Stenographisches Protokoll

69. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 10. Mai 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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69. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 10. Mai 200


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69. Sitzung / Seite 2

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Dauer der Sitzung

Donnerstag, 10. Mai 2001: 9.01 – 22.28 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird

2. Punkt: Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen samt Erklärungen

3. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 215/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend die Einrichtung von Clearingstellen

4. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

5. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 140/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Einführung einer verschuldensunabhängigen Medizinhaftung

6. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 225/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend Entschädigungen für die Hepatitis-C-Opfer der Plasmapheresefirmen

7. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 271/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Entschädigungsfonds für durch Plasmaspenden mit Hepatitis-C infizierte Personen

8. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 59/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für den Naturschutz

9. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 232/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Verbot des Ferntransportes von lebenden Tieren

10. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 192/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Maßnahmen zur Reduzierung des Pestizidverbrauchs

11. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 193/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend In-Verkehr-Bringen von Saatgut zur Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen

12. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 194/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Forschungsschwerpunkt für die Herstellung von biologischem Saatgut

13. Punkt: Bericht über den


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Antrag 191/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz geändert wird

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Otmar Brix 30

Angelobung der Abgeordneten Mag. Christine Lapp 30

Personalien

Verhinderungen 30

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 5. Juni 2001 zu setzen 51

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 51

Redner:

Helmut Dietachmayr 160

Mag. Brunhilde Plank 162

Dr. Alois Pumberger 163

Dr. Gottfried Feurstein 165

Karl Öllinger 166

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 167

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages von Nizza in erste Lesung zu nehmen – Annahme 51, 51

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 52

Wortmeldungen betreffend die Nicht-Anwesenheit des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel in der Debatte über den Dringlichen Antrag:

Karl Öllinger 124

Dr. Andreas Khol 125

Dr. Peter Kostelka 125

Dr. Martin Graf 125

Mitteilung  des  Präsidenten  Dr. Heinz  Fischer in diesem Zusammenhang 126

Antrag des Abgeordneten Mag. Werner Kogler im Sinne des § 18 Abs. 3 der  Geschäftsordnung  auf  Anwesenheit  des  Bundeskanzlers  – Ablehnung 126, 126

Aktuelle Stunde (14.)

Thema: "Soziale Integration und Zuwanderung"

Redner:

Ing. Peter Westenthaler 31

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 33

Heidrun Silhavy 36

Dr. Helene Partik-Pablé 37

Mag. Walter Tancsits 39

Mag. Terezija Stoisits 40

Mag. Andrea Kuntzl 41

Mag. Karl Schweitzer 43

Mag. Martina Pecher 44

Karl Öllinger 45

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 30

Ausschüsse

Zuweisungen 48

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an die Bundesregierung betreffend Presse- und Meinungsfreiheit (430/A) (E) 122

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen 126

Staatssekretär Franz Morak 130

Debatte:

Dr. Peter Pilz 131

Dr. Josef Cap 134

Dr. Harald Ofner 137

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 139

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) 141

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 142

Dr. Josef Cap (tatsächliche Berichtigung) 142

Mag. Terezija Stoisits 142

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 144

Doris Bures 146

Dr. Michael Krüger 148

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 149

Dr. Johannes Jarolim 151

Matthias Ellmauer 153

Dr. Helene Partik-Pablé 154

Doris Bures (tatsächliche Berichtigung) 155

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 155

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) 156

Dr. Martin Graf 157

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 158

Dr. Peter Wittmann 158


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Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung 132, 159

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 430/A (E) 159

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (428 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (555 d. B.) 52

Redner:

Dr. Peter Kostelka 52

Wolfgang Jung 54

Dr. Peter Pilz 56

Dr. Andreas Khol 59

Dr. Peter Kostelka (tatsächliche Berichtigung) 61

Dr. Andreas Khol (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) 62

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 62

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) 64

Peter Schieder 65

Mag. Karl Schweitzer 66

Dr. Evelin Lichtenberger 68

Paul Kiss 69

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 74

Rudolf Parnigoni 76

Ing. Herbert L. Graf 78

Anton Gaál 79

Walter Murauer 80

Mag. Gisela Wurm 82

Anton Leikam 84

Wolfgang Jung (tatsächliche Berichtigung) 85

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Vollziehung des Kriegsmaterialgesetzes und des Truppenaufenthaltsgesetzes – Ablehnung 77, 87

Annahme 86

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Regierungsvorlage (437 d. B.): Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen samt Erklärungen (576 d. B.) 87

Redner:

Mag. Walter Posch 87

Dr. Harald Ofner 89

Ing. Kurt Scheuch (tatsächliche Berichtigung) 91

Dr. Christof Zernatto 91

Mag. Terezija Stoisits 93

Staatssekretär Franz Morak 96

Georg Oberhaidinger 98

Dr. Martin Graf 99

Mag. Terezija Stoisits (tatsächliche Berichtigung) 101

Matthias Ellmauer 101

Dieter Brosz 103


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Mag. Christine Muttonen 103

Ilse Burket 105

Edeltraud Lentsch 105

Dr. Gerhard Kurzmann 10


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6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen – Ablehnung 89, 108

Genehmigung des Staatsvertrages 107

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 107

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Entschließungsantrag 215/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend die Einrichtung von Clearingstellen (577 d. B.) 108

Redner:

Mag. Walter Posch 108

Dr. Harald Ofner 109

Mag. Terezija Stoisits 110

Matthias Ellmauer 111

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 112, 118

Inge Jäger 113

Erwin Hornek 114

Mag. Ulrike Lunacek 115

Karl Dobnigg 116

Mag. Barbara Prammer 117

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 118

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 577 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Einrichtung von Clearingstellen (E 82) 118

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (421 d. B.): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (556 d. B.) 119

Redner:

Manfred Lackner 119

Dr. Alois Pumberger 120

Dr. Günther Leiner 122

Dr. Kurt Grünewald 167

Dr. Brigitte Povysil 169

Theresia Haidlmayr 170

Mag. Beate Hartinger 171

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 172

Ing. Kurt Scheuch 173

Genehmigung des Staatsvertrages 174

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 140/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Einführung einer verschuldensunabhängigen Medizinhaftung (557 d. B.) 174

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 225/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend Entschädigungen für die Hepatitis-C-Opfer der Plasmapheresefirmen (558 d. B.) 174

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 271/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Entschädigungsfonds für durch Plasmaspenden mit Hepatitis-C infizierte Personen (559 d. B.) 174

Redner:

Heidrun Silhavy 174

Dr. Brigitte Povysil 176

Dr. Kurt Grünewald 177

Dr. Erwin Rasinger 178

Ing. Erwin Kaipel 180

Jutta Wochesländer 181

Anna Huber 182

Dr. Alois Pumberger 183

Sophie Bauer 183

Gabriele Heinisch-Hosek 184

Mag. Brunhilde Plank 185

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 186

Dr. Elisabeth Hlavac 187

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 557, 558 und 559 d. B. 188

8. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 59/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für den Naturschutz (397 d. B.) 189

Redner:

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 189

Ing. Wilhelm Weinmeier 190

Dr. Eva Glawischnig 191

Erwin Hornek 192

Katharina Pfeffer 193

Ing. Gerhard Fallent 194

Rainer Wimmer 195


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69. Sitzung / Seite 7

Jakob Auer 196

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 197

Mag. Barbara Prammer (tatsächliche Berichtigung) 198

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 198

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 397 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die Förderung von Naturschutzmaßnahmen auf "Natura 2000"-Flächen (E 83) 198

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 232/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Verbot des Ferntransportes von lebenden Tieren (571 d. B.) 198

Redner:

Ludmilla Parfuss 198

Anna Elisabeth Achatz 199

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 200

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) 202

Jakob Auer 202

Dr. Evelin Lichtenberger 203

Franz Hornegger 204

Johannes Schweisgut 205

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung)206

Mag. Dr. Udo Grollitsch 207

Robert Wenitsch 207

Roland Zellot 208

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 209

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 209

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 571 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verbesserung der Situation bei Tierferntransporten (E 84) 209

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 192/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Maßnahmen zur Reduzierung des Pestizidverbrauchs (568 d. B.) 210

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 193/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend In-Verkehr-Bringen von Saatgut zur Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen (569 d. B.) 210

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 194/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Forschungsschwerpunkt für die Herstellung von biologischem Saatgut (570 d. B.) 210

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 191/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz geändert wird (572 d. B.) 210

Redner:

Heinz Gradwohl 210

Roland Zellot 212

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 213

Georg Schwarzenberger 215

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 217

Rainer Wimmer 218

Robert Wenitsch 219

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 220

Robert Wenitsch (tatsächliche Berichtigung) 221

Hermann Gahr 222

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 223

Jakob Pistotnig 224

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 225

Ing. Gerhard Fallent 226

Johannes Zweytick 227

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 568, 569, 570 und 572 d. B. 228


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Eingebracht wurden

Petitionen 48

Petition betreffend "Geplante Ausgliederung der Bundessozialämter" (Ordnungsnummer 22) (überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr )

Petition betreffend "gegen die geplante Schließung des Bahnhofes St. Valentin für den IC-Verkehr" (Ordnungsnummer 23) (überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr )

Petition "für die Realisierung der Renovierung des Bahnhofsgebäudes Steyr (Baubeginn 2002)" (Ordnungsnummer 24) (überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr )

Regierungsvorlagen 47

441: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Bangladesch über die Förderung und den Schutz von Investitionen

480: Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung)

481: Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen

487: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und das Strafvollzugsgesetz geändert werden

518: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Insel Man

520: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen

537: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

538: Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Seegerichtshofs

549: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen

553: Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird

554: Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften

562: Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001

563: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft


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564: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000 bis 2006

565: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages von Nizza

566: Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens

567: 4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle

573: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden

574: Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

575: Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002

578: Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht

579: Bundesgesetz, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten geändert wird

580: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden

581: Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird

582: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

583: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird

584: Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird

585: Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird

586: Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird

587: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden

589: Produktpirateriegesetz – PPG

590: Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001

591: Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank

592: Euro-Umstellungsgesetz Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – EUG-LFUW

593: Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG

594: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden


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69. Sitzung / Seite 10

Berichte 48

III-92: Sonderbericht über die Bankenaufsicht; Rechnungshof

III-95: Bericht über die soziale Lage 1999; BM f. soziale Sicherheit und Generationen

III-96: Bericht über die in den Jahren 1998 bis 2000 zu beobachtenden durchschnittlichen Anfallszahlen an ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmitteln und die daraus resultierenden Belastungen beim Obersten Gerichtshof sowie über die an die Oberlandesgerichte und Landesgerichte gerichteten Anträge auf Änderung der Aussprüche über die Zulassung einer Revision oder eines Revisionsrekurses aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 11. Dezember 1997, E 98-NR/XX.GP; BM f. Justiz

III-97: Erster Bericht zur Umsetzung des Akademien-Studiengesetzes; Arbeitsjahr 1999/2000; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

III-99: Berichte gemäß § 22 des ERP-Fonds-Gesetzes, BGBl. Nr. 207/1962, betreffend die Jahresberichte und Jahresabschlüsse 1998/1999 und 1999/2000 des ERP-Fonds; Bundesregierung

Vorlage 26 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2001, BM f. Finanzen

Vorlage 27 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 2001; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an die Bundesregierung betreffend Presse- und Meinungsfreiheit (430/A) (E)

Heidrun Silhavy und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, BGBl. Nr. 414/1972, geändert wird (431/A)

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Wahrung der Pressefreiheit (432/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend Effizienzsicherung von Geschwindigkeitskontrollen im Straßenverkehr im Sinne der Verkehrssicherheit (433/A) (E)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen betreffend Schuldenerlass für die ärmsten Entwicklungsländer (434/A) (E)

Karlheinz Kopf, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, geändert wird (435/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Mindestanforderungen für den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung und Tötung (436/A) (E)

Mag. Karin Hakl, Ing. Gerhard Fallent und Genossen betreffend die Situation blinder Menschen in den Ländern der "Dritten Welt" (437/A) (E)

Ing. Peter Westenthaler, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Richterdienst


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69. Sitzung / Seite 11

gesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Teilpensionsgesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Poststrukturgesetz und das Bundesbahngesetz 1992 geändert werden sowie das Bundesbahn-Pensionsgesetz geschaffen wird (Pensionsreformgesetz 2001) (438/A)

Anfragen der Abgeordneten

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend ÖW@work (2331/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an die Bundesregierung betreffend Verschleuderung von Steuermitteln durch die Bundesregierung durch die Schaltung von uninformativen, nichtssagenden und inhaltlich falschen Annoncen zur politischen Bewerbung der Bundesregierung (2332/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundeskanzler betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2333/J)

Otmar Brix und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2334/J)

Otmar Brix und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2335/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2336/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2337/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2338/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2339/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2340/J)

Otmar Brix und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2341/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2342/J)

Otmar Brix und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2343/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend MitarbeiterInnen der Ministerbüros, Sektionsleiter, Arbeitsleihverträge (2344/J)


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69. Sitzung / Seite 12

Gabriele Binder und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend unterschiedliche Praktiken in Österreich bei Fehl- und Totgeburten (2345/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Straßennetzausbaupläne für das Bundesland Salzburg (2346/J)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend eine schwer nachvollziehbare Personalentscheidung des Justizministers beim Landesgericht Innsbruck (2347/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Entschädigung für die Hepatitis-C-Opfer der Plasmapheresefirmen (2348/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend UKH Linz (2349/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kapruns Zukunft (2350/J)

Robert Egghart und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Weitergabe von Erhebungsergebnissen im Bereich der Sicherheitsverwaltung (2351/J)

Anton Heinzl und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend weiterführende Fragen zum Lärmschutz im Raum St. Pölten (2352/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "AAA-Projekt" Flughafen Wien-Schwechat (2353/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Karenzierungsmöglichkeit zur Pflege und Begleitung sterbender Angehöriger (2354/J)

Gabriele Binder und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend lebendgeborene, aber nicht lebensfähige Kinder (2355/J)

Hans Müller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswirkung der Neuorientierung der Finanzverwaltung auf die Finanzämter Wiener Neustadt und Neunkirchen (2356/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 13

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den "Förderungsmissbrauch bei subventionierten Tiertransporten" (2357/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Bescheide nach § 9 Abs. 3 LMG" (2358/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "Übertragung des BSE-Erregers durch Tiersamen" (2359/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Übertragung des BSE-Erregers durch Tiersamen" (2360/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "Kosten von Tierarzneimittel in Österreich" (2361/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Kosten von Tierarzneimittel in Österreich" (2362/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend "Zukünftiger Standort der HBV-West" (2363/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Unabhängige Kontrolle von Bioprodukten und Gütesiegeln" (2364/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "Unabhängige Kontrolle von Bioprodukten und Gütesiegeln" (2365/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Fortgang der Erhebungen gegen Lukas Stuhlpfarrer und Franz Bernthaler (2366/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Übertragung der Aufsichtstätigkeit an die Eisenbahnunternehmen" (2367/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswirkung der Privatisierung des ÖBV auf den Schulbuchverlag (2368/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Auswirkung der Privatisierung des ÖBV auf den Schulbuchverlag (2369/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend den Versuch der nachträglichen Rufdatenerfassung im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (2370/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die gegen Frau Tina Taurer-Krones und Herrn Wolfgang Krones geführten Verfahren in Zusammenhang mit dem Fall "World Vision" (2371/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend überlanges Vorverfahren in der Causa Marcus Omofuma (2372/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Führerscheinentzug an einem homosexuellen Niederösterreicher (2373/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Aktivitäten zum Alpentransit und insbesondere zum Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention (2374/J)

Arnold Grabner und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Absage des Sportausschusses am 26. April 2001 wegen Unzuverlässigkeit der Bundesministerin (2375/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Stornogebühren nach Absage von Schulreisen in von Maul- und Klauenseuche betroffene Länder (2376/J)

Dieter Brosz und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Stornogebühren nach Absage von Schulreisen in von Maul- und Klauenseuche betroffene Länder (2377/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 14

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend höchst hinterfragungswürdige Vorgänge in der Spitzelaffäre (2378/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend höchst hinterfragungswürdige Vorgänge in der Spitzelaffäre (2379/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verletzung der Bannmeile (2380/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Zeltaufstellung vor dem Bundeskanzleramt (2381/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Abbau von Finanzämtern (Anfrage 1 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2382/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die bundesweite Schließung von Gendarmerieposten (Anfrage 2 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2383/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die bundesweite Schließung von Polizeiwachzimmern (Anfrage 3 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2384/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die drohende Abschaffung der Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen (BSB) (Anfrage 4 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2385/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Schließung von IESG-Außenstellen (Anfrage 5 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2386/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Schließung von Außenstellen der Sozialversicherung (Anfrage 6 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2387/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die mögliche Schließung von Bezirksgerichten in Österreich (Anfrage 7 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum) (2388/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Postdienste im ländlichen Raum (Anfrage 8 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2389/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausdünnung des Nahverkehrs im ländlichen Raum (Anfrage 9 zur Verschlechterung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die so genannte Verwaltungsreform der Bundesregierung) (2390/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 15

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2391/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 16

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2392/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2393/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2394/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2395/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2396/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2397/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2398/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2399/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2400/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2401/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verwaltungsreform und EDV-Ausstattung der Ressorts (2402/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2403/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2404/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2405/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2406/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2407/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2408/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2409/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2410/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2411/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2412/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2413/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Umbauten im Bürobereich der Regierungsmitglieder (2414/J)

Mag. Ulrike Lunacek und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Radio Österreich International (2415/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend den Vorwurf der Nötigung von Versicherten durch MitarbeiterInnen der österreichischen Sozialversicherungsträger, erhoben seitens des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen in einem Brief vom 30. März 2001 (2416/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Aussagen seiner ehemaligen Büroleiterin Fabel zu den Umständen ihres Arbeitsantritts im Ministerium für soziale Sicherheit und Generationen (2417/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Sommersaisonnierkontingent 2001 (2418/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend skandalöse Willkür bei der Einhaltung der Ausländerkontingentregelung (2419/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kooperation des Innenministers mit Josef Kleindienst (2420/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verdacht der Winkelschreiberei gegen Josef Kleindienst (2421/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Radarüberwachung (2422/J)

Hans Müller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Schließung der Bezirksgerichte in Aspang, Gloggnitz und Neunkirchen (2423/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Abteilung "RIA" (2424/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsatz der Sicherheitsexekutive beim "World-Economic-Forum" (WEF) (2425/J)

Mag. Cordula Frieser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Datenzugriffe auf das Abgaben-Informationssystem (AIS) des Finanzministeriums (2426/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 17

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Zivilprozessordnung – Verfahrenshilfe – Einseitige Rechtsmittel" (2427/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "Einlagerung von Rindfleisch aufgrund der europäischen BSE-Krise" (2428/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Einlagerung von Rindfleisch aufgrund der europäischen BSE-Krise" (2429/J)

Günter Kiermaier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Folgen der Neustrukturierung der Finanzverwaltung für die Finanzämter Amstetten, Melk und Scheibbs (2430/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hundeschulen der Zollwache (2431/J)

Mag. Brunhilde Plank und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Erweiterung des Angebots für Gehörlose im ORF (2432/J)

Bernd Brugger und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Koordinationsstunden vs. Arbeit suchende Junglehrer (2433/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Bestrebungen der Bundesregierung zur Einführung einer aus datenschutzrechtlichen und technischen Gründen bedenklichen, kombinierten "SV-Bürgercard-Personalausweis-Karte" (2434/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit sowie die Einschränkung der persönlichen Freiheit von Fahrgästen der Wiener Linien durch die Wiener Polizei am Abend des 12. April 2001 (2435/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Vorfälle um den Polizeieinsatz aus Anlass der Demonstration vom 22. Februar 2001 (Demonstration gegen den Opernball") (2436/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend berichtete Übergriffe von PolizistInnen auf JournalistInnen, PassantInnen sowie TeilnehmerInnen der Demonstration am Abend des 22. Februar 2001 (2437/J)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend fehlende pädiatrische Sonderausbildung im GuKG (2438/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend den Verzicht des vorrangigen Anspruchs auf Familienbeihilfe bzw. die Überweisung derselben auf ein Konto, das nicht nur der anspruchsberechtigten Person zur Verfügung steht (2439/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Verzicht des vorrangigen Anspruchs auf Familienbeihilfe bzw. die Überweisung derselben auf ein Konto, das nicht nur der anspruchsberechtigten Person zur Verfügung steht (2440/J)

Dr. Ilse Mertel und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Schließung bzw. Zusammenlegung von Bezirksgerichten in Kärnten (2441/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 18

Marianne Hagenhofer und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Angleichung der Ausbildung von MasseurInnen an EU-Standards (2442/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Angleichung der Ausbildung von MasseurInnen an EU-Standards (2443/J)

Mag. Walter Posch und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erhaltung von Gendarmerieposten (2444/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1866/AB zu 1908/J)

der Vizekanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1867/AB zu 1912/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1868/AB zu 1920/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1869/AB zu 1945/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1870/AB zu 1980/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1871/AB zu 1891/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1872/AB zu 1882/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1873/AB zu 1903/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1874/AB zu 1907/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1875/AB zu 1869/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1876/AB zu 1877/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1877/AB zu 1978/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1878/AB zu 1881/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1879/AB zu 1887/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1880/AB zu 1897/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1881/AB zu 1917/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1882/AB zu 1939/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1883/AB zu 1943/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1884/AB zu 1977/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen (1885/AB zu 2000/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1886/AB zu 2060/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1887/AB zu 1874/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1888/AB zu 1895/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1889/AB zu 1915/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1890/AB zu 1872/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1891/AB zu 1873/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1892/AB zu 1870/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1893/AB zu 1880/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1894/AB zu 1875/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1895/AB zu 1879/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1896/AB zu 1918/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1897/AB zu 2061/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures und Genossen (1898/AB zu 1871/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1899/AB zu 1883/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1900/AB zu 1892/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 20

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1901/AB zu 1911/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1902/AB zu 1916/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (1903/AB zu 2183/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1904/AB zu 1976/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1905/AB zu 1884/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1906/AB zu 1890/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1907/AB zu 1888/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1908/AB zu 1909/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (1909/AB zu 1929/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1910/AB zu 1944/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1911/AB zu 1950/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen (1912/AB zu 1904/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (1913/AB zu 2233/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1914/AB zu 1886/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1915/AB zu 1902/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1916/AB zu 1922/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1917/AB zu 1889/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1918/AB zu 1905/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1919/AB zu 1921/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1920/AB zu 1946/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1921/AB zu 2056/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1922/AB zu 1932/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1923/AB zu 1935/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1924/AB zu 1966/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (1925/AB zu 1985/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1926/AB zu 1995/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1927/AB zu 1959/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1928/AB zu 1960/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1929/AB zu 1961/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1930/AB zu 1962/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1931/AB zu 1963/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1932/AB zu 1964/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen an (1933/AB zu 1968/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1934/AB zu 1981/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (1935/AB zu 2049/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1936/AB zu 1940/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1937/AB zu 1953/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1938/AB zu 2059/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 22

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Genossen (1939/AB zu 1927/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (1940/AB zu 1931/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1941/AB zu 1971/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (1942/AB zu 1926/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (1943/AB zu 1933/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1944/AB zu 1937/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1945/AB zu 1947/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1946/AB zu 1955/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1947/AB zu 1956/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1948/AB zu 1967/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1949/AB zu 1969/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (1950/AB zu 1924/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1951/AB zu 1948/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1952/AB zu 1983/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1953/AB zu 1982/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1954/AB zu 1949/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (1955/AB zu 2044/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1956/AB zu 1965/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (1957/AB zu 1988/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (1958/AB zu 1930/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1959/AB zu 1942/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1960/AB zu 1952/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1961/AB zu 1957/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen (1962/AB zu 1991/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (1963/AB zu 2028/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (1964/AB zu 2054/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1965/AB zu 1970/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1966/AB zu 1975/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1967/AB zu 2063/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (1968/AB zu 1928/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (1969/AB zu 1936/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1970/AB zu 1938/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1971/AB zu 1941/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (1972/AB zu 1951/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1973/AB zu 1954/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1974/AB zu 1972/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (1975/AB zu 1934/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (1976/AB zu 1925/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen (1977/AB zu 1997/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1978/AB zu 2103/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (1979/AB zu 2039/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1980/AB zu 2062/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (1981/AB zu 2067/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1982/AB zu 1994/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1983/AB zu 2050/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (1984/AB zu 2051/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1985/AB zu 2057/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (1986/AB zu 1990/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg und Genossen (1987/AB zu 2016/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (1988/AB zu 2075/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (1989/AB zu 2076/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen (1990/AB zu 2003/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1991/AB zu 2064/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen (1992/AB zu 1998/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen (Zu 1992/AB zu 1998/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (1993/AB zu 2037/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (1994/AB zu 2026/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (1995/AB zu 2066/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg und Genossen (1996/AB zu 2017/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Hannes Bauer und Genossen (1997/AB zu 2024/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1998/AB zu 2031/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (1999/AB zu 2025/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2000/AB zu 2023/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg und Genossen (2001/AB zu 2018/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2002/AB zu 1986/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2003/AB zu 1987/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2004/AB zu 1989/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2005/AB zu 2041/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2006/AB zu 2038/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2007/AB zu 2011/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2008/AB zu 2045/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem und Genossen (2009/AB zu 2069/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2010/AB zu 2005/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2011/AB zu 2009/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (2012/AB zu 2022/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2013/AB zu 2021/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen (2014/AB zu 2073/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss und Genossen (2015/AB zu 2074/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 26

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (2016/AB zu 1992/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (2017/AB zu 1993/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2018/AB zu 2033/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2019/AB zu 2006/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2020/AB zu 2077/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2021/AB zu 2119/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Huber und Genossen (2022/AB zu 2015/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2023/AB zu 2030/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2024/AB zu 2036/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2025/AB zu 2027/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen (2026/AB zu 2004/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2027/AB zu 2008/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (2028/AB zu 2052/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (2029/AB zu 2053/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2030/AB zu 2101/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2031/AB zu 2035/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2032/AB zu 2048/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2033/AB zu 2065/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2034/AB zu 2111/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis und Genossen (2035/AB zu 2014/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 27

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2036/AB zu 2092/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner und Genossen (2037/AB zu 2189/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2038/AB zu 2007/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2039/AB zu 2034/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (2040/AB zu 2001/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2041/AB zu 2046/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 28

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2042/AB zu 2010/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2043/AB zu 2020/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2044/AB zu 2042/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem und Genossen (2045/AB zu 2070/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl und Genossen (2046/AB zu 2072/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger und Genossen (2047/AB zu 2002/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen (2048/AB zu 1999/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (2049/AB zu 2013/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2050/AB zu 2040/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2051/AB zu 2043/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2052/AB zu 2071/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2053/AB zu 2079/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (2054/AB zu 2084/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Genossen (2055/AB zu 2012/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem und Genossen (2056/AB zu 2068/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (2057/AB zu 2088/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (2058/AB zu 2089/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2059/AB zu 2032/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2060/AB zu 2047/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (2061/AB zu 2091/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (2062/AB zu 2019/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2063/AB zu 2029/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Otmar Brix und Genossen (2064/AB zu 2055/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (2065/AB zu 2080/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen (2066/AB zu 2127/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (2067/AB zu 2082/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (2068/AB zu 2087/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (2069/AB zu 2083/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (2070/AB zu 2085/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (2071/AB zu 2086/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (2072/AB zu 2110/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (2073/AB zu 2115/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2074/AB zu 2078/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger und Genossen (2075/AB zu 2081/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz und Genossen (2076/AB zu 2090/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2077/AB zu 2191/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen (2078/AB zu 2151/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Genossen (2079/AB zu 2228/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen (2080/AB zu 2259/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2081/AB zu 2093/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen (2082/AB zu 2094/J)

der Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2083/AB zu 2105/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching und Genossen (2084/AB zu 2114/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und Genossen (2085/AB zu 2129/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (2086/AB zu 2241/J)

 

 


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Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 30

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen – und gleichzeitig eröffne ich die 69. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 9 Uhr, einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 67. Sitzung vom 3. April und der 68. Sitzung vom 4. April sind aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Dr. Bösch, Mag. Sima und Gaugg.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass Herr Abgeordneter Otmar Brix auf sein Mandat verzichtet hat und dass an seiner Stelle Frau Mag. Christine Lapp in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und Frau Kollegin Lapp im Hause anwesend ist, werde ich sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer wird die neue Mandatarin mit den Worten "Ich gelobe" ihre Angelobung zu leisten haben.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer als Schriftführer um die Verlesung der Gelöbnisformel.

Schriftführer Mag. Karl Schweitzer: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße die neue Kollegin herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Ent-schließungen des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Erstens: Frau Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer wird durch Frau Bundesministerin Dipl.-Ing. Forstinger vertreten.

Zweitens: Frau Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner wird durch Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein vertreten.

Drittens: Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Karl Heinz Grasser wird durch Herrn Bundesminister Dr. Böhmdorfer vertreten.


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Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 31

Viertens: Der Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner wird durch Herrn Bundesminister Mag. Haupt vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde, deren Thema lautet:

"Soziale Integration und Zuwanderung"

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort. Herr Abgeordneter, die Redezeit zur Begründung des Themas einer Aktuellen Stunde beträgt bekanntlich 10 Minuten. – Bitte.

9.04

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In ganz Europa wird derzeit die Integrations- und Zuwanderungspolitik im Spannungsfeld zwischen Arbeitsmarkt und Zuwanderung diskutiert. Daher haben wir Freiheitlichen uns entschieden, dieses Thema heute zum Gegenstand der Aktuellen Stunde zu machen, weil es auch in Österreich dringend notwendig ist, über eine Fortentwicklung der Integration in Bezug auf den Arbeitsmarkt zu diskutieren und darüber zu debattieren, wie die Weiterentwicklung der Integrationspolitik auch im Lichte künftiger Entwicklungen am Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aussehen wird. In diesem Zusammenhang ist das Motto und der Leitsatz der Regierung in der Zuwanderungspolitik goldrichtig, nämlich Integration vor Zuwanderung. Das ist die richtige Linie, das ist der richtige Weg! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir dürfen nicht alte Fehler neu machen, die etwa die Sozialdemokraten in den achtziger Jahren gemacht haben, als wir auch damals bessere Daten, bessere Zahlen am Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft gehabt haben. Da hat man sofort gerufen: Grenzen auf, holen wir so viele Zuwanderer wie möglich ins Land! – Und die Zuwanderer sind gekommen. Wir haben heute rund 1 Million Ausländer in Österreich, und wir haben nach wie vor die Probleme, die in den achtziger Jahren auf Grund dieser großen Zuwanderungswelle entstanden sind, Probleme, die wir lösen müssen, weil eben ein Großteil dieser Zuwanderer nicht wie beabsichtigt in den Arbeitsmarkt zugewandert ist, sondern in das österreichische Sozialsystem. Und das war das Problem der damaligen Zuwanderungswelle, das wir bis heute nicht bewältigt haben, Herr Kollege Öllinger! Das ist das entscheidende Problem gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das heißt, man braucht Prinzipien und auch intelligente Lösungen einer Fortentwicklung der Integration der hier lebenden Zuwanderer und Ausländer bei gleichzeitiger Restriktion in der Zuwanderung. Wir brauchen eine Zuwanderung, die wir innerhalb einer Quote restriktiv so steuern, dass sie nicht zu Lasten des österreichischen Arbeitsmarktes geht, sondern zu seinem Nutzen ist. Wir müssen die Integration auch so definieren, dass Ausländer, die im Land sind, dazu angehalten werden sollten, die hiesigen Gepflogenheiten in puncto Sprache und auch kultureller Grundwerte zu übernehmen, sie auch entsprechend zu erlernen, und dabei gilt es sie zu unterstützen. Und dazu gibt es eben bessere Modelle einer Integrations- und Zuwanderungspolitik, wie zum Beispiel der von uns vorgeschlagene Integrationsvertrag, der im Moment Thema in ganz Europa ist.

Es gibt in anderen Ländern bereits einen All-Parteien-Konsens über die Form des Integrationsvertrages, so zum Beispiel interessanterweise in Deutschland zwischen den Regierenden und den Oppositionsparteien; dort geht es nur noch um Details. Der Grundsatz, einen Integrationsvertrag zu schaffen, mit dem man Rechte, Pflichten, aber auch Sanktionen für eine bessere Integration von im Land lebenden Zuwanderern definiert, sollte daher auch in Österreich entsprechend diskutiert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sollte in Österreich der Grundsatz diskutiert werden, dass wir Zuwanderer selbstverständlich verpflichten, etwa die Sprache, die Landessprache, in dem Fall die deutsche Sprache, zu erlernen. Die deutsche Sprache ist Grundvoraussetzung für eine bessere Integration, für mehr Arbeit


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und auch für eine Integration am Arbeitsmarkt, und das ist die Grundvoraussetzung, die wir schaffen wollen. Das Hauptproblem bei der Ausländerarbeitslosigkeit, die doppelt so hoch ist wie die Inländerarbeitslosigkeit, ist eben die mangelnde Kenntnis der deutschen Sprache. Daher sagen wir: Jawohl, schaffen wir die Möglichkeit, dass Zuwanderer die deutsche Sprache lernen können und auch lernen sollen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der frühere Wiener SPÖ-Vorsitzende und nach wie vor Doyen in der SPÖ, Hans Mayr, hat sich dazu im "profil" am 23. Oktober 1999 folgendermaßen ausgedrückt:

"Wer nicht Deutsch kann, hat am Arbeitsmarkt kaum eine Chance und kann im Prinzip nur Hilfsarbeiter werden. Das ist doch auch für ihn schlecht, das müssen wir ändern." – Zitatende. Das muss auch eine neue Regierung ändern.

Hans Mayr hat völlig Recht, dem müssen wir uns widmen – auch im Hinblick auf steigende Arbeitslosenzahlen von Zuwanderern in unserem Land. Diesbezüglich gibt es Modelle etwa in Holland, und ich verstehe diesen Automatismus, diesen Sofortreflex nicht, wenn man ein solches Modell in unserem Land diskutiert, denn dann wird sofort von der Linken geschrien: Fürchterlich, ausländerfeindlich, inhuman, menschenverachtend! (Abg. Öllinger: Verwechseln Sie nicht Äpfel mit Birnen!) Sie sollten aber einmal über die Grenzen schauen. Sie sollten das auch einmal tun, Herr Kollege Öllinger, Herr Kollege Van der Bellen, Frau Kollegin Stoisits! Schauen Sie doch einmal über die Grenzen, schauen Sie einmal nach Holland, wo zum Beispiel die Regierung diesen Integrationsvertrag schon umgesetzt hat.

Da heißt es in einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" etwa: Einwandern wie in Holland. Mit einer Bildungseinrichtung schließt ein Zuwanderer einen Vertrag, dann erhält er Unterricht in niederländischer Sprache, Gesellschaftskunde und beruflicher Orientierung. Nach einem Jahr bereits muss er eine Prüfung ablegen. Wer nicht regelmäßig an dem Programm teilnimmt, verliert Vergünstigungen. Unter anderem werden Geldbußen vorgeschlagen, den Empfängern von Sozialhilfe sollten bei unentschuldigtem Fehlen die staatlichen Leistungen um bis zu 25 Prozent gekürzt werden, und, und, und. (Abg. Öllinger: Bei uns bekommen sie gar keine Sozialhilfe! So schaut es aus!) Also da gibt es eine ganze Latte von Sanktionen, die aufgelistet sind für diejenigen, die eben nicht integrationswillig sind.

Ich bin auch der Meinung – genauso, wie es in Holland bereits umgesetzt worden ist –, wer hier lebt, aber nicht bereit und willens ist, die Sprache zu lernen, wer sich nicht integrieren will und wer auch nicht arbeiten will, der muss selbstverständlich damit rechnen, dass er nicht sein ganzes Leben lang dem Sozialstaat anheim fallen kann und Österreich für ihn bezahlt, sondern der muss auch Sanktionen, beispielsweise einer kürzeren Aufenthaltsbewilligung oder auch einer entsprechenden Sozialleistungskürzung, entgegensehen. Das ist in Holland der Fall, und das ist auch richtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Oder nehmen wir zum Beispiel das Land Berlin her. Dort hat das Land bereits einen Integrationsvertrag geschlossen. Kern des Modells ist ein Integrationsvertrag zwischen dem Land Berlin und den Zuwanderern, der wechselseitig einzuhaltende Verpflichtungen beinhaltet. Bei uns ist man, wenn man so etwas vorschlägt, sofort der Ausländerfeind, da wird sofort der alte Reflex – vor allem von den Grünen – bemüht.

Ich darf Ihnen noch etwas sagen: In Deutschland gibt es eine Regierungsbeauftragte für Integrationspolitik, Ausländerbeauftragte nennt man das, die von den Grünen stammt und Marie-Luise Beck heißt. Sie preist in einer Rede, in einem Interview in der "Süddeutschen Zeitung" das niederländische Modell. Die grüne Ausländerbeauftragte in Deutschland preist dieses Modell und sagt, alle Einwanderer, die hier sind, sind nach dem Gesetz verpflichtet – nach dem Gesetz verpflichtet! –, an einem Integrationsprogramm teilzunehmen. Dieses soll sie mit der niederländischen Sprache, der Arbeitswelt und der Gesellschaft vertraut machen, sagt die Grüne Ausländerbeauftragte Marie-Luise Beck. – Na völlig richtig! Sie sollten einmal bei Ihren Kollegen in Deutschland nachfragen: Die finden nichts Ausländerfeindliches, nichts Inhumanes daran. Das ist das richtige Modell, und das sollten wir in Österreich genauer diskutieren, meine sehr


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geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Edler: Was sagt Gaugg dazu?)

Auch in der SPD – weil jetzt schon die Zwischenrufe von der SPÖ kommen – ist das mittlerweile der Fall. Ich zitiere die Deutschland-Ausgabe der "Financial Times": Auch die SPD ist für einen Integrationsvertrag, nach dem die Einwanderer sich unter anderem verpflichten, die deutsche Sprache zu lernen.

Das sind die richtigen Modelle! Wir müssen auch entsprechende Pflichten und Rechtsmodelle mit gewissen Sanktionen verknüpfen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist dringend notwendig. SPD, CDU, CSU, Grüne und die FDP sind dafür. Zum Beispiel hat die liberale Vorzeigefrau Nummer eins, Rita Süssmuth, Leiterin der Regierungskommission in Deutschland, vor drei Wochen bei Christiansen im ARD genau dieses Modell von Pflichten, Rechten und Sanktionen vorgestellt. Es ist dies das richtige Modell. Wenn wir dieses Modell weiterentwickeln, diskutieren und andere Antworten und neue Ideen finden, etwa die Reintegration älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt oder die Verschärfung von Zumutbarkeitsbestimmungen, dann erübrigt sich jede andere Diskussion, die Sie wollen, nämlich betreffend stärkere Zuwanderung, Grenzen aufmachen und neue Einwanderungswelle, die Österreich weder brauchen noch vertragen kann, sondern die in Wirklichkeit genauso eine Gefahr wäre, wie das in den achtziger Jahren der Fall war.

Das, was wir in den letzten Monaten mühsam erreicht haben, nämlich nahezu Vollbeschäftigung, hervorragende Wirtschaftsdaten, Betriebsansiedelungen, würde durch eine neue Zuwanderungswelle gefährdet werden und würde das Erreichte in Frage stellen. Diesbezüglich ist sicherlich auch die Gewerkschaft, der ÖGB, aber auch der DGB, der gleichen Meinung. Da sind wir richtig unterwegs, und da können Sie uns mit Ihrer Angstmache und Ihrem automatischen Reflex auf unsere Zuwanderungspolitik überhaupt nicht schrecken. (Abg. Leikam: Was ist mit Gaugg?)

Wir brauchen neue Rezepte, neue Ideen und nicht alte Reflexe der Linken. Das sind die Zukunftsmodelle, die wir entsprechend präsentieren wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Thema der Aktuellen Stunde gelangt der Herr Sozialminister zu Wort. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister. (Abg. Edler: Was sagt Haupt über Gaugg?)

9.14

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte zunächst zum Thema der heutigen Aktuellen Stunde einiges vorausschicken: Ich möchte vorausschicken, dass die Österreicher, was humanitäre Hilfe angeht, für Ausländer sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart Hervorragendes geleistet haben.

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren, darauf hinweisen, dass etwa aus dem ehemaligen Jugoslawien 95 000 Bosnier nach Österreich geflüchtet sind, wovon 70 000 im Land geblieben sind. Sie haben Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen erhalten. Österreich hat nach den kriegerischen Auseinandersetzungen um den Kosovo sehr viele Flüchtlinge aufgenommen und ihnen die Möglichkeit geboten, die Integrationsangebote seitens des österreichischen Staates anzunehmen. Österreich hat mehr für Flüchtlinge und Asyl suchende Ausländer geleistet als im Vergleich dazu alle anderen europäischen Länder. Das ist auf Grund der Statistik und der vorliegenden Zahlen klar erkennbar.

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren, und auch die interessierte Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass in der Statistik des UNHCR, auf der Internetseite von SOS-Mitmensch abgedruckt und damit mit Sicherheit nicht von der Regierung beeinflusst, die Anzahl der Asylanträge in Europa im Vergleich zur Gesamtbevölkerung aus dem Jahr 1998 aufgelistet und dargestellt wird. Aus dieser Statistik ist ersichtlich, dass auf 580 Einwohner in Österreich ein Asylwerber


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kommt. In Deutschland kommt auf 830 Einwohner, in Frankreich auf 2 670 Einwohner, in Italien auf 12 170 ein Flüchtling. Der gesamteuropäische Durchschnitt besagt, dass auf 1 310 Einwohner ein Asylwerber kommt. In Österreich – ich darf noch einmal rekapitulieren – kommt auf 580 Einwohner einer. Ich glaube, allein diese Zahlen beweisen, dass das, was von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, nunmehr in Zwischenrufen behauptet worden ist, dass Österreich keine großzügige Asylpolitik betreibt, falsch ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Es hat keinen Zwischenruf gegeben!)

Ich darf Sie weiters darüber informieren, dass sich die Bundesregierung im Koalitionsübereinkommen unter dem Kapitel Innere Sicherheit und Integration dazu bekannt hat, dass der Integration Vorrang vor Neuzugängen einzuräumen ist. Dabei ist die zentrale Frage einer umfassenden Integration das Erlernen der deutschen Sprache. Sie haben vom Vorredner klar und deutlich gehört, dass das Lernen der Sprache keine österreichische Eigenart ist, sondern in Deutschland, in Holland, aber auch in anderen vergleichbaren europäischen Ländern Standard der europäischen Integrationspolitik geworden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie wissen, dass die Akzeptanz von Ausländern in der österreichischen Bevölkerung maßgeblich davon abhängt, wie weit sie der deutschen Sprache mächtig sind und wie weit sie sich auch in ihrem Verhalten dem österreichischen Rechtsstaat und seinen Rahmenbedingungen nicht nur angleichen, sondern diese auch anerkennen und mittragen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass auch die Zahlen der Jahre 1999, 2000 und 2001 in diesem Zusammenhang interessant sind. Im Jahre 1999 wurden 2 096 Asylanträge gestellt, im Jahre 2000 waren es 18 284, und von Jänner bis März des Jahres 2001 wurden bereits 7 488 Anträge gestellt, wobei im Gegensatz zur Vergangenheit die antragstärkste Nation nicht mehr die Bürger von Rest-Jugoslawien und dem Kosovo, sondern aus Afghanistan sind.

Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hat sich die Zahl der Anträge von Jänner bis März 2000 nahezu verdoppelt, nämlich von 3 778 auf 7 488.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass im Jahre 1999 die Genfer Konventions-Anerkennungsrate in Österreich bei 49 Prozent lag, was ein europaweiter Spitzenwert ist. Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass damit auch die Kritik an der inhumanen Haltung der österreichischen Regierung, die manchmal zu vernehmen ist, schlicht und einfach falsch ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie von Seiten der Grünen auch darauf aufmerksam machen, dass die Ausländerbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Marie-Luise Beck von "BÜNDNIS 90", im Dezember 2000 ihre Vorstellungen zu einem Integrationsprozess präzisiert hat. Sie will die Integrationsförderung für Neuzuwanderer in Form von Beratungsangeboten an Sprach- und Integrationskursen gesetzlich verankern. Der Besuch der Kurse soll im Rahmen eines Vertragsmodells verbindlich gemacht werden – eine ähnliche Regelung, wie sie Kollege Westenthaler in seinem Eingangs-Statement heute hier für Österreich erläutert hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie weiters darauf hinweisen, dass vor kurzer Zeit von Walterskirchen und Biffl eine Wifo-Studie zur Knappheit an Arbeitskräften in Österreich für den Zeitraum bis 2005 erschienen ist. Ich darf Sie daran erinnern, dass in dieser Studie von Walterskirchen und Biffl eine meiner Ansicht nach durchaus sinnvolle Abstufung durchgeführt worden ist.

Eine Möglichkeit, dieses Arbeitskräftedefizit in Österreich zu beheben, wäre erstens durch den Abbau der Arbeitslosigkeit durch Qualifikationsmaßnahmen, zweitens durch die Erhöhung der Beschäftigungsquote für ältere Menschen gegeben. Hier hat auch der europäische Bericht über die Situation und die Beschäftigung älterer Menschen gerade in den letzten Tagen bewiesen, dass Österreich mit knapp über 30 Prozent Beschäftigten im Alter zwischen 55 und 65 Jahren in Europa deutliches Schlusslicht ist.

Der Anstieg der Erwerbsquote der Frauen wurde von Walterskirchen/Biffl ebenso gefordert wie dann zum Schluss der Zuzug qualifizierter ausländischer Arbeitskräfte. Im Rahmen der EU-Ost


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erweiterung sollten Quoten für Schlüsselkräfte aus den neuen EU-Beitrittsländern ins Auge gefasst werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten war auch die Möglichkeit, für den IT-Bereich Schlüsselkräfte aus dem Ausland nach Österreich zu holen, um für den Mangel in der Wirtschaft Abhilfe zu schaffen, ein heftiger Diskussionspunkt. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass noch mit Beginn dieses Jahres 4 800 solcher Arbeitskräfte mit IT-Kenntnissen arbeitslos waren und es auf Grund der Bemühungen aller damit befassten Stellen in dieser Republik möglich war, mehr als die Hälfte dieser Arbeitslosen mit IT-Kenntnissen in Arbeit zu bringen und damit einen wichtigen Beitrag für die Leistungen der Wirtschaft in diesem Bereich zu leisten. Ich darf Sie weiters darauf hinweisen, dass die Arbeitslosigkeit von Ausländern in Österreich nach wie vor Besorgnis erregend hoch im Verhältnis zu allen anderen Arbeitslosenschichten in Österreich ist.

Als Bundesminister für Soziales und Generationen glaube ich daher, dass es sinnvoll wäre, zunächst für jene ausländischen Arbeitskräfte, die sich in Österreich befinden und die offensichtlich auf Grund ihrer mangelnden Qualifikation keine Beschäftigung finden – wie es auch Walterskirchen und Biffl in ihrer Studie für sehr viele Arbeitslose aus dem Inland konstatiert haben –, eine Nachqualifizierung und eine Höherqualifizierung vorzusehen. Das wäre ein wichtiger Punkt, um diese im Inland noch immer Besorgnis erregend hohe Arbeitslosenquote für Ausländer endlich in den Griff zu bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube weiters, dass wir hier durchaus auch einen wichtigen Nachholbedarf im schulischen Bereich haben. Wir haben es in den letzten Jahren im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern deutlich verschlafen, im Schulbereich eine IT-Qualifikation durchzuführen, und ich halte die derzeitige Maßnahme der Bundesregierung, die österreichischen Schulen online zu bringen und im Gleichklang mit den anderen europäischen Ländern unserer Jugend eine Chance zu geben, in Zukunft hochqualifiziert und ausgebildet in diesen neuen Technologien in die Arbeitswelt eintreten zu können, für eine der wichtigsten Maßnahmen der Bundesregierung im Bildungsbereich, um diesen Arbeitskräftemangel für die Zukunft abzufedern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man die Wifo-Studie zur Knappheit an Arbeitskräften in Österreich durchliest und wenn man die heutige Diskussion und die derzeit vorliegenden Asylwerberzahlen, aber auch die Praxis in Österreich betrachtet, wonach etwa im Jahre 1998 von rund 13 800 Asylwerbern, die damals in Österreich um Asyl angesucht haben, 5 500 Personen den Ausgang ihres Asylverfahrens nicht abgewartet haben und in die Illegalität abgewandert sind, also sich heute noch irgendwo in Österreich oder in Europa auf dem schwarzen Arbeitsmarkt befinden, dann erkennt man, dass es auch eine Aufgabe dieser Bundesregierung sein muss, diese Beschäftigten aus dem schwarzen Arbeitsmarkt in die legale Beschäftigung zu führen und damit auch die positiven Effekte für die Krankenversicherung und die Pensionsversicherung, aber langfristig auch für das gesamte Gefüge der Wirtschaft in Österreich abzusichern. Auch die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund sind mit ihren Aussendungen immer dafür eingetreten, dass in Österreich die Schwarzarbeit und die Schwarzbeschäftigung in diesen Bereichen dringend bekämpft werden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube daher, wenn ich resümierend zusammenfassen darf, dass die Wifo-Studie eine durchaus sinnvolle und auch für diese Bundesregierung hilfreiche Reihenfolge aufgezeigt hat: erstens Abbau der Arbeitslosigkeit durch Qualifizierungsmaßnahmen, zweitens Erhöhung der Beschäftigungsquote für ältere Menschen, Anstieg der Erwerbsquote für Frauen und erst zum Dritten und Letzten dann Zuzug von neuen Arbeitskräften, von Schlüsselarbeitskräften aus dem europäischen Ausland beziehungsweise aus den Nachbarländern.

Diese Reihenfolge halte ich als Bundesminister für Soziales für die einzig richtige und sozial verträgliche. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.25


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
In der nunmehr anschließenden Debatte beträgt die Redezeit aller Redner jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

9.26

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit großer Verwunderung habe ich das Thema der Freiheitlichen Partei zur heutigen Aktuellen Stunde vernommen: "Soziale Integration und Zuwanderung". Ausgerechnet die Freiheitliche Partei, die seit Jahren Hetzparolen und Kampagnen gegen ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen verbreitet und damit versucht, politischen Profit zu schlagen, wählt dieses Thema!

Warum wohl?, habe ich mir gedacht. – Die Aussagen des Herrn Westenthaler zu diesem Thema waren sehr eindeutig. Sie haben nämlich gezeigt, wie vordergründig dieses Thema gewählt war.

Als Nächstes habe ich mir überlegt: Ja, wer von den freiheitlichen Regierungsmitgliedern hat denn überhaupt eine Kompetenz in dieser Frage? (Ruf bei der SPÖ: Niemand!) Genau! Niemand! Das ist das Ergebnis. Niemand! (Beifall bei der SPÖ.) Die FPÖ hat weder inhaltlich noch politisch eine Kompetenz zum Thema soziale Integration und Zuwanderung. (Abg. Ing. Westenthaler: Er ist Sozialminister und hat somit mit Zuwanderern zu tun!) Wäre Ihnen dieses Thema tatsächlich ein ehrliches Anliegen gewesen, Herr Ing. Westenthaler, dann hätten Sie die Anfrage entweder an den Innenminister oder an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gerichtet. Aber nein, Herr Bundesminister Haupt muss dafür herhalten.

Es ist also eine Täuschungsaktion oder eine Rechtfertigungsstrategie. (Abg. Ing. Westenthaler: Glauben Sie tatsächlich, dass der Sozialminister nichts mit Zuwanderung zu tun hat?) Es war kein einziger seiner Kompetenzbereiche von Ihnen angesprochen. Sie haben den Arbeitsminister angesprochen, aber nicht den Sozialminister, Herr Ing. Westenthaler. (Beifall bei der SPÖ.) Sie sollten ja wissen, was Sie selber im Bundesministeriengesetz beschlossen haben! Oder sind Sie überfordert damit? Aber ähnlich, wie Frau Dr. Partik-Pablé aus ihrer Wahlniederlage in Wien nichts gelernt zu haben scheint, geht es offensichtlich auch Ihnen. Frau Dr. Partik-Pablé nimmt die Asylanträge – nicht, was beschlossen wird an Bewilligungen, nein, sie nimmt die Asylanträge –, um damit Ihre ausländerfeindliche bis aggressive Haltung zu verteidigen.

Frau Abgeordnete Haller ist im Herbst des vergangenen Jahres hier ans Rednerpult getreten und hat eiskalt gesagt: Wir brauchen mehr Saisonniers, denn wir Freiheitlichen haben schon immer dieses Saisonniermodell gefordert!, und zugleich empfiehlt sie dem arbeitslosen Maler, statt drei Monate Ski fahren zu gehen, wie sie meint, endlich eine Arbeit als Hausmeister anzunehmen. Das ist eine Ungeheuerlichkeit, Frau Abgeordnete Haller! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind hier genauso schwach wie in der Sendung "Betrifft" mit dem, was Sie heute in der Debatte von sich geben, Frau Abgeordnete Silhavy!)

Frau Dr. Partik-Pablé, wir werden sehen, wir stark Sie sind. Immer wenn es darum geht, Leute aufzuhetzen, sind Sie besonders stark, wenn es aber darum geht, etwas Gutes für die Menschen zu tun, hört man von Ihnen überhaupt nichts. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben in "Betrifft" eine Themaverfehlung gehabt und heute auch! – Abg. Haigermoser: Langsamer und deutlicher sprechen!)

Frau Haller, das heißt ja, dass Sie entweder null Ahnung davon haben, wie es arbeitslosen Menschen geht, wenn Sie glauben, die können drei Monate Skiurlaub machen, oder Sie sind Handlanger jener Leute in der Wirtschaft, die Menschen als "Kostenstelle auf zwei Beinen" sehen. – Ich befürchte, Letzteres ist der Fall. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie muten den arbeitslosen Menschen alles zu, wenn es nur darum geht, die Kosten für die Wirtschaft zu senken. Und da hat sich auch Herr Ing. Westenthaler heute bereits geoutet, denn er hat gesagt, die Zumutbarkeitsbestimmungen gehören verschärft. (Abg. Ing. Westenthaler:


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Freilich!) Und der Herr Haigermoser hat sich sogar zu der Äußerung verstiegen: Wir müssen jenen Menschen helfen, die unfreiwillig, unverschuldet in Not gekommen sind. Wissen Sie, was Sie damit tun? – Sie unterstellen damit den Arbeitslosen, dass sie selber schuld daran sind, dass sie arbeitslos sind, oder Sie unterstellen ihnen sogar Missbrauch. Und das ist menschenverachtend! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Operieren Sie nicht mit Unterstellungen!)

Die Saisonniers, meine Damen und Herren, passen da genau in Ihr Bild hinein: sechs Monate Aufenthalt in Österreich, einzahlen in die Sozialkassen, aber auf Grund der Dauer keine Rechte, keine Ansprüche, aus diesen Sozialkassen auch wieder etwas zu bekommen. Das ist die Realität von Saisonniers, meine Damen und Herren: Sie sind Nettozahler, sie bekommen Mindestlöhne, das heißt, man setzt damit noch dazu die Lohnspirale nach unten in Gang. Aber das ist Ihr Menschenbild, das sind Ihre wahren Intentionen, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum, meine Damen und Herren, gibt es seit der blau-schwarzen Regierung einen sprunghaften Anstieg bei den Saisonniers, während zugleich aber die Arbeitslosigkeit im Gastgewerbe fast um dieselbe Zahl steigt? Können Sie mir das erklären? – Weil es darum geht, auf Kosten der Menschen Lohnkosten zu senken, auf Kosten der Menschen für die Betriebe sozusagen rein betriebswirtschaftlich zu denken und den Profit zu erhöhen. Das ist schlichtweg menschenverachtend! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist genauso menschenverachtend wie die Besteuerung der Unfallrenten, es ist genauso menschenverachtend wie Ihre Krankenstrafsteuer durch Ambulanzgebühren, es ist genauso menschenverachtend wie die Lockerung des Kündigungsschutzes bei der Behinderteneinstellung, es ist genauso menschenverachtend wie die Abschaffung des Karenzgeldes und die Einführung einer Kinderprämie, es ist genauso menschenverachtend wie die Abschaffung der Mitversicherung für Frauen, die keine Kinder bekommen können. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren! Es ist eine menschenverachtende Politik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Soziale Integration und Zuwanderung gibt es für Sie nicht, meine Damen und Herren, weder für InländerInnen noch für AusländerInnen, weil Ihnen offenbar jegliche soziale Kompetenz abhanden gekommen ist, falls Sie eine solche überhaupt jemals gehabt haben.

Meine Damen und Herren! Der Herr Minister hat das Schwarzunternehmertum angesprochen, aber Sie blockieren in diesem Haus, dass wir das Schwarzunternehmensbekämpfungsgesetz ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Heidrun Silhavy (fortsetzend): ..., dass wir das Schwarzunternehmensbekämpfungsgesetz hier in diesem Haus überhaupt behandeln. Ich fordere Sie auf: Tun Sie endlich etwas für die Menschen und hören Sie auf, die Menschen zynisch und menschenverachtend zu behandeln! (Beifall bei der SPÖ.)

9.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Abg. Silhavy –: Das war dieselbe Themaverfehlung wie in "Betrifft"!)

9.32

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Dilemma, das sich in der SPÖ abspielt, gerade wenn es um diese Frage geht, sieht man ja daran, dass die Vertreter des ÖGB und der Arbeiterkammer zu diesem Thema nicht reden dürfen, sondern dass sozusagen nur die zweite Garnitur reden darf. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist ja auch schon in der Sendung ... (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )  – Sie waren ja gerade dran, Frau Kollegin, jetzt lassen Sie mich einmal reden! – Man hat ja in der Sendung "Betrifft" eindeutig den Standpunkt der Gewerkschaft gesehen. Und das ist eindeutig der Standpunkt, den auch die Regierung vertritt.


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Herr Abgeordneter Verzetnitsch! Ich hätte mich gefreut, wenn Sie heute herausgekommen wären und hier auch den Standpunkt der Gewerkschaft dargetan hätten, und nicht Frau Silhavy, die ja von der Sache überhaupt keine Ahnung hat, sondern nur schnell reden kann. Aber, Frau Abgeordnete Silhavy, schnell reden heißt noch nicht Richtiges sagen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Das ist unerhört! – Weitere Zwischenrufe
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bei der SPÖ.)

Ich schließe an den Debattenbeitrag unseres Klubobmannes an, der die Regierungslinie, nämlich Integration vor Zuwanderung, hier noch einmal betont hat. Ich betone darüber hinaus: Die Integration ist nicht etwas, was ausschließlich die Österreicher zu erbringen haben, sondern die Hauptaufgabe der Integration haben die Ausländer zu erbringen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und das muss man den Menschen, die nach Österreich kommen oder hier leben, auch vor Augen führen.

Es ist ja wirklich paradox, wenn hier in Österreich eine Diskussion darüber geführt werden muss, wie wichtig die Erlernung der Staatssprache für jemanden ist, der hier lebt (Abg. Öllinger: Aber nein!), obwohl man doch weiß, dass gerade die Sprache die elementare Basis der Integration ist. Das ist wirklich einmalig in ganz Europa und wird offensichtlich nur in Österreich von den Grünen und den Sozialisten propagiert, dass man nicht darüber reden darf, dass die Immigranten Deutsch lernen. Ich glaube, da sollten Sie wirklich einmal in andere Länder schauen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Frau Silhavy, Sie haben wirklich keine Ahnung von diesem Thema. Das haben Sie ja schon bewiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und da hier wieder einmal der Ruf nach Fachkräften laut geworden ist: Ich glaube wirklich, dass da mit Zahlen gespielt wird, je nach der Funktion, je nach der Stellung, die derjenige innehat, der eine Meldung macht. Mir kommt das so ähnlich vor wie bei der EU-Osterweiterung. Der eine spricht von Millionen Menschen, die auf den Arbeitsmarkt kommen werden, der andere sagt, nein, er schätze das nicht so großartig ein. Also man befindet sich hier in einem Raum, wo nur mit Zahlen operiert wird, die überhaupt keine Grundlage haben.

Keiner weiß, wie viele Arbeitskräfte wir wirklich brauchen werden, keiner in Österreich weiß beispielsweise, was passieren sollte, wenn es zu einem Konjunktureinbruch kommt, wenn wir jetzt diese 165 000 dringend benötigten Arbeitskräfte nach Österreich bringen. Was machen wir mit denen? Die schicken wir dann in die Arbeitslosigkeit, die schicken wir dann in die Notstandshilfe? Wie stellt man sich die Zukunft dieser Menschen tatsächlich vor? Ich glaube, dass es wirklich notwendig ist, dass man verantwortungsvoller an dieses Thema herangeht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Sie haben jetzt die Verantwortung! Dann tragen Sie sie auch!)

Frau Abgeordnete Silhavy! Ich habe immer eine verantwortungsvolle Fremdenpolitik gemacht. Sie haben keine Ahnung, weil Sie noch nicht einmal im Parlament waren, als wir Freiheitlichen im Jahre 1990 schon ein Einwanderungsgesetz verlangt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Sie haben jetzt die Verantwortung, und Sie sollten sie auch tragen!) Aber geh! Sie können wirklich nur schreien und schnell reden, etwas anderes können Sie gar nicht. (Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ihre Politik war immer ... (Abg. Dietachmayr: Sie brauchen uns nicht zu belehren, Frau Oberlehrer!) Sie belehren uns pausenlos, aber wenn ich einmal eine Belehrung ausspreche oder die Wahrheit sage, dann empören Sie sich plötzlich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Wirtschaft – und das wird ja vielleicht auch in Ihrem Interesse sein, Frau Silhavy – muss einmal definieren, was sie eigentlich unter "Schlüsselarbeitskraft" versteht. Was sind eigentlich die besonderen Qualifikationen, die man von diesen Menschen erwartet, die man vermehrt in Österreich haben möchte? Und was ist man bereit, diesen Menschen zu bezahlen? Leute, die 15 000 S Einkommen haben, sind sicherlich nicht die Schlüsselarbeitskräfte, von denen ich rede. Das verlange ich von der Wirtschaft: Sie soll hierzu einen klaren Standpunkt beziehen, und dann werden wir sehen, wie das weitergehen soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber eines möchte ich Ihnen auch noch sagen, Frau Silhavy, bevor Sie wieder anfangen zu schreien: Ihre verfehlte Einwanderungspolitik aus der Vergangenheit wollen wir nicht wiederholen. Immer nur vor Wahlen wissen Ihre Politiker, was alles falsch gelaufen ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Hören Sie mir einmal zu! Hören Sie mir bitte zu! Herr Häupl, Bürgermeister von Wien, hat vor der Nationalratswahl im Jahre 1999 gesagt, es sind viele ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Ich komme schon zum Schluss. – Es sind die Fehler von früher, die man ausbaden muss. Zu lange hat man zu viele Ausländer ins Land gelassen und zu rasch eingebürgert.

Leider wissen es die SPÖ-Politiker immer nur vor Wahlen, und wir wollen Ihnen in Erinnerung rufen, dass solche Grundsätze immer gelten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Gleiche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

9.37

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Integration und Zuwanderung – ein Thema, das es nach fast eineinhalb Jahren neu Regieren wert ist, in einer Aktuellen Stunde beleuchtet zu werden, weil die Trendumkehr, der Grundsatz aus dem Regierungsprogramm "Integration vor Zuwanderung" erste Früchte trägt und ein faires Umgehen mit ausländischen Zuwanderern und heimischer Bevölkerung sichergestellt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Teil der Integration ist natürlich das Miteinander-reden-Können, die Sprache. Ich erinnere daran – ich war noch nicht Mitglied dieses Hohen Hauses, habe aber das genau mitverfolgt –, dass dem Kollegen Großruck, als er für Deutsch-Sprech-Programme eingetreten ist, sogar Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen worden ist, obwohl dies ein wesentlicher Schritt zur Integration ist.

Ein anderer wesentlicher Teil, meine Damen und Herren, an der Integration teilzunehmen, ist es natürlich, Arbeit zu haben und Arbeit zu ermöglichen. Daher sagt das Regierungsprogramm, das wir konsequent umsetzen, auch völlig richtig: Die Integration legal in Österreich lebender ausländischer Bürger muss Vorrang vor Neuzuzug haben. Im Beschäftigungsbereich sollen die bereits legal in Österreich lebenden Ausländer bevorzugt werden.

Das, meine Damen und Herren, stellt zweierlei Dinge sicher: erstens die Aufnahmebereitschaft der heimischen Bevölkerung – ich bin selbst Wiener Abgeordneter und weiß, dass es in manchen Zuzugsgebieten zu Skepsis und Problemen kommt, ich habe aber noch selten Kritik an fleißig hier arbeitenden und lebenden ausländischen Mitbürgern gehört; das müssen wir ihnen ermöglichen (Beifall bei der ÖVP) – , zweitens aber stellt es sicher, dass das Arbeitskräftepotenzial der im Land Befindlichen entsprechend ausgenützt wird.

Da gibt es ja neue Herausforderungen. Ich lese zum Beispiel am Mittwoch, dem 9. Mai: Die SPÖ fordert mehr Zuwanderer für den Arbeitsmarkt. Damit will die SPÖ dem künftigen Arbeitskräftemangel entgegenwirken.

Ich bedanke mich einmal für diese Überschriften, und über das Programm wird man im Detail sicher reden können. Aber wenn ich bedenke, dass man uns bisher Sozialabbau vorgeworfen hat, vorgeworfen hat, Arbeitslosigkeit zu erzeugen, muss ich sagen: Diese Aussage ist die glänzendste Bestätigung der Arbeitsmarkt- und damit der Sozialpolitik dieser Bundesregierung, die ich von der Opposition je gehört habe.  – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Noch zwei Randbereiche der sozialen Integration: erstens: Wohnen. Ich bekenne mich auch als Wohnbaupolitiker dazu, dass ausländische Mitbürger für längerfristige Ansiedlungen, für Eigentumsbildungen andere Grundlagen haben als Inländer. Ich verstehe aber nicht, dass jemand, der auf Grund seiner Arbeit den Wohnbauförderungsbeitrag ab


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gezogen bekommt, keinen Zugang zum sozialen Wohnbau haben soll. Ich fordere daher gerade die Wiener SPÖ auf, ihre Vergabepolitik im sozialen Wohnbau, was Gemeindewohnungen betrifft, im Sinne der Integrationspolitik dieser Bundesregierung zu überdenken und zu verändern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens: das Thema Wahlen. Meine Damen und Herren! Wer hier arbeitet, soll auch seinen Betriebsrat wählen können. Ich wünsche mir: auch bei Gewerkschaftswahlen, aber die gibt es leider nicht; auch ich als inländisches Gewerkschaftsmitglied würde sie mir wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dort aber, meine Damen und Herren, wo Sie vorgaukeln, dass ausländische Mitbürger auch bei Körperschaften – Gebietskörperschaften, Körperschaften öffentlichen Rechts – mitwählen können, sage ich ein klares Nein, solange Sie aus sehr durchsichtigen Gründen die Briefwahl verhindern, wodurch Hunderttausende inländische Bürger das Wahlrecht nicht ausüben können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Sie haben das Wort für 5 Minuten.

9.42

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie immer, wenn Klubobmann Westenthaler am Wort war, ist es notwendig, zuerst einmal eine Korrektur anzubringen. Es ist keine Frage der Einschätzung und keine persönliche Meinung – es sei ihm unbenommen, die eigene Meinung zu vertreten; jeder wertet für sich –, wenn er gleich zu Beginn seiner Rede hier behauptet hat: In Österreich leben eine Million Ausländer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Statistik Österreich – das ist eine Institution, die wohl nicht verdächtigt wird, Zahlen zu nennen, die nicht exakt wären – gibt die genaue Zahl der in Österreich lebenden Ausländer an: Es sind 758 024 Ausländer, die in Österreich leben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Davon sind 655 449 so genannte Drittstaatausländer, das sind Ausländer und Ausländerinnen, die nicht aus EU-Staaten kommen. Und wenn es um die Integration auf dem Arbeitsmarkt geht, sind es diese, ist es diese Zahl, von der wir in erster Linie reden.

Die pauschale Behauptung: Eine Million Ausländer leben in Österreich!, zeigt, mit welcher Seriosität sich die Freiheitliche Partei dem Thema der sozialen Integration und der Zuwanderung insgesamt widmet. Aber nicht nur dieses Detail, das sich durch Zahlen und Fakten, wie durch die Statistik Österreich, ganz klar belegen lässt, ist etwas, wo ganz nebulose Dinge behauptet werden, sondern es gibt auch zahlreiche andere.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Sozialminister hat es ja wahrlich verabsäumt, hier die Probleme anzusprechen, um die es tatsächlich geht. Er hat hier aber die Ausländerbeauftragte der deutschen Bundesregierung, die eine ehemalige grüne Abgeordnete ist, lang und breit zitiert, und dafür bin ich ihm sehr dankbar, denn die Ausländerbeauftragte der deutschen Bundesregierung spricht die Probleme, die es im Zusammenleben von In- und Ausländern gibt – in diesem Fall in Deutschland, aber nicht nur dort –, auch tatsächlich an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich bin ganz bei Marie-Luise Beck, wenn sie sagt, dass ein Integrationsvertrag – in diesem Fall in Deutschland, aber das gilt auch für Österreich – eine diskussionswerte Idee ist, und wenn sie – so wie auch Sie, Herr Bundesminister, und Herr Klubobmann Westenthaler – das holländische Beispiel zitiert.

Die Grünen sind gerne bereit, über Integrationsbedingungen, -voraussetzungen und auch den rechtlichen Rahmen, wie er in Holland Faktum ist, zu sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.) Aber dazu ist es auch notwendig, die Situation in Holland


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zu kennen. Das ist notwendig, um Ihnen den rechtlichen Rahmen zu zeigen, in dem sich die Integration in Holland bewegt.

Erster Punkt: In Holland gibt es ein Antidiskriminierungsgesetz – in Österreich fehlt es. In den Regierungsparteien wird noch nicht einmal darüber diskutiert, obwohl es eine EU-Richtlinie gibt, die uns zeitlich schon daran bindet.

Zweiter Punkt: In Holland gibt es so genannte Equal Opportunity Commissions, wo es darum geht, dass Arbeitgeber vor Gericht gebracht werden können, wenn sie bestimmte Bedingungen des Integrationsvertrages nicht erfüllen.

Drittens gibt es in Holland Gleichstellungspläne, wo Minderheiten – und dazu gehören ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – spezielle Maßnahmen, unter Anführungszeichen, "vorgesetzt" bekommen – aber im positiven Sinn –, die sie zu erfüllen haben.

Vierter Punkt: In Holland gibt es, meine sehr geehrten Damen und Herren, beispielsweise auch ganz andere Einbürgerungsvoraussetzungen als in Österreich, Fristen, von denen wir in Österreich nur träumen können. Und Einbürgerung ist unter anderem auch eine Integrationsmaßnahme. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn es darum geht – und damit komme ich zum fünften, aber auch nur exemplarisch aufgezählten Punkt –, dass es wie in Holland eine rechtliche Gleichstellung der in- und ausländischen Bevölkerung auf dem Arbeitsmarkt, in der Sozialgesetzgebung, auf dem Wohnungsmarkt geben soll, dann sagen wir: Ja, gerne. Die Grünen diskutieren gerne über ein holländisches Modell in Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich zuletzt noch in derselben Kürze jene Punkte anführen, die uns sehr, sehr weit weg bringen vom holländischen Modell. Meine sehr geehrten Damen und Herren ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte führen Sie nicht alle Punkte an, sondern nur einen als Schlusssatz.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Ein Punkt, Herr Präsident, und zwar jener, der mir der wichtigste ist: Das einzige Land der EU, in dem Familienzusammenführung einer Quote unterliegt, quotiert ist, ist Österreich. Und damit sind wir, was menschliches Zusammenleben und die Integration von Ausländern betrifft, sehr weit von einem wirklich erstrebenswerten Ziel entfernt. (Beifall bei den Grünen.)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

9.48

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist noch nicht lange her, dass in Wien Wahlkampf war. Damals hat die Freiheitliche Partei mit einem tiefen Griff in die Kiste der Vorurteile gegen Ausländer erfolglos versucht, damit Erfolg zu haben. Die Spitzenkandidatin, Kollegin Partik-Pablé, hat mit Horrorzahlen, mit falschen Zahlen gearbeitet, wie Sie von den Freiheitlichen das ja öfter tun, heute auch Klubobmann Westenthaler. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie hat mit Untergriffen gearbeitet – etwas anderes ist ihr heute auch nicht eingefallen.

Ich erinnere an Gemeinderat Amhof aus dem 9. Bezirk, der versprochen hat, den 9. Bezirk "ausländerfrei" zu machen. Folgerichtig hat Ihr einziger Quereinsteiger, Herr Schumann, bemerkt, er fühle sich wohl in einer "braunen Partei". (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sagen Sie, was er gesagt hat! Das war ja zynisch!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wähler in Wien haben diese Politik honoriert, die Wähler in Wien haben Ihnen eine massive Erdrutschniederlage zugefügt – und die haben Sie sich auch wirklich verdient! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich verstehe schon, dass Ihnen diese Situation jetzt in den Knochen sitzt und dass Sie versuchen, einen Kurswechsel zu simulieren. Sie versuchen sich in einer neuen Rolle. Herrn Westenthaler durften wir in den letzten Tagen immer wieder in der Rolle des "Westenthaler im Schafspelz" erleben, der versucht, den Eindruck eines Kurswechsels in der Integrationspolitik zu vermitteln. (Abg. Böhacker: Jedem Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!) Aber, meine Damen und Herren, man muss nur ein wenig hinhören, um zu merken: Das Gegenteil ist wahr!

Nehmen wir einmal Ihren Integrationsvertrag her. Herr Kollege Westenthaler, Sie reden sehr wenig über Rechte, Sie reden viel über Pflichten, und am allerliebsten reden Sie, Herr Kollege Westenthaler, über die Sanktionen. Ihr Integrationsvertrag ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein neuer Titel, unter dem Sie Leute, die Ihnen nicht passen, aus dem Land bekommen wollen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Genauso, wie Sie von "sozialer Treffsicherheit" geredet, aber nichts anderes als den härtesten Sozialabbau gemacht haben, reden Sie jetzt über Integration – und meinen Ausgrenzung, wollen nichts anderes machen als Maßnahmen für eine Ausgrenzung, aber da werden wir Ihnen Grenzen setzen! (Beifall bei der SPÖ.)

Reden wir doch einmal über die Sprache, über die Bedeutung der Sprache für die Integration. Die Sprache hat einen sehr hohen Stellenwert für die Integration. Nehmen wir Wien als Beispiel: In Wien gibt es immer wieder große Sprachoffensiven, da werden den ausländischen Mitbürgern Kurse angeboten, die sie annehmen, die sogar überlaufen sind. Man könnte viel mehr Kurse anbieten. Man braucht die Ausländer gar nicht zu zwingen, Sprachkurse zu besuchen – im Gegenteil: Die gieren danach und nehmen jedes Angebot an.

Wie steht nun aber die Freiheitliche Partei wirklich dazu? – Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, danach, wie Ihre Fraktion im Wiener Gemeinderat abstimmt, dann hätte es keine einzige Sprachoffensive gegeben, denn Ihre Fraktion, die Freiheitliche Partei, hat im Wiener Gemeinderat gegen jede Sprachoffensive gestimmt. Das ist Ihr wahres Gesicht! Sie wollen eben nicht Integration, Sie wollen Integration verhindern! – Das ist wirklich abzulehnen, und dafür wurde Ihnen auch die Rechnung präsentiert! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister! Sie haben die Möglichkeit, auf Bundesebene zu zeigen, dass Ihnen das – im Gegensatz zu Ihren Wiener Kollegen – schon ernst ist, woran ich allerdings nicht glaube, aber Sie können ja den Wahrheitsbeweis antreten: Stellen Sie entsprechende Mittel zur Verfügung, starten Sie Sprachoffensiven, machen Sie das wahr, was Sie hier angekündigt haben!

Reden wir über die Zuwanderung. Das Wifo hat in seiner Prognose jetzt jene Potenziale festgestellt, die wir brauchen, um die Situation auf dem Arbeitsmarkt besser zu bewältigen, und dazu bedarf es einer gezielten Zuwanderung. Meine Damen und Herren! Es geht nicht darum, dass Sie jetzt überlegen, wen wir gnädigerweise hereinlassen oder wie viele wir nicht brauchen, sondern es geht darum, dass wir dringend Fachkräfte brauchen, um die wirtschaftliche Entwicklung in bestimmten Branchen voranzutreiben, um den Wohlstand in diesem Land voranzutreiben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. ) Die internationale Konkurrenz, diese begehrten Fachkräfte ins Land zu bekommen, ist groß. Sie werden sich in Hinkunft aussuchen können, in welches Land sie gehen, und werden Länder bevorzugen, die ihnen signalisieren, dass sie willkommen sind, und Länder meiden, in denen ihnen die Regierungsparteien deutlich signalisieren, dass sie nicht erwünscht sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

All die Maßnahmen, die wir brauchen, um diese Situation auf dem Arbeitsmarkt zu bewältigen – bessere Rahmenbedingungen für die Frauen, bessere Weiterbildungsmaßnahmen, gezielte Zuwanderungspolitik, Weltoffenheit, bessere Chancen für die Jungen im Bildungssystem –, sind für Sie ein Problem (Abg. Mag. Schweitzer: Ende!), überall dort stehen Sie auf der Bremse, und all das verhindern Sie.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist abgelaufen!


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Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl
(fortsetzend): Und die Österreicher sollen das jetzt dadurch büßen, dass sie bis ins Greisenalter arbeiten. Diesbezüglich sind Sie sich ja noch uneinig, aber wir werden sehen, welche der beiden Fraktionen sich durchsetzt: die angebliche Herz-Fraktion oder die bekennende Schmerz-Fraktion.

Die Bevölkerung sieht dem jedenfalls bereits mit Sorge entgegen. (Beifall bei der SPÖ.)

9.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Er hat das Wort.

9.54

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kuntzl steht mit Ihrer Forderung nach Zuwanderung von Arbeitskräften in krassem Widerspruch zu ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch. Er hat nämlich in jüngsten Aussagen gemeint: Es braucht keine Zuwanderung. Kurzfristig ausländische Fachkräfte nach Österreich zu holen ist der falsche Weg. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat das gesagt?)  – Verzetnitsch im Mai im ÖGB-Nachrichtendienst. (Abg. Ing. Westenthaler: Das liest Frau Kuntzl nicht!)

Ich wiederhole es: Kurzfristig ausländische Fachkräfte nach Österreich zu holen ist der falsche Weg, man soll zuerst die Reserven in Österreich nutzen. – Damit befindet sich Verzetnitsch in guter freiheitlicher Gesellschaft, denn das ist auch unsere Forderung, und wir werden gerne mit ihm dafür arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Verzetnitsch sagt in dieser Zeitung auch – meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich damit einen neuen Aspekt in die Diskussion einbringen –: Heute rächt sich die mangelnde Ausbildungsfreude vieler Unternehmer, es gibt zu wenig Fachkräfte. Und er fordert einen Ausgleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben, wodurch jene Betriebe gefördert werden, die viel in die Ausbildung der Jugendlichen investieren.

Ich kann Kollegen Verzetnitsch hinsichtlich dieser Forderung nach Ausgleichsmaßnahmen Recht geben, nur dann muss man auch die entsprechenden Voraussetzungen dafür schaffen. Diese Voraussetzungen hat aber die Vorgängerregierung nicht geschaffen, vor allem in der Bildungspolitik nicht geschaffen – da wurden gewaltige Fehler gemacht, Frau Kollegin Kuntzl. (Abg. Sophie Bauer: Sagen Sie das Frau Gehrer!)

Jetzt hätte ich gerne, dass Sie meinen Ausführungen folgen, damit wir das Ganze auch diskutieren können.

Die SPÖ-dominierte Bildungspolitik hat jahrzehntelang die Schülerströme fehlgeleitet mit dem Ergebnis, dass eine gut funktionierende Hauptschule in diesem Land ruiniert wurde. Sie haben die Hauptschule zur "Restschule" degradiert und dafür gesorgt, dass heute in manchen Teilen Österreichs bis zu 90 Prozent aller 10- bis 14-Jährigen in den AHS sitzen, dort die Klassen überfüllt sind – das beklagen Sie auch! – und schlussendlich die Universitäten überfüllt sind mit zum Teil nicht studierwilligen jungen Menschen. – Das ist fehlgeleitete Bildungspolitik mit negativen Ergebnissen, die heute uns allen auf den Kopf fallen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wer bleibt denn auf Grund dieser verfehlten Bildungspolitik für den Lehrstellenmarkt, Herr Kollege Öllinger? (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Sie wissen es, wir wissen es. Und wir können es den Betrieben nicht verdenken, wenn sie sagen: Diese jungen Leute, die nicht einmal gescheit lesen und schreiben können, wollen wir nicht ausbilden, wir wollen qualifizierte Schulabgänger zum Ausbilden und nicht solche, die nicht einmal das Zeugnis dieser "Restschule" erhalten haben! (Abg. Öllinger: Zum Thema! Zum Thema! Wir haben keine Schul-Debatte!) Und deshalb ist das Bildungssystem zu reformieren.


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Ich lege Ihnen einen Vorschlag der FPÖ vor, dem Sie folgen können: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Linken! Führen wir doch wieder ein so genanntes Prognoseverfahren ein, damit wir die Schülerströme wieder etwas sinnvoller lenken können und nicht in manchen Bereichen so viele Schüler sind, dass wir dann nur einen Teil von ihnen brauchen können. (Abg. Öllinger: Das falsche Thema! Schweitzer, falsches Thema!) Das ist Mut zur Wahrheit und Politik für die Zukunft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sollten die Ressourcen, die wir haben, optimal nutzen. Die Jugendlichen sollten in dem ausgebildet werden, wofür sie die besten Voraussetzungen mitbringen. (Abg. Sophie Bauer: Themaverfehlung!)

Aufwertung der Hauptschule zu einer Realschule – freiheitlicher Vorschlag. Umgestaltung der polytechnischen Schule zum Berufsfindungsjahr – freiheitlicher Vorschlag. (Abg. Öllinger: Zum Thema! Einen Satz zum Thema!) Beginn einer Lehre nur mit erfolgreichem Abschluss des so genannten Berufsfindungsjahres, dafür aber Anrechnung dieses Jahres als erstes Berufsschuljahr. – Das sind konkrete Vorschläge, mit denen wir junge Menschen ausbilden wollen, bevor sie zu Facharbeitern ausgebildet werden, und dann – Kollege Öllinger, das ist zum Thema! – brauchen wir den von Ihnen geforderten Zuwanderungsstrom von Ausländern nicht, weil wir den Arbeitsmarkt mit qualifizierten Leuten aus Österreich abdecken können. – Das ist zum Thema, Herr Kollege Öllinger, man muss nur ein bisschen komplexer denken können, nicht: Ausländer rein, und die Probleme sind gelöst! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es liegt Ihnen nicht, komplex zu denken. (Ironische Heiterkeit des Abg. Brosz. ) Sie machen immer wieder Politik für Ausländer, Politik für Minderheiten, aber nicht Politik für Inländer, Politik für die Mehrheit. Dafür sind wir zuständig – und deshalb regieren wir und sind Sie in Opposition! Das ist die logische Konsequenz. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Aber nicht mehr lange!)

Mit diesem Vorschlag – und dazu hätte ich gerne auch die Meinung des Herrn Kollegen Verzetnitsch gehört – der Neugestaltung des Bildungssystems könnten wir das Problem der Zuwanderung, wenn es um Arbeitskräfte geht, ein für alle Mal lösen. Ich glaube, es wäre gut, mit der SPÖ darüber zu reden, weil wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen, und ich bin überzeugt davon, dass wir sie von der Vernunft dieser Pläne überzeugen können. Damit könnte die SPÖ gemeinsam mit dieser Bundesregierung einen sinnvollen Beitrag zur Lösung der Arbeitskräfteproblematik leisten, und wir könnten die Forderung nach mehr Zuwanderung, um die Arbeitskräfte im Land zu haben, endgültig zu den Akten legen. – Das wäre im Interesse der Österreicher, das ist freiheitliche Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.00

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sehr erfreulich, dass wir in Österreich im Vergleich mit sämtlichen EU-Ländern sehr gute Wirtschaftsdaten haben. Das zeigt die neueste EU-Studie, die erst im April erschienen ist. Wir haben weiters ein dichtes soziales Netz und großen Wohlstand. Das Wirtschaftswachstum beträgt 3,5 Prozent, womit Österreich vor den großen Ländern Frankreich, England, Deutschland und Italien liegt.

Was die Produktivität betrifft, hat Österreich sehr gut aufgeholt. Wir haben eine niedrige Inflationsrate von nur 2 Prozent. Hinsichtlich des Wohlstandes der Bevölkerung pro Kopf – BIP – liegen wir ganz in der Spitzengruppe. Und Österreich hat mit nur 3,4 Prozent Arbeitslosen beinahe Vollbeschäftigung.

Meine Damen und Herren! Wir rühmen uns aber nicht nur dieser Gegenwartszahlen, denn wir wollen nicht nur eine Politik der Gegenwart, sondern auch eine Politik für die Zukunft machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Deswegen ist diese aktuell erschienene Wifo-Studie ein solch wichtiges Signal, das zeigt, dass es gilt, einige politische Rahmenbedingungen und auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu verändern. Was sagt diese Wifo-Studie? – Es werden in den nächsten fünf, sechs Jahren, näm-lich von 1999 bis 2005, 165 000 zusätzliche Beschäftigte fehlen, das heißt vor allem Facharbeiter und Fachkräfte, gut ausgebildete Kräfte.

Es gilt, darüber nachzudenken, was diesbezüglich geschehen kann. Es ist viel zu einfach und viel zu primitiv, nur zu sagen: Wir erhöhen die Zuzugsquote. Es gilt, viel kreativere und einfallsreichere Lösungen zu finden. Diese einfallsreicheren Lösungen werden nicht nur von mir gefordert, sondern das Wifo macht in seiner Studie auch entsprechende Vorschläge. Ein Arbeitskreis, der innerhalb der Wirtschaft bereits zu diesem Thema eingesetzt wurde und permanent läuft, kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass es sinnvoller ist, zuerst die vorhandenen Potentiale auszuschöpfen und erst dann, wenn diese ausgeschöpft sind, die Quote für den Zuzug zu erhöhen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was sind nun die konkreten Vorschläge? – Ein Vorschlag lautet, ältere Beschäftigte, nämlich Dienstnehmer über 50 Jahre, länger in Beschäftigung zu halten. Die Studie sagt, wenn es uns nur gelingt, das Niveau der siebziger Jahre diesbezüglich zu erreichen, hätten wir bereits 200 000 Arbeitskräfte mehr.

Wir müssen diese älteren Dienstnehmer natürlich auch entsprechend ausbilden. Ich möchte hier nur eine Zahl erwähnen: Die Wirtschaft gibt laut einer Schätzung des Institutes für Bildung rund 15 Milliarden Schilling jährlich für Bildung aus. Das ist ein ganz beachtlicher Betrag, und er liegt, wenn er stimmt, über dem, was das AMS für Mitarbeiterqualifikation ausgibt. Es muss auch einmal gesagt werden, dass die Wirtschaft schon jetzt diesen hohen Betrag ausgibt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Huber. )

Wir zum Beispiel machen in unserem Unternehmen seit Jahren Deutschkurse für unsere bereits österreichischen, aber oft noch immer ausländisch sprechenden Mitarbeiter – auch, wenn sie sie nicht brauchen, auch, wenn sie nur Arbeiter am Band sind und sozusagen nicht unbedingt Deutsch sprechen müssen. Aber wir machen das. Wir haben auch eine zweisprachige Mitarbeiter-Zeitung. Das machen wir natürlich über die normale Ausbildung unserer Mitarbeiter hinaus. Da die Ausbildung der Mitarbeiter im Unternehmen ein so wichtiger Faktor ist, wäre es auch wünschenswert, wenn es da zu steuerlichen Begünstigungen käme.

Eine andere Möglichkeit wäre natürlich die Verkürzung der Ausbildungsdauer, weil die jungen Leute dann früher in Beschäftigung kämen. Und wichtig ist es auch, Frauen in den neuen Berufen auszubilden.

Ich möchte mich abschließend noch kurz mit dem Thema Frauen beschäftigen. Ich glaube, dass es wichtig ist oder auch entsprechend der Wifo-Studie ein wichtiger Faktor ist, mehr Frauen in Beschäftigung zu bringen, auch wenn sie sich in Karenz befinden. Diesbezüglich bietet der Vorschlag der ÖVP hinsichtlich des "Kindergeldes neu" mit der hohen Hinzuverdienstmöglichkeit sicher eine ganz große Chance. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein Wort noch zur Teilzeitkarenz: Diese wird immer so bejubelt, als ob sie die beste Möglichkeit für Frauen gewesen wäre, Beschäftigung und Karenz zu verbinden. Von den 78 000 Karenzgeldbeziehern im Jahr 1999 waren nur 2 300 in Teilzeitkarenz. Also, meine Damen und Herren, das ist bezüglich Verbindung von Familie und Beruf ein absoluter Flop. Ich bin sicher, dass wir hier in Zukunft viel mehr dazu beitragen werden, den Frauen die Verbindung von Familie und Beruf zu erleichtern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Öllinger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beginne mit einem Beispiel, das einiges darüber aussagt, wie es in diesem Land aussieht mit Integration vor Neuzuzug.


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69. Sitzung / Seite 46

Eine Frau, 20 Jahre hier wohnend, hat in Österreich Medizin studiert, absolviert mit Diplom. Herr Staatssekretär, Sie wissen, was passiert: Diese Frau darf in Österreich nicht als Ärztin arbeiten, obwohl an einer österreichischen Universität ausgebildet, ohne Probleme, tadellos das Studium absolviert! Keine Möglichkeit, hier zu arbeiten. Brauchen wir sie nicht? – Selbstverständlich brauchen wir sie an einem Krankenhaus. Dort arbeitet sie auch, aber nicht um ein reguläres Gehalt, sondern um 4 000 S als Gastärztin.

Das ist die Art und Weise, wie dieses Land Menschen, die hier zugewandert sind, 20 Jahre hier arbeiten, tätig sind, wohnen, ausnutzt. Nach wie vor gehört das zum österreichischen System und österreichischen Modell. Wenn Sie sagen, meine Damen und Herren, Integration vor Neuzuzug, dann muss ich dem entgegenhalten: Da lachen ja die Hühner! Da lachen doch die Hühner, das stimmt doch alles nicht! Eine Unwahrheit nach der anderen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich zähle Ihnen auf, wie es aussieht: Seit Jahrzehnten gibt es mehrere Klassen von Beschäftigten – inländische, ausländische. Die ausländischen werden in mehrere Klassen eingeteilt: Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein, Sonderrechte für die eine Gruppe, noch weniger Rechte für die andere Gruppe – aber ganz sicher nicht gleiche Rechte. Ganz sicher nicht gleiche Rechte! Ausländische Beschäftigte, Arbeitsmigranten/-migrantinnen haben keine gleichen Rechte im politischen Bereich, bei den Arbeiterkammerwahlen, bei den Betriebsratswahlen. Auch bei den Gemeindewahlen dürfen sie nicht wählen, weil die ÖVP und die FPÖ der Meinung sind, da könnte ja ein Türke Bezirksvorsteher werden. Das wäre doch furchtbar! Das, was in allen anderen europäischen Ländern schon praktiziert wird und dort niemanden vom Stockerl reißt, ist in Österreich ganz furchtbar. Ein Türke im Betriebsrat, ein Türke in der Gemeindevertretung. – Da können wir nicht mehr leben, da fühlen wir uns nicht mehr wohl. Das ist die Realität!

Ich sage Ihnen noch etwas zu Ihren Unwahrheiten betreffend Integration vor Neuzuzug: Keine gleichen Rechte im sozialen Bereich, bei den Familienleistungen, in der Arbeitslosenversicherung, beim Wohnen. Ja nicht einmal im Steuerrecht, wo Sie die gleichen Rechte geben müssten, sind die Arbeitsmigranten und -migrantinnen gleichgestellt. So sieht’s aus!

Wenn die beiden Familienparteien ÖVP und FPÖ von den Segnungen des Kindergeldes sprechen, dann vergessen sie gerne, dass die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder von hier tätigen Arbeitsmigrantinnen komplett gestrichen wurde, dann vergessen sie, dass das Kinderbetreuungsgeld nach wie vor nicht gleichberechtigt an hier lebende ausländische Frauen gegeben wird, sondern es selbstverständlich – dazu stehen Sie auch – Einschränkungen gibt. Wo sind denn da die gleichen Rechte für hier lebende Menschen? Sie verweigern sie ihnen.

Herr Westenthaler sprach von Holland und meinte – und da lacht er –, dort könne man die Sozialhilfe kürzen, wenn sich jemand der Integration verweigert. Ja weiß denn Herr Westenthaler nicht, dass in Österreich Ausländer in den meisten Bundesländern nicht einmal einen Anspruch auf Sozialhilfe haben und dass die Sozialhilfe auch für Österreicher auf null gekürzt wird, wenn sie sich den Arbeitsmaßnahmen verweigern? Auf null und nicht wie in Holland um 25 Prozent! – Das sind Ihre Realitäten, zu denen Sie stehen, meine Damen und Herren!

Jetzt kommen wir zur Zuwanderung. Ich habe Ihnen schon erklärt: Es gibt keine gleichen Rechte im integrativen Bereich. Kommen wir zur Zuwanderung. Ich darf Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daran erinnern, dass Sie in mehreren Anträgen unbeschränkten Zuzug von Saisonniers gefordert haben. Um erheblich weniger Geld wollen Sie hier Saisonniers unbeschränkt beschäftigen – neben den Quoten, die es für reguläre Zuwanderer gibt. Das ist Realität!

Ich darf Sie daran erinnern, meine Damen und Herren von FPÖ ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend):  ..., dass Sie offensichtlich ganz gut mit Schwarzarbeitern leben können, wie man am Beispiel etlicher freiheitlicher Spitzenpolitiker immer wieder bemerken musste, die sie in ihren Betrieben beschäftigt haben.


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69. Sitzung / Seite 47

Gleiche Rechte für alle, nur so kommen wir ein Stück vorwärts! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre die Aktuelle Stunde damit für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und ihrer Zuweisung verweise ich auf die im Sitzungssaal des Nationalrates nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2331/J bis 2421/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1866/AB bis 2086/AB,

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 1992/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (487 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert und das Smogalarmgesetz aufgehoben wird (553 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001 (562 der Beilagen),

Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages von Nizza (565 der Beilagen),

4. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle – 4. ZollR-DG-Novelle (567 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (573 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (574 der Beilagen),

Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2002 – VRÄG 2002 (575 der Beilagen),

Euro-Umstellungsgesetz-Schulrecht (578 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten geändert wird (579 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz und die 12. Schulorganisationsgesetz-Novelle geändert werden (580 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird (581 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (582 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird (583 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Tiermehl-Gesetz geändert wird (584 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem die Vollzugsanweisung betreffend die Verwertung von Gegenständen animalischer Herkunft in Tierkörperverwertungsanstalten (Tierkörperverwertung) geändert wird (585 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (586 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden (587 der Beilagen),

Produktpirateriegesetz – PPG (589 der Beilagen),

Euro-Steuerumstellungsgesetz – EuroStUG 2001 (590 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zum Asiatischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) der Asiatischen Entwicklungsbank (591 der Beilagen),

Euro-Umstellungsgesetz Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – EUG-LFUW (592 der Beilagen),

Sozialversicherungs-Währungsumstellungs-Begleitgesetz – SV-WUBG (593 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der älteren Generation 1998 (Bundes-Seniorengesetz 1998) geändert werden (594 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100 b Abs. 1 und 100 c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2001 (Vorlage 26 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 2001 (Vorlage 27 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 22 betreffend "Geplante Ausgliederung der Bundessozialämter", überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,

Petition Nr. 23 betreffend "gegen die geplante Schließung des Bahnhofes St. Valentin für den IC-Verkehr", überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,

Petition Nr. 24 "für die Realisierung der Renovierung des Bahnhofsgebäudes Steyr (Baubeginn 2002)", überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr.

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen an andere Ausschüsse:

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Petition Nr. 11 zur Erhaltung des Wachzimmers St. Pölten – St. Georgen, überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl;

Unterrichtsausschuss:

Petition Nr. 10 zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahl und gegen die Sparmaßnahmen der FPÖVP-Regierung im Bildungsbereich, überreicht vom Abgeordneten Dr. Dieter Antoni,


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69. Sitzung / Seite 49

Petition Nr. 19 betreffend "Sparmaßnahmen im Bildungsbereich", überreicht von der Abgeordneten Gabriele Binder,

Bürgerinitiative Nr. 11 zu Sparvorhaben im Bildungsbereich,

Bürgerinitiative Nr. 12 betreffend "Sicherung der Qualität im Bildungsbereich",

Bürgerinitiative Nr. 14 betreffend "Forderung nach Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen an österreichischen Schulen, um damit eine moderne Wissensvermittlung möglich zu machen",

Bürgerinitiative Nr. 15 betreffend "Senkung der Klassenschülerhöchstzahl",

Bürgerinitiative Nr. 16 betreffend "Resolution gegen Kürzungen im Bildungsbereich",

Bürgerinitiative Nr. 17 betreffend "Sicherstellung des hohen Bildungsstandards in Österreich";

Verfassungsausschuss:

Petition Nr. 8 betreffend "Freie Radios", überreicht vom Abgeordneten Dr. Peter Wittmann;

Verkehrsausschuss:

Petition Nr. 12 betreffend "Lärmschutz-Petition", überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 17 betreffend "Für eine rasche Verbesserung der Lärmschutzmaßnahmen entlang der A 1 im Süden St. Pöltens", überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 18 betreffend "gegen die Schließung der Bahnhöfe Gröbming, Rottenmann, Trieben und St. Michael für den IC-Verkehr", überreicht von der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Kündigung des Übereinkommens (Nr. 89) über die Nachtarbeit der Frauen im Gewerbe (Neufassung) (480 der Beilagen),

Kündigung des Übereinkommens (Nr. 4) über die Nachtarbeit der Frauen (481 der Beilagen),

Notifikation der Republik Österreich von Änderungen der Anhänge zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit und der Zusatzvereinbarung zur Durchführung des Abkommens (566 der Beilagen);

Außenpolitischer Ausschuss:

Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Seegerichtshofs (538 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (563 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Bangladesch über die Förderung und den Schutz von Investitionen (441 der Beilagen),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen (520 der Beilagen),


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69. Sitzung / Seite 50

Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (554 der Beilagen);

Gesundheitsausschuss:

Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (537 der Beilagen);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (549 der Beilagen),

Antrag 425/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird;

Justizausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Insel Man (518 der Beilagen);

Rechnungshofausschuss:

Sonderbericht des Rechnungshofes über die Bankenaufsicht (III-92 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Antrag 429/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend mangelnde Umsetzung von Natura 2000 in Österreich;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 424/A (E) der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend Fortsetzung der Integration von SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ab der 9. Schulstufe;

Verfassungsausschuss:

Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über Regelungen zur partnerschaftlichen Durchführung der Regionalprogramme im Rahmen der EU-Strukturfonds in der Periode 2000 bis 2006 (564 der Beilagen);

Verkehrsausschuss:

Antrag 427/A (E) der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend Navigationssysteme und Verkehrssicherheit,

Antrag 428/A (E) der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend den besseren Schutz insbesondere nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer bei Verkehrsunfällen;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die soziale Lage 1999 (III-95 der Beilagen);


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69. Sitzung / Seite 51

Finanzausschuss:

Berichte der Bundesregierung gemäß § 22 des ERP-Fonds-Gesetzes, BGBl. Nr. 207/1962, betreffend die Jahresberichte und Jahresabschlüsse 1998/1999 und 1999/2000 des ERP-Fonds (III-99 der Beilagen);

Justizausschuss:

Bericht des Bundesministers für Justiz über die in den Jahren 1998 bis 2000 zu beobachtenden durchschnittlichen Anfallszahlen an ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmitteln und die daraus resultierenden Belastungen beim Obersten Gerichtshof sowie über die an die Oberlandesgerichte und Landesgerichte gerichteten Anträge auf Änderung der Aussprüche über die Zulassung einer Revision oder eines Revisionsrekurses aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 11. Dezember 1997, E 98-NR/XX.GP (III-96 der Beilagen);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Erster Bericht der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur zur Umsetzung des Akademien-Studiengesetzes; Arbeitsjahr 1999/2000 (III-97 der Beilagen).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass der Klub der Grünen vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt hat, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 430/A (E) der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Pilz und Genossen betreffend Presse- und Meinungsfreiheit dringlich zu behandeln.

Dieser Dringliche Antrag wird nach den Bestimmungen, die Sie alle kennen, um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters darf ich mitteilen, dass Herr Abgeordneter Dietachmayr beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis zum 5. Juni zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang auch das Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Im Hinblick auf die Behandlung des Dringlichen Antrages, der für die heutige Sitzung eingebracht wurde, wird die Kurzdebatte im Anschluss an die Debatte zum Dringlichen Antrag stattfinden, die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag nach Schluss der Debatte.

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es liegt mir ein Antrag vor, nach § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Regierungsvorlage: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages von Nizza in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag auf Durchführung einer ersten Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einhellig so angenommen.


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Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 5 bis 7 und 10 bis 13 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Da das nicht der Fall ist, werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein und teile mit, dass in der Präsidialsitzung Konsens über die Dauer der Debatten in der heutigen Sitzung erzielt wurde wie folgt:

Es wurde eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten sowie Grüne 92 Minuten. Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage: Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (428 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (555 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor, daher gehen wir in die Rednerliste ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Er darf als Erster reden! – Abg. Haigermoser: Die Abschiedsrede, Herr Kollege Kostelka? – Abg. Dr. Kostelka  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nein!)

10.14

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Vor dem Referendum über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union haben alle Politiker dieses Landes beteuert, dass die EU-Mitgliedschaft und die Neutralität vereinbar sind. Noch sieben Tage vor der Abstimmung im Jahre 1994 hat der damalige Außenminister und Vizekanzler Mock erklärt, dass auch nach einem EU-Beitritt die Neutralität voll gewahrt bleibt.

Der damalige Wirtschaftsminister und heutige Bundeskanzler Schüssel hat wenige Monate nach dem EU-Beitritt noch bekräftigt: Die Neutralität ist weder reif für den Tabernakel noch für den Papierkorb!

Meine Damen und Herren! Die Politik der heutigen Bundesregierung, nicht zuletzt mit diesem Bundesgesetz, steht in krassem Widerspruch zu diesen Bekenntnissen. Kollege Khol hat einmal gesagt – zitierend –: "Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit."

Meine Damen und Herren! In der Sicherheitspolitik gehen Sie einen Schritt weiter. Sie scheinen davon auszugehen, dass die Interpretation von Verfassungsgesetzen eine Tochter Ihrer politischen Wünsche ist.

Das vorliegende Bundesgesetz ist ein Beispiel für diese Doppelstrategie, deren einziges Ziel die Aushöhlung der Neutralität ist. Aber Sie haben nicht einmal den Mut, dies offen und ehrlich zu bekennen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


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69. Sitzung / Seite 53

Diese Absicht wird klar, wenn man neben dem Gesetz auch die gleichzeitig dem Hohen Haus vorgelegte Sicherheitsdoktrin in ihrem ersten Teil zu lesen beginnt. Im vorliegenden Gesetz streichen Sie zwar sämtliche Zitate des Neutralitätsgesetzes heraus und flüchten in den schwammigen Begriff der völkerrechtlichen Verpflichtungen, aber in der Sicherheitsdoktrin sagen Sie deutlich, was Sie meinen. Dort ist auf Seite 60 zu lesen, dass die Neutralität jener politische Preis war, den Österreich zu zahlen hatte, um die volle Souveränität im Jahre 1955 wiederzuerlangen, dass darüber hinaus die Neutralität die umfassende Teilnahme Österreichs an der europäischen Integration behindert und dass daher die Bundesregierung – so zu lesen auf Seite 64 – zur Auffassung gelangt sei, dass im europäischen Kontext die Neutralität nicht mehr relevant ist.

Meine Damen und Herren! In der Sicherheitsdoktrin deklarieren Sie klar Ihre Absicht: Die Neutralität muss weg. Die Motivation, die Neutralitätszitate aus dem Kriegsmaterialgesetz zu streichen, ist damit deklariert. Im Gesetz selbst haben Sie aber, wie schon gesagt, nicht den Mut und die Ehrlichkeit, das auch deutlich zu sagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Alle Ihre Interpretationskünste, meine Damen und Herren, werden nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie durch ein einfaches Bundesgesetz die Neutralität weder aushebeln noch aushöhlen können. Sie haben bei der Vollziehung dieses Gesetzes selbstverständlich auch das Verfassungsgesetz mit zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang muss ich Sie darauf hinweisen, dass das scheinbare einfachgesetzliche Können im Kriegsmaterial- und Truppenaufenthaltsgesetz nicht das verfassungsgesetzliche Dürfen in Frage stellen kann.

In diesem Zusammenhang ist deutlich darauf hinzuweisen, dass wir Sozialdemokraten auch in den nächsten Jahren mit aller Deutlichkeit darauf Bedacht nehmen werden, dass bei jedem Vollzugsakt dieses Gesetzes das Neutralitätsgesetz in vollem Umfang gewahrt bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratie wird all ihre rechtlichen und auch politischen Mittel ausschöpfen, sicherzustellen, dass auch in Zukunft nach der Beschlussfassung dieses Gesetzes das Neutralitätsrecht und das Neutralitätsgebot unserer Verfassung gewahrt bleiben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Neutralitätsgesetz sind drei Teile enthalten: Erstens, keine Kriege zu führen, zweitens, das österreichische Staatsgebiet frei von fremden Truppen zu halten, und drittens, keinem Militärbündnis beizutreten. Mit diesem Gesetz versuchen Sie, das Konzept der Bündnisfreiheit verfolgend die ersten zwei Elemente einzuschränken und zurückzudrängen.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang sind Sie darauf hinzuweisen: Es wird und es kann Ihnen nicht gelingen! Ich behaupte nicht, dass Sie Kriege führen wollen. Aber das, was Sie wollen, Herr Kollege Khol, was Sie durch dieses Gesetz sicherstellen wollen (Abg. Dr. Khol  – eine Broschüre in die Höhe haltend –: Steht da drin!), ist die Beteiligung an Militärinterventionen ohne UN-Mandat. – Und das verbietet Ihnen das Neutralitätsgesetz! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie auf diese Art und Weise auch sicherstellen wollen, ist, dass es – wie in einem NATO-Staat – den Truppenaufenthalt auch in Österreich in Zukunft geben soll. – Meine Damen und Herren, auch das verbietet Ihnen das Neutralitätsgesetz!

Die Neutralität lässt sich nicht nur politisch definieren. Die Neutralität ist ein zentrales Gesetz dieser Zweiten Republik. Der Schweizer Philosoph Burckhardt hat einmal gesagt: "Geschichte dient dazu, klüger für ein andermal und in seltenen Fällen weise für immer zu sein." (Abg. Großruck: Das gilt aber für alle!)

Österreich hat sich in den letzten 200, 300 Jahren an nahezu jedem Krieg auf diesem Kontinent beteiligt. Für die meisten Österreicher ist das Neutralitätsgesetz daher ein Bekenntnis des "Niemals wieder!": Niemals wieder zu versuchen, mit Waffengewalt politische Absichten durchzusetzen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetz stehen Sie nicht nur in Widerspruch zum Neutralitätsgesetz, sondern auch zu diesem Bekenntnis der österreichischen Bevölkerung. Sie erweisen weder dem Land noch sich selbst einen wirklich guten Dienst.

Lassen Sie mich daher mit folgender Bemerkung schließen: Sie sagen in der Sicherheitsdoktrin, dass die Neutralität heute keine Funktion mehr hat. Daher von meiner Seite die dringende Aufforderung: Meine Damen und Herren, Frau Bundesminister, erfüllen Sie sie mit einer Funktion! Dass sie eine hat, hat nicht zuletzt das Ende des Jugoslawien-Krieges bewiesen. Nur dann, wenn Sie eine entsprechende Aktivität in neutralitätspolitischer Hinsicht an den Tag legen, wird sich Österreich profilieren und wird das Ansehen unseres Landes in Europa wieder steigen. Ich fordere Sie dazu auf! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Das war ein Schwanengesang!)

10.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeit von 7 Minuten gestellt. – Bitte.

10.23

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Der Debattenbeitrag des Kollegen Kostelka hat bereits gezeigt, dass es heute weniger um das vorliegende Gesetz geht – dieses bietet nämlich relativ wenig oder gar keinen Anlass zu Kritik –, sondern vielmehr um eine Grundsatzdebatte. Die nehmen wir auch gerne auf. Wenn sie geführt werden soll, Herr Kollege Kostelka, dann müssen wir aber wirklich in die Tiefe gehen. Dann dürfen wir nicht nur an der Oberfläche kratzen, wie Sie es jetzt in Ihrem Redebeitrag getan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben Mut und Ehrlichkeit eingefordert. Ich werde Sie an einige Punkte aus der sozialdemokratischen Vergangenheit erinnern, wenn es um Ehrlichkeit geht.

Kollege Schieder hat in der Debatte um das SOFA-Abkommen eine ähnliche Bemerkung wie ich jetzt eingangs gemacht und gesagt, dass das SOFA-Abkommen auch ein bisschen das Opfer eines Stellvertreterkriegs geworden ist. Das ist in diesem Gesetz ebenfalls der Fall.

Kollege Schieder hat später, sehr wohl warnend, noch etwas festgestellt, weil er genau weiß und schon zum damaligen Zeitpunkt wusste, dass dieses SOFA-Abkommen, das Sie unter sozialdemokratischer Kanzlerschaft abgeschlossen haben, um vieles weiter geht. Schauen Sie sich nur den Umfang an! Dort hat sich die NATO jeden Punkt bestätigen lassen, in dem wir in Österreich damals Rechte abgetreten haben, jeden einzelnen Punkt und Beistrich – das haben damals Sie unterschrieben, nicht wir Freiheitliche, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Sie haben damals – wohl wissend, wohin es geht – gesagt, Herr Kollege Schieder, dass eine Großmacht wie Amerika natürlich viel weniger bereit ist, sich an Bestimmungen zu halten. Sie haben mit diesen Ausführungen sehr Recht, aber offenbar haben Sie in der SPÖ damals nicht sehr viel Gehör gefunden. Sie haben sich mit einer einfachen Grundsatzerklärung des Völkerrechtsbüros zufrieden gegeben. Das war aus unserer Sicht zu wenig.

Wir Freiheitliche haben damals auch dagegen gestimmt, weil wir die Rechte Österreichs für viel zu wenig gewahrt gesehen haben. Heute ist dieser Vertrag geschlossen – pacta sunt servanda –, wir halten uns daran. Aber wir waren diejenigen, die davor gewarnt haben, und nicht die Sozialdemokraten! Sie haben damals Kollegin Karlsson und einige andere, die offenbar gefährdet waren, eine anders lautende Meinung zu äußern, sogar aus dem Ausschuss entfernt, obwohl sie sonst drinnen waren. Sie haben genau gewusst, warum, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Das Truppenaufenthaltsgesetz, das wir heute beschließen, ist ein Kinderspiel im Vergleich zum SOFA-Abkommen. Das werde ich auch beweisen und begründen.

Schon § 1 Abs. 2 sagt ausdrücklich: "Der Aufenthalt umfasst das Überqueren der Grenze zu, den vorübergehenden Aufenthalt in und das Verlassen von österreichischem Hoheitsgebiet." –


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Zu keinem Zeitpunkt gibt Österreich dabei das Recht auf, nein zu einem solchen Aufenthalt zu sagen.

Ganz anders ist es in dem von den Sozialdemokraten unterschriebenen SOFA-Abkommen. Dort ist eine Kündigung nicht einmal im Kriegsfall ohne Ablauf einer Frist möglich. Herr Kollege Kostelka, wie ist es da mit Ihrer Neutralität? Wo waren Sie damals, als es darum ging, dieses Abkommen zu unterschreiben? Wo war Ihr Gewissen, Ihr Neutralitätsgewissen zu diesem Zeitpunkt, Herr Kollege Kostelka? – Das frage ich mich wirklich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Dieses NATO-Truppenstatut erlaubt es NATO-Kräften – es ist ein Stationierungsabkommen; kein Durchfuhr- und Ausfuhrabkommen wie jetzt, sondern ein Stationierungsabkommen, bei dem sich sogar der NATO-Staat Dänemark als Einziger geweigert hat, es so zu übernehmen und zu unterschreiben, weil es ihm zu weit ging –, mit diesem Abkommen erlauben wir die Durchfahrt fremder Kräfte, bewaffnet, mit Munition, mit der Möglichkeit des juridischen Zugriffs auf ihre eigenen Leute, auf die Angehörigen dieser Leute und unter gewissen Voraussetzungen sogar auf österreichische Staatsbürger, einschließlich Waffeneinsatz, meine Damen und Herren von der SPÖ! – Es wäre gut, wenn Sie jetzt zuhören und nicht nur tratschen würden. Sonst werden Sie nachher wieder behaupten, Sie hätten nichts davon gewusst; so, wie Sie es damals getan haben, meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie erinnern sich immer nur sehr selektiv an das, was Sie einmal beschlossen haben – wenn es um die Wahrheit geht.

All das wurde erlaubt, und Kollege Cap hat uns damals "geschwätzige Grundsatzlosigkeit" vorgeworfen. Wo war denn da wirklich die "Grundsatzlosigkeit", meine Damen und Herren von der SPÖ? (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist denn Herr Cap heute eigentlich?) Wo ist Cap? – Er lernt zurzeit die Geschäftsordnung. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edler: ... Liesing?)

Der gegenwärtige Gesetzesvorschlag verlangt ausdrücklich, dass alle völkerrechtlichen Verpflichtungen eingehalten werden und dass die Interessen der Republik gewahrt werden. Es ist überhaupt kein Vergleich zu damals. (Abg. Edler: Sag, was in Liesing ist!)

Was hat Herr Kollege Gusenbauer damals zu diesem Antrag gesagt? – Er hat sich damals dahin gehend geäußert:

"Österreich hat sich, meiner Auffassung nach vernünftigerweise, gegenüber diesen Kooperationsmöglichkeiten erweiterter Form" – so nannte er es damals, dass der NATO freier Weg durch Österreich gegeben wurde – "nicht verschlossen" und damit klar seine Bereitschaft unterstrichen, Kooperation zu leisten.

Meine Damen und Herren! Ich haben Ihnen damals gesagt: "Es geht hier nicht um ein Entsendeabkommen für Übungen. Das hätte sich mit einem Standardvertrag ohne weiteres machen lassen. Wir haben auch gar nichts gegen ein Abkommen, das weiter geht ... Aber nicht in dieser Mogelpackung und nicht unter diesen Voraussetzungen, bei denen die Todesstrafe eingeführt wird, ohne daß man es dem Österreicher sagt, bei denen die österreichische Verfassung gebeugt wird – wenn nicht sogar gebrochen, was die Neutralität betrifft –, nur weil Sie zu feige sind, die Diskussion mit dem österreichischen Bürger aufzunehmen."

Nehmen wir jetzt die Diskussion auf. Wie ich schon gesagt habe, hat sich Kollege Schieder zu dieser Thematik geäußert, allerdings mit sichtlichem Unbehagen, das muss man fairerweise dazusagen. Ich möchte bewusst nicht weiter darauf herumreiten, denn auch ich habe damals – das sage ich hier offen und ehrlich – eine andere Position vertreten. Wir Freiheitliche haben damals eine NATO-Position vertreten – aber ich sage ausdrücklich, wir haben das damals getan. Jetzt haben wir dazugelernt, es ist seit 1997, 1998 viel geschehen. Nicht zuletzt besinnt sich jetzt Europa seiner neuen Stellung und seiner neuen Verantwortung.

Wir haben nun die Möglichkeit, von Anfang an gestaltend an einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik teilzunehmen. Die NATO ist nicht mehr die einzige Alternative und


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Möglichkeit zur Kooperation, die sie damals war. Wir beginnen in diesen Tagen um die künftige Sicherheitsdoktrin zu ringen. Wir wollen und sollten das gemeinsam und ehrlich tun.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es sollte dabei gelten, was Kollege Gusenbauer damals sagte, als er uns fürs SOFA-Abkommen ins Boot holen wollte. Er sagte damals ausdrücklich:

"Einigen wir uns darauf, daß wir versuchen, diese Debatte entemotionalisiert zu führen. Gehen wir nicht davon aus, daß der eigene Standpunkt zu 100 Prozent der einzig mögliche ist und" – denken Sie daran, wenn Sie von der Neutralität reden! – "als einziger Österreich vor Krieg bewahren und den Frieden sichern wird, sondern davon, daß wir seit dem Jahre 1989 in einer sicherheitspolitisch flexiblen Situation sind, in der einzelne Staaten unterschiedliche Schritte mit einer Zielsetzung unternehmen, nämlich Sicherheit, Frieden und Stabilität in Europa zu schaffen."

Kollege Gusenbauer hat dann noch hinzugefügt: "Das ist eine Diskussion, die man in einer vernünftigen Art und Weise führen kann. Am Ende dieses Prozesses sollte, falls sich im Haus eine Mehrheit ergibt, meiner Meinung nach das österreichische Volk damit zu befassen sein." – Wir unterschreiben das voll und ganz.

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie sich die Worte Ihres eigenen – damals war er es noch nicht – Vorsitzenden zu Herzen! Reden wir ernsthaft und vernünftig über diese Sache. Es gibt viel zu tun im Bereich der Sicherheitspolitik. Wir sollten es gemeinsam anpacken! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeit von 8 Minuten gestellt.

10.31

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Begriff "Schwenk" spielt in der militärischen Kommandosprache eine große Rolle. Er spielt offensichtlich auch eine große Rolle in der militärischen Kommandosprache der Freiheitlichen Partei. Genau das sollten wir heute besprechen.

Im Innenausschuss, der das Kriegsmaterialgesetz und das Truppenaufenthaltsgesetz besprochen hat, war von dem wichtigen sicherheitspolitischen Schwenk der Freiheitlichen Partei noch nichts erkennbar. (Abg. Jung: Dann haben Sie nicht aufgepasst!) Dort hieß es noch: Neutralität raus, so genannte internationale Organisation – ist gleich NATO – hinein.

Eines sollten wir jetzt besprechen, weil es heute zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit geäußert wurde: Der sicherheits- und militärpolitische Konsens innerhalb der Bundesregierung ist von der Freiheitlichen Partei aufgekündigt worden. Die Position, Österreich solle der NATO beitreten, ist nach mehreren Wahlniederlagen von der Freiheitlichen Partei heute zum ersten Mal öffentlich aufgegeben und aufgekündigt worden. Damit befinden wir uns sicherheits- und militärpolitisch in einer neuen Situation.

Wir müssen jetzt diskutieren, wie es weitergeht. (Abg. Mag. Schweitzer: Hat aber lang gedauert!) Wie geht es weiter, wenn die Bundesregierung kein eindeutiges internationales sicherheitspolitisches Ziel mehr hat?

Ich persönlich bezweifle ja, dass die Freiheitliche Partei zu militär- und sicherheitspolitischer Vernunft gekommen ist. Sachlich deutet relativ wenig darauf hin. Ich glaube ganz einfach, dass die echte oder vorgeschobene Parteiführung in der Lage ist, Wahlergebnisse und Umfragen über die Zustimmung zur Neutralität sinnvoll und intelligent zu interpretieren. (Abg. Neudeck: Das nennen Sie "ernsthafte Debatte"?) Wenn man eine Wahl nach der anderen verliert und nicht mehr weiß, wie man aus der Regierungsfalle herauskommt, dann mag ein Schwenk hin zur zweidrittelmehrheitsfähigen Neutralität möglicherweise opportun erscheinen.


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69. Sitzung / Seite 57

Das ist noch nicht Neutralitätspolitik, das ist noch keine neue sicherheitspolitische Haltung, aber das ist bereits ein zerbrochener Konsens in der österreichischen Bundesregierung. Das Positive daran ist, es eröffnet die Möglichkeit, auch in der Diskussion über die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin im Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses möglicherweise etwas offener und sachorientierter miteinander zu diskutieren.

Wir stehen vor der Frage, die ganz einfach lautet: Wo soll Österreich in Zukunft international seinen sicherheits- und militärpolitischen Platz finden?

Dazu gibt es einen Vorschlag der Österreichischen Volkspartei, den die Freiheitliche Partei bis vor wenigen Wochen mit unterstützt hat. Er lautet, Österreich soll seine Streitkräfte einem militärischen Bündnis unter Oberbefehl der Vereinigten Staaten von Nordamerika unterstellen. Die österreichische Militärpolitik soll vom amerikanischen Präsidenten und seinem Verteidigungsminister im Rahmen der NATO bestimmt werden. Das ist ein klassisches Satellitensystem, für das die Österreichische Volkspartei immer wieder Gründe wie Solidarität, nicht Trittbrett fahren und so weiter vorbringt.

Die Alternative dazu lautet, die eigene Stellung in der Herausbildung einer europäischen Sicherheitspolitik zu bestimmen. Jeder, der sich ernsthaft mit europäischer Sicherheitspolitik beschäftigt – und die Freiheitliche Partei wird nach ihrem Kurswechsel gezwungen sein, gerade auch das zu tun –, wird wissen, dass in der Europäischen Union einzig und allein die Frage diskutiert wird, welche Art der Petersberg-Aufgaben von welchen Staaten und Mitgliedern der Europäischen Union wahrgenommen werden soll.

Es gibt Hardliner, konservative Kräfte, die sagen: Bei den obersten, den härtesten Petersberg-Aufgaben, möglichst den militärischen Interventionen – und es gibt insbesondere in der Freiheitlichen Partei Kräfte, die das sagen –, beim nächsten Blitzkrieg, unter welchem Kommando auch immer, wollen wir dabei sein, wir müssen mit, wenn das nächste Mal der Irak bombardiert wird, dann muss hintennach ein österreichischer Abfangjäger fliegen (Abg. Mag. Schweitzer: Er fiebert noch immer!), sonst können wir nicht mehr stolz auf uns und unsere Kameraden sein! (Abg. Mag. Schweitzer: Heute schon wieder ein Fieberanfall!)

Wir sagen, das Problem im Irak ist nicht das Fehlen des nachfliegenden österreichischen Abfangjägers, sondern das Fehlen eines internationalen Konsenses über eine Friedens-, Sicherheits- und Menschenrechtspolitik in dieser Region. Wir suchen die österreichische Rolle genau da, und da werden wir spannende Diskussionen rund um die Doktrin haben.

In der Entwicklung – darüber sind sich viele, wenngleich nicht alle europäischen Sicherheitsexperten einig – wird sich wahrscheinlich herausstellen, dass Staaten wie Österreich eher solidarische Aktionen am unteren Rande der Petersberg-Aufgaben zukommen: präventive, konfliktverhindernde Aktionen, Konfliktvermeidung, menschliche, soziale, auch rechtliche und polizeiliche Hilfe, aber am allerwenigsten die eher seltenen, harten Aktionen.

Ich bin froh, dass diese Debatte beginnt. Trotzdem möchte ich, weil das aus irgendeinem Grund meine Vorredner nicht interessiert hat, noch kurz einige Sätze zum Kriegsmaterialgesetz sagen.

Meine Damen und Herren! Vieles von dem, was in der nicht sehr weit gehenden Novellierung steht, ist nicht unvernünftig. Es gibt aber einen einzigen Punkt, auf den ich den Innenminister hier aufmerksam machen möchte und an dem ich mit ihm öffentlich die möglichen Konsequenzen seines Handelns und seiner Vorlage diskutieren möchte.

In den Abkommen, die die Republik Österreich unterschrieben hat – dem Wassenaar Arrangement, dem EU-Verhaltenskodex und der UN-Liste über Rüstungsgüter – stehen eindeutige Berichtspflichten. Das sind Berichtspflichten, in denen enthalten ist, dass über jedes Stück und jedes Bestimmungsland detailliert zu berichten ist.

Ich habe im Ausschuss verlangt, dass nicht nur die Europäische Union, nicht nur die UNO und nicht nur die Wassenaar-Gremien, die ja hier in Wien ihren Sitz haben, detailliert informiert werden, sondern auch der österreichische Nationalrat. Jetzt liegt mir ein Abänderungsantrag vor,


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69. Sitzung / Seite 58

der lautet: In den ersten sechs Monaten jedes Jahres hat die Bundesregierung dem Rat für auswärtige Angelegenheiten – von dem wir nicht wissen, wie lange er noch existieren wird – eine Übersicht der im vorangegangenen Jahr übermittelten Übersichten und ergangenen Mitteilungen zu erstatten.

Das heißt, die Übersichten, die etwa in Wien ins Wassenaar-Büro, weiters nach Brüssel zur EU und an die UNO geschickt werden, bekommt der österreichische Nationalrat nicht. Er erhält nur eine Übersicht über die Übersichten, und diese wird dann möglicherweise lauten: Haben Panzer und Gewehre in verschiedene Erdteile exportiert und darüber den drei Organisationen ordnungsgemäß berichtet. – Von dieser Qualität sind die derzeitigen Berichte.

Herr Bundesminister! Ich mache Sie auf eines aufmerksam, ohne Ihnen persönlich dabei irgendetwas unterstellen zu wollen. Minister ganz anderer Regierungen haben hier genau in Ihrer Art und Weise Berichtspflichten mit Mehrheit beschließen lassen, oder aber Nicht-Berichtsverpflichtungen und Geheimhaltungen. Sie hatten dafür Gründe. Die Gründe waren die laufende und zukünftige Verschleierung von Kriegsmaterialexporten in problematische Gebiete.

Wenn Sie verhindern wollen, dass sich in Zukunft wirtschaftlich und politisch Verantwortliche, die auf Grauzonen und in Grauzonen spekulieren, auf Anklagebänken und auf dem Zeugensessel in einem Untersuchungsausschuss wiederfinden, dann hilft nur eines: maximale Transparenz und offene und vollständige Information des österreichischen Nationalrates.

Ich habe nicht das geringste Verständnis dafür, dass das, was die UNO, Wassenaar und die EU selbstverständlich von Österreich und vom Innenminister bekommen, dem Nationalrat vorenthalten wird. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Abg. Maga. Terezija Stoisits und FreundInnen zur Regierungsvorlage (428 der Beilagen/XXI. GP) eines Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Z 7 der Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

"§ 3a (3) (Der Bundesminister für Inneres) hat ... zu (übermitteln)."

Z 7 der Regierungsvorlage wird um eine Bestimmung ergänzt und lautet:

"§ 3a wird folgender Abs. 6 angefügt:

(6) In den ersten sechs Monaten jedes Jahres hat die Bundesregierung dem Nationalrat im Rahmen eines Berichtes eine Übersicht der im vorangegangenen Jahr beantragten und bewilligten Ausfuhren nach Art – entsprechend der gemeinsamen Militärgüterliste im Rahmen des Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren –, Menge und Zielländern zu erstatten."

*****

Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie das nicht wollen und dass Sie statt Offenheit und Transparenz Geheimhaltung und Verschleierung von Kriegsmaterialexporten wollen, dann ersuche ich Sie – etwa Herrn Klubobmann Khol; Sie haben ja auch einiges an Ausschusserfahrung und einiges an gemeinsamen Transparenz-Versprechen hinter sich –, das zumindest sachlich zu begründen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Sie behaupten etwas wider besseres Wissen!)

10.42


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Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 59

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Damit keine Verwechslung entsteht: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Pilz vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Jener Abänderungsantrag, auf den er sich in der Begründung mündlich bezogen hat, ist noch nicht eingebracht, ist offenbar zwischen den Fraktionen kommuniziert, wird aber erst eingebracht werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte.

10.42

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Heute geht es um den Beschluss einer Novellierung des Kriegsmaterialgesetzes, wodurch es der österreichischen Bundesregierung möglich sein wird, die Verpflichtungen der Bundesverfassung, des Artikels 23f, durchzuführen, dass Österreich an friedenstiftenden, an friedenserhaltenden und an humanitären Aktionen der Europäischen Union teilnehmen kann. Und wir begrüßen das. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist dies ein weiteres Gesetz, das zeigt, dass seit der Beschlussfassung des Artikels 23f der Bundesverfassung im Jahre 1998 für die österreichische Neutralität gilt, dass sie im Bereich der Europäischen Union durch Solidarität ersetzt wird. Auch das begrüßen wir. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Vorgeschichte ist interessant. – Und damit befasse ich mich mit dem heutigen Schwanengesang von Klubobmann Kostelka. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Wir haben Artikel 23f am 18. Juni 1998 beschlossen. Dort lautet es in der Bundesverfassung, dass Österreich an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union teilnimmt und dass das ausdrücklich die Mitwirkung an den so genannten Petersberg-Aufgaben beinhaltet, das heißt also, über Beschluss der Europäischen Union den Frieden zu erhalten, den Frieden zu schaffen, humanitäre Einsätze zu leisten und Katastrophenschutz zu geben. – Das steht in der Bundesverfassung. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Vorschlag dazu ist der Antrag 791/A, und da steht es ausdrücklich drinnen. Das war ein Initiativantrag in diesem Hohen Haus, und was glauben Sie, von wem dieser Initiativantrag unterschrieben ist? Raten Sie! Wer war das? (Die Abgeordneten Auer und Ing. Westenthaler: Der Kostelka!) Es war Peter Kostelka, Sie haben Recht! (Ah-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich zitiere aus dem Bericht des Verfassungsausschusses – und wer hat den unterschrieben, meine Damen und Herren? (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Der Kostelka!) Sie haben es wieder erraten. Das war der "Graf hoch und stolz zu Ross", wie es im Märchen heißt; hier heißt er Peter Kostelka. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

"Mit dieser Änderung ist klargestellt", schreibt Peter Kostelka, "daß Österreich nicht nur an Maßnahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf der Grundlage des Maastrichter Vertrages ... teilnehmen kann, sondern vollumfänglich auch an den durch den Vertrag von Amsterdam in den EU-Vertrag ... neu eingeführten sogenannten Petersberg-Aufgaben. In Entsprechung des Vertrages von Amsterdam gilt dies auch für den Fall, daß eine solche Maßnahme nicht in Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ergriffen wird."

Das heißt also, Peter Kostelka hat damals klargestellt, was er heute in Abrede stellt, von dem er nichts mehr wissen will: dass derartige friedensstiftende Maßnahmen, natürlich über Beschluss der Organe der Europäischen Union, auf Grund unserer Bundesverfassung rechtens erfolgen sollen. – Das war Kostelka.


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Es findet sich aber ein weiterer Satz: "Auf Grund der dargelegten Neuerungen des Vertrags von Amsterdam wird es auch erforderlich sein, entsprechende Anpassungen in einfachgesetzlichen Regelungen (§ 320 StGB, Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial) vorzunehmen." – Wer, glauben Sie, hat das unterschrieben? (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Kostelka!) Natürlich, Peter Kostelka. Das war das Jahr 1998.

Es gibt aber auch den Text eines Regierungsprogramms zwischen ÖVP und SPÖ, das nicht zustande kam. Da wurde aber folgender Satz verhandelt – und Sie werden mir dann sicher die Frage beantworten können, mit wem dieser Satz verhandelt wurde –: Kriegsmaterialgesetz-Novelle:

"Die Bundesregierung wird dem Nationalrat bis 30. Juni 2000 eine Vorlage für die im Gefolge der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrags noch erforderliche Novelle des Kriegsmaterialgesetzes zuleiten. Darin wird sichergestellt, dass über die bereits bestehenden Möglichkeiten der Teilnahme an UNO-Friedensoperation hinausgehend Österreich sich an allen Friedensoperationen, die von der OSZE oder im Rahmen der GASP durchgeführt werden, mit eigenen Beiträgen solidarisch mitbeteiligen kann."

Was glauben Sie: Wer hat das mitverhandelt? (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Kostelka!) Peter Kostelka. (Abg. Großruck: Der Volksanwalt! – Abg. Kiss: Der kann heute sicher mitstimmen!) Der kann heute nicht mitstimmen, denn: Was er 1998 gesagt hat, was er 1999 gesagt hat, was er 2000 gesagt hat, gilt nichts mehr. Das, meine Damen und Herren, ist ein klassischer Fall eines Salto rückwärts der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist der Salto rückwärts in die Orthodoxie, der Salto rückwärts in die Zeit des Kalten Krieges, der Salto rückwärts weg aus der Solidarität der Europäischen Union! Das ist die Anamnese einer Fraktion, die zunehmend an Profilverlust und Gedächtnisverlust leidet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber das überrascht nicht, denn was sagt Kollege Cap? – Ich habe hier die Debatte über diesen Artikel 23f. Was sagt er? – Es hat ja einen Grund, warum Kollege Cap und Kollege Gusenbauer bei dieser sehr wichtigen Neutralitätsdiskussion nicht hier sind. Man hört es halt nicht so gern, wenn einem das "Vorstrafenregister" verlesen wird. Das ist nicht so einfach. (Abg. Mag. Schweitzer: Kollege Schieder! Wo ist der neue Obmann? – Abg. Schieder: Ich bin nicht der Ordner!)

Kollege Cap sagte in der Debatte am 18. Juni 1998: "Ich bekenne mich zu einer interventionistischen Außenpolitik, zu einer politisch-interventionistischen im Sinne des Friedens, der Friedenserhaltung, der Friedensschaffung, und so gesehen auch dazu, das letztendlich, wenn es nicht anders geht, wenn alle Mittel ausgeschöpft sind, auch militärisch durchzusetzen."

Und dann sagt er weiter – einen wunderbaren, goldenen Satz –: "Ein letzter Punkt, den ich für sehr positiv erachte" – so Josef Cap am 18. Juni 1998 –, "ist das Zusammenschmelzen, die Verflechtung EU, WEU und letztlich auch – das muß man dazusagen – NATO." (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das war ein guter Satz von Josef Cap. Aber auch er, der einmal eine kreative Hoffnung war, ist voll im Salto drinnen: Salto nach hinten, Salto in die Vergangenheit.

Das ist nur ein Beispiel, meine Damen und Herren; wir haben in diesen Tagen mehrere erlebt. Wir haben zum Beispiel den Gedächtnisverlust der Sozialdemokraten erlebt, als wir hier eine Pensionsreform beschlossen haben, die in weiten Details identisch mit ihnen verhandelt war, und sie haben dagegen gestimmt. Warum? – Salto rückwärts in die Fundamentalopposition. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben in diesen Tagen Weiteres erlebt: Da schlägt Frau Ministerin Gehrer eine Schulvereinbarung vor, im Rahmen derer Eltern, Lehrer und Schüler miteinander einen Vertrag schließen, wie sie in der Schule die Ordnungsfragen managen wollen. Delegation an die Bürgergesellschaft ist das, Delegation an die Vereinbarung der Betroffenen. Das war wenige Monate vorher in einem ausverhandelten Papier zwischen Unterrichtsministerin Gehrer und den Sozialdemokra


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ten vereinbart worden. Am 18. Jänner 2000 wurde das vereinbart – aber das gilt heute nicht mehr. Fundamentalopposition. Mehr Rechte für die Eltern und die Schüler gilt nicht mehr, sondern: Salto mortale nach hinten ins Amtskappel, vor allem wenn es rot ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich könnte noch viele, viele Dinge nennen, aber ich tue es nicht, denn es gibt noch einen zweiten Gedächtnisverlust. Meine Damen und Herren! Es hat in der Neutralitätsdebatte des Jahres 1999 einen wunderbaren Leitartikel eines Journalisten in den "Salzburger Nachrichten" ge-geben. Er hat das "Doppelte Lottchen" von Erich Kästner auf den Bundeskanzler angewandt und vom "Doppelten Viktorchen" geschrieben – das ist jener, der jetzt in Argentinien ist. Und was hat dieser Journalist, Alexander Burger, damals geschrieben? Er hat geschrieben: Es muss zwei Viktor Klima geben. Einen, der in Europa bei den europäischen Sitzungen die Solidarität mitträgt, auch in Fragen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, und dann gibt es einen anderen Viktor Klima in Österreich, der von all dem nichts mehr wissen will und sagt: Neutralität über alles. – Das war das "Doppelte Viktorchen". (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich stelle fest, die Gusenbauer-SPÖ hat dieses Verhalten nicht abgelegt. Wenn sich die Sozialdemokraten treffen, wenn sie über Sicherheitsfragen beraten, dann machen natürlich unsere Sozialdemokraten voll auf Solidarität. So geschehen jetzt in Berlin, wo man mit großen Tönen die Schröder’schen Vorstellungen zu einem Europa der Zukunft uneingeschränkt bejaht und unterstützt hat. Und was steht da drinnen? (Abg. Kiss: Was steht da drin?)

Da heißt es: "Eine stärkere Rolle der Europäer in der Allianz und eine stärkere sicherheitspolitische Rolle der EU wird die NATO stärken." (Ah-Rufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.) "Die transatlantische Partnerschaft bleibt die Grundlage unserer Sicherheit in Europa. Die NATO bleibt die entscheidende politische und institutionelle Klammer für die euroatlantische Gemeinschaft demokratischer Staaten." – Das hat Gusenbauer in Berlin uneingeschränkt unterstützt. Hier spricht das "Doppelte Alfredchen" jetzt von der Neutralität. Das, glaube ich, unterschätzt die Aufnahmebereitschaft und die kognitive Kapazität der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und was wurde in Berlin noch beschlossen? – Die Berliner Erklärung: Sicherheit im Wandel. – Mit den Stimmen der Sozialdemokraten natürlich.

Was steht da drinnen? – "Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik entspricht den Notwendigkeiten im neuen Europa und den Bedingungen der Globalisierung, unter denen sich die Europäische Union nur durch ein gemeinsam abgestimmtes Handeln behaupten kann. ... Wir brauchen ein kohärentes Auftreten der Europäischen Union in internationalen Organisationen. Die Europäische Union muss mit der GASP ein umfassendes Sicherheitskonzept entwickeln, das politische, militärische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Elemente umfasst und dem gesamten Spektrum an Erfordernissen für erfolgreiche Krisenprävention und ... militärisches Krisenmanagement Rechnung trägt. Eine enge Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der OSZE sowie mit der NATO ist dafür notwendig."

Das unterschreibt die SPÖ in Berlin, und hier stimmt sie gegen ein Gesetz, womit wir genau das tun, was die SPÖ selbst im Jahre 1998 verlangt hat, beantragt hat, in Aussicht gestellt hat. Meine Damen und Herren! Sie tun mir Leid, Sie leiden an Gedächtnisverlust. Viktor Klima ist in Argentinien, Alfred Gusenbauer ist nicht hier. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. Bitte Redezeit und Geschäftsordnung beachten. – Bitte, Herr Kollege Dr. Kostelka.

10.56

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Kollege Khol, Sie haben neben anderem den Ausschussbericht aus dem Jahre 1998 zitiert. Falsch zitiert, wer unvollständig zitiert.


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Sie haben nämlich in diesem Zusammenhang den Satz wiedergegeben, dass in Entsprechung des Vertrages von Amsterdam durch diese einmalige Maßnahme auch die Durchführung von Maßnahmen möglich werden soll, die nicht durch den Beschluss der Vereinten Nationen und des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gewährleistet sind. (Abg. Kiss: Das ist aber jetzt frei von Ihnen interpretiert!)

Das, was wesentlich ist – und das ist die Doppelstrategie und auch die Unaufrichtigkeit –, haben Sie ausgelassen, nämlich den Klammerausdruck danach. Da steht nämlich ausdrücklich: "(Art. 51 der Satzungen der Vereinten Nationen)". (Abg. Steibl: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe.) Lesen Sie die Satzungen der Vereinten Nationen nach! Artikel 51 bezieht sich ausschließlich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka! Ich darf im Lichte der letzten Diskussion in der Präsidiale ersuchen, die äußere Form einer tatsächlichen Berichtigung zu beachten: den zu berichtigenden Sachverhalt und den tatsächlichen Sachverhalt.

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): Ich berichtige daher tatsächlich: Kollege Khol hat wie so oft unvollständig und daher falsch zitiert. Das ist in diesem Zusammenhang mehrfach festzustellen. Herr Kollege Khol, das ist unehrlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Persönliche Erwiderung!)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Da Herr Abgeordneter Khol im letzten Teil der tatsächlichen Berichtigung persönlich einbezogen wurde, hat er das Recht zu einer persönlichen Erwiderung.  – Bitte, auch hier wieder die Geschäftsordnung zu beachten.

10.58

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Ich zitiere noch einmal wörtlich, so, wie ich es vorher zitiert habe: "In Entsprechung des Vertrags von Amsterdam gilt dies auch für den Fall" – nämlich auch ohne Beschluss der Vereinten Nationen –, "daß eine solche Maßnahme nicht in Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ergriffen wird (Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen)." (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Ja eben, und das Letzte hast du ausgelassen!)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Ministerin.

10.58

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Lieber Kollege Strasser! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Worum geht es denn heute eigentlich? – Es geht heute um das neue Truppenaufenthaltsgesetz und um eine Novelle zum Kriegsmaterialgesetz. Und was soll die Novelle ermöglichen? – Sie soll es ermöglichen, dass sich Österreich mit der Staatengemeinschaft solidarisch erweist und militärische Aktionen, nicht nur der Vereinten Nationen, sondern auch der Europäischen Union und der OSZE unterstützen kann und dies auch dann tun kann, wenn solche Maßnahmen im Rahmen einer internationalen Organisation zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen ergriffen werden.

Die Gestattung von Truppentransiten, Überflügen und Kriegsmaterialexporten ist, das gebe ich zu, eine sensible Angelegenheit. Die Regierungsvorlage enthält deshalb eine ganze Reihe von Kautelen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie eben die Bedachtnahme – und das ist sehr wichtig – auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen und die überwiegende Interessenlage Österreichs oder auch den Umstand, dass der Aufenthalt fremder Truppen in Österreich natürlich nur vorübergehend sein darf.

Ich begrüße auch die Klarstellung, die noch in der Diskussion im Innenausschuss des Nationalrates erfolgt ist, nämlich: Truppentransite und Kriegsmaterialexporte dürfen nur dann erfolgen, wenn keine Waffen mitgeführt werden, deren Entwicklung, Herstellung oder Einsatz nach der


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österreichischen Rechtsordnung verboten sind. Das bezieht sich vor allem auf ABC-Waffen, aber auch auf Anti-Personen-Minen und blind machende Laserwaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zwar auch richtig, dass das Gesetz die Möglichkeit schafft, NATO-Einsätze zum Beispiel durch Gewährung von Transit- und Überflugerlaubnis zu unterstützen, dies aber nur innerhalb der engen Grenzen des Gesetzes, das heißt: entweder bei Aktionen im Rahmen eines Beschlusses des UN-Sicherheitsrates, eines EU-Beschlusses oder eines OSZE-Beschlusses sowie dann, wenn eine sonstige Friedensoperation durchgeführt wird – aber auch dies gemäß § 2 Ziffer 4 des Truppenaufenthaltsgesetzes entsprechend den Grundsätzen der Vereinten Nationen. Ich glaube, es ist wichtig, das einmal festzuhalten! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte weiters noch ganz kurz auf einige Debattenbeiträge eingehen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Alle europäischen Staaten haben erkannt, dass Sicherheit nur mehr im Verbund gezahlt und gewährleistet werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das wissen Sie auch! Nicht zuletzt deswegen haben eben die 15 EU-Mitgliedsstaaten beschlossen, für ein EU-Krisenmanagement Truppen zur Verfügung zu stellen und auch an einer Harmonisierung der Ausrüstung und Ausbildung zu arbeiten.

Außerdem, Herr Abgeordneter Pilz, möchte ich hier Folgendes klarstellen: In der NATO werden Entscheidungen im Allgemeinen und insbesondere betreffend militärische Einsätze – und das wissen Sie sehr gut, nur sagen Sie es hier nicht – im Konsens getroffen! (Abg. Dr. Pilz: Das ist doch völlig falsch!) Das ist sehr wichtig! (Abg. Dr. Lichtenberger: Völlig falsch!)  – Na selbstverständlich!

Das heißt (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen)  – hören Sie bitte zu! –, selbst wenn solche Einsätze politisch mitgetragen werden, besteht keine Verpflichtung, sich militärisch daran zu beteiligen. Der Kosovo-Einsatz ist hiefür ein klares Beispiel, denn es haben sich nur zwölf der 19 NATO-Mitglieder damals militärisch daran beteiligt. Ich darf Sie daran erinnern, dass zum Beispiel Griechenland als Nachbarland diese Entscheidung zwar sehr wohl mitgetragen, sich aber nicht militärisch beteiligt hat. (Abg. Dr. Pilz: Gibt es ein Vetorecht?) Ich glaube, auch das muss man den Österreichern einmal klar sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des Abg. Dr. Pilz –: Lernen Sie Geschichte! – Abg. Dr. Pilz: Gibt es ein Vetorecht?)

Ganz kurz zur Neutralität. Sie wissen, dass wir uns bereits mit dem UNO-Beitritt Österreichs im Dezember 1955 von dem Vorbild, das wir damals gewählt hatten, nämlich der Schweizer Neutralität, infolge unserer seither aktiven Neutralitätspolitik entfernt haben. Schon damals hat also die Adaptierung begonnen.

Zweiter Punkt: Während des Zweiten Golfkrieges Irak – Kuwait, 1990/91, hat sich in Österreich die Rechtsauffassung durchgesetzt, dass der Verpflichtung zur Durchführung von Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Vorrang vor den Neutralitätspflichten zukommt. (Abg. Dr. Niederwieser: Das war aber eine heiße Diskussion damals! Die habe ich selber miterlebt!) In der Folge wurden dann Überflugs- und Durchfuhrgenehmigungen auf Grundlage der Resolutionen des Sicherheitsrates erteilt. Somit wurden auch das Bundesgesetz für die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial sowie § 320 des Strafgesetzbuches, nämlich die Neutralitätsgefährdung, bereits damals novelliert.

Ich glaube, auch das muss man dazu sagen. Es wurde damit aber nicht nur sozusagen das Neutralitätsverständnis geändert, sondern auch die rechtlichen Parameter.

Dann kam, wie Sie ebenfalls wissen, die selbstverständlich einschneidendste Änderung der österreichischen Neutralität mit dem österreichischen EU-Beitritt am 1. Jänner 1995, als wir den Vertrag von Maastricht und damit auch dessen Bestimmungen über eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik übernommen haben. Ich brauche Ihnen Artikel J.4 nicht vorzutragen, in dem die Perspektive einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, eröffnet wurde. (Abg. Dr. Niederwieser: Wenn wir


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gewusst hätten, dass ...!) Und dies wurde selbstverständlich bei der Volksabstimmung von den österreichischen Wählern mit akzeptiert.

Artikel 23 der österreichischen Bundesverfassung ist bereits genannt worden, daher will ich jetzt im Detail nicht mehr darauf eingehen.

Im nachfolgenden Vertrag von Amsterdam, an dessen Zustandekommen Österreich bereits als EU-Mitglied mitgewirkt hat und den Sie selbstverständlich im Parlament mitratifiziert haben, wird die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik als Ziel genannt. Dieser Vertrag hat dann auch die institutionellen Verbindungen zwischen EU und WEU verstärkt und auch die so genannten Petersberger Aufgaben zur Bewältigung von Krisen – und dazu gehören ja auch "Kampfeinsätze zur Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen" – in den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik übernommen. Anlässlich der Ratifizierung dieses Vertrages hat der Nationalrat den erwähnten Artikel 23f noch einmal revidiert. Auch das sollte ich hier eigentlich nicht sagen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf noch erwähnen, dass zum Beispiel die Behauptung, die Neutralität sei im EU-Kontext nicht mehr relevant, etwa vom Verfassungsrechtler Professor Mayer in einem der APA am 16. Jänner gegebenen Interview, aber auch von Professor Öhlinger in seinem Kommentar zum Neutralitätsgesetz rechtlich untermauert wurde.

Professor Öhlinger führt aus, dass ein Staat, der sich zu einer Kooperation mit einer bestimmten Staatengruppe in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik verpflichtet hat, zu der auf längere Sicht auch die Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, in einem strikt rechtlichen Sinn "weder immerwährend noch auch nur dauernd neutral" sein kann. (Abg. Dr. Niederwieser: ... ändern die Gesetze Gott sei Dank noch nicht die Verfassungsjuristen, sondern das Parlament!)

Professor Öhlinger meint weiters, dass es daher präziser wäre, von einer bloßen "Bündnislosigkeit" zu sprechen – und davon spricht auch der bereits vorliegende Analyseteil der neu zu erarbeitenden Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin.

Letzter Punkt: Trotz all dem ist es unbestritten, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs weiterhin formal in Kraft ist. Die darin enthaltenen Verpflichtungen, nämlich dass Österreich keinem militärischen Bündnis beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiet nicht zulassen wird, entsprechen genau den Maximen der Bündnisfreiheit, was ebenfalls in dem von mir zitierten Kommentar Öhlingers nachgelesen werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.07


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69. Sitzung / Seite 65

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und dieser den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen.

11.08

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Es handelt sich um zwei Behauptungen der Frau Außenministerin. Ich gebe zuerst die erste wieder, nämlich ihre Erklärung: In der NATO können militärische Aktionen nur im Konsens beschlossen werden. – Die Konsenspflicht inkludiert so etwas wie ein Vetorecht des einzelnen Staates. (Abg. Dr. Khol: Das hat sie nicht gesagt! – Abg. Mag. Schweitzer: Er fiebert schon wieder!)

Es mag der Wunsch der Außenministerin sein, eine Sitzung etwa nach der Art: Präsident Bush sagt (Ruf bei den Freiheitlichen: Redebeitrag! – Abg. Dr. Khol: Das hat sie ja nicht gesagt! – Abg. Mag. Schweitzer: Neuerlicher Fieberschub!), wir müssen intervenieren, und Kanzler Schüssel sagt, nur über meine Leiche (Abg. Dr. Khol: Gas abdrehen!), und die Militärmaschinerie der NATO steht ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Dr. Pilz! Darf ich Sie im Lichte der letzten Präsidiale, in der auch Ihr Klub vertreten war, ersuchen, sich wirklich an den § 58 der Geschäftsordnung betreffend tatsächliche Berichtigungen zu halten! (Abg. Mag. Schweitzer: Pilz fiebert schon wieder!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Ich stelle bezüglich dieser ersten Erklärung tatsächlich richtig: In den Satzungen der NATO gibt es keine derartigen Bestimmungen (Abg. Dr. Khol: Das hat sie ja nicht behauptet!), und Beschlüsse kommen nicht nur de facto, sondern auch de jure in der NATO auf andere Art zustande – de facto praktisch auf Befehl der USA! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Brinek und Dr. Martin Graf. )

Zweitens: Die Frau Bundesministerin hat erklärt, das Neutralitätsgesetz sei in Österreich "formal" in Kraft. – Ich erwidere tatsächlich und mache Sie darauf aufmerksam: Das Neutralitätsgesetz ist in Österreich nicht bloß formal, sondern auch inhaltlich in Kraft, und es wird Zeit (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist ja keine tatsächliche Berichtigung!), dass sich die Mitglieder der Bundesregierung wieder (Abg. Mag. Schweitzer: Draht’s eahm å!) langsam daran zu gewöhnen beginnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Pilz! Wir haben in der Präsidiale auch besprochen, dass tatsächliche Berichtigungen, die sich nicht auf tatsächliche Behauptungen berufen (Abg. Dr. Niederwieser: ... Regierungsvereinbarung! – Abg. Mag. Schweitzer: Er ist noch nicht gesund!), und wir werden in der nächsten Präsidiale noch einmal darüber sprechen, bis zum Entzug des Wortes führen können.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Missbrauch der Geschäftsordnung unter Beifall der SPÖ!)

11.10

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Klubobmann Khol hat schon gestern Abend im Fernsehen seine Stoßrichtung angekündigt. Er hat nämlich die heutige Debatte schon gestern als Beispiel dafür zitiert, dass die Oppositionsparteien seiner Meinung nach eine Fundamental-Opposition betrieben und nicht zu einer sachlichen und konstruktiven Arbeit bereit seien. (Abg. Dr. Khol: Du hast gut aufgepasst!)

Das Gesetz und die heutigen Abstimmungen werden genau das Gegenteil beweisen. Und auch die Ausschussberatungen haben das schon bewiesen, denn wir haben in den Ausschussberatungen darauf aufmerksam gemacht (Abg. Leikam: Da war der Khol ja ...!), dass wir nicht verkennen, dass diese Vorlage gewisse Verbesserungen bringt, bürokratische Härten beseitigt und auch eine erfreuliche Erweiterung bringt, weil sie auch auf die Vermittlung von Waffengeschäften eingeht.

Wir waren so konstruktiv, dass wir auf die Fehler aufmerksam gemacht haben, die Ihnen dabei unterlaufen sind, und dass wir vorgeschlagen haben, diese Schäden zu reparieren, damit das Gesetz nicht darunter leidet, dass der neue Vermittlungsparagraph in gewissen Gegenden nicht gilt, keine Strafsanktionen beinhaltet – und vieles andere mehr.

Das, was die Frau Ministerin heute in einer gegenüber den eigenen Fraktionen sehr netten Vorgangsweise als Klarstellungen aus dem Ausschuss begrüßt hat, das waren keine Klarstellungen des Ausschusses, sondern das wird ein heutiger ÖVP/FPÖ-Antrag sein, mit dem diese beiden Fraktionen in jenen Punkten, bei denen wir dem Ausschuss, dem Minister abringen mussten, dass ein sinnvolles Gesetz gemacht wird, die späte Einsicht beweisen, genau das jetzt in einem Abänderungsantrag vorzulegen. (Abg. Jung: Wozu sind denn Ausschüsse da, wenn nicht, um darüber zu reden?!)


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69. Sitzung / Seite 66

Durch unsere Arbeit – durch die Arbeit der Opposition! – ist dieses Gesetz, das wir in vielen Punkten ablehnen, wenigstens in Detailpunkten und Neuerungen nicht undurchführbar oder ohne Strafbestimmungen, was aber der Fall gewesen wäre, wenn wir nicht so sachlich und aktiv mitgearbeitet hätten! (Beifall bei der SPÖ.)

Was uns stört, ist, dass sich an diesem Gesetz sehr deutlich zeigt – zweimal deutlich zeigt! –, welche Doppelstrategie die Regierung und die Regierungsfraktionen betreiben. Die erste Strategie ist, die Neutralität auszuhöhlen, um uns dann vorzuhalten, sie gelte nicht mehr so viel, weil sie ausgehöhlt sei. (Abg. Mag. Schweitzer: Das haben doch schon


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69. Sitzung / Seite 67

Sie gemacht!)

Die zweite Strategie hat sich hier deutlich gezeigt auch in den Unterschieden ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. – Sie können nachher reden. Schreien Sie nicht so! Auch das ist in der Präsidiale ausgemacht worden, dass es nämlich nicht gut ist, wenn Abgeordnete so hineinschreien. (Abg. Mag. Schweitzer  – mit der Hand aufzeigend –: Darf ich eine Frage stellen, Kollege Schieder?)

Den zweiten Teil Ihrer Doppelstrategie hat man deutlich an den Unterschieden zwischen den Debattenbeiträgen von Jung, Khol und der Frau Minister ersehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Kriegsmaterialiendurchfuhrgesetz!)

Der eine, nämlich Jung, hat – auch im Ausschuss – gesagt – nicht wörtlich, ich bringe das jetzt sinngemäß –: Macht euch keine Sorgen, wenn die Neutralität nicht mehr drinnen steht! Sie ist ein Verfassungsgesetz, sie gilt sowieso, sie ist eine völkerrechtliche Verpflichtung, sie gilt sowieso! Sie braucht nicht ausdrücklich erwähnt zu werden, und auch wenn sie gestrichen wird, macht das nichts, weil sie weiter gilt!

Die anderen, Khol und die Frau Minister, feiern direkt, dass es hier eine Änderung gibt, weil dadurch auch Einsätze internationaler Organisationen und Europas – in Klammern, was sie nicht dazusagen: also auch der NATO – mit diesem einfachen Gesetz möglich werden, was sie begrüßen, also tun deutlich etwas anderes, als sie im Ausschuss vorgegeben haben.

Das, meine Damen und Herren, ist der Punkt, bei dem wir nicht mit wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen nicht, dass die Neutralität aus diesem Gesetz gestrichen wird. Wir wollen nicht – wie wir es schon in unserem Minderheitsbericht deutlich gesagt haben –, dass einerseits Gesetze beschlossen werden, die angeblich nichts an der österreichischen Neutralität ändern, aber anschließend behauptet wird, die österreichische Neutralität wäre schon längst ausgehöhlt, wir seien nicht mehr neutral, weswegen man die Neutralität gleich ganz abschaffen und der NATO beitreten könne.

Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokraten in Österreich lehnen diese Vorgangsweise der schrittweisen Abschaffung der österreichischen Neutralität ab! (Beifall bei der SPÖ.) Wir stehen weiterhin für die Einhaltung des Bundesverfassungsgesetzes vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs, das Österreich schließlich die Freiheit gebracht hat.

Wir sind für Solidarität, wir waren immer für Solidarität. Aber wir sind für Neutralität und Solidarität! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Solidarität mit Deutschland!)

11.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

11.16

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Kollege Schieder, ich schätze Sie als einen Kollegen, der nichts vergisst und über alles Bescheid weiß, aber in diesem Fall muss ich Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.

Sie haben mit einem Regierungspartner diverse Kriegsmaterialiendurchfuhrgesetze beschlossen. (Abg. Schieder: Leider ja!) Sie haben mit einem Regierungspartner Überflugsgenehmigungen für kriegführende Parteien erteilt. Sie haben mit diversen Beschlüssen hier im Haus Truppendurchfuhren genehmigt, und Sie haben schlussendlich auch dieses SOFA-Abkommen mitbeschlossen. Und all das hat genau zu dem geführt, wogegen Sie sich jetzt wenden, nämlich zur Aushöhlung der Neutralität, Herr Kollege Schieder! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben dieser Aushöhlung hier als Regierungspartei den Weg geebnet, tun aber heute so, als wären Sie nicht dabei gewesen, und legen dieses Kind weg.

Zur Kindesweglegung, Herr Kollege Cap, kommen wir dann noch einmal, ich warne dich schon vor. Vorher muss ich mich noch mit Kollegen Pilz beschäftigen, der nach längerer Krankheit offenbar immer wieder hier am Rednerpult noch Fieberanfälle bekommt. Ich habe mich gefragt, warum er so dermaßen gegen die NATO ist, und bin fündig geworden.

Es hat einmal eine Anfrage gegeben, die sich mit den STASI-Kontakten von Peter Pilz befasste. Die Antwort des Herrn Innenministers ist hochinteressant. Wir konnten diese STASI-Kontakte nicht wirklich beleuchten lassen, weil die Antwort des Herrn Innenministers lautete – ich zitiere –:

"Österreichische Sicherheitsbehörden erhalten ... grundsätzlich nur im Wege der förmlichen Rechtshilfe Unterlagen beziehungsweise Auskünfte vom ,Bundesbeauftragten‘." – Das ist diese Gauck-Behörde. "Auch der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hat in dieser Hinsicht keine Änderung ergeben, da Österreich nach wie vor nicht unter die im § 25 des ,Stasi-Unterlagen-Gesetzes‘ ... angeführten ,Verbündeten‘ fällt. Als solche gelten nur Mitgliedsstaaten der NATO." – Zitatende.

Jetzt weiß ich, warum Kollege Pilz so gegen die NATO ist, denn dann könnte man in die STASI-Akten schauen und wahrscheinlich vieles über den Kollegen Pilz erfahren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Du hast ein schlichtes Gemüt!)

Kollege Cap! Pilz hat also wenigstens einen Grund, gegen die NATO zu sein! Unklar bin ich bei dir. Dein sicherheitspolitischer Schwenk, Kollege Cap, jetzt als neuer Klubvorsitzender ist nicht so einfach nachvollziehbar, wie das bei Kollegen Pilz der Fall ist. (Abg. Öllinger: Ein schlichtes Gemüt, Herr Kollege Schweitzer!)

Du hast ja am 3. Juni 1997 gesagt, es müsse eine Neubewertung der Neutralität geben, weil diese in den letzten Jahren – übrigens von der SPÖ – zur Unkenntlichkeit interpretiert worden sei.

Du hast am 26. Juni 1997 gesagt, die Weiterführung der Neutralität – Kollege Schieder, das war Ihr neuer Vorsitzender! – sei mittelfristig keine Lösung.

Am 16. Juli 1997 bekräftigt Cap seinen Pro-Standpunkt. Jetzt wird es spannend – ich zitiere –:

Für Cap entwickelt sich die NATO derzeit eindeutig von einem ausschließlichen Militärpakt zu einer friedenssichernden beziehungsweise friedensschaffenden Einrichtung zur Bewältigung regionaler Krisen. Und daher – so Kollege Cap am 16. Juli 1997 – ist nicht nur aus Gründen der Solidarität, sondern vor allem wegen des zu erwartenden Sicherheitsgewinnes ein Beitritt in Erwägung zu ziehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer war das?)  – Soweit Kollege Cap, der neue Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, am 16. Juli 1997. (Abg. Ing. Westenthaler: Du musst aufpassen! Wenn du so weiter zitierst, wird er auch noch Volksanwalt!)

25. Februar 1998, Cap: NATO muss Ziel bleiben! Und dann passiert es – 29. April 2001: Cap ist gegen einen Beitritt Österreichs zur NATO!

Platsch! Abgestürzt – aber Klubobmann! In Ordnung! Wenn man nicht mehr an seiner eigenen Meinung, die man sich über einen jahrelangen Zeitraum gebildet hat, festhält, wenn man also mit seinen Prinzipien bricht (Abg. Dr. Khol: Dann wird man Klubobmann bei der SPÖ!), dann wird man Klubobmann in der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist eine


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"ideale" Voraussetzung für die Erfüllung dieses Amtes: Prinzipien über Bord werfen – und damit Klubobmann einer Fundamental-Opposition werden! So habe ich mir das vorgestellt, so sehen das auch die Österreicher.

Pepi, du (in Richtung des Abg. Dr. Cap) bist in dieser Frage unglaubwürdig! Du bist ein hart an dir arbeitender Marathonläufer, du hast es zu durchaus respektablen Zeiten gebracht (Abg. Dr. Khol: Aber nicht bei der NATO!), aber auf Grund dieser Entwicklung hast du nichts vorzuweisen, was dich als Klubobmann der SPÖ glaubwürdig erscheinen ließe!

Ich glaube, dass in dieser Frage einzig und allein die Linie der Regierungspolitik, die vom Kollegen Khol perfekt dargestellt worden ist, die richtige ist, und dem gibt es nicht mehr allzu viel hinzuzufügen. Die Sicherheitspolitik unter Strasser und unter Scheibner ist eine hervorragende auf dem Weg in ein europäisches Sicherheitssystem – dort gehören wir hin! – mit allen Rechten und Pflichten. Wir werden noch im Zusammenhang mit der Sicherheitsdoktrin darüber diskutieren, wie das schlussendlich aussehen wird.

Die Richtung stimmt, die Regierung befindet sich auf dem richtigen Weg. – Kollege Cap, an deiner Stelle würde ich hier hergehen und sagen, was die Beweggründe waren – oder du nimmst deinen Hut und wirst doch noch Volksanwalt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Niederwieser: Das war jetzt wieder ein irrer "Schmäh"!)

11.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

11.22

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die jetzige Debatte über den vorliegenden Gesetzentwurf ist nicht umsonst sehr stark zu einer Debatte über NATO und Neutralität geworden, auch wenn Herr Abgeordneter Jung in seinen Ausführungen erklärt hat, dass diese Änderungen mit der Frage der Neutralität nur sehr, sehr wenig zu tun hätten. (Abg. Jung: Die heutige!)  – Das habe ich gesagt.

Diese Feststellung wird von der Frau Außenministerin schon wesentlich differenzierter getroffen. Sie zitiert ganz klar, was innerhalb dieser neuen Regelungen weitere Schritte zur NATO und zur Aushöhlung der Neutralität letzten Endes bedeuten. "Weitere Schritte" – das sage ich hier ganz bewusst.

Die Frau Außenministerin hat nicht umsonst auch auf die Beitrittsdebatten verwiesen, die wir vor der Abstimmung über den Beitritt zur Europäischen Union hatten. Sie hat deswegen nicht umsonst darauf verwiesen, weil hier – und das muss der ÖVP und der SPÖ vor allem zu dieser Zeit zum Vorwurf gemacht werden – entgegen dem, was in den Dokumenten stand, der Bevölkerung, die sich nach wie vor und damals auch sehr stark an der Neutralität orientiert hat, vermittelt wurde, ein EU-Beitritt würde im Wesentlichen gar nichts am Grundsatz, am Verfassungsgesetz zur Neutralität ändern. Es ist ganz klar in den Akten gestanden: Österreich geht als neutraler Staat in die Europäische Union!, also Österreich geht sozusagen als Jungfrau in die Ehe. – Was dann passiert, ist hinreichend bekannt.

Nun geht diese Geschichte aber weiter. Die Tradition der schrittweisen Aushöhlung all dessen, was die Neutralität ausmacht, wird von dieser Bundesregierung nicht nur fortgesetzt, sondern sogar noch verschärft. Sie haben einen Schritt nach dem anderen gesetzt, der die Neutralität in Frage stellt, und wir haben heute schon wieder die gleiche Tendenz zu verzeichnen, die sich in den letzten Jahren, auch von der SP mitgetragen, abgezeichnet hat: Das, was auf Österreich zukommt, wenn man sich der NATO annähert, wird mit Floskeln verharmlost, wie zum Beispiel jener, dass die Entscheidungen ja ohnehin im Konsens fielen. Ein Staat, der sich als neutral versteht, könne sich da sozusagen nur mehr zurücklehnen und sagen: Macht jetzt, was ihr wollt, ich mache nicht ganz oder überhaupt nicht mit!, aber sonst geht das ganze Procedere seinen Gang. – Bitte, machen wir uns doch keine Illusionen darüber!


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Die zweite Illusion, die hier verbreitet wird, ist die Entstehung eines europäischen Sicherheitssystems. Ja, das mag in der Zukunft – und ich behaupte: eher in ferner Zukunft – durchaus möglich und der Fall sein, und deswegen müssen wir auch eine Sicherheitsdoktrin und die daraus zu ziehenden Schlüsse für Österreich sehr fundiert diskutieren, bis jetzt aber – und ich erinnere an den Besuch des amerikanischen Verteidigungsministers, an seine ersten Kontakte mit den europäischen NATO-Partnern – wurde ganz klar aufgezeigt, wo der Bartl den Most holt – so sagt man bei uns zu Hause –, wer innerhalb der NATO das Sagen hat: Die europäischen Partner haben nicht jene Selbständigkeit und auch nicht jene Möglichkeiten, die uns jetzt sozusagen auf dem Präsentierteller vorgestellt werden sollen. Es ist schlicht und ergreifend eine Dominanz innerhalb der NATO festzustellen, die sich unter der Bush-Administration noch einmal vehement verschärft. (Beifall bei den Grünen.)

Diesbezüglich Illusionen unter die Bevölkerung zu streuen, halte ich für nicht verantwortbar und auch für kontraproduktiv innerhalb einer Debatte über eine Sicherheitsdoktrin, bezüglich der Sie von den Regierungsparteien den Dialog einfordern, aber nicht bereit sind, diesen Dialog auch fair zu führen. Das ist zu kritisieren, und das kritisieren wir, und da werden wir Sie auch nicht aus der Verantwortung entlassen.

Zu den Neuregelungen generell ist zu sagen, dass es schließlich der Opposition bedurfte, klarzustellen – was ja durch die Frau Außenministerin dann auch geschehen ist –, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen sozusagen immer geprüft werden müssen und dass dazu eben auch die Neutralität zählt. Der Abänderungsantrag, der angekündigt wurde und den Kollege Pilz schon zitiert hat, ist leider noch nicht eingebracht, ich hoffe, er kommt noch – vielleicht ist er ja auch inzwischen schon wieder in irgendwelche Papierkörbe gewandert –, denn ich halte das schon für einen ganz notwendigen Schritt und bin froh darüber, dass wenigstens das noch geschehen ist.

Zum Schluss lassen Sie mich noch einmal auf folgenden Punkt hinweisen: Die Berichtspflichten, wie sie nach derzeitiger Regelung geltend werden sollen, dass nämlich dem Parlament gleichsam die Überschriften der Überschriften mitgeteilt werden, sind natürlich eines Parlamentarismus, eines demokratischen Staates unwürdig. Das Parlament hat in diesen Fragen ausführlich, vollständig und rechtzeitig und nicht erst fünf Jahre später informiert zu werden! Das halte ich für eine der Grundvoraussetzungen für einen fairen Umgang miteinander. (Beifall bei den Grünen.)

11.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kiss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.29

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Unser Klubobmann Andreas Khol hat das so genannte Vorstrafenregister der SPÖ im Zusammenhang mit dieser Gesetzesmaterie in brillanter Art und Weise vorgetragen: das Kriegsmaterialiengesetz und das Truppenaufenthaltsgesetz am Beispiel des Kollegen Kostelka und am Beispiel des Kollegen Cap. – Nie wurde klarer, wie doppelbödig, wie doppelzüngig SPÖler argumentieren (Beifall bei der ÖVP), wenn sie einerseits in der Regierung und damit in der Verantwortung stehen, wenn sie andererseits fundamentale Opposition aus den Bankreihen betreiben und noch immer die Phantomschmerzen des Regierungsabschiedes verspüren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir würden dieses Thema heute im Parlament gar nicht diskutieren, hätten nicht ÖVP und FPÖ gemeinsam einen Fristsetzungsantrag eingebracht, weil sich der Vorsitzende des Innenausschusses nämlich bis dato – zweifelsfrei unter Druck von Kostelka und Gusenbauer – geweigert hat, diese Materie auf die Tagesordnung des Innenausschusses zu setzen. Mit einem Fristsetzungsantrag bis 9. Mai mussten wir die SPÖ erst zwingen, sich mit uns an den Tisch zu setzen, über diese Materie mit uns zu diskutieren – und jetzt haben wir das endlich einmal im Plenum, wie es unser Auftrag ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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In der Sitzung des Innenausschusses, die dann am 19. April abgeführt wurde, hat es interessante Stellungnahmen gegeben. Zwei meiner Vorredner – Kollege Schieder und Kollege Pilz – waren es, die Folgendes gesagt haben, und ich zitiere, weil ich mitgeschrieben habe.

Kollege Schieder! Sie haben gesagt – wörtliches Zitat –: "In diesen Gesetzen ist viel Gutes enthalten." Weiters haben Sie gesagt: "Die Neutralität ist im Wandel der Jahrzehnte anders zu beurteilen: Jetzt muss man sie anders auslegen als vor 50 Jahren." (Abg. Schieder: Das Wort "auslegen" habe ich nicht gesagt, aber sonst alles!)  – Danke.

Sie haben drittens gleichzeitig gemeint, dass die SPÖ-Linie jetzt eine sei, die da laute: Keine Teilnahme an Kriegen! – Darf ich Sie fragen, Kollege Schieder: Wer in diesem Haus ist Ihrer Meinung nach dafür, dass Österreich an Kriegen teilnimmt? Glauben Sie, dass ein Khol oder ein Westenthaler oder ein Kiss oder ein Schweitzer für Kriege sind, an denen Österreich teilnimmt?

Sie haben weiters gesagt: Keine Stationierung fremder Truppen auf österreichischem Boden! – Glauben Sie, dass wir alle in der Regierung jetzt schon gemeinsam mauscheln, damit nur ja fremde Truppen auf unserem Boden stationiert werden? Seien Sie doch nicht so naiv! Geben Sie doch zu, dass dies nichts anderes als Phrasen, als Worthülsen sind und der SPÖ-Gräuelpropaganda entspringt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Pilz hat gemeint – er hat es übrigens heute im Plenum wiederholt –, in diesen Gesetzen sei vieles drin, was nicht unvernünftig sei. Er hat auch moniert, dass es in der Diskussion im Ausschuss zweifelsfrei Anliegen gegeben hat – von den Grünen und von den Sozialisten vorgetragen –, Überlegungen, die wir in einem Abänderungsantrag jetzt selbstverständlich nicht nur einbringen, sondern für die wir auch den Beweis führen, dass wir an einer konsensualen Aufarbeitung dieses sensiblen Themas interessiert sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe daher gleich am Beginn meiner Ausführungen diesen Antrag ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kiss, Jung und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (555 der Beilagen) betreffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (428 der Beilagen)

*****

Herr Präsident! Mir wurde mitgeteilt, dass dieser Abänderungsantrag nicht nur bei Ihnen eingelangt ist, sondern dass von Ihnen auch bereits veranlasst wurde, diesen zu verteilen, und ich möchte mich daher nur auf die Eckpunkte dieses Abänderungsantrages einlassen, die da lauten:

Wir, Kollege Schieder, sind selbstverständlich für Ihre fachlichen Hinweise – und ich stehe nicht an, das zu sagen: das waren fachliche Hinweise im Innenausschuss, die mir persönlich Respekt abgenötigt haben – dankbar. Ich stehe nicht an, dies auch als Kompliment an Sie zu werten, dass beispielsweise Vermittlungsgeschäfte mit Kriegsmaterial, das sich auf hoher See befindet, eben auch von der Genehmigungspflicht umfasst werden müssen. – Ein konkreter Vorwurf von Ihnen, den wir mit diesem Abänderungsantrag ausbügeln.

Und es ist Kollege Pilz gewesen – und auch da stehe ich nicht an, dies im Plenum des Nationalrates zu sagen –, der moniert hat: Wenn wir schon von ABC-Waffen reden und die A-Waffen normiert sind, wie schaut es aus mit den bakteriologischen, biologischen, chemischen Produkten, mit jenen Waffen, die sensible Produkte, sensible Materien sind? – Auch in diesem Zusammenhang schlägt die Begründung des Abänderungsantrages genau jene Richtung ein: Wir wol-len, dass alle Waffen, alle Gattungen damit normiert sind, vorgegeben sind und dass die


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Ängste, wie sie Kollege Pilz vorgetragen hat, obsolet sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die politische Bewertung dieses Themas möchte ich im letzten Teil meiner Ausführungen vortragen. Ich habe zum wiederholten Male an Sie, Kollege Kostelka, die Frage gestellt – geben Sie mir doch bitte eine ehrliche Antwort darauf! –, warum Sie im Jahre 1998 gemeinsam mit Klubobmann Khol einen Initiativantrag eingebracht haben, der die Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages vorsieht – und die daraus resultierenden Änderungen natürlich. Wir haben das ja mit Zweidrittelmehrheit, wie Kollege Khol in brillanter Form bereits argumentiert hat, beschlossen. Sie haben mir darauf bis dato weder in Ihrer heutigen Rede noch im Innenausschuss und auch nicht bei meiner Begründung im Parlament, als ich den Fristsetzungsantrag eingebracht habe, geantwortet. (Abg. Dr. Kostelka: Sie haben nicht zugehört! Das ist das Problem!)  – Ich habe Ihnen exakt zugehört, Kollege Kostelka! Sie haben mit keinem einzigen Wort diese meine Frage erläutert. (Abg. Dr. Kostelka: Oja!) Nein! Nein!

Ich muss Ihnen damit Folgendes attestieren: Sie verweigern sich, Sie sind unsolidarisch, Sie "wassern" im wahrsten Sinne des Wortes! Sie tun genau das, was ich eingangs erwähnt habe: In der Regierungsverantwortung waren Sie bereit, ein Stück des Weges mitzugehen – jenes richtigen Weges, den wir als derzeitige Regierungskoalition gehen –; aus der Oppositionsrolle heraus aber sagen Sie: njet! – Das ist ein SPÖ-Salto rückwärts, genau wie es Kollege Khol gesagt hat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Kostelka! Wenn die Europäische Union ein Gemeinschaftsprojekt ist, wenn mit der Europäischen Union die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – auch eine gemeinsame Frage, ein gemeinsamer Wunsch – konsensual geregelt werden soll, dann braucht diese Gemeinschaft Solidarität; jene Solidarität, die einer der Grundpfeiler der Solidarität innerhalb der SPÖ gewesen sein sollte, es möglicherweise noch ist, aber im Zusammenhang mit diesem Gesetz seitens der SPÖ nicht gelebt wird. Ich werfe Ihnen schlicht und einfach unsolidarisches Verhalten vor, ein Verhalten, das am Rücken der EU-Wertegemeinschaft in dieser heutigen Zeit keinen Platz hat! – Das ist mein Vorwurf an Sie und an Ihre Haltung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie können Sie dagegen sein, wenn der EU-Verhaltenskodex humanitäre Maßnahmen, gemeinschaftliche humanitäre Maßnahmen vorsieht? Wie können Sie dagegen sein, wenn wir zu gemeinsamen Rettungseinsätzen aufrufen? Warum sind Sie dagegen, wenn es um friedenserhaltende und friedensschaffende Maßnahmen geht? – Kommen Sie hier heraus, erklären Sie mir das! Sie haben das bis dato nicht getan, sondern Sie haben sich immer in den Nebel der Neutralität begeben, Wasserwerfer, Nebelwerfer, Nebelgranaten geworfen, um die Bevölkerung in Unsicherheit zu wiegen. Aber mit klaren, eindeutigen Worten sind Sie in dieser sensiblen Materie nie an die Öffentlichkeit gegangen.

Kollege Kostelka! Zum Abschluss: Sie verquicken dieses Thema, das ein einfachgesetzliches Thema ist, permanent mit der Sicherheitsdoktrin, argumentieren mit "Aushöhlung der Neutralität"; Cap macht das dann noch im Zusammenhang mit der NATO. – Ich sage, dass wir in diesem Zusammenhang nicht nur die Sicherheitsdoktrin nicht diskutieren müssen, sondern dass diese beiden Gesetze – Kriegsmaterialiengesetz und Truppenaufenthaltsgesetz – aus dem Amsterdamer Vertrag her, den Sie in einem Initiativantrag in diesem Parlament mitinitiiert haben, Kollege Kostelka, als einfachgesetzliche Regelungen normiert werden müssen.

Zur Erinnerung: In der Koalitionsvereinbarung vom 18. Jänner 2000 – das rosa Papier, das Ihnen Kollege Khol immer entgegenhält – haben Sie gesagt: Ja, wir müssen es tun, wir müssen es reparieren! Nur jetzt, in der Opposition, klingt es anders, und das ist mein Vorwurf an die SPÖ: Sie sind doppelbödig, Sie argumentieren nicht im Sinne dieses Landes und damit der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Sie machen fundamentale Opposition, und das lehnen wir ab! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.38


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Der vom Herrn Abgeordneten Kiss in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Kiss, Jung und Genossen ist auch schriftlich überreicht und genügend unterstützt; er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kiss, Jung und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (555 d. B.) betreffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (428 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (555 d. B.) betreffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial und das Waffengesetz 1996 geändert werden sowie ein Truppenaufenthaltsgesetz erlassen wird (428 d. B.), wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I Z 2 wird der Punkt am Ende des § 1 Abs. 4 KMG durch einen Strichpunkt ersetzt und folgendes angefügt:

"dies gilt auch für jede andere grenzüberschreitende Verbringung außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union."

2. In Artikel I lautet Z 4:

"4. § 3 Abs. 1a lautet:

,(1a) Abs. 1 steht einer Bewilligung nicht entgegen, wenn die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Kriegsmaterial eine Maßnahme darstellt, um

1. einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen oder

2. einen Beschluss auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union oder

3. einen Beschluss im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder

4. sonstige Friedensoperationen entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen, wie etwa Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen, im Rahmen einer internationalen Organisation,

durchzuführen, soweit dem keine völkerrechtlichen Verpflichtungen oder überwiegende außenpolitische Interessen der Republik Österreich entgegenstehen.‘"

3. In Artikel I lautet die Z6:

"6. Dem § 3 werden folgende Abs. 6 und 7 angefügt:

,(6) Die Bewilligung darf für Kriegsmaterial, dessen Entwicklung oder Herstellung oder Einsatz nach österreichischer Rechtsordnung unzulässig ist, nicht erteilt werden.


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(7) Soweit dies sicherheitspolizeiliche Interessen erfordern, kann der Bundesminister für Inneres im Bescheid eine besondere Überwachung des Transportes im Bundesgebiet durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes anordnen; § 27a des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt.‘"

4. In Artikel I wird folgende Z 6a eingefügt:

"6a. § 3a Abs. 1 lautet:

,(1) In den ersten sechs Monaten jeden Jahres hat die Bundesregierung dem Rat für auswärtige Angelegenheiten eine Übersicht der im vorangegangenen Jahr gemäß Abs. 3 übermittelten Übersichten und gemäß Abs. 4 und 5 ergangenen Mitteilungen zu erstatten.‘"

5. In Artikel I Z 7 wird in § 3a Abs. 5 letzter Satz "dem Mitgliedstaat" ersetzt durch "den Mitgliedstaaten".

6. In Artikel I lautet die Z 10:

"10. In § 7 Abs. 1 wird nach der Wortfolge "oder durchführt" "oder vermittelt" eingefügt und Abs. 2 lautet:

,(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer, wenn auch nur fahrlässig, Kriegsmaterial entgegen unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Union ein-, aus- oder durchführt oder vermittelt.‘"

7. In Artikel I Z 15 wird in § 11 nach "§§ 2" ein Bestrich gesetzt und die Wortfolge "und 4 Abs. 1," ersetzt durch "§ 3a Abs. 1 und" eingefügt.

8. In Artikel II § 2 erhalten die Abs. 2 bis 5 die Absatzbezeichnungen "3" bis "6" und folgender Abs. 2 wird eingefügt:

"(2) Der Aufenthalt von Truppen ist nicht zu gestatten, wenn diese Kriegsmaterial mit sich führen, dessen Entwicklung oder Herstellung oder Einsatz nach österreichischer Rechtsordnung unzulässig ist."

Begründung

Zu Z 1

Diese Änderung stellt sicher, dass auch Vermittlungsgeschäfte mit Kriegsmaterial, das sich etwa auf hoher See befindet, von der Genehmigungspflicht umfaßt ist.

Zu Z 2

Der Änderungsvorschlag zu Z 3 macht eine Bewilligung in allen in § 3 Abs. 1a Z 1 bis 4 genannten Fällen davon abhängig, dass völkerrechtliche Verpflichtungen oder überwiegende außenpolitische Interessen immer Berücksichtigung finden müssen.

Zu Z 3 und 8

Die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 6 KMG und 2 Abs. 2 TrAufG sollen verhindern, dass im Rahmen einer Bewilligung nach dem Kriegsmaterialgesetz oder im Rahmen eines Aufenthaltes ausländischer Truppen in Österreich jene Arten von Kriegsmaterial auf österreichisches Hoheitsgebiet verbracht werden, dessen Entwicklung, Herstellung oder Einsatz nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften untersagt ist.

In erster Linie ist hier an Waffen im Sinne des Übereinkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen, BGBl. III Nr. 38/1997, sowie des Übereinkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen, BGBl. Nr. 432/1975, zu denken. Mitumfasst


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von dieser Regelung ist beispielsweise aber auch Kriegsmaterial im Sinne des Bundesverfassungsgesetzes für ein atomfreies Österreich, BGBl. I Nr. 149/1999, des Bundesgesetzes über das Verbot von Anti-Personen-Minen, BGBl. I Nr. 13/1997, und des Bundesgesetzes über das Verbot von blindmachenden Laserwaffen, BGBl. I Nr. 4/1998.

Zu Z 4 und 7

Die gegenüber der bisherigen Rechtslage erweiterte Berichtspflicht gegenüber dem Rat für auswärtige Angelegenheiten scheint im Hinblick auf die in den Abs. 3, 4 und 5 vorgeschlagenen Mitteilungen und Übermittlungen jedenfalls angebracht. Damit wird sichergestellt, dass Informationen, die internationale Gremien zur Verfügung gestellt werden, auch nationalen Stellen zur Kenntnis gelangen; die Information des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers und des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten ist damit ebenso gewährleistet, wie jene der im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen politischen Parteien.

Zu Z 5

Die vorgeschlagene Änderung berücksichtigt jüngste Entwicklungen im europäischen Kontext.

Zu Z 6

Die vorgeschlagene Ergänzung des § 7 KMG berücksichtigt die Aufnahme der Vermittlungsgeschäfte in das Regelungsregime des KMG.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte, Herr Bundesminister.

11.39

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin Außenministerin! Diese Novelle zum Kriegsmaterialgesetz und das Truppenaufenthaltsgesetz werden mehr Klarheit bringen, werden erhöhte Transparenz und vor allem mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger Österreichs bringen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen); für die Bürger Österreichs, aber auch für unsere Mitarbeiter in den verschiedenen Ressorts – auch für jene 40 Gendarmen aus dem Bezirk Leibnitz, die hier auf der Galerie diese Debatte verfolgen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit dieser Novelle wird die längst überfällige Klarheit und Transparenz geschaffen – und auch die längst überfällige zusätzliche Sicherheit. Diskussionen darüber sind ja in Wirklichkeit seit dem Golf-Krieg im Gange. Damals wurde eine endlose Debatte begonnen, die anlässlich des EU-Beitritts Österreichs neu versucht wurde und 1998 auch wieder versucht worden ist, eben mit dem bekannten "Ergebnis".

Meine Damen und Herren! Es handelt sich um einen Teil des Sanierungspaketes, das sich diese Bundesregierung vorgenommen hat und das wir in unserem Ressort angegangen sind, sodass eben heute diese Gesetzesmaterien dem Hohen Hause zur Diskussion und zur Beschlussfassung vorgelegt werden konnten.

Hohes Haus! Acht Punkte möchte ich nennen, die in diesen beiden Materien als entscheidend zu bezeichnen sind.

Erstens: Es kommt dadurch zu einer Kompetenzbereinigung; derzeit sind ja vier Bundesministerien damit befasst. – Die Anhörung durch das BKA haben wir weggebracht: In Zukunft wird das Landesverteidigungsministerium diese Anhörung vornehmen; bisher musste ja erst Einvernehmen darüber erzielt werden. Die Prüfung gesetzlicher Kriterien, insbesondere der Menschenrechtssituation, wird aber natürlich auch künftig dem Rat für Auswärtige Angelegenheiten be


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ziehungsweise dem Verfassungsdienst – eben in besonders heiklen Fällen – obliegen, so, wie das ja auch bisher der Fall war.

Zweitens: Es wird erhöhte Bedachtnahme auf den EU-Verhaltenskodex geben. Die Teilnahme Österreichs an humanitären Aufgaben und Rettungseinsätzen, an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wird damit grundlegend neu geordnet; Kriegsmaterialtransporte durch unser Land, eben im Zusammenhang mit der Durchführung von GASP-Aufgaben, werden so ermöglicht. Bei Bewilligungen auf Grund von Beschlüssen des UN-Sicherheitsrates, auf Grund von Beschlüssen der EU, der OSZE oder auf Grund sonstiger friedenserhaltender Operationen sind aber selbstverständlich auch alle völkerrechtlichen Verpflichtungen zu berücksichtigen.

Drittens: Internationale Berichtspflichten über Genehmigungen und Ablehnungen wurden verankert, und zwar insbesondere an den Generalsekretär der Vereinten Nationen beziehungsweise eben auch an andere EU-Mitgliedsstaaten. Die Übermittlung dieses Berichtes an den Rat für Auswärtige Angelegenheiten, dem ja die Mitglieder des Hauptausschusses des Nationalrates angehören, hat selbstverständlich vollständig zu erfolgen, wie Sie das ja auch der Begründung zu Zahl 4 des vorliegenden Abänderungsantrages entnehmen können. Ich darf daraus zitieren:

"Damit wird sichergestellt, dass Informationen, die internationalen Gremien zur Verfügung gestellt werden, auch nationalen Stellen zur Kenntnis gelangen ...", und zwar vollständig zur Kenntnis gelangen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Viertens: Kriegsmaterial-Vermittlungsgeschäfte. Fast alle diese Geschäfte fallen durch Übernahme in dieses Regelungsregime des Kriegsmaterialgesetzes.

Fünftens: Geregelt wird darin auch die Vernichtung ausgeschiedener Leichtwaffen aus dem Bestand des österreichischen Bundesheeres. Was das Truppenaufenthaltsgesetz anlangt, gibt es endlich Regelungen, wann und wie die Gestattung der Bewegung von Truppen nach und durch Österreich erfolgen soll. Erstmals seit dem Krieg gibt es jetzt eine gesetzliche Grundlage für die Behandlung derartiger Ersuchen.

Siebentens: Auch in Bezug auf ABC-Waffen wurde eine Klarstellung vorgenommen.

Achtens: Klarstellung wurde auch getroffen im Waffengesetz.

Meine Damen und Herren! Allen am Zustandekommen dieser Gesetzesmaterie Beteiligten, insbesondere den Beamten des Außenministeriums, des Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, möchte ich wirklich herzlich danken; danken möchte ich aber auch für die hervorragende Kooperation mit den Beamten unseres Ministeriums. Und bedanken möchte ich mich auch bei den Klubobleuten Khol und Westenthaler für die hervorragende Aufarbeitung und Mitarbeit, sodass wir das heute und hier diskutieren können. Und last but not least möchte ich mich auch ganz besonders bei den Mitgliedern des Innenausschusses bedanken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf neuerlich mein grundsätzliches Amtsverständnis hier präzisieren: Die Sitzungen des Innenausschusses stellen meiner Überzeugung nach keine protokollarische Angelegenheit dar, sondern es geht darum, in einer vernünftigen, guten, auch kritischen Auseinandersetzung zwischen Regierungsvorschlägen und den Vorstellungen des Parlaments die beste gemeinsame Vorgangsweise und Lösung zu finden. Daher darf ich hier auch herzlich danken für die sehr, sehr konstruktiven Vorschläge aus dem Innenausschuss, Vorschläge, die Aufnahme in diese Gesetzesmaterien gefunden haben beziehungsweise noch finden werden. Auch und insbesondere möchte ich Herrn Abgeordnetem Schieder für seine konstruktiven Vorschläge danken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.


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11.45

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Da Herr Abgeordneter Kiss hier den Vorsitzenden des Innenausschusses, den Kollegen Leikam, kritisiert hat, dass er diesen Punkt nicht auf die Tagesordnung gesetzt hat: Da möchte ich schon betonen, dass unserer Überzeugung nach zuerst über eine Sicherheitsdoktrin diskutiert werden sollte, eine Vorlage, die ja jetzt in einem Unterausschuss liegt – und dann erst sollten Gesetze, die auf dieser Doktrin basieren, beschlossen werden. So wird doch das Pferd von hinten aufgezäumt, lieber Paul Kiss! (Zwischenruf der Abgeordneten Großruck und Kiss. )

Jetzt werden Gesetze beschlossen, die in Wirklichkeit auf dieser Doktrin aufbauen. Und daher war es auch vollkommen gerechtfertigt, dass der Vorsitzende des Innenausschusses, Abgeordneter Leikam, das nicht auf die Tagesordnung gesetzt hat. – Sie von ÖVP und Freiheitlichen haben sich mit Ihrer Mehrheit durchgesetzt und so eine Aufzäumung des Pferdes von hinten betrieben.

Herr Bundesminister Strasser! Diese 40 Gendarmen – falls sie noch hier oben auf der Galerie sitzen – werden sich sicherlich weniger für das Kriegsmaterialgesetz interessieren, sondern diese 40 Gendarmen haben in Wirklichkeit große Sorgen ob Ihrer Politik. Diese sind sicherlich in Sorge darüber, ob ihre Posten erhalten bleiben, ob sie versetzt werden oder nicht beziehungsweise welche Arbeitsbedingungen sie in Zukunft vorfinden werden. Und diese 40 Gendarmen wollen sicherlich auch endlich wissen: Werden ihnen die Überstunden weggenommen, wie Sie das vorhaben? Werden ihnen Karriere-Chancen genommen, wie Sie, Herr Minister, das ja vorhaben; und: Was passiert in Zukunft in diesem Bereich? Das interessiert diese 40 Gendarmen, meine Damen und Herren! Darum geht es in Wirklichkeit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Das glaubst du ja selbst nicht! – Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Hohes Haus! Wir sehen diese Novelle des Kriegsmaterialgesetzes und dieses neue Truppenaufenthaltsgesetz als einen Schritt in Richtung Abschaffung der Neutralität (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), das vor allem deshalb, weil der Begriff "immerwährende Neutralität" im Gesetz gestrichen wurde. Wir Sozialdemokraten betrachten das Kriegsmaterialgesetz in der alten Form als Bollwerk, als integralen Bestandteil des Neutralitätsgesetzes. Und die Streichung beider Bezugnahmen auf die immer währende Neutralität stellt unserer Ansicht nach ein deutliches Signal für die Ziele der beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ dar.

Die Frau Außenministerin hat das ja direkt bestätigt, hat sie sich doch hier sehr klar für eine Bündnisfreiheit ausgesprochen, und das heißt doch in Wirklichkeit: Na ja, man kann ja dann, wenn man bündnisfrei ist, auch die Bündnisfreiheit ändern, weil man in ein Bündnis will. – Dass Sie in die NATO wollen, ist ja deutlich ausgesprochen worden! Und weiters betrachtet die Außenministerin die Neutralität sozusagen als formales Recht. Das, meine Damen und Herren, bestätigt doch, wie Sie von den Regierungsparteien mit der Neutralität Österreichs umzugehen gedenken.

Wir von der SPÖ sind gegen eine Aushöhlung der Neutralität, denn wir meinen, dass sich Österreich als neutraler Staat wesentlich besser in Bezug auf Friedenserhaltung einsetzen kann, und zwar in der Rolle des Vermittlers, aber auch was die Bereitstellung von Truppen beziehungsweise von Polizeikräften für die Friedenssicherung und den Wiederaufbau beziehungsweise Aufbau staatlicher Strukturen anlangt. Und Österreich hat sich mit dieser Politik auch sehr große Anerkennung in der Vergangenheit erworben.

Hohes Haus! Dieser Debattenbeitrag des Herrn Innenministers hier war schon sehr interessant (Ruf bei der ÖVP: Richtig!), hat doch der Herr Innenminister auch angesprochen, dass es da zu einer Vereinfachung kommen werde und die Mitwirkung des Bundeskanzlers und anderer Stellen jetzt ausgeschaltet werden konnte. – Meine Überzeugung: Dabei handelt es sich um eine außenpolitisch wirklich sehr sensible Materie, und durch das derzeit geltende Kriegsmaterialgesetz wird eben der Bundeskanzler, der Auswärtige Rat und die Bundesregierung da miteinbezogen.


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Wir Sozialdemokraten meinen jedenfalls, dass es mit dieser Änderung zu einer Machtkonzentration beim Innenministerium kommen wird. Bis dato waren ja diesbezüglich sehr ausgewogene Konsensregelungen möglich – und jetzt ist es doch so, dass durch die Vereinfachung und die Beschleunigung der Verfahren das zu Lasten der außenpolitischen Qualität gehen wird, allerdings zu Gunsten des Waffenhandels und der Rüstungsindustrie.

Ich kann wirklich nicht verstehen, warum gerade der Innenminister zur Beurteilung außen politisch schwieriger Entscheidungen befähigt sein soll, hat dieser doch – im Gegensatz zum Außen- oder Wirtschaftsminister – keine Informanten im Ausland. Und eigentlich hatte ich in der Diskussion im Ausschuss den Eindruck, dass Bundesminister Strasser erst dort so richtig die Tragweite dieser Entscheidung begriffen hat, dass er für alle Waffentransporte, die nach, aus und durch Österreich gehen, in Zukunft die Hauptverantwortung zu tragen hat.

Ich wünsche dem Herrn Innenminister jedenfalls viel Glück dabei! Und wir werden ja sehen, ob sich diese "Vereinfachung", wie der Herr Innenminister zuvor betont hat, tatsächlich als eine solche herausstellen wird.

Diese Ruckzuck-Legistik, die sich da wiederum eingestellt hat, zeigt unter anderem auch, meine Damen und Herren, dass sich da offensichtlich ein Fehler eingeschlichen hat, werden doch mit dieser Novelle auch die Vermittlungsgeschäfte in die Bewilligungspflicht einbezogen werden. Vergessen hat man jedoch, korrespondierende Strafbestimmungen für den Fall des Fehlens einer Bewilligung entsprechend zu ergänzen. Daher ist diese neue Bewilligungspflicht völlig sanktions- und wertlos. Das kann aber auch Ihrem "speed kills" zum Opfer gefallen sein. Daher, Herr Bundesminister für Inneres, würde ich Sie schon bitten, klarzustellen, ob man das wirklich so gewollt oder ob man das eben "nur" vergessen hat. – Jetzt ist das jedenfalls ein völlig zahnloses Instrument!

Meine Damen und Herren! Ich jedenfalls betrachte diesen jetzt eingebrachten FPÖ/ÖVP-Abänderungsantrag als den Versuch, diesbezüglich, und zwar in letzter Minute, zu einer Verfassungskonformität zu gelangen. Wir Sozialdemokraten sehen aber, dass das nicht stark genug ist – und dass all Ihr Handeln und Ihre Aussagen in Richtung Aushöhlung und scheibchenweiser Demontage der Neutralität geht. – Dem können wir Sozialdemokraten nicht zustimmen!

Wir bringen daher einen Entschließungsantrag ein, in dem es darum geht, klarzustellen, dass die Neutralität des Jahres 1955 für uns auch weiterhin bedeutet: keine Teilnahme an Kriegen, kein Beitritt zu militärischen Bündnissen, keine fremden militärischen Stützpunkte auf österreichischem Staatsgebiet!

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Parnigoni, Gaál und Genossen zum Tagesordnungspunkt 1

Die Bundesregierung wird ersucht, bei der Vollziehung des Kriegsmaterialgesetzes und des Truppenaufenthaltsgesetzes das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs stets zu berücksichtigen und folglich im Falle von friedensschaffenden Maßnahmen Bewilligungen nach dem Kriegsmaterialgesetz und für Truppenaufenthalte nur dann zu erteilen, wenn diese Maßnahmen entsprechend der Charta der Vereinten Nationen durchgeführt werden.

*****

Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Parnigoni und Gaál ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Graf zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.53

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Innenminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe junge Besucher auf der Galerie! Es geht jetzt um ein Thema, das immer wieder hier herauskommt: die Neutralität. Die Neutralität werde ausgehöhlt, die Neutralität gebe es nicht mehr, sagten Sie von der linken Seite dieses Hauses. – Ich meine, es ist wirklich an der Zeit, dazu zu sagen, und zwar im Zuge einer Versachlichung des Gesamten: Da werden doch potemkinsche Dörfer aufgebaut, die man jetzt schön langsam und reihenweise einstürzen sieht – und man merkt, dass da eigentlich nichts dahinter ist.

Man sollte sich doch auf das besinnen, was gemacht wurde. Und was ist das? – Die österreichische Bevölkerung hat sich mit 67 Prozent Ja-Stimmen zum EU-Beitritt bekannt. Es gab die Amsterdamer Verträge, und die gilt es nun zu erfüllen. Jene Verpflichtungen, die damals eingegangen wurden, gilt es nun zu erfüllen – und um nichts anderes geht es jetzt auch bei diesen zur Debatte stehenden Gesetzen.

Herr Bundesminister Scheibner hat bereits mehrmals, zuletzt in der ORF-"Pressestunde", ganz deutlich gesagt, dass eine Änderung des Neutralitätsgesetzes nicht zur Debatte steht. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Steht nicht zur Debatte!

Auf der anderen Seite haben Sie, Herr Klubobmann Kostelka, und zwar am 27. März 2000, hier im Plenum gesagt – ich zitiere wörtlich –:

"Ich bekenne mich zu allen Beschlüssen, die wir gemeinsam gefasst haben, auch zu dem Beschluss im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages und dem Ausschussbericht, der meine Unterschrift trägt ..." – Zitatende.

Und nichts anderes wird hier gemacht! Ich verstehe daher nicht Ihre Aufregung betreffend eine "Aushöhlung der Neutralität"!

Was also gemacht wird – die Frau Außenministerin und der Herr Innenminister haben das ja hier noch einmal klar und deutlich dargelegt –: Durch den Vertrag von Amsterdam und die im EU-Vertrag eingeführten Maßnahmen werden im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Maßnahmen zur Erfüllung humanitärer Aufgaben, Rettungseinsätze und friedenserhaltende Maßnahmen und Kampfeinsätze bei Krisenbewältigungen jetzt hier gesetzlich geregelt. – Um nichts anderes geht es!

Ich meine, dass es notwendig ist, auch da nach Sachlichkeit und nicht nach Emotionen, die man nach außen trägt, zu urteilen. – Jedenfalls kann ich Herrn Abgeordnetem Schieder beipflichten, dass hiemit ein sinnvolles Gesetz gemacht wird. Und auch ich danke für die im Ausschuss gemachten Anregungen hinsichtlich der gesetzlichen Normierung in Bezug auf Durchfuhr von biologischen, chemischen und atomaren Waffen, dafür, dass das jetzt ebenfalls unterbunden wird.

Meine Damen und Herren! Es wurde hier von den Grünen ein Abänderungsantrag eingebracht, der sich mit jenem Abänderungsantrag, der bereits von uns von den Regierungsparteien eingebracht wurde, genau deckt. (Widerspruch bei den Grünen.) Doch, doch!

Schauen Sie sich das bitte an! Im Absatz 1a etwa sehen Sie eine deckungsgleiche Formulierung. Wir können Sie von den Grünen daher nur einladen, unserem Antrag zuzustimmen!

Noch einmal: Es geht darum, dass das Wesentliche dieser Amsterdamer Verträge umgesetzt wird – und um nichts anderes!

Das Beste ist es doch auch hier, den Gesetzestext zu lesen. Worum geht es denn? – Die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial stellt einen Beschluss des Sicherheitsrates beziehungs


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weise des Titels 5 des Vertrages der Europäischen Union dar; ebenso geht es um OSZE-Beschlüsse beziehungsweise um sonstige friedenserhaltende oder friedenssichernde Operationen. – Kein Wort davon, dass die Neutralität ausgehöhlt, herausgenommen oder sonst irgendetwas wird. Es geht dabei um eine Erfüllung von Verträgen, von Verträgen, die Sie von der SPÖ selbst eingegangen sind. Das ist die sachliche Grundlage für diese beiden Gesetze!

Was das Truppenaufenthaltsgesetz anlangt: Ich erinnere Sie nur an unseren hier gemeinsam empfangenen Besuch von NATO-Generalsekretär Robertson, im Zuge dessen Sie von der SPÖ zugestanden haben, dass unser Land mit der NATO in den Bereichen humanitäre Hilfe, "Partnership for peace", kooperieren wird. Und um nichts anderes geht es!

Die Gestattung eines Aufenthaltes ausländischer Truppen auf unserem Territorium ist stets zurückzuführen auf: Beschluss des Sicherheitsrates, Beschluss des Vertrages der Europäischen Union, Artikel 5, Beschluss der OSZE beziehungsweise zur Teilnahme an sonstigen Friedensprozessen.

Ich möchte Sie von der Opposition daher bitten, zu einer Versachlichung dieses Themas zu kommen! – Es geht wirklich nicht um eine Abschaffung der Neutralität, es geht auch nicht, wie Herr Abgeordneter Pilz gesagt hat, um irgendwelche "Blitzkriege", in die Österreich hineingezogen werden soll, und es geht auch nicht darum, dass, wie gleichfalls Herr Abgeordneter Pilz behauptet hat, die Sicherheitspolitik der Republik Österreich einem amerikanischen Oberkommando unterstellt werden soll! – Kein Wort davon ist wahr! Es geht ausschließlich darum, den gegebenen Notwendigkeiten des Amsterdamer Vertrages gerecht zu werden beziehungsweise den zusätzlichen Bedingungen der OSZE, die Sie damals selbst beschlossen haben, tatsächlich nachzukommen.

Abschließend: Ich kann an Sie nur appellieren – aus vielen Wortmeldungen Ihrer Fraktion geht das ja hervor, auch aus den Aussagen Ihres Abgeordneten Gaál –: Die Sicherheitspolitik eignet sich nicht für parteipolitisches Hickhack! Es gibt die Notwendigkeit einer europäischen Verteidigungsdoktrin, um zu einer europäischen Identität – wie das auch Herr Abgeordneter Schieder gesagt hat – zu kommen. Das haben Sie ja bei der Offiziersgesellschaft in Graz gesagt.

Beim jetzt behandelten Tagesordnungspunkt geht es um die Umsetzung jener Grundlagen, die Sie damals geschaffen haben. Ich meine, es ist dringend notwendig, da zu einer Versachlichung zu kommen – und nicht in eine negative "Euphorie" im Zusammenhang mit der Neutralität zu verfallen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Gaál zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

11.59

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Damen und Herren! Es gibt Verbesserungen, Klarstellungen, und es kommt auch zu Kompetenzbereinigungen, wie Sie das angesprochen haben, Herr Bundesminister und Herr Kollege Schieder – aber nicht nur. In der Tat hat das Kriegsmaterialgesetz mit dieser Novelle, wie sie uns heute hier vorliegt, seine Funktion als Bollwerk der Neutralität verloren.

Die Liberalisierung im Bewilligungsverfahren bei Kriegsmaterialtransporten hilft letztlich nur der Rüstungsindustrie (Abg. Murauer: Wo?), geht jedoch zu Lasten der Menschenrechte und der Neutralität. (Beifall bei der SPÖ.)

Sorge bereitet mir, meine Damen und Herren, dass in Hinkunft die Anhörung des Herrn Bundeskanzlers nicht mehr erforderlich ist, dass man darauf verzichtet hat und damit das Genehmigungsverfahren seitens des Verfassungsdienstes nicht mehr geprüft wird, also auch der Verfassungsdienst ausgeschaltet ist. Gerade der Verfassungsdienst hat in der Vergangenheit mit seinen Einsprüchen verhindert, dass Kriegsmaterial in Länder exportiert werden konnte, in welchen Menschenrechte verletzt wurden. Diese Möglichkeit hat man nun ausgeschaltet, es gibt


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in Hinkunft lediglich die Informationspflicht. – Das kann unsere Zustimmung keineswegs finden! (Beifall bei der SPÖ.)

Des Weiteren stört mich, dass im § 3 des Kriegsmaterialgesetzes, in dem die Bewilligungsvoraussetzungen für die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial geregelt werden, der Begriff "unter Bedachtnahme auf die immerwährende Neutralität Österreichs" nicht mehr vorkommt, dass das beseitigt wird. Begründet wird das damit, dass dieser Begriff "missverständlich" sein könnte. – Ich darf darauf hinweisen, dass seit Beschlussfassung des Kriegsmaterialgesetzes dieser Begriff niemals missverständlich war und stets auch beachtet wurde.

Auch das zur Beschlussfassung vorliegende Truppenaufenthaltsgesetz ist für mich ein Beweis der weiteren Demontage der Neutralität Österreichs.

Erstes Beispiel:

Im § 1 Abs. 2 wird der vorübergehende Aufenthalt ausländischer Truppen in Österreich angesprochen. Das kann ein Jahr, zehn Jahre oder 20 Jahre dauern. Die von der Frau Bundesministerin in diesem Zusammenhang angesprochenen "Klarstellungen" finde ich zu ungenau, zu undeutlich, denn mit dem Truppenaufenthaltsgesetz wird die Dauer des Aufenthaltes ausländischer Truppen auf österreichischem Gebiet in keiner Weise begrenzt. Dass es nicht nur ein vorübergehender Aufenthalt von fremden Truppen auf österreichischem Gebiet sein wird, darauf deuten auch die im § 4 Z 9 und 15 angesprochene Errichtung von Telekommunikationseinrichtungen und ständige militärische Übungen ausländischer Truppen in Österreich hin.

All das, meine Damen und Herren, spricht für den unbegrenzten Aufenthalt von ausländischen Truppen in Österreich. Es kann nach Belieben dazu eingeladen werden, der Aufenthalt in Österreich gestattet werden. (Abg. Kiss: Glaubst du das, was du sagst?) Das, lieber Kollege Kiss, steht in krassem Widerspruch zum Neutralitätsgesetz. Leider wird das auch so kommen, insbesondere was die militärischen Übungen betrifft. (Abg. Kiss: Das haben nicht einmal der Kostelka und der Schieder gesagt, was du hier behauptest und als Unsinn verzapfst!)

Ich wiederhole: Das steht in krassem Widerspruch zum Neutralitätsgesetz, denn dieses verbietet ausdrücklich die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf österreichischem Gebiet.

Damit wird klar und deutlich einer der drei Kernbereiche des Neutralitätsgesetzes verletzt. Es hat das Truppenaufenthaltsgesetz wirklich zu Recht den Kurztitel "TrAufG", denn mit dieser gesetzlichen Regelung kommt die Neutralität vom Regen in die Traufe, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

All das sind Anzeichen dafür, dass die Bundesregierung mit allen Tricks die Neutralität los zu werden versucht und die Opposition in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor vollendete Tatsachen stellt. Echte Gesprächsbereitschaft ist nicht ersichtlich. Ich würde sogar sagen, dass diese Ihre Politik doppelbödig ist, denn Sie beschließen einerseits Gesetze, von denen Sie behaupten, dass sie nichts mit der Neutralität zu tun haben, nichts an der Neutralität ändern, betonen aber andererseits immer wieder, dass die Neutralität obsolet und es daher richtig sei, diese abzuschaffen. Sie tun das, damit Sie möglichst rasch der NATO beitreten können. Daher findet diese Ihre Vorgangsweise nicht unsere Zustimmung! (Beifall bei der SPÖ.)

12.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

12.04

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe die bisherige Diskussion aufmerksam verfolgt, weiß aber eigentlich bis jetzt nicht, Herr Kollege Kostelka, Noch-Klubobmann, und Genossen, warum Sie einerseits zugeben: Das Gesetz ist durchaus notwendig, es dient der Verwaltungsvereinfachung, wir haben damit Normierungen, die wir in der Vergangenheit nicht hatten, die gesetzliche


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Grauzone wird damit beseitigt!, andererseits aber sagen: Wir stimmen dagegen, weil Österreich neutral ist!

Die Wortspenden der sozialistischen Kollegen machen sehr deutlich, dass Sie sehr wohl die Amsterdamer Verträge 1998 unterzeichnet haben. Klubobmann Khol hat darauf hingewiesen, dass selbstverständlich mit den Stimmen der Sozialdemokraten die ÖVP den Weg in Richtung europäische Solidarität gegangen ist. Doch heute sagen Sie – zu einer Konsequenz daraus im Kriegsmaterialiengesetz und im Truppenaufenthaltsgesetz –: Dem stimmen wir nicht zu!

Sie haben zugestimmt, dass Österreich in Europa gemeinsam mit den europäischen Staaten eine "Partnerschaft für den Frieden" eingeht, um humanitäre Aufgaben zu übernehmen und Katastrophenhilfe zu leisten. Sie sagten: Jawohl, das ist richtig! Doch heute sagen Sie zum Kriegsmaterialiengesetz, das doch eine Konsequenz daraus ist –: Nein, denn wir sind neutral!

Sie haben im Jahre 1998 gemeinsam mit der ÖVP zugestimmt – und es war vernünftig, und es ist heute vernünftig, diese Politik weiterzuverfolgen –, mit den europäischen Staaten eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einzugehen. Das dient der Sicherheit Österreichs, und ich kann das nur begrüßen. – Doch heute sagen Sie: Zu diesem Gesetz sagen wir nein, denn Österreich ist neutral, und wir stimmen daher einer "Aushöhlung der Neutralität" nicht zu! – Da frage ich Sie: Welchen Titel geben Sie denn jenen Schritten, die Sie damals gesetzt haben?

Welchen Titel geben Sie Ihrer damaligen Vorgangsweise, nämlich dass Sie in eine Regierungs- beziehungsweise Koalitionsvereinbarung zwischen Sozialdemokratie und ÖVP noch hineinschrieben, dass das Kriegsmaterialiengesetz natürlich angepasst gehört, dass wir natürlich eine Abänderung brauchen, wie wir sie eben heute hier vorliegen haben? – Doch heute sagen Sie: Nein, denn Österreich ist neutral!

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Dass Sie, wie schon Klubobmann Khol darauf hingewiesen hat, zu fast allen Positionen, die jetzt diskutiert werden und die der Zukunft unseres Landes und der Bevölkerung Österreichs dienen, nein sagen, einen Salto zurück machen, sich einbetonieren und Fundamental-Opposition betreiben, kann doch nicht der konstruktive Weg in dieser Republik sein – auch nicht dann, wenn man in Opposition ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich hoffe, ich habe Sie nicht richtig verstanden, aber ich befürchte, Herr Kollege Kostelka, dass Sie auch zur Sicherheitsdoktrin, die jetzt in einem Diskussionspapier als Bestandsaufnahme vorliegt, nein sagen werden, weil Sie meinen: Weil Österreich neutral ist, dürfen wir auf keinen Fall über die sicherheitspolitische Ausgangslage, die sich selbstverständlich seit 1990 geändert und zu der die Bundesregierung ein Papier vorgelegt hat – herzlichen Dank dafür, das war mit den Sozialdemokraten jahrelang nicht möglich –, diskutieren, weil das die Neutralität Österreichs verletzen könnte!

Ich hoffe, ich habe Sie falsch verstanden, und denke, dass Sie nach wie vor bereit sein werden, diese für Österreich notwendige Sicherheitsdoktrin als Bestandsaufnahme grundsätzlich zu diskutieren und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Ich hoffe, dass Sie diesen Weg, geschätzte Damen und Herren Sozialisten, mitgehen können.

Ich darf zur heutigen Gesetzesvorlage noch sagen, dass es dringend notwendig war, weniger Bürokratie zu haben. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass dann, wenn irgendetwas durch Österreich, von der österreichischen Exekutive, von der österreichischen Justiz, vom österreichischen Bundesheer an Waffen, an Reparatur, an Besichtigung mit dem Ausland verhandelt wurde, jedes Mal vier Ministerien damit befasst wurden: Es mussten das Innenministerium, das Außenministerium, das Verteidigungsministerium und das Bundeskanzleramt dazu gehört werden.

Meine Damen und Herren! Wir leben in einer Zeit der Entbürokratisierung und auch der Verantwortungsübernahme durch die Minister, und ich meine, dass diese Verantwortlichkeiten so, wie sie das Kriegsmaterialiengesetz regelt, gerechtfertigt sind.


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Es ist notwendig und gut, dass das Waffengesetz mit diesem Gesetz geändert wird, wonach endlich nicht mehr gebrauchtes Kriegsmaterial und Waffen vernichtet werden können; davon ausgenommen sind natürlich historische Waffen. Darüber hinaus müssen natürlich – so wie in anderen Fällen auch – die völkerrechtliche Verpflichtung, die außenpolitische Abstimmung und das Interesse der öffentlichen Sicherheit gewährleistet sein.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich sagen: Dieses Gesetz ist eine logische Konsequenz aus den Amsterdamer Verträgen und aus den "Petersberger Aufgaben", aus unseren eingegangenen Verpflichtungen, in Europa an einer gemeinsamen Sicherheitsarchitektur mitzuwirken. Das dient Österreich, das dient unserer Sicherheit, und das dient einem gemeinsamen Europa. Dieses Gesetz ist eine Konsequenz daraus, und es steht – dies möchte ich abschließend noch einmal unterstreichen – in Einklang mit unserer Neutralität. Die Neutralität steht über dieser einfachgesetzlichen Regelung und ist nach dem Völkerrecht ausgerichtet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.12

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Was will die Regierung mit dieser Regierungsvorlage? – Sie will mit diesen beiden Gesetzen die Neutralität aushöhlen! Das ist so, Herr Abgeordneter Murauer!

Ein Beispiel: Nach dieser Regierungsvorlage entfällt die Passage "unter besonderer Berücksichtigung der Neutralität" in Abs. 1 Ziffer 1 Kriegsmaterialiengesetz, und es entfallen außerdem die Worte "unter Bedachtnahme auf die immerwährende Neutralität" in Ziffer 4.

Warum, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, muss denn das entfallen? Gibt es dafür einen sachlichen Grund? Gibt es dafür ein sachliches Argument – außer, dass nach dem Willen der Regierungsparteien die Neutralität weg muss? Alle Spuren der österreichischen Neutralität sollen verwischt werden. Ein gravierender Schönheitsfehler dabei ist allerdings, dass das verfassungswidrig ist – und das werden wir Sozialdemokraten immer wieder aufzeigen. Wir werden nicht müde werden, das immer wieder aufzuzeigen! (Beifall bei der SPÖ.)

FPÖ und ÖVP wollen das ungeliebte Kind Neutralität so schnell wie möglich loswerden. Unzählige Aussagen, die seit dem Wegfall des Eisernen Vorhangs von Politikern der nunmehrigen Regierungsparteien gemacht wurden, zeugen davon. Ich möchte Ihnen jetzt Aussagen der Spitzenkandidatin der FPÖ zur EU-Wahl 1999, Daniela Raschauer (Ruf bei den Freiheitlichen: Raschhofer! ), in einer Wahlkampfbroschüre getätigt, zitieren. Da sagte Frau Abgeordnete Raschauer ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Raschhofer!  – Abg. Achatz: Es gibt keine Abgeordnete "Raschauer"!)  – Raschhofer, Entschuldigung!

Frau Raschhofer sagt also Folgendes: "Mit dem Beitritt zur Europäischen Union hat sich Österreich zur gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Außenpolitik verpflichtet. ... Um die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung auch hinkünftig gewährleisten und finanzieren zu können, ist nach einer Volksabstimmung ein Beitritt Österreichs zur NATO notwendig." – Zitatende.

Wenn heute Herr Abgeordneter Jung so etwas wie einen Meinungsschwenk hier heraußen gemacht hat, dann wünsche ich ihm und der FPÖ damit viel Vergnügen. – Wir hatten dieses Problem bereits mit der ÖVP. Ich erinnere in diesem Zusammenhang Herrn Abgeordneten und Klubobmann Khol an eine Veranstaltung in Innsbruck, deren Titel schon damals hieß: "Neutralität oder NATO – Zündstoff für die Koalition." – Das war’s allerdings dann auch! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie wissen ganz genau, dass neutrale Staaten durchaus einen Platz und auch Aufgaben in der EU haben, wie zum Bei


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spiel Konfliktprävention und Krisenmanagement. Nur: Von diesen Aufgaben verabschieden Sie sich nun mit leisen Sohlen – siehe Zypern! –, weil Sie von der Regierung in die NATO wollen. Die FPÖ hat das bisher zumindest laut gesagt. Sie hingegen, meine Damen und Herren von der ÖVP, betreiben ein doppelbödiges Spiel.

Ich zitiere Ihnen in diesem Zusammenhang noch einige Aussagen. So sagte zum Beispiel der EU-Kommissar Fischler Folgendes: "Langfristig müssten wir uns überlegen, wie wir uns in die NATO integrieren."

Von Präsident Fasslabend war die Aussage zu hören: "An der NATO führt in Europa kein Weg vorbei."

Auch Klubobmann Khol sagte: "Das Ziel hieße Beitritt zu einer Europäischen Sicherheitsstruktur, die es aber ohne NATO nicht gäbe."

Diese Aussagen sind klar und eindeutig und gehen alle in dieselbe Richtung, und wenn es nun anders denkende "Schwarzmander" gibt, so spielen diese in der ÖVP nicht wirklich noch eine Rolle.

Ich zitiere als Beispiel dafür einen ehemaligen Spitzenpolitiker der ÖVP, nämlich den früheren Generalsekretär Dr. Michael Graff. Dieser sagte:

"Es ist eine fest bei den Österreichern verankerte Grundlage unserer staatlichen Existenz, – jeder, der das im 55er Jahr erlebt hat, der weiß das –, ist außerdem geltendes Verfassungsrecht, und es ist mir unbegreiflich, dass sich die derzeitige Spitze der ÖVP abkoppelt von der Meinung ihrer Wähler und Mitglieder und glaubt, einen anderen Kurs fahren zu müssen. Es wird ein böses Erwachen geben, denn für viele Wähler ist die Neutralität eine sehr wichtige Sache." – Zitatende.

Auch der Landeshauptmann von Tirol Wendelin Weingartner hat in diese Richtung argumentiert – und auch dem geht es politisch derzeit nicht so gut –, als er sagte:

"Die Sehnsucht der Bürger nach Sicherheit in einer sich stark verändernden Welt ist sehr groß. Die NATO beruht nach wie vor auf einem Konzept von Feindbildern, das nicht mehr aktuell ist. Darum ist es auch überflüssig und sinnlos, über einen NATO-Beitritt zu diskutieren, solange sich die NATO nicht ändert. Die NATO in ihrer heutigen Zielsetzung ist überholt." – Zitatende.

Diese Kritiker, diese Andersdenker in Ihrer Partei werden relativ schnell wichtiger Funktionen enthoben, sage ich einmal.

Zum Abschluss lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Was sagen diese zwei Gesetzesvorlagen aus, die wir heute hier zur Abstimmung vorgelegt bekommen haben? – Diese Regierungsvorlagen bedeuten einen weiteren Mosaikstein in Ihrem Plan, die Neutralität abzuschaffen.

Dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, sage ich Ihnen: Für uns Sozialdemokraten ist die Neutralität ein ganz zentraler Bestandteil der österreichischen Identität. Wir Sozialdemokraten werden es nicht zulassen, dass diese einfach sang- und klanglos beseitigt wird. In dieser Frage steht eine ganz große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher hinter uns. Und deshalb wird sich diese Regierung auch hüten, eine Volksabstimmung über die österreichische Neutralität durchzuführen.

Deshalb ist es wichtig, sehr geehrte Damen und Herren – das sage ich auch in Richtung Galerie –, dass die Sozialdemokraten auch weiterhin mehr als ein Drittel der Abgeordneten hier im Hohen Hause stellen, damit zumindest gröbster neutralitätspolitischer Unfug verhindert werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Die unausgegorene und verfassungsrechtlich bedenkliche Sicherheitspolitik dieser Regierung wird zum Wahlkampfthema. Das können wir Ihnen von FPÖ und ÖVP jetzt schon versprechen.

Wir Sozialdemokraten geben die österreichische Neutralität nicht auf! (Beifall bei der SPÖ.)

12.19


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69. Sitzung / Seite 84

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Leikam. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.19

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Vorsitzender des Innenausschusses, der auch die Ehre hatte, am 18. April diese nicht ganz einfache Sitzung zu leiten, möchte ich gegen Ende dieser Debatte doch einige Klarstellungen treffen, auch einige Ungereimtheiten hier aufzuklären versuchen.

Herr Abgeordneter Jung, da Sie heute der sozialdemokratischen Fraktion vorwerfen, wir wären zu feige – wie Sie es hier wörtlich gesagt haben (Abg. Jung: Ich habe eine alte Rede zitiert!)  –, eine öffentliche Diskussion zu dieser Thematik zu führen: Da muss ich Sie schon an etwas erinnern.

Es war die sozialdemokratische Fraktion, die im Innenausschuss bereit dazu war, dieses sensible und wichtige Thema auf breitester Basis zu diskutieren. Es war unsere Fraktion, die einen Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses eingebracht hat, weil wir diese Materie inhaltlich umfangreicher diskutieren wollten, als das heute hier getan wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie und Ihr Koalitionspartner waren es, die nicht diskutieren wollten! Sie haben damals die Diskussion im Ausschuss abgewürgt, Sie tun es auch heute hier. Sie haben kein besonderes Interesse daran, dass diese Materie ausführlicher behandelt wird.

Herr Abgeordneter Jung! Es ist auch nicht erklärbar, dass sich heute Ihr Fraktionskollege Schweitzer hier zum Rednerpult begeben und eine Reihe von Punkten erwähnt hat, bezüglich derer Abgeordneter Cap angeblich in seiner Meinung umgefallen sei. Sie kommen aus einer Partei, die in dieser Frage wirklich den Salto rückwärts – wie es heute schon so oft von der Österreichischen Volkspartei genannt wurde – vollzogen hat. Sie waren ein eifriger Verfechter eines raschen NATO-Beitritts – und sind es heute nicht mehr. Man kann gescheiter werden, man kann umdenken, man kann durchaus auch zu einer anderen Erkenntnis kommen, wenn es die Situation so ergibt; aber dann den anderen das, was man selbst getan hat, massiv vorzuwerfen, ist wirklich absurd und kann wohl nicht ernsthaft hier diskutiert werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einmal auf diese Ausschusssitzung zurückkommen. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion haben diesen Ausschuss so ernst genommen, dass wir auch zwei Abgeordnete aus dem außenpolitischen Bereich beigezogen haben, weil wir die Meinung vertreten haben, dass es an und für sich gar nicht die Aufgabe des Innenministers allein sein kann, eine so schwierige Materie zu behandeln. Das hat sich dann übrigens bei den Ausschussberatungen immer wieder bestätigt, als der Herr Bundesminister sehr oft erklärt hat, da sei er nicht zuständig, er würde bitten, die Beamten des Außenministeriums oder des Verteidigungsministeriums zu befragen.

Diese Erkenntnis war durchaus da, wir haben dem Rechnung getragen: Wir haben daher unseren geschäftsführenden Klubobmann und Kollegen Schieder im Ausschuss beigezogen. Es war schon so – ich glaube, Abgeordneter Kiss hat das ja durchaus lobend erwähnt –, dass vor allen Dingen die sachlichen Beiträge des Abgeordneten Schieder dazu geführt haben, dass heute hier ein entsprechender Antrag der Österreichischen Volkspartei eingebracht worden ist, der auf Bedenken des Abgeordneten Schieder zurückzuführen ist.

Aber, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie halten es in dieser schwierigen Materie so, wie Sie das in vielen anderen Bereichen auch tun. Sie entwickeln eine für uns nicht nachvollziehbare Eile: "speed kills" – auch in der Neutralitätsfrage! Sie können hier noch so oft das Wort ergreifen und so tun, als ob es nicht so wäre! Faktum ist, dass Sie aus diesem Gesetzentwurf, dass Sie aus dieser Regierungsvorlage das Wort "Neutralität" völlig herausgenommen haben. Und das ist mit voller Absicht geschehen!


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Es ist Ihnen ja heute hier einiges danebengegangen. Die freiheitliche Fraktion hat völlig anders argumentiert als die Österreichische Volkspartei. – Wir Sozialdemokraten bleiben dabei: Wir waren, wir sind und wir werden auch weiterhin für die Neutralität sein! Zu einer Aufgabe der Neutralität wird es mit den Sozialdemokraten dieses Landes nicht kommen, meine Damen und Herren! Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Truppenaufenthaltsgesetz. Wir hätten diese Frage gerne – deshalb haben wir den Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses gestellt – gemeinsam mit der Verteidigungs- und Sicherheitsdoktrin diskutiert. Wenn hier immer wieder gefragt wird, was denn das eine mit dem anderen zu tun habe, dann wundere ich mich zumindest darüber, dass auch fast alle Redner der Österreichischen Volkspartei das heute natürlich vermischt haben. Sie haben gemeinsam damit über dieses Thema diskutiert; wir hätten das auch gerne getan, denn so einfach ist es mit diesem Truppenaufenthaltsgesetz nicht, wie es zum Beispiel die Frau Außenministerin in ihren Ausführungen uns zu erklären versucht hat.

Wenn nämlich der Begriff "vorübergehend" nicht genau definiert werden kann – und das konnte auch der Herr Bundesminister für Inneres auf mehrmaliges Nachfragen im Ausschuss nicht tun –, stellt sich die Frage: Was heißt "vorübergehend"? Wie lange können sich denn fremde Truppen in Österreich aufhalten, bevor sie das Land wieder verlassen müssen? – Diese Frage konnte uns niemand von den Regierungsfraktionen beantworten. Daher sind wir skeptisch, und wir glauben auch, dass allein dieser Bereich, nämlich der vorübergehende Aufenthalt von fremden Truppen in Österreich, auf alle Fälle gegen das Neutralitätsgesetz verstößt. – Bevor das also nicht besser definiert und klar definiert ist, was darunter zu verstehen ist, erkennen wir darin eine klare Verletzung des Neutralitätsgesetzes! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Abänderungsantrag der Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei, der – wie ich schon erwähnte – auf Grund von Einwendungen und Bedenken unseres Abgeordneten Schieder zustande gekommen ist, behandelt ein Randthema dieser Thematik. In der Kernfrage geht es um das scheibchenweise Abmontieren der Neutralität – ein fauler Trick zur Aushöhlung der Neutralität, wie er durch diesen Gesetzesantrag heute hier mit Mehrheit auch beschlossen werden wird, und das kann keinesfalls unsere Zustimmung finden.

Wir haben anerkannt – das hat Kollege Schieder auch getan –, dass Bemühungen da waren, Verwaltungsvereinfachungen im gesamten Gesetz einzuführen, aber in der Sache selbst, sind Sie hart geblieben. Sie sind dazu bereit, mit diesem Gesetz, mit diesem Schritt auch die österreichische Neutralität scheibchenweise zu demontieren. – Und da machen wir Sozialdemokraten nicht mit! (Beifall bei der SPÖ.)

12.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Jung zu Wort gemeldet. Ich bitte darum: Beginnen Sie mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und stellen Sie dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber!

12.26

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Kollege Leikam hat gerade behauptet, ich hätte in der heutigen Debatte gesagt, die Sozialdemokraten seien zu feige, eine öffentliche Diskussion zu führen. – Dies ist unwahr!

Ich habe aus einer alten Rede aus dem Jahre 1998 – das habe ich auch ausdrücklich gesagt – über die SOFA-Debatte zitiert. Damals wurde die Debatte verweigert. Ich zitiere zum Beweis die Worte des Abgeordneten Schieder, der damals gesagt hat:

"Wenn ich davon ausgehe, daß die Bundesregierung recht hat und eine Befassung des Nationalrates nicht erforderlich war, so habe ich mir – und ich möchte das ganz offen sagen – im Lauf der Beratungen einige Male die Frage gestellt, ob nicht dennoch eine Befassung des Parlaments mit den ,PfP‘-Dokumenten gescheiter gewesen wäre. Denn Verzögerung hätte dies sicherlich keine dargestellt; man muß sich nur anschauen, wie lange nun die ersatzweisen Debatten, die beim SOFA stattgefunden haben, gedauert haben." – Zitatende.


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Dieser Vorwurf galt nicht für heute, sondern dieser Vorwurf war deutlich auf die Vergangenheit bezogen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 555 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kiss, Jung und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Pilz und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kiss, Jung und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffern 2, 4, und 6 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Kiss, Jung und Genossen einen Zusatzantrag auf Einfügung einer Ziffer 6a in Artikel I eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Pilz und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines § 3a Abs. 6 in Artikel I Ziffer 7 vorsieht.

Jene Abgeordneten, die hiefür sind, bitte ich um ein Zeichen. – Es ist das die Minderheit und damit abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Pilz und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 3a Abs. 3 in Artikel I Ziffer 7 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Kiss, Jung und Genossen haben einen Abänderungsantrag bezüglich § 3a Abs. 5 in Artikel I Ziffer 7 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Kiss, Jung und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffern 10 und 15 sowie Artikel II § 2 eingebracht.


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Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit, damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen betreffend Vollziehung des Kriegsmaterialiengesetzes und des Truppenaufenthaltsgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Regierungsvorlage (437 der Beilagen): Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen samt Erklärungen (576 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.31

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die vorliegende Charta der Regional- oder Minderheitensprachen wurde bereits im Jahre 1992 unterzeichnet und liegt nunmehr zur Ratifikation auf. Hierbei geht es um den Schutz der historisch gewachsenen Regional- und Minderheitensprachen. Die Betonung liegt auf dem Wort "Sprache", wobei Teil II die Ziele und Grundsätze normiert, nämlich den kulturellen Reichtum, die Förderung, die Erleichterung des Gebrauchs der Minderheitensprache und die Bildung. Damit sollen vor allem die Diskriminierung beseitigt und Toleranz gefördert werden.

Im Teil III werden konkrete Maßnahmen aufgezählt, nämlich mindestens 35 Absätze auf der Basis von Antidiskriminierung und Förderung in den verschiedensten Bereichen von Bildung, Justiz, Verwaltung, Medien, Kultur, Wirtschaft und vielem anderen mehr anwenden zu wollen.

Nicht zufrieden stellend gelöst ist in dieser vorliegenden Charta die Nichtgleichbehandlung des Ungarischen und Kroatischen in Wien, obwohl es sich um eine ähnliche Situation handelt. Das Europäische Büro für Sprachminderheiten sagt dazu, dass der Entwurf in mehreren Punkten minimalistisch ist, nämlich einerseits was die Medien und die Kindergärten anlangt, die nicht berücksichtigt wurden, was aber für die Entwicklung und den Fortbestand der Sprache sehr wichtig wäre – und andererseits eben, dass die Wiener burgenländischen Kroaten und das Romanes inadäquat berücksichtigt wurden.

Positiv dagegen ist die Aufnahme der steirischen Slowenen in die Charta. Das ist insofern positiv, als auf diese Art und Weise ein kleines Relikt aus der Vergangenheit beseitigt wurde. Wir haben es da ja längere Zeit so wie die Türken mit den Kurden gehalten, nämlich deren Exis


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tenz geleugnet, haben die Existenz der steirischen Slowenen nicht anerkannt, sie quasi zu "Bergsteirern" gemacht, und nun sind sie in diesem Entwurf enthalten.

Aber wie gesagt: Für die burgenländischen Kroaten in Wien ist das ein Rückschritt hinter die bereits bestehende Anerkennung als Teil der burgenländisch-kroatischen Volksgruppe. Es gibt bereits seit dem Jahre 1993 einen Vertreter der Burgenland-Kroaten im Volksgruppenbeirat beim Bundeskanzleramt und bereits seit der 1. Republik einen dementsprechenden Kulturverein. Darüber hinaus lebt ein Viertel der burgenländischen Kroaten in Wien. Auch im Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten ist darauf ausdrücklich Rücksicht genommen.

Es geht also um den Schutz der Sprache, nicht um autochthones Siedlungsgebiet oder um politische Repräsentanz; das gilt sowohl für die Burgenland-Kroaten als auch für die Roma. Daher meine ich, dass es gut wäre, wenn es gelänge, das noch mit aufzunehmen.

Der Hauptzweck dieses Staatsvertrages ist eben kultureller Natur, nämlich Minderheiten- und Regionalsprachen als europäisches Kulturgut zu schützen, und zwar einerseits mittels Diskriminierungsverbot und andererseits mittels Förderung. Daher sollten Sie vor der Ofnerschen Befürchtung betreffend neu zugewanderte Kroaten in Wien nicht allzu viel Angst haben, weil es um reinen Sprachenschutz und darum geht, dass die Situation im angestammten Bereich nicht verschlechtert werden soll.

Das heißt Folgendes: Die Ratifikation der Charta insgesamt ist positiv, sie bringt eine zusätzliche völkerrechtliche Absicherung der Minderheiten. De facto ist die vorliegende Urkunde jedoch keine Weiterentwicklung des Minderheitenschutzes, sondern eine Festschreibung des Status quo, wie das auch die Experten im Ausschuss festgestellt haben.

In den letzten Jahren wurde vieles zum Positiven der Minderheiten durchgesetzt. Ich erinnere an die Staatszielbestimmung, ich erinnere an die Anerkennung der Roma als Volksgruppe. Wie sich der Geist dieser Charta in der Praxis auswirken wird, wird man ja sehen. Einiges, so glauben wir, läuft dem aber ein bisschen zuwider und erschwert die Existenz der Minderheiten. Ich erinnere etwa nur an den Postzeitungsversand, der für Medien der Minderheiten Schwierigkeiten bringt. Ich erinnere weiters an die reduzierte und sistierte Volksgruppenförderung gegenüber dem Erfolg von 2000. Damals gab es im Budget noch 61 Millionen Schilling für Minderheiten, 2001 und 2002 sind 51,9 Millionen Schilling hiefür vorgesehen. Wenn Sie das jenem Betrag gegenüberstellen, den sich die Bundesregierung zur Förderung und zum Lob ihrer eigenen Pracht und Herrlichkeit im Zuge ihrer Kampagne genehmigt hat, nämlich 84 Millionen Schilling, sieht man die Größenordnung dieses Betrags.

Ich erinnere auch an die Volksgruppen-Radios, die Kürzungen von 10 Millionen Schilling hinnehmen mussten, was für diese große Schwierigkeiten zur Folge haben wird. Und ich erinnere an die Amtssprachen- und Topographie-Verordnung, die für das Burgenland mustergültig umgesetzt wurde. In Kärnten geht leider nichts weiter. (Abg. Mag. Schweitzer: Aber in Kärnten geht sonst viel weiter! Kindergärten! Zweisprachige Kindergärten!) In Kärnten ruht die ganze Sache; da kann der Herr Landeshauptmann den Volksgruppenvertretern noch so viel Honig ums Maul schmieren: Diese Taktik ist durchschaut, nämlich den Slowenen zu sagen: Ihr seid gut und wichtig für uns! Und auf der anderen Seite (Abg. Mag. Schweitzer: Beim Rundfunk zum Beispiel!) redet er vor dem Kärntner Heimatdienst von der "schleichenden Slowenisierung", die drohe.

Diese Doppelbödigkeit und dieses Doppelspiel sind durchschaut! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Zusammenfassend: Wir werden der Ratifikation der Charta zustimmen; sie ist insgesamt ein positives Instrument des Minderheitenschutzes. Wir möchten allerdings gerne die Charta auch auf die Burgenland-Kroaten in Wien angewendet wissen. Und daher bringen wir folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Walter Posch, Freundinnen und Freunde betreffend Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, den aus der Ratifikation der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen resultierenden völkerrechtlichen Verpflichtungen dergestalt nachzukommen, daß der derzeitige inhaltliche und räumliche Geltungsbereich des rechtlichen und faktischen Minderheitenschutzes in Österreich nicht unterschritten wird, und ferner Entwürfe für die notwendigen gesetzlichen Bestimmungen zu Umsetzungen der Charta spätestens bis Ende des Jahres 2001 dem Nationalrat vorzulegen.

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Posch, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.38

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen meines Vorredners, vor allem der Stil, in dem er sie getätigt hat, zeigen, dass mittlerweile eine sehr sachliche Atmosphäre auf dem Sektor der Volksgruppen- und Minderheitenpolitik eingezogen ist. Ich glaube, dass das kein Zufall ist, das ist eine Frucht der Entwicklung des letzten Jahres, der vergangenen Monate.

Fast muss man schmunzeln, wenn man sich im Unterschied zu dem, was passiert ist und jetzt passiert, ein sozialistisches Flugblatt anschaut, das vor 20 Jahren bei einer Volkszählung verbreitet wurde, das sich an die burgenländischen Kroaten gewendet hat. Darin heißt es unter anderem – eben an die burgenländischen Kroaten gerichtet –:

Wenn Sie die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln verhindern wollen, dann kreuzen Sie das Erhebungsblatt nur bei Deutsch an, aber nur so, wie dies unser Muster zeigt. – Zitatende.

Das heißt, damals hat man noch dazu aufgefordert, die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln zu verhindern, und zwar war das das Präsidium der Konferenz der Bürgermeister und Vize-Bürgermeister der kroatischen und gemischtsprachigen Gemeinden, für den Inhalt verantwortlich Fritz Robak – den Älteren ist er noch persönlich bekannt –, Sozialist von hohen Graden. Ich will es ihm gar nicht vorwerfen. So war damals die Stimmung. Und die Sozialdemokraten – damals haben sie noch Sozialisten geheißen – waren die Führer auf dem Weg des Anstrebens der kompletten Assimilation einer Minderheit.

Heute ist es anders. Wir haben in dem Jahr seit der Wende eine Erfolgsliste zusammenstellen können, die sich wirklich sehen lassen kann. Ich möchte nicht nur der Reihenfolge nach, sondern auch der Bedeutung nach an erster Stelle die Staatszielbestimmung nennen, die seit 1. August 2000 in Kraft ist und einstimmig hier im Hause beschlossen wurde. Es stellt diese europaweit beispielhafte Verfassungsbestimmung die Erfüllung eines zentralen Anliegens der Volksgruppen und ihrer Vertreter dar.

Seit 22. Juni vergangenen Jahres ist die Topographie-Verordnung Burgenland in Kraft. Auf der Basis dieser Topographie-Verordnung gibt es in sechs der sieben politischen Bezirke das Burgenlandes zweisprachige, deutsch und kroatisch formulierte Ortstafeln und in zwei Bezirken, in


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großen Städten in den beiden Bezirken, unter anderem auch in Oberpullendorf – Kollege Kiss ist momentan nicht da, er ist dort zu Hause –, zweisprachige Ortstafeln in Ungarisch und Deutsch.

Das heißt, das, was die Sozialisten noch vor 20 Jahren den Volksgruppenangehörigen geraten haben, unter allen Umständen zu vermeiden, hat jetzt in den letzten Monaten seit der Wende diese neue Bundesregierung in die Tat umgesetzt.

Die Amtssprachenverordnung, seit 1. Oktober vergangenen Jahres in Kraft, hat die ungarische Amtssprache auf allen Ebenen in den entsprechenden Gebieten im Burgenland sichergestellt.

In Kärnten ist sehr viel im Gange, und zwar die Ausweitung des zweisprachigen Unterrichts im Süden des Landes auf die vierte Schulstufe, Verbesserungen zu Gunsten der slowenischen Volksgruppe im Kindergartenbereich und im Musikschulwesen und die Aufstellung von 34 weiteren Ortstafeln in Erfüllung einer Verordnung aus dem Jahre 1977. Wer war denn aller seit damals Landeshauptmann? – Alle Möglichen, aber jetzt ist es Haider, jetzt haben die Freiheitlichen den entsprechenden Einfluss, und die Ortstafeln, die bereits 1977 vorgesehen worden sind, werden jetzt aufgestellt.

Weil das Radio erwähnt worden ist: Die zeitliche Ausdehnung der Sendetätigkeit der beiden Sender Radio "Korotan" und Radio "Agora" auf täglich zwölf Stunden ist im Gange, abgesichert durch die Mithilfe des ORF im Rahmen der neuen gesetzlichen Regelungen.

Das sind aber nicht nur die Beurteilungen des Harald Ofner, sondern ich zitiere niemand Geringeren als den Obmann des Rates der Kärntner Slowenen, Bernard Sadovnik, der den "konsensualen Weg" – wörtlich – lobt, der in den vergangenen Jahren in Bezug auf die slowenische Volksgruppe beschritten worden ist. Er erteilt den radikalen Kräften, "von welcher Seite sie auch kommen mögen", eine klare Absage. Er, der Obmann des Rates der Kärntner Slowenen, erinnert an die "weit fortgeschrittenen Zugeständnisse" von Seiten der Bundesregierung in Bezug auf die in Österreich lebenden Minderheiten. – All das darf man nicht ganz übersehen.

Zu einem Problem im Hinblick auf die Kroaten in Wien. Es heißt in diesem Vertrag, um dessen Ratifizierung es geht: Es geht um die "Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse und der geschichtlich gewachsenen Traditionen in den verschiedenen Regionen". Und zu den "geschichtlich gewachsenen Traditionen" der burgenland-kroatischen Sprache gehören die entsprechenden topographischen Bereiche des Burgenlandes, aber nicht die Bundeshauptstadt Wien.

In der Bundeshauptstadt Wien gibt es sehr viele Kroaten, aber es sind keine Burgenland-Kroaten. Und die Burgenland-Kroaten sind die Allerletzten, die wollen, dass Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Kroaten und ihrer Sprache auch den Zehntausenden Zuwanderern aus dem Staat Kroatien zu Gute kommen, denn da würden die Burgenland-Kroaten, die autochthonen Kroaten, zu einem Anhängsel dieser nicht eine österreichische Minderheit darstellenden Gruppe.

Das heißt also ganz klar, nach dem Wortlaut des Textes, um den es da geht: Die Kroaten und ihre Sprache sind entsprechend zu schützen und entsprechend zu bewahren und zu fördern, aber nicht in Wien, sondern den "geschichtlich gewachsenen Traditionen" entsprechend im Burgenland.

Im Übrigen ist es so, dass alles, was es an Sprachen in diesem Zusammenhang gibt, auch in der Ratifizierung seinen Niederschlag findet, nämlich Burgenland-Kroatisch in dem entsprechenden Sprachgebiet im Burgenland, Slowenisch in dem entsprechenden Sprachgebiet in Kärnten, Ungarisch in dem entsprechenden Sprachgebiet im Burgenland und in der herabgeminderten Form, weil das sonst nicht vollziehbar ist, Tschechisch im Land Wien, Slowakisch im Land Wien, Romanes im Land Burgenland, Slowenisch im Land Steiermark und Ungarisch im Land Wien, wie gesagt, auf dem niedrigeren Level, der diesbezüglich vorgesehen ist.

Es ist also relativ klar. Ich habe auch Verständnis dafür, dass sich die Volksgruppenvertreter der Kroaten bemühen, eine Ausweitung Richtung Wien zustande zu bringen, aber es würde den


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Rahmen dieser Vorlage sprengen, wenn das Haus dem entspräche. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung sicherlich ganz genau.

12.45

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Posch hat in seiner Rede behauptet, dass in Kärnten in der Volksgruppenpolitik nichts weitergehe. – Dies ist nicht richtig, vielmehr ist dies unwahr, und ich möchte als Beweis nur zwei Punkte des Ergebnisses des letzten Gespräches am Runden Tisch vom 8. Mai 2001 vorlesen, übrigens eines von allen Beteiligten unterschriebenen Dokumentes.

"Punkt 1: Der Dialog am Runden Tisch hat bisher sehr" viele "positive Ergebnisse gebracht. ...

Punkt 3: Die offenen Punkte des Paketes (Kindergartengesetz und ORF)" werden "bis Sommer 2001 einer Erledigung zugeführt ..."

Dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde unter anderen unterschrieben von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, Dr. Freunschlag, Dr. Ambrozy (Abg. Sophie Bauer: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), Landesrat Wurmitzer – und jetzt kommt es! –, Bernard Sadovnik, Rat der Kärntner Slowenen, Dr. Marjan Sturm, Zentralverband der Kärntner Slowenen, Andrej Wakounig, Obmann der Einheitsliste, Dr. Renigald Vospernik, Rat der Kärntner Slowenen, Dr. Feldner und Schretter.

Hier (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) ist die Ablichtung des Originaldokumentes mit Unterschriften. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.47

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich selbstverständlich – wie auch meine Vorredner – darüber, dass diese Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ratifiziert werden kann und der diesbezügliche Beschluss heute hier im Hohen Hause gefasst wird. Was den Inhalt anlangt, habe ich dem, was Kollege Ofner bereits gesagt hat, nicht allzu viel hinzuzufügen, möchte aber auf einen aus meiner Sicht sehr wesentlichen Aspekt hier eingehen.

Der Beschluss und die Ratifizierung einer solchen Charta sind die eine Sache – die Erfüllung dessen, was hinter dieser Charta steht, mit Leben, ist die andere. Deshalb war es auch kein Wunder, dass hier natürlich sehr unvermittelt auch aktive Volksgruppenpolitik auf Bundes- und Landesebene in der Argumentation eine Rolle spielen musste, auch wenn es sich hiebei nicht um rechtliche Veränderungen im Sinne des Minderheitenschutzes handelt, sondern ausschließlich um den Schutz von Minderheiten- und Regionalsprachen. Aber natürlich bleiben diese Bestimmungen, die in dieser Charta verankert sind, nicht ohne Einfluss auf die tatsächliche, auf die reale Volksgruppen- und Minderheitenpolitik.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn auch nur in – Gott sei Dank! – sehr emotionslos vorgetragenen Nebensätzen gibt es gerade in diesem Bereich auch Ressentiments, und diese Ressentiments, die vorhanden sind, die vorhanden waren, erschweren letztlich die Umsetzung des Geistes dieser Charta. Deshalb möchte ich gerade aus meiner Erfahrung – Kollege Ofner hat schon gesagt, dass es seit 1977 in Kärnten auch andere Landeshauptleute als den jetzt regierenden gegeben hat – darauf hinweisen, dass der Dialog, das permanente, positive Ge


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spräch in diesem Zusammenhang eine ganz wesentliche Grundlage für eine positive Weiterentwicklung der Volksgruppenpolitik auch in Kärnten für die Kärntner Slowenen darstellt.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich in Ergänzung zu dem, was Kollege Posch hier gesagt hat, der von einer Minimierung im Förderungsbereich gesprochen hat, schon darauf hinweisen, dass jener Punkt, den Kollege Ofner zu Recht hier angeführt hat, nämlich die notwendig gewordene und, wie ich meine, gelungene Veränderung des Minderheitenschulgesetzes in Kärnten, wodurch der zweisprachige Unterricht jetzt auch auf die vierte Schulstufe ausgedehnt wird, einen zusätzlichen Aufwand von immerhin 24 Millionen Schilling pro Jahr erfordert.

Meine Damen und Herren! Das ist schon etwas, wenn man es in Relation zu dem stellt, was im Rahmen der Minderheitenförderung insgesamt ausgegeben wird.

Aber wir befinden uns ja auch in einer anderen Diskussion, die aus meiner Sicht mindestens so bedeutend ist. Die Amtssprachenverordnung in Kärnten, die durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes neu zu formulieren sein wird, sollte durchaus auch Anlass sein, den Querverweis zu dieser Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zuzulassen. Ich weiß gar nicht, ob allen, die heute diese Ratifizierung mitbeschließen, bewusst ist, dass im Erläuternden Bericht zu Artikel 10, der sich mit den Regional- und Minderheitensprachen im Verkehr mit Verwaltungsbehörden und öffentlichen Versorgungsleistungen beschäftigt, sehr deutlich zum Ausdruck kommt, was damit gemeint ist.

Im Erläuternden Bericht steht ganz klar: "Zwar haben sich die sozialen und kulturellen Umstände so entwickelt, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen, die diese Sprachen sprechen, zweisprachig und in der Lage ist, eine Amtssprache zu benutzen, um mit den staatlichen Stellen zu verkehren. Jedoch ist die Erlaubnis, Regional- oder Minderheitensprachen im Umgang mit solchen Behörden zu benutzen, von grundlegender Bedeutung für den Status dieser Sprachen und für ihre Entwicklung sowie auch wesentlich aus subjektiven Gründen. Ganz offensichtlich würde eine Sprache, wenn sie im Umgang mit den Behörden überhaupt nicht mehr verwendet würde, tatsächlich als Sprache unwirksam gemacht, denn eine Sprache ist ein Mittel der öffentlichen Kommunikation und kann nicht auf den Bereich der privaten Beziehungen allein beschränkt werden. Außerdem wird eine Sprache, wenn sie keinen Zugang zu den Bereichen Politik, Recht und Verwaltung erhält, auf diesem Gebiet allmählich ihr gesamtes terminologisches Potential verlieren und eine ,behinderte‘ Sprache werden, die nicht imstande ist, jeden Aspekt des Lebens in der Gemeinschaft auszudrücken." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger, als dass es aktiver Bemühungen bedarf, den Geist dieser Charta auch tatsächlich in die geltende Rechtsordnung einfließen zu lassen. Und jener Konsens in all diesen Angelegenheiten, von dem Kollege Ofner zu Recht gesprochen hat, wird notwendig sein, vor allem auch der Konsens zwischen den betroffenen Bundesländern und den gesetzgebenden Körperschaften auf Bundesebene, um hier zu Regelungen, gerade auch im Amtssprachenbereich, zu kommen, die einerseits zu keiner Überforderung in einzelnen Teilen unseres Staates führen, andererseits aber auch tatsächlich den Geist dieser Sprachen-Charta zum Ausdruck bringen.

Deshalb möchte ich von dieser Stelle aus heute auch einen kleinen Appell richten. Im Zusammenhang mit der Volkszählung hat die Aufforderung einiger Organisationen, ausschließlich Deutsch als Umgangssprache anzugeben, nicht unbedingt dazu beigetragen, dass dieses konsensuale Klima auch in Zukunft aufrecht erhalten werden kann.

Ich meine, dass auch manche Äußerungen von Politikern in diesem Zusammenhang diesem Konsens nicht unbedingt dienlich waren, und glaube, dass es selbstverständlich sein sollte, dass wir, die wir uns der Verfassung verpflichtet fühlen, auch Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes ernst nehmen und diesbezüglich tätig werden, so wie es selbstverständlich auch im Rahmen des Minderheitenschulgesetzes in Kärnten erfolgt ist.

Ich wünsche mir, dass man hier auch jenen Weg einschlagen möge, wie er im Bereich des Minderheitenschulgesetzes gegangen worden ist, wo man wirklich gemeinsam, nämlich alle drei im


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Kärntner Landtag vertretenen Parteien mit der slowenischen Minderheit in Kärnten, letztlich eine Lösung zustande gebracht hat, die bereits den Ministerrat passiert hat.

In diesem Sinne freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir von der Österreichischen Volkspartei dieser Charta natürlich gerne unsere Zustimmung geben werden, aber ich wünsche mir gleichzeitig, dass daraus auch so etwas wie ein neuer Geist der Umsetzung entsteht, ein Geist, der davon getragen ist, dass es letztlich eine Bereicherung für Österreich bedeutet, wenn es Minderheitensprachen gibt, und zwar Bereicherung nicht nur im kulturellen Bereich, sondern durchaus auch in sehr pragmatisch-wirtschaftlichen Zusammenhängen, wenn man nur davon ausgeht, dass, ich glaube, in fast der Mehrzahl der Beitrittsländer, die zur Zeit zur Debatte stehen, slawische Sprachen gesprochen werden, denn damit wird eines entscheidend erleichtert, nämlich das Gespräch auch über Grenzen hinweg zu führen.

In diesem Sinne werden wir diesem Bericht unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.56

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Herzlichen Dank, Herr Alt-Landeshauptmann Zernatto, für Ihr Ersuchen, dass volksgruppenpolitische Fragen in Zukunft konsensual gelöst werden sollten. Sie stützen Ihre Bitte sicherlich auch auf Erfahrungen aus der Vergangenheit, aus Ihrer Zeit als Landeshauptmann in Kärnten, und ich werte Ihre Bitte oder Ihr Ersuchen vor allem auch im Hinblick darauf, dass Sie sicherlich mit einem schmerzlichen Gedanken an Ihre Zeit als Landeshauptmann in Kärnten zurückblicken, wenn Sie sich anschauen, was heute in Kärnten los ist.

Heute wird Kärnten von einem Landeshauptmann regiert (Abg. Dr. Martin Graf: Hervorragend regiert!), der im Zuge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes zum Minderheitenschutz davon gesprochen hat, dass, wenn sich der Verfassungsgerichtshof weiter erlaubt, im Sinne der Bundesverfassung einfachgesetzliche Regelungen aufzuheben oder sie zu kritisieren, halt die Verfassung geändert wird. – Das ist der Geist, Herr Alt-Landeshauptmann Zernatto, mit dem die Opposition, aber auch die Regierungsparteien hier in Wien heute konfrontiert sind. Hier geht es um Artikel 7, Staatsvertrag von Wien 1955, einem Verfassungsbestandteil, den wohl niemand hier in diesem Hause in Abrede stellt – außer der Landeshauptmann von Kärnten.

Wenn er von "schleichender Slowenisierung" im Zuge von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes spricht, dann, Herr Alt-Landeshauptmann Zernatto, fällt es mir schwer, an den konsensualen Geist für die Zukunft zu glauben, sosehr ich ihn mir in Minderheitenfragen wünsche. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Minderheitenfragen sind davon gekennzeichnet, dass jede Minderheit vom politischen Wohlwollen der Mehrheit abhängig ist, denn das ist das Wesen von Minderheits- und Mehrheitsverhältnissen. Und darum ist die Verantwortung der Mehrheit im numerischen Sinn, aber auch im politischen Sinn so wesentlich, und darum sind die Existenz, das Überleben, die Pflege der Kultur, die Pflege der Sprache, die Weiterentwicklung von Regional- oder Minderheitensprachen fast ausschließlich in der Verantwortung der Mehrheit gelegen. Minderheiten haben logischerweise nicht Interesse daran, unterzugehen, ihre Sprachen sterben zu lassen. Sie tun alles, was sie können! Glauben Sie mir! Da habe ich nicht nur eigene Erfahrungen als Angehörige einer Minderheit, sondern ich kenne die Minderheitenszene-Problematik und die -Organisationen in Österreich sehr gut.

Da kann ich nur mit den Worten unserer Außenministerin sprechen, die anlässlich des Kulturabkommens zwischen Slowenien und Österreich in Ljubljana gesagt hat – ich zitiere jetzt aus der APA –, "dass der Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages ,natürlich nach wie vor volle Gültigkeit hat‘".


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der einen Seite heißt es zwar, dass der Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages nach wie vor volle Gültigkeit hat; was auf der anderen Seite aber die einfachgesetzlichen Durchführungsbestimmungen des Staatsvertrags von Wien anbelangt, die beispielsweise vorsehen würden, dass seit dem Jahre 1977 in Kärnten 96 zweisprachige Ortstafeln zu stehen hätten, so müssen wir feststellen, dass davon 34 fehlen. – Ja bitte, jetzt weiß ich nicht, an welchen Geist, an welchen Konsens da appelliert wird, wenn in Kärnten täglicher Verfassungsbruch stattfindet, wenn selbst jene laut Verordnung des Bundeskanzlers aufzustellenden Ortstafeln dort nirgends stehen – und das ist eine Verordnung, die völlig gültig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das war nur die Einleitung. Nun zur Charta: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Jänner 1995 hat der Nationalrat einen einstimmigen Beschluss – damals waren fünf Parteien im Nationalrat vertreten – gefasst, der die Bundesregierung aufgefordert hat, doch endlich einen Ratifizierungsvorschlag, eine Regierungsvorlage zur Ratifizierung der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vorzulegen, denn bereits 1992 hat Österreich diese Charta unterzeichnet. Seither sind neun Jahre vergangen, während der Österreich geprüft und studiert hat, was von dieser Charta – die man damals schon unterzeichnet hat – für uns wohl Gültigkeit habe. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich nur einen kurzen Augenblick dafür verwenden, um Ihnen zu sagen, was das ganze "Werkel" überhaupt für uns, sprich für unsere Minderheiten und Minderheitensprachen, bringt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat sich bei der Unterzeichnung dieses Vertrages so verhalten wie auch im Zusammenhang mit vielen anderen internationalen Verträgen, nur: Hier ist es besonders bedauerlich, denn diese Chance auf Weiterentwicklung eines Rechtsgebietes beziehungsweise eines politischen Bereiches, der sich zwar manchmal als Konflikt darstellt – der für die Volksgruppen aber einen existentiellen Konflikt bedeutet! –, ist völlig ungenutzt geblieben. Insgesamt 70 Punkte werden in der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen den jeweiligen Unterzeichnerstaaten vorgelegt, damit diese davon selbst jene auswählen mögen, in Bezug auf die sie sich binden und zu deren Umsetzung in ihrem jeweiligen Land sie sich verpflichten wollen, wobei nur jemand, der mindestens 35 davon auswählt, sozusagen im Boot der Verpflichtung sitzt.

Wissen Sie, wie viele Punkte Österreich ausgewählt hat? – Exakt 35, also genau das Minimum, das erforderlich war, damit wir diese Charta überhaupt ratifizieren können – ganz im Gegensatz zu anderen Staaten in Europa, in denen es auch Minderheiten und Volksgruppen gibt, wie beispielsweise Finnland, das für die Sami 59 von 70 Punkten und für die schwedische Sprachminderheit 65 von 70 Punkten ausgewählt hat. Ich spreche hier nicht von Ländern, die ganz unterschiedlicher Größenordnung wären, denn Finnland ist durchaus mit Österreich vergleichbar, und dies auch, was sein Sozialsystem und sein Rechtssystem betrifft.

Auch die Schweiz hat sich nicht mit nur 35 Punkten, was die Minimalvariante wäre, für die Rätoromanen verpflichtet, sondern mit 49 Punkten. Ungarn – ein Land, in Bezug auf das manche von uns manchmal noch Zweifel haben, ob die Demokratie dort denn auch wirklich so hoch entwickelt wäre wie in Österreich; diese Vorbehalte gibt es ja noch, vor allem von der rechten Seite – hat bei der Ratifizierung auch 47 von den 70 Punkten gewählt. Aber Österreich beschränkt sich auf 35, und für diese 35 hat man auch neun Jahre lang gebraucht.

Ich verhehle aber nicht, meine Damen und Herren, dass ich mich vor allem auch als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates freue, dass die Ratifizierung endlich passiert, denn sie verschlechtert nicht – aber sie verbessert freilich auch nicht.

Aber jetzt zum Punkt "Verschlechtern". Um Ihnen nur ein Beispiel dieses von "Konsens" geprägten Klimas und dieses unglaublichen "Fortschritts" in minderheiten- und volksgruppenpolitischen Fragen, den es nach der Darstellung von Herrn Dr. Ofner seit der Wende, wie er es ausgedrückt hat, geben soll, zu dokumentieren: Nun ja, die Staatszielbestimmung haben wir gemeinsam beschlossen. Das ist eine grüne Initiative aus dem Jahr 1995. Wir haben zugestimmt, und ich


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freue mich darüber. Ich freue mich darüber, dass selbst der österreichische Nationalrat in dieser Frage einsichtig war. Schade für die alte Regierung, dass sie sich nicht dazu durchringen konnte, aber es ist jetzt passiert.

Aber die nächste Möglichkeit, dem Geist der Staatszielbestimmung und dem Minderheitenschutz zu entsprechen, nämlich durch die Ratifizierung der Sprachencharta, wird schon einmal ausgelassen, oder wieder einmal ausgelassen, denn – und jetzt komme ich zum Hauptkritikpunkt meinerseits, den ich auch in einem Abänderungsantrag, der dem Präsidenten vorliegt und der verteilt wird, zum Ausdruck bringe – hier wird bewusst, absichtlich – anders kann ich es mir nicht erklären – eine volksgruppenpolitische Linie geändert, die bisher Gültigkeit hatte, nämlich jene, wonach es eine Tatsache ist, dass die Roma in Wien Teil der Volksgruppe der Roma sind und ihrer Sprache demzufolge auch ein entsprechender Status zukommt.

Seit es den Volksgruppenbeirat für die Roma gibt, ist Rudolf Sarközi, der Vorsitzende des "Kulturvereins österreichischer Roma" in Wien, Vorsitzender dieses Beirates, aber die Sprache der Roma in Wien hat keinen Einfluss auf die positiven Punkte, die Grundlage der Ratifizierung der Charta sind.

Der Schutz der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen erstreckt sich nicht auf die Sprache der Roma in Wien, und ebenso erstreckt sich dieser Schutz nicht auf die Sprache der Burgenlandkroaten in Wien, obwohl es seit der Konstituierung des Beirates für die Volksgruppe der Kroaten vollkommen selbstverständlich ist, dass es zwei Volksgruppenorganisationen gibt, die in diesem Beirat sitzen – sie wurden inzwischen auch schon wiederberufen – und den Bundeskanzler und den Herrn Staatssekretär in volksgruppenpolitischen Angelegenheiten beraten, nämlich der Kroatische Kulturverein in Wien, der im Jahre 1934 sozusagen formell gegründet wurde – die Statuten stammen von 1934, die erste Tätigkeit gab es bereits in den zwanziger Jahren –, und auch der Kroatische Akademikerklub, der auf etwa die gleiche Zeit zurückgeht.

Hier wurde absichtlich – denn darauf haben die Organisationen schon längst vor der Ausarbeitung der Regierungsvorlage hingewiesen – nicht in Betracht gezogen, die Sprachen der Burgenlandkroaten in Wien und der Roma in Wien unter den Schutz dieser Charta zu stellen. Das kann ich nur, wenn ich es ganz sanft formuliere, als einen unfreundlichen Akt sehen. Aber so sanft bin ich nicht, meine Damen und Herren, und die Beratungen im Ausschuss sowie Pressekonferenzen von Seiten der Freiheitlichen Partei haben ja auch gezeigt, dass es wieder dieser Reflex, den wir so oft beobachten müssen (Zwischenruf des Abg. Ellmauer ), diese Xenophobie, diese Angst vor Zuwanderern ist, die offenkundig die Autoren dazu verleitet hat, zu sagen – und das ist ja auch offen ausgesprochen worden –: Wir wollen keine Vermischung zwischen den Kroaten, die zugewandert sind, und den Burgenlandkroaten, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nun, die Burgenlandkroaten – das hat sogar Dr. Ofner gesagt – wollen das auch nicht, aber die Burgenlandkroaten wollen sich nicht durch die Ratifizierung der Charta ihr Existenzrecht in Wien nehmen lassen! Die Gefahr, dass das so interpretiert wird, ist gegeben. Darum bringen wir unseren Abänderungsantrag ein, und darum gibt es auch den Entschließungsantrag der SPÖ und der Grünen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dass die Regierung in diesen Fragen nur von den Motiven der Angst oder des Vorurteils oder was auch immer geleitet wird, zeigt auch die Tatsache, dass alle drei Experten, die im Ausschuss geladen waren – um überhaupt dem Ausschuss zu erklären, worum es da geht, warum es wichtig ist, und was das Ziel sein soll –, einhellig den Ausschuss und damit die Mitglieder des Nationalrates gebeten haben, diesen Mangel zu beseitigen. Dieser beeinträchtigt zwar nicht die Ratifikation, aber er macht diese gesetzgeberische Maßnahme wieder in gewisser Hinsicht stümperhaft.

Mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, betrifft das auch als Person, als Individuum und als Bürgerin, als eine Burgenlandkroatin, die in Wien lebt, die Burgenlandkroatisch spricht und die das Recht auf ihre Muttersprache, auf ihre kulturelle Identität, auch als Wochenpendlerin gewahrt wissen will. Die Zeiten haben sich eben geändert, meine sehr geehrten Damen und


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Herren. Die Zeit, in der jemand in Stinatz/Stinjaki, Veliki Borištof/Großwarasdorf auf die Welt gekommen ist, in die Schule gegangen ist, dort gelebt hat und dort begraben wurde, ist vorbei. Die Menschen sind mobil, aber wir wollen uns durch die Mobilität und durch die modernen Zeiten nicht Rechte einschränken lassen. Darum geht es. Es ist nicht eine Frage von Vermischung, es ist nicht eine Frage von zusätzlichen Rechten – diese Charta gibt nicht einmal einen Millimeter zusätzliches Recht –, sondern diese Charta soll ein Bekenntnis zur historisch gewachsenen kulturellen Vielfalt darstellen, wie sie in der österreichischen Bundesverfassung seit letztem Jahr verankert ist.

Es tut mir aufrichtig Leid um die vertane Chance, und deshalb bitte ich Sie: Überdenken Sie es noch! Wir könnten noch in Form einer Entschließung zum Ausdruck bringen, dass nicht gemeint ist, Rechte, die es bereits gibt, in Abrede zu stellen. Ich glaube auch nicht, dass das die Intention des so auf ehrlichen Konsens gerichteten Bemühens des Alt-Landeshauptmannes Dr. Zernatto ist und auch nicht jene der anderen Abgeordneten, die hier – einige von ihnen seit vielen Jahren – aktiv sind, in Beiräten sitzen, sich für die Rechte der Volksgruppen stark machen.

Lassen Sie sich diese Chance bitte nicht nehmen, und tun Sie das jetzt für die Zukunft der Kinder – in dem Fall der Roma in Wien und der Burgenlandkroaten in Wien. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

13.10

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist mir ein ganz besonderes Anliegen, dass Österreich nunmehr die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ratifizieren wird. Ich meine, dass diese Charta ein wichtiges völkerrechtliches Instrument zum Schutz und zur Erhaltung der Sprachen der sechs in Österreich beheimateten Volksgruppen darstellt, und, Frau Abgeordnete Stoisits, hierin – in der völkerrechtlichen Absicherung dieser Minderheitensprachen – liegt die Verbesserung, von der Sie gesprochen haben.

Die Bundesregierung hat damit – Herr Dr. Ofner hat es schon erwähnt – nach der Beschlussfassung über die Staatszielbestimmung, nach der Topographieverordnung für das Burgenland und der Amtssprachenverordnung Ungarisch einen weiteren Meilenstein, wie ich meine, eine eindeutige Markierung zugunsten der österreichischen Volksgruppen gesetzt.

Durch die Ratifikation der Charta soll eine Reihe von innerstaatlich gewährleisteten Rechten nunmehr auch völkerrechtlich abgesichert werden. Die Bundesregierung wird damit ein weiteres im Memorandum der österreichischen Volksgruppen festgehaltenes Anliegen der Volksgruppen erfüllen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aus europäischem Blickwinkel weise ich darauf hin, dass die Sprachen-Charta zwar seit 1992 zur Unterzeichnung auflag, dass sie aber erst am 1. März 1998 – nach der Ratifikation durch fünf Staaten – völkerrechtlich in Kraft getreten ist. Nachdem vor einigen Wochen auch Großbritannien und Spanien die Charta ratifiziert haben, haben nunmehr 13 von insgesamt 43 Mitgliedstaaten des Europarates die Sprachen-Charta ratifiziert.

Die Ratifizierung der Charta durch Österreich unterstreicht das Bemühen Österreichs, im Bereich des Minderheitenschutzes eine Vorbildfunktion im europäischen Konzert einzunehmen, Standards bei den Minderheitensprachen zu setzen.

Österreich wird anlässlich der Ratifikation der Sprachen-Charta die Sprachen der sechs autochthonen Volksgruppen unter den Schutz des Teiles II der Charta stellen. Dieser Teil enthält allgemeine Ziele und Grundsätze zugunsten der Sprachen und ist unabhängig von den jeweiligen autochthonen Siedlungsgebieten anwendbar.


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Österreich wird zudem das Burgenlandkroatische im burgenlandkroatischen Sprachgebiet im Burgenland, das Slowenische im slowenischsprachigen Sprachgebiet in Kärnten und das Ungarische im ungarischen Sprachgebiet im Burgenland als Sprachen bezeichnen, auf die Teil III der Charta anwendbar sein soll. Damit wird Österreich für jede dieser drei Sprachen in den jeweiligen autochthonen Siedlungsgebieten mindestens 35 konkrete Verpflichtungen zum Schutz und zur Förderung dieser Sprachen eingehen.

Darüber hinaus wird Österreich in freiwilliger Selbstbindung Sprachen in anderen autochthonen Siedlungsgebieten nennen, für die einzelne Verpflichtungen aus Teil III übernommen werden, nämlich für das Tschechische, Slowakische und Ungarische in Wien, für das Slowenische in der Steiermark und für das Romanes im Burgenland.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch auf die vorgebrachte Kritik eingehen, die Bundesregierung hätte auch Burgenlandkroatisch im Lande Wien in der soeben erwähnten freiwilligen Selbstbindung anführen müssen. – Dazu ist zunächst zu sagen, dass die Erklärung vom autochthonen Siedlungsgebiet der betroffenen Volksgruppen ausgeht. Es gibt aber meines Wissens keine Argumente, die rechtlich begründen würden, warum auch Wien autochthones Siedlungsgebiet der burgenlandkroatischen Volksgruppe in Österreich wäre. Auch wenn es unbestritten ist, dass die Burgenlandkroaten in Wien in einigen Vereinen – die im Übrigen natürlich auch von der Volksgruppenförderung gefördert werden – organisiert sind, handelt es sich bei den in Wien ansässigen Burgenlandkroaten zum größten Teil um Angehörige der im Burgenland beheimateten Volksgruppe, die etwa aus beruflichen Gründen bestimmte Lebensabschnitte außerhalb des Burgenlandes verbringen. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass auch Wien autochthones Siedlungsgebiet der Burgenlandkroaten wäre.

Das heißt aber nicht, dass das Burgenlandkroatische als Sprache in Wien überhaupt nicht vom Schutz der Charta betroffen wäre. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass das Burgenlandkroatische nach Teil II der Charta nicht nur im autochthonen Siedlungsgebiet im Burgenland, sondern überall in Österreich – und somit auch in Wien – geschützt ist.

Zum Schluss eine Bemerkung zum Begriff "Burgenlandkroatisch", dazu, warum in der Sprachen-Charta anstelle von "Kroatisch" "Burgenlandkroatisch" gebraucht wird: Das Burgenlandkroatische ist als Schriftsprache normiert, und auch die Lehrpläne nach Minderheitenschutzgesetz für das Burgenland verwenden den Terminus "Burgenlandkroatisch". Was in meinen Augen aber noch wichtiger ist: Die Festlegung auf den Begriff des "Burgenlandkroatischen" entspricht einem einhelligen Wunsch des Volksgruppenbeirates.

Die Ratifizierung der Sprachen-Charta ist, wie ich meine, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem gemeinsamen europäischen Standard der Rechte der Volksgruppen und ihrer Sprachen, und ich ersuche daher dieses Hohe Haus um seine Zustimmung. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich noch bekannt, dass der bereits verteilte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und FreundInnen ausreichend unterstützt ist, in einem sachlichen Zusammenhang zum Tagesordnungspunkt steht und damit auch mit zur Verhandlung sowie zur Abstimmung stehen wird.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Walter Posch, Freundinnen und Freunde betreffend die Regierungsvorlage (437 der Beilagen): Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen samt Erklärungen idF des Ausschussberichtes (576 der Beilagen)


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage: Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen samt Erklärungen (437 der Beilagen, in der Fassung des Ausschussberichtes 576 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Die Erklärungen der Republik Österreich betreffend die Anwendung des Teils II der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen auf die Minderheitensprachen Burgenlandkroatisch, Tschechisch, Slowakisch, Slowenisch, Ungarisch und Romanes der österreichischen Volksgruppe der Roma werden wie folgt ergänzt:

Nach dem Satz "Das österreichische Recht und die bestehende Verwaltungspraxis erfüllen damit gleichzeitig einzelne Bestimmungen aus Teil III der Charta" werden folgende Absätze mit der jeweiligen Überschrift angefügt:

für Romanes im Land Wien:

Art. 8 Abs. 1f iii.

Art. 11 Abs. 1b ii; d; f ii.

Art. 12 Abs. 1a; d; Abs. 3.

Art. 13 Abs. 1 lit. d.

Art. 14b.

für Burgenlandkroatisch im Land Wien:

Art. 8 Abs. 1a iv; e iii; f iii.

Art. 11 Abs. 1d; e i; f ii.

Art. 12 Abs. 1a; d; Abs. 2; Abs. 3.

Art. 13 Abs. 1 lit. d

Art. 14b.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

13.17

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Ofner, einer meiner Vorredner, ist auf die Haltung des damaligen Abgeordnetenkollegen Robak eingegangen, und ich möchte Kollegem Ofner von dieser Stelle aus sagen: Wir wissen, dass das Umdenken in diesem Zusammenhang ein langjähriger, mehrjähriger Prozess ist und auch weiterhin bleiben wird, und ich glaube, dass auch die Freiheitlichen nach gut 20 Jahren nicht mehr mit der Zunge ihres damaligen Obmannes Steger sprechen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.  – Abg. Mag. Schweitzer: Mit Sicherheit nicht!)

Es verändert sich also sowohl bei euch als auch bei uns so einiges, meine Damen und Herren.

Da die Staatszielbestimmung bereits mehrmals angesprochen wurde und der Sieg bekanntlich viele Väter hat, darf ich daran erinnern, dass die Staatszielbestimmung ein sehr alter Parteitagsbeschluss meiner Fraktion ist. Die Initiative dazu ist damals von der ARGE Volksgruppen ausgegangen, und wir sind dieser Forderung nachgekommen. Sie lag dann Jahre hindurch im Parla


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ment; leider ist es uns nicht gelungen, unseren langjährigen Koalitionspartner, die ÖVP, von der Richtigkeit dieser Maßnahme zu überzeugen. Wir freuen uns nichtsdestoweniger, dass die Staatszielbestimmung – eine sehr wesentliche Bestimmung – endlich Wirklichkeit geworden ist.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, möchte ich etwas Revue passieren lassen, nämlich die letzte Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte, die ich – zumindest in ihrem ersten Teil – als wirklich sehr informativ empfunden haben. An ihrem Beginn stand ein Bericht von Innenminister Dr. Strasser über die Entwicklung der Arbeit des Menschenrechtsbeirates. Es war dies ein sehr guter Beitrag von ihm, und es hat auch sehr viele Fragen dazu gegeben. – Ich darf auch daran erinnern, dass der Menschenrechtsbeirat noch unter seinem Vorgänger, Innenminister Karl Schlögl, installiert wurde. – Nichtsdestotrotz, es war wirklich erfreulich: a) die Zahl der Fragen und b) wie offen und kooperativ diese Fragen von Innenminister Strasser und seinen Spitzenbeamten beantwortet wurden.

Weniger erfreulich, meine Damen und Herren, ist dann – für mich zumindest – die Diskussion zum Thema der Charta, die jetzt vorliegt und die wir ratifizieren werden, verlaufen. Besonders der Ausschussfeststellung, die von uns, also von Grün und Rot, eingebracht wurde, konnten die Regierungsparteien nichts abgewinnen. Aus Zeitmangel kann ich auf Details dieser Ausschussfeststellung nicht eingehen, ich möchte nur festhalten, dass die Diskussion dazu überwiegend Geschäftsordnungsfragen betroffen hat, also inhaltlich nahezu überhaupt nichts eingebracht wurde, und dass diese Ausschussfeststellung letztlich mit den Stimmen der Regierungsmehrheit abgelehnt wurde. Bereichssprecher Kollege Posch hat bereits erklärt: Wir werden aber trotzdem der Ratifizierung dieser auch für uns sehr wichtigen Charta zustimmen.

Abschließend, meine Damen und Herren, da auch das Klima im Menschenrechtsausschuss, das sich in der letzten Zeit immer mehr versachlicht hat, wieder angesprochen wurde, einige Worte dazu: Ich möchte zunächst einmal festhalten, dass sehr, sehr viele Initiativen von den beiden Oppositionsparteien, von Rot und Grün, eingebracht werden und dass wir natürlich für Gespräche darüber sehr offen und zu vielen Lösungen bereit sind.

Ich möchte aber schon daran erinnern, meine Damen und Herren, dass es noch viele unerledigte Anträge gibt, die ebenfalls in der letzten Ausschusssitzung angesprochen worden sind. Ich meine, es ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, weder für das Parlament noch für den Menschenrechtsausschuss, wenn wir uns zu den vielen Menschenrechtsverletzungen, die tagtäglich quasi vor unserer Haustür passieren, verschweigen. Ich darf Sie also auffordern, auch dazu in nächster Zeit klar und gemeinsam mit uns Stellung zu beziehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Martin Graf. – Bitte.

13.22

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bin sehr froh darüber, dass Kollege Oberhaidinger das Klima im Menschenrechtsausschuss angesprochen hat, und ich möchte auch zwei oder drei Dinge in diesem Zusammenhang sagen.

Zunächst möchte ich in Erinnerung rufen, wie es eigentlich zu diesem Menschenrechtsausschuss, der eine gute und sinnvolle Einrichtung darstellt, gekommen ist. Eine solche Institution wurde von den Oppositionsparteien permanent eingefordert, und zwar zu einer Zeit als noch die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP die Regierung stellte. Über Jahre hinweg haben sie die Einrichtung des Menschenrechtsausschusses blockiert! Wir sind sehr froh, dass es letztlich durch den Regierungseintritt der Freiheitlichen ermöglicht wurde, dass es zur Einsetzung dieses parlamentarischen Instruments gekommen ist. Jetzt gibt es diesen Ausschuss und wir sind froh über seine Einrichtung.

An der Handhabung dieses Ausschusses allerdings befremdet mich doch einiges. Natürlich sind wir alle Politiker und verfolgen gewisse Ziele, aber die Handhabung des Ausschusses durch


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einige, insbesondere auch durch die Ausschussvorsitzende, die Art, wie dort die Diskussion geführt wird und die Themen angesprochen werden, lassen in mir den Eindruck entstehen – und ich habe das sowohl an den Anfragen festgemacht als auch in den Diskussionen im Ausschuss permanent erlebt –, dass die Frau Vorsitzende diesem Instrument keinen guten Dienst erweist. Sie leistet nämlich einer Verspektakelung dieses Ausschusses nicht nur Vorschub, sondern initiiert sie in Wirklichkeit.

Es gibt kaum einen Ausschuss in diesem Hohen Haus, der so oft getagt hat, und auch dazu ist letztlich ein Konsens notwendig. Im vergangenen Jahr hat er monatlich getagt, und das ist auch gut und richtig so, aber das heißt noch lange nicht, dass man jeder oppositionellen Vorgabe bedingungslos folgen muss. Es blieb der Frau Vorsitzenden vorbehalten, zu jedem Termin den ORF einzuladen und in jeder Sitzung unnötige Unterbrechungen zu provozieren, um den Medien während der Beratungen Interviews geben zu können. Ich halte das für eine Verspektakelung dieses Ausschusses, die nicht zu rechtfertigen ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist unglaublich!) Ich sage Ihnen das an dieser Stelle auch einmal ganz deutlich, weil das der Sache überhaupt nicht dienlich ist.

Ich komme auf den Gedanken, dass Sie bewusst ein Spektakel daraus machen, weil ich Sie als intelligente Frau und als der Geschäftsordnung durchaus kundige langjährige Abgeordnete schätze, die es nicht notwendig hätte, sich, so wie in der letzten Ausschusssitzung dreimal geschehen, Rechtsberatung zu holen, wie sie die Ausschuss- beziehungsweise die Geschäftsordnung auszulegen hat. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wenn einem das so oft passiert: Man legt es willkürlich darauf an – und das liegt, behaupte ich einmal, bei Ihnen vor – oder man ist einfach überhaupt nicht fähig, den Ausschuss als Vorsitzende zu führen. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich glaube das Zweitere!)  – Das Zweitere glaube ich nicht oder will ich nicht glauben (Abg. Mag. Schweitzer: Ich schon!), sondern eher das Erstere.

Sie betonen permanent, dass die Freiheitlichen den Weg des Konsenses verlassen würden, dabei liegt das offensichtlich ausschließlich an Ihnen, weil Sie nicht wirklich den Konsens, sondern absichtlich den Dissens suchen. Und das schlägt sich auch in all Ihren Anträgen nieder. Wenn Sie permanent den Eindruck erwecken wollen, dass alle Volksgruppenvertreter diese Regierung in dieser menschenrechtlichen Angelegenheit kritisieren, dann schlägt sich das insofern nieder, als bei Ihnen in jedem Antrag das Wort "Kritik" an der Regierungsvorlage vorkommt. An dieser Regierungsvorlage gab es diese Art von Kritik jedoch nicht, sondern die Experten haben einhellig festgestellt, dass diese Regierungsvorlage gut sei, sie hätten sich nur Ergänzungen gewünscht. Das ist aber keine Kritik an der Regierungsvorlage per se; Sie stellen es aber so wie eine Kritik dar, weil Sie daraus politisches Kleingeld schlagen wollen.

Anlässlich der Ratifizierung dieser Regierungsvorlage wird ein Spektakel betrieben, obwohl sie seit neun Jahren überfällig ist, zumindest seit sechs Jahren überreif ist. Diese Regierung hat sie nunmehr umgesetzt. Sie kritisieren das natürlich auch in dem Punkt so, also ob dies die Freiheitliche Partei allein oder gemeinsam mit der ÖVP neun Jahre lang verschleppt hätte.

Die Staatszielbestimmung wird umgesetzt. – Richtig! Das war eine Initiative, die aus diesem Hohen Haus, genauer von der Opposition gekommen ist. (Abg. Mag. Stoisits: Von den Grünen!) Aber wer hat das umgesetzt? – Es ist nicht immer ein Grüner, es war schon ein Liberaler, der das in der letzten Legislaturperiode eingebracht hat, wenn ich Sie daran erinnern darf! – Aber: Es ist nunmehr umgesetzt worden!

Zeigen Sie mir eine Regierung in der Vergangenheit, die oppositionellen Anliegen so prompt nachgekommen ist! Diese Regierung tut es, wenn es ein richtiges und gutes Anliegen ist. Wenn Sie tatsächlich am Konsens interessiert gewesen wären oder interessiert sind, dann könnten Sie dies auch einmal positiv hervorheben und nicht immer nur negative, pessimistische Stimmung verbreiten, um vielleicht im In- oder im Ausland einen Eindruck von Dissens zu erwecken, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt, den es zwischen den Volksgruppen und den Regierungsparteien nicht gibt. (Abg. Kiss: Genau!)


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Das hat auch der "Runde Tisch" vom gestrigen Tag in Kärnten, der unter Federführung des Landeshauptmannes Haider abgehalten wurde, eindeutig belegt: Alle Volksgruppenvertreter sehen den Dialog am Runden Tisch mit Landeshauptmann Haider und den anderen Regierungsparteien in Kärnten sehr positiv. Dort hat man sich darauf geeinigt, dass dieser Dialogprozess permanent weiterentwickelt wird, und alle Volksgruppenvertreter haben das Ergebnis als äußerst zufrieden stellend bewertet, insbesondere die Federführung durch den Landeshauptmann von Kärnten.

Wenn Sie darin einen Dissens sehen, dann ist das Ihre Art der Interpretation, es entspricht aber nicht den Tatsachen, sondern ist wieder nur Ihre billige parteipolitische Polemik, die Sie auch im Ausschuss permanent an den Tag legen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet.

Frau Abgeordnete, ich verweise auf die diesbezüglichen Bestimmungen der Geschäftsordnung! – Bitte.

13.29

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Danke, Herr Präsident. – Selbst Herr Dr. Graf hat gemeint, dass ich die Geschäftsordnung auf Grund langjähriger Mitgliedschaft im Nationalrat schon kenne. (Die Abgeordneten Mag. Schweitzer und Neudeck: Kennen müsste! )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Graf hat folgende tatsachenwidrige Behauptung aufgestellt: Er hat gemeint, durch den Regierungseintritt der Freiheitlichen sei die Einrichtung dieses Menschenrechtsausschusses ermöglicht worden.

Ich berichtige tatsächlich: Die Einrichtung des Menschenrechtsausschusses wurde durch einen einstimmigen Beschluss der Präsidiale im Dezember 1999 ermöglicht. Die Freiheitlichen sind am 4. Feber 2000 in diese Regierung eingetreten worden. (Abg. Dr. Martin Graf: Ja, ja – "eingetreten worden"!) – Eingetreten. – Das ist die erste Berichtigung.

Zweite Berichtigung: Herr Abgeordneter Dr. Graf hat gemeint, der Menschenrechtsausschuss tage im monatlichen Rhythmus. (Abg. Dr. Martin Graf: Im vorigen Jahr!) Der Menschenrechtsausschuss hat sich im Dezember 1999 konstituiert, seither sind 18  Monate vergangen. Der Menschenrechtsausschuss hat bisher sieben Sitzungen abgehalten. – So viel zu den arithmetischen Fähigkeiten von Herrn Dr. Graf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger: Das war keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Dr. Martin Graf: Das war ein polemischer Beitrag! – Zwischenruf bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie wollen ja nicht, dass er im Juli und im August tagt! Da fahren Sie ja auf Urlaub! So schaut es nämlich aus!)

Meine Damen und Herren! Am Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Ellmauer!

13.31

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Oberhaidinger! (Abg. Oberhaidinger: Ich hör’ dir zu!)  – Hörst du gut zu? Das ist schön! Zu deiner Aussage betreffend Arbeit im Menschenrechtsausschuss: Ich darf schon dazu sagen, dass der Menschenrechtsausschuss einer jener Ausschüsse ist – da hat Herr Kollege Graf hundertprozentig Recht –, der oft tagt. Wir haben in den letzten 18 Monaten – eigentlich sind es ja nur 16 Monate, weil man ja die Parlamentsferien abziehen muss – siebenmal getagt, also fast jedes zweite Monat einmal. So schlecht ist das nicht. (Abg. Mag. Stoisits: Sie sind schon besser im Rechnen!)

Frau Kollegin Stoisits! Wenn in anderen Ausschüssen ebenso viele Anträge der Opposition sachlich umgesetzt werden wie im Menschenrechtsausschuss, dann sind wir in guter Gesell


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schaft, denn wir haben ... (Abg. Mag. Stoisits: Bisher waren das zwei!)  – Drei sind es, Frau Kollegin! Aber lassen wir das!

Nur: Sie haben es am Tag der Menschenrechte im vorigen Jahr als Vorsitzende des Ausschusses zuwege gebracht, NGOs in das Parlament einzuladen und auch die Kollegen von der SPÖ mit einzuladen. Uns, die Kollegen der Regierungsfraktionen, hat man nicht eingeladen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Kiss. ) Wenn Sie das als gedeihliche Zusammenarbeit sehen, dann wollen wir das Ihnen überlassen. (Abg. Mag. Stoisits: Das war sehr erfolgreich!)

Nun zum Thema: Die Sprachen-Charta ist ein völkerrechtliches Instrument zum Schutz der Regional- und Minderheitensprachen als gemeinsames Erbe und Teil des kulturellen Reichtums Europas. Im Vordergrund stehen daher die Sprachen, die traditionell in einem bestimmten Gebiet gesprochen werden, nicht die Zuwanderersprachen, aber auch nicht primär die Angehörigen einer Sprachminderheit. Sie zeigen, dass in Europa nicht alle über einen Kamm geschoren werden und dass Rücksicht auf die kulturellen Gebräuche genommen wird, die sich mehrere Generationen hindurch manifestiert haben. Es freut mich, dass die Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen heute im Hohen Haus erfolgen wird, denn bis dato haben erst elf der 43 Mitgliedstaaten des Europarates eine solche Ratifizierung vorgenommen.

Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen geht auf Initiativen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zurück. Sie soll Regional- und Minderheitensprachen als einen bedrohten Aspekt des europäischen Kulturlebens schützen und fördern. Daher enthält sie nicht nur ein Diskriminierungsverbot, sondern es wird auch positive Unterstützung für diese Sprachen angeboten. Diese Maßnahmen sollen die Mehrsprachigkeit beispielsweise in der österreichischen Bevölkerung fördern. Sie sollen jedoch nicht die sprachliche und persönliche Auseinanderentwicklung, sondern die Annäherung zwischen den Österreichern unterschiedlicher Herkunft möglichst effektiv fördern, um gegenseitiges kulturelles Verständnis zu erlangen.

Sehr wichtig scheint mir auch das Ziel zu sein, dass die Regional- und Minderheitensprachen in ihrem geographisch angestammten Gebiet besonders beachtet werden und etwaige Änderungen in der Verwaltungsgliederung die Sprachentwicklung nicht behindern. Ziel ist es nicht, Individual- und Kollektivrechte von ethnischen oder kulturellen Minderheitengruppen festzulegen, sondern die Regional- und Minderheitensprachen als solche zu schützen und zu fördern. Die kulturelle Vielfalt in international souveränen Staaten bedingt, dass ein Kulturgut in einem immer mehr zusammenwachsenden Europa territorial geschützt werden muss.

Österreich hat diese Charta am 5. November 1992 unterzeichnet. In der Folge hat sich jedoch gezeigt, dass der politische Prozess, in den europäischen Staaten die Sprachencharta umzusetzen, immer wieder ins Stocken geraten ist. Dies hing wohl damit zusammen, dass die Charta nicht nur aus allgemein gehaltenen Zusagen besteht, sondern von den Staaten auch konkrete Bindungen im Hinblick auf einzelne Maßnahmen verlangt.

Da verstehe ich die Grünen und die SPÖ auch nicht, wenn sie kritisieren, dass der Begriff "Burgenlandkroatisch" eingeführt wurde. Im Staatsvertrag von Wien ist der Begriff "Kroatisch" angeführt. Die Konkretisierung auf "Burgenlandkroatisch" entspricht einem einhelligen Wunsch des Volksgruppenbeirates, den auch die Burgenlandkroaten in Wien mitgetragen haben.

Die Sprachen-Charta ist erst am 1. März 1998 völkerrechtlich in Kraft getreten und steht heute hier im Hohen Haus zur Ratifizierung an. Dieser Ratifizierungsbeschluss betont auch den hohen Stellenwert der Minderheitensprachen für die interkulturellen Beziehungen unseres Landes. Gleichzeitig wird ein bereits über mehrere Generationen in Österreich gepflegtes Kulturgut in seiner jetzigen Form manifestiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn die Opposition und besonders Sie, Frau Mag. Stoisits und Herr Kollege Posch, es nicht wahrhaben wollen, muss ich doch sagen, Österreich macht mehr, als in der Charta gefordert wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Übrigens hindert diese Charta auch nach erfolgter Ratifizierung einen Vertragsstaat nicht, für die Zukunft weitere Verpflichtungen einzugehen. Ich bitte Sie daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ratifizierung einhellig vorzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

13.37

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte angesichts dieser Diskussion um die Charta auf zwei Dinge aufmerksam machen. Erstens ist der Teil Bildung ein wesentliches Element dieser Charta. Auch wenn es von der Tendenz, von der Richtung her sehr erfreulich ist, dass zumindest dieser Schritt gesetzt wird, scheint mir hier doch ein nicht unbeträchtlicher Widerspruch zu dem zu bestehen, was erst vor wenigen Monaten beschlossen worden ist, nämlich im Rahmen des Finanzausgleiches, wo es auf einmal für das Minderheitenschulwesen in Kärnten und im Burgenland keine Sonderkontingente mehr gegeben hat. Wenn ich mir durchlese, was in der Charta steht, würde ich meinen, dass das damit nicht wirklich in Übereinstimmung zu bringen ist. Dort hat man festgelegt – und ich interpretiere das jetzt einmal so –, dass letztlich das Minderheitenschulwesen im Burgenland und in Kärnten Aufgabe des Bundeslandes zu sein hat und sich der Bund nicht mehr darum kümmert.

Die Tatsache, dass man einsparen musste, hatte zur Folge, dass die Einsparungszahlen in diesen beiden Bundesländern weit höher waren als in anderen. Die Folgen davon sind auch wieder abzusehen. Es wird so sein, dass es einen Druck gibt, wo einzusparen ist. Es muss eingespart werden. Und da wird man wirklich alle politische Kraft dahintersetzen müssen, dass das nicht zu Lasten dieser Minderheiten- und Regionalsprachen geht. (Abg. Großruck: Wer ist denn Landeshauptmann im Burgenland?!) Es gibt noch eine Möglichkeit, da nachzubessern, die Budgets sind noch nicht alle beschlossen. Aber vielleicht könnten Sie diese Anregung mitnehmen, dass es in diesem Fall durchaus weiterer Maßnahmen bedarf.

Der zweite Punkt ist, dass es in Österreich neben den in der Charta genannten Sprachen natürlich Notwendigkeiten gibt, sprachliche Fördermaßnahmen auch im Bereich der Zuwanderer zu setzen und Angebote zu schaffen. Das wäre notwendig, um sprachliche Integration zu fördern. Genau dieser Bereich ist aber durch die Kürzungen im Bildungssystem wirklich bedroht, und es kommt an sich zu Angebotseinschränkungen. Wir wissen, dass es auch bei den Dienstposten zu Einschränkungen kommt.

Es ist im Regierungsübereinkommen zwischen SPÖ und ÖVP, das dann gescheitert ist, sogar enthalten gewesen, wie wichtig der muttersprachliche Unterricht im Hinblick auf die Fähigkeit, auch andere Sprachen zu erlernen und zu erwerben, ist und dass das eine ganz zentrale Voraussetzung ist. Es soll verstärkt in den Deutschunterricht investiert werden, aber der muttersprachliche Unterricht hat nicht mehr dieses Gewicht, das er aus unserer Sicht haben sollte.

Hier – das ist mir schon klar – geht es um die Regional- und Minderheitensprachen, aber das entlässt Sie als Regierungsparteien sicher nicht aus der Verantwortung, auch im Bereich der Zuwanderer, auch im Bereich des Sprachangebots an den Schulen, in diesen Bereichen – diese Gruppe wird quantitativ immer größer – wirklich Maßnahmen zu setzen. Sie sollten sich nicht nur auf die Charta berufen, sondern sagen: Okay, auch da werden wir Maßnahmen und Schritte setzen, Schwerpunkte festlegen und auch finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit das Angebot verbessert werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

13.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

13.40

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst einmal kurz zu Kärnten. Ich möchte nur drei Punkte anschneiden:


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Erstens: Die Festlegung des slowenischsprachigen Unterrichts in den vierten Klassen ist ein Verfassungsgesetz, muss also eingehalten werden. Das ist demnach keine Leistung des derzeitigen Landeshauptmannes.

Zweitens bezüglich der Aufstellung von weiteren zweisprachigen Ortstafeln: Warten wir einmal ab, was das "einfache Parteimitglied" in Kärnten unternehmen wird, da es sich ja so sehr vor der weiteren Slowenisierung fürchtet!

Drittens: Ein wirklicher Schlag ins Gesicht der slowenischsprachigen Minderheit in Kärnten ist die neuerdings erfolgende Praxis bei der Besetzung der Direktorenposten an zweisprachigen Schulen. Es war Usus, dass dort die Direktoren zweisprachig sind. Wie soll ein Direktor eine Schule managen, wenn er die zweite Sprache nicht spricht? Auch das wurde verändert, und auch das ist ein Schlag ins Gesicht der slowenischsprachigen Minderheit in Kärnten, ausgeführt vom "einfachen Parteimitglied" und Landeshauptmann. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Die Slowenen sehen das anders!)

Wir werden also die Charta zum Schutz der Regional- oder Minderheitensprachen beschließen. Das ist wirklich eine sehr gute Sache. Die Verwendung der Minderheitensprache ist nicht nur ein Menschenrecht, sondern auch ein sehr wichtiges Kulturgut. Wer kulturelle Pluralität in Europa erhalten will, muss sich um Minderheitensprachen kümmern.

Das klingt wunderbar im "Jahr der Sprachen", in dem eine ganze Werbemaschinerie auf die Beine gestellt wurde, um allen in Österreich lebenden Menschen klarzumachen, dass Fremdsprachen für sie und für unser Land gut sind. Es wäre wirklich begrüßenswert, wenn auch tatsächlich etwas getan werden würde für die Sprachen, wenn pädagogische Konsequenzen gezogen werden würden, wenn es ein erweitertes Fremdsprachenangebot gäbe, wenn es zur Teilung von Klassen und zu einem verstärkten Einsatz von "native speakers" käme und dergleichen mehr.

Die idealistischen Ziele des "Jahres der Sprachen 2001" stehen aber ganz im Gegensatz zum Bildungsabbau der österreichischen Bundesregierung. Das ist umso bedauerlicher, als Sprache mehr ist als Werkzeug zur Verständigung. Sprache ist die Basis jeder interkulturellen Kompetenz, unser Wissen über den anderen wird erweitert und zugleich die eigene Lebensansicht relativiert. Das Fremde und das Gemeinsame werden bewusst, Feindbilder können abgebaut werden. Damit können Toleranz und Verständnis gefördert werden. Und davon, meine Damen und Herren, können wir in Zeiten wie diesen einfach nicht genug bekommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es kann aber auch ein Sprachenpotential genützt werden, das schon im Land vorhanden ist. Man schützt oder fördert einfach die ansässigen Minderheiten, ihre Kultur und ihre Sprache. Sprache ist etwas Lebendiges, sie verändert sich ständig, sie gehört gepflegt, unterrichtet und geübt. Aber leider wird immer wieder vor allem die xenophobe Haltung der FPÖ spürbar.

Wenn es heißt, nur autochthone Gruppen können geschützt werden, dann möchte ich bitte dieses Wort "autochthon" einmal erklärt haben. Heißt das, die Minderheiten müssen vor dem Zweiten Weltkrieg ansässig geworden sein? Heißt das, die Besiedelung muss vor oder nach der großen Völkerwanderung gewesen sein? Was bedeutet für Sie "autochthon"? Ich frage mich: Warum ist Ihre innere Abwehr so groß, die Sprache der Roma und Kroaten in Wien als schützenswerte Minderheitensprachen anzusehen? Was macht es Ihnen so schwer, zweisprachige Kindergärten und Schulen einzurichten, wo es doch bewiesen ist, dass Kinder bis zum dritten Lebensjahr bis zu 90 Prozent der Grammatik ihrer eigenen Sprache erlernen. Das heißt, sie würden eine zweite Sprache dazubekommen.

So wird heute erfreulicherweise die Charta zum Schutz der Regional- und Minderheitensprachen beschlossen, aber die Chance auf eine Weiterentwicklung des Volksgruppenrechts wurde von Ihrer Seite leider nicht genutzt. Wieder einmal schaut die FPÖ in die verkehrte Richtung und wieder einmal ist die ÖVP Steigbügelhalter. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.45


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69. Sitzung / Seite 105

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Burket. – Bitte.

13.45

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich komme auf die letzte Sitzung des Menschenrechtsausschusses zu sprechen, eine Bühne, auf der die Vorsitzende in unglaublicher Weise agierte, wo sie Machtgefühle befriedigte und den ganzen Ausschuss in Geiselhaft nahm – wohl wissend, dass eigentlich ein Sitzungslimit vereinbart war –, wo sie mit kaum zu überbietender Arroganz zu Frau Kollegin Fekter sagte: Frau Kollegin, Ihr Wissen um die Burgenlandkroaten ist ja nur rudimentär. – Aber das war nur ein geringer Teil der wirklich schlechten Vorstellung des Ausschusses (Abg. Silhavy: Haben Sie inhaltlich auch etwas zu sagen?), sozusagen die schlechte äußere Form.

Zum Inhalt komme ich jetzt. Die abweichende persönliche Stellungnahme der Kollegin Stoisits hat mich dazu inspiriert. Unter dem Aspekt, dass sie die Kennerin der Materie ist, die Fachfrau sozusagen, finde ich ihre Ausführungen ganz erstaunlich. Ich darf aus ihrer Stellungnahme zitieren:

Die Einschränkung des Schutzes der Minderheitensprachen auf nur bestimmte Gebiete hieße, dass Minderheitenangehörige beim Verlassen ihres Dorfes den von der Charta geforderten Sprachenschutz nicht mehr genießen würden. – Zitatende.

Na, was passiert dann, wenn ein Angehöriger dieser Minderheitengruppe seinen Ort verlässt? Was ist dann? Darf er dann nicht mehr reden? Wovor ist er dann geschützt oder zu schützen? Darf außerhalb des Ortsgebietes kein Kroatisch gesprochen werden? – Das kann nicht sein. Frau Stoisits gibt ja an jedem Plenartag, so auch heute, eine Probe ihrer Kenntnis dieser Sprache, und sie tut das offenbar völlig ungeschützt.

Vielmehr ist es so, dass die zweisprachigen Ortstafeln erst im August 2000 aufgestellt wurden, obwohl diese Verordnung ursprünglich bereits aus dem Jahre 1976 stammt. Die Achtung und der Respekt vor den anerkannten Minderheitensprachen sowie die gesetzliche Verankerung ist keine topographische Frage, es ist dies vielmehr ein Bekenntnis zu einem gemeinsamen europäischen Erbe, zu geschichtlich gewachsenen Strukturen.

Es war dieser Regierung vorbehalten, die Staatszielbestimmungen in der österreichischen Verfassung festzuschreiben. Wie in so vielen anderen Fällen hat diese Regierung jahre- und jahrzehntelange Versäumnisse aufgeholt und auch hier die entscheidenden Maßnahmen gemäß den Staatszielbestimmungen gesetzt. Es ist daher ziemlich leicht zu durchschauen, was Frau Stoisits beabsichtigt. Ich finde es nur bedauerlich, dass Frau Stoisits aus einer solchen Thematik ein schlechtes Theaterstück macht – mit sich selbst als Hauptdarstellerin. Aber jetzt auch in Wien die Anerkennung der Burgenlandkroaten als so genannte Wiener Burgenlandkroaten durchsetzen zu wollen, nur weil eine gewisse Anzahl davon hier lebt, und sei es nur vorübergehend, geht an der ursprünglichen Willenserklärung doch völlig vorbei. Wenn man ihre Intentionen logisch weiterverfolgt, unterläuft sie sogar ganz klar den Schutzgedanken für eine autochthone Volksgruppe, denn das bedeutet dann konsequenterweise die gleichen Bestimmungen und Rechte für jede anderssprachige Minderheit, egal welcher Größe, gleichgültig, seit wann diese Minderheit besteht.

Ein Burgenlandkroate ist und bleibt ein Burgenlandkroate, auch wenn er in Wien lebt, der Minderheitenschutz jedoch betrifft das ursprüngliche und geschichtlich anerkannte Gebiet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

13.49

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Auch ich freue mich ganz besonders, dass Österreich Minderheitensprachen nunmehr auch offiziell schützt und die Sprachen-


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Charta des Europarates ratifiziert. Es ist sicherlich kein Zufall, dass dieser Schritt jetzt unter der Federführung unseres Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel erfolgt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Pumberger. ) So wie schon bei den zweisprachigen Ortstafeln und bei den Amtssprachen setzt die ÖVP/FPÖ-Regierung in diesem sensiblen Bereich weiter Taten, Taten, die andere längst setzen hätten müssen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), denn mit der Ratifizierung der europäischen Sprachen-Charta räumt die Regierung Schüssel letztlich auch das Trauma "Ortstafelsturm" aus.

Aber dieser Schritt ist auch aus einem anderen Grunde sehr wichtig, geschätzte Damen und Herren. Er soll nämlich unseren europäischen Partnern sehr klar und sehr deutlich zeigen, dass wir uns zu einem Europa der Regionen bekennen, dass wir uns zu einem Europa der Vielfalt bekennen, dass wir uns zu einem Europa der Toleranz bekennen.

Als Burgenländerin freue ich mich über dieses sehr klare und auch sichtbare Bekenntnis ganz besonders, denn bei uns haben seit jeher vier verschiedene Sprachgruppen sehr harmonisch zusammengelebt, nämlich Deutschsprachige, Kroaten, Ungarn und Roma. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass wir Burgenländer ein sehr toleranter Menschenschlag sind, aber vielleicht auch damit, dass sehr lange Ungarisch und erst nach dem Jahre 1921 Deutsch die Mehrheitssprache war. Jedenfalls beweist das Burgenland eines: Wo Volks- und Sprachgruppen wirklich zusammenleben, werden Vorurteile abgebaut, geht man toleranter miteinander um, und die Sprache spielt eine ganz wesentliche Rolle. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das beweist auch das Romanes, die Sprache der Roma, die eigentlich erst in den letzten Jahren so etwas wie ein Schriftbild erhalten hat. Hätte diese Sprache nicht gelebt, hätte man den so genannten Roma-Sprachführer wohl nie schreiben können.

In diesem Sinne, geschätzte Damen und Herren, ein klares Bekenntnis der Österreichischen Volkspartei zur Ratifizierung der Europäischen Charta der Minderheitensprachen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

13.52

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Freiheitliche Partei begrüßt diese Regierungsvorlage, weil sie ein weiterer wichtiger Beitrag zum Schutz der autochthonen Minderheiten und deren Kultur in Österreich ist. "Autochthon" – für die, die das nicht wissen sollten – heißt "eingesessen", "einheimisch".

Von ausländischen Beobachtern – die Opposition und die Medien haben in der Vergangenheit häufig von ihnen als den "drei Weisen" gesprochen – ist dieser Bundesregierung im vergangenen Jahr öffentlich bestätigt worden, dass unser Land in der Frage des Minderheitenschutzes eine ganz bedeutende Vorreiterrolle in Europa übernommen hat. Die österreichische Minderheitenpolitik ist – und wir wissen das alle – vorbildlich, die österreichischen Standards des Minderheitenschutzes liegen weit über denen anderer Staaten. Das haben die Herren Ahtisaari, Oreja und Frowein in ihrem Bericht im vergangenen Jahr festgestellt, und das sollte auch die Opposition einmal zur Kenntnis nehmen, auch dann, wenn solche Erkenntnisse vielleicht nicht ganz in ihr Weltbild passen.

Nun zur Charta. Diese Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ist ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Kultur ethnischer Minderheiten für ganz Europa. Der Schutzgegenstand des Abkommens ist die Sprache, genauer gesagt, die kulturelle Aufgabe der jeweiligen Minderheitensprache. Bewusst wird in der Charta darauf verzichtet, den Begriff "sprachliche Minderheit" zu definieren. Auch die Rechte ethnischer Minderheiten werden daraus nicht abgeleitet. Aber in der Präambel ist das Ziel klar vorgegeben: Es geht um den Schutz der geschichtlich gewachsenen Regional- und Minderheitensprachen Europas, von denen einige zu verschwinden drohen,


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wie es in der Charta heißt. Weil aber diese Sprachen und diese Kulturen zur Erhaltung und Entwicklung der Traditionen und des kulturellen Reichtums Europas wesentlich beitragen, müssen und sollen sie geschützt werden.

Ich bin überzeugt davon, dass wir Österreicher diesen Vertrag guten Gewissens annehmen können, bin mir aber nicht so sicher, dass in Frankreich oder Spanien genau dieselben guten Rahmenbedingungen gegeben sind. Denken Sie nur an die Basken, die Korsen, die Bretonen oder auch die Elsässer! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vor allem in Frankreich, meine sehr geehrten Damen und Herren, war die Durchsetzung ethnischer Minderheitenrechte schon in der Vergangenheit sehr schwierig, weil die Franzosen, das offizielle Frankreich von einem völlig anderen Volks- oder Nationsbegriff ausgehen, als er hier in Mitteleuropa, in Ost- oder auch in Südosteuropa üblich ist.

Oder denken wir an Slowenien! Erst vor wenigen Tagen ist das österreichisch-slowenische Kulturabkommen unterzeichnet worden. Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik hat die österreichische Bundesregierung die Anerkennung unserer altösterreichischen Minderheit in der ehemaligen Untersteiermark in einem offiziellen slowenischen Dokument erreicht. Es ist damit zwar noch nicht die Gleichstellung mit der ungarischen und der italienischen Minderheit in Slowenien verbunden, dazu fehlt noch immer der verfassungsrechtliche Schutz in der slowenischen Verfassung, aber es ist ein erstes hoffnungsvolles Zeichen. Vielleicht nähert sich Slowenien langsam wirklich den österreichischen Minderheitenstandards. Jetzt ist es für die Reste der altösterreichischen Minderheit in Slowenien auch möglich, kulturelle Veranstaltungen in ihrer Muttersprache durchzuführen. Auch diese Charta, die wir heute beschließen werden und die Slowenien schon ratifiziert hat, kann die Kultur und die Sprache unserer Minderheit schützen.

Abschließend stelle ich fest: Alles, was die Vielfalt der Völker und Kulturen fördert, wird von uns begrüßt, alles, was zur Einebnung dieser Vielfalt führt, wird von uns abgelehnt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags samt Erklärungen in 437 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Posch und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Erklärung bezieht.

Ich werde zunächst über diesen Abänderungsantrag hinsichtlich der Erklärung und dann über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags samt Erklärung die Genehmigung zu erteilen, abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Posch und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Erklärung eingebracht, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags samt Erklärungen in 437 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Staatsvertrag ist damit angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Ausschusses, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist neuerlich einstimmig und damit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Posch und Genossen betreffend Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Entschließungsantrag 215/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend die Einrichtung von Clearingstellen (577 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Es findet keine mündliche Berichterstattung statt.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Mag. Posch. Ich erteile es ihm hiemit.

13.59

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Unser Antrag zur Schaffung von Clearingstellen nimmt sich einer besonders leidtragenden Gruppe von Asylsuchenden an, nämlich der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die in einer besonders tragischen Stellung sind, die aus Angst vor Verfolgung aus ihrem Heimatland fliehen und hierher nach Österreich kommen, meistens ohne Sprachkenntnisse, meistens schwer traumatisiert und zusätzlich psychisch-mental meistens nicht so gefestigt wie Erwachsene.

Nun wurde zwar bisher keine Schubhaft bei unter Vierzehnjährigen verhängt, aber immerhin gibt es jährlich mehrere hundert Schubhäftlinge, die zwischen 14 und 19 Jahre alt sind, obwohl in § 66 Fremdengesetz gelindere Mittel normiert sind, also die Schubhaft nach Möglichkeit nicht angewendet werden soll.

Die so genannten Clearingstellen böten eine zentrale Anlaufstelle für minderjährige Flüchtlinge, die dort entsprechend untergebracht, verpflegt und ausreichend betreut werden könnten, wobei man für diese Flüchtlinge auch Zukunftsperspektiven erarbeiten könnte. Zumindest eine solche Stelle pro Bundesland wäre nach unserem Dafürhalten sinnvoll und notwendig.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Ellmauer und Ofner, der unseren Antrag unterlaufen soll, ist uns prinzipiell recht, wenn es gelingt, Mittel des Europäischen Flüchtlingsfonds zu lukrieren und zunächst einmal zwei bis vier Pilotprojekte umzusetzen – unter Einbindung von Asylbehörden, Fremdenpolizeibehörden sowie Jugendwohlfahrtsträgern.

Ich verstehe die Schwierigkeiten, die Sie mit dem föderalen Aufbau der Republik haben, und dass es Ihnen, Herr Minister, nicht jeder Landeshauptmann leicht machen würde, eine solche Clearingstelle in seinem Bundesland einzurichten, aber trotzdem fordere ich Sie auf, unserem Antrag beizutreten, weil er der weitergehende ist. Unser Antrag sieht in jedem Bundesland eine solche Stelle vor.

Er sieht weiters vor, die Schubhaft bei unter 18-Jährigen grundsätzlich nicht zu verhängen, zumal dies auch in Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention steht.

Drittens sieht unser Antrag auch eine gesetzliche Lösung für so genannte papierlose Jugendliche vor, die ohne eigenes Verschulden ohne gesetzlichen Aufenthaltstitel in Österreich leben


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müssen. Das braucht schon längst eine legistische Reparatur, und daher fordere ich Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

14.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

14.02

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf mich zunächst noch – ich hoffe, der Herr Präsident hat nichts dagegen – in zwei Sätzen mit dem vorigen Tagesordnungspunkt befassen, nämlich mit den Ausfüh-rungen der Frau Abgeordneten Stoisits. Ich war nicht im Saal, aber es ist mir mitgeteilt worden, dass sie erläutert habe, ich solle nicht lange über die Staatszielbestimmungen und ihre Einführung reden, denn das sei allein ihre Idee gewesen.

Resi, ich glaube, wir können uns den "Finderlohn" teilen. Es waren zwei Abgeordnete, die von Anfang an in dieser Richtung tätig waren: du – das ist richtig! – und auch ich. Aber jetzt kommt das Wesentliche: Wir haben uns Jahre hindurch bemüht, unsere Anliegen in dieser Richtung umzusetzen, aber gelungen ist es uns erst nach der Wende. Das heißt, du warst dafür, die Staatszielbestimmung einzuführen, ich war dafür – vielleicht auch noch andere, aber wir beide haben uns besonders artikuliert –, aber wir waren vergeblich unterwegs. Erst nach der Wende ist es geglückt, diesen Meilenstein der Volksgruppenpolitik in die Wirklichkeit umzusetzen. Das ist es. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt geht es um die Clearingstelle für die minderjährigen asylsuchenden Flüchtlinge und Asylsuchenden. Ich würde das ein bisschen weiter sehen: Wenn Minderjährige über Staatsgrenzen kommen und gehen, dann ist das nicht immer aus einem politischen Grund, nicht immer aus einem Asylgrund. Sehr häufig – das ist ja auch Gegenstand antiquierter Romane gewesen – begeben sich Jugendliche auch aus anderen Gründen auf die Fahrt ins Ausland und landen dann dort unter nicht immer erfreulichen Umständen.

Wir alle, die wir uns im Ausschuss zu diesem Thema geäußert haben, haben ähnliche Vorstellungen gehabt. Durchgesetzt hat sich letztendlich der Entschließungsantrag der Regierungsparteien. Ich darf versuchen, das mit wenigen Sätzen zu erläutern.

Die Gruppe Posch hat als besondere Anliegen betrachtet die Unterbringung und Verpflegung der Flüchtlinge – diesbezüglich sind wir alle einer Meinung, auch die Vertreter der Regierungsparteien – sowie das Erlernen der deutschen Sprache. Ich weiß schon, dass es im Zusammenhang mit Flüchtlingen, mit Arbeitskräften, die ins Land kommen, auch auf unserer Seite die Vorstellung gibt, dass die deutsche Sprache erlernt werden soll, ich glaube aber, dass das erst dann stattzufinden hat, wenn es in irgendeiner Form gesichert erscheint, dass der betreffende Adressat auch eine Chance hat, im Lande zu bleiben. Solange das nicht feststeht, solange ein Asylverfahren – wie wir hoffen, nur kurz dauernd – im Gange ist und man nicht weiß, ob der hier bleiben kann oder wieder zurück muss, so lange wäre es, glaube ich, eine Belastung für den Betroffenen, die man ihm nicht wirklich zumuten sollte, auch noch die Sprache zu lernen.

Er ist in einer für ihn fremden Umgebung, er wird ein Dach über dem Kopf brauchen, er wird Verpflegung brauchen, er wird Kleidung brauchen, er wird Betreuung im menschlichen Sinne brauchen. Es wird auch darum gehen – und das war eines unserer Anliegen –, dass man sich bemüht, mit seinen Verwandten in seinem Heimatland Kontakt zu bekommen, diese auszuforschen, die Kommunikation mit ihnen zu ermöglichen oder herzustellen. Vor allem aber ist die rasche Klärung seines rechtlichen Status erforderlich – und wenn er hier bleiben darf, dann die möglichst reibungslose und umgehende Integration in Österreich!

Der Grund dafür, dass ich mich mit diesen Dingen etwas näher auseinander setze, ist: Wir sind mit unseren Anliegen nicht weit auseinander gewesen. Es hat, glaube ich, nur eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung bei der Vorgabe, dass die Sprache erlernt werden müsse, gegeben – vor allem in dieser Hinsicht –, weil wir glauben, die Sprache soll jemand lernen, wenn er eine Chance hat, dass er hier bleibt. Solange nicht feststeht, ob er hier bleiben darf oder nicht, wäre das, glaube ich, ein Aufwand, den man ihm gar nicht zumuten kann. Aber er soll die Chance


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haben, dass er mit seinen Angehörigen in der Heimat wieder in Kontakt kommt. Oft wird ja schon die Reue da sein, dass er sich überhaupt ins Ausland begeben hat.

So hat sich dann in der Abstimmung ergeben, dass der Antrag der Oppositionsparteien in der Minderheit geblieben ist und sich jener der Regierungsparteien durchgesetzt hat, und so ist auch der Bericht des Ausschusses ausgefallen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.06

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

14.06

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Dr. Ofner, den "Finderlohn" müssen wir beide uns nicht teilen, denn der Finderlohn steht, wenn überhaupt jemandem Finderlohn auf die Staatszielbestimmung zusteht, der Schweiz zu, denn die Schweiz hat eine ähnliche, von dem Geist, den auch die österreichische Staatszielbestimmung hat, getragene Bestimmung 1994 eingeführt. Die Abgeordnete Stoisits hat das erfahren – es gibt ja das Internet und andere Kommunikationsmedien – und hat hier im Nationalrat einen Antrag eingebracht.

Das hat überhaupt nichts mit Urheberrecht zu tun, sondern ich habe mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass die Grünen bereits in der vorvorgehenden Legislaturperiode einen Antrag auf Einführung einer Staatszielbestimmung eingebracht haben. Ähnliches ist mir von der Freiheitlichen Partei nicht bekannt; auch nicht von einer anderen. Die SPÖ hat das inhaltlich vehement gefordert, es kam aber aus den bekannten Gründen nie dazu, dass es umgesetzt wurde. – Das zum Finderlohn, den es nicht gibt, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich darf mich als Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses ganz herzlich dafür bedanken, dass Sie in unserer letzten Sitzung anwesend waren, unserer Einladung zur Sitzung gefolgt sind und dass wir Gelegenheit hatten, im Rahmen einer aktuellen Aussprache jene menschenrechtlich relevanten Themen anzusprechen – anzusprechen, denn man kann sie ja in so kurzer Zeit nicht umfassend erörtern –, die den Mitgliedern des Menschenrechtsausschusses brisant erscheinen.

Ich danke Ihnen auch für die Informationen, die Sie uns über den Menschenrechtsbeirat gegeben haben. Ich habe, als der Menschenrechtsbeirat – damals noch unter Minister Schlögl – letztlich hier durch das Parlament eingerichtet wurde, Skepsis geäußert gegenüber der Vorgangsweise, weil ich der Auffassung bin, dass die völlige Unabhängigkeit – das hat nichts damit zu tun, ob er weisungsfrei ist oder nicht – nicht hundertprozentig gegeben ist. Diese damalige Skepsis habe ich auch noch heute, ich muss aber gleich dazusagen, dass die Arbeit des Menschenrechtsbeirates von allen Fraktionen – von den Freiheitlichen habe ich noch nicht wirklich eindeutige Stellungnahmen gehört – sehr geschätzt wird.

Herr Minister, Sie haben uns auch berichtet, dass von den Empfehlungen, die der Menschenrechtsbeirat abgegeben hat, auch zahlreiche oder fast alle umgesetzt wurden. Daran ist abzulesen, dass Aktivitäten, Investitionen in den menschlichen Bereich auf jeden Fall, was vor allem den sicherheitsbehördlichen Aspekt angeht, richtig und wesentlich sind. Der Menschenrechtsbeirat ist das beste Beispiel dafür, weil er auch eine Form der Kommunikation mit den Dienststellen pflegt, wo ich keine Kritik höre, und zwar von der Öffentlichkeit beachtet, aber in der nötigen Ruhe tätig werden kann.

Darum ist es für mich jetzt ein bisschen schmerzlich – und jetzt komme ich auf die Clearingstellen zu sprechen –, dass Forderungen des Menschenrechtsbeirates – einer seiner ersten Berichte hat sich ja vor allem mit der Situation von minderjährigen Schubhäftlingen befasst – nicht wirklich umgesetzt werden, wie man immer wieder hört. Es klappt beispielsweise nicht mit der Information und der Verständigung des Jugendwohlfahrtsträgers, wenn Jugendliche in Schubhaft sitzen. Das sind jetzt nicht meine persönlichen Wahrnehmungen, sondern das wird mir von jenen mitgeteilt, die das überhaupt wahrnehmen können. Beispielsweise hat eine Delegation der Helsinki Federation erst kürzlich österreichische Schubgefängnisse besucht und dort Jugendli


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che angetroffen, die nicht einmal eine Wertkarte zur Verfügung gestellt bekommen haben, um auch nur mit irgendjemandem in Kontakt zu treten. – Es ist also nicht alles so goldig, wie es zu glänzen scheint!

Das Problem der Jugendlichen in Schubhaft ist in Österreich weiterhin existent.

Dass es keine unter 14-Jährigen mehr in Schubhaft gibt, dafür kann ich weder Sie noch Ihren Vorgänger loben. Wenn es nicht so wäre, wäre das ein riesiger Skandal! Daher verdient niemand Lob dafür, wenn er etwas so Menschenunwürdiges und Menschenrechtswidriges beseitigt. Das ist eine hoffentlich bereinigte Sache.

Darum, sehr geehrter Herr Bundesminister, bin ich mit dem Entschließungsantrag, den jetzt die Regierungsparteien in Abänderung des Posch-Antrages gestellt haben, absolut nicht zufrieden. Das ist alles ein bisschen "Nona net"! Nona net wird man gerade für Jugendliche – Kinder stehen ja bekannterweise bei dieser Regierung besonders im Mittelpunkt – Mittel aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds verwenden. Dazu bedarf es meiner Ansicht nach wirklich keiner besonderen Aufforderung, denn das scheint mir eine fast schon logische Sache zu sein.

Die Intention des Antrages von Posch war, dass der Nationalrat eine eindeutige, klare Stellungnahme dazu abgibt, dass es diese Clearingstellen umgehend geben soll und dass die Finanzierung bereitzustellen ist. Dass jetzt gezaudert wird – ich höre von Salzburg, dass man dort nicht zahlen will und die Frage gestellt wird, ob das überhaupt notwendig ist –, ist eine Sache, die mir nicht passt. Daher kann ich dem vom Kollegen Ofner vorher so gelobten Ergebnis wirklich nicht meine Zustimmung geben.

Dass ich Ihre Bemühungen, Herr Bundesminister, die Arbeit des Menschenrechtsbeirates zu unterstützen, auch unterstütze – nicht nur ich persönlich, sondern auch die grüne Fraktion –, das wissen Sie. Aber das, was wir im Nationalrat erreichen wollen, ist Fleisch für die Arbeit der Exekutive und nicht Verwässerung von oppositionellen Anträgen, die wirklich eine ganz klare Sprache sprechen.

Es tut mir Leid, aber es geht nicht anders. Wir können uns dieser Art von Politik nicht anschließen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

14.13

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die Situation von minderjährigen Flüchtlingen, die allein nach Österreich kommen beziehungsweise in Österreich aufgegriffen werden, verbesserungswürdig beziehungsweise ausbaufähig ist, ist unbestritten.

Bereits seit Mitte 2000, also seit Mitte des vergangenen Jahres, gibt es Verhandlungen mit den Bundesländern über die Einrichtung von zusätzlichen Betreuungsinstitutionen. Das Innenministerium hat nun Vorschläge erarbeitet, wie eine solche bundeseinheitliche Betreuung aussehen könnte. Die Länder haben in den vergangenen Jahren nur subideal, von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich diese Angelegenheit geregelt. Sie soll nun standardisiert werden.

Die Aufgaben solcher Betreuungseinrichtungen sind erstens die Feststellung des Alters und der Identität des Jugendlichen und zweitens die Überprüfung der familiären Verhältnisse, was soviel heißt wie: zu prüfen, ob es sich um einen Flüchtling handelt oder um eine altersbedingte Kurzschlusshandlung eines Jugendlichen, der auf Grund auftretender Probleme zu Hause sein Heimatland ohne Wissen der Eltern verlassen hat. Es wird Kontakt zur Familie aufgenommen und die Sachlage genau geklärt. Sollte sich bei der Überprüfung der Identität herausstellen, dass eine Rückkehr in den angestammten Lebensbereich seiner Familie erwünscht und möglich ist, so sollte diese gewährt werden. Dabei ist es besonders wichtig, für den Zeitraum der Überprüfung eine altersmäßig angepasste Unterbringung zu gewährleisten und entsprechende medizini


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sche und psychische Versorgung sicherzustellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Innenministerium hat sich der Problematik angenommen. Das bedeutet aber nicht, dass den Ländern Kompetenzen, die ihnen auf Grund des föderalen Aufbaus unserer Republik zustehen, entzogen werden, sondern man versucht, gemeinsam mit den Ländern eine dauerhafte bundeseinheitliche Lösung zu finden.

Um keine Zeit zu verlieren, Frau Kollegin Stoisits, beginnt das Ministerium für Inneres bereits jetzt, und zwar in diesem Monat, mit Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds unter Beteiligung einiger Bundesländer mit Pilotversuchen zur Schaffung der ersten Clearingstellen. Insgesamt sind bis zu vier Clearingstellen in Österreich vorgesehen. Pilotprojekte sind in Oberösterreich und der Steiermark geplant. Nach einer zwölfmonatigen Projektdauer soll dann evaluiert und das Best-practice-Modell ermittelt werden.

Um es in aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen: Ziel dieser Clearingstellen ist es, eine Erstanlaufstelle für unbegleitete Jugendliche zu schaffen und ihnen Unterbringung, Verpflegung und psychologische Betreuung zu bieten sowie als Koordinationszentrum für Asyl, Fremdenpolizei und Jugendwohlfahrt zu fungieren. Gleichzeitig soll und muss auch geprüft werden, ob eine Rückkehr oder eine Integration sinnvoll ist.

Die Einführung von Clearingstellen ist ein dringend notwendiges Erfordernis, das nicht durch einen pauschal formulierten Antrag der Opposition, der die Verantwortung von den Ländern auf den Bund abwälzt, erfüllt werden kann, sondern es handelt sich um eine gemeinsame, bereits in Umsetzung begriffene Maßnahme. Der vom Kollegen Posch eingebrachte Antrag ist überholt, weil die geforderte Planung zur Errichtung der Clearingstellen seit zehn Monaten läuft und bereits jetzt die Umsetzungsphase eintritt. Das Ergebnis wird richtungweisend für die Betreuung minderjähriger Flüchtlinge sein.

Wenn Ihnen die Betreuung minderjähriger Flüchtlinge ein großes Anliegen ist, ersuche ich Sie, dem Antrag Ellmauer und Dr. Ofner Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

14.18

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Menschenrechtsbeirat leistet hervorragende Arbeit, nicht nur bei der Überprüfung der Menschenrechte in unserer polizeilichen Arbeit, sondern auch bei der Beratung des Ministers. Er geht dabei völlig weisungsfrei und unbeeinflusst vor. Das Einzige, das wir dürfen und auch gerne tun, ist, das Geld dafür zur Verfügung zu stellen. Die Ergebnisse – darauf lege ich auch Wert – werden schrittweise umgesetzt. So konnten wir im Ausschuss berichten, dass mehr als ein Drittel bereits umgesetzt ist, ein weiteres Drittel in Umsetzung ist, dass ein weiteres Viertel umgesetzt werden wird – diesbezüglich stehen schon die Zeitpläne – und dass es einzelne Empfehlungen gibt, insgesamt sieben, wo wir noch einmal den Weg zum Menschenrechtsbeirat gehen wollen, weil wir andere Unterlagen haben und das abgleichen wollen.

Einer der Punkte, die aus unserer Sicht umzusetzen sind, ist die Erstanlaufstelle für unbegleitete Jugendliche. Es muss auch klar sein und ist auch hier bekannt, dass dies eine Aufgabe der Länder ist. Dennoch sind der Bund und das Ministerium bereit, nicht nur organisatorisch, gedanklich, sondern auch finanziell mitzuhelfen. So haben wir Geld vom Europäischen Flüchtlingsfonds genommen und zu einem zweiten Drittel österreichisches Geld des Innenministeriums dazugelegt. Aber ein Drittel, so ist unsere Vorstellung, müssen die Länder zu diesem Gesamtkonzept beitragen. Wir brauchen das Bekenntnis der Länder zu diesen Stellen, auch hinsichtlich ihrer Zuständigkeit. Auf Grund deren politischer Entscheidung werden wir das flächendeckend umsetzen können.


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Wie mein Vorredner bereits gesagt hat, gehen wir davon aus, dass wir einige Pilotprojekte – wir gehen von zwei bis drei aus – in Österreich noch vor dem Sommer beginnen werden, um gemeinsam zu lernen und ein Signal zu setzen, wie wichtig uns diese neuen Clearingstellen für unbegleitete Jugendliche sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte.

14.20

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Einrichtung von Clearingstellen für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge geht es eben nicht um einen Akt freiwilliger Wohltat, sondern es geht darum, jahrelange Missstände abzustellen, und es geht um die Durchsetzung eines Rechtsanspruches auf völkerrechtsverbindliche Menschenrechte und um die Durchsetzung der Konvention über die Rechte des Kindes, die die UN-Menschenrechtskonvention noch ergänzt.

Ich bin sehr froh darüber, dass nun Clearingstellen eingerichtet werden. Ich finde es aber trotzdem sehr schade, dass unser Antrag, der ein weitergehender war, nicht die Mehrheit findet. Herr Dr. Ofner, es ist nicht nur darum gegangen, dass wir gesagt haben, Jugendliche, die sich länger in einer Clearingstelle aufhalten, sollen auch einen Sprachkurs machen, müssen beschäftigt werden. Uns geht es auch darum – das waren vor allem unsere Punkte –, dass es Clearingstellen in jedem Bundesland gibt, dass es zu keiner Abschiebung jugendlicher Flüchtlinge kommt und dass – das scheint mir sehr wichtig zu sein – vor allem ein Rechtsstatus für Jugendliche entsteht, die nicht abgeschoben werden können, weil eben in ihren Heimatländern das Kriegsrecht herrscht oder andere Gründe vorliegen.

Herr Minister! Sie wissen, es gibt eine ganze Reihe solch junger Menschen hier in Österreich. Ich möchte ein Schreiben zitieren, das auf meinem Schreibtisch gelandet ist, in dem es heißt:

"Ely James flüchtete Ende des Jahres 1997 mit 15 ½ Jahren alleine aus Sierra Leone nach Österreich, nachdem seine Eltern von Rebellen getötet worden waren. Wie bei den meisten unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern dauert das Asylverfahren nun schon Jahre, er wurde ... nicht als Konventionsflüchtling anerkannt. Sein Antrag liegt derzeit auf Grund einer Bescheidbeschwerde zum zweiten Mal beim Verwaltungsgerichtshof. Bis zur Entscheidung darf sich Ely James zwar in Österreich aufhalten, aber keiner geregelten Arbeit nachgehen, er muss also von 2 000 S Unterstützung" leben, und so weiter. "Weil er sich auf jeden Fall an die Gesetze hält, verrichtet er auch keine Schwarzarbeit. Ab Juli muss er seine Unterkunft räumen, er bekommt dann auch nicht mehr das oben erwähnte Taschengeld. Er muss ab Juli seinen Lebensunterhalt zur Gänze selbst finanzieren und ein Zimmer mieten." – Und hier wird appelliert, man möge diesem jungen Mann eine Stelle wenigstens in der Saisonarbeit ermöglichen.

Ich denke, für solche Fälle, wo junge Menschen jahrelang in Österreich unter ganz schwierigen Bedingungen leben, muss es eine Lösung geben.

Ein zweiter Bereich: Viele glauben, das betrifft gar nicht so viele Fälle. Eine Studie aus 1997 zeigt, dass in diesem Jahr ungefähr 400 unbegleitete Jugendliche nach Österreich gekommen sind, davon waren ein Kind acht Jahre alt, zwei Kinder zehn Jahre, zwei Kinder 13 Jahre, neun Kinder 14 Jahre, 21 Personen 15 Jahre, 57 waren 18 Jahre alt. Natürlich ist die Zahl der Älteren größer. Aber trotzdem, es handelt sich hier um eine relativ große Gruppe von Kindern, die traumatisiert sind, die aus einem Kriegsgebiet kommen, die ihre Eltern verloren haben oder schwer misshandelt wurden, vor Misshandlungen geflüchtet sind. Ich denke, in diesem Fall ist es wirklich notwendig, eine kindgerechte Unterbringung zu ermöglichen. Dazu sind die Jugendwohlfahrtsämter da. Da müssen Fachleute einbezogen werden.

Ich hoffe, dass man sich überlegt, wie die Clearingstellen, die jetzt mit EU-Geldern eingerichtet werden, länger finanziert werden können. Wenn ich mir anschaue, was weltweit an Kriegen und großen Katastrophen vor sich geht, befürchte ich, dass die Zahl der Jugendlichen, die in unser Land flüchten müssen, nicht geringer wird. Ich denke, Österreich tut gut daran, diese jungen


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Menschen aufzunehmen und gut unterzubringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.25


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

14.25

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Geschätzte Damen und Herren auf den Zuhörerrängen! Ich habe mit einem gewissen Maß an Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass Kollegin Jäger meinte, Clearingstellen seien ein jahrelanges Versäumnis. Ich rufe in Erinnerung, dass die Innenminister der Vergangenheit Schlögl, Löschnak, Einem, Blecha und so weiter hießen und ihre Amtszeit einen Zeitraum umfasste, der beinahe mein Lebensalter erreicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich hat sich in den letzten Jahrzehnten einen sehr positiven Ruf erworben, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht. Österreich hat nicht nur viel mehr Flüchtlinge je Einwohner in Relation zu anderen Ländern aufgenommen, sondern ist diesen Menschen auch in schwierigen Zeiten massiv zur Seite gestanden. Ich erinnere an die Krisen in Tschechien, Ungarn und so weiter. Wie bedeutsam eine derartige Hilfe ist, kann nur jemand ermessen, der selbst betroffen war oder ist. Ich betone dies deshalb so ausdrücklich, weil mein Vater, mein Großvater und meine Großmutter ebenfalls als Flüchtlinge nach Österreich gekommen sind und in schwierigsten Zeiten auch aufgenommen wurden, wofür ich mich persönlich sehr herzlich bedanke, weil das in den schwierigen Zeiten nach dem Krieg keine Selbstverständlichkeit war.

Am meisten leiden unter derartigen Extremsituationen wie Krieg und ähnlichen Konflikten vor allem junge Menschen und dabei insbesondere jene, die die Flucht aus der Krisenregion ohne familiären Schutz und Hilfe antreten mussten. Es sei auch offen gesagt, dass jedes System verbesserungswürdig ist. Deshalb diskutieren wir heute über die Errichtung einer Einrichtung, die genau diesen Jugendlichen zur Seite stehen soll, und zwar der bereits genannten Clearingstellen.

Die Einführung von Clearingstellen ist ein dringend notwendiges Erfordernis, das nicht durch einen pauschal formulierten Antrag, wie von der Opposition gefordert, die Aufgabe von den Ländern an den Bund überträgt, sondern es handelt sich um ein seit Monaten von unserem Bundesministerium für Inneres vorbereitetes Projekt, selbstverständlich unter massiver Einbindung aller Bundesländer.

Seit Dezember des Vorjahres wurde daher eine Länderarbeitsgruppe eingesetzt. Die Länder einigten sich trotz unterschiedlicher Ausgangssituationen auf ein Konzept, das die völlige Einigung auf gemeinsame Standpunkte vorsieht. Insgesamt sind bis zu vier Clearingstellen in Österreich vorgesehen. Durch Pilotprojekte soll das beste Modell ermittelt werden und im Zuge der Überprüfung der Identität der Jugendlichen selbstverständlich eine altersgemäß angepasste Unterbringung gewährleistet sein. Wir fordern, hier den Weg zu gehen, dass nach fachgerechter medizinischer und psychologischer Betreuung des unbegleiteten Jugendlichen überprüft wird, ob eine Rückkehr in seine Heimat erfolgen kann oder der jugendliche Flüchtling in unsere Gesellschaft integriert wird.

Mit diesen Erstanlaufstellen für Jugendliche soll ein weiterer positiver Mosaikstein in der österreichischen Flüchtlingspolitik geschaffen werden. Deshalb ist Österreich auch bereit, aus Bundes- und Landesmitteln mit Unterstützung des Europäischen Flüchtlingsfonds insgesamt 34 Millionen Schilling dafür aufzuwenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Innenministerium hat in Zusammenarbeit mit den Ländern unter gewohnt souveräner Führung durch unseren Bundesminister Dr. Strasser das Projekt Clearingstelle solid vorbereitet. Ich erbitte daher Ihre Unterstützung für den Antrag der Abgeordneten Ofner und Ellmauer. Setzen wir ein gemeinsames Zeichen, geben wir jungen Menschen wieder Hoffnung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

14.29

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich stimme meinem Vorredner, Herrn Hornek, sehr wohl zu, wenn er sagt, man muss den Jugendlichen eine Chance geben. Deswegen stimmen wir auch dem Antrag des Herrn Kollegen Posch zu. Bei einer Chance geht es auch darum, dass man genau sieht, worum es geht, worüber wir sprechen, für wen etwas geschehen soll und welche Maßnahmen genau zu setzen sind.

Worüber sprechen wir hier eigentlich? – Es geht darum, dass die Zahl von Jugendlichen, die in Österreich Asylanträge stellen, in der Vergangenheit nicht gesunken, sondern gestiegen ist. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres hat es allein in Wien 170 neue Asylanträge von Minderjährigen gegeben. Verglichen mit dem Vorjahr ist das eine Steigerung um 100 Prozent.

Das heißt, es ist richtig und notwendig, dass jetzt diese Clearingstellen eingerichtet werden. Im Grunde begrüßen wir das. Aber dass die beiden Regierungsfraktionen dem nicht nähertreten können, dass sie sagen, bei Minderjährigen ist grundsätzlich von der Verhängung der Schubhaft abzusehen, kann ich wirklich nicht verstehen. Schon in der Kinderrechtskonvention, die auch Österreich unterzeichnet hat, steht ganz deutlich, dass hiefür Maßnahmen zu setzen sind: angemessener Schutz des Flüchtlingskindes, humanitäre Hilfe, besonderer Schutz und Beistand des Staates, geeignete Kinderbetreuungseinrichtungen, und es soll auch Kontinuität geben. Das alles sind Dinge, die in der Schubhaft wirklich nicht gewährleistet sind.

Von daher sind diese Clearingstellen ein guter Ansatz. Ich begrüße auch die Projekte, die es in diesem Zusammenhang gibt.

Dazu als Anmerkung die Frage: Ist auch für Kärnten eine solche Clearingstelle geplant? – Der Kärntner Landeshauptmann stellt sich ja immer als einer dar, der in gewisser Form durchaus sehr freundlich gegenüber Fremden eingestellt ist. (Abg. Pistotnig: Ist er auch!) Es würde mich interessieren, von den Rednern, die noch kommen werden – von der ÖVP oder vielleicht auch von der FPÖ –, zu hören, ob das auch für Kärnten geplant ist. Meinen Informationen nach gibt es das derzeit nicht.

Lassen Sie mich noch einmal auf die Punkte im Antrag des Herrn Kollegen Posch zurückkommen, denen die Regierungsfraktionen nicht beitreten können, nämlich bei minderjährigen Flüchtlingen prinzipiell von der Schubhaft abzusehen. Ich frage mich – und das haben Sie mir heute noch nicht beantwortet –, warum Sie nicht grundsätzlich sagen: Nein, Minderjährige gehören nicht in Schubhaft, sie brauchen eine ordentliche Betreuung, sie brauchen – wie Herr Kollege Ofner gesagt hat – Kleidung, Betreuung und etwas zum Essen.

Das brauchen auch diejenigen, die in Österreich sind, ohne Papiere zu haben, die so genannten papierlosen Jugendlichen. Da frage ich mich ebenfalls, warum Sie, da Sie doch sonst für Familien und für den Schutz von Kindern sind, nicht zustimmen, dass es auch für "papierlose" Jugendliche, die ohne eigenes Verschulden und ohne korrekten Aufenthaltsstatus in Österreich sind, eine generelle gesetzliche Lösung geben soll. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wahrscheinlich stehen Gedanken und Haltungen dahinter, die meiner Ansicht nach im Debattenbeitrag von Herrn Dr. Ofner zum Ausdruck gekommen sind, betreffend sein Bild von den Flüchtlingen. Er hat in seinem Redebeitrag vorhin gemeint, man müsse darauf achten, dass die Jugendlichen, wenn sie hier sind, wieder Kontakt mit ihrem Heimatland haben. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn es überhaupt eine Chance gibt, dass sie dorthin zurück können. Aber das Bild, das Herr Dr. Ofner von den Jugendlichen anscheinend hat, zeigt sich darin, dass er sinngemäß gesagt hat: Wenn es den Kontakt zum Heimatland wieder gibt, dann wird auch die Reue darüber vorhanden sein, dass sie sich abgesetzt haben.


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Herr Dr. Ofner! Das impliziert doch, dass Sie meinen, dass das nicht wirklich Flüchtlinge sind, sondern dass sie einmal schauen wollen, wie es in Österreich aussieht. (Abg. Dr. Ofner: Wird bei vielen so sein!) Sie verkennen dadurch (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was soll ein 15-Jähriger ...?), dass Jugendliche nicht gerne und freiwillig weggehen, sondern verfolgt werden. Vielleicht verkennen Sie die Tatsache, wie auch die Menschenrechte von Jugendlichen in manchen Ländern geschunden werden, sodass Jugendliche ihres Lebens nicht mehr sicher sind und weggehen müssen. Das ist Ihr Bild: Sie meinen, es sind das alles irgendwelche, die eben einmal nachschauen wollen, wie es hier ist, und wenn es ihnen nicht gefällt, gehen sie wieder weg – nach dem Motto: Aus Jux und Tollerei gehen wir einmal nach Österreich und schauen, wie dort das Leben ist.

Dem entspricht auch die Haltung der freiheitlichen Abgeordneten Freigaßner im Ausschuss. Dort hat sie gemeint, dass das Lernen der deutschen Sprache während der Zeit, in welcher der oder die Minderjährige noch keine Antwort oder noch keinen positiven Bescheid zum Asylantrag bekommen hat, als eine Maßnahme der Integration nicht vorzusehen ist.

Herr Dr. Ofner, Sie haben sogar gesagt: Das ist eine Belastung für die Betroffenen, das ist eine unzumutbare Anforderung. – Aber gerade Jugendliche tun sich mit dem Lernen von Sprachen um vieles leichter als wir Ältere.

In der vorigen Diskussion hat sogar jemand von ÖVP und FPÖ gemeint, dass Sprachen eine Bereicherung sind. Warum sollen also diese Jugendlichen, wenn sie für mehrere Monate hier in Österreich sind, nicht Deutsch lernen können? (Abg. Dr. Ofner: Dann gehe ich davon aus, dass Sie für den Westenthaler-Antrag eintreten werden, Ausländer sollen Deutsch ...!)  – Weil sie, wie Ihre Kollegin Freigaßner vermutet, dann, wenn der Asylantrag abgelehnt wird, illegal nach Österreich zurückkehren, weil sie dann schon Deutsch können. Haben sie Deutsch gelernt, dann kommen sie gleich wieder. (Abg. Dr. Ofner: Sie haben eine merkwürdige Parallele zum Abgeordneten Westenthaler: Deutsch lernen!)

Sie gehen hier von dem Bild aus, dass diese Jugendlichen wirklich aus Jux und Tollerei nach Österreich kommen und nicht unsere Unterstützung brauchen. (Abg. Dr. Ofner: Westenthaler – Lunacek!) Deswegen sind Sie auch nicht dafür, dass diese Jugendlichen einen geregelten Aufenthaltsstatus bekommen, und deswegen sind Sie anscheinend auch nicht dafür, dass bei Minderjährigen generell nicht die Schubhaft verhängt wird. Mir tut das sehr Leid. Es wäre eine Chance gewesen, dass Sie hier eine andere Position beziehen. Trotzdem ist es gut, dass es einen ersten Schritt in Richtung dieser Clearingstellen gibt.

Was die Sprache und das Bild von den jugendlichen Minderjährigen betrifft, denke ich, dass da noch viel Arbeit zu leisten ist. Leider stimmen Sie diesmal unserem Antrag – beziehungsweise dem des Herrn Kollegen Posch, um ihn hier nicht vereinnahmen zu wollen – nicht zu. Vielleicht gelingt das ein nächstes Mal. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte.

14.36

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Bezüglich der Notwendigkeit der Errichtung von Clearingstellen für die Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen und Asylwerbern sind sich grundsätzlich alle Parteien hier im Parlament einig. Auch von Seiten des Herrn Bundesministers kam heute eine entsprechende Zusage. Unterschiedliche Meinungen gibt es leider bezüglich der Anzahl dieser Stellen.

Diese Clearingstellen werden vor allem eine zentrale Anlaufstelle für minderjährige Flüchtlinge darstellen. Wie wir immer wieder feststellen müssen, nehmen in der großen Gruppe von Flüchtlingen und Asylsuchenden die unbegleiteten Minderjährigen eine besonders tragische Stellung ein. Sie kommen zumeist ohne Sprachkenntnisse, nach einer langen und beschwerlichen Flucht aus ihrem Heimatland, wo sie verfolgt wurden oder werden, abgekämpft und an der Grenze ihrer Belastbarkeit in unserem Österreich an.


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Die Verhängung der Schubhaft bringt in vielen Fällen eine weitere Verschlechterung ihrer ohnedies tristen Situation mit sich. Bei unter 14-Jährigen wird zwar keine Schubhaft verhängt, 14- bis 19-Jährige werden jedoch immer wieder in eine solche genommen. Dies ist insofern besonders bedauerlich, als § 66 des Fremdengesetzes gelindere Mittel normiert. Laut Gesetzestext soll die Schubhaft bei Minderjährigen eine Ausnahme und das gelindere Mittel die Regel sein. Leider ist es aber in vielen Fällen umgekehrt.

Wir sind uns erfreulicherweise auch darüber einig, dass in den zu schaffenden Clearingstellen als zentralen Anlaufstellen neben der Unterbringung und der notwendigen Verpflegung auch das Erlernen der deutschen Sprache ermöglicht werden soll.

In drei Punkten jedoch unterscheidet sich unser Antrag von jenem von ÖVP und FPÖ. Es sind dies sehr wesentliche Punkte. Erstens sieht der SPÖ-Antrag vor, dass in jedem Bundesland eine solche Anlaufstelle, eine Clearingstelle errichtet wird. Zweitens sollte man bei minderjährigen Flüchtlingen, also auch bei 14- bis 19-Jährigen, generell von der Verhängung der Schubhaft absehen. Drittens sollte man für "papierlose" Jugendliche, welche ohne eigenes Verschulden, meist mit ihren Eltern oder Verwandten schon vor Jahren nach Österreich gekommen sind, ebenfalls eine generelle gesetzliche Lösung finden. Diese Kinder und Jugendlichen haben nämlich nach derzeitiger Gesetzeslage keinen rechtlichen Aufenthaltstitel.

Diese drei Punkte sind meiner Meinung nach für die Betroffenen und auch schwer getroffenen jugendlichen Flüchtlinge sehr wichtig und wesentlich, werden aber leider, wie wir heute schon gehört haben, von den beiden Regierungsparteien abgelehnt.

Die Einbindung von Asylbehörden, Jugendwohlfahrtseinrichtungen und NGOs in diese Clearingstellen wird von uns Sozialdemokraten begrüßt und befürwortet.

Werte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ! Bei den vielen Gemeinsamkeiten zu diesem Tagesordnungspunkt bezüglich Einführung von Clearingstellen dürfte es Ihnen doch nicht schwer fallen, einmal über Ihren Schatten zu springen und auch, wie Sie ankündigen, Politik mit Herz zum Wohle der betroffenen und getroffenen minderjährigen Flüchtlinge zu machen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte.

14.40

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich denke, Sie erinnern sich daran, dass ich Ihnen im Dezember des vergangenen Jahres einen Brief geschrieben habe. Sie haben mir im Jänner dieses Jahres geantwortet. Ich wäre Ihnen sehr dankbar gewesen, wenn Sie hier in Ihrem Debattenbeitrag in Bezug auf den Hintergrund in Sachen Schaffung von Clearingstellen deutlicher geworden wären. Aber ich verstehe wiederum auch, dass Sie das nicht haben tun können, weil Sie dann gleichzeitig hätten zugeben und den Beweis dafür erbracht hätten, weswegen Ihr Entschließungsantrag, der Antrag der Regierungsparteien, so beliebig gehalten ist.

Wie schaut denn die Situation aus? (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)  – Wir wissen seit mehr als einem Jahr, dass es sich bei den Länderverhandlungen spießt und dass dort nichts weitergeht. Wir kennen auch die bestimmten Bundesländer, die "dankenswerterweise" ordentlich mitmischen, damit sich nichts tut und damit nichts weitergeht. Es ist für mich auch völlig klar, dass Abgeordnete hier herausgehen und plötzlich sagen: maximal vier Clearingstellen! – Klar, die anderen Bundesländer werden nicht dazu bereit sein.

Frau Abgeordnete Zierler! Wie schaut es denn mit Ihrem "einfachen Parteimitglied" in Kärnten aus? Wird es dort eine Clearingstelle geben? (Abg. Dr. Mertel: Selbstverständlich!)  – Ich gehe nicht davon aus.


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Es ist auch bezeichnend, dass Herr Ellmauer hier herausgeht und die Steiermark und Oberösterreich als die ersten Pilotprojekte anführt. Wir alle wissen, wie schwierig die Situation in Wien ist, dass Wien am Rande der Kapazität für Aufnahmen steht, dass es dringend Projekte und auch die Bundes-Mitfinanzierung bräuchte. (Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fasslabend gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Wien ist das einzige Bundesland, das diese Aufgabe bisher ernst genommen und auch Angebote unterbreitet hat. (Beifall bei der SPÖ. )

Gehen Sie ins Kompetenzzentrum! Schauen Sie sich die Situation dort an, lassen Sie sich von den Expertinnen und Experten, den Betreuerinnen und Betreuern die Situation schildern. Vielleicht geht Ihnen dann das Herz etwas mehr auf – anlässlich Ihrer "Herz"-Politik.

Wenn Sie den "Falter" von vergangener Woche lesen, finden Sie dort ohnedies alles angeführt, worum es wirklich geht, die Dramatik und die wirklichen Betroffenheiten der jungen Menschen, die hier leben. Was auch sehr bemerkenswert ist, ist, dass in diesem Kompetenzzentrum für Jugendliche in Wien selbstverständlich Deutschkurse durchgeführt werden.

Herr Minister! Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie den Redebeiträgen der Freiheitlichen hier auch Paroli bieten würden. Nachvollziehbar – ich habe es schon im Ausschuss gesagt – ist die Debatte um den Deutschunterricht in diesem Zusammenhang wahrlich nicht. Das würde ja implizieren, dass alle unsere Jugendlichen, wenn sie in der Schule Englisch lernen, nach England oder Amerika auswandern wollen. (Abg. Haigermoser: Ha, so einen Humbug verzapfen!)

Herr Haigermoser! Was haben Sie gegen Fremdsprachenunterricht? – Das, was Jugendliche hier brauchen, ist eine Zukunftsperspektive, egal, wo sie ihr weiteres Leben verbringen werden oder verbringen wollen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Ofner: Sagt der Westenthaler auch immer!)

Geben Sie diesen jungen Menschen die Chance, diese sehr, sehr harte Zeit sinnvoll zu nützen! Lassen Sie sie ein menschenwürdiges Leben leben! Aus diesem Grund noch einmal ein Appell. Ihr erster Schritt – okay, er wird von uns zur Kenntnis genommen, aber er ist sehr mager und sehr dürftig ausgefallen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte. (Abg. Dr. Mertel: Fanfaren!)

14.44

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Grund des Hinweises der Frau Abgeordneten Prammer bin ich sehr gern bereit, hier detaillierte Auskunft zu geben. (Abg. Mag. Prammer: Wir werden Sie beim Wort nehmen!)

Bis zum Februar 2001 gab es in dieser Hinsicht unterschiedliche Auffassungen der Bundesländer. Seit Februar 2001 gibt es grundsätzlich die Zustimmung aller Bundesländer, dieses Konzept zu verfolgen. Vor dem Februar 2001 hatte leider ein Bundesland nicht die Zustimmung gegeben. Dieses Bundesland heißt Burgenland. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Aha, Burgenland!)

14.45

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Wir gelangen nun zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 577 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 577 der Beilagen beigedruckte Entschließung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen. (E 82.)

4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (421 der Beilagen): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (556 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Ich erteile es ihm.

14.47

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dass Patientenrechte ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden und qualitativ hochwertigen Gesundheitsvorsorge sowie der Rechtsordnung sind, dürfte in diesem Hause unbestritten sein. Es war auch immer schon ein Anliegen der Sozialdemokratie, Patientenrechte zu garantieren und auszubauen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Daran wird sich von unserer Seite natürlich auch in Zukunft nichts ändern. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Ich bitte um ein bisschen Rücksichtnahme auf den Redner. Ich weiß, wir stehen kurz vor einer Dringlichen Anfrage, und daher gibt es vielleicht bereits Gespräche, die in diese Richtung gehen. Jetzt haben wir einen anderen Tagesordnungspunkt vorliegen. Ich meine, die Ausführungen des Abgeordneten Manfred Lackner verdienen es, gehört zu werden. (Jawohl-Rufe bei der ÖVP.)

Abgeordneter Manfred Lackner (fortsetzend): Ich danke dem Herrn Präsidenten, dass er mir die Aufmerksamkeit des Hauses sichert.

Meine Damen und Herren! Die nunmehr vorliegende Artikel-15a-Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte, auch Patientencharta genannt, enthält jene patientenrechtlichen Regelungen, die ich jetzt beispielhaft kurz anführen möchte: erstens das Recht auf Behandlung und Pflege, zweitens das Recht auf Achtung der Würde, drittens das Recht auf Selbstbestimmung und Information sowie natürlich auch besondere Bestimmungen für Kinder, wobei mir das Recht auf die Mitnahme einer Bezugsperson zu schwammig ausgefallen ist.

Geschätzte Damen und Herren! Wir stehen dieser Patientencharta positiv gegenüber und werden ihr heute selbstverständlich auch die Zustimmung erteilen.

Grundsätzlich sei jedoch angemerkt, Herr Dr. Pumberger, dass eine bundeseinheitliche Regelung sicher besser und auch anzustreben wäre, weil wirklich nicht einzusehen ist, dass es von Landesregierungen abhängt, wie Patientenrechte in Zukunft ausschauen und ob und wie Patientenrechte garantiert werden können. Auch möchte ich von dieser Stelle aus auf das Problem der Rechtsdurchsetzung verweisen, Herr Dr. Pumberger. Ich glaube, hier befinden wir uns ebenfalls im Konsens.

Meine Damen und Herren! Die derzeitige Situation der Schadenersatzansprüche, dass nämlich Patienten für mögliche Fehlleistungen durch Ärzte aufkommen müssen, ist für mich unerträglich und sollte sehr rasch durch eine verschuldensunabhängige Medizinhaftung ersetzt werden. Diese sollte von einer Risikogemeinschaft, mit Ausnahme der Patientinnen und Patienten, getragen werden.

Ich befinde mich hiermit in prominenter Gesellschaft, denn niemand Geringerer als der Herr Staatssekretär selbst hat im Gesundheitsausschuss gesagt, dass auch er die derzeitige Situation als nicht sehr zufrieden stellend sieht und dass er ebenfalls eine andere Lösung anstreben möchte, und zwar weg von einer Patienten- und hin zu einer Trägerbelastung. Hiefür wird


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der Herr Staatssekretär natürlich unsere Unterstützung bekommen. Ich denke, das ist der Weg in die richtige Richtung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Meine Damen und Herren! Die heutige Beschlussfassung dieser Patientencharta ist, wenn Sie so wollen, die konsequente Fortsetzung einer bereits begonnenen Arbeit unter sozialdemokratischen Bundesministern. Es war unser Weg in der Gesundheitspolitik, diese stetig zum Wohle der Menschen in diesem Lande weiterzuentwickeln.

Jetzt, meine Damen und Herren, sind in diesem Bereich für die Menschen leider Stillstand und auch Rückschritt angesagt. So ist es wohl auch erklärbar – zumindest für mich erklärbar –, dass Sie den Gesundheitsbericht für die Jahre 1996 bis 1998 nicht im Plenum diskutieren wollten, denn dieser Gesundheitsbericht, meine Damen und Herren von der Koalition, ist ein Zeugnis ausgezeichneter Gesundheitspolitik sozialdemokratischer Prägung. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf solche Erfolge, meine Damen und Herren, können Sie nicht verweisen, daher scheuen Sie auch den Vergleich in diesem Haus – das ist schade, ich hätte diesen Vergleich heute hier sehr gerne geführt – und daher erfolgt auch die Enderledigung im Ausschuss, noch dazu unter Ausschluss der Öffentlichkeit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

14.52

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lackner, eine bundeseinheitliche Regelung wäre Ihnen lieber, sagen Sie. Ich bezweifle aber, dass wir, weil dies ja einer verfassungsmäßigen Mehrheit bedürfte, die Zustimmung der Opposition bekommen würden, auch wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen eine bundeseinheitliche Regelung.

Zehn Jahre ist es her – zehn Jahre SPÖ-Gesundheitspolitik! –, vor zehn Jahren kam die Anregung, dass man, nachdem es keine bundeseinheitliche Regelung gibt, eben auf Ebene der Artikel-15a-Vereinbarung die Patientenrechte stärkt und sichert. Zehn Jahre SPÖ-Regierung, SPÖ-Gesundheitspolitik, und nichts ist in dieser Zeit geschehen, absolut nichts! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ja, Herr Kollege Ofner, da kann man fast nicht applaudieren, denn es ist traurig, wenn zehn Jahre lang nichts geschieht. (Abg. Dr. Ofner: Aber die Feststellung war so wichtig, dass ich applaudieren musste!) – Danke, Herr Kollege Ofner! Danke!

Es hat des Vorstoßes des wieder gewählten Landeshauptmannes von Kärnten bedurft: Dr. Jörg Haider als neu gewählter Landeshauptmann hat als Erster diese Patientencharta unterzeichnet, und auf Grund dessen wurde dieser Vertrag zwischen Kärnten und dem Bund abgeschlossen. In der Folge haben nahezu alle freiheitlichen Landtagsklubs in den Landtagen Anträge gestellt, aber von der Mehrheit – der SPÖ und teilweise auch der ÖVP – wurde das abgelehnt.

Dieselben Anträge wurden dann mit einer gewissen Frist wortidentisch von den damaligen Regierungsparteien eingebracht – von der SPÖ im Burgenland zum Beispiel, was wir heute beschließen –, und jetzt ist es rechtens. Es darf nur nicht sein, dass Patientenrechte auf Initiative der Freiheitlichen gestärkt werden. Aber es ist gut, dass wir freiheitliche Landespolitik in Kärnten machen, dort die Führung haben und dass Jörg Haider diesen Vorstoß gemacht hat. Jetzt sind die Patienten zu ihrem Recht gekommen!

Ein zweites Bundesland, nämlich das Burgenland, hat sich dieser freiheitlichen Forderung angeschlossen (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen), und nun ist bereits auch die Regierungsvorlage für das Bundesland Oberösterreich fertig, und das freut mich ganz besonders. (Neuerlicher Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Säumig – säumig! – ist das Bundesland Wien mit der absoluten SPÖ-Mehrheit, diesem sind die Patientenrechte ziemlich egal. (Ruf bei der SPÖ: In Wien ist es am besten!) Genau so, wie sich 30 Jahre lang SPÖ-Gesundheitspolitik kaum um die Patientenrechte geschert hat, ist es jetzt


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Bürgermeister Häupl noch immer völlig egal, ob hinsichtlich der Patientenrechte dieser Vertrag auf Ebene einer Artikel-15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und Wien abgeschlossen wird. In Wien gibt es noch nicht die geringsten Intentionen, dass dieser Vertrag zustande kommt. (Ruf bei der SPÖ: Wien hat die beste Regelung!) Ich würde mir wünschen, dass Sie statt dieser inkompetenten Zwischenrufe endlich einmal Landeshauptmann Häupl ein bisschen auf die Beine helfen, damit er sich endlich um die Patientenrechte kümmert – Patientenrechte, die gestärkt werden müssen!

In dieser Charta, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird das Recht auf Behandlung und Pflege festgeschrieben. Ich komme nun wirklich zum Inhaltlichen, denn das haben Sie, Herr Kollege Lackner, ja versäumt: Es soll der gleiche Zugang zu notwendigen medizinischen Leistungen für alle Bürger – ganz gleich welchen Alters, welchen Geschlechts, welchen Glaubens – gewährleistet sein, ebenso das Recht auf Achtung der Würde und Integrität. Das ist ja etwas ganz Wichtiges, meine Damen und Herren! Die Privatsphäre der Patienten muss gewahrt werden. Das wird gerade in den Spitälern heute oft sträflich vernachlässigt. Bei den Gang-Betten zum Beispiel oder in Mehrbett-Zimmern ist es sehr häufig nicht möglich, dass die Privatsphäre der Patienten beachtet wird – oder es wird einfach nicht gemacht.

Weiters: das Recht auf Selbstbestimmung und Information, auf ausreichende Information der Patienten in dem Sinne, dass sie aufgeklärt werden über die notwendigen Eingriffe, die bevorstehen, dass der Patient über die Behandlung, die die Ärzte mit ihm vorhaben, auch richtig aufgeklärt wird und dass er selbst bestimmen kann, was mit ihm gemacht wird. Das ist eine ganz wichtige Sache.

Bereits vorhandene Patientenrechte sind schon in Teilgesetzen niedergeschrieben, aber jetzt gibt es verpflichtend zwischen dem Bund und den Bundesländern Kärnten und nunmehr dem Burgenland und bald auch Oberösterreich die Selbstbestimmung der Patienten.

Auch das Recht auf Dokumentation ist ganz wichtig. – Herr Kollege Leiner; du nickst. Ich weiß, du möchtest das auch gleich sagen: Die Dokumentation ist ganz wichtig! – Aber nach der Dringlichen kannst du das noch einmal bekräftigen: Dokumentation ist wichtig – nicht nur bei den Ärzten im niedergelassenen Bereich, sondern auch im Spitalsbereich. Die Ärzte müssen das niederschreiben. Diese Dokumentation ist für die Patienten sehr wichtig, weil sie unter Umständen für Beweiszwecke herangezogen werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Leiner hat Unterlagen in der Hand und wartet, zwischen den vorderen Bankreihen stehend, offensichtlich auf das Ende der Ausführungen des Abg. Dr. Pumberger.)

Herr Kollege Leiner, es zahlt sich kaum mehr aus für dich. Du kannst dann die ganze Zeit nach der Dringlichen nützen.

Bevor der Herr Präsident unterbricht, sage ich noch, dass es ganz wichtig ist, dass die Rechte für die Kinder in dieser Patientencharta gestärkt werden, dass die Aufklärung der Erziehungsberechtigten niedergeschrieben wird, Herr Kollege Gusenbauer. (Abg. Dr. Gusenbauer betritt soeben den Sitzungssaal.)  – Zur Dringlichen kommt er, bei den Patientenrechten war er abwesend. Patientenrechte sind für die SPÖ – ich habe es in Ihrer Abwesenheit schon erwähnt – offenbar nicht so wichtig. Landeshauptmann Häupl ist der Säumigste aller Säumigen unter den Landeshauptleuten, was Patientenrechte anlangt. Sagen Sie es ihm – ich wiederhole es noch einmal –: Häupl soll endlich diese Artikel-15a-Vereinbarung vorantreiben!

Es müssen die Rechte der Kinder im Spitalswesen gestärkt werden, und ein wichtiger Punkt ist auch die Aufklärung der Erziehungsberechtigten und auch die Aufklärung der mündigen Minderjährigen. Das ist ganz wichtig! Die Vertretung von Patienteninteressen ist in dieser Charta festgeschrieben, ebenso die Stellung unabhängiger Patientenvertreter. Es müssen weisungsfreie Patientenvertreter eingesetzt werden, damit sie auch die Interessen der Patienten vertreten können. Es muss auch weisungsfreie, unabhängige Selbsthilfegruppen geben. Das ist sehr, sehr wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wichtig ist auch die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen. Es muss eine Verbesserung der Verjährungsfrist geben, und eine Abweichung vom Schadenersatzrecht soll in jedem Fall zugunsten des Patienten erfolgen.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese wichtigen Punkte, die ich jetzt aufgezählt habe, sind alle in der Charta festgeschrieben, als Vereinbarung auf Artikel-15a-Ebene zwischen Bund und Bundesländern. Ich fordere die säumigen Bundesländer, allen voran das mit einer absoluten SPÖ-Mehrheit regierte Bundesland Wien, auf, endlich dieser Artikel-15a-Vereinbarung beizutreten und die Rechte der Patienten auch in Wien zu festigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Herr Abgeordneter, ich mache darauf aufmerksam, dass nur mehr etwa 2 Minuten zur Verfügung stehen, und bitte, die Redezeit entsprechend einzuteilen oder Ihre Rede nachher fortzusetzen.

15.00

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Ich hätte an sich mehr vorbereitet – beziehungsweise bin ich entsprechend beraten worden –, aber aus Zeitgründen möchte ich nur darauf hinweisen, dass diese Patientenrechtscharta eigentlich schon eine Vergangenheit hat. Man hat die Probleme in diesem Zusammenhang schon sehr früh durch verschiedene Gesetze zu lösen versucht, und durch das Abkommen mit den einzelnen Ländern – Kärnten war hier ja beispielgebend vorausgegangen – wurden alle diese Gesetze zusammengefasst. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich glaube, dass das durchaus von Vorteil ist. Obwohl diese Patientenrechte also in vielen Länderrechten und auch in Bundesgesetzen dokumentiert sind, werden sie in diesen Abkommen mit den Ländern jetzt entsprechend zusammengefasst. Das Ganze wird auf diese Weise durchsichtiger, und wenn noch Lücken vorhanden sind, können diese auch entsprechend geschlossen werden.

Oberösterreich, die Steiermark und Niederösterreich haben die Wichtigkeit dieser Materie erkannt und ihre Zustimmung zu einem Abschluss schon gegeben. Aus Tirol sind bereits positive Signale gekommen, und in Salzburg werde ich dahinter sein, dass man auch dort solch positive Signale setzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Patientenrechtscharta ist für die Patienten, und daher müssten die einzelnen Länder wirklich daran interessiert sein, den Vorläufern Kärnten und Burgenland zu folgen – im Sinne der Patienten und für das Wohl unserer Bevölkerung! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt – um 15.02 Uhr – die Verhandlungen über den Punkt 4 der Tagesordnung.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an die Bundesregierung betreffend Presse- und Meinungsfreiheit (430/A) (E)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zur Behandlung eines Dringlichen Antrages.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die drei "Weisen" haben in ihrem Bericht über die österreichische Bundesregierung und über den Justizminister unmißverständlich festgestellt:

"93. Eines der problematischsten Kennzeichen führender Mitglieder der FPÖ sind Versuche, politische Gegner zum Schweigen zu bringen oder sie sogar zu kriminalisieren, wenn sie die österreichische Regierung kritisieren. Das häufige Anstrengen von Beleidigungsprozessen gegen Personen, die die FPÖ oder Äußerungen ihrer politischen Führung kritisiert haben, muß auch in diesem Zusammenhang gesehen werden.


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94. In einer Pressekonferenz, die der Landeshauptmann des Landes Kärnten in Anwesenheit des Bundesministers der Justiz gab, wurde die Möglichkeit erwähnt, eine Vorschrift des Strafgesetzbuches auf Abgeordnete anzuwenden, die die Regierung kritisieren. Als die Oppositionsparteien eine förmliche parlamentarische Befragung einleiteten, betonte der Justizminister die Meinungsäußerungsfreiheit jener, die einen solchen Vorschlag unterbreiteten. Er unterstrich, daß jeder die Möglichkeit haben müsse, seine Meinung zu äußern.

95. Wir sind der Auffassung, daß eine solche Position eines Ministers in der Bundesregierung nicht mit den Verpflichtungen eines Staatsorgans vereinbar ist, wie sie sich aus der Verfassungsstruktur der Europäischen Union ergeben, die in Artikel 6 des Unionsvertrags bestätigt wird.

104. Wir haben den Eindruck gewonnen, daß das Verhalten der Minister der FPÖ in der Regierung seit Februar 2000 im allgemeinen nicht kritisiert werden kann. In einigen Fällen hat das Verhalten des Justizministers jedoch Besorgnis ausgelöst."

Am 10. September 2000 hat sich Bundeskanzler Schüssel auf Grund des "Weisenberichts" vom ersten Versuch des Justizministers, Kritik an der Regierung strafrechtlich sanktionieren zu lassen, distanziert. (s. APA 0383/10. September 2000) Nicht nur der Bundeskanzler hat sich bereit erklärt, die Kritik des Berichts ernst zu nehmen und den Empfehlungen zu folgen. Die österreichische Bundesregierung hat sich damit verpflichtet, alles zu tun, um insbesondere die Presse- und Meinungsfreiheit vor Angriffen zu schützen.

Trotzdem sind die Serienprozesse, die Regierungspolitiker gegen Opposition und Medienkritik eingeleitet haben, verstärkt fortgeführt worden. Klagen werden nach wie vor als Mittel zur Einschüchterung mißbraucht. Die Kanzlei des Justizministers spielt dabei nach wie vor eine Schlüsselrolle.

Seit kurzem wird allerdings Kritik erstmals auf eine neue Art verfolgt. Die Journalisten, die am 4. Oktober 2000 an einer Pressekonferenz im Grünen Klub teilgenommen und darüber berichtet haben, werden mit einem Verfahren nach § 301 StGB und damit mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bedroht. Ein kaum judizierter, "vergessener" Paragraph des Strafgesetzbuches ist wiederbelebt worden, um erstmals Journalisten mit Freiheitsstrafen bedrohen zu können.

Der Paragraph 301 (1) sagt: "Wer einem gesetzlichen Verbot zuwider eine Mitteilung über den Inhalt einer Verhandlung vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde, in der die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise veröffentlicht, dass die Mitteilung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

Jetzt ist Justizminister Böhmdorfer einen Schritt weiter gegangen. Ein neuer Paragraph 56 soll in der Strafprozeßordnung das Zitieren aus Akten gerichtlicher Vorverfahren mit schweren Strafen bedrohen. Der § 56, der zur Begutachtung ausgesandt wurde, lautet:

"§ 56: Der Beschuldigte ist berechtigt, dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen, die er im Verfahren unmittelbar oder durch Akteneinsicht erlangt hat, zum Zweck seiner Verteidigung und zur Verfolgung anderer überwiegender Interessen zu verwerten. Es ist ihm jedoch untersagt, solche Geheimnisse in einem Medienwerk oder sonst auf eine Weise zu veröffentlichen, dass die Mitteilung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, wenn dadurch schutzwürdige Interessen Dritter verletzt würden (§ 301 StGB)."

Damit hat der Justizminister auch nach dem Bericht der "Weisen" offen versucht, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit durch Gesetze einzuschränken. Nicht nur Böhmdorfer weiß: Wer die Pressefreiheit einschränkt, schneidet auch die parlamentarische Opposition wirksam von der Öffentlichkeit ab. Auch wenn der Justizminister jetzt "Nachgeben" signalisiert, bleibt es dabei: Der § 56 der Strafprozeßordnung mit den Strafdrohungen gegen investigativen Journalismus soll unverändert in Begutachtung gehen. Die Strafdrohung wird vom § 301 einfach übernommen.


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Letzten Endes ist es nicht entscheidend, ob die freie Berichterstattung durch Freiheitsstrafen oder "nur" durch existenzbedrohende Geldstrafen gefährdet wird. Es geht um den Grundsatz: um Presse- und Meinungsfreiheit in dem vollen Umfang, den die Europäische Menschenrechtskonvention und die Europäische Grundrechtscharta festgelegt haben.

Der Bundeskanzler ist verpflichtet, eben diese Freiheiten unter allen Umständen zu schützen. Er hat daher jeden einzelnen Versuch zu deren Einschränkung im Wirkungsbereich der Bundesregierung zu unterbinden. Da dieser Schutz durch die Vorhaben des Justizministeriums nicht mehr gewährleistet scheint, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Antrag

Der Nationalrat möge beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Ministerrat

1. in der Regierungsvorlage zur Reform des strafprozessualen Vorverfahrens keine Bestimmung zu beschließen, die inhaltlich dem von Justizminister Böhmdorfer vorgeschlagenen § 56 StPO entspricht, und diese und andere Bestrebungen des Justizministers zur Einschränkung der Beschuldigtenrechte und der Pressefreiheit abzuwenden;

2. eine Regierungsvorlage zu beschließen, in der § 301 StGB so geändert wird, daß er nicht mehr zur Bedrohung der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit mißbraucht werden kann.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieses Antrages gem § 74a iVm § 93 Abs 2 GOG verlangt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben mit einiger Verwunderung und Erstaunen gesehen, dass der Herr Bundeskanzler nicht gewillt ist, zu dieser Debatte im Rahmen eines Dringlichen Antrages an die Bundesregierung zu erscheinen. Wir halten das deshalb für einen Affront gegenüber dem Hohen Hause, weil dieser Antrag sich an die gesamte Bundesregierung richtet und es unserer Meinung nach – und nicht nur unserer Meinung nach – klar ist, dass hier der Herr Bundeskanzler die Verantwortung zu übernehmen hat, und nicht der Herr Staatssekretär.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich erinnere auch daran, dass wir anlässlich eines Dringlichen Antrages der Freiheitlichen Partei an die Bundesregierung eine derartige Debatte bereits hatten und sich der damalige Klubobmann Stadler sehr vehement darauf bezogen hat, dass die Bundesregierung nur durch den Bundeskanzler  – und nicht durch einen Staatssekretär – vertreten werden kann. Und ich erinnere auch daran – und deshalb sind wir besonders bestürzt darüber –, dass Herr Bundeskanzler Schüssel im Unterschied zu Bundeskanzler Klima seine Verantwortung in solchen Fällen auch durchaus ernst genommen hat, während sich Herr Bundeskanzler Klima bei Dringlichen Anfragen regelmäßig vertreten hat lassen.

Es handelt sich aber heute nicht um eine Dringliche Anfrage an den Bundeskanzler, sondern es handelt sich um einen Dringlichen Antrag an die ganze Bundesregierung. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Unser Bestreben war und ist, dass in dieser Frage, die für die Republik nicht uninteressant ist, nicht der Herr Staatssekretär, sondern der Herr Bundeskanzler diese Generalkompetenz der Bundesregierung wahrzunehmen hat. Ich ersuche Sie deshalb, Herr Präsident – und Sie wissen, mit welchen Injurien Sie damals von Herrn Klubobmann Stadler bedacht wurden, weil Sie es nur gewagt haben, darauf hinzuweisen, dass die Sache geschäftsordnungs


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mäßig nicht so eindeutig ist –, um eine Unterbrechung für eine kurze Präsidiale, weil dieser Vorgang wirklich ein einmaliger ist.

15.05


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.05

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage ist eindeutig und bedarf keiner Klärung in der Präsidiale. Der Dringliche Antrag geht an die Bundesregierung, die Bundesregierung wird vertreten durch den Bundeskanzler, der Bundeskanzler wird in seinem gesamten Kompetenz- und Aufgabengebiet auf Grund der Bundesverfassung durch den Staatssekretär vertreten.

Das ergibt sich aus dem § 18 der Geschäftsordnung. Dort ist auch im bewährten Zögernitz-Kommentar (Abg. Öllinger: Sekretär!) genau zitiert, dass der Staatssekretär hierbei zur Vertretung im gesamten Kompetenzbereich berufen ist, et cetera. Und daher, glaube ich, sollten wir in die Sachfrage eingehen; so bedeutend ist das alles nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

15.06

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Fürs Erste, Herr Präsident, ist es bezeichnend, dass der Klubobmann der ÖVP meint, die Zuständigkeiten des Herrn Bundeskanzlers seien nicht so bedeutend.

Aber ich darf darauf hinweisen, dass Artikel 69 der Bundesverfassung ganz klar ist. Artikel 69 der Bundesverfassung sagt, dass der Bundeskanzler zwei Funktionen hat: Die eine ist, Ressortchef zu sein. – In diesem Bereich kann ihn natürlich auch der Staatssekretär, der ihm beigegeben worden ist, vertreten.

Aber über die Tätigkeit des Ressortchefs als Chef des Bundeskanzleramtes hinaus ist er auch noch Vorsitzender der Bundesregierung. Und als Vorsitzender der Bundesregierung wurde an ihn diese Anfrage gestellt. (Abg. Schwarzenberger: Antrag, nicht Anfrage!)

Daher ist in diesem Zusammenhang, Herr Präsident, eine Vertretung durch den zuständigen Staatssekretär in keiner Weise gestattet. Der Herr Bundeskanzler ist in dieser Debatte nicht vertreten. Das ist ein unerträglicher Zustand, und ich bitte daher auch, die Sitzung zu unterbrechen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum gleichen Thema: Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

15.07

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Die Vorgangsweise, die die Bundesregierung bei diesem Dringlichen Antrag gewählt hat, ist korrekt und durch die Geschäftsordnung gedeckt. Es besteht überhaupt kein Handlungsbedarf hinsichtlich einer Unterbrechung. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, dass diese Geschäftsordnung, die heute zur Anwendung kommt, seinerzeit von den Grünen, Liberalen, von den Sozialdemokraten und von der ÖVP beschlossen wurde – gegen die Stimmen der Freiheitlichen Partei. Wir wollten damals eine andere Regelung haben, aber wir konnten uns nicht durchsetzen. Heute werden wir die gleiche Geschäftsordnung, die Sie, meine Damen und Herren, beschlossen haben, auch anzuwenden haben, und das ist es. Ich würde meinen, dass man in diesen Fragen, nur weil man in der Opposition sitzt, nicht so wehleidig sein sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Was wollte die FPÖ in diesem Punkt? Das ist eine Fehlinformation!)

15.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Darf ich in Richtung Regierungsbank die Frage stellen, wer den Herrn Bundeskanzler vertreten wird? (Staatssekretär Morak hebt die Hand.)  – Herr Staatssekretär Morak, ja.

Meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir diese Frage schon einmal diskutiert haben, und es ist auch richtig, dass der Herr Bundeskanzler in der heutigen Sitzung nicht durch die Frau Vizekanzlerin vertreten werden könnte, weil sich diese im Ausland befindet. Soweit ich mich erinnere – wenn das jemand bestreiten sollte, müsste er das zum Ausdruck bringen –, haben wir damals, als wir dieses Thema in der Präsidialsitzung diskutiert haben, die Vertretung durch einen Staatssekretär genehmigt.

Zwischen einem Dringlichen Antrag und einer Dringlichen Anfrage gibt es geschäftsordnungsmäßig keinen Unterschied. Also wenn es so war – ich kann das in der Schnelligkeit jetzt nicht überprüfen, weil ich keine Dokumente zur Hand habe –, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, dass wir letztes Mal gegen den Widerstand der Freiheitlichen der Argumentation, dass ein Staatssekretär nicht vertretungsbefugt ist, nicht gefolgt sind, dann kann ich mich nicht dazu entschließen, jetzt eine andere Position einzunehmen, als wir sie damals in der Präsidialkonferenz vertreten haben. (Abg. Dr. Martin Graf: Gleiches Recht für alle!)

Dies ist meine Stellungnahme zu Ihrer Wortmeldung, Herr Abgeordneter Öllinger.

Ich würde daher vorschlagen, dass wir jedenfalls mit der Verhandlung der Dringlichen Anfrage insofern beginnen, als der erste Redner Herr Abgeordneter Van der Bellen ist. (Abg. Dr. Khol: Dringlicher Antrag!)  – Ich korrigiere: Dringlicher Antrag.

Ich gebe Herrn Abgeordnetem Van der Bellen ... (Abg. Mag. Kogler: Antrag zur Geschäftsordnung!)  – Sie wollen einen Antrag zur Geschäftsbehandlung stellen? – Bitte.

15.10

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte KollegInnen! Unabhängig von den Geschäftsordnungsdebatten ist es, glaube ich, unbestritten, dass das eine politisch derart wichtige Causa ist, dass es nicht länger zumutbar ist, dass sich der Bundeskanzler auch hier im Haus dazu beharrlich ausschweigt.

Die grüne Fraktion stellt aus diesem Grund gemäß § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung den Antrag auf Anwesenheit des Bundeskanzlers. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Darüber, dass dieser Antrag zulässig ist, gibt es keinen Zweifel. Ich werde daher über diesen Antrag abstimmen lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. (Abg. Ing. Westenthaler: Minderheitenfeststellung! – Abg. Großruck: Salto mortale!)  – Der Antrag hat keine Mehrheit gefunden, er ist abgelehnt. (Ruf bei der ÖVP: Wiedersehen!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen. Die Redezeit ist von der Geschäftsordnung her mit 20 Minuten begrenzt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.11

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute einen Dringlichen Antrag betreffend die Presse- und Meinungsfreiheit in Österreich. Es ist natürlich ein schlechtes Vorzeichen, dass es der Bundeskanzler und Parteiobmann der ÖVP nicht der Mühe wert findet und keine Lust hat, an einer solchen Debatte teilzunehmen, es nicht der Mühe wert findet, beim Thema Pressefreiheit in diesem Land hier im Hohen Haus zu erscheinen. Und es hat auch kein Abgeordneter der ÖVP und kein Abgeordneter der FPÖ für nötig gefunden, zu erklären, warum es der Herr Bundeskanzler nicht der Mühe wert findet, hier zu erscheinen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Über die Frau Vizekanzlerin, die zu seiner Vertretung befugt wäre, haben wir gehört, dass sie sich im Ausland befindet und daher naturgemäß nicht erscheinen kann. Warum der Herr Bundeskanzler nicht erscheint, liegt offensichtlich völlig im Dunkeln.

Das ist umso bemerkenswerter, als wir heute über die massiven Versuche der Einschüchterung und die massiven Versuche der Kriminalisierung von Medienvertretern und von Abgeordneten der Opposition debattieren. Man möchte meinen, dass das dem Bundeskanzler wichtig genug wäre, darüber ausnahmsweise nicht zu schweigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte vorweg sagen, worum es heute nicht geht: Es geht nicht um das große Konvolut der Reform der Strafprozessordnung. Wir alle wissen, dass diese Frage schon seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten ansteht. Auch die Grünen haben schon vor sechs Jahren eine Enquete zu diesem Thema im Parlament abgehalten, veröffentlicht 1996 unter dem Titel "Reform des strafprozessualen Vorverfahrens". – Dass diesbezüglich ein Reformbedarf besteht, ist also unbestritten. Aber darum geht es heute nicht!

Das, worum es geht, ist, wie die Regierungsparteien zu grundlegenden Fragen des liberalen Rechtsstaates stehen und ob die Regierungsparteien bereit sind, an sich völlig selbstverständliche Bekenntnisse zu den Grundlagen des liberalen Rechtsstaates abzugeben, nämlich

erstens zum selbstverständlichen Recht auf freie Berichterstattung durch Zeitungen und andere Medien, zweitens zum selbstverständlichen Recht auf freie Meinung in diesem Land, drittens, Herr Westenthaler, zum selbstverständlichen Recht auf freie Meinungsäußerung in diesem Land – denn das ist ein wesentlicher Unterschied: ich darf nicht nur im stillen Kämmerchen meine Meinung haben, sondern sie auch öffentlich kundtun –, viertens zum selbstverständlichen Recht der Opposition, Kontrollaufgaben wahrzunehmen, und zum Recht, dass darüber berichtet wird (Abg. Ing. Westenthaler: Reden Sie über Österreich?) – jawohl, ich rede über Österreich, Herr Westenthaler! –, dass freie Medien der Öffentlichkeit die Ergebnisse dieser Tätigkeit mitteilen, und selbstverständlich zum Recht von Journalisten und Journalistinnen, selbständig zu recherchieren und über die Ergebnisse dieser Tätigkeit auch zu berichten.

Das nennt man außerhalb der österreichischen Staatsgrenzen investigativen Journalismus, Herr Westenthaler. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben etwas vergessen: das Recht, im ANA Grand Hotel zu frühstücken!)

Man möchte meinen, das sind Trivialitäten. Man möchte meinen, das sind "no na"-Sachen. Man möchte meinen: Worüber redet er? Das sind doch Selbstverständlichkeiten!

Selbstverständlichkeiten in Österreich? – Das sind sie leider keineswegs! Das sind keine Selbstverständlichkeiten, meine Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Sie spreche ich ganz besonders an. Von der FPÖ sind wir nichts anderes gewöhnt, als wir derzeit erleben, aber bei Ihnen hatte ich noch nicht jede Hoffnung aufgegeben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt zum Anlassfall des heutigen Dringlichen Antrages. Im Herbst letzten Jahres war die Debatte über den so genannten Spitzelskandal voll entbrannt. (Abg. Böhacker: ... Rohrkrepierer!) Es gab den Verdacht, dass bestimmte FPÖ-Politiker in diesen Spitzelskandal verwickelt sind. (Abg. Böhacker: Das ist eine böswillige ...!)  – Sie haben gehört, was ich gesagt habe: Verdacht, Herr Kollege! (Abg. Böhacker: ... korrekt!) Damals hat ein maßgeblicher Vertreter der FPÖ gesagt, noch nie sei ein FPÖ-Politiker, ein FPÖ-Abgeordneter in einer diesbezüglichen Frage, also wegen Verwicklung in den Spitzelskandal, verurteilt worden, noch nie sei einem nachgewiesen worden, dass er in den Spitzelskandal verwickelt worden sei.

Daraufhin hat Kollege Pilz am 4. Oktober des Jahres 2000 eine Pressekonferenz gegeben und, meine Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, dort gesagt: Diese Behauptung ist falsch. Diese Behauptung ist unwahr. Es gibt einen FPÖ-Politiker, einen Abgeordneten zum Niederösterreichischen Landtag, der wegen einer illegalen EKIS-Abfrage, also illegal beschaffter Daten, von


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einem Disziplinargericht rechtskräftig verurteilt worden ist, nämlich zu einer Geldstrafe. Das ist nachgewiesen!

Jetzt, acht Monate später, im Mai 2001, deutet zwar alles darauf hin, dass die Regierungsparteien, insbesondere die FPÖ, alles daransetzen, den Spitzelskandal zu vertuschen – unter anderem wurden die Erhebungen gegen Stadler und Haider eingestellt (Abg. Ing. Westenthaler: Das kann man gar nicht vertuschen, weil jeden Tag etwas eingestellt wird!)  –, aber, Herr Kollege Westenthaler, gegen die Aufdecker, gegen die kontrollierenden Politiker, gegen die Medienvertreter, die sich getraut haben, darüber auch nur zu berichten, gegen diese bloßen Berichterstatter, gegen diese wird durch die Staatsanwaltschaft beziehungsweise die zuständigen Behörden ein Strafverfahren nach § 301 des Strafgesetzbuches eingeleitet. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Das muss man sich einmal vorstellen: Nicht nur gegen Abgeordneten Pilz, der diese – nebenbei bemerkt: offensichtlich richtige – Tatsache damals kundgetan hat, wird ermittelt, sondern auch gegen jene Journalisten, die das auch noch berichtet haben. (Abg. Mag. Trattner: Kennen Sie den Strafrahmen, wenn man das ...geheimnis verletzt?) Und für die breitere Öffentlichkeit darf ich hinzufügen, dass dieser § 301 die Betroffenen mit sechs Monaten Haft beziehungsweise den entsprechenden Geldstrafen bedroht.

Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen! Ein Abgeordneter gibt eine Pressekonferenz, anwesende JournalistInnen berichten darüber – und dafür, dass sie, nämlich die JournalistInnen, ihre Pflicht erfüllen, steht ihnen jetzt die Drohung von sechs Monaten Gefängnis ins Haus. – Ein derart unverschämter Versuch der Einschüchterung und Kriminalisierung von Medienvertretern und Oppositionsabgeordneten ist mir in meiner Laufbahn als Politiker noch nicht untergekommen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Absicht dahinter ist eine durchsichtige: Zuerst bringt man die freie Berichterstattung um, und damit hat man gleichzeitig auch die Oppositionsarbeit erledigt. Was ist denn Oppositionsarbeit ohne Öffentlichkeit? Man muss sich einmal vorstellen, was das bedeutet, wenn dieses Beispiel Schule macht!

Meine Damen und Herren! Erst vor diesem Hintergrund ist verständlich, warum der mittlerweile berüchtigte § 56 Strafprozessordnung, der von Minister Böhmdorfer vorgestellte § 56, eine derartige Aufregung verursacht hat. Dieser § 56 bedroht das Zitieren aus Akten gerichtlicher Vorverfahren mit schweren Strafen. Unter "normalen Umständen" könnte man darüber durchaus diskutieren. Mit "normale Umstände" meine ich einen liberalen, fest fundierten Rechtsstaat und einen Justizminister mit hoher Reputation in diesem Bereich. In einer solchen Situation hätte das niemals zu dieser Aufregung geführt. Dann hätte man nämlich darüber diskutieren können: Jawohl, es gibt schutzwürdige Rechte Dritter, es gibt Probleme in diesem Zusammenhang, und man muss darauf achten, dass diese Informationen nicht missbräuchlich verwendet werden.

Wir haben aber keine "normalen Verhältnisse" in diesem Sinne! Wir haben sie seit dem letzten Jahr nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben sie spätestens seit jener berühmten Pressekonferenz von Jörg Haider und Minister Böhmdorfer nicht mehr, die genau vor einem Jahr stattfand und bei der es um die Frage ging, ob man oppositionelle Abgeordnete, die die Regierung kritisieren, nicht mit Hilfe des Strafrechts verfolgen könnte und sollte, was Minister Böhmdorfer in einer ersten Reaktion "eine verfolgenswerte Idee" nannte. (Abgeordnete der Freiheitlichen und der ÖVP stehen in Gruppen zwischen ihren Bänken und reden miteinander.)

Aber das war nicht das Einzige. Wir haben inzwischen ein breites Mosaik von Bausteinen des Versuchs ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Einen Moment, Kollege Van der Bellen! Wir haben Gott sei Dank genügend Sitzplätze hier im Haus, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Kogler: Das ist ein Witz! – Abg. Edlinger: Die wollen ja nicht! – Abg. Mag. Kogler: Kollege Schweitzer! "Verhaltensvereinbarung"!)  – Bitte fortzusetzen!


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Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen
(fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Wenn Sie mir die Sekunden zu meiner Redezeit addieren würden, wäre ich froh, falls ich sie noch brauchen sollte, was ich nicht hoffe.

Unter normalen Umständen also könnte man über diesen § 56 diskutieren, aber diese "normalen Umstände" haben wir nicht. Wir haben unter anderem einen Justizminister Böhmdorfer, der zur Kritik betreffend § 56 in seinem Entwurf zur Strafprozessordnung nicht mehr sagt als – er hat mehr gesagt, aber das verschweige ich lieber; er sagt jedenfalls unter anderem Folgendes –: In Österreich brauchen wir keinen investigativen Journalismus!

Mit anderen Worten: In Österreich brauchen wir keine JournalistInnen, die von sich aus bemüht sind, Unzukömmlichkeiten oder sogar Skandale aufzudecken. Also warum soll man sie noch speziell schützen?

Herr Minister Böhmdorfer, ich empfehle Ihnen, die heutige Stellungnahme des Präsidenten der Journalistengewerkschaft dazu in der APA zu lesen, der unter anderem wörtlich sagt – ich zitiere –:

"Hinter der Aktion steckt ein politischer Wille, und der lautet: Die Medien sollen die Skandale, in die die FPÖ verwickelt ist, nicht mehr aufdecken." (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )

Herr Kollege Khol, ich wiederhole: "in die die FPÖ verwickelt ist"; Herr Khol, der Sie jetzt gerade den Kopf schütteln: Vorläufig jedenfalls nicht die ÖVP! – Und Sie decken das! (Abg. Ing. Westenthaler: Glauben Sie das auch alles?) Sie decken § 56 und § 301, wenn Sie anschließend unserem Antrag nicht zustimmen – und das muss ich befürchten. (Abg. Dr. Mertel: Das ist alles im "Verfassungsbogen"!) Das muss ich ernsthaft befürchten. (Abg. Ing. Westenthaler: Gut, dass Sie glauben, dass ...! – Abg. Dr. Khol: Ich halte das alles für nicht richtig!)

Herr Kollege Khol! Dieses Verfahren nach § 301 StGB, wenn es nun insbesondere gegen die Journalisten formal eingeleitet wird (Abg. Dr. Khol: Sie wissen genau, dass das alles nicht stimmt!), wird spätestens in Straßburg zu einem unrühmlichen Ende kommen – spätestens in Straßburg! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

§ 301 StGB widerspricht eindeutig der Menschenrechtskonvention; wenn Sie es genau wissen wollen: dem Artikel 10 der Menschenrechtskonvention. Und die Menschenrechtskonvention, Herr Kollege und – wenn ich nicht irre – Verfassungsjurist Khol, ist Teil der österreichischen Bundesverfassung! (Abg. Dr. Khol: Kennen Sie den Absatz 2?) – Wir werden anschließend darüber diskutieren! (Abg. Dr. Khol: Absatz 2 von Artikel 10?)  – Ich kenne ihn. Ich kenne sogar den Bericht der "drei Weisen", in dem Artikel 10 eine ganz große Rolle einnimmt und Österreich vorgehalten wird. (Abg. Dr. Khol: Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen! – Abg. Öllinger: Kollege Khol hat den "Verfassungsbogen" wieder einmal woanders aufgestellt!)

Dieses Verfahren ist insofern menschenrechtswidrig und verfassungswidrig! Und Österreich beziehungsweise die Bundesregierung wird sich spätestens in Straßburg mit diesem Verfahren blamieren. Aber wann? Wir alle wissen, wie lange es dauert, bis so ein Verfahren zu Ende geht. Dieser Trost ist zu schwach für die Grünen, für, wie ich annehme, die Sozialdemokraten, aber insbesondere für die betroffenen Journalistinnen und Journalisten.

Und daher, aus diesem Grund, stellen wir heute diesen Dringlichen Antrag, der in seinem Kern nichts anderes besagt als das: § 56 des Entwurfs zur Strafprozessordnung und § 301 des geltenden Strafgesetzbuches sind so zu ändern, dass eine missbräuchliche Verwendung gegen die Meinungsfreiheit, gegen die Meinungsäußerungsfreiheit, gegen den liberalen Rechtsstaat in diesem Lande nicht vorkommen kann. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. )

Herr Kollege Khol! Wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen ... (Abg. Dr. Khol: Ich stimme ihm nicht zu!)  – Sie stimmen ihm nicht zu! Ich bin gespannt auf Ihre Begründung. (Abg. Dr. Khol: Nach Ihrer Begründung erst recht nicht! Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen!) Ich bin wirklich


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gespannt, wie Sie es verweigern können, die Grundlagen des liberalen Rechtsstaates in Österreich zu befestigen. (Abg. Dr. Khol: Darum geht es nicht! § 301 besteht seit vielen Jahren!)  – Darum geht es. Genau darum! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

15.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Thema des Dringlichen Antrages gelangt Herr Staatssekretär Morak zu Wort. – Bitte.

15.26

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Lassen Sie mich meine Entgegnung zu dem vorliegenden Dringlichen Antrag mit einem Zitat beginnen. (Ruf bei der SPÖ: Eine Schauspielerleistung!)  – Wo ist das Problem, Herr Abgeordneter? (Ruf bei der SPÖ: Der Regisseur ...!)

"In Übereinstimmung mit unserem Mandat und auf der Grundlage einer gründlichen Untersuchung ist es unsere wohlerwogene Auffassung, dass die österreichische Regierung für die gemeinsamen europäischen Werte eintritt." (Abg. Dr. Petrovic: Dann reden Sie einmal mit Ihren Leuten!)  – Mit diesem Satz (Abg. Mag. Posch: Der Herr Kaiser ...!) beginnt die Zusammenfassung des im vorliegenden Dringlichen Antrag mehrfach angesprochenen Berichtes der "drei Weisen" vom 8. September 2000. – Nur so viel zu Ihrer Bemerkung, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Posch: Unglaublich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich glaube, Sie werden mir wohl zustimmen, dass Presse- und Meinungsfreiheit zu den "gemeinsamen europäischen Werten" zu zählen sind. Laut Wertung der "Weisen" scheinen mir daher die generellen Standards von Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Lande Österreich sehr wohl jenem Niveau zu entsprechen, das für einen Mitgliedstaat der Europäischen Union angemessen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren Abgeordneten von der Opposition! Ich darf Sie noch auf einen weiteren Paragraphen des "Weisen"-Berichtes hinweisen, der Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit offensichtlich entgangen ist: In Punkt 11 hebt der Bericht ausdrücklich hervor, dass Österreich das einzige Land ist, in dem die Europäische Menschenrechtskonvention Verfassungsrang genießt! (Abg. Öllinger: Ohne Wirkung, wie man sieht! – Abg. Edlinger: Gegen das wird halt verstoßen!) Damit wird auch die Freiheit der Meinungsäußerung, wie sie in Artikel 10 der Menschenrechtskonvention festgehalten ist, unter einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz gestellt.

Bei der freien Meinungsäußerung handelt es sich nicht um den bloßen Buchstaben einer verfassungs- und völkerrechtlichen Bestimmung, sondern um die seit Jahrzehnten gelebte demokratische Praxis in diesem unserem Land. (Abg. Öllinger: Kanzlei Böhmdorfer!) Für den Fall, dass dieses Recht auch nur ansatzweise gefährdet ist, steht ein umfangreiches rechtliches Instrumentarium bis hin zur Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zur Verfügung.

Diese einleitenden Bemerkungen sind mir deshalb ein wesentliches Anliegen, weil im vorliegenden Dringlichen Antrag der Eindruck erweckt wird, die Presse- und Meinungsfreiheit in Österreich entspreche nicht mehr den europäischen Standards. (Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Öllinger: Ja! Ja!) Ich möchte daher die im vorliegenden Dringlichen Antrag erhobenen Unterstellungen, es würden von Seiten der Regierung Klagen und Serienprozesse zur Einschüchterung der freien Meinungsäußerung oppositioneller Strömungen geführt, in aller Form und dezidiert zurückweisen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ebenso zurückweisen möchte ich die in diesem Antrag erhobene Behauptung, wonach es im Wirkungsbereich der Bundesregierung zu Versuchen gekommen sei, die Presse- und Meinungsfreiheit einzuschränken. (Abg. Öllinger: Das stimmt aber! – Ruf bei der SPÖ: Na net! – Abg. Dr. Fekter  – in Richtung SPÖ und Grüne –: So ein Topfen!)


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Meine Damen und Herren! Worum geht es bei dem in Diskussion stehenden § 56 der Strafprozessordnung?

Gegenstand der genannten Bestimmung ist der Schutz der Interessen Dritter in einem anhängigen gerichtlichen Verfahren. Seien Sie versichert, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sämtliche Mitglieder der österreichischen Bundesregierung und insbesondere auch ich in meiner Funktion als Medienstaatssekretär höchsten Wert darauf legen, dass der jedenfalls zu gewährleistende Schutz der Privatsphäre des Einzelnen niemals zu Lasten auch nur einer ansatzweisen Einschränkung der Pressefreiheit gehen wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vielmehr handelt es sich hier um den klassischen Fall einer Rechtsgüterabwägung: Recht auf Meinungsäußerung auf der einen Seite gegenüber dem Schutz der Privatsphäre des Einzelnen auf der anderen Seite. Diesbezügliche gesetzliche Reformvorschläge wurden bereits unter dem früheren Justizminister Dr. Nikolaus Michalek ausgearbeitet und sind nun in den Entwurf zur Reform der Strafprozessordnung miteingeflossen. Anlässlich eines am 18. Juni 1996 hier im Hohen Haus abgehaltenen Symposions über den Persönlichkeitsschutz in den Medien nannte der von allen Fraktionen dieses Hauses respektierte Justizminister Dr. Michalek eine vernünftige Balance zwischen Persönlichkeitsschutz und Medienberichterstattung als ein Hauptziel der Regierungspolitik.

Michalek erklärte bei diesem Anlass – ich zitiere –: "Angesichts der gesellschaftlichen Macht und der suggestiven Kraft der Medien ist der Einzelne in der Regel der Schwächere und Schutzbedürftigere." – Zitatende.

Zustimmung erhielt der Justizminister damals vom damaligen Justizsprecher der SPÖ Dr. Willi Fuhrmann. Ich darf Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu einladen, die nun vorliegende Novelle, die maßgeblich noch unter dem seinerzeitigen Justizminister Michalek konzipiert worden ist, nach den Gesichtspunkten einer modernen Justiz- und Medienpolitik zu beraten, nicht aber vordergründig und aus parteipolitischen Motiven eine Verunsicherung herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, dass eine sachliche Diskussion über ein so wesentliches und komplexes Thema mit großer Ernsthaftigkeit geführt werden sollte und geführt werden soll und dass für Skandalisierung und oberflächliche Polemik und das Kassieren von parteipolitischem Kleingeld mir als Medienstaatssekretär diese Thematik jedenfalls zu wesentlich und zu wichtig für dieses Land ist. – Ich danke in diesem Sinne für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf in Erinnerung rufen: Jeder Klub hat 25 Minuten Redezeit, und kein Redner darf mehr als 10 dieser 25 Minuten in Anspruch nehmen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

15.34

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundeskanzler ist verschwunden! (Rufe bei der SPÖ: Wo ist er?)  – Da es keine Geschäftsordnungsbestimmungen über verschwundene Bundeskanzler gibt, habe ich mir erlaubt, einen zu Beginn der Debatte anwesenden Mitarbeiter des Bundeskanzlers zu dem Verbleiben desselben zu befragen. Das Resultat meiner Recherche gebe ich hiermit bekannt: Auch der Mitarbeiter des Bundeskanzlers ist inzwischen verschwunden! (Heiterkeit. – Rufe bei der ÖVP: Er ist wieder da! Dort sitzt er!)

Ob die Spur des Kanzlers wieder aufgenommen werden kann und wann der Kanzler wieder bereit sein wird, zu uns zu sprechen, das wird wahrscheinlich davon abhängen, wann die Bun


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desregierung der Meinung ist, es gäbe wieder etwas zu beklatschen. Dass das heute nicht der Fall ist, das ist das Einzige, worin Bundesregierung und wir wahrscheinlich einer Meinung sind.

Herr Staatssekretär! Wenn Sie uns erklären, mit dem ganzen Gewicht Ihrer Person und Ihres Amtes eine Garantie für die Pressefreiheit abzugeben, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist nicht besonders hoffnungsvoll für die Pressefreiheit! (Beifall bei den Grünen.) Ich kann Ihr persönliches Gewicht von hier aus nicht beurteilen, aber Ihr berufliches, Ihr Regierungsgewicht ist dermaßen gering, dass ich Garantien über die Pressefreiheit gern auf höherem Gewicht und einer solideren Basis aufbauen würde. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Worum geht es? Nach langem Druck, zahlreichen Interventionen, öffentlichen Verleumdungen der Richter und der Staatsanwälte ist es nicht nur der Freiheitlichen Partei gelungen, Teile der Wiener Staatsanwaltschaft zu beeindrucken – mit dem Wohlwollen des Ministers und mit zahlreichen öffentlichen Hinweisen des Ministers, was er sich von seinen Untergebenen eigentlich erwartet. Die Verfahren sind niedergeschlagen, Zeugen sind nicht einvernommen, Beweismittel sind unterdrückt, Akten sind gesäubert.

Ich verweise nur darauf, dass auf Befehl des Staatsanwaltes Klackl – und ausnahmsweise ist es notwendig, hier einen Namen zu nennen – der vorläufige Abschlussbericht der Wirtschaftspolizei sechs Mal vom Namen Dr. Dieter Böhmdorfer gesäubert worden ist. Im endgültigen Abschlussbericht wird der damalige Rechtsanwalt und heutige Justizminister Dr. Böhmdorfer nicht mehr erwähnt. Die Totalsäuberung nicht nur zugunsten Haiders und Stadlers, sondern auch des amtierenden Justizministers ist zu 100 Prozent gelungen. – Herr Justizminister! Sie haben beeindruckende Arbeit geleistet! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch. )

Ich erspare es mir, im Detail zu begründen, warum wir keine Anfrage beziehungsweise keinen Antrag an Sie gerichtet haben. Nicht nur wir halten Sie nach dem neuerlichen Anschlag auf die Meinungs- und Pressefreiheit im politischen Sinne für einen Rückfalltäter. Wir glauben nicht, dass Sie irgendwo noch bereit sein könnten, einsichtig zu werden und auf den Boden der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten zurückzukehren.

Wahrscheinlich wiegt es zu schwer, dass Sie der Schlüsselanwalt in der Spitzelaffäre waren, dass Ihre Kanzlei die Schwarzgeldzentrale der Freiheitlichen Partei war, wahrscheinlich hätten Sie persönlich von einem rechtsstaatlichen Verfahren zu viel zu befürchten – deshalb können Sie kein Interesse daran haben, rechtsstaatliche Verhältnisse nicht nur in diesem Verfahren wiederherzustellen!

Herr Justizminister! Weil wir dieses Vertrauen nicht haben und weil kaum jemand in der österreichischen Öffentlichkeit mehr das Vertrauen in eine Person wie Sie, die nicht in der Lage ist, anders als der Vertrauensanwalt der Freiheitlichen Partei zu agieren, haben kann, stellen wir zum siebenten Mal den sachlich immer besser fundierten Antrag, Sie aus Ihrem Amt zu entlassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Den zehnten feiern wir gemeinsam!)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pilz, Freundinnen und Freunde betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem Bundesminister für Justiz wird im Sinne des Art. 74 Bundes-Verfassungsgesetz das Vertrauen versagt.

*****


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So einfach könnte der erste Schritt zur Wiederherstellung des Rechtsstaates in der Republik Österreich sein. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Rückfall insbesondere der ÖVP trägt zwei Zahlentitel: § 301 und § 56. Ich war mit ein Urheber, als ich mit diesem Disziplinarerkenntnis in der Hand am 4. Oktober eine Pressekonferenz veranstaltete, nur bin damals auch ich nicht auf die Idee gekommen, dass sich die Damen und Herren der Medien strafbar machen könnten, wenn sie, was halt ihre Arbeit ist, über diese Pressekonferenz berichten. – Und genau das ist passiert, aber nicht, weil ein Staatsanwalt handeln musste, sondern weil in der Wiener Strafjustiz eine Abwägung zu einem völlig neuen Ergebnis geführt hat.

Jahrzehnte hindurch ist § 301 StGB nicht zur Anwendung gekommen, weil – zu Recht! – ein verantwortlicher Jurist nach dem anderen gesagt hat: Nein, den judizieren wir nicht, da gibt es ein Problem mit den Menschenrechten! Man hat darauf gewartet, dass der Nationalrat tätig wird und eine Übereinstimmung mit den Menschenrechten herstellt. Das aber ist nicht passiert!

Die autoritäre Wende von Minister Böhmdorfer in der Justiz hat nun die Gelegenheit gegeben, diesen Paragraphen zu missbrauchen und ihn zur Unterdrückung und Aushöhlung der Menschen- und Bürgerrechte einzusetzen. Böhmdorfers Justiz hat keine Minute gezögert, nachdem die Verfahren gegen die Freiheitlichen niedergeschlagen waren, die neuen Verfahren gegen die Opposition und gegen die Vertreterinnen und Vertreter freier Medien zu beginnen. – An diesem Punkt sind wir angelangt.

Warum, Herr Staatssekretär, haben Sie dazu kein Wort gesagt? Warum haben Sie dazu kein Wort gesagt, dass heute schon wieder ein Polizeibeamter bei einer Journalistin war und sie als Zeugin vernehmen wollte, obwohl wir längst wissen, dass sie von der Staatsanwaltschaft Wien bereits als Beschuldigte angesehen und das Verfahren gegen sie vorbereitet wird? Sogar die Beschuldigtenrechte werden den Journalistinnen und Journalisten vorenthalten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Warum, Herr Staatssekretär, finden Sie als einer, der früher beruflich etwas mit der Freiheit der Kunst und damit mit einem Schlüsselbereich der Freiheit zu tun hatte, kein Wort dazu, dass Journalistinnen und Journalisten, die einfach ihre Arbeit getan und seriös berichtet haben, heute mit Freiheitsstrafen rechnen müssen, weil eine Justiz als Maulkorb und als Instrument der Unterdrückung und Einschüchterung missbraucht wird? Warum haben Sie keinen Satz darüber verloren? Ist Ihnen das egal – oder wiegt Ihre allgemeine Erklärung, die Morak-Garantie zur Sonntagsverkündigung der Menschen- und Presserechte, schwerer als das, was die Journalistinnen und Journalisten jetzt konkret bedroht?

Ich weiß nicht, wie mein Antrag auf Auslieferung und mein Begehren, von diesem Nationalrat ausgeliefert zu werden, morgen am Abend beschieden wird. Ich halte es nicht für fair – und ich werde deshalb versuchen, Sie zu überzeugen, mich auszuliefern –, ein Verfahren gegen Vertreterinnen und Vertreter freier Medien einfach von der parlamentarischen Bühne aus unter dem Schutz der Immunität zu beobachten und zu kommentieren. Ich halte es für richtig, dass wir uns dieser Auseinandersetzung stellen. Deswegen werde ich Sie – nicht heute, sondern morgen – um die Aufhebung meiner Immunität ersuchen.

Das wird aber das Problem nicht lösen. Das Problem heißt erstens, dass wir – und das ist neues Wissen; das Wissen darüber haben uns ein Justizminister Michalek und viele seiner Vorgänger nicht vermittelt, weil hier nichts zu befürchten war und weil hier mit gutem Grund nichts passiert ist – erst seit wenigen Monaten wissen, wie einzelne Paragraphen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung bei einem gezielten politischen Wollen, nämlich als Parteianwalt die Justiz so einzusetzen, dass maximaler Nutzen für die eigene Partei und maximaler Schaden für alle anderen herauskommt, ausgelegt werden können. Erst seit wenigen Monaten wissen wir, dass das möglich ist und dass es auch einen Minister gibt, der bereit ist, das zu tun. Seit einigen wenigen Monaten wissen die österreichischen Medien, wie unter der Ministerschaft Böhmdorfer der Begriff "kurzer Prozess" zu verstehen ist, was es bedeutet, wenn auf Zuruf freiheitlicher


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Spitzenfunktionäre Böhmdorfers Staatsanwälte losmarschieren und Polizeiorgane zu den Journalisten in die Redaktionen schicken. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Dr. Pilz, jetzt ist nicht nur die freiwillige, sondern auch die zehnminütige Redezeit beendet. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Aus diesem Grunde haben wir einen Antrag eingebracht, der nicht nur eine Nagelprobe ist, sondern dessen Forderung in anderen Zeiten eine Selbstverständlichkeit gewesen wäre.

Ich persönlich bedauere, dass wir von hier aus den Versuch unternehmen müssen, für diese rechtsstaatlichen Grundsätze, die früher selbstverständlich gewesen wären, in diesem Haus wieder eine Mehrheit zu finden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der eingebrachte und verlesene Entschließungsantrag nach Artikel 74 der Bundesverfassung ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

15.44

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist ein demonstrativer Akt, dass Herr Bundeskanzler Schüssel heute nicht anwesend ist, und wir warten noch immer auf eine Erklärung dafür. Wie ich höre, scheint er sich in seinem Arbeitszimmer im Bundeskanzleramt zu befinden. Ich frage mich: Wieso findet er nicht den Weg von seinem Arbeitszimmer ins Parlament? – Aber ich sehe das schon ein: Es ist das ehemalige Arbeitszimmer von Clemens Fürst Metternich, und wenn ich mir die Gesetze ansehe, die Sie uns hier permanent präsentieren, dann muss ich sagen, diese sind wirklich geprägt vom Geist des Clemens Fürst Metternich, des Knebel-, Spitzel- und Kerkermeisters der Habsburger, der verjagt wurde.

Somit hat 1848 die Presse- und Meinungsfreiheit erst so richtig begonnen. Das sollten wir würdigen, und Parteien, die ihre Wurzeln besonders auf diese Zeit zurückführen, sollten nachdenklich werden, wenn hier ein Gesetzesvorschlag kommt, der diese Reaktion in den Medien hervorruft. Diese Reaktionen sind eindeutig.

Herr Staatssekretär Morak! "König Ottokars Glück und Ende" – es war phantastisch gespielt. Ich weiß nicht, wie Sie in "Schüssels Glück und Ende" noch sein werden, aber ich fürchte, Sie werden diese Rolle hier noch öfters übernehmen müssen, weil der Herr Bundeskanzler es vorzieht, zu schweigen, nicht selbst herzukommen und Position zu beziehen. Wie das von den so genannten liberalen ÖVP-Wählern aufgenommen wird, müssen Sie sich mit diesen Wählern dann wirklich selbst ausmachen. Ich behaupte, Sie haben schon mehrfach die Quittung dafür bekommen, dass Sie dieser Politik des Herrn Böhmdorfer und der Freiheitlichen diese Unterstützung gewähren, und Sie werden sie auch weiterhin bekommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Ansage Haiders 1993 war ja eindeutig: Wenn er einmal "etwas zu reden habe", dann werde er schon dafür sorgen, dass in den Redaktionen "in Zukunft weniger gelogen werde".

Oder im Oktober 2000: "Die Spitzelaffäre sei ,in den kranken Gehirnen einiger Journalisten‘ entstanden." Es wurde sozusagen mit medizinischen Kriterien versucht, an die Medienfreiheit heranzugehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Was ist übrig geblieben mit dem Pilz seiner Anschütterei?) Mit Ihnen möchte ich mich schon gar nicht unterhalten; dass Sie so sind, wie Sie sind, wissen wir mittlerweile. Die ÖVP interessiert mich. (Beifall bei der SPÖ.)

Christian Rainer schreibt im "profil": "Die Reaktion der ÖVP aber ist einmal mehr niederschmetternd. So hätte der Verfassungsjurist Andreas Khol die Brisanz dieses Angriffs auf die Medien und damit auf verfassungsrechtliche Grundwerte erkennen müssen. Statt dessen spricht er feig oder zynisch von einer ,unglückseligen Diskussion‘. Kanzler Wolfgang Schüssel findet die geplante Novelle sogar ,ganz in Ordnung‘."


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Ich finde, diese Reaktion, die Sie hier gezeigt haben, ist eigentlich erschütternd. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Ja, Frau Kollegin Fekter, Sie sind nach Peter Rabl "Grüß Gott, Frau Kerkermeister!" im "NEWS", also Sie können sich in die Reihe hier würdig einreihen, am besten gleich neben Herrn Böhmdorfer Platz nehmen. Aber wahrscheinlich ist Ihnen das völlig egal. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

"Kerker statt Pressefreiheit" schreiben die "Salzburger Nachrichten", ein wirklich alles andere als linksradikales Blatt, wo es nur – wie sagen Sie so schön in Ihrer neuen Sprache? – Schlammschlacht, Untergriffe, Kaderschmäh, pfui!, wie Sie das die ganze Zeit in Ihrer sektenartigen NLP-Schulung bringen, gibt.

Oder die "Salzburger Nachrichten": "Knebel für die freie Presse". Denken Sie an Ihre Parteitraditionen – ich schaue jetzt zur ÖVP, nicht zu Ihnen (in Richtung Freiheitliche)  –, denken Sie an Ihre Parteitradition! "Knebel für die freie Presse", steht hier.

Oder, ein Scherzchen des Herrn Ministers Böhmdorfer in Salzburg – ich zitiere –: "Vor kurzem hat mich ein Journalist angerufen: ,Herr Minister, wollen Sie mich arbeitslos machen?‘" – Böhmdorfer: "Geht gar nicht, weil bekanntlich in unseren Gefängnissen gearbeitet wird." – "Gelächter" bei den "Jung-Juristen in Salzburg".

Unfassbarer Zynismus! Das erschüttert in Wirklichkeit die Grundrechte, die Grundprinzipien dieser Republik und dieses Staates. Und es geht weiter:

Hans Rauscher im "Standard": "Doch der Eindruck bleibt: Die ,Wende‘, die die schwarz-blaue Koalition wirtschaftspolitisch nicht zustande bringt, soll wenigstens gesellschaftspolitisch gelingen – in Richtung zum autoritären Einschüchterungsstaat."

Jetzt weiß ich, weshalb Bundeskanzler Schüssel lieber im Clemens-Metternich-Zimmer sitzen bleibt, als ins Parlament zu kommen und sich dieser Auseinandersetzung zu stellen. Es geht hier um diese gesellschaftspolitische radikale Wende. Es soll hier offensichtlich wirklich eingeschüchtert werden. Die Arbeit der Journalisten soll verunmöglicht werden. Sie sollen vor Bezirksrichter gestellt werden, sie sollen, wenn möglich, vorbestraft sein. Sie sollen in Wirklichkeit nicht vor den Medienrichtern stehen.

Wir haben ein Mediengesetz, bitte schön, mit ausreichenden Bestimmungen – § 6, 7, a, b –, Sie können sich das dort aussuchen! Wenn es dort zivilrechtliche Lücken gibt, warum setzen Sie dann nicht dort an? Warum wird § 301 StGB ausgegraben? Warum wird das Strafrecht bemüht? Warum dieser Versuch der Einschüchterung? – Weil Sie jene Freiheit des Journalismus, die sich die Freiheit nimmt, die Regierungspolitik zu kritisieren, nicht wollen. Dafür gehören Sie beim nächsten Mal abgewählt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der "Standard" bringt es wiederum auf den Punkt. Ich kann aber auch die "Presse" zitieren, Herrn Sittinger, der in mehreren Artikeln ausführlich und mehr als kritisch dazu Position bezogen hat. (Abg. Neudeck: Haben Sie auch eigene Ideen?) Die "Presse" ist auch kein linksradikales Blatt. Oder ist sie für Sie, Herr Klubobmann Khol, schon linksradikal? (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Was ist dann für Sie gerade noch die Mitte? Also bei Ihnen hat sich das Spektrum ordentlich verschoben! Als Sie noch im "Verfassungsbogen" waren, war das ja alles noch einigermaßen im Lot, aber jetzt rutschen Sie vom "Verfassungsbogen" immer weiter da hinüber (in Richtung Freiheitliche deutend) . Sie sollten aufpassen, damit es nicht so weit kommt, dass Sie bei diesem Rutschen dann irgendwann einmal keinen Sessel mehr haben! Ganz vorsichtig sein! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Die weisungsgebundenen Staatsanwälte werden das dann jedenfalls zu betreiben haben, natürlich weisungsgebunden. – Ich glaube, mich daran erinnern zu können, dass die FPÖ doch eigentlich einmal für die Weisungsfreiheit war. (Abg. Dr. Ofner: Ich war es nicht!) Aber jetzt sitzt sie im Justizministerium, und jetzt sagt sie: Nein, wir stellen jetzt den Justizminister. Das mit der Weisung ist gar nicht so übel. Vielleicht gibt es etwas Vorauseilendes, und wir haben etwas davon!


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So ändert sich das! Ganz schnell! Weil Sie heute von "Salto mortale" gesprochen haben – sehr geehrter Herr Klubobmann, da rotieren Sie (Abg. Dr. Khol: "Mortale" haben Sie gesagt! Ich habe von "Salto" gesprochen!), da ist ein richtiges Kraftwerk vor lauter Salti mortali! –, sage ich Ihnen: Das ist jetzt das Ergebnis: Es soll das Weisungsrecht bleiben!

Der "Standard" bringt es auf den Punkt. Da wird unter dem Titel: "Zurück zur Inquisition?"– zu Ihrer Information: nicht 1848, sondern schon im 16. Jahrhundert; es gibt übrigens Bücher darüber, möchte ich Ihnen sagen, nur damit Sie sich ein bisschen einlesen können – Folgendes geschrieben:

"Rückkehr zu inquisitorischen Verfahrensformen ..."

Weiter unten heißt es: Der Justizminister ist "der absolute Herr über die Frage, wem der Prozess gemacht wird oder nicht".

Das ist ein klarer Widerspruch gegenüber den jahrelangen Forderungen der FPÖ – eine der vielen ehemaligen Forderungen, die Sie revidiert haben, seit Sie in der Regierung sind. Jedenfalls bekommt man wirklich Angst, wenn mit dieser Geisteshaltung auch in diesen für unse-ren Rechtsstaat so grundlegenden Bereichen noch so gefuhrwerkt wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Zitieren Sie jetzt aus dem "Asterix" auch noch? Entwickeln Sie einmal eine eigene Idee!)

Ich sage Ihnen daher: Wir werden alles tun, um diesen Rechtsstaat zu verteidigen. (Abg. Dr. Khol: Broda!) Wir werden alles tun, um diese Angriffe, die hier kommen und die von Ihnen gemeinsam mitvollzogen und mitgetragen werden, zu parieren. (Abg. Dr. Khol: Broda! 26 Weisungen an den Staatsanwalt in einem einzigen Verfahren!)

Ich habe anlässlich der Diskussion um die Medienbehörde gesagt, im Metternich’schen Geist wolle man eine Medienbehörde einrichten, damit man knebeln kann, damit man die Journalisten einschüchtern kann, damit man die Medien in den Griff bekommen kann. Daraufhin hat mir damals Staatssekretär Morak ein Buch über Metternich geschenkt, was ich als sehr freundlich empfunden habe, weil er mir damit die Gelegenheit gegeben hat, wirklich zu vergleichen, was dieser Mann alles tat, alles wollte, und weil ich erkennen konnte, wie oft das deckungsgleich ist mit dem, was Sie heute machen. Das passt auch auf Ihre ORF-Gesetzesvorlage und auch hier wiederum! (Abg. Dr. Khol: Blecha! – Abg. Ing. Westenthaler: Fischer! Gerichte einschüchtern! Urteile kritisieren tut der Herr Präsident Fischer!)

"Unter den Nagel reißen", hat eine große Tageszeitung geschrieben, wollen Sie sich den ORF. Sie wollen der Opposition auch die Möglichkeit der Öffentlichkeit nehmen, damit sie ihre Oppositionspolitik nicht mehr in diesem Ausmaß betreiben kann. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt lacht er schon selber!)

Dazu sage ich Ihnen: Da werden Sie auf den Widerstand einer kritischen Öffentlichkeit stoßen und auf den Widerstand der Österreicherinnen und Österreicher, die an diesem System des Rechtsstaates und der Demokratie mit Sicherheit festhalten werden! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das nimmt dir jetzt keiner ab! – Abg. Mag. Schweitzer: Oh Gott!)

Traurig genug, dass wir wieder einmal so weit sind, dass man hier Artikel 10 der Menschenrechtskonvention betreffend die Freiheit der Meinungsäußerung zitieren muss. Zitat: "Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung."

Das sollten Sie sich jetzt wirklich einmal ordentlich aufschreiben und in Ihre Politik einfließen lassen (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter )  – auch Sie, "Frau Kerkermeisterin", sollten sich das aufschreiben! –, denn das ist ein ganz wesentlicher Grundsatz, für den wir hier zu kämpfen haben! Doch Sie sind im Interesse des Macherhaltes bereit, zu schweigen, und der Herr Bundeskanzler ist nicht gewillt, zu kommen, damit es so weitergeht, wie es bisher gegangen ist. Widerstand von uns ist da angesagt! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.55


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69. Sitzung / Seite 137

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung des Abg. Dr. Cap –: Josef, pass auf, jetzt kannst du etwas lernen!)

15.55

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zwei Feststellungen möchte ich an die Spitze meiner Ausführungen stellen. Erstens: Wer behauptet, dass die Meinungsfreiheit in Österreich auch nur im Geringsten gefährdet sei, der hat entweder keine Ahnung und plappert nach oder sagt bewusst die Unwahrheit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zweitens: Bin ich froh, dass der neue Klubobmann der Sozialdemokraten hier im Parlament ausgerechnet Herr Abgeordneter Cap ist! Etwas Besseres hätte uns gar nicht passieren können. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt zur Sache selbst: Ich habe während der schon Wochen dauernden Diskussion über diesen Problemkreis den Eindruck gewonnen, dass die Kritiker entweder nur deshalb Kritiker sind, weil sie sich nicht informiert haben, weil sie sich nicht der Mühe unterzogen haben, die Texte zu lesen, um die es da geht, oder dass die Kritiker deshalb Kritiker sind, weil sie wissentlich die Unwahrheit verbreiten wollen in Verfolgung eines politischen oder eines anderen Interesses.

Ich staune auch immer wieder, wie leicht man ein "Weiser" wird und wie einem dann andere die Worte von den Lippen lesen. Da werden drei ältere Herren, zwei davon Politiker jenseits ihrer Höhepunkte, taxfrei von Dritten, die die Fehler, die sie selbst begangen haben, aus der Welt schaffen wollen, zu "Weisen" ernannt. Sie erzählen manche Dinge, die stimmen, und andere, die nicht richtig sind. Aber auch die Betroffenen, nämlich wir, tun so, als ob das tatsächlich Ausflüsse der Weisheit wären und nicht politische Äußerungen, die nicht immer geglückt sind.

Aber wie die "Weisen" zu ihren Ergebnissen kommen, wissen wir, wenn wir den heutigen Dringlichen Antrag lesen. Jeder Satz, der da kursiv steht und in dem die "Weisen" zitiert werden, ist – deutlich erkennbar für alle Österreicher, die sich mit politischen Dingen befassen – auf Fehlinformation aufgebaut. Die "Weisen" haben einfach nicht gewusst, wie es wirklich zugeht (Abg. Öllinger: Ja, ja!), sie haben nicht gewusst, worüber sie reden. – Ich will nicht Ärgeres annehmen!

Aber wie sie zu ihrer Ansicht kommen, hat man ja vor kurzem erfahren können: Niemand anderer als ein gewisser Peter Pilz hat gesagt, er werde sich an die "Weisen" wenden und werde verkünden, wie schlecht es ihm schon wieder ginge. Das heißt, man darf den "Weisen" gar nicht den Vorwurf machen, dass sie Dinge beurteilen, von denen sie keine Ahnung haben, sondern jenen muss man diesen Vorwurf machen, die hinausreisen oder die Post oder das Telefon bemühen und die "Weisen" unrichtig informieren, so wie es Pilz schon angekündigt hat, zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber es ist interessant: In der Sache ist ja in Wahrheit nichts wirklich neu! Es ist nicht nur so, wie der Herr Staatssekretär in seinen wirklich beeindruckenden Ausführungen erklärt hat, nämlich dass gewissermaßen sinngemäß ein solches Vorhaben schon aus der Zeit Michaleks datiere, sondern es ist auch so, dass es einen wortgleichen Antrag gibt. Wortgleich und aus dem Jahr 1998 stammend! Damals hat der Justizminister Michalek geheißen, und der Bundeskanzler hat Klima geheißen. Und wenn man Klima hören und sehen wollte, ist der Staatssekretär Wittmann hier auf der Regierungsbank gesessen und sonst niemand! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da hat mir schon der Staatssekretär Morak besser gefallen – auch in seiner Diktion, das muss ich dazusagen – als der damalige Staatssekretär Wittmann, obwohl Letzterer doch Anwalt war und bekanntlich die Anwälte immer gut sind. Aber mir ist in dieser Hinsicht doch Morak angenehmer gewesen.


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69. Sitzung / Seite 138

Das heißt, Michalek hat als der Justizminister Klimas im Jahr 1998 einen wortidentischen Text auf den Tisch des Hauses gelegt, der nur deshalb nicht mehr zur Endbehandlung gekommen ist, weil es 1999 Nationalratswahlen gegeben hat. Er ist gewissermaßen schon in den Wahlkampf hineingekommen.

Überhaupt nichts Neues ist dieser Text, der jetzt zu einem großen, rot-grünen Luftballon aufgeblasen wird, vor dem sich alle fürchten sollen – wobei schon angekündigt wird: Wir fahren wieder ins Ausland, und dem Ausland werden wir sagen, was alles in Österreich nicht richtig läuft! Wir schreiben einen Brief an die "Weisen", wir wenden uns an die "Weisen" und beschweren uns darüber, was in Österreich los ist!

Damals schon hat es diese Vorlage gegeben! Aber ich habe damals eigentlich jede Aufregung darüber vermisst. Ich kann mich an einen Sturm der Entrüstung, den man damals vielleicht hätte vernehmen können, gar nicht erinnern. Warum? – Aus folgendem Grund: Damals war Klima Kanzler, und damals war Wittmann sein Staatssekretär, und damals war der honorige Notar Michalek sein Justizminister!

Niemand hat sich aufgeregt; und niemand verrät auch heute, dass die wahre Kernbestimmung der § 301 StGB ist.

§ 301 des Strafgesetzbuches stammt auch nicht aus der Ära Böhmdorfer, er weist die jüngste Novelle aus dem Jahr 1997 auf, er stammt also auch aus einer Zeit, in welcher es Klima, Wittmann und Michalek in der Regierung gegeben hat. Damals hat diese Bestimmung unter dem Eindruck, dass ununterbrochen vertrauliche Bestandteile von Gerichtsakten im Faksimile in manchen Zeitungen, die von solchen Dingen leben, zu sehen gewesen sind, dazu geführt, dass man sich dazu aufgerafft hat, dagegen etwas zu unternehmen.

Ich sage: Aus gutem Grund tat man dies, denn es ist nicht nur darum gegangen, dass aus Gerichtsakten Dinge, die Private betreffen – Private, an denen die Öffentlichkeit kein Interesse haben darf, wenn es um Probleme geht, die ihr Privatleben betreffen –, in den Zeitungen nicht erscheinen sollten, sondern auch um kriminaltaktische Überlegungen, denn es ist auch nicht günstig, wenn jemand, der als fünfter Beschuldigter einvernommen wird oder der der sechste Zeuge ist, in der Zeitung das nachlesen kann, was alle unmittelbar vor ihm gesagt haben, weil das Protokoll im Faksimile in der Zeitung schon abgedruckt ist.

Dieser § 301 StGB hat sich in Wirklichkeit gegen die Gerichtsmitarbeiter gerichtet. Ich weiß das aus eigener Wahrnehmung. Man hat im Ministerium immer gesagt: Wer trägt das schon wieder hinaus? Wer aus dem Justizbereich kann das schon wieder gewesen sein? Welcher Mitarbeiter akademischen oder nicht akademischen Zuschnitts war der Informationsträger?

Man hat niemals die Lücken schließen können, denn immer haben die Betroffenen gesagt: Das war wahrscheinlich der Beschuldigte! Es hat geheißen: Der Beschuldigte hat eine Aktenablichtung, der Beschuldigte hat einen Verteidiger, wenn das hinausgegangen ist, muss das nicht ein Justizler gewesen sein, das wird wahrscheinlich der Beschuldigte oder jemand aus seiner Umgebung gewesen sein!

Der Paragraph, über den jetzt diskutiert wird, schließt nicht eine Lücke bei den Journalisten, sondern er schließt die Lücke bei jenen Personen, die Vertraulichkeiten verletzten können, denn er sagt nicht mehr und nicht weniger, als dass der Beschuldigte zwar die Aktenablichtung bekommt – jeder von euch kann das nachlesen, wenn er sich der Mühe unterzieht –, dass er sie natürlich auch seinem Verteidiger geben darf, dass er sie aber dann nicht weitergeben und der Veröffentlichung preisgeben darf, wenn damit schutzwürdige Interessen Dritter verletzt werden würden.

Das heißt, das richtet sich nicht gegen die Journalisten. Es ist der § 301 StGB der Kernparagraph. Man hat seinerzeit angenommen, die Justizleute verletzen die Vertraulichkeit. Die haben sich immer auf die Beschuldigten ausgeredet, und jetzt hat man auch die Beschuldigten in die Pflicht genommen.


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Bei den Journalisten hat sich in Wahrheit überhaupt nichts geändert! Das wissen diejenigen, die da professionell aufheulen, weil sie glauben, einmal selbst in irgendeiner Form mit Unannehmlichkeiten in Konfrontation zu kommen.

Es ist also nicht so, dass es da Neues gäbe. Das, was wirklich kommen soll, stammt aus der Ära Klima, Wittmann und Michalek. Das, was wirklich kommen soll, richtet sich nicht gegen die Journalisten. Jeder kann es nachlesen; vielleicht einer der Redner, die nach mir drankommen, die noch mehr Redezeit zur Verfügung haben. Ich wiederhole: Es richtet sich gegen den Beschuldigten und gegen alles, was mit ihm zusammenhängt.

Meine Damen und Herren! Man soll, bitte, endlich damit aufhören, auf Krokodilstränendrüsen zu drücken, indem man sagt, die ganzen Skandale hätten nicht aufgedeckt werden können, wenn man diese Bestimmung schon früher gehabt hätte. Das ist ein Denkfehler, ein bewusster oder ein irrtümlicher (Zwischenruf des Abg. Öllinger ), denn es geht dabei um die Veröffentlichung aus Gerichtsakten, und wenn ein Gerichtsakt schon auf der Welt ist, dann hat ein allfälliger Aufdecker schon seinen Erfolg erreicht, und das kann nachträglich nicht mehr verhindert werden. (Abg. Öllinger: ..., das wissen Sie genau!)

Es geht darum, dass der Aufdecker, wenn er wirklich aufgedeckt hat, wenn er Erfolg gehabt hat, einen Gerichtsakt produziert hat, und aus dem Gerichtsakt soll dann der Beschuldigte vertrauliche Bestandteile, die schutzwürdige Interessen Dritter gefährden könnten, nicht hinausgeben. Da ist die Geschichte mit dem Aufdecken schon mehrere Stufen vorbei. Das weiß auch der Herr Öllinger, aber er weiß, das geht hinein, wenn er sagt: Jö, nichts hätte aufgedeckt werden können! Er übersieht allerdings, dass die Reihenfolge eine andere ist, als er seinen gläubigen Zuhörern einreden möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

16.05

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Am 4. Mai dieses Jahres hat genau zu diesem Thema der Rechtsanwaltskammerpräsident Dr. Knirsch die geplante Bestimmung, die bisher hier so massiv kritisiert worden ist, in einer APA-Aussendung ausdrücklich begrüßt – ich zitiere –:

"Die beabsichtigte strenge Bestrafung von Indiskretionen zu Lasten schutzwürdiger Interessen von Bürgern sei eine ‚längst schon fällige Verschärfung von Verfahrensschutzbestimmungen‘, sagte der Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer, Peter Knirsch, in einer Aussendung." (Abg. Dr. Pilz: Ist das ein Freund von Böhmdorfer?)

"Die Aufgeregtheit über die geplante Novelle der Strafprozessordnung wertete er als Ausdruck" – Herr Kollege Pilz, passen Sie auf! – "eines ‚verwilderten Rechtsverständnisses, weil es oberstes Prinzip einer demokratischen Rechtsordnung zu sein hat, dass jedermann ein faires Verfahren garantiert wird‘" (Abg. Dr. Pilz  die Hände wie zur Festnahme überkreuzend –: So?)  "‚– und nicht, dass die Verharmlosung von präjudizierenden Veröffentlichungen zu einem tradierten Recht wird‘."

Ich zitiere weiter: "Die nunmehrige Initiative des Justizministers muss daher von allen unterstützt und begrüßt werden, die der Rechtsstaatlichkeit wieder ihren angemessenen Stellenwert geben wollen, so Knirsch." – Zitatende.

Wir von der ÖVP wollen diesen Rechtsstaat schützen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), genauso wie wir selbstverständlich auch die Medienfreiheit schützen wollen. Rechtsstaat heißt aber, alle Rechtsgüter – wie etwa Datenschutz, faires, unabhängiges Verfahren, Pressefreiheit – gleichermaßen und ausgewogen zu berücksichtigen.

Der neue § 56 ist eine Datenschutzbestimmung. In der Rede des Kollegen Cap ist aber das Wort "Datenschutz" kein einziges Mal vorgekommen.


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Herr Kollege Cap! Sie verhalten sich in Ihrer Sicht bezüglich der Schutzinteressen dem Rechtsstaat gegenüber einseitig. Der Rechtsstaat besteht nicht nur und ausschließlich aus der Medienfreiheit, sondern es sind auch andere Rechtsgüter im Rechtsstaat zu berücksichtigen.

Für uns ist natürlich die Pressefreiheit ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Demokratie, und dass Medien- und Meinungsfreiheit auch als Kontrollinstrumente verfassungsrechtlich geschützt sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber rechtsstaatliche Grundprinzipien, wie ein faires, unabhängiges Verfahren, frei von Vorverurteilung, frei von medialer Einflussnahme – im Übrigen ein Menschenrecht, Herr Kollege Pilz, aber das ist Ihnen fremd –, oder der Datenschutz von gesetzlich geschützten Daten Dritter, wie beispielsweise Arztgeheimnis, anwaltliche Schweigepflicht, Amtsgeheimnis, Persönlichkeitsschutz, sind in den Stellungnahmen und Wortspenden der Opposition überhaupt nicht vorgekommen.

Ich sage Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir von der ÖVP stehen auf dem Standpunkt, dass diese Rechtsgüter nicht auf dem Altar der Skandalberichterstattung geopfert werden dürfen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wo bleibt bei Ihnen die Rechtsstaatlichkeit, Herr Kollege Cap und Herr Kollege Pilz, wenn in Ihren Stellungnahmen kein Wort von Datenschutz die Rede war, wenn Ihnen ein faires, unabhängiges Verfahren keine Silbe wert war, wenn Sie den Unterschied zwischen Medienjustiz und rechtsstaatlicher Justiz mit keinem Wort erwähnt haben?

Herr Kollege Pilz! Rechtsstaatliche Grundsätze sind Ihnen eben fremd, Datenschutz ist Ihnen bloß als Skandal bei den Anderen willkommen, selbst halten Sie sich aber nicht daran, was unzählige Pressekonferenzen beweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der neue § 56 ist als Opferschutzbestimmung normiert worden – die Präsidentin der Richtervereinigung hat das auch sofort erkannt und in ihrer Stellungnahme auch erwähnt –, und als solche hat sie natürlich Berechtigung. Sie stammt im Übrigen – das hat Kollege Ofner schon ausgeführt – aus der Ära Michalek, und das Begutachtungsverfahren wird unter Umständen Verbesserungsvorschläge bringen, insbesondere bezüglich der notwendigen Anpassung des § 301 StGB.

Der bereits in Geltung stehende § 301 StGB stammt im Übrigen aus der Broda-Zeit. Das möchte ich hier auch einmal erwähnt haben. Herr Kollege Van der Bellen – er ist jetzt nicht mehr anwesend –, verfassungswidrig ist dieser Paragraph nicht, er entspricht auch der Europäischen Menschenrechtskonvention. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bei dieser Anpassung werden wir ähnlich, aber mit geringeren Strafsanktionen vorgehen wie 1997, als wir den Schutz der Daten aus Protokollen der elektronischen Ermittlung, der Telefonüberwachung und der Rasterfahndung in den § 301 StGB aufgenommen haben. (Abg. Öllinger: Den haben ja Sie eingeführt!) Herr Kollege Öllinger und Herr Kollege Pilz! Sie fordern in Ihrem Antrag eine Abschaffung des § 301 StGB zur Realisierung der absoluten Pressefreiheit. Wollen Sie vielleicht gerade diese Daten aus der Telefonüberwachung, aus der Rasterfahndung öffentlich machen und in der Medienöffentlichkeit haben? (Abg. Öllinger: Wir wollen die Rasterfahndung nicht!) Diesem Dringlichen Antrag werden wir mit Sicherheit keine Zustimmung erteilen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Schaffen Sie die Rasterfahndung ab!)

Um Medienjustiz und medialen Druck auf ein Strafverfahren, Beeinflussung von Zeugen, Schöffen und Richtern, präjudizielle Vorverurteilung und Verlautbarungen zu verhindern, hat beispielsweise das deutsche Strafgesetz den § 353d, der wahrlich identisch mit unserer Bestimmung ist, außer dass die Strafdrohung dort eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe – und damit doppelt so streng wie bei uns – ist. Das deutsche Strafgesetzbuch schützt außerdem die Verletzung von Privat- und Amtsgeheimnissen mit Strafdrohungen von bis zu einem Jahr. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Daher ist die geplante Regelung, die Sie hier so massiv kritisieren, in keiner Weise ein verfassungsrechtliches Unding, sondern international sehr wohl vergleichbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Es wird – egal, wie wir den neuen § 301 im Detail formulieren – mit Sicherheit keine Haftstrafen für Journalisten geben. Herr Kollege Cap! Der Sager mit dem "Kerkermeister" ist zwar bekannt, aber juristisch ein ausgesprochener Topfen. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Sie als künftiger Klubobmann und Jurist sollten das eigentlich wissen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Er ist ja kein Jurist!)

Haftstrafen für Journalisten hat es in der Vergangenheit nicht gegeben, weil Journalisten durch das Redaktionsgeheimnis geschützt sind. Das Redaktionsgeheimnis hat bisher auch eine Mittäterschaft von Journalisten verhindert – auch dann, wenn die Quelle ihrer Informationen aus einer Verletzung des Amtsgeheimnisses kam. Aber das Amtsgeheimnis gibt es ja bekannterweise schon wesentlich länger.

In Zukunft wird es aber nicht nur wegen des Redaktionsgeheimnisses keine Haftstrafen für Journalisten geben, sondern auch deshalb nicht, weil es gemäß § 37 StGB zu den Grundsätzen unserer Rechtsordnung gehört, dass bei Strafandrohung von bis zu sechs Monaten nur Geldstrafen zu verhängen sind, weil Kurzzeitstrafen nicht sinnvoll sind. Daher kein "Häfen" für Journalisten!

Herr Kollege Cap! Erkundigen Sie sich bei den Juristen Ihrer Partei, wie die Rechtslage wirklich ist, und vermeiden Sie so blöde Sager wie den vom "Kerkermeister".

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Sie können hier im Plenum nicht von "blöden Sagern" sprechen. (Unruhe bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Aber "Kerkermeister"!)

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Ich nehme das Wort "blöd" zurück und stelle es richtig auf "juristisch absolut fehlinformiert und falsch". (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

So wie sich alle zivilisierten Rechtsordnungen bemühen, eine ausgewogene Balance zwischen den Rechtsgütern zu treffen, so versuchen auch wir, diese Balance zu finden. Ob dabei das Strafrecht oder bloß das zivilrechtliche Schadenersatzrecht das richtige Instrument ist, wird das Begutachtungsverfahren zeigen, denn ein mächtiges Medienunternehmen wird sich mit pikanten Details auf dem Titelblatt die Schadenersatzzahlung locker leisten können, weil dies die Auflage ja eventuell beträchtlich steigert. Andererseits bestehen aber sehr wohl auch ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung und ein legitimes Interesse an der Berichtspflicht trotz Datenschutz.

Daher zum Schluss, meine Damen und Herren: Rechtsstaat heißt für uns, alle Rechtsgüter zu schützen und dem Informations- und Medienrecht sehr wohl Platz einzuräumen – einer Medienjustiz aber mit Sicherheit nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen jetzt mehrere Wortmeldungen zu einer tatsächlichen Berichtigung vor. Ich bitte in allen Fällen, zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt und dann den tatsächlichen Sachverhalt anzuführen.

Der Erste an der Reihe ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Der wird sich jetzt den Sachverhalt auf dem Weg zum Rednerpult erst überlegen! – Abg. Böhacker: Es war kein Topfen, es war ein Magertopfen!)

16.16

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Fekter hat behauptet, in unserem Dringlichen Antrag würden wir die Abschaffung des § 301 StGB fordern.

Ein kurzes, möglicherweise anstrengendes Nachlesen bringt zur Kenntnis – ich zitiere –: " ... eine Regierungsvorlage zu beschließen, in der § 301 StGB so geändert wird (Abg. Dr. Fekter: Aha! Wollen Sie ihn doch haben?), daß er nicht mehr zu Bedrohung der Presse- und Meinungs


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äußerungsfreiheit mißbraucht werden kann." (Zwischenruf des Abg. Böhacker.  – Abg. Dr. Fekter: Super! Sehr gut!)

Wer zwischen "ändern" und "abschaffen" nicht unterscheiden kann, kann wahrscheinlich zwischen Rechtsstaat und Böhmdorf auch nicht unterscheiden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. – Bitte.

16.17

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Frau Dr. Fekter hat Herrn Dr. Josef Cap als Juristen bezeichnet. – Ich stelle dem den richtigen Sachverhalt gegenüber: Er hat nicht Jus studiert, sondern ein anderes Studium betrieben. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf: Das hat man an der Rede gemerkt!)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste tatsächliche Berichtigung kommt von Herrn Abgeordnetem Dr. Cap. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Genosse Schröder würde sagen: Cap hat Quark gesprochen!)

16.17

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Dr. Fekter hat mir den Begriff "Kerkermeister" zugeordnet. (Abg. Dr. Khol: "Zugeordnet" würde ich nicht sagen!) – Grüß Gott, Frau Kerkermeister! (Abg. Dr. Fekter: Nachgeplappert hat er!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den zu berichtigenden Sachverhalt nennen und diesem dann den tatsächlichen Sachverhalt gegenüberstellen!

Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Hiermit berichtige ich: Nicht ich bin der Erfinder dieses Begriffes "Frau Kerkermeister" (Abg. Dr. Fekter: Nein, Sie sind Nachplapperer!), sondern Peter Rabl im Streitgespräch mit der Zeitschrift "NEWS". Wenn Sie aber der Meinung sind, dass das ein "blöder Sager" ist, dann sagen Sie es Herrn Peter Rabl. Er ist eher ein Ihnen zuzuordnender Journalist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das war auch ein Topfen!)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen in der Debatte fort.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Cap! Lern die Geschäftsordnung! – Abg. Dr. Khol: Kein Jurist – und ein Nachplapperer! – Abg. Dr. Martin Graf: Wir merken schön langsam, was ...! – Abg. Haigermoser: Herr Cap! Machen Sie den Volksanwalt! Da sind Sie auch versorgt!)

16.18

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Danke, dass es den "Falter" gibt, denn der "Falter" ist eine Lektüre, die ich wahrlich allen empfehlen kann, vor allem jenen, die auch mit Journalisten reden. Darf ich Ihnen aus der heutigen Ausgabe des "Falter" Frau Dr. Fekter zitieren? Sie hatte ja hier nicht ausreichend Zeit dazu, um alle Facetten ihrer Meinung wiederzugeben. (Abg. Ing. Westenthaler: Wieso zerwuzeln Sie den "Falter"?)

Frau Dr. Fekter bringt es wirklich auf den Punkt, worum es hier in der Frage des § 56 StPO in Verbindung mit § 301 StGB geht. Sie sagt nämlich – ich zitiere Maria Fekter im "Falter" –: "Josef Kleindienst und andere sollen über die Spitzelaffäre nichts mehr veröffentlichen, solange es keine Anklage gibt. Kleindienst wird eben in Zukunft strafbar sein." (Abg. Dr. Fekter: Sagt der "Falter"!)


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Es geht um die Spitzelaffäre, meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutlicher als das kann man es wirklich nicht zum Ausdruck bringen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist kein wörtliches Zitat!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich messe der Meinung der Justizsprecherin der ÖVP zwar große Bedeutung bei, man könnte das noch irgendwie herumbiegen, aber im Zusammenhang mit einer ebenfalls im "Falter" nachzulesenden Äußerung der Vizekanzlerin der Republik, nämlich von Frau Dr. Riess-Passer, ist das anders. Dieselbe gab nämlich, wie im "Falter" zitiert, der erstaunten Öffentlichkeit sogar bekannt, dass – und jetzt zitiere ich sie wörtlich – "gar keine Journalisten mit Haft bedroht werden, wenn sie ordnungsgemäß berichten".

Es geht um das "ordnungsgemäße Berichten" im Zusammenhang mit der Spitzelaffäre, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da kann man wahrlich nur mit den Worten des "einfachen" Parteimitgliedes Jörg Haider sprechen. Es geht in diesem Zusammenhang immer um eines: um "Die Freiheit, die ich meine", und darum, "Die Freiheit, die ich meine", die Ordnung, die er meint, die Freiheit, die er meint, verkünden zu dürfen.

Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer! Sie werden ja in dieser Frage sogar in dem die österreichische Regierung entlastenden "Weisenbericht" zitiert, in welchem die "Weisen" Folgendes über Sie geschrieben haben:

"Als die Oppositionsparteien eine förmliche parlamentarische Befragung einleiteten" – bezugnehmend auf Ihre Äußerungen, Oppositionelle zu sanktionieren –", betonte der Justizminister die Meinungsäußerungsfreiheit jener, die einen solchen Vorschlag unterbreiteten. Er unterstrich, daß jeder die Möglichkeit haben müsse, seine Meinung zu äußern."

Darum geht es: Seine Meinung zu äußern – "Die Freiheit, die ich meine", die Ordnung, die man herstellen will.

Die Freiheit wird definiert vom "einfachen" Parteimitglied bis hin zum honorigen Parteianwalt der FPÖ, um jetzt wieder mit den Worten des Herrn Dr. Ofner zu sprechen, denn er hat es ja mit den honorigen Männern. Er zitiert sich selbst in gewisser Hinsicht als honorigen Justizminister. Da darf ich Sie, meine Damen und Herren, an "Die Suppe ist zu dünn", an die "Lucona" und das Ende der Affäre erinnern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )  – Auch 20 Jahre machen das Gedächtnis nicht schwächer, außerdem sind es noch gar nicht 20 Jahre. (Abg. Dr. Ofner: Außer dir weiß niemand mehr, worum es gegangen ist!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um Ihnen hier sozusagen auch meinen Eindruck dieses Stimmungsbildes zu geben, sei Folgendes gesagt: Bitte, niemand – und das hat Herr Dr. Van der Bellen schon einleitend gesagt –, niemand hier, der sich irgendwann mit justizpolitischen Fragen seriös beschäftigt hat, hat je in Abrede gestellt, dass es einen enormen Reformbedarf im strafprozessualen Vorverfahren in Österreich gibt. Das ist etwas, was zumindest, seit ich das erste Mal ein juristisches Lehrbuch in der Hand hatte, immer und immer wieder als Reformstau, Reformvorhaben, rechtsstaatlich nicht mehr vertretbar unter Beweis gestellt wurde und wird. Das ist überhaupt nicht der Diskussionspunkt dieser Sache.

Worum es hier insgesamt geht – ich wiederhole es noch einmal –, ist das Klima, in dem die Dinge passieren. (Abg. Dr. Ofner: Schuld ist wieder der Klima!) § 56 wurde zwar damals nicht in Verbindung mit § 301 gebracht, aber jetzt schon, weil das der einzige, aber dafür wesentliche Unterschied zwischen dem Entwurf zum strafprozessualen Vorverfahren von 1998, von Dr. Michalek präsentiert, und dem Entwurf zum strafprozessualen Vorverfahren von 2001, von Dr. Böhmdorfer präsentiert, ist, eben diese direkte Bezugnahme auf § 301 StGB. Das ist eine Frage der Situation. Wir hatten 1998 einen Justizminister, der ein Motiv hatte, diesen Vorschlag zu machen, und er war und ist wahrlich eine honorige Persönlichkeit; eine honorige Persönlichkeit, nämlich ein unabhängiger Notar vor seiner Amtszeit als Minister und heute wieder.

Der jetzige Minister ist für viele eine honorige Persönlichkeit: Er ist Parteianwalt der Freiheitlichen Partei. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen der Zeit davor und der Zeit jetzt! Die Zeiten haben sich geändert. Die Interpretationen haben sich geändert, der Druck auf die Justiz


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hat sich geändert, der vorauseilende Gehorsam spielt wieder eine Rolle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten ist heute in einem anderen Licht zu sehen, wenn es jetzt, wie bei den Staatsanwälten, eine Diskussion gibt, bei der es um die Abschaffung des Weisungsrechtes geht, wobei der oberste Weisungsgeber strikt sagt: Nein, kein Abschaffen! – Das ist ein Punkt, um jetzt noch einmal auf das strafprozessuale Vorverfahren zu kommen, bezüglich dessen es wirklich auch Diskussionsbedarf in den anderen Bestimmungen gibt, die in diesem Entwurf enthalten sind – so notwendig diese Reform auch ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Darum möchte ich, weil heute schon so oft und so viel aus Zeitungen zitiert wurde, auch aus einer Zeitung zitieren. Das ist eine Zeitung, von der die Damen und Herren, die Zeitung lesen, sicher wissen, dass das bestimmt nicht meine Lieblingszeitung ist, nämlich die "Kronen Zeitung", und ihr Justitiar ist Herr Dr. Swoboda, den ich jetzt zitieren möchte. Der Justitiar der "Krone" sagt zum § 56 in Verbindung mit § 301 StGB (Abg. Böhacker: Ist das nicht der "Falter"?)  – wieder gegenüber dem "Falter" –: "Verfassungswidrig, totaler Unsinn, Kasperlbestimmung". (Abg. Böhacker: Haben Sie die "Krone" gefaltet?)

Wenn man auf Seiten der Bundesregierung nicht mehr die Sensibilität hat – und jetzt wende ich mich vor allem an den Teil der Bundesregierung von der ÖVP; es gibt ja zwei –, dass man diesen Aufschrei der gesamten geschlossenen Medien- und Journalistenöffentlichkeit wahrnimmt, dann ist es weit gekommen. Es sind nicht nur ein paar, die die Fahne des Rechtsstaates hochhalten, sondern die Besorgnis, die Erregung, die Kritik ist eine allumfassende. Ich kenne keinen Journalisten in diesem Land, der sich dazu nicht kritisch geäußert hat. Vielleicht hat der eine oder der andere noch nicht die Möglichkeit gehabt, sich dazu zu äußern. Sie sind alle aufgefordert, es zu tun, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Grabner. )

Es liegt an uns, es liegt an Herrn Klubobmann Khol, und es liegt an dem heute nicht anwesenden Bundeskanzler (Abg. Dr. Khol: Und Minister Böhmdorfer! ), etwas zu tun. Daran sieht man, welche Meinung er vom Rechtsstaat hat, welche Meinung er darüber hat, wenn er nicht hierher kommt, wenn es um eine Grundrechtsdiskussion geht. Hier geht es um das wirklich diffizile Spannungsverhältnis in der Abwägung von Grundrechten. Wer ist da mehr gefragt als jener, der primus inter pares in der Bundesregierung ist, jener, der dieses Land am allermeisten öffentlich vertritt?!

Das, was heute noch als letzter Satz zu sagen ist, ist Folgendes: Die drei "Weisen" haben es sich wahrlich nicht verdient, dass sie mit ihrem "Freispruch" – unter Anführungszeichen – und mit ihrem Ergebnis, das sie geliefert haben, mit dem, worüber wir uns alle in Österreich gefreut haben, jetzt in dieser Art und Weise verunglimpft werden, wie es heute durch Herrn Dr. Ofner passiert ist. (Beifall bei den Grünen.)

Weder Herr Dr. Frowein noch Herr Dr. Ahtisaari noch Herr Dr. Oreja haben es verdient, von Dr. Ofner in dieser Form hier missbilligend und karikierend und wirklich unter ihrer Würde behandelt zu werden. Irgendwie ist es so, dass man es von den Freiheitlichen einfach nicht anders erwarten kann. Doch die ÖVP schweigt und lässt Frau Dr. Fekter sprechen. (Abg. Dr. Khol: Wir schweigen überhaupt nicht!)

Herr Dr. Khol, Sie haben jetzt Gelegenheit dazu: Nehmen Sie Stellung zu dem, was Frau Dr. Fekter uns via Zeitung ausgerichtet hat! Bitte, Sie sind der Nächste! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Justizminister. Ich erteile es ihm.

16.28

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bestätige die


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69. Sitzung / Seite 145

Aussage der Frau Abgeordneten Stoisits, derzufolge es sich wirklich um ein sehr schwieriges Problem handelt, nämlich um das Problem der Regelung des Spannungsverhältnisses zwischen dem Persönlichkeitsschutz einerseits und der Pressefreiheit andererseits. Ich bin aber erstaunt darüber, dass Sie dieses Problem so einseitig sehen und dass Sie zum Persönlichkeitsschutz überhaupt keine Worte gefunden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte deshalb auf die Geschichte der Rechtslage eingehen, damit wir uns alle besser verstehen, weil ich sehr daran interessiert bin, dass dieses große Reformwerk des Justizministeriums, das die Beamten dieses Ministeriums in 27 Jahren unter der Führung des Herrn Dr. Pleischl erarbeitet haben, nicht untergeht und nicht in Misskredit gebracht wird, und zwar nur deshalb, weil Sie das politische Kleingeld kassieren möchten, das Sie eigentlich nicht verdienen.

§ 301 StGB stammt aus dem Jahre 1975, aus der Zeit des sozialistischen Justizministers Broda, und wurde im Jahre 1997 novelliert. Heute kam von Herrn Dr. Pilz die interessante Aussage, dass Sie diesen Paragraphen grundsätzlich bejahen, dass Sie ihn aber verändern wollen. Der Veränderungswunsch kann aber nicht sehr groß sein, weil Sie denselben nicht vorgebracht und nicht detailliert haben. Bis heute haben Sie nicht gesagt, was Sie da geändert haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich rufe Ihnen auch in Erinnerung, warum die Novelle des Jahres 1997 notwendig war: weil damals der so genannte große Lauschangriff gesetzlich geregelt wurde. Was ist da passiert? – Man kann in sehr schwierigen und weit reichenden, bedeutenden Kriminalfällen zum Beispiel Räume verkabeln. Man kann auf diese Art und Weise auch Personen abhören, die mit einer Straftat überhaupt nichts zu tun haben. Man kommt in Kenntnis von Details aus dem Privat- und aus dem Familienleben von Dritten, die mit dem Strafverfahren nur zufällig in Berührung kommen. Das war der Grund für dieses Hohe Haus, im Jahre 1997 den Tatbestand des § 301 StGB um den Absatz 3 zu erweitern, damit solche Details über Dritte, die in das Persönlichkeitsrecht Dritter eingreifen, nicht veröffentlicht werden dürfen! Strafrahmen – den hat dieses Hohe Haus beschlossen –: 1 Jahr. Seit 1997! Sie haben dazu kein Wort verloren, Herr Dr. Pilz, Sie haben nur eine Veränderung gewollt, die Sie nicht näher präzisiert haben. – Das ist das eine. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz. )

Es handelt sich dabei um ein Formaldelikt, das jeder begeht, der die Veröffentlichung bewirkt, und dieses Delikt muss – auch das haben Sie nicht erwähnt – mit Vorsatz begangen werden. Das heißt, dass es zu einer Abwägung der Interessen der dritten Betroffenen, in deren Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, nicht kommt. – Auch das haben Sie nicht erwähnt, Herr Dr. Pilz, auch das haben Sie nicht bekrittelt. Ich bin gespannt, wie Ihre weitere Kritik an diesem Tatbestand, den Sie heute bestätigt haben und den Sie nicht abschaffen wollen, in der Zukunft aussehen wird.

Wie geht es weiter? – Mit der neuen Strafprozess-Novelle geschieht Folgendes: Es werden die Rechte der Geschädigten erweitert, es werden die Rechte der Opfer erweitert. Es werden aber auch die Rechte der Beschuldigten erweitert, und zwar im § 53 Abs. 1, den Sie, Herr Dr. Pilz, heute nicht erwähnt haben. Dort ist festgeschrieben, dass man früher als bisher Akteneinsicht bekommt. Der Beschuldigte gelangt also jetzt früher als bisher, wenn das Gesetz werden sollte, in Kenntnis von Details über Dritte, also in Kenntnis von Details, mit deren Wissen in das Persönlichkeitsrecht Dritter eingegriffen wird.

Nun wird dieses Spannungsfeld, von dem Frau Dr. Stoisits gesprochen hat, wie folgt geregelt: Der Beschuldigte soll alles Wissen, das er aus dem Akt bezieht, für seine Verteidigung verwenden dürfen, und zwar auch dann, wenn er damit in die Rechte Dritter eingreift. Er soll es aber nicht verwenden, wenn er in die Rechte Dritter eingreift, ohne sich selbst durch die Verteidigung zu helfen. Das ist reiner Persönlichkeitsschutz. Auch dieses Delikt könnte von Journalisten als Beitragstäter nur mit Vorsatz begangen werden.

Bitte erklären Sie, warum Sie den österreichischen Bürgern diesen Persönlichkeitsschutz verwehren wollen! Bitte eine Antwort darauf, insbesondere von der grünen Fraktion, die hier völlig undifferenziert vorgegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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69. Sitzung / Seite 146

Nun zu dem, was Sie, Frau Abgeordnete Stoisits, gesagt haben, nämlich dass das eine "Kasperl-Bestimmung" sei. (Abg. Mag. Stoisits: Das habe nicht ich gesagt! Das sagt ...!) Sie haben es zitiert, und Sie haben es mit der Art und Weise, wie Sie es zitiert haben, zu Ihrer eigenen Meinung gemacht. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Ich wende mich jetzt insbesondere an die sozialdemokratische Fraktion: Im Jahre 1998 ist diese Bestimmung, die Sie heute so heftig kritisieren, bereits im Diskussionsentwurf enthalten gewesen. Sie wurde kritisiert und beurteilt von vielen, unter anderem auch vom Vorsitzenden des Datenschutzrates, einem hohen sozialistischen Mandatar namens Strutzenberger. Er hat diese Bestimmung ausdrücklich als Erweiterung begrüßt, als richtige und rechtsstaatliche Erweiterung. – So geschehen am 14. Dezember 1998. Den Wirbel, den Sie heute machen, verstehe ich wirklich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Das ist der Salto rückwärts!)

Nun einige praktische Beispiele. Um welche Fälle könnte es gehen, in denen ein Beschuldigter unter Umständen dann sein Wissen nicht verwenden soll, weil es seiner Verteidigung nicht dient? – Ich denke an Wirtschaftsverfahren, ich denke an Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, in deren Kenntnis er gelangt und die er, ohne dass sie ihm helfen, verwenden und veröffentlichen könnte. Ich denke an die Freigabe von Treuhandschaften, ich denke an die Informationen über Konten und Kredite, die er verwenden könnte, ohne dass sie ihm selbst helfen. – Was sagen Sie zu dieser Frage des Persönlichkeitsschutzes, zu dieser Frage der Details über das Privatleben?

Ich denke an die organisierte Kriminalität. – Erinnern Sie sich: Es hat schon Schussattentate auf ZeugInnen gegeben! Sie hätten als Zeugen aussagen sollen, was durch vorschnelle Verbreitung des Akteninhaltes bekannt wurde.

Wenn Sie Ermittlungsergebnisse der ermittelnden Behörden zu früh bekannt geben, können diese auch eine Warnung für Mittäter sein. – Sie haben dazu kein Wort verloren!

Sie denken aber auch nicht an die sterblichen Überreste von Opfern! Deren Verwandte haben auch einen Persönlichkeitsschutz. Sie denken nicht an Krankengeschichten, die in dieser Art und Weise veröffentlicht werden könnten! (Abg. Dr. Jarolim: ... Sie reden an der Sache vorbei!) Sie denken nicht an psychiatrische und psychologische Gutachten, die verfrüht veröffentlicht werden könnten!

Wenn Sie mit Journalisten sprechen, denen Sie diese Themen vorhalten, dann sagen Ihnen diese Journalisten: Solche Dinge veröffentlichen wir ohnedies nicht! – Sie machen den Wirbel – er ist gar nicht notwendig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Denken Sie an die Ergebnisse von Haus- und Personendurchsuchungen! Denken Sie an die vielen Möglichkeiten des Missbrauches, die sich eröffnen, wenn Beschuldigte über die Medien Fakten veröffentlichen, die sie für ihre Verteidigung gar nicht benötigen! – Zu all diesen Fragen könnten Sie heute noch Antworten geben. Ich stehe zur Diskussion zur Verfügung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

16.37

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Es ist eigentlich beschämend, dass Sie bei diesem Thema von politischem Kleingeld, das zu machen wäre, sprechen.


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69. Sitzung / Seite 147

(Abg. Haigermoser: Nein, das ist nicht beschämend, das ist die Wahrheit!) Ich bin der Auffassung, dass Sie es sich nicht so einfach machen können. (Abg. Haigermoser: Das ist ein Topfen, was Sie da reden!) Ich kann Ihnen garantieren, Herr Bundesminister: Wir denken sehr viel darüber nach, wie es mit dem Persönlichkeitsschutz in diesem Land aussieht. Wir denken sehr viel darüber nach, was zu tun ist, damit nicht Missbrauch mit Daten betrieben wird. (Abg. Haigermoser: Lassen Sie uns das Ergebnis wissen!) Wissen Sie, was der Unterschied zu Ihnen ist? – Wir denken nicht an strafgesetzliche Änderungen, sondern wir denken, sollte es notwendig sein, an eine Reform des Mediengesetzes, aber an keine strafrechtlichen Maßnahmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Haigermoser: So ein Topfen!)

Das unterscheidet uns von Ihnen! Aber das unterscheidet nicht nur uns von Ihnen, sondern auch sehr viele Experten. Sehr viele Fachleute haben dazu klar Stellung genommen.

Kollegin Fekter ging hier heraus und sagte, es gebe innerhalb der ÖVP diesbezüglich sozusagen eine einhellige Auffassung. – Dem aktuellen "NEWS" entnehme ich etwas anderes: Es fand ein Streitgespräch zu dieser Frage der möglichen strafrechtlichen Verfolgung von Journalisten statt, und ich zitiere daraus:

"In diesem Land ist eine Atmosphäre entstanden, die – vergleichbar mit den dreißiger Jahren – Unbehagen verursacht. ... Herr Böhmdorfer hat mit diesem Gesetz bewiesen, dass er nicht die Sensibilität besitzt, die ein politischer Verantwortungsträger haben müsste."

Ich habe jetzt einen der ÖVP nicht unbekannten Politiker zitiert, es ist Herr Krejci, ehemaliger Generalsekretär der Industriellenvereinigung, und ich teile diese Einschätzung von Herrn Krejci voll und ganz in diesem Zusammenhang. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Auer: Nicht immer kommt mit dem Alter auch die Weisheit!)

Aber es gibt auch, wie ich diesem Streitgespräch und Zeitungsartikeln entnehmen kann, ehemalige ÖVP-Generalsekretäre, die in Bezug auf diese Vorlage davon sprechen, dass sie ein politisches Armutszeugnis für Böhmdorfer darstellt. Auch diese Einschätzung von Michael Graff teile ich voll und ganz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von der FPÖ – das ist heute auch schon erwähnt worden – sind wir ja nichts anderes gewöhnt, haben wir uns auch nicht sehr viel erwartet. Sie hat immer versucht, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Bürgerrechte massiv einzuschränken. Aber von der ÖVP hätte ich mir zumindest ein Mindestmaß an demokratiepolitischem Verständnis erwartet.

Herr Klubobmann Khol! Eingangs der Diskussion haben Sie gemeint: So bedeutend ist das nicht! (Abg. Dr. Khol: Die Vertretungsfrage!)  – Diese Diskussion ist für viele Menschen sehr bedeutend, weil das eine Bedrohung für die Demokratie darstellt, was Sie vorhaben! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Man muss all das, was hier geschieht, und diese Vorlage in einem Zusammenhang sehen, weil das Ganze eine Fortsetzung demokratiepolitisch bedenklicher Geisteshaltungen in diesem Land darstellt. Eine demokratiepolitisch bedenkliche Geisteshaltung kommt auch zum Ausdruck, wenn ein Mitglied des Koalitionsausschusses, nämlich Herr Haider, davon spricht, "Ordnung in den Redaktionsstuben zu machen", wenn er von einem "Sumpf von Indiskretionen" spricht und Redaktionen "Widerstandsnester" nennt. Das ist das Verhältnis der FPÖ – insbesondere Ihres, Herr Justizminister – zu den Medien, zu Journalisten.

Aber wie schaut das Verhältnis der ÖVP zur Freiheit der Medien aus? – Das Verhältnis der ÖVP sieht so aus, dass der Herr Bundeskanzler es nicht einmal der Mühe wert findet, herzukommen, sondern das tut, was er immer tut, nämlich zu schweigen, nicht Stellung zu beziehen und die Verantwortung, die er eigentlich hat, nicht zu übernehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Liste der Zitate, die Ausdruck einer demokratiepolitisch bedenklichen Geisteshaltung sind, lässt sich fortsetzen. Sie, Herr Bundesminister, haben davon gesprochen, dass "Pressefreiheit ihre Grenzen haben muss". Die Frau Vizekanzlerin hat davon gesprochen, dass "gar keine Journalisten mit Haft bedroht werden, wenn sie ordnungsgemäß berichten". – Das macht mir Angst, mir schwant Übles, wenn ich so etwas höre, und das ist meiner Meinung nach demokratiepolitisch bedenklich.


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69. Sitzung / Seite 148

Sie, Herr Bundesminister, sind jahrelang Parteianwalt der FPÖ gewesen, persönlicher Anwalt Haiders und sind mit einer Klagsmaschinerie gegen Kritiker, gegen Journalisten vorgegangen. Ich habe den Verdacht, Sie haben sich von dieser Rolle noch nicht ganz gelöst. Es ist Ihnen noch nicht gelungen, sich tatsächlich von dieser Rolle als Parteianwalt und dieser Rolle, permanent gegen Journalisten, permanent gegen politische Mitstreiter vorzugehen, zu lösen. Das ist unverantwortlich, das ist für einen Justizminister untragbar!

Herr Bundesminister! Sie würden der Demokratie einen guten Dienst erweisen, wenn Sie vom Amt zurücktreten würden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

16.43

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat "NEWS" bemüht, um eine angebliche Parallele von der Gegenwart zu den dreißiger Jahren zu ziehen. Ich zitiere die Wissenschaft, ich zitiere Herrn Egon Matzner, seines Zeichens Universitätsprofessor und 1978 Koordinator des sozialistischen Parteiprogramms. Was sagt Professor Matzner in seinem soeben vorgestellten Buch über die Zweite Republik? – Er sagt, die Gesprächssituation in den politischen Lagern sei seit der Zeit des Ständestaates – also der dreißiger Jahre – nicht mehr so schlecht gewesen wie jetzt. Zu 90 Prozent – sagt Matzner, der die Sozialdemokratie so kennt wie kaum ein anderer – seien Fehler früherer SPÖ-Regierungen dafür verantwortlich.

Ich zitiere einen weiteren Herrn aus dem Bereich der Wissenschaft, und zwar den Ihnen nicht nur nahe stehenden, sondern schlechthin als die Inkarnation der sozialistischen Intellektualität geltenden Herrn Norbert Leser. In einem seiner letzten Werke schreibt er, aus der Vergangenheit habe die SPÖ nichts gelernt, sie habe die Gegenwart verjuxt und die Zukunft verspielt. – So, meine Damen und Herren, schaut es um den Zustand der SPÖ aus! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun komme ich aber zu dem, was ich Ihnen eigentlich sagen wollte, sehr geehrter Herr Kollege Van der Bellen, und widme mich Ihrem Dringlichen Antrag. In Punkt 2 Ihres Antrages wird die Bundesregierung aufgefordert, eine Regierungsvorlage zu beschließen – übrigens ein eigenartiges Selbstbewusstsein einer Parlamentsfraktion, zu verlangen, dass eine Bundesregierung etwas beschließen soll, anstatt dass das Parlament ein Gesetz beschließen soll, aber offensichtlich sind Sie nicht einmal dazu in der Lage, eine einfache gesetzliche Bestimmung in Worte zu fassen –, in der § 301 StGB so geändert wird, dass er nicht mehr zur Bedrohung der Presse- und Meinungsfreiheit missbraucht werden kann.

Ich muss Ihnen dazu sagen, sehr geehrter Herr Kollege Van der Bellen, Klubobmann der Grünen und Universitätsprofessor: Sie unterstellen mit diesem Ihrem Antrag nichts anderes, als dass die Staatsanwaltschaft im Verfahren gegen Herrn Peter Pilz Amtsmissbrauch begeht. Ich muss Ihnen eines sagen: Herr Kollege, ich habe Sie während der Zeit seit 1994 als einen an sich sehr sachbezogenen Politiker schätzen gelernt, aber wenn Sie hier hergehen und unter dem Schutze der Immunität Staatsanwälten Amtsmissbrauch vorwerfen, dann muss ich sagen: Das zeugt von einer neuen Qualität der grünen Fraktion! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Von einem anderen Protagonisten der grünen Szene sind wir ja gewohnt, dass er sich hier herstellt, eine große Pose einnimmt, die etwa an die Jesus-Statue in Rio de Janeiro erinnert, und hier eine Verleumdung nach der anderen begeht. Er fordert den Herrn Bundesminister auf, er solle zurücktreten, denn wenn er zurückträte, begänne ab morgen wieder der Rechtsstaat in Österreich. Das impliziert, Herr Kollege Pilz, die Feststellung, dass Österreich im gegenwärtigen Stadium kein Rechtsstaat ist. Herr Kollege Pilz, auch das ist eine ungeheure Pauschalverunglimpfung. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Pilz will ja den Rechtsstaat abschaffen!)


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69. Sitzung / Seite 149

Wenn Sie sich so für die Medien einsetzen, was Ihnen unbenommen sein soll – auch ich versuche, mich für die Medien als "public watchdog" einzusetzen –, dann werden Sie wissen, dass es gegen jegliche journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen würde, jemanden pauschal zu verunglimpfen. (Abg. Dr. Pilz: Dog ist nicht so falsch!) Aber das ist die Art, wie Sie Politik betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Pilz, ich sage Ihnen noch etwas anderes: Ich kann mich nicht erinnern, als es hier 1999 zu Beginn der Legislaturperiode zur Angelobung gekommen ist, als wir hier alle auf die österreichischen Gesetze und die österreichische Verfassung angelobt wurden, dass der Herr Pilz aufgestanden wäre und gesagt hätte: Ich lasse mich auch gerne angeloben, weil ich alle Privilegien genießen möchte, die ein Abgeordneter genießen kann, aber, Herr Präsident, ich möchte mich nicht angeloben lassen auf die Geltung des Strafgesetzes mir, nämlich Herrn Pilz, gegenüber, denn ich, der Herr Pilz, bin etwas Besonderes, auf mich soll die Bestimmung des § 301 des Strafgesetzbuches nicht anwendbar sein! – An eine derartige Vorgangsweise kann ich mich nicht erinnern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn allgemein davon die Rede ist, dass Journalisten in Österreich verfolgt werden oder der Gefahr der Verfolgung ausgesetzt sind, dann muss ich dem eine klare Absage erteilen, denn das hat mit der Realität nichts zu tun, aber ich möchte es nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, dass erst vor kurzem ein Journalist, der unter dem Pseudonym "Staberl" österreichweit große Bekanntheit erzielt hat, davon berichtet hat, dass er insgesamt 56 Vorstrafen ausgefasst hat. Es handelt sich allerdings dabei, bitte, um Vorstrafen aus einer Zeit von Regierungen, als die FPÖ noch sehr fern jeglicher Regierungsverantwortung war, also um Vorstrafen, die auf Grundlage von Gesetzen ausgesprochen worden sind, die offenbar die Sozialdemokratie hier beschlossen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht hier um eine vernünftige und ausgewogene Abwägung der Rechtsgüter, nämlich auf der einen Seite des Rechtes auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 10 der Menschenrechtskonvention – und dieses Grundrecht schließt auch das Recht ein, die freie Meinungsäußerung publizistisch zu äußern – und auf der anderen Seite des Grundrechtes auf Wahrung der Intimsphäre, des familiären Bereichs, der persönlichen Sphäre.

Da wundert es mich schon, dass der Klubobmann ausgerechnet einer Fraktion wie der Grünen, die hier immer vorgeben – auch heute hat er das wörtlich gesagt –, die bürgerlichen Rechte hochzuhalten, kein einziges Wort darüber verloren hat, wie der Herr Justizminister Ihnen zu Recht vorgehalten hat, dass die individuellen bürgerlichen Freiheitsrechte auf Wahrung der Integrität des Familienlebens, der Intimsphäre gesichert sein müssen. Genau das vermisse ich! (Abg. Öllinger: Schaffen Sie die Rasterfahndung ab!)

Die Zeitungen, die Journalisten, die Medien, Herr Kollege Pilz, haben es selbstverständlich leicht, sich publizistisch Gehör zu verschaffen, aber der Einzelne, der durch eine publizistisch negative, unwahre, auch bloßstellende Berichterstattung, vielleicht über sein Privatleben, unter die Räder kommt, der kann sich nicht wehren, der bleibt auf der Strecke. Da gilt es, eine sinnvolle Balance auch im Sinne der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu finden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Aufregung ist vorbei, die SPÖ ist fort ...! – Abg. Dr. Khol: Aber der "Euroteam" spricht noch zu uns! – Abg. Haigermoser: Der wird uns heute sagen, wie hoch die Honorarnote war!)

16.51

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! In dem heute von den Grünen eingebrachten Dringlichen Antrag zur Presse- und Meinungsfreiheit gehen diese mit


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69. Sitzung / Seite 150

einem, wie ich meine, sehr wichtigen und sensiblen Thema in einer ungeheuerlich polemischen Weise um. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das, was die Damen und Herren von der Opposition immer unserem Koalitionspartner vorgeworfen haben, nämlich schwierige Sachverhalte zu vereinfachen, Halbwahrheiten zu verbreiten, Panikmache zu betreiben, bringen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, mit der heute geführten Diskussion zu einer bisher noch nie da gewesenen Blüte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Presseaussendungen der Grünen sind unglaublich überzogen. Ich lese von "Moskauer Verhältnissen", von "DDR-Methoden", und es wird festgestellt, der Entwurf könnte "von Putin stammen".

Aber auch die Sozialdemokraten stehen dem um nichts nach: Die Kärntner SPÖ spricht von einem "faschistoiden Einschüchterungs-Vorstoß", und Herr Abgeordneter Cap meint, der Entwurf würde "in die Zeit der Inquisition" zurückführen. – Das ist Panikmache, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Thema ist viel zu sensibel und heikel, um in derart unqualifizierter Art und Weise – meiner Meinung nach – drüberzufahren. Worum geht es wirklich? – Es geht um den § 56 der Strafpro-zessordnung. Ich glaube, Sie können ihn nicht gelesen haben, oder Sie sagen vielleicht bewusst etwas Falsches. Daher möchte ich es Ihnen nicht ersparen, dass ich diesen vorlese. § 56 des Entwurfes lautet:

"Der Beschuldigte ist berechtigt, dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen, die er im Verfahren unmittelbar oder durch Akteneinsicht erlangt hat, zum Zweck seiner Verteidigung und zur Verfolgung anderer überwiegender Interessen zu verwerten. Es ist ihm jedoch untersagt, solche Geheimnisse in einem Medienwerk oder auf sonst eine Weise zu veröffentlichen, dass die Mitteilung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, wenn dadurch schutzwürdige Interessen Dritter verletzt würden."

Damit ist eigentlich vollkommen klar, dass dieser Entwurf eine Güterabwägung vorzunehmen hat. Es gilt, auf der einen Seite die Freiheit der Meinungsäußerung, Pressefreiheit oder Informationsfreiheit, die im Artikel 10 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt ist, abzuwägen gegen die Einschränkungen, die taxativ im Absatz 2 der Menschenrechtskonvention vorgesehen sind. Dort ist der Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer ausdrücklich angeführt.

Diese Diskussion über die Abwägung der Rechtsgüter Persönlichkeitsschutz und Medienfreiheit ist nichts Neues. 1996 gab es im Parlament ein Symposium über den Persönlichkeitsschutz in den Medien, und damals wurde von allen Fraktionen die Mediengesetznovelle gegen die Journalisten und Herausgeber verteidigt. Damals wurde auch in keiner Weise der Wegfall des § 301 StGB verlangt, der die verbotene Veröffentlichung regelt und in dem die jetzt so massiv angegriffene Freiheitsstrafe geregelt ist.

Beim § 56 geht es nicht um die Beschränkung von Journalisten. Diese Bestimmung zielt – ich habe es Ihnen vorgelesen – darauf ab, Personen, die ein schutzwürdiges Interesse haben, vor der Veröffentlichung bestimmter Daten zu schützen. Diese Abwägung wird im Einzelfall von den Gerichten vorgenommen, und wer derartige Schutzbestimmungen ablehnt, zweifelt entweder an der Fähigkeit der Gerichte, solche Entscheidungen in entsprechender Art und Weise zu treffen, oder – und das ist bedenklich – er verneint generell ein Schutzbedürfnis des Einzelnen.

Der Schutz der Unschuldsvermutung des Einzelnen ist auch eine Grundsäule der Demokratie. Wenn jetzt im Rahmen eines Gesetzentwurfes über Güterabwägung diskutiert wird, so muss dies mit der gebotenen Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit geschehen.

Da heute so viel aus Medien zitiert wurde, möchte ich Ihnen etwas sehr Interessantes vorlesen, das Hubert Feichtlbauer in der "Furche" dazu geschrieben hat:


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69. Sitzung / Seite 151

"Es ist jedoch eine Missachtung journalistischer Grundsätze, den gesamten Entwurf nur unter einem Gesichtspunkt zu bewerten und die beabsichtigte Verschärfung maßlos zu übertreiben.

Wahr ist, dass Pressefreiheit, so unverzichtbar sie ist, ihre Grenzen hat, und dass private Interessen unbeteiligter Dritter eine solche Grenze darstellen. Das Problem liegt in der Abgrenzung gegenüber dem öffentlichen Interesse. In einer Demokratie verdient im Zweifelsfall das öffentliche Interesse Vorrang. In Zeiten totaler Entblößung aller privaten Lebensbereiche sollte aber der Schutz der Intimsphäre ein anerkannter Wert bleiben." (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: "Eurolim"!)

16.56

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Ich bin immer froh, dass Sie so leicht zu erheitern sind, Herr Kollege Westenthaler – aber ich glaube, das ganze Haus weiß das (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol  – Abg. Haigermoser: Zwei Fragen gibt es: Wie hoch waren die Honorarnoten? Wie hoch waren die Honorare bei "Euroteam"? Das ist eine Frage ...!), und daher will ich das nicht näher argumentieren. – Herr Kollege Khol, dass Sie sich auch in diese Reihe stellen, was Ihr Niveau anlangt, das erstaunt mich eher schon – aber eigentlich verwundert es mich gar nicht wirklich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Die Höhe des Honorars wollen wir wissen!)

Was mich wesentlich mehr wundert, Herr Klubobmann Khol, ist, dass Sie sich heute hier einerseits als Verfassungsrechtsexperte dargestellt und auf Ihren Beruf hingewiesen haben (Abg. Haigermoser: Ist ... Ihnen auch die Honorarnote schuldig geblieben?), gleichermaßen allerdings die heutige Diskussion zur Presse- und Meinungsfreiheit hier mit der Bemerkung eröffnet haben (Abg. Haigermoser: Wie war das mit der Honorarnote?), so bedeutend sei das nicht.

Herr Kollege Khol! Ich halte das für eine Entgleisung, die ihresgleichen sucht. (Abg. Haigermo-ser: Die Frage zum Tage: Wie hoch war das Honorar, das Sie von "Euroteam" für die juristische Beratung bekommen haben?) Ich möchte dazu auch noch sagen: Die Tatsache, dass Sie das gesagt haben, zeigt eigentlich, wie weit es offensichtlich mit dieser ÖVP gekommen ist.

Frau Kollegin! Wenn Sie sagen, Sie hätten Zweifel, worüber hier eigentlich geredet wird – und ich versuche, das jetzt etwas sachlich aufzubereiten, obwohl das angesichts dieser Argumentation und auch der Stellungnahme des Herrn Bundesministers nicht allzu leicht ist (Abg. Dr. Khol: Wie hoch war das Honorar?)  –, dann würde ich meinen, dass Sie sich vielleicht wirklich die Historie in Bezug darauf, worum es hier wirklich geht, etwas anschauen sollten.

Ich glaube, man muss die Situation, die wir hier diskutieren, immer im Lichte dessen sehen, was unter diesem Justizminister derzeit stattfindet. Wenn Sie heute hier abzulenken versuchen und den Eindruck vermitteln wollen, dass es dabei in Wirklichkeit nicht um Medien geht (Abg. Haigermoser: Nein, wir wollen etwas wissen von Ihnen!), dann vergessen Sie anscheinend, dass jener Fall, in dem dieser § 301 StGB zum ersten Mal wieder in der Judikatur angewendet wurde, Journalisten betraf. Sie vergessen das. (Abg. Haigermoser: Sie haben noch nicht gesagt, wie hoch die Honorarnote war, wie viel das in Euro ist, bei "Euroteam"!) Daher ist es wohl legitim, zu erkennen, dass es sich hierbei tatsächlich – und da kann man Ihnen nur zustimmen, Herr Kollege Van der Bellen – um einen eklatanten Angriff gegen die Medien und gegen die Meinungsfreiheit handelt.

Davon wollen Sie jetzt ablenken. Das wird Ihnen aber nicht gelingen, weil die Bevölkerung, weil die Journalisten all das durchschaut haben (Abg. Haigermoser: Sie sind durchschaut!), und daher können Sie sich noch so sehr bemühen, der Makel, dass Sie hier offengelegt haben, worum es Ihnen dabei wirklich geht, der wird Ihnen ewig anhaften! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Haigermoser: Sie sind der "gläserne Mensch" hier, außer bei der Honorarnote!)


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69. Sitzung / Seite 152

Herr Kollege Haigermoser! Ich glaube nicht, dass Sie mir folgen können (Abg. Haigermoser: Ich möchte endlich wissen, wie hoch die Honorarnote war!), aber ich glaube, dass das auch relativ irrelevant ist. Das gilt auch für viele andere, denen Sie zuhören.

Der Medienrichter Professor Weis ist der Inbegriff für jene, die sich mit Medienrecht auseinandersetzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie ist das jetzt mit der Honorarnote? Ich möchte gern die Höhe der Honorarnote wissen! Was haben Sie bekommen? Was hat Ihnen "Euroteam" gezahlt? – Abg. Haigermoser: In Schilling und in Euro! Es heißt ja "Euroteam"! Wie viel Euro haben Sie von "Euroteam" bekommen?) Er ist ein Richter in erster Instanz, der sich mit dem Medienrecht massiv auseinander setzt, und er sagt zu Ihrer "tollen" Novelle – von der Sie, Herr Bundesminister, heute erklärt haben, dass sie eigentlich gar nichts mit dem Medienrecht zu tun hätte – wortwörtlich, dass diese Neuerungen das Rad der Medienjustiz zurückdrehen würden, von Ungereimtheiten und falschen medienrechtlichen Definitionen abgesehen. Er sagt, es stehe auch in krassem Widerspruch zum Mediengesetz 1981.

Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie hier erklären, dass all das, nämlich die Einschränkung des Journalismus, nicht beabsichtigt sei, dann empfehle ich Ihnen wirklich: Lesen Sie sich die Erklärungen durch, die anlässlich des Mediengesetzes abgegeben worden sind! Da können Sie beispielsweise lesen (Abg. Ing. Westenthaler  – auf eine Unterlage des Redners weisend –: Ist das die Honorarnote? – Abg. Haigermoser: Zeigen Sie die Honorarnote endlich vor!), dass der Justizausschuss die tragenden Gedanken dieser Bestimmungen befürwortet, nämlich dass der Persönlichkeitsschutz vorrangig durch einen zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch gegen den Medieninhaber anstelle der gerichtlichen Bestrafung der Journalisten gewährleistet werden soll.

Das ist eigentlich genau die entscheidende Bestimmung gewesen, die damals im neuen Medienrecht gekommen ist – Frau Kollegin, ich hoffe, Sie können das dann bestätigen –, nämlich die Entkriminalisierung der journalistischen Berufsausübung. Diese hat man zur zentralen Bestimmung erklärt. Wenn Sie hier heute erklären, man müsse etwas für die Opfer tun, für jene, in deren Rechte durch eine Veröffentlichung eingegriffen wird (Abg. Haigermoser: Sind Sie Opfer von "Euroteam"?), dann muss ich Ihnen sagen: Sie wissen ganz genau, das Sie das am allerbesten dadurch tun können, dass Sie die Entschädigungen, die Schadenersatzforderungen angemessen konstruieren. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich habe mich, bevor ich heute hier heruntergegangen bin, nochmals erkundigt, wo eigentlich im Bereich des Medienrechtes tatsächlich Änderungsbedürfnisse bestehen, wo nämlich diese Bußzahlungen oder diese Entschädigungen zu gering sind. Ich habe keinen eigentlichen Anlassfall gefunden. Das ist es eben, was Sie berücksichtigen sollen. Wir alle treten natürlich auch für das Grundrecht des Persönlichkeitsschutzes ein, nur: Mit der Antwort des Strafrechtes werden Sie das sicher nicht herbeiführen. Und deshalb wird ja auch so sonnenklar, was Sie wirklich wollen: weil das, was Sie zu wollen vorgeben, evidentermaßen dadurch widerlegt wird, dass es schon diese zivilrechtliche Bestimmung gibt.

Im Mediengesetz ist bereits all das, was Sie hier bekämpfen wollen, mit Entschädigungszahlungen sanktioniert. Daher bleibt tatsächlich eigentlich nur das eine Argument übrig – und das wurde ja auch deutlich an der Art und Weise, wie die Staatsanwaltschaft unter der Weisungsbefugnis des Justizministers Böhmdorfer vorgeht –, dass Sie hier ganz einfach gegen die Medien eine Bestimmung einsetzen wollen, die seit Jahrzehnten nicht mehr angewendet worden ist.

Ich glaube, aus diesem Umstand geht ganz sonnenklar hervor, dass der Rechtsstaat, den Sie vorgeben, hier vertreten zu wollen, nicht das ist, was man landläufig unter einem Rechtsstaat versteht. Daher werden wir diese Bestimmung in der Novelle mit allen möglichen Mitteln bekämpfen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Hoffentlich nicht mit Waffen, weil er von "allen Möglichkeiten" spricht!)


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69. Sitzung / Seite 153

17.02


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69. Sitzung / Seite 154

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.02

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu dem von den Grünen eingebrachten Dringlichen Antrag betreffend Presse- und Meinungsfreiheit stelle ich zunächst Folgendes fest: Ein faires, unabhängiges Verfahren gilt als Menschenrecht für den Einzelnen genauso wie das Menschenrecht der Medienfreiheit. Ich persönlich in meiner Funktion als Menschenrechtssprecher möchte alle Aspekte des Menschenrechtes in einem geschützten und ausgewogenen Verhältnis, also in Balance sehen.

Weiters hebe ich deutlich hervor, dass es mir darum geht, die Materie wieder zu versachlichen, um sie einer konstruktiven Diskussion zuführen zu können. Darüber hinaus liegt das Strafprozessreformgesetz als Entwurf vor. Es bietet sich also noch genügend Zeit, um alle relevanten Punkte zu hinterfragen und zu diskutieren.

In der ganzen Diskussion um den Begutachtungsentwurf zur Reform des strafgerichtlichen Vorverfahrens sind mir aber ein paar Punkte besonders aufgefallen:

Die so sehr kritisierten Bestimmungen des § 56 sind bereits im ersten Diskussionsentwurf des Jahres 1998, also im Entwurf Michaleks enthalten und wurden damals in keiner Weise kritisiert.

Der ebenso kritisierte § 301 Strafgesetzbuch trat am 1. Jänner 1975 unter Justizminister Broda in Kraft – und meines Wissens sind bis jetzt Minister Broda noch von niemandem unzumutbare Härten und Menschenrechtswidrigkeit in der Strafgesetzgebung nachgesagt worden.

Wenn man diese Fakten kennt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die grünen Kolleginnen und Kollegen hier vorsorglich eine "Lex Pilz" schaffen wollen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Ofner.  – Abg. Mag. Kogler: Das führt ja in die Irre!)

Außerdem muss hier hervorgehoben werden: Wenn man auf dem Standpunkt steht, die schutzwürdigen Interessen auch strafrechtlich schützen zu wollen, so müssen Beschuldigte und Journalisten, gerade aus meiner Position als Menschenrechtssprecher gesehen, gleich behandelt werden. Eine Strafbarkeit der Veröffentlichung nur dann, wenn sie durch den Beschuldigten vorgenommen wird, nicht aber, wenn sie durch Journalisten erfolgt, erscheint mir auch unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Pressefreiheit gleichheitswidrig. Ich möchte hier auch besonders hervorheben, dass die Rechtsanwaltskammer Wien die beabsichtigten Reformen begrüßt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle darf ich den Präsidenten der Wiener Rechtsanwaltskammer Dr. Peter Knirsch zitieren: Die Aufgeregtheit über die geplante Novelle der Strafprozessordnung wertet Dr. Knirsch als Ausdruck eines "verwilderten Rechtsverständnisses", weil das oberste Prinzip einer demokratischen Rechtsordnung ein faires Verfahren für jedermann zu sein hat.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass die Grünen zwar immer sehr gerne aus dem Bericht der "Weisen" zitieren, aber dabei außer Acht lassen, dass darin auch steht, dass die österreichische Regierung für die gemeinsamen europäischen Werte eintritt und dass Österreich, was die Beachtung der Rechte von Minderheiten, Flüchtlingen und Einwanderern anbelangt, nicht hinter den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zurücksteht. Weiters hebt der Bericht ausdrücklich hervor, dass Österreich das einzige Land ist, in dem die Europäische Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es entspricht daher nicht den Tatsachen und es ist verwerflich, wenn die Grünen hier mit ihrem Dringlichen Antrag den Eindruck erwecken, dass die Presse- und Meinungsfreiheit in Österreich nicht den europäischen Standards entsprechen würde. Der Dringliche Antrag, und in diesem Zusammenhang auch der Misstrauensantrag ge-gen den Bundesminister für Justiz, ist daher aus meiner Sicht abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.07

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich betone die Wichtigkeit des Aufklärungsjournalismus, und darum geht es ja den Kritikern dieser gesetzlichen Bestimmung.

Viele Missstände und Skandale der Vergangenheit wären nämlich ganz einfach nicht ans Tageslicht gekommen, hätte es nicht Journalisten gegeben, die initiativ geworden sind. Die Verfahren im Zusammenhang mit der "Lucona"-Affäre, der "Noricum"-Affäre oder das AKH-Verfahren beispielsweise sind Verfahren, in die viele SPÖ-Politiker involviert waren, und von den damaligen Mitgliedern der sozialistischen Regierung wurde alles getan, um diese Sachverhalte unter den Teppich zu kehren. Es war daher ungeheuer wichtig, dass Journalisten Aufklärung betreiben, dass sie initiativ werden, dass es Gerichtsverfahren gab.

Ich betone, dass dieser Aufklärungsjournalismus überhaupt nicht in Gefahr ist! Alles, was von Journalisten, von Politikern dahin gehend behauptet wird, dass nun nicht mehr aufgedeckt werden könnte, ist ganz einfach frei erfunden. (Abg. Öllinger: Ah! Interessant!) Es kann nach wie vor jeder Journalist aufdecken. Es ist ganz einfach nur eine Verunsicherung, die betrieben wird, wenn behauptet wird, in Zukunft gäbe es den Aufklärungsjournalismus nicht mehr.

Wenn Sie jetzt sagen: Na gut, das sagen Frau Partik-Pablé und Herr Ofner, dann darf ich Sie auch auf den bekannten Medienrichter Dr. Bruno Weis hinweisen, der bereits von Kollegen Jarolim zitiert wurde. Er hat in einem "NEWS"-Interview zu diesem § 56 Stellung genommen. Ich habe mit ihm heute noch persönlich gesprochen, weil ich ihn seit 30 Jahren kenne, und er hat mir auch erlaubt, seinen Namen zu nennen und auch seine Stellungnahme wiederzugeben.

Wir haben darüber geredet, ob der Aufklärungsjournalismus in Österreich durch die neue Bestimmung in Gefahr wäre, und der bekannte, berühmte Medienrichter Dr. Bruno Weis hat gesagt, es ändert sich daran überhaupt nichts, es kann nach wie vor Aufklärungsjournalismus in Österreich Platz greifen, die Journalisten können so wie bisher alle Missstände aufdecken.

Ich glaube, das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Ich finde es wirklich paradox: Da geht von den Abgeordneten von den Oppositionsparteien einer nach dem anderen hier heraus und beharrt auf den alten Argumenten, ohne auf die Begründungen einzugehen, warum der Journalismus in Österreich überhaupt nicht gefährdet ist. Sie sollten davon Kenntnis nehmen, dass es sich eben nicht so verhält, wie Sie sich das vorstellen. Ihre Absicht ist es offensichtlich, zu verunsichern, und manifest wurde diese Absicht der Verunsicherung meiner Meinung nach ganz deutlich, als Herr Van der Bellen gesagt hat, wir haben keinen fundierten Rechtsstaat in Österreich.

Ich finde, das ist eine unerhörte Behauptung. (Abg. Haigermoser: Nehmen Sie das zurück, Herr Van der Bellen!) Herr Van der Bellen ist zwar ein Wirtschaftswissenschafter, aber trotzdem müsste er eigentlich davon überzeugt sein und wissen, dass die rechtsstaatlichen Instrumente in Österreich voll funktionieren und dass unser Rechtsstaat sehr wohl auf einer fundierten Basis steht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer den Rechtsstaat in Gefahr bringt, das sind solche Zündler wie Sie, die ununterbrochen Angst machen, Verunsicherung verbreiten und sagen, dass unser Rechtssystem zusammenbricht, dass die Pressefreiheit nicht mehr gewährleistet ist und so weiter. Das sind diejenigen, die Gefahr für rechtsstaatliches Denken mit sich bringen können, und davor würde ich Sie wirklich warnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir ist schon klar, mir ist politisch völlig klar, was Sie hier bezwecken. Es lässt sich ganz einfach mit dieser Anprangerung einer Gefahr für die Pressefreiheit, wenn man sie in einen falschen Zusammenhang stellt, politisch sehr gut argumentieren. Wenn man sagt, den Medien werde ein Maulkorb verpasst und dass Angriffe auf die Jour


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nalisten gestartet werden – Herr Dr. Jarolim hat gemeint, die Journalisten hätten alles "durchschaut" –, dann kann man natürlich wunderbar verunsichern. In Wirklichkeit haben die Journalisten nichts durchschaut, Herr Abgeordneter Jarolim, oder sie haben mit Absicht missverstanden. Diese Journalisten einschließlich des Internationalen Presseinstitutes haben offensichtlich nicht ihre Juristen zu Rate gezogen und sich nicht ernsthaft mit ihnen beraten.

Ich glaube, dass es dringend notwendig ist, dass Sie von der Opposition mehr Verantwortung in Ihre politische Tätigkeit legen, und zwar gerade im Interesse des Rechtsstaates, der Ihnen immer so wichtig ist, denn sonst müsste ich annehmen, dass Ihr Interesse am Rechtsstaat nur ein Vorwand ist und dass Ihr eigentliches Interesse nur darin liegt, politisches Kleingeld einzuhandeln. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Bures zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete! Ich ersuche Sie, mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung zu beginnen und dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüberzustellen.

17.12

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat behauptet, dass der bekannte Medienexperte Professor Dr. Bruno Weis gesagt hat, der Entwurf ändere keinesfalls etwas an der Pressefreiheit. (Abg. Dr. Ofner: Falsch zitiert! "Am Aufdeckungsjournalismus", hat sie gesagt!)

Wahr ist vielmehr, dass Weis sagt – ich stelle richtig, indem ich ihn wie folgt zitiere –:

Ich sage das so dezidiert als Richter: Diese Neuerungen würden das Rad der Medienjustiz zurückdrehen. Von Ungereimtheiten und falscher medienrechtlicher Definition dieses Entwurfes abgesehen, mangelt es auch an Grundsätzlichem. – Das ist die Meinung von Professor Weis. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Sie haben Partik-Pablé falsch zitiert! Das hat sie nicht so gesagt!)

17.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

17.14

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Staatssekretär Morak hat eingangs gesagt, die europäischen Standards in Sachen Meinungsfreiheit seien sichergestellt, seien gewahrt.

Herr Staatssekretär! Ich möchte Ihnen einige Begebnisse in Erinnerung rufen und Sie dann noch einmal fragen, ob Sie bei Ihrer eingangs geäußerten Meinung bleiben. Ich erinnere etwa daran, dass es dieser Justizminister, der neben Ihnen auf der Regierungsbank sitzt, war, der selbst zum Telefon gegriffen hat, um die Medien über eine Anzeige gegen den deutschen Theatermacher und Regisseur Schlingensief zu informieren, der in einer zugegebenermaßen provokanten, provozierenden Aktion auf die Unerträglichkeit der Äußerungen des Abgeordneten Windholz im Zusammenhang mit Ehre und Treue aufmerksam gemacht hat. Nicht Windholz ist vom Herrn Justizminister angezeigt worden, sondern der Künstler Schlingensief, der in einer provokativen Aktion vor der Oper darauf aufmerksam gemacht hat.

Europäischer Standard, Herr Staatssekretär, oder nicht europäischer Standard? (Beifall bei den Grünen.)

Ich bleibe jetzt nur bei diesem Justizminister und der Meinungsfreiheit in diesem Land, und ich gehe nicht auf andere Äußerungen, die heute teilweise schon gefallen sind, von Haider, Westenthaler und so weiter ein. (Abg. Ing. Westenthaler: Was hab’ ich gemacht?) Aber ich gehe darauf ein – und das betrifft auch den amtierenden Justizminister, und es betrifft die Medienfreiheit in diesem Lande –, wie eine kleine Zeitung, 200 Exemplare Auflage, mit dem


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Verständnis dieser Bundesregierung von Meinungsfreiheit Bekanntschaft gemacht hat: die "Linkswende". Dass Ihnen dieser Titel nicht passt, das verstehe ich, aber bezüglich der Reaktion, Herr Staatssekretär, befrage ich Sie. Diese Zeitschrift "Linkswende", 200 Exemplare Auflage, hat einen LeserInnenbrief abgedruckt, der sicherlich nicht sehr geschmackvoll war, aber es stellt sich die Frage nach der Reaktion der Bundesregierung.

In diesem LeserInnenbrief wurden unfreundliche Worte in Richtung der Bundesregierung verwendet. Mehrere freiheitliche Regierungsmitglieder haben sich beschwert gefühlt und Klage geführt, und der mittlerweile von mehreren als anerkannter Medienexperte bezeichnete Richter Dr. Weis hat in seinem Erkenntnis der ersten Instanz wörtlich festgehalten – ich zitiere wörtlich, Herr Präsident –:

"Gleichwohl das Wort ‚Scheißregierung‘ für sich betrachtet grundsätzlich geeignet ist, eine Beleidigung darzustellen, ist es gerade in diesem Fall bereits bei einer Verdachtsprüfung auf Grundlage des Antragsvorbringens zu erkennen, dass der objektive Tatbestand einer Beschimpfung, bzw. Verspottung im Sinne der §§ 6 Abs. 1 MedienG, 115 Abs. 1 StGB nicht hergestellt wurde."

Und weiter heißt es in der Begründung: "In diesem Milieu bedeutet aber das Wort ,Scheiß‘ keineswegs eine besondere Form der Herabsetzung oder negativen Bewertung und hat auch keinen besonderen Auffälligkeits- und Verletzungswert. Vielmehr wird ,Scheiß‘ in der Bedeutung von ,schlecht‘ oder ,mies‘ gebraucht. Es ist daher nach Art und Umständen der Anführung von ,Scheißregierung‘ diese Wortwahl nicht tatbestandsmäßig."

Dies entschied der Richter Dr. Weis. Doch siehe da, es kam die zweite Instanz, und – welch eine Überraschung! – der blaue Medienkurator Ernest Maurer judiziert: Das ist nicht so. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was heißt hier "blau"? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Er schickt es zurück an die erste Instanz. Und es ist auch bemerkenswert, dass das Regierungsmitglied, der Ex-Minister Schmid, der sich hier beschwert gefühlt hat, nicht den Staatsanwalt, die Staatsanwältin oder die Finanzprokuratur eingeschaltet hat. Nein! Wer, glauben Sie, hat hier Klage geführt? (Abg. Öllinger: Die bekannte Kanzlei!)  – Die Kanzlei Böhmdorfer-Gheneff! (Abg. Dr. Mitterlehner: Was hat das mit Pressefreiheit zu tun? – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen, der ÖVP und den Grünen.) Und so ist diese Zeitung – sie hat mittlerweile mehrere andere Klagen; ja, sie heißt "Linkswende", und deswegen passt sie Ihnen nicht! – in ihrer Existenz bedroht. Es ist eine kleine Zeitung, vielleicht werden andere, größere nachfolgen und sind auch schon betroffen, etwa durch die Zitierungen und die Wiedergabe der Zitierungen des Abgeordneten Pilz.

Wissen Sie, es steht auf dem Papier sehr vieles von Meinungsfreiheit, aber – und das ist eben in diesem Zusammenhang die wesentliche Frage –: Wenn blaue Richter-Kuratoren, blaue Anwälte in diesem Dunstkreis agieren, dann droht aus dem Rechtsstaat, der auf dem Papier fest verankert ist, ein rechter Staat blauer Prägung zu werden. Herr Staatssekretär! Ihnen wünsche ich eine sehr gute Nachtruhe. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Westenthaler zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie beginnen doch sicher mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und stellen dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber? – Danke sehr.

17.19

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Sicher, Herr Präsident! – Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Petrovic hat behauptet, Herr Richter Maurer sei "blauer Medienkurator" im ORF oder sonst wo. – Diese Aussage ist unrichtig und absolut falsch! (Abg. Dr. Kostelka: Er wurde von Ihnen vorgeschlagen!)

Tatsache ist, dass Herr Maurer ORF-Kurator, entsandt von der österreichischen Bundesregierung, ist. Er ist weder Mitglied bei der FPÖ noch Funktionär. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Er lässt sich nicht so leicht in ein Kasterl werfen, wie Sie das


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mit Ihrer parteipolitischen Brille gerne machen würden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Restliche Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

17.20

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe heute sehr viel über Meinungsfreiheit, Pressefreiheit gehört, und gleich als Einleitung eine wirkliche Brandrede für die Meinungs- und Pressefreiheit. Ich habe von Kollegen Van der Bellen gehört, es müsse möglich sein, dass man nicht nur im kleinen, privaten Kreis seine Meinung sage, sondern sie natürlich auch veröffentlichen dürfe und so weiter. Das ist alles in Ordnung und richtig.

Mir kommt es allerdings immer ein bisschen so vor, als ob der jeweilige Standort den Standpunkt bestimmt oder umgekehrt. Ich glaube, es wird hier in diesem Hohen Haus überhaupt viel mit zweierlei Maß gemessen. Man schaut immer nur auf andere – in diesem Fall ist es wieder einmal der Justizminister –, ohne einmal auf sich selbst zu schauen. Wenn ich mir anschaue, was wir hier in diesem Hohen Haus schon in ähnlichen Fällen erlebt haben, wo wir selbst die Verantwortung tragen, dann muss ich sagen, man muss sich auch den Spiegel vor Augen halten.

Wenn Herr Kollege Jarolim wieder einmal moralisierend ans Rednerpult herunterkommt, um seine Anschuldigungen loszuwerden, dann vergisst er natürlich, dass in seiner persönlichen Verantwortung, als es darum gegangen ist, Mitglied des Untersuchungsausschusses zu sein, obwohl er in einigen Fällen "Euroteam"-Anwalt und ehemaliger Arbeitgeber des Herrn Stuhlpfarrer, der im Zentrum der Ermittlungen in diesen Belangen steht, war, diese Moral nicht gegolten hat. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schwarzenberger und Mag. Wurm. ) Es war dann schon beachtlich, dass er über einen gewissen starken Druck wahrscheinlich auch der eigenen Fraktion letztendlich die Kurve gekratzt hat und aus dem Ausschuss ausgeschieden ist. Aber da hätte er eigentlich Moral zeigen können, und da habe ich sie vermisst.

Oder: Ich weise darauf hin, wie wir hier im Hohen Haus schleichend die Praxis, die Spruchpraxis des Immunitätsausschusses geändert haben, nur weil es damals der SPÖ, als sie federführend war, opportun gewesen ist, freiheitliche Mandatare der Justiz auszuliefern, und zwar um jeden Preis, koste es, was es wolle. Diese Spruchpraxis findet nicht einmal Deckung im Gesetz. Das ist überhaupt das Beste! Hier sind wir selbst gefragt, dafür brauchen wir keinen Minister. Hier sind wir selbst aufgerufen, endlich Ordnung zu machen.

Als sich die Freiheitlichen, die damals im Zentrum dieser Kritik gestanden sind, gegen diese einseitige oder willkürliche Spruchpraxis, Handhabung oder Änderung aufgelehnt haben, war Ihnen das Wurscht, Herr Kollege Van der Bellen! Sie waren damals auch in diesem Hohen Haus. Wieso haben Sie damals nicht gewettert für die Meinungsfreiheit, Mitteilungsfreiheit und letztendlich auch Pressefreiheit für die Abgeordneten? Da habe ich Sie vermisst, denn es ist gegen die Freiheitlichen gegangen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Weswegen?!) Da war es Ihnen Wurscht, und das werfe ich Ihnen vor.

Es ist Ihnen auch egal, wenn ein Staberl 56 Mal verurteilt wird. Es ist Ihnen egal, wenn ein Journalist wie Mölzer verurteilt wird. Es ist Ihnen egal, wenn es um ein Medium geht, das da "Zur Zeit" heißt, wenn es darum geht, diesem endlich den Garaus zu machen. (Ruf bei der SPÖ: Wer ist das?) Da ist Ihnen die Meinungsfreiheit egal, weil Sie finden, diese Medien gehören eingestampft. Man liest auch in Pressemeldungen: Wenn ein Ministersekretär seine persönliche Meinung in einem Medium kundtut, dann soll er entlassen werden. Ein Beamter! – Das ist Ihre Moral. Da höre ich nichts! Da höre ich nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Entlassen sollen sie werden, ins Gefängnis sollen alle Freiheitlichen kommen, 20 Jahre hinter Gitter. Frau Abgeordnete Stoisits hat das hier von diesem Rednerpult aus verlangt. Das habe ich nicht vergessen!


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Der Rechtsstaat ist nicht in Gefahr. Der Rechtsstaat ist erst dann in Gefahr, wenn Grüne mit Roten in diesem Staat an die Regierung kommen, und das gehört verhindert. (Abg. Schieder: Unerhört!) Das sage ich Ihnen an dieser Stelle. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich brauche Sie auf § 58 Abs. 2 nicht aufmerksam zu machen.

17.25

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Graf hat in seinen soeben gemachten Ausführungen unrichtigerweise behauptet, der Immunitätsausschuss dieses Hauses hätte seine Entscheidungspraxis deswegen geändert, um freiheitliche Abgeordnete auszuliefern.

Ich berichtige tatsächlich: Der Immunitätsausschuss hat seine Entscheidungspraxis deswegen geändert, um Bürgern, die zum damaligen Zeitpunkt massiv Beschuldigungen und Diffamierungen ausgesetzt waren und sich nicht wehren konnten, zu ihrem Recht zu verhelfen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Haigermoser. )

17.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Restliche Redezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Wittmann –: Schon wieder ein Sakko, das viel zu lang ist! – Abg. Ing. Westenthaler: Euroteam! – Abg. Dr. Wittmann  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Was ist denn los? Ich verstehe die Aufregung nicht!)

17.26

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! (Ruf bei den Freiheitlichen: Noch immer nicht den Schneider gewechselt!) Ich bin ein bisschen bestürzt, zunächst einmal über den Auftritt des Abgeordneten Graf (Abg. Ing. Westenthaler: "Euroteam"! – Abg. Haigermoser: "Euroteam"!), der behauptet, dass der Rechtsstaat dann in Gefahr wäre, wenn Rot und Grün an der Regierung wären. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich behaupte, dieser Rechtsstaat ist jetzt in Gefahr, weil Blau und Schwarz an der Regierung sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Ich behaupte, die Textilbranche ist in Gefahr, weil Sie so ein Sakko tragen!)

Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben bei Ihrem Amtsantritt – ich weiß nicht, vielleicht in einer gewissen Euphorie – zu einer Aussage des Landeshauptmannes von Kärnten, der gemeint hat, man sollte Politiker, die gegen die Regierung argumentieren, auch durchaus einsperren können, gesagt: Ein überlegenswerter Vorschlag. (Abg. Mag. Trattner: Zitieren Sie richtig!)  – Das war Ihr Antritt als Justizminister, und weitere Dinge folgten:

Sie sind im Weisenbericht als einziger Minister genannt, der den demokratischen Ansprüchen westlicher Demokratien nicht entspricht. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Sie sind auch weiter dieser Linie treu geblieben, indem Sie dem Landeshauptmann von Kärnten einen Persilschein dadurch ausgestellt haben, dass Sie gesagt haben: Er ist ohnehin über jeden Verdacht erhaben! – Dies, obwohl die Ermittlungen erst begonnen hatten. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist eigentlich der Wittmann?) Sie haben immer wieder unter Beweis gestellt, dass Sie dieses Amt nicht mit jener Objektivität ausüben, die einem Justizminister eines demokratischen Staates ansteht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie setzen immer wieder derartige Schritte, und Sie setzen wieder einen Schritt, indem Sie sagen: Man sollte darüber nachdenken, ob man nicht auch unliebsame Presseleute, die nicht das schreiben, was dieser Regierung genehm ist, einsperren könnte. Der Idee, Politiker einzusperren, folgte die Idee, dies auch bei den Presseleuten zu tun. Dies bekommt Methode, wenn man


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dann noch dazunimmt, was Sie mit dem ORF vorhaben. (Abg. Dr. Fekter: Aha, das entlarvt Sie aber jetzt!) Das ist ja ein Gesamtkunstwerk, das Sie da verbreiten. Das ist ein Puzzle, in dem die Steine, wenn man sie genau zusammenlegt, ein Bild ergeben, das nichts mit der Demokratie und dem Rechtsstaat, den wir vertreten, zu tun hat. (Ruf bei der ÖVP: Das glaub’ ich! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir haben ganz einfach andere Vorstellungen von einer Demokratie, als Sie sie vertreten. Glauben Sie nicht, dass Sie mit Ihren Aussagen in der Öffentlichkeit zu weit gehen? Glauben Sie nicht, dass Sie diesen Rechtsstaat an den Rand des Standards westlicher Demokratien bringen? (Abg. Haigermoser: Hören Sie doch auf, Sie gescheiterter Staatssekretär!) Glauben Sie nicht, dass Sie als Person längst die Konsequenz ziehen hätten müssen? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Glauben Sie nicht, dass jede einzelne Ihrer Bemerkungen, Ihr Gedankengut beziehungsweise Ihre Gesetzesvorhaben in anderen Demokratien schon längst für einen Rücktritt gereicht hätten? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Haigermoser: Er wollte Sie auch verbieten!)

Die Gesamtheit Ihrer Handlungen stellt eine große Gefahr für diesen Rechtsstaat dar. (Ironische Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie wissen sehr wohl, was Sie mit diesen Vorschlägen machen und welches Instrumentarium Sie den Regierenden damit in die Hand geben. Und Sie wissen sehr wohl, dass das Nachdenken über das Einsperren von Politikern und über das Einsperren von unliebsamen Journalisten die Demokratie an den Rand der Administrierbarkeit bringt und den Rechtsstaat in ein Licht rückt, das weit von jedem demokratischen Erfordernis entfernt ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen. – Abg. Mag. Schweitzer: He, deine Zeit ist abgelaufen! – Abg. Ing. Westenthaler: Der soll wieder Pink Floyd-Konzerte organisieren! – Rufe bei den Freiheitlichen: Abgelaufen!)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter, bitte den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend):  ... einen Dienst erweisen und den Hut nehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 430/A (E) der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen betreffend Presse- und Meinungsfreiheit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pilz und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder zu wenig! – Abg. Ing. Westenthaler: Sieben zu null!)

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zur Durchführung der kurzen Debatte betreffend den Antrag des Abgeordneten Dietachmayr, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis


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5. Juni 2001 zu setzen. Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dietachmayr. Ich erteile es ihm.

17.32

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wie steht Österreich heute nach 15 Monaten blau-schwarzer Regierung da? (Abg. Dr. Ofner: Gut! – Abg. Schwarzenberger: Besser als vorher!) Die höchste Steuer- und Abgabenquote, der soziale Friede scheint gefährdet, das Ansehen im Ausland ist beschädigt, Menschen mit niedrigem Einkommen stöhnen unter den Belastungen, es gibt massive Verschlechterungen im Pensionsbereich, im Gesundheitsbereich und, und, und.

Und dann kommt noch das Chaos mit den Unfallrenten. Es ist schon bezeichnend, meine Damen und Herren, dass immer dann, wenn es um solche Fragen geht, ein Abgeordneter dieses Hauses, nämlich Abgeordneter Gaugg, fehlt. Er war nicht hier, als es um die Ambulanzgebühren ging, und er ist auch heute, wo es um die Unfallrenten geht, wieder entschuldigt. Genau dieser Abgeordnete Gaugg hat nämlich – wie in den "Salzburger Nachrichten" nachzulesen ist – gemeint, dass er die Ungleichbehandlung von alten und künftigen Unfallrentnern überhaupt für verfassungswidrig hält.

Auch der FPÖ-Obmann von Vorarlberg Gorbach meint, dass Haupt bei dieser Neuregelung sehr wohl unter Druck gestanden sei. Der Sozialminister selbst zeigte sich nur bedingt zufrieden mit der neuen Regelung. Glücklich sei er nicht mit der Unfallrentenbesteuerung, meinte er wörtlich – er gestand das ein –, er sei aber dazu verpflichtet, bestimmte Dinge mitzutragen.

Ja, meine Damen und Herren, was ist denn los mit dieser Regierung? Sehen Sie denn nicht ein, dass Sie hier einen gravierenden Fehler gemacht haben? Sie sollen diesen Fehler nicht reparieren, sondern Sie sollten diese Besteuerung überhaupt sofort abschaffen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie sprechen hier ohnehin mit gespaltener Zunge. Das stelle ich fest, wenn ich auf der einen Seite höre, dass der Chef des Arbeiter- und Angestelltenbundes, Präsident Fasslabend, meint, das sei schon in Ordnung, während die Fraktion Christlicher Gewerkschafter ganz deutlich sagt, die Unfallrentenbesteuerung sei ungerecht. Ich zitiere:

"Die derzeit geplante Form der Unfallrentenbesteuerung ist nach den Grundprinzipien aller Weltanschauungen ungerecht und widerspricht zutiefst dem Geist der Österreichischen Bundesverfassung." – Das sind die Aussagen der Fraktion Christlicher Gewerkschafter. (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist falsch!)

Diese sagen dann weiter: "Die Unfallrentenbesteuerung ist eine völlig ungerechte Doppelbesteuerung und daher verfassungswidrig." Es ist leider Herr Abgeordneter Khol nicht hier, denn dieser Satz wäre doch gerade für ihn sehr einprägsam, wenn nämlich die Christlichen Gewerkschafter meinen, die FCG sei "enttäuscht über die geringe Sensibilität für Gerechtigkeit in der ÖVP". – Auch hier zeigt sich wieder die gespaltene Zunge in dieser Frage!

Diese Beispiele könnte man ja fortsetzen. Ich möchte hier gar nicht alle Zitate anführen. Ich denke nur daran, dass Wolfgang Schüssel im Februar des vorigen Jahres gesagt hat, Steuererhöhungen seien kein Thema. – Oder Riess-Passer am 11. Juli vorigen Jahres: Von Steuererhöhungen ist im Programm kein Wort enthalten. Ziel ist es, ausgabenseitig zu sparen. – Oder


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auch eine Stimme aus dem Bärental: Steuererhöhungen zur Budgetsanierung sind ausgeschlossen.

Ja, meine Damen und Herren, was ist denn mit diesen Aussagen? Wo stehen Sie denn heute? Sie haben diese ungerechte und unsoziale Steuer eingeführt. Das ist die Handschrift der sozialen Kälte und der Herzlosigkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der beispiellose Sozialabbau, der unter dieser Bundesregierung stattfindet, wird insbesondere auf dem Rücken von Beziehern von Unfallrenten ausgetragen. Die seit 1. Jänner dieses Jahres wirksame Besteuerung dieser Unfallrenten ist die bisher wahrscheinlich grausamste Art der Schröpfung jener, die ohnehin in dieser Gesellschaft benachteiligt sind, die einen Arbeitsunfall erlitten haben, die zu den benachteiligten Bevölkerungsgruppen gehören, die ohnehin einen höheren Lebensaufwand zu bestreiten haben. (Abg. Dr. Pumberger: Die SPÖ 1988! Wie war das mit der SPÖ damals?) Sämtliche Befürchtungen, dass das Verständnis dieser Koalition von sozialer Treffsicherheit darin besteht, bei Beziehern unterer und mittlerer Einkommen abzukassieren, haben sich bestätigt.

Sie können sich nicht ausreden, meine Damen und Herren! Sie können nicht sagen, Sie hätten das nicht gewusst oder das wäre Ihnen halt passiert. Nein, das können Sie nicht, denn wir haben Ihnen das voriges Jahr ganz deutlich gesagt. Die SPÖ hat schon seit dem Sommer vorigen Jahres anhand konkreter Beispiele auf die unsoziale Auswirkung dieser Unfallrentenbesteuerung hingewiesen. Unsere Kritik wurde nach dem Regierungsbeschluss verstärkt. Ich erinnere Sie: Bei den Beratungen zum Budget 2001 haben auch Expertinnen und Experten der Behindertenverbände und der Interessenvertretungen der Arbeitnehmerorganisationen genau auf diese unsoziale Auswirkung hingewiesen. Sie haben nicht hingehört! Sie haben stur diesen Beschluss gefasst. (Abg. Dr. Pumberger: Welche Frist setzen Sie denn?)

Die SPÖ hat dann am 23. November vorigen Jahres noch einen Abänderungsantrag zum Budgetbegleitgesetz eingebracht. Was haben die FPÖ und die ÖVP gemacht? – Sie haben diesen Antrag abgelehnt! Wir haben dann noch eine namentliche Abstimmung in diesem Haus verlangt – es ist im Protokoll nachzulesen. Die Abgeordneten von FPÖ und ÖVP haben diesen Antrag abgelehnt. (Abg. Dr. Pumberger: Fristsetzung!)

Meine Damen und Herren! Sie können sich nicht ausreden, Sie sind schuldig an diesem Missstand bei den Unfallrenten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Vor allem haben Sie das auch bereits im Budget 2001 vorgesehen. Ich erinnere Sie daran – ich habe das schon einmal zitiert –: Sie haben 2 Milliarden Schilling von den rund 107 000 Unfallrentnern vorgesehen, die insgesamt 6 Milliarden Schilling bekommen. Sie haben also vorgesehen, dass Sie ein Drittel in Form einer Steuer für das Budget abschöpfen können.

Und was haben Sie für die Stiftungsnutzer, die Prinzhorns et cetera, die es sich richten können, die ihre Vermögen und Betriebe in Stiftungen einbringen, vorgesehen? Für die haben Sie einen Budgetposten von 500 Millionen Schilling eingeplant! 2 Milliarden Schilling hier, 500 Millionen Schilling da. Sie ersehen daraus die Ungleichgewichtigkeit dieser Budgetpolitik. Und die lehnen wir ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich könnte Ihnen noch eine ganze Liste von Beispielen anführen. Auch die so genannte Reparatur, die Sie hier ankündigen, ist von solch einer Kuriosität, dass es direkt traurig ist, dass man das hier zitieren muss. Die FPÖ-Chefin hat die Härteklausel vorige Woche als "Gebot des Herzens" vorgestellt. Aber bei näherem Hinschauen hält diese Ankündigung nicht das, was versprochen worden ist. Es ist doch völlig kurios, wenn man sich vorstellt, dass jemand, der vor dem 30. Juni eine Unfallrente zugesprochen erhält, diesen so genannten Härteausgleich bekommen soll, dass ihn aber jemand, dem eine Unfallrente nach dem 1. Juli zugesprochen wird, nicht bekommen soll.

In Ihrem Ministerratsbeschluss ist noch ein Satz drinnen, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss, meine Damen und Herren. Es heißt hier, dass diese einbehaltene Steuer zwar zurückgefordert werden kann, aber es besteht kein Rechtsanspruch darauf. Und dann heißt es


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in diesem Ministerratsbeschluss noch weiter, dass die Unfallrentner das rückerstattet bekommen können, sofern – jetzt hören Sie genau zu! – im Fonds genügend Geld zur Verfügung steht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist doch ein Riesenpfusch, den Sie da machen. Daher dürfen Sie sich nicht wundern, wenn es hier heißt (der Redner hält eine Zeitung in die Höhe): "Riesenwirbel um die Reparatur der Unfallrentenbesteuerung", oder wenn der "Standard" und alle anderen Zeitungen Sie zitieren.

Da meine Redezeit leider schon zu Ende geht, möchte ich zum Schluss noch einen Kommentar bringen. Im "Kurier" heißt es:

"Realpolitisch betrachtet, ist das ständige Herumdoktern an eigenen Reformen ein Eingeständnis der eigenen Schwäche."

Aber ich glaube, den Nagel auf den Kopf getroffen hat Ulrich Stocker in der "Kleinen Zeitung" vom 8. Mai, wenn er sagt:

"Unmöglich ist die Vermantschung, die diese Regierung als ,Reparatur‘ bezeichnet". Und er schließt mit dem Satz: "Weg mit diesem Pfusch, so lange es noch Zeit ist!"

Ich kann dem nur vollinhaltlich zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Redner 5 Minuten beträgt.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. – Bitte.

17.43

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die einzige Reparatur für diese verbockte, dilettantische und unsoziale Unfallrentenbesteuerung ist die Rücknahme der Besteuerung. Das steht fest. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Kommen Sie von den Regierungsfraktionen also bitte nicht hier heraus, um diese Reparatur, Ihren Murks, Ihren verfassungsrechtlichen Drahtseilakt, wie Professor Öhlinger und Professor Mazal das genannt haben, vielleicht auch noch zu loben. Sie haben nämlich überhaupt nichts repariert, sondern Sie schaffen mit dieser Maßnahme nur neue Ungerechtigkeiten. Wenn ein Arbeitsunfall nach dem 1. Juli geschieht, dann gibt es nicht einmal mehr die Chance, um das Gnadenbrot anzusuchen bei dieser Regierung, denn von Recht hält diese Regierung ohnehin nichts. Gnadenbrot und Almosen sind ihre Devisen.

Dem Sozialminister hilft es nicht, wenn er sagt  –  wie er dies in einem ORF-Interview getan hat –, er werde sein Möglichstes tun, um Härtefälle zu vermeiden, und dann im O-Ton: Meine Sache war die Unfallrentenbesteuerung nicht. – Warum tut er dann nichts und greift nicht wenigstens jetzt ein, sondern schaut zu bei dieser unseligen Reparatur? Warum lässt er so etwas zu? Warum dieses Almosen-Verteilen ohne jeden Rechtsanspruch für Leute, die ein Recht auf ihre Chance im Leben haben?

Dafür, wie dieses Gnadenbrot-Verteilen ausschaut, gebe ich Ihnen einige Beispiele: Karl W. ist Pensionist, Unfallrentner nach einem Arbeitsunfall. Schwerste Verletzungen an Beinen, Schultern, Armen und Kopf. Lange Spitalsaufenthalte, ein Leben im Rollstuhl und auf Krücken. Mit Ihrer Maßnahme nehmen Sie ihm von einem auf den anderen Tag 6 000 S pro Monat weg. Ihm bleiben 21 000 S zum Leben. Ein Viertel seiner Pension nehmen Sie ihm weg. Ein Viertel seiner Pension! (Abg. Dr. Pumberger: Sagen Sie lieber, was diese Regierung schon alles gemacht hat!)

Oder Peter N., ASVG-Pensionist, schwer krank. Dem nehmen Sie von seiner Rente und von seiner Pension pro Monat zusätzlich 3 000 S oder 37 000 S im Jahr weg.


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Karl W. wird leer ausgehen mit seinem Ansuchen, Peter N. wird vermutlich leer ausgehen, weil er noch immer ein paar Schilling über 20 000 S liegt. Vielleicht kriegt er ein paar Brosamen, wenn Ihnen etwas übrig bleibt. Vielleicht!

Herr Kollege Trattner ist jetzt leider nicht im Saal, aber er kennt Herrn Peter N. sehr genau, er ist ihm nämlich schon begegnet. Dieser Peter N., dem Sie mit Ihren Maßnahmen 3 000 S wegnehmen, hat nämlich sehr Vermessenes getan. Der hat sich nämlich, als er noch arbeiten konnte, eine Eigentumswohnung gekauft und zahlt jetzt 11 000 S im Monat zurück. Er hat Herrn Kollegen Trattner gebeten, er möge ihm das Geld, das Sie ihm wegnehmen, wieder zurückgeben, denn er weiß nicht mehr, wovon die Familie leben soll. Er ist aber erst 37 Jahre alt; er hat wohl ein Recht auf Leben.

Wissen Sie, was Ihr Kollege Trattner ihm gesagt hat? – Gehen Sie doch zur Bank und reden Sie mit den Herren über eine niedrigere Rückzahlungsrate! Ich gehe auch persönlich mit, wenn Sie das wollen, denn der "kleine Mann" liegt der FPÖ besonders am Herzen. – Ja, das sehen wir! Das ist Ihre Politik, die Politik der neuen "Herz"-Fraktion. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

So reden Sie bei den Menschen draußen, aber Sie handeln anders. Sie getrauen sich gar nicht mehr, den Menschen die Wahrheit zu sagen über das, was Sie hier beschließen. Das ist eine Bankrotterklärung dieser Politik, meine Damen und Herren. Das ist Ihre ganz persönliche Bankrotterklärung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es gibt noch einen zynischen Nebenschauplatz zu dieser Maßnahme, denn es war, obwohl lange von uns gefordert, jahrelang nicht möglich, die Zahlungen in den Ausgleichstaxfonds zu erhöhen. Jetzt plötzlich ging es. Jetzt braucht jemand Geld, und plötzlich war es möglich, diese Zahlungen von 2 060 S auf 2 700 S zu erhöhen, Herr Dr. Feurstein.

Natürlich hat das seinen Preis, und die Wirtschaft hat bekommen, was sie schon längst wollte, nämlich die Verlängerung der Probezeit für behinderte Menschen. Bravo, Bundesregierung!, sage ich. "Sehr" sozial! Sechs Monate kann man die Leute anstellen und ausnützen, dann kann man sie wieder loswerden. Das ist damit erreicht worden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Unfallrentner zahlen ins Budget, und die AUVA finanziert aus Haftpflichtrücklagen ebenfalls das Budget. Bravo, Bundesregierung! Aber so ist das eben in dieser Regierung. Wie sagte Norbert Stanzel im "Kurier"? – "Gerechtigkeit ist nur ein Wort." – Und wie lautet die fatale Frage, die sich Erwin Zankel in der "Kleinen Zeitung" gestellt hat? – "Werden Unfallrenten besteuert und Studiengebühren eingeführt, um Abfangjäger zu kaufen?"

Das ist Ihre "gerechte" Politik. Danke, Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)

17.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

17.48

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man braucht nur zu lauschen, was hier Kollege Dietachmayr und dann Frau Kollegin Plank so von sich gegeben haben. Und dann spiegelt sich das mediale Echo in den Tageszeitungen, in den einzelnen Leserbriefen, in den einschlägigen Medien wider. (Abg. Dr. Mertel: Ihre Stehsätze kennen wir schon auswendig!) Frau Kollegin Plank, die Beispiele, die Sie angeführt haben, sind allesamt durch die Regelung der Bundesregierung, die hier wirklich beispielhaft, mustergültig reagiert hat, beiseite geschafft. (Abg. Mag. Plank: Was, Herr Pumberger, ist beiseite geschafft?) Es ist wirklich so, dass es mit der alten Regelung Härtefälle gegeben hat. Das leugnet niemand. Und darauf haben wir reagiert. (Abg. Dr. Mertel: Sie haben ein geschwächtes Wahrnehmungsvermögen! – Abg. Mag. Plank: Sie haben nicht reagiert!)


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Wir haben reagiert. Es gab einen Entschließungsantrag hier im Hohen Haus, die Bundesregierung möge diese Härtefälle beseitigen. Schnell ist es gegangen. Ich gratuliere der Bundesregierung mit dem Herrn Staatssekretär, mit dem Herrn Sozialminister, mit dem Herrn Finanzminister, mit dem Herrn Wirtschaftsminister. (Abg. Haidlmayr: Und die Zahl der Zivildiener ist noch gekürzt worden!) Alle haben sie zusammengeholfen, um diese Regelung, dass Menschen, die insgesamt 20 000 S erhalten, die Steuer zurückbekommen und bis 23 000 S eine Einschleifregelung bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Plank: Aber das ist kein Rechtsanspruch! Nur wenn Geld im Fonds ist!)

Wenn man wie Frau Haidlmayr ein Abgeordnetengehalt von 100 000 S hat, dann, das muss ich schon sagen, ist das kein Härtefall, Frau Haidlmayr. (Abg. Oberhaidinger: Das ist geschmacklos! – Abg. Haidlmayr: Sie sind geschmacklos!) Man sollte mit den Beziehern einer Invaliditätspension oder mit jenen, die einen Unfall in ihrer Freizeit erlitten haben, auch ein bisschen solidarisch sein. Aber da haben Sie überhaupt keine Skrupel, dass die in voller Höhe besteuert werden.

Wenn Sie heute sagen, die SPÖ hat die Besteuerung der Unfallrenten von Anfang an abgelehnt, möchte ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ – das "sehr" möchte ich zurücknehmen: meine verehrten –, daran erinnern: Sie waren nicht diejenigen, die sie von Anfang an abgelehnt haben, Sie waren die Erfinder der Besteuerung der Unfallrenten! Erinnern Sie sich noch an 1988? (Abg. Verzetnitsch: Lesen Sie Ihren eigenen Antrag!)

Sozialminister Geppert und Finanzminister Lacina waren es. Wissen Sie, wie der Sozialist Lacina und der Sozialist Geppert das damals begründet haben, dass man die Unfallrentner besteuern muss? (Abg. Mag. Plank: Nehmen Sie Stellung zur jetzigen Problematik! Nehmen Sie Stellung zu Ihrer Politik, Herr Pumberger!)

Sie haben das folgendermaßen begründet: "Wir haben bisher schon die steuerliche Ungleichbehandlung von" Unfallrentnern und Invalidenrentnern "gehabt, je nachdem, ob es Arbeitsunfälle oder Freizeitunfälle waren, Unfälle, die sich nicht während der Arbeitszeit oder auf dem Weg zur Arbeit ereignet haben." "Es war die ... Auffassung und Zielsetzung, durch die Besteuerung beider zu einer Gleichbehandlung beizutragen." (Abg. Verzetnitsch: Weiterlesen! Weiterlesen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das waren die Erfinder der Unfallrentenbesteuerung: Sozialist Lacina und Sozialist Geppert, mit starker Unterstützung des Sozialdemokraten Verzetnitsch, der das heute noch vertritt. (Abg. Verzetnitsch: Sie müssen Ihren eigenen Antrag weiterlesen! Weiterlesen!) Sie haben damals keine Einschleifregelung geschaffen. Sie haben die Härtefälle völlig außer Acht gelassen. Sie haben da keine Skrupel gehabt, dass Bezieher von Mindesteinkommen ausgenommen werden. Wir haben reagiert, und das war eine gute Sache. Man muss, wenn Schwachstellen auftreten, auch genug Rückgrat haben, das einzugestehen und schnell zu handeln und das zu beseitigen. Das ist geschehen, und ich glaube, dass es ganz richtig und wichtig war.

Sehr verehrte Damen und Herren! Sie wollen heute mit dem Antrag 387/A des Herrn Gusenbauer eine Frist setzen. Da steht drinnen, 2 Milliarden Schilling werden den Behinderten weggenommen. (Abg. Mag. Plank: 2 Milliarden nehmen Sie den Unfallrentnern weg! Das sind Ihre Zahlen!) – Haben Sie vergessen oder überhaupt nicht registriert, dass ihnen eine Milliarde in Form der Behinderten-Milliarde refundiert wird? Haben Sie vergessen, dass durch die Regelung der Bundesregierung 600 Millionen Schilling refundiert werden? Da bleibt nicht mehr viel übrig. (Abg. Öllinger: Warum machen Sie es dann?) 60 Prozent werden als Härtefälle eingestuft, 60 Prozent aller Unfallrentenbezieher werden von dieser Regelung der Bundesregierung und somit von der Besteuerung ausgenommen. Sie bekommen die Steuer refundiert, und das ist gut so. (Abg. Dietachmayr: Falsch! Kein Rechtsanspruch! – Abg. Mag. Plank: Falsch, Herr Pumberger!)

Die Behindertenmilliarde bleibt, und für Schwerstversehrte bleibt die Erhöhung des Zuschlags zur Invaliditätspension von 20 auf 50 Prozent auch bestehen. Den weniger schwer Versehrten bleiben ihre 20 Prozent auch erhalten. Das sind Leistungen sozialpolitischer Art, die die SPÖ


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30 Jahre lang nicht zusammengebracht hat! Daher werden wir Ihrer Fristsetzung nicht beitreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

17.53

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch wenn Dinge in solchen Diskussionen fünfmal behauptet werden, werden sie dadurch nicht wahrer und nicht korrekter. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Plank: Ja, denken Sie daran!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie sollten wissen: Die höchste Abgabenquote gab es unter einem SPÖ-Finanzminister. Sie sollten wissen – auch Sie, Frau Abgeordnete Plank –: Es ist unrichtig, dass es eine Doppelbesteuerung der Unfallrenten gibt. (Abg. Mag. Plank: Das sagen Sie!) Die Unfallrenten-Nettoersatzquote beträgt bei Vollrente 100 Prozent. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Sie sagen bewusst etwas Falsches. 100 Prozent Nettoersatzquote, meine Damen und Herren, mehr kann es nicht geben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haidlmayr: Und bei 30 Prozent, bei 40 Prozent?)

Frau Abgeordnete Haidlmayr! Herr Oechsner sagt über Sie: "An dieser Stelle zeigt sich ganz deutlich, dass Betroffenheit alleine keine ausreichende Qualifikation ist, um Politik im Interesse behinderter Menschen zu betreiben." So sind Sie qualifiziert für die behinderten Menschen! (Abg. Haidlmayr: Bleiben Sie bei Ihrer Unfallrentenbesteuerung!) Gerade ein Behinderter hat gesagt, was Ihre Politik für die behinderten Menschen bedeutet. (Abg. Haidlmayr: Einer von 800 000!)  – Die ganze Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Frau Abgeordnete! – Aber Sie haben sich selbst disqualifiziert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten 15 Monaten tatsächlich Politik für die behinderten Menschen gemacht. Ich darf Sie daran erinnern: Wir haben diese Behinderten-Milliarde eingeführt – Kollege Pumberger hat davon gesprochen –, und deshalb gibt es bereits einige hundert zusätzliche Arbeitsplätze für diese Menschen. Leugnen Sie das? (Abg. Mag. Plank: Die Unfallrentner finanzieren sie!) Mehrere hundert zusätzliche Arbeitsplätze für behinderte Menschen sind bereits geschaffen worden. (Abg. Mag. Plank: Die die Unfallrentner finanzieren!)

Wir haben jetzt einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem – und Sie kritisieren das – die Ausgleichstaxe um 20 Prozent von 2 060 S auf 2 700 S erhöht wird. (Abg. Mag. Plank: Ja, weil Sie Geld brauchen!) Das geschieht im Interesse der behinderten Menschen in Österreich.

Meine Damen und Herren! Für die Menschen, die unter das Opferfürsorgegesetz fallen, sehen wir eine wesentliche Verbesserung vor. Ich bin neugierig, was Sie im Sozialausschuss zu dieser Gesetzesinitiative für die Opfer – die Verbrechensopfer, die Kriegsopfer, die Heeresversorgungsopfer und so weiter – sagen werden, für die wir Verbesserungen vorschlagen, Herr Abgeordneter Öllinger. Sie werden das in den nächsten Tagen im Sozialausschuss mit uns diskutieren müssen.

Meine Damen und Herren! Was der SPÖ nicht gelungen ist, machen wir jetzt: Pflegende Personen, Personen, die Behinderte pflegen, bekommen nun seit 1. Jänner die begünstigte Mitversicherung ab Stufe 4 und nicht ab Stufe 5, wie Sie das ... (Abg. Öllinger: Wir reden aber über etwas anderes!) Jawohl, ich rede über die behinderten Menschen. Ich rede über die Interessen der behinderten Menschen, meine Damen und Herren. Darum geht es mir, und um nichts anderes! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Herren von den Grünen! Sie haben vergessen, dass wir das Qualifikationsproblem für die behinderten Menschen bei der Pflege im Rahmen der Pflegevorsorge wirklich in den Griff zu be


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kommen versuchen. Herr Dr. Grünewald, Sie müssten hier eigentlich mit uns gehen und sagen: Jawohl, das ist eine gute Initiative, die der Sozialminister nun eingeleitet hat und vorschlägt.

Wir haben seit heute hier im Parlament einen Gesetzesantrag, der vorsieht, dass die Unfallrente zur Gänze zurückbekommt, wer weniger als 230 000 S Jahreseinkommen hat, meine Damen und Herren.

Zu den Beispielen, die Sie uns genannt haben, Frau Abgeordnete Plank: Am 4. April haben Sie an uns gerichtet gesagt: Etwas mehr als 108 000 Österreicher beziehen Unfallrenten. – Das ist richtig. – Zwei Drittel davon haben 15 000 S zum Leben – nicht Unfallrente, sondern insgesamt zum Leben –, und diesen Menschen nehmen Sie noch ein Drittel weg. – Diesen Menschen wird nichts weggenommen, sie kriegen die Steuer zur Gänze zurück, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Plank: Sie müssen sich darum anstellen!)

Ich bin neugierig, was Sie im Sozialausschuss tun werden, wenn wir Ihnen dieses Gesetz vorlegen. Ich lade Sie ein – auch Sie, Herr Präsident Verzetnitsch –, dieses Gesetz mit uns konstruktiv zu diskutieren, und ich bin überzeugt davon – auch wenn Sie nicht zustimmen –: Wir werden dieses Gesetz, das nun vorliegt, beschließen (Zwischenruf der Abg. Silhavy ) und werden den Menschen jene soziale Gerechtigkeit geben, die sie notwendig haben und für die wir eintreten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

17.59

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Feurstein, es spricht nicht gerade für Sie und für die Überzeugungskraft Ihrer Argumente, wenn Sie es in einer derartigen Debatte notwendig haben, Abgeordnete Haidlmayr durch Verweis auf irgendeinen Behindertenvertreter zu diffamieren. Das sei hier klargestellt, Herr Abgeordneter Feurstein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte aber schon zum Thema etwas sagen. Besonders warm wird mir immer ums Herz, wenn sich Abgeordneter Pumberger, Bezieher eines Abgeordnetengehaltes – so wie wir alle –, nebenbei auch noch praktischer Arzt mit einer der größten Hausapotheken in Oberösterreich, hier herstellt und gute Ratschläge für soziale Gerechtigkeit gibt (Abg. Dr. Krüger: Soll man nebenbei gar nichts mehr arbeiten?), von hier aus beurteilt, was seiner Meinung nach für die Unfallrentner gut ist. Das ist immer schön, und da wird einem richtig warm ums Herz.

Genauso macht es der Kollege Stummvoll. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Genauso ist es, Herr Kollege Stummvoll, wenn Sie sich – egal, von welchem Forum aus – an die Adresse der Frühpensionisten wenden und diese kritisieren, dass sie noch immer so früh in Pension gehen, wenn Sie die Eisenbahner kritisieren, dass sie Privilegien beanspruchen, aber über sich selbst nicht gerne zu reden bereit sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Stummvoll! Herr Abgeordneter Pumberger! Warum müssen die Unfallrentner und Unfallrentnerinnen die Sanierung des Budgets tragen? Warum nicht Sie, warum nicht wir? Warum? Erklären Sie mir das! (Abg. Dr. Stummvoll: Wie finanzieren Sie das? – Abg. Dr. Pumberger: Warum haben Sie Schulden gemacht?) Warum wird den UnfallrentnerInnen das Geld weggenommen? Warum? Was macht das in der Summe?

Da stellt sich Herr Abgeordneter Pumberger her und erklärt: 2 Milliarden Schilling wollen wir einnehmen, eine Milliarde Schilling geben wir den Behinderten zurück, 600 Millionen Schilling bekommen sie jetzt über den Härtefonds, bleiben 400 Millionen Schilling. Erklären Sie mir das mit den 400 Millionen Schilling! Rechnen Sie die Bürokratie, die Sie verursachen, rechnen Sie das alles! Welchen Sinn macht das außer den der Bestrafung von UnfallrentnerInnen, außer den, dass Sie klar erklären und zu erkennen geben: Diejenigen, die es durch einen Unfall schon


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einmal erwischt hat, die soll es jetzt durch die Besteuerung noch einmal erwischen!? Welchen Sinn macht das?

Der Nettoeffekt Ihrer Maßnahme beträgt – wenn das wirklich so geplant ist, dass es die Behindertenmilliarde weiterhin geben soll, über zwei Jahre hinaus – 100 bis 200 Millionen Schilling. Ja selbst Finanzminister Grasser hat schon zu rechnen angefangen und hat gesagt: Eigentlich brauchen wir das nicht mehr. Aber Sie sind nicht bereit, sondern Sie stellen sich hierher und sagen: Das ist eine Maßnahme der sozialen Gerechtigkeit. Wir schaffen den Ausgleich. Wir sind sozial gerecht. Wir tun etwas für die Ärmsten im Land.

Sie tun etwas, indem Sie ihnen das Geld wegnehmen, dann kleine Beträge zurückverteilen und sagen: Das geht jetzt auf unsere Kosten. Wir sind ja die großen Gönner der Unfallrentner. Wir sind die großen Gönner der Behinderten.

Eines stimmt, und eines der Ziele Ihrer Reform haben Sie erreicht. Im Sinn eines Mainstreamings, so heißt es in den Erläuterungen, sollen die Belange behinderter Menschen vermehrt ins allgemeine Bewusstsein gerückt werden. Ja, das haben Sie geschafft in den letzten sechs Monaten. Wir hatten eine breite Debatte darüber, und wenn es auch am Anfang noch welche gegeben hat hier in diesem Land, die tatsächlich der Meinung waren: Ja, warum nicht? Warum bekommen die Unfallrentner so viel unversteuert und warum überhaupt unversteuert?, Sie haben es geschafft – und dafür bin ich wirklich dankbar –, dass es inzwischen nur mehr eine kleine Minderheit gibt – ausgenommen in den Reihen von ÖVP und FPÖ –, die daran glaubt, dass diese Maßnahme wirklich sozial gerecht ist, die Sie da eingeführt haben und die Sie über mehrere verpfuschte Reformen bereit sind auch weiterzuführen. Es gibt fast niemanden mehr in diesem Land, der das glaubt. Das spüren Sie auch, das wissen Sie auch, darum müssen Sie manchmal wieder das Herz zum Klingen bringen und hier öffentlich zur Schau stellen. Aber diese Pose kauft Ihnen Gott sei Dank niemand mehr ab. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 387/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, eine Frist bis 5. Juni 2001 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Verhandlung über den 4. Punkt der Tagesordnung betreffend die Patientencharta wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Ich erteile es ihm.

18.05

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bemühen um die Sicherstellung von Patientenrechten ist zu begrüßen. – Punkt. So weit, so gut, könnte man meinen. Verwunderter Applaus, die kürzeste Rede, verhaltenes Murmeln, und schon könnte ich das Rednerpult so schnell verlassen wie der schnellste Abfahrtsläufer im Haus.

Aber ich werde Sie enttäuschen müssen. Es fällt mir ehrlich gesagt schwer, Selbstverständlichkeiten zu beklatschen, denn – ich zitiere jetzt aus der Charta – was anderes als Selbstverständlichkeit kann es sein, dass Patienten ohne Unterschied des Alters, ohne Unterschied des Geschlechts, der Religion, der Herkunft, der Art und Weise ihrer Erkrankung gleich zu behandeln


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sind? Das hätte ich mir ehrlich gesagt auch ohne Charta erwartet und mir auch nicht anders vorstellen können.

Wenn man nun aber glaubt, selbst das, was längst Gesetz ist, nochmals sicherstellen zu müssen, ist dann nicht meine Frage berechtigt, dass Sie selbst daran nicht glauben, dass dieses Gesetz bereits mehr als Papier ist und Verwirklichung erfahren hat? Nicht einmal Sie selbst glauben daran, dass diese Rechte, für die wir gekämpft haben, sichergestellt sind.

Wenn also jetzt die Ehrlichkeit Motiv der Patientencharta gewesen wäre, würde ich gerne vor Ihnen den Hut ziehen, aber fangen wir einmal an, das Ganze auf die Ehrlichkeit hin zu untersuchen. Unbestritten – da gebe ich Ihnen Recht – ist, dass Patientenrechte eine Querschnittsmaterie darstellen und diese auf verschiedenste Gesetze in einem Dschungel unterschiedlicher Kompetenzen und Verantwortlichkeiten verstreut sind. Das ist richtig. Das macht die Durchsetzung eines bundesweiten, einheitlichen Gesetzes nicht leichter. Auch das gebe ich zu. Aber womit ich mich nicht abfinden kann, ist, dass wir davor kapitulieren und einfach ein Bundesgesetz überhaupt nicht mehr anstreben.

Die Frage ist auch: Sollen wir uns in Österreich mit neun unterschiedlichen Rechtssituationen für PatientInnen zufrieden geben – ja oder nein? Ihre Antwort dürfte lauten: Ja. Ich habe auch keine Sorge, dass Worte wie "Würde" oder das "Recht auf Behandlung und Pflege" nicht in den Artikel-15a-Vereinbarungen aller Bundesländer vorkommen würden, aber ich frage Sie schon: Wie vage und wie diffus darf eine Charta sein, damit nicht auch wirklich konkrete, ganz reale Anliegen unter die Räder kommen? Das frage ich mich.

Ich habe auch keine Angst davor, dass in Zukunft die Worte "angemessen" oder "zweckmäßig", was die Behandlung betrifft, vorkommen werden, aber wer garantiert mir, dass diese Worte "angemessen" und "zweckmäßige Behandlung" nicht von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich interpretiert werden. Sie werden es nicht können, sonst hätten Sie keine Artikel-15a-Vereinbarung gebraucht. Ihr Vertrauen in Landeshauptleute muss groß sein.

Wenn wir bei den Landeshauptleuten sind, frage ich mich: Setzen Sie darauf, dass wirklich in allen Brüsten von Landeshauptleuten und FinanzreferentInnen ein gleich warmes, kräftiges Herz für die PatientInnen schlägt, oder setzen Sie einfach darauf, dass das goldene Wiener Herz in den Bundesländern transplantiert wird, und dann ist alles zum Besten? Ich würde mich schon wundern – und es macht mich auch nachdenklich –, wenn wir in wenigen Jahren zwar ein einheitliches Bundes-Tierschutzgesetz hätten, aber neun unterschiedliche Rechte für PatientInnen. Das wäre meiner Meinung nach peinlich. Wenn es Ihnen nicht peinlich ist, dann sollten Sie das sagen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Pumberger: Setzen Sie nicht Menschen mit Tieren gleich, bitte!)

Bezeichnen wir die Charta als das, was sie ist, nämlich eine Notlösung, wobei ich die Betonung auf Not und nicht auf Lösung legen würde.

Was wir heute beschließen sollen – ich bekenne mich dazu und werde mitstimmen (demonstrativer Beifall und Bravoruf des Abg. Dr. Leiner )  –, ist letztlich nichts anderes als eine Ansammlung von lieben Worten mit aber eher sehr stark betontem platonischem Charakter, und ein platonischer Charakter ist mir ehrlich gesagt zu viel der politischen Enthaltsamkeit. Ihr Text, von Beamten sicher trefflich und gut geschrieben, ähnelt, wenn man ihn so durchliest, irgendwie einem Minnesang, in dem sich Wollen, Sehnen und auch Träume aufbauen, aber er erschöpft sich in diesem Wollen, Sehnen und Träumen, und von einem politischen Minnesang hätte ich mir zumindest mehr Umsetzungsorientierung erwartet. (Beifall bei den Grünen.)

Warum bleibt jetzt die ganze Sache vage? Wo ist die bundesweite Garantie auf psychotherapeutische Leistungen? Sind fixe Selbstbehalte wirklich sozial?

Spießt sich dieser vollmundige Satz, dass ärztliche Betreuung auf Facharzt-Niveau garantiert wird, nicht mit der Rufbereitschaft und anderen Realitäten?


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Verstehen Sie etwas von PatientInnenaufklärung, und wissen Sie, wie viel an Personal und Ressourcen sie braucht? Wie wollen Sie bei Fließband-Medizin garantieren, dass genügend Zeit dafür vorhanden ist?

Warum haben Sie dem Thema des menschenwürdigen Sterbens gerade vier "satte" Zeilen gewidmet? Ist das ausreichender Inhalt einer PatientInnencharta?

Warum haben Sie sich nicht der UNESCO mit dem Recht der Kinder auf Begleitpersonen erinnert? – Sie haben das zu einer Kann-Bestimmung, zu einer Möglichkeit luxiert. Auch das halte ich für relativ vage.

Der Bund bleibt in der Rolle des Wanderpredigers. Ich hätte mir einen Bruchteil jenes Mutes gewünscht, den Sie – allerdings ganz falsch und unsachlich – bei Universitäten und im Kassensystem gezeigt haben. Aber hier, bei den PatientInnen, zeigen Sie diesen Mut und diese Courage nicht.

Die Vereinfachung ist zwar mehr als nichts – das gebe ich zu –, aber mehr als nichts ist keine gigantische Leistung und eine leicht zu bewältigende Aufgabe. (Abg. Dr. Leiner: Es sind immer die handelnden Personen!) Dass es aber – und das trifft mich schon – zur Befriedigung von Länderinteressen der Abgabe von Verantwortung einer ohnmächtigen Republik bedarf, das stimmt mich nachdenklich. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.12

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner halte ich diese Regierungsvorlage, die heute zur Abstimmung im Nationalrat vorliegt, für ein wichtiges Papier. Sie betrifft die Patientencharta, eine Vereinbarung zur Sicherstellung von Patientenrechten: Recht auf Behandlung und Pflege, Recht auf Achtung, Würde und Integrität, Recht – sehr wichtig – auf Selbstbestimmung und Information, Recht auf Dokumentation, besondere Rechte für Kinder – die mir ganz besonders am Herzen liegen –, Recht auf Vertretung von Patienteninteressen, Recht auf Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen.

Es handelt sich um eine Vereinbarung jeweils zwischen Bund und Land, bereits ratifiziert von Kärnten, Burgenland und Oberösterreich. Vereinbarungen mit Niederösterreich und der Steiermark befinden sich im Ministerrat, Tirol hat sich dazu bereit erklärt. Es fehlen Wien, Salzburg und Vorarlberg.

Man kann nun fragen: Wozu braucht der Patient diese Patientencharta? – Das Recht auf eine Behandlung nach aktuellem Stand der Wissenschaft oder das Recht auf Verschwiegenheit sind ohnehin schon in der derzeit geltenden Rechtsordnung enthalten. Andere essentielle Patientenrechte sind seit langem in Literatur und Judikatur unbestritten. Das heißt, diese Rechte sind nicht nicht vorhanden. Was aber vorhanden ist, ist ein Mangel an Information. Vorhanden sind auch die Schwierigkeit in der Durchsetzung und eine massive gesetzliche Zersplitterung. Sie finden diese Patientenrechte verstreut im Ärztegesetz, im Sozialversicherungsgesetz, im Strafgesetzbuch, auch in Landesgesetzen wie dem Landes-KAG, in Bestimmungen für den Gemeinde-Sanitätsdienst und das Rettungswesen – in vielen verschiedenen gesetzlichen Regelungen. Das mindert jedoch die Möglichkeit der Durchsetzung für den Patienten.

Fazit: Es muss kein neues Gesetz geschaffen werden, sondern es sind die Rechte zu verankern. Sie werden verankert in den Vereinbarungen nach Artikel 15a B-VG, indem sich Bund und Land jeweils bilateral verpflichten, diese Patientenrechte einzuhalten und sicherzustellen. Beide verpflichten sich dazu. Das hat den Vorteil, dass längst bestehende und neu zu schaffende Patientenrechte in einem Bundesgesetzblatt zusammengefasst werden. Dieses Stück Papier ist sehr viel wert für unsere Patienten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich bitte alle Fraktionen, diesem Papier, dieser Regierungsvorlage zuzustimmen, und ich bitte alle Fraktionen, auf die Abgeordneten in jenen Bundesländern einzuwirken, die diese Vereinbarung für die Patienten mit dem Bund bisher noch nicht ratifiziert haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.16

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Rahmen dieser Beschlussfassung zur Patientencharta – Herr Staatssekretär, ich habe versucht, das auch im Ausschuss zu sagen – ist mir das, was hier drinsteht, eindeutig viel zu wenig.

Wenn heute jemand ins Krankenhaus kommt, dann gehe ich davon aus, dass er das Recht hat, dort behandelt zu werden. Ich gehe auch davon aus, dass hoffentlich die Maßnahmen ergriffen werden, die notwendig sind. Ich bin immer davon ausgegangen – ich hätte mir von einer Patientencharta wesentlichere Aussagen erwartet als das, was ich ohnehin schon für selbstverständlich genommen habe –, dass da noch etwas anderes dringestanden wäre.

Herr Staatssekretär! Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass drinsteht, dass Krankenanstalten zur Gänze barrierefrei ausgestattet sein müssen. Ich hätte mir gewünscht, dass festgeschrieben wird, dass die Nasszellen in Bettenstationen so adaptiert sein müssen, dass man sie auch benutzen kann. Ich hätte mir gewünscht, dass klare Richtlinien darüber enthalten sind, wie Informationen an gehörlose oder blinde Menschen weitergegeben werden. Ich hätte mir gewünscht, dass geregelt wird, wie die Kommunikation zwischen gehörlosen Menschen und dem Krankenhauspersonal vor sich geht. Herr Staatssekretär, ich hätte mir gewünscht, dass all das drinsteht.

Ich hätte mir auch gewünscht, dass behinderte Menschen einen Anspruch darauf haben, ihre Assistenz ins Krankenhaus mitzunehmen, aber nicht nur, dass sie nicht erwähnt sind, sondern es haben auch Kinder nicht den Rechtsanspruch, Elternteile oder Personen ihres Vertrauens im Krankenhaus bei sich zu haben. Darauf sollten sie gesetzlich ein Recht haben, und nicht nur dann, wenn zufällig ein Bett leer steht, das dazu genutzt werden kann. Das hätte ich mir gewünscht, Herr Staatssekretär!

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Ich hätte mir auch ganz dringend gewünscht, dass der Gesundheitsbericht im Plenum diskutiert und nicht im Ausschuss enderledigt wird. Das erweckt in mir nicht nur Zweifel, sondern damit haben Sie verhindert, dass der Gesundheitsbericht gegenüber der Öffentlichkeit dargestellt wird, sodass die Öffentlichkeit nicht erfährt, was in diesem Gesundheitsbericht drinsteht. Das lässt für mich den Schluss zu, dass Sie entweder nicht mehr zu dem stehen, was Sie – besonders Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP – in den letzten Jahren als Regierungspartei in der Gesundheitspolitik gemacht haben, oder dass Sie sich für den jetzigen Inhalt genieren. Ich weiß nicht, woran es liegt, hätte es aber gerne gewusst.

Ich möchte jedoch trotzdem auf den Gesundheitsbericht eingehen, weil ich es für sehr wichtig halte, dass die Diskussion über den Gesundheitsbericht hier im Parlament in einer anderen Form stattfindet, nämlich in folgender Form:

Herr Staatssekretär! Ich frage Sie: Wo wird im Gesundheitsbericht ein Augenmerk auf Frauengesundheit gelegt? (Abg. Mag. Hartinger: Es gibt ein eigenes Referat, Frau Kollegin – wenn Sie es noch nicht wissen!) Welche Informationen darüber sind vorhanden? Welche Informationen planen Sie in den nächsten Gesundheitsbericht in dieser Richtung aufzunehmen?

Was ist mit grundlegenden Informationen zu Umweltbelastungen? Wie steht es mit dem Zusammenhang zwischen Armut und Krankheit? Wie sieht es mit der Statistik über psychische Erkran


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kungen aus? – Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Patientenrechte gerade im Gesundheitsbericht mehr Platz als nur eine halbe Seite bekommen.

Herr Staatssekretär! Ich wünsche mir von Ihnen ehrlich, dass Sie zu diesen Punkten Stellung nehmen. Ich meine, dieses Parlament hat das Recht darauf, dass Sie uns heute sagen, was Sie im nächsten Gesundheitsbericht vorhaben, damit dann, wenn dieser Gesundheitsbericht vorliegen wird, Ihre Aussagen und Ihre Versprechen auch evaluiert werden können. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.21

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Haidlmayr, ich würde Ihnen Folgendes raten: Vielleicht richten Sie, da Sie immer solche Wunschlisten haben, einmal einen Wunschbrief ans Christkind. Vielleicht hilft das etwas. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Super!)

Die gesundheitspolitische Agenda wird derzeit hauptsächlich von einem Thema beherrscht, nämlich der Finanzierungsfrage. (Abg. Grabner: Das ist das Letzte!) Zentraler Befund: Umfang und Qualität der medizinischen Versorgung seien auf dem heutigen Niveau in Zukunft nicht haltbar. (Abg. Haidlmayr: Wenn Sie mir sagen, dass ich einen Brief ans Christkind schreiben soll, dann frage ich Sie, warum wir einen Staatssekretär haben?)  – Frau Kollegin Haidlmayr! Es wäre vielleicht sinnvoll, wenn Sie auch mir zuhören würden. Ich habe Ihnen ebenfalls zugehört. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Patientenunterstützung, sprich: den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen ... (Abg. Silhavy: Überheblichkeit hat nichts mit Intelligenz zu tun!) Ich nehme an, Frau Kollegin Silhavy, Sie wollen auch den Patienten in den Mittelpunkt stellen. Oder wollen Sie das nicht? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie wollen also nicht den Patienten in den Mittelpunkt stellen? – Gut, dann bin ich froh, dass Sie nicht mehr in der Regierung sind, kann ich nur sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Patientenunterstützung darf nie als Luxusgut gelten. (Abg. Huber: Sie sollten sich Gedanken über ...!) Wir sind uns hier anscheinend nicht alle darüber einig – ich verstehe das nicht. Der Arzt legt allein durch sein Wissen, seinen Wissensvorsprung die Nachfrage nach medizinischen Leistungen fest. (Abg. Silhavy: Wenn man Präpotenz mit Intelligenz verwechselt ...!) Da er auch das Leistungsangebot bereitstellt, versagt der Marktmechanismus, und es kommt zu Kostensteigerungen. Dieses Dilemma lässt sich nur auflösen, wenn die Stellung des Patienten gestärkt wird. Nicht zuletzt garantiert die Verfassung den Schutz der Menschenwürde und das Selbstbestimmungsrecht des Individuums.

Um welche Rechte geht es hier nun? – Erstens um das generelle Recht der Gesundheitsfürsorge und den gleichen Zugang zur Gesundheitspflege. Zweitens geht es um das Recht auf Achtung, Würde und Integrität. Hierunter fallen vor allem das Recht auf Privatsphäre, das Recht auf Vertraulichkeit und Verschwiegenheit sowie das Recht auf würdevolle und sorgfältige Behandlung. Drittens ist das Recht auf Selbstbestimmung vorgesehen. Hiezu gehören das Recht auf Partizipation als Patient und Konsument sowie auch das Recht auf einen würdevollen Tod. Viertens ist letztendlich das Recht auf Information betroffen. Dieses umfasst Informationen über Diagnose und Behandlung sowie das Recht über die Einsicht in die Krankengeschichte, in den Krankenbericht.

Ein grundsätzlicher Widerspruch bleibt leider Gottes bestehen, meine Damen und Herren. Die Emanzipation, die einen starken und selbstbewussten Patienten will, findet ihre natürliche Grenze in dessen körperlichem Leiden. Ein Patient benötigt seine Energie für den Heilungsprozess. Da fehlt ihm oftmals die nötige Kraft für eine Auseinandersetzung mit der Anbieterseite und für ein dynamisches Eintreten für seine Rechte. Er braucht professionelle und engagierte Hilfe durch ein wirkungsvolles System der Patientenunterstützung.


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Meine Damen und Herren! Die vorliegende Vereinbarung zur Patientencharta ist meiner Ansicht nach ein wirkungsvolles System zur Patientenunterstützung. Der Sinn dieser Patientencharta – die Vorarbeiten dazu wurden, wie anzuerkennen ist, in der letzten Legislaturperiode begonnen – besteht unter anderem darin, längst bestehende Patientenrechte in einem Stück zusammenzufassen und damit lesbarer und lebbar zu machen.

Da wir insbesondere im Gesundheitswesen ein föderalistisches System haben – das ist aus meiner Sicht zwar nicht generell, aber für den Bereich der Gesundheit diskussionswürdig –, mussten die Länder diese Vereinbarung mittragen oder sollten die Länder diese Vereinbarung mittragen und mitbeschließen. Diese Vereinbarung wurde zunächst nicht mitgetragen – von einem Bundesland abgesehen. Dieses eine Bundesland war das Bundesland Kärnten. Ich möchte sagen, es erfüllt mich wirklich mit Stolz, dass unser Herr Landeshauptmann Dr. Haider in einer seiner ersten Amtshandlungen, nachdem er Landeshauptmann geworden war, diese Patientencharta bilateral mit dem Bund abgeschlossen hat.

Ich habe mich im Steiermärkischen Landtag jahrelang dafür eingesetzt, dies auch für die Steiermark zu erwirken. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dies wurde jedoch vom sozialistischen, vom sozialdemokratischen Gesundheitslandesrat hintertrieben.

Meine Damen und Herren! Es zeigt sich auch hier, dass unsere Regierung, unsere freiheitlichen Minister, unser Staatssekretär mit Engagement und mit Herz für die Sache unserer Patienten denken und arbeiten. Jetzt haben fast alle Bundesländer diese Patientencharta abgeschlossen. (Abg. Huber: Sie können Briefe ans Christkind schreiben!) Ich hoffe, dass da auch ein rotes Wien nicht parteiideologisch denkt, sondern für die Wiener Patienten arbeitet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.25


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69. Sitzung / Seite 173

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Von der Regierungsbank zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

18.26

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Der angesprochene Gesundheitsbericht – aus diesem Grunde vermeide ich es, auch inhaltlich darauf einzugehen – betrifft in seiner Abfassung, die sehr gut ist und die von uns durchgeführt wurde, letztlich die Zeit der letzten Regierung. Er wird daher von mir hier nicht kritisiert. Wenn ein Mangel festgestellt wurde, vor allem in puncto Frauengesundheit, so bitte ich, dies an die Verantwortlichen der letzten Regierung zu richten. (Abg. Haidlmayr: Ich wünsche mir ..!)

Hingegen haben wir sehr wohl die Mängel erkannt und sind auch zu der Erkenntnis gelangt, dass wesentliche Verbesserungen möglich sind. Eine davon ist die Vereinbarung, über die heute hier abgestimmt werden soll.

Ich kann mich noch daran erinnern, dass dies vor einem Jahr zum Teil etwas belächelt oder als utopisch angesehen wurde. Inzwischen ist es Tatsache geworden, dass nicht nur Kärnten als Pionierland, sondern auch zwei weitere Bundesländer – nunmehr steht das Burgenland hier zur Abstimmung, und demnächst wird auch Oberösterreich zur Abstimmung stehen – diesen Vertrag ratifiziert haben. Es haben auch drei weitere Länder ihr Interesse angemeldet, beziehungsweise es sind die entsprechenden Schritte bereits eingeleitet worden. Ich kann sogar vermelden – das ist eine Nachricht von gestern –, dass nunmehr auch das Bundesland Wien den Wunsch geäußert hat, dieser Charta beizutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

War es früher üblich, bei Artikel-15a-Vereinbarungen lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, so ist es uns durch entsprechende Arbeit und Überzeugungskraft nunmehr gelungen, den größten gemeinsamen Nenner zu finden. Ein Teil davon ist diese Stärkung der Patientenrechte. Ich glaube, Sie können stolz darauf sein, darüber abstimmen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.28

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte hier betonen, dass die vorliegende Patientencharta nicht nur einen Wegweiser in die richtige Richtung betreffend Patientenrechte darstellt, sondern meines Erachtens durchaus auch ein Meilenstein auf diesem Weg ist. Dies ist ein Meilenstein, mit dem das Recht auf Behandlung und Pflege klargelegt wird, der aber auch besonders prononciert hervorhebt, dass zum Beispiel die Schmerztherapie ein wichtiger Bereich ist – auch einer meiner Vorredner hat dies heute schon angesprochen –, der forciert werden muss, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Es geht um Würde und Integrität. Man hat heute hier auch vom würdevollen Sterben gesprochen. Als junger Mensch, der vielleicht einen offeneren Zugang zu diesem Bereich hat, denke ich, dass über dieses Tabuthema auch in den Selbstbestimmungsklauseln gesprochen werden sollte. Es wird dahin gehend auch eine Enquete stattfinden. Meiner Ansicht nach sollte es auch möglich sein, dass Patienten eine Therapie oder eine Behandlung verweigern dürfen. Das ist auch in diesen Selbstbestimmungsrechten angeführt.

Es geht weiters um Dokumentation, es geht um besondere Rechte von Kindern. Ich möchte da hervorheben, dass in der Patientencharta jetzt auch einmal niedergeschrieben ist, dass Personal, welches mit Kindern umgeht, besonders geschult werden sollte. Dies ist meines Erachtens ein wichtiger Punkt.

Selbstverständlich ist es auch wünschenswert, dieses Papier weiterzuentwickeln. So könnte ich mir durchaus vorstellen, dass es mehr besondere Schulungen für Krankenhauspersonal – auch für Ärzte – gibt, wenn sie Sterbebegleitung leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist klar, dass all diese Dinge auch bisher schon geregelt waren, im Krankenanstaltengesetz, im Rettungswesengesetz, im Straf- und Zivilrecht, im Sozialversicherungsrecht und so weiter. Aber es kam in weiten Bereichen zu Kompetenzüberschreitungen. Eines wissen wir alle, meine sehr geehrten Damen und Herren: Kompetenzüberschreitungen implizieren meistens, dass die Betroffenen auf der Strecke bleiben. Das ist oft gar nicht beabsichtigt, aber es ist eben so.

In diesem Sinn glaube ich, dass diese Artikel-15a-B-GV-Vereinbarung wirklich eine gute Sache ist, welche unterstützt werden soll. (Abg. Silhavy: B-VG!)  – Ja, B-VG.

Ich möchte hier nicht verschweigen – und das kann man gar nicht verschweigen –, dass es im Jahre 1990 – also auch in der vorherigen Regierung, allerdings über alle Parteien hinweg, wie ich betonen möchte – noch Konsens darüber gab, doch konnte diese gute Idee leider nicht verwirklicht werden. Es bedurfte – das möchte ich hinzufügen – eines Kärntner Landeshauptmanns, der diese, wie ich glaube, herzeigbare Lösung aus dem Dornröschenschlaf wecken musste. Ich weiß zwar nicht genau, ob Jörg Haider die Frau Hostasch küssen musste, um ihr die Augen zu öffnen – Faktum ist aber, dass sie als Erste die Unterschrift unter dieses Papier gesetzt haben.

Ich denke, gerade Kärnten hat hier gezeigt, dass wir Menschen- und Patientenrechte in unserem Tun und Handeln an die erste Stelle setzen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


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69. Sitzung / Seite 174

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 421 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 140/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Einführung einer verschuldensunabhängigen Medizinhaftung (557 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 225/A (E) der Abgeordneten Dr. Elisabeth Pittermann und Genossen betreffend Entschädigungen für die Hepatitis-C-Opfer der Plasmapheresefirmen (558 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Entschließungsantrag 271/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Entschädigungsfonds für durch Plasmaspenden mit Hepatitis-C infizierte Personen (559 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.33

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Herr Präsident hat dankenswerterweise schon ausgeführt, über welche drei Anträge wir unter diesem Punkt debattieren. Es sind drei Anträge, die von dieser Regierungskoalition allesamt abgelehnt wurden.

Herr Staatssekretär! Die Ablehnung der Anträge auf Entschädigungen für Hepatitis-C-Opfer wurde von Ihnen damit begründet, dass bereits ein solcher Fonds ins Leben gerufen worden ist. Dabei sind Sie uns allerdings eine Vielzahl von Antworten auf die Fragen, die wir gestellt haben, schuldig geblieben, zum Beispiel auch auf Fragen danach, wie hoch die Entschädigungsleistungen sind. Da haben Sie darauf verwiesen, dass das alles erst festgelegt und konzipiert werden müsste.

Sie haben auch gesagt, dass die Pharmakonzerne nach wie vor von der Zahlungsverpflichtung ausgenommen sind. Sie haben gesagt, dass Sie weitere Verhandlungen führen werden. Ich nehme an, Sie werden uns wahrscheinlich auch heute nicht mehr Auskünfte darüber geben können.

Die wirklich interessante politische Diskussion zum Thema Gesundheit – Kollegin Haidlmayr hat es bereits im vorherigen Debattenbeitrag gesagt – wäre jene zum Gesundheitsbericht 2000 gewesen. Aber die Diskussion über diesen Gesundheitsbericht haben ÖVP und FPÖ – in bewährter Manier, möchte ich fast schon sagen, in Drüberfahrer-Mentalität – in diesem Plenum sofort verhindert. (Abg. Dr. Rasinger: Sie waren so "gut" im Fernsehen!)


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Jetzt frage ich mich, Herr Kollege Rasinger: Wieso? Wovor haben Sie Angst, wenn wir diesen Gesundheitsbericht hier im Plenum in der Öffentlichkeit debattieren würden? (Abg. Dr. Rasinger: Sie wissen ja, dass ich ...!)  – Sie bräuchten keine Angst zu haben, Herr Kollege Rasinger. Ihre Partei war damals sogar mit dabei, als die Gesundheitspolitik in Österreich noch hervorragend gelaufen ist und gute Werte gehabt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Ich habe mit Hostasch gut zusammengearbeitet! Ich schätze sie heute noch!)

Es freut mich, dass Sie Frau Kollegin Hostasch noch heute schätzen. Es freut mich auch, dass Sie mit ihr gut zusammengearbeitet haben. Aber offensichtlich haben Sie Angst vor der Diskussion darüber, wie Sie jetzt mit diesen Regierungsmitgliedern zusammenarbeiten. Ehrlich gesagt, Herr Kollege Rasinger: Das verstehe ich sogar. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber vielleicht könnte es auch sein, Herr Kollege Rasinger ... (Abg. Dr. Rasinger: Ich würde auch mit einer Ministerin Silhavy gut zusammenarbeiten!) Das freut mich auch, dass Sie mit mir gut zusammenarbeiten würden. – Herr Kollege Rasinger, kann es vielleicht sein, dass in diesem Gesundheitsbericht ein paar Zahlen und Fakten stehen, die aufzeigen, dass früher eine andere Gesundheitspolitik gemacht wurde, nämlich eine für Menschen und nicht, so wie jetzt mit den Ambulanzgebühren, eine gegen die Menschen? (Abg. Dr. Rasinger: Zu kurz!)

Sie sagen, Herr Kollege Rasinger: Die niedergelassenen Ärzte müssen noch mehr werden, weil sonst die Ambulanzgebühren wirklich problematisch sind. Dann sind nicht nur die Spitäler überfüllt, sondern auch die Ordinationen der niedergelassenen Ärzte überfüllt. Sie wissen genau, es gab von 1980 bis 1998 ein Plus von 70 Prozent an niedergelassenen Ärzten. Das steht alles im Gesundheitsbericht. (Abg. Dr. Rasinger: Aber nicht Kassenärzte!) Warum wollen Sie ihn da nicht debattieren, Herr Kollege Rasinger? – Das frage ich mich. Wovor fürchten Sie sich? Fürchten Sie, dass die Menschen erkennen könnten, dass die Politik, die Sie betreiben, eine falsche ist, weil sie nämlich zu Lasten der Betroffenen geht? (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Weil Sie hier schon so nett mit mir plaudern, Herr Kollege Rasinger, gehe ich gerne darauf ein. Aber der Herr Staatssekretär soll sich dabei nicht benachteiligt fühlen. – Vielleicht ist es so, weil einfach klar ist, dass wir in Österreich 8,2 Prozent des BIP für die Gesundheit aufgewendet haben, aber die Note 9 im Ranking von 191 WHO-Mitgliedern bekommen haben. Das heißt, wir liegen ganz vorne – oder lagen zumindest bisher, möchte ich sagen – im Spitzenfeld.

Herr Staatssekretär, was sagen Sie dazu? – Sie werden das mit Ihren Methoden wahrscheinlich nicht halten. Wenn ich höre, wie die Gesundheitspolitik jetzt neu läuft, ist das ja recht interessant. Da gibt es in erster Linie offensichtlich nicht Gedanken darüber, wie in Österreich Gesundheitspolitik betrieben wird, sondern darüber, was mit dem Hauptverband ist. Gestern lese ich: "Waneck-Papier ,Restrukturierung des Hauptverbandes‘ beinhaltet tiefgreifende Reformen – Klare Zuständigkeiten ...", "Sozialpartner sollen künftig nur mehr beraten."

Kurze Zeit später wieder eine APA-Meldung: Herr Haupt spricht von einem "veralteten Diskussionsentwurf". Wer hat also das Sagen, der Herr Staatssekretär oder der Herr Minister? – Der Herr Minister ist ein Regierungsmitglied, also glaube ich in dem Fall eher dem Herrn Minister.

Aber vielleicht orientieren Sie sich an der ÖVP. Herr Khol hat ja die ÖVP – wahrscheinlich möchte er auch die Österreicher dorthin schicken – in die Wüste Gobi gebracht. Wie es eben in einer Wüste so ist, verirrt man sich leicht und verliert dort die Orientierung. (Abg. Großruck: Nur der, der sich nicht auskennt!) So ähnlich gestaltet sich auch die Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung: Sie ist ohne Orientierung. Dafür hört man in diesem Haus sehr viel Präpotenz gegenüber den Betroffenen. Aber es fehlen intelligente Lösungen, mit denen man diese Probleme in den Griff bekommen würde.

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Ich befürchte, die Gruppentherapie, die Ihnen verordnet worden ist – vor allem Ihnen von der ÖVP –, wird dafür nicht reichen. Sie brauchen wahrscheinlich Einzeltherapie. Aber die werden Sie nicht auf Krankenschein bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


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69. Sitzung / Seite 176

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.38

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit 13. Dezember 2000 trat eine neue gesetzliche Regelung im Rahmen der neuen Bundes-KAG-Novelle in Kraft, nämlich die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung. Sie war ein Riesenfortschritt für den Patienten.

Stellen Sie sich einmal den Fall vor, Sie lassen sich an der Hand operieren und bekommen eine örtliche Betäubung in den Nerv in der Achselhöhle. Das Wesen dieser örtlichen Betäubung ist, dass das Betäubungsmittel in den Nerv gespritzt wird, und es kann sein, dass Ihr Arm nachher gelähmt ist. Die Frage lautet: Ist das eine Komplikation? Ist es die Schuld des behandelnden Arztes? Sie haben den gelähmten Arm – wie lange haben Sie ihn? – Sie sind arbeitsunfähig, Sie haben einen Verdienstentgang. Sie wollen auf Montage gehen, können das aber nicht. Die Fixkosten laufen weiter. Der Rechtsstreit beginnt.

Was geschieht jetzt? – Zu diesem Zeitpunkt bekommen Sie von nun an einmalig eine erste finanzielle Hilfe, und zwar unabhängig von der Verschuldensfrage und unabhängig von der nicht geklärten Haftungsfrage.

Wer bekommt sie? – Jeder, der durch eine Untersuchung, eine Behandlung, eine Nicht-Untersuchung oder eine Nicht-Behandlung in einem Fondskrankenhaus oder einem gemeinnützigen Nicht-Fondskrankenhaus einen Schaden erlitten hat, wobei die Haftung nicht eindeutig geklärt ist.

Welche Entschädigung bekommen Sie? – Sie bekommen bis zu 300 000 S an Entschädigung, und in Härtefällen ist es mehr.

Woher kommt die Entschädigung? – Aus den Spitälern, 10 S pro Patient.

Wie bekommen Sie sie? – Darüber wird durch eine unabhängige und weisungsfreie, ungebundene Kommission in den einzelnen Bundesländern entschieden.

Besonders wichtig ist, dass dem Patienten jeder weitere Rechtsweg offen steht, selbstverständlich der Weg zum Gericht, selbstverständlich der Weg zur Schiedsstelle. Der Patient erhält zuerst Hilfe, und dann wird die Rechtsfrage geklärt. Das hat es noch nie gegeben. Das ist sinnvoll, das ist eine absolute Verbesserung für den Patienten.

Herr Kollege Grünewald! Ihr Antrag hat natürlich schon eine Grundlage, aber er ist zum Teil durch das, was geschaffen wurde – Ihr Antrag liegt schon eine Zeit lang vor –, bereits überholt. Natürlich, und da gebe ich Ihnen Recht, gibt es Verbesserungen, gibt es Erweiterungen. Jeder Abgeordnete hier im Haus, jede Fraktion ist herzlichst eingeladen, an diesen Verbesserungen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten mitzuwirken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Tatsache ist aber – und das möchte ich heute ganz eindeutig hervorheben –, dass die neue Gesundheitspolitik durch Herrn Staatssekretär Professor Dr. Waneck wesentliche, wirklich wesentliche Reformen für den Patienten geschaffen hat. (Abg. Huber: Aha!) Kein "Aha", ganz klar: Die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung – hat es die früher gegeben, Frau Kollegin? Nein! Die Patientencharta – hat es die früher gegeben, Frau Kollegin? Nein! Die Einrichtung eines Hepatitis-Fonds, dotiert mit 5 Millionen Schilling im Jahre 2000, 15 Millionen Schilling 2001, 15 Millionen Schilling 2002 – hat es das vorher gegeben, Frau Abgeordnete? Sie müssen ehrlich sagen: Nein!

Das sind drei wesentliche Punkte, die natürlich alle verbesserungswürdig sind, die alle noch mehr sein können, die es aber bisher nicht gegeben hat und die jetzt durch die Gesundheitspolitik neu eingerichtet wurden.


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Stenographisches Protokoll
69. Sitzung / Seite 177

Meine Damen und Herren! Der Patient liegt uns am Herzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.42

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin und durchaus geschätzte Kollegin Povysil! Lassen Sie mich einmal ein Beispiel bringen: Sie kommen auf einen Bahnhof, möchten eine Fahrkarte lösen, bezahlen sie, und der Schalterbeamte sagt zu Ihnen: Bitte, jetzt kommt noch ein Zuschlag von 10 S dazu, weil es sein könnte, dass der Lokführer heute nicht so wunderbar beisammen ist, eine Weiche falsch gestellt, ein Signal verkehrt herum gepolt ist. – Das ist Ihre verschuldensunabhängige Medizinhaftung umgelegt auf die ÖBB.

Unser Modell schaut etwas anders aus, und das wissen Sie auch. Wir haben es geschaffen, weil Haftungsfragen im Bereich so genannter ärztlicher Kunstfehler seit Jahrzehnten immer wieder Stein des Anstoßes, Anlass von Ärgernissen und ein lang, lang bekanntes Problem sind, das bislang nicht befriedigend gelöst wurde, muss man sagen. Das derzeitige System der Patientenentschädigung, der verschiedenen Entschädigungsfonds, dann auch unterschiedlichster Mediationsversuche im Streitverfahren sind alle nicht die Lösung, die sich die Mehrheit der Betroffenen, wenn sie das System erlebt haben, wünschen kann.

Faktum ist, dass internationale Studien davon sprechen, dass zirka 3 Prozent aller stationär aufgenommenen PatientInnen einen durch die Medizin bedingten Behandlungsschaden erleiden. Das klingt nach sehr viel, viele Fälle sind allerdings nicht sehr schwer. Insgesamt 1 Prozent ist in direkter Assoziation mit Ärzten geschehen.

Wie soll man darauf reagieren? – Ich teile Ihnen ein weiteres Faktum mit: Die Masse aller Patientinnen und Patienten klagt nicht, weil sie im Unklaren ist, ob sie durch eine Behandlung Schaden erlitten hat. Sie erlebt das als Schicksal, obwohl es kein Schicksal war. Solche Sachen sind gar nicht so selten, wie Sie vielleicht glauben möchten und mancher Arzt oder manche Ärztin zu glauben hofft.

Der Bruchteil von Patienten und Patientinnen, die es wagen, eine Anklage zu erheben, steht vor der Tatsache, dass nur etwa 90 Prozent – was heißt "nur"?, ich muss es umgekehrt sagen –, dass nur etwa 10 Prozent aller Klagen zu einem Erfolg führen und 90 Prozent abgewiesen werden. Viele werden schon von ihren Rechtsanwälten dahin gehend beraten, dass sie wegen hohen Kostenrisikos und Aussichtslosigkeit in komplizierten Gutachterverfahren diesen Weg gar nicht beschreiten sollen.

Was ist der Grund dafür? – Der Grund dafür ist die verschuldensassoziierte Rechtsprechung in einer immer komplexeren und schwierigeren Medizin. Schuld ist auch das sehr schwierige Zivilrechtsverfahren, in dem Ansprüche auf Grund schuldhaften Verhaltens durchgesetzt werden müssen. Das derzeitige System ist also ein Konfrontationsmodell mit einigen gravierenden Nachteilen. Ein Nachteil: überlange Verfahrensdauer, zweiter: sehr hohes Kostenrisiko, dritter: Gutachterkriege, vierter: sehr schwierige Beweisführung, weil ein Großteil der Schäden nur durch geringfügige Fahrlässigkeit entsteht, die in einer komplexen Medizin kaum nachzuweisen ist.

Es besteht auch eine falsche Schadensallokation. Wer bezahlt denn die Folgen der erlittenen Schäden? – Die von Ihnen geschmähte Sozial- und Krankenversicherung, niemand anderer! Dann gibt es noch das Problem der öffentlichen Rufschädigung von Ärzten und der mangelnden und gestörten Vertrauensbeziehung zwischen PatientInnen und Ärzten.

Auch eine Beweislastumkehr würde am schlechten Verfahren nichts ändern, weil sie nur den schwarzen Peter von den Patienten zu den Gesundheitsberufen schiebt, aber das Zivilrechtsverfahren, bei dem im Prinzip nur die Anwälte gewinnen, sonst niemand, beibehalten wird.


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69. Sitzung / Seite 178

Wir haben vorgeschlagen, eine wirklich verschuldensunabhängige Lösung im Sinne eines Modells der Unfallversicherung zu suchen. In dieses System einer beliebig erweiterbaren Risikogemeinschaft könnten sich neben den Gesundheitsberufen auch die Pharmaindustrie, die Hersteller medizinischer Geräte, Apotheker und Hebammen einklinken. Neben den Vorteilen für PatientInnen und Ärzte gibt es auch noch ganz massive qualitätssichernde Begleiteffekte, weil diese Art Versicherung natürlich im Interesse ihrer Beitragszahler sehr sorgsam darüber wachen wird, dass vor Ort eine Risikominimierung im ambulanten wie auch im stationären Bereich stattfindet. Das wäre, meine ich, gut so.

Gerade das Beispiel der Hepatitis-C-Opfer zeigt, wie dringend eine solche Lösung notwendig wäre. Allein in den achtziger Jahren sind an einer Plasmapheresestation in Wien 200 Infizierte zu beklagen gewesen; Experten rechnen mit insgesamt 5 000. Wenn wir hören, dass die Gemeinde Wien als Aufsichtsbehörde hier nicht einmal Anklage erhoben hat, dass Experten des Gesundheitsministeriums damals schon den Wechsel von den Zentrifugationsmethoden zu Automaten verlangt haben und das erst zehn Jahre später Gesetz wurde, dann gibt es da auch einiges zu untersuchen, was man bislang nicht ausreichend getan hat. Ich kann nur sagen, dass wir eine Anfragebeantwortung aus dem Ministerium bekommen haben – von der werden Sie noch hören –, die nachweislich absolut falsch ist.

Sie haben gesehen, dass bei diesen Verfahren die großen Firmen Hoechst, Seroplas, Immuno und wie sie auch alle heißen sehr raffiniert alle juridischen Möglichkeiten ausgelotet haben und das für die Patientinnen und Patienten ein jahrelanges Spießrutenlaufen war. Was ist dann letztlich passiert? Ihre Fondslösung hat den Schaden verstaatlicht – "sozialisiert" werden Sie vielleicht sagen – und hat die Firmen bislang schadlos gehalten. Ist das sehr couragiert, ist das sehr mutig, ist das sehr innovativ, ist das Ihr Märchen vom schlanken Staat – wenn die Kausalität ganz klar ist und die Firmen außer Obligo gelassen werden? Ich glaube nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich gebe zu, dass das Engagement des Ministers Haupt unbestritten ist. Aber auch hier hätte er nur annähernd jene Courage zeigen können, die er ganz falsch und unsachlich in Sachen Hauptverband und Sozialversicherung sehr forciert an den Tag gelegt hat im Kampf gegen diese Systeme. Ich erinnere Sie nochmals: Die Sozialversicherung hat bislang alle medizinisch verursachten Schäden bezahlt. Auch das mag etwas zum Abgang beigetragen haben, den Sie jetzt beklagen.

Zum Schluss möchte ich den Minister Haupt auffordern, erstens die nächsten Anfragen von uns so zu beantworten, dass zumindest seine Zitate mit dem derzeitigen Gesetzestext, zum Beispiel mit dem Arzneimittelgesetz, übereinstimmen, nämlich dass die Sicherheit von Produkten gewährleistet ist – das ist auch eine Sache der Medizinhaftung –, und zweitens, dass er hier die Courage zeigt, die er sonst an falschen Orten sehr oft zur Schau trägt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

18.50

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Abgeordnete Silhavy ist leider nicht mehr da – hoffentlich kein Desinteresse. Ich wollte zur abwesenden Frau Abgeordneten Silhavy sagen: Wenn sie sagt, "die Gesundheitspolitik oder die Gesundheitsergebnisse lagen ...", also in der Vergangenheitsform redet, und das bedauert, so muss ich sagen, dass wir das über weite Strecken gemeinsam mit der SPÖ gemacht haben. Ich habe es bereits in einem Zwischenruf gesagt. Man soll also auch die SPÖ-Zeiten in der Gesundheitspolitik nicht schlechtreden. Konsens war in dem Land – und ich schaue den Abgeordneten Edlinger an – eine hohe Versorgung. Das ist ja auch logisch, denn wir alle werden doch einmal krank. Das eignet sich doch überhaupt nicht für Parteipolitik. (Zwischenrufe der Abgeordneten Edlinger und Huber. )


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69. Sitzung / Seite 179

Wenn wir heute über die verschuldensunabhängige Haftung reden: Wer in dem Land kann daran interessiert sein, dass jemand zehn Jahre und länger klagt, bis ihm dann vom Gericht gesagt wird: Wir können nicht mit hundertprozentiger Sicherheit beweisen, dass der Fehler eingetreten ist, sie müssen daher den Schaden selber zahlen, Herr Patient!? Deshalb müssen wir uns da irgendetwas überlegen. Präsident Neumann, der Ärztekammerpräsident, der vor zwei Jahren verstorben ist, hat 1985 als ersten Schritt diese Schiedsstellen eingeführt. Das war im europäischen Vergleich schon eine tolle Sache.

Der nächste Punkt war, dass wir 1989 mit Ettl gemeinsam – mit Minister Ettl, entschuldigen Sie den Lapsus! – beschlossen haben, das in die Regierungserklärung aufzunehmen. Aber ich sage Ihnen ehrlich, es war immer schwierig, Geld vom Finanzminister oder von irgendjemandem zu kriegen. Es war einfach nicht möglich. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und darum war ich froh, dass die Stadt Wien nach gemeinsamem Beschluss vor drei Jahren einen Härtefonds von 7 Millionen Schilling geschaffen hat. (Abg. Huber: Belastet wird nur einseitig!)

Da möchte ich jetzt Frau Abgeordnete Huber ansprechen, die mit mir im Ausschuss einen kleinen Disput hatte. Ich sage Ihnen: Die jetzige Lösung – und das möchte ich Ihnen noch einmal mit Nachdruck sagen – heißt: 10 S pro Patient und Tag, und das bringt für Wien allein die sechsfache Summe. Rieder hat in einer seiner letzten Pressekonferenzen gesagt, dass der Härtefondsverwalter, Patientenanwalt Pickl, die 7 Millionen Schilling gar nicht ausgeschüttet hat. Und wir waren so weit, dass dieses System sich langsam entwickeln müsste.

Wenn man allerdings wie die Grünen davon ausgeht, dass eine verschuldensunabhängige Haftungsregelung die einzige Lösung ist, würde das bedeuten, dass wir 600 bis 800 Millionen Schilling – etwa in der Größenordnung – aufstellen müssten. Und das in einem Klima, in dem gesagt wird, dass man jeden Schilling für das Gesundheitswesen irgendwo finden müsse, bei dem Defizitgerede soll man diesen Betrag aufstellen? Fast unmöglich! Ich erinnere mich an den Wirbel rund um die Ambulanzgebühr. Da geht es um 1 Milliarde Schilling. Bitte, da soll jemand rauskommen und sagen, woher das Geld kommen soll! Das wäre dann seriös. Es heißt dann immer, das kommt von den Ärzten oder Spitälern. Bitte, woher sollen es aber die Spitäler nehmen?! Die wälzen es doch nach Adam Riese letztendlich auf die Prämien und auf die Kosten über. Deshalb ist es meiner Meinung nach scheinheilig, wenn man etwas fordert, aber nicht gleichzeitig sagt, woher das Geld dafür kommen soll. Ich schaue immer den Exfinanzminister an, und der hat es auch immer so gehalten. Er hat gesagt: Ich kann nur das ausgeben, was ich habe. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Um auch eine Art versöhnlichen Schluss zu machen: Letztendlich kann es nicht unser Ziel sein, dass wir nur Kranke und Geschädigte haben. Das Entscheidende muss sein, dass das Gesundheitswesen so gut ist, dass möglichst wenig Fehler auftreten. Und nun sage ich Ihnen: Es wurden schon unter der SPÖ in den letzten Jahren Maßnahmen gesetzt: die Facharztprüfung. Die Diplomfortbildung wurde von der Ärztekammer massiv forciert, in der aktuellen Ärztegesetznovelle wird die Verpflichtung, die schon immer bestanden hat, verschärft, dass Ärzte nachweisen müssen, dass sie sich fortbilden. Entscheidend ist, dass jeder Österreicher das Gefühl hat, gute Ärzte vor sich zu haben. Wir liegen international gut; natürlich können wir noch besser werden. Auch die Medizinerreform, lieber Abgeordneter Grünewald, ist hoffentlich ein Schritt in Richtung besseres System.

Jeder von uns kann morgen krank werden, todkrank werden, und jeder von uns möchte auf keinen Fall Opfer eines Fehlers werden. Und ich sage Ihnen, es sind drei Faktoren, die Fehler provozieren oder verursachen: Erstens: mangelndes Können, also mangelnde Ausbildung, zweitens: mangelnde Erfahrung, und drittens: mangelnde Zeit. Und an allen drei Faktoren müssen wir arbeiten, und diese Arbeit können wir nur im Konsens machen. Eine Härtefalllösung oder eine verschuldensunabhängige Haftungslösung kann doch immer nur die Krücke sein, wenn die Katastrophe bereits eingetreten ist. Und in diesem Sinn werden wir weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.55


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69. Sitzung / Seite 180

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.55

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Beitrag wird sich mit den Hepatitis-C-Opfern beschäftigen.

Wir wissen, dass seit den späten sechziger Jahren bis Ende der achtziger Jahre zahlreiche Infektionen bei Plasmaspendern und -empfängern aufgetreten sind. Es war die sozialdemokratische Gesundheitsministerin Hostasch, die aus der Unfallversicherung den Opfern rasche Hilfe geleistet hat. Die jetzige Regierung beschränkt sich aber laufend auf Absichtserklärungen.

Daher waren wir es, war es die Opposition, die verlangt hat, dass bis Ende des Vorjahres – und da Sie säumig gewesen sind, ist nunmehr mit einem Abänderungsantrag die Frist bis zum 30. Juni verlängert worden – ein Fonds eingerichtet wird und auch die Grundlagen geschaffen werden, dass die Haftpflichtversicherungen Entschädigungen leisten, ohne dass die Betroffenen den Gang durch die gerichtlichen Instanzen gehen müssen, wobei der Fonds in erster Linie durch die verursachenden Firmen und deren Versicherungen zu speisen ist. – Wir haben jetzt Mai, und es ist noch immer kein einziger Schilling geflossen.

Es ist erschreckend, Herr Staatssekretär, wie schlampig Sie mit diesen Opfern umgehen. Im Herbst haben Sie erklärt, es soll 500 Opfer geben, während die Liga von 10 000 gesprochen hat. Sie haben erklärt, dass es ein dreistufiges Verfahren geben soll, haben auch im Detail erklärt, dass es 100 Fälle geben wird, die keine Entschädigung bekommen werden, dass es 320 Fälle gibt, die 5 000 S pro Monat bekommen werden, und 80 Fälle, die 10 000 S pro Monat bekommen sollen. Jetzt hören wir im Ausschuss, dass es um 60 000 Betroffene geht und dass die Zahlungen offen sind. Sie reden von 28 Millionen Schilling, das deckt sich mit diesen 500 Betroffenen. Die Liga dagegen spricht von einem Bedarf von 80 Millionen Schilling.

Im Herbst hat Sie der Herr Gesundheitsminister gelobt, dass Sie nach zähen Verhandlungen eine Zusage der Pharmafirmen erreicht hätten. Sie selbst erklärten uns Mitte April im Ausschuss, dass es Ende April ein Gespräch mit den Ländern wegen deren Beitragszahlungen geben wird und danach Gespräche mit den Pharmafirmen. Ich bekomme so langsam den Eindruck, dass Sie uns alle, die Opposition und die Betroffenen, am Schmäh halten. Tatsache ist, dass es kein Ergebnis mit den Ländern und kein Ergebnis mit den Pharmafirmen gibt.

Es ist schlichtweg skandalös, wie Sie einmal mehr versuchen, die Steuerzahler für das schuldhafte Verhalten der Pharmafirmen zur Kasse zu bitten.

Wenn Abgeordneter Grünewald im Ausschuss in dem Zusammenhang von einer Bankrotterklärung der Regierung gesprochen hat, dann kann man das nur unterstreichen. Dann kann man auch Ihren Sozialsprecher aus der freiheitlichen Fraktion nur unterstützen, wenn er heute ganz offen von einem Ministerrücktritt spricht.

Das, was bis jetzt eingerichtet wurde, ist ein handlungsunfähiges Konstrukt, das, wie schon Kollegin Silhavy ausgeführt hat, viele Fragen offen lässt. Zudem erklären uns Fachleute, dass lediglich etwa 10 Prozent der Infizierten von ihrer Krankheit wissen. Und was tut die Regierung? Nichts! Sie leistet keinen Beitrag dazu, dass diese Situation verbessert werden kann. Sie warten offensichtlich auf das Ableben der Betroffenen, denn nicht anders ist Ihre Ankündigung zu verstehen, dass Sie den Auszahlungstermin nunmehr auf Herbst verschieben, und vielleicht wird es auch noch länger dauern.

Herr Staatssekretär! Ich darf Sie auffordern, dass Sie endlich die vernünftigen Oppositionsanträge annehmen. Es ist letztlich auch eine Frage Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit. Das, was Sie bis jetzt gezeigt haben, und zwar nicht nur das Gesundheitsressort, sondern die Regierung insgesamt, das ist nicht nur eine Politik ohne Herz, da fehlt auch das Hirn. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dr. Grünewald. )

18.59


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69. Sitzung / Seite 181

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wochesländer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.59

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Politik ohne Herz kommt sicherlich auch noch zur Sprache, aber eigentlich muss ich schon sagen: Endlich tut sich etwas! Ehrlich gestanden: Es tut sich etwas in der gesamten Gesundheitspolitik, sieht man sich etwa die Patientencharta an. Aber es gibt auch erstmalig dezidiert Hilfe für Plasmapherese-Opfer. Dabei darf ich gleich anführen, dass es diesen Fonds nicht nur für Plasmaspender geben wird, sondern natürlich auch für -empfänger.

Dass sich letztendlich etwas tut, das lässt auch auf das Problembewusstsein dieser Regierung, im Speziellen des Gesundheitsstaatssekretärs Waneck, schließen, denn endlich ist wieder ein Mediziner am Werk. Was sich da in den letzten Jahren – vom Journalisten Kreuzer angefangen bis zu Gewerkschaftern und Personen aus anderen Disziplinen – auf der "Spielwiese" Gesundheit getummelt hat, habe ich, das muss ich persönlich sagen, nicht als sehr effektiv empfunden.

Bei Ihrer Sozialministerin Hostasch sowie deren Vorgängern und Vorgängerinnen stelle ich, wie gesagt, eher einen Mangel an Problembewusstsein fest. In dem Zusammenhang komme ich auf eine Anfrage vom 2. Dezember 1999 des damaligen Abgeordneten Mag. Haupt und Kollegen zu sprechen, worin unter Punkt 9 unter Bezugnahme auf die Anregung des damaligen Bundesministers für Justiz ein Entschädigungsfonds zu schaffen gewesen wäre. Darauf hatte Ihre Frau Hostasch nur die lapidare Antwort – ich zitiere jetzt wörtlich –:

"Da ... in Fällen medizinischer Fehlleistungen die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen nach den allgemeinen Regelungen des Haftungsrechts gegenüber den Schädigern erfolgen kann, erscheint eine punktuelle Entschädigungslösung für einen bestimmten Bereich unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsrechts problematisch."

Ich finde, da war eher Ihr Handeln problematisch und dass sich für die Betroffenen nichts getan hat. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt wieder den Vorsitz.)

Faktum ist, dass sich in den siebziger und achtziger Jahren hunderte freiwillige Plasmaspender durch unsterile Geräte mit dem gefährlichen Hepatitis-C-Virus infiziert haben. Die Folge davon waren Todesfälle, aber natürlich auch lebenslange, unheilbare Krankheit und durch diese Krankheit verursachte Anfälligkeit für weitere Erkrankungen, eine allgemeine Schwächung, keine Chancen auf eine entsprechende Berufsausübung und dergleichen mehr.

Wenn Sie sagen, es seien 30 Jahre vergangen, bis es jetzt endlich zu diesem Fonds gekommen sei, dann muss ich sagen, dass ich finde, dass es in der SPÖ-Politik ziemlich große Lücken und ziemlich große Missstände gegeben hat. Herr Cap wirft uns immer eine Politik ohne Herz vor. Darauf würde ich antworten: Herz haben wir genug, aber vielleicht haben wir auch mehr Hirn als manche Vorgänger, die da ein bisschen schwerfällig gehandelt haben.

Zur Anfrage von Frau Silhavy, die leider wieder nicht da ist, die das Thema offenbar überhaupt nicht interessiert: Sie bringt zwar 37 Fragestellungen vor, aber diese erscheinen mir teilweise beantwortet und eher nur mehr als die übliche SPÖ-Oppositionspolemik.

Auf den Punkt gebracht: Was bedeutet dieser neue Fonds? – Mit April 2001 wird die Fondsgründung rechtskräftig, mit Leistungen des Fonds kann somit bereits ab Herbst 2001 gerechnet werden. Die finanzielle Abwicklung wird über eine Wirtschaftstreuhandkanzlei erfolgen, eben jene, die seit zehn Jahren den HIV-Unterstützungsfonds verwaltet, und in den Budgets 2001 und 2002 werden dafür jeweils 15 Millionen Schilling zur Verfügung stehen. Das ist sicherlich ein Hoffnungsschimmer für all jene, die dieses Leiden haben und davon betroffen sind. Auf der anderen Seite muss ich aber ehrlich gestanden auch sagen: Jene, die dieses Problem haben, waren natürlich Opfer dieser Infizierung, aber sie waren zugleich auch Opfer einer rücksichtslosen Politik, wie sie die SPÖ im Gesundheitssektor betrieben hat. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.03


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69. Sitzung / Seite 182

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

19.03

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vorerst möchte ich noch einmal auf die sehr geschmacklose Bemerkung der Kollegin Hartinger in Richtung der Kollegin Haidlmayr zurückkommen. Ich möchte das nicht unkommentiert lassen. Sie möge mit ihren Wünschen einen Brief an das Christkind schicken, hat Frau Hartinger gesagt. – Ich denke, das entlarvt Ihre Haltung zu Menschen, die in irgendeiner Weise von einem Schicksalsschlag getroffen wurden, und das richtet sich von selbst. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Rasinger! Es ist ganz einfach bestechend, welche Vorteile die von Herrn Dr. Grünewald sehr eingehend dargestellte verschuldensunabhängige Medizinhaftung hat, nämlich aus juristischer und aus medizinischer Sicht. (Abg. Dr. Rasinger: Als Erster habe ich das zusammen mit Ettl gefordert!)  – Eben darum. Es ist manchmal die Frage, ob man sich mit einem ersten Schritt zufrieden gibt, oder ob man gleich eine komplexere Lösung versucht. Manchmal ist es klüger, einen kleinen Schritt zu machen und dann weitere folgen zu lassen, manchmal wäre es besser, von Anfang an eine günstigere Lösung zu finden. (Abg. Dr. Rasinger: Die Länder waren nicht einmal bereit zu einer Gesamtlösung! Wien war dabei! Das ist der Unterschied zwischen Realität und Utopie!)

Das sind offensichtlich die Schwierigkeiten und Bürden der Regierung. Die müssen Sie doch kennen. Sie sind auch aufgefordert, sie zu lösen. Und wenn sich das alles immer nur auf die Frage reduziert: Wo soll das Geld herkommen, wer zahlt das und wen kann man da mit einbinden?, dann sage ich ... (Abg. Dr. Rasinger: Die haben jetzt sechs Mal mehr Geld zur Verfügung!)

Herr Kollege Rasinger! Dann sage ich Ihnen schon: Geld ist da! Es wird ja bezahlt von den Ländern, es sind Versicherungsverträge für die Krankenhäuser abgeschlossen worden und Ärzte haben Privatversicherungen. Also das heißt, es wird sehr viel Geld in diesen Bereich gesteckt. Und die Phantasie, das muss ich schon sagen, war wirklich nicht besonders groß, allerdings wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass man die Betroffenen, nämlich die Patienten, zur Kasse bittet. Man macht sich überhaupt keine Gedanken darüber, wer denn noch Mitverursacher ist, wer denn da noch mit dabei ist und noch mitverantwortlich gemacht werden könnte. Sie haben sich überhaupt nicht überlegt, die Pharmafirmen, die Erzeuger von medizinisch-technischen Geräten miteinzubinden und auch diese zur Kasse zu bitten. Das zieht sich schon wie ein roter Faden durch die letzte Sitzung des Gesundheitsausschusses.

In jedem Fall – und das ist das, was wir so besonders kritisieren – werden die Betroffenen, werden die Kranken, werden die Patienten oder der Steuerzahler zur Kasse gebeten, und die verursachende Wirtschaft, die Industrie, die Milliardengewinne macht – Sie wissen das ganz genau –, wird überhaupt nicht eingebunden. Und das gilt für alle Bereiche: Das gilt für den Hepatitis-C-Opferfonds, und das gilt eben auch für diese verschuldensunabhängige Patientenhaftung oder Medizinhaftung.

Kollege Grünewald hat das in seinem Beispiel mit dem Bahnkunden sehr plastisch dargestellt. Ich frage mich schon – und ich habe Sie das auch im Ausschuss gefragt –, Herr Staatssekretär: Muss jetzt unter Umständen vielleicht auch ein Fußgänger bezahlen, und an wen, und wie, und in welchen Fonds? – Immerhin könnte ihm ja auch auf der Straße, auf dem Gehsteig oder wo auch immer ein Unfall passieren, sei es, dass ihn jemand anfährt, oder sei es, dass ihm ein Dachziegel auf den Kopf fällt.

Sie wissen ganz genau, wie hier die Regelungen getroffen worden sind und ich denke, wir befinden uns mit solchen Ansätzen weiter auf dem Weg in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, die wir nicht wollen, gerade im Gesundheitsbereich nicht. Und deshalb appelliere ich an Sie, Herr Staatssekretär, und ich appelliere auch an Sie, Herr Kollege Rasinger, und an alle, die da Verantwortung tragen: Erhalten wir gemeinsam unser gutes Gesundheitssystem, so wie es der Gesundheitsbericht ausgewiesen hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Wir wollen es noch verbessern!)

19.07


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69. Sitzung / Seite 183

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte. (Abg. Dr. Rasinger: Mach es kurz, Pumberger!)

19.07

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Drei Oppositionsanträge liegen uns heute vor, und drei Anträge wurden im Ausschuss von den Regierungsparteien abgelehnt, nicht weil sie inhaltlich sehr, sehr schlecht gewesen wären, sondern weil die Regierung schneller gearbeitet hat, als die Opposition die Anträge stellen konnte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die verschuldensunabhängige Medizinhaftung wurde mit der verschuldensunabhängigen Patientenentschädigung praktisch erledigt. Das kann man beiseite legen. Die beiden Anträge zu den Hepatitis-C-Opfern – der eine von der nunmehrigen Stadträtin Pittermann und der andere vom Kollegen Grünewald – sind auch erledigt. Der Fonds ist bereits installiert, ich bin sehr froh über diese Schnelligkeit unserer Bundesregierung. "Speed kills" in dem Fall nicht, sondern "Speed wins"! Ich gratuliere, alles erledigt, wir können abschließen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Rasinger: Deine beste Rede bisher!)

19.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte.

19.09

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn jetzt über die Entschädigung für die betroffenen Opfer diskutiert wird, so kann dies nicht damit erledigt sein. Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsförderung müssen verstärkt umgesetzt werden. Herr Staatssekretär! Der Gesundheitsbericht 2000, der im Haus nicht diskutiert werden soll, ist aber ein Beweis dafür, wie wichtig die gesetzten Maßnahmen waren. (Abg. Steibl: Im Ausschuss ist er diskutiert worden!)

Ob Sie es hören wollen oder nicht, Frau Abgeordnete: 1998 wurde das Gesundheitsförderungsgesetz beschlossen, und es wurden 100 Millionen Schilling zusätzlich für die Gesundheitsvorsorge zur Verfügung gestellt. Dieses Geld wird für zukunftsorientierte Entwicklungen verwendet und vom Fonds "Gesundes Österreich" verwaltet. Durch diesen Fonds ist es aber auch möglich, Projekte und Programme für die Menschen einzureichen und umzusetzen. Im Jahre 1999 wurden 130 Programme umgesetzt. Zielgruppenschwerpunkte waren "Menschen am Arbeitsplatz" und "Frauen in speziellen Situationen", Themen waren zum Beispiel "psychische Belastung am Arbeitsplatz", "Stress im Beruf", "gesundheitsgerechte Karriere im Pflegeberuf", "Suchtgiftvorbeugung für Jugendliche" und so weiter.

Diese Maßnahmen, Herr Staatssekretär, haben sich natürlich schon positiv auf die arbeitenden Menschen ausgewirkt. Es hat sich auch bewahrheitet, dass mehr Vorsorgemedizin bessere Lebensqualität schafft. Es ist in diesem Zeitraum sogar gelungen, mit einer Förderung durch die EU ein Netzwerk für die Gesundheitsförderung im Betrieb zur Unterstützung der Arbeitgeber bei Maßnahmen der Gesundheitsförderung zu installieren, nämlich die Österreichische Kontaktstelle des Europäischen Netzwerkes für betriebliche Gesundheitsförderung.

Meine Damen und Herren! Festzustellen ist aber, dass die Leistung am Arbeitsplatz ständig steigt. Eine internationale Studie belegt auch, dass zur körperlichen Belastung psychische Belastungen wie Zeitdruck und Stress kommen. Wenn heute in "NEWS" zu lesen ist, dass der Herr Bundeskanzler vom Schweiger zum Provokateur wurde, so trifft dies genau auf die Ankündigung zu, die der Bundeskanzler am Tag der Arbeit machte, als er meinte, wenn die Menschen im Durchschnitt 85 Jahre alt würden, dann könnten sie auch bis 65 Jahre arbeiten. (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist falsch! So hat er das nicht gesagt! Er hat von den Pensionen gesprochen, Frau Kollegin!)

Diese Ankündigung des Bundeskanzlers, bis 65 zu arbeiten ohne Wenn und Aber, ist nicht nur zynisch und herzlos, sondern auch unverantwortlich, besonders all jenen gegenüber, die durch


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69. Sitzung / Seite 184

ihre jahrzehntelange schwere Arbeit schon mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch an dich gerichtet, Kollegin Steibl! (Abg. Steibl: Ja, bitte!) Ihr solltet euch einmal die Tätigkeiten ansehen, die ein Bauarbeiter, ein Schicht- und Schwerarbeiter tagtäglich leisten müssen. (Abg. Steibl: Es ist auch nicht davon gesprochen worden, dass alle bis 65 arbeiten sollen!) Zuerst müssen begleitende Maßnahmen während des gesamten Arbeitslebens gesetzt werden, damit die Beschäftigten auch die Chance haben, am Arbeitsplatz verbleiben und dann einigermaßen gesund in die Alterspension gehen zu können – und nicht wegen Krankheit. (Abg. Steibl: Wir müssen auch bei der Verfassung bleiben!)

Meine Damen und Herren! Schaffen Sie die Voraussetzungen im Gesundheitsbereich und setzen Sie dort fort, wo wir schon waren! Das ist im Gesundheitsbericht ja festzustellen. Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförderung müssen für die Beschäftigten im Vordergrund stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte. (Die aufgerufene Abgeordnete ist von der Worterteilung überrascht und versucht, möglichst rasch zum Rednerpult zu gelangen.)  – Sportlichkeit ist keine Schande, Frau Abgeordnete! (Heiterkeit.)

19.13

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich habe nicht damit gerechnet, schon jetzt dranzukommen. Auf meiner Liste war es anders – aber ich bin da.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Entschuldigen Sie! Ich sehe es gerade. Entweder war es mein Fehler oder es ist geändert worden: Es wäre tatsächlich Frau Abgeordnete Plank vorgesehen gewesen. Es tut mir Leid, wahrscheinlich war es mein Fehler. Wenn es zu Ihrer Sportlichkeit beiträgt, ist es mir trotzdem eine Freude.

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (fortsetzend): Hohes Haus! Gesundheitspolitik hat sehr viel mit Sicherheit, mit Kompetenz, mit Vertrauen und Verlässlichkeit zu tun. Angehörige von Kranken brauchen die Sicherheit einer optimalen Versorgung ihrer Nächsten, Patientinnen und Patienten brauchen das Vertrauen in die Ärztinnen und Ärzte und in das Pflegepersonal. Von den Ärztinnen und Ärzten wird Kompetenz erwartet, und ergänzend dazu bedarf es der Verlässlichkeit derer, die in Gesundheitsberufen tätig sind.

Dieses Zusammenspiel der Kräfte funktioniert ja gut, trotzdem, denke ich, kann, darf und muss es Verbesserungsvorschläge geben, damit Gesundheitspolitik für alle Beteiligten nicht nur gut, sondern noch besser umgesetzt werden kann. Der Antrag betreffend Einführung einer verschuldensunabhängigen Medizinhaftung ist so ein Vorschlag im Sinne der Patientinnen und Patienten. Ein Vorschlag für die Gruppe derer, die in Gesundheitsberufen tätig sind, war zum Beispiel der Antrag der Kollegin Pittermann, in dem weitere Reformen in diesen Berufen gefordert wurden.

Wenn man im Gesundheitsbericht nachliest, so ist ja vieles schon reformiert worden, doch die Frage ist: Warum soll es nicht noch besser werden? Warum wird es, seit Sie, meine Damen und Herren, in Regierungsverantwortung sind, immer schlechter? Warum wird verhindert? Und nicht nur das, meine Damen und Herren, es wird verschleppt, verschleiert, versäumt, vergessen, verborgen, verdreht, vernachlässigt, verzögert und verschlechtert. All diese Negativverben kennzeichnen Ihre Politik. Das ist traurig. Und das alles gegen kranke und gesunde Menschen, für nackte, kalte Zahlen. Haben Sie kein schlechtes Gewissen?

Der positive Gesundheitsbericht sollte nicht ins Plenum kommen, damit die Öffentlichkeit und somit die österreichische Bevölkerung nicht erfährt, dass Sie in kurzer Zeit, nämlich in nur 15 Monaten, das kaputt gemacht haben, was im Gesundheitsbereich jahrzehntelang kontinuierlich aufgebaut wurde.


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69. Sitzung / Seite 185

Ich bin davon überzeugt, dass Sie auch aus einem guten zweiten Grund verhindern wollten, dass dieser Bericht ins Plenum kommt und hier diskutiert wird. Auf Seite 14 wagen Sie einen Ausblick auf Ihre Gesundheitspolitik, indem Sie aus der Regierungserklärung vom 9. Februar 2000 unter dem ätzenden Titel "Neu regieren" Folgendes zitieren:

"Wir werden sicherstellen, dass es für alle Bürger den gleichen Zugang zu allen medizinischen Leistungen gibt."

Ich frage mich, ob das überhaupt das Papier wert ist, auf dem es geschrieben steht, wenn Sie in nur 15 Monaten ein hervorragendes Gesundheitssystem krank und kränker gemacht haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Für Sie sind nämlich nicht alle kranken Menschen gleich, meine Damen und Herren. Abgesehen vom tiefen Griff in die Brieftaschen, haben Sie den Menschen etwas weggenommen, was Sie ihnen nie mehr zurückgeben können, nämlich die Sicherheit und das Vertrauen in das österreichische Gesundheitswesen.

Aber auch jene, die im Gesundheitswesen arbeiten, glauben Ihren Bekenntnissen, die zu reinen Phrasen verkommen sind, schon lange nicht mehr. Wenn ich da etwa lese: "Taten zählen, nicht Worte", dann erinnere ich Sie daran, Herr Staatssekretär Waneck, dass Sie bis Ende Dezember 2000 zum Antrag Pittermann über die umfassende Reform der Gesundheitsberufe Taten setzen wollten. Es zählt beides nicht, weder Taten noch Worte, einzig und allein die Ablehnung in der Plenarsitzung im Februar haben Sie diesem Antrag zugebilligt, indem Sie gegen ihn gestimmt haben. Sie werden das auch mit den heute vorliegenden drei Anträgen tun.

Gesundheitspolitik liegt Ihnen nicht am Herzen. Sie wollen nichts verbessern, Sie wollen weiterhin Fehler machen, und die Menschen in diesem Land werden Sie abwählen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Mag. Plank zu Wort. (Abg. Dr. Pumberger: Wunsch ans Christkind! – Abg. Mag. Plank  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Abwarten! Abg. Schwarzenberger: Aber nachdem sie ungläubig sind, wird ihnen das Christkind auch das nicht bringen! – Abg. Dr. Pumberger: Die glauben nicht einmal ans Christkind!)

19.18

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Vor allem Herr Dr. Pumberger: Loben Sie die Geschwindigkeit dieser Regierung nicht allzu sehr, denken Sie an Ihre Chaosmaßnahmen: Pensionsreform, Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung. Seien Sie vorsichtig mit dem Lob für Geschwindigkeit! Wir stellen fest: "Speed kills" ist nach wie vor angesagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zu Beginn aus dem Gesundheitsbericht 2000 zitieren, den Sie ja nicht diskutieren wollten, weder im Ausschuss noch hier im Hohen Haus, der aber über weite Teile zeigt, welch verantwortungsbewusste Gesundheitspolitik unter Ministerin Hostasch gemacht wurde. Lassen Sie mich noch einmal sagen, dass das Einblick in die Befindlichkeit der Regierungsfraktionen gibt: Sie wollen diese Diskussion nicht, weil ihre Versäumnisse damit umso deutlicher auf dem Tisch wären.

Österreichs Gesundheitsausgaben betrugen laut OECD-Daten 8,2 Prozent im Jahr 1998. Wir liegen damit im Mittelfeld und nicht, wie Sie immer behaupten, exorbitant hoch. Hingegen bescheinigt uns die WHO eine sehr gute Note hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der – leider ehemaligen – Gesundheitspolitik. Wir sind auf dem 9. Platz von 191 WHO-Staaten. Ich glaube, dieser Bericht spricht eine deutliche Sprache, und darum wollen Sie das hier im Hause nicht hören.

Umso erstaunlicher war für mich die Diskussion im Gesundheitsausschuss, wo vor allem von den Regierungsparteien heftig polemisiert wurde, insbesondere auch gegen PatientInneninteressen. Ich zitiere: Krankenanstalten: Mit immer weniger Betten wird das Auslangen gefun


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69. Sitzung / Seite 186

den. Von 80 000 Betten ein Rückgang auf 74 000 Betten innerhalb von sechs Jahren. – Herr Dr. Pumberger hat im Ausschuss jedoch gesagt, die Zahl bei den stationären Aufnahmen steige.

Ja, das stimmt, Herr Dr. Pumberger, aber Sie haben die Statistik falsch interpretiert, denn Sie wissen ganz genau, dass hier auch die Nulltagespatienten dabei sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) So schaut Ihre Gesundheitspolitik auch aus, dass Sie das mehr interessiert. Sie wissen, warum die stationäre Aufnahme steigt, Sie wissen aber auch, dass die durchschnittliche Belagsdauer um ein Fünftel gesunken ist. Das wissen Sie doch wohl auch genau, Sie haben es nur vermieden, davon zu sprechen.

Das passt zu den Zitaten, die Herr Dr. Rasinger schon gebracht hat und die Sie, Herr Dr. Pumberger, im Ausschuss wiederholt haben: Die Österreicher wären Weltmeister im Krankenhaus-Liegen. Das ist Ihr Zugang zu den PatientInnen, zu den kranken Menschen.

Der Gesundheitsbericht besagt, dass ein Erfolg in der Kostenreduktion erreicht wurde, weil die Kosten von 9 Prozent im Jahre 1994 auf 2 beziehungsweise 3 Prozent in den Jahren 1997 und 1998 gesunken sind. Diese Zahlen wollen Sie nicht hören, weil Ihre neue Gesundheitspolitik, Ihre Reform auf Entsolidarisierung und auf Leistungsbeschränkung setzt.

Ich gehe davon aus, dass auch Sie die Briefe des Ärztekammerpräsidenten Pjeta kennen, der sagt, die Finanzierung der Gesundheitsversorgung solle solidarisch erfolgen. Die Beschränkung von Leistungen aus anderen als medizinischen Gründen ist keine Grundlage für ein vollwertiges Gesundheitssystem, Patientenrechte sind Grundrechte.

Herr Staatssekretär! Patientenrechte sind Grundrechte! Ich erinnere mich mit Unbehagen an die Diskussion zum vorliegenden Antrag von Dr. Grünewald, in der Sie gesagt haben, jeder, der meint, an ihm sei ein "Kunstfehler" – unter Anführungszeichen – passiert, kann doch zum Arzt gehen und kann das dem Arzt sagen.

Herr Staatssekretär! Das geht am Problem vorbei, denn das Problem ist ja, dass ein Patient selbstverständlich ohne Zivilprozessverfahren zu seinem Recht gelangen soll. Diesen Anspruch, der so einfach nachvollziehbar ist, stellen Sie mit diesen zynischen Bemerkungen und mit diesem Verhalten ganz einfach in Abrede. Sie verweigern in der Gesundheitspolitik, was selbstverständlich sein müsste: Patientenrechte sind Grundrechte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

19.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

19.23

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf mich zuerst noch einmal – ich habe es auch im Gesundheitsausschuss getan – dagegen verwahren, dass ich als "zynisch" bezeichnet werde. – Man kann mich mit vielen Titeln bezeichnen, aber sicherlich nicht als zynisch. Ich habe als Arzt mein ganzes Leben bisher den Patienten zur Verfügung gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich kann auch nichts dafür, dass Sie Interpretationen meiner Äußerungen vornehmen. Ich habe damals nichts anderes gesagt als dass, wenn ein Patient bei einem Arzt direkt in der Ordination zu Schaden kommt, es leichter für ihn ist, zu seinem Recht zu kommen, weil er mit dieser Einzelperson einen Behandlungsvertrag abgeschlossen hat und daher der betreffende Arzt genau namhaft gemacht werden kann. Dadurch sind für ihn die Möglichkeiten, zu seinem Recht zu kommen, einfacher, als wenn er im Spital einer anonymen Institution gegenübersteht, die aus Erfahrung heraus naturgemäß abblockt. Genau das ist auch der Grund dafür, dass wir die verschuldensunabhängige Patientenentschädigung ins Leben gerufen haben. Auch hier verweise ich wiederum darauf: Es geht um Umsetzungsqualität.


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Beim letzten Juristentag im November des vergangenen Jahres, bei dem ich mich unter die Juristen begeben habe und durchaus gewärtig sein musste, dass mir Vorwürfe in irgendeiner juristischen Hinsicht gemacht werden, wurde mir kein einziger Vorwurf gemacht. Im Gegenteil: Es wurde gesagt, 30 Jahre lang wurde darum gestritten, in acht Monaten wurde das jetzt realisiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich darf hierzu auch feststellen, dass einer der prominentesten Vertreter seitens der Opposition, Herr Professor Pickl, mit federführend war. Wir haben die Durchführungsbestimmungen Gott sei Dank noch zu seinen Lebzeiten erarbeitet, und ich kann Ihnen berichten, dass in der Konferenz der Gesundheitslandesräte vergangene Woche diese Durchführungsbestimmungen akzeptiert wurden. Wir haben gleichzeitig angeboten, eine Clearing- und Koordinationsstelle beim Bund einzurichten, um österreichweit gleiche Verhältnisse zu schaffen. Auch das ist, glaube ich, ein Zeichen von Ergebnisqualität. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben eine Anfrage hinsichtlich der gesetzlichen Umsetzung von Maßnahmen für die medizinischen Berufe gestellt. Auch hier darf ich Ihnen berichten: Das Ärztegesetz ist demnächst im Haus zur Beschlussfassung vorliegend, das Sanitätshilfegesetz ist praktisch durch – es hängt nur noch am Konsultationseinspruch von zwei Bundesländern, darunter Wien –, das Heilmasseurgesetz ist praktisch fertig, und die MTD- und MTF-Gesetze werden noch einmal mit den betroffenen Gruppierungen durchgegangen, um wirklich jene Dinge entsprechend zu behandeln, die erforderlich sind, damit auch dort hinsichtlich der Berufsausübung Klarheit herrscht. Wichtig ist vor allem der entsprechende Reformerfolg, denn viele dieser Gesetze sind seit 1961 unverändert und daher veraltet und hätten eigentlich schon längst reformiert gehört und nicht erst jetzt. Man hätte nicht so lange zuwarten müssen, bis jetzt diese Regierung die Sache in die Hand nimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Bravo, Reformregierung!)

Ich gebe zu, dass die österreichische Bevölkerung, vor allem die Patienten, Sicherheit, Kompetenz, Vertrauen und Verlässlichkeit erwarten. Sie erwarten aber auch Fach- und Sachkenntnis, und diese ist nicht gegeben, wenn man die Dunkelziffer möglicher Hepatitis-C-Infizierter in Gesamtösterreich darauf bezieht und gleichsetzt mit jener Gruppe, die jetzt durch den Hepatitis-C-Fonds entschädigt werden sollte. Die Dunkelziffer für Infektionen, wie sie aber auch bei Hepatitis A und Hepatitis B besteht, liegt bei 60 000 bis 100 000, die Zahl der Betroffenen liegt bei 50 000.

Ich darf Ihnen dazu berichten, dass einerseits mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 27. März der Fonds bewilligt und rechtskräftig wurde, dass mit 8. Mai Herr Ministerialrat Dr. Aigner vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen zum Fondskurator bestellt wurde und nunmehr die Fondsstatuten zu erarbeiten sind, sodass noch in diesem Jahr mit dem Beginn einer Auszahlung gerechnet werden kann. Ich verstehe nicht, warum in der Vergangenheit fünf Jahre lang diskutiert werden musste. Auch hier haben wir das innerhalb eines Jahres realisiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Wesentliche ist – das werden die Menschen in Österreich auch begreifen –: Es geht nicht darum, dass man Dinge vor sich herschiebt, sondern man muss sie lösen. Wenn kleine Fehler passieren, so kann man sie jederzeit korrigieren, denn es gibt nichts Gutes, außer man tut es. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

19.28

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt einiges an Eigenlob gehört, aber leider sind die Maßnahmen, die Sie treffen, zum Teil nur eine halbe Sache, zum Teil gehen sie sogar in die falsche Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)

Vorhin haben wir eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte mit dem Land Burgenland beschlossen. Das sind wichtige Erklärungen, aber wenn es konkret wird – und gerade


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bei diesen Anträgen geht es um konkrete Rechte –, dann zeigt sich, dass erst recht wieder die Kranken, die Opfer die Lasten selbst tragen müssen, dass aber diejenigen, die daran schuld sind, nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Es wundert mich daher nicht, dass der Gesundheitsbericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit kurz im Ausschuss abgehandelt werden sollte. Es hat eine Vereinbarung in der Präsidiale gegeben, über die Sie hinweggegangen sind. Das widerspricht natürlich dem Geist der Geschäftsordnung, und das widerspricht auch dem Recht der Bevölkerung auf Information. Aber wie gesagt, es wundert mich nicht, denn wenn man sich diesen Bericht ansieht, erkennt man, dass in vielen Bereichen von einer bewährten Politik abgegangen wird.

Ein Beispiel, bei dem sich das deutlich zeigt: die Drogenpolitik. Während der Bericht eine sehr positive Bilanz zieht, hören Sie mit Ihrer Politik damit auf, auf das bewährte Modell Vorbeugen vor Behandlung, Helfen statt Strafen, zu setzen. Sie haben durch die Novelle zum Suchtmittelgesetz und mit der Verordnung dazu erreicht, dass junge Menschen kriminalisiert werden. Sie gehen von dem bewährten Weg ab, und das ist eine wirklich negative Entwicklung. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade in Wien, das Sie immer so kritisieren, sieht man, wie gut die Primärprävention funktioniert. Die Straßensozialarbeit führt dazu, dass die Szene überschaubar und kontrolliert ist, dass ein Betreuungsverhältnis und auch ein Vertrauensverhältnis zwischen den Süchtigen und den Stellen der Stadt Wien und den medizinischen Einrichtungen entstanden ist. Auch die Substitutionsbehandlung in Wien ist vorbildlich. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Aber durch die Maßnahmen, die Sie in letzter Zeit getroffen haben, kommt es zu einer Änderung. Sie gefährden durch diese Maßnahmen das Vertrauensverhältnis, und das ist ein sehr bedenklicher Weg.

Meine Damen und Herren! Noch ganz kurz einige Worte zur Behandlung des Antrages betreffend den haftungsunabhängigen Schadenersatz. (Abg. Dr. Khol: Verschuldensunabhängig!) Auch da muss ich sagen, Sie machen zwar einen Schritt, aber ich frage mich: Wer zahlt dafür? – Das ist immer das Problem bei den Maßnahmen, die Sie setzen. Sie verlangen, dass die Opfer selbst die Kosten tragen, und das ist der falsche Weg. Wenn es hier um eine verschuldensunabhängige Entschädigung geht, dann ist das doch eine sehr positive Sache, eine viel positivere, als wenn zum Mittel des Strafrechtes gegriffen werden müsste. Das schafft auch viel mehr Vertrauen, und es bringt den Patienten mehr.

Wir wissen ja, wie schwer es ist, in einem ordentlichen Verfahren zu seinem Recht zu kommen; daher begrüße ich jede Maßnahme. Aber was ich nicht verstehe, ist, warum schon wieder die Patienten die Kosten tragen müssen. Das ist nicht der richtige Weg, und das ist leider typisch für diese Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

19.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen damit zur Abstimmung , die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 557 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 558 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die Mehrheit fest. Damit ist der Bericht angenommen.


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Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 559 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle ein weiteres Mal die Mehrheit fest und damit die Annahme des Berichtes.

8. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 59/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für den Naturschutz (397 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein. Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Hannes Bauer. Ich erteile es ihm.

19.34

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir alle einer Auffassung sind, wie wichtig Naturschutz insgesamt ist und wie wichtig es auch ist, die Frage "Natura 2000", die ja damit eng verbunden ist, zu diskutieren. Als einer, der das hautnah miterlebt hat – von der Nominierung war ich zwar noch nicht unmittelbar betroffen, jedoch dann von der Durchführung –, habe ich gesehen, wie wichtig es ist, fundamentalistische Ansätze zu überwinden. Dazu gehört sicher die Frage der Gegensätze, die ja in der Gesamtheit keine sind, sondern immer nur sehr partiell wahrgenommen werden, zum Beispiel in der Form, dass die Wirtschaft oder die Landwirtschaft Ängste vor dem Naturschutz haben. In Wirklichkeit wissen wir alle, dass wir diesen Naturschutz brauchen.

Wenn ich von dieser Überwindung der gegenseitigen Ängste spreche, dann deshalb, weil ich glaube, dass jeder irgendwie die Verpflichtung spürt, mehr für den Naturschutz zu tun und das Ganze in einer vernünftigen Symbiose aufzubauen.

Zum Zweiten: Seit dem Beitritt Österreichs zur EU im Jahre 1995 haben wir eine Verpflichtung übernommen, nämlich bestimmte Rechte der Europäischen Union umzusetzen, so zum Beispiel die Vogelschutzrichtlinie aus dem Jahr 1979 oder die FFH-Richtlinie aus dem Jahr 1992. Ich glaube, dass die Behandlung dieser Materie auch für den Bundesminister mit einer gewissen Schwierigkeit verbunden ist, weil natürlich die Länder als Naturschutzzuständige primär diese innerstaatlichen Rechte umzusetzen haben, das aber nicht immer so tun, wie es zu erwarten wäre.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Darüber hinaus ist es so, dass wir, da "Natura 2000" ohne entsprechende Richtlinien durchgeführt worden ist, sehr unterschiedliche Meldungen darüber vorgefunden haben. Zum Beispiel standen Ländern wie Niederösterreich mit einer Meldung von rund 32 Prozent der Landesoberfläche Länder mit einer Meldung von 1 bis 3 Prozent gegenüber, was letztlich nicht der Sinn der Sache ist. In Summe soll man etwa 10 bis 15 Prozent melden. Manche Länder haben sehr zaghaft gemeldet.

Wenn keine Koordinierung erfolgt, dann ist das tatsächlich eine Schwierigkeit auch für die Länder, weil sich die einen etwas zurücknehmen müssen, was sinnvollerweise zum Beispiel das Land Niederösterreich getan hat, das von rund 32 auf 17 Prozent zurückgegangen ist. Ich spreche jetzt die Alpingebiete nicht an; die Kontinentalgebiete werden noch überprüft. Das heißt, dass damit eine realistische Größenordnung ohne Qualitätsverlust an Naturschutz gesichert ist. Das ist auch wichtig, dass hier kein Qualitätsverlust eintreten darf.

Da andere Länder nur zögernd in die andere Richtung gehen, bedeutet das, dass Österreich in Summe relativ säumig ist. Wenn ich überlege, dass man rund 30 000 Betriebe als Betroffene bezeichnen kann, die eigentlich auch nicht ganz genau wissen, was diese Betroffenheit be


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deutet, so ist das sowohl ein Informationsmangel als auch, so meine ich, eine Frage sehr unterschiedlicher Zugänge.

Herr Bundesminister! Ich möchte dich konkret ansprechen, weil "Natura 2000" im November des Vorjahres behandelt wurde, aber bis heute diese Koordinierung der Länder nicht erfolgt ist. Ich glaube jedoch, dass verschiedene Vertragsverletzungsverfahren, die Österreich nun drohen, eine Strategie des Bundes notwendig machen, die ich allerdings nicht erkenne. Nun versucht die Europäische Union, bei Nichteinhaltung oder dann, wenn keine entsprechende Meldung erfolgt, eine gewisse Verknüpfung mit bestimmten Maßnahmen vorzunehmen, sei es, dass sie mit dem Aussetzen von Finanzmitteln droht oder auch damit, bestimmte Strukturen von Mitteln nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Das wäre gerade für die Ostregion und die grenznahen Gebiete ein besonders schmerzlicher Vorgang.

Herr Bundesminister! Ich meine daher einmal mehr, dass es notwendig ist – ich sage das auch als ehemaliger Landesvertreter –, den Naturschutz als Bundesverantwortung zu verankern. Wenngleich die grundsätzliche Kompetenz bei den Ländern verbleiben soll, heißt das nicht, dass der Bund seiner gesamtstaatlichen und vor allem seiner internationalen Aufgabe nicht gerecht werden soll. Das bedeutet für mich, dass wir uns wirklich davon wegentwickeln müssen, in der Verbindungsstelle der Länder in Wirklichkeit nichts anderes zu sehen als eine Briefträgerfunktion, nicht aber eine gestaltende Funktion. So meine ich, dass ein Bundesgesetz über Schutz und Pflege der Natur und Landschaft notwendig wäre, um entsprechende länderübergreifende Mindeststandards festzulegen und damit letztlich auch die Gesamtverantwortung gegenüber einer internationalen Gemeinschaft wahrnehmen zu können.

In diesem Sinne, Herr Bundesminister, sollten wir die Gespräche fortsetzen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Glawischnig vom Dezember 1999 hatte zum Ziel, dass Kompetenzen im Bereich des Naturschutzes teilweise von den Ländern zum Bund wandern. Zum Beispiel sollte eine Bundeskompetenz im Rahmen von "Natura 2000" geschaffen werden. Laut dem zweiten Punkt dieses Antrages sollte sich die Bundesregierung auch um die Finanzierung der Kosten für die Abwicklung der "Natura 2000"-Maßnahmen kümmern.

Frau Kollegin Glawischnig! Sie wissen, dass Naturschutz in Österreich Ländersache ist, und ich meine, dass das auch richtig ist, denn Naturschutz ist mit gutem Grund eine typische Regionalkompetenz, und das sollte er im Wesentlichen auch bleiben. Diese Tatsache war einer der Hauptgründe dafür, dass der Antrag der Kollegin Glawischnig im Ausschuss im Dezember des vorigen Jahres keine Mehrheit gefunden hat und abgelehnt wurde.

Richtigerweise wurde im Ausschuss dann ein Antrag der Regierungsparteien eingebracht, nach welchem die Länderkompetenzen nicht beschnitten werden, der aber auch die Kostenfrage für "Natura 2000" behandelt. Ein weiterer, sehr wesentlicher Punkt dieses Antrages, den ich sehr positiv sehe, besagt, dass in Zukunft im so genannten ÖPUL-Beirat auch die Landesnaturschutzbehörden vertreten sein sollen. Das ist gelebter Föderalismus und keine Beschneidung des Föderalismus!

Wenn man über "Natura 2000" spricht, dann muss man aber auch etwas über Niederösterreich sagen. Insbesondere möchte ich eine Bemerkung zu meinem Vorredner, Abgeordnetem Bauer, machen, der gemeint hat, dass er im Zusammenhang mit der Realisierung von "Natura 2000" in Niederösterreich teilweise fundamentalistische Ansätze erlebt hat. – Herr Kollege Bauer! Ich sehe das nicht so. Für mich und für uns ist es aber völlig unverständlich, wieso Niederösterreich gleich ein Drittel, nämlich fast 33 Prozent der Landesfläche als Schutzgebiet nach Brüssel


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gemeldet hat. Im Vergleich dazu hat Oberösterreich ganze 3 Prozent gemeldet. Dem Vernehmen nach hat man in Niederösterreich in diesem Zusammenhang schon das große Förderungsfüllhorn gesehen und aus diesem Grund die Meldung nach Brüssel derart übertrieben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Hannes Bauer. )

Allerdings bedeuten Maßnahmen im Rahmen von "Natura 2000" natürlich auch massive Bewirtschaftungsnachteile und Kosten für unsere Bauern und Gewerbetreibenden. Das muss auch klar sein! Daher sollte man in Niederösterreich diesen Fehler raschest korrigieren, damit nicht unsere Bauern und Gewerbetreibenden unnötig geschädigt und belastet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Naturschutz soll in erster Linie Ländersache bleiben. Wir werden daher nicht dem Antrag der Abgeordneten Glawischnig, sondern dem Antrag der Regierungsfraktionen zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

19.44

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Weinmeier! Es hat mich jetzt sehr "überrascht", dass Sie meinem Antrag nicht zustimmen werden.

Trotzdem möchte ich jetzt noch einmal die Problematik beschreiben, weil wir in diesem Zusammenhang sehenden Auges auf eine doch sehr teure Angelegenheit zusteuern. – Ich weiß nicht, ob Sie das mitverfolgt haben: Im Juli vergangenen Jahres gab es quasi einen Meilenstein in der europäischen Rechtsgeschichte, es wurde nämlich erstmals ein Mitgliedsland zu einer Geldstrafe wegen Nichtumsetzung von EU-Recht verurteilt. Für Beobachter war es auch nicht überraschend, dass es sich hiebei um Umweltrecht handelte: Griechenland wurde zu einer Zwangszahlung von 20 000 j pro Tag verurteilt, und das ist relativ viel Geld. 280 000 S pro Tag sind in Summe, hochgerechnet auf ein Jahr, 100 Millionen Schilling.

Ich habe nichts dagegen, dass die Bundesländer die Naturschutzkompetenz innehaben. Im Gegenteil: Das kann unter vielen Gesichtspunkten durchaus auch Sinn machen! Im Moment haben wir allerdings ein massives Problem. Es sind über 20 Verfahren anhängig, es gibt Horizontalbeschwerde gegen sage und schreibe 87 österreichische Rechtsmaterien bezüglich der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und 64 bezüglich der Vogelschutzrichtlinie. Wir haben da sehr wohl ein sehr großes Problem, und solange die Bundesländer weiterhin diesen Kurs steuern und es einfach nicht schaffen, einen EU-rechtskonformen Zustand herzustellen, ist es durchaus angebracht, darüber nachzudenken und zu diskutieren, ob man nicht eine Grundsatzgesetzgebung betreffend Naturschutz auf Bundesebene verankern und den Ländern die Ausführungsgesetze überlassen soll.

Wie gesagt: Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man Kompetenzen ausfüllt und den Verpflichtungen, die man international und EU-rechtlich hat, tatsächlich nachkommt. Wenn man aber jetzt auf ein solches "Mörderverfahren" vor dem Europäischen Gerichtshof mit unter Umständen sehr teuren Konsequenzen zusteuert, dann muss meiner Meinung auch eine Diskussion darüber stattfinden, was wirklich eine sinnvolle Regelung ist. Wir diskutieren jetzt über eine Aufgabenreformkommission, und es gibt große Untersuchungen dazu; die Antwort von Ihrer Seite, was man mit den Bundesländern in diesen anhängigen Verfahren macht, steht jedoch noch aus. Es werden nicht nur Rechtsmaterien nicht umgesetzt, sondern es gibt ständige Streitereien um Projekte, und das ist wiederum ein Beleg dafür, dass der Naturschutz vor allem in den Ländern nicht jenen Stellenwert hat, den er eigentlich haben sollte. (Beifall bei den Grünen.)

Dass wir wegen blöder Golfplätze, wegen Straßenprojekten oder wegen irgendwelcher kleinerer Pferdeparks wie der Welscher Halten jedes Mal mit der Europäischen Union in Konflikt


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kommen, das ist wirklich ein Armutszeugnis für den Stellenwert, den Naturschutzpolitik in den Bundesländern hat! (Beifall bei den Grünen.)

Das Pikante an der ganzen Sache ist, dass nicht die Bundesländer dazu verpflichtet werden, Zahlungen zu leisten, wenn es zu einer Verurteilung kommen sollte, sondern der Bund, die Republik Österreich! Deswegen bitte ich noch einmal darum, sich zu bemühen, eine ernsthafte Antwort auf dieses Problem, auf das wir zusteuern, zu finden, und nicht nur zu sagen, dass das eben Landeskompetenz ist und in alle Ewigkeit so bleiben soll.

Zum Zweiten: Die ganze "Natura 2000"-Problematik ist ein typisches Beispiel für widerstreitende Interessen, für welche man einen Ausgleich finden muss. Das Vorgehen der Europäischen Union, das fehlende Funktionieren und die mangelnde Umsetzung mit weiteren Geldfragen zu verknüpfen, halte ich für eine sehr gute und effiziente Lösung. Wie es in der Vergangenheit gelaufen ist, dass man quer durch Europa alle Mitgliedstaaten dazu zwingen muss, Richtlinien, die teilweise schon 25 Jahre alt sind, umzusetzen, das geht mittelfristig einfach nicht mehr! Wir sind nämlich im Naturschutzbereich mit Fragen konfrontiert, die über eine nationale Beurteilung hinausgehen.

Wenn man sich vor Augen führt, dass alle 20 Minuten eine wild lebende Tier- und Pflanzenart für immer von diesem Planeten verschwindet, dann denke ich, dass das keine so unernste Angelegenheit ist, die man auf die lange Bank schieben und sagen kann, dass Naturschutz auf keinen Fall auf Kosten unserer Wirtschaft und unserer Landwirtschaft gehen darf. Diesbezüglich tragen wir große Verantwortung für kommende Generationen, gerade im Hinblick auf unsere alpinen Regionen mit deren unglaublichen Reichtum sowie auch auf unsere pannonischen Klimazonen. Daher meine ich, dass eine ernsthafte Umsetzung von Naturschutzrecht keine Frage von Interessenausgleich ist. Vielmehr gibt es in diesem Zusammenhang nur eine einzige Priorität, um diesen großen Herausforderungen in adäquater Weise zu begegnen: Der Naturschutz muss in den nächsten Jahren absolut vorrangig sein! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

19.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

19.49

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Glawischnig, ich finde es nicht sehr zielführend, wenn Sie sich speziell im Naturschutz nicht auf die sachliche, sondern auf die polemische Ebene begeben. Es ist einfach nicht sachlich, von Beschwerden über Österreich ausgehend gleich den Schritt zu Verurteilungen von Griechenland zu machen. Das kann doch nicht der Weg sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das bedarf einer sachlichen Diskussion und keiner Hysterie. (Abg. Dr. Glawischnig: Es laufen zwei Verfahren vor dem EuGH!) Ja! Aber es gibt keine Verurteilungen! Eine Anschuldigung bedeutet noch lange keine Verurteilung, und wir brauchen eine sachliche Diskussion!

Geschätzte Damen und Herren! Seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 besteht für Österreich auch die Verpflichtung zur Umsetzung der Naturschutzrichtlinien der EU. Grundlage für "Natura 2000" sind die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie. Beide sind in den EU-Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2004 national umzusetzen, indem die wichtigsten Gebiete als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden. Diese Flächen bilden dann das Netzwerk "Natura 2000".

Österreich hat bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht weniger als 160 Gebiete – das sind 16 Prozent des Staatsgebietes – als "Natura 2000"-Flächen genannt und zählt somit zu einem der ambitioniertesten Länder in der EU. Laut österreichischer Bundes-Verfassung liegen alle Angelegenheiten des Naturschutzes in Gesetzgebung und Vollzug im Kompetenzbereich der Bundesländer: Auf Grund des föderalen Aufbaus Österreichs und der unterschiedlichsten ökologischen Strukturen Österreichs sehe ich diese derzeitige Kompetenzlage als in hohem Maße gerechtfertigt an.


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Dass die Wogen in manchen ländlichen Gebieten in Bezug auf die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie hoch gegangen sind, ist darin begründet, dass in der Vergangenheit nicht konkret gesagt wurde, wie die unbestimmten Begriffe "Verschlechterungsverbot" und "Verträglichkeitsprüfung" tatsächlich zu verstehen sind. Weiters ist zu bemängeln, dass in der Vergangenheit Entscheidungen im Naturschutzbereich von politisch Verantwortlichen am grünen Tisch getroffen wurden und es erst auf Grund massiven politischen Drucks von Seiten der Betroffenen zu einem Dialog und zu Gesprächen gekommen ist, die eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Lösung des Problems sind.

Gerade von diesem Blickwinkel her ist es absolut nicht sinnvoll, Lösungen auf Bundesebene zu suchen. Vielmehr muss man erkennen, dass die in hohem Maße unterschiedlichen Naturräume nur individuell mit den Betroffenen bewertet werden können. Regionale Dialogplattformen sind daher die einzige Antwort!

Moderner Naturschutz verlangt eine Abkehr vom rein ordnungspolitischen Verbotsnaturschutz. Eine sinnvolle Antwort darauf ist eine Stärkung des Kooperationsprinzips. Naturschutz wird in Zukunft nur dann erfolgreich sein, wenn die betroffene Landbevölkerung von Anbeginn mit eingebunden ist.

Österreich hat bereits in den vergangenen Jahren mit seinen ÖPUL-Programmen, die europaweit als beispielhaft gelten, gezeigt, dass die Erhaltung unserer natürlichen ländlichen Lebensräume oberste Priorität genießt. Besonders erwähnt werden muss, dass Österreich über 30 Naturparks verfügt, die über 3 Prozent des Staatsgebiets ausmachen.

In Bezug auf nationale Förderung des Naturschutzes weise ich darauf hin, dass sowohl das Programm für die ländliche Entwicklung als auch das Umweltprogramm ÖPUL für den Naturschutz geöffnet werden, und es ist unser Anliegen, dass auf Grund nationaler Förderungen Gelder von der Europäischen Union als Kofinanzierung zur Verfügung gestellt werden und wir diese im vollen Umfang ausschöpfen können.

Zusammenfassend und abschließend muss festgestellt werden, dass Naturschutz für alle sehr bedeutsam ist, dass dieser aber nur im Einklang mit der Natur und den betroffenen Menschen umgesetzt werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

19.54

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Naturschutz ist in Österreich eine Angelegenheit der Länder. Das wurde heute schon mehrmals erwähnt. Es gibt neun verschiedene Landesgesetze und kein einheitliches Bundesnaturschutzgesetz. Die Bundesregierung ist säumig, eine einheitliche bundesweite Lösung oder Regelung einzuführen; dasselbe gilt auch für den Tierschutz. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, ein gesamteuropäisches Netzwerk der wichtigsten Naturschutzgebiete Europas einzurichten, um langfristig Tier- und Pflanzenarten zu schützen. "Natura 2000" heißt dieses Programm, mit dem Flora, Fauna und schützenswerte Lebensräume erhalten werden sollen. Es soll ein Netzwerk an Schutzgebieten in ganz Europa entstehen, es sollen jedoch keine neuen Naturschutzgebiete geschaffen werden, in denen jegliche Tätigkeit des Menschen untersagt ist. Vielmehr könnte es in den ausgewiesenen Schutzgebieten auch erforderlich sein, dass bestimmte Tätigkeiten des Menschen beibehalten oder sogar gefördert werden.

Besonders zu begrüßen ist das Ziel der harmonischen Koexistenz zwischen Wirtschaft und Naturschutz. Es soll ein Interessenausgleich zwischen Wirtschaft und dem Naturschutz stattfinden, was ich persönlich auch für sehr sinnvoll halte, denn erstens ist eine florierende Wirtschaft langfristig nur auf einer intakten ökologischen Grundlage möglich und zweitens sind Investitionen in den Umwelt- und Naturschutz bei wirtschaftlichem Wohlstand leichter finanzierbar.


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Angesprochen sind in diesem Zusammenhang die Bundesländer, da Naturschutz, wie schon erwähnt, Ländersache ist, und damit bin ich schon bei dem Thema, das mir sehr am Herzen liegt. – Jeder, der täglich bei uns im Burgenland auf der B 50, auf der Bundesstraße zwischen Neusiedl am See und Eisenstadt, unterwegs ist, kennt das Horrorszenario, welches ihn dort erwartet: Täglich durchfahren 13 000 Fahrzeuge den Bereich von Schützen am Gebirge, und der LKW-Anteil beträgt 9 Prozent. Dabei handelt es sich nicht um Transit-LKW, sondern um hausgemachten Verkehr. Diese Fahrzeuge donnern durch die engen Ortsstraßen nach Eisenstadt zur Anbindung der Autobahn nach Wiener Neustadt und Graz. Diesbezüglich muss rasch etwas geschehen, denn in erster Linie steht für uns Sozialdemokraten der Mensch im Mittelpunkt und Vordergrund! (Abg. Auer: Da schau her!) Das war schon immer so! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun scheint aber eine Lösung in Sicht zu sein. Gestern wurde unter Einbeziehung aller betroffenen Gemeinden, auch jener, die nicht direkt an der Bundesstraße liegen, aber hottermäßig davon berührt sind, eine Trassenvariante erarbeitet. Es war dies ein konstruktives Gespräch, und in der Folge ist man zuversichtlich, dass es zu einer Lösung kommen wird. Es wurde eine Neun-Punkte-Liste erstellt und diesbezüglich bei den Ortschefs Übereinstimmung erzielt. Und auch der öffentliche Verkehr – Bahn und Bus – soll attraktiver gestaltet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die Begleitwege für den landwirtschaftlichen Verkehr müssen ausgebaut werden und werden auch ausgebaut. Derzeit liegen sechs Trassenvarianten auf dem Tisch, und dies unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studie "Verkehr und sensible Gebiete". Wir im Burgenland sind zuversichtlich, dass es nach einem Beschluss der Burgenländischen Landesregierung und einer im Herbst stattfindenden Volksbefragung zu einer Lösung kommen muss und kommen wird, denn dort muss wirklich etwas geschehen.

Auch hier wird man beweisen, dass die Bedürfnisse der Menschen und der Umweltschutz in Einklang zu bringen sind. Dabei kommt mir in Erinnerung, dass vor 20 Jahren, als die A 4, die Ost Autobahn, gebaut wurde, um die Trasse ebenfalls hart gekämpft werden musste und hart gekämpft wurde. Heute kann man sich gar nicht mehr vorstellen, ohne diese Ost Autobahn auszukommen! Aber auch beim Bau dieser Straße wurde dem Umweltschutz in Form von Grünbrücken und vielem anderem mehr Rechnung getragen.

Das muss und wird uns auch bei der Trassenführung der B 50 gelingen, und somit wird auch auf die Anforderungen von "Natura 2000" Rücksicht genommen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. – Bitte.

19.59

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheitlichen sowie die gesamte Bundesregierung bekennen sich zum umfassenden Naturschutz: Zahlreiche Nationalparks, Naturparks und intakte Natur- und Kulturlandschaften sind der Beweis dafür.

Im Rahmen des ÖPUL-Programms und des Programms für ländliche Entwicklung werden zahlreiche Initiativen zum Schutz der Natur umgesetzt. In diesem Programm ist man bestrebt, sich nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit zu orientieren. Es geht dabei darum, Wege zu finden, die ökologisch sinnvoll, sozial verträglich und wirtschaftlich tragfähig sind. Solche Entwicklungen sind nur dann dauerhaft und erfolgreich, wenn sie von allen Beteiligten getragen und gemeinsam als Ziele erkannt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es kann und darf aber nicht sein, dass über die Köpfe der Menschen hinweg Entscheidungen gefällt werden, die wesentliche Nutzungseinschränkungen und Wertverluste bringen. Durch ein solches Vorgehen erweist man dem Naturschutz keinen guten Dienst! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Auer: So ist es!)


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An die Adresse von SPÖ und Grünen: Übertreiben Sie nicht das so genannte Gute, denn dann erreichen Sie das Gegenteil! Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen: Ich bin Betreiber des ersten Windparks in Österreich. Gemeinsam mit Eberschwang haben wir versucht, die Grundlagen dafür zu schaffen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. ) Wissen Sie, welche Abteilung als einzige dagegen war? – Die Naturschutzabteilung war dagegen! Es handle sich um "erhöhten Landschaftsverbrauch", hieß es, und das habe ich nicht verstanden.

Sie sehen, was hier los ist. Es gilt ein Spannungsfeld aufzulösen, und das geht nur gemeinsam. Es sind daher Wege anzustreben, die alle Beteiligten zu Gewinnern machen und national und regional angepasst sind. Ein sehr erfolgreiches Projekt ist in meinen Augen der so genannte Vertragsnaturschutz. Artikel 16 der EU-Verordnung eröffnet entsprechende Möglichkeiten, intakte Naturräume bei nachhaltiger Bewirtschaftung und vernünftiger Bewirtschaftung wirklich dauerhaft zu bewahren.

Österreich ist in vielen Bereichen des Naturschutzes Vorreiter in Europa. Neben den vielen bereits genannten Maßnahmen bekennen wir uns auch zur Umsetzung des Projektes "Natura 2000". Grundsätzlich fällt diese Materie in den Kompetenzbereich der Länder. Seitens des Bundes sind wir jedoch bereit, das bestehende österreichische Programm für ländliche Entwicklung und insbesondere das ÖPUL-Programm auf die Möglichkeiten zur Finanzierung von Maßnahmen zu überprüfen. Der ÖPUL-Evaluierungsbeirat wird sich damit befassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass wir, um einer dauerhaften und nachhaltigen Entwicklung zum Durchbruch zu verhelfen, in Österreich einen Rat für Nachhaltigkeit einrichten müssen, der nicht nur dokumentiert und informiert, sondern der sich über die Ministerien hinweg mit allen relevanten Zukunftsfragen beschäftigt und eine Nachhaltigkeitsstrategie für Österreich entwickelt, der Chancen und Risken von Entwicklungen erkennt, politische Entscheidungen evaluiert und Visionen für eine zukunftsfähige Entwicklung Österreichs und zukunftsfähige Lebensstile der österreichischen Bevölkerung im Sinne dieser Nachhaltigkeit formuliert. Es geht darum, dauerhaft die Lebensqualität der Menschen zu sichern. Natur, Mensch und Technik sollen dabei nicht im Gegensatz sein. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

20.03

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Jahren wird nun dieses Projekt "Natura 2000" diskutiert. Bis heute, möchte ich sagen, tritt man jedoch auf der Stelle. Die Idee, die dahinter steckt, ist meines Erachtens ausgezeichnet und gut und wäre auch für Österreich sinnvoll. Allerdings schaut es bei der Umsetzung dieses Projektes ein bisschen düster aus. (Abg. Auer: Es wurde dilettantisch vorgegangen!) Und da kann man auch mit Kritik nicht sparen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, lieber Kollege Auer!

Kein einziger Umweltminister seit 1995 – diese Kritik sei mir erlaubt – hat es geschafft, diese zwei wichtigen EU-Richtlinien tatsächlich umzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Auer. ) Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Fast sieben Jahre sind vergangen, und nichts beziehungsweise sehr wenig ist geschehen. Österreich ist säumig – das wurde heute schon etliche Male festgestellt –, und wir werden auch von der EU dafür kritisiert. Die Kommission überlegt sogar, den Geldhahn beim Strukturfonds, dort, wo die Mittel fließen sollen, ein bisschen zuzudrehen.

Natürlich ist diese beschämende Situation nicht nur auf eine, sondern auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Eine dieser Ursachen wurde heute schon angesprochen, nämlich die unterschiedliche Landesgesetzgebung. Wir haben neun verschiedene Naturschutzgesetze und neun verschiedene Landesjagdgesetze. In einer solchen Situation kann man nie auf einen grünen Zweig kommen, denn die Interessen der einzelnen Länder, die mitbestimmen, sind einfach zu unterschiedlich.


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Wenn man sich etwa die Nominierungen der einzelnen Bundesländer anschaut, dann kann man ein bisschen die Wertigkeit feststellen: Welchen Stellenwert hat Naturschutz in einem Bundesland? – Ich weiß, dass Niederösterreich mit 32 Prozent vielleicht ein bisschen über das Ziel geschossen hat. Nunmehr sind es 17 Prozent. Dass es in Oberösterreich aber nur 3,4 Prozent sind, ist allerdings, ehrlich gesagt, lieber Jakob Auer, doch ein bisschen beschämend! Wenn man Oberösterreich mit seinem Weltkulturerbe und seinen Schönheiten kennt, dann muss man in Anbetracht der 3 Prozent sagen, dass sich die Wirtschaft offenbar massiv durchgesetzt hat, und dafür schäme ich mich, ehrlich gesagt, schon ein bisschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gibt aber auch Beispiele, an welchen wir uns meiner Meinung nach etwas abschauen könnten. Das würde ich als konstruktiven Beitrag werten. Ich denke etwa an die Schweiz oder an Deutschland. Diese Länder haben zwei Dinge gemeinsam: Sie haben ein Naturschutzgesetz, das in Bundeskompetenz ist, und sie haben ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung. – Das sind Voraussetzungen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, die wir in Österreich nicht haben, und das ist schade!

Herr Bundesminister! Abschließend möchte ich sagen: Wir beziehungsweise Sie brauchen das Rad nicht neu zu erfinden. Schauen Sie hinüber zu den Nachbarn, die zeigen es uns ohnehin, wie es geht! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

20.07

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Wimmer, da du gemeint hast, dass es beschämend für Oberösterreich sei, dass man nur 3 und ein bisschen Prozent gemeldet hätte und dass das quasi kein gutes Zeugnis sei, dann möchte ich sagen: Du weißt genau, wer in Oberösterreich Naturschutzreferent ist beziehungsweise war! Meine Damen und Herren! Ich sage ausdrücklich dazu: Da sitzt eine aus früheren Zeiten!

Meine Damen und Herren! Ich bekenne mich zum Naturschutz, aber die Vorgangsweise, wie sie in manchen Bundesländern gewählt wurde – auch unter Ihrer Naturschutz-Oberhoheit, meine Damen und Herren – ist abzulehnen! Naturschutz kann nur in gemeinsamer Vorgangsweise zwischen den Betroffenen und den Naturschützern erfolgen. Ein Dialogverfahren wäre wünschenswert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Zweiten: Nicht die Prozentsätze eines Bundeslandes sind entscheidend. Entscheidend sind vielmehr schützenswerte Gebiete von nationaler oder internationaler Bedeutung, ob nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie oder der Vogelschutzrichtlinie. Ich stelle klar, meine Damen und Herren: Wenn Naturschutz eine Chance haben soll – und ich glaube, er sollte sie haben –, geht das nicht nach der Nachbar-Enteignungs-Methode! Das wollte ich noch einmal klarstellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Es ist bemerkenswert, wenn gewisse Naturschutzreferenten Gebiete nach Brüssel melden, aber nicht wissen, welche Auswirkungen, Belastungen und Verbote es gibt und was der Einzelne, der Hausbesitzer, der Grundbesitzer oder der Gewerbetreibende, noch tun kann und darf beziehungsweise welche Entwicklungschancen eine einzelne Gemeinde noch hat, die mit 40 Prozent der Gemeindefläche von einer Naturschutzreferentin beglückt wird! (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )

Sie werden den Tag noch erleben, Frau Kollegin Prammer, an dem Sie 230 Einfamilienhausbesitzern meiner Gemeinde erklären müssen, warum Sie dieses Gebiet als offensichtlich von nationaler Bedeutung gemeldet haben! Da sind auch Ihre Parteifreunde dabei. Sie können die Resolutionen lesen, meine Damen und Herren!

Meine Damen und Herren! Daher ist auch die Frage zu stellen: Was erhält der einzelne Grundbesitzer beziehungsweise die einzelne Kommune für einen Ausgleich, wenn sie im Sinne


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aller die Lasten zu tragen hat? Und es ist auch bemerkenswert, wenn man im Zusammenhang mit Naturschutz jetzt plötzlich ein schützenswertes Gebiet dort entdeckt, wo eine bestehende Schottergrube mit gewaltigen Tagesleistungen betrieben wird. Das ist jetzt plötzlich ein schützenswertes Gebiet! – Na ich gratuliere dazu!

Dann frage ich aber: Was soll der Naturschutz, der immer meint, man darf nichts verändern? – Ich meine, Naturschutz kann sich nicht statisch festkrallen, sondern muss sich dynamisch entwickeln, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das muss mit Überzeugung und gemeinsamen Anstrengungen geschehen, damit es sozusagen die Betroffenen auch mit dem Herzen mittragen, aber das darf nicht mit Ostblock-Methoden geschehen, denn damit hat der Naturschutz keine Zukunft, Frau Kollegin Prammer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puttinger: Das wird sie nie verstehen!)

20.10


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69. Sitzung / Seite 198

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Als Nächster spricht Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte.

20.10

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsache ist, dass wir eine Verpflichtung im Bereich des Naturschutzes haben. Aus meiner Sicht ist nicht relevant, wer in Österreich die Kompetenz hat, sondern die Relevanz besteht wohl darin, dass es eine gesamtstaatliche Verpflichtung dazu gibt.

Aber es ist klug, dass wir in Österreich die Naturschutz-Gesetzgebung auf Bundesländerebene geregelt haben. Gerade die aktuelle Diskussion stellt sich doch so dar, dass in jedem Bundesland, in jeder Region unterschiedliche Ansprüche und Anforderungen gegeben sind, die auch unterschiedlich beachtet und berücksichtigt werden müssen.

Es ehrt mich zwar, welches Vertrauen Sie in die Bundes-Umweltpolitik haben und dass Sie alles "verbundlichen" wollen. Aber ich halte das für nicht gut. Ich sage Ihnen ganz offen, das schadet dem Gedanken des Naturschutzes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens hat die "Natura-2000"-Erfahrung der letzten fünf Jahre meiner Ansicht nach klar zum Ausdruck gebracht, dass es überall dort, wo mit den Menschen geredet wird, letztendlich zu guten Lösungen kommt. Aber überall dort, wo irgendjemand drüberfährt, stellen die Menschen die Haare, Borsten und Stacheln auf, und damit entsteht ein Problem, das niemanden weiterbringt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Drittens stehe ich daher klar zum Prinzip des Vertrags-Naturschutzes, der auf Ebene der Bundesländer umzusetzen ist. Der Bund wird sich aber aus seiner Verpflichtung nicht davonstehlen, meine Damen und Herren. Er hat das nicht getan und wird es auch in Zukunft nicht tun.

Meine Damen und Herren! Unser Nationalpark-Engagement ist meiner Ansicht nach vorbildlich. Wir sind letztendlich auch im Bereich "Natura 2000" im Rahmen der Koordinationsaufgaben gefordert. Ich denke, etwa bei der Umsetzung der Managementpläne werden wir unsere Koordinationsfunktion wahrnehmen. Wir haben dort gehandelt, wo wir die Möglichkeit haben, etwa mit dem Umwelt-Bundesprogramm.

Frau Abgeordnete Glawischnig! Es ist richtig, dass wir bei einer Reihe von Landesgesetzen – Jagdgesetz, Forstgesetz und auch Naturschutzgesetz – Vertragsverletzungsverfahren haben. Deswegen steht der Bund in intensivem Kontakt mit den Ländern und der Europäischen Union, damit wir zu einem vernünftigen Ergebnis kommen, das einerseits den EU-Verpflichtungen – zu deren Einhaltung sich selbstverständlich auch die Bundesländer verpflichtet haben – entspricht, andererseits aber auch dem, was hier von allen gesagt worden ist, gerecht wird, nämlich dass wir eine "Natura-2000"-Lösung auf allen Ebenen finden, die von den Menschen, den Regionen und den Gemeinden mitgetragen wird. Nur dem wird wirklich Erfolg beschieden sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Prammer zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.13

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Auer hat hier, an dieser Stelle, etwas Falsches festgestellt, nämlich dass in Oberösterreich die Naturschutzreferenten des Landes im Zusammenhang mit "Natura 2000" Gebiete enteignet hätten.

Ich stelle richtig, dass dies nicht der Fall war. Tatsächlich war es immer sehr, sehr schwierig, die Gebiete überhaupt auszuweisen.

Herr Abgeordneter Auer! Sie wissen, in welchem Zusammenhang jenes Gebiet geschaffen wurde, das Sie hier im Auge haben. Das geschah im Zusammenhang mit Lambach. Hätten wir das so gemacht, wie Sie es hier vorgeschlagen haben (Abg. Auer: Das ist keine Berichtigung!), dann hätten wir bis heute nicht ein einziges ausgewiesenes "Natura-2000"-Gebiet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig. )

20.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 397 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 397 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, das ist abermals die Mehrheit und damit angenommen. (E 83.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 232/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Verbot des Ferntransportes von lebenden Tieren (571 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir kommen jetzt zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. Ich erteile es ihr.

20.16

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich freue mich darüber, dass hier im Parlament zum Thema Ferntiertransporte ein Konsens zwischen allen Parteien erzielt werden konnte. Das ist ein weiterer Schritt, um die subventionierte Tierquälerei der Lebendtiertransporte im großen Stil endlich abzustellen.

Der Entschließungsantrag, den wir heute beschließen, ist natürlich ein Kompromiss. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Der ursprüngliche Antrag war wesentlich weitreichender, und wir hätten ihn natürlich vollinhaltlich unterstützt. Aber im Hinblick darauf, dass dies jetzt ein Schritt zu einem gemeinsamen Vorgehen im Bereich des Tierschutzes ist, gehen wir diesen Weg des Kompromisses natürlich gerne mit.


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Herr Bundesminister! So wichtig es ist, das Karren der Tiere quer durch Europa einheitlich abzustellen oder zumindest Verbesserungen durchzusetzen (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fasslabend gibt neuerlich das Glockenzeichen), und so wichtig es ist, die finanziellen Anreize dazu, nämlich die Förderung der Lebendtiertransporte, abzustellen – denn das ist eigentlich das Corpus Delicti, das wissen wir –, so wichtig ist es aber auch, den Tierschutz in Österreich endlich einheitlich zu regeln, und zwar durch ein Bundestierschutzgesetz. (Beifall bei der SPÖ.)

Die unterschiedlichen Länderregelungen sind weder zeitgemäß noch sinnvoll, das wissen wir inzwischen. Es ist natürlich leichter – das ist auch eine Strategie der ÖVP –, immer zu sagen, was die EU tun soll oder tun muss, wenn es gerade opportun ist, zu argumentieren, dass man gegen Verbesserungen im eigenen Land ist – und da insbesondere im Landwirtschaftsbereich und im Bereich des Tierschutzes –, als im eigenen Land für Ordnung zu sorgen und eine bundeseinheitliche Regelung im Tierschutz endlich nicht länger zu blockieren.

Die Ländergesetze sind nämlich nicht in Ordnung. Jahrelang wischen Sie, Herr Bundesminister, und die ÖVP dieses Problem vom Tisch und ignorieren jegliches Bemühen unsererseits, eine Verbesserung für die österreichischen Tiere zu erreichen. Sie sind nicht sehr glaubwürdig, Herr Bundesminister, wenn Sie sich als Anwalt für Verbesserungen im EU-Tiertransport einsetzen, gleichzeitig aber in Österreich die einheitliche Tierschutzregelung verhindern.

Ein hoher Standard in Österreich hat auch eine Signalwirkung in der EU. Ich darf daran erinnern, dass der frühere Verkehrsminister Klima mit dem strengen österreichischen Tiertransportgesetz seinerzeit der EU eine hohe Vorgabe gegeben hat. Österreich konnte sehr wohl ein Qualitätssignal setzen, das die EU zwar nicht vollinhaltlich übernommen hat, das aber wesentlich zur Verbesserung der Transportbedingungen für Tiere beigetragen hat.

Damals hat man Österreich in der EU noch sehr ernst genommen. Herr Bundesminister, bei allem Respekt: Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen müssen erst beweisen, dass Ihr Wort in der EU gehört wird. Wir werden sehen, was aus unserem Vier-Parteien-Antrag letztlich werden wird.

Für das Bundestierschutzgesetz sehe ich durchaus Licht am Ende des Tunnels – wenn ich optimistisch bin. Und ich bin optimistisch, wenn ich eine APA-Meldung vom 9. Mai 2001 von Präsidenten Prinzhorn lese. Darin steht, dass er bundeseinheitlich etwa den Tierschutz regeln will. – Meine Frage dazu lautet: Ist das wieder nur eine Sprechblase, oder ist die ÖVP der FPÖ im Wort, und schwenkt sie endlich ein?

Meine Damen und Herren! Am Mittwoch nächster Woche wird im Unterausschuss das Geheimnis gelüftet werden. Dort wird sich zeigen, was die Regierung vorhat. – Man darf gespannt sein. (Beifall bei der SPÖ.)

20.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Achatz. – Bitte.

20.20

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Parfuss, klar ist: Es gibt ein bundeseinheitliches Tiertransportgesetz in Österreich. So schlecht ist es nicht, wie Sie es hier darstellen. Das ist ein Faktum, dass es ein bundeseinheitliches Tiertransportgesetz gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Parfuss, ich gebe Ihnen aber darin Recht, dass es in manchen Bereichen zu einer Vereinheitlichung kommen muss, weil das auch kostengünstiger und sinnvoll ist. Aber diese uneinheitlichen Landesverordnungen – neun Bauordnungen, neun Naturschutzgesetze oder -verordnungen, neun Tierschutzgesetze –: Bitte, das haben Sie uns hinterlassen! (Abg. Parfuss: Nein!) Selbstverständlich, das war die SPÖ in der Koalition mit der ÖVP! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das haben wir geerbt. Über Nacht können wir es nicht ändern, aber wir sind auf dem besten Weg dazu, auch im Zuge der Verwaltungsreform. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Aber jetzt zu diesem Tiertransportgesetz beziehungsweise zu den Tiertransporten. – Ich gebe Ihnen auch darin Recht, und ich glaube, da sind alle in diesem Haus einer Meinung: 32 Millionen Tiere werden jährlich durch die Europäische Union gekarrt. 32 Millionen Tiere über Hunderte, Tausende Kilometer, hoch subventioniert – das ist ruinös! Es ist ruinös für die Umwelt und für die Natur, aber auch für die Bauern und vor allem für die Tiere, die darunter leiden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist Irrsinn, auch wirtschaftlicher Irrsinn, dass zum Beispiel Schweine in Deutschland geboren werden, in Spanien gemästet werden, danach von Spanien nach Dänemark transportiert, dort geschlachtet und verarbeitet werden und schließlich irgendwo in der Europäischen Union verzehrt werden. Warum dieser ganze Wanderzirkus? – Das ist ganz einfach: Es geht einzig und allein um Gewinnmaximierung. So hat etwa Spanien günstigere klimatische Bedingungen und bedeutend niedrigere Umweltstandards als zum Beispiel Österreich, Dänemark oder Deutschland. (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr. )

Der Transport ist zu billig, da gebe ich Ihnen Recht. Die Bedingungen in Spanien ... (Abg. Dietachmayr: LKW-Maut!) Wieso haben Sie die LKW-Maut nicht eingeführt, als Sie noch in der Regierung waren, Herr Kollege? – Sie sind immer so gescheit, und jetzt wissen Sie, wie alles geht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Vor eineinhalb Jahren hatten Sie noch keine Ahnung, wie die Sache geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Auf einmal werdet ihr gescheit – Wahlniederlagen haben wirklich einen Vorteil! (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist ein Beschluss ...!)  – Ich möchte jetzt fertig referieren, weil ich nur zwei Minuten Zeit habe. (Abg. Kiermaier: Koalitionspakt! – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Es ist meiner Meinung nach – und da sind wir einer Meinung mit Frau Kollegin Parfuss – verrückt, die gleiche Ware von einem Land ins andere zu transportieren, vor allem dann, wenn es lebende Tiere sind. Die Segnungen des freien Warenverkehrs haben sehr viele negative Begleiterscheinungen. Die Tiere werden über weite Wege transportiert, die Autobahnen werden ruiniert, der rechte Fahrstreifen ist nur noch ein LKW-Fahrstreifen. (Abg. Kiermaier: Das musst du der ÖVP sagen!) Der Steuerzahler zahlt die Reparatur der Autobahnen. Wissen Sie, in welcher Qualität Sie uns die Autobahnen hinterlassen haben? – Rumpelbahnen sind es, die Sie uns hinterlassen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiermaier: ÖVP-Politik!)

Ich freue mich wirklich darüber, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag gibt, und ich bin ganz sicher, dass der Herr Bundesminister im Rahmen seiner Möglichkeiten die Durchsetzung dieses Antrages erreichen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiermaier: ÖVP!)

20.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf  – in Richtung SPÖ –: Das war alles der "ÖVP"-Verkehrsminister, gell! – Abg. Haigermoser: Wer war denn Verkehrsminister? – Der Klima, der jetzt mit den Polopferden durch die Pampas reitet!)

20.24

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir hatten im Ausschuss ursprünglich einen anderen Antrag eingebracht. Letztlich halte ich es doch für wichtig, dass dieser Vier-Parteien-Antrag zustande gekommen ist, vor allem im Hinblick darauf – und deswegen können wir dem auch in dieser Form zustimmen –, dass die Regierung und der Herr Bundesminister als zuständiges Regierungsmitglied aufgefordert werden – und zwar per sofort –, im Rahmen der EU in die Richtung zu arbeiten, dass Lebendviehtransporte und die Förderungen dafür eingestellt werden.

Es ist uns klar, dass es noch eine Zeit lang dauern wird, bis wir dieses Ziel wirklich erreichen werden, aber die Bemühungen haben per sofort zu beginnen. Das heißt natürlich auch, dass ein österreichisches Votum für höhere Exporterstattungen und für mehr Lebendviehtransporte ab heute, ab diesem Moment sicherlich nicht mehr zulässig ist. Ich denke, das ist schon ein wesentlicher Fortschritt, der jetzt einmal erreicht ist. (Beifall bei den Grünen.)


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Es gab die längste Zeit eine, wie wir heute erkennen, verhängnisvolle Weltmarktorientierung, die nicht dem Umstand Rechnung getragen hat, dass Tiere eben Lebewesen sind und sich nicht wie tote Materie verhalten. Im Zuge dieser immer stärkeren Transportverflechtungen sind Krankheiten und Seuchen natürlich viel schwerer kontrollierbar. Aber auch die Herkunft von Tieren sowie die Haltungs- und Fütterungsbedingungen werden schwerer kontrollierbar. Wir wissen aber, dass die Konsumentinnen und Konsumenten in ganz Europa über diese Umstände genau Bescheid wissen wollen. Wir glauben, dass die Menschen auch ein Recht haben, zu wissen, woher ihre Lebensmittel – die selbst einmal gelebt haben – kommen.

Meine Damen und Herren! Insofern denke ich, dass sich – auch im Zuge dieser ganzen Skandale und der schrecklichen Bilder, die wir alle leider schon zu oft gesehen haben – jetzt vielleicht wirklich einmal eine Neuorientierung der österreichischen und der europäischen Agrarpolitik ergibt. Gerade wenn es um Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs und um Lebewesen geht, muss das Prinzip heißen: Produktion aus der Region für die Region. Dass in beschränktem Umfang natürlich auch ein Handel möglich bleiben wird, ist klar. Aber insbesondere die Güter des täglichen Bedarfs sollten im Regelfall nicht über extrem weite Distanzen transportiert werden, denn das schafft auch ökologische Probleme, die letztlich nicht lösbar sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Abschließend möchte ich auf etwas hinweisen, was ebenfalls damit zusammenhängt. Wenn wir regionale Kreisläufe wollen – regionale, überschaubare, qualitätsgesicherte Produktion, Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und in der Weiterverarbeitung in den verschiedenen Regionen –, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Verarbeitungsstrukturen im tierischen Bereich, also auch die Schlachthöfe, nicht völlig konzentriert werden und dass dort das Prinzip nicht nur heißen kann: Es herrscht ein ziemlich brutaler Verdrängungswettbewerb, und alle trachten danach, bei ihren Dienstleistungen noch ein bisschen billiger zu sein. – Vielmehr muss auch dort dem Charakter der Tiere als Lebewesen Rechnung getragen werden.

In den letzten Tagen haben uns erschütternde Bilder von geänderten Prozeduren beim Schlachten im Zuge der BSE-Krise erreicht. Es wird jetzt auf die Zerstörung des Kleinhirns verzichtet. Das klingt zwar grausig, ist aber für das Tier sehr wichtig und erspart ihm sehr viel Leid. Das findet jetzt nicht mehr statt. Wir haben Bilddokumente bekommen, wonach ein gut Teil der Tiere, vor allem große, schwere Stiere, leben und bei vollem Bewusstsein sind, wenn sie zerschnitten, zerteilt und letztlich zu Fleisch verarbeitet werden. Dazu kommt es, weil der Bolzenschuss nicht tötet, sondern nur wie eine Gehirnerschütterung wirkt. Das heißt, das Tier wird kurzfristig betäubt, aber nicht wirklich getötet.

Es handelt sich in diesem Fall um ein Beispiel aus Oberösterreich. Ich habe diesen Schlachthof nicht genannt, weil ich froh bin, dass es diesen Film gibt – das klingt vielleicht makaber, aber sonst hätten wir von alldem nichts gewusst – und dass dort wenigstens die Drehgenehmigung erteilt worden ist.

Es geht uns jetzt überhaupt nicht darum, jemanden zu kriminalisieren, sondern darum, diese schrecklichen Praktiken abzustellen. Da hoffe ich auch – das heißt, ich habe schon Signale in diese Richtung bekommen –, dass wir hier kooperieren können. Wir bringen heute dazu keinen unselbständigen Antrag ein, weil ich glaube, dass auch die anderen Fraktionen darüber diskutieren können sollen.

Wir wollen erreichen, dass Schlachtungen mit Betäubung auch jetzt, im Zuge der BSE-Krise, sicherzustellen sind. Ich möchte das hier nicht im Detail ausführen, aber es gibt Vorschläge von Expertinnen und Experten, wonach das auch unter Wahrung der BSE-Vorsichtsmaßnahmen sehr wohl geschehen kann. Es setzt aber eine Schulung und eine Umorientierung in den Schlachthöfen voraus.

Ich glaube, wir sind es den KonsumentInnen und auch den Tieren als Lebewesen schuldig, dafür Sorge zu tragen, dass wirklich jede Art von vermeidbarer Grausamkeit vermieden wird. Ich denke, wir könnten auch in diesem Fall ein Beispiel dafür setzen, dass es auf sachlicher Basis möglich ist, über die Parteigrenzen hinweg zu kooperieren. Ich halte es gerade in dieser zuletzt


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69. Sitzung / Seite 202

angesprochenen Angelegenheit für notwendig, rasch zu reagieren, denn die Bilder, die wir jetzt wieder gesehen haben, sind erschütternd. Wir sollten schnell einen Beitrag dazu leisten, dass wir bald schon sagen können: Auch das gehört der Vergangenheit an. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. Auf die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung ist heute schon vielfältigst hingewiesen worden. (Abg. Dr. Khol: Es nützt aber nichts! – Abg. Schwarzenberger: Es hätte uns gewundert, wenn Einem nicht zu einer tatsächlichen Berichtigung ...!)

20.31

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Achatz war vorhin so freundlich, zu unserer Seite gewandt zu behaupten, wir wüssten erst jetzt, wie man es richtig macht, bezogen auf die Frage der Einführung einer LKW-Maut. (Abg. Auer: ... keine Berichtigung!) Sie hat uns im Übrigen vorgeworfen, dass wir so schlechte Straßen hinterlassen hätten. (Abg. Dr. Khol: Was ist der zu berichtigende Sachverhalt?)

Das ist der zu berichtigende Sachverhalt. Die Tatsachenbehauptung ist falsch, Herr Abgeordneter Khol.

Richtig ist, dass wir in der vorigen Regierungsperiode gemeinsam mit der ÖVP ein Road-Pricing beschlossen haben, dass aber der ÖVP-Bundesparteivorstand im Frühjahr 1997 beschlossen hat, dies nicht zu exekutieren, und dass der zuständige Minister für den Straßenbau und für die Einführung des Road-Pricing Farnleitner geheißen hat und von der ÖVP gekommen ist.

Frau Abgeordnete, Sie könnten das wissen! (Abg. Dr. Khol: Auch keine tatsächliche Berichtigung!) Seither wird das Road-Pricing von freiheitlichen Ministern verschleppt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Khol: Das ist ein Redebeitrag!)

20.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Bei Einem nützt es nichts! "Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens!")

20.33

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anregung von Frau Kollegin Dr. Petrovic ist es, glaube ich, tatsächlich wert aufgegriffen zu werden. Soweit ich informiert bin, ist seitens des Herrn Bundesministers Haupt schon daran gedacht, diese Maßnahmen, die tatsächlich nicht verträglich sind, im Erlasswege abzustellen. Ich biete auch an, dass wir hier fraktionsübergreifend bemüht sein werden, diese Regelung zu einem positiven Abschluss zu führen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich freue mich auch darüber, dass in einem gemeinsamen Entschließungsantrag aller Fraktionen festgestellt wird: Nach dem Vorbild der österreichischen Regelung, insbesondere im Hinblick auf die Transportdauer, soll in der EU sozusagen eine vernünftige Tiertransportregelung umgesetzt werden.

Ich freue mich darüber aus dem Grund, dass damit für die Tiere etwas Positives umgesetzt werden soll, aber auch deshalb, weil es letztendlich eine Bestätigung für eine sehr positive österreichische Regelung ist, der man damals in Ihrer Fraktion keine Zustimmung gegeben hat, meine Damen und Herren.

Für mich ist auch bemerkenswert, was vorige Woche in einem österreichischen Agrar-Magazin zu lesen war: Ein Kärntner Gastronom beklagt, er bekomme zu wenig Kalbfleisch von Qualität, und so weiter, und so fort. In demselben Magazin lese ich fünf oder sechs Seiten weiter hinten, dass der Salzburger Agrarlandesrat eine Aufkauf-Aktion machen muss, damit der Preisverfall beim Kalbfleisch etwas abgefangen werden kann. Gleichzeitig vernimmt man auch, dass der


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69. Sitzung / Seite 203

Salzburger Bioverband appelliert, Stierkälber nicht mehr als Biokälber zu vermarkten, weil der Preis ins Unendliche nach unten gerasselt ist.

Meine Damen und Herren! Da stimmt etwas nicht. Einerseits beklagt man von der Gastronomie in einem Bundesland, es sei nichts zu haben, es gebe zu wenig an Qualität, gleichzeitig ist in einem benachbarten Bundesland ein Überschuss vorhanden. Jetzt frage ich mich, was da nicht funktioniert.

Meine Damen und Herren! Ich halte auch nichts davon, dass man, wie in diesem Antrag vorgesehen, den Tiertransport generell verbietet. Er gehört aber nach österreichischem Muster eingeschränkt, und es gehört entsprechend dafür gesorgt, dass für die Tiere Transportbedingungen und Überwachungen gewährleistet sind, weil es nicht sein kann, dass Tiere dabei zu Schaden kommen.

Aber es sollte auch erwähnt werden, meine Damen und Herren, dass Österreich im Rinderbereich ein Exportland ist. Wir erzeugen ungefähr 140 Prozent des österreichischen Marktbedarfs und sind deshalb darauf angewiesen, dass wir Fleisch in andere Länder exportieren beziehungsweise die Möglichkeit haben, auch Lebendtiertransporte durchzuführen.

Meine Damen und Herren! Ich bitte den Herrn Bundesminister, in dieser Frage, was die europäischen Vorschriften betrifft, wieder so erfolgreich vorzugehen wie seinerzeit. Folgendes sollte man auch erwähnen: Unter der österreichischen Präsidentschaft und unter dem Vorsitz Molterers wurde im Agrarministerrat die Koppelung der Exporterstattung an die tiergerechte Beförderung beschlossen, meine Damen und Herren. Unter seinem Vorsitz, und nicht unter irgendwelchen anderen Ministern, ist das geschehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Gleichzeitig soll lobend erwähnt werden, dass derzeit – so wird uns berichtet – unter dem schwedischen Vorsitzenden auch sehr positiv zu diesen Maßnahmen gestanden wird. Wir brauchen EU-einheitliche Standards und nicht einseitige österreichische Belastungen. Das sollte auch geklärt sein, meine Damen und Herren, denn es hilft uns nichts, wenn in Österreich die Qualitätskriterien relativ hoch sind, gleichzeitig aber der Großteil der österreichischen Konsumenten nach dem Preis schielt und nicht fragt, unter welchen Bedingungen da gehandelt, erzeugt, transportiert, geschlachtet oder sonst etwas wird. Entscheidend ist, dass es einheitliche, auf hohem Niveau befindliche Standards in der EU gibt.

Österreichs Tiertransportregelung ist genauso wie die österreichische Agrarpolitik ein Vorzeigemodell in der Europäischen Union. Nicht umsonst, meine Damen und Herren, werden in Österreich 60 Prozent der Mittel für die ländliche Entwicklung und nur 40 Prozent für Marktordnungsausgaben verwendet, während in der Europäischen Union beinahe 90 Prozent für die Marktordnung zur Verfügung gestellt werden.

Österreichs Bauern – das zeigt sich täglich, und das haben auch mehr als 70 000 BSE-Tests bewiesen – handeln und wirtschaften umweltgerecht. Sie beweisen in ihren kleinen Strukturen, dass sie verantwortungsvoll mit den Tieren umgehen. Es ist daher klar, meine Damen und Herren, dass gerade auch die österreichische Tiertransportregelung ein Beispiel für die gesamte Europäische Union sein soll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger ist die nächste Rednerin. – Bitte.

20.38

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute schon angesprochen worden: Tiertransporte sind so, wie sie heute durchgeführt werden und wie sie – dafür ist den Tierschutzorganisationen zu danken – endlich in die Öffentlichkeit gebracht worden sind, etwas vom Inhumansten, das unsere Wirtschaftsform und ihre Auswüchse – nicht nur in Europa, das ist kein rein europäisches Problem – kreiert haben.


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Ich denke, dass der Versuch, dies nur über den Subventionsentzug in den Griff zu bekommen, zu kurz greift, obwohl das einer der notwendigsten Schritte ist und eine Selbstverständlichkeit immer dann sein sollte, wenn man über die Frage der Tiertransporte spricht.

Es ist letzten Endes ein Symptom, in dem sich unser Verhältnis zum Tier abbildet, zum Tier als Ware. Auch Waren werden willkürlich durch ganz Europa verschickt. Wenn es sich um Lebewesen handelt, ist damit schlicht und ergreifend Leid verbunden.

Ich glaube, dass in diesem Bereich Kontrolldichten so lange erhöht werden müssen, bis es sich überhaupt nicht mehr rentieren kann, diese tierquälerischen Akte zu setzen! (Beifall bei den Grünen.)

Damit komme ich zur Nennung eines Details, welche ich Ihnen leider auch nicht ersparen kann: Tiertransporte finden nicht nur – der Herr Vorredner hat das schon angesprochen – deswegen statt, weil Österreich hochqualitatives Zuchtvieh ins Ausland verbringt, sondern Tiertransporte finden leider auch aus ganz anderen Motiven statt, und zwar auch von solchen Tieren, die nicht berücksichtigt werden. Wir haben eine entsprechende Anfrage betreffend Tiere gestellt, die nicht unter die Schutzbestimmungen fallen, die in der öffentlichen Diskussion eingefordert werden.

Ich rede jetzt von der Tatsache, dass offensichtlich in Saisonen, in welchen Hasenfleisch sehr begehrt ist, immer wieder Transporte von Kaninchen aus Tschechien stattfinden. Diese werden dann in einem Schlachthof in Tirol geschlachtet und dort als kalorienarmes Kaninchenfleisch, auch in der Folge der BSE-Krise als ungefährliches Fleisch tituliert, auf den Markt gebracht und natürlich vor allem von der Gastronomie gerne abgenommen.

Diese Transporte finden unter grauslichsten Bedingungen statt: Ein Kontrollorgan hat mir berichtet, dass die Tiere in Schachteln übereinander gestapelt sind und die untersten Lagen in den Exkrementen der obersten festfrieren und sterben, dass es große Ausfälle bei diesen Transporten gibt, dass das aber offensichtlich – ich habe nie gewusst, dass es sich überhaupt rentiert, Hasen aus Tschechien für unseren Markt zu transportieren! – eine gewisse Wachstumsperspektive hat. Dieser Wahnsinn muss sofort abgestellt werden, indem die Zahl der Kontrollen erhöht wird und sich diese nicht nur auf die klassischen Tiertransporter, sondern auf alle LKW beziehen! Die besagten Transporte der Hasen wurde nach Aussagen dieses Kontrollorgans in einem ganz normalen Klein-LKW vollzogen.

Das heißt, wir dürfen in Österreich nicht rein auf den "klassischen" Tiertransport zentrierte Maßnahmen setzen, sondern wir müssen darüber hinaus endlich auch Maßnahmen zur Erhöhung der Kontrolldichte setzen, sodass Umgehungen mittels Klein-LKW und derartig unmenschlichen Transportbedingungen für Kleintiere ein Ende haben, und zwar sofort! Ich halte das für unerträglich und bitte Sie, Herr Minister, in diesem Zusammenhang umgehend gemeinsam mit Ihrer Ministerkollegin und dem Herrn Kollegen aus dem Innenministerium tätig zu werden und das abzustellen! (Beifall bei den Grünen.)

20.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Hornegger ist der nächste Redner. – Bitte.

20.44

Abgeordneter Franz Hornegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zeitliche Zusammentreffen von BSE und Maul- und Klauenseuche hat uns gezeigt, dass das heutige Bewirtschaftungssystem in der europäischen Landwirtschaft längst an den natürlichen Rahmenbedingungen vorbeigeht. In vielen EU-Staaten ist eine Agrarindustrie entstanden, und die Lebewesen werden zu Ware degradiert, die nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage in alle Welt exportiert wird. Durch BSE und Maul- und Klauenseuche gab es auf Grund großer Probleme vorübergehend Einschränkungen. Nun lockert die EU die Transportbeschränkungen jedoch wieder, und Schlachtvieh darf wieder quer durch Europa in alle Welt gekarrt werden.


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Meine Damen und Herren! Nach jahrelangen Diskussionen in den Bundesländern waren wir in Salzburg die Ersten, die unter einem freiheitlichen Landesrat eine Labestation für Tiertransporte eingerichtet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Diese Maßnahme hatte aber leider wenig Erfolg, da die Transporte dann über andere Strecken umgeleitet wurden.

Meine Damen und Herren! Der Umfang der Tiertransporte innerhalb der EU und des Imports und Exports von lebendem Schlachtvieh nimmt immer noch stark zu. Die Vorrednerin hat schon gesagt, dass jedes Jahr Millionen von Schweinen, Rindern und Schafen zwischen den EU-Mitgliedstaaten hin- und hergefahren werden. Daher ist es für mich und meine Partei erfreulich, dass der Entschließungsantrag im Ausschuss die Zustimmung aller Fraktionen erhalten hat. Ich hoffe, dass man die Zeichen der Zeit erkennt und verbesserte Tiertransportstandards nach dem Vorbild Österreichs in Europa eingeführt und umgesetzt werden. Insbesondere sollten die Exporterstattungen abgeschafft und diese Geldmittel für verantwortungsvolle Viehproduktion und für Fleischexporte verwendet werden.

Herr Minister! Meine Damen und Herren! Bei Schlachtung im eigenen Land beziehungsweise in der eigenen Region würde sich die Wertschöpfung auf die Region niederschlagen. Es würden neue Arbeitsplätze geschaffen werden, und es müssten nicht wie jetzt landauf, landab Schlachtbetriebe geschlossen werden!

Ein Satz zum islamischen Glauben: Es kann doch nicht sein, dass man sämtliche Tierschutzmaßnahmen über Bord wirft, um die Schächtungen weiterhin zu genehmigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Am Schluss noch ein Wort an die Adresse der grünen Aktivisten: Meine lieben Damen und Herren Abgeordneten von den Grünen! Mit einem solchen Politspektakel, wie es heute vor dem Parlament über die Bühne ging, schaden Sie der gesamten Landwirtschaft in Österreich! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler. ) Wir können solche Aktionen nicht mittragen. Wir in Österreich produzieren noch immer gesunde Lebensmittel und nicht Lebensmittel und Giftsuppen, wie es heute vor dem Parlament vorgeführt wurde! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollegin Petrovic! Man weiß nicht, wie man es in Ihrem Sinne richtig machen könnte! Im "NEWS", wo Sie natürlich wieder stark vertreten sind, ist über den "Todeskampf am Fließband" zu lesen. Frau Petrovic! Sie sollten einmal die Verordnungen lesen, die nicht wir in Österreich erfinden, sondern die in der EU gemacht werden. Das ist aus zwei Gründen notwendig. Wenn Sie sich das durchlesen, dann wissen Sie es genau! Wenn man das Kleinhirn nicht mehr zerstören darf, dann muss man halt andere Methoden anwenden. (Abg. Öllinger: Man sollte einmal ein bisschen nachdenken!)

Es ist bekannt, dass bei entsprechend starker und exakt durchgeführter Bolzenschussbetäubung eine dermaßen tiefe Bewusstlosigkeit eintritt, dass der unmittelbar darauf folgende Entblutungsschnitt von den Tieren nicht wahrgenommen wird. Das sagen Experten. Sie gehen aber wahrscheinlich davon aus, dass wir bald überhaupt nicht mehr schlachten dürfen! Das wäre vermutlich in Ihrem Sinne! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. – Bitte.

20.49

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Transport von Tieren und das einheitliche österreichische Tierschutzgesetz waren und sind auch in der kurzen Zeit, seit ich Abgeordneter bin, immer wiederkehrende Themen.

Ich möchte sagen: Zum Glück für Österreich gibt es schon seit Jahren auch bei uns strenge gesetzliche Bestimmungen für den Tiertransport. Andererseits möchte ich aber doch festhalten, dass unsere Landwirtschaft in den Berggebieten ohne Exporte von lebendem Zuchtviehexporte


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nicht existieren kann. Grundsätzlich sollte man daher zwischen Schlachtviehtransporten und Zuchtviehtransporten unterscheiden. Beim Zuchtvieh besteht die Notwendigkeit, im internationalen Handel Tiere auch weiterhin lebend zu transportieren. Beim Schlachtvieh besteht diese logische Notwendigkeit nicht.

Hohes Haus! Ich möchte betonen, dass man sich nicht gegen Tiertransporte an sich wenden sollte, sondern – wie ich meine – gegen Missbrauch und gegen Personen, die sich an tierschutzrechtliche Bestimmungen nicht halten. Verbesserungen sollten vor allem in den anderen EU-Staaten erreicht werden. In diese Richtung zielt auch der heute einstimmig angenommene Vier-Parteien-Entschließungsantrag, der im Ausschuss beschlossen wurde. Ich hoffe, dass auf dieser Basis eine rasche Umsetzung in der EU erfolgen kann. Österreich allein ist nämlich viel zu klein, um diese strengen Bestimmungen durchzuführen und diese vor allem auch zu kontrollieren.

Als Tiroler Abgeordneter weiß ich natürlich, welche Probleme es bei den internationalen Tiertransporten gibt. Gerade über den Brenner wird sehr viel Lebendvieh transportiert, und für Tirol hat sich die Situation mit der Einrichtung der Ladestation wesentlich verbessert. Viele Frächter gehen jetzt nicht mehr das Risiko ein, nicht tierschutzgerecht zu transportieren.

Etwas soll hier auch einmal ganz deutlich gesagt werden: Viele Organisationen behaupten immer wieder, dass viele Tiertransporte innerhalb der EU wegen der Stützungen erfolgen. – Das ist absolut unrichtig! Es gibt für Lebendtiertransporte innerhalb der EU keine Unterstützungen, sondern nur für Drittländer, und auch dort werden die Prämien entsprechend gestrichen, wenn tierschutzrechtliche Bestimmungen nicht eingehalten wurden und es zu einer Anzeige gekommen ist. – Auch das sollte man einmal erwähnen.

In diesem Zusammenhang gab es im vergangenen Jahr sechs Anzeigen gegen österreichische Unternehmen, welchen dann auch die kompletten Subventionen von über 800 000 S nicht erstattet wurden und die zusätzlich 140 000 S an Strafe zahlen mussten. Es gibt jetzt also auch diesbezüglich bereits Regelungen und Bestimmungen, die es ermöglichen, Tiertransporte entsprechend durchzuführen.

Als Haflinger-Züchter habe ich eine lange Erfahrung mit Tiertransporten, und ich weiß, dass der Transport von lebenden Tieren kein Problem ist, wenn er entsprechend vorbereitet und logistisch aufgearbeitet ist und wenn die Bestimmungen eingehalten werden. Dazu gehört der richtige Umgang mit lebenden Tieren, und ich meine, wir sind dazu in der Lage, auch weiterhin Lebendtransporte in einem gewissen gesetzlichen Rahmen durchzuführen.

Hohes Haus! Selbstverständlich muss es unsere Intention sein, eine vernünftige Lösung für die Tiertransporte zu finden. Ein gänzliches Verbot für Tiertransporte ist hingegen unrealistisch. Unser Ziel muss die Verbesserung der EU-Transportrichtlinie beziehungsweise der EU-Transportbestimmungen sein. Ich glaube, es wird uns mit dem vorliegenden Entschließungsantrag gelingen, eine entsprechende Umsetzung auch auf europäischer Ebene durchzusetzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.53


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69. Sitzung / Seite 207

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Kommt jetzt eine Entschuldigung für den "Schweinestall"?)

20.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Abgeordneter Hornegger hat hier behauptet, die Grünen hätten heute eine Veranstaltung vor dem Parlament abgehalten. (Abg. Haigermoser: Ist Österreich ein "Schweinestall" oder nicht? Nehmen Sie das zurück?)

Ich berichtige tatsächlich: Die Veranstaltung wurde von Umweltorganisationen, insbesondere von Global 2000, dem WWF, Vier Pfoten und Greenpeace durchgeführt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Herr Kollege Einem! So macht man eine tatsächliche Berichtigung!)

20.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

20.54

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind dankbar für die gefundene Kompromissformel zum Thema "Ferntransporte von Lebendvieh". Das entspricht übrigens einer urfreiheitlichen Forderung seit vielen Jahren. Ich freue mich, dass es diesbezüglich zu einem Vier-Parteien-Kompromiss gekommen ist! Außerdem bin ich auch guter Hoffnung, dass man auch hinsichtlich des neu aufgeworfenen Themas im Zusammenhang mit der unvollständigen oder schlechten Tötung in den Schlachthöfen zu einem gemeinsamen Ergebnis gelangen wird. Ich bin Kollegin Petrovic dankbar, dass sie uns die Möglichkeit gibt, im Ausschuss sachlich über diese Inhalte weiter zu debattieren.

Herr Bundesminister! Sie haben heute in einer APA-Aussendung von einer Fleischertagung und davon berichtet, dass Konsumenten viel kritischer geworden seien und eine Rückverfolgung der Produktion "vom Feld bis zur Theke" wünschen. Es geht nicht so sehr um die Produktqualität, sondern die Prozessqualität rückt in den Vordergrund. – Da gebe ich Ihnen Recht!

Über die Form der Broschüre, welche die AMA jetzt verteilt, kann man streiten. Sie ist aber auf jeden Fall wirkungsvoll, der Inhalt ist informativ. Ich meine aber, dass eine Ergänzung trotzdem gut täte. So fehlen beispielsweise im Abschnitt "Vom Bauernhof zum Schlachtbetrieb" Hinweise auf die Transportsituation, und es fehlen auch Hinweise auf die Form der Schlachtung. Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass den Konsumenten auch interessiert, wie diese "emotionellen Anteile bei der Nahrungsaufnahme von Rindfleisch" – wie Sie es bezeichnet haben – gehandlet und praktiziert werden.

Im Übrigen fordere ich alle Fraktionen zur Stellung dieses gemeinsamen Antrags auf! Frau Parfuss! Auch Sie sind dazu eingeladen! Sie haben eine ganze Reihe von EU-Abgeordneten in Ihrer Fraktion! Das betrifft auch die Grünen! Wir haben eine Vorleistung erbracht, und auch die ÖVP wird gebeten, dem Herrn Bundesminister Schützenhilfe zu geben, wenn er betreffend die Abschaffung oder Sistierung der Ferntransporte für Lebendschlachtvieh bei der EU vorstellig wird, und wir und die EU-Abgeordneten können diesbezüglich jedenfalls mithelfen.

Ein Letztes: Frau Kollegin Parfuss! Sie haben heute über die Medien wieder das Bundestierschutzgesetz angesprochen. Ich sage dazu: Es wird Ihnen nicht gelingen, liebe Frau Parfuss, dieses Thema zum Sprengthema für unsere beiden Koalitionsfraktionen zu machen! Wir sind auf gutem Weg unterwegs, den Regierungspartner von der Notwendigkeit bundeseinheitlicher Regelungen zu überzeugen, und Sie werden es erleben, dass auch das, was Sie sich – zumindest verbal – so sehr wünschen, in absehbarer Zeit in die Tat umgesetzt wird!

Ich habe Sie das letzte Mal damit konfrontiert, dass Sie offensichtlich erst seit etwa einem Jahr den Bundestierschutz entdeckt haben. Sie haben mit Recht erwidert, dass Präsident Fischer schon 1970 als Sekretär in Ihrem Klub diesbezüglich aktiv geworden ist. – Darüber, dass er allerdings nicht besonders erfolgreich aktiv war, werden wir beide uns aber wohl einig sein! Ich bin aber guten Mutes, dass uns das, was Sie in 30 Jahren nicht geschafft haben – Sie brauchen jetzt nicht nur da hinüber zu zeigen, es hat auch Alleinregierungen und andere Koalitionsformen gegeben! –, in Bälde gelingen wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte.

20.58

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich ist es eine große Freude und auch eine Genugtuung, dass heute eine jahrelange freiheitliche Forderung betreffend das Tiertransportgesetz mittels eines Antrages aller vier Parteien hier im Hohen Haus endlich umgesetzt wird!


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Für mich ist dabei vor allem interessant, dass diese neue Koalition zwischen ÖVP und Freiheitlicher Partei etwas, was in der vorigen Koalitionen zwischen Sozialdemokratie und ÖVP offenbar nicht möglich war, in 14 Monaten bewältigt hat. Wir haben heute zu einem wirklich wichtigen Entschließungsantrag gefunden, und ich hoffe, dass wir damit auch die Europäische Union endlich zum Einlenken bringen werden!

Sehr geehrter Herr Minister! Gleichzeitig sehe ich diesen Antrag als Startschuss für eine Initiative betreffend gleiche Produktionsauflagen und Erzeugerrichtlinien im gesamten EU-Raum. Unser Ziel muss es sein, erstens die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Bauern weiter zu stärken und nicht zu gefährden, zweitens die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft zu sichern und damit unseren Nachkommen eine gesunde Umwelt zu gewährleisten und drittens nicht auf Kosten unschuldiger Kreaturen Gewinnmaximierung zu betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Minister! Ich wünsche Ihnen bei Ihren Verhandlungen mit den zuständigen EU-Gremien viel Erfolg, damit in Zukunft diesem unsäglichen Tierleid ein Ende bereitet und die Wettbewerbsfähigkeit unserer österreichischen Bauern weiterhin gestärkt werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Zellot ist der nächste Redner. – Bitte.

 

21.00

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es freut mich als Landwirt, der von Zeit zu Zeit bei der Verladung von Schlachttieren und beim Transport von Zuchtvieh dabei ist, natürlich ganz besonders, dass es wieder einen Sieg der Vernunft hinsichtlich der Verhinderung von Tiertransporten durch verschiedene EU-Länder gegeben hat.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Qual der Tiere hat mit dem Verladen und dem langen Transport auf der Straße noch kein Ende. Oft wird noch einmal verladen, und das Leid geht dann auf dem Schiff weiter. Ich brauche jetzt keine Einzelheiten zu erwähnen, man hat das ja in den Filmen gesehen. Ich glaube, dass es für uns Parlamentarier Pflicht ist, zur Image-Aufwertung der Bauernschaft gegen solche Machenschaften und vor allem gegen die Profitgier des Handels aufzutreten! – Herr Minister! Ich möchte Sie auffordern, sich in der Europäischen Union gegen diese Transporte einzusetzen!

Zu diesem Film, den Frau Abgeordnete Petrovic heute genannt hat, und zu ihrem Bericht ist Folgendes zu sagen: Grundsätzlich sind solche Methoden – die Vorschriften in den Schlachthöfen werden oft nicht ordnungsgemäß angewendet – abzulehnen! Weiters meine ich, dass selbstverständlich vor allem die EU-geprüften Schlachthöfe bei der Schlachtung von den Tierärzten der EU kontrolliert werden müssen. Es muss vor allem bei der Schlachtung von Schweinen die Stromdurchflussmenge genau geprüft werden, damit der entsprechende Betäubungsgrad wirklich eintritt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Selbstverständlich kann es auch bei Rindern passieren, dass auf Grund von Nachlässigkeit und Schlampigkeit nicht das richtige und ausreichend starke Tötungsgerät für das betreffende Tier verwendet wird. Das ist dann allerdings so zu ahnden, dass es nicht wieder vorkommt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Bundesminister Molterer. Ich erteile es ihm.

21.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die letzten Monate haben wohl gezeigt, dass in der Europäischen Union einiges zu überdenken ist, insbesondere auch die Frage, ob es tatsächlich Sinn macht, die Tiertransporte innerhalb der Gemeinschaft


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völlig liberal zu gestalten. Die Frage der Seuchenproblematik hat sehr deutlich gemacht, dass es letztendlich auch sinnvolle Grenzen dafür geben muss.

Ich meine daher, dass dieser Entschließungsantrag vollkommen richtig ist – ich danke für die breite Zustimmung! –, weil er das Ziel klar definiert, nämlich eine Beschränkung auf das notwendige Maß und die Durchführung unter Bedingungen, die dem Tierschutzgedanken tatsächlich entsprechen.

Wir haben in der Europäischen Union, seit wir Mitglied sind, durchaus einiges bewegt, etwa im Hinblick auf die Tiertransport-Richtlinie, deren Verbesserung jetzt gerade neuerlich in Diskussion steht, und auf die Bindung der Erstattungen an die Einhaltung der entsprechenden Kriterien oder im Zusammenhang mit der Verbesserung der Tierhaltungsregelung – Stichwort: Schweinetierhaltung –, die jetzt gerade in Diskussion steht. Wir werden beim nächsten Agrarministerrat am 22. Mai aller Voraussicht nach eine öffentliche Diskussion zur Frage der Ethik der Tierhaltung durchführen, bei der ich selbstverständlich die österreichische Position sehr klar vertreten werde.

Ich meine, dass das Anliegen, gemeinsame Standards betreffend Tierhaltung, Tierfütterung und Medikamentation zu haben, sehr wichtig ist, und ich hoffe, dass wir diesbezüglich rasch entsprechende Initiativen starten können.

Frau Kollegin Petrovic! Ich biete Ihnen genauso wie Kollege Haupt eine Kooperation zur Lösung dieser Problematik an. Ich möchte das Hohe Haus nur kurz darüber informieren, wo das Problem liegt: Der wissenschaftliche Veterinärausschuss hat auf Grund der BSE-Krise eine bestimmte Tötungsform – im Hinblick auf das BSE-Risiko meiner Meinung nach zu Recht – verboten, hat es aber verabsäumt, eine Alternative anzubieten, und daher geht es jetzt darum, dass wir rasch diese sinnvolle Alternative entwickeln.

Ich möchte Sie abschließend bitten, wenn wir diese Diskussion fortsetzen, auch andere Fragen zu beantworten. Ich kann mich daran erinnern, dass auch darüber diskutiert wurde, im Zusammenhang mit alternativen Tierhaltungsformen auch alternative Schlachtmöglichkeiten zu eröffnen, etwa die Winterschlachtung im bäuerlichen Betrieb oder auf der Weide, um den Lebendtransport zu vermeiden. Die Antwort darauf war, dass das auf Grund der Hygiene-Richtlinien nicht machbar sei. Im Sinne der Güterabwägung frage ich mich allerdings, ob wir nicht auch darüber eine sinnvolle Diskussion führen sollten, denn ich bezweifle, dass die Frage der Hygiene ein wirklich entscheidendes Gegenargument sein kann, wenn es darum geht, sinnvolle alternative Schlachtmethoden zu entwickeln. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen).

21.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht in 571 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme des Ausschussberichtes stimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Wir stimmen ab über die dem Ausschussbericht in 571 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Diese Entschließung ist vom Nationalrat einstimmig beschlossen. (E 82.)


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69. Sitzung / Seite 210

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 192/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Maßnahmen zur Reduzierung des Pestizidverbrauchs (568 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 193/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend In-Verkehr-Bringen von Saatgut zur Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen (569 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entschließungsantrag 194/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend Forschungsschwerpunkt für die Herstellung von biologischem Saatgut (570 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 191/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landwirtschaftsgesetz geändert wird (572 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 10 bis 13 der Tagesordnung.

Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Der Berichterstatter zu diesen Tagesordungspunkten, Herr Abgeordneter Kampichler, verzichtet auf eine mündliche Berichterstattung, sodass wir gleich in die Debatte eingehen können.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.

21.08

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst habe ich eine Bitte an Sie, Herr Bundesminister. Sie haben sich zum vorigen Tagesordnungspunkt am Schluss der Debatte zu Wort gemeldet. Auf Grund der Einstimmigkeit zum Antrag ist das kein Problem, ich möchte Sie aber bitten, bei den jetzt zur Debatte stehenden Tagesordnungspunkten doch zwischendurch Stellung zu nehmen, damit die Abgeordneten auf Ihre Ausführungen noch replizieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln in diesen Tagesordnungspunkten eine Reihe von Anträgen, die im Ausschuss leider allesamt abgelehnt wurden. Das ist nicht verwunderlich, denn diese Anträge stammen alle von einer Oppositionsfraktion, und es wäre tatsächlich ein Wunder gewesen, wenn diese Anträge Zustimmung erfahren hätten.

Was aber, geschätzte Damen und Herren, ist mit diesen Ablehnungen geschehen? Alle Anträge haben mit Ökologisierung und mit biologischer Landwirtschaft zu tun, einer ganz speziell mit der biologischen Produktion und mit der Änderung des Landwirtschaftsgesetzes. Damit hätte eine Chance bestanden, aber wir waren nicht überrascht, dass diese Chance nicht genutzt und diese Änderung im Sinne einer biologischen Landwirtschaft abgelehnt wurde, denn von einer Regierung, die in zwei Budgets festgeschrieben hat, dass für die Beratung im biologischen Landwirtschaftsbereich eklatant weniger Geld zur Verfügung steht, konnten wir uns nicht erwarten, dass sie der Änderung des Landwirtschaftsrechtes in biologischer Richtung zustimmt.


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69. Sitzung / Seite 211

Damit ist aber, wie ich schon angeführt habe, wieder eine Chance vertan worden, eine Chance zur Ökologisierung in der Landwirtschaft, zur Verbesserung der Marktchancen und zur Verbesserung des Stellenwerts des Agrarbereichs in der gesamten gesellschaftlichen und Wirtschaftsstruktur, aber auch zur Verbesserung der Gerechtigkeit in der Fördervergabe, denn unter Zugrundelegung ökologischer Grundsätze wäre diese Gerechtigkeit eher möglich.

Geschätzte Damen und Herren! Aber etwas Derartiges erleben wir nicht zum ersten Mal, denn zur Umsetzung der horizontalen Verordnung zur EU-Agenda wurde ja vom Herrn Bundesminister mehrfach sehr deutlich festgestellt: Es kommt nicht in Frage, dass in Österreich eine Größendegression eingeführt wird, was diese Verordnung ermöglichen würde. Es kommt nicht dazu, dass Förderungen nach ökologischen Kriterien vergeben werden. Auch das wäre durch diese horizontale Verordnung möglich.

Herr Bundesminister! Sie haben auch wiederholt abgelehnt, die Arbeitskraftintensität und den Arbeitseinsatz als Förderkriterium herauszuarbeiten und als bestes Förderkriterium heranzuziehen. Das wäre nämlich eine Verbesserung der Gerechtigkeit, und das brächte auch eine Verbesserung für die klein strukturierte österreichische Landwirtschaft. (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Herr Kollege! Ich bin jedoch ein grenzenloser Optimist. Ich bin auch deswegen ein Optimist, weil wir alle wissen: Die Chance war noch nie so groß, im Agrarbereich eine Veränderung auf europäischer Ebene, aber auch auf nationalstaatlicher Ebene herbeizuführen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Wirken Sie auf Ihre Parteikollegen im Ausland ein! Wirken Sie auf Ihren Parteikollegen Schröder ein!)

Herr Kollege! Noch nie haben so viele Menschen an den Diskussionen teilgenommen und Interesse an der landwirtschaftlichen Produktion und an der Weiterverarbeitung dieser Produkte gezeigt. (Abg. Großruck: Schröder soll den österreichischen Weg gehen!) Aber diese Chance muss man nutzen (Abg. Großruck: Schröder ist dagegen!), und man muss sie in mehrerlei Hinsicht nutzen: zum einen für Gerechtigkeit in der Mittelverteilung.

Kollege Auer hat sehr stolz gesagt, 60 Prozent der Agrarmittel fließen in die ländliche Entwicklung und 40 Prozent in die Marktordnung. Der Hintergrund dafür liegt natürlich auch in den WTO-Runden und in den WTO-Vereinbarungen, das wissen wir. Aber wenn von diesen 60 Prozent für die ländliche Entwicklung nur 3 Prozent außerhalb des agrarischen Bereichs für die Menschen zwischen den Städten verwendet werden, wie einer Anfragebeantwortung durch den Herrn Bundesminister zu entnehmen ist, dann ist das eindeutig zu wenig, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich sehe die jetzige Situation als Chance, und ich behaupte, die Agrarpolitik steht am Scheideweg. Es gibt die Möglichkeit, den bisher ausgetretenen Pfad fortzusetzen: Agrarlobbyisten verteilen das Geld ohne Rücksicht auf Gerechtigkeit (Abg. Großruck: Blair und Schröder!), die Großen bekommen mehr, weil sie mehr Fläche oder mehr Kuhschwänze bewirtschaften, die Kleinen bekommen weniger, auch wenn sie unter erschwerten Bedingungen produzieren, und die biologischen Betriebe halten wir uns unter Umständen nur als Aushängeschildchen.

Herr Bundesminister! Wir haben die Chance, gemeinsam etwas zu unternehmen, nämlich den anderen Weg zu gehen, den zukunftsträchtigen Weg, und gemeinsam mit den Konsumentinnen und Konsumenten, den Produzentinnen und Produzenten, den Weg in eine zukunftsorientierte Wirtschaftsweise auf biologischen Grundlagen in der Landwirtschaft zu nehmen und damit mehr Akzeptanz und mehr Möglichkeiten im regionalen Wirtschaftsbereich zu erreichen und die Chance für die Menschen zwischen den Städten zu erhöhen.

Herr Bundesminister! Wenn Sie diesen zukunftsträchtigen Weg einschlagen, dann werden Sie uns an Ihrer Seite und als Mitstreiter haben. Wenn Sie den anderen Weg gehen, dann werden Sie nicht nur viele Bäuerinnen und Bauern verlieren, sondern Sie werden auch die nächsten Wahlen verlieren. (Beifall bei der SPÖ.)

21.14


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69. Sitzung / Seite 212

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zellot. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

21.14

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Um all diese Punkte – die Behandlung der Anträge der Grünen hinsichtlich Reduzierung des Pestizidverbrauchs, Saatgut zur Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen, Herstellung von biologischem Saatgut und noch zusätzlich die Änderung des Landwirtschaftsgesetzes – nüchtern zu betrachten, ist es dringend erforderlich, einmal den Ist-Zustand, die derzeitige Situation der Landwirtschaft anzusehen. Ich sage ganz bewusst "Ist-Zustand", weil die österreichische Landwirtschaft derzeit unverschuldet in einer nicht sehr glücklichen Lage ist, und ich meine, es ist auch hierbei – wie schon beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt bezüglich der Tiertransporte – wesentlich, das aufzuzeigen.

Im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten hat Österreichs Landwirtschaft eine Vorbildfunktion im Umweltbereich. Österreich hat ein strenges Pflanzenschutzgesetz und ein Düngemittelgesetz mit verschiedenen Beschränkungen und Einschränkungen. Auch wenn andere Länder Reformen betreffend Pflanzenschutz und Düngemitteleinsatz durchführen, müssen sie noch viele Jahre daran arbeiten, bis sie jene Standards erreichen, die es in Österreich bereits gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Ing. Maderthaner. )

Der Beweis liegt auf dem Tisch: Ehrliche Fütterung, artgerechte Tierhaltung, strenge Hygienebestimmungen und genaue Tierkennzeichnung führen dazu, dass österreichische Produkte heute im europäischen Spitzenfeld liegen! Das ist das Verdienst unserer Landwirtschaft. Ich meine, dass es in einer Zeit, in der man glaubt, etwas noch besser machen zu müssen, um den Bauern vielleicht einen besseren Verdienst zukommen zu lassen, auch notwendig ist, einmal den Ist-Zustand festzustellen, damit man weiß, wie der Soll-Zustand auszusehen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, das Problem in der Europäischen Union, das Sie ja schon einmal erwähnt haben, ist der Fluch der Menge. Viele sprechen schon davon. Aber Österreich – egal, ob das der biologische Landbau ist oder ob das andere Maßnahmen sind – ist ein Vorzeigeland. Wir haben eine flächengebundene Landwirtschaft und können sie natürlich auch noch verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Solange es aber in der Europäischen Union Tierfabriken gibt, die höchste Gefährdung durch Seuchen bedeuten, und solange die Seuchenbekämpfung von Mitgliedstaaten wie Österreich und allen Steuerzahlern mitbezahlt werden muss, ist das System ungerecht. Solange es dort noch immer intensive Bodennutzung gibt, der Boden ausgebeutet wird, Wasserschutz und Bodenschutz noch Fremdworte sind, solange es in anderen Mitgliedstaaten noch brennende Rinderberge gibt, nur die Unschuldigen immer zum Handkuss kommen und die Bauern immer die Preiseinbußen hinnehmen müssen, haben wir keine gemeinsame, sondern nur eine gemeine Agrarpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Jetzt stellt sich nicht die Frage nach dem System. Wir müssen natürlich auch den Bauern in den Mittelpunkt stellen. Was wollen wir mit unserer Landschaft? Was können wir in Zukunft den Konsumenten noch bieten, und was können wir für die Erhaltung unserer Kulturlandschaft und die Erhaltung unserer Familien und Bauernhöfe noch tun?

Ich glaube, dass es in Zukunft wichtig wird, die Zustände und Zusammenhänge aufzuzeigen. Dabei habe ich noch gar nicht davon gesprochen, was an Hygienebestimmungen, was an Umweltstandards im Zusammenhang mit der Osterweiterung noch auf uns zukommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich denke, es wäre wichtig, das einmal in den Vordergrund zu stellen. Wir sollten nicht gerade jetzt in der Krisenzeit wieder etwas erfinden, wieder etwas verschärfen. Wir können immer


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etwas verbessern, aber es braucht Zeit. Gebt den Bauern die Chance, etwas Atem zu holen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Er hat das Wort. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Jetzt kommt er wieder, der Haigermoser! – Abg. Haigermoser: Entschuldigen Sie sich endlich! Eine ganze Nation als "Schweinestall" zu bezeichnen! – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Herr Haigermoser! Nehmen Sie den Mund nicht so voll! Ihre Fraktion hat oft genug "Sager" losgelassen, die alles andere als okay waren! – Abg. Haigermoser: Frech ist er auch noch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Ich kann Ihnen persönlich eine lange Liste geben, wenn Sie wollen! – Abg. Haigermoser: Eine Entschuldigung kennt er nicht!)

21.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! (Ruf bei den Freiheitlichen: Entschuldigen Sie sich!) Ich meine, es wäre wichtig, dass wir uns für diesen Tagesordnungspunkt noch ein bisschen Zeit nehmen. (Abg. Haigermoser: Die Größe hat er nicht, dass er sich entschuldigt! Kleingeist!) Herr Kollege Haigermoser! Wir werden bald fertig sein. (Abg. Haigermoser: Hände aus dem Hosensack, wenn Sie mit uns reden!) Dann können Sie in Ruhe aus dem Haus gehen und einen schönen Abend verbringen. Aber vorher, bitte, noch ein paar Worte zu diesen Anträgen der Grünen. Diese Anträge sind ein Maßnahmenbündel für eine ökologische Neuorientierung der österreichischen Landwirtschaft. (Abg. Haigermoser: Ihre Entschuldigung erwarten wir!)

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das ist eine notwendige Konsequenz aus einer Krise der europäischen Agrarpolitik, aber auch eine notwendige Konsequenz auf der Grundlage österreichischer Skandale. Der Kern der grünen Anträge ist der Versuch, ein neues Leitbild für die österreichische Landwirtschaft zu entwickeln, eine Richtung einzuschlagen, die beinhaltet, unsere jetzige gute Position, was die Ökologisierung betrifft, auszubauen, diese Position des ökologischen Landbaus offensiv als Strategie für die Zukunft der Landwirtschaft anzugehen.

Biolandbau als Leitbild bedeutet eben, offensiv, gentechnikfrei und nach höchsten Standards Lebensmittel zu erzeugen, meine Damen und Herren. Vorrang für Bio bedeutet auch eine Zukunftssicherung für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern, weil sich die Konsumenten erwarten, dass die Qualität der Lebensmittel nicht zurückgeht und abnimmt, sondern weiterhin auf einem hohen Niveau und in Zukunft vielleicht sogar auf einem noch höheren Niveau gewährleistet ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vorrang für Bio bedeutet aber auch ganz klar Nachrang für agrarindustrielle Produktion und Entwicklungen, bedeutet Nachrang für nicht artgerechte Tierhaltung, selbstverständlich Nachrang für die Nitratbelastung des Grundwassers und auch Nachrang für den Pestizideinsatz.

Meine Damen und Herren! Diese Neuorientierung ist eine Riesenchance, die wir nützen sollten, denn – und da komme ich sozusagen zu einer Feststellung des Ist-Zustandes, die an die Ausführungen des Kollegen Zellot anschließt – die Ausgangslage ist nicht so rosig, wie Kollege Zellot das darzustellen versucht hat. Der EU-Rechnungshof hat in einer ausführlichen Analyse der Ökologisierung der gemeinsamen Agrarpolitik in Europa massive Kritik geübt, und zwar massive Kritik an den derzeitigen Umweltprogrammen in Europa. Unter anderem hat dieser Bericht des EU-Rechnungshofes festgestellt, dass die Maßnahmen derzeit in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft keine Wirkung erzielt haben!

Herr Bundesminister! Sie kennen doch diesen Bericht, Sie müssen ihn doch kennen! Keine Auswirkungen in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft, keine Maßnahmen gegen intensive Tierhaltung! Und ganz konkret zu Österreich heißt es in diesem EU-Rechnungshofbericht: Nur wenige Landwirte haben beim Einstieg in das Umweltprogramm ihre gewohnte Praxis umstellen müssen. – Das, meine Damen und Herren, ist die Realität! Daher haben wir einen Antrag gestellt, der konkret ein Aktionskonzept vorsieht, einen Aktionsplan für die Reduzierung von Pestiziden in Österreich. Das ist die einzige Chance, Herr Bundesminister – bitte hören Sie mir


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zu bei diesem Punkt! –, um den Pestizideinsatz wirklich substantiell zu reduzieren. Der EU-Rechnungshofbericht bringt das auch ganz klar und deutlich zum Ausdruck.

Ich zitiere im Folgenden wörtlich aus dem Bericht: "Ein lokal zu verzeichnender erheblicher Mindereinsatz schien oft auf eigenständigen Initiativen der Mitgliedstaaten zu beruhen." Der Bericht nimmt hierbei Bezug auf konkrete Pestizidaktionspläne in Dänemark, Finnland und Schweden.

Meine Damen und Herren! Das schwedische Programm weist einen Pestizidreduktionsfaktor von 70 Prozent auf. Wir in Österreich haben im ersten Umweltprogramm, in der Phase 1995 bis 1999, keine, ich wiederhole: überhaupt keine Reduktion der Gesamtmenge an eingesetzten Pestiziden erreicht. Herr Bundesminister, das ist ein Faktum.

Selbstverständlich stimmt es, dass wir in Teilbereichen, konkret bei den Halmverkürzern, eine bedeutende Reduktion von 60 Tonnen auf 3 Tonnen erreicht haben. Da gibt es schon relevante Rückgänge, aber bei den Hauptgruppen, bei den Herbiziden und Fungiziden gibt es keinen Rückgang. Ich meine daher, es ist dringend notwendig, diesen Aktionsplan in Kraft zu setzen. Meine Damen und Herren! Auch wenn Sie heute diese Anträge ablehnen, Sie werden bald draufkommen, dass sie EU-konform sind, dass die EU-Kommission ähnliche Vorschläge macht und dass im Umweltprogramm 2001 bis 2010 im Vorschlag der Kommission bereits jetzt ähnliche Maßnahmen enthalten sind.

Aber lassen Sie mich jetzt auch noch kurz zum Ist-Stand einiges sagen: Es gibt derzeit in Österreich keine offizielle Liste für jene Wirkstoffe, die wirklich eingesetzt werden, eine Liste, in der einzelne Wirkstoffgruppen aufgelistet sind, die öffentlich zugänglich ist, Herr Bundesminister. Auch da halten Sie Information zurück, und ich finde, es wäre Zeit, dass die Öffentlichkeit, die Abgeordneten klare Zahlen auf den Tisch bekommen, damit sie wissen, wie viele und welche Wirkstoffe – konkret, nach Gruppen geordnet – in Österreich eingesetzt werden. Es fehlt jedes Monitoring, das analysieren würde, wie die Bauern derzeit etwa mit den Pestiziden umgehen.

Es gibt deutsche Studien, die zeigen, dass in diesem Bereich immer noch sehr unsachgemäß vorgegangen wird, was natürlich auch den Bauern und Bäuerinnen zum Schaden gereicht. Es gibt auch keine Aufstellung oder Landkarte, die mir zugänglich wäre, die zeigt, in welchen Regionen Pestizide schwerpunktmäßig eingesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Das ist also der Ist-Stand, und ich verstehe es nicht, Herr Bundesminister, dass in diese Richtung von Seiten der Regierungsfraktionen kein positives Signal in irgendeiner Form kommt. Das müsste doch auch Ihnen ein Anliegen sein! Sie als Umweltminister müssten doch ein großes Interesse daran haben, auch im Bereich der Verminderung des Pestizideinsatzes Vorreiter zu sein. Ich verstehe es nicht, und ich kann es nicht fassen!

Eines noch zur Frage, wie es wirklich in Österreich aussieht. Mir liegt ein aktueller Zeitungsartikel vor: Übervolle Hühnerfabrik Seitenstetten, der bekannte Fall, ein Betrieb mit über 40 000 Legehennenplätzen. Dieser Betrieb hat noch dazu eine UVP umgangen. Das sind Entwicklungen, die derzeit in Österreich möglich sind, weil eben kein neues Leitbild, keine klare Zielorientierung und keine wirklich effiziente Bindung der Produktion an hohe ökologische Standards gegeben sind.

Herr Bundesminister! Auch das vorliegende Programm zur ländlichen Entwicklung und der Teil zum Umweltprogramm darin sind meiner Auffassung nach dringend einer Revision zuzuführen, einer Überprüfung ihrer Ziele. Ich erinnere daran: In diesem Programm für die ländliche Entwicklung wird für die Periode 2000 bis 2006 zum Beispiel für den Biolandbau nur die Aufrechterhaltung des Status quo im Grünlandbereich definiert, und das halte ich doch für eine Defensivstrategie.

Ich finde es schade, dass Sie hier nicht bereit sind, einen Schritt weiter zu gehen, einen Schritt vorwärts zu machen, damit wir von anderen EU-Ländern nicht überflügelt werden, die in diesem Bereich sehr, sehr positive Signale setzen. Auf europäischer Ebene wurde ein massiver


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Umdenkprozess in Gang gesetzt, und ich denke mir, meine Damen und Herren, Sie werden sich, wenn Sie diese Anträge ablehnen, in einigen Monaten oder Jahren einigermaßen über die Chancen wundern, die Sie dadurch versäumt haben. Es geht dabei nämlich auch um die Sicherung von Zukunftsmärkten für die österreichische Landwirtschaft. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

21.28

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pirklhuber, Sie wissen aber schon, dass das ÖPUL das größte Pestizidreduzierungsprogramm ist, das es in der Europäischen Union gibt. Wir sind im Vergleich mit anderen europäischen Ländern schon auf äußerst niedrigem Niveau. Allerdings kann man Österreich natürlich nicht mit Staaten wie Schweden oder Finnland vergleichen, die sehr extensiv genutzte, große Flächen im Norden aufweisen, wo auf Grund der kalten Temperaturen kaum Schädlinge auftreten können.

Herr Abgeordneter Pirklhuber! Bei Herbiziden und Fungiziden gibt es beispielsweise seit 1995 keine Steigerung mehr, und bei den Insektiziden konnten wir den Verbrauch von 122,8 Tonnen im Jahr 1995 auf 87,7 Tonnen absenken. Das sind immerhin 70 Prozent des Wertes des Jahres 1995. Bei den Wachstumsregulatoren ist der Einsatz – das haben Sie selbst erwähnt – von 17,3 Tonnen auf 4,7 Tonnen, also auf einen Wert von 26 Prozent zurückgegangen. Man sollte diese Bemühungen schon auch anerkennen.

Ich möchte mich aber schwerpunktmäßig mit dem Landwirtschaftsgesetz befassen, denn auch da wäre die Forderung gewesen, das Landwirtschaftsgesetz zu novellieren. Ich glaube, dass die Ziel-Paragraphen des Landwirtschaftsgesetzes nach wie vor höchste Aktualität haben, und ich möchte deshalb den § 1 in Erinnerung rufen, nämlich das, was unser Landwirtschaftsgesetz als Ziel definiert – ich zitiere –:

"Ziel der Agrarpolitik und dieses Bundesgesetzes ist es, unter Bedachtnahme auf die gemeinsame Agrarpolitik

1. eine wirtschaftlich gesunde, leistungsfähige, bäuerliche Land- und Forstwirtschaft in einem funktionsfähigen ländlichen Raum zu erhalten, wobei auf die soziale Orientierung, die ökologische Verträglichkeit und die regionale Ausgewogenheit unter besonderer Berücksichtigung der Berggebiete und sonstigen benachteiligten Gebiete Bedacht zu nehmen ist" – ich frage mich: Was haben Sie gegen diese Formulierung einzuwenden? –,

"2. die vielfältigen Erwerbs- und Beschäftigungskombinationen zwischen der Landwirtschaft und anderen Wirtschaftsbereichen auszubauen,

3. die agrarische Produktion, Verarbeitung und Vermarktung marktorientiert auszurichten,

4. die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, insbesondere durch strukturelle Maßnahmen zu erhöhen, dabei ist auf eine leistungsfähige, umweltschonende, sozialorientierte, bäuerliche Landwirtschaft besonders Bedacht zu nehmen" – das ist bereits das Ergebnis der von Minister Riegler unter tatkräftiger Mitwirkung des jetzigen Landwirtschaftsministers, der damals im Ministerbüro mit diesem Thema beschäftigt war, konzipierten ökosozialen Agrarpolitik (Beifall bei der ÖVP)  –,

" 5. den in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Personen die Teilnahme am sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand zu ermöglichen und

6. die Landwirtschaft unter Bedachtnahme auf die Gesamtwirtschaft und die Interessen der Verbraucher zu fördern, damit sie imstande ist,


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a) naturbedingte Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftszweigen auszugleichen,

b) der Bevölkerung die bestmögliche Versorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und Rohstoffen zu sichern,

c) sich den Änderungen der volkswirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen und

d) die natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft nachhaltig zu sichern, die Kultur- und Erholungslandschaft zu erhalten und zu gestalten sowie den Schutz vor Naturgefahren zu unterstützen und

e) für die Land- und Forstwirtschaft die EU-Kofinanzierungsmöglichkeiten umfassend auszuschöpfen."

Das steht im Landwirtschaftsgesetz, und ich meine, das hat heute noch genauso Aktualität wie bei der Beschlussfassung.

Wir Österreicher brauchen unsere Bauern, und deshalb begrüße ich auch die Aktion der "Kronen-Zeitung", das so genannte Bauernmanifest, weil damit die Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht wird, dass in Österreich die naturnahe Landwirtschaft auch Zukunft haben muss.

Der holländische Sozialist Mansholt hat als Agrarkommissar für Europa die industrielle Landwirtschaft gefordert mit dem Ziel, für die Konsumenten billigere Lebensmittel zu produzieren. Wir in Österreich sind nie diesen Weg gegangen. Aber wenn wir in Österreich möglichst ökologisch wirtschaften, dann sollte man schon auch meinen, dass öffentliche Einrichtungen in Österreich das unterstützen. Ich bin maßlos darüber enttäuscht, dass die Wiener Spitals-Holding wöchentlich zwischen 300 und 350 Kälber aus Holland importiert, die dort auf Milchaustauscher spezialisiert sind und nicht, wie in Österreich, sozusagen mit der Vollmilch, mit der Kuhmilch aufgezogen werden. (Abg. Großruck: Das gibt es ja nicht! – Abg. Haigermoser: So ist das in Wien!)

Vor drei Wochen musste der Geschäftsführer des Salzburger Bio-Verbandes einen Aufruf an die Bio-Bauern in Salzburg richten – ich zitiere aus der Zeitung "Salzburger Bauer" –:

"Wir empfehlen, ... Stierkälber 1. Qualität nicht mehr als Bio-Stechkälber zu vermarkten (extremes Überangebot, lange Wartezeiten), sondern als Einstellkälber für die Stiermast zu verkaufen. Durch die lange Wartezeit erreichen die Bio-Stechkälber ein zu hohes Schlachtgewicht und können dadurch nicht mehr über die Bio-Schiene vermarktet werden."

Im gleichen Zeitraum haben die gestochenen Kälber, also die Schlachtkörper, in Salzburg je nach Qualität zwischen 40 und 44 S/kg – also Bio-Stechkälber als Schlachtkörper! – gekostet, während sie vor einem Jahr noch 70 S/kg gekostet haben. Wir versuchen also, in Österreich möglichst hohe Standards zu bieten, und dann gibt es Einrichtungen wie die Wiener Spitals-Holding, die ihre Kälber aus Holland importieren, wo sie ausschließlich mit Milchaustauscher aufgemästet werden. (Abg. Haigermoser: Und die Grünen machen mit in Wien! Das ist ja peinlich!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Man muss die Realität anerkennen: Wir werden in Österreich auch in Zukunft so viel Bio-Bauern haben, wie es der Markt erfordert. Derzeit wird zum Beispiel in Salzburg auch die Bio-Milch getrennt gesammelt. Wir können allerdings nur 65 Prozent der Bio-Milch auch in Form von Bio-Produkten verkaufen, und das auch noch sehr stark im Export. Wenn dieser Export zurückfällt, beispielsweise weil in den Ländern selbst die Bio-Produktion angekurbelt wird, dann werden wir in Österreich besondere Schwierigkeiten bekommen.

In einer freien Marktwirtschaft werden Angebot und Nachfrage den Markt und den Preis regeln. Die Konsumenten müssen bereit sein, mehr biologische Produkte zu kaufen. Die Handelsketten machen für ihre Aktionen wie "Ja, natürlich!" oder "Natur pur" sehr viel Werbung, dennoch


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kommt man aber in den meisten Fällen über einen 10-, 15- oder bestenfalls 20-Prozentanteil nicht hinaus.

Diese Entwicklung werden also die Konsumenten in der Hand haben – die Bauern sind bereit. In meinem Wahlkreis sind 48 Prozent aller Bauern Bio-Bauern. Diese machen aber mir bereits den Vorwurf, dass wir hier noch Werbung für mehr Bio-Bauern machen, obwohl sie ihre Produkte bereits nicht mehr als Bio-Produkte absetzen können, weil der Markt nicht vorhanden ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haigermoser und Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Nochmals: Das Landwirtschaftsgesetz in seiner bisherigen Form ist aktuell, und deshalb glaube ich nicht, dass wir es novellieren müssen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Molterer. – Bitte.

21.37

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich komme dem Wunsch des Herrn Klubobmann-Stellvertreters Gradwohl selbstverständlich gerne nach, der ganz offensichtlich an meiner Meinung ein besonderes Interesse hat – ich finde das auch gut so. (Abg. Haigermoser: Er hat auch schon die Hirschhornknöpfe am Gewand!)

Bei dieser Diskussion, meine Damen und Herren, möchte ich doch bitten, dass wir als Vorbemerkung gemeinsam festhalten: In Österreich haben wir bisher keinen Fall von Maul- und Klauenseuche, in Österreich haben wir bei fast 70 000 durchgeführten Tests bisher keinen Fall von BSE, in Österreich haben wir ein Umweltprogramm, das europaweit vorbildlich ist, in Österreich haben wir 60 Prozent der gesamten Mittel in der ländlichen Entwicklung – in Europa sind es im Schnitt 10 Prozent –, in Österreich haben wir weitgehend eine bäuerliche Struktur in der Veredelungswirtschaft, aber auch selbstverständlich im Bereich des Ackerbaus, eine andere Struktur als industrialisierte Regionen auf diesem Kontinent, in Österreich haben wir eine Bergbauern-Förderung, die ihresgleichen sucht, die etwa mit der Einführung des Sockelbetrags eine völlig neue Dimension bekommt, in Österreich haben wir einen Anteil an Bio-Produzenten, um den uns andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union beneiden – nicht zuletzt deshalb werde ich morgen in Kopenhagen bei der Bio-Konferenz auch eingeladen sein, dieses österreichische Konzept zu erläutern und darzustellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das, meine Damen und Herren, sind die Fakten, auf die wir stolz sein sollten! Ich habe bei der letzten Gelegenheit hier im Plenum die Bitte geäußert: Seien wir doch auch Patrioten in diesem Zusammenhang! (Abg. Haigermoser: Das muss man den Grünen sagen!) Seien wir doch stolz auf das, was wir erreicht haben, und geben wir doch den Bauern auch das Signal, dass wir richtig liegen, dass die Bauern auf das richtige Pferd gesetzt haben! – Die Diskussion, die jetzt geführt wird, wird doch eigentlich von manchen so geführt, als ob wir in einem anderen Land wären! Manchmal habe ich den Eindruck, wir sind in irgendeiner Industrieregion dieses Kontinents, wenn wir über die Agrarpolitik diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher ist es durchaus gescheit, wenn wir über die Strategie debattieren, Herr Kollege Pirklhuber, aber dann auch über die richtige.

Ich bin der Meinung, dass wir in Europa Marktordnungen brauchen, die den Namen auch verdienen, indem sie den Markt tatsächlich ordnen und auch mengenmäßig Steuerungselemente beinhalten. Ich bin der Meinung, dass wir in Europa einheitliche Standards für alle Produzenten brauchen, damit für Produzenten, die sich an ökologischen Kriterien orientieren, kein Wettbewerbsnachteil entsteht. Und ich bin drittens der Meinung, dass wir in Europa mehr für die ländliche Entwicklung umschichten müssen, denn, Herr Abgeordneter Gradwohl, alles, was in der ländlichen Entwicklung eingesetzt wird, kommt letztendlich der Gesellschaft zugute, auch wenn die Bauern das Geld bekommen.

Das Umweltprogramm ermöglicht eine umweltgerechte Produktion, von der alle etwas haben! Die Bergbauernförderung bekommt zwar der Bergbauer, aber der Städter ist froh, weil die


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Landschaft gepflegt wird. – Ich würde sagen, dass wir die Diskussion in dieser Art und Weise führen sollten.

Ich vertrete das Prinzip, dass die Tierhaltung flächengebunden sein soll (Abg. Zweytick: Richtig!)  – unter Beachtung der Kleinproduzenten und ihrer Probleme. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie wissen, dass Österreich für die Staffelung der Marktordnungszahlungen auf europäischer Ebene eintritt. Warum auf europäischer Ebene? – Ich sage es zum x-ten Mal: weil ich die österreichischen Produzenten, die österreichischen Bauern nicht in Wettbewerbsnachteile zu ihren Mitbewerbern bringen will.

Ich meine, dass ein Teil der Strategie die Qualitätsdifferenzierung ist, die aber am Markt auch Platz haben muss. Die Qualitätsdifferenzierung wird auch eine Preisdifferenzierung erfordern – das ist Teil dieser Strategie –, weil nur bessere Preise letztendlich eine höhere Qualität ermöglichen. Dieses Prinzip des Marktes gilt es auch hier umzusetzen. Und aus meiner Sicht ist die Ökologisierung ein flächenhaftes und kein sektorales Ziel, weil wir nur dadurch ehrgeizige Projekte wie etwa den Grundwasserschutz verwirklichen können.

Daher noch einmal ein offenes Wort im Bereich des biologischen Landbaus: Jeder in diesem Haus hat Interesse daran, dass es mehr Biobauern gibt, nehme ich an, und es ist doch das gemeinsame Ziel, die Nase vorne zu behalten. Ja! Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, dass wir dieses Ziel isoliert von der Entwicklung des Marktes sehen, weil wir sonst für die Biobauern eine problematische Entwicklung einleiten würden, die letztendlich Überschussproduktion und Preisdruck bewirkt – etwas, worunter der konventionelle Sektor in wichtigen Bereichen leidet. Das ist der springende Punkt: Motivieren wir die Konsumenten und den Handel, dann wird auch das Ziel, mehr biologisch produzierende Betriebe zu haben, leichter umzusetzen sein.

Nur einen Satz am Schluss, meine Damen und Herren: Lassen wir bei all dieser Diskussion doch nicht aus dem Auge, dass wir wirtschaftlich erfolgreiche bäuerliche Betriebe brauchen! Doch bei vielen dieser Debatten wird A diskutiert, aber nicht B dazugesagt. Die Bauern wollen diese Qualität erzeugen und ihrer ökologischen Verpflichtung nachkommen. Sie brauchen aber auch die wirtschaftlichen Grundlagen dafür, die einerseits durch die Förderungen zu gewährleisten sind, aber durch die Förderungen nie vollständig abgegolten werden können, weil die bäuerliche Landwirtschaft den Anspruch stellt, am Markt zu verdienen und mit guten Produkten auch gute und vernünftige Preise zu erzielen.

Das ist ein Teil, ein ganz wesentlicher strategischer Teil eines agrarpolitischen Konzepts. Ich will nicht, dass Agrarpolitik Förderungsdiskussion bedeutet und die Bauern letztendlich zu Förderungsempfängern normiert werden. Nein, ich möchte wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe, die sich letztendlich auch am Markt durchsetzen, wo wir jenen Konsumenten brauchen, der dann auch tatsächlich das tut, wovon er in der Umfrage redet. Und wir brauchen die Wirtschaft als Partner, sowohl in der Verarbeitung als auch im Handel, die diese Strategie dann auch tatsächlich erfolgreich gemeinsam umsetzt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Der "Satz zum Schluss" waren acht Sätze!)

21.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. Er hat das Wort.

21.44

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, weil Sie den Bergbauernzuschuss und die Ausgleichszulage angesprochen haben, möchte ich, um der Wahrheit einen Dienst zu erweisen und um das vielleicht ins richtige Lot zu rücken, Folgendes sagen: Der Bergbauernzuschuss und die Ausgleichszulage waren Errungenschaften aus der sozialdemokratischen Ära in den siebziger Jahren, die für unsere Bauern geschaffen wurden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Zum Kollegen Präsidenten Schwarzenberger: Ich glaube, es ist wirklich bedauerlich, wenn es so ist und wenn es stimmt, dass die Spitals-Holding in Wien ihr Fleisch aus dem Ausland bezieht. Ich kann nur von meiner Region sagen, dass die Krankenhäuser rund um Bad Ischl und Gmunden bestes Fleisch aus den dortigen Bergen beziehen, und die Patienten sind vollauf zufrieden mit den saftigen Steaks, die dort serviert werden! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Zweytick: Sag das auch dem Häupl!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vorweg sagen, dass wir mit dem Antrag 191/A des Kollegen Pirklhuber mitgehen, weil es wichtig wäre, dass der biologische Landbau im Landwirtschaftsgesetz festgeschrieben wird und jenen Stellenwert bekommt, der ihm tatsächlich zusteht. Wir sehen, dass biologischer Landbau in Österreich tatsächlich stiefmütterlich behandelt wird. Es gibt wirklich und absolut keine Chancengleichheit gegenüber den herkömmlichen Bewirtschaftungsformen. Wir sehen das einerseits bei der Förderungspolitik, und wir haben das andererseits bei der Budgetbeschlussfassung gesehen, wo die Mittel für den Biolandbau noch einmal gekürzt wurden.

Meine Damen und Herren! Biologisches Wirtschaften bedeutet – das haben wir heute schon gehört – mehr Tierschutz, bedeutet Artenschutz, bedeutet Bodenschutz und bedeutet vor allem Schutz des Trinkwassers – eine ganz wichtige Angelegenheit. Alles ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sehr, sehr viele Menschen in Österreich kein Trinkwasser in ausreichender Qualität zur Verfügung haben. Wir wissen, dass es große Probleme mit dem Nitrat im Trinkwasser gibt. Überall dort, wo intensive Landwirtschaft betrieben wird, haben wir diese Situation. Ich spreche hier vom Marchfeld, ich spreche hier vom Leibnitzer Becken (Abg. Zweytick: Weißt du, wie hoch die Nitratwerte im Leibnitzer Feld derzeit sind?), und es gibt noch viele andere Gebiete, die in Mitleidenschaft gezogen wurden. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Gerade deshalb, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ist der Verkauf von Wald und Wasser, den Sie eingeleitet haben und vorantreiben, der falsche Weg. Ich würde sagen, dieser Weg ist unverantwortlich. 28 000 Hektar stehen zum Verkauf – es gibt ja jetzt eine neue Verkaufsliste der Bundesforste AG –, und ich sage Ihnen, natürlich sind bei diesem Verkauf auch Wasserquellen betroffen; ich verweise etwa auf den Bereich Wolfgangtal. Natürlich sind auch große Wassereinzugsgebiete davon betroffen – ich verweise etwa auf den Verkauf des Schobersteins –, und natürlich sind auch Teile von Schutzwäldern betroffen, ebenfalls im Schobersteinbereich.

Ich höre auch nichts mehr darüber, wie zum Beispiel die Rechte der Eingeforsteten abgesichert werden. Meine Frage dazu: Gibt es hier nur vage Zusagen oder gibt es Verträge, die wirklich bindend sind, damit die Dienstbarkeit der Eingeforsteten auch im Grundbuch festgehalten werden kann?

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsfraktionen! Ich sage Ihnen, Ihr Waldverkauf wird sich rächen. Sie verursachen einen nie mehr gut zu machenden Schaden. Die Wähler werden Sie dafür zur Verantwortung ziehen! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

21.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. Er hat das Wort.

21.48

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Pirklhuber, die Grünen und einige Organisationen, die Ihrer Partei recht nahe stehen, lassen anscheinend wirklich nichts unversucht, um unseren heimischen Erzeugern ein schlechtes Zeugnis auszustellen. Herr Pirklhuber, gerade Sie als Bauer müssten wissen, dass wir hier in Österreich die strengsten Erzeugerrichtlinien in der Europäischen Union vorfinden und dass gerade das ÖPUL-Programm ein Garant für gesunde Lebensmittel und eine umweltorientierte und umweltverträgliche Landwirtschaft ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Ich habe über die Konsumenten gesprochen!)


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69. Sitzung / Seite 220

Herr Kollege Pirklhuber, anstatt die Konsumenten zu verunsichern, sollten Sie die Konsumenten darüber aufklären, wie vorteilhaft es ist, österreichische Lebensmittel zu genießen und damit unseren umweltorientierten und ökologisch orientierten Bauern zu helfen, ihre Existenz in Zukunft abzusichern. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Damit gehe ich konform!)

Herr Kollege Pirklhuber! Wie schaut es in den anderen Ländern der Europäischen Union aus? Ich habe hier eine APA-Meldung vom 9. Mai. Darin rät die Hamburger Verbraucherzentrale den deutschen Konsumenten, beim Genuss von Erdbeeren zu warten, bis deutsche Erdbeeren, also mehr oder weniger ökologische Erdbeeren, auf dem Markt sind. Sie sollen laut Laborchef Mehmet Cetinkaya nicht zu den spanischen oder italienischen Produkten greifen, weil er behauptet, dass gerade italienische und spanische Erdbeeren stark mit Spritzmitteln behaftet sind und dass von 20 Proben sechs mehr oder weniger verseucht waren.

Herr Kollege Pirklhuber! Auch das ist Landwirtschaftspolitik. Wenn Sie hier in Österreich so agieren würden, dann könnten Sie unseren Bauern wirklich helfen. Aber hier in Österreich muss ja anscheinend alles mies gemacht werden. In Ihren Anträgen verlangen Sie noch härtere Strafen als bisher. Wissen Sie überhaupt, wie hoch die Strafen für Bauern sind, wenn sie sich nicht an die Richtlinien im ÖPUL halten? – Herr Kollege Pirklhuber! Diese Strafen sind heute für manche Bauern zum Teil existenzbedrohend. Man muss als Strafe mehr oder weniger die Förderungen von fünf Jahren zurückzahlen, wenn man bei einem Vergehen erwischt wird. Jeder Bauer ist gut beraten, wenn er sich streng an die ÖPUL-Richtlinien hält, wenn er um diese Förderungen ansucht. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das geschieht ja auf freiwilliger Basis!)

Kollege Pirklhuber! Sie können von einem den Bauern gut gesonnenen Abgeordneten gar nicht verlangen und erwarten, dass er irgendeinem Ihrer Anträge zustimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollege Wimmer! Gerade Sie und die Sozialdemokratie wären gut beraten, in diesem Fall nicht bei den Anträgen der Grünen mitzugehen. In Wirklichkeit fügen Sie damit der österreichischen Landwirtschaft einen enormen Schaden zu, und Sie werden es – ich garantiere es Ihnen – in den nächsten Jahren noch sehr bereuen, wenn Sie auf die Vorschläge des Kollegen Pirklhuber eingehen.

Die hohen Erzeugerstandards, mit denen die österreichischen Bauern heute schon in Österreich aufwarten, sind ein Garant für unsere Konsumenten – dafür, dass sie auch in Zukunft gesunde Lebensmittel von österreichischen Bauern beziehen können. Tun wir bitte alle gemeinsam etwas, um die Konsumenten davon zu überzeugen, dass es richtig ist, auf österreichische Agrarprodukte zurückzugreifen und damit unseren Bauern, unseren ökologisch orientierten Bauern ihre Existenz hier in Österreich zu ermöglichen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Er hat das Wort.

21.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon interessant, wie sich die Einschätzung der österreichischen Agrarpolitik innerhalb von zwei Jahren in der Darstellung des Kollegen Wenitsch geändert hat. (Abg. Schwarzenberger: Aber auch der SPÖ!) Aber man ist ja lernfähig, nehme ich an.

Herr Bundesminister! Es war wirklich gut, dass Sie sich in der Debatte zu Wort gemeldet haben, denn ich kann das nur unterstreichen, was Sie gesagt haben. Ich glaube, es ist für die österreichische Landwirtschaft, für die österreichische Bevölkerung immens wichtig, dass wir keinen Fall von BSE oder von Maul- und Klauenseuche in unserem Land haben, und ich hoffe nur im Interesse von uns allen, dass das auch in Zukunft so bleibt.


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Ich hoffe aber auch, Herr Bundesminister, dass Sie, wie im Ausschuss angesprochen, die Untersuchungen, die notwendig sind – und ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass sie notwendig sind –, auch in Zukunft finanzieren können und Ihr Finanzierungsplan hoffentlich hält.

Sie haben den Patriotismus angesprochen und gemeint, man muss der Landwirtschaft zeigen, dass sie auf das richtige Pferd gesetzt hat. Hier gehen unsere Meinungen auseinander, denn das richtige Pferd, wie Sie es sehen, Herr Bundesminister, ist in meinen Augen schon so, auf den alten Gleisen fortzufahren und Neuerungen so langsam wie möglich einzuführen. Wenn wir uns die Erfolge, für die Sie dann Patriotismus einfordern, anschauen, dann sieht man, es ist zwischen dem, wie Sie es darstellen – zum Beispiel im Ausschuss, wo Sie gemeint haben, die Absatzrückgänge betragen je nach Region zwischen null Prozent und 10 Prozent, und die Preise liegen etwa 20 Prozent bis 25 Prozent unter dem Vorjahrsniveau –, und dem, was sich dann in der Realität abspielt – der richtige Weg, wie Sie es genannt haben –, ein Unterschied.

Wenn ich mir die lokalen Zeitungen anschaue, dann stelle ich fest, das sieht anders aus, als Sie es schildern. Diese Zeitungen sind nicht von irgendwann, sondern sind von dieser Woche. Die Überschriften lauten zum Beispiel: "Ausweglose Lage", "Trostlos", "Die Situation der Rinderbauern ist sehr schlecht", "Die Fleischpreise sind zu niedrig". – Aber das ist nicht die "böse Opposition", die das kritisiert, meine Damen und Herren, sondern das sind die Aussagen der Bauernvertreter, das sind die Aussagen der Bauernkammer Mistelbach, der Bauernkammer Wolkersdorf, der Bauernkammer Poysdorf. Die Bauernkammer Poysdorf, Herr Präsident Schwarzenberger, hat etwa festgestellt: "Derzeit sind wir vollkommen ohne Rinderbauern, und voraussichtlich wird es den Schweinebauern bald ähnlich ergehen." – Das kann nicht der richtige Weg oder das richtige "Pferd" sein, meine Damen und Herren.

Und da Sie die Änderung der Förderungspolitik angesprochen haben, Herr Bundesminister, muss ich Ihnen sagen: Diese Änderung der Förderungspolitik geht zu zögerlich vor sich, denn Sie fördern in erster Linie nach wie vor Ihre 400 Förderungsmillionäre. Diese stehen im Vordergrund, und nicht der kleine Landwirt. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Schwarzenberger hat sich für das Bauernmanifest bedankt und es eine gute Darstellung genannt. Was steht da zum Beispiel drinnen? Dass man den Bauern den Zwang zur Massentierhaltung, zum Missbrauch von Chemie- und Arzneimitteln überlässt. – Wenn das ein Oppositionspolitiker sagt, Herr Präsident Schwarzenberger, dann schreien Sie laut, aber wenn das Nenning oder Dichand sagen, dann bedanken Sie sich einschließlich dem Herrn Bundesminister, der sogar ein Fax geschickt hat. Da heißt es: Missbrauch in der Landwirtschaft – und Sie bedanken sich. Und diesen Missbrauch gibt es tatsächlich. (Abg. Schwarzenberger: Beim Missbrauch wird die europäische Landwirtschaft kritisiert!)

Kommen wir zum Abschluss noch einmal auf das Trinkwasser zurück, Kollege Wenitsch! Du hast erwähnt, dass du bis jetzt in deiner Heimatgemeinde trotz Bezug des Wassers aus einem Hausbrunnen noch keine Probleme gehabt hast. Ich habe mir die Mühe gemacht und die Nitratwerte aus deiner Heimatgemeinde, aus Weikendorf, überprüft. Der mindeste Wert aus dem Jahr 1992 betrug 118 Milligramm, ein Spitzenwert aus 1996 lag bei 206 Milligramm, und der letzte Wert vom September 2000 ist 134 Milligramm, also eine drei-, vier-, fünffache Grenzwertüberschreitung, aber der Kollege Wenitsch hat keine Probleme. (Beifall bei der SPÖ.)

21.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist ... (Abg. Wenitsch: Tatsächliche Berichtigung!) Die Anmeldung geht nicht per Zuruf. (Abg. Wenitsch begibt sich zum Präsidium. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Abgeordneter Wenitsch zu Wort. Ich bitte, den zu berichtigenden Sachverhalt wiederzugeben und den tatsächlichen hinzuzufügen.

21.58

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Kollege Kummerer hat hier eben behauptet, ich hätte gesagt, dass wir in unserer Gemeinde keine Probleme mit dem Nitrat hätten.


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Ich stelle richtig: Ich habe gesagt, obwohl wir in meiner Gemeinde keine Ortswasserleitung haben, habe ich in meinem Hausbrunnen kein Problem mit den Nitratwerten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Er hat das Wort.

21.59

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich ist mit einer verantwortungsvollen, angepassten und nachhaltigen Agrarpolitik, welche auf alle landwirtschaftlichen Betriebe ausgerichtet ist, erfolgreich. Auch in Zukunft möchten wir unter Bundesminister Molterer diesen Weg gehen.

Der Vergleich mit anderen Ländern in Europa macht uns sicher. Wir haben in Österreich weniger Betriebsaufgaben in der Landwirtschaft als alle anderen Länder in Europa. Es gibt zum Glück ein Nebeneinander von Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetrieben. Österreich hat den höchsten Anteil an biologisch wirtschaftenden Betrieben und ist damit Vorreiter in Europa. Österreich ist sparsam im Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldüngern. Wir sind aber auch im Spitzenfeld, wenn es darum geht, neue Entwicklungen für die Landwirtschaft aufzubauen.

Über die ländliche Entwicklung werden derzeit gerade der Einsatz von Biomasse, regionale Vermarktungsinitiativen sowie der ländliche Dienstleistungsmarkt forciert. Gerade Investitionen für regionale Märkte im Nahrungsmittelbereich sind eine Chance, Produkte mit erhöhter Wertschöpfung zu vermarkten und so den Bauern mehr Einkommen zu bieten.

Die Forderung der Grünen, den biologischen Landbau durch Verankerung im Landwirtschaftsgesetz zu fördern und weiterzuentwickeln, ist gut gemeint, bringt uns aber insgesamt nicht weiter. Als Tiroler müsste ich dann behaupten, bei uns spielt der Urlaub am Bauernhof eine große Rolle, und wir müssen auch diesen im Landwirtschaftsgesetz verankern, oder etwa auch die 70 000 Maschinenring-Bauern, welche es in Österreich gibt.

Es kann und darf nicht sein, dass biologisch und konventionell geführte Betriebe sektoral auseinander dividiert werden (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wenitsch ), vielmehr brauchen wir in der Landwirtschaft ein gegenseitiges Verständnis. Nicht der konventionell wirtschaftende Betrieb ist schlecht und der Biobetrieb ist gut, wir brauchen beide, um die vielseitigen Anforderungen des Marktes, welche die Zukunft bringt, zu erfüllen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wenitsch. )

20 000 Bauern suchten in der Vergangenheit ihre Chance im Biolandbau. Einige wurden leider enttäuscht. Höherer Aufwand, steigende Auflagen und zu wenig Absatz brachten damit weniger Ertrag. Auch die vielzitierte Bioförderung konnte nicht alles ausgleichen. So sind etliche Bauern berechtigterweise ausgestiegen, und auch eine Verankerung des biologischen Landbaus im Landwirtschaftsgesetz wird diese nicht wieder so schnell zurückbringen. Ohne neue Absatzchancen werden wir Bauern schwer motivieren können, biologisch zu produzieren. Wir brauchen also neue Strategien, angepasste Konzepte, um den Biolandbau in Österreich anzukurbeln.

Eine einheitliche Biomarke kann den Marktauftritt optimieren, der Handel, aber vor allem der Konsument wünscht weniger, aber verlässliche Marken. Neue Märkte wie öffentliche Einrichtungen, Pflegeheime, Krankenhäuser sollen verstärkt Bioprodukte einsetzen. Auch im Wellness- und Gesundheitsbereich ist für Bioprodukte ein interessanter Markt. Wir brauchen aber insgesamt ein neues Verständnis für Nahrungsmittel. Nicht der billige Preis, sondern die Qualität muss Priorität haben. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Wenitsch. )

Eine gesetzliche Verankerung des Biolandbaus bringt uns also nicht weiter, sondern gefragte Produkte, welche der Markt verlangt, gezieltes Marketing, aber vor allem – aus Sicht der Bauern – faire Erzeugerpreise für Bioprodukte. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Wenitsch. )


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Bundesminister Molterer und sein Team sind Garanten dafür, dass der Stellenwert des Biolandbaus in Österreich erhalten bleibt und auch in Zukunft angepasst ausgebaut wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer. – Bitte.

22.03

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Eingangs möchte ich die Vorbemerkung machen, dass man sich natürlich bemühen soll, hier vorliegende Anträge in der Form zu behandeln, dass man einen gemeinsamen Weg findet. Aber ich glaube, es ist falsch, so zu tun, als wäre in Österreich alles in Ordnung, als gäbe es keine Nitratprobleme, keine Pestizidprobleme. All diese Probleme haben wir natürlich, weil auch Messungen ergeben haben, dass es Regionen gibt, in denen im Grundwasser 200 und sogar bis zu 300 Milligramm nachgewiesen wurden. Es kann durchaus sein, dass das ein Einzelfall ist und jemand, der knapp daneben wohnt, kein Problem hat, aber dass es in der Region Probleme gibt und die Sanierungsgebiete nicht zu Sanierungsgebieten erklärt wurden, weil zum Beispiel der Herr Bundesminister noch keine Maßnahmenverordnung erlassen hat, obwohl das Wasserrechtsgesetz sehr wohl geändert wurde.

Was ich auch einmal sagen möchte: Es sollen keine Gegensätze aufgebaut werden, aber es ist der falsche Weg, sich herzustellen und zu sagen: Wir sind froh, dass wir nicht so sind wie die anderen, die da so schlecht produzieren. Es ist ein Bemühen, auf einer Qualitätsschiene eine Chance, eine echte Marktchance zu erlangen, und dazu gehören auch Differenzierungen, was sich letztlich auch im Preis und in den verschiedenen Ausformungen der Weiterverarbeitung zeigt.

Das alles ist nicht das Problem, meine sehr geschätzten Damen und Herren, aber wir kommen keinen Schritt weiter, wenn wir so tun, als gäbe es keine Verbesserungsmöglichkeit. Da gibt es tatsächlich viele Verbesserungsmöglichkeiten. Fragen wir uns einmal, warum wir in Österreich nicht zu einem gemeinsamen Tierschutzgesetz kommen. – Weil für die Nutztiere in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Vorstellungen bestehen. Es kann mir jedoch niemand sagen, dass die Salzburger hinsichtlich dieser Problematik tatsächlich eine ganz andere Betrachtungsweise haben können als die Niederösterreicher und umgekehrt. Das kann wohl nicht so sein, wenn man von einer einheitlichen Normierung ausgehen will.

Ich möchte meinen, dass so eine Normierung wichtig wäre, gerade zum Beispiel in der Frage der Pestizide, die hier immer wieder angesprochen wird. Es ist kein gutes Zeichen, wenn ein Bundesland die Grenzwerte für Atrazin von 0,1 auf 0,2 hinaufsetzt, weil es sie nicht erfüllen kann. Es geht doch letztlich darum, dass wir gemeinsam einen Weg gehen, der Qualitätsnormen erfüllt, die uns glaubwürdig als Markenzeichen in Europa dienen. Das ist das Entscheidende.

Ich betrachte daher die heutige Diskussion als einen Anfang, der aber von vielen auch wieder in eine falsche Richtung gelenkt wird, weil nämlich nicht das Bemühen im Vordergrund steht, das herauszuarbeiten, worauf es ankommt, nämlich die Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Konsumenten. So eine Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Konsumenten ist zum Beispiel im Trinkwasserbereich sehr deutlich gegeben. Auf der einen Seite der Konsument, der das Recht auf einwandfreies Trinkwasser hat, was nur sicherzustellen ist, wenn auf der anderen Seite die Landwirtschaft entsprechend produziert und somit auch sicherstellt, dass dieses Wasser mit diesen geringen Belastungen dem menschlichen Konsum zugeführt wird.

So glaube ich, dass wir diese Diskussion tatsächlich als eine Chance betrachten sollen, dass wir gemeinsam einen Weg gehen sollen, der, wie Bundesminister Molterer auch erwähnt hat, zum Beispiel von Flächenbindungen bei der Tierhaltung ausgeht und von all dem, was letztlich für Europa auch eine Chance ist.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, solange wir nur versuchen, den anderen etwas zuzuschieben und zu unterstellen, kommen wir keinen Schritt weiter. In Wirklich


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keit sollten wir diese jetzige Diskussion, sei es über Nitrate, sei es über Pestizide, sei es über Flächenbewirtschaftung, doch als eine Chance betrachten. (Abg. Donabauer: Hausgartenbewirtschaftung!) Ja, Hausgartenbewirtschaftung. – Es geht einfach darum, ein Bewusstsein zu schaffen, das letztlich dazu führt, dass wir das höchste Gut, nämlich eine giftfreie Umwelt, haben. Und darauf kommt es an!

Daher glaube ich, dass es wichtig ist, auch in Europa – das ist in den letzten zwei Monaten herausgekommen – über ein Chemikaliengesetz zu reden. Wir wissen natürlich, dass für die Chemie nicht nur die drittgrößten Produktionsstätten bestehen und sie Wirtschaftsbedeutung hat, sondern sehr viel von der Chemie abhängig ist. Das Ziel der Anwendung von Chemie kann es aber nicht sein, eine vergiftete Umwelt zu haben, sondern in die Erzeugung höherwertiger Produkte einzusteigen und dadurch das Negative zu vermeiden und die positiven Auswirkungen zu nutzen.

Daher brauchen wir ein neues Chemikaliengesetz für Österreich und für ganz Europa, und in diese Richtung soll die Debatte auch führen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pistotnig. Er hat das Wort.

22.08

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Lieber Herr Geschäftsführer eines Biobauernringes Dipl.-Ing. Pirklhuber, Sie mahnen hier ein Maßnahmenbündel für ökologische Erneuerung der österreichischen Landwirtschaft ein. Sie sagen: Biolandbau, Vorrang für Bio, die Konsumenten erwarten das. Das ist mir klar, ich stimme Ihnen zu, nur, haben Sie sich schon einmal gefragt, ob die Konsumenten auch bereit sind, die teurere Produktion auch zu bezahlen. Dort liegt eigentlich das ganze Problem. Wenn heute eine Hausfrau in den Supermarkt geht und ein Massenprodukt aus Holland angeboten bekommt und wir von ihr erwarten, dass sie um den dreifachen Preis Bioware kauft, dann werden wir ein Problem bekommen.

Sehr geehrter Herr Pirklhuber! In Ihrem Antrag 191/A steht unter Punkt 6 zu lesen: "auf die Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen und/oder auf deren Grundlage hergestellte Erzeugnisse zu verzichten". Ausgenommen davon sollen Tierarzneimittel sein – das leuchtet mir noch ein – oder auch bestimmte Arten von Düngemitteln und Bodenverbesserern. – Wenn wir schon verzichten, warum nicht auch auf diese beiden. Dann verzichten wir gleich auf die beiden auch, und lassen wir es nur für die Tierarzneimittel.

Da Sie, was die Pestizide anlangt, als Beispiel Dänemark, die Niederlande und Schweden anführen, die eine Pestizidverbrauchsreduzierung beschlossen haben, und zwar eine Halbierung in fünf bis zehn Jahren, darf ich Ihnen schon Folgendes sagen:

Lieber Herr Kollege Pirklhuber, falls ihnen das nach erfolgter Durchführung gelingt, dann ist bei ihnen der Verbrauch immer noch wesentlich höher als in Österreich. Allein diese Errungenschaft müssen sie uns einmal nachmachen!

Ich möchte heute sagen: Beschmutzen wir nicht das eigene Nest! Machen wir uns nicht schlechter, als wir sind! Wir haben das ÖPUL-Programm. Wir haben eines der besten Landwirtschaftsgesetze. Seien wir doch stolz auf unsere strengen Pestizidgesetze! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben heute wieder Erneuerungen vorgenommen. Heute haben wir wieder eine Novellierung eines der besten Tiertransportgesetze beschlossen. Das Grundwasser ist weitgehend in Ordnung. Der Wald ist gepflegt und gesund. Ganz Österreich hat Kanäle. Gibt es das in Venedig oder in Genua? Bei uns hat sogar der letzte Bergbauer einen Kanal. Auch das gehört zur Umwelt!


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Sehr geehrter Herr Pirklhuber! Jetzt sage ich noch etwas: Gerade heute wurde wieder erwähnt, dass uns die Leute von Greenpeace erklären, was bei uns alles notwendig wäre. Erst vor kurzem gab es einen Skandal, den Antibiotikaskandal, der von den Vier Pfoten hochgezogen wurde. Und ich darf Sie fragen: Wo ist denn das Ergebnis? Hören wir doch endlich einmal auf, unsere Bauern zu kriminalisieren! Schätzen wir ihre Arbeit, denn sie produzieren gesunde Nahrungsmittel! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bei aller Freundschaft: Ich habe hier einen ganz dicken Akt. Darin wird immer nur gefordert. Ich habe aber in einer solchen Broschüre – wie dieser von Greenpeace – noch nicht ein einziges Mal gelesen, dass der Bauer auch eine Chance haben muss, finanziell mit seiner Wirtschaft zu überleben. Das interessiert offenbar keinen! Aber auch das ist notwendig!

Ich darf Ihnen eines sagen: Wir in Österreich sind mit unserer Landwirtschaft Musterschüler – das habe ich hier schon einmal gesagt –, und das ist auch nachzuweisen. Aber Musterschüler tun sich natürlich in einem solchen Kreis, speziell in der EU, schwer, denn die Produktion eines Musterschülers kostet natürlich wesentlich mehr, als wenn jemand einfach drauflos produziert. Eine solche Produktion ist eben teurer.

Da möchte ich Sie fragen: Hat eigentlich nach Meinung dieser Leute und auch nach Ihrer Meinung der Bauer oder der Forstwirt eigentlich ein Recht nicht nur auf Leben, sondern auch auf Überleben? Das ist nämlich auch sehr wichtig!

Lassen wir daher die Kirche im Dorf. Seien wir stolz auf unsere Errungenschaften, seien wir stolz darauf, dass wir Musterschüler sind, seien wir stolz auf unsere Bauern und geben wir ihnen die Chance zu überleben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Keppelmüller. Er hat das Wort.

22.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Selbstverständlich wollen wir, dass unsere Bauern überleben. Wir haben jedoch eine etwas andere Auffassung: Wir wollen insbesondere, dass die vielen kleinen Bauern und die Bergbauern noch ein bisschen besser überleben, als es bei der derzeitigen Förderungspraxis der Fall ist! (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Um zum Thema zurückzukommen: Natürlich ist auch mir klar – in der Pflanzenschutzmittelproblematik zeigt sich das auch im internationalen Vergleich –, dass wir grundsätzlich, wie in vielen Bereichen, in der Landwirtschaft diesbezüglich fraglos im guten Vorderfeld liegen. Aber es ist von Kollegen Bauer auch schon angesprochen worden, dass wir uns natürlich, wenn wir der "Feinkostladen Österreich" sein wollen, auch immer wieder darum bemühen müssen, unsere Position noch zu verbessern.

Herr Minister! Kollege Pirklhuber beziehungsweise der Antrag der Grünen sprechen in diesem Bereich sehr wohl etwas an. Ich bin selbst Chemiker, und es gab einmal den verunglückten Slogan der chemischen Industrie: "Alles im Leben ist Chemie". – Das ist ordentlich in die Hose gegangen und hat die Leute misstrauisch gemacht! Pirklhuber spricht mit seinem Antrag einen Bereich bei den Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden, wie übrigens bei allen Umweltchemikalien, an, der eine gewisse Grauzone darstellt. Ich habe mich jetzt damit beschäftigt und festgestellt, dass die diesbezüglichen Aussagen beziehungsweise Statistiken nicht sehr zuverlässig sind, und zwar nicht nur betreffend die Wirkstoffe, denn da haben wir ohnedies etwas mehr Einblick, sondern betreffend die Beimengungen, die eigentlich den Hauptteil der Mittel darstellen, die mit den Wirkstoffen komponiert werden. In diesem Zusammenhang gibt es eine große Grauzone.

Es gibt dazu einen Bericht aus dem Jahre 1996 von Greenpeace oder von Global 2000, der einiges aufhellt. In gewisser Weise ist er aber auch einseitig, und daher würde ich mir wünschen, dass man diesem Problem seitens Ihres Ministeriums doch einmal verstärkte Aufmerk


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samkeit widmet! Ein guter Anlass, diese Problematik einmal eingehender zu beleuchten, ist meiner Meinung nach der nächste, also – wie ich glaube – der sechste Umweltkontrollbericht, der irgendwann in der nächsten Zeit fällig ist, damit wir auch einmal wissen, wie sich diese Pflanzenschutzmittel entwickeln.

Im Zusammenhang mit guten Auswirkungen wurde heute von ÖPUL geredet. Ich bin nicht ganz sicher, ob das gerade auf den Bereich der Pflanzenschutzmittel zutrifft. Ich habe manchmal den Verdacht, dass sinkende Mengen auch damit zu tun haben, dass man auch andere Wirkstoffe hat, die man nicht mehr in so großen Mengen einsetzt, die aber möglicherweise wiederum ein bisschen giftiger sind.

Ich stelle fest, dass in der Pflanzenschutzmittelindustrie sehr wohl über Alternativen nachgedacht wird. Ich selber verwende Pheramonfallen gegen Lebensmittelmotten. Das ist auch ein bisschen etwas anderes. Es tut sich auf diesem Gebiet also etwas. Man muss sich dabei natürlich immer im Klaren sein, dass das für die Motten nicht klass ist, ich würde mir das nicht wünschen, es ist aber natürlich auch mit sehr viel Geschäft verbunden. Das muss man auch sehen.

Man sollte betreffend den ganzen Bereich ernsthaft, aber vielleicht auch ein bisschen keck diskutieren, ohne gleich wieder nur schwarzweiß zu malen und zu sagen, dass die einen die Bauern vernichten und die anderen die Bauern nur vergolden wollen. Auch ich bin der Meinung, dass im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln in der nächsten Zeit sicherlich gerade vielen Naturstoffen eine bedeutende Rolle zukommen wird. Die Forschung geht in diese Richtung.

Herr Bundesminister! Auch ich bin der Meinung, dass man nicht stereotyp sagen soll: Über Gentechnik reden wir überhaupt nicht! – Auch das muss man sich anschauen und dann abwägen. Ich meine, dass wir in Österreich aufpassen sollten, dass wir betreffend Biotechnologie im weitesten Sinn nicht ins Hintertreffen kommen, was uns wahrscheinlich einmal sehr Leid tun würde. Auch über diesen Bereich muss ordentlich diskutiert werden, vielleicht gibt es diesbezüglich auch Kosten-Nutzen-Überlegungen, vielleicht verändert man da etwas und setzt dafür irgendwelche grauslichen Pflanzenschutzmittel nicht mehr ein.

Herr Bundesminister! Auch ich bin dafür, dass wir in diesem Bereich im Sinne der Grünen grundsätzlich mehr Transparenz schaffen. Mir fehlt in diesem Bereich auch eine gewisse Transparenz. Diesbezüglich ist aber sicherlich noch einiges möglich. Daher bitte ich Sie, speziell im Zuge der Erstellung des Umweltkontrollberichtes darauf wirklich besonderes Augenmerk zu legen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Fallent. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

22.18

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe während dieser Debatte drei traurige Erkenntnisse gewonnen.

Die erste traurige Erkenntnis: Herr Pirklhuber! Ich glaube Ihnen aufs Wort, dass sich der Pestizidverbrauch, würden Sie in diesem Land Österreich regieren, dramatisch reduzieren würde, aber nicht, weil man ökologischer wirtschaften würde, sondern weil die Bauern bei Ihrer Art zu regieren sterben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die zweite traurige Erkenntnis: Es sind SPÖ-Politiker, die verhindern, dass in Wiener Krankenhäusern biologische Produkte zur Anwendung kommen.

Die dritte traurige Erkenntnis ist eine skandalöse Erkenntnis: Während sich diese Bundesregierung darum bemüht, die Zukunft der Landwirtschaft in Österreich zu diskutieren und zu gestalten, demonstrieren grüne Abgeordnete draußen gegen diese Bundesregierung. Diese grünen Abgeordneten verdienen gutes Geld, und das ist wirklich skandalös! Herr Pirklhuber!


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Machen Sie sich bitte Gedanken darüber, welcher Stall in Österreich ausgemistet gehört! – Österreich ist es nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie übertreiben wieder einmal mit dem so genannten Guten und erreichen das Gegenteil! Ich sage Ihnen nämlich: Die kleine heile Welt zu Weltmarktpreisen gibt es nicht! Orientieren Sie sich daran, was auf dieser Welt vernünftig und machbar ist! Österreich ist Vorbild in vielen Bereichen. Die Wettbewerbsfähigkeit spielt bei den Maßnahmen, die wir setzen, eine sehr große Rolle. Unsere Bauern pflegen unsere Landschaft, sie bewirtschaften unseren Boden unter schwierigen Bedingungen, und viele beneiden uns um unsere klein strukturierte Kultur- und Naturlandschaft.

Wir Freiheitlichen und diese Bundesregierung werden uns dafür einsetzen, dass Bauern in Zukunft nicht mehr weiter belastet und benachteiligt werden. Wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass im Rahmen der Europäischen Union Maßnahmen gesetzt werden, damit eine extensive Bodenbewirtschaftung auch in Zukunft möglich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Außerdem werden wir uns auch dafür einsetzen, sollte die Europäische Union diese Maßnahmen nicht setzen und diese Möglichkeiten den österreichischen Bauern nicht geben, dass über die Renationalisierung der Landwirtschaft nachgedacht wird, weil es uns ein Anliegen ist, dass unsere Bauern mit ihren Qualitätsprodukten in diesem Land Österreich überleben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

An unsere Konsumenten appelliere ich, die Qualität unserer österreichischen Produkte vor den billigsten Preis zu stellen! Stellen Sie mit Ihrem Konsum Weichen, und entscheiden Sie sich für österreichische Qualitätsprodukte im Sinne unserer Bauern! – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. Er hat das Wort.

22.21

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Seit dem Ende der Ära Haiden und der Zeit der Landwirtschaftsminister Joschi Riegler, Fischler und Willi Molterer hat die erfolgreiche österreichische Agrarpolitik einen Namen, nämlich ÖVP! (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich muss das am heutigen Abend betonen und auch erläutern, weil es bei den Ausführungen mancher Redner von der halblinken und linken Reichshälfte so klingt, als ob ihr die Landwirtschaft neu erfinden müsstet. – Dazu gibt es weder Grund noch Anlass! Man braucht einfach nur unserem Minister Willi Molterer zuzuhören – was Sie wahrscheinlich nicht getan haben! –, denn genau in seinen Ausführungen liegt der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft nicht nur der österreichischen, sondern der gesamten europäischen Landwirtschaft im Sinne und zum Wohle der gesamten Bevölkerung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Abgeordneten Biohuber – oder habe ich das missverstanden? – beziehungsweise Pirklhuber und zu seiner Forderung in dem Antrag nach Reduzierung des Pestizidverbrauchs in Österreich: Österreich hat den niedrigsten Pestizidverbrauch in ganz Europa. Wesentlich dazu beigetragen hat das österreichische Umweltprogramm. Ich möchte es noch einmal erwähnen: Es wird kurz ÖPUL genannt und ist ein klares Pestizidreduktionsprogramm, das in seiner Dichte an teilnehmenden Landwirten in ganz Europa seinesgleichen sucht, Herr Kollege! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Was Sie verlangen, nämlich eine zusätzliche Abgabe auf diese Mittel, bedeutet für die betroffenen Produkteure nichts anderes als noch höhere Betriebsmittelpreise, als wir sie auf diesem freien Markt in Europa im Wettbewerb ohnedies schon haben. Was glauben Sie, wohin das führen würde? – Auf den Weg in den Urwald statt in Richtung Erhalt unserer flächendeckenden


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69. Sitzung / Seite 228

Landwirtschaft, die wir in Österreich so schätzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Auf dem freien Markt muss man alles klar nach wirtschaftlichen Kriterien beleuchten. Was Österreich hier vorgibt, ist ein europäisches Modell, um das uns andere nicht nur beneiden, sondern das viele in Zukunft auch nachahmen werden!

Wichtig und ganz erfreulich ist für mich in diesem Zusammenhang, dass sich Minister Willi Molterer dafür eingesetzt hat – und dafür möchte ich mich besonders bei ihm bedanken –, dass in Zukunft endlich wieder Viehzuchtmärkte und -versteigerungen abgehalten werden können. Gerade bei den Rinderzuchtbetrieben war es in den letzten Tagen extrem: Durch den niedrigen Preis der Rinder und vor allem auch dadurch, dass es keine Rinderzuchtversteigerungen gegeben hat, ist der Markt total ins Erlahmen gekommen, und die Stimmung bei den so wichtigen bäuerlichen Familienbetrieben war sehr am Boden. Daher ist es gerade jetzt sehr wichtig, dass diese Märkte wieder stattfinden können, um hier wieder Leben und Hoffnung zu machen. Diese Betriebe müssen überleben! (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht nicht um dieses Quasi-Getue hinsichtlich höherer Förderung von Kleinbetrieben! Mit diesem Grundgehalt, von dem Sie immer reden, würden Sie Betriebe dorthin führen, dass den Leuten irgendwann nichts anderes übrig bleibt als zu sagen: Ich höre mit der Bewirtschaftung komplett auf, denn ich bekomme ohnehin die von der linken Reichshälfte versprochenen 8 500 S! – Damit verwechseln Sie unsere Politik mit Ihrer Ideologie, und das ist der falsche Weg! Dafür werden sich unsere Bauern nicht missbrauchen lassen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Meine Redezeit geht zu Ende, und ich möchte mich abschließend bei unseren Landwirten besonders dafür bedanken, dass sie wesentlich mitgeholfen haben – und darauf kann die gesamte Bevölkerung in diesem Land stolz sein! –, dass wir in Österreich keine MKS haben und dass Österreich auch von BSE freigeblieben ist! Für diese Vorsicht und Vorsorge haben nicht nur unsere Landwirte, sondern auch das Ministerium und unser Landwirtschaftsminister Willi Molterer besondere Anerkennung verdient! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Tun Sie nicht so! Haben Sie ein Problem damit? Seien Sie froh, und klatschen Sie mit! So sollte es sein! Stehen wir doch patriotisch zu diesem Land! Warum müssen Sie sich verstecken? Sie brauchen keine Angst zu haben!

Schauen Sie: Wenn man, wie gestern und heute in Oberösterreich, mit Kuhplakaten die Bildungspolitik in Österreich kritisiert, auf welchen schwarzblaue Kühe auf einem entsprechenden Hintergrund aufgemalt sind, dann sage ich: Das kann es nicht sein! Das kommt von der SPÖ! Sie missbrauchen irgendwie den Rinderwahn, und Sie missbrauchen damit die Lage der Landwirtschaft für Ihre Propaganda! Damit schädigen Sie unsere Landwirtschaft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich möchte abschließend nur sagen: Während man in ganz Österreich bemüht ist, den Rindfleischmarkt wieder zu stabilisieren, missbraucht die SPÖ das Rinder-Thema für eigene politische Zwecke. Frau Abgeordnete Parfuss! Ist das Ihr Tierschutz, den Sie meinen? – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen werden.

Als Erstes stimmen wir ab über den Antrag des Landwirtschaftsausschusses, seinen Bericht 568 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 569 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein Zeichen. – Auch dieser Antrag ist mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Landwirtschaftsausschusses, seinen Bericht 570 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier bitte ich im Fall der Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass auch dieser Antrag mit Stimmenmehrheit beschlossen wurde.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des gleichen Ausschusses, seinen Bericht 572 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier bitte ich im Fall der Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass dieser Antrag mehrheitlich angenommen wurde.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Anträge 430/A bis 438/A und die Anfragen 2422/J bis 2444/J eingelangt sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates findet morgen, Freitag, um 9 Uhr statt.

Die Tagesordnung wird schriftlich in den Klubs vorgelegt werden; die Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.28 Uhr