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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

176. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Dienstag, 4. Oktober 2022

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal


 

 

Stenographisches Protokoll

176. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                       Dienstag, 4. Oktober 2022

Dauer der Sitzung

Dienstag, 4. Oktober 2022:   8.00 – 8.02 Uhr

                                  11.01 – 14.06 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ............................................................................................................. 9

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung ......................................................................................... 11

Bundesregierung

Vertretungsschreiben .................................................................................................... 9

Ausschüsse

Zuweisungen ................................................................................................................ 10

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen und Asylantenansturm“ (12496/J) .................................................................................... 11


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 2

Begründung: Herbert Kickl ......................................................................................... 18

Bundesminister Mag. Gerhard Karner ........................................................................ 28

Debatte:

Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................. .... 47

Dr. Christian Stocker ............................................................................................... .... 53

Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigung) ............................................. 55

Ing. Reinhold Einwallner .......................................................................................... .... 56

Sigrid Maurer, BA ..................................................................................................... .... 59

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................ .... 63

Dr. Susanne Fürst ..................................................................................................... .... 65

Mag. Johanna Jachs ................................................................................................ .... 73

Robert Laimer ........................................................................................................... .... 76

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................ .... 78

Michael Bernhard .................................................................................................... .... 80

Peter Wurm .............................................................................................................. .... 84

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................. .... 86

Mag. Ruth Becher ......................................................................................................... 89

Mag. Nina Tomaselli ..................................................................................................... 91

Dr. Stephanie Krisper .............................................................................................. .... 93

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................... .... 98

Mag. Verena Nussbaum .......................................................................................... .. 101

Mag. Markus Koza ................................................................................................... .. 102

Andreas Kollross ...................................................................................................... .. 105

Michel Reimon, MBA ............................................................................................... .. 108

Christian Hafenecker, MA ....................................................................................... .. 115

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................ .. 123

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“ – Ablehnung .........................  69, 124


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 3

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „geschlossenes EU-Auftreten für starke gemeinsame Maßnahmen in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und für volle Unterstützung der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität“ – Annahme (265/E)    112, 124

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Intensivierung bilateraler Gespräche mit der Regierung der Republik Serbien zur Unterbindung illegaler Migrationsströme“ – Ablehnung ...........................  119, 124

Eingebracht wurden

Bericht .......................................................................................................................... 10

Vorlage 105 BA: Monatserfolg August 2022 sowie COVID-19 Bericht­erstattung gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz; BM f. Finanzen

Antrag der Abgeordneten

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Intensivierung der bilateralen Gespräche mit der Regierung der Republik Serbien zur Unter­bindung illegaler Migrationsströme (2841/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aufholbedarf beim DESI (12450/J)

Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Teilnahme von Bundesheer-Offizieren bei der Kundgebung der Gruppierung "Soldaten für Neutralität" am 21. September in Wien (12451/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 4

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12452/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12453/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12454/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kosten der Minister­büros im 3. Quartal 2022 (12455/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12456/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12457/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12458/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12459/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12460/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12461/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 5

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12462/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12463/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Kosten der Ministerbüros im 3. Quartal 2022 (12464/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten der Kabinette im Bundeskanzleramt im 3. Quartal 2022 (12465/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Werbe- und PR-Aus­gaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12466/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12467/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12468/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12469/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12470/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12471/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 6

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12472/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12473/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12474/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12475/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12476/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12477/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12478/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Werbe- und PR-Ausgaben der Bundesregierung im 3. Quartal 2022 (12479/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12480/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bun­desregierung (12481/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 7

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12482/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bun­desregierung (12483/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12484/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12485/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Spesen und Repräsentations­ausgaben der Bundesregierung (12486/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Spesen und Repräsenta­tionsausgaben der Bundesregierung (12487/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Spesen und Repräsen­tations­ausgaben der Bundesregierung (12488/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12489/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12490/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 8

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundes­regierung (12491/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Spesen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12492/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Spe­sen und Repräsentationsausgaben der Bundesregierung (12493/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend Mutmaßlicher Verrat nachrichtendienstlicher Information im Rahmen einer Demonstration (12494/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend 500 PS und NoVA-befreit. Gesetzeslücke macht’s möglich! (12495/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen und Asylantenansturm (12496/J)

 


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 9

08.00.30 Beginn der Sitzung: 8 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

08.00.31 *****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Schönen guten Morgen, meine Damen und Her­ren! Ich eröffne die 176. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines aus­reichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungs­gesetzes einberufen wurde.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Klaus Fürlinger, Tanja Graf, Mag. Michael Hammer, Ing. Manfred Hofinger, Martina Kaufmann, MMSc BA, MMag. Dr. Agnes Totter, BEd, Doris Bures, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Mag. Karin Greiner, Gabriele Heinisch-Hosek, Kai Jan Krainer, Dr. Christoph Matznetter, Sabine Schatz, Michael Seemayer, Alois Stöger, diplômé, Mag. Selma Yildirim, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Ing. Mag. Volker Reifenberger, Michael Schnedlitz, Mag. Philipp Schrangl, Barbara Neßler, Clemens Stammler, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Ing. Norbert Hofer: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bun­des­kanz­leramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mit­teilungen gemacht:

Vertreten wird Bundesministerin für EU und Verfassung Mag.a Caroline Edtstadler durch Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag.a Dr.in Susanne Raab; Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. durch Staatssekretär Florian Tursky, MBA MSc.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 10

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Ing. Norbert Hofer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 12450/J bis 12496/J

B. Zuweisungen:

Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg August 2022 sowie COVID-19 Berichterstattung gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härte­fallfondsgesetz, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 105 BA)

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der freiheitliche Parlamentsklub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die am Beginn der Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 12496/J der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Öste­rreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen und Asylan­tenansturm“ dringlich zu behandeln.

Der Aufruf der Dringlichen Anfrage wird um 11 Uhr erfolgen.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 von 11 Uhr bis 13 Uhr übertragen wird; ORF III wird die Sitzung in voller Länge senden.

Ich unterbreche nun die Sitzung bis 11 Uhr.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 11

08.02.25 *****

(Die Sitzung wird um 8.02 Uhr unterbrochen und um 11.01 Uhr wieder aufge­nommen.)

***** 11.01.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (den Vorsitz übernehmend): Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.

11.01.27Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen und Asylantenansturm“ (12496/J)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behand­lung der schriftlichen Anfrage 12496/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Leider ist Österreich derzeit mit mehreren Krisen konfrontiert. Wie in allen anderen Krisen reagiert diese Bundesregierung entweder überhaupt nicht oder falsch.

Seit der Kalenderwoche 30 werden jede Woche über 3.500 illegale Migranten in Österreich aufgegriffen, das sind über 35.000 in nur zehn Wochen!

Im Jahr 2020 – das Jahr in dem Innenminister Karl Nehammer einen „De-facto-Einreisestopp für illegale Migranten“ ausrief – wurden in Österreich 14.775 Asylanträge gestellt. Das war ein Anstieg von knapp 15 Prozent im Vergleich zu 2019. Im Jahr 2021 wurden 39.930 Asylanträge gestellt, ein Plus von 170 Prozent zum Jahr 2020. Die im Jahr 2016, unter Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, definierte Asylobergrenze von 37.500 wurde überschritten. Wer dachte, dass die schwarz-grüne Bundesregierung hier gegensteuern würde, wurde bitter enttäuscht. Die vorläufigen Zahlen der Asylantragsstatistik sprechen für sich: Von Jänner bis


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August 2022 wurden 56.149 Asylanträge in Österreich gestellt. Das ist ein Plus von 195 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. 90 Prozent davon sind Männer.

Obgleich 56.000 Personen eine Stadt in der Größenordnung von St. Pölten darstellen, negieren vor allem die Grünen die Zuwanderungsexplosion, wie u.a. im Presse-Interview vom 25.9.2022 klar zu erkennen ist. Dass die ÖVP trotz der unhaltbaren Zustände an Österreichs Grenzen immer noch im Dornröschenschlaf verharrt, anstatt endlich tätig zu werden, ist definitiv verantwortungslos.

Als FPÖ und ÖVP gemeinsam eine Bundesregierung bildeten war unmissverständlich vereinbart, dass es eine strenge und restriktive Asylpolitik braucht, damit sich eine unheilvolle Entwicklung an Österreichs Grenzen wie im Jahr 2015 nicht wiederholen kann. Und weil die Europäische Union schon damals niemals wirklich willens und in der Lage war, illegale Einwanderer an den Außengrenzen abzuwehren, wurde im Innenministerium aktiv gehandelt und alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Österreich als Zielland für Asylmissbrauch unattraktiv zu machen. Daher hat es viele Ver­schärfungen im Asyl- und Fremdenrecht gegeben – wie etwa Ausreisezentren, die man jetzt im Übrigen gut brauchen könnte. Das Ziel war die Null, das Ziel war „No Way“, weil die Belastung für die österreichische Bevölkerung schon in der Ver­gangenheit viel zu groß war. Seit dem Regierungswechsel geht es steil bergab mit der einst restriktiven Asylpolitik. Die politische Hauptverantwortung dafür trägt niemand anderer als die Österreichische Volkspartei.

Dem Vernehmen nach dürfte im September bereits die Marke von 60.000 Asyl­an­trägen übertroffen worden sein. Das Ergebnis dieser katastrophalen Asyl- und Migrationspolitik bekommt die österreichische Bevölkerung unmittelbar zu spüren. Während in der Anfragebeantwortung 2115/AB vom 24.07.2020 noch von vier aktiven Bundesbetreuungseinrichtungen die Rede war, waren es laut Anfrage­beantwortung 11561/AB vom 12.09.2022 bereits 26 aktive Bundesbetreu­ungs­einrichtungen. Das heißt, dass in knapp 2 Jahren eine Reaktivierungs- und Eröffnungswelle von 22 Bundesbetreuungseinrichtungen stattgefunden hat.

Polizei und Bundesheer im Grenzeinsatz sind zunehmend überlastet! Illegale Einwanderer werden nicht habhaft gemacht, sondern mit Jausensackerln und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 13

Zugtickets einfach weitergeschickt. Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres ist in dieser Form sinnlos, ist an der Grenze zu einem „Welcome-Service“ degeneriert.

Auch die Inszenierungsreisen des Innenministers im August sind reinste Asyl-PR. Dasselbe gilt für den Bundeskanzler. Er reiste im Juni 2021 medienwirksam nach Dänemark, wo er die Idee von Asylzentren in Drittstaaten gut hieß: „Denn es geht darum, dass es ein Recht auf Schutz vor Verfolgung gibt, aber kein Recht, sich das Land, in dem man leben will auszusuchen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen können Impulsgeber für Europa sein und Debatten einer neuen Asyl- und Migrationspolitik maßgeblich vorantreiben. […] Österreich und Dänemark sind starke Partner im Kampf gegen illegale Migration, weil wir unseren Fokus auf Projekte in Drittstaaten und vor allem auch Rückführungen richten." Was ist seither in diese Richtung passiert? Nichts! Bundesminister Karner wollte sich über ein Jahr später die gleichen „Tipps für harte Lösungen in der Migrationspolitik“ abholen, brachte aber ebenfalls nichts zusammen.

Wesentlich ist, dass es nicht darum gehen soll illegale Migration besser zu verwalten, sondern zu verhindern! Zum Schutz des österreichischen Staates, seines Budgets und der österreichischen Bürger ist es daher unbedingt erforderlich, endlich einen Asyl­stopp zu verhängen. Es braucht jetzt ein Sofortmaßnahmenpaket gegen den Zustrom illegaler Einwanderer und kein Zuwarten auf Maßnahmen der EU. Dieses Sofortmaß­nahmenpaket reicht von einem echten Grenzschutz samt baulichen Vorkehrungen, über entschlossene Maßnahmen zur Deattraktivierung des Asylstandorts Österreich bis hin zur Aussetzung des Asylrechts und der Wiedereinführung von Ausreisezentren.

Wir sahen bereits 2015, dass die EU nicht fähig und willens ist, ihre Mitgliedsstaaten und deren Bürger zu beschützen. Wir spüren das jetzt auch anhand ihrer Sanktio­nenpolitik die sich vor allem auf unsere Bürger und unsere Wirtschaft verheerend auswirkt. Die Sanktionen wurden in Brüssel erdacht und von einer indolenten Bundesregierung einfach abgenickt, die Zeche dafür zahlen aber die Bürger durch die Teuerung mit ihrem Wohlstand und der sozialen Sicherheit im Land. Mittlerweile ist es offensichtlich, dass diese Sanktionen Europa und Österreich mehr schaden als


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Russland, das aufgrund der Energiepreisexplosion Rekordeinnahmen verbucht, und den Ukraine-Krieg nicht beenden.

Mit dem Verzicht auf Gas und Öl werden ganz tiefe Einschnitte einhergehen. Die Wahrheit ist: Wir brauchen diese günstige Energie für die Haushalte und für die Betriebe. Man braucht diese Energie für leistbare Lebensmittel, für leistbaren Dünger, für leistbare Treibstoffe, für Benzin und Diesel, damit der private Konsum, der Umsatz im Handel nicht zusammenbricht, damit die Industrie nicht in die Kurzarbeit gehen muss, zusperrt oder abwandert und wir auf eine Massenarbeitslosigkeit zusteuern. Am Ende steht die größte Wirtschaftskatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg mit Millionen Arbeitslosen in ganz Europa und sozialen Verwerfungen. Wir Freiheitliche wollen diese Eskalationsspirale stoppen, aber auch die eigenartigen Vorkommnisse bei der OMV hinterfragen, die die Raffinerie-Produktion seit Juni beeinträchtigt haben.

Die schwarz-grüne Bundesregierung hat unser Land in einen katastrophalen Wirtschaftskrieg hineingetrieben und setzt damit in kurzer Zeit alles aufs Spiel, was Generationen von Bürgern mit harter Arbeit über Jahrzehnte hinweg aufgebaut haben: Soliden Wohlstand, erfolgreiche Unternehmen und soziale Stabilität. Die Menschen haben daher - vor dem Hintergrund der immerwährende Neutralität Österreichs - ein Recht darauf, direkt darüber abstimmen zu können, ob sie all das opfern wollen oder nicht.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bun­des­minister für Inneres folgende

Dringliche Anfrage

1.          Wo ist die strenge Asylpolitik, die Sie versprochen haben?

2.          Was haben Sie seit 7. Juli 2022 unternommen, um den Ansturm illegaler Migranten nach Österreich zu unterbinden?

3.          Welche Maßnahmen werden Sie 2022 noch setzen, um die illegale Einreise von Fremden zu verhindern?

4.          Werden Sie den Grenzzaun bei Spielfeld erweitern?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 15

5.          Wenn nein, warum nicht?

6.          Welche gesetzlichen Initiativen zur Verhinderung dieses Zuwanderungs­wahn­sinns werden Sie heuer noch vorlegen?

7.          Wie viele unrechtmäßig eingereiste bzw. illegal aufhältige Fremde wurden bis 30. September 2022 in Österreich aufgegriffen?

8.          Wie viele Asylanträge, aufgegliedert auf die Staatsangehörigkeit wurden heuer bis 30. September 2022 in Österreich gestellt?

9.          Wie hoch ist bei den Asylanträgen bis 30. September 2022 die Zahl der Erst­antragssteller?

10.       Wie viele Außerlandesbringungen wurden heuer bis zum 30. September 2022 effektiv vollzogen, aufgegliedert nach Nationalität und Zielland?

11.       Wie viele Personen wurden heuer bis 30. September 2022 an der Einreise nach Österreich gehindert?

12.       Wie viele der im Burgenland bis 30. September 2022 aufgegriffenen Migran­ten waren in Ungarn bzw. in einem anderen EU-Mitgliedsland bereits registriert worden?

13.       Wird jeder aufgegriffene illegale Migrant registriert?

14.       Warum werden Asylsuchende werden mit dem Zug quer durch Österreich geschickt?

15.       Werden diese Personen dabei von der Exekutive begleitet?

16.       Werden diese Fremden vor der Zugreise registriert?

17.       Welche Gesamtkosten entstanden bis 30. September 2022 zur Bewältigung des Migrationsansturmes, aufgegliedert auf Betreuung, Versorgung, Unterbringung, Asylverfahren, Rückführung und Grenzmanagement?

18.       Werden die geplanten Budgetmittel der UG 18 (347,4 Mio. €) reichen oder ist diese Summe schon überschritten?


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19.       Wie viele Mitarbeiter hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, aufge­gliedert auf die einzelnen Standorte?

20.       Gibt es hier eine Systemüberlastung im BFA?

21.       Wie viele Mitarbeiter waren zum 30. September 2022 in Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH beschäftigt, aufgegliedert auf die einzelnen Geschäftsbereiche?

22.       Gibt es hier eine Systemüberlastung bei der BBU GmbH?

23.       Wie viele Fremde waren zum 30. September 2022 in den einzelnen Bundesbetreuungseinrichtungen untergebracht?

24.       Mit welchen Ländern gab es von Ihrer Seite Initiativen zum Abschluss von weiteren Rückübernahmeabkommen?

25.       Welche relevanten Drittstaaten kooperieren mit Österreich derzeit nicht oder unzureichend bei Rückübernahmen?

26.       Wie viele Fremde waren zum 30. September 2022 in Grundversorgung, aufgegliedert nach dem jeweiligen Status (Asylberechtigter, Asylwerber, etc.)?

27.       Wie viele offene Asylverfahren gab es mit 30. September 2022?

28.       Wie stellen sich die TOP 10 der offenen Verfahren „Internationaler Schutz“ per 30.09.2022 dar?

29.       Wie lange dauert heuer ein Verfahren vor dem BFA im Durchschnitt? 

30.       Wie viele rechtskräftige Asylgewährungen gab es im Jahr 2022 bisher?

31.       Wie stellen sich die TOP 5 Nationalitäten der rechtskräftigen Asylgewäh­rungen 2022 dar?

32.       Wie viele rechtskräftig negative Asylentscheidungen gab es im Jahr 2022 bisher?

33.       Wie stellen sich die TOP 5 Nationalitäten der rechtskräftig negativen Asyl­gewährungen 2022 dar?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 17

34.       Wie viele dieser Fremden mit negativen Entscheidungen sind bereits abge­schoben worden oder freiwillig ausgereist?

35.       Wenn es dazu (zu Frage 79) keine Statistiken gibt, warum werden solche Daten nicht erhoben?

36.       Wie viele rechtskräftige "Subsidiäre Schutzgewährungen" gab es im Jahr 2022 bisher?

37.       Wie stellen sich die TOP 5 Nationalitäten der rechtskräftigen "Subsidiären Schutzgewährungen" 2022 dar?

38.       Wo wird zurzeit der Abschluss neuer (Unter-)Miet- und Leihverträge seitens des Bundesministeriums für Inneres bzw. der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylwerbern (Bundesbetreuungseinrichtungen, Verteilquartiere, etc.) vorbereitet, geplant, verhandelt oder beabsichtigt?

39.       Wann tritt endlich die Bundesregierung mit der „Notverordnung für eine Asyl-Obergrenze“ – „Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen“ gemäß § 36 ff Asylgesetz an den Hauptausschuss des Nationalrates heran,

40.       Was meinte Ihr Ministeriumssprecher Harald Sörös mit den Worten: „Bis zu 15.000 Menschen sind heuer behördlich verloren gegangen“, wie die "kleinezeitung.at" am 25.09.2022 berichtete?

41.       Wie lautet Ihr konkretes Konzept zur Schließung der Balkanroute?

42.       Werden Sie sich auf europäischer Ebene endlich für einen Asylstopp einsetzen?

43.       Gibt es Hinweise, dass die Raffinerie-Produktion der OMV im Juni durch einen Anschlag beeinträchtigt wurde?

44.       Werden Sie der Bundesregierung die Durchführung einer Volksbefragung über die Russland-Sanktionen empfehlen?

45.       Wenn nein, warum nicht?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 18

In formeller Hinsicht wird ersucht, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gele­genheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Abgeordnetem Klubobmann Kickl als Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort erteilen. – Bitte, Herr Klubobmann.


11.01.52

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, wir debattieren heute im Zuge dieser Sondersitzung gleich zwei Kernbereiche des politischen und – muss ich dazusagen – auch des moralischen Totalver­sa­gens dieser schwarz-grünen Bundesregierung und ihrer Steigbügelhalter gegen­über der eigenen Bevölkerung. Es geht um einen riesigen Verrat, den Sie am österreichischen Volk begehen, und zwar gleich in einer doppelten Hinsicht.

Der erste Verrat betrifft den Themenbereich Asyl. Meine Damen und Herren, da sind unter Verantwortung der Österreichischen Volkspartei in diesem Land Zustände eingerissen, die das Katastrophenjahr 2015 in den Schatten stellen – und das will wirklich etwas heißen! Und das alles, Herr Bundesminister, obwohl diese Regierung, obwohl Ihr Vorgänger, ein gewisser Karl Nehammer, der jetzt den Bundeskanzler dieser Republik spielen darf, im Jahr 2020 versprochen hat, dass es in Österreich einen De-facto-Asylstopp gibt. – Ein riesiger Verrat an der eigenen Bevölkerung!

Der zweite Bereich betrifft die österreichische Teilnahme an einem Wirtschafts­krieg unter dem Kommando der Europäischen Union oder der Nato – ich glaube, es lohnt sich gar nicht mehr, diese beiden Dinge auseinanderzuhalten, es läuft auf das Gleiche hinaus –, und das ist ein Kurs, mit dem diese schwarz-grüne Regierung, Hand in Hand mit der Scheinopposition – allen voran marschieren da


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die Rosaroten –, in der Mentalität eines islamistischen Selbstmordattentäters vorgeht. (Zwischenrufe bei ÖVP und NEOS.)

Das ist die Art und Weise, wie Sie hier vorgehen: Man freut sich darüber, dass man anderswo Schaden anrichten kann, indem man nämlich Folgendes macht: indem man im eigenen Land das leistbare Leben, den Wohlstand, die Wirt­schaftskraft, die Industrie, Abertausende Arbeitsplätze und die soziale Sicherheit in die Luft sprengt. – Das ist Ihre Vorgangsweise. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich will Ihnen gar nichts unterstellen, ich weiß schon, dass Sie das alles nur im Namen des Edlen, des Guten und selbstverständlich im Namen der einzig zulässigen Wahrheit machen; und da haben Sie ja Ihre Propheten gefunden. Engelsgleiche Gestalten sind da Ihre Propheten, die das regelrecht verkörpern: ein Joe Biden, eine Ursula von der Leyen, ein deutscher Wirtschaftsminister Habeck, der nicht weiß, was eine Insolvenz ist, eine Frau Baerbock, und, und, und. Das sind Ihre Propheten (Zwischenruf des Abg. Hörl), Sie verbreiten die Botschaft dieser falschen Gestal­ten, und wehe dem, der es sich erlaubt, eine abweichende Meinung zu haben – wir haben es gerade wieder erlebt –, wehe dem: Der ist des Teufels und auf den wartet die ewige Verdammnis! (Abg. Lopatka: Jawohl!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage das deshalb in dieser Art und Weise, weil es beinahe schon beängstigend ist, Herr Lopatka, weil es beängs­ti­gend ist, in welcher Art und Weise dieser EU-Fanatismus von Ihnen Besitz ergriffen hat. (Abg. Lopatka: Sie sind ein Fanatiker! ... wie ein ... unterwegs!) Wir haben uns das gestern anhören können, und ich gehe davon aus, dass das heute nicht viel anders sein wird. Es ist jedenfalls das Gegenteil von dem demokra­tischen Grundverständnis, von dem Sie immer reden, es ist das Gegenteil von Meinungsfreiheit, es ist das Gegenteil von offenem Diskurs (Abg. Lopatka: Ja!), es ist das Gegenteil von Toleranz, von all den Dingen, die Sie immer für sich in Anspruch nehmen und die Sie unter dem Oberbegriff Werte des Westens zu­sam­menfassen. (Abg. Lopatka: Frieden und Freiheit!) – Herr Lopatka, Sie dürfen


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sich angesprochen fühlen. (Beifall bei der FPÖ.) Es ist überdies ein riesiger Verrat an der österreichischen Bevölkerung.

Aber der Reihe nach; zu Ihnen, Herr Innenminister Karner: Ich habe Ihnen ein paar Zitate mitgebracht – ich glaube, sie sind auch für den Sektor der Öster­reichischen Volkspartei hier im Haus ganz gut geeignet –, zur Erinnerung, einen Auffrischungsbooster, wenn man so will. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Alle diese Zitate stammen aus der Anfangsphase des Jahres 2016, also aus einer Zeit, in der die Erinnerung an diesen Asylantengrenzsturm in den Köpfen der Bevöl­kerung noch ganz, ganz wach und lebendig war.

Ich darf zitieren: Asylanträge sollen künftig nicht mehr in Österreich möglich sein, sondern nur mehr an der EU-Außengrenze. Oder: Jeder weiß, dass Öster­reich nicht nochmals 90 000 Menschen aufnehmen kann. Oder: Die Asyl­obergrenze von 37 500 ist notwendig, um den sozialen Frieden in diesem Land zu erhalten. – Alle diese Zitate, Herr Karner, stammen von einer Dame, die Ihnen nicht unbekannt ist: Es ist Ihre Vorgängerin im Innenministerium, eine gewisse Johanna Mikl-Leitner unseligen Angedenkens, in der Zwischenzeit Landes­hauptfrau von Niederösterreich und Expertin für Beratung in Ballkleidfragen.

Meine Damen und Herren, alles leere Phrasen! (Abg. Höfinger: Die ganze Rede hat nur leere Phrasen!) Und einer hat noch eines draufgesetzt – ja, ja! –, in seiner unvergleichlichen pfauenmäßigen Art und Weise hat er gesagt: Die Obergrenze von 37 500 will ich nicht einmal abwarten, sondern die Kapazitäten sind jetzt schon erschöpft! Das hat er gesagt, und damals waren es 19 000 Asylanträge. Derjenige, der das so vollmundig hinausposaunt hat, sitzt jetzt hinter mir: Das ist ein gewisser Wolfgang Sobotka, der auch einer in der elendslangen Reihe der Versager der ÖVP im Innenministerium ist (Beifall bei der FPÖ) und der zum Dank dafür von der Partei mit diesem Posten auf dem Platz hinter mir belohnt worden ist. Jetzt richtet er halt hier seinen Schaden an.

Jetzt frage ich Sie, Herr Innenminister Karner: Ja was ist denn da los? Wir haben alle diese Ansagen jetzt gehört. Die Verantwortung liegt in den Händen Ihrer Partei. Dieses Ressort hat niemand so lange in Händen gehabt wie Sie (Ruf bei


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der ÖVP: Du warst auch dabei!), und trotzdem ist nichts von all dem, was Sie hier angekündigt haben, eingetreten. Ja, es wird ja nicht so sein, dass Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka die eigene Bevölkerung belogen haben? Ja ist das denn die Möglichkeit? Oder ist es vielleicht so, dass Sie und Ihre Vorgänger der Österreichischen Volkspartei einfach nicht dazu in der Lage sind, diese Dinge umzusetzen?

Unfähigkeit würde ich das nennen, oder  um eine aktuelle Diskussion aufzu­grei­fen  man könnte auch sagen: Wir haben das Problem, dass nirgendwo in den Reihen der ÖVP im Innenministerium sich ein Wolf im Schafspelz findet, wir haben nur Schafe im Wolfspelz!  So schaut die österreichische Asylpolitik aus! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zarits: Ah, lustig! Den Schmäh hast du schon fünf Mal gebracht!)

Anders ist das nicht zu erklären. Anders ist es nicht zu erklären, dass nach den negativen Erfahrungen aus dem Jahr 2015 und nach all den Versprechen, die Sie da abgegeben haben, wir jetzt schlechter als damals dastehen. 37 500 Asyl­anträge, haben Sie damals gesagt, das ist die absolute Obergrenze, dann drücken Sie auf die Stopptaste, und dann wird kein Asylantrag mehr angenommen! – Ich habe damals schon gesagt: Das ist ja viel zu viel! Das ist ja ein Wahnsinn! Wo sollen denn die 37 500 herkommen, wo wir doch nur von sicheren Ländern umgeben sind? 37 500 auszurufen heißt ja geradezu, eine Einladung an die Asyltouristen auszusprechen, und es kostet ein Vermögen! Sie aber haben sich das damals mit der SPÖ so ausgepackelt.

Ich habe das dann in meiner kurzen Zeit im Innenministerium korrigiert. Ich habe eine neue Zielzahl vorgegeben. Diese Zahl war null. Dafür haben mich alle ande­ren Fraktionen hier in diesem Haus geprügelt. Die einen haben es öffentlich und offiziell getan, die ÖVP hinter meinem Rücken. Der Rest der Geschichte ist bekannt, und seit diesem Zeitpunkt explodieren die Asylzahlen in diesem Land wieder. Das ist das Problem! (Beifall bei der FPÖ.)

Während wir die Zahlen noch nach unten gebracht haben, geht es jetzt nach oben. Heuer haben wir schon im September fast 70 000, und da sind die


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80 000 Ukrainer noch gar nicht miteingerechnet, die sind in einer eigenen Statistik angeführt. Während wir hier debattieren, Herr Innenminister, kommen gerade wieder Hunderte über die Grenze zu uns herein: Afghanen, Syrer, Inder, Pakistani, lauter junge Männer unter 30. Die alle kommen herein, weil Sie – und niemand anders – sich dazu entschieden haben, unsere Grenze nicht zu schüt­zen, sondern unsere Polizisten und unsere Soldaten an der Grenze als Escort­service zu missbrauchen. Sie hätten es in der Hand, die Grenze zu schützen, Sie und niemand anderer, und niemand kann Ihnen diese Verantwortung abnehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Während wir hier debattieren, werden im ganzen Land neue Asylheime aufge­sperrt. Da wird über die Interessen der eigenen Bevölkerung drübergefahren. Da werden ganze Ortschaften mit Horden von jungen Männern zwangsbeglückt, mit dem Ergebnis, dass man dann dort mehr Asylwerber als Einheimische hat. Das Heimatrecht der eigenen Bevölkerung ist Ihnen überhaupt nichts wert. Sie sollten sich da einmal so einsetzen, wie Sie es für das Heimatrecht der Ukrainer tun.

Während wir hier diskutieren, beschließen Sie gemeinsam mit den anderen Fraktionen einen Klimabonus für Asylwerber. Ja, Herr Karner, hat Ihnen niemand gesagt, dass sich das herumspricht? Das ist doch eine Botschaft, über die sich die Schlepper, die Sie angeblich bekämpfen wollen, am allermeisten freuen: Öster­reich gut, 500 Euro, nur Asyl, nix hackeln! – Das ist die Botschaft, und Sie feuern das mit Ihrer Politik noch an. (Abg. Schwarz: Herr Kickl, der Klimabonus wird jetzt ausgezahlt!)

Ich verstehe eines nicht: Sie selber haben gesagt: 37 500, das ist die Zahl, und dann ist Schluss! Sie haben sich in den Koalitionsvertrag einen Notstands-, einen Ausstiegspassus eingebaut, für genau solche Fälle. Wenn der Notstand im Zusammenhang mit dem Asylthema ausbricht, dann können Sie sich andere Mehrheiten suchen. Wir stehen zur Verfügung, Herr Karner, um mit Ihnen hier und heute ein Asylschutzpaket zu beschließen, im Interesse der eigenen Bevöl­kerung und gegen die Schlepper. (Beifall bei der FPÖ.)


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Susanne Fürst wird das später einbringen. Wir haben es ohnehin kaugerecht für Sie gemacht, um Ihnen in einem ersten Schritt nicht allzu viel zuzumuten, aber es wird trotzdem etwas nutzen, nicht nur Schlepper zu bestrafen, sondern auch diejenigen, die sich schleppen lassen. Das ist die zweite Seite der Medaille. Wenn es niemanden gibt, der sich schleppen lässt, dann machen auch die Schlepper kein Geschäft. (Abg. Höfinger: Die Rede ist auch schleppend! Ein schlep­pender Auftritt!) Es geht um Ausreisezentren, die wir ganz, ganz dringend wieder brauchen. Wir brauchen eine Regelung, die jeden Übergang von Asyl zur Staatsbürgerschaft verhindert, und wir brauchen eine Staatszielbestimmung, dass Österreich kein Einwanderungsland ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben die Mehrheit hier herinnen, jammern Sie nicht herum, sondern stehen Sie einfach auf, wenn der Antrag dann zur Abstimmung kommt! Wissen Sie, wenn Sie von der Österreichischen Volkspartei schon nicht auskommen, ohne irgendeinen Verrat zu begehen, dann verraten Sie diesmal wenigstens die Grünen und nicht schon wieder die eigene Bevölkerung, das wäre einmal ange­bracht (Beifall bei der FPÖ), die Grünen, die ohnehin nur darauf warten, dann gemeinsam mit der SPÖ aus Österreich das Narrenschiff Utopia zu machen, wo wir dann alle endgültig in den Abgrund fahren! Dann verraten Sie die statt der eigenen Bevölkerung!

Jetzt zum zweiten Thema: zu den Sanktionen und zu der damit verbundenen Teuerungslawine, die gegenwärtig Millionen Menschen in diesem Land überrollt. Eigentlich bedeuten ja diese Sanktionen nichts anderes als ein gigantisches Programm der Massenverarmung und der Massenverelendung, und zwar für Österreich und für Europa. Jetzt sage ich Ihnen etwas: Es ist kein Trost für die Menschen da draußen, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben oder die ihn viel­leicht schon verloren haben, die sich das Essen nicht mehr leisten können, die nicht wissen, wie sie ihre Mieten bezahlen sollen, wie sie sich das Tanken leisten sollen, das Heizen und so weiter, für diese Menschen ist es kein Trost, wenn sie so wie gestern von Ihnen hören: Ja, liebe Leute, freut euch doch, den Russen geht es noch viel schlechter!


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Ist das die Zukunft, in die Sie uns hineinsteuern wollen, in einen Wettbewerb, wer es länger in der größeren Armut aushält? Ich fürchte, da sitzen die Russen am längeren Ast. Ich freue mich darüber, dass unsere Menschen nach dem Krieg in Wohlstandsgenerationen groß geworden sind, und ich will das nicht verant­wortungslos aufs Spiel setzen, so wie Sie das tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch etwas zum Wort Sanktionen – ist Ihnen das übrigens schon aufgefallen? –: Das ist ja nichts anderes als ein schönfärberischer Begriff für etwas ganz ande­res. Das ist ein schönfärberischer Begriff für das Wort Wirtschaftskrieg, und ein Wirtschaftskrieg ist auch ein Krieg, aber das klingt ein bisserl dramatischer. Sie haben uns als neutrales Land in einen Krieg hineingeführt. Das klingt viel aggressiver, und das ist es auch. Sie betreiben damit in Wahrheit die gleiche pro­pagandistische Schönfärberei, die Sie den Russen vorwerfen, wenn sie militärische Spezialoperation sagen, statt es als Angriffskrieg zu bezeichnen, was sie in der Ukraine aufführen. Es ist die gleiche Art und Weise, die gleiche Heuchelei. Ich weiß nicht, ob Ihnen das auffällt. Das ist für Sie einfach zum Nachdenken.

Ich finde, es ist unglaublich unehrlich – ich muss Ihnen das sagen –, den Men­schen da draußen zu erzählen: Liebe Österreicher, dass die Preise beim Strom und beim Gas und beim Öl und bei den Treibstoffen und bei den Lebensmitteln explodieren und dass die Dinge knapp werden und dass wir Ewigkeiten auf Alltagsgegenstände warten müssen, das ist der Preis dafür, den ihr jetzt alle dafür zahlen müsst, dass in der Ukraine die Sicherheit Europas oder die Sicherheit Österreichs verteidigt wird, dass dort die Werte des Westens ver­teidigt werden und dass das alles selbstverständlich – so wie alles, was Sie behaupten – alternativlos ist.

Ich weiß natürlich, dass das dasjenige ist, was quasi die Einheitsprogrammierung ist, die von europäischer Ebene vorgegeben wird, vom Büro von der Leyen kommt das, und Sie alle plappern es nach, auch gestern in der Debatte, wie die Papageien, und dann kommen Sie sich auch noch mutig vor, wenn Sie das


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nachplappern, was Ihnen die Europäische Union vorgibt, bis hinauf zum Bundes­präsidenten (Abg. Brandstätter: Putin-Troll!), der gibt gegenwärtig den Oberpapagei. Aber die Wahrheit, die Wahrheit ist eine andere, so wie sie bei Corona eine andere gewesen ist. Da haben Sie auch von Ihrer Alternativlosigkeit erzählt, und zwei Jahre später hat es dann ganz peinlich für Sie ausgesehen, und in diesem Fall wird es genau gleich sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Wahrheit ist, dass dort ein schrecklicher Krieg geführt wird, der jeden Tag mehr zu eskalieren droht, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis daraus ein großer Flächenbrand wird. Dieser Krieg wird dort geführt, weil die USA mithilfe der Nato ihre eigenen Machtinteressen seit Jahren bis unmittelbar vor die russische Haustür hin ausweiten wollen. (Abg. Brandstätter: Putin-Sprech!) Jetzt weiß ich schon - - (Abg. Brandstätter: Reiner Putin-Sprech! Unglaublich!) – Ja, genau, Putin-Sprech (Abg. Brandstätter: Steht das im Vertrag drinnen? Steht das im Vertrag ...?), Putin-Sprech, darauf habe ich gewartet, Herr Brandstätter! Dann seien Sie aber auch so ehrlich (Abg. Brandstätter: Putin-Troll!), zu sagen, dass dann alle Sicherheitsberater der amerikanischen Präsidenten, von Jimmy Carter aufwärts, alle geostrategischen Berater der amerikanischen Präsidenten vom Kreml dort eingeschleuste Leute sein müssen, denn die sagen das nämlich in ihren Strategiepapieren. Die beraten ihre Präsidenten in diese Richtung, mit dem Ziel, eine Weltordnung zu schaffen, in der es nur mehr eine Weltmacht gibt, das sind die Amerikaner, und dem wird alles untergeordnet.

Die Ukraine ist dafür ein wesentlicher Schlüssel, und deshalb – Sie können es 1997 beim Berater von Carter nachlesen – muss die Ukraine ein Vasallenstaat werden. So schaut das aus. Dann sagen Sie dazu, dass alle diese Leute es bis in den Vorhof der amerikanischen Präsidenten geschafft haben! Ich glaube, da sind Sie der Schwurbler, Herr Brandstätter, und nicht wir. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Brandstätter: ...! So viel Unsinn! ...!)

Jetzt sind wir bei einem Punkt angekommen, das ist der amerikanische Beitrag, und jetzt kommt die russische Seite: Was haben die Russen gemacht? – Ja, die Russen haben von den Amerikanern gelernt, leider, muss man in diesem


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Zusammenhang sagen. Die machen jetzt das, was die Amerikaner auch immer gemacht haben, nämlich militärisch zu intervenieren, wenn man glaubt, dass die eigenen Sicherheitsinteressen bedroht sind. Bei den Amerikanern muss das gar nicht vor der Haustür sein. Das kann irgendwo auf dieser Welt sein, Tausende Kilometer vom Mutterland entfernt, das ist völlig wurscht. Dann wird militärisch interveniert, was nichts anderes heißt als: Dann wird Krieg geführt. Dann wer­den Bomben geworfen, dann gibt es Kollateralschäden, dann gibt es Tausende Tote, und wenn Sie es mir nicht glauben, dann werfen Sie einen Blick in die Geschichtsbücher, die gibt es zuhauf.

Das ist der Unterschied zwischen Ihrem Zugang zu den Dingen und unserem: Wir sehen beide Seiten und wir kritisieren beide, während Sie auf einem Auge vollkommen blind sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb sagen wir: Es ist unglaublich traurig, dass das passiert, was gegenwärtig in der Ukraine passiert, aber das geht auf die Kappe von beiden. Das geht auf die Kappe der Amerikaner und das geht auf die Kappe der Russen. Beide sind daran schuld, dass die ukrainische Bevölkerung jetzt einen derartigen Blutzoll zu zahlen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass es um Österreich so schlecht bestellt ist, dass die österreichische Bevöl­kerung unter dieser Teuerung leidet, das fällt in die Verantwortung dieser Bundesregierung, die nichts Besseres zu tun hat, als undifferenziert hinter dem Kurs der Europäischen Union herzurennen, die nicht kapiert oder nicht kapieren will – ich glaube ja eher Zweiteres –, dass sie sich da vor den amerikanischen Karren spannen lässt und dass es in diesem Moment geboten wäre zu sagen: Achtung, liebe Amerikaner, in diesem Fall sind eure Interessen nicht unsere Interessen! Das sind nicht die Interessen der Europäischen Union und schon gar nicht die Interessen Österreichs! Und Sie sollten auf die Karte der Neutralität setzen. Das wäre sicherheitspolitisch und auch wirtschaftspolitisch ein großer Vorteil, weil wir uns damit nicht in einen Wirtschaftskrieg hineinziehen lassen, der darin enden wird, dass wir im größten Desaster seit dem Zweiten Weltkrieg munter werden. (Beifall bei der FPÖ.)


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Sie wissen das ganz genau, sonst hätten Sie nicht gestern eine eigene Ver­anstaltung hier einberufen, die ja nichts anderes als die Vorbereitung der Bevölkerung auf Durchhalteparolen war. Sie wissen ganz genau, was uns in diesem Winter blüht, wenn Öl, Diesel und all diese Dinge knapp werden. Dann wird es wirklich finster und unangenehm, und dafür tragen Sie die Verantwortung! Wir wollen das nicht!

Ich verstehe die Österreichische Volkspartei nicht. Sie sagen doch, Sie sind eine Unternehmerpartei. Ist das wirtschaftliches Denken, eine CO2-Steuer drauf­zuhauen, den eigenen Wirtschaftsstandort zu ruinieren, die eigene Industrie zu vertreiben und den Gewerbetreibenden oder dem Tourismus nach dem ganzen Coronadesaster jetzt auch noch den Revolver an den Kopf zu halten? Ich glaube, Mahrer hat recht gehabt, als er gesagt hat, Sie denken nur mehr mit einer Gehirnhälfte. Es muss die linke sein, ich fürchte, die rechte ist nach zweieinhalb Jahren Koalition mit diesen (in Richtung Grüne) linken Sektierern schon ver­kümmert. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Gleiche gilt für die SPÖ, Frau Kollegin Rendi-Wagner: Sie reden von Vollbeschäftigung und von sozialer Sicherheit und sind mit dabei bei diesem Zerstörungskurs. Ich fürchte, dass Sie nicht nur glauben, dass es kein Zuwan­derungsproblem gibt, sondern dass die SPÖ auch glaubt, dass es kein Teuerungsproblem gibt. So schaut zumindest der real gelebte Sozialismus in Wien aus. Wir kümmern uns aber gerne um diese Teile der Bevölkerung, die von Ihnen auf schäbigste Art und Weise verraten werden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein Letztes noch, weil ja die Regierung jetzt wieder einmal den russischen Bot­schafter einbestellt hat, um entsprechende Kritik - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): - - an der Vorgangsweise in der Ukraine anzubringen: Wenn Sie glaubwürdig sein wollen, dann holen Sie sich auch einmal den amerikanischen Botschafter und reden Sie mit ihm über die geostrategischen Überlegungen der Vereinigten Staaten und ob es wirklich sein


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kann, dass für die eigenen Machtinteressen auch das Wohl der angeblichen Verbündeten in der Europäischen Union aufs Spiel gesetzt wird. Dazu aber fehlt Ihnen der Mut auf allen Ebenen. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zarits: Das war heute nix! – Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

11.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. Bei ihm steht das Wort. – Bitte.


11.23.15

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Geschätzte Besuche­rinnen und Besucher! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit“, heißt es im Titel der heutigen Dringlichen Anfrage. – Ja, und Gott sei Dank ist unser Land Österreich nach wie vor eines der wohlhabendsten und sichersten Länder dieser Welt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Dennoch ist jetzt manches anders und vieles neu: Wir sind mit enormen Teue­rungen und zweistelliger Inflation konfrontiert. Wir haben uns in meiner, in unserer Generation noch nie zuvor darüber Gedanken machen müssen oder darüber diskutiert, ob Versorgungssicherheit gegeben ist, ob sich manche das Heizen oder den Strom noch leisten können. Da ist es gut zu hören – der Bundeskanzler hat das gestern bekannt gegeben –, dass die Gasspeicher jetzt entsprechend gefüllt sind und die Versorgung in diesem Bereich gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Es kann sich nur keiner mehr leisten!)

All diese neuen Bedrohungsbilder, die wir in dieser Dimension zuvor nicht kannten, führen dazu, dass Menschen Sorgen und auch Ängste haben. Dass dem so ist, ist absolut verständlich. In so einer Situation, meine Damen und Herren Abgeordneten, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es unsere ge­meinsame Verantwortung als Politik und als Gesellschaft, diesen Sorgen zu begegnen und mit den großen Problemstellungen, vor denen wir stehen, auch


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bestmöglich gemeinsam umzugehen. Ich spreche bewusst von einer gemein­samen Verantwortung, die gerade wir als Politiker haben, denn bei allen Unterschieden, die uns trennen mögen, eint uns hoffentlich eines – ich sage das heute insbesondere anlässlich des 120. Geburtstages von Leopold Figl, den wir am letzten Wochenende begangen haben –: dass wir für unser freies Österreich einstehen, dass wir den Glauben an unser Land letztendlich nie verlieren.

Unser Bundeskanzler Karl Nehammer hat es am Sonntag eindrucksvoll betont – viele von Ihnen waren dabei –, ich möchte zitieren (Ruf bei der FPÖ: Bitte nicht! – Abg. Schmiedlechner: Wo ist er denn heute?): Er hat gesagt, bei Politikern geht es auch darum, zu erkennen, was Fanatismus bedeutet und welchen Irrsinn er auch bedeuten kann. Das galt damals wie heute. – Das hat Bundeskanzler Karl Nehammer in Erinnerung an Figl vor wenigen Tagen im Bundeskanzleramt gesagt. (Abg. Hafenecker: Der Leopold Figl hat sich schon zwei Reihen nach vorne geschaufelt! – Rufe bei der FPÖ: Der dreht sich im Grab um! Der Figl hat das nicht verdient!)

Ich zitiere weiter: Krisen zeigen unsere Schwächen auf. Das war in der Pandemie so und das ist jetzt im Krieg des Putin gegen die Ukraine so. – Zitatende. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir sind in manchen Bereichen verwundbar, daher tun wir alle gemeinsam gut daran, Probleme einerseits sehr offen anzusprechen, ohne sie zu ignorieren oder gar zu beschö­nigen, dies andererseits aber auch ohne Schaum vor dem Mund zu machen und nicht täglich mit neuer Empörung und gesteigerter Lautstärke hineinzuschreien und damit zu versuchen, die Menschen noch weiter zu verunsichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Damit, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, komme ich zu einem Kern­bereich der heutigen Dringlichen Anfrage, zum Thema illegale Migration und Kampf gegen die Schlepper, Kampf gegen die Schleppermafia. Ich habe es bereits mehrmals betont, wir haben im Bereich der illegalen Migration ein Prob­lem. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Darauf weise ich seit Monaten hin, und daran arbeiten wir seit Monaten rund um die Uhr – die Exekutive, die Polizei, das


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Bundesheer, die BBU, die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungs­leistungen, Mag. Achrainer als Chef davon, viele andere –, ohne großes Tamtam, ohne übertriebene Aufgeregtheit. (Abg. Krisper: Ohne großes Tamtam?)

Wir müssen das ansprechen, was ist: Was es wiegt, das hat es. Es ist wichtig, dass wir das tun, ohne irgendetwas zu beschönigen, wie die eine Seite meint, dass ich das tun würde, oder zu dramatisieren, wie die andere Seite meint, dass ich das tun würde. (Ruf bei der FPÖ: Habe ich nicht gesagt!) Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, möchte ich zu Beginn die Aus­gangslage, die Zahlen und Fakten kurz präsentieren, damit wir einen gemein­samen Ausgangspunkt haben (Abg. Hafenecker: 70 000!):

Von Jänner bis August wurden in Österreich 56 149 Asylanträge gestellt. (Ruf bei der FPÖ: Jetzt haben wir über 70 000!) Das bedeutet zum Vergleichszeitraum des Vorjahres eine Steigerung von fast 200 Prozent. Davon, und das sind besonders dramatische Zahlen, sind fast 40 000 Anträge in zwei Bezirken im Burgenland gestellt worden, in den Bezirken Oberpullendorf und Neusiedl am See. Damit liegt Österreich betreffend Pro-Kopf-Belastung an zweiter Stelle innerhalb der gesamten Europäischen Union. Wir haben derzeit in Österreich insgesamt rund 90 000 Menschen in der Grundversorgung untergebracht, davon sind rund 58 000 Ukrainerinnen – es sind in erster Linie Frauen mit ihren Kindern, die in der Grundversorgung untergebracht sind.

Ich möchte an dieser Stelle ein ganz, ganz großes Danke den Bundesländern, den Gemeinden, den vielen Hilfsorganisationen sagen, die sich in den letzten Wochen, in den letzten Monaten ganz besonders verdient gemacht haben in der Hilfe, gerade im Speziellen in der Hilfe für die Vertriebenen aus der Ukraine. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Hafenecker: Sind das ukrainische Inder, oder wie? – Ruf bei der ÖVP – in Rich­tung Abg. Hafenecker –: Gib mal eine Ruhe!)

Jetzt möchte ich zur Analyse kommen und versuchen zu erklären, warum es aus meiner Sicht so ist, dass wir solch dynamische, ja in Teilbereichen dramatische Zahlen verzeichnen. Es gibt aus meiner Sicht mehrere Gründe und Ursachen für


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diese Welle, für diese illegale Migrationswelle, die wir derzeit wieder beobachten müssen (Abg. Rauch: Das hält ja keiner aus, was der da redet! Das glaubt ja kein Mensch mehr! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker), und wir wissen, dass Migration oder illegale Migration sehr oft auch in Wellen stattfindet. Derzeit findet solch eine illegale Migrationswelle eben statt. (Abg. Kickl: ... sind immer nur bei Ihnen!)

Wir haben auf der einen Seite einen dramatischen Anstieg bei Asylanträgen von Personen aus Ländern, die praktisch keine Chance auf Asyl haben, die aus wirtschaftlichen Gründen versuchen, über das System Asyl nach Europa, nach Österreich zu kommen (Abg. Rauch: Was machen Sie dagegen?), und dem müssen wir auch einen entsprechenden Riegel vorschieben. (Abg. Kickl: Die kriegen dann den Klimabonus! Abg. Wöginger: Den ihr mitbeschlossen habt! – Zwischenruf des Abg. Rauch.) Top eins bei diesen Antragstellern sind indische Staatsangehörige – Sie haben es angesprochen, Herr Dr. Kickl –: Indische Staatsangehörige haben in den ersten acht Monaten fast 8 000 Anträge gestellt (Zwischenruf des Abg. Hafenecker) – heuer, von Jänner bis August, indische Staatsangehörige: 8 000 Anträge (Zwischenruf der Abg. Krisper), praktisch keine Chance auf Asyl. Im letzten Jahr gab es 330 Asylanträge von Menschen aus diesem Land. – Erster Punkt.

Der zweite Bereich, meine Damen und Herren Abgeordneten, ist das brutale, miese Geschäft der Schleppermafia. Sie alle wissen das, Sie kennen das: Die Schleppermafia, so heißt es von Experten, verdient mittlerweile mehr blutiges Geld als die Drogenmafia. Die Schleppermafia nützt sehr rasch und sehr geschickt die Kommunikation oder verändert die Kommunikation, sie verändert letztendlich ihr Marketing, und derzeit wird eben durch die Schleppermafia Werbung damit gemacht (Abg. Hafenecker: Auch durch Sie ...!), dass Europa, dass Österreich zu Recht den Vertriebenen aus der Ukraine hilft, dass Europa offen wäre, dass jeder auch eine entsprechende Unterstützung bekommt. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Und auch dem müssen wir einen Riegel vorschieben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ein weiterer Grund, auch das ist in den letzten Tagen intensiv thematisiert worden, ist die Visafreiheit am Westbalkan. Über diese Route kommen sehr, sehr viele Menschen, vor allem aus diesen Ländern, die ich genannt habe – Indien, Tunesien und Marokko –, nach Serbien und finden dann mittels Schlepper den Weg nach Österreich oder Europa.

Das sind die Ursachen, die Gründe dafür, warum die Zahlen so hoch, so dynamisch und in manchen Bereichen auch so dramatisch sind. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Jetzt geht es letztendlich darum – und das ist Aufgabe der Politik, das ist unsere Aufgabe (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Lausch) –: Was tun wir? (Ruf bei der FPÖ: Nix!) Was ist zu tun, damit wir hier auch entsprechend dage­genarbeiten? – Aus meiner Sicht bringt es nichts, da Einzelmaßnahmen hervorzukramen, sondern wir brauchen in Wahrheit ein ganzes Maßnah­men­bündel im Kampf gegen die illegale Migration, im Kampf gegen die Schlep­permafia. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Ich sehe da im Wesentlichen drei Ebenen, die es da zu bearbeiten gilt. Das eine ist: Was tun wir in Österreich? Das Zweite: Was tun wir bilateral oder auch multilateral? Drittens: Was tun wir auf europäischer Ebene? Was tut die Europäische Union, was tut die Europäische Kommission?

Ich beginne mit den Maßnahmen, die wir diesbezüglich zu Recht in Österreich getroffen haben. Zunächst: Wir haben die Grenzkontrollen massiv verstärkt und ausgebaut. (Abg. Rauch: Wo?) Ich möchte mich an dieser Stelle explizit natürlich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei der Polizei, bei der Grenz­polizei, bei der Grenzeinheit Puma und bei vielen anderen, aber auch beim öster­reichischen Bundesheer ganz, ganz herzlich für das bedanken, was hier tagtäglich an der Grenze geleistet wird (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), vor allem an der österreichisch-ungarischen Grenze. (Abg. Kickl: Die sind alle nur mehr frustriert!) Vielen herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kickl: Die sind alle nur mehr frustriert ...!)


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Wir wissen, dass diese Aktion scharf, die wir in erster Linie gegen die Schlepper, gegen die Schleppermafia gestartet haben, bedeutet, dass wir mehr Aufgriffe haben, aber auch mehr Abschreckung, weil Schlepper sofort darauf reagieren. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Eines ist für mich als Innenminister und Verant­wortlicher für die Sicherheit dieser Republik klar: Es gibt kein Durchwinken! Es wird registriert, es wird erfasst und es wird der Fingerabdruck genommen. (Abg. Krisper – mit den Fingern Anführungszeichen andeutend –: „Reisende“ soll man nicht aufhalten!) Das ist entscheidend, wir müssen wissen, wer sich in Europa aufhält, und das werden wir in Zukunft auch tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass das auch Erfolge zeitigt, das zeigen Fahndungserfolge, die die Polizei in diesen letzten Wochen und Monaten erreicht hat. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, dies nicht kleinzureden. Über 400 Schlepper – über 400 Schlepper! sind allein in Österreich in den ersten Monaten gefasst worden – große Fische und auch kleine Fische. (Abg. Kickl: Haben die vielleicht auch noch um Asyl angesucht?) Faktum ist: Die Polizei arbeitet da kriminalistisch höchst erfolgreich an der Grenze (Zwischenruf des Abg. Lausch): Bundeskrimi­nalamt, Schlepperbekämpfung, organisierte Kriminalitätsbekämpfung. Hoch­ach­tung vor dieser Leistung! Vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind nach wie vor bei den Maßnahmen hinsichtlich dessen, was wir in Öster­reich gegen dieses Phänomen, gegen diese Welle, die wir derzeit hier sehen müssen, tun.

Der nächste Punkt ist das Thema schnelle Verfahren: dass wir die Verfahren, vor allem in der ersten Instanz, deutlich beschleunigt haben, vor allem für Menschen aus jenen Ländern, die praktisch keine Chance auf Asyl haben. Bei diesen soge­nannten schnellen Verfahren gibt es einen Rekordwert: Wir haben in diesem Jahr, aus diesem Grund, nämlich weil wir das tun, 31 500 Verfahren negativ beschieden. Das sind so viele negative Asylentscheidungen wie noch nie. (Abg. Kickl: Und wie viele werden beeinsprucht?)


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Der nächste Punkt, den ich hinsichtlich der Maßnahmen, was wir in Österreich tun können – das habe ich vor einigen Wochen mit unseren Experten vorge­stellt –, ansprechen möchte, ist das sogenannte Antimarketing in den Herkunftsländern. Dies ist nicht als Einzelmaßnahme isoliert zu sehen, sondern als ein Teil dieser Maßnahmen, dieses Maßnahmenbündels, welches wir im Kampf gegen die Schlepper anwenden müssen. Diese sogenannten Online­kam­pagnen, Migrationskampagnen oder Migrationsmythenkampagnen, mit denen wir gerade in Herkunftsländern wie Tunesien und Indien ein – ich nenne das so – Antimarketing gegen die Schlepper machen. Wir dürfen doch den Schleppern nicht die Deutungshoheit überlassen, denn wir wissen, dass die Schlepper poten­ziell illegalen Migranten das Blaue vom Himmel versprechen.

Es ist doch entscheidend und wichtig, dass wir da auch entsprechend dagegen­halten (Abg. Kickl: Na da waren die 500 Euro sicher hilfreich! Das geht viral!) und jene Menschen auch ordentlich und entsprechend informieren, nämlich dass sie sich in die Hände von Schleppern begeben, wo ihnen – in vielen Fällen – sogar der Tod droht. Leider mussten wir in den letzten Wochen diese Schlagzeilen sehen, wo Menschen zu Tode gekommen sind, weil sie sich in die Hände von Schleppern begeben haben – über das Mittelmeer, über den Atlantik, aber auch bei uns (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), wo 16, 20 Menschen in kleinen Wägen transportiert werden und erstickt sind oder auch bei Verkehrsunfällen zu Tode gekommen sind. Da müssen wir doch mit allen Mitteln entsprechend dagegenarbeiten (Abg. Lausch: ... das macht ihr nicht!), und das Antimarketing ist bei diesen Maßnahmen ein wesentlicher Punkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das waren einige wesentliche Punkte, die wir als Republik Österreich, die wir als Innenministerium im Kampf gegen die illegale Migration dagegensetzen.

Der zweite Punkt, den ich angesprochen habe, ist der Bereich: Was tun wir ge­meinsam mit unseren Nachbarn? Ich halte das für ganz, ganz entscheidend, dass wir nicht isoliert Maßnahmen ergreifen, sondern dass wir auch immer wieder den Kontakt, den intensiven Austausch mit unseren Nachbarländern suchen, diese auch unterstützen, wenn es notwendig ist. Und so ist es eben, dass wir an


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der EU-Außengrenze – wir reden ja immer davon, dass wir einen robusten Außengrenzschutz an den europäischen Außengrenzen, an den Schengenaußen­grenzen brauchen – etwas dafür tun. Wir reden nicht nur davon, wir tun etwas: Wir unterstützen die ungarische Polizei an der ungarisch-serbischen Grenze mit mittlerweile 70 Polizistinnen und Polizisten, die dort gemeinsam mit den unga­rischen Behörden Dienst machen, damit wir auch diese Grenze dichter und sicherer machen. (Abg. Kassegger: 70! Das ist im Vergleich zu 50 000 aber eine riesige Zahl!)

Zweiter Punkt: Wir sind auch gemeinsam mit den ungarischen Kollegen in gemischten Streifen unterwegs, auch auf ungarischem Staatsgebiet, damit wir bereits im Vorfeld der österreichischen Grenze (Abg. Krisper: Und: Gewalt wahr­genommen?), im Sinne eines doppelten Sicherheitsgurtes, gemeinsam kontro­llieren und so gemeinsam auch illegale Migration verhindern. Mehr als 180 solcher Schwerpunktaktionen wurden mittlerweile durchgeführt, auch Drohnen und andere Geräte zur Aufklärung kommen da entsprechend zum Einsatz.

Wir unterstützen auch die Westbalkanstaaten im Kampf gegen die Schlepper­mafia. So hat das Bundeskriminalamt gemeinsam mit der ungarischen und der serbischen Polizei eine Taskforce zur Schleppereibekämpfung gebildet, um eben den Schleppern, der Schleppermafia, die damit das große Geschäft machen, das Handwerk zu legen. Da müssen wir die Polizei unterstützen, und das tun wir, weil es notwendig ist und weil es erfolgreich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht darf ich auch über etwas ganz Aktuelles berichten: Wir haben gestern sehr kurzfristig, auf Initiative des slowakischen Kollegen, ein Innenminister­treffen – Tschechien, Slowakei, Ungarn und auch Österreich – in Bratislava durchgeführt, wo wir uns einfach eng abstimmen, eng abstimmen müssen, denn das ist doch das Notwendigste und Richtigste, dass ich mich mit den Nachbarn in einer solch sensiblen Frage auch akkordiere – und das tun wir.

Warum tun wir das? – Sie wissen es: Tschechien und auch Österreich haben vorige Woche wieder mit Kontrollen an der Grenze zur Slowakei begonnen, weil wir es als notwendig sehen, in der Kaskade zu den Außengrenzen, aber auch an


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den Binnengrenzen Kontrollen im Kampf gegen die Schlepper, im Kampf gegen die illegale Migration durchzuführen. Wir haben uns gestern dahin gehend eng abgestimmt (Abg. Krisper: „Eng abgestimmt“ – meinen Sie da: Gewalt wahrgenom­men?), dass wir die Binnengrenzkontrollen in enger Abstimmung durchführen, dass wir den Außengrenzschutz an der ungarisch-serbischen Grenze verstärken und dass wir auch in der polizeilichen Zusammenarbeit den Kampf gegen die Schleppermafia weiter intensivieren.

Das betrifft sozusagen die östliche Seite und auch auf der westlichen Seite sind wir in intensivem Austausch. Ich war letzte Woche in Zürich, um auch mit der Schweizer Bundesrätin, der Innenministerin sozusagen, dieses Thema zu besprechen, weil gerade das Thema Tunesier eines ist, das uns gemeinsam mit der Schweiz und mit Frankreich beschäftigt. Das ist bilaterale Arbeit, das ist konkrete Arbeit, die wir tun müssen. Es ist aber auch mit der deutschen Kollegin über Parteigrenzen hinweg notwendig, dass wir uns austauschen. Dieser Kampf gegen illegale Migration ist eben nur grenzüberschreitend zu führen, und das tun wir. (Beifall bei der ÖVP.)

Nach der österreichischen Ebene, der bilateralen Ebene, sozusagen der Nach­barschaftsebene, komme ich jetzt auf die europäische Ebene zu sprechen: Da ist natürlich der wichtigste und wahrscheinlich auch der schwierigste Bereich, den Asyl- und Migrationspakt weiter voranzutreiben. Sie wissen das: Ich habe im Sommer dieses Jahres meinen dänischen sozialdemokratischen Amtskollegen besucht und mit ihm darüber gesprochen, wie Dänemark – und, Sie wissen das, auch Großbritannien – die Asylverfahren in sicheren Drittstaaten plant; sie tun das ja noch nicht, sie planen das. Ich denke, dass man sich diese Ergebnisse anschaut. Bei uns in Österreich – das ist mir völlig bewusst – ist das derzeit noch nicht möglich, aber die können das tun, weil Dänemark eine sogenannte Opt-out-Regelung hat und Großbritannien, das Vereinigte Königreich, nicht mehr in der EU ist. Wir sollten uns die Erfahrungen ansehen, die diese beiden Länder letztendlich mit Asylverfahren in Drittstaaten haben, und diese in die europä­i­sche Diskussion hineinbringen. Das heißt: Ich will nichts Rechtswidriges, ich will darüber diskutieren.


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Warum will ich darüber diskutieren? – Weil Menschen im Mittelmeer ertrinken, weil Menschen in Lastwägen ersticken. Da ist es doch wohl unsere gemeinsame Aufgabe, darüber nachzudenken, wie wir das verhindern können. Und das können wir dann verhindern, wenn wir eben verhindern, dass sich Menschen über das Meer oder in vollgepferchten Lastwägen mit den Schleppern auf den Weg machen. Das werde ich tun und das werde ich auch in Zukunft weiter tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf europäischer Ebene – das habe ich auch bei der bilateralen Ebene kurz skizziert – ist die Stärkung des Außengrenzschutzes entscheidend – auch darüber werden wir beim nächsten Innenministerrat intensiv debattieren –, die Stärkung von Frontex. Frontex braucht ein ordentliches Mandat, Frontex braucht eine ordentliche Ausstattung, damit die Grenzen auch entsprechend gesichert sind.

Ich bin sehr dankbar für den Gipfel, den unser Bundeskanzler gestern gemein­sam mit Ungarn und Serbien abgehalten hat, zum Thema Visafreiheit ist da wirklich etwas gelungen. Serbien hat angekündigt, sich in der Visapolitik auf europäischer Ebene nicht nur entsprechend anzupassen, sondern in diesem Bereich mitzugehen. Das ist ein Erfolg unseres Bundeskanzlers in seiner harten Arbeit, in seiner Dialogfähigkeit mit Ungarn und Serbien. Vielen Dank dem Bundeskanzler für diese großartige Initiative! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir stehen vor den größten Herausforderungen seit Jahrzehnten. Die Bundesregierung tut alles, um der Teuerungswelle und den Ängsten der Bevölkerung, wie eben auch beim Thema Migration, illegale Migration, entgegenzuwirken. Deshalb haben wir als Bundesregierung schon im Jänner das erste Antiteuerungspaket verabschiedet und im September – darüber haben Sie auch hier intensiv diskutiert und werden weiterhin darüber diskutieren – ein weiteres milliardenschweres Teuerungspaket verabschiedet: Teuerungsausgleich, Teuerungsabsetzbetrag, Stromkosten­bremse, Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen ab 1. Jänner 2023, Abschaffung der kalten Progression – lange diskutiert, von dieser


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Bundesregierung umgesetzt –, und heute auch – vielen Dank den Verhandlern –: Einigung auf die Pensionsanpassung deutlich über dem gesetzlich vorgegebenen Rahmen; um nur einiges in Erinnerung zu rufen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Leichtfried: Die Redezeit wäre aus! Geht sich das mit den Fragen dann noch aus? – Abg. Loacker: Die Beantwortung nimmt Anschober’sche Ausmaße an!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr geehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Wir werden und müssen als Bundesregierung auch in Zukunft alles tun, um Wohlstand und Sicherheit in Österreich bestmöglich zu gewährleisten und zu garantieren. Wir haben uns mit den Sanktionen für eine klare Haltung gegenüber dem Wahnsinn Putins ent­schie­den. Und auch das – und damit komme ich wieder auf diese beein­druckende Rede unseres Bundeskanzlers (Abg. Belakowitsch: Beeindruckend! Hat nur keiner mitgekriegt! – Abg. Leichtfried: Ja, aber die Redezeit ist schon aus!) letzten Sonntag zum 120. Geburtstag von Leopold Figl – hat unser Bundeskanzler gesagt: Haltung zeigen! Gerade in einer Zeit, in der Menschen Angst und Sorge haben, gerade jetzt wird von uns verlangt, Haltung zu zeigen und auch Haltung klarzumachen. Die Verwechslung von Ursache und Wirkung ist reine Propa­ganda, und leider wird diese simple Erzählung allzu leicht von Populisten aufgegriffen und weitergegeben. Genau dagegen müssen wir gemeinsam geschlossen auftreten, denn es ist gleichermaßen gefährlich für Freiheit, Sicherheit und Demokratie.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, zeigen wir daher Haltung, bewahren wir Ruhe und suchen wir gemeinsam nach Lösungen für die Menschen in unserem Land! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte sehr. (Abg. Kickl: Er hat ja noch keine Antwort gegeben! – Abg. Wöginger: Er ist ja noch nicht fertig!) – Entschuldigung! (Abg. Leichtfried: Jetzt ist


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die Redezeit um 10 Minuten überzogen, und die Fragen sind noch nicht beant­wor­tet!) – Es gibt eine Sollredezeit und keine absolute, das wissen Sie, Herr Klubobmann. – Bitte, Herr Minister. (Abg. Leichtfried: Na ja, aber es geht schon um ein bissel Fairness auch!)


Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner (fortsetzend): Damit komme ich zur Beantwortung der Fragen.

Zur Frage 1:

Wie ich schon ausgeführt habe, stehen wir für eine sehr klare und konsequente Politik im Asyl- und Migrationsbereich und für eine strikte Trennung zwischen dem Grundrecht auf Asyl und Migration. Wir haben heuer bereits einen Rekordwert an abgelehnten und eingestellten Anträgen, nämlich mit 31 500 mehr als die Hälfte, wie ich bereits ausgeführt habe. Gemeinsam mit unseren Nachbarländern treten wir für einen verstärkten Außengrenzschutz und für Verfahren in sicheren Drittstaaten ein, und der Kampf gegen die Schleppermafia stellt einen wesentlichen Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit dar. Mehr als 400 Schlepper wurden in diesem Jahr bereits festgenommen. (Abg. Belakowitsch: Ein Wahnsinn!)

Zur Frage 2:

Selbstverständlich analysieren und beobachten wir die Lage. Beispielsweise haben wir die gemeinsamen Schwerpunktaktionen auf österreichischem und auf ungarischem Gebiet erhöht. Wir erhöhen das Kontingent an Exekutivbediens­teten in Ungarn von 50 auf 70, was derzeit passiert. In Österreich wurde die Landespolizeidirektion Burgenland – ich habe berichtet, dass diese besonders belastet ist – durch Kräftezuteilungen aus anderen Bundesländern notwen­digerweise verstärkt.

Gemeinsam mit unseren Nachbarn arbeiten wir intensiv daran, den Außengrenz­schutz zu stärken, Schlupflöcher zu schließen und da auch geschlossen vorzu­ge­hen. Der Bundeskanzler war gestern bei einem Migrationsgipfel in Ungarn – ich habe es bereits gesagt –, ich habe meine Amtskollegen aus Ungarn, Tschechien und der Slowakei gestern in Bratislava getroffen, und am Donnerstag fliegen wir


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gemeinsam nach Serbien. Wesentlich ist dabei auch, dass die derzeit gültige Visaliberalisierung beendet wird.

Zur Frage 3:

Wir müssen reagieren – ich habe das auch schon mehrmals gesagt –, bevor die Schlepper reagieren. Daher haben wir Grenzkontrollen in Abstimmung mit Tschechien zur Slowakei eingeführt. Wir bekämpfen gemeinsam mit Ungarn die Schlepperkriminalität an der EU-Außengrenze und wir führen Schwerpunktaktio­nen in Ungarn vor der österreichischen Grenze durch. In Österreich haben wir umfangreiche Maßnahmen gesetzt und eine Aktion scharf gegen Schlepper gestartet, das bedeutet mehr Aufgriffe, aber auch mehr Abschreckung gegen­über den Schleppern.

Zu den Fragen 4 und 5:

Ist derzeit nicht vorgesehen.

Zur Frage 6:

Seit Jänner 2020 wurden zur Umsetzung der umfangreich im Regierungspro­gramm vorgesehenen fremdenrechtlichen Vorhaben sowie zur Umsetzung von unionsrechtlichen Vorgaben insgesamt 14 Gesetzesnovellen im fremdenrecht­lichen Bereich kundgemacht. Darüber hinaus wurde eine weitere Novelle des Fremdenrechts einer Begutachtung unterzogen und befindet sich in Vorbe­reitung zur Einbringung. Derzeit wird an der Finalisierung eines weiteren Frem­denrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung der noch offenen Vorhaben des aktuellen Regierungsprogramms, mit dem unter anderem etwa der Strafrahmen für organisierte Schlepperei angehoben werden soll, gearbeitet.

Zu den Fragen 7 und 8:

62 300 unrechtmäßig Eingereiste beziehungsweise illegal aufhältige Fremde wurden im Zeitraum 1. Jänner bis 31. August 2022 im Bundesgebiet aufgegriffen. Jänner bis August 2022 wurden 56 149 Asylanträge gestellt:


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Afghanistan 12 775, Syrien 10 052, Indien 7 630, Tunesien 7 173, Pakistan 6 021, Marokko 3 048, Türkei 2 370, Somalia 1 103, Ägypten 770, Bangladesch 663, Sonstige 4 544.

Zur Frage 9:

Jänner bis August 2022: 54 645.

Zur Frage 10:

Bis 30. August insgesamt 6 950 Außerlandesbringungen, davon 4 039 frei­willige – das sind 58 Prozent – und 2 911 zwangsweise Ausreisen, das sind 42 Prozent. Und mehr als die Hälfte der Anträge sind eingestellt beziehungs­weise abgelehnt worden, in Summe 31 500.

Die Top Ten nach Nationalität sind Slowakei, Serbien, Ukraine, Rumänien, Ungarn, Albanien, Georgien, Nigeria, Türkei und Indien.

Zur Frage 11:

976 Personen wurden an der Einreise ins Bundesgebiet gehindert beziehungs­weise zurückgewiesen.

Zur Frage 12:

Insgesamt gab es bis Ende August bei den gestellten Asylanträgen über 16 300 Eurodac-Treffer mit anderen Mitgliedstaaten, die folglich im Rahmen von Dublinverfahren bearbeitet werden.

Spezifische Statistiken nur das Burgenland betreffend werden nicht geführt.

Zur Frage 13:

Ja.

Zu den Fragen 14 bis 16:

Jede Asylwerberin und jeder Asylwerber wird unmittelbar registriert und überprüft. Um die Belastung gleichmäßig zu verteilen, finden die polizeilichen Erstbefragungen auf unterschiedlichen Dienststellen im gesamten Bundesgebiet statt.


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Zur Frage 17:

Grundversorgung inklusive der circa 57 000 Ukrainevertriebenen: 209,8 Mil­lionen Euro; Asylverfahren: 67,5 Millionen; strategisches Grenzmanagement: 4,3 Millionen; Rückführungen: 2,8 Millionen; insgesamt: 284,4 Millionen Euro.

Zur Frage 18:

Die zur Verfügung stehenden Mittel werden ausreichen.

Zur Frage 19:

In der Direktion des BFA, sprich des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, selbst arbeiten 105 Personen.

Zu den einzelnen Regionaldirektionen: Wien 169, Niederösterreich 155, Burgenland 48, Steiermark 114, Kärnten 59, Oberösterreich 119, Salzburg 55, Tirol 69, Vorarlberg 31.

In den Erstaufnahmestellen Ost und West: gesamt 154.

Insgesamt verfügt das BFA über einen Personalstand von 1 078.

Zur Frage 20:

Nein.

Zur Frage 21:

Geschäftsbereich Grundversorgung – und ich spreche immer von Vollbeschäf­tig­tenäquivalenten –: Grundversorgung 647,12; unabhängige Rechtsberatung 166,11; Rückkehrberatung 81,18; Dolmetscherwesen 20,64; zentrale Dienste 82,47.

Zur Frage 22:

Nein.

Zur Frage 23:

Belagsstand am 30. September: 7 226 in 27 Bundesbetreuungseinrichtungen.


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Zur Frage 24:

Österreich hat Rückübernahmeabkommen oder -vereinbarungen mit vielen wichtigen Herkunftsstaaten abgeschlossen: insgesamt 22 bilaterale Rück­übernahmeabkommen, unter anderem – als Beispiele – mit Tunesien oder Nigeria, und 18 EU-Rückübernahmeabkommen, beispielsweise mit Pakistan, Georgien, der Türkei oder dem Westbalkan.

Laufend werden gemeinsam mit dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten auf bilateraler Ebene Konsultationen, Gespräche sowie Verhandlungen, beispielsweise mit Kasachstan, Ägypten und der Mon­golei, geführt.

Eine entsprechende Initiative zum Abschluss eines Migrationsabkommens mit Indien wurde gestartet.

Auf europäischer Ebene setzt sich das Innenministerium für den Abschluss beziehungsweise die Fortsetzung von langjährigen Verhandlungen zu EU-Rück­übernahmeabkommen ein, insbesondere bei Marokko, Algerien, Tunesien und China.

Zur Frage 25:

Grundsätzlich besteht die völkerrechtliche Verpflichtung zur Rückübernahme eigener Staatsangehöriger.

Österreich arbeitet seit Jahren intensiv am Auf- und Ausbau der entsprechenden Rückübernahmekooperation mit Herkunftsstaaten. Dabei gibt es einige wenige Staaten, die ihren entsprechenden Verpflichtungen nicht oder nur mangelhaft nachkommen, wie beispielsweise der Irak, Iran oder Somalia.

Dazu setze ich mich insbesondere auch auf europäischer Ebene dafür ein, dass effektive Instrumente wie beispielsweise der Visahebel oder eine Verknüpfung mit dem Handel künftig aktiver genutzt werden, um eine Kooperation herzu­stellen.


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Zur Frage 26:

Zum Stichtag 30. September 2022 befanden sich insgesamt 90 430 Personen in der Grundversorgung des Bundes und der Länder – wie ich es in meiner Rede auch schon berichtet habe –, davon 19 804 Asylwerberinnen und Asylwerber, 1 897 Asylberechtigte, 7 901 subsidiär Schutzberechtigte, 56 224 Ukraine­vertriebene nach § 62 Asylgesetz und 4 604 sonstige Leistungsbezieher, wie zum Beispiel Geduldete.

Zur Frage 27:

Stand erste Instanz mit Ende August: 36 361.

Zur Frage 28:

Per 30. August: Syrien 10 964, Afghanistan 6 033, Indien 5 001, Pakistan 3 268, Tunesien 2 516, Somalia 1 448, Marokko 1 418, Türkei 1 453, Irak 460, Iran 359.

Zur Frage 29:

3,2 Monate.

Zur Frage 30:

9 020.

Zur Frage 31:

Syrien 5 903, Afghanistan 1 325, Iran 444, Somalia 420, unbekannt 243.

Zur Frage 32:

Mehr als die Hälfte der Anträge wurde abgelehnt beziehungsweise eingestellt: 31 500, davon rechtskräftig negativ: 16 280.

Zur Frage 33:

Tunesien 3 483, Afghanistan 3 297, Pakistan 1 992, Marokko 1 646, Indien 1 470.


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Zur Frage 34:

Insgesamt erfolgten im Jahr 2022 bis 1. September 6 950 Außerlandes­brin­gungen von Fremden oder abgelehnten Asylwerbern.

Zur Frage 35:

Diese Frage kann nicht zugeordnet werden.

Zur Frage 36:

3 525.

Zur Frage 37:

Syrien 1 451, Afghanistan 1 162, Somalia 302, Irak 237, Jemen 73.

Zur Frage 38:

Auf Bundesebene findet durch das Bundesministerium für Inneres in Zusam­menarbeit mit der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungs­leis­tungen eine laufende Evaluierung der zur Verfügung stehenden Optionen im Hinblick auf die Generierung zusätzlicher Standorte zur Unterbringung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder statt. Darüber hinaus erfolgt diesbezüglich auch ein ressortübergreifender Austausch.

Zur Frage 39:

Sollte es notwendig sein, wird dies nach Einbindung der betroffenen anderen Ressorts und der staatlichen Stellen erfolgen.

Zur Frage 40:

Gemeint war, dass sich 15 000 Asylwerber dem behördlichen Verfahren entzogen haben und damit auf Schutz verzichtet haben. (Abg. Belakowitsch: „Auf Schutz verzichtet“ ...!)

Zur Frage 41:

Ich darf noch einmal wiederholen, was ich schon bei Frage 2 gesagt habe: Gemeinsam mit unseren Nachbarn arbeiten wir intensiv daran, den Außenschutz zu stärken, Schlupflöcher zu schließen und geschlossen vorzugehen.


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Der Herr Bundeskanzler war gestern bei einem Migrationsgipfel in Ungarn. Ich habe mich mit meinen Amtskollegen aus Ungarn, Tschechien und der Slowakei gestern in Bratislava getroffen, und am Donnerstag fliegen wir gemeinsam nach Serbien. Wesentlich ist dabei auch, dass derzeit gültige Visaliberalisierungen beendet werden.

Die Staaten des Westbalkans leisten intensive Arbeit beim Schutz ihrer Grenzen und bilden damit eines von mehreren Sicherheitsnetzen, die notwendig sind.

Zur Frage 42:

Ich setze mich auf europäischer Ebene für klare Regeln, einen starken Außen­grenzschutz und Verfahren außerhalb der Europäischen Union ein.

Zur Frage 43:

Wir sind im laufenden Austausch mit der OMV. Etwaigen Verdachtslagen wird selbstverständlich immer nachgegangen.

Zu den Fragen 44 und 45:

Fragen der operativen Außen- und Sicherheitspolitik eignen sich schon deshalb nicht für Volksbefragungen, weil der zeitliche Vorlauf zu lang ist, um aktuelle Entwicklungen und Notwendigkeiten berücksichtigen zu können.

Sanktionen werden laufend auf ihre Wirkung überprüft und, wenn notwendig, sinnvoll adaptiert, und selbstverständlich achten wir sehr genau darauf, dass die Sanktionen hauptsächlich dem Verursacher schaden – auch deshalb haben wir etwa keinem aktiven Gasembargo zugestimmt. Zudem ist dieses Thema zu sensibel für parteipolitische Auseinandersetzungen. Wir brauchen alle Energie und Kraft, um die Teuerung und die derzeitigen Krisen zu bewältigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.



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12.00.15

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ja, wir alle wurden Zeugen – Ohren- und Augenzeugen – von demjenigen, was der derzeit amtierende Innenminister am besten kann, nämlich Verbreiten von heißer Luft ohne Substanz, ohne Inhalt und vor allem ohne Lösungen. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines, Herr Innenminister, möchte ich anfangs schon erwähnen: Sie haben sich mehrmals auf die aus Ihrer Sicht grandiose Rede des Bundeskanzlers Nehammer anlässlich des Geburtstages von Leopold Figl bezogen. Leopold Figl war ein großer Staatsmann, der zweifellos wichtige Verdienste um die Republik Öster­reich zu verbuchen hat, aber eines sage ich Ihnen auch: Figl hat sich das nicht verdient, in einem Atemzug mit Nehammer genannt zu werden. Also das ist fast peinlich. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Obernosterer: Du wirst nicht gescheiter!)

Jetzt kommen wir zum Thema, zum einen zum Massenansturm illegaler Asyl­werber aus aller Herren Länder, den wir seit vielen Monaten in Österreich verzeichnen. Seit über einem Jahr warnen wir vor der Entwicklung. Im Vorjahr war es ja schon so, dass wir über 40 000 Asylanträge hatten, also auch im Vorjahr haben wir die von der ehemaligen Innenministerin Mikl-Leitner angesetzte – eh viel zu hoch angesetzte – Obergrenze von 37 500 bei Weitem überschritten. Damals hätte eigentlich schon der Asylnotstand ausgerufen gehört, denn Sie wissen es ja ganz genau: Auch unser Asylgesetz – da brauchen wir nicht einmal eine Rechtsänderung – ermöglicht es dem Innenminister, von Sonderbestimmungen Gebrauch zu machen, die Einreisebehinderungen beinhalten, die Pushbacks und auch die Errichtung von Grenzschutzbarrieren ermöglichen.

Diese Sonderbestimmungen gibt es im Asylrecht, das ist auch völlig unions­rechtskonform, und das wäre Ihre Aufgabe, spätestens jetzt bei diesen Zahlen, wo wir über 70 000 Asylanträge – diese Zahl haben Sie nicht genannt, Sie sind ja mit den Augustzahlen in Ihren Ausführungen gekommen –, in Wahrheit schon


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weit über 70 000 Asylanträge in Österreich in diesem laufenden Jahr haben. Und bis Jahresende – das sagen ja Ihre Experten aus dem Innenministerium – könnten wir, wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, die Zahl von 100 000 überschreiten. Nur zum Größenvergleich: Mein Heimatbezirk Bruck-Mürzzuschlag hat ungefähr 100 000 Einwohner, das sind dann so viele, wie der gesamte Bezirk Bruck-Mürzzuschlag, der nach Graz und Graz-Umgebung der drittgrößte Bezirk der Steiermark ist, an Einwohnern hat. Also wenn wir da keinen Asylnotstand haben und wenn Sie hier immer noch heiße Luft verbreiten, dann weiß ich auch nicht, was noch passieren muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir reden hier immer nur von Zahlen, aber was sind die Auswirkungen in diesem Land, die wir zu verzeichnen haben? – Der soziale Friede ist gefährdet, was Frau Mikl-Leitner auch einmal festgestellt hat, es kommt zu einer Überlastung der Systeme, von der Sie in der Anfragebeant­wor­tung gesagt haben, die gibt es nicht. Beim BFA zum Beispiel, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, sagen Sie, gibt es keine Systemüberlastung. Ich bin in Kontakt mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des BFA, und die sagen, sie sind an den Belastungsgrenzen, sie kommen mit der Bearbeitung der Anträge gar nicht nach, geschweige denn mit der Überprüfung von schon gewährten Asyl­bescheiden. Die müssen ja in Wahrheit auch regelmäßig dahin gehend überprüft werden, ob der Asylgrund, der individuelle Verfolgungsgrund im Herkunftsland überhaupt noch vorhanden ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Also wenn man da sagt, die Systeme sind nicht belastet, dann verschließt man die Augen vor der Realität. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Innenminister, Sie haben in Ihren Ausführungen auch einen Dank an die Gemeinden ausgesprochen. Das ist ja eine Chuzpe, wenn Sie sich bei den Gemeinden noch bedanken. Schauen Sie sich die Gemeinden an, wie die unter Ihrer Politik leiden! Die Asylheime wachsen wie die Schwammerl aus dem Boden, weil die Systeme überlastet sind, weil die Kapazitäten gar nicht mehr vorhanden sind. Leoben in der Obersteiermark, Baumax-Halle zum Beispiel – dazu haben wir eine Anfragebeantwortung aus Ihrem Haus bekommen –: Innerhalb von wenigen Monaten sind dort 266 Personen untergetaucht. Die


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haben sich dem Asylverfahren entzogen, sind weg. (Abg. Kickl: Auf Schutz verzichtet!) Niemand weiß, wo die sind, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Belakowitsch: Die haben einfach nur auf ihren Schutz verzichtet, hat der Minister gesagt!) – Die haben auf ihren Schutz verzichtet, genau. Die sind irgend­wo als U-Boote unterwegs.

Eine Chuzpe ist es, wenn Sie sich bedanken. Reden Sie einmal mit Ihrer Ortspartei, der ÖVP, in Kindberg! In Kindberg eröffnen Sie jetzt ein Massen­quartier, ein Großquartier. Sie behaupten, das ist für vulnerable Gruppen – den Schmäh können Sie jemandem anderen erzählen. Wir wissen ja aus Erfahrung, wie das dann ausschaut. Jetzt möchte ich einmal kurz aus dem „Profil“ zitieren, da ist aktuell eine Geschichte über die ÖVP drinnen; das Bild (das „Profil“ mit dem aufgeschlagenen Artikel in die Höhe haltend) des derzeit amtierenden Bundeskanz­lers spricht auch Bände. Da wird der ÖVP-Vizebürgermeister von Kindberg zitiert. Ich hätte das sonst nicht gebracht, weil ich ihm nicht schaden möchte, dieser Herr ist nämlich sehr in Ordnung, ich bin auch laufend in Kontakt mit ihm. Das zeigt auch, dass es in der ÖVP noch Menschen gibt, die Anstand haben und verantwortungsbewusst sind, nur sitzen die leider nicht hier herinnen, in diesem Saal. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zarits: Bei euch gibt es keine!)

Der ÖVP-Vizebürgermeister der Gemeinde Kindberg im Mürztal, Josef Grätzhofer, sagt: „‚Sachslehners Aufschrei fand ich gut.‘“ Weiter sagt er dann – jetzt hören Sie genau zu! –: „‚Die ÖVP steht für Leistung. Es kommen aber zu viele wegen den Sozialleistungen ins Land.‘ Grätzhofers Grant hat einen Grund. Er kämpft gegen ein Asylquartier für bis zu 250 Flüchtlinge, das zum Jahres­wechsel eröffnet werden soll. Seine Verbündeten: die anderen Ortsparteien SPÖ, FPÖ und“ die Kommunisten. – Also in der Gemeinde Kindberg sind alle dagegen.

Übrigens: Wir haben auch eine parlamentarische Bürgerinitiative gestartet, die bisher von 1 400 Menschen unterschrieben wurde. Es ist leider nicht möglich, bei Herrn Sobotka einen Termin zu bekommen. Es wurde uns vom Büroleiter ausgerichtet: Der Herr Sobotka (Abg. Pfurtscheller: Der Herr Präsident ist das!) hat


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die nächsten Wochen und Monate keine Zeit, dass er das entgegennimmt. Das wäre bei einer Plenarsitzung ein 3-Minuten-Termin. Da sieht man auch, wie ernst es der Herr Nationalratspräsident mit Bürgeranliegen nimmt. (Beifall bei der FPÖ.)

ÖVP-Vizebürgermeister aus Kindberg Grätzhofer weiter: Also seine Verbün­deten sind die anderen Ortsparteien. „Sein Gegner: ÖVP-Innenminister Gerhard Karner. Dessen Ministerium habe“ – Zitat – „das ‚Massenquartier‘, wie Grätzhofer es nennt, genehmigt [...]“ Grätzhofer sagt weiter: „‚Wir sind christlich-sozial, aber mit Grenzen. Der Innenminister und der Bundeskanzler müssen bei der Zuwanderung wieder schärfer werden, sonst bleiben wir Bundesländer übrig.‘“

Sehr geehrter Herr Innenminister, sehr geehrte Damen und Herren der ÖVP! Unterstützen Sie Ihre Parteikollegen in Kindberg, die verzweifelt gegen die Überflutung ihrer Gemeinde mit Asylforderern und Asylbegehrern aus aller Her­ren Länder ankämpfen! Das wäre einmal eine verantwortungsbewusste Politik, aber die Asylpolitik packen Sie ja immer nur dann aus, wenn Wahlen anstehen und wenn es Ihnen als Partei nicht besonders gut geht wie derzeit.

Herr Innenminister, Sie haben sich auch bei der Polizei bedankt. – Ja, die Polizei leistet hervorragende Arbeit, auch die Soldaten des Bundesheeres, aber reden Sie einmal mit denen! Reden Sie mit denen, die direkt an der Front stehen und die Arbeit verrichten! Reden Sie einmal mit den jungen Rekruten, bei denen die Heerespsychologen im Dauereinsatz sind! Warum haben diese Polizistinnen und Polizisten an den Grenzen den falschen Auftrag, den falschen politischen Auftrag? Warum haben sie keine Rückendeckung von Ihnen? Pushbacks – ein Thema, das wir immer wieder bringen –: Ja kann es das sein, dass wir an den Grenzen nicht zurückweisen dürfen? (Abg. Krisper: Ja!) – Ja, Frau Kollegin Krisper ist weltfremd und sagt Ja. – Das kann es nicht sein!

Soll ich Ihnen sagen, was nicht sein kann? – Es kann nicht sein, dass jeder, der es irgendwie über die Staatsgrenze schafft und das Zauberwort Asyl in den Mund


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nimmt, hier im System ist und wir dem machtlos zuschauen! Da passiert zig­tausendfacher Rechtsbruch! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Herr Innenminister hat mir im Ausschuss, als ich gesagt habe, wir werden Pushbacks brauchen – Zurückweisung an den Grenzen –, vorgeworfen, ich wolle ihn zum Rechtsbruch, zum Bruch des Unionsrechts anstacheln, und Kollege Bürstmayr hat mein Rechtsverständnis beklagt. Ich sage Ihnen einmal, wie mein Rechtsverständnis ausschaut: Wenn es unionsrechtliche Rechtsnormen gibt, die uns bei der Erreichung unserer nationalen Ziele und bei dem Schutz unserer Grenzen und damit unserer Bevölkerung im Wege stehen, dann sind diese Rechtsnormen zu beseitigen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ja selbstverständlich hat das Recht der Politik zu folgen. Wofür sitzen wir denn dann alle da? Und es gibt ja auch europäische Länder, die es mit dem Unions­recht in diesem Bereich nicht so genau nehmen. Die Griechen geben es zwar nicht zu, aber in Griechenland passiert das laufend. Polen macht das recht offen. Bei Polen kann man sich gar nicht genug bedanken, dass sie im Vorjahr ganz Europa gegen den Massenansturm, der aus Weißrussland gekommen ist, der von Erdoğan von Istanbul nach Minsk gebracht wurde, um Europa zu destabilisieren, verteidigt haben. Mit Polen wäre in solchen Situationen, die jederzeit wieder auftreten können, einmal eine europäische Zusammenarbeit gefragt gewesen. Da können Sie europäische Solidarität leben, denn Polen hat Europa im Allein­gang verteidigt und wurde von der EU schändlichst im Stich gelassen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin ja neugierig dahin gehend, ob Sie jetzt endlich einmal handeln – Kollegin Fürst wird nachher einen sehr umfangreichen Entschließungsantrag von uns einbringen – und ob Sie einmal bereit sind, den koalitionsfreien Raum mit Ihrem linken Koalitionspartner zu nutzen, denn es ist mit einem linkslinken zuwande­rungsfanatischen Koalitionspartner nicht möglich, eine strikte Asylpolitik zu betreiben. Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass mittlerweile auch


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die ÖVP eine linke Partei ist, denn von konservativen Werten, von Mitterechts­politik sind Sie weit entfernt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krisper: Um Gottes willen! Gilt die Verfassung auch für die FPÖ?)

Wir brauchen also gar nicht auf eine rot-grün-pinke Ampel zu warten, wir haben schon eine linkslinke Bundesregierung in diesem Land. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei den Grünen.) Daher wundert es uns ja auch nicht, dass es Ihnen von der ÖVP nicht zu blöd ist, einen linkslinken Bundespräsidenten zu unterstützen (anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen), der all Ihre Korruptionsaffären zudeckt, der sagt: Ausländer herein, so viel wie möglich!, und der unsere Frauen dazu auffordert, Kopftuch aus Solidarität mit jenen, die es aus religiösen Grün­den tragen müssen, zu tragen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Na, da können sich ja auch die Frauen im Iran, die jetzt fleißig und mutig gegen das verbrecherische Mullahregime ankämpfen, bei Bundespräsident Van der Bellen bedanken. (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die absolute Redezeit ist zu Ende. Ich habe das rote Licht leider Gottes schon weggedrückt. – Bitte. (Abg. Stögmüller: Leider! – Abg. Pfurtscheller: Gott sei Dank, große Freude! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Schlusswort: Betrei­ben Sie endlich eine aktive und restriktive Asylpolitik!

Liebe Österreicherinnen und Österreicher, nutzen Sie am Sonntag die Gelegen­heit, dieser Bundesregierung eines auszuwischen und vor allem den Van der Bellen aus der Hofburg rauszuwerfen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das lässt sich nicht mehr unterbieten! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.



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12.12.13

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Links, Herr Kollege Amesbauer, ist, wo der Daumen rechts ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: ... muss der Herr Stocker jetzt jedes Mal reden? – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Präsident! Herr Innenminister! Meine geschätzten Damen und Herren im Hohen Haus und zu Hause beziehungsweise hier auf der Galerie! Wenn man sich das anhört, was die FPÖ hier zum Besten gibt, dann kann man nur sagen: Täglich grüßt das Murmeltier! (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Es ist noch nicht lange her, dass Sie dasselbe bei einer Aktuellen Stunde hier zum Besten gegeben haben. Und wenn Sie es noch so oft wiederholen: Es wird nicht richtiger.

Richtig ist: Herr Klubobmann Kickl, wenn Sie Innenminister wären, hätten wir keinen einzigen Asylwerber weniger. (Abg. Amesbauer: Ja, das glaube ich aber nicht!) Ich sage Ihnen auch warum: weil von Ihnen auch kein einziges Gesetz aus der Flüchtlingskrise 2015 in Ihrer Zeit als Minister verlängert worden ist. (Abg. Kickl: Meine Güte, schauen Sie sich die Zahlen an und dann reden Sie weiter!)

Ich sage Ihnen noch etwas, das sollen die Menschen auch wissen: Dem Klima­bonus für Asylwerber hat die FPÖ zugestimmt – nur damit die Menschen auch das wissen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn Sie davon sprechen, wer im Innenministerium versagt hat, dann kenne ich nur einen Versager in dieser Funktion (Abg. Amesbauer: Da können wir zehne sagen von der ÖVP!), und der sitzt in Ihrer Person vor mir, Stichwort Zerschlagung des BVT. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich komme damit thematisch zu der Flüchtlingskrise, die wir tatsächlich haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker, Amesbauer und Steger.) Das wissen wir alle bis auf die SPÖ, deren Vorsitzende nach wie vor noch nicht verstanden hat, dass wir da ein ernsthaftes Problem haben, und offensichtlich relativ wenig mit ihrem Parteikollegen im Burgenland spricht.


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Wer hat aber etwas getan, um dieses Problem zu beheben? (Abg. Amesbauer: Innenminister Kickl!) – Nicht die FPÖ, die hat auch keinen einzigen Vorschlag, sondern es war der Bundeskanzler, der beim Migrationsgipfel war (Abg. Leichtfried: Der Kollege ist ein besonders lustiger!) und da gemeinsam mit Orbán und Vucić Verbesserungen erreicht hat, denn die Änderung des Visaregimes in Serbien wird uns helfen. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Das sind Lösungen, die die Menschen erwarten, und das sind Aufgaben, die diese Regierung erfüllt – auch der Innenminister, der mit seinen Kollegen aus der Slowakei, aus Ungarn und Tschechien eine Zusammenarbeit besprochen und vereinbart hat, dass die Grenzen geschützt werden. Seit letztem Donnerstag wurden 25 000 Personen kontrolliert, und auch die Zahlen zur Schlepperbekämpfung sprechen für sich: Das zeigt, wer in diesem Land effektiv etwas gegen diese Flüchtlingskrise unter­nimmt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Ich komme damit auch zum Thema Ukrainekriegssanktionen. Ich kenne kein einziges Argument von Putin, das die FPÖ hier nicht wiederholt. Sie erzählen die Geschichte Putins zu diesem Krieg, und somit weiß man auch, auf wessen Seite Sie stehen. (Abg. Kickl: Ich glaub’, Sie haben schon wieder nicht zugehört! Das linke Ohr ist das gegenüberliegende vom rechten, und beide sollte man offen haben! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich höre Ihnen sehr genau zu und ich höre von Ihnen nur ein großes Verständnis für Putin. Sie sagen nur, was alles nicht funktionieren soll (Zwischenruf der Abg. Steger): Sanktionen funktionieren nicht, Sie sind gegen Waffenlieferung (Abg. Belakowitsch: Ja, wir sind auch neutral!) – ja, ja (Abg. Belakowitsch: Nichts ja, ja! Sie täten ja gerne die Neutralität abschaffen, das wissen wir ja!) –, Sie sind dagegen, dass der Bundeskanzler Gespräche aufnimmt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Nein, doch. Als er mit Putin gesprochen hat, haben Sie laut geschrien: Das kann alles nicht sein! (Ruf bei der FPÖ: Gar nicht!)

Das heißt, Sie wissen nur, wogegen Sie sind. Das ist der Geist, der stets verneint. Das ist Ihre Partei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Das ist ja bei Ihnen auch so! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie haben


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nichts zu eine Lösung beizutragen, sondern Sie können nur verneinen. (Abg. Kickl: Zu negativen Sachen ...!) Was Sie aber gut können, das gestehe ich Ihnen zu, das ist Spalten, das ist Polarisieren, das ist gegenseitiges Ausspielen, gestern Zivildienst gegen Präsenzdienst. (Anhaltender Widerspruch bei der FPÖ. – Präsi­dent Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Das alles können Sie sehr gut, aber genau das brauchen die Menschen in unserem Land nicht. Das brauchen die Menschen nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer. – Abg. Kickl: Erklären Sie das der Frau Sachslehner!)

Die Menschen brauchen Hilfe, Orientierung und Perspektive. Die Hilfe wird ihnen von dieser Bundesregierung, vom Kanzler und der Koalition gegeben (Abg. Kickl: Frau Sachslehner sieht das anders! – Zwischenrufe der Abgeordneten Lausch und Steger) – 35 Milliarden. Es wird eine Perspektive geboten, indem wir klar wissen, auf welcher Seite wir stehen, die Orientierung, welche Haltung und Werte wir vertreten (Zwischenrufe bei der FPÖ), und eine Aussicht, dass wir aus dieser Krise wieder gestärkt hervorgehen. Das leistet diese Bundesregierung – und das ist es, was die Menschen brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen. – Abg. Kickl: Sie sind der ... der Grünen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

12.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


12.17.09

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Mein Vorredner Abgeordneter Stocker hat hier heraußen behauptet, die FPÖ hätte dem Klimabonus für Asylberechtigte zugestimmt. (Rufe bei den Grünen: Stimmt ja! Das habt ihr!) – Das ist unrichtig. (Abg. Maurer: Man kann nicht tatsächlich berichtigen, was falsch ist!)

Beim Beschluss im Jänner, als die Empfängergruppe hier herinnen beschlossen wurde, hat die FPÖ dagegengestimmt. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei den Grünen: Geh bitte, so ein Blödsinn! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

12.17



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte.


12.17.39

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Man hat sich so ein bisschen die Frage gestellt, was denn eigentlich der wahre Hintergrund dieser Sondersitzung und dieser Dringlichen Anfrage ist. Ich glaube, Kollege Amesbauer hat es dann eh aufgezeigt, was der wirkliche Hintergrund ist: Man muss offenbar noch einmal ein bisschen die Werbetrommel für die Wahl am Sonntag rühren. Das ist der wahre Hintergrund – und gar nicht die Problematik, die Sie heute hier thematisieren wollen. (Widerspruch bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller: Richtig!) Offenbar ist die Verzweiflung in den Kreisen der FPÖ schon relativ groß und die Fehlentscheidung, die Klubobmann Kickl getroffen hat, offenbar schon ganz klar belegt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Ihr habt nicht einmal einen Kandidaten! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Nichtsdestotrotz haben die Fragen, die Sie aufwerfen, ja durchaus eine Berech­tigung: Auf der einen Seite ist die Frage, wie wir mit der massiven Teuerung umgehen (Abg. Hafenecker: Geniert euch!), und auf der anderen Seite – und das muss man auch sagen – haben wir eine ganz herausfordernde Situation an der ungarischen, an der niederösterreichischen Grenze, weil die Zuwanderung tatsächlich zugenommen hat. Die Verknüpfung dieser beiden Themen ist das Unseriöse; und das ist leider das Typische an der FPÖ, dass sie jetzt wieder zwei Themen miteinander verknüpft, die keinen direkten Zusammenhang haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Sie stellt es hier aber wieder so dar wie schon letzte Woche: Man sagt, raus aus den Sanktionen, da damit die Teuerung erledigt sei, aber das ist einfach ein Irrglaube. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Man sieht ganz, ganz klar, dass die Teue­rungen schon viel, viel früher angezogen haben. Wir haben schon vor einem Jahr davor gewarnt, dass es die Situation gibt, dass die Teuerung steigt. (Abg. Wurm:


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Das stimmt nicht! Ihr wart viel später dran, im Mai letzten Jahres! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) Wir haben daher schon im Oktober letzten Jahres die ersten Initiativen dahin gehend gesetzt, dass man Gegenmaßnahmen treffen muss – und wir haben jetzt recht bekommen.

Die Krise, die jetzt da ist, verschärft das Problem, das ist richtig – die verschärft das Problem! (Abg. Wurm: Sagen wir ja immer! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen) –, und sie zeigt eines ganz, ganz deutlich auf: dass der Markt in vielen Bereichen versagt und dass der Markt eben nicht alles regelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Markt regelt es nicht beim Strompreis, er regelt es nicht beim Gaspreis, er regelt es nicht in der Daseinsvorsorge, und da darf man dem Markt nicht alles überlassen. Da braucht es eine mutige Politik, die in den Markt eingreift (Abg. Wurm: Das macht ihr aber nicht!), so wie es jetzt in Deutschland der Fall ist. Die Deutschen zeigen uns vor, wie es geht, und das müsste man machen. (Abg. Kickl: Warum macht er das jetzt plötzlich nicht mehr, was er vorher gemacht hat?)

Das sind die Vorschläge, die wir schon seit Wochen hier trommeln und predigen (Abg. Wurm: Ihr stimmt aber immer anders ab als SPÖ! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) und sagen: Es braucht einen Gaspreisdeckel, es braucht eine Abschöp­fung der Übergewinne! Ja selbstverständlich braucht es eine Politik, die in den Markt eingreift, und das müssen wir umsetzen und da muss die Bundesregierung endlich handeln, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Aber warum funktioniert der Markt jetzt nicht mehr und hat vorher funktioniert? Warum, Herr Diplom-Volkswirt?)

Jetzt zum zweiten Thema: Die Situation an der burgenländisch-ungarischen Grenze ist tatsächlich herausfordernd und die Lage müssen wir sehr, sehr ernst nehmen.

Es zeigt sich halt jetzt, dass die Bundesregierung beim Thema Asylpolitik versagt. Die jetzige Situation zeigt und offenbart, dass die ÖVP-Innenminister der letzten 20 Jahre bei diesem Thema versagen.


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Ihr habt euch hingestellt und habt gesagt: Wir haben die Balkanroute geschlos­sen!, Wir haben die Mittelmeerroute geschlossen!, aber gar nichts habt ihr gemacht – gar nichts! Das ist die Tatsache, die sich jetzt offenbart. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr habt der Bevölkerung einen Bären aufgebunden und jetzt zeigen sich die wahren Zustände. Außer Ankündigungen und Populismus ist weder von der FPÖ noch von der ÖVP bei diesem Thema etwas gekommen.

In der jetzigen Situation zeigt sich: Wir haben kein funktionierendes Grenzmana­gement, kein professionelles Vorgehen in diesem Bereich. Es fehlt Personal an der Grenze. Es fehlt Personal bei den Registrierungen. Meine Damen und Herren! Da ist vieles – vieles! – im Argen, und in der Verantwortung ist da die ÖVP, seit vielen, vielen Jahren, und es passiert nichts.

Wir haben die Situation, dass Sie jetzt den Menschen, die sich registrieren, an der Grenze ein Zugticket in die Hand drücken und sie quer durch das Land schicken. – Das ist keine Lösung, Herr Innenminister! Das ist keine Lösung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann auch nicht sein, dass auf der einen Seite das Lager in Traiskirchen über­quillt, dass es in Innsbruck ein Problem gibt bei den Erstaufnahmegesprächen und, und, und. Da ist so vieles, was schiefläuft. – Das ist das Management der ÖVP in diesem Bereich, und das zeigt die Überforderung, die Sie im Ressort haben.

Nur zu glauben, so wie die FPÖ, wir lösen das Ganze national, ist nicht richtig, das wird nicht gehen. Wir brauchen in diesem Bereich europäische Lösungen, und die müssen wir anstreben.

Wir müssen uns mit den konstruktiven Kräften in Europa verbünden – Herr Innenminister, mit den konstruktiven Kräften in Europa! Es macht wenig Sinn, sich auf die Seite von Orbán zu schlagen, der keine europäischen Lösungen anstrebt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)


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Wir brauchen eine Lösung, die europäisch ist, die menschenrechtskonform ist, und darum braucht es ganz, ganz wesentliche Punkte. Einen Punkt haben Sie angesprochen, und da sind wir d’accord: Es braucht einen besseren Schutz der europäischen Außengrenzen (Abg. Kickl: Was heißt das konkret?), nur muss endlich auch gehandelt werden und nicht nur davon gesprochen werden. (Abg. Kickl: Sagen Sie mir das einmal, was das heißt!)

Es braucht an den EU-Außengrenzen Verfahrenszentren – an den Außengrenzen schon –, mit UNHCR-Standard, dass wir dann an den Außengrenzen ent­sprechende Erstaufnahmelager und -zentren haben (Abg. Kickl: Lager?! Lager!), verstärkte Anstrengungen, endlich mehr Rückführungsabkommen abzu­schließen, und eben wie gesagt eine Kooperation mit den betroffenen Ländern, mit den besonders betroffenen Ländern in der Europäischen Union, denn das Ziel muss sein – und da stimme ich Ihnen schon zu, Herr Innenminister –, dieses unmenschliche und menschenunwürdige kriminelle Modell der Schlepper zu unterbinden.

Das muss ganz, ganz oberste Priorität haben. Das müssen wir gemeinsam anstre­ben, und da braucht es internationale Kooperationen, braucht es Zusammen­arbeit auf europäischer Ebene, und daran fehlt es halt auch in dieser Bundesre­gierung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Maurer. – Bitte sehr.


12.24.16

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wir sitzen heute hier im Rahmen einer Sondersitzung zusam­men, allerdings sind diese Sitzung und die Themensetzung nicht sehr besonders: Es ist das, was wir seit Jahr und Tag von der Freiheitlichen Partei kennen.


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Schauen wir uns den Titel an! Worum geht es? – Es geht um Sanktionen gegen Russland (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), und es geht in Wahrheit eigentlich, wie bereits ausgeführt wurde, um den Präsidentschaftswahlkampf, aber es ist eine Sondersitzung, wie wir sie schon viele Male hier hatten, und es ist eine Diskussion, die wir auch schon viele Male hatten. (Abg. Kickl: Dieses oberlehrer­hafte Getue! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Was allerdings am heutigen Tag tatsächlich besonders ist, ist, dass ein öster­reichi­scher Wissenschaftler den Physiknobelpreis gewonnen hat. – Anton Zeilinger, herzliche Gratulation von dieser Stelle aus! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Kickl: Der kann sich nicht einmal wehren! – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema oder zu dem Thema, das zumindest im Titel dieser Sitzung vorkommt, und lassen wir uns nicht täuschen: Klubobmann Kickl hat heute hier versucht, ein paar Krokodilstränen zu ver­gießen, um den schlechten Eindruck, den man von der gestrigen Sitzung noch hat, nämlich dass der Freiheitlichen Partei das Schicksal der Ukrainer:innen nicht wichtig ist, sondern eigentlich egal ist, und dass es in Ihrer Stellungnahme zu diesem schrecklichen Krieg nie vorkommt, vergessen zu machen. Er hat jetzt ein paar Krokodilstränen vergossen, aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, welche Politik die Freiheitliche Partei hier eigentlich macht. (Abg. Belakowitsch: Eine gute!)

Die FPÖ versucht nämlich, so zu tun, als würde sie im Interesse Österreichs handeln, und in Wahrheit tut sie etwas ganz anderes: Sie handelt im Interesse Wladimir Putins. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Wir wissen aus unterschiedlichen Quellen, dass es verschiedenste Verflech­tungen zwischen der FPÖ und der Partei Putins gibt (Abg. Hafenecker: Wer schreibt Ihnen denn immer diesen Blödsinn auf?), und die Quelle für diese Infor­mation ist teilweise sogar die Freiheitliche Partei selbst.


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Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Schauen wir der Realität ins Auge: Die Freiheitliche Partei kann und muss guten Gewissens als fünfte Kolonne Putins in Österreich bezeichnet werden. (Abg. Hafenecker: Das sagen ausgerechnet Sie als Kommunistin!) Wir erinnern uns an das Selfie aus Moskau vor dem Kreml, wo vier hochrangige FPÖ-Politiker mit stolzgeschwellter Brust ihr Foto, ihr Selfie gemacht haben, bevor oder nachdem, das weiß ich nicht genau (Abg. Belakowitsch: Sie wissen ja gar nichts!), sie den Freundschaftsvertrag mit Putins Partei Einiges Russland unterzeichnet haben. Ganz stolz waren sie darauf. (Abg. Wurm: Ein intellektuelles Armutszeugnis Ihrerseits!)

Aber den vorläufigen Höhepunkt der Unterwerfung hat die ehemalige FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl bei ihrer Hochzeit 2018 geliefert. (Abg. Belakowitsch: ..., sie war keine FPÖ-Ministerin!) Für den Fall, dass es jemand vergessen hat: Sie hat nicht nur Putin höchstpersönlich zu ihrer Hochzeit in die Steiermark eingeladen, nein, sie hat es auch für notwendig erachtet, vor ihm einen Knicks, ich würde sagen, nicht einmal einen Knicks, sondern einen bodentiefen Kniefall zu machen – wir erinnern uns (den Ausdruck des ent­sprechenden Fotos zeigend) an dieses Bild. (Rufe bei der FPÖ: Oje, oje, oje!) Diese Unterwerfungsgeste zeigt ganz genau, wes Geistes Kind diese FPÖ ist. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Sie sind ja wirklich ahnungslos!)

Die Freiheitliche Partei ist die Partei Putins in Österreich. (Abg. Kickl: Haben Sie eigentlich das Buch von Van der Bellen gelesen? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Und Putin vertritt ein ganz klares Weltbild: Er steht für reaktio­näre Werte (Abg. Stefan: Van der Bellen: 2018 Putin gratuliert und gehofft, er trifft ihn bald! Kann das sein?), er will sich ein Reich an Satellitenstaaten schaffen und tut das mit brutaler Gewalt gegen Zivilistinnen und Zivilisten, er lehnt die liberale Demokratie und die pluralistische Gesellschaft ab. (Abg. Stefan: Gratuliert Putin, Van der Bellen!)

Und dabei, bei all diesen Unterfangen, findet er in der FPÖ einen willfährigen Verbündeten. Die FPÖ verschreibt sich genauso diesem Projekt, verbreitet Putins Propaganda in Österreich, so wie es in Frankreich Le Pen macht, in Italien


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Salvini, in Deutschland die AfD. (Abg. Wurm: Die gewohnt schwache Rede, Frau Kollegin!) Das, meine Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, das sind Ihre Partner:innen, das sind Ihre Freunde, die die liberale Demokratie bekämpfen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steger: Gehen Sie auch auf Inhalte ein oder ...? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Was die FPÖ hier betreibt und in der Vergangenheit betrieben hat – und es liegt ausreichend Bilddokumentation in Fotos und in Videos vor (Abg. Steger: Sie haben gar keine Ahnung! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen) –, ist der Ausverkauf Österreichs an Putin und seine Freunde. (Ruf bei der FPÖ: Reden Sie zur Sache! – Abg. Stefan: ..., also nicht, wie Van der Bellen ihm gratuliert hat?)

Es ist sehr gut, dass die Freiheitliche Partei mit diesem ganzen Unterfangen hier eindeutig in der Minderheit ist. Vier Parteien stellen sich ganz klar an die Seite (Abg. Wurm: Ah! – Abg. Kickl: Wie bei Corona! Wie bei Corona!) der Ukrainerinnen und Ukrainer, die Freiheitliche Partei stellt sich an die Seite des Kriegsver­brechers. (Abg. Kickl: Wie bei Corona! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Es ist gut so, dass Sie in Opposition sind (Beifall bei den Grünen), und es ist gut so, dass Sie in dieser Frage in der Minderheit bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kassegger: Wir stellen uns auf die Seite der Österreicher, im Gegen­satz zu euch! – Abg. Belakowitsch: Das erinnert mich an das Studentenparlament! – Rufe bei der FPÖ: Kriegstreiber!)

12.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.



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12.29.13

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, ich möchte Bezug nehmen auf die Überschrift der Dring­lichen Anfrage der FPÖ: „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit“, hat die Freiheitliche Partei da eingefordert. Und da kann ich nur sagen: Ja, eh.

Zur Sicherheit: Österreich hat 60 Prozent mehr Polizisten als die Schweiz – also ich würde einmal sagen, für die Sicherheit ist ausreichend gesorgt, und daher widme ich mich vor allem dem Wohlstand.

Wohlstand ist wichtig, aber den Wohlstand muss man sich erarbeiten. Wohl­stand kommt nicht aus der Druckerpresse der Europäischen Zentralbank, Wohlstand kann man auch nicht mit Schulden der Republik Österreich kaufen.

Wohlstand entsteht nicht aus Unternehmenshilfen oder aus Pensionserhö­hun­gen, die scheinbar aus dem Nichts finanziert werden. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wohlstand müssen wir uns erarbeiten, und das bedeutet, wir brauchen vor allem eine Wirtschaft, die gut funktioniert. Der Arbeitsminister hat am Montag die Arbeitslosenzahlen präsentiert. Seit Monaten erleben wir einen Arbeitskräfte­mangel, der schon lange kein bloßer Fachkräftemangel mehr ist. Es gibt in allen Qualifikationsstufen zu wenige Arbeitskräfte. Für ein Drittel der offenen Stellen wird überhaupt nur ein Pflichtschulabschluss als Mindestqualifikation verlangt.

Dieser Arbeitskräftemangel führt dazu, dass Gastwirte zusätzliche Schließtage einlegen müssen, dass Unternehmen Aufträge ablehnen, dass Fotovoltaik­anlagen nicht montiert werden können (Abg. Belakowitsch: Wenn sie überhaupt geliefert werden!), weshalb wir energiepolitisch auch später unabhängig sein wer­den. Der Arbeitskräftemangel ist also eine echte Wohlstandsbremse geworden.

Das ist aber nicht das, worüber wir hier im Hohen Haus diskutieren. Wir disku­tieren über höhere Pensionen, höheres Arbeitslosengeld, höhere Staatsausgaben und natürlich über die schreckliche Zuwanderung. Nichts davon bringt den


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Wohlstand, den die FPÖ einfordert. (Abg. Wurm: Leistung!) Wohlstand, wie gesagt, müssen wir uns erarbeiten. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

In den nächsten Jahren gehen geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand und geburtenschwächere Jahrgänge rücken auf den Arbeitsmarkt nach. Allein dadurch werden uns noch einmal Zehntausende Arbeitskräfte fehlen. Wenn wir diese Arbeitskräfte im eigenen Land nicht haben, dann brauchen wir qualifizierte Zuwanderung. (Abg. Belakowitsch: Qualifizierte, das ist ...!) Dieses Land hat aber gar keine Zuwanderungspolitik – das ist ein Versäumnis vieler Jahre. (Beifall bei den NEOS.)

Jedes Jahr werden mickrige Kontingente für Saisonniers und Erntehelfer beschlossen, und da ist es egal, wer den Innenminister stellt, wirklich egal welche Partei. Das sind Leute, die nur zum Arbeiten hierherkommen und nachher wieder weggehen, und jedes Mal haben wir so kleine Kontingente. Da war es auch egal, als der Innenminister ein Freiheitlicher war, denn da hat dasselbe gegolten.

Man wirft den Menschen, die hier arbeiten wollen, bürokratische Prügel zwischen die arbeitswilligen Beine. Das müsste nicht sein. Die Rot-Weiß-Rot-Karte haben wir jetzt auch schon zum gefühlt siebzehnten Mal reformiert, aber noch immer sind zwei Behörden damit beschäftigt, einer Person das Arbeiten zuzulassen oder eben zu verweigern. Das Verfahren dauert im Schnitt 15 Wochen. Qualifizierte Leute arbeiten in der Zwischenzeit in Schweden, in Australien oder in Kanada, während in Österreich der Akt noch zwischen Magistrat und AMS hin und her geschoben wird. Ukrainer, die nach Österreich kommen, die geflüchtet sind, müssen noch einmal einen Umweg über das AMS machen, bevor sie arbeiten dürfen. Kein Mensch weiß, wozu sie diese zusätz­liche Beschäftigungsbewilligung brauchen – das ist reine Beschäftigungstherapie für die Mitarbeiter im Arbeitsmarktservice.

Wohlstand müssen wir uns erarbeiten – aber dann muss man die Menschen auch arbeiten lassen. Das geht auch dann nicht, wenn Unternehmen monatelang auf Betriebsanlagengenehmigungen warten, wenn das zufällige Antreffen einer


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Haselmaus ein ganzes Wasserkraftwerk verhindert und wenn UVP-Verfahren fünf Jahre und länger dauern. Die Bürokratie ist zu einer Wohlstandsbremse geworden. Wo ist die Bürokratiebremse, die unseren Wohlstand erhöht? Ein Land, das nicht einmal problemlos jedem Bürger 500 Euro überweisen kann, hat sich eigentlich selbst zu Tode bürokratisiert. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Wurm.)

Diese Bürokratiebremse kommt also nicht. Stattdessen packen wir immer noch weitere Abgaben auf die Löhne und Gehälter – Abgaben, die mit Arbeit gar nichts zu tun haben. Die österreichischen Lohnnebenkosten gehören zu den allerhöchsten in den entwickelten Industriestaaten. Sie dienen aber nicht nur dem Versichern der Erwerbstätigen, sie füttern auch die Geldspeicher in der Arbeiterkammer und in der Wirtschaftskammer, die Spendierbudgets der Lan­des­fürsten – über den Wohnbauförderungsbeitrag – und die Versorgungsjobs in der Unfallversicherung.

Wo ist die Steuererleichterung für die Betriebe, die mit ihrem Wirtschaften unseren Wohlstand mit höheren Löhnen überhaupt erst ermöglichen?

Es gibt wirklich viel für mehr Wohlstand zu tun. Das aber, was die FPÖ heute in der Anfrage drinnen hat, hat damit nichts zu tun, denn einen Zaun um Österreich zu bauen, erhöht den Wohlstand nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wurm: Bis auf den Schlusssatz war es ...!)

12.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.


12.34.44

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung erklärt uns seit Februar – und auch Sie jetzt, Herr Minister, in Ihrer Rede –, dass es keine Alternative zum bedingungslosen Befolgen der EU-Sanktionen, die uns wirtschaftlich verwüsten, gäbe. Das ist natürlich nicht wahr. Man bräuchte natürlich Rückgrat, Mut,


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Persönlichkeit und Durchsetzungsvermögen, um in Brüssel einmal den Mund aufzumachen, Vernunft und Verstand einzufordern und dort die nationalen österreichischen Interessen zu vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Eigenschaften sind in der Bundesregierung sehr rar vertreten. Daher wählt man lieber den Weg, auf Kritiker der Sanktionen loszugehen, von Einheit, Stärke, Solidarität und wertebasiertem Vorgehen zu faseln und die Moralkeule zu schwingen. Das ist allemal einfacher. Man könne doch nicht zuschauen, wie dort massenhaft Menschenrechtsverletzungen passieren, das tut weh. Es wird aber so getan, als ob es auf der Welt nur diesen einen Konfliktherd zwischen Russland und der Ukraine gäbe. Dies ist natürlich auch nicht der Fall.

Wir müssen überall zusehen, in Afghanistan beispielsweise. Wir müssen im Iran zusehen, wie junge Frauen von den Behörden, den Sicherheitsbehörden erschlagen werden, weil ihr Schleier, ihr Kopftuch verrutscht ist. (Beifall bei der FPÖ.) Der iranische Präsident wird von Bundespräsident Van der Bellen empfangen – da gibt es nichts, keine Worte dazu! Wir müssen zuschauen – sehr unangenehm –, wie in diesen brutalen Theokratien in den arabischen Ländern massenhaft Menschenrechtsverletzungen passieren, wie die Chinesen die Tibeter und Uiguren behandeln.

Weil Sie immer sagen: Ja, aber das Neue ist, das ist jetzt in Europa! Wir haben jetzt einen Angriff auf Europa, auf die westlichen Werte! – Ich glaube, es entgeht Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit, dass es ein Säbelrasseln in der Türkei gibt, das eigentlich nicht mehr überhörbar ist, in einem Konflikt zwischen der Türkei und dem Nato-Land Griechenland, der sich anbahnt oder auch schon seit Jahrzehnten besteht. Die Türkei denkt nicht daran, solidarisch und wertebasiert die Inseln und Gewässer der Ägäis und die Gasvorkommen im Mittelmeer mit der EU zu teilen. Die wollen sie für sich haben.

Der türkische Premier hat nächstes Jahr Wahlen zu schlagen und muss auch von den Wirtschaftszuständen der Hyperinflation ablenken. Er wird das nutzen, um außenpolitisch den starken Mann zu markieren. Er droht den Griechen und sagt


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offen: Wir werden plötzlich kommen, über Nacht! Was machen wir da, irgend­welche Initiativen vielleicht, um den Konflikt zu entschärfen? – Nein! Aber gut, wir haben ja dann das Allheilmittel, wenn es dazu kommt, nämlich Sanktionen gegen die Türkei. Die werden das dann gleich beenden.

Dabei hat die Türkei nicht nur Streitkräfte, die derzeit formiert und aufgerüstet werden, nicht nur konventionelle Waffen, sondern der türkische Premier hat ganz schön viele Waffen in der Hand: Millionen loyale Landsleute in Deutsch­land, Hunderttausende hier in Österreich, und er hat in seinem Land, Sie wissen es sicher, zwischen drei und vier Millionen Syrer, die sehr, sehr unbeliebt in der Türkei sind, und die möchte er vor der Präsidentenwahl 2023 loswerden. In welche Richtung werden sich diese Syrer bewegen? In ihr Heimatland oder in das offene Sozialparadies Deutschland und Österreich? „Was es wiegt, das hat es“, haben Sie gesagt. Wir haben leider offene Grenzen und offene Sozial­systeme.

Alles, was Sie hier gesagt haben, Herr Innenminister, das alles können Sie mit uns beschließen. Ich glaube Ihnen sogar, dass Sie das verwirklichen wollen. Was Sie aber verschweigen, ist, dass Sie nichts davon realisieren können. Sie haben einen Koalitionspartner, der offen sagt, darüber wird gar nicht geredet. Es wird über Abschiebungen, Rückführungen nicht geredet. Generalsekretärin Sachslehner hat damit ja ihr Rücktrittsersuchen begründet.

Ist Ihnen aufgefallen, dass Ihr Koalitionspartner bei Ihrer Rede nicht geklatscht hat, nicht geklatscht, kein Einziger, während Sie (in Richtung ÖVP) die ganze Zeit klatschen, wenn die Grünen hier ihre Ideologie verbreiten, fanatisch (Rufe bei den Grünen: Oh!) – weil Sie das zitiert haben –, in ihrer fanatischen Befürwortung der Einwanderung (Zwischenruf des Abg. Rauch), in der fanatischen Ablehnung (Zwi­schenruf des Abg. Schallmeiner) der fossilen Energien und dem Betreiben der Deindustrialisierung? Sie klatschen, aber die Grünen klatschen nicht. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Na ja, jetzt grinsen Sie (in Richtung Bundesminister Karner). Die haben nicht geklatscht. Viel Spaß bei der Durchsetzung!


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Warum Sie aber Ihr Heil in der Beschimpfung der Freiheitlichen Partei suchen, die bei diesem Thema ganz bei Ihnen war, weiß ich nicht. Sie werden es Ihren Wählern erklären – auch der neue Generalsekretär. (Beifall bei der FPÖ.) Ich weiß nicht, was Sie sich davon versprechen, hier gemeinsam mit den Grünen immer auf die Freiheitlichen loszugehen – vielleicht der einzige gemeinsame Nenner.

Auf jeden Fall legen wir mit einem Entschließungsantrag ein Asylpaket vor. Da ist alles drinnen, von dem Sie (in Richtung Bundesminister Karner) gesprochen haben. Wir können es beschließen.

Ich lege vor:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage, die insbesondere folgende Maßnahmen zur Deattrak­tivie­rung Österreichs als Zielland für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten beinhaltet, zuzuleiten:

[...]“

*****

Asylstopp-Jetzt – Aussetzen der Asylanträge. Das Ziel muss null sein. – Sie sind dabei.

Ermöglichen von Pushbacks. – Wir sind von sicheren Staaten umgeben, daher: zurückweisen, nicht hier bei uns die Asylindustrie beschäftigen.

Einführung eines Delikts des Asylbetrugs und Maßnahmen gegen Asylmiss­brauch. – Sie wissen, dass Ihre Behörden in Asylverfahren von vorne bis hinten


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angelogen werden. Diese Personen sollten dann ihr Recht auf Asyl verwirkt haben und abgeschoben werden.

Schließung von Asylunterkünften in kleinen Gemeinden.

Echter Grenzschutz statt Willkommenskultur. – So viel dazu.

Beschließen Sie das oder beweisen Sie Schwäche, die nicht nur außenpolitisch ausgenützt wird – von der Türkei und vielen anderen Staaten –, sondern auch innenpolitisch, in Ihrem Fall vom eigenen Koalitionspartner. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Kickl, Mag. Amesbauer, Dr. Fürst

und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmenpaket zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen und Asylantenansturm“

in der 176. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 04. Oktober 2022  

Die vorläufigen Zahlen der Asylantragsstatistik sprechen für sich: Von Jänner bis August 2022 wurden 56.149 Asylanträge in Österreich gestellt. Das ist ein Plus von 195 Prozent gegenüber dem Jahr 2021. 90 Prozent davon sind Männer. Nebenbei St. Pölten hat auch 56.000 Einwohner. Mit Ausnahme des Jahres 2015 gab es seit 1957 nicht mehr so viele Asylanträge. Von 2015 bis 2022 wurden fast 300.000 Asyl­anträge in Ö gestellt. Das Burgenland hat 293.000 Einwohner.

Wie die Tiroler Tageszeitung online vom 23.8.2022 berichtete hat Österreich zwi­schen 2017 und 2021 im Vergleich zur Bevölkerung weltweit die meisten positiven Asylgenehmigungen zuerkannt.


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Dem Vernehmen nach dürfte im September bereits die Marke von 60.000 Asyl­anträgen übertroffen worden sein. Das Ergebnis dieser katastrophalen Asyl- und Migrationspolitik bekommt die österreichische Bevölkerung unmittelbar zu spüren. Während in der Anfragebeantwortung 2115/AB vom 24.07.2020 noch von vier aktiven Bundesbetreuungseinrichtungen die Rede war, waren es laut Anfrage­beantwortung 11561/AB vom 12.09.2022 bereits 26 aktive Bundesbetreuungs­einrichtungen. Das heißt, dass in knapp 2 Jahren eine Reaktivierungs- und Eröff­nungswelle von 22 Bundesbetreuungseinrichtungen im Rahmen der angeblich so restriktiven ÖVP-Migrationspolitik stattgefunden hat.

Der Asylmissbrauch ist allgegenwärtig. Zum Beispiel konnte bei der Altersfeststellung allein im Jahr 2021 bei rund 47 % der durchgeführten Altersfeststellungen die Minderjährigkeit widerlegt werden.

Wohin Menschen migrieren, hängt von vielen Faktoren ab, die Höhe der Sozialtrans­fers im Aufnahmeland spielt dabei eine große Rolle. Hilfreich sind bereits bestehende „communities“, die bereits ausgekundschaftet haben, welche Leistungen es für so wenig Gegenleistung wie möglich gibt. Diese Erfahrungswerte werden in die Her­kunfts­länder weitergeleitet und wirken als Magnet. Die Problematik der Geld­über­weisungen von Migranten in Europa in die jeweilige Heimat ist evident. Jährlich werden alleine aus Österreich von Migranten mehr als 3 Milliarden Euro in ihre jewei­ligen Herkunftsländer überwiesen. Dieses Geld wird zum Teil wieder für die Schlep­pung nach Europa benutzt.

Die Bundesregierung unternimmt nichts gegen zigtausende illegale Migranten, welche nach Österreich kommen und sich hier illegal aufhalten. Das Ziel muss sein, die ille­gale Einwanderung zu stoppen - statt über die Verteilung von illegalen Einwanderern in der EU zu reden. Solidarisch sollte die Bundesregierung zuallererst mit der eigenen Bevölkerung sein - und das bedeutet für Österreich einen Asylstopp und einen echten Grenzschutz - statt dieses bestehenden „Welcome-Service“ in unser Asylsystem, für das die Polizei und das Bundesheer von Bundesminister Karner missbraucht werden.

Es geht nicht darum, illegale Migration besser zu verwalten, sondern zu verhindern!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regie­rungsvorlage, die insbesondere folgende Maßnahmen zur Deattraktivierung Österreichs als Zielland für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten beinhaltet, zuzuleiten:

1. Asylstopp-Jetzt - Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden; Öster­reich hat genug geleistet. Die von BM Mikl-Leitner formulierte Obergrenze von 37.500 ist längst erreicht. Die Bundesregierung kann und muss eine „Notverordnung für eine Asyl-Obergrenze“ – die „Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen“ gemäß § 36 ff Asylgesetz erlassen. Das Ziel muss NULL sein

2. Ermöglichen von „Pushbacks“ - Keine Zulassung von Asylanträgen von Fremden, die aus einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz eingereist sind; Österreich ist von sicheren Drittstaaten und von Ländern umgeben, die alle die Genfer Flüchtlings­konvention unterschrieben haben und daher ist Österreich nicht zuständig.

3. Verschärfung des Strafrahmens des § 114 FPG „Schlepperei“, um den Anreiz für die Schlepper zu schmälern; Unterer Strafrahmen von mindestens 6 Monaten Freiheits­strafe und entsprechende Erhöhung der bisherigen Obergrenzen.

4. Bestrafung von „geschleppten“ illegalen Migranten als Beteiligte (§ 12 StGB) im Zusammenhang mit § 114 FPG „Schlepperei“; Behandlung aller Beteiligten als Täter. § 12. Strafgesetzbuch normiert, dass nicht nur der unmittelbare Täter die strafbare Handlung begeht, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie aus­zuführen, oder der sonst zu ihrer Ausführung beiträgt. Somit soll der Geschleppte, der Nutznießer aus der Schleppung ist, genauso bestraft werden, wie der Schlepper. Bisher ist im Fremdenpolizeigesetz der Geschleppte explizit von dieser Behandlung als Täter ausgenommen.


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5. Überführung der Verwaltungsstraftatbestände der Rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts in § 120 FPG in das gerichtliche Strafrecht, damit Ver­schärfung und Angleichung an die neuen Strafbestimmungen des § 114 FPG – Erhö­hung des Strafrahmens; Bisher nur Geldstrafe und maximal Ersatzfreiheitsstrafe. Künftig soll der Fremde vom Gericht mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu zwei Jahren bestraft werden.

6. Einführung eines Delikts des „Asylbetrugs und Maßnahmen gegen Asyl-Missbrauch - wenn angebliche Scheinasylwerber keine Asylgründe haben oder im Asylverfahren lügen (Alter, Heimatland, Reiseroute, etc.), ist das Recht auf Asyl verwirkt und diese Personen müssen abgeschoben werden. Damit verbunden Einführung eines straf­rechtlichen Delikts des „Asylbetrugs“, welches mit Freiheitsstrafe bedroht ist, wenn der Fremde bereits Leistungen aus der Grundversorgung erhalten hat.

7. Sofortiger Abbruch des Asylverfahrens von straffälligen Asylwerbern bei jeder Form einer Straftat und sofortige Außerlandesbringung und die Aberkennung des Asylstatus bzw. sonstiger Schutztitel bei jeder Form einer Straftat und sofortige Außerlandesbringung;

8. Schaffung einer „innerkontinentalen Fluchtalternative“ - Asyl kann es nur mehr auf dem Kontinent geben, von dem die Migranten stammen;

9. Wiedereinführung von Ausreisezentren;

10. Schließung von Asylunterkünften in kleinen Gemeinden;

11. Keine Staatsbürgerschaft für Asylanten

12. Schaffung einer Staatszielbestimmung, wonach Österreich kein Einwanderungsland ist;

13. A limine Zurückweisung von illegal eingereisten Fremden, die in einer Grenzgemeinde zu einem Nachbarstaat angetroffen werden;

14. Restriktive Handhabung der sogenannten Familienzusammenführungen, keine Familienzusammenführung bei unbegleiteten Minderjährigen, sogenannten „Ankerkindern“ sowie kein Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte;


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15. Echten Grenzschutz statt Willkommenskultur – Errichtung technischer Sperren (Zäune) an der Grenze;

16. Jährliche Überprüfung der Aktualität der Fluchtgründe von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten;

17. Übernahme des dänischen Modells Asylzentren in Drittländern in Afrika zu errichten, in denen die Asylwerber auf die Bearbeitung des Asylantrages warten;

18. Abschluss weiterer Rückübernahmeabkommen und Zahlungen für die Entwick­lungszusammenarbeit nur bei Erfüllung der Rückübernahmen;“

19. Einführung der Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber;

20. Ablehnung des EU-Asyl- und Migrationspaktes, um Wirtschaftsflüchtlinge nicht aktiv in die EU zu holen;

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung. (Abg. Lausch: Sogar der Innenminister war beeindruckt!)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jachs. – Bitte.


12.41.11

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe für jede und jeden Verständnis, die oder der sich aufgrund der geopolitischen Situation Sorgen macht, wofür mir aber – gestern, heute – schön langsam das Verständnis fehlt, ist die Wortwahl der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wofür mir auch ein bisschen das Verständnis fehlt, ist die Dringlichkeit der heutigen Sondersitzung, und das möchte ich vor allem für die Zuseherinnen und Zuseher erklären: Wir haben gestern eine Sondersitzung zum Thema Sanktionen gehabt. Wir hätten heute Vormittag, genau jetzt zu dieser Uhrzeit, einen Stapo-


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Ausschuss gehabt, das ist der Unterausschuss des Innenausschusses. (Abg. Kickl: Ganz was Wichtiges! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Im Stapo-Ausschuss sind nicht nur unsere Ministerinnen und Minister anwesend, sondern auch die Nachrichtendienste, und da können wir Abgeordnete auch Fragen stellen. (Abg. Belakowitsch: Wir kriegen nur keine Antworten! – Zwischenruf des Abg. Wurm.) Das Problem ist halt, dass wir Abgeordnete da unter Geheim­haltungspflicht stehen. Wir haben heute Nachmittag, nach der Sondersitzung, noch einen Innenausschuss. (Abg. Belakowitsch: Ja, schön!) Im Innenausschuss wird es sogar eine aktuelle Aussprache mit dem Herrn Bundesminister geben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie hätten also genug Möglichkeiten gehabt, diese Fragen an unseren Minister zu stellen, aber Sie inszenieren lieber eine Sondersitzung. (Abg. Kickl: Aber das entscheiden wir schon noch selber, oder? – Abg. Kassegger: ... Öffentlichkeit, oder was? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich glaube, das ist ganz klar: Ihnen geht es wirklich nur um die Show vor der Kamera, sehr durchschaubar. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Was Sie, glaube ich, nicht kapiert haben, ist, dass ... ohne Öffentlichkeit stattfinden! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Was jetzt auch ganz deutlich wird – da brauchen Sie ja nur zuzuhören –, ist, dass es der FPÖ nur um Verunsicherung, um Spaltung und darum, der Bevölkerung Angst zu machen, geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Sagen Sie das der Sachslehner! Sagen Sie das der Frau Sachslehner!)

Sie können noch so sehr dazwischenrufen, sehr geehrter Herr Kollege Kickl. Ich weiß, Sie gefallen sich in der Rolle als Mini-Putin. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Sagen Sie das der Frau Sachslehner! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Das ist das letzte Aufgebot der ÖVP! – Ruf bei der ÖVP: Tut weh, tut weh!) Ich weiß, Sie gefallen sich in der Rolle als kleiner, starker Mann, der ganz allein auf weiter Flur steht, ähnlich wie Russland, aber die Realität ist anders: Österreich steht – im Gegensatz zu Russland –eben nicht allein da in Europa. Um bei Ihren Worten zu bleiben, Herr Klubobmann: Wenn man das


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nicht erkennt, dann wäre man der Blinde unter den Einäugigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Österreich steht nicht allein da. Sie haben erst unlängst wieder die Wahlsiege Ihrer Schwesterpartei in Italien beklatscht, zumindest auf Social Media, das habe ich mitbekommen. Ich weiß, dass Kollege Ragger aus Ihren Reihen hervorragend italienisch spricht. Vielleicht rufen Sie Ihre Schwesterparteien einfach einmal an, vielleicht ist Ihnen einfach einmal wirklich daran gelegen, Lösungen, gemeinsame europäische Lösungen zu finden. Ich glaube, das steht Ihnen jederzeit frei und das würde auch dem entsprechen, was wir darunter verstehen, die Oppositions­rolle ernst zu nehmen (Abg. Belakowitsch: Was wisst ihr von der ...! – Abg. Kickl: Müssts halt selber ausprobieren! – neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch): nämlich auch aktiv an der Sicherheit Österreichs mitzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir machen das, sehr geehrte Damen und Herren, wir arbeiten tagtäglich an der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung. (Abg. Kickl: Na servas! – Abg. Belakowitsch: Und das ist alles, was herauskommt?) Gestern war der Migrations­gipfel, da sind diverse Maßnahmen beschlossen worden. Zum Beispiel das, was auch Sie immer im Innenausschuss fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, nämlich dass die Visafreiheit der Serben an die europäischen Rege­lun­gen angepasst werden sollte. Ja, das wurde gestern bei dem Gipfel besprochen.

Sie sehen also, sehr geehrte Damen und Herren: Wir arbeiten an der Sicherheit. Uns ist daran gelegen, die österreichische Bevölkerung nicht zu verunsichern, wie die FPÖ es macht, nur um eigenen Stimmenvorteil daraus zu schlagen (Abg. Kickl: Die größten Verunsicherer sind Sie!), sondern wir wollen wirklich an der Sicherheit arbeiten.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich appelliere an Sie: Bitte fallen Sie nicht auf die einfachen Parolen der FPÖ herein! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

12.44



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Laimer. – Bitte.


12.45.02

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus und vor den Bildschirmen! Vorweg, liebe Kollegin: Sie reden von Rhetorik und Kampfrhetorik im Hohen Haus und bezeich­nen den FPÖ-Obmann als Mini-Putin. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Unfassbar! – Bravorufe des Abg. Wurm. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Angesichts dieses furchtbaren Krieges ist das auch eine Schande, das will ich Ihnen schon sagen. So viel Respekt vor der Demokratie sollte man haben. (Abg. Haubner: Welche Partei sind Sie, Herr Kollege?)

Heute möchte ich Sie über die Versäumnisse der ÖVP in der Migrationspolitik aufklären, auch mit dem Hinweis auf euch in der FPÖ, die ihr mit den soge­nannten Christlichsozialen ab 2017 im Koalitionsbetterl gelegen seid. (Abg. Rauch: Herr Präsident, Sie schlafen auch in der Hängematte!)

Die dreiste Mythenpolitik der ÖVP hat endgültig ein jähes Ende genommen, und das ist ernüchternd, aber schlussendlich ist es gut für unser Land. (Abg. Rauch: Herr Präsident, Sie schlafen in der Hängematte!) Werfen wir dazu einen Blick auf den vergangenen Sonntag: Die SPÖ Burgenland gewinnt bei den Gemeinde­ratswahlen 162 Mandate, während die ÖVP 64 Mandate verliert, das ist ein deutliches Signal in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Wie war es in Tirol? – Abg. Kickl: Gewonnen hat der Doskozil, nicht die SPÖ!)

Gestern trafen sich Kanzler Nehammer, der serbische Präsident Vucić sowie Viktor Orbán in Budapest und erörterten gemeinsam wieder einmal die Migrationslage, die sich vor allem an der ostösterreichischen Grenze zuspitzt. Wie hängt das eine mit dem anderen zusammen? – Während die Menschen im Burgenland, besonders in den Bezirken Oberpullendorf und Neusiedl, durch die erneut stark steigende Migration verunsichert sind und der amtierende Lan­deshauptmann Doskozil im Burgenland das Problem auch benennt und gleichzeitig Lösungen vorschlägt, stellen sich ÖVP-Minister und allen voran der


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Bundeskanzler vor das Volk und spielen erneut ihre Showpolitik ab, mit poli­tischem Placebo bei internationalen Pressekonferenzen.

Zum Hintergrund einer langjährigen Geschichte: 2017 putscht Kurz gegen Mitterlehner und behauptet, die Balkanroute sei geschlossen, die ÖVP habe alles im Griff. Nachdem dieser Schmäh heute nicht mehr aufgeht, muss sich Nehammer neuerlich als Krisenmanager inszenieren. Fakt ist: Die ÖVP ist hauptverantwortlich für das unkoordinierte Vorgehen staatlicher Institutionen und die ungenügende Zusammenarbeit in Österreich und in der zentral­europäischen Region. In Österreich zeugt davon die dreifache Überbelegung im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen trotz Alternativen.

Dass die SPÖ aus Fehlern der Migrationskrise von 2015 gelernt hat, zeigten die Präventionsmaßnahmen gerade unter dem seinerzeitigen Verteidigungsminister Doskozil. Leider wurden sie von der ÖVP nicht weiterentwickelt. Ich spreche hier ganz konkret vom verteidigungspolitischen Format der zentraleuropäischen Verteidigungskooperation. Dieses Format vereinte die Verteidigungsminister von sechs Staaten: Österreich, Kroatien, Tschechien, Ungarn, Slowakei und Slowenien. Polen hatte den Beobachterstatus.

Unter Verteidigungsminister Doskozil trafen sich die Minister der teilnehmenden Staaten (Abg. Haubner: Was ist das? Burgenländische Parteitagsrede, oder was?) und erörterten Pläne dazu, wie die Westbalkanroute für illegale Migration geschlossen werden kann. Ich spreche ausdrücklich von Illegalität im organi­sierten Schlepperwesen. 2017 fand auf Initiative von Doskozil in Österreich, bei uns in Wien, eine internationale Konferenz der Innen- und Verteidigungsminister aus 15 Staaten statt, bei der ein gemeinsamer Aktionsplan mit einem Krisenreak­tionsmechanismus beschlossen wurde, um nicht wieder in eine Situation wie jene von 2015 zu gelangen.

Heuer hat Österreich wieder die Präsidentschaft in der zentraleuropäischen Verteidigungskooperation übernommen, doch der aktuellen Verteidigungs­minis­terin Tanner ist die Bekämpfung der illegalen Migration anscheinend kein Anliegen, ebenso wenig dem Innenminister und dem Bundeskanzler. Diese


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Partei zeigt da keinerlei Engagement und hat auch keine Lösungskompetenz, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend sei Ihnen verdeutlicht und versichert – da Dublin de facto leider politisch begraben wurde; einer der Verursacher dessen, Viktor Orbán, war gestern im Fernsehen –: Die Flucht nährt sich immer aus Kriegen, Katastrophen und Krisen, aber auch aus Arbeits- und Wirtschaftsmigration. Der Rechtsstaat muss Asylanträge ohne punktuelle politische Interventionen entscheiden können.

Die EU öffnete mit Schengen ihre Grenzen für die freie Wirtschaft. Wenn sich Europa jedoch nicht rasch – und zwar im Konsens – auf eine regulierte Migrationspolitik einigen kann, dann ist diese Wirtschaftsunion irgendwann Geschichte, ohne je eine Sozial- und Sicherheitsunion verwirklicht zu haben. Es steht sehr viel auf dem Spiel für Europa und für unser Land Österreich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bürstmayr. – Bitte.


12.50.35

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Kickl! Das ist eine seltsam lieblose Anfrage, die Sie uns da vorgelegt haben: zusammengestoppelt, ein bisschen Asyl hier, ein bisschen Sanktionen dort, voll mit irgendwelchen völlig unbelegten Behauptun­gen, am Ende noch ein paar Rufzeichen mit dem Salzstreuer drübergestreut, fertig ist die Anfrage. (Abg. Kickl: Ha, ha, ha, ha!)

Es ist eine Anfrage mit sehr viel Copy-and-paste aus alten Versatzstücken. Wie sonst sollte ich mir erklären, dass Sie zu Punkt 35 fragen – ich zitiere (Abg. Hafenecker: Sie sind ja einer der größten Profiteure von der Asylkrise! Sie machen Millionen mit den Flüchtlingen! Schämen Sie sich!) –: „Wenn es dazu (zu Frage 79)


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keine Statistiken gibt, warum werden solche Daten nicht erhoben?“ – Zitatende. Ihre heutige Anfrage hat aber keine Frage 79, sie hat nur 45 Fragen. Da wird doch nicht jemand von sich selber abgeschrieben haben?! (Beifall bei den Grünen.)

Lieblos – aber das passt eh zu Ihrer Politik, denn Sie versuchen seit Jahren das, was Sie und alle anderen Populisten am besten können, weil es das Einzige ist, was Sie können: Menschen zu verunsichern, sie mit irgendwelchen Behaup­tungen verrückt zu machen, ihnen Angst einzujagen und ihnen gleich einen Sündenbock zu präsentieren. (Abg. Hafenecker: Während Sie Millionen scheffeln mit den ...!) So, wie man das bei uns seit dem Mittelalter gemacht hat: Mein Feld hat es verhagelt, das Feld des Nachbarn nicht. Wo ist die Hexe, die daran schuld ist? Da, schaut her, eine mit roten Haaren, die muss das gewesen sein. (Abg. Kickl: Könnte es sein, dass Sie jetzt genau das Gleiche machen? Könnte es so sein?) – Das ist Ihre Politik. Das, was sie betreiben, ist doch tiefstes Mittelalter. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Könnte das so sein, dass Sie jetzt genau das Gleiche machen?)

Menschen verunsichern, um damit Stimmung zu machen und Stimmen zu fan­gen, das können Sie, Lösungen für Österreich haben Sie aber nicht. (Abg. Kickl: Sehr bescheiden für einen angeblich hochkarätigen Juristen! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Und von Sicherheit und davon, wie man diese Sicherheit herstellt, verstehen Sie nichts – nada, njiente, nitschewo. (Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Kickl.)

Statt für Sicherheit zu sorgen, haben Sie in Ihrer kurzen Zeit als Innenminister praktisch im Alleingang (Abg. Kickl: Na das hat Ihnen nicht gefallen!) mit einer Hauruckaktion Ruf und Ansehen unseres wichtigsten Nachrichtendienstes nachhaltig ruiniert. (Ruf bei der FPÖ: Stimmt ja nicht! Lesen Sie einmal den Bericht vom Herrn ...!) Die DSN arbeitet heute noch daran, diesen Ruf wiederher­zustellen. Macht ja nichts, sind eh nur überlebenswichtige Informationen, von denen Österreich da jahrelang abgeschnitten war und zum Teil immer noch ist – was für ein sicherheitspolitischer Irrsinn! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Jössas na!)


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Und dass Österreich so lange von so wichtigen Informationen abgeschnitten war, lag und liegt nicht allein an dieser zum Theaterstück hochinszenierten Hausdurchsuchung, sondern daran, dass es etliche, viel zu viele Hinweise dafür gibt, dass Sie und die FPÖ die Interessen der Republik an Russland verkauft haben. Genau jenes Russland, das jetzt einen verbrecherischen Angriffskrieg führt, das nicht nur die Ukraine, sondern ganz Europa bedroht und zu erpressen versucht, das war und ist Ihr Verbündeter. Für die Interessen dieses Staates und seines Diktators Wladimir Putin rennen Sie, reden Sie, setzen Sie sich ein, nicht für die Interessen Österreichs. (Beifall bei den Grünen.)

Unser Österreich haben Sie verraten und verkauft. (Abg. Kickl: Van der Bellen hat ihm doch zur Wahl gratuliert! Und jetzt ist er ein Diktator!) Und ich weiß, Sie behaupten steif und fest, dass Sie aus Russland kein Geld bekommen haben. Nun habe ich also festzuhalten, dass Sie das alles gratis tun, dass Sie die Sicherheitsinteressen Österreichs, unser aller vitale Interessen, nicht verkaufen, sondern verschenken.

Ehrlich gestanden: Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Ich weiß nur eines: Es ist sehr, sehr gut, dass Sie in diesem Land nicht mehr regieren. (Abg. Belakowitsch: Ich glaube, Sie brauchen einen Arzt! – Zwischenruf des Abg. Wurm. – Abg. Kickl: Warten Sie ein bisschen!) – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Könnte man lüften, Herr Präsident, weil offensichtlich haben wir zu wenig Sauerstoff?! – Ruf bei der ÖVP: Hallo, hallo, hallo!)

12.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


12.55.08

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Kickl: Immer dazusagen, das ist der Herr Asylanwalt! Das muss man immer dazusagen!) – Herr Kickl, Sie waren vorhin am Wort, jetzt bin ich es. (Abg. Belakowitsch: Na dann reden Sie halt!)


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Ich möchte eines gleich am Anfang sagen: Wenn ich der Debatte hier zuhöre, habe ich tatsächlich das Gefühl, dass wir nicht mehr repräsentativ sind für das, was die Menschen da draußen beschäftigt. (Abg. Belakowitsch: Ah!) Damit meine ich Sie, Herr Kickl, mit dieser Anfrage, die an Lächerlichkeit kaum zu überbieten ist. Ich meine aber auch die Reaktionen darauf: dass man der FPÖ Dinge aus den letzten Jahren vorwirft, die sie falsch gemacht haben möge oder auch nicht, geht ja genauso sehr am Problem der Menschen und der Unternehmerinnen und Unternehmer vorbei, wie der Antrag, der das Asylwesen betrifft, selbst. (Abg. Belakowitsch: Neue Weltordnung!)

Nehmen wir einmal ganz kurz die Perspektive eines Unternehmers ein: (Abg. Belakowitsch: Ist das ein Regenbogen?) Ich bin selbst Unternehmer, und wir haben Sorge vor diesem Herbst und Winter wegen der hohen Energiekosten; wir haben Sorge vor Herbst und Winter wegen der nach wie vor fehlenden Arbeitskräfte; wir haben auch Sorge, wie wir die künftigen Lohn- und Gehaltsanpassungen aus dem, was die Unternehmen derzeit an Ertrag haben, finanzieren sollen; und wir haben auch Sorge, dass in vielen anderen Bereichen, in denen die Regierung derzeit säumig ist – Stichwort Verwaltungsabbau –, viel zu wenig vorangeht. (Abg. Belakowitsch: Und da sind wir schuld, oder?)

Wir stehen im Moment vor einer toxischen Situation im Herbst und Winter, und die Frage des Asylchaos, das Sie in Ihrem Antrag beschreiben, hat nichts mit der Frage zu tun, wie sich der Wohlstand der heutigen Generation und der künftigen Generation zusammensetzen wird. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz. – Abg. Kickl: Aber vielleicht hat es etwas mit der Sicherheit im Land zu tun?) Zentrales Element im konstruktiven Parlamentarismus vonseiten der Freiheitlichen und von allen anderen Parteien wäre aus meiner Sicht, dass man sich überlegt: Wie schaffen wir es gemeinsam gut durch den Herbst und den Winter? – Herr Kickl, ich weiß nicht, was Sie jetzt gerade so sehr aufregt, denn im Gegensatz zu anderen gehe ich inhaltlich auf Ihre Sorgen ein und antworte auch auf die Punkte, die in der Anfrage stehen. (Abg. Kickl: Aber vielleicht hat es was mit der Sicherheit zu tun! Die steht ja auch im Titel!)


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Wir müssen jetzt wirklich den Fokus darauf legen, wie wir die eigene Bevölke­rung und die eigenen Unternehmen durch die nächsten Monate bringen. (Abg. Wurm: Das ist Wohlstand!) Und ich sage Ihnen eines: Als Arbeitgeber haben wir derzeit nicht das Problem, dass zu viele Menschen in unserem Land bleiben wollen, sondern, dass zu wenige am Arbeitsmarkt verfügbar sind. Wenn wir die Krisen der Gegenwart bekämpfen wollen, sollten wir viel mehr darüber nach­denken, wie wir aktiv auch im Ausland Arbeitskräfte anwerben, wie wir bei­spielsweise auch Menschen, die vielleicht aus Krisenregionen kommen, die gar keinen Asylanspruch hätten, anwerben, wenn es junge Menschen sind, die eine Ausbildung, eine Lehre bei uns machen und später Facharbeiter oder Fach­arbeiterin bei uns sein wollen. Ich sagen Ihnen auch noch etwas, Herr Kickl, jetzt werden Sie wahrscheinlich gleich wieder hyperventilieren (Abg. Kickl: Ha!): Auch ein Mohammed kann eine Fotovoltaikanlage aufbauen und auch ein Mohammed ist dann ein Freiheitskämpfer für ein Europa (Abg. Kickl: Ja, klar!), das unabhängig von Russland ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Aber wir sind abhängig vom Mohammed dann! Von denen, die von irgendwo anders herkommen! Das passt aber dann nicht mehr zusammen!)

Herr Kickl, Ihre Angst vor dem Fremden (Abg. Kickl: Sie brauchen Arbeitskräfte von irgendwoher und reden von Unabhängigkeit! Hallo?) haben Sie heute schon ausreichend begründet, und sie wird dadurch nicht glaubhafter. (Abg. Kickl: Aber Sie machen sich abhängig von ich weiß nicht wem!) Wir sind in einer Situation, in der es so viele Krisen gibt und in der die Freiheitlichen versuchen, eine weitere Krise heraufzubeschwören, weil sie auf all die anderen Krisen keine Antwort finden. Wo ist denn Ihr Paket, wenn es um die Energiepreise geht? Wo ist denn Ihre Glaubwürdigkeit, wenn es tatsächlich um die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land geht? Wo sind denn die konkreten Vorschläge bei der Steuerpolitik, bei der Reduktion der Abgaben? Nichts von dem legt die Freiheitliche Partei vor, Sie legen lediglich vor, dass Sie Angst vor Fremden haben. (Abg. Wurm: Dutzende Anträge, Dutzende seit Mai letzten Jahres!  Abg. Kassegger: Nur, weil du das nicht weißt, heißt das noch lange nicht, dass es nicht ...!  ... verschlafen!) Damit kommt man zu keiner Lösung.


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Ich möchte Ihnen zwei, drei Punkte sagen, die aus unserer Sicht ganz zentral sind. – Der Aufregungspegel der Freiheitlichen sagt mir, dass man wohl einen wunden Punkt trifft, wenn man Ihnen vorwirft, dass Sie keine Lösungen vorlegen, sondern nur Angst schüren.

Ich möchte drei Punkte ganz konkret hervorheben: Wenn wir bei den Energie­preisen nicht umgehend Meter machen, wenn wir als Parlament uns nicht für alle Branchen Lösungen überlegen, wie tatsächlich eine Transformation statt­finden kann, wie auch ein einfaches Gasthaus in einem Ortskern auf erneuerbare Energien umsteigen kann, wo das möglich ist, mit all den Problemen, die damit verbunden sind – Denkmalschutz, Umweltverträglichkeitsprüfung bei größeren Projekten, bei Erneuerbaren und so weiter –, dann werden wir in ein, zwei, drei Jahren wesentlich größere Probleme und wesentlich mehr Sorgen haben, als das, was Sie in dem Antrag beschreiben. 

Wenn wir zweitens – und das ist genauso wichtig – nicht jetzt aktiv einsteigen und auch im Ausland Arbeitskräfte finden, die unsere Wirtschaft stärken, die tatsächlich den Mehrwert bringen, die unser Sozialsystem finanzieren, dann gibt es für unsere Wirtschaft auch kein Morgen mehr, weil dann werden Betriebe abwandern müssen.

Der dritte Punkt, und der ist aus meiner Sicht genauso zentral: Wenn wir uns nicht in einer gemeinsamen Kraftanstrengung darum bemühen, bei den Steuern und Abgaben deutlich runterzugehen, bei der Verwaltung deutlich zu ver­ein­fachen, dann wird es auch keine Zukunft geben. (Abg. Kickl: Sie könnten einmal in Wien beginnen!)

Das sind Beispiele, und da würde ich mir wirklich von Ihnen, von der Freiheit­lichen Partei, so sehr wünschen (Abg. Kickl: Aber Sie könnten in Wien beginnen, da sind Sie in der Regierungsverantwortung!), dass Sie auch Ihren Intellekt und Ihre Kreativität einbringen und da konkrete Lösungen vorbringen.

Dieser Antrag, seit Jahren abgeschrieben, ist jedes Mal aufs Neue das Gleiche. Sie versuchen mit einem Einheitspaket, einfach nur Angst zu schüren, weil Sie sich anscheinend fürchten, andere Lösungen auf den Tisch zu legen. Österreich


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hat mehr verdient als das, was Sie da hinlegen. Es haben die Unternehmerinnen und Unternehmer mehr verdient als das, was Sie da hinlegen, und, ganz ehrlich, ich finde, es ist auch mehr möglich als das, was Sie heute geboten haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: In Wien leiden sie am meisten, und da sind Sie mit dabei!)

13.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Kickl: Eine Nullnummer in Wien!)


13.00.50

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Krieg, wir haben Krieg – Wirtschaftskrieg, Angriffskrieg, Verteidigungskrieg, gerechten Krieg, heiligen Krieg, totalen Krieg, Weltkrieg, Atomkrieg, Propagandakrieg. Das hören wir jetzt seit dem Frühjahr 2022. Über den Frieden spricht offensichtlich niemand oder wenn, nur äußerst ungern. Wenn ich an die Anfangstage im Februar 2022 zurückdenke und wenn ich mir auch die Redner dieser vier Frak­tionen, der sogenannten Einheitspartei mittlerweile in Österreich, anhöre, dann stelle ich fest, dass ich als Freiheitlicher quasi mit dem Vorwurf konfrontiert bin, dass wir uns für eine Friedenspolitik, für eine Deeskalation einsetzen und dass das furchtbar ist. Das heißt, man muss sich jetzt als Freiheitlicher schon dafür entschuldigen, wenn man eine Friedenspolitik, eine neutrale Politik und eine Deeskalation in Österreich will. Dafür müssen wir uns jetzt schon seit Monaten quasi entschuldigen und uns die Vorwürfe von Ihnen als Viererfraktion gefallen lassen. Es ist ja eigentlich ein Treppenwitz der Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

Was passiert stattdessen? – Wenn ich nur an gestern zurückdenke, an all die Wortspenden, was sich da alles abgespielt hat: Durchhalteparolen wie in einem echten Krieg, hier im Parlament in Österreich; „Zähne zusammenbeißen“ sagt der Präsident oder Nochpräsident Van der Bellen; Zweifel, Fragen oder darüber reden, das sei nicht angebracht, hat uns die ÖVP ausrichten lassen. Zweifel? – Na bitte! Zweifel haben oder nachfragen, darüber reden? – Nein, bitte, das ist ganz gaga, ganz furchtbar, das darf man nicht!


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Wir stehen auf der Seite der Ukrainer. – Alle vier Fraktionen sitzen hier im Warmen, keiner von Ihnen ist an der Front oder schickt die Kinder, die eigenen Kinder an die Front, aber Sie sagen, Sie stehen an der Seite der Ukrainer. Sie zahlen vielleicht oder lassen uns alle zahlen, aber selbst stehen Sie nirgends. Selbst stehen Sie nirgends, und das hat nichts mit Haltung zeigen zu tun. Friedenspolitik wäre die Ansage, die wir hier in Österreich machen sollten, anstatt irgendwelche Krokodilstränen zu vergießen. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich stellt sich die Frage, und auch die Bürger draußen fragen sich das: Wer zahlt das alles?, und vor allem: Wer profitiert von dieser Geschichte?

Also: Wer zahlt den Preis? – Das ist, glaube ich, offensichtlich, für uns in Österreich, für die Bürger spürbar: Wir alle und vor allem die einfachen Bürger zahlen den Preis. Die Eliten in Österreich zahlen ihn nicht, und auch viele, die hier sitzen und den Mund aufmachen, zahlen ihn nicht, weil sie es nämlich leicht zahlen können, aber Millionen Österreicher zahlen den Preis.

Und eines darf ich Ihnen auch sagen: Millionen Russen zahlen den Preis. An die denken Sie überhaupt nicht. Plötzlich ist der Russe das Feindbild – wie vor 70 Jahren, der Russe, alle Russen sind böse, alle Russen sind schlecht. (Abg. Scherak: Wer sagt denn das? Wer sagt denn so etwas, Peter?) Und wenn wir das quasi richtigstellen, versuchen, in die Waage zu bringen, dann sind wir plötzlich wie die Russen die Bösen. Wir sind plötzlich die Putin-Versteher. Das werfen Sie uns seit Monaten vor. (Zwischenruf des Abg. Prinz.)

Aber Sie verurteilen ganz Russland, Sie beschimpfen ganz Russland und Sie nehmen ganz Russland in Geiselhaft. Und den Preis zahlen die einfachen Leute, niemals die Eliten in diesem Land – weder in diesem Land noch in Russland.

Im Grunde genommen könnte man das Thema jetzt auch noch vertiefen, über die globale Krise, die globalen Machtinteressen sprechen, ich darf Ihnen einfach eines sagen, weil die Redezeit sehr beschränkt ist: Ich habe von meinen Ver­wandten, die selbst im Krieg waren, die den Krieg erlebt haben, gelernt, und die Botschaft, die ich gehört habe, ist ganz klar: Man muss den Krieg verhindern oder beenden, wo es nur geht. Und diese Botschaft gebe ich Ihnen mit. Es gibt


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immer eine Möglichkeit, Frieden zu erzielen, sonst hätten unsere Vorfahren in unzähligen Kriegen niemals zum Frieden gefunden. Also: Zurück zum Frieden und ein Ende für diese unselige Sanktionspolitik und Eskalationspolitik! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Mag. Wolfgang Gerstl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Prinz: Aber der Putin braucht die Aggression nicht aufhören, Herr Kollege Wurm, gell?! Das ist wurscht! – Abg. Hafenecker: Geh bitte! ... Hörl gefreut, dass alle mit seiner Seilbahn gefahren sind!)


13.05.48

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bevor ich mich mit meinen Worten an die Anfragesteller der FPÖ richte, möchte ich hier noch einen Satz zu SPÖ-Kollegen Laimer zum Besten geben. Herr Kollege Laimer, haben Sie vielleicht den Ort, wo Sie gerade gesprochen haben, verwechselt? Das hier ist das österreichische Parlament und nicht der Bundesparteitag. Wenn Sie Herrn Kollegen Doskozil so vergöttern, dass es Ihnen nichts mehr wert ist, dass Ihre Frau Kollegin Rendi-Wagner gesagt hat, es gebe kein Asylproblem in Österreich, dann, möchte ich Ihnen sagen, bringen Sie das beim Bundesparteitag vor und sagen Sie dort, dass Sie für eine neue Parteiobfrau oder einen neuen Parteiobmann sind, aber stellen Sie sich nicht hierher und versuchen Sie nicht, die Bundesregierung anzuschütten, wenn Sie Probleme in Ihren eigenen Reihen haben, Herr Kollege Laimer! (Beifall bei der ÖVP.)

Nur noch ein Wort zu Kollegen Doskozil (Abg. Einwallner: Ist das eine Kabarett­bühne, oder was ist das jetzt? Wollts besonders witzig sein heute!): 2015 war es der damalige Polizeidirektor Doskozil, der die Flüchtlinge von Budapest über die Grenze bei Nickelsdorf eingewiesen hat, dass sie weiterziehen können. Er hat da noch mit offenen Armen gehandelt. Das könnten Sie einmal Kollegen Doskozil sagen: dass er seine Politik endlich einmal ändern und nicht nur auf die Bun­desregierung schimpfen soll. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wenn wir aber heute eine Anfrage debattieren, mit der ein Herr Kickl der Bevölkerung weismachen möchte, dass er es in so einer Krisensituation vielleicht besser könnte (Rufe bei der FPÖ: Das wissen wir!), dann, glaube ich, ist es wichtig und notwendig, dass man einmal aufzeigt, was Kollege Kickl gemacht hat, als er in einer Machtfunktion war, nämlich als er Innenminister war. (Rufe bei der FPÖ: Ausreisezentrum!)

Was war das Erste, das er gesagt hat? – Das Recht hat der Politik zu folgen und nicht umgekehrt, meine Damen und Herren. (Abg. Hafenecker: Richtig! Wer macht denn die Gesetze?) Jetzt verstehen Sie ganz genau seinen Zwischenruf heute während der Ausführungen des Herrn Innenministers, wie viele Menschen nach einem ablehnenden Bescheid ein Rechtsmittel ergriffen hätten. Das falsch zu verstehen zeigt, wie der Herr Ex-Innenminister Kickl tickt: Er ist einer, der den Menschen die Rechtsmittel wegnehmen möchte. Nein, meine Damen und Herren, das ist falsch! Solch einen Innenminister brauchen wir in Österreich nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Blimlinger. – Abg. Ries: Sperriger Applaus! – Abg. Hafenecker: Kollege Gerstl, das war schon richtig, dass man dich vom Untersuchungsausschuss abgezogen hat!)

Er war ein Innenminister, der in seinen eigenen Verfassungsschutz einmarschiert ist, um dort Angst und Schrecken zu verbreiten, damit die Polizisten dort ihrer Aufgabe nicht nachkommen können. Er war ein Innenminister, der Flüchtlinge an einem Ort konzentriert hat – ein Schelm, wer daran denkt, dass er bei Konzen­tration nicht an etwas anderes gedacht hat. Er war einer, der ein Flüchtlings­zentrum zu einem Ausreisezentrum machen wollte. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Amesbauer: Was machen eigentlich Sie ...?) Er war ein Innenminister, der Lausch- und Spähangriffe auf den Rechtsextremismus in Österreich unter­binden wollte. Er war ein Innenminister, der den Bericht über Straftaten zu Rechtsextremismus abschaffen wollte. Er war ein Innenminister, der Vasallen seiner Partei in den Verfassungsschutz schickte, um diesen auszuspionieren. Er war ein Innenminister, der in allen Landespolizeidirektionen eine Parallelstruktur aufbauen wollte. Das kennen wir nur aus vergangenen Jahrhunderten, meine


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Damen und Herren, so etwas wollen wir nie mehr wieder. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ries: Von der ÖVP kennen wir das!)

Er war ein Innenminister, der, als Ibiza aufflog, Präsident Hofer nicht einmal darüber informierte, was gerade vorging, um die Macht in seiner Partei zu übernehmen und um ihn auszubremsen. Das ist der Mensch Kickl, der er in Wirklichkeit ist. (Abg. Hafenecker: Hast du dir irgendeine Horrorserie angeschaut gestern?)

Was haben Wladimir Putin und Herbert Kickl noch gemeinsam? – Sie haben das größte Kabinett in ihrem Umfeld, das es je bei einem Innenminister gegeben hat (Abg. Hafenecker: Geh bitte!), und Kickl hat sich genauso abgekapselt wie sich Wladimir Putin abgekapselt hat, weil er selbst genauso Angst vor den Verschwörungen hat, die es rund um ihn gibt.

Wer sich selbst einsperrt, der kann nicht für Freiheit sein, meine Damen und Herren. Es verwundert daher nicht, dass der Herr Bundespräsident ihn entlassen hat und dass er die heutige Dringliche Anfrage nur dafür verwenden wollte, um Rache am Bundespräsidenten zu üben. (Abg. Hafenecker: Es war schon gut, dass wir dich aus dem Untersuchungsausschuss ausgeschlossen haben! – Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ich sage Ihnen aber, meine Damen und Herren: Rache ist kein guter Ratgeber in Krisenzeiten. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

In Krisenzeiten heißt es zusammenstehen und nicht, Rache und Angst in den Vordergrund zu stellen. (Abg. Kickl: Erklär das der Sachslehner!) Das ist die falsche Politik (Abg. Amesbauer: Reden Sie über den Van der Bellen?), und die Menschen verstehen das auch ganz anders. Die Menschen stehen auch zusammen, die treffen ihre Vorkehrungen selbst. Die haben solche Innenminister satt und wollen sie nie mehr wieder. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Na das werden wir sehen! – Abg. Amesbauer: Die Menschen haben die ÖVP satt! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

13.11



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.11.32

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht nur ein Wort zu meinem Vorredner, um in Erinnerung zu rufen, wer das damals veranlasst hat: 2015 war Frau Mikl-Leitner Innenministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

„Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen“: Bei diesem Titel sind mir drei gute Freundinnen eingefallen.

Die eine ist aus Kirgisien geflüchtet – sie ist nun Oberärztin in einem österreichi­schen Spital –, die andere alleine mit zwei Kindern aus Tschetschenien. Einer ihrer beiden Söhne ist jetzt Unteroffizier beim Bundesheer, der andere Compu­ter­spezialist, sie selbst ist in einem Sozialberuf tätig. Die dritte aus Bos­nien ist während des Krieges geflüchtet. Ein Sohn von ihr arbeitet bei einer Bank und der zweite maturiert gerade.

Natürlich gibt es auch bei den Zuwanderern Menschen, die sich nicht an unsere Gesetze halten. Da brauchen wir nichts zu beschönigen, das gibt es überall. Im Grunde können wir uns aber auf einen Punkt einigen – das hat Viktor Frankl gesagt –: Es gibt nur zwei Arten von Menschen: anständige und unanständige Menschen. (Abg. Kickl: Ja eh, aber die, die Sie nennen, wollen diese Entwicklungen auch nicht!)

Darum, glaube ich, geht es jetzt aber nicht. Ihnen geht es, glaube ich, nur darum, die Menschen in diesem Staat gegeneinander auszuspielen. Inmitten einer schweren Krise ist keine Zeit, hier politisches Kleingeld zu wechseln.

Der Schaden ist aus meiner Sicht schon lange angerichtet. Wenn wir von Wohl­stand und Sicherheit sprechen, dann müssen wir auch über die soziale Sicherheit sprechen, die momentan wegzurutschen droht.

Wir haben eine Inflationsrate von über 10 Prozent, und das erschüttert die Wirtschaft natürlich enorm. Die Menschen können sich ihr Leben immer weniger


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leisten. Schauen wir uns die Wohnkosten an! Dort greift die Regierung nicht ein, dabei wäre die Ausgangslage jetzt besonders wichtig, denn die Österreiche­rin­nen und Österreicher besitzen einen enormen Wohnungsschatz. Alleine eine Million Wohnungen sind gemeinnützige Wohnungen, und die Inflation in diesem Bereich erhöht die Mieten ganz enorm.

Die Rechnung ist in Wirklichkeit ganz einfach: Wer am Anfang des Monats nicht so viel an den Vermieter zu zahlen hat, dem bleibt am Ende des Monats genug zum Leben. Die Regierung wäre dringend aufgefordert, in diesem Bereich etwas zu machen.

Wir haben jetzt eine Inflation, und im November wird die Richtwertmiete zum dritten Mal steigen. Das ist insgesamt eine Erhöhung von 17,5 Prozent. Wir, die SPÖ, fordern ein Einfrieren der Mietpreise bis zu einer Normalisierung der Inflation. (Abg. Hanger: Warum machen Sie das in Wien nicht?)

Bei den sogenannten Genossenschaftswohnungen haben wir damals ein Absenken der Auslaufannuitäten durchgesetzt. 2019 ist das wieder eingeführt worden, und die Menschen müssen die letzte Miete, die hohe Miete, weiter­bezahlen.

Alle Wohnrechtsreformen, die die Regierung gemacht hat, haben zu einer Verteuerung beim Wohnen geführt, es ist nicht billiger geworden. (Abg. Kickl: Aber die SPÖ logiert noch zum Sozialtarif in der Parteizentrale!)

Es gibt eine Rechtssicherheit bei Mieten, und ich glaube, eine Vertragssicherheit ist etwas ganz, ganz Wichtiges. (Abg. Kickl: Ihr könntet ja freiwillig mehr zahlen! – Abg. Hafenecker: Seid solidarisch!)

Sie greifen ganz einfach ein, kümmern sich nicht um irgendetwas und erhöhen die Mieten für die Menschen ganz enorm. (Abg. Hanger: Wir sind nicht im Wiener Landtag! – Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Kickl.)


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Zusammenfassend kann man sagen: Das, was wir sofort verbessern können, ist die soziale Sicherheit. Das haben sich die Menschen in unserem Land verdient. Das ist wichtig, und das kann umgesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Nina Tomaselli. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.16.18

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ich möchte heute meine Worte an jene Fraktionen richten, die die heutige Sitzung nicht beantragt und einberufen haben, an jene Fraktionen, die sich nicht an Spaltung und Zwietracht beteiligen möchten, an jene Fraktionen, die für Solidarität und Zusammenhalt als europäische Werte einstehen, die auch in schwierigen Zeiten hochgehalten werden müssen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier ja viele Dis­kus­sionen und Debatten. Diese Diskussionen sind ganz oft von Meinungs­verschiedenheiten geprägt, auch von sehr, sehr krassen Meinungs­verschieden­heiten, aber das ist Demokratie, das ist Debattenkultur.

Was die Demokratie aber gerade in stürmischen Zeiten – die haben wir – auch braucht, ist eine Stimme der Ruhe und Stabilität – ich glaube, sehr, sehr viele von uns in diesem Haus sind sich in dieser Sache einig –, eine Stimme, die eben den Ausgleich sucht und nicht noch Öl ins Feuer gießt, wenn es ohnehin schon brenzlig ist.

Die Zeiten, so viel ist sicher, werden nicht einfacher. Umso wichtiger ist es, dass die Österreicherinnen und Österreicher weiterhin auf einen Fels in der Brandung in der Hofburg zählen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Was? Ein Fels in der Brandung soll das sein? Um Gottes willen! –Abg. Hafenecker: Da ist Ihnen nichts Besseres eingefallen?) – Es ist schon klar, dass Sie sich darüber aufregen, Herr Kickl.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 92

Wir haben alle in den letzten Jahren gelernt, wie relevant die Funktion des Bundespräsidenten für ein funktionierendes Staatsgefüge ist. Gerade in Krisenzeiten ist es eben nicht egal, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer das Land anführt.

Jetzt kommen vor allem die Gegenrufe aus den Reihen der Freiheitlichen, aber, sehr geehrte Kollegen von der FPÖ, als ich Ihnen gestern bei wirklich sehr vielen unsäglichen Redebeiträgen zugehört habe, habe ich mir oft gedacht: Mensch, ich bin so froh, dass damals, als Ibiza die Republik wirklich in schwere Turbulenzen gestürzt hat, Van der Bellen das Amt innehatte, denn es darf sich jeder, auch zu Hause, fragen: Wie hätte einer von Ihnen auf das Video reagiert, das doku­mentiert hat, dass sich der FPÖ-Vizekanzler von einer russischen Oligarchin in die Falle locken ließ, einer russischen Oligarchin, die wahrscheinlich bei jedem anderen von uns die Alarmglocken hätte schrillen lassen? Er hat dort auch noch gute Geschäfte verortet.

Was wäre in diesen turbulenten Wochen nach dem 17. Mai 2019 passiert, wenn einer von Ihnen, von der FPÖ, Präsident gewesen wäre? (Abg. Kickl: Sagen Sie es uns?! Was wäre denn passiert? –Abg. Hafenecker: Keine Putschregierung, zum Beispiel! Und ihr wärt noch immer nicht im Parlament!)

Stattdessen ist Van der Bellen als verlässlicher Hüter unserer Verfassung täglich – Sie alle können sich bestimmt noch an dieses Bild erinnern – durch die Tapetentüre getreten und hat die Republik wirklich durch die Krise geführt, in die Sie, liebe Kollegen von der FPÖ, sie erst gestürzt haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Amesbauer: So ein Blödsinn! – Abg. Hafenecker: Die Krise ist durch Ihren Wiedereinzug ins Parlament passiert!)

Der Bundespräsident ist eine wirklich wichtige Institution der Stabilität. (Abg. Kickl: 14 Umbildungen – und redet von Stabilität!) Wir haben in den vergangenen sechs Jahren gesehen, dass der Amtsinhaber das sehr, sehr gut gemacht hat. (Abg. Belakowitsch: Ja, ja! Warum tragen Sie kein Kopftuch?) Uns allen – nochmals, den Fraktionen, die diese Sitzung heute nicht einberufen haben – ist es wichtig, dass ein Demokrat in der Hofburg ist, ein Politiker der Vernunft, einer, der auch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 93

in stürmischen Zeiten für Stabilität sorgt. Diese Stabilität, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann man am Sonntag wählen. Bitte gehen Sie wählen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr.in Stephanie Krisper. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.20.37

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn Sie heute zuhören, dann denken Sie sich vielleicht: Diese arme Bundesregierung, jetzt hat sie schon so viele Probleme, und dann wollen noch so viele Menschen auf dem Weg über die Westbalkanroute zu uns kommen. – Wenn man sich aber die Fakten ansieht, dann lässt sich das Problemfeld eingrenzen. Für dieses lässt sich klar sagen: Das hat die ÖVP durch Versagen und falsche Loyalität in den letzten zehn Jahren zu verantworten.

Ein Problem sachlich einzugrenzen ist jetzt nicht wirklich die Stärke der FPÖ. Die FPÖ will aus diesen durch die ÖVP entstandenen Problemen heute viel lieber Profit schlagen, deswegen der Titel dieser Dringlichen Anfrage.

Beginnen wir aber mit dem Falsifizieren der FPÖ-Hysterie: Im Titel findet sich der Begriff „Asylantenansturm“. Zunächst zum Wort Asylant: Die FPÖ tut so, als kämen so viele ohne Bedarf an Schutz. (Abg. Hafenecker: Ja, das sagen sie ja selber! –  Abg. Kickl – in Richtung Bundesminister Karner –: Das hat er ja gesagt! – Abg. Hafenecker: Ein Minister wird ja nicht lügen! – Abg. Belakowitsch: Na ja!)

Sie, Minister Karner, helfen der FPÖ mit Ihrem Verwirrspiel. Fakt ist aber laut Ihren Zahlen: Die Top zwei Antragsteller sind nach wie vor Kriegsflüchtlinge aus Afghanistan und Syrien. Alleine sie machen gemeinsam 40 Prozent der Asyl­suchenden aus und brauchen evident Schutz. (Abg. Amesbauer: Frage: Ist Krieg ein Asylgrund? – Abg. Kickl: Aber warum sind die bei uns?)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 94

Die FPÖ redet von Ansturm, es gebe so unfassbar viele Asylanträge. Auch diese hysterische Argumentation verdanken wir Ihrem unredlichen Tun, Herr Innen­minister, denn Sie referenzieren als relevante Größe auch immer auf die Asylan­träge. (Abg. Hafenecker: Hundert am Tag!)

Die haben aber keine Aussagekraft, ich sage es Ihnen hier gerne noch einmal. Sie sagen nichts darüber aus, wie viele Schutzsuchende in Österreich grundversorgt sind und tatsächlich ein Verfahren hier haben, also für unsere Behörden hier sehr wohl eine Herausforderung sind.

Welche Zahlen geben uns darüber Auskunft? – Die Zahlen jener, die eben hier grundversorgt sind, und die haben sich in den letzten Jahren nicht geändert, sie pendeln um die 19 000. Im Jahr 2015 waren es 58 000 Asylwerberinnen und Asylwerber, die bei uns grundversorgt waren. Vergleiche mit 2015 sind also, FPÖ, eine unredliche Angstmache. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man jetzt aber die Zeitungen aufschlägt: Bilder von obdachlosen Asylwer­bern unter freiem Himmel. Man hört, dass sie in der Nacht vor geschlossenen Bahnhöfen schlafen müssen. Warum ist das dann so, wenn die Zahlen in der Grundversorgung nicht wirklich gestiegen sind? – Weil das Innenministerium bei der Erstversorgung völlig versagt.

Die Menschen könnten und sollten eigentlich in Erstaufnahmezentren wie zum Beispiel Traiskirchen kommen. (Abg. Belakowitsch: Die sollten eigentlich daheim bleiben!) Traiskirchen ist aber voll. (Abg. Hafenecker: Mit Indern!) Warum ist Traiskirchen voll, da es eigentlich nicht mehr Leute in der Grundversorgung gibt? – Weil insbesondere die ÖVP-Bundesländer ihr Versprechen nicht halten, zugelassene Asylwerber in die Bundesländer aufzunehmen. Wie viele Prozent davon sind da schon in Traiskirchen? – Mittlerweile 75. Traiskirchen sollte also nur zu 25 Prozent ausgelastet sein. Die nun Ankommenden sollten dort unter­gebracht werden können und ein Dach über dem Kopf bekommen.

Ich stelle mir dann doch manchmal die Frage: Was wäre bei einem Hochwasser, bei einem Erdbeben? Würde es uns dann als Österreicher auch so gehen?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 95

Würden wir auch so schlecht erstversorgt werden? – Natürlich nicht, weil es der ÖVP ja nur darum geht, bei Asylwerbern so zu agieren, bei einer Gruppe von Menschen, auf deren Rücken sie schon manchen Wahlkampf erfolgreich bestrit­ten hat.

Die ÖVP-Innenminister wollen gar nicht, dass wir im Helfen gut aufgestellt sind. Sie haben es in den letzten Jahren völlig unterlassen, nach 2015 diesbezüglich nachzubessern. Sie reden zum Beispiel eben kein ernstes Wort mit ihren ÖVP-Fürsten der Finsternis in den Bundesländern, damit diese endlich Asylwerber aufnehmen.

Sie nehmen in Kauf, dass die Menschen unterversorgt sind und können sie daher – völlig absurd, Herr Innenminister –, nachdem bei Ihrer Aktion scharf unter Kraftanstrengung unserer Polizistinnen und Polizisten an der Grenze viele aufgegriffen werden, nicht unterbringen und sagen in der „Krone“ nur: „Reisende soll man nicht aufhalten“. – Wie irrsinnig ist denn das? (Beifall bei den NEOS.)

Das Chaos haben Sie und die Ihnen vorangegangenen Innenminister aus der ÖVP zu verantworten. – So.

Europäische Ebene: Auch da haben Sie nichts dazu beigetragen, dass es ein gemeinsames effizientes Asylsystem gibt.

Der Herr Kanzler sagte gestern, neben Orbán und dem serbischen Präsidenten Vucić stehend: Das Asylsystem der EU ist gescheitert. Das ist mehr als dramatisch. – Das stimmt. Er vergaß zu ergänzen: Wir als ÖVP sind auch daran schuld, weil Sie sich nach 2015 zurückgelehnt haben.

Es war Ihnen egal, dass, liebe FPÖ, die Flüchtlinge und Migranten nach dem Verlassen ihrer Heimatregion in einem Land nach dem anderen Gewalt und Rechtsbruch erleben und ein Land nach dem anderen ihnen dies jeden Tag vor Augen führt und sie spüren lässt.

Wenn Sie schon kein Mitgefühl besitzen, liebe ÖVP und FPÖ, dann zeigen Sie zumindest Denkvermögen – das habe ich auch schon dem Herrn Innenminister Karl Nehammer gesagt –: Wenn in Griechenland Eltern, die geflohen sind, ihre


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Kinder betteln schicken müssen, weil sie nicht versorgt sind, wenn Flüchtlinge in Ungarn keinen Asylantrag stellen können, weil es keinen Zugang zum Asyl­system gibt (Abg. Belakowitsch: Das sollten wir nachmachen!), dann versuchen sie weiterzukommen, liebe FPÖ – einfach für ein menschenwürdiges Leben.

Manchmal kommen sie dank der Push-backs nicht weiter. Ich habe in Bosnien selber erlebt, dass Kinder, aus Syrien kommend, auf der gatschigen Wiese neben einem kaputten Zelt ein Spiel spielen. Sie nennen es: The Game. Ein Kind spielt den Familienvater, der sagt: Asylum, please, asylum! Das andere Kind spielt den schlagenden Polizisten. – Die stecken dort fest. Ist das eine Lösung? (Abg. Hafenecker: Das ist gegenüber der Polizei nicht in Ordnung, was Sie da sagen!)

Welches sichere Land meinen Sie, FPÖ, das die Flüchtlinge am Weg zu uns durchqueren, wo sie bleiben sollen?

Jedes Land, das wie diese Länder derart versucht, das Leben für Asylwerbe­rinnen und Asylwerber möglichst zur Hölle zu machen, vergeht sich nicht nur an den Menschen, sondern benimmt sich auch gegenüber den anderen Ländern extrem unsolidarisch. Natürlich wollen dann viele zu uns.

Jetzt solidarisiert sich die Bundesregierung noch mit diesen Unsolidarischen, den Rechtsbrechern, gerade gestern wieder, denn nachdem Karl Nehammer schon als Innenminister den griechischen Premier Mitsotakis, unter dem die Gewalt gegen Menschen, das Ertrinken-Lassen im Meer und das Elend in den Lagern systematisch wurden, sehr schätzte, hat er sich gestern als Kanzler mit Orbán und Vucić hingestellt.

Ich habe die europäische Fahne im Hintergrund vermisst. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Die war dort zu Recht nicht, denn was diese Herren machen, ist: Sie kurbeln an der Abwärtsspirale in Richtung Rechtsbruch, Gewalt und Chaos, wodurch an vielen Grenzen Menschen dann ins Nirgendwo zurückgeschlagen werden – wie wir von Ärzte ohne Grenzen nun auch an der ungarisch-serbischen Grenze dokumentiert bekamen, wo auch österreichische Beamtinnen und Beamte im Einsatz sind. Da erwarten wir ein Monitoring, und bis dahin erwarte


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ich bei der intensiven Zusammenarbeit sehr wohl Wahrnehmungen von unserer Polizei, denn sonst stimmt da etwas nicht. (Ruf bei der ÖVP: Eine reißerische Rede!)

Was soll das eigentlich? Warum sind wir nicht mit den Solidarischen und Gesetzestreuen in einer Allianz? Warum mahnen wir nicht spätestens seit 2015 gerade von den unsolidarischen das EU-Gesetz brechenden Ländern in Europa ein: Versorgt die Asylwerber gut, sonst gibt es ein Vertragsverletzungsverfahren! Da schauen wir drauf.

Wir fordern: Schlagt sie nicht zurück an der Grenze, gebt ihnen ein faires und schnelles Verfahren und – je nach Ausgang – integriert sie oder schiebt sie ab, weil Abschiebung in Fällen, wo es keinen Schutzgrund gibt, die beste und eine humane Abschreckung ist!

Warum sagt unsere Regierung nicht schon seit 2015 Folgendes? Ab jetzt werden die Verfahren zwischen uns EU-Ländern gefälligst aufgeteilt, bei fairen Verfah­ren überall, die wir eingemahnt haben. Wir haben uns bis jetzt überdurch­schnitt­lich viel beteiligt, jetzt seid ihr einmal dran! – Gerade wir würden ja am meisten von einer Aufteilungsquote profitieren.

Dazu müsste sich die ÖVP aber eingestehen, dass sie durch ihre unsachliche und verantwortungslose Politik zum desaströsen Status quo beigetragen hat. Wie ich auch schon aus dem Untersuchungsausschuss weiß: Lieber geht sie stur weiter, als etwas zuzugeben. (Ruf bei der ÖVP: Fertig?)

Et voilà, dann komme ich zu Ihnen, Herr Innenminister, der Sie ja seit Tag eins als Minister in Ihrem Lieblingsstehsatz betonen, dass Sie den Weg Ihres Vorgängers Karl Nehammer konsequent weitergehen wollen.

Sie werden also diesen Wahnsinn wahrscheinlich weiter brav nachhüpfen, aber ich gebe dennoch nicht auf. Herr Innenminister, ich fordere Sie auf: Hören Sie auf, den Weg der ÖVP in Sachen Asyl weiter in Richtung Gewalt und Chaos zu führen! Setzen Sie sich für funktionierende humane Lösungen ein! Tragen Sie endlich zu Rechtsstaat, Ordnung und Entlastung von Österreich bei! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.30



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 98

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Reinhold Lopatka. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)


13.30.39

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Keine Sorge, Kollege Hafenecker. In Wirklichkeit ist die Debatte auch bei Ihnen heute recht lustlos abgelaufen. Es ist gut, Kollege Hafenecker, dass du nach mir noch zu Wort kommst. Warum? Ich habe ja gestern den Versuch unternommen, von der FPÖ eine klare Antwort zu erhalten, nach dieser Eskalation, die letzte Woche erfolgt ist, in zweifacher Hinsicht. (Abg. Belakowitsch: Das ist ja keine Fragestunde, Herr Kollege!)

Ich sage Ihnen etwas: Ich habe gestern nachgezählt, da hat es an die 30 Zwi­schenrufe von Ihnen gegeben. Geben Sie mir die Möglichkeit - - (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Nein, von der Fraktion. Sie sind nicht allein auf der Welt, Frau Kollegin Belakowitsch (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Grünen und NEOS), es gibt auch noch ein paar andere freiheitliche Abgeordnete.

Wenngleich ich Ihnen sagen muss: Einer hat die Grenzen der FPÖ schon erkannt. Er sitzt hinter mir. Das letzte Mal war er Ihr Präsidentschaftskandidat, jetzt ist er damit zufrieden, Gemeinderat in Pinkafeld zu sein. Zu den Vorzugsstimmen darf ich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Sie werden auch nächsten Sonntag Ihre Grenzen sehen: Sie werden weit weg vom Ergebnis von Hofer sein, das sage ich Ihnen schon jetzt. (Abg. Kickl: Sie feiern mit Van der Bellen!) Sie werden weit weg sein (Abg. Kickl: Sie werden sich noch wundern!), denn diese Einengung der Partei, die Sie hier vornehmen, Herr Klubobmann Kickl, das ist eine Isolation, und da sind Sie eins mit Putin: Auch er treibt Russland immer mehr in die Isolation, und Sie hier im Haus die Frei­heit­liche Partei. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl – in Richtung ÖVP –: Wenn sich jemand isoliert, dann Sie, ...!)

Sie isolieren die FPÖ immer mehr. Die Vernünftigen unter Ihnen merken das ja schon. Sie werden das auch noch bemerken. (Abg. Kickl: Als Generaldirektor ... bis zum Gehtnichtmehr! Außer wenn Sie ganz abgetakelt sind, dann dürfen Sie wieder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 99

daherkommen!) – Das ist genau Ihre Wortwahl: „abgetakelt“, der Bundes­prä­sident ist für Sie der „Oberpapagei“. (Abg. Kickl: Genau!) Für diese Wortwahl sollten Sie sich eigentlich schämen. (Abg. Kickl: Nein!) – Doch, denn das ist auch menschenverachtend. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Ein Bundespräsident ist kein Papagei! Denken Sie darüber nach! Diese Vergleiche aus der Tierwelt, die Sie hernehmen, passen genau in Ihr Bild.

Herr Klubobmann Kickl, ich hätte mir erwartet – Hafenecker wird ja nach mir noch sprechen –, dass Sie den Österreicherinnen und Österreichern sagen, wie Sie das sehen. Sehen Sie diese gewaltsame Annexion dieser vier ukrainischen Regionen, Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson, als legal an? Sehen Sie das als richtig an? (Abg. Deimek: ... nicht aufgepasst!)

Das hätte ich sehr gerne von Ihnen gewusst. Reden Sie noch immer davon, dass Putin hier keinen Angriffskrieg führt? Das hätte ich gerne von Ihnen gewusst. Und wenn Sie das als legal sehen, dann sagen Sie es. Wenn Sie es nicht als legal sehen, dann müssten Sie eigentlich auch für die Sanktionen sein.

Oder soll man alles einfach hinnehmen? (Ruf bei der FPÖ: Nein!) Den Tod von Tausenden einfach hinnehmen, wie Sie es wollen? (Ruf bei der FPÖ: Wie stehst du zum Kosovo? – Abg. Hafenecker: Wo waren die Sanktionen gegen die Vereinigten Staaten, ... Massenvernichtungslager ...? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist gut, dass Sie zum Nachdenken kommen. Ich sage Ihnen, das ist gut.

Zum zweiten Punkt: Natürlich war es richtig, dass sich gestern der Bundes­kanzler mit Vucić und mit Orbán getroffen hat, na, selbstverständlich. Erstens einmal: Niemand kann sich seine Nachbarn aussuchen. Zweitens: Man muss bestmöglich mit seinen Nachbarn zusammenarbeiten. Und wir brauchen da Orbán und wir brauchen da Vucić.

Wenn er die Änderung vornimmt, was die Visa betrifft, wenn er quasi diese Einflugschneise schließt, dann ist das ein ganz, ganz wichtiger Schritt (Abg. Kickl: Dann wird es spannend, wie die Position Indiens zum Kosovo ist!), denn man soll richtigerweise beim Außengrenzschutz beginnen, anstatt darüber nachzudenken,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 100

wie man zu raschen Abschiebungen kommt. Es ist richtig, was der Bundeskanzler da gestern gemacht hat, absolut richtig! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Innenminister hat schon sehr ausführlich dazu Stellung genommen. Schauen Sie, die „Neue Zürcher Zeitung“ hat am 27. September richtig geschrieben (ein Exemplar der Zeitung mit dem zitierten Artikel zeigend): „Serbien entwickelt sich zur Drehscheibe für die Migration über die Balkanroute“. Daher ist Vucić der richtige Ansprechpartner.

Übrigens hat die ÖVP, falls es Ihnen entgangen ist, ihre Position zum Thema Flüchtlingspolitik nie geändert. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Als wir mit Ihnen in der Regierung waren, haben wir diese Position vertreten. Jetzt sind wir mit den Grünen in der Regierung. Wir haben hier eine klare Linie: Wenn jemand zu uns kommen will, um seine wirtschaftliche Lage zu verbessern, ist das zu wenig. Das sagen wir ganz klar. Wenn jemand – wie es bei den Indern der Fall ist – null Chance hat, den Asylstatus zu bekommen, dann muss man das den Menschen ganz klar sagen. (Abg. Kickl: Dann können Sie ja heute mitstimmen! Stimmen Sie heute mit!) Da brauchen wir von Ihnen keine Aufforderungen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Wir sind pakttreu!)

Ich komme schon zum Schluss. Ja, der Migrationsdruck auf Europa ist riesig. Dieser Migrationsdruck wird nicht abnehmen, wenn ich vor allem an Afrika denke. Umso wichtiger ist es, hier eine klare Sprache zu finden. Das, woran wir massiv arbeiten müssen, ist eine europäische Lösung. (Abg. Kassegger: Das hören wir seit 15 Jahren!) Da gebe ich Ihnen recht, davon sind wir noch weit entfernt.

Solange das nicht möglich ist, werden wir mit unseren Nachbarn bestmöglich zusammenarbeiten, und da ist – wie ohnehin vom Innenminister schon gesagt wurde – Ungarn für uns ganz wichtig, und da brauchen wir auch die Unter­stützung von Serbien, und wir werden sie auch unterstützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krisper: Worin?)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 101

13.36.38

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Innenminister! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuseher! Ich möchte mich bei der heutigen Sondersitzung vor allem auf die Themen Wohlstand und Sicherheit in Österreich konzentrieren.

Österreich gehört zu den reichsten Ländern der Welt. Die in Österreich beste­hende soziale Sicherheit ist eng verknüpft mit unserem treffsicheren Sozialstaat. Menschen gegeneinander auszuspielen erhöht sicher nicht die Sicherheit in Österreich. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Im Gegensatz zur FPÖ bedeutet Sicherheit für uns nicht, einfach die Grenzen zu schließen. Sicherheit bedeutet für uns, dass die Menschen in Österreich wissen, wie sie morgen ihre Miete, ihre Heizkosten, die Stromrechnung oder die Lebensmittel bezahlen können.

Der erste ÖGB-Präsident Johann Böhm hat treffend ausgeführt: „Soziale Sicherheit ist die verlässlichste Grundlage der Demokratie.“ (Beifall bei Abgeor­dneten von SPÖ und Grünen.)

Der soziale Friede in Österreich muss aber weiterhin geschützt und gepflegt werden. Derzeit verschärft sich die Situation extrem. Die Inflation ist auf einem Höchstwert und die Belastung für die Menschen steigt ins Unermessliche. Die Bundesregierung versteckt sich in der Zwischenzeit und will nicht arbeiten.

Andere EU-Länder haben den Ernst der Lage bereits erkannt. Wir könnten mit Deutschland mitziehen, einen Gaspreisdeckel einführen und so Wirtschaft und Menschen schützen, aber anstatt die Menschen tatsächlich zu entlasten und das Leben für sie leistbar zu machen, führten die Regierungsparteien gestern die CO2-Steuer ein und heizten damit die Teuerungswelle weiter an.

ÖVP und Grüne stimmten auch gestern gegen die Abkoppelung des Strom­preises vom Gaspreis, die sogenannte Meritorder. Für uns ist das wieder typische ÖVP-Klientelpolitik: Die Gewinne der Konzerne sollen weiter gesteigert


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 102

werden und die Menschen in Österreich sollen dafür bezahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nicht nur bei den Energiepreisen bekommen wir die hohe Inflation zu spüren, auch die Kosten für Lebensmittel steigen rasant. Deshalb fordern wir die Bundesregierung nachdrücklich auf, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu streichen.

In einer solidarischen Gesellschaft sollte es selbstverständlich sein, dass diejenigen schnell Unterstützung bekommen, die es am nötigsten brauchen. Ich denke da vor allem an Pensionistinnen und Pensionisten, aber vor allem auch an Menschen mit Behinderungen.

Der Teuerungsbonus wurde mit der Gießkanne ausgeschüttet, ohne Berück­sichtigung der persönlichen Lebensumstände der Menschen. Echte soziale Gerechtigkeit schaut anders aus. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried: Gute Rede!)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.39.35

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute eine Dringliche Anfrage vor uns liegen, in der es angeblich um Wohlstand und Sicherheit geht. Ich sage angeblich, denn man findet in dieser Dringlichen Anfrage und auch im Antrag vieles, nur findet man relativ wenig zum Thema Wohlstand und Sicherheit.

Man findet das, was von der FPÖ in den letzten Wochen, in den letzten Mona­ten, in den letzten Jahren üblicherweise kommt. In den letzten Wochen war es vor allem die Frage der EU-Sanktionspolitik gegen das arme Russland, und sonst findet man das Übliche: Es droht wieder ein Asylansturm, es wird wieder Geld zu den Asylanten hin verteilt, was auch immer.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 103

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der gestrigen und nach der heutigen Sitzung habe ich ein paar Fragen – es bleiben nämlich, wenn die FPÖ irgendwelche Anträge einbringt oder irgendwelche Initiativen setzt, immer mehr Fragen als Antworten übrig –: Ich frage, ob es wirklich irgendjemanden gibt – in diesem Land oder überhaupt –, der tatsächlich meint, dass es einem kleinen Land wie Österreich gelingt, abseits der internationalen Staatengemeinschaft allein der Inflationsspirale zu entkommen.

Meine zweite Frage ist, ob wirklich irgendjemand glaubt, dass die Frage der Energieversorgung, der Energiepreise, sprich, ob diese Krise abseits irgendwelcher internationaler Zusammenarbeit ohne internationale Verträge bewältigt werden kann.

Eine weitere Frage ist, ob wirklich irgendjemand in diesem Land angesichts des Arbeitskräftemangels, den wir in immer mehr Branchen haben – ich denke nur an den Sozial- und Gesundheitsbereich, der ganz elementar davon abhängt, dass wir möglichst viele Menschen hier haben, die bei uns arbeiten wollen und die sehr oft migrantischen Hintergrund haben –, glaubt, dass es funktionieren könnte, wenn wir diese Kolleg:innen nicht mehr unter uns hätten. Das frage ich mich tatsächlich. (Beifall bei den Grünen.) Wer soll das in diesem Land glauben?

Letztlich stellt sich auch die Frage, ob wirklich irgendwer ernsthaft glaubt, dass diese rückwärtsgewandte Politik der FPÖ tatsächlich die Interessen der Arbeit­nehmer:innen vertritt. (Ruf bei der FPÖ: ... Wähler!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen wir uns doch einmal im Sinne des Wohlstandes der Gesellschaft an, was denn die FPÖ in den letzten 22 Jahren, in denen sie teilweise auch in der Regierung war, den Menschen an Wohlstand gebracht hat – beziehungsweise was denn der Wohlstand war oder ist, den Sie meinen, denn da liegen nämlich Theorie und Praxis oftmals sehr weit auseinander. Wenn sich eine Partei als Partei der kleinen Leute aufspielt, als soziale Heimatpartei, dann wird es schon einmal verdächtig. Da ist nämlich oft wenig Soziales und wenig Kleines mit dabei.


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Da ist es schon interessant: Im Jahr 2000 gab es eine schwarz-blaue Koalition, und da wurde das Arbeitslosengeld, die Nettoersatzrate auf 55 Prozent gekürzt (Ui-Rufe bei den Grünen – Zwischenrufe bei der FPÖ), da wurde die Valorisierung des Arbeitslosengelds und der Notstandshilfe abgeschafft. Mit welchen Stimmen? – Mit den Stimmen der FPÖ, der Kleine-Leute-Partei. (Abg. Kickl: Was wurde eingeführt? Das Kinderbetreuungsgeld wurde eingeführt!)

In den Jahren 2003, 2004 wurde unter einem freiheitlichen Sozialminister die bis jetzt schärfste Pensionskürzungsreform beschlossen, die es je gegeben hat, die nur deshalb einigermaßen abgemildert werden konnte, weil die Gewerkschaften damals Zehntausende Menschen auf die Straßen gebracht haben, das muss ganz klar gesagt werden.

Mit den Stimmen der FPÖ wurde damals auch eine Strafsteuer für kranke Menschen beschlossen, die sogenannte Ambulanzgebühr, die erfreulicherweise vom VfGH damals aufgehoben worden ist – auch eine klassische Politik, die Wohlstand bringt, vor allem für die kleinen Menschen in diesem Land. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Erinnern wir uns nun an die vorige Legislaturperiode, Türkis-Blau, als ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz beschlossen wurde unter einer FPÖ-Sozialminis­terin, die behauptet hat, von 150 Euro könne man doch ohne Weiteres leben. Das war ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das gerade Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind, besonders stark betroffen hat. – Ja, man wollte die Asylwer­ber:innen treffen. Tatsächlich getroffen hat man die Frauen, die in den Gewaltschutzzentren sitzen. So schaut’s nämlich aus! (Beifall bei den Grünen.) Diesem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz konnten wir glücklicherweise einige Zähne ziehen, wenn auch längst nicht alle.

Nicht zuletzt wurde unter einer FPÖ-Sozialministerin auch eine Gesundheits­reform beschlossen, die letztlich die Arbeitnehmer:innen in der ÖGK wei­testge­hend entmachtet hat.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll176. Sitzung, 4. Oktober 2022 / Seite 105

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kurz gesagt: Geht es um Wohlstand, vertritt die FPÖ mit Sicherheit nicht die Interessen dieser Republik und der Menschen in diesem Land. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich in Anleh­nung an eine ehemalige Sozialministerin noch kurz eine Frage stellen: Wer sichert den Wohlstand in diesem Land? (Abg. Wurm: Die FPÖ!) Wer schafft den Wohlstand in diesem Land? (Ruf bei der FPÖ: Die Freiheitlichen!) – Die FPÖ sicher nicht! Merken Sie sich das endlich einmal! (Beifall und Bravorufe bei den Grünen sowie Beifall bei der ÖVP.)

13.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.44.44

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Zugegeben, wir erleben gerade die wahrscheinlich schlimmsten Krisen der Zweiten Republik, man muss aber auch zugeben, dass wir gerade auch die schlechteste Regierung der Zweiten Republik erleben. (Abg. Schwarz: Wirklich?) Dies nicht nur aus ideologischen Gründen, sondern leider sind die Damen und Herren auf der Regierungsbank auch handwerklich sehr unbegabt, was politische Umsetzung betrifft. (Abg. Deimek: Das ist richtig!)

Nehammer fährt zum Beispiel zu Orbán, um mit seinem ÖVP-Lieblingsthema Migration die niedersten Instinkte zu bedienen, die FPÖ will heute mit ihrem Asylthema noch einmal Schwung in einen misslungenen Bundesprä­sident­schaftswahlkampf bringen, um die Kernwähler:innenschaft zu mobilisieren. Den Grünen ist die Energie in Wirklichkeit noch zu billig, sie heizen die Heizkosten und die Inflation noch zusätzlich durch eine CO2-Bepreisung an.

Gleichzeitig leben in der Zwischenzeit viele Menschen am Rande ihres Existenz­minimums. Für viele ist das Leben nicht mehr leistbar. Die Einkaufswägen


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werden mit demselben Geldbetrag immer weniger befüllt. (Abg. Wurm: Deshalb FPÖ wählen, die Freiheitlichen stärken!) Menschen haben Angst, dass sie im Herbst und im Winter nicht werden heizen können.

Da muss man sich schlicht und einfach die Fragen stellen: Geht es euch eigentlich noch gut? Wie weit kann man von den Lebensrealitäten der Menschen eigentlich entfernt sein?! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie weit man von den Lebensrealitäten entfernt sein kann, zeigt ja auch, was die Regierung bisher in Sachen Teuerung und Inflation auf den Weg gebracht hat. Da gibt es zum Beispiel diesen 500-Euro-Gutschein oder 500 Euro auf das Konto überwiesen. (Abg. Maurer: Ist das nichts?) – Und zum Thema handwerklich unbegabt: Ihr schafft es nicht einmal, 500 Euro innerhalb eines Monats zu überweisen. Ihr schafft es sogar nicht einmal, jenen Menschen, die ein Konto bei FinanzOnline eingerichtet haben, dieses Geld dorthin zu überweisen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS), sondern schickt irgendwelche Gutscheine aus, sodass dann ein Konzern aus Frankreich 21 Millionen Euro verdient. Das ist eure Soforthilfe, das ist eure schnellste Hilfe.

Diese 500 Euro, die ihr da so großzügig ausgebt – abgesehen davon, dass sich die Menschen das schon lange mehrmals selbst bezahlt haben –, diese 500 Euro decken doch bei Weitem nicht ab, was die Menschen in den letzten acht, neun oder zehn Monaten an der Tankstelle, beim Einkaufen, für Energie, für Strom, Gas und so weiter schon lange ausgegeben haben. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, und das bedeutet, dass ihr einmal mehr nur das Symptom bekämpft, aber nicht die Ursache. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ihr nämlich die Ursache bekämpfen würdet, würdet ihr keine Gutscheine verschicken, sondern endlich einen Preisdeckel einführen, dann würdet ihr endlich den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln. Das macht ihr aber nicht, sondern ihr glaubt, ihr könnt dieses Problem Teuerung beziehungsweise Inflation mit einem Gutschein lösen. Das ist ungefähr so, wie wenn man der Meinung ist, man könne einen Beinbruch mit einem Pflaster von Arielle, der Meerjungfrau,


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behandeln. So sinnvoll ist das in Wirklichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Was heute wie so oft noch gar nicht angesprochen wurde, ist die Situation der Gemeinden, die Situation der Vereine, das gesellschaftliche Leben in unserem Land. Unter der Teuerung leidet nämlich nicht nur die Wirtschaft, es leiden nicht nur die Menschen unter der Teuerung, sondern es leiden auch die Gemeinden unter der Teuerung. In den Gemeinden gibt es bei der Straßenbeleuchtung, bei Kindergärten, bei Schulen und so weiter und so fort teilweise eine Verzehn­fachung des Energiepreises, und es gibt seitens Regierung noch überhaupt keine Lösung, wie man dem irgendwie entgegenwirken kann.

Was bedeutet das dann am Ende des Tages? – Am Ende des Tages bedeutet das für uns alle, denn wir alle leben in einer Gemeinde, Leistungskürzungen. Ent­weder gibt es Leistungskürzungen oder es werden Gebühren erhöht, denn was machen die Gemeinden – Herr Innenminister, Sie waren einmal Bürgermeister –, wenn es zum Beispiel um Müllentsorgung, um Wasserversorgung oder um die Abwasserentsorgung geht? – Jede Gemeinde ist verpflichtet, den Gebüh­ren­haushalt ausgeglichen zu halten: Wenn die Energiepreise steigen, steigen automatisch die Gebühren, und das heißt, dass die Bürgerinnen und Bürger noch einmal belastet werden. Das ist das Ergebnis eurer Gutscheinpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, und deshalb gehört jetzt endlich ein Preisdeckel her! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Schnitzelgutschein!)

Ihr werdet ihn ja auch umsetzen, ganz Europa wird diesen Preisdeckel um­setzen – ihr könnt ihn nur jetzt noch nicht einführen, denn sonst müsstet ihr der SPÖ recht geben, die ihn schon seit Monaten fordert! Aus diesem Grund werdet ihr jetzt noch ein bisschen darüber diskutieren, wie ihr das nennen könnt, vielleicht sagt ihr nicht Preisdeckel dazu, dann lasst ihr euch ein anderes Wort einfallen, am Ende wird er aber kommen, denn anders können die Inflation und die Teuerung nicht bekämpft werden.


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Die Frage ist nur, wie lange die Bürgerinnen und Bürger noch unter dieser Parteipolitik leiden müssen. Macht es endlich und setzt den Preisdeckel um! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte schön.


13.50.52

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen zu Hause! Heute Morgen sind im politischen Österreich zwei Dinge geschehen. Erstens: Die Koalition hat ein riesiges Pensionserhöhungspaket präsentiert. Fast 6 Prozent Pensionserhöhung für alle, über 8 Prozent für den Durchschnitt und über 10 Prozent für Pensionist:innen mit Ausgleichszulage, für die Mindest­pen­sionen. Das ist das, was real geschieht. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Loacker streicht mit der rechten Hand mehrmals schnell über die geöffnete linke Hand und wendet sich dabei in alle Richtungen.)

Dann geschieht noch etwas anderes: Die Freiheitlichen beantragen hier im Parlament eine Sondersitzung zum Thema „Wohlstand und Sicherheit“. Es ist das erste Mal, dass im Auftrag einer ausländischen Macht eine Sondersitzung des österreichischen Nationalrates stattfindet. Im Auftrag einer ausländischen Macht wird hier eine Nationalratssitzung missbraucht. (Abg. Kickl: Sie sind wirklich nicht mehr zu retten! – Abg. Steger: Langsam ist das ein Satireprojekt!)

Es ist die Frage, wie man damit umgehen soll, wenn man sich auf so etwas vorbereitet, aber Sie machen es einem leicht, Herr Klubobmann Kickl: Sie stellen sich ans Rednerpult und werfen gleich in Ihrem ersten Satz jemandem vor, ein Verräter zu sein. Dann geht es noch darum, dass die Leute eine Gehirnhälfte weniger haben, „Versager“ sind oder sonst etwas. (Abg. Kickl: Das hat doch der Mahrer gesagt!)


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Wenn Sie selbst andere als Verräter bezeichnen, dann ist es natürlich nur legitim, Ihnen eines zu sagen: Wenn Sie hier für Putin eine Sitzung machen, dann sind Sie wohl ein Verräter an dem, wofür dieser Nationalrat stehen sollte! Das ist traurig, das ist ausgesprochen traurig. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Steger.)

Ich habe Ihnen gestern gesagt: Wenn Sie tatsächlich eine Nationalratssitzung benutzen, um einem ausländischen Autokraten hier den Dienst zu erweisen, seine Politik zu betreiben, dann sollten Sie besser zurücktreten. (Abg. Steger: Können Sie auch ein Argument bringen? – Abg. Kickl: Nein, wir machen es für die Österreicher, aber dass Sie nichts verstehen, wundert mich nicht!)

Es wundert mich nicht, dass Sie das nicht tun, denn was sollten Sie denn sonst noch hackeln – mit einem abgebrochenen Philosophiestudium und da Sie 30 Jahre lang nichts anderes als Parteistrategie gemacht haben (Abg. Kickl: Aber sehr erfolgreich – erfolgreich im Unterschied zu Ihnen!), nichts anderes außer einem Parteijob gemacht haben –, Sie können ja gar nichts anderes machen!

Das ist aber ein Problem für diese Republik, denn Sie machen nur Strategie - - (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Das sagt der Richtige, mit 20 Jahren Privatwirtschaft! Ich habe da draußen etwas gehackelt, im Gegensatz zu Herrn Kickl – jetzt hätte ich fast Putin gesagt.

Es ist ein Problem, wenn Sie nur mehr Parteistrategie betreiben und den Natio­nalrat nach Strich und Faden bei jeder Gelegenheit missbrauchen und Politik in diese Richtung machen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Das werden Sie nicht entscheiden, wer was missbraucht und wer was ...! Absolut totalitär!)

Jedes einzelne Mal benutzen Sie dabei Ihre Wählerinnen und Wähler, und es ist Ihnen vollkommen wurscht, wie es denen geht. (Abg. Hauser: Ich hoffe, dass diese Rede viele Zuseher hat!)

Ich habe heute noch einmal nachgeschaut: Am 12. März vor zwei Jahren hatten wir den ersten Coronatoten, und wissen Sie, was Sie am 13. März gesagt haben? – Am 13. März vor zwei Jahren haben Sie sich ans Rednerpult gestellt und gesagt, jeder, der zu Hause bleibt, der im Lockdown bleibt, sei ein Held – ein


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Held! Sie haben den härtestmöglichen Lockdown gefordert. (Abg. Kickl: Wir haben dazugelernt und Sie nicht!)

Am 14. haben Sie mitgestimmt, am 15. März ist das in Kraft getreten. Damals waren Sie dafür, und dann haben Sie bemerkt, dass Ihnen eine andere Haltung strategisch nützt, und dann haben Sie den Leuten sogar Pferdeentwur­mungs­mittel empfohlen! (Abg. Kickl: Dann haben wir gemerkt, dass Sie gelogen haben! – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Sie verkaufen Ihre eigene Bevölkerung an Hersteller von Pferdeentwurmungs­mitteln, wenn es für die Strategie der FPÖ notwendig ist, und Sie verkaufen sie auch an Putin. – So geht das nicht, und das ist ein Problem! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abgeordneten Hauser und Kickl.)

Wir werden im österreichischen Nationalrat ein Zeichen setzen, ich habe mit den Kolleginnen und Kollegen gesprochen – hier ist der Ort der Demokratie, an dem wir darüber sprechen, was der Republik nützt, was der Bevölkerung hier nützt –: Alle vier Parteien werden diesem Antrag zustimmen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich möchte folgenden Antrag, in dem es darum geht, dass wir uns für diese Sanktionen und für eine gemeinsame europäische Politik aussprechen (Ruf bei der FPÖ: Einheitsbrei!), einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, MBA, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „geschlossenes EU-Auftreten für starke gemeinsame Maßnahmen in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und für volle Unterstützung der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich sowohl anlässlich der Tagung der Europäischen Politischen Gemeinschaft und des informellen Europäischen Rates in Prag am 6./7. Oktober 2022, sowie in anderen relevanten Gremien auf


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europäischer sowie internationaler Ebene mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für die sofortige Einstellung der militärischen Aggression Russlands und den unverzüglichen und vollständigen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine einzusetzen.“

(Abg. Belakowitsch: Dafür brauchen Sie jetzt einen Antrag?)

„Des Weiteren wird die Bundesregierung ersucht, weiterhin Vermittlungsbemü­hungen zur Wiederherstellung der Achtung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen zu unterstützen und sich für eine klare Verurteilung der in den besetzten Gebieten der Ukraine stattgefundenen und von Russland inszenierten Scheinreferenden auf europäischer und internationaler Ebene einzusetzen.“

(Zwischenruf der Abg. Steger. – Abg. Belakowitsch: Selten schlechter Antrag!)

„Zudem soll sich die Bundesregierung aktiv für eine rasche und lückenlose Auf­klärung und Untersuchung der Ursachen der beschädigten Nord Stream Pipelines auf europäischer Ebene einsetzen.

Des Weiteren wird die Bundesregierung ersucht, weiterhin konstruktiv zur Ausarbeitung und Verhängung europäischer Maßnahmen beizutragen, mit dem Ziel, die russischen Möglichkeiten zur Fortsetzung der Aggression gegen die Ukraine wirksam zu reduzieren.“

(Abg. Steger: Also gar keine Sanktionen?!)

„Nicht zuletzt wird die Bundesregierung ersucht, Maßnahmen auf EU-Ebene zu forcieren, die eine rasche Reduktion der Energieabhängigkeit von Russland, vor allem einen schnellstmöglichen Umstieg auf erneuerbare Energien und die Steigerung der Energieeffizienz ermöglichen, sowie Maßnahmen wie einen gemeinsamen Gaseinkauf auf europäischer Ebene aktiv zu unterstützen.“

*****

(Abg. Kickl: Ich habe gedacht, das machen Sie eh schon alles!)


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Werte Freiheitliche! Sie haben die Möglichkeit, sich so wie alle anderen Abge­ordneten hier im Interesse dieser Republik für diese Forderungen aus­zu­sprechen – oder aber wir sprechen über Verräter. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen

betreffend geschlossenes EU-Auftreten für starke gemeinsame Maßnahmen in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und für volle Unterstützung der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen und Asylantenansturm" in der 176. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 4. Oktober 2022

Der ungerechtfertigte Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine, der am 24. Februar 2022 begann, stellt einen tiefen Einschnitt im Weltgeschehen dar. Die internationalen sozialen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Aus­wirkun­gen sind enorm, insbesondere auf die Energie- und Lebensmittelmärkte. Die Euro­päische Union und ihre 27 Mitgliedstaaten stehen einmal mehr vor der Aufgabe, mit Einigkeit auf diese vielfältigen Herausforderungen zu reagieren.

Der österreichische Nationalrat hat bereits mehrmals in seinen Entschließungen vom 24. Februar 2022 und vom 8. März 2022 sowie im EU Hauptausschuss in Form einer Stellungnahme am 24. März 2022 die Aggression Russlands gegenüber der Ukraine auf das Schärfste verurteilt und klargemacht, dass Österreich an der Seite der Ukraine und ihrer Bevölkerung steht und diese weiterhin tatkräftig unterstützt.

Zwischen Februar und Juli 2022 hat die Europäische Union in enger Abstimmung mit internationalen Partnern insgesamt sieben massive Sanktionspakete beschlossen, mit einem Fokus auf russische Schlüsselsektoren im Bereich Verteidigung, Finanzen, Handel, Energie, Transport und Medien sowie individuelle Sanktionen für derzeit über


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100 Organisationen und 1200 Einzelpersonen. Die Europäische Kommission hat weitere Sanktionen als Reaktion auf die Scheinreferenden in den besetzten Gebieten und die folgende Annexion dieser Gebiete am 30. September durch die Russische Föderation vorgeschlagen.

Die Europäische Union, genauso wie Österreich verurteilten diese inszenierte Abstimmung. Sie stellt einen weiteren völkerrechtswidrigen Akt Russlands dar, ohne jegliche demokratische Legitimation. Die Annexion der besetzten Gebiete durch die Russische Föderation ist ebenso völkerrechtswidrig und wird weder von der Euro­päischen Union noch von Österreich anerkannt.

In der Nacht zum 26. September 2022 wurden drei Lecks an den Nord Stream Pipelines in der Nähe der dänischen Insel Bornholm entdeckt. Mittlerweile hat die schwedische Küstenwache ein viertes Leck gefunden. Hohe EU-Vertreterinnen und Vertreter äußern die Vermutung, dass es sich um Sabotage durch einen staatlichen Akteur handelt. Eine Untersuchung ist im Gange.

Diese Entwicklungen werden auch Thema anlässlich des Treffens der Staats- und Regierungschefs im Rahmen der Tagung der sog. „Europäischen Politischen Gemein­schaft“ und des informellen Europäischen Rates in Prag am 6./7. Oktober 2022 sein. Das Ziel ist, gemeinsam als EU die bevorstehenden Herausforderungen zu meistern und eine starke Antwort gegenüber dem russischen Aggressor zu formulieren.

Es gibt in Österreich politische Kräfte, die in der heimischen Innenpolitik die Inter­essen des russischen Präsidenten Wladimir Putin vertreten und auch parla­mentarische Mittel im Sinne russischer Positionen einsetzen. Beobachter einer politischen Partei wurden sogar zum international nicht anerkannten Referendum entsandt, das zur Annexion der Krim führte. Diese bewerteten die von der inter­nationalen Gemeinschaft als völkerrechtswidrig verurteilte Abstimmung als frei von Zwang.

Vor diesem Hintergrund sowie im Lichte der fortschreitenden eskalierenden Situation in der Ukraine ist es notwendig, dass die österreichische Bundesregierung mit Nach­druck ihre volle Unterstützung für die Ukraine und ihre Bevölkerung ausspricht und alle stattgefundenen Scheinreferenden in den besetzten Gebieten der Ukraine als


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Völkerrechtsbruch verurteilt. Ein geschlossenes Auftreten und solidarisches Handeln der Europäischen Union ist ein Gebot der Stunde, um ein starkes politisches Signal in Bezug auf den russischen Angriffskrieg und dessen Folgen zu senden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich sowohl anlässlich der Tagung der Euro­päischen Politischen Gemeinschaft und des informellen Europäischen Rates in Prag am 6./7. Oktober 2022, sowie in anderen relevanten Gremien auf europäischer sowie internationaler Ebene mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für die sofortige Einstellung der militärischen Aggression Russlands und den unverzüglichen und voll­ständigen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine einzusetzen.

Des Weiteren wird die Bundesregierung ersucht, weiterhin Vermittlungsbemühungen zur Wiederherstellung der Achtung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen zu unterstützen und sich für eine klare Verurteilung der in den besetzten Gebieten der Ukraine stattgefun­denen und von Russland inszenierten Scheinreferenden auf europäischer und inter­nationaler Ebene einzusetzen.

Zudem soll sich die Bundesregierung aktiv für eine rasche und lückenlose Aufklärung und Untersuchung der Ursachen der beschädigten Nord Stream Pipelines auf europä­ischer Ebene einsetzen.

Des Weiteren wird die Bundesregierung ersucht, weiterhin konstruktiv zur Ausar­beitung und Verhängung europäischer Maßnahmen beizutragen, mit dem Ziel, die russischen Möglichkeiten zur Fortsetzung der Aggression gegen die Ukraine wirksam zu reduzieren.

Nicht zuletzt wird die Bundesregierung ersucht, Maßnahmen auf EU-Ebene zu forcieren, die eine rasche Reduktion der Energieabhängigkeit von Russland, vor allem einen schnellstmöglichen Umstieg auf erneuerbare Energien und die Steigerung der


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Energieeffizienz ermöglichen, sowie Maßnahmen wie einen gemeinsamen Gaseinkauf auf europäischer Ebene aktiv zu unterstützen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Christian Hafenecker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.56.25

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Kollege Reimon, ich habe mir kurz überlegt, ob ich ein bisschen auf deine Rede eingehen soll, ich werde es jetzt aber lassen, weil mir schade um die Zeit ist. Mir ist jetzt aber eines klar, nämlich warum gerade die Grünen so dahinter sind, dass in diesem Land die Drogen freigegeben werden – diese Rede hat vielleicht auch damit etwas zu tun. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht noch zu Kollegen Lopatka: Bei Kollegin Jachs und Kollegen Lopatka hat man gemerkt, dass den schwarzen Abgeordneten im Haus jetzt allmählich dämmert, dass die Mandate knapp werden. Sie verwinden sich und verdrehen sich da in ihren Reden, dass es schon fast peinlich ist.

Kollege Lopatka, ganz ehrlich: Wenn Sie jetzt hier den Antirusslandkämpfer geben, dann müssen Sie aber schon dazusagen, dass Ihr Entdecker und Förderer Wolfgang Schüssel gewesen ist, der ein Vorstandsmandat bei Lukoil gehabt hat und es bis zum Schluss nicht zurücklegen wollte! (Heiterkeit des Abg. Kickl. – Ruf bei der ÖVP: Ja und?) Was haben Sie denn mit dem im geheimen Kammerl besprochen? Das würde mich interessieren, Herr Kollege Lopatka, das wäre interessant. (Beifall bei der FPÖ.)

Es würde mich auch interessieren, was Sie mit Ihrem Kollegen Landeshauptmann Stelzer und auch mit Wirtschaftskammerchef Mahrer besprechen. Vielleicht reden Sie davor einmal mit dem Generalsekretär, wie er das sieht, vielleicht auch noch mit dem Kollegen von der Seilbahnwirtschaft in Tirol, der hat auch immer Freude gehabt, wenn die Russen bei ihm mit der Seilbahn gefahren sind.


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Verstellen Sie sich nicht so und seien Sie einmal ehrlich, Herr Kollege! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Zurück zum Thema: Kollege Stocker hat vorhin gesagt: „Täglich grüßt das Murmeltier!“ Ja, so geht es mir auch, wenn ich täglich höre, dass irgendjemand von der ÖVP – das ist ja nur ein Austausch von Gesichtern – wieder einmal eine Balkanroute geschlossen hat!

Herr Bundesminister, Sie haben in den letzten Jahren gar nichts dergleichen zustande gebracht. Gestern hat es vielleicht einen Sitzkreis mit dem Herrn Bundeskanzler gegeben, aber es würde mich schon interessieren, was dort tatsächlich ausgemacht wurde. Wir wissen seit Jahren, dass die Visaproblematik in Serbien und im Kosovo eines der Haupteinfallstore für Asylanten darstellt, die schlussendlich dann bei uns landen. Was ist gestern konkret ausgemacht worden?

Wir werden den Sack jetzt zumachen, Herr Bundesminister, ich bringe nämlich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Intensivierung bilateraler Gespräche mit der Regierung der Republik Serbien zur Unterbindung illegaler Migrationsströme“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das vage Versprechen des serbischen Präsidenten, die Visapolitik seines Landes an jene des Schengenraums anzu­gleichen, vehement einzufordern und in intensivierten bilateralen Gesprächen diesem Ziel Nachdruck zu verleihen.“

*****

Wir wollen, Herr Bundesminister, dass da endlich einmal klare Fronten geschaf­fen werden. Wir wollen, dass man nicht wieder irgendeine Besprechung durchführt, sondern dass Sie mit einem Übereinkommen nach Hause kommen, in


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dem steht, dass diese Visaproblematik gelöst ist – das ist der Auftrag, den wir Ihnen heute hier mitgeben wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie immer davon sprechen, dass Sie gewisse Dinge nicht voraussehen können, dann kann ich Ihnen helfen, Herr Bundesminister. Haben Sie schon einmal von der Karawane des Lichts gehört? – Diese hat sich gerade in Bewegung gesetzt: Die Karawane des Lichts ist ein riesengroßer Flüchtlings­strom, der sich in der Türkei gerade in Richtung der bulgarischen Grenze bewegt.

Auch der geschäftsführende Innenminister von Bulgarien hat bereits beklagt, dass da offensichtlich von der Türkei aus Push-forward-Aktionen durchgeführt werden, das heißt, es werden dort gezielt Menschen über die türkische Grenze gepusht, die werden dort hinübergedrückt. Die klettern mit Leitern und Sons­tigem über die Schutzvorrichtungen, kommen über den Seeweg und so weiter und so fort. Das ist ein Problem, das es gerade gibt.

Ähnliche Beobachtungen haben im Übrigen auch die Griechen gemacht, auch dort gibt es entsprechende Aussagen. Es wurde gesagt, dass sie sogar türkische Einsatzfahrzeuge wahrnehmen, die die Leute dort an der Grenze abliefern und ihnen sagen: Dort drüben ist die EU-Außengrenze, da müsst ihr hin! Die Türken machen das proaktiv.

Herr Bundesminister, da würde mich einmal interessieren, welche Maßnahmen Sie dagegen ergreifen und wie wir mit diesen Push-forwards eigentlich umgehen. Das kann man sich doch nicht gefallen lassen, wo ist denn Ihre Reak­tion diesbezüglich? Haben Sie den türkischen Botschafter schon einmal ins Außenamt zitieren lassen, haben Sie darüber gesprochen?

Herr Erdoğan tut das, was er immer tut: Er setzt die gesamte Europäische Union unter Druck – und das mit Menschen, die geflüchtet sind. In Wahrheit, Herr Bundesminister, müssten Sie da aktiv werden, davon haben Sie aber heute in Ihrer Sonntagsrede gar nichts gesagt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Türken sagen also den Leuten, sie hätten jetzt die Qual der Wahl: entweder sie gehen über die europäische Grenze oder sie gehen zurück nach Syrien. – Das gehört auf jeden Fall besprochen.


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Ich möchte noch ganz kurz auf die Grünen eingehen. Kollegin Maurer hat ja kein Wort zu Asyl verloren. Der Einzige, der etwas dazu gesagt hat, war Kollege Bürstmayr – das ist klar: Als Asylanwalt verdient er sein Geld in dem Bereich, da muss er ja fast etwas dazu sagen. Da verstehe ich, dass zumindest Sie Interesse daran gehabt haben. Ansonsten haben Sie aber nur über Russland gesprochen und über irgendwelche Dinge, die eigentlich Herr Van der Bellen geschrieben haben könnte, Frau Kollegin Maurer. Ich möchte noch einmal das Buch aus dem Jahr 2015 in Erinnerung rufen, in dem er Verständnis für Herrn Putin und sein Vorgehen auf der Krim geäußert hat. Frau Kollegin Maurer, was sagen Sie dazu? – Dazu haben Sie kein Wort gesagt!

Ich kann Sie auch noch an eine sehr, sehr unterwürfige Gratulation zur Wahl Putins zum Präsidenten erinnern. Herr Van der Bellen hat Herrn Putin zu seiner Wahl gratuliert und noch gesagt, er hoffe auf ein baldiges Treffen. Frau Kollegin Maurer, warum haben Sie das vorhin nicht erwähnt? Haben Sie das mit Herrn Van der Bellen schon besprochen? Falls nicht: Warum ist Ihnen denn dieser Kandidat passiert? Das muss Ihnen doch international peinlich sein, wenn Sie einen Putin-Versteher als Präsidentschaftskandidaten aufstellen, Frau Kollegin Maurer! Genieren Sie sich nicht dafür? (Beifall bei der FPÖ. – Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Im Übrigen gilt das auch für die Sozialdemokratie: Frau Rendi-Wagner, Sie unterstützen einen Putin-Versteher! Kollege Wöginger, Sie unterstützen einen Putin-Versteher! (Präsident Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Zu den NEOS sage ich gar nichts, denn da ist es mir sowieso egal, wen die unterstützen, aber nichtsdestotrotz - - (Abg. Hanger: Das war wichtig! – Zwi­schen­ruf des Abg. Wöginger.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (fortsetzend): Ich komme zum Schluss: Es gibt nur einen möglichen Bundespräsidenten für Österreich ab dem 9. Oktober, und das ist Dr. Walter Rosenkranz. Der ist nämlich kein Putin-Versteher wie Van der Bellen, sondern ein Österreicherversteher, sehr geehrte


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Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Der arme Walter, das hat er sich nicht verdient!)

14.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Petra Steger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Intensivierung bilateraler Gespräche mit der Regierung der Republik Serbien zur Unterbindung illegaler Migrationsströme

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage „Österreich braucht Wohlstand und Sicherheit statt EU-Sanktionen und Asylantenansturm“ in der 176. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 04. Oktober 2022

Die Balkanroute wurde für illegale Migranten vom ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) leider niemals geschlossen. Im Gegenteil, der Zustrom illegaler Migranten über den Balkan nimmt im Jahr 2022 wieder Ausmaße an, welche an das absolute Staatsversagen aus dem Jahr 2015 stark erinnern.

Serbien gilt seit Jahren als Transitland illegaler Migranten, wobei in diesem Jahr eine neue besorgniserregende Entwicklung eingesetzt hat. Denn die Visapolitik des Westbalkanstaates führt nun dazu, dass zigtausende Migranten nach Serbien visafrei einfliegen bzw. einreisen können, um sich in weiterer Folge illegal in einen Mitgliedstaat der EU zu bewegen. Insbesondere indische Staatsbürger nutzen diese neue Art der illegalen Einwanderung verstärkt.

Dies lässt sich auch aus der Asylstatistik des Bundesministeriums für Inneres ablesen. Während unzweifelhaft die schwarz-grüne Bundesregierung beim Schutz der österreichischen Staatsgrenzen vollkommen versagt und Afghanen und Syrer ungestört illegal nach Österreich einwandern konnten und weiterhin können, erreichten nun auch Asylanträge von Indern einen Rekordwert. Im August 2022


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stellten indische Staatsbürger 3.494 Asylanträge in Österreich und verwiesen damit sogar den illegalen Zuzug aus Afghanistan auf den zweiten Platz (3.368 Asylanträge). (Vorläufige Asyl-Statistik 2022: 5-9)

Insgesamt wurden 56.149 (!) Asylanträge lediglich im Zeitraum von Jänner bis August 2022 gestellt. Dieser Wert übertrifft alle Jahresgesamtzahlen seit 2015, damals wurden 88.340 Asylanträge gestellt. Es ist noch erwähnenswert, dass über 90 Prozent aller Antragsteller männlich sind. (Vorläufige Asyl-Statistik 2022: I, 2)

Im Ö1 Morgenjournal hält Helmut Marban von der Landespolizeidirektion Bur­genland fest: „Wir verzeichnen momentan im Burgenland täglich im Schnitt zirka 400 Migrantinnen und Migranten. Von der Nationalität her überwiegen indische Staats­bürger mit circa 25 bis 30 Prozent.“ (Ö1 Morgenjournal 27.09.2022: Migration im Burgenland: Überwiegend indische Staatsbürger) Das Journal berichtet weiter: „Die Zielländer unterscheiden sich aber die bisherige Reiseroute ist ihnen gemeinsam - zunächst mit dem Flugzeug nach Belgrad.“ (Ö1 Morgenjournal 27.09.2022: Migration im Burgenland: Überwiegend indische Staatsbürger)

Offenkundig wandern indische Staatsbürger, getäuscht von falschen Informationen und Versprechungen, seit geraumer Zeit illegal nach Österreich über Serbien ein, ohne, dass die schwarz-grüne Bundesregierung wirksame Gegenmaßnahmen setzt. Laut der Tageszeitung „Der Standard“ versprechen Schlepperbanden ihren indischen Kunden, dass diese einen Duldungsstatus in der EU bekommen würden. Dies entspricht allerdings nicht den Tatsachen. Denn in „den ersten sieben Monaten des heurigen Jahres wurde in Österreich keinem einzigen Inder Asyl gewährt.“ (Der Standard 22.09.2022: Visafreiheit in Serbien pusht Asylanträge in Österreich)

„Der starke Anstieg von Indern und Tunesiern ist auch damit zu erklären, dass diese derzeit in Serbien ohne Visum einreisen können. In dem Balkanland herrscht Arbeitskräftemangel im Baugewerbe, Belgrad hat deshalb die Einreisebestimmungen erleichtert. ‚Viele Inder arbeiten eine Zeit lang in Serbien, wollen dann aber weiter­reisen‘, heißt es auf STANDARD-Anfrage im Innenministerium.“ (Der Standard 22.09.2022: Visafreiheit in Serbien pusht Asylanträge in Österreich)


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„Diese Personen reisen legal über den Flughafen Belgrad ein und versuchen von dort direkt oder über Rumänien nach Ungarn und somit in den Schengenraum zu gelangen. Österreich etwa hat in diesem Jahr jeweils mehr als 7000 Asylgesuche indischer und tunesischer Staatsangehöriger registriert. Bisher spielten diese Länder als Herkunftsstaaten praktisch keine Rolle. Die Aussicht auf einen positiven Bescheid liegt für ihre Staatsbürger praktisch bei null“. (Neue Zürcher Zeitung 27.09.2022: Serbien wird zum Drehkreuz für Migranten)

Die neue Dynamik der illegalen Migrationsströme auf dem Balkan ist folgerichtig nicht zuletzt auf die Visapolitik der serbischen Republik zurückzuführen. „Denn die Zunahme der Migrationsbewegungen geht teilweise auf Bürger von Staaten zurück, die für Serbien kein Einreisevisum benötigen, für den Schengenraum aber schon. Dazu gehören Tunesien, Ägypten, Indien, Burundi oder Kuba.“ (Neue Zürcher Zeitung 27.09.2022: Serbien wird zum Drehkreuz für Migranten)

Serbien ist seit 2012 EU-Beitrittskandidat, laut WIIW flossen zwischen 2010 und 2020 23 Milliarden Euro an Direktinvestitionen in das Land. 15 Milliarden davon entfielen auf EU-Mitgliedsstaaten, wobei Österreich hierbei mit zwei Milliarden Euro an zweiter Stelle der größten Auslandsinvestoren in Serbien rangiert. Bereits vor 2018 subventionierte die EU Serbien in Milliardenhöhe. (Wiener Zeitung 06.03.2022: Serbien sitzt zwischen den Stühlen)

Es wäre nun notwendig, die bilateralen Gespräche mit der Regierung der Republik Serbien zu intensivieren, um diese illegalen Migrationsströme einzudämmen und zu unterbinden. Als Lösungsansatz bietet es sich an, dahingehend auf die serbische Regierung einzuwirken, dass diese die Visapolitik ihres Staates an jene des Schengen­raums anpasst. Es handelt sich bei dieser Forderung keineswegs um Tagträumerei. Bereits 2018 führte Serbien auf Drängen der EU-Mitgliedstaaten die Visapflicht für iranische Staatsbürger wieder ein. (Neue Zürcher Zeitung 27.09.2022: Serbien wird zum Drehkreuz für Migranten)

Erwähnenswert ist, dass der serbische Präsident Aleksandar Vucić gestern, am 3 Oktober 2022, ein erstes, allerdings alles andere als klares Zugeständnis in diese Richtung machte. „Doch jene Visaregeln des Nicht-EU-Staats Serbien, der Inder,


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Pakistanis, Tunesier sowie Bürgerinnen und Bürger einer Reihe weiterer Drittstaaten für 30 Tage als Touristinnen ins Land lässt, was ein Hauptgrund für die bis Ende August 56.147 Asylanträge in Österreich ist, standen bei dem Treffen nicht im Mit­telpunkt. Obwohl, nach dem Dreierauftritt war dann doch von einer misslungenen Deutsch-Simultanübersetzung der Worte Vucićs die Rede. Dieser habe auf Serbisch angekündigt, bis Jahresende die Visa-Politik seines Landes an die EU-Vorgaben anzupassen.“ (Der Standard 03.10.2022: Migrationsgipfel in Budapest: Serbiens vages Visumversprechen)

Wesentliche Punkte blieben unglücklicherweise unerwähnt, denn es wurden keine Worte dahingehend verloren, für welche Staatsangehörige genau die Visaregeln verschärft werden sollten. Ein konkreter Fahrplan liegt offenbar nicht vor. Die illegale Massenmigration nach Österreich ist zu gefährlich für die Sicherheit unserer Heimat Österreichs, als dass sich die Bundesregierung mit vagen Versprechungen zufriedengeben sollte.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das vage Versprechen des serbischen Präsidenten, die Visapolitik seines Landes an jene des Schengenraums anzugleichen, vehement einzufordern und in intensivierten bilateralen Gesprächen diesem Ziel Nachdruck zu verleihen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abge­ordnete. (Ruf: ... das haben wir uns nicht verdient!)



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14.02.16

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Zum Ende der heutigen Debatte ein Schlusswort unsererseits: Es war schon klar, wieso die FPÖ die heutige Sitzung zu ihrem Lieblingsthema einberuft, nämlich um Herrn Rosenkranz hier Rückendeckung für Sonntag zu geben. (Abg. Hafenecker: Ziehen Sie Ihren Kandidaten zurück, der ist ein Putin-Versteher!)

Es kann einem aber wirklich fast schon ein bisschen leidtun, es war nämlich so armselig. (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Hätten Sie heute hier nämlich tatsächlich konkrete Lösungsansätze vorgebracht, hätten wir sogar zugehört, mitdiskutiert und diese aufgenommen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Wir hätten gemeinsam überlegt, wie wir hier als Parlament tatsächlich daran arbeiten kön­nen, die Situation zu verbessern. Die Herausforderungen sind ja weitgehend bekannt. (Abg. Steger: ... dass man alle hereinlässt!)

Was aber haben Sie hier gemacht? – Sie haben aufgezeigt, dass Sie in der Vergangenheit unfähig waren, diese Herausforderungen zu bewältigen. Herr Kickl, Sie lachen – Sie als ehemaliger Innenminister wissen das am besten! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Meinl-Reisinger.) Sie haben aufgezeigt, dass Sie die Zeit nicht dazu genutzt haben, als Oppositionspartei an vernünftigen Lösungen zu arbeiten. (Abg. Kickl: Die hat die Einkesselung noch immer nicht ganz verkraftet!)

Sie zeigen uns auch einmal mehr, dass Sie hier leider außer verkürzendem Populismus und Polemik nichts zur Lösung all dieser Herausforderungen, vor denen wir stehen, beizutragen haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Abge­ordneten der NEOS sowie des Abg. Lindner. – Zwischenruf der Abg. Steger.)

In diesem Sinne: Die parlamentarische Debatte ist wichtig, auf der anderen Seite ist es schade um die Zeit, wenn es am Ende wirklich keine Lösungen gibt (Abg. Kickl: Es lebe die Arroganz! – Die ÖVP ärgert sich gerade, dass sie bei Ihnen klatschen muss!), keine Lösungen, die wir hier gemeinsam ins Auge fassen könnten, um


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eben all das, was im Raum steht, all das, was zu bewältigen ist – menschen­rechtlich auf der einen und sicherheitspolitisch auf der anderen Seite –, anzugehen. Das tun die Regierungsparteien, das tun wir hier gemeinsam – leider heute wieder ohne Sie. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.04 14.04.27

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünschen die Klubs eine Sitzungsunterbrechung? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung.

Zunächst lasse ich über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zur Deattrak­tivie­rung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Schein­asy­lanten“ abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Michel Reimon, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „geschlossenes EU-Auftreten für starke gemeinsame Maß­nahmen in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg und für volle Unterstützung der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (265/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Intensivierung bilateraler Gespräche mit der Regierung der Republik Serbien zur Unterbindung illegaler Migrationsströme“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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14.05.55Einlauf


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 2841/A(E) eingebracht worden ist.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mittei­lungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 14.06 Uhr, das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

14.06.16Schluss der Sitzung: 14.06 Uhr

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