justizminister! Sehr geehrte Frau Präsident Schaumayer! Ich möchte mich zunächst namens meiner Fraktion bei Ihnen, Frau Präsident Schaumayer, für Ihre kompetente und rasche Arbeit im Interesse der österreichischen Bundesregierung und damit im Interesse des österreichischen Staates herzlichst bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen insbesondere aber auch dafür danken, sehr geehrte Frau Präsident Schaumayer, dass Sie auch in jenen Momenten, in denen amerikanische Rechtsanwälte geglaubt haben, Sie durch persönliche Diffamierungen heruntersetzen zu müssen, im Bewusstsein Ihrer moralischen Aufgabe und im Bewusstsein, das Recht der Moral hinter Ihnen zu haben, aufrechten Ganges die Interessen der Österreicher vertreten und damit erst diesen symbolischen Akt des österreichischen Parlaments und der österreichischen Bundesregierung ermöglicht haben. – Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Sehr geehrte Damen und Herren! Aus dieser heutigen Vier-Parteien-Einigung im österreichischen Parlament geht die in der Präambel zur Regierungserklärung festgehaltene Intention der österreichischen Bundesregierung, nämlich im Bereich der Zwangsarbeit, aber auch hinsichtlich der offenen Fragen der Restitution Akzente in dieser Legislaturperiode zu setzen, klar hervor. Ich darf zitieren:


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"Österreich stellt sich seiner Verantwortung aus der verhängnisvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts und den ungeheuerlichen Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes: Unser Land nimmt die hellen und die dunklen Seiten seiner Vergangenheit und die Taten aller Österreicher, gute wie böse, als seine Verantwortung an. Nationalismus, Diktatur und Intoleranz brachten Krieg, Fremdenhass, Unfreiheit, Rassismus und Massenmord. Die Einmaligkeit und Unvergleichbarkeit des Verbrechens des Holocaust sind Mahnung zu ständiger Wachsamkeit gegen alle Formen von Diktatur und Totalitarismus."

Weiter unten hat die Bundesregierung bemerkt:

"Die Bundesregierung bekennt sich zur kritischen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Sie wird für vorbehaltlose Aufklärung, Freilegung der Strukturen des Unrechts und Weitergabe dieses Wissens an nachkommende Generationen als Mahnung für die Zukunft sorgen. Hinsichtlich der NS-Zwangsarbeit wird die Bundesregierung im Lichte des Zwischenberichts der österreichischen Historikerkommission unter Berücksichtigung der primären Verantwortung der betroffenen Unternehmen um sachgerechte Lösungen bemüht sein."

Weiters hat die Bundesregierung in ihrer Regierungserklärung unter dem Kapitel "Starke Demokratie" erklärt:

"Die Bundesregierung bekennt sich zur Fortsetzung des Kurses der Sensibilität und der kritischen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Es geht darum, vorbehaltlos aufzuklären, die Strukturen des Unrechts freizulegen und dieses Wissen an die nachkommenden Generationen als Mahnung für die Zukunft weiterzugeben. Was den Bereich der NS-Zwangsarbeit betrifft, wird die Bundesregierung im Lichte des Zwischenberichts der österreichischen Historikerkommission unter Berücksichtigung der primären Verantwortung der betroffenen Unternehmen um sachgerechte Lösungen bemüht sein."

So weit der Text der Regierungserklärung und der Präambel zur Regierungserklärung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es muss hier anlässlich der Kritik, die teilweise in österreichischen Tageszeitungen, auf den Leserbriefseiten geäußert wird und auf der anderen Seite aus dem "befreundeten" EU-Ausland, aber auch aus anderen Ländern kommt, auch klar gesagt werden, dass für den Staat Österreich die Frage der Restitution und der Entschädigung völkerrechtlich eigentlich klar und deutlich geregelt ist. Ich darf Sie daran erinnern, dass erstens im Artikel 4 des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945 die Restitutionsfragen gelöst sind und dass zweitens im Artikel 21 des Staatsvertrages von Wien vom 8. Juni 1955 ebenfalls bestimmt ist, dass sich Reparationen aus Österreich aus dem Bestehen eines Kriegszustandes in Europa nach dem 1. September 1939 nicht ergeben.

Ich sage das deswegen so klar und deutlich, weil damit unterstrichen werden soll, dass der heutige Akt des österreichischen Parlaments einen Akt der Freiwilligkeit und darüber hinaus auch einen Akt der Versöhnung über die Grenzen und Gräben der Vergangenheit, über das menschliche Leid, über die Verfolgung, über den Tod hinaus darstellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist das ein Akt der Versöhnung, den das österreichische Parlament heute für die noch Lebenden, die den Krieg erlebt haben, aber auch für die nächste und die übernächste Generation, die so wie ich nach dem Krieg das Glück gehabt hat, als Nachgeborene die längste Zeit des Friedens in Europa, in diesem Staate und auf diesem Staatsgebiet erleben zu dürfen, tätigt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Khol hat richtigerweise angesprochen, dass sehr viele Fragen der Vergangenheit für altösterreichische Minderheiten aus Ost-, Südosteuropa, aus der Tschechoslowakei und Slowenien noch offen sind. Die Bundesregierung hat absichtlich die beiden Fragen nicht miteinander verquickt, aber ich möchte deutlich und klar auch für meine Fraktion hier sagen: Ähnliche Akte des Einbekenntnisses und ähnliche Akte der Versöhnung erwarten wir, die Betroffenen, die Heimatvertriebenen und ihre Nachkommen auch von jenen Staaten, die die Rechtsnachfolge angetreten haben, wie etwa Slowenien, Ungarn, Kroatien und die Tschechoslowakei.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Es muss hier klar und deutlich gesagt werden, dass mit diesem Akt der Freiwilligkeit in pekuniärer Hinsicht das menschliche Leid nicht gemildert, ja nicht einmal eine Entschädigung geleistet werden kann. Es geht hier um einen Akt der demokratischen Selbstverständlichkeit, auch die Verbrechen gegen jene Menschen, die aus Österreich stammen und nach Österreich wieder zurückgekehrt sind, insgesamt anzuerkennen und dafür auch von Seiten des Staates eine entsprechende Geste der Versöhnung zu setzen.

Es geht meiner Fraktion aber auch darum, Rechtssicherheit zu haben, denn ich teile klar die Meinung des ehemaligen Finanzministers Dr. Androsch, die er in seinem Vortrag vor dem Liberalen Forum im Jänner dieses Jahres im Hotel Imperial geäußert hat, nämlich dass 55 Jahre nach Kriegsende die Verbrechen der Vergangenheit bei der jüngeren Generation und den nachfolgenden Generationen zwar nicht im Nirwana des Vergessens versinken dürfen, aber dass auch irgendwann einmal ein moralischer Schlussstrich unter die damalige Zeit gezogen werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für meine Fraktion und für mich gilt beides: auf der einen Seite die Rechtssicherheit, die uns von Seiten des amerikanischen Staates für unsere Wirtschaftstreibenden zugesichert worden ist, und auf der anderen Seite die moralische Geste, die wir bewusst setzen wollen für all jene, die es in der Zeit des Kalten Krieges nicht erleben konnten, dass ihr persönliches schweres Schicksal aufgearbeitet worden ist, weil es unter den Weltinteressen von Ost und West als nicht berücksichtigungswürdige Quantité négligeable in der Geschichte vernachlässigt wurde.

Ich glaube daher, dass wir nach der Öffnung des Ostens, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, wir, die wir schon 45 Jahre zuvor Demokratie, Frieden, mehr wirtschaftliche Entwicklung und mehr Freiheit gehabt haben, verpflichtet sind, moralisch verpflichtet sind, hier einen Akt der Versöhnung mit jenen zu setzen, die das Kriegsende erst 1990 durch die Öffnung des Ostens und den Fall des Eisernen Vorhangs erlebt haben.

Meine Fraktion und ich werden diesem vorliegenden Gesetzentwurf selbstverständlich zur Gänze zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

10.11

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Frau Dr. Schaumayer! Unsere Nachkommen, also selbst die Nachkommen meiner Generation, werden einmal zwei Vergangenheiten zu bewältigen haben: einerseits die Vergangenheit des Nationalsozialismus und andererseits die fortgesetzte Demütigung der Opfer des Nationalsozialismus durch die Zweite Republik. Sie haben den Nationalsozialismus und unsere Mitverantwortung daran und die Geschichte dieser Zweiten Republik als eine Geschichte des Verdrängens und Vergessens der Opfer des Nationalsozialismus über viele Jahrzehnte zu bewältigen.

Heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Sie – so wie vor ziemlich genau fünf Jahren, als hier, auch in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, das Gesetz für die Schaffung des Nationalfonds beschlossen wurde – mit diesem Gesetz, das wir heute beschließen, die Möglichkeit, einen Teil der Aufarbeitung der Geschichte des Verdrängens und Vergessens in der Zweiten Republik zu leisten. (Beifall bei den Grünen.)

55 Jahre Zweite Republik bedeuten in Bezug auf die Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen auch, dass uns die zirka 150 000 noch lebenden ZwangsarbeiterInnen noch die Möglichkeit geben – es ist die letzte Möglichkeit –, dieser Geschichte des Vergessens und dieser Geschichte des Verdrängens eine kleine Wendung zu geben und damit auch zu beweisen, dass wir nicht weiter in Stille Einverständnis zeigen und nicht in Stille auf das biologische Ende der letzten Überlebenden warten – so wie es viele Jahre und Jahrzehnte hindurch ausgesehen hat. Dieses Kalkül – das sage ich als eine Nachgeborene –, das die Zweite Republik, jetzt negativ gesprochen, immer "ausgezeichnet" hat, dieses Warten auf das biologische Ende, diese Geschichte des stillen Wartens wird durch diese zwei Gesetzeswerke, die ich genannt habe, das


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Nationalfonds-Gesetz und das heute zu beschließende Versöhnungsfonds-Gesetz, unterbrochen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Gesetz ist keineswegs – und so sehe ich es – ein Freikaufen von dieser eigenen Geschichte und von der Last der eigenen Geschichte, auch wenn es manche so sehen wollen, sondern ich sehe es als die Chance, unsere Haltung in der Geschichte der Zweiten Republik zu allen Opfern des Nationalsozialismus zu verändern und nicht nur das Schicksal der Opfer, sondern auch das Erbe unserer Kinder in Bezug auf unsere Geschichte zu erleichtern. Das ist das, was dieses Gesetz sein wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute der Tag der ersten Phase der Umsetzung dieses Gesetzes. Heute findet nur die Beschlussfassung dieses Gesetzes statt, wiewohl das ganz zweifelsfrei für Frau Dr. Schaumayer und ihre Mitarbeiter der erste wichtige Abschluss eines sehr intensiven Arbeitsprozesses ist, aber es ist nur die erste Phase, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie beschließen heute ein Gesetz, von dem Sie überhaupt keine Ahnung haben, wann es in Kraft treten wird – so etwas ist wirklich einmalig. Ich habe hier noch nie, seit ich Abgeordnete bin, ein Gesetz beschlossen, von dem ich nicht wusste, wann es in Kraft tritt.

Dieses Gesetz tritt nämlich erst dann in Kraft, wenn 6 Milliarden Schilling zugesichert sind, und zwar von jenen, die sie aufbringen sollen. Das sind in erster Linie der Bund, die Länder und Gemeinden und jene, die die Hauptnutznießer der Ausbeutung der ZwangsarbeiterInnen und KZ-Häftlinge waren, nämlich die Wirtschaft. Ich sage das jetzt so verallgemeinernd, weil es heute schwer ist zu sagen, wer aller konkret Nutznießer war. Ich meine die Wirtschaft in einem sehr weiten Sinn. Es sind nicht allein die großen Industriebetriebe gewesen, in diesem Bereich lässt es sich viel einfacher und viel klarer und präziser ausmachen, sondern es geht bis tief in private Haushalte, wo Menschen gedemütigt wurden, indem sie zu Zwangsarbeit gezwungen wurden, wo ihre Arbeitskraft ausgebeutet, ihre Gesundheit nachhaltig geschädigt und ihre Psyche mehr als beeinträchtigt wurde. Mitbürger und Mitbürgerinnen waren es, die von der Ausbeutung der Arbeitskraft von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen profitiert haben. So weit geht es.

Darum ist es nicht ausschließlich ein Anliegen der Wirtschaft, sich mit der Aufbringung der Mittel zu beschäftigen. Ich gestehe, dass der Rechtsfrieden für viele hoffentlich das Hauptmotiv sein wird, einzuzahlen, und der Frau Regierungsbeauftragten und all jenen, die sich jetzt damit beschäftigen, das Geld jetzt lockerzumachen, ihre Arbeit erleichtern wird, wie etwa Herrn Dr. Kessler, der diese Arbeitsgruppe im Rahmen der Industriellenvereinigung leitet. Es wird das Hauptmotiv für viele sein, einzuzahlen – die Frau Regierungsbeauftragte hat ja auch schon einen Vorschlag gemacht, wie viel es sein soll –, aber es soll nicht das alleinige Motiv sein, es soll auch für jene, die zahlen, ein Beitrag zur Aufarbeitung der österreichischen Geschichte sein. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechtssicherheit, die dadurch erreicht werden soll, bedeutet nichts anderes, als dass die Klagen, die gegen Unternehmen und gegen die Republik angedroht oder noch eingebracht werden beziehungsweise bereits eingebracht wurden, nicht relevant sind, wenn die entsprechenden Summen zur Verfügung gestellt werden. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die zweite Phase dieses Gesetzes, von der wir nicht wissen, wie lange sie dauern wird, von der wir aber hoffen, dass sie so kurz wie möglich sein wird, denn dieser heutige Beschluss ist auch ein Appell an die Vernunft, der hoffentlich fruchtbar sein wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Dann kommt die dritte Phase, dann erst kommt jene Phase, in der den Opfern diese Geste zur Verfügung gestellt wird, und es ist eine Geste. Kollege Haupt, Herr Dr. Khol und auch der Kollege Cap haben vorhin davon gesprochen, dass monetäre Leistungen niemals jenes Leid auch nur annähernd wiedergutmachen können, das diesen Menschen widerfahren ist. Es kann dies nur eine Geste sein, die gesetzt wird, eine Geste, die spät, aber doch ein Einbekenntnis der Schuld und der Mitverantwortung ist, die wir alle – und wir repräsentieren die Republik – heute setzen und auch


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jene, die in keinem direkten Zusammenhang und in keiner direkten Rechtsnachfolge zu den Unternehmen stehen, die damals von den ZwangsarbeiterInnen profitiert haben, aber die trotzdem die Größe haben, dieses Eingeständnis zu machen und diesen Beitrag zu leisten. Und für manche Betriebe ist das eine in finanzieller Hinsicht durchaus schmerzliche Leistung, die sie zu erbringen haben, denn allen geht es finanziell nicht so gut, dass es so einfach für sie wäre, diese Summe aufzubringen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Schaumayer und ihren Mitarbeiter wurde bei der Ausarbeitung dieses Gesetzes durch die parlamentarischen Fraktionen assistiert, so würde ich es nennen, unter der weisen und sehr nachsichtigen Anleitung von Präsident Fischer, der als Vorsitzender des Kuratoriums des Nationalfonds und auch als einer der Autoren des Nationalfonds-Gesetzes in diesem Bereich große Erfahrung hat.

Wir haben heute ein Gesetz zu beschließen, das von allen Fraktionen Zustimmung bekommen wird, das aber – und das möchte ich hier auch festhalten – nicht in all seinen Nuancen dem entspricht, was sich jede einzelne Fraktion vorgestellt hat. Auch wir haben in vielen Punkten darüber hinausgehende oder präzisere Vorstellungen gehabt. Aber ein Kompromiss von vier Fraktionen ist eben ein Kompromiss. Und es geht in erster Linie darum – und jetzt komme ich noch einmal auf das eingangs Gesagte zurück –, mit dieser Beschlussfassung einen Schlusspunkt zu setzen in dieser die österreichische Geschichte so prägenden Haltung, nämlich so lange zu warten, bis niemand mehr übrig bleibt.

Darum ist es uns selbst bei großer Kritik an einzelnen Punkten und auch bei den zu erwartenden Schwierigkeiten in der Umsetzung dieses Gesetzes ein Anliegen, dass wir dieses Gesetz heute einhellig beschließen, damit auch diese zweite Phase gestartet werden kann, die viel wichtiger und meiner Ansicht nach viel schwieriger ist, denn 6 Milliarden Schilling sind eine ansehnliche Summe, wiewohl das für den einzelnen Zwangsarbeiter und für die einzelne Zwangsarbeiterin nur ein ganz kleiner Betrag ist. Und das, was man in den Zeitungen von Riesensummen liest, die zur Verfügung gestellt würden, entspricht absolut nicht den Tatsachen. Es handelt sich um Beträge, die sich im Durchschnitt maximal an der 30 000-S-Grenze orientieren werden, also jenseits der 100 000 S liegen. Man darf nicht glauben, dass jeder Zwangsarbeiter von damals so viel Geld bekommt, sondern die Untergrenze liegt bei 5 000 S, da fängt es an, und einige wenige werden diese hohe Summe bekommen.

Darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es mir wichtig, heute auch diesen Appell an jene zu richten, die das Geld zur Verfügung stellen. Und da möchte ich jetzt nicht diese Zwischenrufe alten Geistes, wie wir sie aus dem Süden dieses Landes schon bekommen haben, wie wir sie von einzelnen Bürgermeistern schon gehört und gelesen haben, in den Vordergrund stellen, sondern ich möchte all jene, die guten Willens sind und die diesen Beitrag zur Aufarbeitung der österreichischen Geschichte leisten möchten, in den Vordergrund stellen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Allerletztes: Ich sage Ihnen, auch als Nachgeborene: Einen Schlussstrich wird kein Gesetz, das den Opfern Gesten gibt, jemals ziehen können, denn das ist es, was mein und unser aller Hauptanliegen sein sollte: dass es keinen Schlussstrich geben kann in der eigenen Aufarbeitung der Geschichte der Republik und vor allem niemals einen Schlussstrich geben kann in der Auseinandersetzung mit den Opfern des Nationalsozialismus und damit, was der Holocaust und der Nationalsozialismus an Elend, an menschlicher Tragödie über diese Welt gebracht haben. Da wird es nie Schlussstriche geben, auch wenn Regierungsabgeordnete dieses Wort noch so gerne immer wieder in den Mund nehmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Niemals vergessen!, ist die Devise, und niemals einen Schlussstrich ziehen! Und dieses Gesetz soll ein Beitrag dazu sein. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.24


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Das Wort erhält der Herr Bundeskanzler. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

10.24

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Lassen Sie mich in dieser Debatte für die österreichische Bundesregierung Stellung nehmen und einige Bemerkungen dazu machen.

Zunächst möchte ich mich dem Dank anschließen, dass heute dieses Versöhnungsfonds-Gesetz vermutlich einstimmig beschlossen werden kann, denn es ist ein wichtiges Gesetz. Es heißt "Versöhnungsfonds-Gesetz", und es ist eine Versöhnungsgeste oder ein Versöhnungsversuch mit den Opfern. Aber diese Versöhnung kann ja auch nur von den Opfern gewährt werden. Es ist aber auch – und das ist genauso wichtig – eine Versöhnung mit uns selbst, und es ist so gesehen auch ein Akt der Befreiung, dass wir uns frei machen, in einer unbefangeneren, offeneren Art und Weise mit diesen Dingen umzugehen und auch zu dem Leid zu stehen, das unsere Vorfahren mit verursacht haben. Dass wir heute eine solche moralische Geste setzen, halte ich persönlich für ungeheuer wichtig. Dieses Versöhnungsfonds-Gesetz hilft auch uns. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es entspricht der Absicht der Bundesregierung von Anfang an, dieses Thema ganz oben auf die Prioritätenliste unserer Arbeit zu setzen, und es ist natürlich kein Zufall, sondern ganz bewusst so gemacht, dass wir, zehn Tage, nachdem wir angelobt worden sind, am 4. Februar 2000, mit der Beauftragung von Maria Schaumayer auch unseren Willen bekundet haben, dieses Thema wirklich zu lösen.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch gerne dem Dank aller Fraktionen anschließen und Maria Schaumayer und ihrem Team ein ganz herzliches persönliches Dankeschön, auch im Namen der Bundesregierung, sagen, denn ich weiß, wie viel Arbeit hier dahinter gesteckt ist. Sie hat diese Aufgabe nicht nur ehrenamtlich angenommen – es war ihre Bedingung, dies so zu tun –, sondern sie hat auch in weit über hundert Verhandlungen mit mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern, mit der amerikanischen Regierung fast Übermenschliches geleistet. Sie hat es ertragen, von manchen Anwälten diesen oder jenen Zwischenruf zu bekommen, und sie hat in der ihr eigenen Festigkeit darauf geantwortet. Ich bin glücklich, dass sie uns diese Arbeit geleistet hat. Es ist dies ein Dienst an der Republik. Danke schön! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Genauso möchte ich aber auch Heinz Fischer, dem Präsidenten dieses Hauses, danken, der koordiniert hat, natürlich in Abstimmung mit dem Verfassungsdienst und dem Team um Maria Schaumayer, damit hier zeitgerecht ein gemeinsames Gesetzeswerk über einen Initiativantrag aller Fraktionen vorgelegt werden konnte. Es ist auch nicht so selbstverständlich, dass wir heute dieses Gesetz unter seiner Guidance, unter seiner Leitung und Anleitung beschließen können, denn vergessen Sie nicht, die deutsche Bundesregierung hat mehr als eineinhalb Jahre für diese Verhandlungen und für dieses Gesetz gebraucht. Gestern hat der deutsche Bundestag das Gesetz beschlossen. Wir sind einen Tag später dran, diesen einen Tag haben wir den Deutschen den Vortritt gelassen.

Wir haben in Wirklichkeit hier zeitlich unglaublich aufgeholt, und das war nur mit Hilfe von Heinz Fischer und seinen Mitarbeitern möglich. Ich danke auch besonders allen Klubobmännern und allen Fraktionen für diese Geste und für diese Symbolik, dass wir in einer sehr bewegten und emotional auch manchmal kontroversiellen politischen Sommerschlusszeit dieses Gesetz gemeinsam beschließen können. – Ich danke Ihnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Ebenso muss man Stuart Eizenstat, dem stellvertretenden Finanzminister der Vereinigten Staaten, und seinem Team danken, denn es war ja in der sehr fragilen politischen Situation gar nicht so einfach für ihn, immer wieder persönlich nach Österreich zu kommen und sich hier als treibender Motor zu betätigen. Er hat das hervorragend und mit Klugheit gemacht. Er hat nicht nur mit den Gesten mit den Bildern, die Andreas Khol erwähnt hat, beigetragen, sondern er hat


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auch sehr viel auf der Ebene der amerikanischen Administration dazu beigetragen, dass wir durchaus in kurzer Zeit einen Abschluss eines solchen Rechtssicherheitsabkommens über ein Executive Agreement mit der amerikanischen Regierung vor uns sehen.

Ich möchte ihm an dieser Stelle – ich hoffe, die amerikanische Botschaft wird ihm das ausrichten – auch dafür ein gemeinsames Dankeschön sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Erlauben Sie, dass ich aber auch zu einigen Inhalten Stellung nehme, die hier gebracht worden sind und die durchaus auch die Bandbreite der Diskussion zeigen, in der wir uns bewegen.

Ich möchte Frau Abgeordneter Stoisits wirklich widersprechen – ich respektiere ihre Meinung, aber ich möchte ihr schon widersprechen –, wenn sie hier sagt, die Geschichte der Zweiten Republik ist eigentlich eine Geschichte des fortgesetzten Verdrängens. Frau Abgeordnete, das ist nicht wahr! Ich respektiere, wenn Sie der Meinung sind, es ist vielleicht manches zu spät oder noch immer nicht gesetzt worden, aber es ist einfach nicht richtig, die gesamte Geschichte der Zweiten Republik als eine Geschichte des Vergessens oder bewussten Verdrängens zu bezeichnen. Das stimmt nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind uns natürlich der Lücken bewusst, wir sind uns auch der Grenzen bewusst. Man kann Verschiedenes gar nicht materiell gutmachen, aber man sollte auch nicht unterschätzen, was in den verschiedensten Restitutionsgesetzen – und das ist eine ganze Anzahl – schon geschehen ist. Gerade in der jüngeren Zeit, in den letzten Jahren dieser Zweiten Republik haben sich ganz bewusste, signifikante und symbolische, aber auch materiell beachtliche Ansätze gezeigt.

Es sind doch nicht "kleine Wendungen", wie Sie gesagt haben, wenn beispielsweise der Nationalfonds etwa 2 Milliarden Schilling zur Verfügung gestellt hat, wenn wir die Frage Mauerbach/Kunstgegenstände gelöst haben, wenn wir die Frage der Kunstrestitution auf Bundesebene, wie ich glaube, beachtlich gelöst haben, wenn die Frage des Nazi-Golds über die Tripartite Commission im Sinne der Opfer gelöst wurde, wenn Sie heute eine Summe von 6 Milliarden Schilling beschließen – bitte, das ist keine kleine Geste, das ist schon ein ganz beachtliches Volumen, das gemeinsam aufgebracht werden muss.

Ich darf weiters daran erinnern, dass im Moment Banken beim Abschließen von Individualvereinbarungen sind, dass die Versicherungen mit Peter Jankowitsch derzeit einen eigenen Sonderbeauftragten eingerichtet haben, um auch zu einer Lösung zu kommen, dass diese Bundesregierung Botschafter Sucharipa eingesetzt hat als special envoy für offene Fragen der Arisierung und nicht gelöste Restitutions- oder Kompensationsfragen.

Ich bitte, hier schon auch Behutsamkeit zu wahren. Ich verstehe sehr wohl, dass man auch sagt, man soll hinsichtlich der Sprache, der Nichtjunktimierung verschiedener Opfergruppen aufpassen, und ich halte mich sehr exakt daran. Aber machen Sie dann bitte im Interesse der Akzeptanz des gesamten Projektes die Dinge nicht kleiner, als sie sind, sagen Sie nicht, die Republik hätte fortgesetzt nichts gemacht. Das wäre eigentlich ein Verdrängen der Geschichte, zu der wir auch stehen sollten.

Das wollte ich Sie bitten, und nehmen Sie mir bitte nicht krumm, dass ich das von der Regierungsbank aus sehr deutlich als meine ganz persönliche Überzeugung zum Ausdruck bringen wollte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dritte Bemerkung: Wir haben uns sehr lange überlegt – ich bin dem Rat von Maria Schaumayer gefolgt –, ob wir die Zwangsarbeiter-Frage und noch offene Arisierungs-Probleme gemeinsam lösen sollen. Der Rat der Frau Präsidentin war, man solle das trennen, denn das sind ganz unterschiedliche Personengruppen, verschiedene Themen. Ich sage Ihnen ganz offen: Am Anfang war ich gar nicht so sicher, ob das der richtige Ansatz ist, auf Grund der gestern geäußerten Meinung verschiedener Anwälte, die laut und deutlich erklärt haben, dass es ein schwerer Fehler war, das im Deutschen Bundestag gemeinsam zu bringen, und auch auf Grund der Reaktionen im Inland und der Reaktionen von Seiten der amerikanischen Regierung bin ich der Meinung, dass es richtig war, das so zu machen.


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Das wirkliche Problem, vor dem wir nämlich stehen – und auch in Zukunft stehen werden –, ist, dass es natürlich keinen Schlussstrich im moralischen Sinn geben kann – das war ja so auch nie gemeint –, dass es selbstverständlich aber Rechtssicherheit geben muss. Das ist schon auch ein Punkt, der an dieser Stelle eingemahnt, ja eingefordert werden muss! Wenn wir nämlich in dieser sehr heiklen Situation jetzt Firmen, die Wirtschaft dazu bringen wollen, sich zu beteiligen – ich danke dafür, dass die ersten Tausenden Briefe schon hinausgegangen sind und auch viele zugesagt haben, sich zu beteiligen –, dann ist natürlich eines der wichtigsten Argumente dafür die Rechtssicherheit.

Wollte man alles zusammenfassen, würde das in Wirklichkeit sehr viel länger dauern, denn die Historikerkommission, die unabhängig arbeitet, die ihren eigenen Zeitrhythmus hat, ihre Berichte in bestimmten Perioden vorlegen wird, ist derzeit ganz einfach nicht in der Lage, ein umfassendes Arbeits- oder Abschlussprojekt vorzulegen, sondern sie wird zu bestimmten Zeiten ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren.

Ich meine daher, es war richtig, die Zwangsarbeiter-Frage hier zu klären und andere Themen zu anderer Zeit zu klären. Wobei ich auch auf Folgendes hinweise: Viele Fragen, wie etwa die Banken-, Versicherungsproblematik, die Frage des Dorotheums und anderer, werden ganz sicher nicht vom österreichischen Staat oder von den Gebietskörperschaften gelöst werden können. Hier gilt die Verantwortung derer, die auch in der Rechtsnachfolge ganz klar in die Pflicht, in die Verantwortung zu nehmen sind.

Ich meine daher, es war richtig, dass wir diesen Weg gewählt haben, dass wir aber auch nicht die anderen Fragen auf die lange Bank schieben, sondern schon jetzt in einer vernünftigen Form das Gespräch mit den entsprechenden Organisationen aufnehmen. Botschafter Sucharipa hat ja seine Arbeit bereits voll begonnen.

Ein viertes Thema wurde angesprochen: Wie ist das jetzt mit den Opfern, und darf man, soll man über andere Opfer, Heimatvertriebene, Sudetendeutsche und so weiter, sprechen? – Ich glaube, dass wir uns sehr genau daran gehalten haben, nicht zu junktimieren. Das war ja am Anfang eine Befürchtung oder Sorge. Ich denke, es war richtig, dass wir es so und nicht anders gemacht haben.

Aber – und das möchte ich schon auch sehr ernst sagen – gerade weil wir von uns aus ohne irgendeinen Zusammenhang dieses Gesetz beschließen, haben wir, glaube ich, auch das Recht, jetzt zu sagen: Es gab und gibt auch andere Opfer, und diese sollen auch nicht vergessen sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte schon auch appellieren, dass sich jedes Land oder jede Regierung seiner beziehungsweise ihrer Verantwortung bewusst wird und – so, wie wir dies für uns machen – auch die notwendige Sensibilität im Umgang mit der eigenen Geschichte entwickelt. Das erscheint mir als wichtig, denn sonst bekommen wir nämlich wirklich irgendwann einmal unterschiedliche Kategorien von Opfern – das wäre mir persönlich nicht Recht, und es wäre auch den Menschen gegenüber nicht fair.

Niemand wird das Junktim: Opfern nur dann helfen, wenn auch anderen Opfern geholfen wird!, aufstellen dürfen und sollen. Aber der Appell, Unrecht, das geschehen ist, das objektiv geschehen ist, Menschenrechtsverletzungen, die objektiv geschehen sind, die Geschichte aufzuarbeiten, ist notwendig. Und die österreichische Regierung wird auch ganz sicher nicht müde werden, diese Gerechtigkeit einzufordern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Einen Satz zur Opferthese, Österreich als Opfer des Nationalsozialismus – Abgeordneter Cap hat das mit großem Fragezeichen versehen; ich möchte auch hier ganz klar meine Meinung zum Ausdruck bringen und glaube, dass das auch bisher die österreichische Haltung jeder Regierung gewesen ist; ich habe überhaupt nicht die Absicht, davon abzuweichen –: Österreich war ein Opfer des Nationalsozialismus, Österreich wurde von der Landkarte ausradiert, ist untergegangen, war daher Opfer. Bereits 1941 hat Churchill als Erster den Satz aufgestellt:


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Österreich war das erste Opfer der NS-Doktrin und des Totalitarismus! – Aber das nimmt nichts weg – nicht ein Jota! – von unserer eigenen Verantwortung.

Vielleicht ist es sogar wichtig, dass ein Land, das selbst Opfer wurde, mehr Sensibilität in der Behandlung anderer Opfer aufbringt. Und mein Ehrgeiz ist es eigentlich, dass wir vielleicht auch in der innerösterreichischen Diskussion die Sichtschärfe dafür verbessern und dass wir dafür auch wirklich Verständnis bekommen – ich weiß, dass die österreichische Bevölkerung in einem hohen Maße diese Sicht der Dinge teilt. Und dann, glaube ich, steht das Ganze auf zwei Beinen: Dann wissen wir, dass uns Unrecht geschehen ist, bekennen uns aber auch dazu, dass viele Österreicher selbst Unrecht gesetzt haben. Wir helfen Opfern und helfen vielleicht auch anderen zu begreifen, dass sie von sich aus mehr tun müssen, als sie bisher bereit waren zu machen. Und wenn dies ein europäisches Anliegen würde, hätten wir für die europäische Zukunft ungeheuer viel gewonnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Letzter Punkt: Wirtschaft. Ich möchte die Meinung, dass hier von der Wirtschaft zu wenig geschieht, etwas zurechtrücken.

Unterschätzen wir doch nicht den Zeitablauf. De facto hat Maria Schaumayer vor nicht einmal fünf Monaten ihre Arbeit aufgenommen und innerhalb weniger Wochen in einem atemberaubenden Tempo die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es Rechtssicherheit geben kann und dass zugleich auch das notwendige Geld aufzubringen ist.

Und ein bisschen muss man ja auch die Betroffenen verstehen, die müssen sich ja auch zum Teil rechtfertigen gegenüber Aufsichtsräten, Aktionären, der eigenen Belegschaft und die Frage stellen: Ist dies ein taugliches Instrument, um Rechtssicherheit und gleichzeitig die steuerlich abzugsfähigen Bestimmungen zu haben, damit man diese Dinge machen kann?

Ich habe großen Respekt vor wichtigen Menschen in der österreichischen Wirtschaft, etwa Heinz Kessler, der hier ganz bewusst die Verantwortung auf sich genommen hat und Maria Schaumayer an die Seite getreten ist und mit ihr die Briefe unterschreibt, Druck ausübt, ein Mahnverfahren entwickelt und so weiter. Wir sollten positiv jene motivieren, die jetzt schon, in dieser sehr frühen Phase, sagen – wie dies etwa der junge Chef der Firma Doppelmayer gemacht hat –: Ich mache das, und zwar ganz bewusst, weil diese Frage wichtig ist und wir hier auch ein Zeichen setzen wollen.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in wenigen Wochen oder Monaten das notwendige Geld haben werden. Und ich sage hier auch ganz offen: Es ist auch meine Ambition, unsere Regierungsbeauftragte und den Wirtschaftsbeauftragten mit meiner ganzen Kraft zu unterstützen.

Sie können sicher sein, meine Damen und Herren: Genauso, wie wir Tempo gemacht haben, damit wir die Abkommen mit den Mitteleuropäern und der amerikanischen Administration zustande bringen, wie Sie Tempo gemacht haben, dass es dieses Gesetz gibt, werden wir Tempo und Druck machen, dass das Geld hereinkommt. Ich möchte haben, dass dieses Gesetz noch im heurigen Jahr in Kraft tritt und wir mit der ersten Auszahlung der Tranchen beginnen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Letzter Satz von mir: Schlussstrich im rechtlichen Sinn – das ist wichtig und Bedingung. Natürlich muss die Diskussion über unsere Geschichte, Gegenwart und Zukunft weitergehen.

Ich finde, es ist das eigentlich ein sehr wichtiger und sehr schöner Anlass, um auch Zwischenbilanz zu ziehen: Was haben wir gemacht? Wo sind noch Lücken?

Ich lade Sie auch ein: Helfen Sie uns, dass wir noch offene Themen im gleichen gemeinsamen und offenen Geist lösen können, wie das heute gelingt! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.4


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1

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte.

10.42

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren von der Bundesregierung! Frau Schaumayer! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich begrüße das vorliegende Gesetz, weil es ein Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung, zur Aufarbeitung unserer Geschichte ist. Ich bedauere jedoch, dass dieses Gesetz erst mehr als 50 Jahre nach Ende des Krieges und daher für viele Opfer zu spät kommt.

Ich möchte aber doch darauf hinweisen, dass der Text des vorliegenden Gesetzes bereits in der vergangenen Gesetzgebungsperiode vom ehemaligen Bundeskanzler Klima gemeinsam mit Ihnen, Herr Bundeskanzler Schüssel, vereinbart wurde. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist falsch!) Es ist im Regierungsabkommen gestanden und wurde Wort für Wort in das Abkommen zwischen ÖVP und FPÖ aufgenommen. (Abg. Schwarzenberger: Da sind Sie falsch informiert!)

6 Milliarden Schilling, die jetzt aufgebracht werden müssen, sind in der Summe viel, aber für den Einzelnen der ehemaligen Zwangsarbeiter, die etwas bekommen, ist es relativ wenig. Es kann das nur eine symbolische Handlung, eine symbolische Anerkennung sein. Wenn man bedenkt, welches Leid diese Menschen auf sich nehmen mussten, welche Erniedrigung, welche Demütigung sie erleiden mussten, muss man sagen: Das kann nur eine kleine Anerkennung sein!

Auf dem heutigen Gebiet Österreichs waren an die 700 000 ausländische Arbeitskräfte und Zwangsarbeiter untergebracht. Die Arbeitsbedingungen in den Konzentrationslagern, in den angeschlossenen Produktionsstätten waren besonders entsetzlich. Ich denke dabei nur an Mauthausen, an Gusen und Ebensee, wo mit dem Tod durch Arbeit klar kalkuliert und eine klare rassistische Kategorisierung vorgenommen wurde. So sind eben Juden, Roma und Sinti, sowjetische und polnische Zwangsarbeiter am untersten Ende der Häftlingshierarchie gestanden.

Es gilt, heute auch jener zu gedenken, die durch diese Zwangsarbeit zu Tode kamen. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass allein in Mauthausen zirka 10 660 sowjetische Kriegsgefangene und Ostarbeiter durch diese Zwangsarbeit innerhalb weniger Monate getötet wurden.

Es wurde hier schon angesprochen, dass bis Mai 1942 die "Freiwilligen"-Werbung so aussah, zum Beispiel in Tschechien und Polen, dass durch Polizeieinheiten Hetzjagden auf Einkaufende, Straßenbahn- und Busfahrende durchgeführt wurden. Eine Chronik vom 15. Februar 1941 sagt aus:

Gestern fanden in verschiedenen Straßen Warschaus Menschenjagden statt. Man hielt die Straßenbahnen auf, fing alle jungen Leute, Männer und Frauen, ein, und diese wurden dann in die Zwangsarbeit geschickt.

Es ist heute auch schon angesprochen worden: Die Kriegswirtschaft konnte nur durch die Zwangsarbeiter aufrechterhalten werden.

Es stellt sich bei uns wirklich die Frage: Warum ist die Anwesenheit so vieler Zwangsarbeiter aus der Erinnerung der Österreicher und Deutschen, aus deren Nachkriegsbewusstsein fast rückstandslos ausradiert worden? – Das Deutsche Reich war mit Lagern übersäht, und im Gegensatz zu den Massenvernichtungen in Osteuropa war das Elend der Zwangsarbeiter unmittelbar vor der eigenen Haustür.

Ich möchte daran erinnern, dass unsere Landwirtschaft, dass vor allem aber die großen Elektrizitätsunternehmen, die großen Kraftwerke, wie Kaprun, Enns-Kraftwerke, auf die wir in der Nachkriegszeit so stolz waren, überwiegend durch Zwangsarbeit errichtet wurden, dass die österreichische Wirtschaft nach dem Krieg auch davon profitiert hat, dass diese Zwangsarbeiter Grundlagen geschaffen haben, auf denen nach dem Krieg aufgebaut werden konnte.

Deshalb hoffe ich sehr, dass sehr bald auch die Unternehmen ihren Beitrag zu dieser Vergangenheitsbewältigung leisten werden. Angesichts der Hochkonjunktur erwarte ich mir rasche Zahlungen der betroffenen Unternehmen.


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Ich denke, dass diese Diskussion noch lange nicht abgeschlossen ist, und möchte den Divisionär Hubertus Trauttenberg zitieren, der im Zusammenhang mit der Wehrmachtsausstellung folgende Frage stellte: Mehr als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges müssen wir uns fragen, ob und wie weit wir bereit sind, die heute bekannten Fakten an uns heranzulassen.

In diesem Zusammenhang denke ich an die Leserbriefe, in denen man die Verbrechen des Nationalsozialismus immer wieder junktimieren und vergleichen möchte mit Verbrechen, die in anderen Ländern begangen wurden und die selbstverständlich auch zu verurteilen sind. Ich meine, wir müssen uns mit unserer eigenen Geschichte auseinander setzen, wir müssen ehrlich damit umgehen.

Trauttenberg sagt weiters: Viele von uns neigen noch immer dazu: zu Verdrängung, zu Verleugnung und Aufrechnung von eigener Schuld gegen die der anderen. Eine derartige Argumentation verhindert nicht nur ein wahres Bild unserer Geschichte, es hindert uns auch, zu trauern. Und mehr noch: Lernunfähigkeit von einer Generation an die nächste weitergegeben, verhindert eine emotionale Aussöhnung mit den Gegnern und Opfern von damals. – Ende des Zitats.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erinnere mich an meine Kindheit: Es wurde zum Beispiel zu Allerheiligen der Opfer des Zweiten Weltkrieges, der Soldaten gedacht. In den Orten wird aber sehr selten – ich denke dabei an die Kriegerdenkmäler – an das, was den Opfern durch Zwangsarbeit, durch den Holocaust, durch den Nationalsozialismus angetan wurde, gedacht. Ich hoffe, dass wir in diesem Sinne weiterarbeiten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie des Abg. Dr. Krüger. )

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

10.50

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Gesetzestext selbst verwendet für den Betrag von 6 Milliarden Schilling und für seine Zuwendung den Ausdruck "freiwillige Geste". Es ist das eine Geste von doch beträchtlichem Ausmaß.

Ich glaube, dass der Begriff "freiwillige Geste" nicht nur rechtlich richtig ist, sondern auch beinhaltet, dass die Generation, die mit den Verbrechen des Nationalsozialismus nichts zu tun hat, aber die 6 Milliarden aufbringen muss, versteht, warum sie das tun soll.

Ich kann mich der Ausführung einer der Vorrednerinnen nicht anschließen, dass der Begriff "freiwillige Geste" ein Eingeständnis der Schuld von uns allen, wie diese Vorrednerin wörtlich gesagt hat, beinhaltet.

Ich darf in Erinnerung rufen – es ist mir ganz ernst, wenn ich das betone –, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus, wenn man als Anknüpfungspunkt die Okkupation Österreichs durch deutsche Truppen sieht, 62 Jahre zurückliegen und, wenn man das Ende des Zweiten Weltkrieges als Maßstab nimmt, 55 Jahre. Das ist eine große Zeitspanne. Wenn man sie auf den Ersten Weltkrieg transponieren würde, würde dies bedeuten, dass eine solche Geste im Jahr 1976 gesetzt worden wäre.

Es handelt sich um Verbrechen eines Regimes, das Österreich selbst ungeheure Schäden in jeder Hinsicht zugefügt hat. Es handelt sich um Verbrechen, die dieses Regime im Namen eines fremden Staates begangen hat, zu einer Zeit, zu der es Österreich überhaupt nicht gegeben hat. Der Anknüpfungspunkt ist nur, dass diese Verbrechen – und das ist dem Text des Gesetzes zu entnehmen – auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich verübt wurden.

Es handelt sich bei denjenigen, die jetzt zahlen werden, um die Enkel der Erwachsenen von damals, um die Enkel der Erwerbstätigen von damals, um die Enkel von Tätern und auch von Opfern von damals. Und es handelt sich bei den Betroffenen um wenige Überlebende – bedauerlicherweise –, aber in Einzelfällen auch um die Erben der Betroffenen von damals.


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In der gesamten Vorgangsweise liegt eine tiefe Symbolik – und so wollen wir es auch verstehen –, eine Symbolik, die bedeutet: Es kann keine Rede davon sein, dass alle unsere Großväter, wie eine Vorrednerin gesagt hat, entsprechende Schuld trifft und dass diese auch eingestanden wird, sondern es geht um Versöhnung und Zusammenarbeit. Auch das ist dem Text des Gesetzes zu entnehmen.

Dass der Steuerzahler zahlen wird, ist klar, denn der Löwenanteil der hohen Summe, um die es geht, wird ja aus Budgetmitteln aufzubringen sein. Dass die Wirtschaft zur Kasse gebeten wird, wird nur in Einzelfällen eine Art Gerechtigkeit hinter sich finden, vielleicht dort, wo es um Projekte der so genannten Gemeinwirtschaft geht, wenn große Kraftwerke gebaut wurden, die den Krieg überlebt haben, dann schon, aber im normalen Wirtschaftsbereich, im Industriebereich wohl eher nicht. Wenn Kriegsgüter erzeugt wurden, die damals auf direktem Weg dem Krieg zugeführt wurden, dann ist ja kein Mehrwert übrig geblieben. Es ist gearbeitet geworden, es ist geschuftet worden, es ist verbrecherisch gearbeitet worden, und das, was erzeugt wurde, war in der nächsten Minute weg, hat jedenfalls den Krieg nicht überlebt. Dass da irgendjemand irgendetwas auf die hohe Kante gelegt hätte und man argumentieren könnte, dass er das jetzt zurückzahlt, ist eine Illusion, der man sich nicht hingeben darf.

Ich verkneife es mir auch, die Überlegung anzustellen, was mit der Firma des so berühmt gewordenen Herrn Schindler passiert wäre oder passieren würde, würde Herr Schindler noch leben oder würden seine Erben existieren und würde es die Firma noch geben. Auch er würde zahlen, nicht müssen, aber wahrscheinlich zahlen. Es wäre auch eine freiwillige Geste von ihm. Aber davon, dass Herr Schindler – "Schindlers Liste" des Herrn Spielberg – damit eine Schuld einbekannt und gutgemacht hat, könnte, glaube ich, wohl nicht die Rede sein.

Dass es keinen Rechtsanspruch in dieser Hinsicht gibt, wissen wir alle. Am besten weiß dies aber offenbar mein Anwaltskollege Fagan, denn ich habe selbst gehört, wie er erklärt hat, und zwar in Österreich erklärt hat, seine Qualität liege nicht darin, dass er rechtlich etwas durchsetzen könne, sondern seine Qualität liege darin, dass er vor dem Gerichtsgebäude, hat er gesagt, so viel Wind mache, dass den Betroffenen gar nichts anderes übrig bleibe, als zu zahlen. – Ich überlasse die Qualifikation dieser Beurteilung Ihnen allen selbst.

Vorbildwirkung ist verlangt worden, und Vorbildwirkung wird es, das hoffe ich zumindest, auch geben. Es gibt Gruppen, kleinere und größere, aus den verschiedensten Richtungen der Windrose, deren berechtigter Forderungen man sich, glaube ich, einmal annehmen sollte und müsste. Dazu gehören zunächst einmal die österreichischen Roma, die erst dieser Tage wieder in einer Dokumentation, die eindrucksvoll erscheint, ihr Schicksal, verbunden mit der Ortschaft Lackenbach und dem Lager, das es dort gegeben hat, in Erinnerung rufen. Sie haben natürlich keinen Fagan, der sich ihrer annimmt. Sie sind der Zahl nach relativ bedeutungslos. Das menschliche Leid jedoch ist genauso wie bei wesentlich größeren Opfergruppen. Also man sollte jetzt irgendwann einmal auch dafür sorgen, dass die Roma in den Bereichen, in denen sie noch keine, auch nicht symbolische, Anerkennungsbeträge bekommen haben, zum Zug kommen.

Es geht um die Österreicher – das ist von etlichen Vorrednern schon erwähnt worden –, die selbst Jahre, oft ein Jahrzehnt in Zwangsarbeit haben verbringen müssen und dort zugrunde gegangen sind, etwa in den Uranerzgruben in Joachimstal in Nordböhmen – Gottwaldov hat es dann geheißen. Dort ist kaum jemand lebend herausgekommen. Ungeschützt als Zwangsarbeiter, als Sklavenarbeiter unter Tage Uran zu schürfen – es reicht die Phantasie jedes einzelnen Abgeordneten und jeder einzelnen Abgeordneten aus, sich das auszumalen.

Es geht um jene, die viele Jahre hindurch in Kohlengruben in der damaligen Sowjetunion unter Tage – Frauen, vor allem Frauen, sind da eingesetzt worden – roboten mussten; und auch nach dem Krieg völkerrechtswidrig in Frankreich, das sich wahrscheinlich nicht gern daran erinnern wird.

Also auch diese Gruppen werden jetzt irgendwann einmal, bevor die Letzten gestorben sind, dranzukommen haben!


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Ich darf noch ein Wort zur Frau Präsidentin Schaumayer sagen: Ich bin selbst ein älterer Herr. Ich habe Sie bewundert. Ich bin Anwalt. Ich habe in meinem Berufsleben nicht die Dimensionen erreicht, die Ihnen vergönnt gewesen sind, aber es war auch von der Warte eines Verhandlers interessant, Ihr Vorgehen zu beobachten.

Ich kann mich über die Einstellung eines amerikanischen Anwalts, glaube ich, nur wundern, der Sie als "Großmutter" bezeichnet hat und damit herabsetzen wollte. Der hat offenbar nie eine Großmutter gehabt, oder er hat sie nicht gekannt. Jemanden als "Großmutter" zu bezeichnen, das ist eine Auszeichnung sondergleichen. Das wissen wir alle, die wir Großmütter gehabt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man heute davon ausgeht, dass es nur wichtig ist, einen Babysitter zu haben, muss ich sagen: Die Funktionen der Großmütter gehen über das Babysitten weit hinaus. Wir wissen es. Wir bekennen uns zu unseren Großmüttern. Ich habe bedauerlicherweise keine mehr.

Nehmen Sie es bitte als Auszeichnung, wenn jemand "Großmutter" zu Ihnen sagt, gnädige Frau! Ich sehe es zumindest so!

Interessant ist auch die Position der Betroffenen in den ostmitteleuropäischen und osteuropäischen Ländern, die jetzt einen Betrag – nach unserer Sicht ist er gering, nach der dortigen Sicht nicht – zu erwarten haben. Sie sind fassungslos erstaunt im positiven Sinne. Sie können sich nicht vorstellen, dass irgendjemand auf Grund eines kriegerischen und verbrecherischen Ereignisses, das mehr als ein halbes Jahrhundert zurückliegt, Geld bekommt und irgendjemand etwas zahlt. Sie haben zunächst geglaubt, man wolle sie überhaupt nur auf die Schaufel nehmen, denn sie wissen aus ihren eigenen Ländern, dass man alles abstreitet, alles verneint und erklärt: Wir haben nichts, und im Übrigen wollen wir nichts zahlen!

Also: Die Adressaten sind davon recht angetan, vielleicht nicht ihre Funktionäre in jedem Fall, aber die Adressaten freuen sich darüber, dass in Österreich die Uhren anders gehen als bis jetzt in ihren Heimatländern.

Es ist das ein wichtiger Schritt, den wir heute in die Wege leiten, es ist das ein interessanter Schritt in mehrfacher Hinsicht, aber es darf nicht der letzte Schritt gewesen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

11.00

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Frau Präsident Dr. Schaumayer! Jeder hier in diesem Hohen Haus hat wahrscheinlich seinen individuellen Zugang zum Thema Zwangsarbeit, zum Thema Holocaust, je nach dem, in welchem Ausmaß und mit welchen Mitteln er sich mit dieser Problematik befasst hat. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich selbst war vor einigen Jahren in der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem und habe dort die Protokolle der so genannten Wannsee-Konferenz eingesehen. Die Wannsee-Konferenz fand im Jahre 1942 in Berlin statt und hatte die so genannte "Endlösung" zum Inhalt. Ein verbrecherischer Klüngel des verbrecherischen NS-Regimes hat sich dort zusammengefunden, um – wie zynisch ausgedrückt wurde – die "Endlösung" im Sinne einer völligen Auslöschung der jüdischen Bevölkerung durchzuführen.

Es ist – im negativen Sinn! – historisch beeindruckend, welche Worte darin in einem ungustiösen Amtsdeutsch vorzufinden sind, nämlich Worte wie, dass Angehörige der jüdischen Bevölkerung in Deutschland, sofern sie nicht in Konzentrationslagern sind, zur härtesten Zwangsarbeit – und wir reden heute hier von Zwangsarbeit – an der Front heranzuziehen sind. Es ist auch in zynischer Weise davon die Rede, dass ohnedies damit gerechnet wird, dass diese Zwangsarbeiter durch die harte Zwangsarbeit an der Front zu Tode kommen. Und es ist auch davon die Rede, dass insbesondere auf jene aufzupassen ist, die diese Tortur überleben, denn


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diese sind ja nach dem völkischen Wahn des Nationalsozialismus zum Überleben bestimmt und könnten sich ja fortpflanzen und ein starkes Volk hervorbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten bei der gesamten Diskussion über die Zwangsarbeiter, insbesondere auch an diesem heutigen Tag, im Nationalrat – ein Vier-Parteien-Antrag liegt vor – jener Zwangsarbeiter gedenken, die in den Tod geschickt wurden – bei denen die Zwangsarbeit als Instrument des vorsätzlichen Mordes herangezogen wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist heute schon wiederholt von jener Gesetzesbestimmung im Versöhnungsfonds-Gesetz die Rede gewesen, die von einer freiwilligen Geste spricht. Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass diese Freiwilligkeit auch tatsächlich vorliegt. Völkerrechtliche Ausführungen wurden vom Herrn Bundeskanzler und vom Kollegen Ofner bereits getroffen. Darüber hinaus enthält der Staatsvertrag von Wien eine umfassende Verzichtserklärung.

Mir liegt auch ein Bericht des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten vor, demzufolge 1961 der Präsident des "Committee for Jewish Claims on Austria" die Erklärung abgegeben hat, dass in Hinblick auf die bisherigen österreichischen Leistungen von Seiten seines Komitees keine weiteren Schritte mehr gegen Österreich unternommen werden.

Frau Kollegin Stoisits – Sie ist jetzt nicht im Saal anwesend –, das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben: Es ist wirklich unverständlich, wenn Sie suggerieren – und Sie stellen es so dar, und das ist international zum Schaden Österreichs –, dass im Jahre 2000 erstmalig die Befassung des Nationalrates mit dem tragischen Schicksal von Zwangsarbeitern und mit dem Holocaust begonnen hat. Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Im Jahre 1961 wurde die oben erwähnte Verzichtserklärung vom Präsidenten des "Committee for Jewish Claims on Austria" abgegeben.

Aber es sei auch einmal Folgendes festgestellt, da immer wieder von den findigen Anwälten aus der Wall Street die Rede ist: Ja wie schaut denn das in der Praxis aus? – Auch das ist ein Grund, die Freiwilligkeit der Zahlung hier zu argumentieren.

Also wie schaut denn das in der Praxis aus? – Es wurden in den Vereinigten Staaten von Amerika bisher drei Sammelklagen gegen deutsche Unternehmen eingebracht, und zwar gegen Ford Deutschland, gegen die Firma Degussa und gegen Siemens. Alle drei Klagen aus dem Titel der Zwangsarbeit wurden abgewiesen! Das heißt, dass auch aus dieser Sicht die Freiwilligkeit dieser Geste sehr wohl gegeben ist, denn unabhängig vom "letter of interest" und vom "executive agreement", das da einzuholen ist, natürlich aus Sicherheitsgründen, war mit einer Abweisung der Klage zu rechnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist viel gesagt worden, und ich stimme in fast allen Punkten – nicht in allen, aber in den meisten – mit meinen Vorrednern überein. Aber lassen Sie mich abschließend noch eines sagen:

Österreich hat nicht erst im Jahre 2000 damit begonnen, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Bereits 1946 hat das Parlament sieben Rückstellungsgesetze beschlossen, 1947 vier Rückstellungsanspruchsgesetze und in den weiteren Jahren weitere Gesetze, bis zum heutigen Tag, und es hat auch der Herr Bundeskanzler die Leistungen des Nationalrates und der österreichischen Bundesregierung sowie auch der vorhergehenden Bundesregierung angeführt.

Aber, meine Damen und Herren, eines kann es nicht geben, nämlich dass man dort, wo Ansprüche ein für allemal vor österreichischen Gerichten abgehandelt wurden, alles wieder aufschnürt. In diesem Sinne muss ich namens meiner Fraktion der Forderung des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien eine klare Absage erteilen, wenn er sagt, dass die Rückstellungsverfahren in Österreich wieder aufzurollen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist in den vierziger Jahren, bis 1955, der Aufsicht der Alliierten unterlegen. In dieser Zeit sind 80 bis 90 Prozent aller Rückstellungspro


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zesse abgeführt worden. Das sind 40 000 Prozesse. Da hat es eine Rückstellungskommission erster Instanz gegeben, eine solche zweiter Instanz, und beim Obersten Gerichtshof war eine oberste Rückstellungskommission eingesetzt. Es hat oberstgerichtliche Urteile und Vergleiche gegeben. Dort, wo in einem rechtsstaatlichen Verfahren, unter Aufsicht der Alliierten, rechtskräftig abgesprochen wurde, kann es kein weiteres Aufmachen dieser Prozessakten beziehungsweise kein Wiederaufrollen dieser Ansprüche geben, dem steht die Rechtskraft entgegen, und wir werden uns mit allen uns zu gebotenen Mitteln dagegen wehren, dass derartige Ansprüche wiederaufgerollt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Papházy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.07

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle wissen es: Die Bundesregierung hat sich ein enormes Arbeitsprogramm vorgenommen, und die Bundesregierung hat in den ersten knapp 160 Tagen Enormes geleistet.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, was im Regierungsprogramm steht. Die Bundesregierung wird um sachgerechte Lösungen in den Fragen aller im Zuge des Zweiten Weltkrieges auf dem Gebiet des heutigen Österreich zu Zwangsarbeit gezwungenen Personen bemüht sein. Das Arbeitstempo der Regierung zeigt, wie ernst es ihr damit ist.

Bereits am 30. Juni 2000 passiert das Versöhnungsfonds-Gesetz einstimmig den Verfassungsausschuss. Österreich bekennt sich damit zur moralischen Verantwortung, jene Überlebenden zu entschädigen, die auf dem Gebiet des heutigen Österreich Zwangsarbeit leisten mussten. Dies ist ein autonomer und selbständiger Beitrag Österreichs zur Vergangenheitsbewältigung.

Es gibt – das wissen wir alle, sehr geehrte Damen und Herren – keinen Rechtsanspruch auf solche Leistungen unserer Republik. Es handelt sich dabei um eine Versöhnungsgeste – eine reine Versöhnungsgeste! –, die unsere Bundesregierung schnell setzen will. Es sollen damit möglichst viele der zum Stichtag geschätzten 150 000 betagten Überlebenden persönlich erreicht werden.

Unglaublich und schmerzhaft ist es für mich daher, dass die Anwälte Fagan und Witti, ausgerechnet heute für 10.30 Uhr – es hat also schon begonnen – zu einer Pressekonferenz der besonderen Art bitten – ausgerechnet dann, wenn gleichzeitig alle vier im österreichischen Parlament vertretenen Parteien einstimmig dieses Gesetz beschließen wollen. Titel der Pressekonferenz lautet: "Verhöhnung statt Versöhnung."

Die Beurteilung dieser Tatsache überlasse ich sehr gerne Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nebenbei gesagt: Auch die in Deutschland für Zwangsarbeiterfragen projektierten Anwaltshonorare von 1,4 Milliarden österreichischen Schilling, das sind umgerechnet 200 Millionen D-Mark, sprechen für sich. Gestern hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Errichtung einer mit 10 Milliarden D-Mark dotierten Stiftung für ehemalige Zwangsarbeiter beschlossen. Staat und Wirtschaft sollen davon je die Hälfte tragen. Die deutsche Stiftung richtet sich an alle deutschen Unternehmen im Handelregister mit mehr als zehn Beschäftigten. Die Idee dahinter ist: Die gesamte deutsche Wirtschaft hängt voneinander ab.

Von Seiten der deutschen Wirtschaft sind erst Zusagen über etwa 3 Milliarden D-Mark eingegangen, denn in puncto Rechtssicherheit gibt es keinen Vertrag zwischen Deutschland und den USA. Lediglich in einem Briefwechsel zwischen Clinton und Schröder sichert Präsident Clinton mit so genannten "statements of interest" dergestalt Rechtssicherheit zu, dass die US-Regierung deutschen Firmen im Fall von Klagen beistehen will.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich ist man vorerst an die großen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern herangetreten. Ziel ist es, 0,2 Prozent des Vorjahresumsatzes für den


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Fonds zu erhalten. Mehr sollen Bauwirtschaft, E-Wirtschaft und Bahn leisten – Stichwort: Betroffenheitsfaktor. Voraussetzung für die Zuwendungen sollen Vereinbarungen mit den USA über einen so genannten Rechtsfrieden sein.

Blicken wir nochmals über die Grenze Richtung USA: 1988 haben die USA eine Geste der Versöhnung gesetzt. Nach dem japanischen Angriff auf den US-Flottenstützpunkt Pearl Harbor Ende 1941 waren 120 000 US-Bürger japanischer Abstammung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Internierungslager gebracht worden. Die USA hatten Angst, sie könnten sich ihrer neuen Heimat gegenüber nicht loyal verhalten. Für die im Jahre 1988 noch lebenden etwa 60 000 ehemaligen Internierten wurden unter Präsident Reagan je 20 000 US-Dollar Entschädigungszahlungen beschlossen.

Laut "Neue Zürcher Zeitung" vom 20. Juni dieses Jahres haben ehemalige amerikanische Kriegsgefangene, die während des Zweiten Weltkrieges in japanischen Großunternehmen als Zwangsarbeiter eingesetzt waren, gegen die US-Niederlassungen dieser japanischen Großunternehmen Entschädigungsklagen eingereicht. Möglich wurden die Klagen durch ein neues kalifornisches Gesetz, das die Verjährung für Entschädigungsforderungen aufgehoben hat.

Man höre und staune: Die US-Unternehmen weisen die Entschädigungsforderungen jedoch entschieden zurück. Die Begründung lautet unter anderem, sie seien keine Rechtsnachfolger der japanischen Unternehmen, die während des Krieges Zwangsarbeiter beschäftigten.

Ich persönlich halte das Versöhnungsfonds-Gesetz von seiner Intention und Ausarbeitung her für wichtig, richtig und gut.

Sehr geehrte Damen und Herren! Klar ist für mich, dass Zuwendungen jeder Art von österreichischer Seite an eine Bedingung zu knüpfen sind, nämlich an die Zusicherung dauerhafter Rechtssicherheit und dauerhaften Rechtsfriedens seitens der USA. – Daher: Keine Sammelklagen, kein Aufrollen rechtskräftig erledigter Entschädigungsverfahren und Eingrenzung der im Raum stehenden Forderungen aus der so genannten Arisierungsfrage – Stichwort: 70 000 Mietwohnungen, Stichwort: Betriebsauflösungen.

Das Versöhnungsfonds-Gesetz ist eine freiwillige, großzügige Geste, das Versöhnungsfonds-Gesetz muss auch dahin gehend verstanden werden. Das Österreich des Jahres 2000 ist auf Grund des Staatsvertrages von Wien 1955 – wir haben es bereits gehört – ein souveräner Staat, der rechtlich gesehen niemandem mehr Reparationszahlungen schuldet.

Der gute Wille der Bundesregierung, der sich im Versöhnungsfonds-Gesetz manifestiert, ist offenkundig. Alle Versöhnungsgesten sind für mich als Schlussstrich unter ein Kapitel der Geschichte des vorigen Jahrhunderts zu verstehen, an dem wir alle nicht aktiv teilhatten. – Nebenbei bemerkt: In der Folge hoffe ich, dass auch jene Länder, die Österreicher als Zwangsarbeiter eingesetzt haben, Versöhnungsgesten setzen werden.

Es hat unser Land, es hat Österreich in den vergangenen 55 Jahren schon sehr viel geleistet, um die Hand zu reichen und Gesten der Versöhnung zu setzen. Es kann dieses Gesten-Setzen nicht ad infinitum fortgesetzt werden. Für mich als Mutter ist es wichtig, unseren Kindern und Kindeskindern keine finanziellen Bürden aus dem vergangenen Jahrhundert weiterzugeben. Die morgigen Generationen sollen den vorangegangenen Generationen in Würde die Hand reichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.15

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Präsident Schaumayer! Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, sind nicht alle offenen Fragen beantwortet und alle Probleme gelöst und ein Höchstmaß an Gerechtigkeit gegenüber allen Opfern der NS-Vergangenheit oder auch eine


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hundertprozentige Rechtssicherheit erzielt worden, aber mit diesem Gesetz ist eine entscheidende Voraussetzung dafür geschaffen worden, dass 55 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft den ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, die verschleppt, entrechtet, misshandelt und ausgebeutet wurden, auf österreichischem Territorium spät – für viele zu spät – in Form einer humanitären Geste ein Stück Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für erlittenes Leid widerfährt und Österreich damit – und das halte ich für ganz wesentlich – einen Akt der Versöhnung mit den Opfern, aber auch mit der eigenen Geschichte setzt.

Das, meine Damen und Herren, ist der wichtige grundsätzliche Aspekt, aber es gibt natürlich auch einen realpolitischen Aspekt: Nicht zuletzt ist dieses Gesetz eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass österreichischen Firmen im In- und Ausland ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden und ein weitgehender Schutz vor administrativen Schikanen garantiert wird. Das ist wichtig, denn wer will ernsthaft bestreiten, dass auf dem ebenso wichtigen wie sensiblen Gebiet der Entschädigung für nationalsozialistische Zwangsarbeit Geschäft und Moral sehr nahe beieinander liegen.

Angesichts der Klagen und der Sammelklagen sowie der drohenden Boykott-Kulisse, insbesondere in den USA, haben selbstverständlich die österreichischen Unternehmen ein berechtigtes und nachvollziehbares Interesse daran, dass diese komplexen humanitären und schwierigen rechtlichen Fragen und Anliegen möglichst rasch zur Zufriedenheit aller Beteiligten endgültig geklärt werden.

Meine Damen und Herren! Wir begrüßen sehr, dass wichtige Vertreter der österreichischen Wirtschaft sich engagiert an der Aufbringung der Fondsmittel beteiligen werden. Ich möchte hier aber vor allem jenen Unternehmen danken, die sich, obwohl sie erst in den letzten Jahrzehnten – also nach dem Zweiten Weltkrieg – gegründet wurden und nie in das nationalsozialistische Unrechtssystem verstrickt waren, trotzdem mit erheblichen Beträgen an der Aufbringung der Fondsmittel beteiligen werden. Aber für jene Firmen, die im "Dritten Reich" Zwangsarbeiter beschäftigt haben, sollte es keinen vernünftigen Grund geben, sich nicht mit einem entsprechend angemessenen Betrag an der Aufbringung des Fondsvermögens zu beteiligen.

Dieser Versöhnungsfonds kann und vor allem darf aber nicht nur ein Projekt des Staates und relativ weniger Unternehmen bleiben, da geht es, glaube ich, um ein gesamtstaatliches Anliegen und um eine gesamtstaatliche Verantwortung. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass die Leiden und die Demütigungen der Opfer des nationalsozialistischen Regimes und die Verbrechen, die gegen sie auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich begangen worden sind, mit Geldleistungen sicherlich nicht gutzumachen sind.

Aber, meine Damen und Herren, es muss uns klar sein: Ohne die unfreiwilligen Zwangsarbeiter hätte die Industrie der damaligen "Ostmark" die Produktion während des Krieges nicht aufrechterhalten können. Sie war noch viel stärker als etwa das so genannte Altreich auf diese Zwangsarbeiter angewiesen. Hitler ließ ja hier, in seiner Heimat "Oberdonau", große Industrieanlagen bauen, für die auf Grund des Krieges keine inländischen Arbeiter vorhanden waren – denken wir an die Hermann Göring-Werke, die heutige VOEST-Alpine, an die Stickstoffwerke, an die Chemie Linz, an die Zellstoff Lenzing, an das Aluminiumwerk in Ranshofen. Und daher muss uns klar sein, dass es hier auch eine moralische Verantwortung gibt, entsprechende finanzielle Leistungen zu erbringen.

Dass aber auch amerikanische Anwaltsgruppen das Instrument der Sammelklagen im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Gewaltpolitik entdeckt und dabei recht erfolgreich moralische Entrüstung mit Geschäftsinteressen vermischt haben, ist ebenfalls unbestritten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich glaube aber, dass der Holocaust, so schrecklich er war, dies nicht rechtfertigt und dass auch nur der Anschein einer Geschäftemacherei mit den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in der Rechtsordnung zivilisierter Staaten keinen Platz haben dürfte. Ich glaube, wir können heute hier festhalten, dass auch dank des Einsatzes der Frau Präsidentin Schaumayer der von Österreich eingeschlagene Weg einer Entschädigung für Betroffene und auch die damit


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verbundene Versöhnung nicht durch unbegründete oder eigennützige Forderungen von Anwälten unterlaufen werden konnte und auch in Zukunft nicht unterlaufen werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ist uns oft vorgeworfen worden, wir würden nur augenzwinkernd Vergangenheitsbewältigung betrieben haben, nie Wiedergutmachung geleistet haben, keine Restitution geraubten jüdischen Eigentums durchgeführt haben. Die Realität ist eine andere, und der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen.

Nach dem Krieg wurden über 136 000 Verfahren gegen Nazis in Österreich durchgeführt. Es wurde in über 28 000 Fällen Anklage erhoben, es wurden 14 000 Schuldsprüche mit Strafen wie Freiheitsentzug, Berufsverbot und Verlust des Amtes gefällt, es wurden 43 Personen zum Tode verurteilt, es wurden 30 Urteile vollstreckt und rund 100 000 Beamte vom öffentlichen Dienst suspendiert. Auch diese historische Wahrheit muss an diesem Tage gesagt werden dürfen und darf nicht verloren gehen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend noch eines sagen: Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger haben die Verhandlungen über die Entschädigung von Zwangsarbeitern in den vergangenen Wochen mit großem Interesse verfolgt, insbesondere jene, die selbst verschleppt, gequält und unter grausamen Bedingungen in Gefangenschaft waren, die Zwangsarbeit geleistet haben oder die aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Vermutlich entspricht es nicht der viel zitierten political correctness, wenn bei diesem Anlass auch an ihr Schicksal erinnert wird.

Es geht dabei nicht um Aufrechnung, es geht dabei auch nicht darum, den Eindruck zu vermitteln, als hätte es hüben und drüben das gleiche Unrecht gegeben und man daher quitt sei, sodass ein Schlussstrich gezogen werden könnte – nein, meine Damen und Herren, damit würde man dem unvergleichbaren Verbrechen des Holocaust nicht gerecht werden. Diese Forderung wäre geradezu töricht.

Der Holocaust, dieses Verbrechen des Nationalsozialismus, darf sich nicht wiederholen und darf auch nicht vergessen werden, aber es muss erlaubt sein, in dieser Debatte darauf hinzuweisen, dass auch viele Österreicher Opfer von unmenschlicher Vertreibung, von Ausbeutung, von Zwangsarbeit waren und sie ebenfalls ein Recht auf eine humanitäre Geste und auf unseren menschlichen Respekt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.24

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Präsidentin Schaumayer! Hohes Haus! Historiker und Historikerinnen mögen beurteilen, welche besonderen Determinanten dafür maßgeblich waren, dass es heute zu diesem Gesetz kommt beziehungsweise dass es erst heute zu diesem Gesetz kommt.

Sie mögen auch beurteilen, ob das ein Akt der Klugheit war und deshalb gerechtfertigt, wie Herr Klubobmann Khol es gesagt hat, oder ob es vielleicht darin begründet ist, dass einige in dieser Republik besondere Anstrengungen unternommen haben, für die sie nicht gewürdigt wurden – ich denke da zum Beispiel an den ehemaligen Nationalratspräsidenten Neisser, der die Frage der Entschädigung polnischer Zwangsarbeiter vor eineinhalb oder zwei Jahren angesprochen hat und dafür nicht nur in seiner Partei, sondern auch in der österreichischen Öffentlichkeit wenig Anerkennung gefunden hat –, oder ob es nicht vielleicht auch so war – so sieht es auch ein Schweizer Journalist –, dass dieses besondere Interesse und die Bereitschaft Österreichs nicht nur damit zu tun hat – das ist die erste Voraussetzung –, dass Deutschland da Vorarbeit geleistet hat, sondern auch damit, dass man nach der Beschäftigung damit und der Auseinandersetzung zwischen der Schweiz und den USA um das Thema "Raubgold" gesehen hat, dass da ganz offen, auch mit Hilfe wirtschaftlichen und politischen Drucks auf ein Land, das sich seiner Vergangenheit immer zu entziehen versucht hat, auch auf Österreich einiges zukommen wird, was auf Österreich auch zukommen musste.


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Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit: Das Thema Zwangsarbeiter war in dieser Republik nie geliebt. Wenn Sie Frau Abgeordneter Stoisits den Vorwurf machen, dass sie von einer "Republik des Verdrängens" gesprochen hat, dann sage ich Ihnen: Sie hat in vielen Punkten Recht.

Herr Abgeordneter Kukacka trat soeben an dieses Rednerpult und sprach davon, dass nach 1945 die nationalsozialistischen Parteigänger, die nationalsozialistischen Funktionäre vor österreichische Gerichte gestellt wurden. – Ja, das stimmt, Herr Abgeordneter Kukacka, nur, Sie haben vergessen, wie viele Strafverfahren, die durchgeführt wurden, damit geendet haben, dass die Personen, die verurteilt wurden, nach ganz kurzen Haftstrafen – und sie sind teilweise zu sehr langen Haftstrafen verurteilt worden –, nach sehr kurzer Zeit wieder aus dem Gefängnis freigekommen sind.

Da geht es nicht darum, dass man unbedingt lange im Gefängnis sitzen muss, um sozusagen seine Sühne, seine Buße abzuleisten, sondern um Folgendes – und das sage Ihnen auch aus Kenntnis der Jahre nach 1945 –: Diese Republik hat es sich in der Auseinandersetzung mit dieser Frage oftmals sehr einfach gemacht. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen in die Lage versetzt wurden, sich beispielsweise über die Situation der zwangssterilisierten Personen in Österreich und jener Personen, die durch Euthanasie-Programme, durch Kinder-Euthanasie, in österreichischen Anstalten "zu Tode gemordet" wurden – was ich mindestens genauso schlimm finde –, informiert zu haben, und ich weiß nicht, ob auch Ihnen – ich würde es für mich als Glück bezeichnen – die Möglichkeit widerfahren ist, dass Sie mit einem der Hinterbliebenen dieser Menschen gesprochen haben.

Ich hatte das Glück, mit einem Hinterbliebenen zu sprechen, dessen Vater in einer österreichischen Anstalt euthanasiert wurde und der sein ganzes Leben lang versucht hat, in dieser Zweiten Republik auf das Schicksal seines Vater draufzukommen, draufzukommen, welchen Todesweg durch österreichische Krankenanstalten sein Vater gehen musste, der in all diesen Anstalten, quer durch die Republik, auf eine Mauer des Schweigens gestoßen ist und dem gesagt wurde: Dein Vater war nicht hier, wir kennen ihn nicht, es gibt keine Listen! Erst nach Jahrzehnten inständigen, drängenden Verhaltens ist es diesem Mann gelungen, doch herauszubekommen, dass es solche Listen gibt, dass es in all diesen Anstalten noch Dokumente darüber gibt, die aber niemand herausrücken will.

Ich habe das für mich als ein Glück und auch sehr beeindruckend gefunden. Nicht jeder hat das Glück, sich mit diesem Teil der Geschichte zu konfrontieren, konfrontieren zu müssen.

Herr Abgeordneter Kukacka! Aus diesem Grund gibt es den Akt der Versöhnung mit der eigenen Geschichte, den Sie da sehen, nicht. Es kann diese Versöhnung mit der eigenen Geschichte, mit der Geschichte unserer Väter, mit der Geschichte dieses Landes nie geben. Es muss eine Auseinandersetzung geben. Es muss auch die Suche nach einer Wahrheit geben, die wir wahrscheinlich endgültig niemals finden werden.

Meine Damen und Herren! Es sind jedoch auch noch andere Argumente gebracht worden und auf eines – das richte ich an Sie, Herr Bundeskanzler – möchte ich eingehen.

Sie haben gesagt, einer der wichtigsten Gründe für dieses Gesetz und warum wir froh sein können, dass wir dieses Versöhnungsfonds-Gesetz haben, ist die Rechtssicherheit. – Da möchte ich an Sie, gerade weil Sie diese Thematik durchaus offen gelassen haben, appellieren, weil ich weiß, dass Sie wissen, dass auch ich weiß, dass wir hier im Jahre 1995 nicht nur eine Debatte und Auseinandersetzung um das Nationalfonds-Gesetz, sondern auch um das Opferfürsorgegesetz hatten. Davon sind im Unterschied zum Nationalfonds-Gesetz nach wie vor Opfergruppen ausgenommen, denen man diese Rechtssicherheit von Seiten des Parlaments und dieser Republik nicht geben wollte. Das sind die Zwangssterilisierten, das sind jene Personen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden, und das sind die so genannten Asozialen.


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Zu den so genannten Asozialen zählte beispielsweise ein Teil der Opfer vom "Spiegelgrund". Das muss man klar sagen. Das waren Jugendliche, die aus "Erziehungsanstalten" des NS-Regimes im Alter von sieben Jahren abgehauen sind und als "asoziale" Jugendliche am "Spiegelgrund", an der Mordanstalt "Spiegelgrund" gequält wurden. Als "asozial" hat unter dem NS-Regime jemand gegolten, der einen einfachen – nicht einen politischen – Witz über eine der Figuren des NS-Regimes erzählt hat. Das hat den Status der "Asozialität" begründet.

Für diese Personen haben das Opferfürsorgegesetz beziehungsweise dieses Haus keine Rechtssicherheit geschaffen. Da wurde uns augenzwinkernd erklärt: Wenn diese Personen sich irgendwie verfolgt gefühlt haben sollten, dann können sie es ohnehin probieren. Sie können es probieren und wir werden versuchen, das wohlwollend zu behandeln. – Die Republik hat sich aber nie dazu bekannt, dass Zwangssterilisierte, von denen nur noch wenige am Leben sind, Personen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, und "Asoziale" als Opfer des NS-Regimes anerkannt wurden.

Darum bin ich sehr dankbar für den Brief, den Herr Präsident Fischer an die Klubobleute aller Parteien geschrieben hat, in dem er auch darauf hingewiesen hat, dass Ihnen, meine Damen und Herren, ein entsprechender Antrag vorliegt, von dem ich glaube, dass wir ihn sehr ernsthaft und seriös im Herbst behandeln sollten. Es gibt ja eine erste Lesung dazu, in der zwar nicht ein Kapitel zugeschlagen werden kann, aber mit dem diesen Menschen zumindest Rechtssicherheit gegeben werden kann, von der Sie im Zusammenhang damit, wenn es um internationale Verträge, wenn es um den internationalen Handel, wenn es um die Wirtschaft geht, schon gerne sprechen.

Ich hingegen spreche von den Menschen im eigenen Land. Diese haben diese Rechtssicherheit noch mehr verdient, und vor allem haben sie – und nicht nur sie, sondern alle Opfer – eines verdient: Niemals vergessen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.34

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Präsident Fischer hat im Verfassungsausschuss richtigerweise gesagt, dass in den neunziger Jahren einiges unter dem Titel "Vergangenheitsbewältigung" in Bewegung geraten ist, in Gang gebracht wurde. Das hat mit der Rede Vranitzkys hier im Nationalrat im Jahre 1991 begonnen und dem Eingeständnis, dass Österreich nicht nur Opfer, sondern vor allem Täter war und dass es eine Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus gibt.

Dann gab es die Rede Klestils im Jahre 1994 in Jerusalem. Weiters gab es die Debatte um die Entschädigung der Opfer des Nationalsozialismus, wobei ich daran erinnern möchte, dass Paul Grosz, der damalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, gesagt hat, wichtiger als das Geld sei eine symbolische Geste der österreichischen Regierung des Eingeständnisses des Unrechts, das in der nationalsozialistischen Zeit geschehen ist. Es gehe um die kathartische Selbstreinigung Österreichs, so hat er das damals formuliert.

Auch in der Folge ist noch vieles geschehen. Ich erinnere nur an den "Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus", an die Veranstaltungen hier im Parlament, an die Einsetzung des Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus im Jahre 1995, an die Einsetzung der Historikerkommission im Jahre 1998, an die Restitution und nun: das Versöhnungsfonds-Gesetz zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter.

Dieses Versöhnungsfonds-Gesetz wird voraussichtlich einstimmig verabschiedet werden. Das ist wichtig und positiv. Es ist mit 6 Milliarden Schilling dotiert. Das ist ein hoher Betrag, wobei dessen Aufbringung noch offen ist und damit auch das In-Kraft-Treten dieses Gesetzes. Ungeklärt ist auch, ob damit der Rechtsfriede gesichert ist oder ob nicht doch noch Ansprüche geltend gemacht werden können.


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Die Aufbringung des Geldes wird sehr schwierig werden. In Deutschland hat man sich auf einen Schlüssel von 50 :  50 geeinigt, also 50 Prozent von der öffentlichen Hand, 50 Prozent von der Wirtschaft; das sind insgesamt 10 Milliarden D-Mark zu je 50 Prozent, die aufzubringen sind. Bisher konnten erst 2,4 Milliarden D-Mark garantiert werden, zumal noch etliche Unternehmen äußerst zurückhaltend sind.

Ich vermute, dass das auch in Österreich schwierig sein wird, weil die Relationen ähnlich sind, und dass das in Österreich besonders schmerzhaft sein wird, weil davon etliche Privatisierungskandidaten sowie die ÖIAG betroffen sind und allfällige Sammelklagen die Privatisierung in Frage stellen könnten.

So viel zur technischen Seite der Vergangenheitsbewältigung. Was schwerer wiegt, ist, dass das Erbe der nationalsozialistischen Vergangenheit vorwiegend zu einer moralischen Frage geworden ist und nicht zu einer Frage kritischer Selbstreflexion. Herr Abgeordneter Khol hat mit maßvollem Pathos das Leid der damaligen Opfer geschildert. Ich respektiere das, ich halte das auch für wichtig. Wenn Sie aber mit jungen Leuten diskutieren, dann werden Sie draufkommen, dass die sagen – das klingt ja auch immer in den Debatten durch –: Das war das Leid von gestern. Was habe ich damit zu tun?

Der Titel dieses Gesetzes verweist auf diese moralische Dimension. Wer wird mit wem versöhnt? Was ist der Gegenstand der Versöhnung? Versöhnt sich die Republik mit den Opfern, oder versöhnt sie sich mit der eigenen Vergangenheit? – Moral statt Reflexion macht keinen Sinn. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung am 9. Februar 2000 etwas gesagt, dem ich voll inhaltlich zustimme – ich zitiere –:

"Wenn wir über die Zukunft der Jugend reden, dann müssen wir ihr auch etwas ganz Wesentliches mit auf den Weg geben: das Wissen um die Geschichte dieses Landes. Österreichs NS-Vergangenheit erfordert eine besonders wache und kritische Auseinandersetzung und die notwendige Sensibilität für die Strukturen und Mechanismen des nationalsozialistischen Unrechtssystems. Dieses Wissen und die Sensibilität müssen wir den künftigen Generationen als Mahnung für die Zukunft weitergeben. Einige wichtige Schritte wurden gerade in den letzten Jahren bereits gesetzt."

Das stimmt. Das ist der technische Teil der Vergangenheitsbewältigung. Mein Vorredner, Kollege Öllinger, hat die Situation am "Spiegelgrund" und der "Asozialen" geschildert, die ebenfalls Teil dieses Gesetzes sind.

Ich zitiere Ihnen jetzt aus dem Glossar über "NS-Deutsch – ,selbstverständliche‘ Begriffe und Schlagwörter aus der Zeit des Nationalsozialismus", was Nationalsozialisten unter "asozial" verstanden haben:

"Asozial" heißt "gemeinschaftsfremd". Jegliches Verhalten, das der Gemeinschaft gegenüber gleichgültig war, galt als Entartung des natürlichen Gemeinschaftsgeistes und war nach NS-Ideologie meist auf erbliche Belastung zurückzuführen. "Asoziale" waren demgemäß Feinde der Volksgemeinschaft, ein Begriff, der willkürlich auf einzelne Menschen und Gruppen angewandt wurde, die ins KZ gebracht wurden, die dann im KZ mit dem schwarzen Winkel gekennzeichnet wurden. – Ich betone: willkürlich! Die Definition des "Asozialen" war nicht eine gegebene Definition, sondern sie konnte nach Belieben verwendet werden. – So weit, so gut.

Jetzt komme ich zur geistigen und nicht zur technischen Aufarbeitung des Problems. Herr Abgeordneter Prinzhorn hat in einem Interview am 23. Juni 2000 unter anderem Folgendes gesagt – es ging dabei um das Pensionssystem; ich werde Ihnen erläutern, was ich damit meine –:

"Es geht um eine Angleichung von Systemen, die längst überfällig ist. Das ist letzten Endes nichts anderes als das Beenden einer Zwei-Klassen-Gesellschaft, die im höchsten Maße asozial ist." – Zitatende.


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Jetzt frage ich Sie: Was meint Herr Prinzhorn damit, und wohin führt dieses Denken, konsequent weitergedacht? Wohin führt es? – Nun ist Herr Abgeordneter Prinzhorn, Herr Präsident Prinzhorn, nicht zum ersten Mal auf diese Art und Weise aufgefallen, sondern auch auf eine andere Art und Weise, nämlich mit seiner Aussage bezüglich Hormongabe für Ausländer. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich frage Sie: Wenn wir von der Aufarbeitung der Vergangenheit reden, wenn wir davon reden, wohin Denken führt, wenn dem Denken das Handeln folgt, und wenn dem Handeln konkrete Taten folgen, wohin würde, Herr Abgeordneter Khol, dieses Denken in letzter Konsequenz führen, wenn die Verhältnisse dieser Republik nicht so wären, wie sie sind, nämlich ökonomische Stabilität, ein blühendes Land!? – Ich gebe Ihnen Recht, es gibt keine braunen Horden auf den Straßen, keine Ausschreitungen, es herrscht sozialer Friede. Aber ich frage Sie: Wohin würde unter anderen gesellschaftlichen Bedingungen dieses Denken führen? (Zwischenruf des Abg. Mag. Mainoni. )

Oder: Der Landeshauptmann von Kärnten, ein Spitzenmandatar, spricht im Zusammenhang mit Gewerkschaftern von "parasitären Elementen". Parasiten sind Schädlinge, Feinde der Volksgemeinschaft. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie tief kann ich noch sinken?) Dieser Begriff wurde willkürlich auf einzelne Menschen und Gruppen angewandt, die ins KZ gebracht wurden. Was sind "Schädlinge"? Was sind "Parasiten"? (Abg. Ing. Westenthaler: Und das bei so einer Debatte!) Wohin führt diese Sprache, wenn sie sich ins Denken umsetzt, wenn sich das Denken ins Handeln umsetzt und wenn die Verhältnisse so wären, wie sie damals waren? Wohin würde ein solches Denken konsequenterweise führen? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Krüger: Wie geht es Ihrem Kollegen Arbeiter?)

Oder: Die Frau Vizekanzler hat gesagt: Diese Regierung sei nicht erpressbar, schon gar nicht von einer Hand voll dienstfreigestellter Gewerkschafter, die ja von der Öffentlichkeit für die Zeit bezahlt werden, in der sie nichts Besseres zu tun haben, als darüber nachzudenken, wie man den Staat schädigen kann. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. – Ich frage Sie: Wohin führt dieses Denken, wenn es sich ins Handeln umsetzt und wenn dem Handeln Taten folgen, ganz konkrete Taten, und zwar unter anderen Umständen, unter anderen gesellschaftlichen Voraussetzungen, unter anderen ökonomischen Bedingungen? Wohin führt das?

Herr Bundeskanzler! Sie wollen eine Volksbefragung durchführen lassen. Ich sage Ihnen jetzt Folgendes – ich habe ja von Ihnen nie etwas Derartiges gehört –: Sie müssen natürlich wissen, mit wem Sie sich einlassen. Ich gebe Ihnen völlig Recht, Österreich hat sehr viel getan (Abg. Mag. Kukacka: Peinliche Rede!), und auch Sie haben sehr viel zur technischen Aufarbeitung dieses Problems getan. Aber ich frage Sie: Mit wem haben Sie sich eingelassen? Mit wem treiben Sie Ihr Spiel? (Abg. Dr. Martin Graf: Mit der Bevölkerung!)  – Das ist ein frivoles Spiel. Das Spiel mit der Volksbefragung ein frivoles Spiel. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es bedarf in Wirklichkeit keines Monitorings, denn, wie gesagt, es gibt keine braunen, kostümierten Horden auf den Straßen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ist das notwendig?) Wir sind ein ökonomisch stabiles Land, wir haben stabile politische Verhältnisse, wir haben eine stabile Verfassung.

Aber: Wer hören will, der kann hören. Wer sehen will, der kann sehen. Wer verstehen will, der kann verstehen. Und wer nichts versteht, dem ist ohnedies nicht zu helfen. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort hat sich der Herr Bundeskanzler gemeldet. – Bitte.

11.46

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Abgeordneter Posch, nach einer solchen Debatte, die, so glaube ich, von einem hohen gemeinsamen Geist der Verantwortung getragen ist, möchte ich Ihnen sehr ernst eines sagen: Wir haben uns alle bemüht, nicht zu


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34. Sitzung / Seite 53

junktimieren, weder die Opfer auf der einen Seite noch die Maßnahmen – keine technischen, sondern sehr konkrete, praktische und materielle Maßnahmen – auf der anderen Seite. Ich würde Sie wirklich bitten: Vermischen Sie nicht alles mit allem!

Die innenpolitische Diskussion soll und kann geführt werden, aber vermischen Sie jetzt nicht innenpolitische Äußerungen auf der einen Seite mit der Frage der Volksbefragung auf der anderen Seite und mit der Hilfe für die Opfer auf der dritten Seite. Wahren wir die Würde dieser Debatte! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Die Bekleidung ist schon verräterisch! – Abg. Dr. Petrovic: Ich hoffe, die Stenographen haben das aufgeschrieben!)

11.48

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht ist es nur meine persönliche Meinung, dass man es nicht bei diesem Schlusswort belassen kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Dieser Appell des Bundeskanzlers: Vermischen Sie das nicht! ist an diesem Tag gerade die falsche Botschaft. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was soll das heißen – vermischen Sie das nicht! –, wenn diejenigen, die diesen Akt heute für einen Schlussstrich halten wollen, sich gleichzeitig das Recht nehmen, so zu reden zu beginnen, wie diejenigen, die diese Geschichte verursacht und geprägt haben und sich im Nachhinein über diesen Schlussstrich freuen würden? (Abg. Ing. Westenthaler: Was war das jetzt?) Einen Schlussstrich, meine Damen und Herren – das hat Karl Öllinger schon gesagt –, wird es in dieser Form nicht geben (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind das Letzte vom Untersten! Die U-Bahn ist weit über Ihnen!), sondern es wird – und das ist kein Privileg der Opposition – eine Aufgabe der österreichischen Gesellschaft geben, weiterhin eine aktive Auseinandersetzung, nicht nur mit der eigenen Vergangenheit, zu führen.

Aber dieses Ankündigen eines Schlussstriches und gleichzeitige Erklärungen über Ehre, Treue und vieles andere, das, meine Damen und Herren, wird nicht nur von der Opposition auch in Zukunft in einem Zusammenhang gesehen werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Wenn es einen Schlussstrich gibt, der in Österreich gezogen werden soll, dann ist es der Schlussstrich unter Haltungen, Sympathien, Zweideutigkeiten, Unklarheiten und Unfähigkeiten, mit der eigenen Geschichte und mit Teilen der eigenen politischen Bewegung adäquat umzugehen.

Meine Damen und Herren! Die Frage des Schlussstriches ist keine Frage der österreichischen Gesellschaft, weil sie diesen Schlussstrich zu Recht nicht ziehen wird, da die Opfer des Nationalsozialismus alles andere erwarten, als mit einem Schlussstrich historisch beendet zu werden. Der einzige Schlussstrich, der ausständig ist, ist, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, ein Schlussstrich bezüglich des Kerns vieler Ihrer Überzeugungen, ein Schlussstrich unter Sympathien, unter Zweideutigkeiten, unter das Spiel mit Ressentiments von Nationalismus, von Fremdenfeindlichkeit und von Minderheitenfeindlichkeit. Das ist der einzige Schlussstrich, den wir hier erwarten.

Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel! Solange Sie diesen Schlussstrich von Ihrem Koalitionspartner nicht verlangen, werden wir als Opposition uns nach wie vor erlauben, das, was zusammengehört, auch gehörig zu vermischen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.51

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 255 der Beilagen.


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Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. (Abg. Ing. Westenthaler: Es ist eigentlich ein unfassbarer Skandal, dass der SPÖ-Vorsitzende nicht bei der Abstimmung ist!)  – Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist die Moral dieser Partei!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Ich stelle wiederum ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. (Abg. Mag. Trattner: Wieder fehlt der Gusenbauer! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Das ist Ihre Doppelmoral!)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (98 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (262 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.53

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dies ist das richtige Thema, um etwas Emotion aus der Diskussion zu nehmen. Es ist ein sachliches Thema, und es ist ein Thema, bei dem Einigkeit herrscht. Uns liegt eine Regierungsvorlage vor, die den konsequenten Weg der vorhergehenden Regierung in diesem Bereich fortsetzt; damit kann man diese auch durchaus als gelungen und als zielführenden Vorschlag bezeichnen.

Es handelt sich im Wesentlichen darum, eine Anpassung unseres Rechts an EU-Normen sowie an die kanadischen und amerikanischen Normen zu gewährleisten beziehungsweise herzustellen. Das ist ein Zeichen, dass man in kleinen Teilbereichen europäische Dimensionen erreicht. Das lässt hoffen, dass man Ähnliches auch in anderen Bereichen irgendwann schaffen wird.

Es handelt sich hiebei um die Erweiterung der Ablieferungs- und Anbietungspflicht von Druckwerken auch auf Offline-Produkte. Das ist eine wichtige Anpassung, um unser Wissen für die Zukunft zu archivieren, insbesondere jenes Wissen in Forschung, Wissenschaft, Kultur und Kunst, das nunmehr auf neuen Medien gespeichert wird und letztendlich durch neue Technologien der Nachwelt zur Verfügung gestellt werden kann. Es ist daher wichtig, diese Ablieferungspflicht auf jene neuen Technologien zu erweitern, insbesondere auf CD-ROMs, um dadurch zu sichern, dass eine geordnete Sammlung unseres Wissens auch in Zukunft stattfinden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Einwendungen oder die Bedenken, die bestanden haben, nämlich dass es zu finanziellen Verpflichtungen kommen könnte, wurden durch die zu leistende Vergütung, die hier beschlossen werden soll, entkräftet. Wir haben auch die Möglichkeit, das Urheberrecht weiterhin als jenes Recht zur Anwendung zu bringen, das letztendlich schützt, sodass die urheberrechtlichen


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Auswirkungen auch bei der Ablieferungspflicht gegeben sind. Man kann daher auch mit vertraglichen Bestimmungen über eine längerfristige Sperre der Nutzung mit den ablieferungsberechtigten Stellen auch diese urheberrechtlichen Schutzbestimmungen weiter aufrechterhalten, ausdehnen und vor allem beibehalten.

Ich meine, alles in allem kann man diesem Gesetz nur die Zustimmung geben. Es ist ein vernünftiges Gesetz, das letztendlich unser Wissen in Wissenschaft, Kunst und Forschung sowie die Speicherung dieses Wissens durch neue Technologien auch für die Nachwelt sichert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Dr. Baumgartner-Gabitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.57

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir nun ein sachliches Thema bereden. Ich glaube, der Emotionen ist genug. Ich bin auch froh darüber, dass dieser Gesetzesantrag eine Vier-Parteien-Einigung ist. Mein Vorredner hat es bereits gesagt: Der vorliegende Gesetzesantrag ist in Wirklichkeit eine logische Weiterentwicklung der Informationstechnologie. Er fügt zur bisherigen Rechtslage, lediglich Zeitungen, Bücher und Zeitschriften systematisch zu sammeln und zu archivieren, nunmehr auch die elektronischen Medienwerke, die so genannten Offline-Produkte, hinzu, also CD-ROMs und CDs.

Im derzeitigen Entwurf nicht geregelt sind die Online-Publikationen, und zwar deswegen, weil es dazu im Vorfeld rechtliche Unklarheiten in der Art gegeben hat, ob sie überhaupt unter das Mediengesetz fallen sollen. Ich glaube daher, dass hier insgesamt noch eine Gesamtrevision des Medienrechtes auf uns zukommen wird, weil es sicherlich auch für die Online-Publikationen letztlich eine Art Archivierungspflicht geben sollte.

Der vorliegende Gesetzesantrag ist, wie auch die schütter besetzten Reihen hier zeigen, unspektakulär. Aber er ist wichtig! Durch eine umfassende Sammlung der geistigen und kulturellen Leistungen ist auch die Sicherung unseres kulturellen Erbes möglich. Damit ist letztlich die Abbildung und Beurteilung unserer Zeit für spätere Generationen gewährleistet. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Regierungsvorlage ist eine weitere Vorlage im Medienrecht – nach einer längeren Zeit des Stillstands im Medienrecht kommt es nun endlich zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung.

Herr Staatssekretär! Ich bedanke mich für diese Vorlage. Ich möchte Sie auch auffordern: Bleiben Sie dabei, weiter einen Schritt nach dem anderen im Medienrecht zu setzen und Österreich endlich an internationale Entwicklungen und Standards anzugleichen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

11.59

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat auf die Emotionen beim zuvor abgehandelten Tagesordnungspunkt Versöhnungsfonds-Gesetz Bezug genommen, daher auch von mir kurz dazu: Meine Fraktion, ich persönlich genauso, bedauert es zutiefst, dass der Geist der Versöhnung – dieses Gesetz trägt ja nicht zu Unrecht den Namen "Versöhnungsfonds-Gesetz" – hier vom Abgeordneten Posch geradezu mit Füßen getreten wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Schämen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Den vielen Opfern, den Zwangsarbeitern, für die wir dieses Gesetz schaffen und die den Geist der Versöhnung auch hier verdient hätten, hat Kollege Posch damit wahrlich einen schlechten Dienst erwiesen. (Zwischenruf des Abg. Reheis. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nun zu dieser so genannten Konsensmaterie; meine Vorredner haben ja bereits auf den Inhalt dieser Novelle des Mediengesetzes Bezug genommen. Es geht dabei um eine Erweiterung der Ablieferungs- und Anbietungspflicht auf so genannte Offline-Produkte. Es darf aber nicht übersehen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass sich die Bedeutung dieser Novelle eher in Grenzen halten wird, denn nach Einschätzungen geht es in der Praxis darum, dass im Jahr zirka 100 bis 200 CD-ROMs an die Österreichische Nationalbibliothek abzuliefern sind.

Ungelöst ist nach wie vor die Frage, wie sich der Gesetzgeber die Informationsflut und die Erfassung der Information und der Angebote des Internet vorstellt. Wir dürfen ja nicht vergessen, dass wir es jetzt mit einer Zwei-Klassen-Gesellschaft von Herausgebern von Informationen zu tun haben: auf der einen Seite diejenigen, die Druckwerke herausgeben, dann die so genannten Offline-Produkte, die der Anbietungs- und Ablieferungspflicht unterliegen, und auf der anderen Seite die Produzenten von Online-Diensten im Internet, die nicht anbieten und abliefern müssen.

Dazu wurde auch – das ist den diesbezüglichen Materialien zu entnehmen – eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die zu überprüfen hat, ob es technisch überhaupt machbar ist, dass dann eine derart umfassende Archivierung im Internet zu Gunsten der Österreichischen Nationalbibliothek stattfinden kann. Bei dieser enormen Geschwindigkeit an elektronischer Ermittlung ist es nicht unwahrscheinlich, dass das so geht, aber wenn das nicht möglich ist – sei es, dass sich die Staatengemeinschaft nicht dazu durchringen kann, diesbezüglich generelle Normen zu erlassen und diese Anbietungs- und Ablieferungspflicht hier in Österreich auch nicht auf Online-Produkte erweitert wird –, dann ist meines Erachtens nach die Ablieferungs- und Anbotspflicht überhaupt in Frage zu stellen, weil eben eine Zwei-Klassen-Gesellschaft auf Dauer nicht aufrechterhalten werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

12.02

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles ist zu dieser Gesetzesvorlage bereits gesagt worden. Ich meine, es handelt sich dabei um eine logische Entwicklung hinsichtlich der Ablieferungspflicht für klassische Printmedien, also Zeitungen, Zeitschriften und Bücher, dass das eben jetzt ausgedehnt wird auf elektronische Medienwerke, für die derzeit keine Ablieferungspflicht besteht.

Die Ablieferungspflicht für Offline-Produkte wurde hier ja bereits diskutiert. Wir haben das dadurch "gelöst" – unter Anführungszeichen –, indem wir die praktischen Erfahrungen sammeln und zusammen mit der Österreichischen Nationalbibliothek und dem Verband für Informationswissenschaft Arbeitsergebnisse vorlegen werden, um dann danach zu trachten, wie wir diesen Diskussionsgegenstand handhaben beziehungsweise einer guten Lösung zuführen können.

Ich meine, dass die rasche Umsetzung dieses Punktes des Arbeitsprogramms dieser Bundesregierung nun im Mediengesetz ein Zeichen dafür darstellt, dass sich unser Land und seine Bibliotheken der digitalen Identität stellen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.03

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es scheint notwendig zu sein, hier neuerlich auf den § 12 der Geschäftsordnung


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des Nationalrates hinzuweisen, und ich rege hiemit an, weibliche Funktionsbezeichnungen oder die Bezeichnungen "Rednerin " beziehungsweise "Redner " entsprechend der Verpflichtung hier auch tatsächlich zu verwenden.

Meine Damen und Herren! Zum Vorspann: Emotionalität oder Sachlichkeit. Ich denke, es ist – jedenfalls bei mir – so, dass das eine das andere nicht ausschließt, über Sachinhalte zu sprechen, aber ich gehe eigentlich davon aus, dass die Rednerinnen und Redner, die sich hier zu einer Materie melden, eine bestimmte Motivation, Emotion, ich hoffe, auch Begeisterung für eine Materie mitbringen. – Für mich gilt das jedenfalls auch für diese Angelegenheit der Bibliotheken und deren Aufwertung.

Meine Damen und Herren! Um auch noch einmal auf den bereits abgehandelten Tagesordnungspunkt zurückzukommen, da mein Vorredner es nicht unterlassen konnte, auf die vorangegangene Debatte zu sprechen zu kommen: Was der Versöhnung zuträglich ist, das werden die Rednerinnen und Redner hier wohl selbst zu beurteilen haben. Es ist jedenfalls entbehrlich, dass Zensuren von der Regierungsbank für Meinungen und Standpunkte, die hier vorgetragen werden, erteilt werden. Das geht wirklich nicht an! (Abg. Amon: Das war keine "Zensur"! Das ist Ihre Interpretation!)

Ich meine auch, dass wir im großen Kontext mit einer Frage stehen, die sehr viel damit zu tun hat, wohin sich dieses Land, diese Republik und möglicherweise auch eine Grundhaltung in Bezug auf Versöhnung entwickeln können, so beispielsweise, wofür diese Republik Geld ausgibt.

Es war zwar hier die Rede davon, dass diese Änderung des Mediengesetzes keine nennenswerten zusätzlichen Belastungen bringe, aber ohne Zweifel bringt dies einen zusätzlichen Aufwand für die Nationalbibliothek, die ohnehin schon mit ihrer budgetären Ausstattung zu raufen hat, die auf Spenden angewiesen ist und Buch-Patenschaften braucht, damit sie überhaupt noch den vollen Betrieb aufrechterhalten und ihren Aufgaben nachkommen kann.

Ich finde das insgesamt bedauerlich, und man sollte daher auch bei einer relativ kleinen Novelle, der wir zustimmen, schon anmerken, dass diese nicht besonders hohen, nicht nennenswerten zusätzlichen Belastungen nicht durch eine höhere Zuwendung von Seiten des Budgets aufgefangen werden, sondern dass es zu Kürzungen insgesamt im Bereich der Kunst- und Kulturverwaltung kommt, während andere Bereiche – ich sage dazu: typischerweise die repressiven Staatsbereiche – aufgewertet und mit zusätzlichen Geldmitteln dotiert werden.

Das finde ich nicht richtig, und ich würde mir wünschen, dass die Arbeit der Nationalbibliothek, insbesondere auch die Erweiterung ihrer Tätigkeiten, ein Mehr auch an finanzieller Aufmerksamkeit seitens dieses Hauses erfahren möge.

Meine Damen und Herren, zum Schluss kommend. Es ist dies eine scheinbar kleine Novelle, die jedoch sehr wichtig ist. Ich hatte in der Vergangenheit schon den Eindruck, dass die Tätigkeit der Nationalbibliothek nicht gebührend beachtet wird. Ich würde mir wünschen, dass man sich in diesem Zusammenhang, auch mit der Ausweitung der Agenden, endlich dazu versteht, dieses andauernde finanzielle Geraufe dort zu beenden, indem man auch längerfristigere, großzügigere Finanzierungszusagen macht und diese Novelle in Zukunft zum Anlass dafür nimmt, dass wir uns alle der Tatsache bewusst sein sollten, dass die Verpflichtungen und Aufgaben dort eher zunehmen werden und es der Nationalbibliothek gegenüber daher auch mehr an Aufmerksamkeit dieses Hauses und wohl auch mehr an Mitteln bedürfen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 262 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Regierungsvorlage (127 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über

den Antrag 164/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und über

den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird (202 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Wattaul. Auf eine mündliche Berichterstattung wurde aber verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.10

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Der vorliegende Gesetzentwurf, der ja einstimmig verabschiedet werden wird, hat eine lange Geschichte. Diese Diskussion geht ja zurück bis ins Jahr 1995, etwa nach dem Attentat von Oberwart. Langjähriger Wunsch der SPÖ ist es, diese Staatszielbestimmung zu verwirklichen; Nachredner meiner Fraktion werden dann noch einiges dazu sagen.

Es war ein Wunsch der ARGE Volksgruppen in der SPÖ, so etwas zu machen, und es war auch Teil des Parteiprogramms der SPÖ, so etwas zu machen. Leider war aber in der vergangenen Gesetzgebungsperiode ein Einvernehmen mit der ÖVP darüber nicht zu erzielen: teilweise auch auf Grund des Drucks eines Teiles einer Volksgruppe. Abgeordneter Zernatto, der damalige Kärntner Landeshauptmann, hat ja sympathischerweise schon zugegeben, dass manchmal die Dinge eben nicht so gehen, wie man es vorhat, und dass es damals Schwierigkeiten gegeben hat, das umzusetzen.

Im Jahre 1997 wurde der österreichischen Bundesregierung von den sechs Volksgruppen ein Memorandum überreicht, in dem ebenfalls die Aufnahme einer Staatszielbestimmung im Verfassungsrang gefordert wurde, eine Staatszielbestimmung, mit der sich die Republik Österreich zu ihren Volksgruppen und deren besonderem Schutz bekennt. Insoferne hat diese Staatszielbestimmung im Verfassungsrang mehr symbolischen Charakter: Es ist das eine Absichtserklärung, hat weniger rechtliche Verbindlichkeit, trotzdem allerdings einen gewissen verfassungsrechtlichen Schutz, denn der Einfachgesetzgeber, der Landesgesetzgeber – wer auch immer –, wird es unserer Meinung nach in Zukunft schwer haben, hinter bestehende Minderheitenrechte zurückzugehen. Das ist zumindest unsere Hoffnung.

Es wurde also ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Minderheitenschutz gesetzt. In den vergangenen Jahrzehnten und Jahren wurden ja nicht nur die Mittel für die Volksgruppenförderung verzwölffacht, sondern beispielsweise auch Volksgruppenradios installiert, wobei ich darum bitte, deren Subventionen nicht zu kürzen. Weiters wurde ein Rahmenübereinkommen ratifi


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ziert, und es wird demnächst zu einer Novelle im Zusammenhang mit dem Minderheitenschulwesen kommen, nachdem uns ja da seitens des Verfassungsgerichtshofes eine Reparatur aufgetragen wurde. – Die Roma wurden als eigene Volksgruppe anerkannt und vieles andere mehr.

Ich meine also, dass diese vorliegende Staatszielbestimmung ein wichtiger Schritt ist. Das Anliegen ist gerecht. Die Volksgruppen haben Jahrhunderte hindurch die Kultur unseres Landes mitgeprägt, auch viel gelitten: Im Dritten Reich wurden die Roma fast ausgerottet, aber auch andere Minderheiten mussten Verfolgung und Drangsal erleiden. Daher sind auch aus diesem Grund Schutz und Förderung für sie notwendig.

Daneben gibt es aber noch viele offene Fragen und Probleme. Das Memorandum stellt eine gute Bestandsaufnahme bestehender Defizite, der Wünsche und Hoffnungen dar, aber es ist sicherlich noch viel zu tun und viel daran zu arbeiten.

Den vorliegenden Entwurf aller vier Parteien über die Staatszielbestimmung zum Schutz der Volksgruppen tragen wir Sozialdemokraten jedenfalls gerne mit, und wir haben auch daran mitgearbeitet. Es ist jedenfalls, so meine ich, nicht nur für die Volksgruppen ein Grund zur Freude, dass dieses Gesetz heute verabschiedet wird, sondern auch wir selbst können damit zufrieden sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.14

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Republik Österreich bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern. – So weit die heute zu beschließende Staatszielbestimmung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese letztendlich doch noch mit den Stimmen aller vier Fraktionen im Menschenrechtsausschuss beschlossene Staatszielbestimmung zeigt, dass für Österreich Schlagworte wie "Minderheitenschutz" und "kulturelle Vielfalt" nicht nur leere Hülsen sind. Wir beweisen mit dieser Staatszielbestimmung, dass wir uns unserer Wurzeln bewusst sind.

Brauchtum und Kulturformen autochthoner Volksgruppen sind Bestandteil der gesamten Kultur unseres Landes. Ihre Vielfalt war und ist Teil unserer österreichischen Identität, die im Wandel der Zeit gewachsen ist, sich geändert und weiterentwickelt hat. Aber trotz dieses Wandels und der heutzutage schnelllebigen Entwicklung dürfen wir diese Wurzeln unserer heutigen Identität und Kultur nicht verdrängen. In Zeiten der Globalisierung – mit all ihren Vor- und Nachteilen – ist es wichtig, sich eine eigene Identität zu bewahren und zu fördern, die eigenen Ursprünge nicht plötzlich auf Grund eines Modetrends zu verneinen, sondern auch immer wieder Integrationsarbeit zu leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund kann man weiters sagen, dass es der ÖVP – schon alleine aus ihrem christlich-sozialen Verständnis heraus – ein tiefes Anliegen ist, diese Vorstellungen zu verwirklichen und autochthonen Volksgruppen verfassungsrechtlichen Anspruch auf gesicherten Bestand und Erhaltung zuzuerkennen.

Interessant ist ja Folgendes, Herr Kollege Posch: Obwohl dieses Memorandum der Volksgruppen bereits 1997 überreicht wurde, war es in der Ära Klima nicht möglich, eine derartige Staatszielbestimmung zu beschließen, und daraus kann man ja eindeutige Schlüsse ziehen. (Abg. Reheis: Und warum nicht? – Weil die ÖVP gepasst hat!) Für mich steht jedenfalls fest, dass die rasche Umsetzung dieser langen Forderung ein deutliches Zeichen für das Engagement der neuen Regierung in Minderheitenfragen ist.


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Darüber hinaus wurde im Unterausschuss mit den Vertretern der Volksgruppenbeiräte diskutiert und schließlich, nach längeren Gesprächen im Menschenrechtsausschuss, die Staatszielbestimmung einvernehmlich beschlossen, wodurch eben eine gute Basis für weitere Maßnahmen geschaffen wird.

Mir persönlich war es darüber hinaus ein besonderes Anliegen, dass diese Staatszielbestimmung einstimmig beschlossen wird. Deswegen sind wir im Zusammenhang mit Formulierungen der Opposition ja auch sehr weit entgegengekommen, denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke: Wäre es anders gelaufen, so wäre dies geradezu ein Armutszeugnis für uns alle gewesen. Gerade in solch klaren Angelegenheiten sollte das Parlament eine gemeinsame Linie vertreten. Streitereien über einzelne Wörter mögen ja teilweise ihre Berechtigung haben, handelt es sich hiebei doch um eine sehr sensible Materie. Wenn aber diese Streitereien Mittel zum Zweck werden, nur um Blockadepolitik zu betreiben, dann, muss ich sagen, wäre das gerade in dieser Frage eine Schande für unsere Republik gewesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Deshalb bedanke ich mich auch bei allen Fraktionen für die Einstimmigkeit.

Sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend noch auf die zentralen Punkte der Staatszielbestimmung eingehen, nämlich auf die Formulierung "autochthone Volksgruppen". Menschen, die einer Minderheit im Staat angehören, sind auf besonderen rechtlichen Schutz angewiesen, und dabei setzt ein wirksamer Minderheitenschutz auch positive Förderungsmaßnahmen voraus.

Die Gleichberechtigung aller Volksstämme wurde schon durch Artikel 19 Staatsgrundgesetz anerkannt. Nach dem Zerfall der Monarchie wurden die auf österreichischem Staatsgebiet lebenden nicht deutschsprachigen Bürger im Staatsvertrag von Saint-Germain unter Schutz gestellt. Blickt man auf diese Entwicklung, so zeigt sich, dass das Minderheitenschutzrecht die autochthonen, also die angestammten ethnischen Gruppen in Österreich zur Zielgruppe hat, also jene ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten, die historisch gewachsen sind, ihr Siedlungsgebiet auf österreichischem Territorium haben und somit einen besonders engen Bezug zu Österreich aufweisen. – Entsprechend meinen vorigen Ausführungen sind ja genau diese Gruppen Bestandteil unserer Identität, sind eine Bereicherung für die kulturelle Vielfalt der Republik Österreich.

Diese Gruppen gilt es vor Ungleichbehandlung zu schützen, sie beim Gebrauch der eigenen Sprache und auch vor allem im Bereich des Unterrichts- und Erziehungswesens zu unterstützen und zu fördern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.20

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, wenn so wichtige Regelungen wie die Staatszielbestimmung zu Gunsten der Volksgruppen, der Vielfalt Österreichs in diesem Sinne, beschlossen durch alle Parteien in das Bundesgesetzblatt kommen. Es war ein mühsames Verhandeln, wir haben tatsächlich um die eine oder andere Wortgruppe gefeilscht, aber das hat bei verfassungsrechtlichen Regelungen schon seine Berechtigung. Das hat ja auch mein Vorredner ausdrücklich anerkannt.

Er hat auch herausgearbeitet, dass es uns besonders wichtig erschienen ist, die Rechte, um die es geht, auf die autochthonen Volksgruppen zu beschränken. Es geht nicht darum, Zufallsgemeinschaften, die sich vorübergehend, oft nur für kurze Zeit in Österreich gebildet haben, bilden oder bilden werden, in den verfassungsrechtlichen Schutz als Volksgruppen im Lande einzubeziehen, sondern es geht darum, alles, was nur irgendwie getan werden kann, für die Volksgruppen zu unternehmen, die sozusagen unser Schicksal in den letzten Jahrhunderten geteilt haben. Und das scheint durch die neue Regelung verfassungsrechtlich abgesichert.


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Tatsächlich können sich die Maßnahmen, die Österreich auf diesem Sektor setzt, sehen lassen. Wenn man die Möglichkeit hat, mit dem Ausland zu vergleichen – ich kann das in meiner Eigenschaft als einer der beiden Repräsentanten des österreichischen Parlaments im Konvent zur Ausarbeitung eines EU-Menschenrechtskataloges in Brüssel derzeit tun –, dann ist man stolz darauf, wie weit wir die Nase vorne haben im Vergleich zu anderen Staaten und ihren Führungen.

Jetzt geht es nicht nur um die Staatszielbestimmung für die Volksgruppen, sondern etwa auch um die Amtssprachenverordnung Ungarisch zusätzlich zur deutschen Amtssprache in bestimmten Teilen des Burgenlandes. Diese Verordnung wird am 11. Juli im Hauptausschuss behandelt und den Hauptausschuss wohl positiv passieren. Damit wird auf dem Amtssprachensektor ein Bereich beschritten, der über die Bestimmungen des Staatsvertrages hinausgeht, die sich bekanntlich nur mit Kroatisch und Slowenisch auseinander setzen. Die Topographieverordnung Burgenland – also topographische Bezeichnungen nicht nur in Deutsch, sondern auch in Ungarisch und Kroatisch in weiten Bereichen dieses Bundeslandes – hat vor ganz kurzer Zeit den Hauptausschuss positiv passiert. Es geht auf diesem Sektor – ich wiederhole es – etwas weiter und das in aller Regel einheitlich, sämtliche im Parlament vertretenen Parteien umfassend.

In Brüssel ist es tatsächlich so, dass es gerade Österreich und auch mir persönlich ein Anliegen gewesen ist, Volksgruppenrechte, Minderheitenrechte in den hoffentlich zur Beschlussfassung gelangenden neuen Menschenrechtskatalog der Europäischen Union hineinzubringen. Ich denke, man kann das jetzt schon als gescheitert bezeichnen. Allerdings schaut die Sache nicht nur, was diese Bestimmungen betrifft, nicht günstig aus, sondern auch sonst in weiten Bereichen. Ich denke, dass mir anwesende andere Repräsentanten in diesem Konvent in Brüssel da Recht geben werden.

Der Großteil der Repräsentanten der 15 Staaten in diesem Konvent steht auf dem Standpunkt: Es darf ja nichts Neues kommen. Keine Lücke darf geschlossen werden. Es sei nur Aufgabe des Konvents, das, was es gibt, was schon auf dem Tisch liegt, was schon praktiziert wird, zusammenzuschreiben und zu katalogisieren im gewissen Sinne. Es dürfe keine verbindliche Regelung auf welchem Sektor auch immer für alle 15 Staaten geben, geschweige denn für die Beitrittskandidaten. Und es dürfe auch ja nichts durchsetzbar sein. – Das ist ein bisschen wenig, denn da könnten wir uns darauf beschränken, irgendwelche Vertreter hinzuschicken, und müssten nicht hochrangige Repräsentanten – da rechne ich nicht die Abgeordneten dazu, aber die Vertreter der Regierungen etwa – hinschicken, um sich dort anzuhören, dass man dieses und jenes nicht machen könne.

Diese Ausgangslage führt zu Kuriositäten sondergleichen. So bleibt etwa, die Rechte ethnischer Minderheiten, die Volksgruppen betreffend, nichts als ein zahmes Diskriminierungsverbot übrig, das noch dazu schwach formuliert ist. Statt also etwa einer Vorgabe zu entsprechen, wie wir sie – konkret ich – formuliert haben, dass es nichts nützt, wenn man Angehörige von ethnischen Minderheiten den Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung persönlich gleichstellt, dass das überhaupt nicht ausreicht, um die Existenz von Minderheiten zu sichern, dass man sie als Gruppen anerkennen müsse und auch den Gruppen bestimmte Rechte einräumen müsse, stößt man auf taube Ohren.

In einer Diskussion über eine Wortmeldung in diesem Zusammenhang, die ich beigebracht habe, hat der gerade den Vorsitz führende spanische Repräsentant erklärt, dass sich zum Beispiel die Basken schon freuen würden, wenn sie nur eine ethnische Minderheit wären. Da kann man sich ungefähr vorstellen, in welchen Dimensionen die Leute unterwegs sind. Und dann zeigen sie bei der nächsten Gelegenheit mit den Fingern auf die Österreicher, obwohl wir ihnen gerade bei den Minderheitenrechten meilenweit voraus sind. – So viel zu den vielleicht damit in Zusammenhang stehenden Bemühungen, in Brüssel auf dem Sektor der Menschenrechte weiterzukommen.

Mir liegt ein Entschließungsantrag von Resi Stoisits vor. Es ist derselbe, den wir schon im Ausschuss auf dem Tisch gehabt haben. Wir Freiheitlichen werden gegen diesen Antrag stimmen, weil es – so, wie wir es schon im Ausschuss erklärt haben – meines Erachtens nicht sein


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kann, dass man so Blanko-Anträge in die Luft setzt, sondern man soll sich einmal überlegen, was man als Nächstes tun sollte und tun könnte zu Gunsten der ethnischen Gruppen in Österreich. Und dann sollte man daran gehen, das zu verwirklichen. Aber Blanko-Erklärungen zum Fenster hinaus, um draußen dann damit herumgehen zu können, wacheln zu können und zu sagen: Schaut, wir haben schon das Nächste auf der Tagesordnung!, das erscheint uns Freiheitlichen und auch mir persönlich nicht angebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn : Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung, wenn es recht ist. – Bitte.

12.26

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich nur Versöhnliches, Positives und Aufmunterndes zur Zukunft der österreichischen Volksgruppen sagen. Aber Harald Ofner hat leider mit seiner Bemerkung, dass er keine Blanko- ... – wie hat er gesagt? (Abg. Dr. Khol: Anfragen!)  –, Blanko-Aufforderungen entgegennehmen werde, meine harmonische Stimmung ein bisschen getrübt.

Außerdem sind leider nur ganz wenige Kolleginnen und Kollegen anwesend, selbst von der grünen Fraktion – aber wir sind immerhin mehr, denn wir sind ja fast die Hälfte –, wenn die österreichische Bundesverfassung geändert wird. (Abg. Dr. Khol: Die Hälfte seid ihr nicht! Ich denke doch, dass ihr zählen könnt! – Abg. Neudeck: Ein Drittel seid ihr!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass an einer so prominenten Stelle der österreichischen Bundesverfassung eine Änderung vorgenommen wird, nämlich im Artikel 8. (Abg. Dr. Khol: Vier von euch und 26 von den anderen!)

Herr Klubobmann Khol! Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen ist es abgesehen von Ihrem Menschenrechtssprecher und ein paar anderen wohl kein allzu großes Anliegen. Aber darum geht es mir jetzt nicht. Es geht mir um diese "Blanko-Versprechen".

Geschätzte restliche Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, was eine Staatszielbestimmung ist? – Diejenigen, die im Ausschuss für Menschenrechte sind, wissen es. Dort wurde nämlich relativ lang, relativ ausführlich und relativ fundiert gemeinsam mit dem Herrn Staatssekretär darüber diskutiert. Eine Staatszielbestimmung ist eine programmatische Norm im Verfassungsrecht. In der Rechtssprache sagt man auch: Das sind Verfassungsaufträge. Staatszielbestimmungen sind Grundsätze, an denen sich dann das staatliche Handeln – das gesamte staatliche Handeln, nicht nur das des Bundes, sondern auch das der Länder, der Gemeinden – zu orientieren hat.

Es ist weitgehend unbestritten, dass sich aus einer Staatszielbestimmung noch keine subjektiven Rechte für den Einzelnen ergeben, die er ableiten könnte. Und genau das ist wesentlich im Zusammenhang mit Minderheitenrechten. Es wäre falsch, wenn jemand glaubte, dass, wenn wir heute den Artikel 8 der österreichischen Bundesverfassung ergänzen oder ändern, ein Angehöriger einer österreichischen Minderheit mit diesem Artikel 8 zum Verfassungsgerichtshof gehen könnte, um dort Rechte durchzusetzen. Dazu ist dieser Verfassungsauftrag nicht gedacht.

Meine Damen und Herren! Dieser Verfassungsauftrag ist ein Auftrag, der sich in allererster Linie an die Mehrheit der Bevölkerung richtet und den Minderheiten in Österreich, den Volksgruppenangehörigen eines zeigen soll, eines vor Augen führen soll und eines verdeutlichen wird: dass sie in der Mitte der Gesellschaft sind, ein Teil der Gesellschaft sind und nicht am Rand und an der Peripherie. Das wird ihnen durch die Tatsache deutlich gemacht, dass Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, an prominenter Stelle der Bundesverfassung den Schutz von Minderheiten programmatisch festlegen. (Beifall bei den Grünen.)

Minderheiten sind ein Teil von uns, Minderheiten sind ein Teil von Österreich! Dass dieser Reichtum, um den es hier geht, keine Selbstverständlichkeit ist, das hat die jüngere und jüngste Geschichte dieser Republik gezeigt, nämlich in der Zeit des Nationalsozialismus. Im Dritten


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Reich sind nämlich Minderheiten verfolgt und fast zur Gänze ausgerottet worden. Denken Sie an die österreichischen Roma und Sinti! Es sind ganz wenige aus den Lagern und KZs zurückgekommen. Oder denken Sie an die österreichischen Juden!

Aber nicht nur in dieser Zeit gab es Anschläge gegen Minderheiten. Die Initiative für eine Staatszielbestimmung und die politische Diskussion dazu wurde in Österreich im Jahre 1995 begonnen. Am 4. Februar 1995 gab es den mörderischen Anschlag auf vier Angehörige der Minderheit der Roma im Burgenland, die dabei ums Leben gekommen sind. Beteuerungen von politischen Repräsentanten dieses Landes, wie wichtig der Schutz der Minderheiten sei, wie wichtig es sei, die sprachliche und kulturelle Vielfalt zu erhalten und zu fördern, waren damals unisono überall zu hören. Damals ist die Idee entstanden – die Grünen haben das dann in Form eines Initiativantrages ja auch zum Ausdruck gebracht –, diese sprachliche und kulturelle Vielfalt der Republik und dieses Bekenntnis zu den Volksgruppen auch rechtlich zu verankern. Dass es fünf Jahre gedauert hat, ist ein Zeichen dafür, dass in diesem Land manches langsam geht. Dass es gerade jetzt umgesetzt wird, das deute ich in der Sache – na selbstverständlich! – als positiv. Dass es der Regierung zurzeit wie gerufen kommt, diese Staatszielbestimmungen jetzt der Öffentlichkeit präsentieren zu können, das sei nur ganz am Rande erwähnt, weil Kollege Ofner so viel von Europa gesprochen hat.

Klar ist: Im Memorandum der österreichischen Volksgruppen 1997 war das eine der Forderungen. Aber ich sage ganz deutlich: Eine der Forderungen ist die Verankerung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt als Interesse der Republik in der Bundesverfassung. Bei vielen anderen Dingen – darauf wird Kollege Brosz von meiner Fraktion noch zu sprechen kommen –, wenn es dann um das geht, was Harald Ofner mit "Blanko" bezeichnet hat, wenn es um die konkreten Dinge geht, da sind die Regierungsfraktionen schon sehr zurückhaltend.

Wir wollen mit unserem Entschließungsantrag nichts anderes, als den Willen zum Ausdruck bringen, dass der österreichische Nationalrat die Bundesregierung ersuchen, auffordern, bitten soll, sich nunmehr über die konkreten Schritte, die in minderheitenpolitischen Fragen notwendig sind – beispielsweise eine mögliche Novellierung des aus 1976 stammenden Volksgruppengesetzes –, Gedanken zu machen und etwas vorzuschlagen. Es steht nicht einmal drinnen, dass es eine Novelle sein muss. Eine Diskussion zu initiieren, das ist die Bitte und die Absicht. Was daran "Blanko" sein soll, das verstehe ich überhaupt nicht, denn es ist evident, dass das Volksgruppengesetz 1976 nicht mehr zeitgemäß ist. (Abg. Dr. Ofner: Wüsstest du überhaupt, wovon du reden sollst, wenn ich den Begriff "Blanko" nicht verwendet hätte?)

Der Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf die 25-Prozent-Klausel in der Topographieverordnung Kärnten zeigt das ja ganz deutlich. Ich zweifle nicht mehr daran, dass diese Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof als nicht verfassungsgemäß aufgehoben werden wird. Geschätzter Herr Bundeskanzler! Das sind die Dinge, die wir in Zukunft im Anschluss oder anknüpfend an die Staatszielbestimmung diskutieren werden müssen, weil die österreichischen Volksgruppen darauf warten.

Zum Abschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren: Echten Schutz bieten Sie, die Repräsentanten der österreichischen Mehrheitsbevölkerung, den Minderheiten. Das In-die-Mitte-Holen – wie ich vorher gesagt habe –, das Nicht-an-den-Rand-Drängen, die direkte Unterstützung, die Anerkennung, manchmal auch bloß symbolische Akte – all das ist wichtig für diese nicht privilegierten Gruppen unserer Gesellschaft. Denken Sie beispielsweise nur an die Roma im Burgenland, an die Roma und Sinti in Niederösterreich und Wien! Sie leben nicht nur in den erwähnten Bundesländern, über ganz Österreich verteilt leben sie. Zum Teil wissen sie nicht einmal voneinander. Diese benötigen Hilfestellungen auf sozialem Gebiet, eine Förderung der Kodifizierung ihrer Sprache. Es geht oft um ganz einfache Dinge, die Ihnen vielleicht sogar als banal erscheinen, die den Bestand und die Bewahrung der Volksgruppe und ihrer Sprache und damit ihrer Kultur sichern. Das sind die wesentlichen Dinge. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jäger. )

Darauf hoffe ich in Zukunft, dass in dieser Hinsicht etwas weitergeht! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Beschlussfassung ist ein Zeichen. Sie ist aber noch keine Tat


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an sich. Und an den Taten werden die österreichischen Volksgruppen die Bundesregierung messen und nicht an den Zeichen. – Hvala. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel. – Bitte.

12.36

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zunächst ebenfalls in voller Harmonie ein Dankeschön dafür, dass in einer Zeit, in der manche glauben, der Konsens in Österreich bröckle völlig auseinander, in dieser wichtigen Staatszielbestimmung ein Grundkonsens aller vier politischen Parteien, die im Parlament vertreten sind, möglich ist. Ich möchte auch Harald Ofner sehr danken, mit dem gemeinsam ich den Erstentwurf formuliert habe, der dann gemeinsam abgeändert wurde, wogegen ich gar nichts habe, denn mir ist der Konsens aller politischen Parteien wichtig. Vor allem aber sind die ganz essentiellen Elemente, die Sprache, die Kultur, aber auch das wirtschaftliche Wohlergehen der Volksgruppen, die gewachsen und historisch in Österreich verankert sind, voll in den Bestimmungen enthalten.

Ich bin sehr froh darüber, weil es mehr ist als nur ein Zeichen. Das will ich schon auch dazu sagen, denn es ist – wenn man so will – auch ein Zeichen, das wir gegenüber den Volksgruppen, die es in anderen Ländern gibt, setzen. Ich erwarte schon auch, dass die gleiche Diskussion, die wir hier führen zu Gunsten von Volksgruppen, die zum Teil ja sehr klein sind – leider sehr klein geworden sind –, nunmehr auch in anderen Ländern, in unseren Nachbarstaaten und so weiter geführt wird, damit dort ähnliche Staatsziel- und Schutzbestimmungen möglich werden. Es ist einfach ein wichtiges Symbol und bedeutet zugleich auch konkretes Handeln.

Frau Abgeordnete Stoisits hat mit Recht darauf hingewiesen, was eigentlich eine Staatszielbestimmung ist. Die österreichische Verfassung ist ja sehr zurückhaltend mit solchen programmatischen Erklärungen. Das hängt mit der dahinterstehenden Philosophie zusammen. Am 10. November 1920, also vor nunmehr fast 80 Jahren, ist die Verfassung in Kraft getreten und enthält sehr wenige derartige Bestimmungen. Zum einen hat sie ja nur einen Minimalkonsens aller politischen Parteien widergespiegelt. Darüber hinaus ist das aber auch charakteristisch für das formale Verständnis der Verfassungsschöpfer des Jahres 1920.

In neuerer Zeit ist das anders. Wir haben seit Mitte der siebziger Jahre in einigen interessanten Punkten Programmerklärungen in die Verfassung aufgenommen. Einer ist das Bekenntnis zur umfassenden Landesverteidigung, zur Parteiendemokratie, die Erklärung der öffentlich-rechtlichen Aufgabe des Österreichischen Rundfunks und Fernsehens und in der jüngsten Vergangenheit die Gleichbehandlung von Behinderten und die Gleichstellung von Mann und Frau. Daraus kann man ersehen, dass schon bisher sehr gewichtige Themen programmatisch in die Verfassung aufgenommen worden sind. Die Behandlung und der Schutz der Volksgruppen und ihrer Rechte ist ein weiterer, ganz wichtiger Punkt.

Die Redner haben natürlich Recht: Es ist kein unmittelbar anwendbares Recht für den Einzelnen. Das ist wahr. Aber für die Verwaltung insgesamt ist die Staatszielbestimmung unmittelbar anzuwenden. Sie ist einerseits der Maßstab für Interpretationen und andererseits ein Abwägungsgebot für den Ermessensbereich. Die Staatszielbestimmung dient beispielsweise auch für die Gerichtsbarkeit als Maßstab der jeweiligen Interpretation, besonders im Bereich der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts. Schon bisher ist der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die einschlägigen verfassungsrechtlichen Normen eine Wertentscheidung zu Gunsten des Minderheitenschutzes enthalten. Das wird jetzt näher ausgeführt und verdeutlicht, und je nach dem Rechtsgegenstand kann es auf Grund der Judikatur zum Schutz von Angehörigen einer Minderheit gegenüber den Angehörigen anderer gesellschaftlicher Gruppen geradezu ein Bevorzugungsgebot geben.

Das mag zwar formal klingen, ist aber eigentlich sehr einfach zu interpretieren. Die Staatszielbestimmung enthält den an Gesetzgebung und Vollziehung gerichteten Auftrag, das Staatsziel durch konkrete Maßnahmen mit Leben zu erfüllen. Wir haben auch nicht nur Rhetorik


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betrieben, das möchte ich schon noch betonen. Wir haben gerade in den ersten Wochen dieser Bundesregierung eine Topographieverordnung für das Burgenland kundgemacht. Die Anbringung deutsch-kroatischer und deutsch-ungarischer Bezeichnungen ist in mehreren Gemeinden des Burgenlandes vorgesehen.

Am 14. Juni hat die Bundesregierung die ungarische Amtssprachenverordnung benannt. Wir sind im Bereich des Minderheitenschulrechts jetzt einige wesentliche Schritte weitergekommen. Also ich würde sagen, gemessen an dem, was zu Recht natürlich im Arbeitsprogramm oder im Erwartungsprogramm der Volksgruppen drinnen ist, ist in den letzten Wochen und Monaten durchaus Fruchtbares geleistet worden, und wir wollen dies auch fortsetzen.

Wir werden jetzt die Arbeit an einem modernen Volksgruppengesetz beginnen, und Sie können sicher sein, dass Sie natürlich auch in diese Gespräche mit eingebunden werden.

Ich würde daher bitten, dass man dies heute wirklich als einen wichtigen Schritt setzt, der vielleicht auch ein wenig durch die aktuelle Berichtslage bestimmt ist, etwa dadurch, dass sich der Weisenrat anschauen wird, was es in Österreich gerade in Richtung Minderheiten, Asyl und Flüchtlinge gibt. Ich habe gesagt, ich werde mir auch die Freiheit herausnehmen, selbst einen internationalen Professor oder Wissenschafter zu beauftragen, um einmal einen vergleichenden Überblick über das zu erhalten, was andere europäische Länder machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen: Österreich braucht das Ergebnis schon auf Grund dessen, was in der Vergangenheit selbstverständlicher Rechtsbestand gewesen ist, in keiner Weise zu scheuen. Aber vielleicht wird da ein bisschen ein positiver Wettbewerb entstehen, der meiner Meinung nach für Europa und seine Minderheiten nur von Vorteil sein könnte.

Daher: Wir fürchten uns sowieso nicht, defensiv sind wir auch nicht, und wenn die Debatte hilft, dass in ganz Europa die Dinge verbessert werden, dann hat Österreich wieder einmal den Weg gewiesen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.42

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vorausschicken, dass auch ich mich freue, dass es gelungen ist, diese Staatszielbestimmung in einer Vier-Parteien-Einigung im Ausschuss zu fixieren. Wir und auch alle Mitglieder der ÖVP-Regierung haben endlich, möchte ich sagen, ein lange verfolgtes hehres Ziel erreicht, ein Staatsziel. Die Abgeordneten geben ihrer Freude heftig Ausdruck.

Ich zitiere aus der Aussendung des Herrn Kollegen Ellmauer: "Die autochthonen Volksgruppen in Österreich sind zu schützen und zu fördern. Deshalb ist es eine große Freude, dass im heutigen Menschenrechtsausschuss eine Vier-Parteien-Einigung ... zustande gekommen ist." – So weit, so gut.

Ich frage aber, Herr Kollege Ellmauer: Warum jetzt? – Es gibt schon seit 1995 Bestrebungen, ganz intensive seit 1997, aber es ist in der letzten Gesetzgebungsperiode nicht gelungen, diese Staatszielbestimmung durchzubringen, weil die ÖVP gebremst, abgelehnt und blockiert hat. (Abg. Aumayr: Sie waren in der Regierung!) Wir waren in der Koalition mit der ÖVP.

Jetzt – der Herr Bundeskanzler hat es in seinen Ausführungen auch deutlich gemacht – stehen wir offensichtlich im Rampenlicht der EU unter einem gewissen Isolationsdruck, der von der EU ausgeht, der es offensichtlich notwendig gemacht hat, einen Vorzeigeerfolg vorzuweisen, so nach dem Motto: Wir beweisen trotz verdächtiger FPÖ-Regierungsbeteiligung, wir sind bereit, die Volksgruppen und die Rechte der Volksgruppen zu schützen. (Abg. Aumayr: Das glauben


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Sie selber nicht!)  – Doch, ich glaube es, Frau Kollegin, ich bin sogar überzeugt davon. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Außerdem stelle ich fest, die Tagespolitik holt die Bundesregierung ein. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP, in Richtung der Freiheitlichen: Sie hört nicht gut!)  – Ich höre gut, aber ich beantworte nicht jede Frage, die keine Relevanz für das Thema hat. (Abg. Dr. Martin Graf: Sind Sie Lehrerin?)

Wenn diese Volksbegehrens-Drohgeste, die jetzt vieles zunichte macht, wenn diese Volksbegehrens-Geste jetzt Österreich bedroht, diesmal nicht nur die Bundesregierung, sondern davon geht veritable Bedrohung für Österreich aus, und wenn der Herr Bundeskanzler sagt, er wird sich dafür einsetzen, er wird einen eigenen Beobachter installieren, der seinerseits Europa beobachten möge, dann sei das Ihre Sache. Aber ich denke, für das, was in Österreich passiert, sind wir verantwortlich, auch Sie. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wer ein Volksbegehren um jeden Preis – und ich sage das ganz bewusst: um jeden Preis! – durchsetzen will, spielt nicht nur ein frivoles, sondern sogar ein gefährliches Spiel. Ich würde berühmte Zitate umdeuten: "cogito ergo sum" zu "regio ergo sum", oder wenn Sie es lieber Französisch haben: "Je pense donc je suis" zu "je pense que je suis". Diese Zitate möchte ich ausdrücklich dem Herrn Kollegen Khol widmen, weil er immer so eine Freude mit lateinischen und anderen fremdsprachigen Zitaten hat. (Abg. Dr. Khol: Das ist Französisch, das ist nicht Lateinisch! Kennen Sie das Zitat: Si tacuisses philosophus mansisses?) Lateinisch haben Sie überhört. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass es zur Staatszielbestimmung im Artikel 8 gekommen ist, ist ausschließlich der Opposition zu verdanken. Wenn wir heute, wie es gesagt wurde, Europa meilenweit voraus sind, dann sind wir es dank der Opposition. Dass es endlich ein handfestes Ergebnis im Menschenrechtsausschuss gegeben hat, ist der Opposition zu verdanken. Fast wäre es den Regierungsparteien gelungen, den Menschenrechtsausschuss zu einem Vertagungs- und Verhinderungsausschuss und zum Feigenblatt der Bundesregierung umzufunktionieren.

Wenn ich in der Aussendung des Herrn Kollegen Ellmauer lese: "Die heutige Einigung zeigt das gute Klima im Menschenrechtsausschuss und beweist einmal mehr, wie vorbildlich Österreich mit den autochthonen Volksgruppen in unserem Land umgeht", dann behaupte ich, das ist eine Verdrehung der Realität und Verweigerung der Realität.

Der ursprüngliche Vorschlag, den Sie, den die Regierung vorgelegt hat, wäre reine Kosmetik gewesen. Der Streit um Wörter war wichtig, es hat sich nicht einfach um ein Spiel gehandelt. Und so ist es kein Entgegenkommen der Regierungsparteien gewesen, dass sie auf die Vorschläge der Opposition eingegangen sind, sondern Notwendigkeit, damit diese Staatszielbestimmung auch den entsprechenden Sinn hat. (Abg. Dr. Ofner: Vor allem die Mehrheit!) Wer nämlich nur das Wohlergehen fördern wollte, aber nicht Sprache und Kultur der Volksgruppen, der hätte es nicht ernst nehmen können. (Abg. Dr. Ofner: Wer war das?) Es geht in dieser Bestimmung um mehr. Es geht um ein Bekenntnis Österreichs zu seiner Vielfalt, zur Vielfalt als Bereicherung und vor allem auch zu seiner Identität durch diese Vielfalt.

Eine absolute Verdrehung der Tatsachen beinhaltet der letzte Satz Ihrer Aussendung, Herr Kollege Ellmauer:

"In der letzten Legislaturperiode unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler war es leider nicht möglich, eine derartige Einigung zustande zu bringen." – (Abg. Ellmauer: Das sind Tatsachen!) Die Beweise dafür, was allein die SPÖ in den letzten Jahren unternommen hat, kann ich Ihnen liefern. Wir können uns dann darüber unterhalten. (Abg. Ellmauer: Frau Kollegin! Da waren Sie noch nicht im Haus!)

Ich stimme mit dem Herrn Bundeskanzler absolut überein, dass es um mehr geht als um ein Zeichen und dass diese Bestimmung auch mehr haben muss als Symbolkraft, es entsteht daraus auch eine Verpflichtung für uns. Und ich denke, eine etwaige Kürzung von Mitteln in diesem


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Bereich gemäß diesem neuen Spargeist, der eigentlich ein Umverteilungs-Ungeist ist, darf hier nicht in Frage kommen.

Herr Bundeskanzler, beweisen Sie mit Ihrer Regierung, dass Sie es ernst meinen und dass Sie, wie Sie es gesagt haben, nicht nur Rhetorik gesetzt haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.49

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, dass ich den bisherigen Redebeiträgen entnehmen konnte, dass so etwas wie eine grundsätzliche Begeisterung dafür herrscht, dass es Gemeinsamkeit in diesem Ausschuss gegeben hat. Aber es gibt einige Kolleginnen und Kollegen, die es offensichtlich nicht lassen können, eigentlich, sage ich einmal, sehr vordergründige Parteipolitik auf dem Rücken der Volksgruppen in Österreich zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe mir heute schon im Rahmen der Diskussion des ersten Tagesordnungspunktes, des Versöhnungsfonds-Gesetzes, gedacht: Es tut dieser Republik, so meine ich, nicht gut, wenn man in einer Art Schuldzuweisungsautomatik bei jeder Entscheidung, die in für die Republik so entscheidenden Dingen fällt, Motive unterstellt, die eben gerade in das eigene parteipolitische Gesichtsfeld passen.

Kollege Posch! Du weißt, ich schätze dich außerordentlich, weil ich weiß, dass du ein Mensch bist, der ungeheuer differenziert zu denken und vor allem auch sehr differenziert zu argumentieren imstande ist. Ich muss aber ganz ehrlich sagen, ich habe mich heute geärgert, ich habe mich wirklich geärgert, da ich meine, dass gerade ein Moment, in dem, wie ich meine, gesamtösterreichische Solidarität eigentlich selbstverständlich ist, weil man hier einen Akt, ein Symbol und ein Signal setzt, das wirklich weit über den Bestand dieser Bundesregierung hinaus ein Signal für das demokratische Österreich ist, nicht der richtige Zeitpunkt ist, durchaus legitime Positionen hier zu vertreten. Und ich meine, dass gerade auch die Diskussion über den Minderheitenschutz in Österreich nicht Anlass dafür sein kann, sich hier in parteipolitischer Polemik zu ergehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe durch Zufall eine "Festschrift anlässlich des 65. Geburtstages von Prof. DDr. DDr. h. c. Friedrich Koja" in die Hände bekommen, in der Professor Öhlinger einen bemerkenswerten Artikel über den "Verfassungsschutz ethnischer Gruppen in Österreich" geschrieben hat. Es scheint mir besonders die Einleitung sehr beachtenswert zu sein, in der er schreibt – und ich zitiere –:

"Wer über die Rechtslage der ethnischen Gruppen – und sei es auch nur über den Teilaspekt des verfassungsrechtlichen Schutzes – sprechen will, sieht sich mit einer spezifischen Schwierigkeit konfrontiert: Wie bei kaum einem anderen Thema wird auf dem Gebiet des Minderheiten- oder Volksgruppenschutzes deutlich, daß die Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts begrenzt sind und daß sowohl die Schaffung von Rechtsnormen als auch ihre Durchsetzung von der Bereitschaft der Menschen abhängen, Normen zu akzeptieren. Diese Akzeptanz ist in hohem Maße prekär. Eine rationale Diskussion der Rechtsprobleme ethnischer Minderheiten ist überlagert von Emotionen, Vorurteilen und Ängsten.

Die Vorurteile und Ängste gegenüber dem Fremden – in einem weiten Sinn dieses Wortes – sind in Österreich in den letzten Jahren erschreckend gewachsen. Es ist vor allem die Zuwanderung von Ausländern – also Fremden im engeren rechtlichen Sinn – und die damit zusammenhängende Entstehung neuer ethnischer Gruppen, die bei vielen Österreichern solche Ängste ausgelöst oder verstärkt haben. Die ,autochthonen‘ ethnischen Gruppen in Österreich sind insofern nur indirekt Opfer dieser Entwicklung.


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Wer die Vielfalt ethnischer Gruppen im eigenen Land als einen Reichtum empfindet" – und das tun wir –, "wird solchen Entwicklungen gegenüber Verständnisschwierigkeiten haben. Wer allerdings die Vorurteile und Ängste gegenüber Fremden bei vielen Menschen ignoriert und ohne Rücksicht darauf seine Ideale durchsetzen will, riskiert herbe Enttäuschungen.

Das Recht ist ein sehr unzulängliches Instrument, um solchen emotionalen Phänomenen entgegenwirken zu können. Es kann die notwendige Bewußtseinsbildung nur punktuell unterstützen, ist aber seinerseits in hohem Maße vom Stand des gesellschaftlichen Bewußtseins abhängig. Volksgruppenpolitik müßte daher vor allem eine Politik der Information und der Aufklärung sein. Recht kann eine versäumte Informations- und Aufklärungspolitik nicht ersetzen. Es kann dabei allerdings auch nicht ausgeklammert bleiben – und dies schon deshalb nicht, weil die Situation ethnischer Gruppen durch ihre Rechte bestimmt wird. Die notwendige Informations- und Aufklärungsarbeit muß das Ziel haben, der erforderlichen Akzeptanz solcher Rechte den Boden zu bereiten. Rechtsetzung darf andererseits den Horizont des gesellschaftlichen Bewußtseins nicht außer acht lassen." – So weit Öhlinger.

Deshalb, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist die Gemeinsamkeit in dieser Frage so wichtig und so entscheidend, und deshalb ist es falsch, politischen Gruppierungen zu unterstellen, dass sie aus anderen als hehren Motiven dieser Bestimmung ihre Zustimmung gegeben haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aus diesem Grunde freue ich mich auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Bundeskanzler Schüssel gleich zu Beginn seiner Tätigkeit – und ich kenne ihn seit vielen Jahren, aus Zeiten, in denen diese Regierung tatsächlich noch nicht zur Debatte gestanden ist; und er hat gerade in der Volksgruppenpolitik immer eine liberale und, wie ich meine, dem Geist dieser Bestimmung entsprechende Haltung an den Tag gelegt, die ihm nicht einmal in den eigenen Kreisen überall genutzt hat – etwas getan hat, was keiner der sozialistischen, sozialdemokratischen Bundeskanzler der letzten Jahre getan hat, nämlich die Obleute der Minderheitenbeiräte einzuladen, um mit ihnen ins persönliche Gespräch zu kommen.

Deshalb sollten wir heute – bei diesem Punkt zumindest – die parteipolitische Polemik beiseite lassen und uns darüber freuen, dass es diese Gemeinsamkeit gibt. Wir werden das, was Kollegin Stoisits gemeint hat – nämlich konkrete Umsetzungen und das Verständnis für konkrete Umsetzungen auf den nachgeordneten Rechtsebenen –, nur dann erreichen können, meine Damen und Herren, wenn dieser gemeinsame Wille dieses Hohen Hauses, der gemeinsame Wille der Politik in Österreich deutlich und sichtbar wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was diese Aufklärung und diese Information anlangt, darf ich auch etwas Erfreuliches zum Abschluss berichten, was mich mit wirklich tiefer Zufriedenheit erfüllt: Es ist mir ja seinerzeit als Landeshauptmann von Kärnten gelungen, den Bund davon zu überzeugen, dass es Sinn macht, das Stift Ossiach in das Eigentum des Landes Kärnten zu übertragen. Das Stift Ossiach wird ab sofort – es gibt bereits einen aufrechten Vertrag – Europäisches Forschungszentrum für Minderheiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Herr Bundeskanzler! Es wird sich hervorragend dafür eignen, auch diese Parallel-Vergleiche in der Minderheitenpolitik und der Bereitschaft, mit Minderheiten in Europa aktiv in den Dialog zu treten, anzustellen. Ich darf heute schon sagen, ich biete mich gerne dafür an, die entsprechenden Kontakte herzustellen.

Ich freue mich jedenfalls, dass dieser Schritt für die Minderheiten in Österreich – ein großer Schritt für die Minderheiten in Österreich – in Gemeinsamkeit erreicht werden konnte. Halten wir diese Gemeinsamkeit tatsächlich aufrecht! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


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12.58

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Was soll man an einem Tag, an dem 18 Materien zur Beschlussfassung stehen, wobei 14 davon einstimmig über die Bühne gehen werden, als Opposition anderes machen als punktgenau, wie es die SPÖ in der Vergangenheit immer wieder betrieben hat, das Falsche. Bei lediglich vier Materien sind wir geteilter Meinung, wobei zwei davon Immunitätsausschuss-Materien sind, wobei ich die unterschiedliche Meinung eher in das Reich der parteipolitischen Auseinandersetzung lege, und zwei Materien das Unterrichtspraktikumsgesetz betreffen.

Sie versuchen hier wirklich, dort Keime zu pflanzen, wo es keine gibt. Frau Abgeordnete Plank, ich bin nicht viel länger als Sie in diesem Hohen Haus, aber doch schon ein paar Jahre. (Abg. Silhavy: Länge spricht nicht unbedingt für Qualität!) Vielleicht haben Sie heute das, was Sie gesagt haben, aus Unwissenheit gesagt. Ich würde hoffen, es ist Unwissenheit, denn wenn Ihre politische Trägerfunktion das Misstrauen ist, dann sind Sie hier falsch am Platz, das möchte ich Ihnen sagen, und zwar gerade in solchen Fällen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie fragen: Warum gerade jetzt?, dann hätten Sie Ihre Fraktionskollegen, die schon länger in diesem Hohen Haus sitzen, befragen können. – In Wirklichkeit sind es weder die Freiheitliche Partei noch die Grünen, noch die ÖVP, die in den letzten Jahrzehnten in Volksgruppenfragen permanent auf der Bremse gestanden sind. Schauen Sie in das südlichste Bundesland und denken Sie daran, was sich dort, bevor es einen anderen Landeshauptmann einer anderen Couleur gegeben hat, als es also noch sozialistische Landeshauptleute gegeben hat, abgespielt hat, wo es nie zu Lösungen gekommen ist! Es ist die Flucht vor der eigenen Vergangenheit, die Sie in Ihr Misstrauen gegenüber den anderen Fraktionen hineinhetzt, und das müssen Sie so zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Oder wollen Sie etwa Mandataren – ich bin nicht der Verteidiger der ÖVP, aber das muss hier gesagt werden – wie einem Heinrich Neisser, einem Alois Mock und anderen, die in der letzten Legislaturperiode Abgeordnete dieses Hohen Hauses waren, unterstellen, dass sie für Minderheitenfragen, für Volksgruppenfragen kein offenes Ohr gehabt haben? (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich gebe die Frage zurück: Warum war die Durchschlagskraft, die in der vergangenen Legislaturperiode bei der SPÖ angeblich da war, in diesen Fragen nicht gegeben? – Ich glaube, es hat bei Ihnen in Wirklichkeit an politischem Willen gefehlt. Es war Ihnen in Wirklichkeit gar kein Anliegen und nicht wichtig genug, sage ich Ihnen.

Ihnen und Ihren Parteigängern ist es in der letzten Legislaturperiode ausschließlich um Proporz, um Posten und andere Fragen gegangen, nie wirklich um Minderheiten- und Volksgruppenfragen, sonst hätten Sie in den letzten Jahrzehnten, würde ich sagen, andere Positionen eingenommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist unglaubwürdig, und das glaube ich Ihnen zum Beispiel nicht, vielleicht nicht Ihnen persönlich, aber Ihrer Fraktion. Von Ihnen persönlich meine ich eher, dass Sie das heute aus Unwissenheit gesagt haben und nun versuchen, als besonders forsche Oppositionspolitikerin in einen nahezu Konsenstag hineinzufahren, um parteipolitisches Kleingeld zu wechseln. Um nichts anderes geht es hier. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Es gibt keinen Erfolgsdruck in der Volksgruppenfrage gegenüber der Europäischen Union. Das wissen Ihre Mandatare genauso gut wie wir auch. Wir sind Vorbild und Vorreiter in der Volksgruppenfrage für ganz Europa (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP), nicht nur für die Europäische Union, sondern auch für die Beitrittskandidaten, möchte ich Ihnen an dieser Stelle sagen. Wir haben diesbezüglich keinen Erfolgsdruck.

Hätten wir diese Staatszielbestimmung heute nicht beschlossen, hätten uns die drei Weisen, die kommen werden, trotzdem das allerbeste Zeugnis in Volksgruppenangelegenheiten ausgestellt. Es gab keinen Erfolgsdruck, und Sie werden ihn auch nicht herbeireden können. Es war immer


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ein Anliegen von uns, auch in der Opposition, genauso, wie es den Grünen ein Anliegen war. (Abg. Schwemlein: Ihre Rede ist so seicht, dass man sich darin die Füße waschen könnte!)

Wir haben das jetzt verwirklicht, gemeinsam mit der ÖVP, weil es in der Vergangenheit nicht verwirklichbar war, weil es in der Vergangenheit nicht möglich war, mit der sozialdemokratischen Fraktion einen Konsens zu finden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

13.03

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich beginne mit einer Bemerkung zu einer Aussage, die Bundeskanzler Schüssel im Rahmen dieser Debatte gemacht hat. Er hat gesagt, Österreich wird wieder einmal den Weg weisen. Ich möchte Sie konkret fragen – Sie können ja dann konkret darauf antworten –, warum Österreich dann die Charta der Regional- und Minderheitensprachen aus dem Jahre 1992 noch nicht ratifiziert hat. Ich weiß, dass das jetzt im Regierungsübereinkommen drinnen ist.

Es ist schon mehrmals das Argument gefallen, dass es damals sozialdemokratische Bundeskanzler gegeben hätte, aber meines Wissens waren Sie auch schon damals mit in der Regierung. Vielleicht könnten Sie einmal darstellen, woran bislang die Umsetzung konkreter Maßnahmen gescheitert ist. Ich kann mir nach der Diskussion, wie sie bisher verlaufen ist, nicht vorstellen, dass das gesamte Scheitern der Umsetzung immer an der SPÖ gelegen sein sollte. Mich würde Ihre Meinung dazu wirklich interessieren.

Der Punkt ist, dass dort auch einige konkrete Maßnahmen enthalten sind, die sich auf das Memorandum der Volksgruppen beziehen. Daher ist, wie ich meine, dieser Antrag der Kollegin Stoisits, den ich noch formal einbringen werde, umso berechtigter.

Es geht zum Beispiel um zweisprachige Formulare, es geht um die Unterstützung von Medien und Minderheitenradios und so weiter – alles Punkte, die wirklich konkret sind, wo es wirklich zu Fortschritten kommen würde und wo es um mehr geht als nur darum, ein Zeichen zu setzen, um konkrete Maßnahmen, um Umsetzungsmaßnahmen.

Zurück zu diesem Antrag. Ich war im Ausschuss dabei. Kollegin Stoisits hat für den Fall, dass es nur darum gegangen wäre, dass Ihnen der Zeitraum, der hier gefordert wird, zu kurz ist, auch schon im Ausschuss angeboten, dass man über den Zeitrahmen 1. Feber 2001 durchaus reden könne. Allerdings kam es leider nicht zu dieser Diskussion. Es geht offenbar nicht darum, dass Sie mehr Zeit brauchen, um diese Maßnahmen umzusetzen, sondern ich habe, obwohl ich nicht die entsprechenden Worte gehört habe, vom Sinn her wieder den Schlussstrich unter vielen Dingen gespürt. Ich glaube aber, dass dieser auch in dieser Frage nicht wirklich angebracht ist.

Ich möchte aber, bevor ich diesen Antrag formal einbringe, schon noch aufzeigen, um welche Dinge es gehen würde. Es geht um eine zweisprachige vorschulische Versorgung, die es nach wie vor nicht gibt. Es gibt keine zweisprachigen Kindergärten. Dieses Modell beginnt, wo überhaupt, erst im Schulsystem. Im Burgenland gibt es sie übrigens, aber vor allem in Kärnten gibt es sie nicht, was vielleicht auch eine Antwort der FPÖ bedingen würde, warum das nicht der Fall ist.

Es geht um die Ausbildung von zweisprachigem pädagogischem Personal. Es geht, auch in Kärnten, um die Umsetzung der 25-Prozent-Klausel bei den Ortstafeln, wo zwar einige gestanden sind, aber nicht alle, etwas, was eigentlich nach dieser Regelung umzusetzen wäre. Im Übrigen – Kollege Zernatto, das wissen Sie auch – sieht das Memorandum ein Überdenken dieses Prozentsatzes, der damals festgelegt wurde, vor, der auch willkürlich gewählt wurde, denn es steht nirgends, dass man unbedingt 25 Prozent nehmen muss. Im Rahmen einer entsprechenden Überarbeitung sollte es möglich sein, auch über diesen Prozentsatz zu reden.


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Es geht um eine durchgehende zweisprachige Schulausbildung, die bislang nur in Teilen des Schulsystems vorgesehen ist, und es geht auch um die Förderung von zweisprachigen und Minderheitenradios, wo es zwar Förderungen gegeben hat, die jetzt wieder gekürzt wurden, und wo offenbar mit einer Starthilfe argumentiert wurde. Eine Starthilfe kann man wohl nur dann anbieten, wenn man davon ausgeht, dass sich solche Radios dann wirtschaftlich auch tragen. Sie werden doch nicht allen Ernstes glauben, dass es die Möglichkeit gibt, das auf kommerzieller Basis in dieser Nische so zu gestalten, dass es keine Förderungen mehr zu geben braucht. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht beim ORF auch um mehr Berücksichtigung der Minderheitensprachen, was die Sendezeiten betrifft. Und es geht gerade in diesem sensiblen Bereich zum Beispiel auch bei der Kürzung der Posttarife um die Frage, welche Auswirkungen das hat. Wo soll der Ersatz sein? Was passiert, wenn diese Medien nicht mehr erscheinen können? Bei deutschsprachigen Medien können Sie vielleicht noch argumentieren, es wird einen Ersatz geben. Wenn diese Medien nicht mehr erscheinen können, dann gibt es keinen Ersatz, sie werden dann einfach nicht mehr präsentiert werden. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Überarbeitung des Volksgruppengesetzes 1976

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Überarbeitung des Volksgruppengesetzes 1976 auf Grundlage der Forderungen des Memorandums der österreichischen Volksgruppen aus dem Jahre 1997 und mit besonderem Augenmerk auf die Transformation des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten in das innerstaatliche Recht bis 1. Feber 2001 vorzulegen.

*****

Abschließend – ich weiß, das gehört nicht zu den Minderheitenfragen – möchte ich als Bildungssprecher und als jemand, der mit dem Schulsystem zu tun hat, auf eine Bestimmung des Regierungsübereinkommens hinweisen – ich habe das schon mehrfach getan –, was den muttersprachlichen Unterricht betrifft.

Wenn davon die Rede ist, dass die zusätzlichen Dienstposten, die hier bestehen, auf den Deutschunterricht zugeschnitten werden sollen und dass dieser im Vordergrund stehen soll, dann kann mir Ministerin Gehrer nicht erklären, dass das keine Auswirkungen auf den muttersprachlichen Unterricht haben wird und es dort nicht zu Kürzungen kommen soll, sonst gibt es keine Konzentration auf den Deutschunterricht. Aus allen Studien geht hervor, dass der muttersprachliche Unterricht eine enorme Bedeutung auch für das Erlernen und Erwerben deutscher Sprachkenntnisse hat. Ich würde Sie bitten, noch einmal zu überdenken, ob die Konzentration und die Kürzungen in dem Bereich eine in irgendeiner Form zu rechtfertigende Maßnahme sind. (Beifall bei den Grünen.)

13.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zernatto zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.09

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Ausführungen des Kollegen Brosz habe ich entnommen, dass er gemeint hat, es gäbe in Kärnten keine zweisprachigen Kindergärten.


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Ich berichtige tatsächlich: Es gibt selbstverständlich zweisprachige Kindergärten, und zwar 14. Davon sind sechs Gemeindekindergärten und acht private Kindergärten, in denen zweisprachige Erziehung angeboten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich noch bekannt geben, dass der Entschließungsantrag, der vorhin eingebracht wurde, ausreichend unterstützt ist und daher auch mit in Verhandlung steht.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte.

13.10

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Gut Ding braucht Weile. – Und so ist es auch jetzt mit dieser Staatszielbestimmung. Es ist äußerst erfreulich, dass es gelungen ist, dieses Gesetz mittels eines Vier-Parteien-Antrages heute zu beschließen. Aber, meine Damen und Herren, um das Problem einer fehlenden Staatszielbestimmung im Verfassungsrang betreffend österreichische Volksgruppen zu beseitigen, haben wir Sozialdemokraten und im Besonderen Kollege Walter Posch als erste Partei in Österreich schon vor einigen Jahren einen weitreichenden Entwurf einer entsprechenden Staatszielbestimmung hier im Hohen Haus eingebracht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten haben das maßgeblich betrieben, und das ist – wie vorhin schon meine Kollegin Plank erwähnt hat – auch dokumentiert. Kollege Zernatto hat vorhin gesagt, dass der letzte Bundeskanzler Klima das nicht mehr gemacht hat. – Sie wissen, dass ein Bundeskanzler allein keine Verfassungsbestimmung machen kann, dazu braucht er die gesamte Regierung; und in der letzten Regierung war noch die ÖVP vertreten, die das auch nachweislich eher gebremst hat. Das ist eine Tatsache! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Zuge der Debatte kam der Vorschlag von der SPÖ, diesen weitreichenden ursprünglichen Wunsch in Artikel 8 festzuschreiben, weil im diskutierten Artikel 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes die einheitliche Staatsbürgerschaft festgeschrieben steht und in Artikel 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes die bundeseinheitlich eingeräumten Rechte der Minderheiten niedergeschrieben sind. Es ist deshalb richtig und wichtig, den Schutz, die Beachtung und die aktive Förderung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt unserer Volksgruppen als inhaltlich weitgehende Einigung aller Parlamentsparteien nunmehr als Staatszielbestimmung in den Verfassungsrang zu erheben.

Durch eine Staatszielbestimmung an prominenter Stelle in der Bundesverfassung, in Artikel 8, soll die kulturelle und sprachliche Vielfalt per se als Interesse der Republik definiert werden. Und nur, weil diese Staatszielbestimmung ein Verfassungsgesetz ist, also in Verfassungsrang steht, und man uns deshalb dazu braucht, ist es den Sozialdemokraten und unserer Hartnäckigkeit zu verdanken, dass es schlussendlich zu diesem substantiellen Antrag gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Trotzdem hätte unsere ursprüngliche Variante eine weitreichendere, eine deutlichere Vielfalt zugelassen und in der Staatszielbestimmung verankert. Aber diese heute vorliegende Formulierung ist ein positiver und guter Kompromiss, der den authentischen Willen der Volksgruppen umsetzt. Es ist eine Erfüllung eines der wichtigsten Wünsche unserer Volksgruppen.

Österreich bekennt sich dazu, seine Volksgruppen entsprechend zu fördern, und das ist gut so. Aber es wird zukünftig auch notwendig sein, sich verstärkt – Kollege Brosz hat das schon angesprochen – für die mediale Versorgung der Volksgruppen einzusetzen. Die Förderung der Volksgruppenradios, der verschiedensten Medien, die sonst natürlich überwiegend deutschsprachig sind, ist, so weit es möglich ist, zu realisieren, um künftig die mediale Versorgung der Volksgruppen zu gewährleisten. Die Kürzung der Subventionen für Volksgruppenradios – wie das jetzt geschieht – um ein Drittel, nämlich von 15 Millionen auf 10 Millionen Schilling, ist da der falsche Weg.

Ebenso ist es notwendig, die Weiterentwicklung der Volksgruppen-Schulen verstärkt zu fördern.


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Die Schaffung einer entsprechenden Staatszielbestimmung für die österreichischen Volksgruppen bedeutet eine positive und gute Entwicklung für unser Land. Allerdings darf man sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Daher ist das Verfassungsgesetz aufzuwerten und den Beiräten mehr Gewicht zu verleihen. Bei der Novellierung des Volksgruppengesetzes ist auch endlich eine besondere Förderung der Roma in eine taugliche Fassung zu bringen, denn diese Gruppe ist ja unter anderen Vorzeichen zur Volksgruppe geworden; sie ist erst seit sieben Jahren als solche in Österreich anerkannt.

Abschließend möchte ich den Vertreter der kroatischen Volksgruppe, Bürgermeister Leo Radakovits, zitieren, der als Experte bei der Sitzung des Unterausschusses des Menschenrechtsausschusses meinte: Die Vielfalt Österreichs ergibt sich aus dem Bestehen der Volksgruppen. Diese Vielfalt Österreichs ist zu schützen und zu fördern. – Wir Sozialdemokraten stehen dazu! – Danke.

13.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. – Herr Abgeordneter Hornek? Ist er da? – Nicht da!

Wir gelangen, da die Rednerliste erschöpft ist, zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 202 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche und erreichte Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen damit sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle neuerlich die Einstimmigkeit fest und auch das verfassungsmäßig erforderliche Gebot der Zweidrittelmehrheit.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Überarbeitung des Volksgruppengesetzes 1976.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Entschließungsantrag 104/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Bekämpfung der Todesstrafe (86 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Der Berichterstatter ist gleichzeitig der erste Redner, und ich ersuche Sie, Herr Abgeordneter Posch, zum Rednerpult zu kommen.

13.18

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vorerst möchte ich eine Druckfehlerberichtigung zum Ausschussbe


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richt 86 der Beilagen vorbringen. Im Text des Ausschussberichtes hat im vorletzten Satz die Nummer des Entschließungsantrages statt "105/A (E)" richtigerweise "104/A (E)" zu lauten.

Bevor ich auf das jetzt in Diskussion stehende Thema eingehe, möchte ich Folgendes sagen: Lieber Christof Zernatto! Es tut mir Leid, dass ich dein Harmoniebedürfnis gestört habe. (Abg. Dr. Zernatto: Das ist gar nicht so leicht!)  – Das ist nicht leicht, ich weiß. Dein Harmoniebedürfnis ist durch nichts zu erschüttern; es ist manchmal zu viel des Guten.

Wer bestimmt, wann der richtige Zeitpunkt und was der richtige Ort ist. (Abg. Dr. Zernatto: Offensichtlich sehr subjektiv das Ganze!)  – Das ist eine sehr subjektive Wahrnehmung, daher möchte ich darauf gar nicht mehr eingehen, weil ich während der Debatte durchaus den Eindruck gehabt habe, dass zumindest ein Teil deiner Fraktion verstanden hat, was ich gemeint habe. Du selbst bist ja auch ein Teil der leidvollen Geschichte, die du in Kärnten geschrieben hast. Ich bin mir ganz sicher, dass du nicht vergessen hast, was du selbst in Kärnten erlebt hast. Deine persönlichen Erfahrungen sind sicher sehr nützlich, du solltest sie auch insbesondere an den Herrn Bundeskanzler weitergeben.

Ich werde mich nicht davon abhalten lassen, das zu sagen, was Sache ist, und das zu argumentieren, was Sache ist (Beifall bei der SPÖ), und immer wieder auch zu sagen, worauf sich der Herr Bundeskanzler eingelassen hat – in vollem Bewusstsein dessen, was in Österreich in den letzten Jahrzehnten alles gesagt wurde, wie die Politik in Österreich im letzten Jahrzehnt ausgesehen hat, wie mit Menschen umgegangen wurde, wie Menschen instrumentalisiert wurden.

Das ist etwas ziemlich Konkretes. Ich gebe schon zu, wenn man selbst nicht betroffen ist, wenn man selbst nicht Flüchtling ist, wenn man selbst nicht Ausländer ist, dann sieht man das alles vielleicht etwas anders.

Aber wir werden uns auch in Zukunft die Freiheit nehmen, darauf hinzuweisen, dass auch das, was Sache ist, und das, was Politik ist, und das, was die Ursache der Schwierigkeiten ist, in denen sich der Herr Bundeskanzler zurzeit befindet und aus denen herauszukommen er sich krampfhaft bemüht, dass diese Ursachen und diese vergeblichen Bemühungen einen ganz konkreten Grund haben. Der Grund dafür liegt in der Politik der vergangenen Jahre. – Wer Ohren hat, kann hören, und wer sehen will, kann sehen, und wer verstehen will, der kann verstehen, ob er will oder nicht, ob sein Harmoniebedürfnis gestört wird oder nicht gestört wird.

Damit komme ich zum vorliegenden Entschließungsantrag betreffend Todesstrafe. Es darf nicht vergessen werden, dass die vorliegenden Materien einstimmig beschlossen wurden, dass wir uns einem konstruktiven Gesetz und einer konstruktiven Vorlage durchaus nicht verschließen und dass wir uns einem konstruktiven Dialog dann nicht verschließen, wenn wir glauben, dass das eine sinnvolle Sache ist. Das bereits verhandelte Versöhnungsfonds-Gesetz ist nach unserem Dafürhalten eine positive Sache, es ist die Staatszielbestimmung eine positive Sache, und es ist auch dieser Antrag betreffend Todesstrafe, der vermutlich auch einstimmig beschlossen werden wird, eine positive und daher eine konsensuale und daher einstimmige Sache.

Wir werden zwar unsere Zustimmung geben, uns aber trotzdem erlauben, das zu sagen, was Sache ist, weil wir uns von der Politik, die wir haben, von der Politik, die wir zutiefst ablehnen und von der wir uns in höchstem Maße distanzieren, auch nicht totmachen lassen wollen.

Der vorliegende Antrag, diese einstimmige Entschließung, ist eine Aufforderung an die Bundesregierung. Im Wesentlichen geht es um vier Punkte, und zwar:

darauf hinzuwirken, dass die Todesstrafe weltweit abgeschafft wird,

insbesondere im Europarat auf die Ratifikation eines dort vorliegenden Abkommens zu drängen,

die Debatte über die Todesstrafe zu forcieren vor allem in Gesprächen mit den Beitrittskandidaten zur Europäischen Union; das auch in der UNO-Vollversammlung zu thematisieren und


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insbesondere Kinder und Jugendliche vor der Todesstrafe zu bewahren.

Das waren unsere Anliegen. In Österreich gab es betreffend Todesstrafe stets einhellige Ablehnung. In Österreich wurde die Todesstrafe 1968 abgeschafft, und es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, dass die Todesstrafe kein geeignetes Instrument des Strafvollzuges ist.

Der Beweis dafür ergibt sich auch aus der Praxis. Wir haben in Österreich eine geringe Kriminalitätsrate, insbesondere bei Verbrechen gegen Leib und Leben, was auch beweist, dass die Todesstrafe keinen abschreckenden, sondern einen stimulierenden Charakter hat und dass es einen engen Zusammenhang zwischen der exzessiven Verhängung der Todesstrafe und Gewaltbereitschaft gibt.

Der Bericht über das Jahr 1999 von "amnesty international" zeigt auf, dass noch in 37 Staaten insgesamt 1 625 Hinrichtungen vollzogen wurden, dass noch in 90 Staaten die Todesstrafe gesetzlich verankert ist und dass sie in vielen Staaten exzessiv vollstreckt wurde oder wird. Spitzenreiter ist dabei die Volksrepublik China mit 1 067 Hinrichtungen, gefolgt von Zaire mit 100, dann folgen schon die Vereinigten Staaten von Amerika mit 68 und der Iran mit 66 Exekutionen; die extralegalen Hinrichtungen, das Verschwindenlassen und so weiter sind darin gar nicht berücksichtigt.

Die Todesstrafe verletzt das oberste Menschenrecht, nämlich das Recht auf Leben. Es verletzt auch die Integrität der Menschen insofern, als sie in winzigen Todeszellen gehalten werden, was einer Folter gleichkommt. Und dass Menschen insbesondere vor Zuschauern vorsätzlich getötet werden, unterstreicht vor allem den spekulativen Charakter der Hinrichtungen. Wie Hinrichtungen vollzogen werden, darüber machen Sie sich selbst ein Bild; ich darf zum Beispiel an die spekulative Medienberichterstattung erinnern, daran, wie grausam und grausig schon allein diese Berichterstattung ist.

Dazu kommt noch, dass die Todesstrafe oft nach rassischen oder sozialen Gesichtspunkten verhängt wird. Überdurchschnittlich oft werden Angehörige von Minderheiten exekutiert. In den USA zum Beispiel sind 35 Prozent der Häftlinge in den Todestrakten Schwarze, obwohl der Anteil der Schwarzen an der Gesamtbevölkerung nur 12 Prozent beträgt. Und auch die Hinrichtung von Geisteskranken und Jugendlichen steht bedauerlicherweise auf der Tagesordnung.

Daher bedeutet, gegen die Todesstrafe zu sein, nicht, die Opfer der Gewalttaten und deren Angehörige zu vergessen oder kein Mitgefühl zu zeigen und auch das Leid der Hinterbliebenen nicht entsprechend zu würdigen, sondern es ist einfach ein barbarischer Akt des Strafvollzugs. Man muss die Ursachen der Verbrechen angehen, die Todesstrafe selbst ist nur ein Glied in der Kette von Gewalt.

Eine Todesstrafen-Statistik, kurz zitiert, zeigt, dass zum Beispiel in den USA in Staaten, in denen die Todesstrafe verhängt wird, die Kriminalitätsrate in Bezug auf Mord weitaus höher ist als in Staaten, in denen es keine Todesstrafe gibt, und zwar deutlich höher ist. Die Statistik zeigt, dass zum Beispiel im Süden der Vereinigten Staaten, wo 80 Prozent der Hinrichtungen ausgeführt wurden, die Mordrate am höchsten ist, der nördliche Osten hingegen mit nur 1 Prozent der Hinrichtungen die bei weitem niedrigste Mordrate hat.

Auch der Vergleich von acht Industriestaaten zeigt, dass in den USA, dem einzigen dieser acht Industriestaaten, der die Todesstrafe verhängt, weitaus mehr Menschen durch Schusswaffen sterben als in den übrigen. Zum Beispiel – um es Ihnen zu verdeutlichen –: In den USA werden von 100 000 Personen 35 Menschen durch Schusswaffen getötet, in der Schweiz 13,6, in Schweden 4, in Kanada 3, in Deutschland 2,5, in Australien 0,3, in Neuseeland 0,6, in Großbritannien 0,5. Und es zeigt sich auch, dass in den USA trotz exzessiver Zunahme an Hinrichtungen die Mordrate relativ stabil bleibt.

Ich glaube, eindrücklich bewiesen zu haben, dass die Todesstrafe eben kein geeignetes Mittel des Strafvollzugs ist, und dieser gegenständliche Entschließungsantrag möge daher ein kleiner Beitrag zur Lösung des Problems sein. Die Regierung möge mit Nachdruck Initiativen


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unterstützen, zumal Österreich insbesondere im Europarat stets ein Vorreiter für die Abschaffung der Todesstrafe war und immer noch ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

13.28

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 1 813 Menschen wurden allein 1999 in 31 Ländern hingerichtet, so die offiziellen Zahlen. Zum Tode verurteilt wurden 3 857 Menschen in 63 Ländern. Im Iran, in Saudi-Arabien und den USA ist die Zahl der Hinrichtungen 1999 sogar angestiegen, obwohl insgesamt die Zahl der Hinrichtungen zurückgegangen ist.

Angesichts dieser Zahlen ist es Pflicht jener Länder – Kollege Posch hat das schon richtig ausgeführt –, in denen die Todesstrafe verboten ist, dagegen ihre Stimme zu erheben. Das Recht des Menschen auf sein Leben steht im Zentrum des grundrechtlichen Schutzsystems. Das Grundrecht schützt vor willkürlichen Eingriffen in das menschliche Leben und seiner Selbstschutzlosstellung.

In Österreich wurde die Todesstrafe lange Zeit damit als vereinbar angesehen. Erst im Jahr 1968, also in der Zeit eines ÖVP-Bundeskanzlers, wurde sie durch Artikel 85 des Bundes-Verfassungsgesetzes ausnahmslos verboten.

Betonen möchte ich, dass das Lebensrecht jedes Menschen vom Beginn seiner körperlich-geistigen Existenz an bis zum Tod besteht. Das Recht auf Leben kommt daher auch dem Embryo zu. Es ist unsere Pflicht, auch das ungeborene Leben zu schützen!

Verwunderlich und eigentlich zutiefst beschämend ist es meiner Meinung nach, dass Staaten wie die USA, die sich häufig so vehement für den Schutz der Menschenrechte einsetzen, das Recht auf Leben noch immer mit Verhängung und Ausführung von Todesstrafe mit Füssen treten. 1999 wurden allein in den USA 98 Gefangene hingerichtet.

Häufig wird die Todesstrafe in den USA und anderen Ländern durch die Notwendigkeit der Prävention und des Schutzes der Gesellschaft gerechtfertigt. Diese beiden Gründe sind weitgehend strittig, denn sie rechtfertigen weder die Todesstrafe, noch wird mit der Todesstrafe die gewünschte Wirkung erzielt, wie Untersuchungen eindeutig belegen. Außerdem birgt eine Verurteilung auch immer die Gefahr eines Irrtums in sich. Somit besteht die Gefahr, dass Unschuldige hingerichtet werden.

Von 1973 bis Mitte 1999 wurden in den USA 87 Gefangene von der Todesstrafe freigesprochen. Die Todesstrafe an sich ist grausam und menschenverachtend, aber die Vorstellung, dass unschuldige Menschen getötet werden, ist abscheulich. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Menschenrechte sind unteilbar. Rachegefühle von Verwandten von Opfern und die Aufgabe des Staates, die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten, rechtfertigen nicht die Todesstrafe. Die heutige Gesellschaft, so sollte man meinen, müsste über derart grausame, menschenverachtende Methoden hinausgewachsen sein und mit mehr Weitsicht, vor allem aber Achtung des menschlichen Lebens agieren.

Ich möchte in diesem Zusammenhang die Leistungen der NGOs hervorheben, die zur Bewusstseinsbildung und zur Wissensverbreiterung zum Thema Todesstrafe wertvolle Arbeit leisten und sich unermüdlich für deren Abschaffung einsetzen.

Ich sehe es also als unsere Pflicht an, auf diese Missstände hinzuweisen und diese zu thematisieren. Die Bundesregierung, im Besonderen die Frau Außenministerin, wird aus diesem Grund ersucht, sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit verstärkt für das Anliegen einer weltweiten Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen.


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Der Punkt 2 des Antrages fordert dazu auf, im Rahmen des Europarates auf eine Ratifizierung des entsprechenden Abkommens durch die Mitgliedstaaten zu drängen. Dieser Punkt scheint mir besonders wichtig zu sein. Noch 1997 wurden in Mitgliedstaaten des Europarates 17 Hinrichtungen durchgeführt. Ende 1997 wurden diese Hinrichtungen vom Europarat auf das Schärfste verurteilt und mit der Drohung, bei Fortführung dieser Praxis die Mitgliedschaft der betroffenen Länder zu überdenken, besetzt.

Die Europäische Menschenrechtskonvention anerkennt in Artikel 2 das Lebensrecht des Menschen und verpflichtet den Staat zum gesetzlichen Schutz dieses Rechtes. Das Zusatzprotokoll Nummer 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention verbietet darüber hinaus konkret die Verurteilung zur Todesstrafe und deren Ausführung. Seit 1994 wird von neun Mitgliedstaaten des Europarates verlangt, die Todesstrafe innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren abzuschaffen. Leider haben noch nicht alle Mitgliedstaaten das Zusatzprotokoll ratifiziert; die Türkei noch nicht, die Ukraine, Georgien, Polen und Albanien haben es erst kürzlich getan.

Obwohl in der Vergangenheit das Verbot der Todesstrafe keine Aufnahmebedingung für den Europarat war, sollte dies in Zukunft Voraussetzung dafür und für alle bestehenden Mitglieder ein anzustrebendes Ziel sein. Die Einhaltung dieser Bestimmungen sollte streng kontrolliert und Verstöße dagegen schärfstens sanktioniert werden.

Insbesondere die Mitglieder der Europäischen Union sollten sich gemeinsam für eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe einsetzen, denn Europa ist eine Wertegemeinschaft und sollte sich besonders in der Verteidigung und im Schutz der Menschenrechte einig sein und dies auch nach außen hin entsprechend kommunizieren und dokumentieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

13.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

13.34

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Einige Details, ergänzend zu den Ausführungen meiner Vorredner, zu der Problematik Todesstrafe. China steht nach wie vor an der Spitze – wir haben es gehört, wir haben es auch so aus den Medien gewusst –: 1 067 Hinrichtungen. Das scheint aber keine Spezialität der Volksrepublik China zu sein, sondern eher eine in dieser Region heimische Erscheinung. Der Stadtstaat Singapur, der nicht überwältigend groß ist, ist immerhin auf 28 Hinrichtungen gekommen; in Relation zu den Vereinigten Staaten von Amerika mit 68 Hinrichtungen fast halb so viele.

Ich glaube, wenn sich jemand der Mühe unterzöge und nachrechnete, wo relativ mehr Hinrichtungen stattfinden, würde wahrscheinlich Singapur der Volksrepublik China den Rang ablaufen, auch wenn diese Bemerkung vielleicht nicht so modern wäre, denn Singapur gilt ja als demokratischer Musterstaat. Allerdings habe ich schon gehört, wenn man einen Kaugummi lutscht und ihn irgendwo hinpickt, wo er nicht hingehört, bekommt man dafür ein Jahr unbedingt; so ungefähr ist das, aber ich hoffe, man wird deswegen nicht hingerichtet.

Die Situation ist aber auch in Europa nicht wirklich so schön. Polen, höre ich, hat die Todesstrafe jetzt abgeschafft.

Noch einmal zu Asien: Immerhin sechs Hinrichtungen in Japan im vergangenen Jahr. – Auch ein demokratisches Musterland, wie wir immer wieder hören und lesen, aber sechs Hinrichtungen, das ist auch eine erkleckliche Zahl.

In Weißrussland, das den europäischen Höchststand erreicht: 33 Hinrichtungen. Das ist kein übertrieben großes Land, aber es zeichnet sich durch besondere Radikalität in mancher Hinsicht aus. Ich darf daran erinnern, dass man dort absichtlich einmal einen Heißluftballon mit deutschem Kennzeichen und zwei amerikanischen Linienpiloten als Hobby-Ballonfahrern abgeschossen hat. Sie haben guten Wind gehabt und sich beizeiten über Funk bei der Boden


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kontrolle in Weißrussland angemeldet. Die haben das stillschweigend zur Kenntnis genommen und haben sie mit der Flak abgeschossen. Alle zwei Piloten waren tot.

Das heißt, es gibt auch in Europa Länder, wo man sich sehr wundert, was dort alles geschieht, und wo man vor der Türe stehen sollte und sich darum bemühen sollte, Änderungen zu erreichen, ohne dass man um den halben Erdball, etwa in die Volksrepublik China, reisen müsste.

In Österreich wurde zwar im ordentlichen Verfahren die Todesstrafe "schon" – unter Anführungszeichen! – 1950 abgeschafft – ich kann mich noch erinnern, damals sind noch Todesstrafen verhängt worden und in den vierziger Jahren bis 1950 auch vollzogen worden – und im außerordentlichen Verfahren, also Standrecht et cetera, 1968, also vor – helfen Sie mir rechnen! – 32 Jahren. Gar so eine Ewigkeit ist das auch nicht her. Allerdings sind wir da relativ gut gelegen, denn: Abschaffung in Frankreich: 1983, in Spanien: 1994, in Belgien: 1996! Also auch Staaten, deren Repräsentanten gelegentlich mit den Fingern auf uns zeigen, sollten eher vor der eigenen Türe kehren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber bei den Franzosen könnte es so sein, dass es das gibt, was man in der Strafrechtspflege die Aggressionsverschiebung nennt. Wenn man eigentlich auf sich selber böse sein müsste – was schwierig ist und unbequem –, dann ist man zur Sicherheit auf irgendjemand anderen böse, der nichts dafür kann. Denn die Franzosen glauben ja immer, uns etwas am Zeug flicken zu müssen, aber es gibt eine interessante Umfrage, veröffentlicht in den französischen Medien. Da steht alles Mögliche drin, was einen wundert, aber unter anderem steht da, dass sich 69 Prozent der Franzosen – also fast 70 Prozent – selbst als rassistisch bezeichnen, aber auch, dass 45 Prozent – also fast die Hälfte – dafür eintreten, dass man die Todesstrafe wieder einführen sollte.

Das ist nicht uninteressant! Wenn man Zeitungen aufmerksam liest oder gelesen bekommt, hat das seine Vorteile.

Ich freue mich darüber, dass ein weiterer Schritt in Richtung Ächtung der Todesstrafe jedenfalls in die Wege geleitet worden ist. Der Weg ist mühsam und lang andauernd, aber es ist immer wieder wichtig, ihn weiter zu begehen. Und dass wir das einvernehmlich tun, ist besonders erfreulich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

13.39

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es war ein Zufall, es war nicht so geplant, dass ich die Ehre hatte, den österreichischen Nationalrat – in dem Fall den Präsidenten Fischer – diese Woche bei einer Konferenz in Italien zu vertreten, und zwar auf Einladung des Römischen Senates, die den Titel "Europas Parlamente gegen die Todesstrafe" trug. Parlamentarier aller EU-Staaten waren eingeladen, gemeinsam über das Thema "Todesstrafe" zu beraten und dann auch eine Deklaration zu beschließen.

Es ist deshalb sozusagen ein Zufall, weil damals noch nicht klar war, dass wir heute einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag hier diskutieren würden. Mich hat es besonders gefreut, darüber schon vorweg berichten zu können, dass die erste einstimmige Aktivität des Menschenrechtsausschusses eine Entschließung zum Thema Todesstrafe war, die heute auch Ihre Zustimmung finden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vertreter von zehn EU-Staaten, die dort anwesend waren, sind in der Deklaration, die verabschiedet wurde, in Wirklichkeit viel weiter gegangen, als wir es mit unserer heutigen Entschließung tun. Wir setzen mit unserer Entschließung einen Schritt, wo es vor allem darum geht, die österreichische Bundesregierung und insbesondere auch die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten aufzufordern, zu bitten und darauf hinzuweisen, die österreichische Regierungspolitik in Fragen der weltweiten Ächtung der Todesstrafe zu intensivieren.


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Die Vertreter der europäischen Parlamente haben sich in ihrem Appell darauf konzentriert, in jenen Ländern, wo heute noch die Todesstrafe praktiziert wird und wo sie noch nicht ausgesetzt ist – und das ist eine unheimlich große Zahl –, die Abschaffung der Todesstrafe zu erreichen. Aus europäischer Sicht hat man vielleicht ein bisschen ein anderes Bild, denn wir kämpfen im Europarat sehr darum, dass in den wenigen Ländern in Europa, in denen die Todesstrafe noch nicht völlig abgeschafft ist, dies in absehbarer Zeit auch geschieht.

Ich meine, der prominenteste Fall in diesem Zusammenhang ist wohl die Türkei. In der Türkei ist die Todesstrafe weiter aufrecht. Die Türkei ist sich der Tatsache, dass jede Annäherung an die Europäische Union absolut an eine Änderung dieses Zustandes und an die Bedingung, die Todesstrafe abzuschaffen, gebunden ist, voll bewusst. Ich habe in dieser Woche in der Zeitung gelesen, dass es dort im Parlament jetzt auch eine Initiative zur Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten gibt.

Man muss nämlich wissen, dass da eine wesentliche Unterscheidung getroffen wird und dass es beispielsweise – nur ein Fall – in Griechenland, einem EU-Mitgliedstaat, zwar keine Todesstrafe für Verbrechen gibt, aber die Todesstrafe für besondere Verbrechen in Kriegszeiten noch geltendes Recht ist.

Wenn wir als Europäer uns immer als die absoluten Vorreiter der Zivilisation sehen, ist das auch nur bedingt zulässig. Nichtsdestotrotz ist die Tatsache bestürzend, dass es – im November ist die Wahl in den USA – vielleicht in ein paar Monaten, sollte George Bush jun. sich durchsetzen, dort einen Präsidenten geben wird, der die Todesstrafe befürwortet.

Erst kürzlich gab es eine Exekution in einem höchst umstrittenen Fall. Da wurde jemand hingerichtet, obwohl es nur eine einzige Belastungszeugin gab und der Hingerichtete bis zuletzt seine Unschuld beteuerte. Alle, die sich ein bisschen mit Todesstrafe beschäftigen, wissen, dass es in der Regel – und die Ausnahmen bestätigen die Regel – so ist, dass Menschen, die tatsächlich exekutiert werden, dann, wenn sie schuldig sind, ganz zuletzt diese Schuld auch einbekennen. Das ist wissenschaftlich begleitet und erforscht. Und Gary Graham hat bis zuletzt auf seiner Unschuld beharrt und diese beteuert. Ich habe das jetzt nicht mehr ganz in Erinnerung, was seine letzten Worte waren, aber sie bezogen sich darauf, dass er jetzt umgebracht wird.

George Bush jun. hat sich "swift and just" zum Leitmotiv seiner Politik bezüglich Todesstrafe gemacht. Das heißt, schnell und gerecht will er vorgehen. Und er hat wahrlich alle Rekorde, die es in den USA gibt, gebrochen. In den fünfeinhalb Jahren, seit er Gouverneur von Texas ist, hat er 135 Todesurteile zugelassen. 133 Männer und 2 Frauen sind George Bush – ich sage es ganz drastisch – zum Opfer gefallen.

Natürlich ist es nicht zulässig, jetzt das eine System mit einem anderen zu vergleichen. Ähnlich, wie es in den USA auch ein anderes Verhältnis zur Waffe gibt, gibt es dort noch immer 73 Prozent Zustimmung zur Todesstrafe. Aber diese Zustimmung bröckelt. Die bröckelt, je mehr sich internationale Organisationen, aber vor allem auch nichtstaatliche internationale Organisationen mit diesem Thema beschäftigen.

Dann gibt es auch andere Beispiele, nicht nur Texas und George Bush jun., sondern auch jene, die jetzt Moratorien ausgerufen haben, wie beispielsweise der Gouverneur von Illinois, nachdem zutage gekommen ist, dass von 22 zum Tode Verurteilten 14 wieder freigelassen werden mussten, weil sich in einem ordentlichen Verfahren – "ordentlich" in dem Sinn, dass alle Ressourcen zur Verfügung gestellt wurden – herausgestellt hat, dass es ganz massive Verfahrensfehler gegeben hat.

Es trifft dort – das hat, glaube ich, Kollege Posch vorhin schon angesprochen – vor allem Minderheiten, seien es Schwarze, seien es Angehörige anderer ethnischer Minderheiten, seien es einfach Menschen, die nicht über die nötigen Mittel verfügen. Die Berichte, die es über die Rechtsanwälte und über die Verteidigung dort gibt, sind haarsträubend. Der Gouverneur von Illinois hat die Todesstrafe daher ausgesetzt, er hat einen, wenn Sie so wollen, Hinrichtungsstopp verfügt, nachdem diese Tatsachen ans Tageslicht gekommen sind.


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Aber ich möchte jetzt noch einmal zurückkommen auf die Initiative der europäischen Parlamente, und wir sind ein europäisches Parlament. Da wurde in der Deklaration ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass die Mitglieder der europäischen Parlamente in Staaten, in denen es noch die Todesstrafe gibt, die Bürger dazu aufrufen, Kandidaten bei Wahlen zu unterstützen, die sich öffentlich gegen die Todesstrafe aussprechen. Das ist ein Schritt, der meiner Ansicht nach sehr bemerkenswert ist, und ich meine, auch wir hier in Österreich sollten dem folgen.

Deshalb zuletzt zur Komplettierung der Statistik, die bisher von einigen bereits gebracht worden ist, noch ein Punkt, der auch in unserer Entschließung als letzter Punkt, als Punkt 5, steht und in dem es um die Vollziehung der Todesstrafe an Kindern und Jugendlichen geht. Auch da wieder die USA als Beispiel: Die USA haben es doch tatsächlich geschafft, seit 1990 13 Personen hinzurichten, die zum Zeitpunkt ihrer Tat jugendlich waren. Jugendlich nach unserem Sprachgebrauch, Kinder nach der Sprache der UN-Konvention über die Rechte des Kindes. 13 jugendliche Straftäter wurden seit 1990 hingerichtet!

Es ist kein Zufall, meine Damen und Herren – und das wäre auch gar nicht möglich –, dass es zwei UN-Staaten gibt, die die UN-Konvention für die Rechte des Kindes nicht unterzeichnet haben, nämlich die USA und Somalia. Das geht auch nicht, denn dann wäre das Morden, das Ermorden, das staatlich legitimierte Ermorden von Kindern ja auch nicht möglich.

Deshalb ist dieser letzte Punkt besonders wichtig, und ich hoffe sehr, dass wir in absehbarer Zeit auch Gelegenheit haben werden, insbesondere von Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner einen Bericht darüber zu bekommen, wieweit dieses Ersuchen, das wir an sie richten, bei jeder sich bietenden geeigneten Gelegenheit auf die Problematik der Todesstrafe hinzuweisen – und zwar wurde bei der Formulierung vor allem an bilaterale Gespräche und bilaterale Beziehungen zu anderen Staaten gedacht –, auch tatsächlich umgesetzt wurde.

Als Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte kann ich Ihnen nur versprechen: Wir nehmen Entschließungen wirklich ernst. Deshalb werden wir einfordern, dass sich die österreichische Bundesregierung an die Aufträge, die ihr der Nationalrat erteilt, auch hält. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte.

13.49

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner und Vorrednerinnen haben schon sehr klar ausgeführt, in welch großem Umfang weltweit noch Todesurteile von Seiten vieler Staaten vollstreckt werden. Wie problematisch diese Vorgangsweise ist, weiß man auf Grund der Fehlbarkeit der Gerichtsurteile, weiß man auch wegen der besonderen Grausamkeit, weil es unumkehrbar ist, wenn Menschen zu Tode kommen, wobei sehr oft Unschuldige darunter sind.

Ich denke – ich möchte vor allem auf einen Punkt eingehen –, dass besonders die westlichen Demokratien aufgerufen sind, Vorbildwirkung zu zeigen, speziell für Länder des Südens. Da ist es natürlich besonders problematisch, wenn immer wieder etwa die USA China Vorhaltungen machen in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte. Diese Vorhaltungen gehen ins Leere, solange eben in den USA mit einem Rechtssystem, das die Todesstrafe vorsieht, ganz eindeutig ein Standpunkt vertreten wird, der unmenschlich ist, der einer westlichen Demokratie unwürdig ist.

Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen – das hat auch meine Vorrednerin bereits getan –, dass es angesichts der EU-Osterweiterung besonders wichtig ist, in Europa klare Vorgaben zu machen. Deshalb freut es mich, dass Kollege Caspar Einem in Bezug auf die europäische Grundrechts-Charta auf europäischer Ebene schon ganz klar die absolute Ächtung der Todesstrafe eingefordert hat. Ich denke, das müssen wir nachdrücklich weiterverfolgen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte auf noch einen Punkt eingehen. Es ist auch heute noch so, dass in vielen Teilen der Welt die Todesstrafe von Staaten dazu missbraucht wird, die eigene Macht zu erhalten, Andersdenkende legal ausschalten zu können. In nahezu jedem Staat, der die Todesstrafe anwendet, sind Tendenzen erkennbar, mit der Todesstrafe Politik zu betreiben und Angehörige bestimmter Rassen, Religionen, ethnischer Gruppen und Minderheiten zu unterdrücken. Das muss man ganz eindeutig bekämpfen.

Und da wir uns heute im Zuge der Vergangenheitsbewältigung schon sehr eindringlich auch mit der eigenen österreichischen Vergangenheit beschäftigt haben, bringe ich noch einen Entschließungsantrag ein, in dem es um Folgendes geht:

Nach 1945 wurden Patrioten und Widerstandskämpfer, die durch die NS-Justiz verurteilt wurden, nachträglich rehabilitiert. Was in Österreich noch nicht erfolgt ist, ist eine Beschäftigung mit der Zeit des Austrofaschismus insofern, als man auch ganz klar gegen die Verhängung von standesrechtlichen Todesurteilen gegen demokratische Freiheitskämpfer im Februar 1934 auftritt und sich darauf verständigt, dass diese Menschen, die unter dem Dollfuß-Schuschnigg-Regime zu Tode gekommen sind – es waren auch sehr viele sozialdemokratische Funktionäre und Abgeordnete dabei –, zu Unrecht hingerichtet worden sind.

Der Bundesminister für Justiz hat in einer Anfragebeantwortung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl und Dr. Jarolim geschrieben:

"Eine darüber hinausgehende Aufschiebung oder Nichtigerklärung von Urteilen ist Frage eines parlamentarischen Willensbildungsprozesses, in dessen Rahmen das juristische Expertenwissen des Bundesministeriums für Justiz zur Verfügung steht."

Deshalb bringen wir heute folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordnete Heinzl, Dr. Jarolim und Genossen betreffend Rehabilitierung von Opfern des Austrofaschismus zur 34. Sitzung des Nationalrates (TOP 4) – Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 104/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Bekämpfung der Todesstrafe (86 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, in geeigneter Bezugnahme auf die nach 1945 erfolgte Rehabilitierung der durch die NS-Justiz verurteilten Patrioten und Widerstandskämpfer nunmehr dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, durch welchen eine Rehabilitierung jener Justizopfer des Austrofaschismus ermöglicht wird, deren politische Grundmotivation für ihre Widerstandstätigkeit die Erhaltung beziehungsweise die Wiederherstellung der österreichischen Demokratie war."

*****

Ich hoffe, dass sich im Zusammenhang mit dieser Debatte vielleicht auch einmal im ÖVP-Klub eine Diskussion über das Dollfuß-Bild ergibt, das immer noch in dessen Räumen hängt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

13.55

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr viel zu dem gemeinsamen Entschließungsantrag der vier Fraktionen gesagt worden, daher kann ich es relativ kurz machen.


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34. Sitzung / Seite 82

Ich denke, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass jeder Nationalrat unserer Republik während einer Legislaturperiode, so wie wir das schon in der vergangenen Legislaturperiode gemacht haben, ganz selbstverständlich einen Entschließungsantrag verabschiedet, in dem darauf hingewiesen wird, dass der Nationalrat gegen jede Form der Todesstrafe auftritt und dass er ebenso deutlich die Bundesregierung ersucht, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, international darauf hinzuwirken, dass es zur Aussetzung und zur Abschaffung von Todesstrafen kommt. Ich denke, dass das aus einem humanistischen Weltbild und aus einem christlichen Weltbild heraus eine Selbstverständlichkeit ist.

Ich möchte aber auf einen Punkt des Entschließungsantrages eingehen, auf den ich auch im parlamentarischen Menschenrechtsausschuss schon eingegangen bin, denn ich möchte, dass auch hier für das Protokoll deutlich gesagt wird, was wir mit diesem Entschließungsantrag meinen und was wir wollen. Und zwar beziehe ich mich auf den letzten Punkt des Entschließungsantrages, in dem es heißt: "... besonders darauf hinzuwirken, dass Jugendliche in keinem Staat der Erde der Todesstrafe unterliegen können".

Was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist – und ich habe das auch im Ausschuss angesprochen –: Ich möchte keinesfalls, dass irgendwie der Eindruck entsteht, wir würden hier eine Differenzierung zwischen jüngeren und älteren Menschen vornehmen. Ich halte dieses Herausnehmen einer Gruppe, indem man dann sagt, dort sei es besonders krass, wenn es die Todesstrafe gibt, für zumindest semantisch ein wenig problematisch. (Demonstrativer Beifall des Abg. Öllinger. ) Ich weiß – wir haben das im Ausschuss lange diskutiert, und die Mehrheit war dieser Meinung –, dass es keinesfalls so gemeint sein kann und auch nicht so gemeint ist, sondern es geht uns einfach darum, besonders darauf hinzuweisen, dass es bei Jugendlichen problematisch ist.

Ich sage trotzdem, dass mir die Semantik nicht gefällt. Das Auftreten gegen die Todesstrafe muss ein klares Auftreten sein, muss auch ein unteilbares Auftreten sein. Ich kann es nicht bei einer Bevölkerungsgruppe besonders dramatisch finden und bei einer anderen damit implizit ein wenig weniger dramatisch. Das ist meine Überzeugung.

Ich glaube, wir sollten hier deutlich machen – und daher sage ich es auch für das Protokoll –: Wir lehnen die Todesstrafe selbstverständlich grundsätzlich ab, und zwar gegenüber allen Gruppen, die denkbar sind, und wir wollen nicht besonders darauf hinweisen, dass eine Gruppe besonders schützenswert wäre. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Ich bin froh darüber, dass wir hier einen Vier-Parteien-Antrag haben und dass voraussichtlich alle Fraktionen diesem Entschließungsantrag zustimmen werden. Ich würde mir eigentlich wünschen, dass es uns bei vielen anderen Debatten gelingt, diesen Konsens herzustellen, der in Menschenrechtsfragen und in von einem humanistischen Standpunkt her wichtigen Fragen herrscht. Ich würde mir wünschen, dass wir diesen Konsens hier im Nationalrat in dieser Legislaturperiode des Öfteren finden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

14.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich teile nicht die Auffassung des Abgeordneten Posch, dass die Art der Androhung der Strafe keinen Einfluss auf die Kriminalität hat – dazu müsste man das viel umfangreicher beurteilen –, ich teile aber Ihre Ansicht, Herr Kollege, und auch die Intention dieses Entschließungsantrages, dass die Todesstrafe weltweit abgeschafft werden soll, besser gesagt, abgeschafft werden muss, und zwar egal, welches Verbrechen jemand begangen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie der Abg. Jäger. )

Es darf kein Mensch dazu berechtigt werden, in einem legalen Verfahren einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Das ist wirklich meine tiefste Überzeugung.


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34. Sitzung / Seite 83

Ich finde, es ist wirklich bestürzend, wenn man in dieser Auflistung sieht, dass es Länder gibt, die die Todesstrafe nach wie vor vollziehen, sich aber rühmen, ein besonders hohes rechtsstaatliches System zu haben, Länder, die sich rühmen, eine besonders hohe öffentliche Moral in ihren Gesetzen zu haben und den Menschenrechten eine besondere Bedeutung zukommen zu lassen.

Gerade die USA sind es, die ja immer sozusagen den Weltpolizisten spielen, aber trotzdem gibt es dort von den 50 Staaten 38, in denen die Todesstrafe nach wie vor aufrecht ist und auch vollzogen wird. Wenn auch im Laufe der vergangenen Jahre einzelne Staaten der USA die Todesstrafe eliminiert haben, so ist es in den letzten Jahren auch dazu gekommen, dass die Todesstrafe wieder eingeführt worden ist, das heißt, ein Rückschritt zu verzeichnen war.

Es ist schon mehrmals erwähnt worden: 98 Gefangene sind im Jahre 1999 sozusagen durch die staatliche Rechtsordnung umgebracht worden. Und was ich in diesem Zusammenhang besonders unmenschlich finde – wenn man davon überhaupt reden kann –, das ist, dass die Menschen zehn oder zwanzig Jahre lang mit dieser Todesdrohung leben müssen. Das, was man ursprünglich eigentlich als positiv gedacht hat, nämlich dass sie ein Rechtsmittel gegen die Verhängung und Vollziehung der Todesstrafe haben sollen, hat sich ins Negative verkehrt, indem diese Menschen praktisch jeden Tag auf die Vollstreckung ihres Todesurteils warten müssen.

Aus all dem Gesagten geht hervor, dass das Weltgewissen, das Amerika immer wieder spielen möchte, in der innerstaatlichen Praxis überhaupt keine Wirksamkeit und keinen Ausdruck findet.

Frau Kollegin Stoisits hat gemeint, dass es zu einer geringeren Zustimmung der Bevölkerung zur Todesstrafe in Amerika gekommen ist. Das ist schon richtig; von 80 Prozent ist die Zustimmung auf 66 Prozent gesunken, was aber noch immer sehr bemerkenswert ist. Jetzt habe ich jedoch gelesen, dass man jede Einmischung von außen als Bevormundung, als arrogante Bevormundung zurückweist. Das heißt, alle unsere Appelle werden in den USA offensichtlich völlig ungehört verhallen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frau Außenministerin, an die wir unseren Entschließungsantrag gerichtet haben, wird wahrscheinlich relativ wenig Möglichkeiten haben, weltweit auf eine Abschaffung der Todesstrafe hinzuwirken. Wir können aber die Frau Außenministerin hier vom Parlament aus verpflichten, dass sie alles unternimmt, um wenigstens in Europa so aktiv zu werden, dass bei den Beitrittsverhandlungen junktimiert wird, dass all jene Länder, die der Europäischen Union beitreten wollen, die Todesstrafe abschaffen müssen.

Das wird noch ein harter Weg sein. So hat zum Beispiel in der Türkei, wo die Todesstrafe nach wie vor aufrecht ist, neulich der türkische Präsident gesagt, das größte Hindernis auf dem Weg des Landes in die Europäische Union sei die Abschaffung der Todesstrafe. – Das muss man sich einmal vorstellen, wie die Todesstrafe in diesem Gesellschafts- und Rechtssystem offensichtlich verwurzelt ist, wenn das als das größte Hindernis bezeichnet wird! Das heißt, da ist noch ein sehr, sehr großer Aufklärungsbedarf vorhanden.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass ich die Intention dieses Antrages herabwürdige oder verwässere, wenn ich auch noch darauf hinweise, dass in vielen Ländern nicht nur die Todesstrafe nach wie vor existiert, sondern auch ganz grausame Körperstrafen. Diese Körperstrafen gehören meiner Meinung nach genauso geahndet und deren Abschaffung genauso gefordert, denn die Körperstrafen, die es besonders in den arabischen Ländern gibt, führen zu einer Isolierung des Täters beziehungsweise des Opfers, sie sind zutiefst demütigend und auch zutiefst erniedrigend.

Es gibt seit einigen Monaten seitens der UNO eine Kampagne für die Abschaffung der Todesstrafe. Es wurden Unterschriften beim UNO-Generalsekretär eingebracht. Ich hoffe, dass diese Aktion zu einem besseren Ergebnis führt als Aktionen in der Vergangenheit, und vielleicht können wir dieser Aktion noch unsere Forderung oder unser Bestreben anschließen, weltweit auch die Abschaffung der Körperstrafen zu fordern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.05


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34. Sitzung / Seite 84

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

14.05

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte gleich an diese Kampagne "Moratorium 2000" anschließen und daran erinnern, dass auch 50 000 Menschen in Österreich sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen haben und insgesamt weltweit 1,7 Millionen Menschen unterschrieben haben – diese Unterschriften wurden bereits Kofi Annan übergeben –, mit dem Ziel, dass es zu einer weltweiten Abschaffung der Todesstrafe kommt.

Viele unter uns haben diese Kampagne, dieses "Moratorium 2000", selbst unterschrieben, und ich möchte vielleicht einen der prominentesten Unterzeichner hier zitieren, dessen Worte den Bereich sehr gut umfassen und ausleuchten und im Grunde auch unsere gesamte heutige Diskussion. Ich spreche von Herrn Kardinal König, der seine Unterschrift so begründete: "Wer für Menschenrechte eintritt, dem muss auch bewusst sein, dass niemand das Recht hat, einem anderen das Leben zu nehmen."

König sprach sich gegen die Todesstrafe aus, weil darin der Gedanke der Rache mitschwingt, weil die Möglichkeit eines Justizirrtums besteht und weil man heute nach den schrecklichen Ereignissen des Holocaust und des Kommunismus mehr Verständnis für die Menschenrechte habe. – Ich glaube, das umfasst das Thema Todesstrafe sehr, sehr gut und zeigt wirklich das Problem in seiner ganzen Vielfalt auf.

Ich glaube, wir sind auf der halben Wegstrecke angelangt, wenn man sich anschaut, dass sich ungefähr die Hälfte der Länder der Welt dazu bekannt hat, die Todesstrafe abzuschaffen. Und ich möchte genau bei dieser Debatte diejenigen Länder aufzählen, die seit 1990 die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft haben. Es sind Länder in Afrika dabei wie zum Beispiel Angola, Mauritius, Mozambique, Südafrika; in Amerika sind es Kanada und Paraguay, in Asien Hongkong und Nepal und in Europa Armenien und Aserbeidschan.

Die beiden letzten Länder möchte ich besonders hervorstreichen, weil natürlich der Europarat und alle Mitglieder der Versammlung, so auch Österreich, aufgefordert sind, speziell ihr Augenmerk darauf zu lenken, dass die zwei neuen Beitrittsländer Armenien und Aserbeidschan, die vergangene Woche in den Europarat aufgenommen wurden, sozusagen als Vorleistung für ihre Aufnahme die Todesstrafe abgeschafft haben. Ich glaube, das muss hier auch positiv erwähnt werden.

Ich möchte die vielen Aufzählungen nicht mehr wiederholen und ergänzen, aber ich möchte doch noch zu einem wesentlichen Punkt kommen, und zwar in Bezug auf Amerika. Wir alle haben heute gehört, wie hoch die moralischen Ansprüche in Amerika sind und auch von Amerika gegenüber anderen Ländern ausgesprochen werden. Das ist auch richtig so, aber ich glaube, es steht auch kleinen Ländern zu, ihr Unbehagen oder ihre Empörung darüber auszusprechen, dass es in Amerika noch immer die Todesstrafe gibt. Von Frau Kollegin Stoisits wurden zum Beispiel Urteile aufgezeigt, wo es nur einen Zeugen, aber kein Schuldbekenntnis gab und trotzdem das Todesurteil vollstreckt wurde.

Wenn etwa der amerikanische Präsident aus Anlass der Gen-Entschlüsselung sagte: "Heute lernen wir die Sprache des Lebens, in der Gott die Welt erschuf!", dann ist ihm entgegenzuhalten, dass es eine Sprache Gottes gibt, in der es heißt: "Du sollst nicht töten!", die schon viel länger besteht und die wir schon viel länger kennen.

In diesem Sinne wünsche ich mir die Abschaffung der Todesstrafe – in dem Sinne, dass obige Worte auch verstanden werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Posch. )

14.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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34. Sitzung / Seite 85

Wir kommen damit zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 86 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest, und damit ist die Entschließung auch angenommen . (E 25.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinzl und Genossen betreffend Rehabilitierung von Opfern des Austrofaschismus.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

5. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft Feldbach (GZ 15.1 – 1999/5489, 5490, 5491, 5492, 4897, 2942, 2144) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink (197 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Bundes-Wertpapieraufsicht um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (198 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich gehe davon aus, dass die Berichterstatterin auf ihren Bericht verzichtet, und komme zur Rednerliste.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl. Ich erteile es ihm.

14.12

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln heute in dieser Plenardebatte zwei besondere Fälle von Immunität beziehungsweise von Auslieferungsbegehren. Bei dem einen Fall geht es um den Industrie- und Wirtschaftssprecher einer Fraktion dieses Hauses. Er hat sich, wie wir alle wissen, ganz besonders und besonders intensiv um das mit Mehrheit beschlossene ÖIAG-Gesetz bemüht und hat darüber hinaus auch sehr intensiv über einen Freund, dessen Trauzeuge er war, auf die Besetzung des Aufsichtsrates dieser neuen ÖIAG Einfluss genommen oder an ihr mitgewirkt.

Einer dieser Aufsichtsräte gehört zu den sogenannten "FOPs" – "Friends of Prinzhorn", wie Rauscher sie im "Standard" bezeichnet hat – und ist Chef der börsennotierten Wienerberger AG. Und da wird die Angelegenheit spannend, meine geschätzten Damen und Herren. Zu einem bestimmten Zeitpunkt ließ dieser Industrie- und Wirtschaftssprecher seiner Fraktion verlauten, dass das Unternehmen, nämlich die Wienerberger AG, veräußert werden würde. Und plötzlich spielte es sich auf der österreichischen Börse, die er ja besonders schützen möchte, fürchterlich ab! Die Kurse von Wienerberger stiegen und mussten aus dem Handel genommen werden (Abg. Dr. Martin Graf: Unglaublich, dass die Kurse steigen! Gemein!)  – wegen plötzlicher Kurssteigerungen, geschätzte Damen und Herren, und – laut Meinung der Bundeswertpapieraufsicht – weil falsche Gerüchte in Umlauf gesetzt wurden.

Geschätzte Damen und Herren! Ich will hier gar nicht thematisieren, ob es ein Insidertipp war, der zu dieser Situation geführt hat oder der den Abgeordneten zu seinen Aussagen brachte, und ich will auch nicht die Details der Frage beleuchten, ob der Abgeordnete die Presseaussendungen ausgelöst oder ob er nur auf sie reagiert hat. All das hat die Börsenaufsicht schon entsprechend genau durchleuchtet. Ich will hier auch nicht beleuchten oder hinterfragen, ob der


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34. Sitzung / Seite 86

Abgeordnete sich oder seinen Freunden irgendwelche Vorteile aus dieser Handlung, aus diesen Aussagen und Pressemeldungen zukommen ließ. (Abg. Haigermoser: Ich hätte zu Hause noch ein halbes Kilo Kaffeesud! Der Kaffeesud von der ganzen Woche!)  – Das halbe Kilo Kaffee, Herr Kollege Haigermoser, das wünsche ich Ihnen . Vielleicht beruhigt das Ihre Nerven. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielmehr darf ich hier an dieser Stelle festhalten, dass für meine Fraktion – weil wir uns an die Vereinbarungen halten, die wir im Immunitätsausschuss betreffend die Entscheidungspraxis getroffen haben – der politische Zusammenhang des Industrie- und Wirtschaftssprechers mit seinen Aussagen gegeben ist und wir daher dem Bericht des Immunitätsausschusses zustimmen werden.

Ich darf aber weiters festhalten, dass ich mir erwartet hätte, dass der betreffende Abgeordnete und Wirtschafts- und Industriesprecher, der aus einer Fraktion stammt, in der Ehre großgeschrieben wird, sich wenigstens nach der Sitzung des Immunitätsausschusses mannhaft der Öffentlichkeit gestellt (Abg. Mag. Firlinger: Kollege Gradwohl, ist das nicht ein bisschen tief?) und, Herr Kollege Firlinger, erklärt hätte, was der Hintergrund für seine Handlungen war. Ich hätte mir erwartet, dass er sich mannhaft der Öffentlichkeit zumindest zur Diskussion stellt.

Drittens, meine sehr geehrten Damen und Herren, bleibt für mich und für meine Fraktion der schale Nachgeschmack, dass der Zweite Präsident des Nationalrates, der eigentlich die Verfassung und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wie seinen Augapfel hüten und überwachen müsste, der hier eigentlich Vorbild sein sollte, die Immunität eines Abgeordneten auf diese Art und Weise missbraucht hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler versucht, einen Sticker mit der Aufschrift "Fairness for Austria" sowie dem Bild der EU-Flagge und der österreichischen Fahne an seinem Bankmikrophon zu befestigen, entfernt es dann aber wieder.)

Geschätzte Damen und Herren! Der zweite Fall ist mindestens ebenso spannend. Kollege Fink, nach Argumentation der ÖVP ein, wie viele hier im Haus, um seine Region bemühter Abgeordneter – und das stelle ich auch nicht in Abrede, sondern unterstütze das –, war in seiner Region, so wie viele von uns, bemüht, den Menschen zu helfen, Arbeitsplätze zu erhalten oder zu Arbeitsplätzen zu kommen.

Kollege Fink war das, was wir alle bei unseren Sprechtagen machen – nämlich den Menschen zu helfen, zu einer Arbeit zu kommen, sie dabei zu unterstützen –, noch nicht genug. Kollege Fink, dem das zu wenig war, gründete eine gewerbliche Arbeitsvermittlung. Auch das ist okay, geschätzte Damen und Herren. Er begann mit der Ansiedlung dieses Gewerbes, und es wurde ihm eine befristete Genehmigung zur Gewerbeausübung mit einigen Auflagen erteilt. – Auch das ist noch okay, aber jetzt wird es allerdings happig.

Da er nach Monaten nicht bereit oder nicht in der Lage war, diese Auflagen zu erfüllen, wurde plötzlich aus der gewerblichen Arbeitsvermittlung, die er ins Leben gerufen hat, eine politische Einrichtung, eine politische Institution, und er hat versucht, sich damit außerhalb des Gewerberechtes und außerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten zu stellen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: Ein Skandal! – Abg. Steibl: Stimmt ja gar nicht! – Weitere Zwischenrufe. – Unruhe im Saal.)

Und plötzlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, war festzustellen, dass diese gewerbliche Vermittlung von Arbeitskräften, die eigentlich nach den österreichischen rechtlichen Bestimmungen keinerlei öffentliche Gelder oder Zuschüsse erhalten dürfte, doch öffentliche Gelder bekommen hat! (Abg. Silhavy: Das auch noch?!) Dabei stellt sich die Frage, geschätzte Damen und Herren, warum das passiert ist. Und ich darf hier festhalten: Für meine Fraktion und für mich ist ein politischer Zusammenhang dieser Tätigkeit mit der Ausübung eines Gewerbes nicht gegeben. (Ruf: Aber bitte!)

Wieso "bitte"? Ich stelle eine Frage an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, vorwiegend an die Wirtschaftskämmerer. Was würden Sie dazu sagen, wenn ich – mich darauf berufend, dass ich Abgeordneter dieses Hauses bin – plötzlich ein Gewerbeunternehmen


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34. Sitzung / Seite 87

eröffne und mit einem Vierzigtonner unterwegs bin, ohne den Führerschein dazu zu besitzen? – Das ist nämlich das, was Sie hier verteidigen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man Ihre Überlegung konsequent zu Ende denkt, dann würde das bedeuten, dass künftig jeder Mandatar in diesem Haus sämtliche Gewerbe berechtigterweise ausüben oder betreiben darf, ohne einen Nachweis über die Befähigung zu benötigen, ohne einen Nachweis darüber zu brauchen, ob er dazu in der Lage ist! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers Bartenstein zur "Steirischen Joboffensive". Er hat in dieser Anfragebeantwortung vom anhängigen Strafverfahren gesprochen und auch auf die private Arbeitsvermittlung sowie darauf hingewiesen, dass keine öffentlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Ich darf zum Abschluss feststellen: Für uns ist der politische Zusammenhang in diesem Fall nicht gegeben. Wir werden daher der Auslieferung des Abgeordneten Fink zustimmen. Wir werden den Bericht des Immunitätsausschusses nicht zur Kenntnis nehmen. Und ich fordere Sie von der ÖVP und den Freiheitlichen auf, Sie, die ein neues Regieren in diesem Land ausgerufen haben, Sie, die alles nach Treffsicherheit untersuchen: Schaffen Sie nicht in diesem Bereich neue Privilegien! Schaffen Sie nicht in diesem Bereich Privilegien für Abgeordnete, während Sie auf der anderen Seite Privilegien abschaffen wollen, sondern sorgen Sie mit Ihrem neuen Regieren dafür, sorgen Sie intensiv dafür, dass vor dem Gesetz alle gleich sind, und nicht Abgeordnete gleicher! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Das hätte ich mir nie gedacht, dass ich vor der Sommerpause noch einen Spagat von Kukacka erlebe!)

14.20

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Kollege Schwemlein, du wirst noch einiges von mir erleben. Du wirst dich wundern in den nächsten Jahren! – Herr Präsident! Hohes Haus! Eines haben wir jetzt auch erlebt: dass Herr Kollege Gradwohl hier versucht hat, einen Vergleich zu bringen, der wirklich schwer gehinkt hat. Und nicht alles, was hinkt, ist eben ein guter Vergleich, Herr Kollege Gradwohl, und das müssen Sie sich auch vor Augen führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Die Ausübung eines LKW-Gewerbes hat überhaupt nichts mit Politik zu tun, da gebe ich Ihnen Recht. Aber die Gründung einer Arbeitsloseninitiative im Bezirk durch einen Bezirksabgeordneten hat sehr wohl etwas mit Politik zu tun, meine Damen und Herren! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ihnen von der SPÖ, die Sie immer groß von Arbeitsplatzpolitik reden – bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit haben Sie dieses Wort im Mund –, kann ich nur sagen: Wenn ein Abgeordneter von uns in einem Bezirk, der nachweislich eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenrate hat, so etwas macht, dann gehen Sie her und wollen ihn vernadern, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Die steirische SPÖ kann das überhaupt gut!) Das ist eine ausgesprochen unfaire Angelegenheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Ich weiß, da haben wir Sie auf dem schlechten Fuß erwischt, meine Damen und Herren, aber mäßigen Sie sich ein bisschen in der Sache! (Abg. Dr. Mertel: Wer hat denn die Auslieferung beantragt? Von wegen Vernaderung!)

Wir haben im Ausschuss festzustellen, ob ein Zusammenhang besteht zwischen der zur Last gelegten beziehungsweise behaupteten Verwaltungsübertretung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten. Und das ist doch mit der Hand zu greifen für jeden Blinden, dass die Gründung einer Arbeitsloseninitiative sehr wohl etwas zu tun hat mit der politischen Tätigkeit eines Abgeordneten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das versteht doch jeder kleine Bürger, das werden doch Sie auch noch verstehen!


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Wenn das bei den Sozialdemokraten anders ist, dann mag das dahingestellt sein. Bei uns ist es jedenfalls so. Bei uns gehört das zur Tätigkeit eines Abgeordneten, und wir sind stolz darauf, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher hat der Kollege Fink auch keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, sondern – nehmen Sie das zur Kenntnis! – Herr Kollege Fink war und ist Obmann eines gemeinnützigen Vereines, der sich eben zur Aufgabe gestellt hat, in seinem Bereich und in seinem Bezirk unter anderem auch Jobvermittlung zu betreiben, meine Damen und Herren. (Abg. Silhavy: Aber nicht legal! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)  – Ich weiß nicht, wieso Sie das so aufregt. Das ist ja wirklich verblüffend!

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich verstehe das Interesse an diesem Thema. Ich würde aber glauben, es sollte so diskutiert werden, dass alle Mitglieder dieses Hauses – und vielleicht auch Zuschauer darüber hinaus – auch die Möglichkeit haben, zuzuhören.

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Ich darf Ihnen noch etwas als Beispiel ins Stammbuch schreiben; vielleicht wäre das auch bei den Sozialdemokraten nicht schlecht.

Herr Kollege Fink hat im März 1998 als Begründung für seine Initiative angegeben – in den Medien nachzulesen; ich zitiere –:

Dass in Frankreich Arbeitslose bereits auf die Straße gehen, muss uns zu denken geben, betont Fink, der mit seiner Jobinitiative zeigen möchte, dass Arbeitslose den Politikern nicht egal sind. – Zitatende. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gibt es einen stärkeren Zusammenhang als den, der gerade auch aus diesem Zitat hervorgeht?! – Ich glaube, es wäre besser gewesen, Sie hätten in dieser Frage geschwiegen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Die haben ja nur einen Neid! Erfolgreiche Initiativen rufen Neid hervor!)

Meine Damen und Herren! Genau zur gleichen Zeit, als Herr Kollege Fink seine Arbeitsloseninitiative ergriffen hat, hat sich Herr Bundeskanzler Klima groß mit der Joboffensive der Bundesregierung feiern lassen. (Die Abgeordneten Dr. Rasinger und Dr. Trinkl: "Euroteam!" "Euroteam!") Er selbst hat zum Telefon gegriffen und Unternehmen angerufen. Er selbst war im Radio und Fernsehen dauernd in dieser Frage präsent. Aber dem kleinen Abgeordneten Fink soll das nicht erlaubt sein, meine Damen und Herren?! Eigentlich sollten Sie sich dafür schämen, dass Sie in dieser Frage so vorgehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Er hat Geld genommen!)

Meine Damen und Herren! Sie sollten sich auch über die Fakten genauer erkundigen. Zu keinem Zeitpunkt ist eine unbefugte Gewerbeausübung erfolgt. Das Arbeitsvermittlungsgewerbe ist nach Ablauf der Bewilligungsfrist des Bundessozialamtes tatsächlich nicht mehr ausgeübt worden. Der Verein hat seine Tätigkeit geändert, verfügt dabei aber über alle erforderlichen Gewerbeberechtigungen, zum Beispiel für Lebens- und Sozialberatung sowie für Unternehmensberatung, einschließlich Unternehmensorganisation; für Arbeitsvermittlung ebenfalls, aber dieses Gewerbe ist vorläufig ruhend gestellt, bis das Verfahren abgeschlossen ist. Der Verein selbst hat diesbezüglich eine Klage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, meine Damen und Herren.

Das sind die Fakten. Sie wollen hier einem Abgeordneten etwas am Zeug flicken für ein Verhalten, das er als politische Verpflichtung angesehen hat: die Verpflichtung, eine politische Initiative zur Verringerung der Arbeitslosigkeit in seinem Bezirk zu starten. Er selbst war in dieser Funktion nie persönlich gewerblich tätig, sondern hat als Vereinsobmann dafür gesorgt, dass dieses Ziel auch umgesetzt werden konnte. Offensichtlich ist er aber mit seiner Initiative der roten Arbeitsmarktverwaltung in die Quere gekommen, die deshalb behördlich gegen ihn vor


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34. Sitzung / Seite 89

gegangen ist. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.28

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kukacka hat in seinen Ausführungen behauptet, es gäbe eine rote Arbeitsmarktverwaltung. – Ich darf richtigerweise festhalten und berichtigen: Es gibt ein Arbeitsmarktservice, das sozialpartnerschaftlich besetzt ist. Es gibt daher kein rotes Arbeitsmarktservice. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Ihre Vertreter, Frau Kollegin Fekter, sitzen dort. Ihre Vertreter!

Zum Zweiten: Der Herr Abgeordnete Kukacka hat behauptet, es hätte sich zum Zeitpunkt, als das Strafverfahren begonnen hat, um eine Arbeitsloseninitiative gehandelt. – Das ist unrichtig. Richtig ist vielmehr, dass es sich laut Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde Feldbach dabei um eine gewinnorientierte, gewerbliche Arbeitsvermittlung gehandelt hat. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Herr Kukacka, Sie haben in Ihren weiteren Ausführungen, die Sie hier vorgetragen haben, wonach jetzt der Sinn und Zweck der Gewerbeausübung auch Unternehmensberatung ist, unter Beweis gestellt, dass von einer Arbeitsloseninitiative wirklich nicht die Rede sein kann!

Und zum Dritten, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat der Herr Abgeordnete Kukacka hier behauptet, die Sozialdemokraten wollen vernadern. – Herr Abgeordneter Kukacka! Ich stelle richtig ... (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich stelle richtig: Die Sozialdemokraten wollen hier nicht den Abgeordneten Fink vernadern, sondern sie wollen nichts anderes als die Einhaltung der österreichischen Gesetze, die für jeden Bürger in diesem Staat gelten, somit auch für den Abgeordneten Fink. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

14.29

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es liegen zwei Auslieferungsbegehren vor, und in beiden Fällen liegen die Gründe anders als bei früheren Begehren, bei denen die grüne Fraktion und ich persönlich uns immer sehr dafür eingesetzt haben, unter keinen Umständen auszuliefern. (Abg. Dr. Fekter: Weil es jetzt keine Grünen betroffen hat!)

Die sonstigen Ehrenbeleidigungs-, Üble-Nachrede-Angelegenheiten sind meiner Ansicht nach nicht durch Zivil- oder Strafgerichte in geeigneter Art und Weise zu ahnden, sondern wir brauchen für diese Fälle in der Tat neue und für den Geschädigten oder die Geschädigte bessere und raschere Instrumente. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Ich habe letztlich gegen die Auslieferung des Zweiten Nationalratspräsidenten Prinzhorn gestimmt, obwohl, wie ich schon im Ausschuss angemerkt habe, der Fall eine sehr unschöne Komponente hat, nämlich den Umstand, dass Prinzhorn die Vorhalte der Wertpapieraufsicht nicht beantwortet hat. So bleibt es offen, ob es tatsächlich ein politisches Interesse war, damit über öffentliche Vermögensgüter nicht in einer ungünstigen Art und Weise verfügt wird – damit wäre eine Auslieferung unstatthaft –, oder ob es auch andere, kommerzielle, materielle Gründe gab.


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Es wäre, denke ich, gut gewesen und gerade einem Präsidenten dieses Hohen Hauses gut angestanden, wenn er sich gegenüber der Wertpapieraufsicht erklärt hätte. Im Zweifel nehme ich einmal an und unterstelle, dass es den beruflichen Zusammenhang gibt, wiewohl – und das ist, wie gesagt, ein schwerer Makel! – Prinzhorn sich nicht dazu erklärt hat. In diesem Fall lasse ich also – im Zweifel – die Prinzipien der Grünen vorgehen und hoffe, dass es keinen Wiederholungsfall geben möge. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl. )

Im zweiten Fall sieht die Lage eindeutig anders aus. Und was Sie nun tun, bedeutet außerdem, dass Sie eine Linie dieses Hauses verlassen. Ich möchte, dass das auch in den Protokollen steht: Damit wird ein Präjudiz von sehr großer Tragweite geschaffen!

Herr Abgeordneter Kukacka! So lautstark Sie heute hier aufgetreten sind, so anders hat das im Ausschuss geklungen, wo eher davon die Rede war, dass man einmal generell über die Immunität und über die Auslieferung sprechen sollte, und wo das Werben um Verständnis im Vordergrund stand. Nur: Da hört sich das Verständnis auf!

Die Frage, ob jemand eine gewerbliche Tätigkeit oder eine Vereinstätigkeit, die sich auf Dinge bezieht, die sonst Gegenstand eines Gewerbes sind, ausübt und ob die entsprechenden Berufsberechtigungen vorliegen oder ob Auflagen der zuständigen Behörde erfüllt werden, hat nichts – aber auch schon gar nichts! – mit der beruflichen Tätigkeit als Abgeordneter zu tun. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Kollege Fink hat nie ein Gewerbe ausgeübt!)

Herr Kollege Kukacka! Sie haben einen wirklich sehr untauglichen Vergleich gebracht mit den Aktivitäten und Bemühungen zahlreicher Politikerinnen und Politiker, zum Beispiel die Arbeitsmarktsituation in ihrem Wahlsprengel zu verbessern oder in ihrer Region zu verbessern. – Na selbstverständlich bemühen wir uns alle darum, die Beschäftigungssituation in unserer Umgebung besser zu gestalten! (Abg. Dr. Fekter: Dann ist es ein politischer Zusammenhang!)  – Frau Fekter! Gewerblich ist der springende Punkt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Das hat er ja nicht gemacht!)

Sie können sich einsetzen, Sie können telefonieren, Sie können versuchen, Kontakte herzustellen. Aber er hat es nicht um Gottes Lohn getan, er hat ein Gewerbe ausgeübt beziehungsweise ... (Widerspruch bei der ÖVP.)  – Na selbstverständlich! Und die Zahl der Strafbescheide spricht ja auch für sich! (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Die Zahl der Strafbescheide spricht für sich!

Wenn ein politisches Interesse an einer Materie eine Berufsberechtigung ersetzen kann – und das ist das Präjudiz, das Sie hiemit schaffen –, dann muss ich sagen: Wunderbar! Hört alle zu, ihr Abgeordneten dieses Hauses, ich habe ein großes Interesse am Tierschutz – ich glaube, das lässt sich auch medial dokumentieren; nicht nur mit einem kleinen Artikel –, also stehen mir jetzt alle Berufe, die auch nur irgendwie mit Tieren zu tun haben, offen! Ich könnte etwa eine Praxis als Tierärztin eröffnen – ich will dies den armen Tieren ersparen, aber möglich wäre es nach diesem Präjudiz.

Oder: Wir alle interessieren uns doch für Kinder und wollen, dass die Kinder eine möglichst gute Ausbildung haben! – Wir alle können sofort eine lukrative Privatschule eröffnen! Den Weg dazu ebnen uns Herr Abgeordneter Kukacka und die ÖVP.

Ich hoffe – und wir werden dafür Sorge tragen –, dass auch Herr Präsident Leitl mit dieser "neuen Judikatur" der ÖVP befasst wird (Abg. Oberhaidinger: Das bringt eine Menge Mitglieder!), denn sie bedeutet nicht nur eine Absage an den Rechtsstaat und die Frotzelei der zuständigen Behörde, die da versucht hat, Auflagen zu erheben – und der nun gesagt wird: bitte, ihr könnt uns nicht einmal "papierln"; Immunität! –, sondern sie ebnet auch den Weg dazu, dass die politische Sphäre und die Privatsphäre von Abgeordneten völlig verschwimmen, dass ein politisches Interesse in Hinkunft jegliche Art der Berufsberechtigung ersetzen könnte und damit Gefahren schafft.

Und das Schlimmste ist: Sie zeigen einmal mehr, dass jedenfalls die Regierungspolitiker und -politikerinnen über dem Gesetz stehen. Das, was Sie von jedem Bürger und jeder Bürgerin


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34. Sitzung / Seite 91

verlangen, nämlich dass behördliche Auflagen eingehalten werden, gilt für Herrn Abgeordneten Fink offenbar nicht, wenn er eine gewerbliche Arbeitsvermittlung betreibt. Und das ist wohl das größte Privileg, das von einer Regierungspartei für einen ihrer Abgeordneten je in Anspruch genommen wurde.

Ich muss sagen: Es ist traurig, dass Sie ein derartiges Sonderrecht für Politiker schaffen, gerade in einer Zeit, in der wir gehofft hatten, dass die Zeit der Privilegien, der Sonderrechte und der hervorragenden Stellung vorbei ist, nämlich die Zeit, als man den Bürgern sagte: Was seid denn ihr? Wir "pfeifen" uns nichts darum, was sonst gilt! – Aber genau das haben Sie mit diesem Präjudiz leider festgelegt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fassl


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abend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Martin Graf. – Bitte. (Abg. Reheis: Jetzt schauen wir, was die "Anti-Privilegien-Partei" zu sagen hat! – Abg. Dr. Mertel: Die Partei für den "kleinen Mann"!)

14.36

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Petrovic hätte nicht ganz Unrecht, würde man subsumieren, dass es eine Linie des Hauses gäbe. – Frau Kollegin Petrovic, Sie haben gesagt, wir verlassen eine Linie des Hauses. Ich kann jedoch in Immunitätsangelegenheiten schon seit geraumer Zeit überhaupt keine Linie des Hauses mehr erkennen. (Abg. Oberhaidinger: Es gibt eine Linie des Ausschusses!)

Es gibt die Linie der Grünen, die grundsätzlich nicht ausliefern, dann gibt es die Linie der SPÖ, die je nach parteipolitischer Präferenz ausliefert, dann gibt es die Linie der Freiheitlichen, die gesagt haben: In strafrechtlichen Angelegenheiten brauchen wir grundsätzlich keine Immunität!, und dann gibt es auch noch die Linie der ÖVP. Es gibt also verschiedene Linien, und daher tue ich mich schwer, dazu, dass eine Linie verlassen werde, etwas zu sagen.

Welche Linie war es zum Beispiel – um auf diesen Punkt einzugehen –, als die damalige Frau Abgeordnete Heide Schmidt im Jahre 1993 Datenklau begangen hat, ein Auslieferungsbegehren kam, sie aber natürlich einstimmig nicht ausgeliefert wurde? (Abg. Oberhaidinger: Politischer Zusammenhang!) Ist Datenklau jetzt ein politisches Delikt, das man in Zukunft nicht mehr ahndet? (Abg. Öllinger: Auch bei den Freiheitlichen! Vorsicht! – Abg. Dr. Mertel: Das war in Salzburg!)  – Sie wissen ganz genau, was ich meine.

Oder darf jede und jeder Abgeordnete in Zukunft Datenklau betreiben, so wie die ehemalige Frau Abgeordnete Heide Schmidt? (Abg. Oberhaidinger: Das war nie die Frage!)  – Ich glaube auch nicht, dass das grundsätzlich so der Fall ist. (Abg. Gaál: Bleiben Sie beim Sachverhalt!)

Aber ich sage Ihnen noch etwas: Die Linie der SPÖ ist mir wirklich unklar! – Bei Herrn Kollegen Prinzhorn stellen Sie den politischen Zusammenhang zwar fest, aber der Redner Ihrer Fraktion fährt ihm an den Karren, wo es nur geht. Das ist eigentlich seltsam. (Abg. Reheis: ... gesetzlich!)

Was macht aber den Unterschied zwischen Präsident Prinzhorn und der SPÖ zum Beispiel aus? – Und das sage ich Ihnen jetzt in der gleichen polemischen Art, wie Sie es getan haben. Ich könnte nämlich sagen (Abg. Grabner: Heute tust du dir schwer, das sieht man!): Wenn Prinzhorn und Greenspan irgendetwas zur wirtschaftlichen Situation sagen, dann steigen die Kurse an den Börsen. Wenn die SPÖ etwas zur Wirtschaft sagt oder tut, dann geht der "Konsum" Pleite, dann gehen der Vorwärts-Verlag, die Verstaatlichte, die Bank Burgenland und die SPÖ Pleite. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Sollen wir jetzt Gusenbauer ausliefern? – Wir haben festgestellt, es gibt einen politischen Zusammenhang, daher wird nicht ausgeliefert.

Etwas anders liegt es bei Kollegen Fink. (Abg. Gaál: Fühlen Sie sich wohl, wenn Sie so herumreden?)  – Nanu? Herr Kollege Gaál! (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Ich habe mir nicht gedacht, dass Sie so einen gescheiten Zwischenruf machen können. (Abg. Gaál: Das muss Ihnen ja körperlich weh tun, was Sie da sagen!)  – Es tut mir nicht weh, nur der Zwischenruf von Ihnen tut mir körperlich weh. Aber das macht nichts.

Ich sage Ihnen klar und deutlich: Was Sie hier tun, ist in Wahrheit reine parteipolitische Polemik. (Abg. Reheis: "Anti-Privilegien-Partei" a. D.!)

Wenn Sie hergehen und permanent sagen, dass die Bestrafung des Abgeordneten Fink davon abhängig ist, ob jemand anderer oder ein Verein ein Gewerbe ausüben darf – ja oder nein –, dann sage ich Ihnen: Das ist schlichtweg falsch. – Im Auslieferungsbegehren geht es um die Bestrafung des Kollegen Fink und nicht darum, ob ein Gewerbe ausgeübt werden darf oder nicht. Sind wir uns darin einig? (Abg. Dr. Fischer: "Die gerichtliche Prüfung" heißt es!)

Es geht um das Strafrecht – von mir aus um das Verwaltungsstrafrecht –, aber sicherlich nicht darum, ob wir hier prüfen oder nicht prüfen, ob jemand eine Gewerbeberechtigung zu Recht oder zu Unrecht hat oder nicht hat. Das ist nicht Gegenstand des Immunitätsausschusses! Wir haben hier nur zu prüfen: Gibt es einen politischen Zusammenhang? – Und wenn es diesen festgestelltermaßen gibt (Abg. Oberhaidinger: Gibt es einen politischen Zusammenhang?), dann gibt es keine Auslieferung. (Abg. Silhavy: Ja eben! Den gibt es aber nicht!)

Aber das ist doch eine Wertung! Sie ziehen schon wieder etwas vor, nämlich einen Sachverhalt als wahr und gegeben zu unterstellen. Genau darum geht es ja. Sie versuchen, Anklage und Richterbehörde in einem zu sein, aber das geht nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ob ein Gewerbe ausgeübt werden kann oder nicht hängt nicht davon ab, ob jemand bestraft wird oder nicht. Und der Vergleich der Kollegin Petrovic hinkt auch. Ob sie ihre Tierhandlung betreiben kann oder nicht, ist keine Frage des Strafrechtes. (Abg. Edlinger: Das ist auch nicht Angelegenheit des Politikers! Es ist Unsinn, was Sie da sagen!) Die Behörde kann sie ihr ohne Zweifel zusperren. (Abg. Silhavy: Ja eben!) Ob sie dann bestraft wird oder nicht, ist eine zweite Geschichte, die überhaupt nichts mit dem Betreiben der Tierhandlung zu tun hat. (Ruf: Das sagt ja auch niemand! – Abg. Oberhaidinger: Das hat niemand behauptet!) Kollegin Petrovic, machen Sie das, und wenn es zugesperrt wird, dann wird es zugesperrt. Aber ob Sie ausgeliefert werden oder nicht, ist wieder eine andere Frage. (Abg. Dr. Fischer: Das Gericht soll entscheiden!)

Das Gericht soll entscheiden. (Abg. Dr. Fischer: Das wollen Sie verhindern!) Wir haben in diesem Haus eine Spruchpraxis, die wir aber bereits durchlöchert haben. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. ) Und wir alle in diesem Haus sind übereingekommen, dass es diesbezüglich endlich Reformen geben muss, weil unsere Immunitätsbestimmungen in Wirklichkeit nicht mehr zeitgemäß sind. (Abg. Dr. Mertel: Herr Rechtsanwalt!)

Frau Kollegin Mertel! Gehen Sie zu Ihren steirischen Kollegen! Wenn eine Partei eine Partei-Stasi aufstellt, informelle Mitarbeiter anwirbt und Ähnliches, dann muss sie in solchen Fragen ruhig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Und wenn man den Rosenstingl hat, soll man überhaupt still sein!) Die Spitzel-Affäre sollte Sie eher nachdenklich stimmen. Also nicht immer dazwischen rufen! (Abg. Dr. Mertel: Rosenstingl! Hinsetzen und schweigen!)  – Rosenstingl haben wir ausgeliefert. Das ist eben der Unterschied. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Ich möchte Ihnen von dieser Stelle aus mitteilen, dass ich mit Herrn Kollegen Auer, dem neuen Vorsitzenden des Ausschusses, festgelegt habe, dass wir, ebenso wie wir uns auch im Ausschuss über die Fraktionen hinweg geeinigt haben, ab September an der Reform unserer Immunitätsgesetzgebung arbeiten müssen.

In Wirklichkeit geht es doch nicht darum, ob jemand eine Verwaltungsstrafe von 3 000 S oder 4 000 S bekommt oder nicht. Seien wir doch ehrlich: Es geht im Wesentlichen um den Schutz des freien Mandats und dessen Ausübung. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ja nicht wahr!) Und das ist


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in Zeiten wie diesen durch andere Dinge gefährdet, nicht wegen ein paar tausend Schilling Verwaltungsstrafe! Das muss doch der Grundtenor sein. (Abg. Edlinger: Privilegienritter! – Abg. Dr. Fischer: ... Privilegien!)

Herr Kollege Edlinger! Sie sind einer meiner speziellen Freunde. Wir haben uns sogar schon vor Gericht getroffen. Bis jetzt haben Sie immer verloren, und Ihre Prozesskosten haben Sie vom Steuerzahler bezahlen lassen. Das ist festgestellt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Edlinger: Trotz allem war das ... die Unredlichkeit von Ihnen, Herr Doktor!) So etwas halte ich für viel verwerflicher, als vielleicht einem Arbeitslosen einen Job zu verschaffen – was ja die Aufgabe jedes Politikers ist.

An dieser Stelle zusammenfassend ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Geben Sie bitte dem Redner die Chance, seine Argumente zusammenzufassen, er hat es schwer genug gehabt! (Abg. Dr. Mertel: Er hat ja keine!)

Es haben alle die Möglichkeit, selbst das Wort zu ergreifen. Geben Sie ihm die Chance, gehört zu werden! (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung SPÖ –: Ihr müsst aufpassen, sonst beschimpft euch die Petrovic als "wilde Tiere"!)

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Kollegin Petrovic wird sich dann vielleicht zu Wort melden und Ihre Zwischenrufe mit Tiervergleichen bedenken. Ich tue es nicht, das sage ich gleich dazu, denn ich habe nicht eine derart menschenverachtende Gesinnung.

Im Wesentlichen werden wir dem Auslieferungsbegehren nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

14.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Oh je! – Abg. Ing. Westenthaler: Wie war das jetzt in Graz?)

14.44

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Graf hat uns in seinem Debattenbeitrag soeben unterstellt, dass wir beurteilen, ob jemand bestraft wird oder nicht. – Dies ist falsch! (Abg. Ing. Westenthaler: Wer so viel Butter auf dem Kopf hat, soll nicht in die Sonne gehen!)

Vielmehr geht es uns darum, dass das Gericht in die Lage versetzt werden soll, festzustellen, ob es sich um eine Gesetzesübertretung handelt oder nicht. Die SPÖ-Fraktion hat sich in der Beurteilung haarscharf an die Entscheidungspraxis, die seit dem Jahre 1997 in diesem Haus gepflogen wird, gehalten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Das war daneben!)

14.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte. (Rufe bei den Freiheitlichen: Oh je! – Abg. Schwarzenberger: Gegen Pilz sind die meisten Auslieferungsbegehren gemacht worden!)

14.45

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da sich in der Vergangenheit die polizeilichen und militärischen Geheimdienste um die Bekämpfung von Kriminalität in diesem Land gekümmert haben, schlage ich vor, dass wir uns den Akt des Abgeordneten Fink kommen lassen. Dann können wir das Ganze ja genauer studieren, und dann müssten die Einzelheiten nachvollziehbar sein. (Abg. Mag. Kukacka: Politjustiz! – Abg. Dr. Fekter: Politjustiz! Das fordern Sie!)

Ich stelle nur die Fakten fest: Ein Abgeordneter dieses Hauses wird bei illegaler Arbeitsvermittlung erwischt, er wird praktisch auf frischer Tat ertappt. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und


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den Freiheitlichen.) Das soll vor Gericht verhandelt werden, und das entspricht auch der österreichischen Rechtsordnung. Nun unterscheidet diesen Abgeordneten von normalen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern ein einziger Umstand, nämlich dass der Nationalrat beziehungsweise dessen Mehrheit zustimmen muss, dass ein ganz normales gerichtliches Verfahren stattfinden kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Stimmt leider!)

Gut, okay! Und jetzt sagt die Freiheitliche Partei beziehungsweise Herr Abgeordneter Graf, es gebe eine lange Tradition der Freiheitlichen in diesen Fragen, die folgendermaßen lautet: Wenn der Verdacht, dass Gesetze verletzt worden sind, begründet ist, dann liefern wir selbstverständlich aus! (Abg. Dr. Martin Graf: Das habe ich nicht gesagt!)

Es gibt offensichtlich nur eine einzige Einschränkung, nämlich: wenn es sich um einen Abgeordneten der Opposition handelt! – Das muss man schon immer dazu sagen, damit man weiß, wie die Geschäftsordnung in diesem Zusammenhang zu interpretieren ist. (Abg. Mag. Kukacka: Was? Der weiß ja nicht einmal, worum es geht!)

Ich hoffe nur, dass das nicht so weiter geht. Die Argumentation lautete: Der Abgeordnete habe sich zu Fragen des Arbeitsmarktes beziehungsweise der Arbeitsvermittlung öffentlich geäußert. – Stellen Sie sich vor, wir hätten rechtzeitig festgestellt, der damalige Abgeordnete Rosenstingl habe sich zur Hühnerzubereitung geäußert. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Was hätten wir dann gemacht?

Zum Glück haben wir nicht rechtzeitig eine diesbezügliche Äußerung des damaligen Abgeordneten Rosenstingl festgestellt, und die Justiz konnte ihres Amtes walten.

Ich möchte damit die Damen und Herren der Regierungsparteien nicht auf neue Ideen bringen, etwa jene, immer dann, wenn sich abzeichnet, dass wieder einmal einer von Ihnen in Probleme mit der österreichischen Gesetzlichkeit gerät, rechtzeitig eine politische Äußerung in diesem Bereich abzugeben, beispielsweise über ein Sparbuch, über einen Kredit oder über einen kleinen Geldtransfer, eine Parteienspende oder sonst etwas. – Bitte, vermeiden Sie Äußerungen zu diesen besonders problematischen Bereichen, damit wir nachher im Immunitätsausschuss, wenn es wieder einmal bei einem von Ihnen so weit ist, eine faire Chance haben!

Abschließend zur Verteidigung der Frau Kollegin Schmidt, die zwar nicht mehr in diesem Hause ist, aber es muss einfach gesagt werden, weil es ein Faktum ist: So weit es mir erinnerlich ist – und ich bitte durchaus, mich zu korrigieren, da ich jetzt aus der Erinnerung spreche –, hat es im freiheitlichen Klub einmal ein Datenklau-Problem gegeben. (Abg. Dr. Mertel: Salzburg!)

Die damalige Abgeordnete Schmidt hatte einen Mitarbeiter, bei dem der Verdacht des Datenklaus bestand, und dieser Mitarbeiter wurde daraufhin aus dem freiheitlichen Klub entfernt. Er wurde dann meines Wissens Vorsitzender des Ringes Freiheitlicher Jugend, hat ein Jahr lang Sozialhilfe bezogen und sich während seines Sozialhilfebezugs in vielen einschlägigen Äußerungen über Sozialschmarotzer geäußert. Derzeit dürfte er meiner Information nach Mitglied der österreichischen Bundesregierung sein.

Wenn damit das Datenklau-Problem hinlänglich umschrieben ist, dann appelliere ich, auch diesen Fall zu verfolgen. Aber ich würde da die ehemalige Frau Abgeordnete Dr. Schmidt als Auskunftsperson beiziehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Silhavy: Keine tatsächliche Berichtigung der Freiheitlichen!)

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 197 der Beilagen, Folgendes zu beschließen.


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1. In Behandlung des Ersuchens der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 16. Mai 2000 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Ernst Fink wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der dem Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink zur Last gelegten Verwaltungsübertretung und der politischen Tätigkeit des genannten Abgeordneten besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ernst Fink wird nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 198 der Beilagen, Folgendes zu beschließen.

1. In Behandlung des Ersuchens der Bundes-Wertpapieraufsicht vom 24. Mai 2000 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der dem Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn zur Last gelegten Verwaltungsübertretung und der politischen Tätigkeit des Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn wird nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Edlinger und weitere Abgeordnete der SPÖ erheben sich nicht von ihren Plätzen. – Abg. Mag. Trattner: Der Alt-Finanzminister zeigt sein wahres Gesicht!)  – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (184 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird,

sowie über die Anträge

72/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 – StudFG) geändert wird, und

80/A der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 – StudFG) geändert wird (224 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rada. Ich erteile es ihm.

14.52

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geschätzte Damen und Herren! In der Novellierung des Studienförderungsgesetzes 1992 steht in den Erläuterungen zu Beginn ganz klar und deutlich, dass unser


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derzeitiges Studienförderungsgesetz rein auf Vollzeitstudien ausgelegt ist. Wenn man gleichzeitig bedenkt, dass nur noch etwa 42 Prozent aller Studierenden Vollzeitstudenten sind, dann ergibt sich für mich überaus schlüssig die Notwendigkeit, dieses Studienförderungsgesetz den Gegebenheiten anzupassen.

Es ist im Bericht zur sozialen Lage der Studierenden klar und deutlich nachzulesen, warum nicht mehr so viele Studierende wie früher Vollzeitstudenten sind. Zum einen liegt es sehr wohl an der sozialen Lage. So müssen etwa Studierende, die von auswärts kommen und daher am Studienort eine Wohnung nehmen müssen, darüber hinaus vielleicht auch aus einer unteren sozialen Schicht kommen, durchaus einem Erwerb nachgehen, um sich ihr Studium leisten zu können. Außerdem gibt es sehr viele Studierende, die neben ihrem Beruf ein Studium begonnen haben. Zu all dem kommt auch noch, dass unsere Wirtschaft von den Absolventen Berufserfahrung verlangt.

Daher ist es durchaus notwendig und schlüssig, dass unsere Studierenden ins Berufsleben einsteigen. Und wenn wir noch dazu all das in Betracht ziehen, was in diesem Haus zu Beginn dieser Plenarwoche beschlossen wurde, dann wissen wir, es ist auch notwendig, sich rechtzeitig um Versicherungsjahre zu kümmern.

An unseren Universitäten gibt es aber – und das scheint für mich ein sehr wesentlicher Ansatz zu sein – auch nicht immer all jene Rahmenbedingungen, die gewährleisten, dass ein Vollzeitstudent im Genuss seiner Studienbeihilfe bleiben kann. Ich möchte das, Frau Bundesministerin, anhand eines Beispieles schildern, das sich heute an der Universität Wien so zugetragen hat.

Eine Studentin hat sich für die Prüfung, die heute abgehalten werden sollte, lange vorbereitet. Der Termin war mit dem Professor ausgemacht, sie hatte allerdings vergessen, sich bis zum 29. Juni entsprechend der Bürokratie in der Kanzlei anzumelden. Die Folge: keine Prüfung möglich. Wenn diese Rahmenbedingungen an unseren Universitäten nicht geändert werden, dann werden Studierende auch auf Grund von Umständen, die sie nicht selbst verursacht haben, aus dem Bezug eines Stipendiums fallen.

Es wurde insgesamt mit dem Gesetz versucht, die vorhandenen Mittel einigermaßen gerecht zu verteilen. Und ich bewerte es als durchaus positiv, dass nach dem Bakkalaureatstudium ein angeschlossenes Magister- oder Doktoratsstudium auch die Berechtigung für eine weitere Zuerkennung von Studienförderung bedeutet.

Einigermaßen bedenklich finde ich es jedoch, wenn wir damit auch das Studium von Studenten an Privatuniversitäten fördern, denn wenn sich jemand diese sehr hohen Studiengebühren leisten kann, dann ist doch anzunehmen, dass er diesen Lebensstandard hat beziehungsweise, wenn ihm Unternehmungen diese Studienrichtung bezahlen, anderen, wirklich bedürftigen Studierenden damit Stipendien entzieht.

Als positiv ist anzusehen, dass trotz Studienwechsel weiterhin Studienförderung bezahlt wird. Ich finde es aber wiederum bedenklich, dass wir bei Studienabschluss-Stipendien in die privatwirtschaftliche Verwaltung tendieren, wodurch die Gefahr gegeben ist, dass es keinen Rechtsanspruch darauf gibt.

Insgesamt halte ich diese Novellierung für ein kostenneutrales Unterfangen, von dem leider wahrscheinlich nicht alle Studierenden hoch begeistert sein werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.57

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin wäre Frau Mag. Karin Hakl.

Wir haben allerdings nur mehr 3 Minuten Zeit, Frau Magister. Wenn Sie Ihren Redebeitrag in 3 Minuten nicht beenden, müsste ich Sie unterbrechen. (Abg. Mag. Hakl winkt ab.)  – Dann unterbreche ich die Sitzung jetzt für einige Minuten. Es wird dann ab 15 Uhr eine Reihe von kurzen Debatten über Anfragebeantwortungen durchgeführt.


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Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.57 Uhr unterbrochen und um 15.02 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen, weil wir nunmehr zu den Kurzdebatten kommen.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 550/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Erstes gelangen wir zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Ordnungszahl 550/AB.

Die entsprechende Anfragebeantwortung ist schriftlich verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam: Die Redezeiten der Redner betragen je 5 Minuten, der Erstredner, der die Kurzdebatte begründet, hat eine Redezeit von 10 Minuten.

Es gelangt als Erstredner Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

15.03

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, ich möchte eines gleich zu Beginn der Debatte klarstellen: Ihre persönliche Haltung in dieser Causa steht für mich außer Frage, aber die Antwort, die von Ihrem Ministerium zu der Anfrage an Sie gekommen ist und die Sie daher auch zu verantworten haben, ist nicht nur ungenügend, sondern ich würde sie schlicht als einen politischen Skandal bezeichnen.

Warum? Was ist passiert? – In einer Zeitschrift Ihres Ministeriums, "Geistige Landesverteidigung", findet sich in der Nummer vom Jänner der Hinweis auf eine "Initiative Wehrbereitschaft". Da könnte man vieles vorlesen, aber das tue ich nicht, ich lese Ihnen nur einen Satz vor, der sogar mir, als ich ihn ein erstes und dann ein zweites Mal las, nicht so besonders aufgefallen ist. Da heißt es: "Andererseits wird in Medien häufig über die Wehrmacht berichtet, wobei die Wahrheit manchmal zu kurz kommt." Das begründet das Tätigwerden dieser "Initiative Wehrbereitschaft". Und dann heißt es am Schluss: "Interessierte Lehrer wenden sich bitte an den ‚ersten Sprecher‘ der ‚Initiative Wehrbereitschaft‘, Herrn Dr. Ernst Kosmath"... – und dann kommt die Adresse.

Nun, wer ist dieser Dr. Ernst Kosmath, der "erste Sprecher" der "Initiative Wehrbereitschaft"? – Ein Leserbriefschreiber in der "Aula", in der Zeitschrift "Zur Zeit" und in anderen einschlägigen Zeitschriften. Dr. Ernst Kosmath war auch einer, der im Jahr 1995 einen Leserbrief zum "Lüftl-Gutachten" geschrieben hat. Das weiß wahrscheinlich nur der Herr Dr. Graf, der ja in einschlägigen Publikationen bewandert ist, wer der Dr. Lüftl war. Der Dr. Lüftl oder Dipl.-Ing. Lüftl hat ein so genanntes Gaskammergutachten gemacht, ein schlimmes Gutachten. Man kann sich nicht vorstellen, dass Derartiges publiziert wird. (Abg. Dr. Martin Graf: Ich kenne den Lüftl nicht, Sie kennen ihn aber!) Und der Dr. Kosmath hat in einem Leserbrief die Haltung und Einstellung des Dr. Lüftl für gut befunden und sich dahin gehend geäußert, dass die "wissenschaftlichen" – unter Anführungszeichen – Hypothesen des Dr. Lüftl wohl schon ihre Richtigkeit haben.

Aber nicht nur das. Dieser Dr. Kosmath, der an die Schulen gehen will und der zu den Gaskammern sagt, die hat es gar nicht gegeben, dieser Dr. Kosmath, der diese Haltung des Dr. Lüftl unterstützt, hat auch andere Leserbriefe geschrieben. Zum Beispiel in "Zur Zeit", wieder eine Zeitschrift, die dem Herrn Dr. Graf sicher geläufig ist, heißt es zum Thema Völker und Rassen: "In Wien wurde vor einigen Jahren im Naturhistorischen Museum der Rassensaal geschlossen." (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer. ) Das war ja Ihre Initiative. "Es


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war nur das Tüpfelchen auf dem I des vom Establishment geführten Kampfes gegen die Realität von Völkern und Rassen ..."

Und dann ein Satz zur FPÖ: "Auch die einzige Partei Österreichs, die ursprünglich Ansätze für ein Verständnis des Volksbegriffes zeigte, strich die Flagge vor der political correctness und erklärte in ihrem neuen Programm, dass Volkszugehörigkeit eine Frage des Bekenntnisses sei – dass also ein Neger ein Chinese werde, wenn er sich zum chinesischen Volk bekenne". – Zitatende.

Von dieser Geisteshaltung ist ein Mann, der als "erster Sprecher" einer "Initiative Wehrbereitschaft" an die österreichischen Schulen gehen will und für den schon die FPÖ eine linke Partei ist! (Abg. Mag. Schweitzer: Kollege, das ist abzulehnen! Das lehnen wir alle ab!) Er will an die Schulen als "erster Sprecher" einer "Initiative Wehrbereitschaft", und er sammelt hinter sich eine Reihe von Leuten, die genau die gleiche Gesinnung haben: den Dr. Walter Marinovic, den Dr. Herbert Schaller, und, und, und. Alle diese Herren versammeln sich als "Initiative Wehrbereitschaft", um Schüler und Schülerinnen an den Schulen aufzuklären, was denn da tatsächlich im Zweiten Weltkrieg vor sich gegangen ist.

Meine Damen und Herren! Wir haben dann diese Vorfälle publik gemacht, und von Seiten des Ministeriums wurde zunächst gegenüber den Medien und dann auch in der Anfragebeantwortung so reagiert, dass gesagt wurde: Diese Herrschaften sind nie an die Schulen gekommen. Es gibt einen entsprechenden Erlass, der verhindert, dass diese Herren an die Schulen kommen.

Und da gibt es das erste Problem, Frau Bundesministerin: Es gibt nämlich Äußerungen, zum Beispiel des Herrn Dr. Marinovic, der sagt, allerdings ohne Zusammenhang mit der "Initiative Wehrbereitschaft": ... waren bereits Männer, die Sie – damit meint er mich – mit Ihren Verdächtigungen bedrohen, an Schulen, darunter auch ich.

Und dann gibt es noch einen zweiten Herrn, der in einem Leserbrief, natürlich für "Zur Zeit", feststellt – und zwar ist das der Herr Dr. Zängl –, "es könnte der ebenso irrtümliche wie fatale Eindruck hervorgerufen werden, dass auch dieser von der Liste der vorgesehenen Berichterstatter eliminiert worden sei." – "Dieser" ist der Herr Zängl. – Das Gegenteil ist der Fall. "Erst vor kurzem habe ich in einer Schule in Baden über ärztliche Erfahrungen und Erlebnisse bei der Gefangennahme in der Kriegsgefangenschaft referiert." – Das klingt natürlich unverdächtig, aber wenn man sich die Publikationsliste dieser Herren ansieht, ihre Leserbrief-Liste, wenn Sie so wollen, dann weiß man, um welche Erlebnisse es sich dabei gehandelt hat.

Was an Ihrer Anfragebeantwortung, Frau Bundesministerin, absolut nicht zu akzeptieren ist, das ist die formale Begründung. Es wurde zum Beispiel auf die Frage 12 – "Von welchen Schulen wurden Vertreter der ‚Initiative‘ für eine Referententätigkeit angefragt?" – geantwortet: "Es wurden seitens der Abteilung Geistige Landesverteidigung keine Referenten angefragt und seitens des Ressorts keine vermittelt."

Das war aber nicht die Frage. Es wurde gefragt, von welchen Schulen angefragt wurde, und da hätten Sie oder hätte Ihr Ressort auch die Schulen fragen müssen, welche Referenten tätig waren. Eines ist nämlich klar: dass schon nach der Ankündigung in dieser Zeitschrift "Geistige Landesverteidigung" sich die Lehrer nicht bei Ihnen im Ministerium melden müssen, sondern bei der "Initiative Wehrbereitschaft".

Es heißt in der Anfragebeantwortung weiters: "Seitens meines Ressorts wurde der Einsatz von Referenten an die Vorlage einer Referentenliste gebunden. Da die geforderte Referentenliste aber nicht zur Verfügung gestellt wurde, wurde mit Zahl 36.200/31 – SL V/2000 darauf hingewiesen, von der "Initiative Wehrbereitschaft" nicht Gebrauch zu machen."

Frau Bundesministerin! Ihnen musste ja die Liste nicht unbedingt zur Verfügung gestellt werden, aber den Schulen, den Lehrern, die angefragt haben, wurde die Liste der Referenten selbstverständlich zur Verfügung gestellt von der Initiative, und die konnten sich dann aussuchen, ob ihnen der Herr Kosmath lieber ist, der Herr Marinovic, der Herr Zängl oder der Herr Schaller.


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Apropos Herr Schaller: Über ihn habe ich ja noch nicht berichtet. Das ist ein Verteidiger, ein bekannter Verteidiger von Neo-Nazis gewesen. Mein Vorwurf an ihn ist nicht, dass er Neo-Nazis verteidigt hat. Mein Vorwurf an den Herrn Schaller, der auch einer dieser Referenten war, ist, dass der Herr Schaller quer durch die Lande – Österreich, Deutschland und überall, wo man ihn hören wollte – in neonazistischen Organisationen und Vereinen den Revisionismus, die Gaskammernlüge, all das, was zum Programm einer jeden neonazistischen Organisation gehört, von sich gegeben hat, als seine eigene Position verkauft hat und dort auch gefeiert wurde.

Und wenn Sie die Erläuterung der Anfrage gelesen haben, dann wissen Sie, um welch Geistes Kind es sich beim Herrn Schaller gehandelt hat.

Diese Liste von Personen ist den Lehrern von der "Initiative Wehrbereitschaft" zur Verfügung gestellt worden. Und was machen Sie, Frau Bundesministerin, beziehungsweise Ihr Ressort? – Sie geben eine rein formale Begründung, warum es nicht zum Einsatz dieser Personen an den Schulen gekommen ist. Und das ist mir zu wenig. Ich erwarte Haltung, Frau Bundesministerin (Beifall bei den Grünen), die ich bei Ihnen persönlich kenne! Ich weiß es. Aber von Ihrem Ministerium und in dieser Frage, um keinen missverständlichen Eindruck für die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen erwecken zu können, braucht es Haltung. – Und da bin ich beim eigentlichen politischen Problem: Die konnten oder wollten Sie zu diesem Zeitpunkt nicht zeigen, denn da hätten Sie wahrscheinlich eine politische Debatte mit Ihrem Koalitionspartner ausfechten müssen: Ja wenn denn schon die Naziopfer an die Schulen gehen dürfen – und die dürfen, und ich bin sehr froh darüber, Frau Bundesministerin! –, warum dürfen dann nicht die Wehrmachtsteilnehmer an die Schulen gehen, sozusagen nach dem Grundsatz: audiatur et altera pars? Und das fordert Haltung, um den Menschen, um den Lehrern, den Schülern, um auch Ihrem Koalitionspartner erklären zu können (das rote Lämpchen auf dem Rednerpult blinkt – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), dass es nicht darum geht, dass hier der andere Teil gehört wird, sondern dass es darum geht, bestimmten Anfängen an den Schulen, auch schon bevor der Anfang sozusagen überhaupt "beginnt", ein Ende zu setzen.

Frau Bundesministerin! Darum ist Ihre ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... Anfragebeantwortung nicht zureichend, sondern ein politischer Skandal, den Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner ausmachen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

15.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Frau Bundesministerin hat sich zu einer Stellungnahme gemeldet. Diese soll nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

15.13

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte vorweg einige ganz persönliche Bemerkungen machen. Ich lehne alles ab, was mit radikalem Gedankengut zu tun hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich habe den Rassensaal geschlossen. Ich habe ein Gesetz eingebracht, mit dem wir versuchen, in einem kleinen Teil eine Wiedergutmachung vorzunehmen.

Ich bin dafür, die Zeitgeschichte, die Geschichte rückhaltslos aufzuarbeiten und das Erinnern und das Wissen um unselige Entwicklungen bei den jungen Menschen präsent zu halten, den jungen Menschen die Wurzeln nahe zu bringen, aus welchen derartig unselige Entwicklungen entstehen können, und auch aufzuzeigen, wie sie in unsere Zeit hinein noch weiter wirken können. Das ist mein Anliegen für die Schulen, für die jungen Menschen.

Ich sage aber auf der anderen Seite auch: Ich lehne es ab, wenn man alle Menschen, die im Krieg kämpfen mussten, in Bausch und Bogen verurteilt. – Die im Krieg kämpfen mussten! (Abg. Öllinger: Das ist nicht die Frage!) Ich erinnere mich an viele Gespräche mit älteren Men


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schen, mit Männern, die im Krieg waren, die mir erzählt haben von diesen Schrecknissen des Krieges. Ich glaube, es ist gut, wenn die Jugend auch erfährt, wie es für jemanden ist, der in einen Krieg ziehen muss, der sein Leben aufs Spiel setzen muss, der vom Kaukasus bis Bregenz zu Fuß zurückgeht und froh ist, wenn er überhaupt nur mit heiler Haut davonkommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, man muss wirklich gerade in diesem Bereich eine besondere Sensibilität bewahren. Wir haben deshalb auch die "Aktion Zeitzeugen" ins Leben gerufen, im Rahmen derer wir an die Schulen Menschen vermitteln, die mit großer Betroffenheit aus eigener Erfahrung heraus berichten können, die die Jugendlichen mit ihren eigenen Erfahrungen mitreißen, die ihnen wirklich all die unfassbaren Schrecken dieser Zeit eröffnen.

Wir sind für diese "Aktion Zeitzeugen" sehr oft gelobt worden. Es gibt viele Zeitungsartikel darüber, es gibt sehr viele positive Berichterstattungen.

Sie haben eine Anfrage gestellt über eine "Initiative Wehrbereitschaft", und ich habe diese Anfrage sachlich und nüchtern, nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet. Sachlage ist, dass uns vom Verteidigungsministerium damals vermittelt wurde, dass es hier eine Initiative gibt, bei der es Zeitzeugen gibt, die auch ihr Wissen an die Schulen weitergeben wollen, dass das aber nicht politische Betrachtungen sind. Wir haben diese Initiative aufgefordert, uns eine Referentenliste zu schicken, damit wir sehen können, ob es Referenten sind, die man akzeptieren kann. Diese Initiative hat keine Referentenliste an uns geschickt.

Es ist dann am 5. März die Kritik aufgetaucht, und ich habe daraufhin bereits am 9. März allen Schulen einen Erlass geschickt, dass davon Abstand zu nehmen ist, die Vertreter dieser Initiative als Zeitzeugen einzuladen.

Wir haben also sofort reagiert und haben das sofort eingestellt. Der einzige Fehler, der gemacht wurde, wenn man das so sagen will, ist die Veröffentlichung in der Zeitung, bevor die Referentenliste übersandt wurde. Das ist ein Fehler, der passiert ist. Ich stehe auch nicht an zu sagen, dass das nicht der richtige Weg war, dass man die Referentenliste hätte vorher überprüfen müssen. Dieser Fehler ist passiert, wir haben aber sofort die Konsequenz gezogen. Diese Zeitung ist Ende Jänner/Anfang Februar an die Schulen gekommen, und wir haben bereits am 9. März mitgeteilt, dass von einer Verwendung dieser Referenten abzusehen ist.

Wir haben also reagiert. Wir haben sensibel reagiert, und ich werde auch in Zukunft gerade in diesen Bereichen eine besondere Sensibilität an den Tag legen. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Ing. Westenthaler. )

15.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke für die Stellungnahme.

Wir gehen in die Debatte ein. Alle Redezeiten betragen einheitlich 5 Minuten.

Als erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.18

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke für diese Klarstellung vorweg, Frau Bundesminister.

Auch die SPÖ hat damals, bei Bekanntwerden der wirklich höchst problematischen Liste, die sofortige Rücknahme und eine lückenlose Aufklärung dieser Vorgänge gefordert. Sicherlich war die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage für Sie, Frau Bundesminister, nicht einfach. Eine lückenlose Aufklärung konnte zum damaligen Zeitpunkt wahrscheinlich schwer gegeben werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es so ist, dass Personen, die eindeutig als rechtsextrem zu bezeichnen sind, an unseren Schulen als Zeitzeugen auftreten können, dann ist das eine Ungeheuerlichkeit und wirft schon ein bedenkliches Licht auf alle, die dafür verantwortlich


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sind. Es ist notwendig – da stimme ich Ihnen zu, Frau Bundesminister –, dass Zeitzeugen im Rahmen der von Ihnen angesprochenen Aktion über bestimmte Abschnitte der österreichischen – vor allem jüngeren – Geschichte berichten, aber Extremismus, welcher Art auch immer, hat an den österreichischen Schulen nichts verloren!

Vor allem haben Personen, die den Holocaust leugnen oder ihn in seinen Dimensionen zu verniedlichen versuchen, vor den Kindern und Jugendlichen in unseren Schulen wirklich nichts zu suchen.

Ich möchte aber diese Vorfälle gar nicht weiter behandeln, sondern ich meine, dass für uns sozialdemokratische Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker dieser Vorfall Ursache und Anlass sein soll, nachzudenken, wie man so etwas verhindern beziehungsweise besser machen kann. Daher möchte ich versuchen, mit nur ganz wenigen Bemerkungen einen konstruktiven Vorschlag zu machen, und dazu einladen, dass man darüber diskutiert.

Kolleginnen und Kollegen! Politische Bildung ist derzeit als Unterrichtsprinzip in den österreichischen Lehrplänen verankert. Das heißt, alle Lehrerinnen und Lehrer sollten passende Unterrichtssituationen aufgreifen, um unterschiedliche Elemente der politischen Bildung im Unterricht immer wieder aufzugreifen. Offenbar ist aber diese Art der politischen Bildung als Unterrichtsprinzip zahnlos oder zu wenig offensiv und zu wenig effektiv. Daher möchte ich zwei Überlegungen in den Raum stellen:

Variante eins: Versuchen wir das Unterrichtsprinzip politische Bildung dadurch zu stärken und zu schärfen, dass wir dem Unterrichtsprinzip – und das ist bisher nicht üblich – einen klaren Curriculum-Auftrag geben, also Zielformulierungen festlegen; weiters wäre dem Unterrichtsprinzip politische Bildung ein verbindlicher Zeitrahmen zuzumessen, etwa so, wie wir das im Bereich der Berufsorientierung gemacht haben. Versuchen wir auch, eine funktionierende Schulpartnerschaft in der Schule aufzugreifen, zu beleben – wir haben dazu einen Antrag eingebracht, der noch nicht endgültig behandelt ist –, um tatsächlich auch in der Schule ein permanentes und interessantes politisches Trainings- und Erfahrungsfeld für die Jugendlichen zu schaffen.

Variante zwei: Ich weiß, dass es von verschiedenen Seiten auch den Wunsch gibt, das Unterrichtsfach Politische Bildung an der Schule einzuführen. Das heißt, Fachexperten, Fachlehrer würden eine Stunde, nehme ich einmal an, in der Woche Politische Bildung unterrichten. Ich halte das deshalb nicht für so glücklich, weil ich fürchte, dass alle anderen Kolleginnen und Kollegen, die in einer Schule, in einer Klasse tätig sind, dann immer die Ausrede hätten: Da haben wir einen Experten, und dem wollen wir nicht dreinreden. Er ist dafür zuständig. Das ist die eine Gefahr, die ich sehe.

Die zweite Gefahr, die ich sehe, ist, dass die anderen Lehrer sich nicht zuständig fühlen. Und schließlich sehe ich die Gefahr, dass Politische Bildung – und das sollte es ganz bestimmt nicht sein – ein kognitives Lernfach wird, wo dann Wissen abgeprüft wird. Wir sozialdemokratische Bildungspolitiker glauben, dass Demokratie leben, Demokratie mitgestalten, Verantwortung übernehmen für andere, für Schwächere in der Schule und letztlich dann auch in der Gesellschaft, der richtigere Ansatz wäre.

Und als dritte Variante könnte ich mir vorstellen, dass wir diesen Anlass auch als Herausforderung verstehen und uns bemühen, eine Informationsoffensive, eine Aufklärungskampagne über die jüngste Zeitgeschichte auch an österreichischen Schulen durchzuführen – unter Zuhilfenahme der Tageszeitungen, des Fernsehens und anderer Medien. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Er hat die gleiche Redezeit. – Bitte.

15.24

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! In Bezug auf die Anfragebeantwortung hat unsere Frau Bundesminister bereits die chronologische Abfolge aufgeführt.


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Grundsätzlich begrüße ich es in hohem Maße, dass es Zeitzeugen gibt von jeder Seite, die unserer Jugend die Vergangenheit authentisch wiedergeben. Wenn es aber Menschen gibt, die versuchen, diesen positiven Grundsatz Einschleichdieben gleich zu missbrauchen, um ihre Ideen, die nur verbrannten Hirnen entspringen können, Schülern nahe zu bringen, dann ist das im höchstem Maße abzulehnen. Das steht außer Streit und außer Debatte.

Es wurde hier von der Bundesministerin ab dem Zeitpunkt, wo dies bekannt wurde, auch sehr scharf reagiert, und damit ist meines Erachtens die Sache vom Tisch. Es ist einfach unseriös, herzugehen und aus einem positiven Grundgedanken, der von Schlitzohren missbraucht wurde, eine Schuld der Frau Bundesminister zu konstruieren. Das ist unsachlich und unseriös! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Schlitzohren sind das? Oder sind sie nicht ein bisschen mehr?)

Herr Kostelka! Wenn Sie auf eine Ausformulierung und Ausweitung in Bezug auf diese Personen bestehen: Ich lehne jede Form des Extremismus ab, gleichgültig, ob es sich um einen linken oder einen rechten handelt. Das hat in unserer Gesellschaft nichts verloren! – Das als eine klare Aussage dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir haben heute einen historischen Tag in diesem Haus erlebt. In Anwesenheit einer der charismatischesten Persönlichkeiten, die unser Land zurzeit kennt, der Frau Präsidentin Schaumayer, sind hier Beschlüsse gefasst worden, die genau den richtigen Weg weisen, nämlich dahin gehend, unsere Vergangenheit klar und deutlich zu sehen, klare und deutliche Schritte zu setzen, wie dies nur wenige andere Länder getan haben. Ich bin der Meinung, wir sind hier durchaus ein positives Vorbild.

Warum ich dies als einen historischen Tag betrachte, das sei hier erklärt: Ich bin ein Betroffener, ein Betroffener als Nachfolger einer Minderheit in Europa, einer derjenigen, die auch im Zuge dieser Kriegswirren beachtlich belastet wurden. Mein Großvater war ein Sudetendeutscher, war Bürgermeister einer kleinen Landgemeinde, die an meine heutige Heimatgemeinde Kautzen angrenzt. Ich habe aus den Erfahrungen und Erzählungen meines Vaters viel aus dieser Zeit mitgenommen, und ich begrüße es deshalb so, dass Zeitzeugen authentisch Ereignisse wiedergeben für die Meinungsbildung der jungen Menschen.

Diese Menschen waren einem massiven Druck ausgesetzt: zuerst in den Krieg gehen zu müssen und, wie im Falle meines Vaters, anschließend jahrelang in einem einem Konzentrationslager ähnlichen Arbeitslager zu sein. Über 1 000 Menschen sind in dieses Lager gekommen, aber nur einige wenige, darunter mein Vater, haben überlebt.

Geschätzte Damen und Herren! Ich denke, wir haben heute in diesem Haus klare Zeichen gesetzt, wie wir in Zukunft vorgehen sollten. Was wir für die Zukunft brauchen, sind meines Erachtens drei "Hs".

Das erste "H" steht für mich für Hirn, um zu erkennen, wie die Situation früher war, wie sie jetzt ist, um festzulegen, welchen gemeinsamen Weg wir gehen sollten.

Das zweite "H" steht für mich für Herz, für Menschlichkeit. Etwas, was die Österreicher in hohem Maße auszeichnet, ist ihre Menschlichkeit.

Und das dritte "H" steht für mich für Hände. Es genügt nicht, nur scheinheilig zu reden, sondern es müssen Taten gesetzt werden. Und ich denke, richtige Taten sind am heutigen Tag gesetzt worden. – Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.29

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Öllinger, es ist tatsächlich Grund vorhanden, sich darüber aufzuregen, wenn eine Initiative wie die von dir beschriebene "Initiative


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Wehrbereitschaft" versucht, an unseren Schulen Zeitgeschichte zu unterrichten oder im Rahmen des Zeitgeschichteunterrichtes aufzutreten. Ich glaube, dass die von dir genannten Personen nicht an unseren Schulen unterrichten sollten, aber ich glaube auch, dass die Frau Bundesminister Gehrer mit ihrem Koalitionspartner, der Freiheitlichen Partei, nichts hätte ausfechten müssen. Niemand in der Freiheitlichen Partei will, dass die "Initiative Wehrbereitschaft" an unseren Schulen auftritt. Dies ist und war immer die Haltung aller Mitglieder der Freiheitlichen Partei und wird es auch in Zukunft immer sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber was mir noch in guter Erinnerung ist: Für Sie ist nicht alles gleich. Von Ihnen wird nicht alles gleich behandelt. Und es liegt durchaus in Ihrem Interesse, wenn Menschen, Zeitzeugen oder was immer sie sind, in unseren Schulen auftreten, die in Ihrem ganz linken Randbereich anzutreffen sind. Ich habe es noch sehr gut in Erinnerung, Herr Kollege Öllinger, als ich einmal das "Vergnügen" – unter Anführungszeichen – gehabt habe, Hans-Henning Scharsach an einer Schule zu hören, der auch auf einer solchen Referentenliste gestanden ist. Er hat, als ich ihm ein Plakat der AKS, Aktion kritischer Schüler, gezeigt habe, auf dem zum Anschlag auf Jörg Haider aufgefordert wurde, in der Schule gesagt: Das ist doch ein ganz verständlicher Akt von Notwehr. Das hat damals Hans-Henning Scharsach während des Unterrichts zur Zeitgeschichte gesagt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler. )

Ich komme jetzt zu Kollegen Kogler. Jetzt komme ich zu dem Menschen, der Sie betrifft, der ein guter Freund von Ihnen allen ist; die Freunde sitzen da. Ich war selbst während seines Unterrichts damals dabei, als er sein Referat so begonnen hat: 1949 wurde der VdU gegründet, ein Sammelbecken für alle Nazis, für alle Rechtsradikalen, und der Nachfolger ist die Freiheitliche Partei. Dann hat er gesagt: Das muss man sich, meine lieber Schüler, auf der Zunge zergehen lassen: Diese alten Nazis sitzen jetzt mit 42 Abgeordneten im österreichischen Parlament. – Ihr Freund, der unter anderem damals schon ein Verfahren wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, wegen Körperverletzung am Hals hatte – datiert mit September 1994 –, hat dort unterrichtet. Das war Ihr Busenfreund (Abg. Parnigoni: Wer war das?) Wolfgang Purtscheller.

Er ist auch als Experte, Fachmann und Zeitzeuge auf dieser Liste gestanden. Jemand, der gerichtlich verurteilt ist, der damals geflüchtet ist, hat damals unterrichtet. Wir wollen nicht, dass die "Initiative Wehrbereitschaft" an unseren Schulen unterrichtet, wir wollen aber auch nicht, dass Ihre Freunde, die gerichtlich verurteilt sind und sich durch Flucht ins Ausland der Verfolgung entzogen haben, an den Schulen unterrichten! Das möchte ich schon klar und deutlich sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben Beziehungen zu diesen Leuten und haben es toleriert, dass sie in unseren Schulen unterrichtet haben. Wir tolerieren das nicht, und die Frau Bundesminister toleriert das auch nicht. – Sie haben sich darüber gefreut.

Was ist denn das Ergebnis? – Die damaligen Schüler, die heutigen Studenten tun genau das, was sich auch Kollege Pilz in seiner gestrigen Rede gewünscht hat. Dieses Foto stammt von der Wiener Universität. Die Schüler, die wahrscheinlich auch Zeitgeschichteunterricht von Herrn Kollegen Purtscheller genossen haben, schreiben heute am Eingang der Universität auf die Sockel von Statuen: Anarchie statt Österreich. – Das ist das Ergebnis des Zeitgeschichteunterrichts Ihrer Freunde, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.34

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich habe mir diese Anfrage mehrmals durchgelesen, weil ich vor wenigen Tagen eine andere Anfragebeantwortung von Ihnen bekommen habe, bei der es um fremdenfeindliche Passagen in Schulbüchern gegangen ist. Sie haben zwar in Ihrer Beantwortung, wer auch immer diese geschrieben hat, vermerkt, dass es nicht Absicht war, diese Passagen hineinzuschreiben, dass aber diverse Handlungsansätze vorhanden sind und es Veränderungen geben wird.


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Wenn man diese Anfragebeantwortung liest, dann muss man bei ein paar Punkten feststellen, dass sie zumindest aus meiner Sicht nicht die Intention mitbringt, tatsächlich auf das Problem einzugehen. Ich werde Ihnen auch klarzumachen versuchen, was ich damit meine.

Kollege Öllinger hat gefragt, ob es einen Aktenvermerk gegeben hat und wie der Kontakt zwischen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Unterrichtsministerium vor sich gegangen ist. Das wurde nicht beantwortet. Es würde uns nach wie vor sehr interessieren, wie dieser Kontakt gelaufen ist, denn wenn diesbezüglich etwas Schriftliches vorhanden ist, dann würden wir gerne sehen, wie das Bundesministerium für Landesverteidigung diese Geschichte geprägt hat.

Zweiter Punkt: Es wurde auf eine eindeutige Formulierung in der Anfrage hingewiesen, in der von Vertretern der "Initiative Wehrbereitschaft" davon gesprochen wurde, dass in der Berichterstattung der Medien über die Wehrmacht manchmal die Wahrheit zu kurz käme. Das ist eine in hinlänglichen Publikationen eindeutig belegte Geschichte, und es gibt darauf keine Antwort von Ihnen.

Ganz bemerkenswert finde ich Ihre Beantwortung zu den Fragen 6 und 10. Sie schreiben: "Es obliegt gemäß § 14 Schulunterrichtsgesetz dem einzelnen Lehrer, über den Einsatz von Unterrichtsmitteln und die Hinzuziehung von externen Experten zu entscheiden ..." Weiters schreiben Sie – jetzt kommt es! –:

"Allfällige Referatstätigkeiten verschiedenster Personen sind dem BMBWK nicht bekannt beziehungsweise würde dies eine gesonderte bundesweite Erhebung erfordern."

Frau Bundesminister! Diese Erhebung wäre von Ihnen aus dringend notwendig gewesen, sie ist aber nicht erfolgt.

Daher, Frau Bundesministerin, stelle ich folgenden Antrag:

Antrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

Die unterfertigten Abgeordneten beantragen, die Anfragebeantwortung 550/AB der Anfrage 536/J durch die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur nicht zur Kenntnis zu nehmen.

*****

(Beifall bei den Grünen.)

15.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wurden weitere Wortmeldungen verlangt, das ist aber nach der Geschäftsordnung nicht möglich. Jede Fraktion stellt einen Redner.

Ich lasse daher über den gestellten Antrag betreffend die Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag, der soeben gestellt wurde, auf Nichtkenntnisnahme der Anfrage zustimmen, um ein Zeichen. (Abg. Dr. Kostelka: Auszählen!) – Das Auszählen ist immer leicht verlangt, aber ich werde es versuchen. (Abg. Schwarzenberger: Das ist eindeutig die Minderheit!) – Ich stelle fest, dass dieser Antrag 59 "Ja" -Stimmen und 64 "Nein" -Stimmen erhalten hat. Er ist daher abgelehnt.

Kurze Debatte über Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur nächsten Kurzdebatte.


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Diese betrifft den Antrag des Abgeordneten Dr. Kostelka, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 235/A der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden ("Kampfhunden") ausgehen, das Strafgesetzbuch und das Waffengesetz 1996 geändert werden, eine Frist bis zum 19. September 2000 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Sie kennen die Geschäftsordnung. Kollege Kostelka hat 10 Minuten Zeit, den Antrag zu begründen, dann ist eine Stellungnahme eines Regierungsmitglieds möglich, wenn eine solche gewünscht wird, und dann beginnt die Debatte. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Kostelka.

15.39

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Fürs Erste lassen Sie mich feststellen, dass nicht zu erwarten ist, dass es eine Stellungnahme der Bundesregierung gibt, weil sich bisher kein zuständiges Regierungsmitglied gezeigt hat. Und das ist unser Problem: In diesem Zusammenhang erklärt sich niemand innerhalb dieser Regierung für zuständig. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich kann keine Tugend daran erkennen, dass politische Fragen, die sich aktuell stellen, politisch nicht beantwortet werden. Genau diese Tugend will aber diese Bundesregierung, wollen die Koalitionsfraktionen hochstilisieren, nämlich dass es gut und richtig sei, eine politisch anstehende Frage nicht zu beantworten. Sie wollen die Frage der "Kampfhunde", von denen Gefahren für Mensch und Leben ausgehen, nicht jetzt, vor dem Sommer, beantworten.

Wir haben gestern den Vorschlag gemacht, dass die Frage "Kampfhunde" noch vor dem Sommer mit einem Gesetzesbeschluss vom Nationalrat abgehandelt werden soll, und wir haben, nachdem die Regierung dazu nicht in der Lage war, auch einen entsprechenden Entwurf im Nationalrat eingebracht. Das Ergebnis gestern war: nein.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang habe ich sehr gut die Erklärungen von Kollegen Khol im Ohr, der gesagt hat, dass die Reformen dieser Bundesregierung nur so vom Band laufen würden, von "zack, zack, zack!" hat er gesprochen. – Herr Kollege Khol! Wo ist denn in dieser für Menschen und Menschenleben so wichtigen Frage Ihr "zack, zack, zack!"? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben uns auf einen Ausschuss im September verwiesen, der die Probleme mit Sicherheit nicht lösen wird.

Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang ein neuerliches Angebot machen. (Abg. Schwarzenberger: Ihr könnt nicht alle Tierschützer zu Kriminellen machen!) Sie haben offensichtlich nicht die Bereitschaft an den Tag gelegt, anstehende Probleme jetzt und sofort zu lösen. Aber ich mache Ihnen ein neuerliches Angebot: Machen wir in diesem einen Fall von unseren Sommerferien keinen Gebrauch! Wir bringen einen Antrag auf Fristsetzung für den einzigen dem Nationalrat vorliegenden Gesetzesantrag für den 19. September, also den Tag vor der nächsten Plenarsitzung, und den Antrag auf Permanenzerklärung des Verfassungsausschusses ein, um diese Frage gehörig und mit allem Druck einer entsprechenden Regelung zuführen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe Ihr Verhalten schon allein deswegen nicht, weil Sie die Chance, die einmalige Chance der Beschlussfassung eines Gesetzes, das "Kampfhunde" verbietet, das "Kampfhunde" einer Kontrolle unterzieht, verstreichen lassen. Auf der einen Seite begründen Sie es damit, dass es in diesem Fall keine rasche Reaktion geben dürfe, auf der anderen Seite machen Sie aber sehr wohl Gebrauch davon. Die heutige Tagesordnung wurde in zwei Fällen ergänzt, nämlich einerseits um das Gesetz zur Schaffung eines Fonds für die


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Donauschifffahrt und die Freimachung der Schifffahrtsrinne der Donau und andererseits im Zusammenhang mit der Entschädigung bei Dürreschäden.

Meine Damen und Herren! Wenn es um das Geld für Ihre Klientel geht, dann haben Sie eine Bereitschaft für dieses "zack, zack!" des Herrn Dr. Khol, wenn es aber wie in diesem Zusammenhang um die Sicherheit von Menschen geht, dann, muss ich mit Bedauern feststellen, haben Sie sie nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen hier keine Anlassgesetzgebung vornehmen. (Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. ) Herr Kollege Khol! Ich hoffe, es wird Ihnen in diesem Sommer nicht das Lachen vergehen, und ich sage Ihnen auch, warum. Jeder, der die Szene ein bisschen kennt, weiß, dass es eine Unzahl von "Kampfhunden" in Österreich gibt. Man spricht in diesem Zusammenhang von 2 000 bis 3 000. Die aktuelle Diskussion führt dazu, meine Damen und Herren, dass sich der eine oder andere, weil die gesetzlichen Regelungen fehlen, dieses "Kampfhundes" entledigt, ihn freisetzt, ihn irgendwohin führt und ihn allein lässt. Ein allein gelassener "Kampfhund" ist eine noch viel größere Gefahr, als wenn das "Herrl" oder "Frauerl" diesen Hund in der Hand hat. Ihre Untätigkeit, meine Damen und Herren, schafft neue und zusätzliche Probleme.

Aber lassen Sie mich zurückkommen auf das, was Herr Dr. Khol so lächerlich gefunden hat. Es ist keine Anlassgesetzgebung, wenn wir nach dem Beispiel von Italien, von Frankreich, von Spanien und der Schweiz, die in den letzten Monaten derartige gesetzliche Regelungen geschaffen haben, eine ähnliche Regelung in Österreich in Kraft setzen.

Meine Damen und Herren! Hiebei geht es – das ist der fundamentale Irrtum der ÖVP – nicht um Tierschutz, sondern es geht schlicht und einfach um Menschenschutz. Daher ist auch der Weg über die Länder ein Holzweg. Die Länder haben zwar in diesem Zusammenhang die Zuständigkeit für den Tierschutz, der Bund aber sehr wohl für den Schutz von Leib und Leben und für die Strafrechtspflege.

Wir wollen in diesem Zusammenhang im Grunde genommen dreierlei: Wir wollen eine Strafbestimmung für das so genannte Scharfmachen von Hunden und auch für den Handel mit scharfen Hunden und orientieren uns dabei am Waffengesetz mit seinen 360 Tagsätzen. Wir wollen eine Verlässlichkeitsprüfung für jemand, der glaubt, solche Hunde tatsächlich besitzen zu müssen, und wir wollen die einwandfreie Identifizierung von derartigen Hunden mittels Einsetzung von Chipcards. – Das ist der Weg.

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie noch einmal ein: Schaffen wir ein diesbezügliches Bundesgesetz! Der von Ihnen aufgezeigte Weg über die Landesgesetze ist zwangsläufig nicht richtig. Er dauert lange, er dauert Jahre. Er bedeutet, dass wir nur Zuständigkeiten in einem engen Teilbereich haben, und er führt zwangsläufig dazu, dass wir eine uneinheitliche Regelung in allen neun Bundesländern für Österreich bekommen.

Meine Damen und Herren! Noch einmal der Aufruf an Sie: Stimmen Sie unserem Antrag auf Fristsetzung zu! Stimmen Sie dem Antrag auf Permanenzerklärung des zuständigen Ausschusses zu! Kommen wir hier und heute überein, dass es einen Beschluss eines gesamtösterreichischen Gesetzes geben soll – und das spätestens am 20. September! Zögern Sie nicht, so wie Sie beim Menschen- und Lebensschutz im Zusammenhang mit der Absenkung auf 0,5 Promille gezögert haben und wie Sie bedauerlicherweise nach wie vor beim Waffengesetz zögern! (Abg. Wattaul: Ihr habt 30 Jahre gezögert!) Zögern – ich habe es gestern schon gesagt, meine Damen und Herren – kann Blut kosten! Uns ist das ein zu großes Opfer. (Beifall bei der SPÖ.)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Haupt: Falscher Ausschuss, Herr Kollege! Justizausschuss! Für Leib und Leben! Und nicht Verfassungsausschuss!)


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15.48

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haupt, beruhigen Sie sich! Das Thema "Kampfhunde" berührt die Menschen und offensichtlich auch die Fraktion der FPÖ. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Seit wann beschließt der Verfassungsausschuss Strafgesetze?) Dieses Thema berührt die Menschen in Österreich und berührt die Menschen in Europa. Wir wissen um die Vorkommnisse. Es ist eigentlich schrecklich, was in diesem Zusammenhang passiert. Es gibt diese Vorkommnisse auch in Österreich. Gott sei Dank gibt es noch keinen Todesfall.

Ich glaube, dass die Bevölkerung, die das Thema jetzt wirklich intensivst diskutiert, wahrscheinlich auch deswegen, weil es in den Medien verstärkt angesprochen wird ... (Abg. Mag. Haupt: Aber nur im Justizausschuss und nicht im Verfassungsausschuss!) – Herr Abgeordneter Haupt! Wir sind Politiker! Wir haben zu handeln und nicht nur zu reden! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das erwarten die Menschen von uns, und deswegen sind wir gewählt worden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Trattner: Deswegen muss es in den Verfassungsausschuss?)

Herr Abgeordneter! Wir wissen, es gibt keine gesicherten Daten in Österreich, die besagen, wie viel so genannte "Kampfhunde" es gibt. Wir wissen auch nicht um die Daten der Problemhunde. Das heißt, wir wissen eigentlich nicht, in welchem Ausmaß die Menschen in Österreich bedroht sind. (Abg. Wattaul: 30 Jahre haben Sie nichts getan!) Sie sagen – Herr Abgeordneter Grollitsch hat eine solche Presseaussendung gemacht –, wir wollen mit diesem Thema das Klima aufstacheln. Wir brauchen das Klima nicht aufzustacheln. Das Klima ist aufgestachelt genug. Wir müssen Taten setzen, um diese Auseinandersetzung wieder auf die Sachebene zu bringen! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt, hat Experten eingeladen und einen Antrag eingebracht, der die Bevölkerung vor diesen Problemhunden schützen soll. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Es geht da nicht um den "Grolli", es geht da nicht um den Hund, den man im Haushalt hat. (Abg. Schwarzenberger: Das kann aber auch ein "Kampfhund" sein!) Ich bitte, das auch zu berücksichtigen und das auch ganz klar zu sagen. Es geht nicht um den Haushund (Abg. Schwarzenberger: Jeder Schäferhund kann ein "Kampfhund" sein!), es geht um eine Gruppe von Kriminellen, die Hunde und Menschen benutzen, indem Hunde erstens einmal von der Zucht her ganz bewusst in die aggressive Linie geführt werden und dann auch noch darauf trainiert werden, dass sie Menschen angreifen. Warum nehmen Sie das nicht zur Kenntnis?

Es geht nicht um den Haushund, es geht um Problemhunde. Die Opfer sind ja da! Es geht nur um eine kleine Gruppe von Hunden: In Salzburg liegt die Schätzung bei 10 Prozent, in Tirol sagt man, in Hinterhöfen gibt es noch Hundekämpfe. Meine Damen und Herren! Wenn wir das wissen, haben wir zu handeln! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir dürfen das nicht hinausschieben, wie Sie es wollen. Sie wollen es hinausschieben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, wie Sie es auch mit dem Bundestierschutzgesetz machen, aber ... (Abg. Grabner: Bis etwas passiert in Österreich!) – Ja, bis etwas passiert! Und dann schauen wir alle groß.

Was wollen wir? – Wir wollen in Österreich präventiv vorsorgen, dass nicht so etwas wie in Hamburg passiert. Wir werden das Thema beruhigen, deshalb sind wir gewählt worden. Wir wollen den Hundebesitzern zu Hause sagen: Ihr Hund ist nicht betroffen. Wenn er nicht auffällig ist, ist er nicht betroffen. – Warum ängstigen Sie die Leute und sagen, den Hundebesitzern werden quasi die Hunde abgenommen? – Es ist nur eine bestimmte Gruppe, die den Hund missbraucht, meine Damen und Herren!

Wir sind überhaupt nicht so weit voneinander entfernt. Ich glaube auch, dass Sie die gleichen Interessen haben wie wir. (Der Lärmpegel im Saal ist ansteigend.)


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und Herren! Jede Fraktion hat einen Redner, 5 Minuten, und ist die restlichen 15 Minuten interessiert, dass die anderen nicht den eigenen Redner überschreien. Das müsste doch für jeden von Interesse sein, dass sich der eigene Redner oder die eigene Rednerin entsprechend artikulieren kann. – Bitte, Frau Abgeordnete Parfuss.

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (fortsetzend): Danke schön, Herr Präsident! Ich komme schon zum Schluss und möchte nur noch sagen: Ich bekomme sehr viele Mails von besorgten Menschen, von Hausbewohnern, von Hundehaltern – durchaus unterschiedlich –, aber der Tenor ist eindeutig auszumachen: Für unverantwortliche Züchter, unverantwortliche Halter gehören straffe Regeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP und der FPÖ! Verhindern Sie das nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

15.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. Jetzt ist die ÖVP interessiert, dass alle zuhören. – Bitte.

15.53

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht ganz kurz zu den Ausführungen des Herrn Kostelka, der vom "zack, zack!" der Reformen gesprochen hat: Hinter diesem "zack, zack!" ist wochenlange intensive Arbeit gesteckt – im Gegensatz zu dem, wie Sie dieses Thema zack, zack an einem Tag durchpeitschen wollen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Faktum ist, selbst Experten und Tierschutzorganisationen warnen vor Schnellschüssen, vor Schüssen aus der Hüfte, weil das Thema einfach grundsätzlich bearbeitet werden muss.

Meine Damen und Herren! Es gibt aber ein paar andere Beispiele, bei denen vielleicht ein "zack, zack!" nicht so günstig ist. Wenn ich an das "zack, zack!" der Auslandsbesuche des Herrn Gusenbauer bei Herrn Michel oder bei Herrn Schröder denke, dann muss ich sagen, das war nicht so gescheit. Da wäre Überlegen besser gewesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Faktum ist, meine Damen und Herren: Die gesetzlichen Möglichkeiten sind vorhanden, sobald Salzburg die 15a-Vereinbarung beschließt. Wer blockiert denn das in Salzburg? – Die SPÖ! Herr Kostelka! Sorgen Sie mit "zack, zack!" dafür, dass das umgesetzt wird! Aber da hilft Ihnen Herr Oberlehrer Schwemlein sicher sehr gut dabei. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es mutet wirklich eigenartig an, wenn man am gestrigen Tag einem Fristsetzungsantrag nicht zustimmt, den Herr Kollege Platter eingebracht hat, und am nächsten Tag einen eigenen Fristsetzungsantrag einbringt, damit das Thema sicherlich bis zum 19. September im Verfassungsausschuss behandelt wird. Ich habe bereits gestern festgehalten, dass die inhaltlichen Differenzen eigentlich nicht vorhanden sind. Da gibt es sicherlich kein Problem.

Zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Die Abgeordneten Mag. Grollitsch, Dr. Khol, Aumayr und Schwarzenberger haben schon in dieser Gesetzgebungsperiode einen Entschließungsantrag betreffend Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes für Tiere eingebracht. Darin heißt es unter anderem:

"Diese Schutzfunktion des Strafrechts für Tiere ist derzeit nicht in einem befriedigenden Ausmaß erfüllt. Viele Taten werden, obwohl sie von der Bevölkerung eindeutig als Tierquälerei empfunden und daher auch angezeigt werden, nicht oder nicht ausreichend als solche auch strafrechtlich verfolgt." – Unter anderem heißt es dann: "... das in tierquälerischer Absicht erfolgende Aufeinanderhetzen von Tieren zum Gaudium oder um Wetteinsätze zu gewinnen, ..." – Und so weiter.


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Das heißt: Es wird derzeit, meine Damen und Herren, bereits intensiv daran gearbeitet. Die SPÖ springt damit auf einen fahrenden Zug auf, der von den Regierungsparteien schon lange in Fahrt gesetzt wurde, unter Strom steht, und der Dampf raucht schon so richtig hinaus. Und dafür sind ja schließlich alle Parteien. (Abg. Schieder: Bei Strom raucht der Dampf heraus! Ein wunderbarer Zug!)

Wir wollen, meine Damen und Herren, dass alle vier Parteien in diesem Zug beziehungsweise am Tisch sitzen, um dieses tatsächlich sehr sensible Thema mit der nötigen Zügigkeit, aber gleichzeitig mit der gebotenen Sensibilität und Gründlichkeit zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen keine Kriminalisierung der Hundehalter, sondern wir wollen ganz konsequent dort, wo einige wenige Rücksichtslose die Bestimmungen nicht einhalten, hineinfahren und auch strafen. Es geht um Menschenschutz und Tierschutz zugleich: daher eine rasche Diskussion unter Berücksichtigung der Argumente von Fachleuten, Experten und Praktikern.

Wir sind froh darüber, dass die SPÖ mit dem heutigen Fristsetzungsantrag diesen Platz im fahrenden Zug einnehmen will, den sie gestern noch verweigert hat. Ich halte es für sehr positiv und für vernünftig, dass wir gemeinsam bei dieser Materie Lösungen suchen und auch finden werden. Daher werden wir zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. (Abg. Dr. Partik-Pablé  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Jetzt ist die FPÖ interessiert!)  – Die Frau Kollegin legt Wert darauf, dass jetzt die FPÖ daran interessiert ist, dass alle zuhören. – Bitte.

15.58

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zuerst einmal ein juristisches oder auch ein politisches Missverständnis klären. Herr Abgeordneter Kostelka hat gemeint, niemand von der Regierung hätte an dem Thema und an dem Fristsetzungsantrag Interesse, weil niemand auf der Regierungsbank sitzt.

Herr Abgeordneter Kostelka! Sie wissen ganz genau, dass man für einen Fristsetzungsantrag nicht die Regierung braucht, sondern dass das alleinige Sache des Hohen Hauses ist. (Abg. Schwarzenberger: Das weiß Kostelka nicht!) Aber offensichtlich sind Sie so gewohnt, immer am Gängelband eines Ministers zu hängen, dass Sie sich schon unwohl fühlen, wenn niemand von Ihrer Partei auf der Regierungsbank sitzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Kostelka! Heute und auch schon gestern haben Sie sich weinerlich zu Wort gemeldet und gesagt, zum Schutz von Kindern, von Menschen vor solchen Bestien solle eben Ihrem Initiativantrag zugestimmt werden, und zwar, wie Sie heute sagen: zack, zack! Ich frage Sie, Herr Abgeordneter Kostelka: Wo waren Sie während der ganzen vergangenen Jahre eigentlich? Wo war da Ihr "zack, zack!", Ihre Beschlussfassung zum Schutz von Kindern, von Menschen? – Das möchte ich wirklich gerne wissen.

Im Jahre 1991 hat es bereits einen Unterausschuss des Innenausschusses zum Thema "Kampfhunde" gegeben. Ihre Vertreter waren dort. Wir haben mit Experten, mit der Frau Loubé diskutiert. Alle möglichen Leute waren dort, nur das Thema ist eingeschlafen. Sie hätten alle Möglichkeiten gehabt. Als größte Partei in der Regierungskoalition hätten Sie die Möglichkeit gehabt, ein Gesetz zu machen. Sie hätten es gar nicht zack, zack machen müssen, sondern Sie hätten sich sogar ein bisschen Zeit lassen und überlegen können, wie man auch wirklich ein gutes Gesetz macht.

Jetzt stellt sich Frau Parfuss her und sagt: Das erwarten die Menschen von uns, dass wir jetzt dringend handeln! Wir müssen eine straffe Regelung schaffen! Und so weiter. – Warum haben Sie all das nicht in den acht Jahren gemacht? – Acht Jahre lang haben Sie nichts dabei gefunden, Kinder und auch Erwachsene den Bestien auszuliefern. (Abg. Parnigoni: Wann tun Sie


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endlich etwas? Wann tun Sie endlich etwas? Außer dass Sie die Menschen bestrafen mit Ihrer Politik! – Wann tun Sie etwas?)

Herr Abgeordneter Kostelka! In den acht Jahren haben Sie als Obmann des Arbeiterfischereiverbandes offensichtlich nur das Interesse gehabt, Behinderte von dort zu vertreiben. Hätten Sie sich um die "Kampfhunde" gekümmert! Das wäre wirklich gescheiter gewesen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Jetzt, nach acht Jahren Untätigkeit, wollen Sie wieder einmal der Regierung alles in die Schuhe schieben. Wie beurteilt man solch eine Politik? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) – Herr Parnigoni! Wie beurteilen Sie solch eine Politik? Würden Sie sagen, das ist eine Heuchelei? Würden Sie sagen, das ist eine politische Amnesie, also eine Vergesslichkeit? Oder würden Sie sagen, es ist Arroganz? – Was ich gestern gemacht oder nicht gemacht habe, ist mir heute Wurscht. Heute fordere ich etwas, das heute opportun ist. Sie können es sich aussuchen.

Ich weiß nicht, welche Politik Sie machen, aber ich glaube, Sie sind damit auf einem sehr schlechten Weg. Wahrscheinlich machen Sie eine ratlose Oppositionspolitik, und Sie wissen nicht, wie lächerlich Sie sich dabei machen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt wissen Sie plötzlich, was man machen müsste. Herr Kostelka hat gestern gesagt: Der Bund hat ein Gesetz zu beschließen. Tierschutz ist Ländersache, aber da geht es um Menschenschutz. Das muss noch vor dem Sommer in Kraft treten. – Noch vor ein paar Wochen wollten wir im Strafgesetzbuch Tierquälerei strenger bestrafen. Da waren Sie absolut dagegen. Also wie ist das eigentlich? Welche Politik betreiben Sie eigentlich?

Jetzt werfen Sie der Regierung wörtlich vor, dass sie zu lange braucht, um ein Gesetz zu schaffen. Sie schreiben: Wir brauchen ein Gesetz, das unmittelbar in Kraft treten kann! Wenn Sie nicht in der Lage sind, so etwas in wenigen Tagen zu konzipieren, dann muss ich Ihnen sagen, dass wir Ihnen zeigen werden, wie das geht.

Ich frage Sie noch einmal: Warum haben Sie es in acht Jahren nicht geschafft, uns zu zeigen, wie das geht? – Möglicherweise wäre vielleicht der eine oder andere Hundebiss verhindert worden, wenn in diesen acht Jahren schon etwas geschehen wäre.

Ihre Politik ist so schlecht. Deshalb sitzen Sie auch auf dem Oppositionsbankerl.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Wenn Sie eine bessere Politik gemacht hätten, wenn Sie nicht so Vieles versäumt hätten, dann würden Sie jetzt nicht in der Opposition, sondern in der Regierung sitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.03

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich denke, der österreichischen Öffentlichkeit zu erklären, warum wir im gesamten Bereich betreffend – ich sage jetzt nicht: Tierschutz – Regelungen, die mit Tieren zu tun haben, überhaupt nichts weiterbringen, ist äußerst schwierig, weil nahezu allseitig die Nebelwerfer in Gang gesetzt werden. Der wahre Grund dafür ist – ich versuche, das jetzt einmal ohne eine Bewertung darzustellen –, dass es für die ÖVP ein Dogma ist, dass alles, was mit Tieren zusammenhängt, Landessache sein muss. Die SozialdemokratInnen sind daran gescheitert, in diesem Bereich irgendetwas zu erreichen, und jetzt findet sich die FPÖ in derselben Situation. – Für Sie ist vollkommen klar: Das muss Landesmaterie sein! Ob das sinnvoll ist oder nicht, zählt nicht.


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Nachdem es im ganzen Frühsommer keinen Termin für einen Verfassungsausschuss gegeben hat, trotz wirklich intensiver Bemühungen und auch der Bereitschaft, ihn notfalls um Mitternacht, um zwei oder drei Uhr in der Früh abzuhalten – die ÖVP hat gesagt, wir haben keinen Termin –, überfällt Sie gestern der Eifer – bedingt durch die mediale Aufmerksamkeit, die das Thema hat – zu einer Fristsetzung. – Sie setzen sich eine Frist, Sie, die Sie die ganze Zeit keine Zeit hatten!

Die Regierung setzt sich selbst eine Frist, zu berichten, obwohl sie eine Mehrheit hat. Sie können jederzeit alles mit Mehrheit beschließen. Ganz merkwürdig! Dann sagt Frau Partik-Pablé, die Kinder, die Menschen seien den Bestien ausgesetzt. – Es ist kaum noch fassbar, wie furchtbar das Leben in diesem Land sein muss, weil nichts in Sachen Tier- und Menschenschutz weitergeht.

Die Dinge haben einen klaren Namen. Mittlerweile kommen – auch von sozialdemokratischer Seite, etwa in Wien – Regelungen, mit denen ganz bestimmte Hunderassen verboten werden. Ich wünsche der Vollziehung sehr viel Glück zu dieser Regelung, sie ist nämlich unvollziehbar und unsachlich!

In anderen Bundesländern sind aber schon ganz andere Tiere verboten. In wieder anderen Ländern knüpft man an bestimmte Merkmale. Das heißt, das, was wir in Sachen Tierschutz leider ohnehin schon seit Jahren konstatieren, nämlich einen Fleckerlteppich von nicht kompatiblen Regelungen, überhüllt mit der Leerformel der 15a-Vereinbarung, bekommen wir jetzt auch zum Thema "Kampfhunde".

Meine Damen und Herren! Mit dieser Vorgangsweise, die Sie im Zusammenhang mit Regelungen betreffend Tiere praktizieren, machen Sie mittlerweile schon insgesamt die Gesetzgebung in Österreich verächtlich. Die Leute fragen: Was tun die da? – Alle sagen, es muss irgendetwas geregelt werden. Aber Sie sind nicht in der Lage, Termine festzulegen, Sie sind nicht in der Lage, Expertenstatements zu lesen. Es gibt zum Beispiel keine Pitbull-Rasse . Das wäre genauso, also würde man reinrassiger Mischling ins Gesetz schreiben. – Es wird immer irrationaler und merkwürdiger und komischer.

Ich werde heute – obwohl das auch irrational ist – dieser Fristsetzung zustimmen, damit wenigstens beide Anträge, die beide Mängel haben, diskutiert werden können und sollen. Vielleicht stimmen Sie auch zu.

Aber ein Ereignis möchte ich nicht übergehen: Eine ÖVP-Abgeordnete – die ich in höchstem Maße schätze, die eine Fachfrau ist, die kompetent ist und die gekämpft hat, und zwar für die ärmsten Tiere überhaupt, nämlich für die Schlachttiere beim Transport, von denen die meisten sagen, sie werden ohnehin nur geschlachtet, die aber vorher 20, 24, 30 Stunden lang unterwegs sind, ohne Wasser, ohne Futter, verletzt, oft halb am Verenden; diese Frau ist Amtstierärztin und hat wirklich gekämpft und hat dafür meine Hochachtung –, nämlich Frau Dr. Wagner-Schöppl, eine Salzburger ÖVP-Abgeordnete (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), wird jetzt "gegangen". Sie wirft das Handtuch, weil sie sagt, so geht es nicht. (Abg. Schwemlein: Sie ist vom Landeshauptmann hinausgeschmissen worden!) – Ich höre, sie ist vom Landeshauptmann hinausgedrängt worden. Das ist symptomatisch.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Das, was Frau Dr. Wagner-Schöppl, die eine redliche Kämpferin für den Tierschutz ist, widerfährt, das widerfährt der Tierschutzmaterie in diesem Lande, nämlich: die totale Missachtung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 235/A der Abgeordneten Dr. Kostelka betref


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fend die Abwehr von Gefahren, die von "Kampfhunden" ausgehen, eine Frist zu setzen, und zwar bis zum 19. September 2000.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass dieser Antrag einstimmig angenommen wurde. (Abg. Mag. Trattner: Gusenbauer fehlt schon wieder! – Abg. Dr. Khol: Aber Gusenbauer fehlt schon wieder! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Damit haben wir diese Kurzdebatte beendet.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur nächsten Kurzdebatte. Diese betrifft den Antrag der Abgeordneten Zierler, dem Ausschuss für Menschenrechte zur Berichterstattung über den Antrag 125/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch und Kollegen betreffend Menschenrechtsbericht eine Frist bis 20. Oktober dieses Jahres zu setzen.

Auch über diese Fristsetzung wird die Abstimmung in unmittelbarem Anschluss an die Debatte durchgeführt.

Wir gehen in die Debatte ein. Erstrednerin: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete Zierler.

16.10

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat jährlich einen Bericht über die Einhaltung, über den Stand und über die Fortentwicklung der Menschenrechte in Österreich zuzuleiten, die Regierungsvorlage im Hinblick auf ihre Verträglichkeit mit den Grund- und Menschenrechten zu prüfen und bei Vollziehung der Gesetze und Verordnungen besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der Grund- und Menschenrechte zu legen.

Dazu ist zu anzumerken, dass Österreich erst jüngst im Jahresbericht des Europäischen Parla-ments über die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union diesbezüglich besonders gelobt wurde und man in Österreich im Gegensatz zu anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in dieser Hinsicht nur wenige Mängel festgestellt hat. Im erwähnten Bericht des Europäischen Parlaments wird die Bedeutung der Achtung der Privatsphäre besonders hervorgehoben. Es wird ausdrücklich daran erinnert, dass das Recht auf Achtung der Privatsphäre, der Wohnung sowie auf Schutz personenbezogener Daten besonders geschützt werden müsste.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Ich hoffe, Sie haben dieser Einleitung jetzt zugehört, und ich möchte an dieser Stelle wirklich einen Appell an Sie richten, an die Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, nämlich: dass wir so etwas in Zukunft nicht mehr thematisieren müssen. (Die Rednerin hält ein Abziehbild mit der Aufschrift "Pssst! Die SPÖ hört mit!" in die Höhe.) "Pssst! Die SPÖ hört mit!" (Die Rednerin heftet sich das Abziehbild an ihre Kleidung. – Die Abgeordneten der Freiheitlichen folgen ihrem Beispiel.)  – Es geht um eine Aktion, die die SPÖ in der Steiermark in Form eines Briefes durchgeführt hat. Sie hat einen Brief mit dem Titel "Wir brauchen deine Hilfe!" an die Funktionäre, an die Vertrauensleute geschickt. (Abg. Schwemlein: Zitieren Sie den von der ÖVP-Liezen!) .Darin heißt es – ich zitiere –:

"Der von der schwarz-blauen Regierung geplante neue, wesentlich teurere Tarif beim Zeitungsversand wird es in Zukunft unmöglich machen, kostengünstige Aussendungen auf Kosten aller Steuerzahler zu machen." – Das ist die Einleitung. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Frau Kollegin Mertel, schön, dass Sie Ihren Reisekatalog ein bisserl zur Seite legen und zuhören, es betrifft nämlich ganz genau Ihre Fraktion. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Man muss sich einmal vorstellen, was da wirklich passiert ist, und daher möchte ich Ihnen diesen Brief, diese Zeilen wortwörtlich zu Gehör bringen. Ich zitiere also weiter:

"Zur Erleichterung dieser Arbeit haben wir dir", liebes Mitglied, dessen Hilfe wir ja brauchen (Abg. Schwemlein: Da sehen Sie, was wir für einen freundlichen Umgangston haben!), "folgende Unterlagen zukommen lassen:

a. das Wählerverzeichnis deines eigenen Wohnsprengels (also jene ca. 500 Personen, die in diener unmittelbaren Nachbarschaft wohnen). Solltest du von einer oder mehreren dieser Personen vermuten, dass sie SPÖ wählen, möchten wir dich ersuchen, auf dieser Liste hinter dem Namen dieser Person den Buchstaben ,S‘ hinzuschreiben." (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Was heißt denn das "S"?) "Dieser Buchstabe bringt zum Ausdruck, dass du diese Person für einen SPÖ-Wähler hältst."

Aber jetzt kommt es noch schlimmer: "Umgekehrt", lieber Freund, "möchten wir dich auch bitten, solltest du von jemandem den gesicherten Wissensstand haben, dass er oder sie eine andere Partei wählt, so würden wir dich bitten, den Buchstaben ,A‘ hinter diesen Namen zu setzen." (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist der wortwörtliche Inhalt dieses Briefes. Dazu gibt es dann auch noch eine Blankoliste, in die man die Namen von allen Bekannten, Verwandten und so weiter eintragen kann, damit man wirklich flächendeckend bespitzeln und flächendeckend beobachten kann. (Pfui-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist denn die Frau Kollegin Silhavy?)

Dazu ein Bericht des Datenschutzrates: "Bei den im Wählerverzeichnis festgehaltenen Daten wie Name, Adresse und Geburtsjahr der wahlberechtigten Personen handelt es sich durchaus um Daten, an deren Vertraulichkeit ein schutzwürdiges Interesse der betroffenen Personen besteht und deren Missbrauch jedenfalls zu unterbinden ist. Die Übersendung von Wählerverzeichnissen an Vertrauenspersonen und deren Beauftragung zu unverfrorener Gesinnungsschnüffelei ist aus datenschutzrechtlicher Sicht äußerst bedenklich." (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Worauf wir immer noch warten, worauf wir von der Landespartei warten, worauf wir von der Bundespartei warten, das ist eine Distanzierung, das ist eine Entschuldigung. Was hat man gehört in der Steiermark? Da kann man in der "Presse" unter der Überschrift "Steirische Spitzelaffäre: SPÖ spricht selbst von ,stümperhafter Aktion‘" Folgendes lesen: "Die umstrittene Aktion sei kein Alleingang der Stadtpartei gewesen, heißt es in Graz. Man habe vielmehr einen ,Auftrag‘ der Landes-SP erfüllt. Wahlkampfleiter Ressel habe bei einer Sitzung der Bezirksgeschäftsführer eine Erfassung von SP-Sympathisanten verlangt. ... Tatsächlich soll es auch in anderen steirischen Bezirken – etwa in Liezen –" zu ähnlichen Aktionen gekommen sein. (Rufe bei der SPÖ: Bei der ÖVP! Bei der ÖVP!)

Die FPÖ hat im steirischen Landtag eine Dringliche Anfrage an den Landeshauptmann-Stellvertreter Schachner-Blazizek gerichtet, um diesen Skandal aufzuklären.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Kollegin Zierler! Ich würde in der Halbzeit der Rede bitten, wenigstens einen Bezug wieder zur Fristsetzung zu machen, einen kurzen, denn bei einer anderen Debatte ist das so stürmisch urgiert worden. Dann kann ich Ihnen wieder das Wort erteilen. – Bitte.


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Abgeordnete Theresia Zierler
(fortsetzend): Herr Präsident! Vor dem Hintergrund des Berichtes des Europäischen Parlaments, der auf den besonderen Schutz des Rechtes auf Achtung der Privatsphäre, der Wohnung sowie auf den Schutz der personenbezogenen Daten hingewiesen hat, sind die Vorgänge in der SPÖ Steiermark durchaus bedenklich.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt stimmt es wieder, gut! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Abgeordnete Theresia Zierler (fortsetzend): Damit wieder zurück zu den Vorgängen in der Steiermark. (Neuerliche Heiterkeit.) Im Landtag haben wir eine Dringliche Anfrage an den Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter gestellt. Er hat diese Fragen nicht beantwortet, sagte, das sei überflüssig, das sei keine politische Frage. Alle Fragen blieben unbeantwortet.

Am Landesparteitag hat dann der Herr Landesparteiobmann eine halbherzige Entschuldigung an seine eigenen Funktionäre gerichtet, hat aber definitiv erklärt, dass er sich nicht bei der FPÖ und auch nicht bei der ÖVP entschuldigt. Das ist der Skandal schlechthin, denn das waren jene Menschen, die bespitzelt werden sollten, die gekennzeichnet werden sollten mit "A". Diese Entschuldigung, diese Distanzierung fehlt bis heute! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was war dazu die Reaktion des Bundesparteiobmannes Gusenbauer, der leider wieder einmal nicht anwesend ist? Er hat von einer äußerst unklugen Aktion gesprochen, die die Freunde in Graz durchgeführt haben, und nahm die Hauptverantwortlichen in Schutz. Die Aktion sei rein intellektuell zu bewerten, und er erklärte dann auch noch sehr stolz, er kenne ihre Urheber bereits seit Jahren.

Unser Klubobmann hat an den Herrn Gusenbauer drei Fragen gestellt: Was weiß Gusenbauer über diese Aktion, und gibt es irgendwo in Österreich eine ähnliche Aktion? Warum schweigt er und gibt keine Stellungnahme dazu ab? Welche Konsequenzen gibt es für die Gesinnungsterroristen in Graz? – Worauf warten wir bis heute? Auf die Antwort! Auch von dieser Stelle keine Reaktion, kein Rückgrat, keine politische Verantwortung. Ich habe selbst von Ihrem Parteikollegen Cap bei einer Diskussion, die wir gemeinsam auf der Wirtschaftsuniversität geführt haben, gehört, dass er selbst gesagt hat, er verstehe es auch nicht, dass in diesem Fall keine politischen Konsequenzen gezogen werden. (Abg. Mag. Schweitzer: Bravo, Cap!)

Ich darf Ihnen noch etwas zeigen, woran das Ganze erinnert. Da gab es einmal eine "A-Kartei". "A" – die Kennzeichnung für all jene, die nicht die SPÖ wählen. Ich habe hier eine "A-Kartei" aus dem Jahre 1946. Die NS-Dienststelle führte eine "A-Kartei", um Andersdenkende, politisch gesehen, zu deklarieren, damit man die Gegner kennt.

Meine Damen und Herren! Beweisen Sie einmal Rückgrat! Stellen Sie sich der Situation! Es ist ein Skandal, der hier passiert ist. Österreich wird unter Beobachtung gestellt. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Sie beginnen mit einem System der Bespitzelung. Und worauf wir bis heute warten, Frau Kollegin Silhavy, das ist eine Entschuldigung und das ist eine Rechtfertigung. Es ist ein Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Eine Vorgangsweise wie diese ist mit Nachdruck abzulehnen, und ich fordere daher die Bundesspitze der SPÖ auf, sich von diesem schamlosen Treiben der SPÖ Steiermark zu distanzieren – eine Aufforderung an Ihren Bundesparteiobmann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen jetzt in die Debatte über den geschäftsordnungsmäßigen Fristsetzungsantrag ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Einem als erster Redner. Redezeit: 5 Minuten für alle Abgeordneten. (Abg. Dr. Martin Graf: Der hat schon auf der Universität das Spitzelwesen eingeführt!)

16.20

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was jetzt Frau Abgeordnete Zierler hier vorgetragen hat, ist an sich ein sehr durchsichtiges Manöver. Das, worum es ihr geht, war der Versuch der freiheitlichen Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen in der Steiermark, hier steirischen Wahlkampf zu spielen. (Beifall bei der SPÖ.) Frau Abgeordnete! Ich darf Ihnen ein Geheimnis verraten: Der Steiermärkische Landtag wird nicht hier gewählt! Das dürften Sie noch nicht wissen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Der Mann kennt sich aus! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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34. Sitzung / Seite 115

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zur Sache selbst etwas sagen. Die Aktion der Grazer SPÖ, die hier angesprochen worden ist, ist nicht vertretbar, und sie war dumm. Sie ist nicht zu rechtfertigen! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das wollten wir hören!) Daran kann kein Zweifel bestehen.

Das ist der Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren, warum sich der Landesvorsitzende der steiermärkischen SPÖ Schachner-Blazizek dafür entschuldigt hat (Abg. Ing. Westenthaler: Aber erst nach drei Wochen!), und das ist auch der Grund, warum sich die Vorsitzende der Grazer SPÖ Kaltenbeck-Michl ebenfalls öffentlich entschuldigt hat. Das war richtig, das war anständig, und damit könnte es sein Bewenden haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Erstaunlich ist die Aktion von Ihnen, Frau Zierler, aus mehreren Gründen. Erstens hat unsere Fraktion, hat Abgeordneter Posch schon seit langem darauf gedrungen, dass jährlich in Österreich ein Menschenrechtsbericht erstattet werden soll. Und es waren Ihre Fraktionen, die das bisher verhindert haben! Daher wundere ich mich, dass Sie heute einen Fristsetzungsantrag stellen, aber wir werden ihm gerne zustimmen. Wir sind daran interessiert, dass diese Sache vorankommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es eine Partei in diesem Hohen Hause gibt, deren Art der Informationsbeschaffung und vor allem deren Art der Verwendung der so beschafften Informationen, windigen Informationen in aller Regel, zur Diskussion Anlass geben sollte, dann ist es Ihre Partei (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist der Pilz!), Frau Zierler, und keine andere! Deswegen ist es erstaunlich, dass Sie diese Fragen hier aufwerfen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Hohes Haus! Wenn Jörg Haider im Beisein des Justizministers verlangen kann, dass frei gewählte Abgeordnete dieses Hauses strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie gegen diese Regierung sprechen oder handeln (Abg. Dr. Ofner: Geh bitte!), wenn das eine Forderung ist, die von Ihnen kommt, dann trauen Sie sich zugleich noch, sich hier als Moralapostel aufzuspielen?! (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann für meine Fraktion hier nur Folgendes feststellen: Bespitzelung und Vernaderung ist in jedem Falle abzulehnen – wenn sie von Ihnen kommt, wenn sie von der ÖVP wie im Falle der ÖVP in Liezen kommt oder wenn sie von uns kommt! Sie ist in jedem Falle abzulehnen, und das ist ein klares Bekenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

16.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Er hat das Wort.

16.24

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit großer Sensibilität und Aufmerksamkeit habe ich meinen Vorrednern gelauscht, und auch mit großer Aufmerksamkeit sollten wir den Fristsetzungsantrag verfolgen, weil die Grund- und Freiheitsrechte an sich ein Wert sind, den wir hier im Parlament als Erste und als höchstes Gut zu vertreten haben. Und jede Maßnahme muss uns recht sein, damit wir diese Werte auch entsprechend vertreten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir von der ÖVP haben das immer vertreten, und wir werden das auch immer tun, und wir werden uns nicht abhalten lassen von Vorgangsweisen in anderen Parteien. Herr Abgeordneter Einem, ein bisschen Unverständnis ist allerdings schon aufgekommen, weil ich den Eindruck habe, die SPÖ macht es sich hier besonders leicht. Sie tut sich ansonsten immer hervor als jene Partei, die Menschenrechte und Grundrechte besonders hoch hält, und tut ständig so, als ob ihr solche Fehler, wie sie in der Steiermark passiert sind, nicht passieren würden. (Abg. Silhavy: ÖVP Liezen!) Darauf komme ich schon noch! (Abg. Dr. Mertel: Nicht darauf vergessen!)


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34. Sitzung / Seite 116

Meine Damen und Herren! Es war nicht der erste Brief des Geschäftsführers Weiss in solchen Fragen. Sie müssen wissen, dass diesem ein ganz interessanter Brief vorausgegangen ist. Der Herr Weiss hat nämlich bei Gemeindewohnungsvergaben sein Wissen um die Vorgänge bei Gemeindewohnungsvergaben, weil er dem Ausschuss angehört hat, also an sich geheimes Wissen, plötzlich auf SPÖ-Briefpapier den Wohnungswerbern, die dann den Zuschlag erhalten haben, weitergegeben und so getan, als ob sie die Wohnung von der SPÖ erhalten hätten. Das ist eine ganz neue Geschichte. (Abg. Silhavy: Das tun alle anderen auch nicht anders! – Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das, was sich der Herr Weiss dann in weiterer Folge mit dem nächsten Brief geleistet hat ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wieso die große Aufregung, Frau Kollegin Silhavy? Sie als Steirerin wissen genau, was der Herr Weiss sich da geleistet hat mit dem nächsten Brief. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das ist er. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Da steht "dringend" oben und: "Wir brauchen deine Hilfe!" (Abg. Dr. Mertel: Ist das der Brief vom Landeshauptmann?) Meine Vorredner sind bereits darauf eingegangen.

Meine Damen und Herren! Der Umgang der SPÖ mit dieser Frage, das alles wegzuwischen ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. )  – Die Staatsanwaltschaft hätte nach meinem Dafürhalten zumindest den Tatbestand der Verletzung des Datenschutzes genauer untersuchen müssen. Das ist nach meinem Dafürhalten zu leichtfertig vom Tisch gewischt worden, denn datenschutzrechtlich ist da einiges passiert, meine Damen und Herren. Ich würde der Staatsanwaltschaft auch empfehlen, sich das genauer anzuschauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ und ihr Herr Landesparteivorsitzender Schachner-Blazizek machen es sich da besonders leicht. Er entschuldigt sich zwar bei den potentiellen SPÖ-Wählern, aber jenen gegenüber, die betroffen sind – die Frau Zierler hat bereits darauf hingewiesen –, nämlich allen anderen, den "A"-Menschen, wurde keine Entschuldigung geäußert. Unerhört diese Vorgangsweise, meine Damen und Herren! Unerhört! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Damit Sie nicht glauben, ich drücke mich vor dem Brief der Stadtparteileitung in Liezen: In diesem Brief hat der Vizebürgermeister seine Funktionäre gebeten, dass sie die Adressen von ÖVP-Sympathisanten mitteilen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Ich kann den Brief vorlesen, Frau Kollegin, es würde nur sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Der Unterschied zum Brief der SPÖ besteht darin, dass hier keine Dokumente verwendet und kein Datenschutzgeheimnis verletzt wurden. (Rufe bei der SPÖ: Vorlesen! Vorlesen!) – Ich mache das wirklich sehr gerne.

Das war ein Serienbrief – ich zitiere –: Lieber Soundso! "Am 26. April 1999 wurde ich zum Stadtparteiobmann einstimmig gewählt. Seit dieser Zeit werde ich immer wieder gefragt, warum ich neben meinen verschiedensten Tätigkeiten nun auch noch bereit bin, mich in der Politik für Liezen zu betätigen. Die Antwort ist ganz einfach. Für mich ist es selbstverständlich, als waschechter Liezener eine gewisse Zeit meiner Heimatstadt zu widmen und verantwortungsbewusst für die positive Entwicklung von Liezen mitzuarbeiten. Dazu kommt, dass ich mich voll und ganz mit meinem dynamischen Team identifizieren kann und daher überzeugt bin, dass wir miteinander vieles bewegen werden.

Unter diesem Motto ,Liezen gestalten, nicht nur verwalten‘ positioniert sich die Volkspartei Liezen als treibende Kraft für unsere Stadt.

Dazu brauche ich deine Mithilfe. Daher bitte ich dich um Bekanntgabe von 2 oder 3 Liezener Personen" (Ah-Rufe bei der SPÖ) "mit Adresse, welche unserer Volkspartei Liezen Sympathie entgegenbringen. Diese Menschen würde ich gerne mit unseren Themen, Gestaltungsplänen und Zukunftsperspektiven vertraut machen." (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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34. Sitzung / Seite 117

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wenn Sie nicht in der Lage sind, den Unterschied zwischen dem Brief der SPÖ-Bezirksorganisation in Graz und dem Brief der ÖVP Liezen zu erkennen, dann tun Sie mir aufrichtigst und herzlichst Leid.

Wir werden diesem Fristsetzungsantrag zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fischl. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Heiterkeit als Reaktion darauf, dass Abg. Fischl das Abziehbild mit der Aufschrift "Pssst! Die SPÖ hört mit!" am Rücken kleben hat.)

16.30

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich weiß nicht, was daran so lustig ist. (Neuerliche lebhafte Heiterkeit.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Fischl! Haben Sie absichtlich ein Pickerl auf dem Rücken – oder hat Ihnen das jemand hinaufgetan? (Abg. Verzetnitsch eilt zum Rednerpult und entfernt das Abziehbild vom Sakko des Redners.)

Abgeordneter Harald Fischl (fortsetzend): Menschlich, Herr Kollege.

Es ist gut, wenn man zwei Pickerl hat, denn ein Pickerl reicht nicht, wenn man schreit und sagt: "Psst! Die SPÖ hört mit!" (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Verehrte Damen und Herren! Ich hoffe, Sie hören jetzt auch zu, denn ich habe heute in der Früh den Worten des Antragstellers, des Kollegen Posch, sehr genau gelauscht und muss sagen, ich war schon sehr beeindruckt, mit welch ihm eigener Art dieser Mensch hier herunter geht – in einer an sich sehr niveauvollen Debatte, in der es um das Versöhnungsgesetz, das Gesetz für den Fonds sozusagen geht (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel )  – und von diesem Rednerpult aus den Versuch unternimmt – und zwar in einer unverschämten Art und Weise –, die Freiheitlichen und die Vergangenheit aus dem NS-Regime sozusagen hier zu vereinnahmen.

Herr Kollege Posch, das ist eine ungeheuerliche Gemeinheit, die Sie ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Fischl, so geht es nicht!

Wir sind in einer Debatte über einen Fristsetzungsantrag und können jetzt nicht eine frühere Debatte wieder aufnehmen.

Der einzige Ruf zur Sache in der vergangenen Legislaturperiode wurde erteilt, als Herr Abgeordneter Stadler in einer Debatte über Einwendungen gegen die Tagesordnung eine frühere Debatte aufgegriffen hat. – Ich bitte, das zu beherzigen!

Abgeordneter Harald Fischl (fortsetzend): Ich mache das gern, Herr Präsident. Herr Kollege Einem beispielsweise aber hat sich in seinen Ausführungen ausschließlich auf die Frage dieser Geschichte in der Steiermark konzentriert (Abg. Dr. Kostelka: So wie die Zierler! Hat die Zierler über etwas anderes geredet? – Zwischenruf der Abg. Silhavy ), und ich nehme das auch für mich in Anspruch, denn ich glaube, wir müssen uns Sorgen machen, was diesen Bericht betrifft. Es gibt nämlich Vorfälle in unserem Lande, die uns – berechtigterweise – die Hoffnung nehmen, die vielleicht bewirken, dass der im Grundsatz an und für sich gute Bericht ein negatives Bild erfährt, und zwar durch Vorgänge in unserem Land und durch Wortmeldungen wie jenen in der so wichtigen Debatte zum Versöhnungsfonds-Gesetz, die ganz einfach nicht so hingenommen werden können.

Jetzt komme ich auf die Sache zu sprechen: Man hat die Assoziation herbeigeführt zwischen der Tat, die ja Grundlage für die Verletzung von Menschenrechten ist, und dem Gedanken. Zuerst der Gedanke, dann die Tat. Herr Kollege Posch hat es ganz klug verstanden – wie das die SPÖ manchmal macht –, hier einen Brückenschlag herzustellen.


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Herr Kollege Posch, Ihnen als Mitglied einer Fraktion – das sage ich jetzt wirklich einmal –, die sich in der Steiermark in einer beispiellosen Aktion herabgelassen hat, eine Tätigkeit zu entfalten, die ohne weiteres auch als Verletzung von Rechten von Menschen, nämlich als Eingriff in die Privatsphäre zu werten ist, muss ich sagen, dass das aufs Schärfste zurückzuweisen ist, und wir distanzieren uns davon. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Huber. ) Das im Sinne dessen, dass man von Österreich nicht hören muss, dass hier permanent Menschenrechte missbraucht und strapaziert werden.

Herr Kollege Posch hat heute hier drei wichtige philosophische Begriffe geprägt. Er hat gesagt: Die Grundlage für die Verletzung – das nehme ich jetzt auch in Zusammenhang mit den Menschenrechten in Anspruch – ist: Wenn man nicht hören will, wird man nicht hören. Wenn man nicht sehen will, wird man nicht sehen. Wenn man nicht verstehen will, dann kann einem nicht geholfen werden. – All das sind Grundlagen für die Verletzung von Menschenrechten.

Herr Kollege Posch! Wir Freiheitlichen hören ganz genau, wir sehen ganz genau. Wir haben gesehen, dass Sie durch diese beispiellose Aktion in der Steiermark genau das gemacht haben, was heute in den einleitenden Ausführungen der Frau Kollegin Zierler zum Ausdruck gebracht wurde: Sie haben den Versuch unternommen, einen Eingriff in die Privatsphäre des Menschen zu machen und ihn politisch zu instrumentalisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Verehrte Damen und Herren! Noch einmal: Wir distanzieren uns davon!

Kollege Posch hat gesagt: Wer nicht hören will, wird nicht hören. – Sie wollen den Zorn des steirischen Volkes über diese maßlose und eigentlich freche Aktion, die dort vonstatten gegangen ist, offensichtlich nicht hören. Wir hören ihn sehr wohl! Und Sie werden ja dann die Wahlergebnisse der Landtagswahlen in der Steiermark sehen, verehrte Damen und Herren.

Jetzt komme ich zum Verstehen – und da stimme ich dem Kollegen Posch zu –: Die Grundlage für die Verletzung von Menschenrechten ist, dass Menschen nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, dass sie andere verletzen können.

Verehrte Damen und Herren! Wenn Menschen nicht verstehen, dass sie andere verletzen, kann man ihnen nicht helfen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Edlinger. )

Man kann auch Ihnen nicht helfen, Herr Kollege Gusenbauer, der Sie wieder einmal nicht hier im Saal sind. Sie, Herr Kollege Gusenbauer, sollten sich eigentlich hierher stellen und die Verantwortung dafür übernehmen, dass solche Vorfälle in der Steiermark passiert sind.

Frau Kollegin Silhavy, ich weiß nicht, welchen Grund Sie haben, jetzt hier zu lächeln. Sie als Mitglied des Vorstandes der steirischen Landespartei sollten sich hierher stellen und sich in aller Form gezielt entschuldigen. Sie sollten jetzt nicht lachen, Frau Kollegin! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Aber es wundert mich nicht, dass Sie nicht verstehen wollen im Sinne der Ausführungen des Kollegen Posch, denn ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Harald Fischl (fortsetzend): ... wenn jemand nach Russland fährt, dort die Erde küsst – vor der Zeit von "Glasnost" und "Perestroika"! – und "Heimat!" schreit (Abg. Edlinger: Oppositionelle einsperren, Herr Fischl, ...!), dann darf man sich nicht wundern, wenn sich die Funktionäre, die ihn dorthin gebracht haben, einer Gesinnung ermächtigen, die solche Auswüchse nach sich zieht. – Ich danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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16.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.35

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Nach so viel "Steiermärkeln" ist es für eine Burgenländerin wirklich nicht einfach. Ein steirischer Abgeordneter liest uns etwas über waschechte Steirer vor. Ich frage mich, was ist ein "waschechter Steirer", was ist ein "Steirer" und was ist ein "echter Steirer"? Herr Kollege Fischl legt noch einen Zahn zu und sagt: Das steirische Volk ist empört. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das kroatische darf man sein! Man darf auch kroatisch sprechen, aber nicht steirisch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich erzähle Ihnen eine Geschichte darüber, wie es in der Steiermark zugeht. Ich weiß nicht, ob das etwas spezifisch Steirisches ist oder ob es vielleicht woanders auch so ist. Ich vermute, es ist anderswo auch so.

Wissen Sie, welche Briefe noch in der Steiermark kursieren, wenn nämlich Menschen dort ein Haus bauen und um eine Wohnbauförderung ansuchen? (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )  – Die Frau Kollegin aus Oberösterreich. Oberösterreich ist nicht steirisch, ist halt oberösterreichisch. Es kommt dann immer darauf an, von wem die Briefe sind.

In den Briefen steht dann: Es ist mir gelungen, Ihnen – weil ich ÖVP ... und so weiter – eine Wohnbauförderung zu verschaffen. (Abg. Fischl: Vielleicht gelingt es Ihnen einmal, das Wort "Menschenrechte" in den Mund zu nehmen!)  – Rechtsansprüche gibt es darauf. Aber es sind Abgeordnete, Bürgermeister oder andere, die dann solche Briefe verfassen. – Das ist steirisch, aber es soll heute hier nicht so steirisch zugehen.

Ich möchte Ihnen ein paar Fakten nennen. Kollege Posch hat einen Antrag eingebracht mit der Bitte um Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss. Diese ist durch den Herrn Präsidenten erfolgt. Seit der Zuweisung dieses Antrages gab es drei Sitzungen des Menschenrechtsausschusses, und drei Mal war es das legitime und dringende Ersuchen und Bedürfnis des Kollegen Posch und damit der sozialdemokratischen Fraktion, aber auch das Interesse der grünen Fraktion, diesen Antrag auf die Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können sich gar nicht vorstellen, wie intensiv und vehement es von den Regierungsfraktionen abgelehnt wurde, insbesondere von den Freiheitlichen, diesen Antrag im Menschenrechtsausschuss zu debattieren, einmal zur Diskussion zu stellen. Drei Ausschusssitzungen sind vergangen.

Ich kann daher jetzt nur meiner wirklich großen Freude Ausdruck verleihen, dass heute – jetzt ist ja gleich die Abstimmung – beschlossen werden wird, dass in der Sitzung des Menschenrechtsausschusses am 4. Oktober dieser wichtige Antrag des Kollegen Posch, der nichts anderes vorsieht, als die Bundesregierung zu ersuchen, jährlich einen Bericht über die Menschenrechtssituation in Österreich zu erstellen, behandelt werden wird! (Abg. Ing. Westenthaler: Seien Sie doch froh!)

Zum Schluss: Herr Kollege Fischl – hier sitzt er, ganz prominent, in der zweiten Reihe –, weißt du, welche Menschenrechtsverletzungen es tatsächlich in Österreich gibt? (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, Bespitzelungen!) Weißt du, dass zurzeit neun Personen in Strafhaft sitzen, weil sie verurteilt sind wegen eines Paragraphen, der tatsächlich menschenrechtswidrig ist, nämlich § 209 des österreichischen Strafgesetzbuches. Neun Menschen wird die Freiheit entzogen wegen einer Bestimmung, die wirklich jenseits des europäischen Maßstabes ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das sind die Sorgen, die ich als Menschenrechtsaktivistin, als Vorsitzende dieses Ausschusses habe. (Abg. Ing. Westenthaler: Das in der Steiermark macht Ihnen nichts? Das ist Ihnen egal? Gesinnungsschnüffelei macht Ihnen nichts? Wenn es die SPÖ macht, ist es okay!) Und durch wen werden solche gesetzlichen Bestimmungen gedeckt, ja geradezu gefördert? – Durch die Freiheitlichen und die ÖVP.

Daher bin ich wirklich schon voller Vorfreude auf diesen Bericht über die Menschenrechtssituation in Österreich, den wir dann jährlich von der Bundesregierung präsentiert bekommen werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Daher stimme ich gerne dem Antrag der Frau


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Kollegin Zierler, dem Menschenrechtsausschuss eine Frist zu setzen, zu. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Da schau, ist ja super! – Abg. Dr. Martin Graf: Je schlechter der Bericht ausfällt, umso mehr freuen Sie sich, stimmt’s?)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die vier Fraktionen haben Gelegenheit gehabt, ihren Standpunkt darzulegen.

Weitere Wortmeldungen können daher nicht vorliegen und liegen auch nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Ausschuss für Menschenrechte zur Berichterstattung über den Antrag 125/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch und Genossen betreffend Menschenrechtsbericht eine Frist bis zum 20. Oktober des Jahres 2000 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, der Fristsetzungsantrag ist einstimmig beschlossen.

Damit sind die drei Kurzdebatten beendet.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über den 7. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.41

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin – sie kommt wohl gerade erst wieder! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor ziemlich genau einem Jahr, in einer der letzten Sitzungen im Hohen Haus vor der letztjährigen Sommerpause, wurde die Möglichkeit eines Bakkalaureat-Studiums geschaffen, und dadurch wurde unser Studiensystem dreigliedrig. Zugleich wurde das Universitäts-Akkreditierungsgesetz beschlossen, welches die Anerkennung von Privatuniversitäten regelt. Diese Änderungen machen auch eine Änderung des Studienförderungsgesetzes erforderlich, welche wir heute einvernehmlich, wie ich hoffe, vornehmen werden.

Studierende, die sich für ein Bakkalaureat-Studium entschieden haben, werden nämlich künftig, wenn sie später ein Magister-Studium anschließen, auch einen Anspruch auf Studienbeihilfe haben. Ich halte das vor allem deshalb für notwendig, weil sich heute die jungen Menschen sehr oft erst später dazu entschließen, länger zu lernen und ein anderes Studium als das ursprüngliche Bakkalaureat-Studium zu absolvieren, insbesondere deshalb, weil erst jetzt die aufbauenden Studienrichtungen für die Bakkalaureat-Studiengänge, die gleich am Anfang eingerichtet wurden, im Entstehen sind.

Voraussetzung dafür ist, dass das Magister-Studium zügig abgeschlossen wurde, und das Bakkalaureat-Studium nicht übermäßig lange gedauert hat.

Weiters wird es auch die Möglichkeit geben, als Student an einer in Österreich ansässigen Privatuniversität Studienbeihilfe zu erhalten. Mich als Tirolerin freut es ganz besonders, dass künftig auch Studenten, die in Südtirol studieren, Studienbeihilfe erhalten können.

Tirol und Südtirol haben ihr Fachhochschulangebot und das Universitätsstudienangebot, das in Südtirol im Aufbau begriffen ist, sehr aufeinander abgestimmt. Auf Grund der räumlichen Nähe und der Deutschsprachigkeit auf beiden Seiten der Grenze ergänzen sich die unterschiedlichen Fachhochschulen und Studiengänge, sodass es den Österreicherinnen und Österreichern jetzt sehr viel einfacher gemacht wird, innerhalb der Europaregion im Ausland zu studieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Das heißt, dass unser Bildungsangebot gleichzeitig ausgeweitet werden kann.

Das Südtiroler Hochschulbildungsangebot weist übrigens – anders, als es derzeit noch an den Innsbrucker Universitäten ist – bereits einige Neuerungen auf, die wir in naher Zukunft auch in Österreich umsetzen werden. Es gibt dort nämlich bereits jetzt die Möglichkeit, an den staatlichen Universitäten innerhalb eines einzelnen staatlichen Universitätslehrganges mehrsprachigen Unterricht, und zwar nicht nur in Deutsch und Italienisch, sondern auch in Englisch und Französisch, zu erhalten. Ich finde es schön, dass die Österreicher jetzt dieses Angebot verstärkt nutzen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Viele Studenten haben jetzt bereits Teilzeitjobs angenommen, einerseits, um später höher qualifiziert zur Gänze ins Berufsleben einzusteigen, andererseits auch deshalb, weil sie darauf angewiesen sind, neben ihrem Studium Geld zu verdienen. Sie werden künftig auch die Möglichkeit haben, ihr Studium zügig abzuschließen, indem für das letzte Jahr ihres Studiums Studienbeihilfe gewährt wird, wenn sie ihre Berufstätigkeit aufgeben, um zu einem raschen Abschluss zu kommen.

Es freut mich also, dass dadurch die in den letzten Jahren immerhin signifikant gesunkenen Studienabbruchsquoten in Österreich weiter gesenkt werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Novelle zum Studienförderungsgesetz erleichtert es den Studenten jedenfalls, das passende Studienangebot zu nützen und ihre Studienzeit zu verkürzen. Die Ausweitung und Flexibilisierung des Anspruchs auf Studienbeihilfe ist im Sinne aller Studierenden, vor allem aber im Interesse der sozial Schwachen und im Interesse jener, die sich noch etwas abseits des Mainstreams bewegen und sich für ein Studium des Bakkalaureats oder an einer Privatuniversität oder an einer Fachhochschule in Südtirol entschieden haben. Dadurch wird ein weiterer Schritt in Richtung unseres Zieles gemacht, die Zahl der Studienabbrecher zu verringern, soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten und mit der Lebenszeit junger Menschen schonend umzugehen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich freue mich, dass alle Parteien diesem Gesetz zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

16.46

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es wurde schon gesagt, dass man sich durchaus freuen kann, dass hier eine Materie einstimmig verabschiedet wird, die die Situation der Studierenden hinsichtlich Studienbeihilfen eindeutig verbessert. Es ist dies eine Materie, die durchaus auch über die Fraktionsgrenzen hinaus breit diskutiert wurde, Gedanken wurden ausgetauscht, und schlussendlich kam es zu einer Einigung. Es stimmt einen doch froh, wenn in weiten Belangen der Wissenschaftspolitik die Parteipolitik hintangestellt wird.

Wir haben – das haben meine Vorredner schon gesagt, die Nachredner werden es sicher auch noch sagen – den Notwendigkeiten folgen müssen, haben wichtige Materien wie Bakkalaureat-, Magister- und Doktorat-Studium kompatibel gemacht, mit den Kautelen, wie wir sie beschließen, haben durch die Neuregelung ein klares Bekenntnis zur Gleichrangigkeit privater und öffentlicher Universitäten abgelegt, durch den Zugang zu Studienbeihilfen auch für Studierende an Privatuniversitäten und Fernuniversitäten, haben die Studienabschlussstipendien einem breiteren Bezieherkreis zugänglich gemacht und haben auch das Studium von Österreichern in Südtirol stipendientauglich gemacht.

Zwei Wermutstropfen, die man nicht verhehlen darf, muss ich jedoch anmerken: Es ist nicht gelungen, einen Durchrechnungszeitraum, wie von allen, glaube ich, gewünscht, zu implementieren, wobei dies an der finanziellen Situation gescheitert ist, weil wir bei der Durchrechnung an einem zu hohen, derzeit noch zu hohen, Betrag gelandet sind.


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Es war mir persönlich ein Anliegen, zumindest den Durchrechnungszeitraum überhaupt einmal zu implementieren und in weiterer Folge über Adaptierungen hinsichtlich der Höhe im Einvernehmen mit dem Finanzministerium Nachbesserungen vorzunehmen. Das ist bei den Studierenden leider Gottes nicht auf fruchtbaren Boden gefallen. Sie haben gesagt: Wenn nicht auf hohem Niveau, dann lieber gar nicht! – Das tut mir Leid. Es ist vielleicht auch in der Sache politisch nicht klug gewesen, aber wir wollen Gesetzesnovellen nicht gegen die Betroffenen selbst machen und sind daher hinsichtlich des Durchrechnungszeitraumes – auch nicht nur in seinen Grundzügen – so verblieben, wie es ist.

Der zweite Wermutstropfen ist, dass der Rechtsanspruch bei den Studienabschlussstipendien nicht mehr gewährleistet ist. Wir haben uns allerdings darauf verständigt, eine Ausschussfeststellung zu verabschieden, um die Richtung, in die es gehen soll, vorzugeben. Es heißt, dass rechtsanspruchsähnliche Kriterien geschaffen werden sollen.

Wichtiger war uns in diesem Punkt, dass wir für diese notwendigen Stipendien den Bezieherkreis erweitern konnten und dass wir damit auch die Möglichkeit geschaffen haben, EU-Gelder zu lukrieren. Ich glaube, dass das alles in allem ein gelungenes Gesetzeswerk ist, das sehr vielen Studenten und Beziehern dieser Leistungen Freude machen wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

16.50

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Es wurde bereits mehrmals erwähnt, dass Einstimmigkeit herrscht, was Studienförderung betrifft. Da Einstimmigkeit in diesem Haus nichts Gewöhnliches ist, sondern eher etwas Außergewöhnliches, möchte ich kurz erklären, weshalb es zu dieser Einstimmigkeit gekommen ist. Zu dieser Einstimmigkeit ist es deshalb gekommen, weil einerseits im Wissenschaftsausschuss zugehört wurde und Argumente, egal von welcher Seite sie gekommen sind, nicht so einfach weggewischt wurden, und weil andererseits aber auch das Ministerium und vor allem seine Beamten bis zuletzt durch Zuhören und auf Grund von Lernfähigkeit bereit waren, manches zu verändern, zu verbessern und auch zu streichen, sofern ich mich recht erinnere. (Beifall bei den Grünen.)

Das sage ich nicht deshalb, um zu beruhigen, weil es hier nicht zu minütlichen, stündlichen, täglichen, wöchentlichen unnotwendigen Schulterschlüssen gekommen ist, sondern weil ich sagen will, dass wir erkannt haben, was notwendig, was wichtig und was auch – leider, muss ich das sagen! – nicht so einfach und nicht so schnell zu ändern ist.

Ich möchte mich jetzt auf Wesentlicheres beschränken als darauf, einzelne Paragraphen, Ziffern und so weiter zu benennen und sie aufzuzählen. Wesentlich ist, wenn man über Studienförderung redet, zu überlegen, was Studien für Studentinnen und Studenten, für Österreich, für Österreichs Wirtschaft, für die Bildung und für die Emanzipation der BürgerInnen bedeuten und was es heißt, zu beobachten, in welchem Umfeld und unter welchen Randbedingungen studiert wird. Da ist noch einiges zu tun, und damit wird sich der Wissenschaftsausschuss noch mehrmals auseinander setzen müssen.

Die Darstellung der sozialen Lage der Studierenden sollte nicht geprägt sein von Vorurteilen und allzu schnellen Urteilen, wie "flotte Studentinnen" oder "Studenten im Auto" oder "Studenten in Discos", sondern von der Realität. Es ist bekannt, dass nur 16 Prozent der Studentinnen und Studenten es sich leisten können, während des Studiums nie zu arbeiten, und dass laut einer Studie des Instituts für angewandte Soziologie in Wien 20 Prozent der Studierenden ökonomisch arm sind und um ihre Existenz im Alltag kämpfen müssen. Verbesserungswürdig ist unbedingt die Tatsache, dass in Österreich nur 13 Prozent aller Studierenden Beihilfen bekommen. Das ist international kein Ruhmesblatt! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Brinek. ) Auch in Zeiten von Sparpaketen sollte man das gewichten, wenn man der Jugend eine Zukunft zuschreibt – und das wurde immer getan – und Bildung und Wissenschaft eine Bedeutung zumisst.


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Wenn man in Zukunft an Studiengebühren denken wird – ich fürchte nicht, dass Denken verboten ist –, so wird dieses Denken, fürchte ich, zu Konsequenzen führen, die Studiengebühren heißen. Die privaten Beiträge zum Studium liegen bereits jetzt bei 63 Prozent und jene des Staates, also der öffentlichen Hand, bei 37 Prozent. Die öffentlichen Ausgaben für StudentInnen sind – man kann gerne erklären, warum – seit 1970 um 60 Prozent gesunken. Eine einfache und auch durchaus nicht unfreundliche Erklärung ist, dass die StudentInnenzahlen wesentlich stärker gestiegen sind, als der Personalstand an den Universitäten zugenommen hat. Dadurch wurde es billiger.

Jeder glaubt, dass StudentInnen ungeheuer teuer sind. Ich kann Ihnen sagen, dass die Kosten pro Kopf bei zirka 40 000 S im Jahr liegen und daher billiger sind als Schüler und Schülerinnen an vielen Volksschulen, wobei ich aber gleich der Frau Ministerin zu Ehren erklären möchte, dass mir VolksschülerInnen diesen Preis wert sind, dass man aber nur nicht glauben soll, dass StudentInnen unfinanzierbar wären, wenn man sie mit Studienförderungen bedenkt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte nun auf das Bakkalaureat und auf gewisse Befürchtungen, die ich auf Grund der Äußerungen eines Sektionschefs bei den Verhandlungen darüber habe – Äußerungen, die vielleicht unvorsichtig getätigt wurden –, zu sprechen kommen. Dieser Sektionschef hat nämlich gemeint, das Bakkalaureat-Studium werde das Regelstudium der Zukunft.

"Regelstudium der Zukunft" kann für mich nur heißen, dass Magisterium-Studien und Doktorat-Studien die Ausnahme bedeuten, dass gedacht oder befürchtet werden muss, dass Magisterium-Studien und Doktorat-Studien nicht heute, aber übermorgen oder in einigen Jahren als eine Art Zweitstudium angesehen werden, das möglicherweise gebührenpflichtig wird. Ich bitte ernsthaft darüber nachzudenken, welche Folgen es hat, wenn Bakkalaureat das Regelstudium wird und das Doktorat-Studium ausgedünnt wird. Das hat Folgen für die Wissenschaft an den Universitäten, für die Wissenschaft und Forschung in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, dass auch die Verdienstfreigrenzen im Prinzip neu zu diskutieren sind. Ich meine, dass sie angehoben werden sollten, und zwar den Studenten und Studentinnen zuliebe, wobei ich durchaus verstehe, dass man sich um die soziale Ausgewogenheit, um die soziale Heterogenität von jenen, die nebenbei viel arbeiten und noch dazu Stipendien beziehen, Sorgen macht. Ich würde vorschlagen und ersuchen, Studien in der Weise zu ermöglichen, dass ein Arbeiten nebenher aus existenziellen Gründen nicht mehr notwendig ist, und weitere Maßnahmen zu setzen, damit Studien auch in der Regelzeit abgeschlossen werden können. Aber das geht allein mit Sparen nicht, und es geht auch allein über ein Dienstrecht nicht, sondern da muss etwas passieren, das viele Gesetzesmaterien betrifft und auch zeigt, dass Studien den Staat etwas kosten dürfen, und das schlägt sich vorwiegend im Budget nieder. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte, bevor ich meine Ausführungen beende, über eine kleine Recherche aus Innsbruck berichten, die Herrn Klubobmann Khol interessieren wird. Ich war im letzten Plenum sehr schockiert, als ich von Herrn Klubobmann Khol hören musste, dass er froh ist, nicht mehr auf der Uni zu sein. Ich war zuerst schockiert, dann war ich verwundert und dann war ich verärgert. Ich habe mich jetzt in Innsbruck erkundigt, und meine Informationen gehen dahin, dass auch andere froh sind, dass Sie nicht mehr an der Innsbrucker Universität sind, und dass Sie dort niemand vermisst. Das ist die Replik – als Ergebnis meiner Recherche – auf Ihre Antwort, die für die Universität nicht freundlich war und auch, wie ich glaube, nicht klug und nicht fair. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Antoni. – Bitte.

16.58

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es wurde schon darauf hingewiesen, dass das Klischee vom klassischen Vollzeitstudenten längst nicht mehr der heutigen Realität entspricht. Immer mehr Studierende sind aus den


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unterschiedlichsten Gründen berufstätig. Der letzte Bericht über die soziale Lage der Studierenden in Österreich hat diesen Trend auch eindeutig bestätigt.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es unser damaliger Wissenschaftsminister Einem war, der diese Problematik erkannt und entsprechend reagiert hat. Er ließ damals vom Wissenschaftsministerium eine umfassende Studie über die Situation der so genannten "non-traditional students" erstellen und leitete in der Folge erste konkrete gesetzliche Maßnahmen ein. Eine dieser Maßnahmen und Initiativen war die Einführung der Studienabschlussstipendien im Jahre 1999.

Wir alle wissen, dass die Phase des Verfassens von Diplomarbeiten und der Vorbereitung auf Studienabschlüsse eine besonders zeitintensive Phase ist. Die erwähnte Studie hat auch ergeben, dass gerade während dieser Zeit bei den Berufstätigen in hohem Ausmaß Studienabbrüche zu verzeichnen sind.

Diese damals auf Initiative der SPÖ bereits in der letzten Gesetzgebungsperiode eingeführten Studienabschlussstipendien haben in der Folge die Situation doch entscheidend verbessert. Die Studierenden werden vorübergehend karenziert beziehungsweise können eine Karenzierung in Anspruch nehmen, auch ein Ausscheiden aus der Berufstätigkeit wird möglich, denn das Stipendium in der Abschlussphase sichert auf der einen Seite den Lebensunterhalt der Betroffenen und verkürzt andererseits die Studiendauer und trägt sicherlich auch zur Reduzierung der allgemeinen Studienabbrecherquote bei.

Die nunmehr vorliegende Novelle, die im Wintersemester 2001 in Kraft treten wird, sieht zwar eine Verbesserung der Anspruchskriterien vor, insbesondere was Teilzeitbeschäftigte, aber auch was die Berücksichtigung von Zeiten an Arbeitslosigkeit betrifft, allerdings – und das muss man als Wehrmutstropfen schlucken – um den Preis, dass der bisherige Rechtsanspruch entfällt.

Seitens des Bildungsministeriums wird zwar argumentiert, dass es zu einer flexibleren Handhabung im Rahmen der Studienunterstützungen kommen werde und dass mehr berufstätige Studierende die Chance hätten, ein Stipendium in Anspruch zu nehmen, weil auch ESF-Mittel herangezogen werden können. Aus Sicht der SPÖ ist das jedoch nur dann der Fall, wenn erstens seitens des Bildungsministeriums ausreichend Stipendien zur Verfügung gestellt werden und wenn zweitens die Betroffenen, wenn sie in dieser Phase sind, vor der notwendigen Aufgabe ihres Berufes eine wirklich verbindliche Zusage für ihr Stipendium erhalten. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Frau Bundesminister! Klar ist daher, dass es Ihre Aufgabe sein wird – Ihre nicht leichte Aufgabe –, die erforderlichen Budgetmittel für die Stipendien zur Verfügung zu stellen, denn die besten flexiblen Kriterien nützen den Studierenden nichts, wenn das notwendige Geld fehlt.

Die Zustimmung der SPÖ zur vorliegenden Novelle erfolgt daher unter der Voraussetzung, dass es trotz des Abgehens vom Rechtsanspruch zu einer Verbesserung für die berufstätigen Studierenden kommt.

Wir haben im Wissenschaftsausschuss auch vereinbart, dass es im Jahre 2004 die Erstattung eines Berichtes an das Parlament geben wird, und ich glaube, dass entsprechend den Erfahrungen, die aus dem Bericht abzuleiten sein werden, es unser weiteres Ziel sein wird, in der Folge die gewonnenen Erkennnisse einfließen zu lassen, aber dennoch wiederum danach zu trachten, einen Rechtsanspruch für die Studierenden sicherzustellen.

Lassen Sie mich zum Schluss meiner Ausführungen noch den mit der Ausarbeitung der Novelle befassten BeamtInnen des Bildungsministeriums für ihre Arbeit herzlich danken. (Beifall bei der SPÖ.)


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17.03


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gelangt Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte, Frau Bundesminister.

17.03

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Wissenschaftsbereich stehen wir immer wieder vor neuen Herausforderungen. Gerade diese Neuregelung des Studienförderungsgesetzes nimmt derartige neue Herausforderungen auf: eine Anpassung an das dreigliedrige Studiensystem, Studienabschlussstipendien im erweiterten Ausmaß für Teilzeitbeschäftigte, die Förderung auch von Fernstudien an inländischen und ausländischen Universitäten.

Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass wir mit diesem Gesetz auch zur Entbürokratisierung beitragen. Wenn man nämlich näher hinschaut, dann sieht man, dass die Verbürokratisierung gerade im Universitätsbereich ein hohes Ausmaß erreicht hat. Wenn wir uns das komplexe Dienstrecht anschauen und wenn an einer größeren Universität 3 200 Stunden im Jahr benötigt werden, um die Abrechnungen in diesem komplexen Dienstsystem zu machen, dann wissen wir, dass wir da vor neuen großen Herausforderungen stehen.

Dass die Förderungsanträge in Zukunft auch über Internet gestellt werden können, ist natürlich eine Entbürokratisierung, und wir wollen gerade in diesem Bereich weitere Akzente setzen.

Ich bedanke mich für die konstruktive Diskussion, und ich bitte alle, die an der Jugend interessiert sind, die an den Universitäten interessiert sind, auch die zukünftigen Herausforderung in diesem positiven Geist mit mir zu bewältigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.04

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Es wurde von einigen meiner Vorredner schon die gute und konstruktive Arbeit im Wissenschaftsausschuss zu diesem Thema angesprochen, und ich glaube, dass wirklich eine sehr gute Vorgangsweise gewählt wurde, indem das konstruktive Gespräch gesucht wurde, und man ist zu einer guten Einigung aller vier Parteien gekommen.

Ich glaube, dass das in diesem Bereich deswegen sehr wichtig ist, weil die Studienförderung eine gute Sache ist. Es ist nämlich eine sehr sinnvolle und wichtige Maßnahme, den Zugang zur Universität tatsächlich allen Bevölkerungsschichten zu ermöglichen. Der freie Zugang zur Universität ist die eine Sache, die andere Sache ist aber der Umstand, dass während des Studiums auch der Lebensunterhalt des Studenten bezahlt werden muss. Allerdings ist es natürlich auch wichtig – und das möchte ich schon auch deutlich sagen –, dass wir mit der Studienförderung auch gewährleisten, dass ein schnelles und erfolgreiches Studium gefördert wird. Daher sieht dieses Studienförderungsgesetz grundsätzlich einen Rechtsanspruch nur dann vor, wenn der Student Vollzeit studiert.

Die Praxis hat aber gezeigt, dass der Trend eindeutig zum Teilzeitstudenten geht, dass es beim Studium immer mehr zu Mischformen kommt, nämlich, dass sowohl studiert als auch daneben, aus welchen Gründen auch immer, sehr häufig einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wird. Gerade in diesem Bereich ist es daher, so glaube ich, gut, dass wir uns auf eine erweiterte Möglichkeit der Vergabe von Studienabschlussstipendien geeinigt haben, dass wir allgemein eine flexiblere und auf den Einzelfall besser abstimmbare Regelung schaffen. Es ist insgesamt sinnvoll, dass durch weitere Möglichkeiten im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung gute flexiblere Lösungen ermöglicht werden. Das ist sinnvoll und trägt vor allem – und auch das sollte gesagt werden – den Wünschen der Studierenden Rechnung.

Ich freue mich, dass, wie bereits gesagt, eine gute und konstruktive Arbeit im Ausschuss stattgefunden hat, dass man sich geeinigt hat beziehungsweise dass zwischen allen vier Parteien bezüglich dieses so wichtigen Themas ein Konsens gefunden werden konnte, und darf mit Freude sagen, dass wir dieser neuen Novelle zustimmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 224 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist einstimmig angenommen. Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Mehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen. Es ist gleichfalls die verfassungsmäßig erforderliche Mehrheit gegeben.

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 181/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (225 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.09

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Auch dieses Gesetz, das Universitäts-Studiengesetz, wird unsere Zustimmung finden, wenngleich es einiges an Mühe und an Überzeugungskraft gebraucht hat, dass unseren Argumenten letztlich Rechnung getragen wurde, aber wir freuen uns darüber.

Wir haben im Ausschuss sehr intensiv darüber gesprochen, dass man nicht zu massiv und ohne Not neue Materien im Wege von Initiativanträgen in das Universitätssystem einführen soll. Uns ging es auch darum, dass ein ausreichendes Begutachtungsverfahren vorgesehen wird. Es wurde dann Bereitschaft signalisiert, und wir haben schließlich einen gemeinsamen Abänderungsantrag konzipiert – dieser wird noch eingebracht werden und dann zur Abstimmung gelangen –, womit jene Materien, die umstritten waren, wieder herausgenommen wurden.

Es sind einige wichtige Punkte in diesem Universitäts-Studiengesetz enthalten. Diese freuen mich insoferne, als sie gleichzeitig das anerkennen, was noch vor einem Jahr beziehungsweise noch vor dem Sommer des letzten Jahres strittig war, nämlich die Einführung des Bakkalaureats, bezüglich dessen ja hier im Hause durchaus nicht konsensual abgestimmt wurde, aber die Anpassungsbestimmungen im Universitäts-Studiengesetz jetzt einstimmig über die Bühne gehen.

Was in diesem Zusammenhang noch zu sagen ist: Es gibt inzwischen doch schon einige Studien mehr, die dreigliedrig angeboten werden – es wird zwar immer wieder gesagt, das komme nicht zur Anwendung –, zum Beispiel das Biologiestudium in Salzburg, ein sehr interessantes


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Studium. Die Ausbildung von LehrerInnen im Bereich des Informatikmanagements halten wir auch für sehr wichtig. Letztlich ist die Wirtschaftsinformatik in Linz ein altes Streitthema. Dort wollte man mehr Stunden, um in Europa konkurrenzfähig zu sein. Auch das wird jetzt geregelt.

Offen sind allerdings noch ein paar Punkte. Da darf ich die Frau Bundesministerin darum bitten, diese sehr bald in das Begutachtungsverfahren zu schicken. Der eine Punkt ist, dass es bei diesen verschiedenen Studien hinsichtlich der Titel und der Studienabläufe tatsächlich notwendig sein wird, insgesamt eine etwas klarere Struktur hineinzubringen. Ein zweiter Punkt: Es wird notwendig sein, dass wir gerade in den Kommunikations- und Informationsberufen, in denen es dringenden Bedarf an Lehrenden gibt, weitere Studienangebote eröffnen.

Ein Punkt, der schon einmal beinahe beschlossen worden wäre und ebenfalls sehr dringlich ist – wobei wir hoffen und sehr viel Wert darauf legen, dass das noch im Herbst über die Bühne gehen wird –, ist die Regelung bezüglich der Titel für die Zahnärzte. Ich weiß nicht, wer von Ihnen in letzter Zeit Zahnschmerzen hatte und beim Arzt warten musste – ich hoffe, niemand. Es geht dabei darum, dass ausgebildete und fertige Zahnärzte, die Sie jederzeit als Patient annehmen können, sich zusätzlich noch einmal in den Hörsaal setzen müssen und eigentlich Plätze versitzen – muss man sagen –, um ein zweites Doktorat zu machen.

Es gab diesbezüglich einen durchaus vernünftigen Antrag der Kollegen Brinek und Graf, der darauf abzielte, das abzustellen. Wir halten das nach wie vor für sehr vernünftig. Sollte das jetzt in ein Begutachtungsverfahren gehen, dann ist das in Ordnung, aber es sollte noch heuer geschehen.

Ein Letztes, worauf ich aufmerksam machen möchte: die Internationalisierung der Studien. Das Ganze ist sehr positiv zu sehen; darüber, so glaube ich, besteht Konsens hier im Haus. Ich höre, Frau Bundesministerin, wenn ich so herumkomme, zunehmend Klagen darüber, dass es bei der praktischen Anrechnung hapert. Es fand ein großer Kongress der Hochschülerschaft statt, im Zuge dessen darüber berichtet wurde – so sagen die Studierenden –, dass man nach Auslandsstudienaufenthalten an der Heimuniversität darum raufen musste, dass man die im Ausland absolvierten Lehrveranstaltungen im Inland als durchaus gleichwertig angerechnet bekommt. Es würde sich lohnen, sich das einmal genauer anzuschauen, denn sonst bringt man diese Studenten in Schwierigkeiten, wenn sie dann aus dem Ausland zurückkommen und um die Anrechnung von Lehrveranstaltungen kämpfen müssen.

Abschließend ein Appell an dieses Hohe Haus. Ich habe die morgige Ausgabe des "Kurier" hier, in der zu lesen steht: Grasser nimmt alle Neune ins Visier. – Gemeint sind damit die neun Bundesländer, von denen der Herr Finanzminister Geld haben möchte. Das muss er sich wahrscheinlich mit den Bundesländern ausmachen, das wird uns dann betreffen, wenn das Finanzausgleichsgesetz – das steht so in der Zeitung, ich kann es nicht ändern; wir wissen, es wird so kommen – verhandelt wird. Worum es aber hier in diesem Hohen Haus allen gehen sollte, ist, dass jene Drohungen, würde ich beinahe sagen, die hinsichtlich der Einsparungen im Bildungsbereich in den letzten Wochen und Monaten ausgesprochen wurden, nicht wahr werden.

Kolleginnen und Kollegen! Österreich gibt einen durchschnittlichen Anteil seines Bruttoinlandsproduktes für die Bildung, für die Schulen, für die Universitäten, für die Fachhochschulen aus, jedoch einen unter durchschnittlichen Anteil des BIP – Sie wissen das alle – für die Forschung. Da können wir über vieles diskutieren – über die Effizienz und dass im einen oder anderen Fall noch effizienter gearbeitet werden könnte –, aber worüber wir nicht diskutieren können und auch nicht wollen, ist, dass dieser Anteil, der bei der Bildung durchschnittlich und bei der Forschung unterdurchschnittlich ist, noch weiter abgesenkt wird.

Da rufe ich wirklich alle Kolleginnen und Kollegen auf: Das ist nicht nur eine Sache der Wissenschaftspolitik, das ist nicht nur eine Sache der Bildungspolitik, sondern wenn es um die Forschung geht, geht es um die Zukunft unserer Jugend und um die Zukunft unserer Betriebe, und daher dürfen in diesem Bereich keine weiteren Einsparungen mehr vorgenommen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.16


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.16

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Alles in allem kann man am Ende dieses Sommersemesters von einem lebendigen, durchaus positiven Diskussionsklima sprechen, das im Zusammenhang mit den notwendigen Reformen an den Universitäten herrscht. Ich glaube, wir sollten alles dazu tun, dass dieses Klima in dieser Art und Weise weiterbesteht, und alle konstruktiv denkenden, engagierte Personen dazu ermuntern, diesen Kurs beizubehalten.

Die Universitäten stehen vor großen Herausforderungen. Ich darf sie Ihnen kurz in Erinnerung rufen: Ganz wichtig ist – und an oberster Stelle steht – die Reform des Dienstrechtes. Es ist ein Laufbahnmodell anzudenken, das heißt, eine Überarbeitung des geltenden Laufbahntyps, genauso die Entwicklung eines flexiblen Modells sowohl für AssistentInnen als auch für ProfessorInnen.

Zweitens geht es darum, die Budgetgestaltung "praxisnäher" – sage ich jetzt einmal der Einfachheit halber – zu machen. Stichwort: globale Budgets.

Schließlich funktioniert das alles nur, wenn die Organisationsform effizienter und zweckmäßiger gestaltet ist und die Universitäten angstfrei den Wettbewerb mit anderen Anbietern im tertiären Bildungssektor antreten.

Wir haben in diesem Sommersemester, in diesem ersten Semester unter der neuen Regierung damit begonnen, mit Expertisen die Diskussion einzuleiten. Ich bin sehr froh darüber, dass die Rektorenkonferenz nun ein umfassendes Papier, eine Projektstudie vorgelegt hat, die zwar noch keine Aussagen darüber trifft, wie die Universitäten denn künftig zu gliedern beziehungsweise zu ordnen sind, aber einmal systematisch gezeigt hat, welche Problemhorizonte anzudenken sind.

Ich bin auch froh darüber, dass über den Sommer die Bundeskonferenz für das wissenschaftliche und künstlerische Personal darüber befindet, welche Position von ihrer Seite einzubringen ist. Selbstverständlich arbeiten auch die ÖH und andere Gruppen daran, Personen und Gremien, die zwischen und neben dieser Gliederung tätig sind. Die Professorenkonferenz ist schließlich ebenso mit einzubeziehen.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass es wichtig ist, diesen Gruppen, diesen Personen und allen am Universitätsleben und an der Universitätsstruktur Orientierten und Interessierten ein Signal zu geben, dass die gute Zusammenarbeit zwischen den Universitäten, der Regierung und dem Parlament fortgesetzt werden will, damit die Reform nach den Prinzipien "mehr Leistungsgerechtigkeit", "Verbesserung der Verantwortungsstruktur" und "effiziente Organisation" in den nächsten Semestern – so umreiße ich es jetzt einmal – einen guten Abschluss finden kann. Die ÖVP wird alles in ihrer Kraft Stehende dazu beitragen, dass es zu diesem guten Ergebnis kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben schon gehört, dass in diesem positiven Reformklima das Studienförderungsgesetz verabschiedet werden konnte. Ich bedanke mich auch dafür, dass die heute zu verabschiedende Fassung des Universitäts-Studiengesetzes letztlich die Zustimmung aller Fraktionen gefunden hat. Ich bin sehr froh darüber, dass wir speziell der Wirtschaftsinformatik, nämlich in Linz, ein gutes, ein positives Signal schicken können. Die Abgänger werden nun international vergleichbare Studien beziehungsweise Studienabschlüsse haben. Ich bin sehr froh darüber, dass wir e-Learning, e-Business und e-Austria ernst nehmen und somit Informatik auf ein breiteres Verständnis stellen, sowohl was das Lehramtsstudium als auch das Diplomstudium betrifft.

Ich habe in diesem Rahmen auch eine kleine Anregung: Wir könnten damit beginnen, diese neuen Technologien im Zusammenhang mit der Schwerpunktsetzung an den Unis einzusetzen. Es gibt ein paar Initiativen, die meinen, Tele-Conferencing könnte man auch machen, indem Lehrveranstaltungen eingekauft und eingespielt werden, anstatt vielleicht eine Planstelle neu zu


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besetzen, um auf diese Weise Ortsüberwindungen zu lösen. Diese Initiativen sind in den Dialog mit einzubeziehen, um zu überprüfen, wie wir Effizienzsteigerung erreichen können.

Was mir noch wichtig ist – Kollege Graf wird den diesbezüglichen Antrag einbringen, Kollege Niederwieser hat ihn schon angesprochen –, ist Folgendes: Mit dem Entstehen der Privatuniversitäten – es sind welche, wie man so schön sagt, in der Anerkennungsschleife, wobei noch in diesem Sommer erste Entscheidungen von der Akkreditierungsorganisation getroffen werden – wird es auch das Begehren geben – richtigerweise und angemessenerweise –, universitäre Lehrgänge und Lehrgänge universitären Charakters mit einem Abschluss zu versehen, einen akademischen Grad zu etablieren, der erstens hinsichtlich der Studienvoraussetzungen international vergleichbar und genormt ist und zweitens inhaltlich standardisiert ist, sodass diese Begehren so gehandhabt werden, dass nicht Zurufpolitik herrscht und jener, der schneller ist, eine Verankerung im Universitäts-Studiengesetz bekommt und ein anderer nicht. Dank der guten Kooperation mit der Frau Ministerin, ihrem Ressort und ihren Beamten haben wir einen Weg gefunden, der eine Art Regelwerk erwarten läßt, nach dem künftighin solche Begehren, solche Ansuchen bearbeitet und beantwortet werden.

Zum Zahnmedizinstudium so viel: Man muss natürlich sagen, dass wir hier in einer österreichischen Tradition stehen. Wir haben erstmals einen systematischen Weg verlassen, indem wir an das Ende des Medizinstudiums nicht den Magistertitel gesetzt haben – ansonsten wäre in Österreich die Welt zusammengebrochen –, sondern den Doktortitel, obwohl der/die fertige Studentin vergleichbar mit anderen Studierenden Magister heißen müsste. Wenn das jetzt für das Zahnmedizinstudium als zweites Studium dasselbe bedeutet, hätte man statt zweier Magistertitel zwei Doktortitel zu vergeben. Das wäre nicht der Weltuntergang, aber es bedeutete, eine unsystematische Vorgangsweise fortzusetzen. Es gab einen ersten Verbesserungsvorschlag, der zwar auf eine Gesamtstudienkommissionsentscheidung zurückzuführen war, aber gleichzeitig zum Ausdruck brachte, dass das noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir hiezu einen Lösung finden werden und es im Herbst eine Regelung geben wird, also so schnell wie nur irgend möglich.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang sowohl für die gute Zusammenarbeit hier im Hohen Haus als auch bei der Frau Bundesministerin, bei den Beamtinnen und Beamten für das argumentativ gestützte und engagierte Klima bedanken. Für mich ist die Bezeichnung "BeamtIn" immer noch eine Auszeichnung. Ich wünsche mir, dass diese Kooperation fortgesetzt wird. Das Parlament ist ja nicht mit den gleichen Ressourcen ausgestattet wie die Ministerien und braucht die Kooperation. Alle auch in der letzten Zeit in Diskussion gebrachten Vorschläge können wir so in die Diskussion einbeziehen und schließlich einem angeregten, intensiven Herbst entgegensehen.

Ich bedanke mich auch bei den Universitäten und lade sie von dieser Stelle aus ein, diesen Diskussionsprozess positiv mitzugestalten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.23

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe gleich zu Anfang die schon angekündigten Anträge ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Brinek, DDr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf und Kollegen (181/A) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (225 der Beilagen)


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Die Ziffern 2a (§ 26 Abs. 2) und 2b (§ 28 Abs. 2) des Antrages entfallen.

2. In Z 5 des Antrages entfallen die Zitate "§ 26 Abs. 2, § 28 Abs. 2.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Brinek, DDr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Graf und Kollegen (181/A) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (225 der Beilagen) betreffend Schaffung international gebräuchlicher akademischer Grade für die universitäre Weiterbildung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Frau Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, bis Ende des Wintersemesters 2000/2001 einen Entwurf für eine Änderung des Universitäts-Studiengesetzes auszuarbeiten, mit der die gesetzliche Grundlage für die Festlegung von Mastergraden durch Verordnung geschaffen werden kann. Dabei sollen nur jene Mastergrade berücksichtbar sein, für die Akkreditierungseinrichtungen bestehen und andere international gebräuchliche Standards vorliegen."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese beiden soeben eingebrachten Anträge sind das Produkt von zähen Verhandlungen in dieser Materie. Es ist ja niemandem verboten, gescheiter zu werden. Auch wir im Ausschuss sind von der Verabschiedung der Materie im Ausschuss bis heute im Plenum zu anderen Ergebnissen gekommen. Das ist gut und richtig so. Uns ist es im Wesentlichen darum gegangen, dass wir im postgradualen Sektor nicht weiter dilettieren, sondern eine Bereinigung des Titelunwesens insofern vorantreiben, als künftighin in Österreich nicht ausländische Titel vergeben werden, die im Ausland oder international keine Anerkennung finden, dafür aber ausländische Titel nicht vergeben werden, die international gebräuchlich sind. Da wollen wir eine Bereinigung herbeiführen. Auf Basis dieses Entschließungsantrages soll die Frau Bundesminister eine Regierungsvorlage erarbeiten und zur Begutachtung ausschicken. Damit ist auch ein wesentlicher Kritikpunkt der Opposition, den wir ebenfalls geteilt haben, weggefallen. Es wird somit zu einer Beschlussfassung kommen, wie immer das Ergebnis ausschauen wird – ob es Einstimmigkeit geben wird, werden wir dann sehen. Wir werden uns sicher alle bemühen. Das Klima im Ausschuss ist in diesen Sachfragen entsprechend gut. Die Parteipolitik gewinnt oftmals nicht.

In diesem Zusammenhang gibt es auch einen kleinen Wermutstropfen. Ich möchte das an dieser Stelle nicht verhehlen. Wir haben heute eine Bestimmung zu beschließen, die mir persönlich äußerst wehtut – nicht, dass wir von Seiten der FPÖ oder vielleicht die Grünen, so wie es Kollege Niederwieser gesagt hat, nachträglich jetzt das Bakkalaureatsstudium absanktionieren.

Kollege Niederwieser! So ist es nicht! Wir haben uns tatsächlich nie als die strikten Gegner eines Bakkalaureatsstudiums gesehen, sondern wir kritisieren nur die Art und Weise, wie es zur Beschlussfassung gekommen ist, nämlich in einer relativen Hau-ruck-Aktion, überfallsartig, losgelöst von den Problemen des ganzen tertiären Sektors, die wir in Wirklichkeit haben. Jetzt müssen wir natürlich die entsprechenden – denn wir sind ja alle rechtsstaatlich denkende Leute – notwendigen Schritte setzen, damit das, was schon auf Schienen ist, zum Wohle der Studierenden auch wirklich fahren kann. Da wird sich niemand in diesem Hohen Haus verwehren.


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Wobei ich jedoch den Wermutstropfen sehe, das ist bei der Novellierung im Kunsthochschulbereich. Ich habe das auch in den Verhandlungen gesagt, im Zuge derer man eine zweite "Lex Breunlich" gemacht hat. Ich sage hier im Hohen Hause ganz deutlich: Das ist für mich die letzte "Lex Breunlich", die ich mit beschließen werde. Ich werde so etwas nicht mehr mittragen! (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Grünewald. ) Ich möchte mich dazu nicht verschweigen. Wir und ich werden das nur aus einem einzigen Grund mittragen, nämlich erstens deshalb, weil es zeitlich absehbar und befristet ist, bis das gekippt wird, sodass das keine ewige Gesetzgebung ist, und zweitens deswegen, weil ich in Wirklichkeit nicht möchte, dass auch nur ein einziger Student der Kunsthochschule Not leidend oder zeitverlustig aus dem Grund gerät, weil ein althergekommener Gewerkschafter seine Mitarbeiter im Ressort letztendlich in Geiselhaft hat. Das ist das letzte Mal gewesen – zum Wohle der Studierenden, nicht zum Wohle des Herrn Breunlich –, und ich bin zuversichtlich, dass in Zukunft so etwas nicht mehr vorkommt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag sowie der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Brinek, DDr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Kollegen sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Sie sehen, ich applaudiere sogar – dummer Witz wahrscheinlich –, wenn von den Freiheitlichen der Name Breunlich genannt wird und gemeint wird, dass man vor dieser Person nicht weiter in die Knie gehen wird.

Ich möchte jetzt aber zur Sache kommen. Die Sache ist, dass auch im UniStG durch hartnäckiges ... (Abg. Gaugg: Herr Doktor! Das müssen Sie uns erklären, wie Sie das gemeint haben! – Abg. Edlinger: Das glaube ich nicht! Keine Erklärung!)  – Vielleicht nach der Debatte, jetzt nicht.

Ich möchte zum UniStG zurückkehren. Durch Argumentation und Zuhören sind auch da wieder Verbesserungen erreicht worden. Etwas anderes, was Erregung ausgelöst hat, dass nämlich die Begutachtung von Universitäten eingemahnt worden ist, wurde auf später verschoben und wird später behandelt. Auch das finde ich gut.

Jedes Mal, wenn Reflexion zu etwas führt, was Debatte mit Betroffenen heißt, kann man das nur begrüßen. Ich möchte wirklich darum ersuchen, dass wir in Zukunft die Debatte mit den Betroffenen, und zwar mit allen Betroffenen, insbesondere den Studierenden und den HochschullehrerInnen, aber auch der breiteren Öffentlichkeit, ausdauernder führen und uns dafür mehr Zeit nehmen. Es soll nicht so sein, dass man dann, wenn man weiterdiskutieren will, hören muss: Das sind die, die keine Veränderungen wollen! – und das deshalb, weil sie zuerst diskutieren möchten.

Was fehlt, ist eine Debatte um Studien- und Rahmenbedingungen. Es wird beispielsweise in Zeiten restriktiver Budgets schwer möglich sein, teamorientiertes Lernen zu pflegen, problemorientiertes Lernen zu forcieren, weil das andere – nicht nur räumliche, sondern auch personelle – Ausstattungen benötigt. Interdisziplinäre Angebote sind auch nicht nur der Freiwilligkeit zu überlassen – etwas, was nicht immer positiv sein muss, denn die Unis sind nicht so perfekt, wie es manche Hochschullehrer gerne sehen wollen oder auch darstellen möchten –, sondern interdisziplinäres Lernen ist etwas, was sich im Berufsleben bezahlt macht, weil das Berufsleben eben auch so ausschaut: problem- und teamorientiert.

Wichtig wäre mir auch, die Anrechnung von Studienzeiten bei Wechsel des Studienortes zu erleichtern. Ich erlebe es jetzt gerade selber mit bei meinem Ältesten, wie schwierig es ist, von Innsbruck nach Wien zu gehen, ohne gleich die Hälfte der absolvierten Stunden zu verlieren.


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Ich möchte auch ganz kurz auf das Schlagwort "Vollrechtsfähigkeit" eingehen, das auch nicht tabuisiert werden sollte. Ich gebe zu bedenken und würde bitten, in die Überlegungen miteinzubeziehen, dass Vollrechtsfähigkeit unter restriktiven Budgetbedingungen zu Leistungsverträgen führen wird, die Studien, Studentinnen und Studenten in eine Richtung drängen werden: Man wird sich den Moden des Marktes, den Trends mehr öffnen. Sie müssen aber auch wissen, dass die Trends in der Wirtschaft über drei Jahre in die Zukunft hinaus letztlich nicht festzulegen sind. Das sagen alle ExpertInnen. Es muss durch den Staat, den ich schätze, sichergestellt werden, dass Studien, die Humanwissenschaften betreffen, die Kulturwissenschaften betreffen, die kritische Gesellschaftswissenschaften betreffen, weiterhin angeboten werden, auch wenn sich dafür kein Mäzen in Wirtschaft und Industrie finden sollte.

Ich möchte auch betonen, dass die Universitäten im Prinzip keine Angst vor den Privatuniversitäten haben. Wir fordern nur Fairness. Außerdem: Kein Konzern kann sich Privatuniversitäten leisten, die das zu bieten imstande sind, was unsere Universitäten derzeit bieten. Auch das muss einmal gesagt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Eine Anmerkung auch zur Debatte betreffend Trimester. Das LIF wollte das einmal, heute wird das vom LIF dementiert. Es ist selbstverständlich auch nicht verboten, an Trimester zu denken. Aber überlegen Sie: Bislang müssen StudentInnen noch arbeiten, müssen praktizieren. Das ist bei einer Studieneinteilung in Trimestern schwieriger. Hochschullehrer müssen auch forschen und sollen forschen. Nur dann, wenn Universitäten zu reinen Ausbildungsstätten werden, zu reinen Hochschulen , und keine Bildungsstätten mehr sind, dann ist die Trimestergliederung ein möglicher – ich sage nicht: ein notwendiger – Weg dazu. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.34

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Darin sind wir uns sicherlich einig: Wir brauchen zukunftsweisende strukturelle Maßnahmen in Wissenschaft und Forschung. Die Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Universitäten ist eine der Forderungen des Regierungsprogramms.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die ehestmögliche Anerkennung von Privatuniversitäten ist mir in diesem Zusammenhang ein großes Anliegen. Der Akkreditierungsrat sollte seine Tätigkeit bereits aufgenommen haben. Ich gehe davon aus, das wir die Ergebnisse demnächst erhalten werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Universitäts- und Bildungssystem ist im Umbruch. Auch das "studium digitale" scheint nicht mehr so fern. Wie die "Neue Zürcher Zeitung" vom 16. Juni berichtet, plant ein US-Milliardär eine gebührenfreie Internet-Universität. Bei uns in Österreich tritt das angloamerikanische Bildungssystem neben das Humboldt’sche Bildungssystem. Das äußert sich auch in neuen, zusätzlichen akademischen Graden.

Private und staatliche Universitäten werden sich über den Bedarf der Wirtschaft an Absolventen und damit an Ausbildungsangeboten klar werden müssen. Die Wirtschaft braucht zeitgemäße Universitäten, die zeitgemäße Erkenntnisse vermitteln. Wichtig ist dabei Folgendes: In Österreich müssen akademische Grade vergeben werden, die auch international Anerkennung und Wertschätzung bringen. Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, müssen wir auch über die Zukunft der akademischen Grade nachdenken. Es genügt nicht, dem angloamerikanischen Bildungssystem unkritisch nachzueifern. Es ist wichtig, im Vorhinein richtungsweisende Akzente zu setzen, denn Lehrende und Studierende müssen in Zukunft klare Strukturen vorfinden. International übliche Rankings zwischen Universitäten dienen der Transparenz und sollten auch in Österreich bald gang und gäbe sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Private und staatliche Universitäten mit erweiterter Autonomie können sich damit sichtbar den Herausforderungen des Wettbewerbs stellen. – So schaut, sehr geehrte Damen und Herren, meiner Ansicht nach positiver Wettbewerb zwischen den Universitäten aus!


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Es wird die Wirtschaft sein, die als Maßstab gilt. Die Qualität eines Studiums, die Qualität eines akademischen Grades misst sich am Stellenwert, den der Absolvent auf dem Arbeitsmarkt hat. Das gilt auch für das Bakkalaureat, das in Österreich derzeit noch keine besondere Akzeptanz findet. Zusatzqualifikationen wie post-graduale Degrees steigern den beruflichen Stellenwert der Absolventen und bringen höhere Einstiegsgehälter in der Wirtschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der durch das UniStG eingeführte akademische Grad MAS – Master of Advanced Studies – ist international gesehen einzigartig und hat in seinen verschiedenen Ausformungen wenig Bedeutung. Es handelt sich beim MAS meist um justierte, akademisch geprüfte Lehrgänge. In der Praxis können diese auch ohne die Voraussetzung der Matura beziehungsweise der Studienberechtigungsprüfung zu einem akademisch anmutenden Titel führen. Internationale Standards werden dabei nicht gewahrt. Die Absolventen bekommen mit dem MAS ein fast wertloses Master-Degree. Vorgetäuscht wird dabei ein vollständiger Master-Grad, der dem Magisterium zumindest gleichwertig ist. Es handelt sich, sehr geehrte Damen und Herren, deshalb um eine Vortäuschung von Tatsachen, da international gesehen Master-Degrees wie der Master of Science, der Master of Law, der Master of Business et cetera eine entsprechende Reputation haben, die der österreichische MAS nicht hat. Ich halte es daher für unumgänglich notwendig, die Zukunft der akademischen Grade klar zu lösen und den MAS dabei zu überdenken.

Frau Bundesminister! Nun auch eine Anmerkung zur Donau-Universität. Die Donau-Universität bietet unter anderem den Titel MAS geradezu inflationär an. Ich muss es gestehen: Bei mir hat der Beschluss des niederösterreichischen Landtages vom 29. Juni Befremden ausgelöst. Weitere 495 Millionen Schilling Steuergeld für die Donau-Universität! 495 Millionen Schilling wozu? Vor allem für die räumliche Erweiterung und nicht für wissenschaftliche Einrichtungen, und dies, obwohl der wissenschaftliche Output der Donau-Universität insgesamt fragwürdig erscheint. Ich hätte mir daher vor diesen neuerlichen Subventionen eine Evaluierung der Tätigkeit der Donau-Universität gewünscht.

Zurück zum UniStG, zurück zu den vorliegenden Novellen. Dem Vernehmen nach werden ja alle vier Parteien diesem Antrag zustimmen. Ich empfinde dies auch als Anerkennung für die konstruktive gemeinsame Arbeit und als Anerkennung für den Inhalt dieser Novellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gelangt Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte, Frau Bundesminister.

17.40

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gleich eine Klarstellung vornehmen: Die Donau-Universität Krems wird selbstverständlich evaluiert. Es gibt eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Prof. Erichsen – das ist immerhin der Vizepräsident der Vereinigung der Rektorenkonferenzen der EU –, welche die Schwerpunktsetzungen für die Donau-Universität Krems überdenkt. Es ist wichtig, dass wir für den Nachdiplom-Bereich ein Angebot für das lebensbegleitende Lernen haben. Meines Erachtens wird dort auch die Zukunft für die Donau-Universität Krems liegen.

Meine Damen und Herren! Es ist mir wichtig, auf zwei Bereiche in dieser Novelle zum Universitäts-Studiengesetz hinzuweisen. Das Eine sind die Klarstellungen im Bereich der Anerkennungen. Wir müssen im Bereich der Anerkennungen in Österreich mehr tun. Es muss leichter möglich sein, von einer Universität zur anderen Universität in Österreich zu wechseln. Dieses Wechseln ist mit ungeahnten Hindernissen versehen. Wir müssen noch mehr tun bei der Anerkennung ausländischer Studien und Studienteile und, wenn sich unsere jungen Leute ins Ausland begeben haben, auch deren zusätzlich erworbene Kompetenzen in den Bereich der Anerkennung mit einbeziehen.

Ganz wichtig ist mir, auf das Informatik-Lehramt hinzuweisen. Es war in der letzten Zeit sehr heiß umstritten. Ich habe nichts gegen ein Informatik-Lehramt, ich habe aber etwas dagegen,


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34. Sitzung / Seite 134

dass man es ganz eng fasst und dass man nicht auch die Möglichkeit, einen Informatik-Manager heranzubilden, in dieses Studium mit hineinnimmt. Wir haben nun für drei Universitäten dieses Informatik-Lehramt bewilligt: für Salzburg, für Wien und für Klagenfurt. Ich freue mich, dass an den anderen Universitäten darüber nachgedacht wird und ernsthafte Pläne existieren – in Graz und in Innsbruck –, einen Informatik-Manager mit einem Bakkalaureat anzubieten. Das ist ein sehr wichtiger Weg, und das ist der richtige Weg für Bakkalaureatsstudien.

Alle anderen Bereiche, die angesprochen worden sind – sowohl das Finanzielle als auch die Möglichkeit, in Trimestern zu arbeiten –, sind Denkmodelle, in denen wir denken müssen. Ich bitte Sie wirklich, offen zu sein für diese Möglichkeiten zur besseren Nutzung der Infrastruktur und auch dafür, dass Studenten schneller studieren müssen und können. Wir müssen diese Möglichkeiten nicht für alle einführen, aber ich denke, bei der Flexibilität der Universität sollte es auch möglich sein, in Trimestern zu denken und das dort, wo es möglich ist, anzubieten, zugleich aber auch flexibel zu ermöglichen, dass Professoren und Professorinnen selbstverständlich auch die Zeit für Forschung haben. All diese Herausforderungen der Zukunft stehen vor uns, und ich meine, wir müssen diese Herausforderungen mit positivem Denken bewältigen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schöggl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Zu den heute zu beschließenden Gesetzen, die ja erfreulicherweise Konsensmaterien sind, ist schon das Meiste gesagt worden. Es handelt sich im Wesentlichen um Fortschritte im universitären und Ausbildungsbereich. Vor allem bezüglich den Bereich Informatik-Management gibt es – wie Sie selbst gerade erwähnt haben – sicherlich einen großer Fortschritt, zumal die so ausgebildeten Lehrer in den jeweiligen Schulen auch als EDV-Systemberater eingesetzt werden können und auch die Fortbildung der Kollegen übernehmen.

Frau Minister! Nur noch eine Bemerkung, und zwar aus einer sehr persönlichen Sicht: Ein akademischer Grad ist einerseits eine hohe Verpflichtung im Dienste der Gesellschaft, er bringt aber andererseits selbstverständlich auch Vorteile, und zwar bringt er Vorteile im Sinne von Sozialprestige, Vorteile im Gehaltssystem und Vorteile in Bezug auf gesellschaftliche Anerkennung. Das hat selbstverständlich dazu geführt, dass sehr viele Personen einen akademischen Grad haben wollten. In diesem Zusammenhang hat eine gewisse inflationäre Entwicklung eingesetzt.

Vor allem bei dem unseligen MAS-Titel, zu dem es im anglikanischen Raum nichts Vergleichbares gibt, hat es doch Skurrilitäten gegeben. Ich bringe ein Beispiel dafür. Wenn zum Beispiel die Volkshochschule Ottakring (Abg. Edlinger: Was haben Sie gegen Ottakring?) – also wirklich nichts gegen Ottakring – berechtigt ist, den Master of Advanced Studies für internationale Genderforschung und feministische Politik zu vergeben, dann muss ich sagen: Das ist für mich eine Skurrilität, die in der Anwendung und in der Praxis wahrscheinlich wenig bringen wird. (Abg. Dr. Petrovic: Warum?) Genau so beschreibt es auch Herr Witzmann am 19. Juni in der "Presse", nachzulesen im Artikel "Wir, die Titelfetischisten". Ich denke, das ist eine Entwicklung, die abgestellt werden sollte.

Frau Minister! Mit unserer Unterstützung wird es Ihnen sicher gelingen, Ordnung in dieses Titel-Chaos zu bringen. – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 225 der Beilagen.


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Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Martin Graf, Dr. Brinek, DDr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Streichung der Ziffern 2a und 2b sowie eine Änderung der Ziffer 5 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, werde ich sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des soeben erwähnten Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags der Abgeordneten Dr. Martin Graf, Dr. Brinek, DDr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Genossen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf, Dr. Brinek, DDr. Niederwieser, Dr. Grünewald und Genossen betreffend Schaffung international gebräuchlicher akademischer Grade für die universitäre Weiterbildung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 26.)angenommen. (E 26.)angenommen.

9. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (180 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird (220 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 160/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend bildungspolitische Maßnahmen (221 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 161/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Informationstechnologie – Offensive an Schulen (222 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mdie mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Dr. Antoni, die Debatte zu eröffnen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.48

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin jemand, der ganz selten zitiert. Heute werde ich es aber tun, denn in


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der "Kleinen Zeitung" – Ausgabe Kärnten von heute findet sich einmal mehr eine sehr unpassende Feststellung: "Faul, privilegiert, parasitär", steht hier:r.

"Mit diesen politischen Schmähvokabeln, die zum Schulschluss fast schon rituellen Charakter haben, ist die heimische Lehrerschaft in die heute beginnenden Sommerferien entlassen worden. Dementsprechend groß ist die Frustration." Und das setzt sich dann so fort.

Hohes Haus! Wir Sozialdemokraten wollen ganz bewusst einen anderen Weg gehen. Zum Ende des Schuljahres möchte ich mich am Beginn meiner Rede namens der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses bei allen Lehrerinnen und Lehrern dafür bedanken, dass sie ein großes Engagement an den Tag legen, dass sie diese wichtige Tätigkeit im Interesse unserer Jugend in verantwortungsvoller Weise leisten. (Beifall bei der SPÖ.) .

In diesen Dank schließe ich auch alle Beamtinnen und Beamten des Unterrichtsressorts ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Mir scheint dies gerade in diesen Tagen so wichtig zu sein, weil Teile dieses Hauses, aber auch – und das ist besonders bedauerlich – Teile unserer Regierung mit dazu beigetragen haben, dass der Berufsstand der Lehrer zum Feindbild stilisiert worden ist. Weder die Aussage des Kärntner Landeshauptmanns über "parasitäre Elemente" an Österreichs Schulen noch die Aussage unseres Bundeskanzlers, dass Lehrer-Dienst- und Besoldungsrechtsprobleme in Österreich ein Mickey-Mouse-Thema seien, und auch nicht die Drohung des Finanzministers, dass im Budget des kommenden Jahres im Bildungsbereich Milliarden eingespart werden müssen, helfen unserer Schule oder steigern die unbedingt und dringend notwendige Motivation unserer Lehrer, und sie sind schon gar nicht dazu angetan, die enormen Herausforderungen, die das Bildungswesen vor sich sieht und denen es begegnen muss, zu bewältigen.

Die SPÖ geht im Bereich der Bildungspolitik mit Sachargumenten an die Arbeit, die SPÖ ist um konstruktive Lösungen der anstehenden Probleme bemüht, und dies vor dem Hintergrund der Herausforderungen. Wir wissen – und darauf sollten wir stolz sein, sehr geehrte Damen und Herren –, dass nationale und internationale Untersuchungen dem österreichischen Schulsystem einen hohen Qualitätsstandard ausweisen, wir wissen aber auch, dass wir weitere Reformoffensiven brauchen, um diesen Qualitätsstandard nicht nur zu halten, sondern auch weiter auszubauen, denn Stillstand im Bildungswesen wäre gleichzeitig Rückschritt.

Mit simplen Kürzungen der einzelnen Budgetposten beziehungsweise mit dem Drüberfahren über Meinungen und Argumente lässt sich keine verantwortungsvolle Politik machen. Das trifft nicht nur auf die allgemeine Politik zu, sondern das ist meiner Ansicht nach eine ganz besondere Aussage, die wir in der Bildungspolitik immer ernst nehmen müssen. Eine besonders große Herausforderung für die Zukunft ist eine strukturelle Korrektur und die Erneuerung unserer Schulen.

Die heute zur Beratung anstehenden Entschließungsanträge – sie wurden von den Regierungsparteien im Unterausschuss bedauerlicherweise abgelehnt – enthalten unseres Erachtens wichtige Bestandteile von Lösungsansätzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen unsere Schule durch eine Technologie-Offensive fit für die Anforderungen der Informations- und Wissensgesellschaft machen. Wir müssen für jene jungen Menschen, die ihre Schullaufbahn nicht erfolgreich abschließen konnten, die Voraussetzungen schaffen, dass sie Möglichkeiten vorfinden, Bildungsabschlüsse nachzuholen. Wir müssen die ständige Weiterbildung, das Prinzip des lebenslangen Lernens, also die Erwachsenenbildung generell zu einem fest verankerten Prinzip in unserem Bildungswesen machen. Wir müssen schließlich den erfreulichen Trend zum berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesen unterstützen und die Weiterentwicklung durch geeignete Maßnahmen fördern.

Schülerinnen und Schüler müssen die Möglichkeit haben, eine ihren Fähigkeiten, ihren Neigungen und ihren Interessen gemäße qualifizierte Ausbildung zu erhalten. Chancengleichheit ist für


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uns dabei oberstes Prinzip, und es sollte auch das Prinzip des österreichischen Bildungssystems bleiben.

Der SPÖ geht es in erster Linie selbstverständlich um Qualität des Unterrichtes, aber wir sehen immer mehr, dass es uns, wenn wir die Lehrer in eine andere dienstrechtliche Lage bringen wollen, auch um die Qualität des Arbeitsplatzes der LehrerInnen an der Schule gehen muss. Wenn wir von Lehrerinnen und Lehrern zu Recht den vollen Einsatz und die Bewältigung ihrer vielfältigen, schwierigen Aufgaben verlangen, dann müssen die Rahmenbedingungen für die Lehrer stimmen. Das heißt, der Arbeitsplatz des Lehrers ist so zu gestalten, dass er seine Aufgaben auch bewältigen kann.

Hohes Haus! Familienverbände, Elternvereine und Lehrerorganisationen fordern in den letzten Tagen – wahrscheinlich haben Sie alle die diesbezüglichen Briefe bekommen – eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl. Wir sind in unserem Schulsystem aber nicht nur damit, sondern auch mit vielen anderen Situationen konfrontiert. Es stimmt, wir haben überfüllte erste und zweite Lehrgänge in den Berufsschulen. (Abg. Mag. Schweitzer: Dieter, mach einen Finanzierungsvorschlag!) Reden wir darüber, ja! Ich bin dazu bereit. (Abg. Mag. Schweitzer: Mach einen Finanzierungsvorschlag! – Weitere Zwischenrufe.) Aber meine Redezeit ist zu kurz, als dass ich jetzt mit dir darüber reden könnte. (Abg. Mag. Schweitzer: Mach bitte einen Finanzierungsvorschlag!)

Hohes Haus! Wir sind in den ersten und zweiten Lehrgängen des berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesens mit unglaublich hohen Schülerzahlen konfrontiert (Abg. Mag. Schweitzer: Das braucht nicht lang ...!), ebenso im allgemeinbildenden höheren Schulwesen in den Ballungszentren. Auf der anderen Seite wissen wir, dass wir leer stehenden Schulraum haben, ja dass wir ganze Gebäude im Pflichtschulbereich leer stehen haben. Unterschiedliche Entwicklungen im ländlichen Raum und in den Städten führen zu diesen einander nahezu diametral gegenüberstehenden Situationen.

Das heißt für mich, und das heißt für uns, dass die Bildungspolitik dort steuernd eingreifen muss. Wir brauchen eine Schulraumerfassung. Wir brauchen eine neue Diskussion über die Ausstattung und die Qualität unserer Schulen. Ebenso ist es notwendig – und daran wird, wie ich weiß, gearbeitet, aber meines Erachtens jetzt schon zu lange –, ein völlig neues, transparentes und klar nachvollziehbares Lehrer-Dienst- und Besoldungsrecht zu schaffen. (Abg. Mag. Schweitzer: Ja, machen wir!)

Ich glaube, da besteht ein unglaublicher Handlungsbedarf für die Regierung. (Abg. Dr. Grollitsch: Seit 20 Jahren!) Ich konstatiere aber, dass wir in den letzten Monaten Stillstand haben, denn außer unseren Anträgen und zwei Korrekturen, die wir mitgetragen haben, ist in dieser Legislaturperiode bisher nichts geschehen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir in wenigen Monaten über das Budget 2001 diskutieren werden, dann wird es auch darum gehen, wirklich intelligente Reformansätze zu machen und die notwendigen Investitionen für das Bildungswesen dennoch vorzunehmen. (Abg. Mag. Schweitzer: Mach einen Vorschlag für das Besoldungssystem!) Ein Über-einen-Kamm-Scheren und ein Kaputtsparen der Schulen ist nicht der richtige Weg. (Abg. Mag. Schweitzer: Mach einen Vorschlag!)

Es geht schließlich auch für dich, Herr Kollege Schweitzer, und für uns alle um die Zukunftschancen unserer Jugend (Abg. Mag. Schweitzer: Vorschläge!), damit der Arbeitsmarkt und der Arbeitsplatz Österreich ein anstrebbarer bleibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Dieter! Einen Vorschlag nur! – Abg. Dr. Antoni  – das Rednerpult verlassend –: Komm, reden wir darüber!)


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17.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie lange, hat er gesagt? – Ruf: 8 Minuten! – Abg. Mag. Schweitzer: Er hat was zu sagen!)

17.57

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte als Vorsitzender des Unterrichtsausschusses dem Beispiel des Kollegen Antoni Folge leisten und mich ebenfalls bei allen Lehrerinnen und Lehrern sehr herzlich für ihren Einsatz im abgelaufenen Schuljahr bedanken, der oftmals weit über das hinausgeht, was von den Lehrern eigentlich verlangt wird.

Ich möchte mich auch hier, wie ich es im Ausschuss bereits getan habe, natürlich von Aussagen distanzieren, bei welchen Vergleiche mit dem Tierreich herangezogen wurden, die ich persönlich für unangebracht halte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Ich möchte mich aber nicht nur bei den Lehrern bedanken, sondern auch beim österreichischen Steuerzahler, der nämlich den österreichischen Kindern und Jugendlichen ... (Abg. Dr. Petrovic: Und bei den Steuerzahlerinnen nicht?) Und den Steuerzahlerinnen, selbstverständlich, Frau Abgeordnete! Ich möchte mich dafür bedanken, dass sie den österreichischen Kindern und Jugendlichen eigentlich ein hervorragendes Ausbildungssystem zur Verfügung stellen. Das soll an einem Tag wie heute auch gesagt werden.

Herr Abgeordneter Antoni! Ich möchte darauf zurückkommen, dass Sie über den Herrn Bundeskanzler gesagt haben, für ihn wäre im Zusammenhang mit der Lehrerbesoldung das Thema Dienstrecht ein Mickey-Mouse-Thema. Ich glaube, dass Sie ihn da bewusst – nein, "bewusst" möchte ich nicht sagen –, ich korrigiere: dass Sie ihn da wahrscheinlich unbewusst missinterpretieren.

Meiner Ansicht nach ist diese Debatte deshalb so bezeichnet worden, weil der Herr Bundeskanzler gemeint hat, es gehe um die großen Linien. Es geht darum, dass wir die Staatsschulden reduzieren. Es geht darum, dass wir die jährliche Neuverschuldung zurückdrängen. Es geht um die Reformen im Pensions- und Sozialversicherungssystem, um die Reformen bei den Krankenkassen. Da soll man nicht ein Thema herausgreifen und dieses eine Thema für die Problematik hernehmen, die wir im Budget haben.

 

In diesem Zusammenhang ist das Wort "Mickey-Mouse-Thema" gefallen. Es war keinesfalls abwertend gemeint, sondern das war selbstverständlich so gemeint (Abg. Dr. Wittmann: Aufwertend!), dass die Frage des Besoldungsrechtes und des Dienstrechtes bei der generellen Problematik, die wir haben, eigentlich doch eine eher kleinere Problematik darstellt. (Abg. Dr. Jarolim: ... Wertschätzung!)

Ganz kurz zu den vorliegenden Materien, zuerst zu der Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird: Hier geht es vor allem darum, dass Unterrichtspraktikantinnen, die weder Studentinnen sind noch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, in Hinkunft auch die Möglichkeit haben, gegen sexuelle Belästigungen vorzugehen und entsprechend geschützt zu werden. Bisher war das auf Grund der Rechtslage nicht der Fall. Sehr positiv ist natürlich, dass wir dieses Gesetz heute hoffentlich einstimmig beschließen können.

Zur zweiten Vorlage, einem Entschließungsantrag der Opposition, möchte ich kurz sagen, dass darin die Intention durchaus richtig ist, dazu aber anzumerken ist, dass eine Reihe von Maßnahmen bereits ergriffen worden sind. Ich denke etwa an die Begründung, die zu diesem Entschließungsantrag nachzulesen ist und in der die Rede davon ist, schwächeren Schülern die Möglichkeit zu geben, einen Pflichtschulabschluss nachzuholen. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir die Verlängerung der Möglichkeit, den Pflichtschulabschluss nachzuholen, bereits beschlossen haben.

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen in den Bundesländern. Wir haben durch eine Reihe von neuen Lehrberufen mehr als 4 200 neue Jobs schaffen können. Ab Herbst wird es weitere 17 neue Lehrberufe geben. Wir haben ferner die Maßnahmen, die im Rahmen des Nationalen Aktionsplans eingeführt worden sind, fortgeschrieben. Auch das ist bereits beschlossen worden.


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Es werden alle Lehrgänge fortgeführt, es werden neue Lehrgänge ermöglicht, und bei den Stiftungen führen wir diejenigen fort, die bestehen. Sie werden verstehen, dass wir jene Stiftungen, die von der Vermittlungsquote her nicht allzu erfolgreich waren, nicht weiterführen.

Zu dem letzten Antrag, der vorliegt und die Forderung erhebt, im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien aktiv zu werden – er ist ebenfalls, ich möchte sagen, sehr allgemein formuliert; darin fordern Sie, die Schulen mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien auszustatten und im Bereich der Lehrer und Fortbildung mehr zu unternehmen –, ist zu sagen, dass auf Basis des Europäischen Rats von Lissabon auch in dieser Hinsicht schon eine Reihe von Maßnahmen gesetzt worden sind.

Ich denke etwa an das Faktum, dass 100 Prozent der Bundesschulen bereits mit Internet versorgt sind. Auch mehr als 40 Prozent aller Landesschulen sind damit versorgt. 17 000 Lehrer haben einen Internet-Zugang über das Austrian School Network, eine unbekannte Anzahl der Lehrer hat andere Zugangsmöglichkeiten. 50 Prozent der einschlägig tätigen Lehrer sind bereits im Umgang mit den neuen Medien geschult. Ich könnte diese Liste noch beliebig fortsetzen, sie ist sehr, sehr lang.

Sie sehen, die Bundesregierung und insbesondere unsere Frau Bundesministerin haben zu diesem überaus wichtigen Thema, in jenem Themenbereich, in dem eigentlich ein Zukunftsmatch entschieden wird, keinesfalls zu langsam agiert. Ganz im Gegenteil, wir sind hier der Opposition weit zuvorgekommen. Normalerweise wäre es die Aufgabe der Opposition, auf Versäumnisse der Regierung hinzuweisen. Aber hier hinkt die Opposition hinterher und fordert Dinge ein, die längst umgesetzt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend zur Forderung und zur Diskussion betreffend die Klassenschülerhöchstzahlen: Dazu ist zu sagen, dass das selbstverständlich ein wichtiges Thema ist – das ist überhaupt keine Frage! –, aber Sie müssen auch zugeben, dass wir in weiten Teilen gar nicht an die heutigen Klassenschülerhöchstzahlen herankommen. Ich darf Ihnen dazu die durchschnittlichen Zahlen nennen. Wir haben im Hauptschulbereich eine durchschnittliche Klassenschülerzahl von 22,9, im Bereich der allgemeinbildenden höheren Schulen eine durchschnittliche Zahl von 26,8, an den allgemeinbildenden höheren Schulen eine Zahl von 21,8 und an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen eine Zahl von etwa 23.

Ich denke daher, dass diese Zahlen nicht so dramatisch sind, dass darin das Hauptproblem der Bildungspolitik zu sehen wäre. Im Übrigen bestätigen alle internationalen Studien, dass nicht die Frage der Anzahl der Schülerinnen und Schüler in der Klasse, sondern die Qualität der Lehrer entscheidend ist. Die Qualität der österreichischen Lehrer ist zweifelsohne eine gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich erwähnen, dass auch zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 auf Berichterstattung verzichtet wurde.

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.05

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage vorweg, dass Kollege Amon mit seiner Vermutung, dass wir diesen Antrag einstimmig beschließen werden, Recht haben wird.

Ich möchte allerdings auch jetzt wieder den Abänderungsantrag einbringen, den wir schon im Ausschuss eingebracht haben. Es geht hier um ein Gesetz, in dem es um sexuelle Belästigung geht. Ich möchte Ihnen hier zur Verdeutlichung – es hören zwar nicht allzu viele zu, aber ich versuche es dennoch – noch einmal vorlesen, wie diese Formulierung jetzt im Gesetzesantrag ausschaut.


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Herr Schweitzer – er steht dort oben – hat Gegenvorschläge eingefordert. Ich werde auch dazu einen Vorschlag einbringen, wie man es anders machen könnte.

Sie haben den Punkt 1 genannt; dem möchte ich die Frage vorwegschicken: Warum wurde dieser Passus nicht ins Bundes-Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen, in dem auch Lehrlinge und in Ausbildung stehende Personen stehen? – Das ist im Ausschuss leider nicht beantwortet worden. Es ist für uns nach wie vor nicht wirklich ... (Abg. Mag. Prammer: Ich kann es Ihnen beantworten!) Das ist interessant! Vielleicht sind Sie dann in irgendeiner Form am Wort, um diese Möglichkeit zu nutzen. Auf jeden Fall ist diese Erklärung ausständig geblieben.

Die Formulierungen lauten zum Beispiel – das ist der erste Punkt –, dass die Sprache für beide gilt: "Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke umfassen Frauen und Männer gleichermaßen."

Unser Abänderungsantrag wird vorsehen, diesen Punkt zu streichen.

Aber Sie sollten auf der Zunge zergehen lassen, wie das im Text lautet. Unter Punkt 2 heißt es unter anderem: "wenn ein Unterrichtspraktikant" durch "Lehrer oder an der Schule beschäftigte sonstige Bedienstete sexuell belästigt wird". Sie haben auch folgenden Punkt 3 drinnen: "Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, ... das für den Unterrichtspraktikanten unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist".

Sie wissen, dass sexuelle Belästigung fast ausschließlich Frauen betrifft. Sie wissen auch, dass sexuelle Belästigung fast ausschließlich von Männern ausgeht. Sie hätten gerade bei diesem Gesetz die Möglichkeit gehabt, dies durch eine geschlechtadäquate Formulierung zum Ausdruck zu bringen.

Der Abänderungsantrag, der verteilt wird – ich werde mir daher gestatten, ihn nur kurz in den Grundzügen vorzustellen –, sieht vor, einfach beide Varianten zu nennen. Es steht drinnen, dass dort, wo Frauen betroffen sind, zunächst die weibliche Form genannt wird, nämlich "eine Unterrichtspraktikantin und ein Unterrichtspraktikant", und dort, wo die Männer als Belästiger auftreten, zunächst die männliche Form steht, nämlich "ein Lehrer und eine Lehrerin". (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das ist ein konstruktiver Vorschlag, und es kostet Sie keinen Schilling. Das Gesetz ist noch nicht veröffentlicht, es muss nicht neu gedruckt werden. Sie hätten hier die Möglichkeit, eine Chance zu nutzen, von der Fundamental-Regierung zu einer konstruktiven Form der Zusammenarbeit mit der Opposition zu kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Kurz noch zum Punkt Informationstechnologie – wir haben die Diskussion im Ausschuss geführt, wir führen sie bei jeder Podiumsdiskussion –: Sie sagen, die Schritte sind eingeleitet und gesetzt worden. Wir sagen, es sind zu wenige. Ich möchte das an einigen Punkten aufhängen.

1 Milliarde Schilling in dieser Legislaturperiode – das wird sicherlich nicht ausreichend sein, um die umfangreichen Anforderungen in diesem Bereich zu erfüllen. Es geht um die Lehrerausbildung. Frau Minister Gehrer – Frau Ministerin Gehrer (Beifall bei den Grünen) hat im Unterrichtsausschuss gesagt, dass sie der Meinung ist, dass die Lehrer von sich aus einen entsprechenden Beitrag leisten müssen.

Dieser Meinung bin ich auch. Ich bin der Meinung, dass es ein Teil der Arbeitszeit und des Berufes sein sollte, diese Forderungen zu erfüllen. Ich bin auch der Meinung, dass überdies vom Dienstgeber, in diesem Fall vom Unterrichtsministerium oder in den Ländern, die Möglichkeit geboten werden soll, mittels Kursen, mittels Fortbildungsangeboten die Initiative zu setzen. Das geschieht im Moment offenbar nur sehr unterschiedlich, vor allem was die Weiterbildung betrifft. Ich denke, dass entsprechende Maßnahmen absolut notwendig sind.

Ich glaube auch, dass es angesichts der Diskussion in den letzten Wochen – das sage ich Ihnen (in Richtung der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Gehrer) ganz offen – für


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Sie, obwohl Sie diese Diskussion nicht verursacht haben, in dieser Regierung Probleme geben wird, allein an die Motivation der Lehrer zu appellieren. Auf der einen Seite wird von einigen Teilen dieser Koalition – nicht von Ihnen, das wiederhole ich nochmals, aber doch – auf die mangelnde Arbeitsbereitschaft, auf Faulheit hingewiesen, auf der anderen Seite kommt die Forderung, die Lehrer sollen die Motivation einzig und allein selbst einbringen, sie selbst seien dafür verantwortlich, sich weiterzuentwickeln und weiterzubilden. – Das wird etwas zu wenig sein. (Beifall bei den Grünen.)

Um das auch strukturell darzustellen, haben wir auch heuer wieder eine Anfrage bezüglich der Daten eingebracht. Wir werden speziell im Herbst sehr genau nachfragen, wie sich der Sachverhalt im Zusammenhang mit den technischen Ausbildungen darstellt. Meine Information ist, dass nur ein Bruchteil derer, die in technische Ausbildungen gehen wollen, auch die Möglichkeit hat, solche Schulen zu besuchen, weil nach wie vor einfach viel zu wenig Plätze da sind.

Ich zitiere Sie nochmals – ich glaube, das ist richtig –: Sie haben gesagt, es habe jeder das Recht auf eine Ausbildung, aber Sie könnten nicht garantieren, dass jeder auch die Ausbildung bekommt, die er sich wünscht. Also wenn die Situation so ist, dass es in einem Bereich drastischen Arbeitskräftemangel gibt und geben wird, wenn die Situation so ist, dass wir uns überlegen müssen, wie wir diesem Arbeitskräftemangel beikommen können, dann ist es einfach dringend notwendig, hier wirklich initiativ zu werden.

Wenn es nach wie vor Überbelegungen von mehreren hundert Prozent gibt – so der Stand an den technischen Schulen zum Schulschluss –, dann wird es auch zu wenig sein, wenn Sie – zugegebenermaßen – neue Fachschulen oder auch neue höhere Schulen einrichten. Der Bedarf ist wesentlich größer. Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Es gibt den Wunsch der Schüler, es gibt den Bedarf der Wirtschaft, aber die Bereitschaft, das zu verwirklichen, ist nach wie vor nicht wirklich gegeben.

Letzter Satz zu den Klassenschülerhöchstzahlen. Kollege Amon! Wenn es tatsächlich so ist, dass die Klassenschülerhöchstzahlen in vielen Bereichen nicht ausgeschöpft werden, dann wäre es umso einfacher, deren Absenkung zu beschließen. Das steht heute nicht auf der Tagesordnung, aber wir sollten ernsthaft darüber diskutieren. Das wäre auch im Sinne Ihrer Argumentation oder der des Kollegen Schweitzer, der immer nach der Finanzierung gerufen hat. Es wäre Aufgabe der zuständigen Stellen, zu berechnen, was diese Maßnahmen kosten würden. Wenn es dabei auch nicht mehr um große Summen geht, sollte man doch überlegen, wie viel es kostet und wie es zu verwirklichen ist. Es wäre Ihre Aufgabe, diese notwendigen Unterlagen beizubringen. Mit den Möglichkeiten, die uns als Opposition zur Verfügung stehen, ist es ziemlich schwierig, genau zu berechnen, was das kosten würde. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Brosz und Genossen zur Regierungsvorlage 180 der Beilagen betreffend Unterrichtspraktikumsgesetz auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Grünewald, Freundinnen und Freunde zur Regierungsvorlage (180 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird, i. d. F. des Ausschussberichtes 220 d. B.


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Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 142

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Ziffer 1 der Regierungsvorlage entfällt.

2. In Ziffer 3 wird § 22a wie folgt geändert:

"§ 22a. (1) Eine Unterrichtspraktikantin/ein Unterrichtspraktikant darf im Zusammenhang mit dem Unterrichtspraktikum weder unmittelbar noch mittelbar auf Grund des Geschlechtes diskriminiert werden. § 2 Abs. 6 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993, ist anzuwenden.

(2) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Unterrichtspraktikantin/ein Unterrichtspraktikant im Zusammenhang mit dem Unterrichtspraktikum

1. durch Schulleiter/Schulleiterinnen, Lehrer/Lehrerinnen oder an der Schule beschäftigte sonstige Bedienstete sexuell belästigt wird oder

2. durch Dritte sexuell belästigt wird oder

3. durch Dritte sexuell belästigt wird und der Schulleiter/die Schulleiterin es schuldhaft unterlässt, eine angemessene Abhilfe zu schaffen.

(3) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird,

1. das die Würde einer Person beeinträchtigt,

2. das für die Unterrichtspraktikantin/den Unterrichtspraktikanten unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

3. a) das ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld für die Unterrichtspraktikantin/den Unterrichtspraktikanten schafft oder

b) bei dem der Umstand, dass die Unterrichtspraktikantin/der Unterrichtspraktikant ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten eines Schulleiters/einer Schulleiterin, eines Lehrers/einer Lehrerin oder eines/einer an der Schule beschäftigten sonstigen Bediensteten zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung im Zusammenhang mit dem Unterrichtspraktikum gemacht wird.

(4) Eine durch einen Schulleiter/eine Schulleiterin, einen Lehrer/eine Lehrerin oder einen/eine an der Schule beschäftigten sonstigen Bediensteten erfolgte Diskriminierung ist als Dienstpflichtverletzung zu verfolgen.

(5) Ein/e auf Grund des Geschlechtes gemäß Abs. 2 diskriminierte Unterrichtspraktikanntin/diskriminierter Unterrichtspraktikant hat gegenüber dem Belästiger/ der Belästigerin und im Fall des Abs. 2 Z 3 auch gegenüber dem Bund Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. § 18 Abs. 3 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes ist anzuwenden.

(6) Ansprüche nach Abs. 5 sind binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen.

(7) Eine Unterrichtspraktikantin/ein Unterrichtspraktikant, die/der eine ihm zugefügte Diskriminierung gemäß Abs. 1 oder 2 behauptet, ist zur Antragstellung an die Gleichbehandlungskommission berechtigt. Die §§ 23 und 25 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

(8) Die Abs. 1 bis 7 sind sinngemäß auf Personen anzuwenden, die die Zulassung zum Unterrichtspraktikum beantragt, das Unterrichtspraktikum aber noch nicht angetreten haben."

*****


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34. Sitzung / Seite 143

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Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sevignani. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.13

Abgeordneter Hans Sevignani (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Bei der gegenständlichen Änderung des Unterrichtspraktikumsgesetzes geht es um die Beseitigung von diskriminierenden Bestimmungen. UnterrichtspraktikantInnen, die nicht im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, werden von keinem Gleichbehandlungsgesetz erfasst. Sie fallen auch nicht unter den Anwendungsbereich der für die Privatwirtschaft geltenden Richtlinien des Gleichbehandlungsgesetzes. Es geht uns Freiheitlichen um einen Schritt in Richtung Gleichbehandlung, um einen Schutz vor Diskriminierung auf Grund des Geschlechts und Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung. Ich finde es gut, dass junge KollegInnen in Zukunft diesen Schutz genießen und besitzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Unterrichtsausschuss wurden die beiden Entschließungsanträge des Kollegen Antoni abgelehnt, denn wir wollen nicht, dass bereits bestehende Bestimmungen, zum Beispiel die Ermöglichung des Pflichtschulabschlusses bis zum 18. Lebensjahr, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verlängert werden können. Darüber hinaus ist es auch möglich, diesen Abschluss im Rahmen der Erwachsenenbildung nachzuholen.

Im Bereich einer informationstechnologischen Offensive an Schulen konnte ohnehin schon vieles durchgesetzt beziehungsweise umgesetzt werden. Die bestehenden Bestimmungen und Gesetze sind ausreichend. Die Anträge von Antoni sind deshalb nicht notwendig.

Folgendes möchte ich noch festhalten, meine Damen und Herren von der Opposition: Gleichbehandlung, Frauenanliegen und Anliegen von Bildung und Ausbildung sind für uns Freiheitliche kein leeres Schlagwort. Wir Freiheitliche und diese Bundesregierung setzen Schritte zur Gleichbehandlung. Wir verbessern den Unterricht und die Ausbildung unserer Jugend in Österreich – etwas, wovon die Sozialdemokraten seit Jahren nur gesprochen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schasching. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.16

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte mich am Beginn meiner Rede bei allen Lehrerinnen und Lehrern bedanken; die meisten von ihnen sind sehr innovative, sehr zukunftsorientierte, sehr engagierte Pädagogen. Ich möchte ihnen wirklich danken für ihre Arbeit und ihnen, angesichts der Tatsache, dass jetzt auch in den westlichen Bundesländern die Ferien begonnen haben, einen erholsamen Urlaub wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Einmal mehr ist es mir auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass gerade in jenem Bereich, der für unsere Jugend, für deren Ausbildung, für deren Weiterbildung, für deren Zukunft so wichtig ist, jene Menschen, die dort tätig sind, die die Garanten dafür sein sollen, dass unsere Jugend eine ausgezeichnete Ausbildung erhält und somit auch beste Zukunftschancen hat, entsprechend motiviert werden.

Ich danke der Frau Ministerin Gehrer dafür, dass sie im Unterrichtsausschuss auch festgestellt hat, dass es ihr wichtig ist, das Personal zu motivieren, ihm positive Signale zu senden, dass man mit seiner Arbeit einverstanden ist, und es nicht – wie andere – zu diffamieren und politisches Kleingeld daraus zu schlagen, indem man – wie dies wieder einmal von Seiten der FPÖ geschieht – eine Gruppe gegen die andere ausspielt. Wir sind es ja schon gewohnt, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass das eine Strategie ist. Man spielt Alte gegen Junge aus, man spielt die Gruppe der Arbeiter gegen eine andere aus, und man spielt – vor allem auch jetzt zu Ferienbeginn wieder – die Bevölkerung gegen die Gruppe der Lehrer aus. Das ist einfach widerlich, und das muss man hier auch sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Gerade deshalb, weil ich selber Lehrerin bin und weiß, wie wichtig es ist, zu motivieren, positive Signale zu senden, halte ich es für notwendig, dass man den Lehrern auch sagt, wie wertvoll ihre Arbeit ist und wie sehr man ihre Arbeit schätzt.

In diesem Sinne möchte ich auch festhalten, dass auch immer wieder mit falschen Zahlen gespielt wird, mit falschen Überlegungen, was denn eigentlich Arbeitszeit der Lehrer sei. Ein Lehrer leistet nicht nur dann seine Arbeit, wenn er in der Klasse steht. Es ist daher nicht ganz von der Hand zu weisen, dass es Unsinn ist, eine höhere Lehrverpflichtung zu fordern, Kollege Schweitzer.

Ein Lehrer hat vielleicht den einen positiven Vorteil, dass er sich seine Arbeitszeit ein bisschen freier einteilen kann, aber ansonsten kann man die Arbeitszeit eines Lehrers durchaus gleichsetzen mit der anderer Beamter. Wenn es ein Lehrer nämlich ernst meint mit seiner Arbeit – und ich gehe davon aus, dass das die überwiegende Mehrheit der österreichischen Lehrerinnen und Lehrer so sieht (Abg. Donabauer: Ich glaube alle!)  –, dann bedeutet das viel mehr, als nur in der Klasse zu stehen. Das bedeutet unter anderem auch, sich vorzubereiten, nachzubereiten, Elterngespräche zu führen, sich weiterzubilden, zu Hause am eigenen Computer zu arbeiten, weil man in der Schule keinen Computerarbeitsplatz hat, und sich damit zu beschäftigen, die positiven Strukturen, die es gibt, zu verbessern. Es bedeutet vor allem auch, sich damit zu beschäftigen, neue Ideen in den Unterricht einzubringen, neue Lehr- und Lernformen zu erproben und so das Unterrichtsleben und das Schülerleben positiv zu gestalten. (Abg. Mag. Schweitzer: Frau Kollegin! Frau Kollegin!)

Ich möchte jetzt aber nicht auf den Kollegen Schweitzer reagieren, der mich da zu stören versucht (Abg. Mag. Schweitzer: Nein, ich will etwas fragen! Darf ich etwas fragen?), sondern darauf hinweisen, dass es heute darum geht, das Unterrichtspraktikumsgesetz zu verändern. Eine Frage des Kollegen Brosz in diesem Zusammenhang kann ich beantworten.

Im vergangenen Jahr hat die damalige Frau Ministerin Prammer bei der Novelle des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes 1999 schon reklamiert, man möge die Prinzipien der Gleichbehandlung auch im Bereich der Frau Ministerin Gehrer, also im Bereich des Unterrichtsministeriums behandeln. Aber damals wurde es verabsäumt, zeitgerecht eine Vorlage einzubringen. Minister Einem hat das für den Wissenschaftsbereich geschafft, und es wurden auch die entsprechenden Novellierungen getroffen. Es freut mich daher umso mehr, dass es in der neuen Legislaturperiode doch möglich geworden ist, auch im schulischen Bereich eine positive Veränderung herbeizuführen.

Ich möchte aber noch ganz kurz darauf eingehen, dass es viele Dinge im Bereich der Schule gibt, die unserer Beachtung bedürfen. Ich nehme an, Sie haben so wie ich auch einen Brief des Bundesverbandes österreichischer Psychologinnen und Psychologen erhalten, in dem darauf hingewiesen wird, dass bei der pädagogischen Psychologie und Entwicklungspsychologie eine Streichung im Lehramtsstudium bevorsteht. Es würde mich zutiefst erschrecken und zutiefst verwundern, wenn diese Lehramtsstudenten in Zukunft nicht mehr oder nur unzureichend ausgebildet werden würden, denn das ist eine ganz notwendige Basis dafür, mit Schülerinnen und Schülern entsprechend zu kommunizieren, mit ihnen gut umzugehen, sie richtig zu behandeln, vor allem auch in Ballungszentren, wo SchülerInnen ihre Probleme in einer ganz besonderen Art in die Klassen bringen und wo die LehrerInnen gefordert sind, auch auf das soziologische und psychologische Umfeld entsprechend einzugehen.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lehrerinnen und Lehrern erholsame Ferien. (Abg. Mag. Trattner: Und schönes Wetter!) Sie haben es sich verdient, sowie auch allen anderen hier, die es sich vielleicht auch verdienen könnten. Vielleicht! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.


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18.24

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir behandeln heute eine Weiterentwicklung im Bereich der Gleichbehandlung. Ich halte das für gut und richtig. Weiters behandeln wir zwei Anträge. Zum ersten Antrag ist zu sagen, dass er bereits erfüllt ist, und zum zweiten Antrag ist zu sagen, dass wir alle Maßnahmen im Bereich der IKT mit großem Engagement setzen, dass es viele Bildungsangebote gibt.

Wir führen immer zu Schulschluss eine Umfrage durch, um zu erkunden: Wie zufrieden sind die Eltern mit der Schule? Aus diesen Umfragen ersehen wir, dass die Bevölkerung die Leistung der Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land anerkennt. Und diese Abfrage zeigt uns auch heuer wieder: Die Zufriedenheit der Eltern ist steigend, ist groß, die positiven Entwicklungen im Bildungsangebot werden in der Öffentlichkeit wahrgenommen.

Die Lehrenden an den Schulen und an den Universitäten arbeiten engagiert zum Wohle der Jugend, sie stellen sich den modernen Herausforderungen, und dafür verdienen alle Lehrenden im Bereich der Schulen, im Bereich der Universitäten öffentlichen Dank und öffentliche Anerkennung. (Allgemeiner Beifall.)

Mein Dank gilt auch allen unseren Partnern: den Schulpartnern, den Partnern in der Wirtschaft, allen, die dazu beitragen, dass unser Bildungswesen so gut funktioniert, sowie meinen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bildungsministerium. (Allgemeiner Beifall.)

18.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.26

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Kraftausruf aus Kärnten hat zu einem nationalen Schulterschluss rund um unsere Lehrerschaft geführt.

Ich bezweifle nicht, Frau Bundesministerin, dass diese Umfrage den Tatsachen entspricht, und ich bin auch fest davon überzeugt, dass die Österreicher, die Eltern, aber auch die Kinder im Großen und Ganzen mit unserer Lehrerschaft sehr zufrieden sind. Davon sind auch wir überzeugt.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass dieser Ruf, der aus Kärnten erscholl, ja auch ausreichend untersucht wurde. Wenn man die entsprechende Zeitung weiterliest, Kollege Antoni, dann schließt man eben auf – ein vielleicht nicht richtiger Ausdruck – diesen "Auswuchs". Da steht nämlich, dass der "Gagenkaiser" in der Klagenfurter HTL – und das Wort "Gagenkaiser" stammt vom Herausgeber beziehungsweise vom Journalisten – mit zwei Unterrichtsstunden tatsächlich an die 150 000 S im Monat verdienen kann, weil er nebenbei 14 Überstunden "genießt" und daher fast das doppelte Gehalt einheimst.

Wenn also so etwas – in diesem Fall betrifft es einen Personalvertreter – möglich ist, dann darf man sich ... (Abg. Dr. Keppelmüller: Welcher Partei ist er zuzurechnen!)  – Ich glaube, dass das parteiunabhängig ist, Herr Kollege; es ist parteiunabhängig. Es scheint möglich zu sein, dass man im bestehenden Besoldungsrecht solche Auswüchse unterbringt. Und wenn jetzt die Gesamtlehrerschaft auf Grund dieses Falles in Verruf gerät, dann haben das solche Fälle zu verantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Antoni! Sie haben die Qualität unserer Bildungseinrichtungen quasi 1: 1 an das Lehrergehalt gebunden. Das ist eine Verkennung der Tatsache. Es ist doch so, dass der Junglehrer mit vergleichsweise wenig Gehalt gegenüber dem Älteren auszukommen hat; um diesen Umstand weiß die Frau Bundesminister Bescheid. Sie haben sich völlig zu Recht in die Diskussion eingebracht, Frau Bundesminister, und gesagt: Wie gespart wird, sollen jene finden, die von der Lehrertätigkeit und vom Umfeld ausreichend Ahnung haben. – Sie haben das.


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Wir übergeben Ihnen diesen Sparauftrag gerne. Wenn hier plakativ mit einer Stunde Mehrunterricht gehandelt wurde, dann ist, glaube ich, damit in erster Linie das Einsparungsziel umschrieben, dem ich auch zustimmen kann. Man wird mit dieser Milliarde, von der die Rede ist, vermutlich nicht auskommen, und man wird nicht riskieren, dass unsere Enkelkinder, auch die Enkelkinder der Lehrer, jene Schulden, die in diesem Bereich aufzunehmen sind, später einmal zurückzahlen müssen.

Einigen wir uns doch, wenn wir schon von der Qualität unserer Lehrer summa summarum überzeugt sind, auch darauf, dass die Budgetkonsolidierung unser oberstes Ziel zu sein hat und dass hier sehr viel Phantasie aufgebracht und die Bereitschaft, die Solidarität der Lehrer eingefordert werden muss, dass es nicht zu solchen "Gagenkaisern" und solchen "Ausgeburten" in einem System kommen darf und kann, wo doch 2 000 Junglehrer vor der Tür stehen!

Bitte umverteilen, Frau Bundesministerin! Und bitte: Sparen, sparen, sparen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Rada zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.30

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn ich mir am Ende dieser Debatte die Debattenbeiträge der Vorredner geistig noch einmal vorspiele, dann komme ich mir vor wie am – wie es tatsächlich heute ist – Schulschlusstag. Ich erinnere mich an meine Zeiten als Lehrer. Das ist der Tag, an dem man nur bedankt wird, und das haben die Vorredner auch getan. Vorher wird kräftig geschimpft, und dann sagen wir: Danke schön! Ich bezweifle, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die das vielleicht den Medien entnehmen können, diesen ernsten Gedanken des vielen Dankens auch wirklich glauben, wenn sie vorher anders dargestellt worden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Da sich einige Verteidigungsredner bemüßigt gefühlt haben, gewisse Äußerungen als unbedacht darzustellen, kann ich nicht umhin, noch einmal darauf einzugehen, dass nicht irgendjemand aus Kärnten, sondern immerhin der Präsident des Kärntner Landesschulrates erklärt hat: Jetzt wird in der Schule endlich Ordnung gemacht! Parasitäre Elemente müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Fasching vorbei ist! – Das hat er immerhin gesagt, aber vielleicht ist er noch am Villacher Fasching.

Wenn die Vizekanzlerin erklärt, es werden bei den Lehrern 4 Milliarden Schilling eingespart – das sind Dienstposten –, es werden die Landesschulräte eingespart, so hat das Gewicht und verursacht Verunsicherung bei den Lehrerinnen und Lehrern.

Wenn der Abgeordnete Amon versucht hat, den Kanzler reinzuwaschen, so ist dieser Versuch kläglich gescheitert, denn wenn ein Bundeskanzler ein Schulthema zum Mickey-Mouse-Thema erklärt, und Sie, Herr Abgeordneter Amon, sagen, das sei ja nur die grobe Linie, dann haben Sie das ja noch verstärkt, denn dann ist das ganze Unterrichtsministerium, dann ist die ganze Schulpolitik für die ÖVP und den Bundeskanzler ein Mickey-Mouse-Thema. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Antoni, Dr. Rada, Faul, Beate Schasching, DDr. Niederwieser und GenossInnen betreffend politische Bildung und Zurückweisung inakzeptabler Äußerungen des Landeshauptmannes und Präsidenten des Kärntner Landesschulrates zum Bericht des Unterrichtsausschusses (220 der Beilagen) über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert wird (180 der Beilagen)

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, alles zu unternehmen, dass im Rahmen der LehrerInnenausbildung ein Schwerpunkt auf politische Bildung


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und insbesondere auf die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus gesetzt wird, und die inakzeptablen Äußerungen des Kärntner Landeshauptmannes und Präsidenten des Kärntner Landesschulrates gegenüber demokratisch gewählten InteressenvertreterInnen der LehrerInnen zurückzuweisen.

*****

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich danke Ihnen persönlich für die lobenden Worte den Lehrerinnen und Lehrern gegenüber. Ich weiß, Sie meinen es ernst! (Beifall bei der SPÖ.)

18.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 180 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Brosz und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Brosz und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 1 und 3 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über die Ziffern 1 und 3 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig der Fall. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Antoni und Genossen betreffend politische Bildung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 221 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 222 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (109 der Beilagen): Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen (205 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Es gibt dazu keine Wortmeldungen. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Abkommens samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen in 109 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig der Fall und damit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kundmachung dieses Abkommens samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte einschließlich der diesen beigefügten Erklärung, die in den elf Amtssprachen der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht wird, in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

13. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (169 der Beilagen): Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (206 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (170 der Beilagen): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (207 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (171 der Beilagen): Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau (208 der Beilagen)


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16. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (172 der Beilagen): Änderung des Artikels 20 Absatz 1 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995 (209 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu all diesen Punkten ist Frau Abgeordnete Gatterer. Wünscht sie das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.39

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! (In Richtung Galerie:) Meine sehr verehrte Dame! Ich darf zunächst drauf hinweisen, dass es im Wesentlichen drei Fragen sind, die jetzt zur Entscheidung heranstehen, die ich ihrer Bedeutung nach kurz darstellen möchte.

Es ist dies erstens die Zurückziehung des österreichischen Vorbehaltes gegen den Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau beziehungsweise gegen den Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau. Diese Zurückziehung wurde möglich, weil für Frauen die Möglichkeit eröffnet wurde, ihren Dienst beim Militär leisten zu können. Wir begrüßen das, halten das aber von den drei Fragen für jene, die relativ am wenigsten wichtig ist.

Die zweite Frage, um die es geht und die durchaus Bedeutung hat, ist die Frage, dass – endlich, muss man sagen – die Sessionsdauer jenes Komitees, das die Überprüfung der Verhaltensweisen der Mitgliedstaaten der Konvention vornimmt, ausgeweitet wird. Jenes Komitee, dessen Aufgabe es ist, zu beobachten und gegebenenfalls auch als Stachel im Fleisch der Mitgliedstaaten der Konvention zu fungieren, um dadurch durchzusetzen oder zusätzliche Argumente und zusätzlichen Druck zu schaffen, dass endlich die Diskriminierung der Frauen beseitigt wird, jenes Komitee, das bis jetzt nur zwei Wochen im Jahr tagen konnte, kann jetzt in ausführlicheren Sessionen seiner Arbeit gerecht werden, was in Anbetracht der Tatsache, dass mittlerweile 165 Staaten diese Konvention ratifiziert haben, auch notwendig war.

Aber am wichtigsten von den drei Maßnahmen, die heute hier zu beschließen sein werden, ist das Fakultativprotokoll. Das Fakultativprotokoll – mit Details wird sich Kollegin Prammer noch auseinander setzen – schafft die Möglichkeit einer Individualbeschwerde. Hier können Frauen selbst endlich ihre Betroffenheit, ihre Beschwerde dagegen geltend machen, dass sie in ihrem Mitgliedstaat, obwohl er die Konvention ratifiziert hat, immer noch diskriminiert werden.

Ich halte das für einen wesentlichen Schritt, an dem im Übrigen österreichische Frauen in der Vorbereitung wesentlich mitgearbeitet haben. Ihnen ist dafür nicht nur hohe Anerkennung zu zollen, sondern auch zu danken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber im Wesentlichen inhaltlich nur auf eines hinweisen, und das ist der Punkt, worüber ich mich heute in besonderer Weise freue. Mit der Zurückziehung österreichischer Vorbehalte bei diesen beiden Übereinkommen beziehungsweise Konventionen leisten wir auch einen Beitrag dazu, dass Frauen in anderen Ländern bessere Argumente und mehr Druck haben, ihre jeweiligen Länder dazu zu bringen, Maßnahmen, die heute wegen bestehender Vorbehalte dort noch zulässig sind, zu überwinden, endlich sozusagen durchzusetzen, dass auch ihre Länder die Vorbehalte aufgeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus den jetzt gerade stattfindenden Beratungen des Konvents zur Schaffung einer Europäischen Grundrechtscharta ist mir nur allzu bewusst, welche


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Bedeutung es hat, wenn eine möglichst große Zahl von Staaten einen gemeinsamen Rechtsbestand hat, wenn es um den Grundrechtsschutz, wenn es etwa um den Schutz vor Diskriminierung, insbesondere von Frauen, geht. Es ist das eines der zentralen Argumente, das bei der Ausweitung und bei der Sicherung von Grundrechten helfen kann. Wenn es gelingt, möglichst viele Staaten ihre Vorbehalte zurückziehen zu lassen, dann ist das eine Hilfe für alle jene, die heute noch in einer schwierigeren Lage sind.

Daher stimmen wir mit Freuden den heutigen Ratifizierungen zu, weil wir überzeugt davon sind, dass das auch anderen und nicht nur den österreichischen Frauen hilft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grabner  – da Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn nicht sogleich die nächste Rednerin aufruft –: Herr Präsident! Weiter geht’s! – Heiterkeit.)

18.44


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

18.44

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Ursprünglich wollte ich mich bei diesen Tagesordnungspunkten vor allem bei der Frau Außenministerin sehr herzlich bedanken, die mit der Vorlage des Fakultativprotokolls einen wesentlichen Schritt für die Frauenpolitik in Österreich setzt, aber da sie nicht anwesend ist, möchte ich mich beim Herrn Bundeskanzler sehr herzlich für diese Außenministerin bedanken, die mit dieser Vorlage die Frauenpolitik auch weltweit weiterbringt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie wissen, dass Österreich zwar schon im Dezember 1999 am Internationalen Tag der Menschenrechte unterzeichnet hat – das ist richtig –, Sie wissen, dass die ersten 23 Staaten bereits signiert haben, aber Österreich ist der elfte Staat, der das als Regierungsvorlage auch im Parlament vorlegt und beschließt, womit das Fakultativprotokoll überhaupt erst Geltung erlangen kann. Und das ist, glaube ich, etwas ganz Wichtiges, denn Sie wissen, bei internationalen Protokollen ist es erforderlich, dass die Staaten ratifizieren, damit diese Protokolle eben Gültigkeit erlangen. Es ist so, dass dieses Protokoll doch ganz wesentliche Verbesserungen für die Frauen bringen wird, vor allem im Bereich des Beschwerderechts für Einzelpersonen, aber natürlich haben auch Gruppen von Einzelpersonen einen besseren Zugang.

Ich glaube, dass das Verbot der Diskriminierung wirklich wichtig ist, wichtig ist aber auch, dass, wie mein Vorredner schon gesagt hat, von den einzelnen Ländern Berichte gelegt werden müssen. Ich möchte – obwohl die Kollegen im Grunde genommen schon sehnsüchtig auf das Ende der Sitzung warten – doch positiv herausstellen, dass Österreich jetzt im Juni Bericht erstattet hat, und zwar hat Österreich den Dritten, Vierten und Fünften Bericht vorgelegt.

Ich möchte weiters doch unterstreichen, dass das Komitee Österreich attestiert hat, dass es insgesamt einen äußerst hohen Stand der Wahrung und Förderung der Frauenrechte hat. Ich weiß, dass da auch viele aus Ihrer Partei (in Richtung SPÖ) mitgearbeitet haben, aber ich glaube, wir sollen das sagen, weil gerade von Seiten der Opposition immer wieder behauptet wird, dass Österreich im Bereich der Frauenrechte zurückgefallen sei. Dass das nicht stimmt, zeigt eben auch die Beurteilung des Komitees, das anerkennt, dass in Österreich ganz wesentliche Maßnahmen und Initiativen ergriffen wurden, dass Österreich in allen Projekten, die sich mit Gewalt gegen Frauen und gegen Mädchen befassen, weltweit Vorbildwirkung hat, dass Österreich ganz engagiert ist in der Bekämpfung des Frauen- und Mädchenhandels und dass Österreich wirklich eine aktive Rolle bei der Förderung der Frauenrechte im Rahmen der UN gespielt hat.

Ich möchte mich hier zum Schluss wirklich vor allem bei den zahlreichen MitarbeiterInnen Österreichs bedanken, die ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass wir das heute hier beschließen können, was in Zukunft hoffentlich Frauen weltweit einen Schritt weiter nach vorn bringt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Burket. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.47

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Die Diskriminierung der Frauen findet in vielen Lebensbereichen statt, und sie hat auch eine Vielzahl von Aspekten. Die Benachteiligung besteht insbesondere dort, wo die Frau entgegen ihrer natürlichen Rolle die Doppelbelastung all der Positionen wahrnimmt, die dadurch gegeben sind, dass sie im Beruf steht, dass sie Familie zu versorgen hat, dass sie Kinderbetreuung durchzuführen hat, dass sie Familienarbeit auch insofern zu leisten hat, dass sie die Familie auch im Bildungsbereich betreut. Und ganz besonders belastet ist sie im tragischen Bereich der Gewalt gegen Frauen.

Ich möchte daher diesen Aspekt noch kurz besonders beleuchten. Da gibt es Kinder, junge Mädchen, die auf unverantwortliche, grausame Art aus religiösen, kulturellen und traditionellen Gründen durch Beschneidung verstümmelt werden – Details wurden hier vor ungefähr zwei Jahren schon ausführlich behandelt –, da gibt es immer noch die Abtreibung von weiblichen Embryos, da gibt es die Tötung weiblicher Familienangehöriger, um die Familienehre wieder herzustellen, es gibt immer noch die Witwenverbrennung. All diese Zustände gibt es auch heute in der modernen Zeit noch immer, und Leidtragende sind die Frauen.

Es kann daher gar nicht genug Gesetze geben, die die Frauen im Besonderen schützen. Umso erfreulicher ist es, dass wir heute Tagesordnungspunkte behandeln, darüber abstimmen und, wie ich meine, einstimmig beschließen werden, womit wir deren Wichtigkeit unterstreichen und so zu einem positiven Ende kommen.

Dass wir heute die Sessionsdauer des Komitees verlängern, wird dazu führen, dass die Möglichkeit besteht, nicht nur während zwei Wochen, sondern nach Bedarf tatsächlich konkrete Anlässe zu behandeln, tatsächlich konkreten Vorfällen nachzugehen, und das wird auch dazu dienen, dass durch die Möglichkeit von Individualbeschwerden jenen Frauen, die so wenig gesetzliche Möglichkeiten in ihren eigenen Ländern haben, zu mehr Recht verholfen wird.

Wo die Rechtlosigkeit der Frauen auf Grund mangelnder Gesetze und traditionell und kulturell gegeben ist, dort ist es notwendig, zu helfen. Und dass in diesem Bereich sehr viel geschehen ist, das sehen wir heute auch mit der Beschlussfassung über diese Tagesordnungspunkte.

Die Sensibilisierung der Gesellschaft für dieses Thema ist deshalb so besonders wichtig, weil auch bei uns noch sehr viel zu tun ist. Zusätzlich zu dem, was schon getan worden ist, ist auch bei uns noch immer der Opferschutz ein ganz wesentlicher Faktor, ist noch immer der kostenlose Rechtsbeistand für Frauen, die in Not geraten sind und Rechtshilfe brauchen, ein wesentlicher Bestandteil unserer Forderungen und Erwartungen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau.

Härtere Strafen für Gewalttäter, die finanzielle Absicherung der Projekte und Einrichtungen, die den bedrängten Frauen Hilfe und Unterkunft gewähren, und vieles mehr ist noch immer dringend notwendig beziehungsweise verbesserungsbedürftig.

Frauendiskriminierung bedeutet, Frauen die Möglichkeit zu nehmen, frei in ihrer persönlichen Entscheidung ihren Lebensweg zu wählen, egal, ob im Beruf, in der Familie, in der Politik oder wo auch immer. Darum treten wir ganz entschieden gegen jegliche Art von Diskriminierung von Frauen auf – auch gegen die Diskriminierung von Frauen, die ihr Lebensziel nicht in der Selbstverwirklichung, sondern in der Betreuung ihrer Kinder und ihrer Familie sehen, denn gerade auch diese Frauen verdienen ganz besonders den Dank und die Anerkennung der Gesellschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.5


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1

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

18.52

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Selbstverständlich stimmen die Grünen der Ratifizierung des Fakultativprotokolls zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu. Ich halte es für einen wichtigen Schritt, dass individuell durchsetzbare Beschwerderechte geschaffen werden, auch wenn diese Rechte wahrscheinlich nicht von sehr vielen Frauen in Anspruch genommen werden. Auch wenn abzusehen ist, dass das Procedere kein sehr einfaches sein wird, ist es doch wichtig, dass diese Möglichkeit besteht.

Ich ersuche Sie, Frau Bundesministerin, und alle Mitglieder der österreichischen Bundesregierung, insbesondere die Außenministerin, auch darum, sich dafür einzusetzen, dass möglichst viele Staaten diese Konvention rasch ratifizieren, sodass sie auch möglichst bald in Kraft tritt.

Ich erlaube mir aber schon, anzumerken, dass all das, was hier darüber gesagt wurde, dass Österreich so vorbildlich bei der Umsetzung der Rechte der Frauen und bei Maßnahmen zur Nichtdiskriminierung von Frauen sei, nur teilweise richtig ist. Ich befürworte selbstverständlich alles, was geschieht, um Frauen vor den Auswirkungen von Gewalt, vor Verbrechen jeder Art zu schützen, besser zu schützen, aber ich denke, der wirksamste Schutz wäre eine echte und reale Gleichstellung vor allem im ökonomischen Bereich. Die Möglichkeiten der Ausbeutung, die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau Opfer von Ausbeutung, von verbrecherischen Praktiken wird, steigt dann, wenn Frauen nicht dieselbe Teilhabe im Bereich der wirtschaftlichen und sozialen Rechte wie die Männer haben, und das ist leider auch in unseren Breiten der Fall.

Frauen sind ausbeutbar. Sie bekommen die geringeren Löhne und Einkommen für die gleiche Arbeit, für gleichwertige Arbeiten, und daher gilt es, an genau diesem Punkt anzusetzen. Und da denke ich, ist weiß Gott nicht alles passiert, was möglich wäre, denn vor allem gibt es ein sehr beeindruckendes und erfolgreiches Volksbegehren, das Frauen-Volksbegehren, dass weder von der vergangenen Bundesregierung durchgesetzt wurde noch von dieser Bundesregierung durchgesetzt wird.

In Österreich wäre das Wichtigste eine Änderung der Verfassungsbestimmung, nämlich eine harte Gleichstellungsverpflichtung. Statt einer immer noch recht nebulosen "Gleichheit vor dem Gesetz" sollte die Devise lauten: "Gleichheit durch das Gesetz". (Beifall bei den Grünen sowie bei den weiblichen Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend erlaube ich mir, noch etwas anzumerken, und ich halte das auch in Anbetracht der sehr schwerwiegenden, wirklich bis an die Existenz gehenden Beeinträchtigung von Frauenrechten nicht für eine Bagatelle: Die Diskriminierung beginnt auch in der Sprache. Daher sollte es eine Selbstverständlichkeit sein – noch dazu eine Selbstverständlichkeit, die nahezu nichts kostet –, dass Frauen auch in allen Bereichen mit weiblichen Titeln, mit weiblichen Funktionsbezeichnungen angesprochen werden. Erst dann wird sich nämlich auch das Bewusstsein vermehren, dass es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, dass Frauen in den Spitzenfunktionen in der Politik und in der Wirtschaft gleichermaßen repräsentiert sind wie Männer.

Daher mein Appell an dieses Haus und auch an die österreichische Bundesregierung, bei der Abfassung von Gesetzen bei Funktionsbezeichnungen den Frauen diese kleine Selbstverständlichkeit einer weiblichen Titulierung in Zukunft nicht permanent zu versagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.56

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat am letzten Menschenrechtstag des 20. Jahrhunderts, am 10. Dezember 1999 in New York darauf hingewiesen, dass das neue Jahrtausend von der Durchsetzung der De-facto-


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Gleichstellung von Frauen und Männern gekennzeichnet sein wird. – Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Kofi Annan wird Recht behalten.

An jenem Tag, am 10. Dezember 1999, wurde das von der UN-Generalversammlung beschlossene Zusatzprotokoll, über das wir soeben beraten, zur Unterzeichnung aufgelegt. Ich möchte in diesem Zusammenhang ein bisschen in die Vergangenheit schauen. Denken wir zurück an die vielen kleinen, aber auch an die vielen großen Schritte auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen und Männern in den vergangenen 100 Jahren! 1893 war es Neuseeland, das zum ersten Mal Frauen das Wahlrecht eingeräumt hat. Heute haben fast alle Länder das Frauenwahlrecht.

Die Vereinten Nationen haben in ihrer allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 schon das Prinzip der Gleichbehandlung festgelegt. Und 1979 ist die CEDAW, die Frauenrechtskonvention beschlossen worden. Ich betone: 1979, meine Damen und Herren, und ich empfehle allen in diesem Haus, sie einmal zu lesen.

Bereits 1979 hat es auf der Ebene der Vereinten Nationen tatsächlich geklappt, dass, wie ich meine, revolutionäre und auch für die Zukunft gültige Forderungen dort für die Staaten dieser Erde festgeschrieben wurden. Es geht dabei um wesentliche Grundprinzipien, und zwar nicht nur im Gewaltbereich, der schon ausgeführt worden ist, sondern ganz besonders auch in der ökonomischen Gleichstellung und vor allen Dingen auch, was die Gleichstellung von Mann und Frau bei der Aufteilung der Versorgungsarbeit betrifft.

Meine Damen und Herren! Die Menschenrechtskonferenz 1993 in Wien und dann letztendlich natürlich auch die Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking waren es, die Anlass gegeben haben, ein Zusatzprotokoll zu verhandeln. Erst mit diesem Zusatzprotokoll wird die Frauenrechtskonvention mit Leben erfüllt werden, weil dadurch all das, was die Staaten ratifiziert haben, auch tatsächlich auf der Ebene der Vereinten Nationen einklagbar werden wird. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich möchte an dieser Stelle etwas genauer werden in Bezug auf die österreichische Beteiligung am Zustandekommen dieses Zusatzprotokolls. Ich möchte Frau Aloisia Wörgetter, einer jungen österreichischen Diplomatin, herzlich danken! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es war Aloisia Wörgetter, der damals die Ehre und die Aufgabe zukam, die Leiterin der Verhandlungen über dieses Zusatzprotokoll zu sein, und sie war es, die es mit engelhafter Geduld und unglaublichem Geschick geschafft hat – vor allem natürlich auch mit viel Unterstützung von Expertinnen, besonders auch von österreichischen Expertinnen –, all die sehr, sehr konservativen Vorbehalte zu überwinden und zu diesem Zusatzprotokoll zu kommen. Es war eine mühsame, es war eine Beharrlichkeit erfordernde Arbeit, aber sie hat es gemeinsam mit ihren Kolleginnen geschafft.

Das, was heute hier beschlossen werden wird, meine Damen und Herren, hat nicht nur Relevanz für die Länder der Dritten Welt, das, was heute hier beschlossen werden wird, hat Relevanz auch für Österreich. Auch österreichische Frauen werden damit in Zukunft ein neues Rechtsinstrument besitzen, und ich kann Ihnen versichern, meine Damen und Herren – besonders angesichts dreier intensiver Tage hier im Hohen Haus gegen die Interessen der Frauen! –, dass die Frauen in Österreich dieses Recht oft in Anspruch nehmen werden müssen. Die Sozialdemokratie wird ihnen bei der Inanspruchnahme dieses Rechts auf alle Fälle behilflich sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht nicht nur darum, aufzuzeigen, was andere Länder nicht oder noch nicht haben, sondern es geht auch darum, das zu halten und weiterzuentwickeln, was ein Staat gerade in Frauenrechten erlangt hat, und es geht vor allen Dingen auch darum, die ökonomische Situation in einem Staat danach zu bewerten, ob Frauen die gleichen Chancen wie Männer haben.

Ich kann Frau Kollegin Petrovic nur beipflichten: Das Frauen-Volksbegehren ist die Messlatte – nichts anderes! (Abg. Aumayr: Sie haben es nicht erreicht!) Das Frauen-Volksbegehren, nämlich die Umsetzung seiner Forderungen, wird die Messlatte sein. Wir werden in dieser Frage


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noch viel zu tun haben. (Abg. Dr. Martin Graf: Was haben Sie gemacht? Sie haben gar nichts gemacht! Sie haben lauter Skandale produziert! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Ich kann Ihnen sagen, was Sie machen (Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben gar nichts gemacht!): Sie zerstören die Frauenrechte in diesem Staat! Wir werden dagegen auftreten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Frauenrechte, Männerrechte ...! – Abg. Dr. Martin Graf: Fehler haben Sie gemacht! Zurücktreten wollten Sie, aber nicht einmal das haben Sie geschafft! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

19.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist dazu niemand mehr.

Ein Wunsch der Berichterstattung nach einem Schlusswort besteht nicht.

Daher stimmen wir jetzt ab, und zwar über die einzelnen Ausschussanträge getrennt. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung von Diskriminierungen von Frauen in 169 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass diese Genehmigung einstimmig erteilt wurde. (Abg. Dr. Khol: Auch bei dieser Abstimmung fehlt Gusenbauer! – Abg. Mag. Prammer: Und Zierler! Geschäftsführerin! Frauensprecherin!)

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Art. 49 Abs. 2 B-VG, dass die Fassungen dieses Staatsvertrages in arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Das ist ebenfalls einstimmig beschlossen. (Widerspruch bei der ÖVP.)  – Ist jemand sitzen geblieben? Entschuldigen Sie. – Also diese Vorlage ist bei einer Gegenstimme mehrheitlich beschlossen worden. (Abg. Dr. Khol: Ohne Gusenbauer! Nicht eine Abstimmung hat er mitgetragen!)

Als Nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Artikel 7 lit. b der Konvention zur Beseitigung aller Formen von Diskriminierung der Frau in 170 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen bitten. – Dies ist einstimmig beschlossen .

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Vertrages: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zur Artikel III des Übereinkommens über die politischen Rechte der Frau in 171 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht darauf, dass durch den vorliegenden Staatsvertrag Verfassungsrecht geändert wird, stelle ich zunächst im Sinne der einschlägigen Vorschriften die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit des entsprechenden Quorums fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass


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das mit mehr als der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, nämlich einstimmig so angenommen wurde.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages betreffend Änderung des Artikels 20 Abs. 1 der Konvention zur Beseitigung aller Formen von Diskriminierung der Frau, angenommen auf der achten Sitzung der Vertragsstaaten am 22. Mai 1995, in 172 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Die Genehmigung ist einstimmig erteilt worden.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Art. 49 Abs. 2 B-VG, dass der Vertragstext wiederum in arabischer, chinesischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen ist, dass er zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass dieser Beschluss mehrheitlich  – bei einer Gegenstimme – gefasst wurde.

Ich danke für diese Abstimmungen.

17. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 216/A der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Reinhard Firlinger, Ing. Kurt Gartlehner, Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über den Internationalen Fonds zur Räumung der Schifffahrtsrinne der Donau (265 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine Berichterstattung wurde verzichtet. Wortmeldungen liegen mir keine vor.

Daher stimmen wir sogleich ab über diesen Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 265 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist einstimmig in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sofort zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, für den Fall der Zustimmung in dritter Lesung dies zu bekunden. – Ich stelle fest, dass die Vorlage auch in dritter Lesung einstimmig angenommen wurde.

18. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 226/A der Abgeordneten Rudolf Schwarzböck, Anna Elisabeth Aumayr und Genossen und den Antrag 229/A der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen, beide betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2000 geändert werden (266 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auch hiezu wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Aumayr. – Redezeit: relativ kurz. (Allgemeine Heiterkeit.)

19.09

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren Minister! Herr Staatssekretär! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um


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100 Millionen Schilling aus dem Katastrophenfonds für die Dürreschäden der nicht versicherten Kulturen in der Landwirtschaft. Das ist ein sehr notwendiger Beschluss. Dieses Geld kommt aus dem Katastrophenfonds, hat aber nichts, wirklich nichts  – das möchte ich vor allem in Richtung der SPÖ sagen – mit einem "Geldregen für die Großbauern" oder für die Landwirtschaft zu tun.

Uns allen ist, wie ich meine, aus den Medienberichten bekannt, dass durch die Dürre große Teile unseres Landes betroffen sind und dass die Ernteausfälle zum Teil existenzgefährdende Ausmaße angenommen haben. Ich möchte diese Debatte noch kurz nützen, um auf die besonderen Umstände des Bauernstandes hinzuweisen.

Der Bauernstand ist wie kein anderer Berufsstand von der Natur abhängig. Die Werkstätte der Bauern befindet sich unter freiem Himmel, und die Felder und die Wiesen sind völlig schutzlos Überschwemmungen, Dürre oder dem Hagel ausgesetzt. Die Zahl der Wetterkapriolen ist weltweit im Steigen begriffen. Über die Ursachen gibt es unterschiedliche Meinungen, selbst unter Fachleuten. Ich bin mir aber sicher, dass der Mensch, seine Wirtschaftsweise und seine Lebensweise Auswirkungen auf die Natur und auf das Klima haben.

Dass die Sonne immer mehr zu unserer Feindin wird, weil die schützende Ozonschicht immer dünner, ja löchrig wird, sollte uns allen doch zu denken geben und uns alarmieren. Aber wir sollten auch darüber nachdenken, ob jeder Flug, jede Autofahrt, jeder Transport wirklich notwendig ist! Immer rascher, immer weiter, immer mehr – all das macht uns langfristig eigentlich ärmer. Die Bauern sind der erste Berufsstand, der die Folgen der Klimaveränderungen merkt und zu spüren bekommt. Da wir aber alle von der Natur abhängig sind, werden auch wir alle betroffen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu Beginn der Ferien ersuche ich Sie alle, sich Ihrer Verantwortung gegenüber der kommenden Generation bewusst zu werden. Kaufen Sie nach Möglichkeit heimische, österreichische Produkte! (Beifall und Bravo-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und bedenken Sie auch, dass unser Land, unsere schöne Landschaft geradezu dazu prädestiniert ist, für Erholung und Ruhe zu sorgen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bedenken Sie aber auch, dass unsere Seen nicht nur Badequalität aufweisen, sondern vielfach sogar Trinkwasserqualität. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen schönen Urlaub! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

19.12

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, zu den jetzt zu Beschluss stehenden Anträgen zwei Bemerkungen. Zum einen bin ich seitens meiner Fraktion sehr froh, dass es uns gelungen ist, doch noch durch einen Entschließungsantrag eine gemeinsame Linie in diesem Punkt zu finden und damit beide Anträge in einem zu behandeln und zu beschließen. Es geht über Parteigrenzen hinweg darum, den geschädigten Bäuerinnen und Bauern Unterstützung zukommen zu lassen und ihre Existenzen damit abzusichern.

Da Sie "sehr froh" sind, wenn noch viele Redner hier am Pult stehen, möchte ich auch schon enden, und zwar damit, dass ich meinem Nachredner für seine zukünftige Tätigkeit und für sein zukünftiges Leben alles Gute wünsche, vor allem Gesundheit. Ich möchte mich von dieser Stelle aus, Herr Präsident Schwarzböck, recht herzlich für die oft harten, aber immer fairen Auseinandersetzungen bedanken! (Allgemeiner Beifall.)

19.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. – Bitte.

19.13

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus!


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Diese Vorlage des Budgetausschusses hat eine tragische und eine sehr befriedigende Komponente. Die tragische sehe ich darin, dass in weiten Teilen der Ostregion Österreichs die heurige Hitze- und Trockenwelle zu einer Dürre geführt hat, die oft sogar alte Menschen nicht erlebt haben.

Die Ernten finden teils um 14 Tage, drei Wochen früher statt als sonst, und wir können heute sagen, dass, wenn es in der nächsten Zeit nicht regnet, die Ernteausfälle einschließlich der Herbstfrüchte insgesamt ein Schadensausmaß von mehreren Milliarden Schilling erreichen werden. – Das ist die tragische Grundlage für diesen Antrag.

Der erfreuliche Aspekt, der mich mit besonderer Genugtuung erfüllt, ist die Tatsache, dass es Herrn Minister Molterer im Gespräch mit Herrn Finanzminister Grasser gelungen ist, eine Übereinkunft zu erzielen, wonach mit der letzten Vorlage vor der Sommerpause durch eine Änderung des Katastrophenfondsgesetzes mit 100 Millionen Schilling und den Kofinanzierungsmitteln aus den Ländern den Bauern rasch geholfen werden kann, mit geförderten Krediten ihre Liquidität einigermaßen aufrechtzuerhalten. Dies ist vor allem im Viehbereich notwendig, weil, wenn wir nicht helfen würden, im Grünlandbereich große Futterausfälle dazu führen würden, dass unter Umständen Notverkäufe erfolgen müssten, die den Schaden noch wesentlich vergrößern würden. Damit entstünde ein Druck auf die Viehpreise, aber zu späteren Zeiten und zu schwierigeren Bedingungen müssten die Viehbestände dann wieder aufgestockt werden.

Ich freue mich ganz besonders, dass diese Novelle einstimmig beschlossen werden wird. Das ist angesichts dessen, was wir in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben – unter neuen politischen Verhältnissen und dem Bemühen um Verteilungsgerechtigkeit, um das richtige Maß in der Politik angesichts der großen Aufgabe, die dieses Land in der Budgetpolitik zur Erhaltung des internationalen Standortes umzusetzen hat –, etwas Außergewöhnliches.

Ich freue mich aber auch darüber, dass es im heurigen Jahr erstmals möglich war, eine Ernteversicherung anzubieten. Diese Möglichkeit hat ungefähr ein Drittel der Bauern angenommen, sodass auch über diesen Weg Hilfsmöglichkeiten bestehen. Diese Entwicklung kommt sehr stark aus den USA, wo in den vergangenen fünf, sechs Jahren im Hinblick auf die Stellung der USA im globalen Wettbewerb um Argrarmärkte der Weg beschritten worden ist, die Budgets, also die öffentlichen Dotierungen der Förderungen und der Finanzierung der Agrarpolitik möglichst zurückzunehmen und die Risken, die die Bauern dann nicht mehr durchstehen würden, mit staatlich geförderten Ernteversicherungen abzufedern.

Dennoch ist es den USA nicht erspart geblieben, ihr Agrarbudget von 1996 von 67 Milliarden Schilling angesichts von Naturkatastrophen so aufzustocken, dass heuer neben 102 Milliarden Schilling an Katastrophenhilfe weitere 365 Milliarden Schilling aufgewendet werden müssen, um die Existenz der Großfarmer im globalen Wettbewerb abzusichern. Das heißt, das amerikanische Agrarbudget hat sich von 1996 bis 2000 von 67 Milliarden Schilling auf 467 Milliarden Schilling erhöht.

Ich persönlich glaube, dass der Grundkonsens in der österreichischen Agrarpolitik – nämlich nach dem Modell der europäischen Landwirtschaft multifunktional –, viel mehr als die rein ökonomisch rationellst orientierte Agrarproduktion die gesamthafte Verantwortung der Landwirtschaft wahrzunehmen und damit auch einen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen, der Weg ist, der sich zumindest für unsere Verhältnisse in Europa und vor allem für unsere österreichischen Verhältnisse besser bewährt hat.

Daher freue ich mich, dass gerade zu diesem Punkt Grundkonsens zwischen den Fraktionen hier im Haus herrscht. Und ich hoffe, dass der Auftrag des Ausschusses an Herrn Bundesminister Molterer, nämlich nach Durchführung der Aktion gemäß den erstellten Richtlinien dem Parlament einen Bericht zu liefern, auch insofern erfüllt werden kann, als die Gelder prioritär dorthin gehen, wo der Schaden am größten ist.

Gestatten Sie mir aber auch einige persönliche Worte.


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Ich werde aller Voraussicht nach, wenn keine Sondersitzung stattfindet, bei der ersten Sitzung im September nicht mehr dabei sein, weil ich aus sehr einfachen und selbst gewählten Gründen mein Mandat zurücklege.

Ich habe in den Monaten seit November vergangenen Jahres, seit der Übersiedelung der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer in die neue Landeshauptstadt, nach St. Pölten, im Zusammenhang mit meinen sozialpartnerschaftlichen Funktionen erlebt, dass diese zusätzliche Arbeit angesichts der geografischen Schere und mit der Intensität, die wir gerade im heurigen ersten Halbjahr auch im Parlament erlebt haben, nicht mehr erfüllbar ist.

Vor zwei Wochen bin ich Obmann des Niederösterreichischen Bauernbundes geworden, eine wunderschöne Funktion, die vor allem aus meiner Sicht als Auftrag zu verstehen ist, im Jahr – was immer noch möglich ist – ungefähr 3 000 neue Mitglieder für diese Organisation zu gewinnen.

Sozialpartnerschaftlich möchte ich die Spekulationen zerstreuen, die da oder dort entstehen werden. Es war eigentlich in meiner gesamten 14-jährigen Tätigkeit immer eine legitime Frage, ob Sozialpartner im Parlament vertreten sein sollen. Ich bin auch davon überzeugt, dass diese Diskussion nicht beendet ist. Ich persönlich habe erlebt, dass die Verankerung hier im Nationalrat auch für die sozialpartnerschaftliche Verantwortung, wenn einem "Partnerschaft" kein leeres Wort ist, eine sehr wichtige ist – vor allem, weil man hier mehr, als wenn man es von draußen macht, das Ganze erlebt.

Ich bin überzeugt davon, dass in Sozialpartnerschaft und Partnerschaft, auch in der Wahrnehmung eines profilierten Interessenstandpunktes, die Interessen des eigenen Berufstandes dann am besten wahrnehmbar sind, wenn das Ganze funktioniert. Man lernt in diesem Hause die Verantwortungsträger der Regierung in einem anderen Maß kennen, als wenn man es außerparlamentarisch tut. Man hat einen Informationsvorsprung aus den Ausschüssen und aus vielen Reden, letztendlich bekommt man aber auch einen viel direkteren Zugang zu den Vorstellungen anderer Interessen-, anderer Berufsgruppen und vor allem zu dem, was das intensive Bemühen um einen politischen Grundkonsens in einer Republik darstellt.

Ich möchte mich sehr herzlich bei Ihnen allen für die erwiesene Kollegialität und Freundschaft bedanken. Man beginnt mit Tatendrang und Eifer, wenn man mit 38 Jahren hereinkommt, und hat einiges erlebt – viele unvergessliche und schöne Stunden. Ich freue mich vor allem, als Demokrat eines sagen zu können: Ich habe bei allen Fraktionen Persönlichkeiten erlebt, die ich tief respektiere, die ich achte und denen ich vertraue. Damit kann Österreich ruhig schlafen. (Die Abgeordneten aller Fraktionen erheben sich von ihren Sitzen und spenden lang anhaltenden Beifall. – Abg. Verzetnitsch begibt sich demonstrativ zu Abg. Schwarzböck und reicht diesem die Hand. – Mehrere Abgeordnete der ÖVP, darunter Abg. Ing. Maderthaner, umringen Abg. Schwarzböck und nehmen ebenfalls von diesem Abschied.)

19.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Lieber Kollege Schwarzböck! Ich darf mich diesem Applaus und dieser Demonstration vom Präsidium aus anschließen und erteile Herrn Bundesminister Mag. Molterer das Wort. – Bitte.

19.22

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Tagesordnungspunkt um diese Stunde hat für mich eine doppelte Symbolik: einerseits deswegen, weil er zeigt, dass es möglich ist, dass dieses Hohe Haus, dass die Fraktionen dieses Hohen Hauses in einer schwierigen Situation zu einem einstimmigen Beschluss kommen können, um, wenn es notwendig ist, einer Bevölkerungsgruppe zu helfen, andererseits deshalb, weil Rudolf Schwarzböck soeben seine letzte Rede als Parlamentarier gehalten hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abgeordneter Schwarzböck ist – das wissen Sie alle – ein Bauernvertreter ersten Ranges, und zwar nicht nur in Österreich, sondern darüber hinaus: Rudolf Schwarzböck hat sich in Europa und weltweit hohe Anerkennung erarbeitet.


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Rudolf Schwarzböck ist aber mehr als nur ein Bauernvertreter. Er ist für mich, er ist für uns alle ein Politiker ersten Ranges. Rudolf Schwarzböck ist ein Interessenvertreter, ja! Er vertritt die Interessen derer, die ihm anvertraut sind, derer, die ihm Vertrauen geschenkt haben. Er kennt aber gleichzeitig auch die Grenzen, und zwar dort, wo es um das Wohl des Ganzen geht. Ich meine: Das ist Interessenvertretung im besten Sinne des Wortes.

Rudolf Schwarzböck kennt die Erfordernisse des Ganzen, der Gesamtheit und ist einer, der sagt, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. In diesem Sinne ist Rudolf Schwarzböck ein Sozialpartner im besten Sinne des Wortes. "Sozialpartner" zu sein, heißt "sozial" im Sinne von Balance finden zwischen den Anliegen der verschiedenen Gruppen unserer Gesellschaft, "sozial" bedeutet für ihn aber gleichzeitig auch, dort Veränderungsbereitschaft zu haben, wo es notwendig ist, und auch die persönliche Verantwortung für Veränderung zu übernehmen. Und "Partnerschaft" bedeutet letztendlich, nicht das Gegeneinander, sondern das Miteinander zu suchen, ohne dass der eigene Standpunkt aufgegeben wird, ohne dass der eigene Standpunkt leidet.

Rudolf Schwarzböck hat in einer bestimmten und ganz besonderen Phase diese seine Fähigkeit in den Dienst unseres Landes gestellt – ich persönlich erinnere mich noch sehr gut daran; es war wohl die härteste Zeit für dich –, es war die Zeit der Vorbereitung und der Entscheidung über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Ich erinnere mich an jene Nacht Ende Februar, Anfang März 1994, als du in Brüssel gesessen bist und ich in Wien. Ich weiß, wie du gerungen hast, die Interessen der dir Anvertrauten und die Interessen des Landes in einem gemeinsamen Ganzen unter einen Hut zu bringen. Und ich kann dir sagen: Du hast das im Interesse dieses Ganzen geschafft!

Diese Entscheidung ist dir, wie ich weiß, nicht leicht gefallen, sie hat dir aber das Vertrauen der Bäuerinnen und der Bauern und auch der Bevölkerung eingebracht. Und das ist der Maßstab, an dem sich Politik misst: das Vertrauen der Menschen zu haben. – Das hast du, wie wir alle wissen.

Rudolf Schwarzböck ist ein Vertreter der klaren Sprache – wir haben das in diesem Haus des Öfteren gehört –, und das in einer Art und Weise, die niemanden verletzt. In diesem Sinne wünschen wir dir alles Gute! Ein Parlamentarier geht, der Politiker Schwarzböck bleibt. (Allgemeiner Beifall.)

19.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 266 der Beilagen.

Ich darf jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest, dass die Vorlage in zweiter Lesung einstimmig beschlossen wurde.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht in 266 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung zu dieser Entschließung erfolgt ebenfalls einstimmig. (E 27.)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Platz zu nehmen, die Abstimmung ist beendet.


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Einwendungen gegen das Amtliche Protokoll

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe Folgendes bekannt zu geben: Das Amtliche Protokoll der 32. Sitzung des Nationalrates ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen. Es sind gegen dieses Amtliche Protokoll von Herrn Klubobmann Dr. Kostelka sowie von Klubobmann Dr. Van der Bellen schriftliche Einwendungen erhoben worden.

Diese Einwendungen beziehen sich auf die Tatsache, dass über Abänderungsanträge des Abgeordneten Dr. Kostelka irrtümlich nicht exakt abgestimmt wurde. Ich weise aber darauf hin, dass der den Vorsitz führende Präsident nach einer Sitzungsunterbrechung zwei Abstimmungen nachgeholt hat, sodass ich diese beiden Punkte als saniert betrachte.

In den Einwendungen wird noch ein dritter und ein vierter Punkt angeschnitten und darauf hingewiesen, dass auch ein weiterer Antrag des Abgeordneten Dr. Kostelka zu Art. 2 Z 8 dieser Vorlage nicht zur Abstimmung gelangte. Dies bedeutet, dass über beantragte Abänderungen im Zusammenhang mit dem Datum des In-Kraft-Tretens der Vorlage nicht abgestimmt wurde. Die so genannte Gegenabstimmung über Art. 2 Z 8 in der Fassung des Ausschussberichtes hat jedoch stattgefunden.

Weiters wurde releviert, dass nach der irrtümlichen Abstimmung über Art. 2 Z 9 des Abänderungsantrages des Abgeordneten Dr. Kostelka sogleich die Abstimmung "über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes" durchgeführt wurde, der Ausschussbericht jedoch keinen Art. 2 Z 9 enthalten hat.

Ich werde den Einwendungen gegen das Amtliche Protokoll insofern Rechnung tragen, als ergänzend im Amtlichen Protokoll festgehalten wird, dass über den Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Kostelka, der sich auf Art. 2 Z 8 bezog, irrtümlicherweise nicht abgestimmt wurde, über den entsprechenden Text in der Fassung des Ausschussberichtes hingegen abgestimmt wurde, und ferner, dass ein nicht im Ausschussbericht enthaltener Art. 2 Z 9 zur Abstimmung gelangte.

Zu diesem Ergebnis bin ich nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes und nach Kontaktnahme mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz, insbesondere mit dem Zweiten Präsidenten gekommen.

Ich werde diese Feststellungen dem Amtlichen Protokoll hinzufügen und den Gesetzesbeschluss an den Bundesrat weiterleiten.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 245/A bis 253/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1050/J bis 1128/J eingelangt.

Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 1999/2000

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Einvernehmen mit den Fraktionen darf ich dem Hohen Haus folgenden Antrag vorlegen:

"Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 1999/2000 der XXI. Gesetzgebungsperiode mit Freitag, dem 14. Juli 2000, für beendet zu erklären."


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig so beschlossen.

Antrag auf Permanenterklärung eines Ausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Antrag gemäß § 46 Abs. 4 der Geschäftsordnung, gestellt von Abgeordneten Dr. Kostelka, vor, den Verfassungsausschuss hinsichtlich des Antrages 235/A der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Abwehr von Gefahren, die von gefährlichen Hunden, so genannten Kampfhunden, ausgehen, das Strafgesetz und das Waffengesetz geändert wird, sowie hinsichtlich des Antrages 217/A (E) der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Prinz und Genossen betreffend Verschärfung der Zucht- und Haltungsbedingung für "potentiell gefährliche" Hunde, zu beauftragen, seine Arbeiten während der tagungsfreien Zeit fortzusetzen – das ist eine so genannte Permanenterklärung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

*****

Schlussansprache des Präsidenten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der letzten planmäßigen Sitzung vor der Sommerpause angelangt – und das sicher nach harter und intensiver Arbeit, jedoch zu einem einigermaßen vertretbaren Zeitpunkt.

Dieser Nationalrat ist, wie wir alle wissen, am 3. Oktober 1999 gewählt worden. Er hat schon in der Zeit während der Regierungsverhandlungen bis Anfang 2000 sieben Sitzungen, seit Anfang Februar bis heute weitere 27 Sitzungen abgehalten und in diesem Zeitraum 84 Gesetze beschlossen.

Es ist jetzt nicht meine Absicht, einzelne Gesetzesbeschlüsse besonders hervorzuheben, aber ich darf – denn ich kann es ja erst jetzt tun – meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass wir gerade am heutigen Tag das Versöhnungsfonds-Gesetz einstimmig beschlossen haben. Dieses Gesetz und natürlich auch alle anderen Gesetze sind als ein Produkt der Zusammenarbeit zwischen vielen Institutionen und vielen Personen zustande gekommen.

Ich möchte daher heute vor allem unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier im Hause – sowohl von der Parlamentsdirektion als auch von den Fraktionen – aus diesem Anlass, zu diesem Zeitpunkt und vor diesem vollen Plenum ein sehr herzliches Wort des Dankes sagen. (Allgemeiner Beifall.)

Weiters bedanke ich mich natürlich auch bei allen, die außerhalb des Hauses tätig sind, jedoch mit den gesetzgebenden Körperschaften der Republik Österreich eng zusammenarbeiten, einschließlich der Vertreter des Rundfunks, des Fernsehens und aller anderen Medien. Auch ihnen ein herzliches Dankeschön! (Allgemeiner Beifall.)

Ich persönlich darf mich auch bei den Mitgliedern der Präsidialkonferenz für die – wie soll ich sagen? – manchmal nicht einfache, aber in fast allen Fällen letztlich zu Ergebnissen, und zwar, wie ich glaube, zu guten Ergebnissen, führende Zusammenarbeit bedanken.

Dass wir diese Tagung des Nationalrates in Kürze beenden werden, löst manchmal Missverständnisse aus, und daher stelle ich ausdrücklich fest, dass das nicht heißt, dass nun eine zwei Monate dauernde, völlig ungetrübte Pause eintritt, sondern – im Gegenteil! – zahlreiche Arbeiten und Verpflichtungen fortgesetzt werden. Ich verweise auf die nächste Woche mit einer


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 162

Sitzung des Hauptausschusses, einer Präsidialkonferenz, einem Treffen mit ausländischen Gästen und auf den soeben für permanent erklärten Verfassungsausschuss. Dazu kommt vieles andere mehr.

Dennoch – oder gerade deshalb – wünsche ich Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten, und auch Ihren Angehörigen eine möglichst erholsame Pause, wie lang auch immer sie sein kann, gute Stunden, Zeit, alles zu überlegen, und dann eine Rückkehr zur Arbeit mit frischen Kräften.

Ich darf auch all unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern bei dieser Gelegenheit einen schönen und angenehmen Sommer wünschen.

In diesem Sinne schließe ich die Sitzung mit herzlichen Grüßen an Sie alle. (Allgemeiner Beifall.)

Schluss der Sitzung: 19.36 Uhr