Stenographisches Protokoll

97. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 20., und Donnerstag, 21. März 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

97. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 20., und Donnerstag, 21. März 2002

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 20. März 2002: 9.01 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 22. März 2002: 0.00 – 0.19 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Bundessozialämtergesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2002)

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesfinanzgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Transparenz von Preisen für Erdöl, Mineralölerzeugnisse, Gas, Strom, Arzneimittel sowie der Preisauszeichnungsvorschriften (Preistransparenzgesetz) geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 580/A (E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) zur Unterbindung ungerechtfertigt hoher Zuschläge für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) erlassen und das Kartellgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Insolvenzrechtseinführungsgesetz, die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Finalitätsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Insolvenzrechts-Novelle 2002 – InsNov. 2002)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Grundbuchsgesetz, das Grundbuchsumstellungsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2002)


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97. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Bundesgesetz über das Wohnungseigentum (Wohnungseigentumsgesetz 2002 – WEG 2002) sowie über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, des Mietrechtsgesetzes und der Exekutionsordnung

9. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem im Hinblick auf die Schaffung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Erwerbsgesellschaftengesetz, die Exekutionsordnung, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002)

10. Punkt: Bericht über den Antrag 153/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket für leistbares und kostengünstigeres Wohnen

11. Punkt: Bericht über den Antrag 190/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 557/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert werden

13. Punkt: Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (Kraftfahrliniengesetz-Novelle 2001)

16. Punkt: Abkommen zur Ergänzung des Abkommens vom 21. Februar 1989 zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die Erleichterung von Ambulanzflügen in den Grenzregionen bei dringlichen Transporten von Verletzten oder Schwerkranken

17. Punkt: Änderungsurkunde zur Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion (Genf 1992), geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kioto 1994) samt Anlage; von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998) angenommene Änderungen samt Anlage, Erklärungen und Vorbehalte

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 20

Geschäftsbehandlung

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vorberatung der Regierungsvorlage 965 d. B.) 40

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3195/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 40

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 167


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97. Sitzung / Seite 3

Redner:

Anton Heinzl 167

Bundesminister Ing. Mathias Reichhold 169

Beate Schasching 171

Mag. Helmut Kukacka 172

Theresia Zierler 173

Dr. Gabriela Moser 175

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, das Volksbegehren "Veto gegen Temelín" in 1065 d. B. in erste Lesung zu nehmen – Annahme 40, 40

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 41

Unterbrechungen der Sitzung 44, 125

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol im Zusammenhang mit dem von Abgeordnetem Rudolf Parnigoni in der Debatte über Tagesordnungspunkt 13 eingebrachten Entschließungsantrag 226

Aktuelle Stunde (22.)

Thema: "Ordnung am Arbeitsmarkt durch Missbrauchsbekämpfung und Integrationsvertrag"

Redner:

Ing. Peter Westenthaler 20

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 23

Rudolf Nürnberger 25

Paul Kiss 27

Dr. Helene Partik-Pablé 28

Mag. Terezija Stoisits 30

Mag. Andrea Kuntzl 31

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 32

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 34

Mag. Eduard Mainoni 36

Dr. Evelin Lichtenberger 37

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 20

Ausschüsse

Zuweisungen 39

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler 39

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Abfangjäger (3624/J) 126

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen 127

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 130


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97. Sitzung / Seite 4

Debatte:

Dr. Peter Pilz 137

Dr. Josef Cap 140

Dr. Michael Spindelegger 142

Ing. Peter Westenthaler 144

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigungen) 147, 161

Bundesminister Herbert Scheibner 147

Mag. Werner Kogler 150

Anton Gaál 152

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) 154

Astrid Stadler 154

Dr. Reinhard Eugen Bösch 155

Katharina Pfeffer 157

Dr. Gerhart Bruckmann 158, 162

Mag. Beate Hartinger 159

Friedrich Verzetnitsch (tatsächliche Berichtigung) 161

Dr. Evelin Lichtenberger 161

Dr. Andreas Khol 162, 166

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigung) 164

Heinz Gradwohl 164

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ankauf von Abfangjägern – Ablehnung 139, 167

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (977 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Bundessozialämtergesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2002) (1039 d. B.) 41

2. Punkt: Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesfinanzgesetz geändert werden (1040 d. B.) 41

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer 42

Dr. Reinhold Mitterlehner 45

Mag. Werner Kogler 47

Hermann Böhacker 50

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser 53

Rudolf Edlinger 56

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 58

Dr. Eva Glawischnig 60

Reinhart Gaugg 63

Mag. Maria Kubitschek 64

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 70, 104

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 74

Friedrich Verzetnitsch (tatsächliche Berichtigung) 76

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 76

Edith Haller 77


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97. Sitzung / Seite 5

Doris Bures 79

Ing. Hermann Schultes 80

Dieter Brosz 82

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 84

Dr. Kurt Heindl 85

Mag. Martina Pecher 87

Dr. Kurt Grünewald 90

Sigisbert Dolinschek 92

Rudolf Parnigoni 93

Mag. Cordula Frieser 100

Dr. Eva Glawischnig 102

Ing. Gerhard Bauer 103

Franz Riepl 104

Dr. Sylvia Papházy, MBA 106

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 107

Franz Riepl (tatsächliche Berichtigung) 108

Robert Egghart 109

Günter Kiermaier 110

Detlev Neudeck 111

Emmerich Schwemlein 112

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wachstumsprogramm für Österreich – Sicherung von Zukunft, Wohlstand und Beschäftigung – Ablehnung 66, 114

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm – Ablehnung 94, 114

Entschließungsantrag der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums – Ablehnung 105, 114

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Nürnberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Saisonierregelung im Integrationspaket – Ablehnung 113, 114

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1039 und 1040 d. B. 113

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (948 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Transparenz von Preisen für Erdöl, Mineralölerzeugnisse, Gas, Strom, Arzneimittel sowie der Preisauszeichnungsvorschriften (Preistransparenzgesetz) geändert wird (1041 d. B.) 115

4. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 580/A (E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) zur Unterbindung ungerechtfertigt hoher Zuschläge für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (1042 d. B.) 115

Redner:

Peter Marizzi 115

Karlheinz Kopf 116

Dr. Eva Glawischnig 117

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 118


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97. Sitzung / Seite 6

Georg Oberhaidinger 119

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 121

Mag. Eduard Mainoni 122

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 123

Ing. Herbert L. Graf 124

Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine bundeseinheitliche Regelung hinsichtlich der Zuschläge für Ökostrom, Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplung – Ablehnung 119, 125

Annahme des Gesetzentwurfes in 1041 d. B. 125

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1042 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) (E 126) 125

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1005 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) erlassen und das Kartellgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden (1047 d. B.) 176

Redner:

Dr. Gabriela Moser 176

Mag. Maria Kubitschek 178

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 180

Dr. Michael Krüger 181

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 184

Dr. Elisabeth Hlavac 185

Mag. Dr. Josef Trinkl 186

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 187

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 188

Mag. Werner Kogler 190

Annahme 190

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (988 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Insolvenzrechtseinführungsgesetz, die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Finalitätsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Insolvenzrechts-Novelle 2002 – InsNov. 2002) (1048 d. B.) 191

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (962 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Grundbuchsgesetz, das Grundbuchsumstellungsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2002) (1049 d. B.) 191

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 191

Mag. Dr. Josef Trinkl 192

Dr. Michael Krüger 193

Mag. Terezija Stoisits 196

Dr. Ilse Mertel 198


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97. Sitzung / Seite 7

Mag. Heribert Donnerbauer 199

Mag. Eduard Mainoni 200

Mag. Johann Maier 201

Dr. Elisabeth Hlavac 202

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 203

Anna Huber 205

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1048 und 1049 d. B. 206

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (989 d. B.): Bundesgesetz über das Wohnungseigentum (Wohnungseigentumsgesetz 2002 – WEG 2002) sowie über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, des Mietrechtsgesetzes und der Exekutionsordnung (1050 d. B.) 206

9. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem im Hinblick auf die Schaffung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Erwerbsgesellschaftengesetz, die Exekutionsordnung, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002) (1051 d. B.) 206

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 153/A (E)
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betref-
fend Maßnahmenpaket für leistbares und kostengünstigeres Wohnen (1052 d. B.) 207

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 190/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (1053 d. B.) 207

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 557/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert werden (1054 d. B.) 207

Redner:

Doris Bures 207

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 209

Dr. Gabriela Moser 211

Detlev Neudeck 213

Mag. Johann Maier 214

Mag. Walter Tancsits 215

Ilse Burket 216

Anna Huber 217

Mag. Karin Hakl 217

Mag. Gisela Wurm 218

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 219

Hermann Gahr 220

Anton Heinzl 220

Reinhold Lexer 221

Mag. Terezija Stoisits 221

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationsschrift über Fragen der Erhaltung im Sinne des § 3 MRG – Annahme (E 127) 214, 223


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97. Sitzung / Seite 8

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1050 und 1051 d. B. 223

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1052, 1053 und 1054 d. B. 224

13. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (990 d. B.): Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG) (1055 d. B.) 224

Redner:

Rudolf Parnigoni 224

Paul Kiss 226

Mag. Terezija Stoisits 228

Friedrich Verzetnitsch (tatsächliche Berichtigungen) 230, 235

Edith Haller 230

Dr. Johannes Jarolim 231

Hermann Gahr 232

Theresia Haidlmayr 233, 248

Dr. Sylvia Papházy, MBA 234

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 235

Doris Bures 236

Theresia Haidlmayr (tatsächliche Berichtigung) 237

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) 238

Werner Miedl 238

Mag. Gisela Wurm 239

Hermann Reindl 241

Otto Pendl 242

Bundesminister Dr. Ernst Strasser 243, 249

Mag. Heribert Donnerbauer 245

Anton Leikam 246

Mag. Eduard Mainoni 247

Astrid Stadler 249

Mag. Dr. Udo Grollitsch 250

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Verpflegungsgeldes für Zivildiener – kein inhaltlicher Zusammenhang mit Verhandlungsgegenstand 225, 228

Annahme 251

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (960 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (1058 d. B.) 252

15. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (961 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (Kraftfahrliniengesetz-Novelle 2001) (1059 d. B.) 252

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger 252

Josef Edler 253

Mag. Helmut Kukacka 254

Anton Wattaul 255

Peter Marizzi 255

Mag. Karin Hakl 256

Ing. Wilhelm Weinmeier 256

Theresia Haidlmayr 257


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97. Sitzung / Seite 9

Emmerich Schwemlein 258

Günter Kiermaier 258

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1058 und 1059 d. B. 259

16. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (748 d. B.): Abkommen zur Ergänzung des Abkommens vom 21. Februar 1989 zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die Erleichterung von Ambulanzflügen in den Grenzregionen bei dringlichen Transporten von Verletzten oder Schwerkranken (1056 d. B.) 259

Redner:

Gabriele Binder 259

Johannes Zweytick 260

Ing. Kurt Scheuch 260

Gerhard Reheis 260

Theresia Haidlmayr 261

Bernd Brugger 261

Genehmigung 262

17. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (873 d. B.): Änderungsurkunde zur Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion (Genf 1992), geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kioto 1994) samt Anlage; von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998) angenommene Änderungen samt Anlage, Erklärungen und Vorbehalte (1057 d. B.) 262

Redner:

Peter Haubner 262

Andreas Sodian 262

Genehmigung 263

Eingebracht wurden

Volksbegehren 38

1065: Volksbegehren Veto gegen Temelin

Petition 39

Petition betreffend "Für den Frieden in der Welt, gegen Krieg, Terror und Gewalt" (Ordnungsnummer 89) (überreicht von den Abgeordneten Manfred Lackner und Dr. Gottfried Feurstein )

Bürgerinitiative 39

Bürgerinitiative betreffend "Unverzügliche Neuwahlen, ermöglicht durch ein Bundesgesetz, mit dem die XXI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird" (Ordnungsnummer 26)

Regierungsvorlagen 38

965: Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande am 1. September 1970 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls


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97. Sitzung / Seite 10

967: Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird

979: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz sowie das Schieß- und Sprengmittelgesetz und die Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung geändert werden (GGBG – Novelle 2001)

1032: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden

1033: 5. Führerscheingesetznovelle

1034: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

1037: Internationales Kaffee-Übereinkommen von 2001 samt Anhang

1038: Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1999 samt Anhängen

1043: Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt "Salzach", in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts "Scheibelberg-Bodensee" sowie in Teilen des Grenzabschnitts "Innwinkel"

1044: Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik

Berichte 39

III-143: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 2000; BM f. Wirtschaft und Arbeit

III-144: Bericht betreffend "Nachhaltige Waldwirtschaft in Österreich – Österreichischer Waldbericht 2001"; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-145: Wildschadensbericht 2000; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anträge der Abgeordneten

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die geplante Änderung der Gewerbeordnung 1994 und deren mögliche Auswirkungen auf den Jugendschutz (629/A) (E)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (630/A)

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz betreffend die Abhaltung einer Volksabstimmung über den Ankauf von Abfangjägern (631/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tierseuchenbekämpfung (Rinderleukosegesetz 1982) (632/A) (E)


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97. Sitzung / Seite 11

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Bundesrahmengesetzes für die Fischerei durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (633/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend nicht zulässige Behandlungsmethoden (634/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend nicht zulässige Behandlungsmethoden (635/A) (E)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Gentechnikgesetzes (636/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volkszählungsgesetz geändert wird (637/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Maß- und Eichgesetzes (MEG) etc. (638/A) (E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auszahlung einer einheitlichen Verpflegungsentschädigung für Zivildienstleistende (639/A) (E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Pauschalvergütung für Zivildiener (640/A) (E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kürzung der Dauer des Zivildienstes (641/A) (E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungen aus der Bundes-Jugendförderung an den Österreichischen Pennälerring (642/A) (E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Ausfuhrförderungsgesetzes (643/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Opferhilfegesetzes zur rechtlichen, sozialen und finanziellen Unterstützung von Gewaltopfern (644/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des § 730 ABGB (645/A) (E)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verzicht auf die Durchführung einer ersten Lesung über den Antrag 590/A (Zu 590/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend wirtschaftlich absurde Weisung im Zusammenhang mit einer Gendarmeriepostenzusammenlegung (3575/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unzureichende Berücksichtigung der berechtigten Anliegen behinderter Menschen in aktuellen Entscheidungsprozessen im Verkehrsbereich (3576/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Inserate in "the Parliament magazine" (3577/J)


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97. Sitzung / Seite 12

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz wegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Landeshauptmann Jörg Haider wegen § 111 StGB (3578/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aufklärung über die Irak-Reise Jörg Haiders (3579/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Büro für interne Angelegenheiten" (3580/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Waffenexporte oder Exporte von dual-use Gütern in den Irak (3581/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Sonderurlaube (3582/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Vorgehensweise der Österreichischen UN-Botschaft in New York zum Fall eines unter Verdacht der Folter stehenden österreichischen Polizisten im Kosovo (3583/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: neuartige Lebensmittel II" (3584/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: Mikrobiologische Risikobewertung II" (3585/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: Amtliche Lebensmittelüberwachung" (3586/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Vorarlberger Modell (3587/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Vorgangsweise der österreichischen Bundesregierung im Zusammenhang mit der Irak-Reise von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider (3588/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend offene Fragen im Zusammenhang mit der Rolle des Außenministeriums bei der Irak-Reise von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider (3589/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Vorgangsweise der österreichischen Bundesregierung im Zusammenhang mit der Irak-Reise von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider (3590/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Vorfall im Kosovo" (3591/J)


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97. Sitzung / Seite 13

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend staatliche Finanzierung von Kultureinrichtungen (3592/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend staatliche Finanzierung von Kultureinrichtungen (3593/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vorgänge um die Gleichbehandlungsbeauftragte im Landwirtschaftsministerium (3594/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3595/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3596/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3597/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3598/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3599/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3600/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3601/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3602/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3603/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3604/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verhinderung von allgemeinen politischen Debatten im Plenum des Nationalrates durch Enderledigung von Berichten der Bundesregierung in den Ausschüssen – Kostenaspekt dieser Berichte (3605/J)


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97. Sitzung / Seite 14

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Opferrechte (3606/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Opferrechte (3607/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Kinderschänderringe in Österreich (3608/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kinderschänderringe in Österreich (3609/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Manipulationen von Automaten durch Eurokompatibilität von Baht-Münzen" (3610/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Manipulationen von Automaten durch Eurokompatibilität von Baht-Münzen" (3611/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Verkehrssicherheitsfonds" (3612/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "mangelnde Einhaltung der Anlegepflicht bei Sicherheitsgurten" (3613/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "mangelndes Interesse an der Anlegepflicht bei Sicherheitsgurten" (3614/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend österreichische Vertretung bei der UN-Konferenz "Financing for Development" in Monterrey, Mexiko (3615/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische Vertretung bei der UN-Konferenz "Financing for Development" in Monterrey, Mexiko (3616/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend österreichische Vertretung bei der UN-Konferenz "Financing for Development" in Monterrey, Mexiko (3617/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ergebnisse und Weiterführung der "Flexibilisierungsklausel" (3618/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ergebnisse und Weiterführung der "Flexibilisierungsklausel" (3619/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Ergebnisse und Weiterführung der "Flexibilisierungsklausel" (3620/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend des Landwirtschaftsministers vergebliche Suche nach einem Fleischskandal in Österreich (3621/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend wiederholte Aus


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97. Sitzung / Seite 15

kunftsverweigerung über Kontrollen, Probeziehungen, Beanstandungen und Anzeigen im Rahmen der Futtermittelkontrolle in landwirtschaftlichen Betrieben (3622/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Abdel Moneim Jebara (3623/J)

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Abfangjäger (3624/J)

Günter Kiermaier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Waidhofner "Schloß-Deal" (3625/J)

Günter Kiermaier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Waidhofner "Schloß-Deal" (3626/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Mittel für StudentInnenwohnheimbauten (3627/J)

Emmerich Schwemlein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Tourismusströme im Generalverkehrsplan 2002 nicht berücksichtigt (3628/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend eurofähige ÖBB-Fahrkartenautomaten und gemeinwirtschaftliche Leistungen der ÖBB (3629/J)

Emmerich Schwemlein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Stilllegung von 9 Munitionslagern in Österreich (3630/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend "Tierversuche in Österreich (Tierversuchsstatistik)" (3631/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Abfertigung Neu gegen Kinderbetreuung (3632/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend e-Card: teuer und spät (3633/J)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Integrativen Betriebe (Geschützte Werkstätten) und Arbeitsassistenz (3634/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz (3635/J)


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97. Sitzung / Seite 16

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Finanzierungssicherheit für Forschungsförderung (3636/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierungssicherheit für Forschungsförderung (3637/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Finanzierungssicherheit für Forschungsförderung (3638/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Finanzierungssicherheit für Forschungsförderung (3639/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Finanzierungssicherheit für Forschungsförderung (3640/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Finanzierungssicherheit für Forschungsförderung (3641/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rückgang der Studierendenzahlen nach Einführung der Studiengebühren (3642/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzierungssicherheit für Forschungsförderung (3643/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Kulturabkommen für Studierendenaustausch zwischen Österreich und Russland (3644/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Reform des Lebensmittelgesetzes und seiner Vollziehung (3645/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Reform des Lebensmittelgesetzes und seiner Vollziehung (3646/J)

Dr. Gabriela Moser , Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Post-Universaldienstverordnung (3647/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Förderung des österreichischen Pennälerrings und weitere Förderungen nach dem Bundesjugendförderungsgesetz/Anfragebeantwortung 3074/AB XXI. GP (3648/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend zweisprachigen Unterricht in Kärnten (3649/J)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend quartier21 (3650/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Errichtung einer HTL in Ried (3651/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verzögerung des Grenzabkommens mit Südböhmen (3652/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verzögerung des Grenzabkommens mit Südböhmen (3653/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Verzögerung des Grenzabkommens mit Südböhmen (3654/J)


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97. Sitzung / Seite 17

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Schaffung von Behindertenarbeitsplätzen durch die halbe Behindertenmilliarde (3655/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kriterien für Postamtsschließungen (3656/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Südamerikareise des Innenministers (3657/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend mangelnde Grafik-Experten (3658/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (3240/AB zu 3270/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3241/AB zu 3320/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3242/AB zu 3298/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3243/AB zu 3359/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3244/AB zu 3267/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3245/AB zu 3266/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (3246/AB zu 3268/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3247/AB zu 3273/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3248/AB zu 3274/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3249/AB zu 3318/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (3250/AB zu 3290/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3251/AB zu 3272/J)


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97. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (3252/AB zu 3278/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3253/AB zu 3322/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (3254/AB zu 3341/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3255/AB zu 3276/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3256/AB zu 3301/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3257/AB zu 3291/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3258/AB zu 3292/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3259/AB zu 3280/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (3260/AB zu 3279/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (3261/AB zu 3281/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3262/AB zu 3283/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3263/AB zu 3288/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3264/AB zu 3315/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Trettenbrein, Kolleginnen und Kollegen (3265/AB zu 3363/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (3266/AB zu 3371/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen (3267/AB zu 3282/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Kolleginnen und Kollegen (3268/AB zu 3368/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3269/AB zu 3476/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3270/AB zu 3533/J)


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97. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3271/AB zu 3308/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (3272/AB zu 3361/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (3273/AB zu 3373/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3274/AB zu 3289/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3275/AB zu 3303/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (Zu 3226/AB zu 3254/J)

 


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97. Sitzung / Seite 20

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und eröffne die 97. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 9 Uhr, einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 94. Sitzung vom 27. Feber 2002 sowie der 95. und der 96. Sitzung vom 28. Feber 2002 sind aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Mag. Lunacek, Jung, Murauer, Öllinger, Dr. Ofner, Achatz, Mag. Firlinger, Dr. Einem, Mag. Schweitzer und Schieder.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat über die Vertretung von Regierungsmitgliedern Mitteilung gemacht wie folgt:

Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner wird durch Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein vertreten und Bundesministerin Gehrer durch Herrn Bundesminister Molterer.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Ordnung am Arbeitsmarkt durch Missbrauchsbekämpfung und Integrationsvertrag"

Zur Begründung der Aktuellen Stunde gelangt Herr Abgeordneter Westenthaler zu Wort. Die Redezeit beträgt, wie Sie alle wissen, 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.03

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat mit ihrem Integrationspaket ein Konzept zur effizienten Neuordnung der Zuwanderungspolitik und zu einer besseren Ausrichtung des Arbeitsmarktes in Österreich vorgelegt. Sie hat damit eines ihrer zentralen Wahlversprechen, einen ihrer zentralen Punkte der vergangenen Jahre vorgelegt.

Unter dem Titel "Integration vor Neuzuwanderung" sind in Wirklichkeit drei wesentliche Punkte erreicht worden:

Wir haben erstmals – in einem ersten Schritt – die Quote für die Zuwanderung gesenkt. Es können nur noch 2 400 Schlüsselarbeitskräfte nach Österreich kommen, also solche, die Österreich für einen effizienten Arbeitsmarkt benötigt.

Wir haben erstmals in der Geschichte eine Regierung, die ein Integrationsgesetz beschließt – auch das ist ein wichtiger Punkt.

Und wir haben wesentliche Maßnahmen zur Bekämpfung des sozialen Missbrauches – einerseits durch den Integrationsvertrag, andererseits durch das Gesetz zur besseren Bekämpfung der Schwarzarbeit und Erhöhung der Strafen.


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97. Sitzung / Seite 21

Das sind die drei wesentlichsten Punkte einer verantwortungsvollen Arbeitsmarkt- und Zuwanderungspolitik in diesem Lande, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben jetzt für das gesorgt, was in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert wurde. In ganzseitigen Inseraten etwa im Jahre 1992 – Herr ÖGB-Präsident Verzetnitsch wird mir jetzt sehr aufmerksam zuhören, denn er hat dieses Inserat geschalten –: "Für Ordnung am Arbeitsmarkt!", hat der Gewerkschaftsbund gemeinsam mit dem Sozialminister 1992 ganzseitig inseriert. Und da heißt es:

"Die Öffnung der Grenzen Osteuropas hat Österreich Chancen, aber auch Probleme gebracht. Immer mehr Osteuropäer wollen den Weg in den ,goldenen Westen‘ gehen. Österreich muß darauf reagieren, weil es kein Einwanderungsland sein kann".

Jawohl, Herr Kollege Verzetnitsch, wir haben das umgesetzt. Österreich ist kein Einwanderungsland, und dabei wird es auch bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben erstmals aber auch – und das ist sehr wichtig – die Definition der "Schlüsselarbeitskraft" geschaffen, weil bisher unter diesem Titel immer wieder Billigarbeitskräfte nach Österreich gekommen sind und so einen Verdrängungswettbewerb begonnen haben. Das ist diesmal unmöglich. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) "Schlüsselarbeitskraft" ist definiert durch die hohe Qualifikation und erstmals auch durch das Einkommen. 1 962 € als Mindestgrenze des Einkommens, das sind qualifizierte Berufe, das sind jene Wissenschafter, Techniker, Manager, die wir in unserer Wirtschaft brauchen, die wir uns holen und die wir aussuchen, wenn sie zu uns kommen dürfen. Auch das ist im Sinne eines verantwortungsbewussten Regierens richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es kommt auf die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt an – da können Sie mit Ihren Saisonniers-Zahlen, die alle nicht stimmen, immer wieder kommen; sie stimmen einfach nicht! 8 000 Saisonniers und keiner mehr, das ist der Beschluss dieser Regierung, daran wird man sich auch halten, und die werden nur nach dem so genannten Ersatzkräfte-Verfahren geholt – das kennen Sie ganz genau, denn das gibt es seit Jahren.

Das heißt, das AMS, das Arbeitsmarktservice, das von der roten Arbeiterkammer beschickt wird und daher voll unter der Kontrolle der roten Arbeiterkammer steht, muss zuerst schauen, ob es für jede Sparte, für jeden Beruf, der nachgefragt ist, einen Österreicher findet, und erst dann, wenn kein Österreicher gefunden werden konnte, tritt die Ersatzkraft-Regelung in Kraft, dann kann ein Saisonnier geholt werden. Und das ist die richtige Vorgangsweise für die Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben Gesundheitschecks für die Zuwanderer festgelegt. Wenn sich jemand bei uns niederlassen will, dann muss er ein Gesundheitszeugnis mitbringen. Das ist mittlerweile europäischer Standard – in Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Luxemburg, Portugal und Spanien ist das zu finden.

Was ist schlecht daran – weil Sie, meine Damen und Herren, das immer so kritisieren –, wenn wir unsere Bevölkerung vor Krankheiten schützen und sagen, dass sich jeder, der zu uns kommt, um sich bei uns niederzulassen, deklarieren muss, dass er gesund ist? Ich finde das in Ordnung, das ist ein richtiger Weg und ein richtiger Vorschlag der Regierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben Maßnahmen gegen Scheinehen und Scheinadoptionen getroffen. Wir haben aber auch die gewerbsmäßige Ausbeutung Fremder unter höhere Strafe gestellt – bis zu zehn Jahre Haft –; auch das ist wichtig, Stichwort: Frächterskandal. Wir haben die Voraussetzungen für das Eurotax-System, Fingerprints für Asylanten geschaffen und den Kampf gegen die organisierte Schwarzarbeit mit einem neuen Gesetz letztlich definiert.


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97. Sitzung / Seite 22

Das Ergebnis ist klar: Die Ausländerpolitik der Regierung stößt auf breite Zustimmung. Das sagt die aktuellste Umfrage aus. Auf breite Zustimmung: 64 Prozent der Bevölkerung sagen ja zu verpflichtenden Deutschkursen, die wir mit dem Integrationsvertrag festlegen. (Abg. Silhavy: ... Abfangjäger auch?) 64 Prozent, interessanterweise – hören Sie gut zu, spitzen Sie die Ohren! – auch 51 Prozent der SPÖ-Wähler. Jeder zweite SPÖ-Wähler sagt: Jawohl, die verpflichtenden Deutschkurse sind richtig! – Wunderbar, auch hier haben wir genau eine Punktlandung gemacht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aus dieser Umfrage geht auch hervor – das nur zu Ihrer Information –, dass 59 Prozent der Österreicher nein zu einem Ausländerwahlrecht sagen. Aus gutem Grund: Wahlrecht ist Staatsbürgerrecht, und die Staatsbürgerschaft bringt Rechte, gleichzeitig aber auch Pflichten, und daher soll das auch so bleiben.

Interessant ist Folgendes: 59 Prozent sind gegen das Ausländerwahlrecht, aber 74 Prozent der SPÖ-Wähler sind gegen das Ausländerwahlrecht. Sie von der SPÖ sollten daher einmal ein ernstes Wort mit dem Wiener Bürgermeister Häupl reden und diesen Unsinn abstellen. Es soll ein ureigenstes Recht des Staatsbürgers sein, zu wählen, und das soll auch so bleiben, wir wollen diesbezüglich keine Änderung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ihre Zuwanderungs- und Arbeitsmarktpolitik, meine Damen und Herren von der SPÖ, war in den vergangenen Jahren ausschließlich von Irrtümern geprägt.

Irrtum Nummer eins: Mitte der achtziger Jahre holten Sie 100 000 Zuwanderer nach Österreich, ohne einen Platz, Arbeitsplätze für sie zu haben, ohne das nötige Geld im Sozialsystem zu haben. Sie haben auf die Integration vergessen. Ergebnis: Wir haben heute eine Million Zuwanderer im Land, davon sind "nur" – zwischen Anführungszeichen – 300 000 auf dem Arbeitsmarkt, davon wieder sind 50 000 arbeitslos und jeder Zweite davon in der von Rot dominierten Bundeshauptstadt Wien; jeder zweite ausländische Arbeitslose ist in Wien zu finden. Das zeigt das eklatante Versagen der sozialistischen Zuwanderungspolitik, meine Damen und Herren! – Das war Irrtum Nummer eins. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Irrtum Nummer zwei: Sie haben Ende der achtziger Jahre – dem haben wir zugestimmt – auf Grund der Bosnienkrise Flüchtlinge ins Land geholt. Das war richtig. Nur: Anstatt wie jedes andere Land am Ende dieser Krise eine Reintegration der bosnischen Flüchtlinge durchzuführen, sind 80 000 im Land geblieben. Das muss man wissen. 80 000 sind in Österreich geblieben, und deshalb darf man sich heute, etwas mehr als zehn Jahre danach, nicht darüber wundern, dass wir die höchste Einbürgerungsquote haben, die eben darauf zurückzuführen ist, dass jetzt die Bosnier, die damals gekommen sind, ihre Ansuchen für eine Staatsbürgerschaft stellen. Die Verantwortung auch dafür trägt die Sozialdemokratische Partei, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Irrtum Nummer drei: Es ist noch gar nicht so lange her, es war im Frühjahr 2001, dass ein Arbeitskräftemangel und Vollbeschäftigung herrschten und es nahezu keine Arbeitslosigkeit gab. Die SPÖ – Kuntzl, Edlinger, Cap, Gusenbauer, alle, wie sie da sitzen – verlangte damals – vor einem Jahr! – laut nach einer Öffnung des Arbeitsmarktes: Wir brauchen mehr Zuwanderer! – Ich habe die Zitate hier.

Wir haben gewarnt und gesagt: Nein, keine Öffnung des Arbeitsmarktes, denn in einem Jahr kann die Situation ganz anders aussehen! – So war es dann auch. Wir haben eine Konjunkturdelle erwischt mit 290 000 Arbeitslosen, davon 50 000 ausländischen Arbeitslosen. Wenn wir damals Ihren Vorschlag aufgegriffen und den Arbeitsmarkt geöffnet hätten (Abg. Edlinger: Eine "Konjunkturdelle" habt ihr erwischt, na so etwas!), dann hätten wir heute nicht 270 000, sondern 500 000 Arbeitslose, und anstelle von 50 000 ausländischen Arbeitslosen wären es 150 000. Das hätten wir dann Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, zu verdanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Sie kritisieren die Saisonnier-Regelung und sagen, dass Billig-Arbeitskräfte ins Land kommen. Ihr Parteivorsitzender Gusenbauer möchte aber laut einem Interview in der "Presse" Billig-Arbeitskräfte auf Dauer ins Land holen. Er sagt, dass er Billig-Arbeitskräfte nach Österreich holen möchte, und das mit der Aussicht auf eine dauerhafte Integration auf dem heimischen Arbeitsmarkt. – Was sagen Sie, Herr Kollege Verzetnitsch und Herr Kollege Nürnberger, denn dazu? (Abg. Nürnberger: Ich sage es Ihnen dann schon!) Ihr Parteivorsitzender will Billig-Arbeitskräfte ins Land holen und so einen Verdrängungswettbewerb beginnen. Wir sagen ein ganz klares Nein dazu, Herr Kollege Nürnberger! Wir wollen das nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir möchten eine ordentliche, verantwortungsvolle Arbeitsmarktpolitik. Wenn es nach der Wiener SPÖ geht, die ein Willkommenspaket für Zuwanderer geschnürt hat, dann sollen sowohl der Arbeitsmarkt als auch der Wohnungsmarkt geöffnet werden, obwohl 14 000 junge Wienerinnen und Wiener auf der Warteliste für Gemeindewohnungen stehen, dann soll es auch für Zuwanderer eine allgemeine Wohnbauhilfe geben – und das, obwohl die Wiener SPÖ und ihr Bürgermeister jetzt unglaubliche Erhöhungen bei allen Tarifen der öffentlichen Verkehrsmittel vornehmen. (Abg. Edler: ... Simmering!) Das ist ein Raubzug durch die Taschen der Wienerinnen und Wiener. Das ist der Dank dafür, dass sie Herrn Bürgermeister Häupl mit der absoluten Mehrheit ausgestattet haben. Die Wiener werden sich schön bedanken dafür, dass Sie die Tarife und Gebühren erhöhen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Häupl beginnt in Wien ein "fröhliches Wähler-Abwatschen". – Nein, danke, das brauchen wir nicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist auch ein warnendes Beispiel für ganz Österreich: Seht her in ganz Österreich: Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzende Häupl sowie seine Fraktion hier im Hohen Haus gehen mit schlechtem Beispiel voran, indem sie für eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Zuwanderer sind, die Grenzen aufmachen wollen und letztlich auch hier eine nicht verantwortungsbewusste Politik machen.

Wenn die SPÖ an die Macht kommt, werden die Steuern und Gebühren erhöht werden, es werden mehr Zuwanderer kommen, es wird eine höhere Arbeitslosigkeit geben, das Kindergeld wird wieder abgeschafft werden, und es wird weniger Sicherheit geben – darauf werden wir heute noch zu sprechen kommen. Zu diesem Modell kann man nur sagen: Nein, danke!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierung betreibt eine verantwortungsbewusste, eine zukunftsweisende, eine richtige Arbeitsmarkt- und Zuwanderungspolitik (Zwischenruf der Abg. Silhavy ), die wir aus vollstem und ganzem Herzen unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Gegenstand der Aktuellen Stunde gelangt Herr Bundesminister Mag. Grasser zu Wort. – Bitte.

9.13

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Regierungskollege! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte das Thema dieser Aktuellen Stunde, nämlich "Ordnung am Arbeitsmarkt", für etwas sehr Wichtiges, weil damit grundsätzlich vermittelt wird: Uns ist der Arbeitsmarkt wichtig, für uns hat Beschäftigung den allerhöchsten Stellenwert in unserem Land! Wir wissen nämlich, dass wahrscheinlich 99 Prozent der Bevölkerung unterschreiben würden, dass neben Grundwerten wie der eigenen Gesundheit und der Familie auch ein Arbeitsplatz, an den man mit Freude geht und mit dem man sich identifizieren kann, ein Arbeitsplatz, der für jeden Einzelnen Existenzabsicherung bedeutet, etwas sehr Wichtiges ist. Unsere Politik war daher von Beginn an auf ein großes Ziel ausgerichtet: Vollbeschäftigung in Österreich zu schaffen. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Das ist ein Ziel, auf dessen Erreichung wir mit aller Konsequenz hinarbeiten und das wir auch erreichen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Beim Europäischen Rat in Barcelona, bei dem wir mit dem Bundeskanzler und der Außenministerin waren, sagten alle 15 Mitgliedstaaten, es gehe darum, wieder ein deutliches Signal zu setzen, Europa wolle bis zum Jahr 2010 der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der Welt


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werden. – Der Arbeitsmarkt und die Beschäftigung haben bei den dortigen Gesprächen also eine sehr, sehr wichtige Rolle gespielt.

Es geht darum, die Beschäftigungsrate zu erhöhen. Es geht darum, mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. Es geht darum, Frauen, älteren Arbeitnehmern und jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Deshalb haben wir alle Instrumente eingesetzt, die in unserer Macht stehen, ob es die aktive Arbeitsmarktpolitik ist, ob es Schwerpunkte im Bereich der Forschung und Entwicklung, der Bildung oder Ausbildung sind – sprich: in Menschen zu investieren, das muss das Ziel sein –, Schwerpunkte in der Infrastruktur, die einfach darauf ausgerichtet sind, mehr Menschen in Österreich Beschäftigung zu geben.

Ich denke, wir können stolz darauf sein, dass im Jahr 2001 – von dem uns manche gesagt haben, es sei ein schlechtes Jahr – im Jahresdurchschnitt 3 148 000 Menschen in Österreich Beschäftigung gefunden haben. Das ist ein Rekord in der Geschichte der Zweiten Republik. Noch nie zuvor hatten in Österreich mehr Menschen Beschäftigung als im Jahr 2001. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir müssen den Bereich der Arbeitslosigkeit betreffend natürlich gleichzeitig sagen, dass jeder einzelne Arbeitslose ein Arbeitsloser zu viel ist. Aber auch hier ist die Situation so, dass wir hinter den Niederlanden – und eigentlich kann man uns mit dem kleinen Luxemburg gar nicht vergleichen – das zweit- beziehungsweise drittbeste Land in der Europäischen Union sind, im Februar mit einem Wert von 3,7 Prozent. Wir können also auch in diesem Bereich auf das Erreichte stolz sein.

Meine Damen und Herren! Daher stehen der Arbeitsmarkt, die Beschäftigung im Zentrum unserer Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik und Gesellschaftspolitik. Wir wissen, dass das Zukunftspolitik ist. Hier geht es um Existenzabsicherung, Einkommen und Wohlstand für unsere Bevölkerung.

Weil uns dieses Thema so wichtig ist, versuchen wir, jeden Tag darüber nachzudenken, wie wir besser werden können. Zwei sehr wichtige Voraussetzungen dafür sind jene Themen, die heute in der Aktuellen Stunde behandelt werden, nämlich der Integrationsvertrag und die aktive Bekämpfung des Missbrauchs.

Ich betrachte es eigentlich als selbstverständlich, dass österreichische Politiker sagen, "Österreich zuerst!" muss auf dem Arbeitsmarkt gelten, und damit das Ziel, allen, die in Österreich nachhaltig leben, einen Arbeitsplatz zu geben und sie in Richtung Vollbeschäftigung abzusichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Motto muss natürlich sein, Integration vor Zuwanderung zu stellen. Genau hier halte ich den Integrationsvertrag für einen großen Wurf und wichtigen Schritt, der es uns ermöglichen wird, den Ausländern, die in Österreich sind und bleiben wollen, die Integration in unsere Gesellschaft, Kultur und Arbeitswelt zu erleichtern. Das beginnt bei der Sprache, geht über das Thema der Schlüsselarbeitskräfte und über die Verbindung des Niederlassungs- mit dem Beschäftigungsrecht, damit alle, die nachhaltig in Österreich sind, auch einen freien Zugang auf dem Arbeitsmarkt haben, bis hin zu Formen des sozialen Missbrauchs, die wir bekämpfen müssen.

Wir haben daher auf der heutigen Tagesordnung auch einen Punkt, der die Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes betrifft. Es geht uns hier um die Fragen: Wie können wir Verzerrungen auf dem Arbeitsmarkt bekämpfen? Wie können wir die illegale Beschäftigung von Ausländern besser unter Kontrolle bringen? Wie können wir alle Erscheinungen der Schwarzarbeit und des wirtschaftlichen Betrugs bekämpfen?

Ich meine, dass diese Missbrauchsbekämpfung im Interesse der Mitarbeiter und der Unternehmer in Österreich ist, denn es ist nicht akzeptabel, dass Arbeitnehmer in Österreich wirtschaftlich missbraucht, ausgenützt und nicht angemeldet werden, keinen Versicherungsschutz haben, von einer insolventen Firma zur nächsten geschickt werden und ihrem Lohn nachlaufen müssen. Es ist genauso wenig akzeptabel, dass es Unternehmen gibt, die ohne gewerberechtliche Bewilligung sind, ohne Lohnnebenkosten kalkulieren, keine Umsatzsteuer zahlen und auf der


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anderen Seite all jenen ehrlichen Unternehmern, die sich an die Spielregeln halten, die auf Punkt und Beistrich ihre Steuern und Abgaben leisten, Konkurrenz machen, welche mit fairem Wettbewerb nichts zu tun hat. Wir müssen hier eine klare Missbrauchsbekämpfung zustande bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese umfassende Missbrauchs- und Betrugsbekämpfung ist damit für uns alle ein wirklich großes persönliches Anliegen. Wir wollen im Bereich der illegalen Beschäftigung, der Schwarzarbeit neue Schwerpunkte setzen, weil es auch immer darum geht, dass Einkommen- und Umsatzsteuer hinterzogen und Sozialversicherungsabgaben nicht geleistet werden. Es geht um unerlaubte Arbeitskräfteüberlassung, es geht darum, Tätigkeiten ohne Gewerbeberechtigung auszuüben.

Es ist ein riesiger Fortschritt, wenn es uns gelingt, die Kontrollorgane in diesem Bereich zu verdreifachen. Wir wollen damit eine sehr deutliche politische Botschaft abgeben: Wirtschaftlicher Missbrauch von Arbeitnehmern, Schmutzkonkurrenz im Sinne gewerblichen Missbrauchs auf unternehmerischer Seite und Betrug am Steuerzahler dürfen keine Kavaliersdelikte sein! Hier müssen wir gemeinsam die Strafen erhöhen, hier müssen wir eine wirksame Prävention durch Kontrolle zustande bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte mich bei den Klubs und bei Martin Bartenstein dafür bedanken, dass es nach längerer Diskussion gelungen ist, den Konsens zu finden, die Kontrolle für dieses Thema im Finanzressort zusammenzuführen. Es ging uns darum, wie wir größtmögliche Synergien herstellen können, wie wir die Effizienz in dieser Missbrauchsbekämpfung erhöhen können. Wir versuchen, die Steuer- und die Zollverwaltung im eigenen Ressort zusammenzulegen, weil wir dort Mitarbeiter haben, die große Erfahrungen im Aufdecken und in der Bekämpfung des Steuer- und des Sozialabgabenbetrugs haben.

Ich erinnere nur an den Betrugsbekämpfungsbericht, der dem Hohen Haus zugeleitet wurde. Wir haben im letzten Jahr 74 Millionen Stück Zigaretten und 1 500 Kilogramm Drogen beschlagnahmt, die durch Österreich geschmuggelt werden sollten. Wir haben mitgeholfen, den Fleischskandal aufzudecken. Ich denke, der Frächterskandal hat für uns alle wohl mehr als deutlich gezeigt, dass es hier darum geht, diese wichtige gemeinsame Initiative voranzutreiben. (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Ich danke bei dieser Gelegenheit den Exekutivorganen, ob es sich um Polizei, Gendarmerie oder Zollwache bis hin zur Finanz- und Zollverwaltung handelt, für ihren Einsatz, der für unser Land, für die Beschäftigung und für die Mitarbeiter wirklich wichtig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Unser Schwerpunkt ist es, die organisierte Wirtschaftskriminalität zu bekämpfen. Das geht weit über die Abgaben- und Beitragshinterziehung hinaus. Das hat eine volkswirtschaftliche und eine sozialpolitische Dimension. Wir fühlen uns den Rechten der Mitarbeiter verpflichtet, wir wollen die "ehrliche Wirtschaft" von Kontrollen entlasten und einen fairen Wettbewerb sicherstellen. Deshalb sind die Missbrauchsbekämpfung und der Integrationsvertrag wichtige Instrumente, um unser Ziel, Vollbeschäftigung in Österreich sicherzustellen, zu erreichen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen jetzt in die Debatte zur Aktuellen Stunde ein. Alle Redner haben eine Redezeit von 5 Minuten.

Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte.

9.23

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Vertreter der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben soeben wieder eine typische Khol-Westenthaler’sche Märchenstunde. (Abg. Ing. Westenthaler: Khol hat ja noch gar nichts gesagt!)


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Wie sieht denn die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt nach zwei Jahren FPÖ-ÖVP-Regierung wirklich aus? – Wir haben ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit: Im Februar 2002 waren 40 000 Menschen mehr arbeitslos als im Februar 2001. Im Jahr 2001 sank die Zahl der Arbeitsplätze um rund 700, und laut Wirtschaftsforscher und Prognose wird sie heuer um 7 000 zurückgehen.

Herr Finanzminister! Sie müssen uns erklären, wie Sie mehr Menschen in Beschäftigung bringen wollen, wenn die Zahl der Arbeitsplätze zurückgeht! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser. )

Wie sieht Ihre Ordnung auf dem Arbeitsmarkt aus? – Sie bekämpfen die Arbeitslosen und nicht die Arbeitslosigkeit. Die Regierung kürzt das Arbeitslosengeld trotz Rekordarbeitslosigkeit. Sie kürzen die Leistungen der Arbeitslosen trotz Milliarden von Überschüssen in der Arbeitslosenversicherung: in den Jahren 2000 bis 2002 etwa 2,2 Milliarden € oder rund 30 Milliarden Schilling.

Unternehmer sollen unter dem Titel "Lohnnebenkostensenkung" entlastet werden, indem ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gesenkt werden.

Da Sie immer darauf hinweisen, dass Sie die Trümmer der sozialdemokratischen Politik aufräumen müssen, rufe ich Ihnen einige Fakten in Erinnerung: Ab 1998 hat sich das reale Wirtschaftswachstum auf mehr als 3 Prozent erhöht und lag damit über dem EU-Schnitt. In Zeiten der FPÖ-ÖVP-Regierung stürzte es auf etwa 1 Prozent ab, und wir werden 2002 an vorletzter Stelle liegen. (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Von 1970 bis 1999 wurden in Österreich fast 720 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren jedes Jahr 24 000 zusätzliche, neue Arbeitsplätze gegenüber dem Vorjahr. – Sie haben seit zwei Jahren jedes Jahr weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Klubobmann Westenthaler! Weil Sie gar so keck an die linke Seite, zur Opposition gesagt haben, dass wir die Ohren spitzen sollen (Abg. Ing. Westenthaler: Ja!): Spitzen Sie jetzt auch ein bisschen die Ohren, ich bringe Ihnen eine Kurzzusammenfassung. (Abg. Ing. Westenthaler  – eine Kopie eines Zeitungsartikels mit der Schlagzeile "Gusenbauer will Billig-Arbeitskräfte" in die Höhe haltend –: Noch einmal, schauen Sie! "Gusenbauer will Billig-Arbeitskräfte"!)

FPÖ-ÖVP-Ordnung auf dem Arbeitsmarkt: geringeres Wirtschaftswachstum, höhere Arbeitslosigkeit, weniger Arbeitsplätze, hohe Steuerbelastung – Schlusslicht in Europa.

Bezüglich der sozialdemokratischen Ordnung rufe ich in Erinnerung: hohes Wachstum, geringe Arbeitslosigkeit (ironische Heiterkeit bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), jedes Jahr mehr Arbeitsplätze – im Spitzenfeld Europas. Das sind die Unterschiede, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie werden mir auch Recht geben, dass zur Ordnung auf dem Arbeitsmarkt auch (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen)  – nicht nervös werden, das sind nackte Zahlen! – die Bekämpfung des Sozialbetrugs gehört.

Schüssel sagte in einem Interview mit dem "Standard" am 2. März 2002, es müsse zu einer dramatischen Verschärfung des Kampfes gegen die Schwarzarbeit kommen. – Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, was Sie bisher getan haben. Darf ich in Erinnerung rufen, dass Sie im Ausschuss ein Gesetz gegen Schwarzarbeit blockieren? (Abg. Schwarzenberger: Sie wollten die kleinen Häuslbauer strafen!) Darf ich in Erinnerung rufen, dass Sie trotz Ministerratsbeschlusses – Hostasch und Edlinger hatten das vorbereitet – die Schwarzarbeitsbekämpfung verhindert haben? (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen auch Haider nicht vorenthalten, der in seiner Aschermittwoch-Rede am 14. Februar meinte, illegale Ausländer auf Baustellen seien schon zu einer Landplage geworden. – Was hat er gemacht, der Herr Landeshauptmann? Meines Wissens nichts!


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Was sind die Vorschläge der Regierung? – Sie richten sich in erster Linie gegen die illegal Beschäftigten (Abg. Dr. Khol: Na, ist das schlecht? – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja gut!), in erster Linie gegen Ausländer. Opfer werden kriminalisiert. (Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie nicht gegen die Illegalen?) Die Regierung tut nichts zur systematischen Bekämpfung des sozialen Missbrauchs durch die Schwarzbeschäftiger. (Abg. Dr. Khol: Ihre Feindbilder sind immer die Unternehmer!) Herr Klubobmann Westenthaler! Sie müssen die Schwarzbeschäftiger bekämpfen, nicht diejenigen, die schwarz beschäftigt sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich könnte mich jetzt mit den Vorschlägen der Wirtschaft auseinander setzen, möchte das aber nicht tun. Ich rufe Ihnen unsere Vorschläge in Erinnerung: sofortige Anmeldung zur Sozialversicherung bei Arbeitsantritt; eine Behörde mit umfassenden Kompetenzen, die die Kontroll- und Straftätigkeit übernimmt; Festlegung des Straftatbestandes für Sozialbetrug, Ahndung durch das Strafrecht, Erhöhung der Strafsätze, im Extremfall Beschlagnahme und Verfall von Arbeitsgegenständen.

Handlungsbedarf hätten wir auch auf europäischer Ebene. Der Bundeskanzler hätte sich da in Barcelona Lorbeeren holen können. Was hat er getan in Barcelona? Hat er eine Initiative zur Schwarzarbeitsbekämpfung gesetzt? – Nein. Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, womit Herr Schüssel im Reisegepäck aus Barcelona zurückgekommen ist? (Zwischenruf der Abg. Wochesländer. ) – Die Arbeitnehmer in Österreich sollen länger arbeiten und später in Pension gehen. Da kann ich nur namens der österreichischen Arbeiter und Angestellten sagen: Danke schön, Herr "Schweige-Bundeskanzler"! (Beifall bei der SPÖ.)

9.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Gleiche Redezeit. (Abg. Dr. Khol  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Kiss –: Pauli, jetzt geht’s los! – Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

9.28

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Nichts ist peinlicher, Kollege Nürnberger, als beim Aufzählen der "Sachargumente" das Hohngelächter der anderen Parteien zu registrieren. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Sie haben es einmal mehr geschafft, sich selbst zu karikieren, und das ist genau das, was die Sozialisten in diesem Land demaskiert. Sie stehen nicht für Wahrhaftigkeit, sondern dafür, was sie eben auch verkörpern: das Alte, das Vergangene, während wir für das Moderne, das Zukunftsträchtige stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Mehr Arbeitslose! – Weitere Zwischenrufe.)

Kollege Nürnberger! Ich habe aus der Vergangenheit – ich bleibe bei der Vergangenheit – noch das Stichwort "Euroteam" im Ohr. Wie schaffen denn die Sozialdemokraten Arbeitsplätze in diesem Land? – Indem sie ein Unternehmen auf die Beine stellen, das Millionen und Abermillionen von Steuergeld verpulvert – nur zum Nutzen der Genossen und zu niemandes Nutzen sonst! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Was wollten denn Sie mit den Tausenden und Zehntausenden ... (Abg. Parnigoni: Setzen! Nicht genügend!) – Nein, nein! – Was wollten denn Sie mit den Tausenden, Zehntausenden arbeitswilligen Menschen in diesem Land machen, die ihre Häuser bauen, die sich in Nachbarschaftshilfe betätigen? Wissen Sie noch, was Sie wollten? – Abführen in Handschellen, hinein in den "Dschumpas"! Das wollten Sie, das ist Ihre Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Kollege Westenthaler und Bundesminister Grasser haben heute schon klar und deutlich gesagt, was mit dieser Integrationsvereinbarung erreicht werden soll. (Abg. Edlinger: Dafür sind Sie zuständig! Sie sind ein Abführer!) Kollege Nürnberger! Kollege Edlinger! Sie wollen es nicht! Was wollen denn wir? – Wir wollen in diesem Land Brücken bauen zwischen jenen, die zu uns kommen, und den Österreichern, die hier leben. Wir wollen die Mauern in den Köpfen, in den Herzen niederreißen, Sie aber sind von der "Betonpartie", Sie sind diejenigen, die in der Vergan


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genheit leben. Gegen solche Intentionen treten wir massiv auf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kollege Nürnberger! Sie haben mit keinem Wort davon geredet, dass diese Integrationsvereinbarung natürlich ein wesentliches Ziel hat, nämlich Barrieren abzubauen und dort hinzugehen, wo wir die Menschen zueinander führen können, und zwar zu einem friedvollen und, wie ich glaube, auch sinnvollen Zusammenleben.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Sie verstehen mich deswegen, weil wir dieselbe Sprache sprechen. Spräche ich in meiner ungarischen Muttersprache, würden mich zwar einige verstehen, aber viele hätten wahrscheinlich Probleme. Wenn Menschen aus dem Ausland zu uns kommen, ist es nur recht und billig – die Österreicherinnen und Österreicher interpretieren das auch so –, dass die Sprache als Schlüssel zum Mitmenschen ein wesentliches Rüstzeug ist, um sich in diesem Land zu integrieren, um auf dem Arbeitsmarkt Chancen zu haben und um in Zukunft hier gut leben zu können. Das – nicht mehr und nicht weniger – wollen wir mit dieser Vereinbarung erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

So ist für mich auch klar, dass jene Menschen – Neuzuwanderer, Ausländer, die seit weniger als fünf Jahren in Österreich leben – zu 100 Stunden Deutschunterricht verpflichtet werden. Als ehemaliger Lehrer bin ich sogar der Meinung: Das ist immer noch viel zu wenig! In 100 Stunden an Kursen kann man maximal ein kleines Rüstzeug lernen, kann die Sprache verstehen, vielleicht auch aktiv sprechen, da und dort auch lesen, man kann über Alltagsthemen Banalitäten austauschen, aber nicht in die Tiefe gehen. Man kann in diesen Kursen ein wenig über Staatsbürgerkunde, über europäische Grundwerte lernen, aber in der Sache selbst ist das zu wenig.

Dass diese Kurse eingeführt werden, dass jene Menschen, die in Österreich leben, Deutsch sprechen müssen, Deutsch verstehen müssen, ist für mich so normal wie für alle Österreicher. Ich kann Aussagen nicht nachvollziehen, wonach dies eine weitere Mauer, wie es SPÖ und Grüne behaupten, gegen Zuwanderung, gegen die Menschen, die als Neuzuwanderer kommen oder als Ausländer schon hier sind, wäre.

Wer in Österreich lebt, soll Deutsch sprechen können! Nur jemand, der Deutsch spricht, kann sich in diesem Land integrieren. Das ist unsere tiefste Überzeugung, und die stimmt ganz einfach! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wer aber – und auch das ist seitens der ÖVP klar; ich weiß mich da eins mit der FPÖ – nein zum Besuch von Deutschkursen sagt, wer – mit einem Wort – integrationsunwillig ist, wer die Hand der Bundesregierung ausschlägt, der hat mit Sanktionen zu rechnen – mit Sanktionen, die möglicherweise nicht nur Geldbußen, sondern auch die Abschiebung zur Folge haben. Das ist unsere Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.34

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon zur Routine geworden, wir sind es ja schon gewöhnt: Die Regierung legt ein Konzept vor (Ruf bei der SPÖ: Aber was für eines!) und die Opposition stürzt sich wütend darauf (Abg. Edlinger: Das ist doch gar kein Konzept!), schaut gar nicht auf den Inhalt, sondern es wird – auf Teufel komm raus – heftig kritisiert. – So auch beim Integrationsvertrag.

Das, was da in Presseaussendungen an Kritik gekommen ist – einschließlich der Unwahrheiten von Gusenbauer, Stoisits, Kuntzl und Co. –, ist wirklich empörend. Das fing bei falschen Zahlen an: 90 000 Saisonniers werde es geben, 30 000 seien es bereits. Ich frage mich wirklich: Welche falschen Informationen haben Sie, dass Sie zu solchen Zahlen kommen? – Informieren Sie sich richtig, dann werden Sie auch einen besseren Überblick über unsere Regierungsvorhaben haben, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Herr Nürnberger! Ihre gesamte Darstellung war ebenfalls eine Märchenstunde, denn auch Sie haben mit falschen Argumenten operiert. (Abg. Dr. Khol: Was heißt hier "ebenfalls"? Das war eine Märchenstunde!)  – Nicht "ebenfalls", so ist es! So wie bei seinen Kollegen von der SPÖ, Herr Abgeordneter Khol!

Herr Abgeordneter Nürnberger! Sie haben die hohe Arbeitslosigkeit angesprochen. (Abg. Nürnberger: 40 000 mehr!)  – Diese ist unter anderem auch deshalb entstanden, weil in den vergangenen Jahren ein ungeheurer Verdrängungswettbewerb unter den Ausländern und Österreichern auf Grund Ihrer unkontrollierten Einwanderungspolitik stattgefunden hat. Das müssen Sie endlich zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ihre unkontrollierte Einwanderungspolitik, wie Sie sie in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten praktiziert haben, kann so nicht mehr weitergehen (Abg. Edlinger: Da wird der Pappsoldat hergestellt und geprügelt!), darin sind wir uns auch mit dem Großteil der Österreicher einig. Mein Klubkollege Westenthaler hat es schon angeschnitten: 64 Prozent der Österreicher bejahen das Integrationspaket (Abg. Edlinger: Weil sie es nicht kennen!), das heißt, Sie waren mit Ihrer Einwanderungspolitik immer auf der falschen Linie.

Herr Abgeordneter Nürnberger! Was die Bekämpfung der Schwarzarbeit betrifft, haben Sie Bundeskanzler Schüssel einen Vorwurf gemacht. Aber Sie haben doch selbst eine sehr starke EU-Fraktion, warum hat diese nicht einmal Vorschläge erarbeitet? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wäre an der Zeit gewesen, dass auch von Ihrer Seite aus etwas getan worden wäre!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einer dieser Presseaussendungen hat Frau Stoisits erwähnt, die Einbürgerungen seien im Jahr 2001 um 30,5 Prozent gestiegen, nämlich auf 31 700. Ich bin überzeugt davon, dass als Folge der verfehlten Einwanderungspolitik der vergangenen Jahre ein Großteil dieser jetzt Eingebürgerten zwar den österreichischen Reisepass in der Hand hat, diese Leute aber nicht einmal in der Lage sind, sich in der Sprache zu unterhalten, die in Österreich Landessprache ist. Das ist das, was wir mit dem Integrationsvertrag verhindern wollen.

Frau Brauner, Wiener Integrationsstadträtin, rühmt sich, dass 4 000 Ausländer freiwillig Deutschkurse besuchen. – Aber wenn ich Ihnen sage, dass im Jahr 2001 allein in Wien 13 000 Ausländer eingebürgert wurden, dann können Sie sehen, welch geringer Prozentsatz freiwillig an diesen Deutschkursen teilgenommen hat. Offensichtlich genügt es nicht, auf die Kurse aufmerksam zu machen, sondern es muss ein gewisser Druck vorhanden sein, damit Integrationsmaßnahmen von Seiten der Ausländer angenommen werden. Das müssen Sie von der Opposition einmal zur Kenntnis nehmen!

Mit diesem Gesetz, mit diesem Integrationsvertrag, wollen wir erreichen, dass sich die Menschen, die nach Österreich kommen und gekommen sind, um hier eine neue Heimat zu finden, zumindest in der Sprache unterhalten können, die hier gesprochen wird, und damit auch am gesellschaftlichen Prozess teilnehmen können.

Integration vor Neuzuwanderung: Das ist wirklich das, was für die Inländer und auch für die Ausländer zu einem gedeihlichen Zusammenleben führt!

Frau Stoisits stellt außerdem beispielsweise fest: Österreich ist ein Einwanderungsland. – Ich stimme mit ihr darin nicht überein, aber wenn Frau Stoisits schon diese Meinung vertritt, dann muss sie auch zur Kenntnis nehmen, dass Einwanderungsländer gewisse Kriterien aufstellen. Schauen Sie sich einmal die USA an, was dort alles gefordert wird! Dort darf man nicht einreisen, ohne sich einem Gesundheits-Check unterzogen zu haben, dort darf man nicht einreisen, wenn man ein Verbrechen begangen hat, wenn man suchtgiftabhängig ist – all das sind Kriterien (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), die von Einwanderungsländern aufgestellt werden!

Ich komme schon zum Schlusssatz. Wir wollen eine verantwortungsvolle Politik im Interesse der Inländer und auch der Ausländer machen und nicht mehr die unkontrollierte Einwanderungs


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politik fortsetzen, die es bisher gegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Gleiche Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

9.39

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospodo! (Beifall bei den Grünen.) Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Finanzminister! Guten Morgen, Herr Dr. Bartenstein! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es wirklich schmeichelhaft, wie viel Werbung Frau Dr. Partik-Pablé für mich macht! (Abg. Wochesländer: Negativ!)

Ständig wiederholt sie die wirklich und wahrhaftig richtige – um mit den Worten des Lehrers Kiss zu sprechen – Aussage: Österreich ist ein Einwanderungsland. Das ist nicht etwas, das Terezija Stoisits feststellt und bemerkt, sondern eine Tatsache, wenn wir uns die Bevölkerungsentwicklung in den letzten 50 Jahren, also seit dem Zweiten Weltkrieg anschauen.

Liebe Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Sie können diese Tatsache nicht wegleugnen! Sie leugnen sie ja auch nicht weg, denn Sie argumentieren genau in diese Richtung. Eine Ihrer Hauptsorgen ist ja, dass es im Jahr 2001 in Österreich in verstärktem Maße Einbürgerungen gegeben hat. Die Anzahl der Einbürgerungen ist nun höher als in den Jahren davor. Was ist das denn sonst, wenn nicht ein Indiz dafür, dass Österreich ein Zuwanderungsland ist, wenn es jetzt in verstärktem Ausmaß Einbürgerungen gibt?

Österreich ist ein Zuwanderungsland und muss auch ein Zuwanderungsland bleiben (Beifall bei den Grünen), weil das eine unbedingte Notwendigkeit ist, um den sozialen und wirtschaftlichen Standard für die österreichische Bevölkerung für die Zukunft nachhaltig zu sichern. (Beifall bei den Grünen.) Der Wohlstand, den sich die österreichische Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten erarbeitet hat, läuft Gefahr, längerfristig – über die nächsten 15, 20, 30 Jahre – verringert oder abgebaut zu werden, wenn die demographische Entwicklung der österreichischen Bevölkerung so bleibt, wie sie jetzt ist.

Es ist leider eine bedauerliche Tatsache, dass die Zahl der Bevölkerung nicht wächst, sondern schrumpft, dass die Pensionen für die Zukunft gefährdet sind, wenn es nicht ein bestimmtes kontrolliertes und natürlich – das liegt in der Verantwortung der Politik – gesteuertes Ausmaß an Bevölkerungswachstum gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dafür gibt es vielfältige Möglichkeiten. Schaffen Sie doch Kinderbetreuungsplätze, Kinderkrippen, Kindergärten und andere Kinderbetreuungseinrichtungen, damit es die Österreicherinnen ein bisschen leichter haben, Kind und Beruf miteinander zu vereinbaren! Dann wird es schon mehr Kinder geben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist ein ganz wesentlicher Weg! Und ein  – aber auch wirklich nur ein  – Weg ist es, Zuwanderer ins Land zu holen. – Das ist ein Weg! Es ist in allen europäischen Staaten, die vom sozialen und vom Wirtschaftsgefüge her ähnlich gelagert sind wie Österreich, auch ein Weg, Zuwanderer ins Land zu holen, um den Wohlstand und die wirtschaftliche Prosperität auch nachhaltig zu sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist das, was wir von einer Regierung, die in Österreich in Verantwortung steht, verlangen: verantwortungsvolle Politik für die österreichische Bevölkerung und für den Wirtschaftsstandort Österreich in der Zukunft! (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Und was machen Sie? – Sie machen Zuwanderungspolitik, die lautet: in Zukunft Rechtlosigkeit und Ausbeutung von Billigstarbeitskräften oder von Saisonniers. Sie machen Zuwanderungspolitik durch die Hintertür, wobei eine ungeordnete Öffnung für Rechtlose im Mittelpunkt steht.


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Das ist das, was wir Ihnen im Zusammenhang mit dem so genannten Integrationspaket vorwerfen! (Abg. Dr. Khol: Das ist lächerlich!) Mit Integration hat dieses Paket wahrlich nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Künftig wird es in Österreich keine Saisonniers mehr geben. Künftig wird es etwas geben, das sich "befristet beschäftigte Fremde" nennt. Befristet beschäftigte Fremde sind Arbeitskräfte, die man je nach Opportunität ins Land holt, sie für sechs Monate beschäftigt, sie für nochmals sechs Monate weiterbeschäftigen kann, sie dann für drei Monate wohin auch immer schickt und sie schließlich wieder hereinholt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Modell wird in Bezug auf das Zusammenleben dieser Arbeitskräfte mit der österreichischen Bevölkerung genau das produzieren, wovor wir warnen, nämlich eine Verstärkung der sozialen Spannungen innerhalb der Bevölkerung. Es wird wieder so etwas wie Massenquartiere geben, und zwar für rechtlose Arbeitnehmer auf dem österreichischen Arbeitsmarkt, denn es wird heißen, die sind billig, die müssen willig sein, denn sie haben überhaupt keine Alternative. (Abg. Zweytick: Geh bitte! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die müssen ja nicht kommen!) Das ist modernes, neues Sklaventum! (Abg. Dr. Fekter: Die Aussage fördert die Unwilligen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen sprechen sich nicht dagegen aus, dass man pro Jahr – wie es letztes Jahr der Fall war – 7 000 Erntehelfer nach Österreich holt. Erntehelfer sind Menschen, die für bis zu sechs Wochen nach Österreich kommen, bei der Gurken- oder der Weinernte oder wobei auch immer helfen und wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Aber das, was Sie über die Schiene der Saisonniers für die Zukunft vorhaben, gefährdet das soziale Zusammenleben in Österreich nachhaltig. (Abg. Dr. Khol: Redezeit! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Dagegen sprechen wir uns vehement aus! (Beifall bei den Grünen.)

9.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte. (Abg. Großruck: Jetzt kommt wieder: "Sozialabbau"! Aufpassen! "Soziale Kälte"!)

9.45

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Mit jeder Debatte kommt der wahre Kern dieses Strasser-Bartenstein-Plans mehr ans Tageslicht, auch wenn Sie sich wahrlich sehr heftig bemühen, ihn zu vernebeln und die wahren Auswirkungen zu verdecken. (Abg. Großruck: Der Strasser ist ein guter Mann!)

Die Öffentlichkeit soll mit einer Debatte darüber, ob Ausländer Deutsch können sollen oder nicht, beschäftigt werden. – Die wollen ohnehin Deutsch lernen! Der wahre Kern ist, dass Sie ein groß angelegtes Programm veranstalten, billige Arbeitskräfte ins Land zu holen (Abg. Dr. Fekter: Billige Arbeitskräfte will Herr Gusenbauer!), und zwar unter sehr, sehr unfairen Bedingungen ihnen gegenüber und so, dass alle anderen Arbeitnehmer in Österreich unter Druck kommen werden.

Was sind denn die Saisonniers? – Leute, die wir für kurze Zeit ins Land holen, sehr schlecht bezahlen und dann ohne irgendwelche Rechte wieder nach Hause schicken (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kollektivvertrag! Lesen Sie das Gesetz!)  – richtig! – und die nur gemäß Kollektivvertrag bezahlt werden und mit keinem Schilling mehr! Genau dadurch – Frau Abgeordnete Partik-Pablé weist dankenswerterweise richtig darauf hin – kommen alle anderen Arbeitnehmer unter Druck, denn wenn sie nicht bereit sind, auch nur zum Kollektivvertrag und nicht zum branchenüblichen Gehalt zu arbeiten, dann werden sie flugs ersetzt. (Abg. Mag. Mühlbachler: Wollen Sie den Kollektivvertrag in Frage stellen? Abg. Schwarzenberger: Das ist eine Abqualifizierung der Gewerkschaft!) Dann kann man schnell einen Saisonnier herbeiholen, der die gleiche Arbeit viel billiger macht.

Ich möchte darlegen, was der Unterschied ist. (Abg. Parnigoni: Das ist die Politik für "kleine Leute" à la FPÖ!) Überlegen Sie sich, was das für einen Installateur bedeuten würde, der heute branchenüblich mehr bekommt als den Kollektivvertrag und der durch diese Regelung einen


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massiven Verlust hätte: Für den würde der Unterschied pro Jahr – passen Sie gut auf! – 4 500 €, also rund 63 000 S, ausmachen. (Abg. Mag. Mühlbachler: Woher nehmen Sie denn das? Woher nehmen Sie diese Zahlen?) Rund 63 000 S verdient ein Installateur dann weniger, wenn er nicht bereit ist, sich ersetzen zu lassen.

Von wegen 8 000 Saisonniers und kein einziger mehr! Also bitte, Herr Klubobmann Westenthaler, das ist völlig absurd! Schon seit 1999 gibt es einen rasanten Anstieg von Saisonniers, obwohl wir sie bis jetzt nur für zwei Wirtschaftsbranchen haben. Und ab jetzt wollen sie für alle Wirtschaftsbranchen aufmachen! Da ist doch völlig klar, dass die Zahl ansteigen wird!

Es ist völlig klar, dass, wenn es in Österreich jetzt schon viermal mehr als diese erwähnten 8 000 gibt, dann, wenn wir für alle Wirtschaftsbranchen aufmachen, die Zahl noch mehr steigen muss! Das ist eine einfache Multiplikation, zu der Sie doch wahrscheinlich auch fähig sind. Diese Schmähgrenze glaubt Ihnen wirklich niemand! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Thema Schlüsselarbeitskräfte: Jawohl, wir haben das gesagt, und wir sagen noch immer, dass wir für bestimmte Qualifikationen Leute ins Land holen müssen: für bestimmte Qualifikationen und unter fairen Bedingungen! (Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht Billigarbeitskräfte, Frau Kollegin!) Was machen Sie aber jetzt? – Herr Klubobmann Westenthaler hat auch sehr stolz darauf hingewiesen. (Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer!) – Sie definieren die Schlüsselarbeitskräfte nicht mehr danach, welche Leute mit welchen Qualifikationen wir brauchen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Auch!) Sie definieren sie so, dass es nur mehr Gutverdiener schaffen werden, zu fairen Bedingungen ins Land zu kommen, denn Schlüsselarbeitskräfte werden künftig nur mehr diejenigen sein, die ungefähr 2 000 € verdienen, und nicht mehr diejenigen, die wir dringend brauchen würden, die aber in ihren Berufen weniger verdienen, obwohl ihre Qualifikationen bitter notwendig für uns sind. (Abg. Ing. Westenthaler  – neuerlich die Kopie eines Artikels aus der "Presse" mit dem Titel "Gusenbauer will Billig-Arbeitskräfte auf Dauer nach Österreich holen" in die Höhe haltend  –: Schauen Sie, Frau Kollegin! Schauen Sie einmal her, was Herr Kollege Gusenbauer alles verzapft!)

Stichwort Pflegepersonal – Sie wissen das so gut wie ich –: In den Wiener Spitälern sind bereits 60 Prozent des Pflegepersonals nicht in Österreich geboren, und wir brauchen diese Leute dringend! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Falsche Gesundheitspolitik in Wien!) Wir brauchen weiterhin dringend Leute, die diesen Beruf ausüben. (Abg. Schwarzenberger: Wien ist ein schlechtes Beispiel!) Auch Sie werden irgendwann einmal auf sie angewiesen sein. Es gibt zu wenig Pflegepersonal in Österreich, und das Pflegepersonal verdient weniger. Ich weiß nicht – und niemand von Ihnen hat uns das beantworten können –, wie wir künftig den Bedarf an Pflegepersonal decken sollen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zu den Sprachkursen: Da haben Sie sich wirklich nur mit Zwang und mit Strafe beschäftigt, aber bis jetzt hat noch niemand von Ihnen gesagt – nicht einmal angedeutet –, wo die vielen Leute der Pflicht nachkommen sollen, diese Sprachkurse zu absolvieren! Es wird dazu kommen, dass die Angebote nicht da sind und dass Leute, die seit fünf Jahren völlig unbescholten in diesem Land leben, auf einmal ausgewiesen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie legen einmal mehr ein Paket vor, das großen Schaden für dieses Land bringen wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich im Zuge der Debatte Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. Es gilt auch für ihn die Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

9.51

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Mag. Grasser! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Kuntzl, Sie haben sich gerade zu der Behauptung verstiegen, Österreichs Bundesregierung wolle billige Arbeitskräfte ins Land holen (Abg. Parnigoni: Da hat sie auch völlig Recht! Abg. Huber: Leider hat sie Recht!), und ein Installateur wäre der Gefahr ausgesetzt, im Jahr


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nicht weniger als 63 000 S – 4 500 € – zu verlieren. – Das ist genauso absurd wie die Behauptung der Frau Abgeordneten Stoisits, wir wollten eine ungeordnete Öffnung des Arbeitsmarktes für Rechtlose herbeiführen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wahr ist vielmehr, dass wir im Rahmen der Neuordnung der Ausländerbeschäftigung in Österreich Wirtschaftssaisonniers befristet für einen kurzfristigen Bedarf auf unserem Arbeitsmarkt ins Land holen wollen – für sechs Monate mit einer einmaligen sechsmonatigen Verlängerungsmöglichkeit. Das ist Tatsache und baut auf dem auf, was seit Jahren gängige Praxis in Österreich ist (Abg. Dr. Fekter: Und sich bewährt hat!), nämlich für den Bereich des Tourismus und für den Bereich der Landwirtschaft Saisonniers ins Land zu holen.

Im Jahresdurchschnitt des Jahres 2001 – das sind Daten des Hauptverbandes, die sich auf die jeweils beschäftigten Saisonniers beziehen – hatten wir 7 743 Saisonniers.

Was mich an dieser Debatte besonders wundert, ist die Kindesweglegung, die Doppelbödigkeit, mit der sie vor allem von den Sozialdemokraten geführt wird. (Abg. Edlinger: Also bitte! Das ist ein starkes Stück! Das ist doch unglaublich! Sie haben das Gedächtnis verloren!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen ganz genau, dass für jeden einzelnen Saisonnier, der ins Land kommt, ein so genanntes Arbeitskraftverfahren und ein Arbeitsmarktverfahren durchgeführt werden müssen, dass für jeden einzelnen Saisonnier geprüft werden muss, ob es nicht einen Inländer oder einen schon länger integrierten Ausländer in Österreich gibt, der diesen Job annimmt, dass für jeden einzelnen Saisonnier die Sozialpartner auf Landesebene und auf regionaler Ebene zu prüfen haben, ob denn dadurch nicht ein Arbeitsplatz eines Österreichers gefährdet ist oder Lohndumping durch eine "Herunterzahlung" auf zum Beispiel Kollektivvertragsniveau eintritt, ob nicht zum Beispiel ein älterer österreichischer Arbeitnehmer durch einen Saisonnier von seinem Arbeitsplatz verdrängt wird. (Abg. Silhavy  ein Exemplar der entsprechenden Regierungsvorlage in die Höhe haltend : Das wollen Sie heute beschließen! Abg. Edlinger: Ein Lohnbrechergesetz ist das, Herr Bartenstein! Sie wollen, dass die Leute weniger verdienen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das wird geprüft, und zwar nicht von der Bundesregierung, sondern von den Sozialpartnern auf Landes- und auf Regionalebene unter wesentlicher Beteiligung des Gewerkschaftsbundes und der österreichischen Arbeiterkammer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Dr. Khol: Da hat der Edlinger keine Ahnung! – Abg. Edlinger: Lohnbrecher! Lohnbrecher!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen das Folgende nicht vorenthalten. Sehr geehrter Herr Abgeordneter Edlinger! Sie haben bis vor einigen Wochen noch gesagt, Österreich sei das Land mit der am stärksten steigenden Inflationsrate der Europäischen Union. Nehmen Sie zur Kenntnis: Österreich ist mittlerweile der Stabilitäts-Europameister! Wir haben mit 1,7 Prozent die niedrigste Inflationsrate in Europa. (Abg. Edlinger: Dreimal so hoch wie vor drei Jahren!) Ihre Angaben sind in aller Regel falsch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter und Präsident Verzetnitsch, schenken insbesondere Sie mir Gehör! Die letzte Aufstockungsverordnung für die Wintersaisonniers – wir hatten eine ausgezeichnete Saison: insgesamt waren es 8 830 Saisonniers, die im letzten Winter bei uns waren – wurde von mir ausdrücklich nur unter der Voraussetzung genehmigt, dass auf Landesebene die Sozialpartner zustimmen. – Das ist auch geschehen.

Der Gewerkschaftsfunktionär Astl in Tirol hat – ebenso wie im Übrigen auch Herr Präsident Dinkhauser, das sei hier erwähnt – zugestimmt, dass in Tirol mit der letzten Verordnung 1 120 Saisonniers zusätzlich gekommen sind.

Im Burgenland hat Herr Gruber vom ÖGB zu zusätzlich 50 Saisonniers zugestimmt. (Abg. Dr. Fekter: Schau, schau!)


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In Vorarlberg hat Herr Leikam, Landessekretär des ÖGB, zugestimmt, zusätzlich 150 Saisonniers zu bewilligen.

In Kärnten erfolgte durch Herrn Unterrieder vom ÖGB und durch Herrn Quantschnigg von der AK eine Aufstockung auf 150 Saisonniers.

Herr Böhm von der Salzburger Arbeiterkammer hat in Salzburg der Aufstockung um 500 Saisonniers zugestimmt. (Abg. Dr. Khol: Ah! Der Unterrieder! Alles Sozialdemokraten! Schaut euch an! Abg. Schwarzenberger: Die schauen jetzt blamiert aus! Abg. Dr. Khol: Jetzt schaut’s nicht gut aus!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kehren Sie also vor Ihrer eigenen Türe, und betreiben Sie hier kein doppelbödiges Spiel zu Lasten der Arbeitnehmer dieses Landes! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Versuchen Sie in einer Debatte über die Situation des Arbeitmarktes, zumindest in Sachen Zahlen bei der Wahrheit zu bleiben! (Abg. Ing. Westenthaler: Wer holt die Saisonniers herein? Die SPÖ!)

Herr Abgeordneter Nürnberger! Sie haben gesagt, diese Bundesregierung hätte in den beiden Jahren ihrer Tätigkeit Arbeitsplätze vernichtet. – Das Gegenteil ist der Fall! Sie wissen das! (Abg. Parnigoni: 7 000 weniger!) Trotz schwierigster konjunktureller Verhältnisse im letzten Jahr ist die Zahl der Jobs im Jahr 2000 um 27 000 und im Jahr 2001 immerhin noch um 17 000 Arbeitsplätze gestiegen (Abg. Huber: Teilzeitjobs!)  – ein Plus von 44 000 Arbeitsplätzen unter sehr, sehr schwierigen konjunkturellen Bedingungen!

Herr Abgeordneter Nürnberger! Schauen Sie einmal zu Ihren Kollegen nach Deutschland: 4,3 Millionen Arbeitslose, Tendenz weiter steigend – und das unter rot-grüner Dominanz mit starker Präsenz des Deutschen Gewerkschaftsbundes! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Präsident! Mein Schlusssatz: Wir bekennen uns zu dieser Neuordnung der Ausländerbeschäftigungspolitik. Wir bekennen uns zu dieser Harmonisierung. Wer seit fünf Jahren da ist, darf legal in Österreich arbeiten. Wer das letzte Pflichtschuljahr absolviert hat, bekommt hier einen Job. Wir bekennen uns zur Definition der Schlüsselkräfte. Wir bekennen uns zur Integrationsvereinbarung. Und wir bekennen uns auch zu dem Vorhaben, für den befristeten, kurzfristigen Bedarf Wirtschaftssaisonniers zu uns zu holen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte. (Abg. Dr. Khol  – in Richtung des den Sitzungssaal verlassenden Abgeordneten Nürnberger –: Nürnberger verlässt fluchtartig das Lokal! Er geht hinaus weinen! – Abg. Schwarzenberger: Er hat sich zu sehr blamiert!)

9.57

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Minister! Werte Kollegen! Es ist schon irgendwie bezeichnend, dass die Sozialdemokraten hier vom Rednerpult aus permanent falsche Zahlen verkünden, in der Hoffnung, es käme niemand dahinter.

Ich bedanke mich beim Herrn Minister dafür, dass er klargestellt hat, dass wir so ein hohes Beschäftigungsniveau wie noch nie zuvor haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. Abg. Edlinger: Frau Fekter, das ist falsch!)

Genauso falsch ist es, wenn Frau Abgeordnete Kuntzl hier verkündet, dass das Integrationspaket einen Schaden für die Österreicherinnen und Österreicher darstellt. – Auch das ist falsch! Wenn in Wien die Arbeitsmarktvermittlung nicht funktioniert, dann sollten Sie sich eben an den Bundesländern ein Beispiel nehmen! In Oberösterreich funktionieren beispielsweise der Re


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gionalbeirat und die Sozialpartnerschaft hervorragend, und das gemeinsam mit den Sozialdemokraten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Durch dieses Paket wird Ordnung auf dem Arbeitsmarkt geschaffen. – Herr Minister Bartenstein hat es im Detail erläutert. Wir wollen das Ausländerbeschäftigungsrecht mit dem Fremdenrecht harmonisieren. Wir schaffen eine klare Definition von Schlüsselkräften, nämlich qualifizierten Schlüsselkräften, die wir sehr wohl ins Land holen, damit sie in der Wirtschaft unsere Fachkräfte unterstützen. Wir wollen die Wirtschaftssaisonniers hereinholen, wenn wir sie brauchen. Und wir wollen den Missbrauch verhindern. (Abg. Silhavy: Den Missbrauch wovon?)

Die Sozialdemokraten wollen das Gegenteil: Die Sozialdemokraten – diese Presseaussendung von Herrn Kollegen Gusenbauer ist bezeichnend, und in der Rede von Frau Kollegin Kuntzl ist es ja auch ständig vorgekommen – und Herr Gusenbauer wollen Billig-Arbeitskräfte auf Dauer nach Österreich holen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja unglaublich! Das wäre entsetzlich!) Er lehnt das Saisonnier-Modell ab.

Herr Kollege Dr. Gusenbauer! Damit locken Sie aber die Menschen in die Arbeitslosigkeit und in eine Armutsfalle. (Abg. Dr. Gusenbauer: Unsinn, völliger Unsinn!) Sie wissen genauso gut wie ich, dass unqualifizierte Billig-Arbeitskräfte das höchste Risiko tragen, arbeitslos zu werden, dass sie am schwersten vermittelbar sind und auch am längsten arbeitslos bleiben. Das heißt: Wenn Sie gerade diese Leute auf Dauer zu uns nach Österreich holen wollen, produzieren Sie Probleme von morgen, und Sie gaukeln diesen Menschen eine Sicherheit vor, die Sie ihnen nicht bieten können, weil sie über kurz oder lang in der Arbeitslosigkeit landen werden.

Herr Kollege Gusenbauer! Es ist unsozial, Menschen ins Land zu holen, die dann arbeitslos sind, weil Sie ihnen keine Stelle bieten können. Wir gehen das Problem ganz anders an. Wir schaffen Beschäftigung und nicht Arbeitslosigkeit. Wir unterstützen die Wirtschaft mit qualifizierten Schlüsselarbeitskräften. (Abg. Silhavy: Wie schaffen Sie Beschäftigung? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Beispielsweise schaffe ich Beschäftigung in meinem Betrieb. Ich kann mich hier herstellen und sagen: Ich habe Arbeitskräfte! Ich sorge auch dafür, dass diese Arbeitsplätze sicher sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Das ist ja unglaublich! Die falsche Rede!)

Für Saisonarbeitskräfte im Tourismus und in der Landwirtschaft gibt es in Zukunft keine Beschränkung mehr. Wir sagen diesen Menschen ganz klar, woran sie sind. Wir sind keine Sozialromantiker, die ihnen vorgaukeln müssen, dass hier beispielsweise überall Milch und Honig fließen. Wir sagen ihnen ganz klar, es ist ein befristetes Beschäftigungsverhältnis. Das ist fair diesen Arbeitskräften gegenüber und auch fair der Bevölkerung gegenüber. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Eine fatale Sozialromantik ist nicht unsere Politik, weil wir die Menschen nicht in die Armutsfalle locken wollen. Es ist fairer, die Wahrheit auf den Tisch zu legen und nicht so zu tun, als hätten wir kein Problem.

Wir wollen nicht die alte Politik fortsetzen, nämlich Leute hereinholen und diese dann nicht arbeiten lassen. Es war lange Zeit sozialdemokratische Politik, die Grenzen zu öffnen, aber dann die Menschen nicht arbeiten zu lassen. Es ist gut so, dass jemand, der sich legal fünf Jahre in Österreich aufhält, Zugang zum Arbeitsmarkt hat. Das nützt insbesondere den Frauen, die sich hier legal auf Grund des Familienzuzuges aufhalten, aber nach Ihrer Politik nicht arbeiten durften, Frau Kollegin Prammer! Wir lassen sie jetzt arbeiten, und zwar legal und nicht nur als illegal Beschäftigte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Menschen, die zu uns kommen, keine Arbeit haben, behindert das die Integration. Wir fördern die Integration! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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97. Sitzung / Seite 36

10.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.02

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es schon nicht mehr hören, wenn Frau Abgeordnete Stoisits hier zum Rednerpult tritt und sagt: Gefährdung des sozialen Zusammenlebens! (Abg. Nürnberger: Das ist Demokratie! – Abg. Edlinger: Bleiben Sie zu Hause!) Ich kann es schon nicht mehr hören, wenn Frau Abgeordnete Kuntzl an das Rednerpult tritt und sagt: großer Schaden für dieses Land! – Meine Damen und Herren! Das ist nichts anderes als Gräuelpropaganda, sonst überhaupt nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir Freiheitliche haben immer eine klare Linie zur Ausländerpolitik vertreten, eine offene, eine ehrliche Linie. Wir haben immer gesagt, worum es uns geht. (Abg. Edlinger: Sie wollen uns vorschreiben, was wir sagen, dass wir Habtacht stehen! Das ist unglaublich!) Das Ergebnis unseres Wunsches und unseres Willens ist jetzt diese Integrationsvereinbarung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und dazu stehen wir auch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Edlinger! (Abg. Edlinger: Sagen Sie nicht "Kollege" zu mir! Ich bin nicht Ihr Kollege!) Das passt natürlich nicht in das Weltbild linker und realitätsfremder Träumer, das passt da überhaupt nicht hinein, denn die Realität ist, dass bei einer Überfremdung, bei einem zu hohen Ausländeranteil, bei mangelndem Integrationswillen der Ausländer hier in Österreich Unbehagen entsteht.

Wir gehen noch weiter, meine Damen und Herren, wir fragen uns: Woher kommt das Unbehagen, Herr Kollege Klubobmann Cap, Herr Genosse Cap, dieses Unbehagen, das aus der Angst vor dem Verlust der eigenen Identität entsteht? – Das sind die wahren Gründe.

Gott sei Dank gibt es bei uns keine Jagd auf Ausländer. Gott sei Dank gibt es keine brennenden Wohnheime. Gott sei Dank ist auch die rechtsradikale Szene weitestgehend im Griff. Aber verantwortungsvolle Politik bedeutet, dass wir vorausschauend handeln. Das Gesetz dient eben dazu, klare Richtlinien für die Integration von Ausländern zu schaffen.

Wenn Sie sich hier darüber so beschweren, meine Damen und Herren von der Opposition, dann zitiere ich einen Artikel aus den "Salzburger Nachrichten", einer Zeitung, die der Regierungspolitik bei Gott sehr kritisch gegenübersteht. In einem Leitartikel der "Salzburger Nachrichten" ist zu lesen:

"Dass sich Ausländer innerhalb von vier Jahren Grundkenntnisse in der Sprache des Landes, in dem sie leben, aneignen müssen, ist keine ,unmenschliche Schikane‘, wie die Opposition behauptet, sondern höchst notwendig und der Integration förderlich."

Meine Damen und Herren! Das schreiben die "Salzburger Nachrichten", die uns, der Regierung, sicherlich nicht wohlgesinnt sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat aber auch keinen Sinn, so zu tun, als ob wir uns einen unbeschränkten Zuzug leisten könnten. Wir können doch nicht sagen: Ausländer, kommt in das Land herein!, wenn wir keine Wohnungen für sie haben. Wir können doch nicht sagen: Einwanderungsland Österreich, kommt zu uns!, wenn wir keine Arbeitsplätze haben. Das ist verantwortungslos.

Wir haben nämlich ohnehin auch noch ein ganz anderes Problem, nämlich das Problem des illegalen Zuzugs. Über 40 000 Aufgriffe von Illegalen im vergangenen Jahr zeugen davon. Hunderttausende Illegale, die sich in diesem Land befinden, die teilweise illegal auf den Arbeitsmarkt drängen, die teilweise in die Kriminalität fallen und somit unsere Sicherheit gefährden – das sind die Probleme in diesem Land, und dafür sind wir angetreten, um diese Probleme zu lösen! (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Die Illegalen in diesem Land – das ist die eine Seite. Die andere Seite sind die Legalen in diesem Land, jene, die sich legal in diesem Land befinden oder die zu uns kommen wollen. Sie,


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meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wissen, dass es klare Richtlinien für die Koexistenz in Österreich gibt. Das ist das Ziel dieses Integrationsvertrages.

Sie werden sehen, dieser Integrationsvertrag, der von den Regierungsparteien hier eingebracht wird, ist zum Wohle Österreichs. (Abg. Edler: Schwarzarbeit!) Aber er ist auch zum Wohle jener Ausländer, die hier leben, die hier arbeiten wollen und die sich vor allem auch hier in Österreich integrieren wollen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

10.07

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierungsparteien haben diese Aktuelle Stunde "getauft", dass es hier darum gehen soll, dass verantwortungsvoll mit dem Arbeitsmarkt umgegangen werden soll, dass Missbrauchskontrolle Ordnung auf dem Arbeitsmarkt herstellen soll. Meine Damen und Herren! Dann möchte ich aber ganz gerne, dass auch der Herr Minister einmal Ordnung in seine Zahlen bringt.

Herr Minister Bartenstein! Sie haben vorhin über die Zahlen bei den Saisonniers gesprochen. Ich frage mich, wie Sie das Parlament informieren, denn insgesamt wurden im letzten Jahr 24 000 Saisonniers per Verordnung erlaubt, plus 7 000 Erntehelfer. Wie viele diese Quote genutzt haben, weiß ich natürlich nicht, das kann ich Ihnen nicht hundertprozentig sagen, aber das waren die genehmigten Zahlen. (Abg. Dr. Fekter: Aber doch nicht alle gleichzeitig, sondern auf das Jahr verteilt!) Also bitte sich nicht hier herzustellen und etwas ganz anderes zu erzählen! Das Parlament hat das Recht auf eine seriöse Debatte! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn ich die Regierungsparteien ernst nehmen soll in ihrer Intention, die sie als Ziel genannt haben, nämlich Ordnung auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, durch das, was sie heute auch in das parlamentarische Procedere gebracht haben, dann muss ich sagen, dass Sie dieses Ziel nicht nur verfehlt, sondern in weiten Teilen sogar schwer konterkariert haben. Das lehne ich, das lehnen wir, die Grünen, vehement ab. So kann es auf keinen Fall gehen, denn die Maßnahmen, die Sie hier einführen, richten sich nicht gegen die Schwarzarbeit. Sie bekämpfen nicht die Schwarzarbeit, sondern sie bekämpfen Menschen, und zwar ganz gezielt.

Das sind Vorgangsweisen, die am Problem selbst natürlich nichts ändern, die aber die schwächsten Glieder in der Kette massiv treffen, die diejenigen, die zum Beispiel in illegale Beschäftigungsverhältnisse unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hereingeholt wurden, treffen, nicht jedoch die Unternehmerinnen und Unternehmer, die mit diesen Strategien Gewinne machen, so wie es zum Beispiel im Frächtergewerbe vor kurzem aufgedeckt wurde. (Abg. Dr. Fekter: Was ist so schlecht am Gewinn? Wollen Sie nur Pleitefirmen?) War das auch Schlechtrederei der Opposition, oder sind das katastrophale Zustände, die dringend beseitigt werden müssen, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Ziel der Maßnahmen, so wie ich es aus Ihren Vorstellungen ablese, ist, denjenigen, der illegal beschäftigt ist, möglichst schnell abzuschieben, vielleicht auch noch schnell genug, damit er seine Lohnansprüche gegenüber dem Unternehmer gar nicht mehr geltend machen kann, und damit das Sozialdumping weiter zu fördern. (Abg. Böhacker: Das ist wirklich an den Haaren herbeigezogen! Ich hoffe, Sie haben keinen Betrieb!)

Meine Damen und Herren! Die Duldung dieser Zustände im Straßengüterverkehr – wir haben über diese Frage ja schon lang diskutiert – zeigt sich am Fehlen bestimmter Maßnahmen, die Sie gegen die Schwarzarbeit ja auch setzen hätten müssen.

Wo ist zum Beispiel die Verstärkung der Kontrollen in diesem Bereich? Wo ist die Aufstockung des Personals, und wo ist zum Beispiel die Spezialeinheit, die in diesen illegalen Beschäftigungsverhältnissen weiter ermittelt und endlich die Täter erwischt und nicht nur die Opfer? Meine Damen und Herren, diesen Weg verlange ich von Ihnen! (Beifall bei den Grünen.)


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97. Sitzung / Seite 38

Stichwort "Saisonniers": Und jetzt sind wir wirklich dort, wo am meisten mit Nebelwerfern gearbeitet wird. Die Schweizer haben ja schon jahrelange Erfahrungen mit Saisonniers, und die Schweizer haben nicht nur gute Erfahrungen mit diesen Saisonniers gemacht. Sie alle werden wahrscheinlich auch wissen, dass es zu so etwas wie dem Phänomen der "U-Boot-Kinder" kommt. Es handelt sich hiebei um Kinder, die von ihren Müttern auf den Arbeitsplatz mitgenommen werden, im Hotelzimmer, im Personalzimmer versteckt werden müssen über Wochen, über Monate, weil sich diese Kinder illegal bei ihnen aufhalten und weil diese Frauen keine Möglichkeit haben, ihre Kinder irgendwo unterzubringen.

Meine Damen und Herren! Wollen Sie das wirklich in Österreich haben? – Ich will es nicht! Ich will, dass diese Menschen ordentlich beschäftigt sind, gut bezahlt werden und damit kein Sozialdumping auch für die eigenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eintritt. Meine Damen und Herren! Mit Ihrem Paket fördern Sie das!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Letzter Satz: Unsere Vorschläge sind dazu geeignet, das Problem wirklich zu lösen. (Beifall den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erkläre nunmehr – um 10.12 Uhr – die Aktuelle Stunde für beendet. Ich danke den Herren Bundesministern.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 GOG auf die schriftliche Mitteilung, die im Sitzungssaal verteilt wurde.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3575/J bis 3623/J.

2. Anfragebeantwortungen: 3240/AB bis 3275/AB;

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 3226/AB.

3. Initiativanträge:

Zurückziehung des Verlangens auf die Durchführung einer ersten Lesung: Zu 590/A.

4. Volksbegehren:

Volksbegehren Veto gegen Temelín (1065 der Beilagen).

5. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz geändert wird (967 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz sowie das Schieß- und Sprengmittelgesetz und die Schieß- und Sprengmittelmonopolsverordnung geändert werden (GGBG – Novelle 2001) (979 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (21. KFG-Novelle), die 3. und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle sowie die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1032 der Beilagen),

5. Führerscheingesetznovelle (1033 der Beilagen),


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97. Sitzung / Seite 39

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (1034 der Beilagen),

Bundesverfassungsgesetz über den Verlauf der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland im Grenzabschnitt "Salzach", in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts "Scheibelberg-Bodensee" sowie in Teilen des Grenzabschnitts "Innwinkel" (1043 der Beilagen),

Bundesverfassungsgesetz über Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik (1044 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (093 Hv 9/02b) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 115 StGB,

Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (32 Hv 4/02v) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 115 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 89 betreffend "Für den Frieden in der Welt, gegen Krieg, Terror und Gewalt", überreicht von den Abgeordneten Manfred Lackner und Dr. Gottfried Feurstein,

Bürgerinitiative Nr. 26 betreffend "Unverzügliche Neuwahlen, ermöglicht durch ein Bundesgesetz, mit dem die XXI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 590/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird;

Wirtschaftsausschuss:

Internationales Kaffee-Übereinkommen von 2001 samt Anhang (1037 der Beilagen),

Nahrungsmittelhilfe-Übereinkommen von 1999 samt Anhängen (1038 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 2000 (III-143 der Beilagen);


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Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "Nachhaltige Waldwirtschaft in Österreich – Österreichischer Waldbericht 2001" (III-144 der Beilagen),

Wildschadensbericht 2000 des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-145 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist folgende Vorlage eingelangt: Protokoll zur neuerlichen Abänderung des zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll in der Fassung des am 18. Dezember 1989 in Den Haag unterzeichneten Protokolls (965 der Beilagen).

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 28a GOG vor, von der Zuweisung dieser Vorlage an einen Ausschuss abzusehen und sie auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen zu nehmen.

Wird dagegen Widerspruch erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann werde ich so vorgehen.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage an den Herrn Bundeskanzler betreffend Abfangjäger dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung, die Sie alle kennen, bringe ich diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr zum Aufruf.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3195/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass mir das Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 3195/AB zur Anfrage 3200/J des Abgeordneten Heinzl betreffend betriebs- und volkswirtschaftliche Bewertung der getroffenen Maßnahmen bei der Österreichischen Post AG (im Zusammenhang mit der Schließung von Postämtern), die durch die Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger erfolgte, durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung soeben die Verhandlung einer Dringlichen Anfrage festgelegt wurde, wird die Kurzdebatte nach Abschluss der Beratungen zur Dringlichen Anfrage beginnen.

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass mir ein Vier-Parteien-Antrag vorliegt, der darauf abzielt, das Volksbegehren "Veto gegen Temelín" in 1065 der Beilagen in erste Lesung zu nehmen. – Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die mit diesem Vier-Parteien-Antrag auf Durchführung einer ersten Lesung des Volksbegehrens einverstanden sind, um ein Zeichen. – Das ist vom Nationalrat einstimmig so beschlossen.


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Ich werde daher diese erste Lesung in die Tagesordnung der morgigen Sitzung des Nationalrates aufnehmen.

Behandlung der Tagesordnung


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 6 und 7, 8 bis 12 sowie 14 und 15 zusammenzufassen.

Gibt es dagegen eine Einwendung? – Das ist nicht der Fall. Dann gehe ich so vor.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt wie folgt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131 Minuten und Grüne 104 Minuten.

Da der ORF um eine Sitzungsübertragung im Fernsehen angesucht hat, die bis 13 Uhr dauern soll, wurden zusätzlich folgende Vereinbarungen getroffen:

Es wird jetzt je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 12 Minuten, dann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 8 Minuten und eine weitere Runde mit je einer Wortmeldung pro Fraktion mit 6 Minuten geben.

Im Weiteren folgt je eine Wortmeldung pro Fraktion, wobei die zur Verfügung stehende Zeit für die letzte Runde vom Vorsitz führenden Präsidenten zur Aufteilung gelangt.

Während dieser Debatte, jedoch vor der letzten Rednerrunde, sind zwei Wortmeldungen von Regierungsmitgliedern mit einer Redezeit von bis zu 15 Minuten vorgesehen.

Weiters wurde vereinbart: nicht mehr als eine tatsächliche Berichtigung pro Fraktion während dieser Debatte.

Das ist ein Schema, das wir jetzt schon öfters angewendet haben. Dennoch hat darüber der Nationalrat zu entscheiden.

Gibt es Einwendungen oder Gegenstimmen gegen diese Regelung? – Das ist nicht der Fall. (Abg. Dr. Fekter erhebt sich von ihrem Platz.) Da ich annehme, dass auch Frau Abgeordnete Fekter mit dieser Regelung einverstanden ist, ist das einstimmig so angenommen.

1. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (977 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Bundessozialämtergesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2002) (1039 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesfinanzgesetz geändert werden (1040 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt mir nicht vor. Daher können wir sofort in die Debatte eingehen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte.

10.18

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der vorangegangenen Debatte hat eine der Rednerinnen der Regierungsparteien hier gesagt, dass die Opposition mit falschen Zahlen operieren würde, und hat sich bei Herrn Bundesminister Bartenstein dafür bedankt, dass er die Zahlen richtig gestellt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin für eine zivilisierte Debatte. Normalerweise würde man sagen: Gentlemen agree upon facts! Das heißt, über Fakten sollte man zumindest übereinstimmen, dann kann man über politische Bewertungen und Konsequenzen streiten.

Sie jedenfalls versuchen, entgegen der Realität in unserem Land die Dinge falsch darzustellen. Und ich weise Sie darauf hin ... (Abg. Dr. Partik-Pablé verlässt den Sitzungssaal.) – Ja, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, die Wahrheit ist Ihnen offensichtlich nicht zumutbar. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Oh ja!) Sie gehören offenbar zur gleichen Gruppe von Leuten wie Herr Bundeskanzler Schüssel, die monatelang hier im Hohen Haus erklärt haben, Rezession gebe es nicht, Stillstand gebe es nicht (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser ), Stagnation maximal auf höchstem Niveau und man habe die Probleme im Griff.

Es sekundiert ihm sogar noch heute der Herr Finanzminister, der, hinter mir sitzend, mir zuruft: Es stimmt auch!

Die Wahrheit ist – Eilmeldung des Wirtschaftsforschungsinstituts von heute Früh –: Das Jahr 2001 war in Österreich ein Rezessionsjahr. .(Abg. Ing. Westenthaler: Das hat noch selten gestimmt, was das Wifo gesagt hat!)  – Das ist leider die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! Und versuchen Sie nicht, die Realität schönzureden, sondern versuchen Sie, die Realität in unserem Land positiv zu verändern! Das wäre Ihre Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister Bartenstein! Von Ihnen hätte ich mir eine etwas größere Faktentreue erwartet, wenn Sie sich hier von Kategorien wie Europameister und Ähnlichem reden. Es ist leider Faktum, dass Österreich im Jahr 2001 an vorletzter Stelle in der Europäischen Union liegt, was das Wirtschaftswachstum betrifft. Es ist leider Faktum, dass im Jahr 2002 das erste Mal seit Jahren die Zahl der Arbeitsplätze in unserem Land sinkt und die Arbeitslosigkeit wieder ansteigt. Und es ist leider Faktum, Herr Bundesminister, dass auf Basis der Belastungspolitik der österreichischen Bundesregierung die realen Löhne in Österreich am geringsten in der ganzen Europäischen Union steigen. Das können Sie nicht schönreden! Das kann man nur durch politische Maßnahmen verändern, und das ist unsere Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn Sie wie üblich darauf hinweisen werden, dass Sie nichts dafür können und dass das alles auf die internationale Entwicklung zurückzuführen sei, dann würde ich Sie einmal einladen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, eine Überlegung anzustellen: Die Exporte als Teil der österreichischen Wirtschaft, die in einem hohen Ausmaß von der internationalen Marktlage abhängig sind, entwickeln sich hervorragend. Der andere Teil der österreichischen Wirtschaft, der von der Kaufkraft der Österreicher abhängig ist, nämlich die Binnennachfrage, entwickelt sich außerordentlich bescheiden. Daher die Intelligenzfrage, Herr Bundesminister: Wo liegt unser Problem? In der Binnennachfrage und damit bei der Politik der


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österreichischen Bundesregierung oder auf den internationalen Märkten? – Ich glaube, Sie können sich die Antwort selbst geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bettreffend Österreich und die Politik der Bundesregierung und die Maßnahmen, die gesetzt wurden, stellt sich schon die Frage: Was hätte gemacht werden können? – Wir haben hier im Hohen Haus – und das ist heute nicht das erste Mal – mehrfach darüber diskutiert, ob es eine Rezession gibt und was man gegen diese Rezession unternehmen kann. Monatelang hat das die Bundesregierung geleugnet. Und wir haben monatelang darauf hingewiesen, es gibt eine Rezession und wir haben Vorschläge. (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt sie nicht!)  – Für Westenthaler gibt es sie bis zum heutigen Tag nicht. Er ist der "Meister im Leugnen der Wirklichkeiten" in unserem Land. Diesen Titel kann man Ihnen wirklich zusprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt natürlich effiziente Maßnahmen gegen den Konjunktureinbruch, wie wir das in mehreren Anträgen im österreichischen Nationalrat eingebracht haben. Herr Bundesminister! Die planungsfertigen Infrastrukturmaßnahmen nicht nach der Frau Forstinger-Formel bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben, sondern heute investieren und bauen! Das bringt Investitionen und Arbeitsplätze, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler  – eine Ausgabe der "Presse" in die Höhe haltend –: Sagen Sie einmal etwas zu den Billig-Arbeitskräften!)

Eine weitere Maßnahme wäre, eine Steuerreform – Herr Westenthaler, die Sie nie zustande bringen werden – durchzuführen, die den Beziehern von kleinen und mittleren Einkommen in Österreich zumindest einen Teil des Geldes zurückgibt, das Sie ihnen mit Ihrer Belastungspolitik weggenommen haben. Das wäre nicht nur sozial gerecht, sondern würde auch neue Arbeitsplätze schaffen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters wäre es wichtig, einen Investitionsfreibetrag neu für zusätzliche Investitionen der Unternehmungen einzuführen, die bereit sind, jetzt Investitionen vorzuziehen, die sie ohnehin vielleicht in zwei, drei Jahren vorhaben. Wenn jetzt investiert wird, würde das dazu führen – sehr verehrte Kollegen von der Wirtschaft, Sie wissen es genau –, dass jetzt neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das wäre ein Beitrag zum Wirtschaftswachstum und gegen die steigende Arbeitslosigkeit in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben davon gesprochen, dass wir einen Strukturwandel haben und Bedarf an Arbeitsplätzen besteht. Es ist völlig logisch: Wenn es einen Strukturwandel in der Wirtschaft gibt, dann muss man die Arbeitnehmer, die in einem Bereich nicht mehr gebraucht werden, so ausbilden, dass sie in einem anderen Bereich, der wächst, unterkommen können. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen holen wir Billig-Arbeitskräfte ins Land!) Dafür – Herr Westenthaler, das werden Sie nie kapieren – braucht man die Ausbildungsmittel des Arbeitsmarktservice, damit diese Umschulungen stattfinden können. Was tut die Bundesregierung? – Sie kürzt die Mittel des Arbeitsmarktservice und verunmöglicht damit die Qualifizierung, verunmöglicht damit, dass die Arbeitnehmer von einem Bereich auf den anderen umgeschult werden. Das ist die Bilanz Ihrer Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist erbärmlich, was Sie da machen!)

Das Ergebnis ist dann, dass auf Grund der strukturellen Ungleichheiten, die es in Österreich gibt, einzelne Teile der Wirtschaft berechtigterweise aufschreien und sagen, wir brauchen dringend Arbeitskräfte, die qualifiziert sind. Dann steht man meistens vor der Notsituation, dass es Betriebe gibt, die wirklich jene Arbeitskräfte nicht bekommen, die sie brauchen, weil vorher nicht rechtzeitig qualifiziert wurde. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen wollen Sie Billig-Arbeitskräfte!)

Dann hat Herr Westenthaler doch tatsächlich die Stirn, sich hier herzustellen und die Sozialpartner und Gewerkschafter dafür zu höhnen, dass sie in einzelnen Bundesländern gemeinsam versuchen, die Misere, die durch Ihre Politik geschaffen wurde, zu bewältigen. Er klagt sie noch dafür an, dass sie Maßnahmen zustimmen, um der Wirtschaft zu helfen. Das ist Ihr Dank an die Arbeitnehmer, Herr Westenthaler! Schämen Sie sich, das ist ganz mies! (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn Sie, Herr Minister Bartenstein, darauf hinweisen, dass all das unter Zustimmung der Gewerkschafter und der Arbeiterkammer vollzogen wird, dann möchte ich Sie nur an die Briefe erinnern, die Sie bekommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie wollen Billig-Arbeitskräfte ins Land holen! SPÖ-Rezept! Gratuliere!) Vielleicht lesen Sie nicht alle. Aber wenn Ihnen die Salzburger Arbeiterkammer schon einen Brief mit folgendem Wortlaut schreibt: Wir weisen daher nochmals darauf hin, dass diese Kontingentaufstockung, sprich Saisonniers, und das dadurch verursachte hohe Niveau dieses Winters von uns als einmaliges und unter dem Zwang von vollendeten Tatsachen erwirktes Ergebnis gesehen wird und kein Festschreiben oder Maßstab zukünftiger Festlegungen bedeutet!, dann frage ich Sie, Herr Bundesminister, was das heißt. – Durch Ihre Regierungspolitik und die verfehlte Qualifizierungspolitik werden Situationen geschaffen, die für die Wirtschaft schwierig sind, und die Arbeiterkammer und die Arbeitnehmervertreter sind bereit, einmalig – einmalig! – der Wirtschaft über die Runden zu helfen. Aber das kann kein Ersatz für Politik sein. Ihre besteht darin, Österreicher nicht auszubilden und dann billige Saisonniers ins Land zu holen. Herr Westenthaler! Das ist der völlig falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Erklären Sie einmal: Warum wollen Sie Billig-Arbeitskräfte ins Land holen? Warum wollen Sie den Arbeitsmarkt mit Billig-Arbeitskräften überschütten?)

Meine Damen und Herren! Da ich dauernd auf das Hereinholen von billigen Arbeitskräften angesprochen werde, möchte ich sagen: Reden wir doch über die Realität, Herr Westenthaler! Setzen Sie sich nieder, passen Sie auf, vielleicht verstehen Sie es irgendwann! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein "toller" Stil! So ein rüpelhafter Stil, und der Präsident lässt das zu, und das bei einer Live-Übertragung!) Bis jetzt können Sie ja nur Propagandaformeln ablassen. Das eigentliche Problem haben Sie noch nie verstanden, Herr Westenthaler! Wenn Sie mich auffordern zu erklären, dann müssen Sie bereit sein zuzuhören. Westenthaler will nichts wissen, weiterhin so wenig intelligent bleiben wie bisher! Gut! Setzen, Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ungeheuerlich! So eine Schulmeisterung ist unglaublich! Sie sind nicht einmal ernst zu nehmen! Sie glauben Ihre eigene Alternative nicht! Das ist das Problem: Sie haben Ihre Zukunft schon hinter sich! 12-Prozent-Kanzler Gusenbauer! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wir gehen über zum Sachthema.

Meine Damen und Herren! Wir stehen davor, dass ... (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Herr Präsident!


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und Herren! Erstens bitte ich, von persönlichen Beleidigungen Abstand zu nehmen. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Zweitens ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer am Wort und hat noch 30 Sekunden Redezeit!

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was kann man feststellen? – Durch die Politik dieser Bundesregierung wird nicht nur die Wirtschaft geschädigt, der Aufschwung nicht herbeigeführt, sondern auch der Sozialstaat in Mitleidenschaft gezogen. Daher darf man sich nicht wundern, dass die Antwort auf die Politik von Westenthaler und Co ist, dass jetzt ein Sozialstaat-Volksbegehren in Österreich stattfindet, mit dem versucht wird, diesen Sozialabbau von Schwarz-Blau in Zukunft zu verhindern. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Eine Gruppe von Besuchern entledigt sich auf der Galerie ihrer Oberbekleidung und zeigt sich in Buchstaben-T-Shirts, die in ihrer Gesamtheit den Schriftzug "Sozialstaatsvolksbegehren – 3. – 10. April" ergeben. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Demonstrationen von der Galerie sind nicht zulässig! Ich bitte, diese Demonstration zu beenden und die Galerie zu verlassen!

Ich unterbreche die Sitzung so lange, bis diese Demonstration beendet ist.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 10.30 Uhr unterbrochen und um 10.31 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich bitte, die Plätze einzunehmen!

Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner, sind Sie bereit, mit Ihrer Rede zu beginnen? – Die Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Mitterlehner begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Taferl mit folgender Aufschrift auf: "Vernünftig. Verlässlich. Verantwortungsvoll. Verantwortung für Österreich." – Abg. Edlinger: Bitte nehmen Sie die Verantwortung wahr!) – Herr Abgeordneter Edlinger! Herr Abgeordneter Mitterlehner hat noch nicht einmal ein Wort gesprochen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Den Text des Taferls kann ich von hier aus nicht lesen. Herr Abgeordneter Mitterlehner! Zeigen Sie es mir bitte einmal! (Abg. Dr. Mitterlehner hält das Taferl Richtung Präsidium in die Höhe.) – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.32

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Dr. Gusenbauer! Sie machen dieses Land schlecht – wir übernehmen Verantwortung. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn man gesehen hat, wie alle Abgeordneten der Opposition schon ganz erwartungsvoll auf die Galerie geblickt haben, dann hat man gewusst, das war organisiert. Das ist eigentlich ein sehr schlechtes Zeichen, was Ihre demokratische Gesinnung anlangt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fast hat man den Eindruck, wenn man die Rede des Kollegen Gusenbauer gehört hat (Abg. Dr. Jarolim: Blitzgneißer!), er hat Freude daran, wenn er das Wort "Rezession" verwenden kann und dass endlich folgende Wifo-Aussage vorliegt: Tatsächlich ist im letzten Jahr, zumindest in den letzten beiden Quartalen, die Wirtschaft geschrumpft.

Wenn man das auf das ganze Jahr umrechnet, Herr Kollege Gusenbauer, haben wir maximal eine Stagnation, aber es ist müßig, über Begriffe zu streiten, sondern interessant ist eigentlich das, was sich die Bevölkerung erwartet und was die Zukunftsperspektive ist, und die heißt Hoffnung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben Hoffnung darauf, dass die Wifo-Prognosen in dem Fall stimmen, denn die Wachstumserwartungen für das letzte Jahr waren auch Wifo-Prognosen. Daraus erkennen Sie: Wenn sie nicht stimmen, waren es offensichtlich weltwirtschaftliche Einflüsse, die dazu geführt haben, dass es nicht so war. Wir haben für heuer schon ein Wachstum in der Höhe von 1,2 Prozent zu erwarten, für das nächste Jahr werden 2,8 Prozent prognostiziert. Damit liegen wir besser als die USA, liegen wir besser als Japan und liegen wir auch besser als Deutschland, das Sie immer so gerne als Musterbeispiel erwähnen. Deutschland hat für dieses Jahr eine Wachstumserwartung von lediglich 0,8 Prozent.

Sie haben die Exporte schon erwähnt. Die Exporte waren im letzten Jahr gut und werden dieses Jahr auch gut sein. Und Sie haben auch die Beschäftigten erwähnt. Es ist doch müßig, über einige Fälle – jeder Fall ist bedauernswert – zu diskutieren, denn im Wesentlichen haben wir Beschäftigung auf sehr hohem Niveau. Das sollten wir positiv anerkennen und nicht so tun, wie Sie dies in Ihren Aussagen gemacht haben, als ob wir riesige Probleme am Arbeitsmarkt hätten. Laut internationaler EU-Statistik sind wir an zweitbester Stelle, was die Arbeitslosigkeit anlangt.

Herr Kollege Gusenbauer, ich finde es eigentlich bemerkenswert, dass Sie die Lohnverhandler insoferne beleidigen, als Sie ständig, auch in der "Pressestunde", darauf hinweisen, dass wir die niedrigsten Lohnabschlüsse (Abg. Dr. Gusenbauer: Real!), Realabschlüsse in ganz Europa hätten. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wegen der Belastungspolitik!)

Sie zitieren so gerne Fakten, Herr Gusenbauer! Ich zitiere aus dem IHS-Bericht die Dezemberprognose: Die Lohnabschlüsse haben die Inflationsrate des Vorjahres abgegolten und sind deutlich höher als der für 2002 zu erwartende Preisanstieg. (Beifall bei der ÖVP.)


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97. Sitzung / Seite 46

Was ist die Konsequenz daraus? – Wir sind, was die Preisdisziplin anlangt, Europameister. Wir hatten im Monat Februar 1,7 Prozent im EU-Vergleich. Niemand ist besser! Was heißt das? – Das heißt, dass unsere Lohnabschlüsse im Grunde sehr gute Lohnabschlüsse wären. Sie werden aber möglicherweise durch die Tariferhöhungen der Verkehrsbetriebe Wien gefährdet, die sich ganz ungeniert bedienen und eben Erhöhungen durchführen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abgeordneten Bures. )

Meine Damen und Herren! Herr Dr. Gusenbauer! Sie haben von Optimismus gesprochen und gleichzeitig gefragt, wie wir in die Zukunft gehen werden. Jetzt gibt es Anzeichen einer Belebung der amerikanischen Wirtschaft, auch Anzeichen bei uns, dass sich die Auftragseingänge verbessern werden. Was ist in dieser Situation wichtig? – In dieser Situation ist es wichtig, dass wir den Aufschwung mit den richtigen Maßnahmen und richtig dosiert unterstützen. Dabei geht es nicht immer nur darum, was Sie meinen, nämlich immer mehr Geld, immer mehr Binnennachfrage zu haben, sondern es geht um Folgendes: Richtige Konjunkturpolitik, Herr Dr. Gusenbauer, misst sich nicht daran, was sie kostet, richtige Konjunkturpolitik ist daran zu messen, welche Effekte und Auswirkungen sie hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Genau dort, wo die Schwächen des bisherigen Systems waren, setzt dieses Konjunkturpaket an. Von den technologieorientierten Neugründungen konnte bis jetzt der Freibetrag nicht genutzt werden, weil junge Neuunternehmen keine Gewinne aufweisen. Im Übrigen war es auch so, dass die Antragstellung auf patentierbare Projekte mit einer volkswirtschaftlichen Bedeutung verbunden sein musste. Daher sind Jungunternehmer nie oder selten in den Genuss des Freibetrages gekommen. Neu ist daher, dass die Einführung des Forschungsfreibetrages auf neuer Basis möglich ist, und neu ist, dass wir auch eine Forschungsprämie in der Höhe von 3 Prozent haben.

Dasselbe gilt für den Bildungsfreibetrag – Sie reden immer davon –, der von 9 Prozent auf 20 Prozent erhöht wird. Auch da ist eine Bildungsprämie in der Höhe von 6 Prozent möglich, auch das ist eine Unterstützung für die Klein- und Mittelbetriebe und für die Start-ups der technologieorientierten Unternehmen.

Wir haben mit dem Konjunkturprogramm reagiert. Im Baubereich ging es um die Einführung einer vorzeitigen Abschreibung von 7 Prozent für Herstellungsaufwendungen von maximal 3,8 Millionen €. – Ich könnte das fortsetzen, nur ginge das in den technischen Bereich hinein, der Sie nur zum Teil interessieren wird. Aber was ist wesentlich dabei? – Wesentlich bei all diesen Maßnahmen ist beispielsweise das NEUFÖG, das auch von der EU in einem Benchmarking als vorbildhaft für ganz Europa erklärt worden ist, und wesentlich ist, dass wir Unterschiede zu der alten Politik haben, die Sie gemacht haben.

Warum? – Im Wirtschaftsausschuss hat auch die Opposition diesen Strukturmaßnahmen zugestimmt. Ihre Wirtschaftssprecherin und auch andere haben dann eingewendet: Das, was da gemacht wird, ist von der Summe her zu wenig. – Genau das ist aber der Fehler. Sie messen alles, was in dem Bereich passiert, ausschließlich an der Summe, an den Kosten und nicht an den Auswirkungen.

Sie haben angeregt, man solle von der restriktiven Budgetpolitik abgehen. Das wäre ein Fehler, und daher wollen wir diesen Fehler nicht machen. Wir wollen nicht in die Fehler der siebziger Jahre zurückfallen, die Sie uns jetzt ständig einreden wollen. Wir verpulvern nicht das Geld auf Kosten der jungen Menschen. Wir setzen Maßnahmen in Richtung Wirtschaftspolitik im Bereich der Wertschöpfung, im Bereich Wachstum, im Bereich Nachhaltigkeit.

Meine Damen und Herren! Auch die Kurzfristigkeit der Maßnahmen ist angesprochen worden, warum und wieso das vielleicht in der Form erst mittel- oder langfristig wirken wird. Dazu möchte ich Ihnen sagen: lieber langfristig die richtigen Struktureffekte als kurzfristige Scheinmaßnahmen mit nachhaltigen Schulden. Das ist ein maßgeblicher Unterschied unserer Politik zu Ihrer Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Die Opposition versucht teilweise den Eindruck zu erwecken, jetzt ginge es darum, soziale Standards abzubauen, und auch in diesem Paket wäre etwas in diese Richtung vorgesehen. Als Beispiel wird immer die Möglichkeit erwähnt, dass Arbeitskräfteüberlasser nun auch Arbeitskräftevermittlung durchführen dürfen. Auch dazu muss ich Ihnen sagen: Genau das Gegenteil ist der Fall. Jetzt, da die Arbeitskräftevermittlung auch durchgeführt werden muss, gibt es mehr Wettbewerb im Bereich des AMS, gibt es geringere Kosten im Bereich des AMS. Und damit wird eines erreicht: Man wird mehr Arbeitnehmer vermitteln; darum sollte es Ihnen gehen und nicht um Machtbereiche, die Sie jahrzehntelang einzementiert haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Neu ist auch die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung im Rahmen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Es ist die Maßnahme vorgesehen, dass 38 Arbeitsinspektoren und Mitarbeiter der Zollwache in einen Bereich zusammengeführt werden. Sie sollen die illegale Ausländerbeschäftigung wesentlich wirksamer, wesentlich effizienter kontrollieren, als das bisher der Fall war.

Daher haben wir dort eine Konzentration, wir haben die personellen und organisatorischen Voraussetzungen, um da wirklich etwas zu tun, denn all das, was vorher gesagt worden ist, hätten Sie vielleicht schon früher umsetzen können, haben es aber nicht getan. Aus diesem Grund ist das, was die Regierung hier umsetzt, die erste wirksame Maßnahme zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und daher besonders begrüßenswert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es werden in diesem Rahmen auch die Strafsätze um bis zu 30 Prozent erhöht. Die Höchststrafe für illegale Beschäftigung liegt bei 25 000 €. Herr Präsident Verzetnitsch ist leider hinausgegangen (Abg. Schwarzenberger: Musste er, weil er telefoniert hat!), aber ich möchte ihn schon fragen: Müssen wir, wenn wir jetzt das Schwarzarbeitsgesetz, also die Restbestandteile, die noch da sind, weiter verhandeln, unbedingt zuerst daran denken, dass wir Haftstrafen einführen, sodass derjenige, der möglicherweise eine Putzfrau nicht anmeldet, eine Haftstrafe riskiert?

Das heißt doch eigentlich, das Kind mit dem Bade ausschütten. Wir haben genügend gesetzliche Bestimmungen (Abg. Verzetnitsch: Haben wir nicht, Herr Kollege!), scharfe Bestimmungen, um auch in der Praxis tatsächlich Verbesserungen durchführen zu können. (Abg. Edlinger: Was ist mit der Frächterlobby zum Beispiel?)

Meine Damen und Herren! Aus Sicht der Wirtschaft war es uns sehr wichtig, dass in diesem Bereich nicht nur die illegale Erwerbstätigkeit in dem Sinne, was Ausländerbeschäftigung anlangt, kontrolliert wird, sondern auch gewerberechtliche Tatbestände, Arbeitnehmerschutztatbestände, sprich Gesundheitstatbestände. Das heißt also, die neue Behörde wird diesbezüglich wirklich effizient kontrollieren. (Abg. Verzetnitsch: Schwarze Schafe schützen!)

Herr Präsident! Wir schützen keine schwarzen Schafe, ich möchte Ihnen aber in diesem Zusammenhang eines sagen: Es geht nicht darum, dass wir illegale Verhaltensweisen unterstützen, aber wir wollen auch nicht seriöse Unternehmen mit Schikanen belästigen. Es wird um eine ganz klare Grenzziehung gehen, und diese Grenzziehung können wir noch bei weiteren Verhandlungen entsprechend prüfen.

Meine Damen und Herren! Insgesamt zeigt die Regierung einmal mehr, dass sie professionell, vernünftig, verlässlich, verantwortungsvoll für Österreich agiert. Mit diesem Programm wird ohne neue Schulden ein richtiger Schritt in eine solide Zukunft gesetzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.43


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97. Sitzung / Seite 48

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Redezeit: 12 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Taferl mit folgender Aufschrift auf: "Sozialstaat statt Abfangjäger".)

10.44

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Geschätzte Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein peinliches Theater!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Kogler! Können Sie noch über das Taferl drüberschauen oder ist es schon zu groß?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Herr Präsident! Das ist die innovativste Taferlkultur bis jetzt überhaupt. Damit wir nicht immer diese einfachen Taferl der ÖVP haben, haben wir sogar einen Ständer angebaut. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Wenn der Inhalt so seicht ist ...! – Abg. Ing. Westenthaler: Dass ihr alle von Haider lernt, ist herrlich! Sogar die Grünen lernen von Haider!)

Kollege Böhacker sagt, der Inhalt sei entscheidend. (Abg. Böhacker: Seicht!) Ich darf das aufgreifen und zur Sache kommen. Herr Kollege Böhacker! Kommen wir zum Ernst der Debatte! Sie bringen hier ein so genanntes Konjunkturbelebungspaket ein. Ich muss sagen, es hat selten ein Gesetzestitel die Sache, die gemeint war, so schlecht getroffen. In Wirklichkeit liegt ein Konvolut vor, in dem nicht zur Sache gekommen wird. Der Gesetzestext ist nicht einmal zur Sache. Das hat mit Konjunkturpolitik relativ wenig zu tun.

Aber es darf einen nicht wundern, dass bei freiheitlicher Regierungsbeteiligung unter Konjunkturpolitik verstanden wird, dass mit polizeistaatlichen Methoden am Arbeitsplatz Nachschau gehalten wird und Beschäftigte sozusagen mit Handschellen abgeführt werden können, während die Strafen für die illegalen Beschäftiger kaum hinaufgesetzt werden. Das verkaufen Sie hier unter dem Titel Konjunkturpaket, das muss man einmal sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Man darf sich auch nicht länger wundern, dass Sie sich selbst immer noch übertreffen. Man muss sich das wirklich abgewöhnen.

Kollege Böhacker! Kommen wir zur Sache! Es kommt auf den Inhalt an. "Sozialstaat statt Abfangjäger", das steht auf meinem Taferl. Reden wir, wie Sie es uns immer vorschlagen, über die Zukunft! Reden wir über die Zukunft, und reden wir über die Standortfaktoren in Österreich! Es ist natürlich auch ein eminent wichtiger Standortfaktor, was den sozialen Frieden und die soziale Stabilität betrifft. Diese Bundesregierung hat sich angeschickt, ständig Sozialdemontage zu betreiben.

Sozialdemontage betreiben und Abfangjäger beschaffen – das ist Ihr Zukunftsprogramm. Bei Ersterem haben Sie bewiesen, dass Sie es können, bei Zweiterem behaupten Sie, dass Sie es tun werden, wobei wir ziemlich zuversichtlich sind, dass wir da auch etwas mitzureden haben werden.

Ihr so genanntes Konjunkturbelebungspaket ist auch deshalb noch zusätzlich eine Mogelpackung, weil es zu spät kommt – zumindest der Teil, der brauchbar wäre –, weil zu wenig vorgeschlagen wird und es viel zu halbherzig gemacht ist.

Ich darf an dieser Stelle hinzufügen, dass die Grünen Teilen dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung erteilen werden, und zwar jenen Teilen, die sich auf die Förderung der betrieblichen Forschung, der betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen und auf die vorzeitigen Abschreibungsmaßnahmen im Bereich der Gebäude beziehen. Letzteres – das ist aber auch schon das Einzige – hat annähernd noch etwas mit Konjunkturbelebung zu tun.

Warum kommt all das zu spät? – Hätten Sie im Sommer nicht ständig die Debatte verweigert und geradezu Realitätsverweigerung betrieben, dann hätten Sie rechtzeitig Maßnahmen einleiten können, mit denen durchaus im Rahmen der österreichischen Nachfrage sinnhafte Beiträge hätten geleistet werden können. Das hätte genau den Bereich der thermischen Gebäudesanierung und der Gebäudesanierung überhaupt betroffen. Das klingt zwar relativ lapidar, ist aber einfach und wahr.

Da wird die investierte Milliarde, die, wenn Sie so wollen, noch in Schilling angegeben ist, tatsächlich am arbeitsplatzintensivsten eingesetzt. Dazu war aber in Ihrem Konjunkturpaket absolut nichts zu erkennen. Im Gegenteil: Ursprünglich haben Sie es angedacht, dann aber noch


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herausreklamiert. Das ist das, was Sie uns hier und heute anbieten. Hätten Sie rechtzeitig einige kleine Maßnahmen gesetzt, dann hätten Sie jenen Teil erledigen können, der der österreichischen Bundesregierung durchaus gut angestanden wäre!

Von Seiten der Opposition oder von Seiten der Grünen ist ja nicht behauptet worden, dass das eine rein hausgemachte Krise sei. Sie haben sich darauf kapriziert, zu sagen, das sei keine Rezession; das war Ihr Programm. Das war der Fehler. Es wäre durchaus sinnvoll und möglich gewesen, einige geschickte Investitionen zu machen, denn die Maßnahmen, die Sie jetzt setzen, kommen leider zu spät, vor allem dann, wenn wir, wie Sie behaupten, ohnehin vor einem Aufschwung stünden.

Die Maßnahmen sind in weiten Bereichen zu wenig und viel zu halbherzig. Das Einzige, was dabei an positiver Entwicklung übrig bleibt, ist die Idee der Standortverbesserung. Wir haben es mit einem Paket, wenn man es so betrachten will, von Standortpolitik zu tun. Darüber kann man reden. Deshalb stimmt auch meine Fraktion den Bereichen Forschung und Bildung zu.

Aber wenn wir uns schon über die nächsten Jahre unterhalten – da darf ich zum Thema dieser Tage zurückkommen –, dann muss man auch die Relationen zueinander setzen. Was Sie bei einer etwaigen "Investition" – unter Anführungszeichen – in die Abfangjägerbeschaffung stecken wollen, ist ein Vielfaches dessen, was langfristig an zusätzlicher Konjunkturbelebung im Standortbereich generiert werden würde.

Sehen Sie, genau darum geht es! Sie, Herr Finanzminister, haben die Parole ausgegeben: Nulldefizit und keine neuen Schulden! – Das passt mit dieser Abfangjägerbeschaffung nicht zusammen. Wie wollen Sie denn langfristig die Abgabenquote auf bis zu 40 Prozent senken, wenn Sie nicht auch tatsächlich auf der Ausgabenseite etwas unternehmen? – Wenn jetzt alle Ressorts, so wie der Verteidigungsminister, derartige Wünsche deponieren, dann kann sich das nicht ausgehen. Sie wissen das genau, und Sie haben das auch gesagt – ich darf Sie zitieren –: Abfangjäger sind aus finanzieller Sicht nicht leistbar. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bitte Sie um eine Stellungnahme zu dieser Ihrer Aussage, wie Sie das aus heutiger Sicht bewerten.

Wenn das aber das Programm ist, das Sie anzubieten haben, nämlich keine neuen Schulden zu machen und Abfangjäger zu beschaffen, dann sind Sie es uns schuldig, diesen Widerspruch aufzulösen.

In Fragen der sozialen Sicherheit wird, so glaube ich, von dieser Bundesregierung völlig unterschätzt ... (Abg. Ing. Westenthaler: Viel fällt Ihnen heute nicht ein!)  – Das wird Ihnen wahrscheinlich nicht wehtun. – In der Frage der sozialen Sicherheit haben Sie einfach auf das falsche Pferd gesetzt. Aber das wundert mich nicht, das ist kein Zufall. Bei Ihnen ist das sozusagen ideologisch motiviert, das ist Programm. Soziale Sicherheit darf deshalb kein Standortfaktor sein, weil es nicht zu Ihrer Staatsphobie und zu Ihrer Nulldefizithysterie passt, das ist es. Das ist Ihr Programm, und deshalb setzen Sie ganz gezielt auf das falsche Pferd und gehen in die falsche Richtung. Aus diesem Grund haben Sie uns hier heute ein Mogelpaket verkauft, und deshalb darf man Ihnen diese Kritik auch entgegenhalten.

Ich möchte nun noch einmal auf die Frage der Abfangjägerbeschaffung zurückkommen. Diesbezüglich ist wirklich zu fragen: Warum hat diese Bundesregierung nicht vor, eine Volksabstimmung einzuleiten? – Die Meinungsumfragen sind eindeutig. Sie selbst behaupten, die Sache sei gelaufen. Wir behaupten, da hat das Volk noch etwas mitzureden.

Es kann nicht sein, dass eine Beschaffung vorgenommen wird, die mehrere Bundesregierungen in Zukunft binden wird, und Sie setzen sich einfach darüber hinweg. (Abg. Ing. Westenthaler: Er redet konsequent am Thema vorbei, und der Präsident hört zu!) Gleichzeitig reden Sie von keinen neuen Schulden und von Zukunftsinvestitionen. Das ist ein Widerspruch, den Sie auflösen müssen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Heute sind Sie schlecht vorbereitet, Herr Kollege! – Ruf: Was haben die Abfangjäger mit der Konjunktur zu tun?)


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Was die Abfangjäger mit der Konjunktur zu tun haben, dazu sage ich Ihnen Folgendes: Die Abfangjäger haben in Zukunft mehr mit der Konjunktur zu tun, als dieses so genannte Konjunkturbelebungspaket, das mit Konjunktur wenig zu tun hat. Aber ich habe Ihnen angeboten, über Standortentwicklung und Investitionen in der Zukunft zu reden. Es gibt sicher viele sinnvolle Bereiche, in die man investieren kann, aber jedenfalls nicht in Abfangjäger. (Abg. Ing. Westenthaler: Euch interessiert die Konjunktur nicht!)

Wenn man sich vor Augen hält, welche sozialpolitischen Maßnahmen Sie gesetzt und wo Sie überall Sozialdemontage betrieben haben, dann muss man sagen: Das ist genau der Punkt, das ist genau der ideologische Unterschied zwischen Ihnen und uns. (Abg. Ing. Westenthaler: Gott sei Dank!) Sie setzen bestimmte Maßnahmen, die die sozial Schwächeren treffen, aber Geld für Abfangjäger wollen Sie sehr wohl ausgeben.

Unser Programm geht in die umgekehrte Richtung: soziale Sicherheit und ein Nein zur Abfangjägerbeschaffung. So einfach ist das. Wenn Ihnen das zu einfach ist, dann wollen Sie die Wahrheit einfach nicht erkennen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich darf zusammenfassen: Mit diesem Konjunkturbelebungspaket beleben Sie sicher nicht die Konjunktur, Sie bewegen nicht einmal irgendetwas damit. Das Einzige, was Sie damit setzen, sind Beschäftigungsmaßnahmen mit polizeilicher Androhungsgewalt, und das ist wirklich gesteigerter Zynismus. Zweitens: Sie investieren in die falsche Richtung, und Sie betreiben Sozialdemontage. (Abg. Ing. Westenthaler: So ein Blödsinn, was er da verzapft!)

Deshalb sage ich Ihnen: Geben Sie den Weg frei, geben Sie den Weg frei für eine Volksabstimmung, weil die Bevölkerung schon längst begriffen hat, dass Sie ihr zentnerweise Sand in die Augen streuen! (Abg. Ing. Westenthaler: Schwächste Rede, die jemals gehalten wurde!) Melden Sie sich zu Wort, dann schauen wir uns das an! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Ich bin Besseres gewohnt!)

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Er hat ebenfalls eine Redezeit von 12 Minuten. – Bitte.

10.55

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! (Abg. Dr. Gusenbauer: Taferl! – Abg. Ing. Westenthaler: Aus dem Alter sind wir heraus!) Kollege Kogler, ist das die neue Strategie der Grünen: Taferl statt Inhalt? Gehen Sie den Weg der deutschen Grünen in Richtung unter 5 Prozent? – Wenn dem so ist, dann müssen Sie eigentlich froh sein, dass Sie heute noch ein Taferl aufstellen können. Wenn Sie mit den deutschen Grünen gehen, werden Sie in Zukunft hier kein Taferl mehr aufstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege beziehungsweise Klubobmann Dr. Gusenbauer hat, wie nicht anders zu erwarten, in seinem verbalen Rundumschlag wieder einmal ein Bild von Österreich gezeichnet, das so nicht stimmt. Es stimmt einfach nicht, was Herr Klubobmann Gusenbauer hier am Rednerpult gesagt hat, aber ich bin mir sicher, dass selbst eingefleischte Genossen Ihre Argumente schon längst nicht mehr ernst nehmen und längst nicht mehr glauben. (Abg. Eder: Was stimmt denn?)

Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten haben die Sozialdemokraten nahezu stündlich neue Forderungen erhoben. Ich habe es kurz hochgerechnet: Weit mehr als 100 Milliarden Schilling würde dieses Forderungspaket der Sozialdemokraten kosten. Darüber hinaus versuchen Sie – übrigens vergeblich –, die hervorragende Arbeit dieser Bundesregierung madig zu machen, verunsichern die Menschen, schüren Angst und betreiben Panikmache. Ich sage Ihnen eines: Wir lehnen diese Politik der Panikmache durch die Sozialisten mit aller Entschiedenheit ab! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Trotz der vorgetäuschten Aktivitäten der Sozialdemokraten bleiben Sie immer noch zwei Antworten auf zwei wichtige Fragen schuldig. Ich frage die Sozialdemokraten: Warum haben Sie all das, was Sie hier lauthals fordern, nicht in den letzten 30 Jahren umgesetzt (Zwischenruf der


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Abg. Bures ), als Sie an den Schalthebeln der Macht waren, als Sie die Möglichkeit gehabt hätten, diese sozialpolitischen Maßnahmen, diese konjunkturpolitischen Maßnahmen entsprechend einzuleiten und umzusetzen? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber es ist wahrscheinlich tatsächlich so: Die göttliche Eingebung war den Sozialdemokraten erst dann beschieden, als sie nicht mehr Regierungsverantwortung zu tragen hatten, also seit sie in der Opposition sind. (Abg. Eder: Ihr habt alles umgedreht in den zwei Jahren! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweitens: Sie bleiben die Antwort darauf schuldig, wie Sie Ihre Forderungen finanzieren wollen, ohne in die längst verfehlte und gescheiterte Politik des immer neuen Schuldenmachens abzudriften. Sie haben darauf keine Antworten. Solange Sie diese zwei entscheidenden Fragen nicht beantworten, so lange ist Ihre Politik mit dem Makel der Unehrlichkeit behaftet und ist sie eine Politik, die absolut unglaubwürdig ist, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Wir alle sollten zumindest wissen, dass sich eine kleine offene Volkswirtschaft, wie sich Österreich darstellt, von den internationalen Entwicklungen nicht abkoppeln kann. Wir sind einfach in die Weltwirtschaft eingebunden. Das darf aber nicht dazu führen, dass, so wie in der Vergangenheit unter den Sozialdemokraten, eine Laisser-faire-Politik gemacht wird, dass man einfach sagt: Wir können sowieso nichts machen. – Ganz im Gegenteil: Diese Wenderegierung, diese Reformregierung macht keine Politik der Resignation, sondern eine Politik des aktiven Handelns für die Zukunft unseres Landes!

Darum hat auch diese Reformregierung diese gewaltigen Herausforderungen beherzt angenommen und unverzüglich die Grundzüge und Grundsätze eines intelligenten und ausgewogenen Konjunkturpaktes beschlossen. Wo war da die Opposition? – Sie war wieder einmal auf Tauchstation oder mit wesentlicheren Dingen beschäftigt. Vielleicht haben die Sozialdemokraten gerade wieder einmal ihre Parteifinanzen sanieren müssen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Die haben sie noch lange nicht saniert!) – Vielleicht begonnen zu sanieren.

Die Regierung hat trotz der massiven internationalen Verunsicherung kühlen Kopf bewahrt und hat sich auch durch noch so laute Zurufe von der Opposition nicht zu einem einfallslosen, ideenlosen und undifferenzierten Hineinpumpen von Budgetmilliarden in die Nachfrage verleiten lassen. Diese sozialdemokratische Schuldenpolitik ist gescheitert, diese Regierung wird diesen Fehler der Sozialdemokratie nicht machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir machen eine Konjunkturbelebung mit viel Gehirnschmalz, Intelligenz und Verantwortungsbewusstsein. Der Blick über die Grenzen macht uns sicher: Schauen wir nur ein wenig in das rot-grüne Deutschland! (Abg. Eder: Wo ist Rosenstingl?) Was sind denn da für Eckdaten zu erkennen? – Rekordarbeitslosigkeit: 4,3 Millionen Arbeitslose! Explodierendes Budgetdefizit: Der blaue Brief aus Brüssel konnte gerade noch mittels massiver Intervention verhindert werden. Skandal in der Arbeitsmarktverwaltung: Jahrlang wurden geschönte Arbeitsmarktdaten bekannt gegeben.

Tausende Ärzte verschieben in Deutschland Medikamente, je nachdem, wie hoch der Bonus und die Vergütung von der Pharmaindustrie waren. Und nicht zuletzt: Spenden- und Bestechungsskandale, Stichwort "Köln". Und all das auf einem rot-grünen Nährboden! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Aber, meine Damen und Herren, auch in Portugal hat der Sanktionen-Oberchef Guterres den "blauen Brief" bekommen. Guterres hat den "blauen Brief" bekommen – nicht aus Brüssel, sondern vom Wähler. Er wurde dorthin gestellt, wo er hingehört: auf das politische Abstellgleis! Was hat er denn gemacht? – Trotz massiver Förderungen aus der EU hat er Prunkbauten gebaut, und er hat das Gesundheitssystem vor die Hunde gehen lassen. Ein halbes Jahr muss man in Portugal auf eine ganz normale Operation warten. Das ist die sozialistische Gesundheitspolitik! Dazu können wir nur klar und deutlich nein sagen. (Abg. Edlinger: Leben wir in Portugal?)


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Aber, Herr Kollege Edlinger – darf ich "Kollege" sagen? –, warum in die Ferne schweifen, liegt das schlechte Beispiel doch so nah? Ein kleiner Blick nach Wien. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Edlinger –: Wie hat denn gestern Rapid gespielt?) Kollege Westenthaler hat es heute schon hergezeigt: "massive Tariferhöhungen in Wien". (Der Redner zeigt die Kopie eines Zeitungsartikels.) Ein Griff im Ausmaß von 344 Millionen Schilling in die Taschen der Wiener Arbeitnehmer, die mit der Tram, mit der U-Bahn fahren – ist das Ihre soziale Arbeitnehmerpolitik? Ist das Ihre Politik, die Sie vertreten? – Sie sprechen anders, als Sie handeln. Machen Sie einmal die Politik, von der Sie immer sprechen, und nicht immer eine Belastungspolitik für die kleinen Leute! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zur Arbeitsmarktpolitik. (Abg. Eder: Milliarden weniger vom Bund!)  – Kollege Eder! Die Entwicklung der Beschäftigten in Österreich: im Jahre 1998 unter sozialdemokratischer Regierung 3 076 000 Unselbständige, 2001 unter der blau-schwarzen Wenderegierung 3 148 155 – um 72 000 unselbständig Beschäftigte mehr unter dieser blau-schwarzen Regierung! Das sind Erfolgszahlen und nicht jene, die Sie immer bekannt geben.

Der Blick nach Wien allein genügt schon wieder: In Österreich ist die Arbeitslosenquote im Vergleich März im Schnitt um 16,6 Prozent gestiegen. Und um wie viel ist die Arbeitslosenquote in Wien gestiegen? Um 31,4  Prozent! (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Wahnsinn! Wahnsinn!) 20 076 mehr Arbeitslose in Wien, im roten Wien, wo Herr Bürgermeister Häupl, der potentielle Nachfolger von Gusenbauer, das Sagen hat! 20 076 mehr Arbeitslose in Wien, das sind um 2 686 mehr als im gesamten anderen Österreich! Dort, wo die Sozialisten das Sagen haben, steigen die Arbeitslosenzahlen ins Unermessliche! Dafür sollten Sie sich schämen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und weil die Arbeitslosenzahlen noch nicht hoch genug sind, kommt Herr Gusenbauer und will billige Arbeitskräfte nach Österreich holen: "Gusenbauer will Billig-Arbeitskräfte auf Dauer nach Österreich holen". (Der Redner zeigt die Kopie eines "Presse"-Artikels. – Abg. Ing. Westenthaler: 25 Prozent Tariferhöhung bei den Wiener Linien! Gratuliere!) Sie wollen jene österreichischen Arbeitnehmer, die über Kollektivvertrag bezahlt werden, durch billige Arbeitskräfte aus dem Ausland ersetzen. Herr Kollege Gusenbauer! Ist das eine verantwortungsvolle Politik für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? – Nein! Sie haben hier am Rednerpult gesagt, Sie werden dazu Stellung nehmen. Haben Sie Angst vor der eigenen Courage? Ich nehme es an. Kommen Sie heraus und erklären Sie, was Sie damit wirklich gemeint haben! (Abg. Ing. Westenthaler: Der Vorgänger vom Häupl!)

Meine Damen und Herren! Allein auf Grund dieser Beispiele sollte die österreichische Bevölkerung hellhörig werden und nein zu rot-grünen Experimenten in Österreich sagen.

Kollege Kogler hat gemeint, es sei zu spät reagiert worden. Er wollte an und für sich eine inhaltliche Debatte führen, hat aber dann unter dem Motto – ich bin leider kein Lehrer – "Thema verfehlt" gesprochen, aber das ist ja Ihre Sache. Schon lange bevor die Weltwirtschaft diese Talfahrt angetreten hat, hat diese Wenderegierung nachhaltige Maßnahmen zur Sicherung der Vollbeschäftigung und zur Sicherung des Wohlstandes in Österreich eingeleitet. Alle internationalen Vergleichszahlen zeigen, dass Österreich die Konjunkturdelle wesentlich besser und nahezu unbeschadet überstanden hat. Alle Kennzahlen am Konjunkturbarometer zeigen, dass sich der Zeiger bereits von "bewölkt" auf Wetterbesserung zu bewegt, "Tendenz steigend", hin zu Schönwetter.

Das ist ein Erfolg aller österreichischen Bürger, der gemeinsam mit dieser Bundesregierung erreicht wurde, und dafür gilt es auch den Bürgern Dank zu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben auch über das Konjunkturbelebungspaket hinaus wesentliche Reformen gemacht. Ich nenne nur das Kindergeld: 8 Milliarden Schilling gehen zusätzlich in die Wirtschaft, eins zu eins ausgegeben, weil gerade die jungen Mütter und Väter nicht zu den Millionären gehören. Die jungen Eltern geben jeden Euro sofort eins zu eins in die Wirtschaft aus.


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97. Sitzung / Seite 53

Verwaltungsreform: 15 Milliarden Schilling Einsparung in Zukunft als Teilbasis für eine echte Steuerreform. E-Government, One-Stop-Shop: Die überbordende Bürokratie, die langen Verfahrensdauern, das war das große Problem in Österreich in Bezug auf den Standortfaktor. Schluss damit! Die ausländischen Investoren werden wieder verstärkt nach Österreich kommen, Inländer werden rechtzeitig und ohne Hindernisse ihre wirtschaftlichen Aktivitäten entsprechend umsetzen können.

Und die "Abfertigung neu" ist nicht nur ein Meilenstein der sozial- und arbeitsrechtlichen Politik, ich sage, sie ist ein Jahrhundertwerk. All jenen, die heute bereits wieder drauf und dran sind, dieses Jahrhundertreformwerk madig zu machen, schreibe ich eines ins Stammbuch: Sie stellen sich damit gegen zwei Millionen österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die heute bei der Abfertigung durch den Rost fallen! Das werden diese zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren! Wirtschaft braucht Vertrauen, positive Stimmung und Optimismus. Diese Regierung vermittelt Vertrauen, garantiert Kontinuität und steht für Berechenbarkeit. Die Opposition vermittelt Angst und betreibt Panikmache, fährt einen wirtschaftspolitischen Zickzackkurs und steht für Unberechenbarkeit. Sie haben keine Antworten – wir haben die Lösungen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Bundesminister Mag. Grasser. – Bitte.

11.08

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Kollege Bartenstein! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich sehr, dass die Debatte zum Konjunkturbelebungspaket, das die Bundesregierung in das Hohe Haus bringen konnte, vor dem Hintergrund einer immer besseren wirtschaftlichen, konjunkturellen Entwicklung in Österreich, in Europa und in der Welt stattfindet. Und ich bin umso mehr überrascht darüber, dass es noch immer Angehörige des Hohen Hauses wie etwa Abgeordneten Gusenbauer gibt, der heute noch die Rezession des Jahres 2001, die virtuelle Rezession des Jahres 2001, mit offensichtlich großer Befriedigung beschwört. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine Traummännlein-Rechnung, die Sie da haben! Sie sind ein Traummännlein!)

Ich sage Ihnen ganz offen: Pessimismus, Schlechtmachen, negative Prognosen, das ist nicht unsere Politik, sondern wir sehen das Positive, wir sind optimistisch, und wir wollen etwas gestalten und weiterbringen in diesem Land. Darin unterscheiden wir uns ganz maßgeblich von Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Wer soll Ihnen das glauben?)

Ich möchte mit Ihnen nicht Diskussionen über eine virtuelle technische Rezession führen, sondern ich möchte Ihnen einige Fakten zum Jahr 2001 sagen, damit Ihre Aussagen nicht unwidersprochen stehen bleiben, Fakten, die für die Arbeitnehmer wichtig sind, die für die Wirtschaft wichtig sind und die uns, so glaube ich, mehr als guten Grund geben, um für das Jahr 2002 optimistisch zu sein.

Meine Damen und Herren! Im von Ihnen so schlecht gemachten Jahr 2001 haben es die österreichischen Beschäftigten geschafft, die Wirtschaft um mehr als 1 Prozent wachsen zu lassen; es gibt um mehr als 5 Milliarden € an zusätzlicher Wertschöpfung im Vergleich zum Rekordjahr 2000. Die Rekordbeschäftigung wurde schon besprochen: Im Jahr 2001 gab es 3 148 000 Beschäftigte. Noch nie hat es mehr Beschäftigte in der Geschichte der Zweiten Republik gegeben – im "schlechten" Jahr 2001.

Hinsichtlich der Arbeitslosigkeit liegen wir an drittbester Stelle in Europa. Bei den Exporten hatten wir eine Steigerung von 7 Milliarden € im Vergleich zum so "schlechten" Jahr 2000 zu verzeichnen – eine Steigerung von 7 Milliarden €! Investitionen in Österreich: 500 Millionen € noch einmal auf das Rekordjahr 2000 draufgelegt. Unternehmensgründungen in Österreich: 24 000 neu gegründete Unternehmungen in Österreich. Das ist Rekord in der Geschichte der Republik.


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97. Sitzung / Seite 54

Betriebsansiedlungen in Österreich, Anzahl der Betriebe, Umsätze, Investitionen – mehr, als wir selbst in den Gründerjahren 1993 und 1994 in Österreich hatten!

Angesichts dessen sage ich Ihnen: Da geht es nicht um Pessimismus, da geht es nicht um Schlechtmachen, da geht es nicht um eine technische Rezession in Österreich, sondern es geht darum, dass wir gemeinsam sagen: Gratulation der österreichischen Wirtschaft, Gratulation den Beschäftigten für diese herausragenden Leistungen im internationalen Vergleich in einem schwierigen Jahr! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Gusenbauer verkriecht sich schon hinter seiner Zeitung! – Abg. Dr. Gusenbauer – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Immer dieselbe Unwahrheit! Nichts Neues, nichts Interessantes! – Abg. Dr. Khol  in Richtung des Abg. Dr. Gusenbauer, der den "Standard" aufgeschlagen hat –: Ein hartes Urteil über den "Standard"!)

Meine Damen und Herren! Dieses Bild des Jahres 2001 fügt sich in eine weltweite konjunkturelle Situation ein, die folgendermaßen aussieht: In den USA hat der Aufschwung, und zwar recht deutlich, begonnen. Es hat im vierten Quartal eine Steigerung des Wachstums um 1,6 Prozent in den USA gegeben. Hinsichtlich der Produktion, der Auftragseingänge, der Konsumentenstimmung, des Arbeitsmarktes gibt es in den USA sehr starke Daten zu verzeichnen. Investmentbanken wie Salomon Smith Barney, wie Merrill Lynch haben ihre Prognosen für das erste Quartal reales Wirtschaftswachstum in den USA gerade vor kurzer Zeit auf 5 Prozent – auf 5 Prozent! – erhöht.

Alle Frühindikatoren in Europa – ob das der ifo-Index in Deutschland ist, ob das die Leading Indicators in Italien, in Frankreich sind – zeigen, dass der Aufschwung ganz sicher kommt, die Frage ist: Wie stark ist er, und wie lange dauert er an? Wir haben aber ein sehr positives Szenario für die Unternehmen, für die Wirtschaft, für den Arbeitsmarkt vor uns liegen.

Gleichzeitig – darauf wurde bereits hingewiesen – geht die Inflation zurück. Österreich ist der Europameister im Inflationsbereich: 1,7 Prozent Inflation im Februar. Wir haben die größte Geldwertstabilität in der Europäischen Union. Das zeigt, wie Stabilitätspolitik aus Österreich heraus funktionieren kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wenn gefragt wird: Wie schaut denn die Konjunkturpolitik dieser Bundesregierung aus?, dann muss man sagen: Ich bin sehr froh darüber, dass wir in dieser Bundesregierung einen Konsens finden konnten, der gelautet hat: Machen wir nicht das, was uns wirtschaftspolitisch von der Opposition empfohlen wird! Sie hatte nämlich nichts anderes als Idee, als die Politik der letzten 30 Jahre fortzusetzen und zu sagen: Der Griff in die Staatskasse ist es! Wir glauben, dass wir wirtschaftliche, soziale, gesellschaftliche Probleme durch neue Schulden lösen können. – Ihr einziges Rezept war wiederum Deficit-spending, neue Schulden machen – und das soll dann zu einer guten Konjunktur in Österreich führen.

Ich sage Ihnen: Wir haben klug gehandelt, wir haben umsichtig gehandelt! – Moderne Politik, moderne Standortpolitik heißt Strukturpolitik, heißt die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs verbessern, heißt den Standort aufwerten und nicht, neue Schulden zu machen und scheinbar Konjunkturpolitik zu betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Von daher war sehr klar, dass wir immer gesagt haben: Wir wollen liberalisieren – Strom, Gas – als eines der ersten Länder in der Europäischen Union, damit die Konsumenten in den Genuss niedrigerer Tarife kommen. Wir wollen deregulieren und haben eines der größten Verwaltungsreform-Pakete zustande gebracht. Wir haben mit der Privatisierung sehr, sehr erfolgreich in den ersten zwei Jahren einiges zur Umsetzung gebracht und die ÖIAG betriebswirtschaftlich saniert. Wir haben auf die Schwerpunkte Forschung und Entwicklung, Bildung, Ausbildung – also auf "in Menschen investieren" – und auf infrastrukturelle Investitionen gesetzt. Das ist ein ganz konsequenter Weg seit zwei Jahren, der gut für den Standort war, der gut für die Beschäftigung war und der gut für die Unternehmen war.

Und wir gehen mit diesem Konjunkturpaket, das heute auf der Tagesordnung steht, diesen Weg weiter, wovon ich wirklich nur aus voller Überzeugung, auch im Vergleich mit anderen Ländern


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97. Sitzung / Seite 55

der Union, sagen kann: Das ist ein Erfolgsmodell Österreich, ein Paket der Standortverbesserung, ein Paket der Konjunkturbelebung, ein modernes Programm, denn es setzt auf Investitionen in Bildung, in Forschung und Entwicklung, es fördert den Strukturwandel, es bringt Investitionsanreize vor allem für die Klein- und Mittelbetriebe in unserem Land, und es ist auch ein finanzierbares Programm. Wir können uns dieses Programm auch leisten, es ist gut investiertes Geld im Rahmen einer modern angelegten europäischen Wirtschaftspolitik, die das Wachstum stärkt, die die Produktivität verbessert, die die Standortattraktivität Österreichs erhöht und die damit einen dauerhaften Beitrag zur Verminderung der Arbeitslosigkeit einerseits und zur Erhöhung der Beschäftigung andererseits leisten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist ein Programm, mit dem wir einen Forschungsfreibetrag von 10 Prozent beziehungsweise alternativ eine Forschungsprämie von 3 Prozent einführen, die für die Klein- und Mittelbetriebe wichtig ist. Es ist ein Programm, mit dem wir den Bildungsfreibetrag von bestehenden 9 Prozent auf 20 Prozent erhöhen. Es ist ein Programm, mit dem wir an die ersten 7 Milliarden Schilling, die wir für die Forschung und Entwicklung bereitgestellt haben, anknüpfen und weiterhin 500 Millionen €, also wieder 7 Milliarden Schilling, für Forschung und Entwicklung bereitstellen. Es ist ein Programm, mit dem wir die Zahl der Studienbeginner an den Fachhochschulen verdoppeln werden, weil uns bewusst ist, Bildung, Ausbildung, Wissen sind das Kapital der Zukunft. Es ist ein Programm, mit dem wir den Zugang zu Venture-Capital, zu Eigenkapital verbessern, was wichtig ist für die Klein- und Mittelbetriebe. Es ist ein Programm, mit dem wir eine vorzeitige Abschreibung für das Jahr 2002 einführen, für 7 Prozent der Bauinvestitionen – gerade für Klein- und Mittelbetriebe ein maßgeschneiderter Zugang. Und es ist ein Programm, mit dem wir uns dazu verpflichten, Baulose in kleinerer Größenordnung, in kleineren Losgrößen auszuschreiben, wodurch vor allem Klein- und Mittelbetriebe profitieren.

Wir geben damit eindeutig das Signal: Klein- und Mittelbetriebe sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie beschäftigen die Arbeitnehmer, sie zahlen die Steuern in Österreich, sie erwirtschaften die Wertschöpfung in Österreich, und daher verdienen sie es sich auch, im Mittelpunkt dieses Konjunkturbelebungsprogrammes dieser Bundesregierung und des Hohen Hauses zu stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es handelt sich hiebei um ein Programm, mit dem in Summe 900 Millionen € investiert werden, 900 Millionen €, die gut angelegt sind, die gut eingesetzt werden, die in strukturpolitische Weichenstellungen gesteckt werden. – Ich konnte vorhin auch in der Aktuellen Stunde sagen: Dieses Programm wird ergänzt mit der Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, weil uns die Missbrauchsbekämpfung, die Betrugsbekämpfung ein sehr wichtiges Anliegen sind und wir gegen Verzerrungen am Arbeitsmarkt vorgehen müssen, weil wir die illegale Beschäftigung von Ausländern stärker kontrollieren müssen und weil wir alle Erscheinungen der Schwarzarbeit und des wirtschaftlichen Betrugs ganz massiv bekämpfen müssen.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie Österreich mit unserem großen wirtschaftlichen Nachbarn Deutschland vergleichen und sehen, dass es in Deutschland das halbe Wachstum gibt, dass Deutschland – obwohl Blau eine schöne Farbe ist, wollen wir doch alle keinen blauen Brief bekommen – einen blauen Brief bekommen hat, dass es dort mehr als 4 Millionen Arbeitslose gibt und dass wir hier in Österreich ein Nulldefizit, einen ausgeglichenen Haushalt haben, Rekordbeschäftigung und das doppelte Wachstum Deutschlands haben, dann ist klar, welche erfolgreiche Politik das für Österreich und unseren Standort ist. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Intelligente Wirtschafts- und Finanzpolitik ist ganz einfach Strukturpolitik. Wir haben die "Hausaufgaben" zu diesem Thema gemacht, wir haben die Weichen gestellt, und das ist ein gemeinsames Verdienst dieses Hohen Hauses. Wir haben uns in einer schwierigen Situation im letzten Jahr gefragt – wie ein Unternehmen dies auch tut –: Wo sind unsere Stärken, wo sind unsere Schwächen?, und gesagt: Versuchen wir, die Stärken noch zu verbessern, und versuchen wir, an den Schwächen massiv zu arbeiten, um auch daraus Vorteile für Österreich schlagen zu können! (Abg. Dr. Glawischnig: Wie ist das mit den Abfangjägern? Wie sehen Sie das?)


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Das war der Grund dafür, warum wir im Bereich des Bildungssystems einen Schwerpunkt gesetzt haben. Österreich investiert im OECD-Vergleich – mehr als 30 entwickelte Staaten dieser Welt zählen dazu – am meisten in seine Schüler, weil wir wissen, Bildung, Ausbildung, Investieren in Menschen, das muss ein ganz wichtiger Schwerpunkt sein. Deshalb machen wir auch jetzt eine Universitätsreform, die ein wirklich großer Wurf der Kollegin Gehrer für dieses Land ist.

Vorteil für Klein- und Mittelbetriebe – ich habe es beschrieben –: Wir versuchen, hier Schwerpunkte zu setzen, und wir haben in Barcelona in die Schlusserklärungen des Rates eine Formulierung hinein gebracht, die zum Inhalt hat, dass "Basel II" im Einklang mit der Finanzierung der Klein- und Mittelbetriebe erfolgen muss, damit es zu keiner Wettbewerbsverschlechterung kommen kann.

Wir haben in der Verwaltung zurzeit mehr als 70 Verwaltungsreformprojekte laufen. Wir werden die Zielsetzung, 1,5 Milliarden € in diesem Bereich einzusparen, auch erreichen.

Wir haben durch das Kinderbetreuungsgeld – es wurde angesprochen – einen Kaufkrafteffekt von 700 Millionen €. Wir haben bei den Pensionisten einen Kaufkrafteffekt von 450 Millionen € in diesem Jahr. (Abg. Edlinger: 10 Milliarden weggenommen!) Und wir geben für die Infrastruktur in diesem Jahr 2,8 Milliarden € aus. Das sind um 40 Prozent mehr, als Sie in Ihrer Zeit geschafft haben, weil wir der Meinung sind, dass die Bevölkerung ein Recht auf eine moderne Infrastruktur hat, und wir wissen, dass diese Investitionen massive Beschäftigungseffekte auslösen werden.

Meine Damen und Herren! Der Erfolg dieser Standortpolitik wird uns in allen internationalen Vergleichen bestätigt. Im "Institutional Investor" sind wir von Platz 16 auf Platz 10 vorgerückt. In der Untersuchung "Economic Freedom of the World" sind wir von Platz 25 auf Platz 15 vorgerückt. Auch beim "World Competitiveness Report" haben wir die dritte Verbesserung in Folge geschafft.

Ich darf Ihnen einige Beispiele für den Erfolg der Standortpolitik geben: General Motors hat gestern oder vorgestern bekannt gegeben, in eine Getriebeproduktion 300 Millionen € in Österreich zu investieren. Wir haben das gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister verhandelt: sehr erfolgreich für mehr als 2 000 Arbeitsplätze im Opel-Werk Aspern, die wir damit absichern können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der US-Pharmakonzern Baxter hat entschieden, 205 Millionen €  – hören Sie zu, das sind erfolgreiche Beispiele österreichischer Industriepolitik! – in eine Impfstoffproduktion zu investieren. Das bedeutet 300 neue hochwertige Arbeitsplätze. Die Niederlassung in Österreich ist bereits die weltweit größte Baxter-Niederlassung außerhalb der USA.

BMW hat Magna in Steyr den größten Auftrag gegeben, den wir jemals im Automobilbereich in Österreich hatten. Der BMW-Konzern selbst investiert in sein Motorenwerk in Steyr 500 Millionen € und wird damit dort weiterhin Arbeitsplätze absichern.

Das, meine Damen und Herren, sind nur einige Beispiele, an denen Sie sehen können, das ist ein erfolgreicher Weg für unser Land. Gehen Sie diesen Weg mit, es ist ein kluger Weg für Österreich! – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edlinger. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Schulden-Finanzminister! Wie hat denn Rapid gestern gespielt? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

11.22

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Ich gratuliere dem Finanzminister wirklich: Er qualifizierte sich eben in aller Öffentlichkeit als Meister der Schönrederei. Es ist eigentlich unglaublich, wie ein Finanzminister als der angeblich wichtigste Wirtschaftspolitiker dieses Landes angesichts einer Rekordarbeits


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losigkeit, angesichts eines geringen Wirtschaftswachstums, einer Sozialdemontage und eines Steuerwuchers hier redet! (Abg. Dr. Khol: Die war zu Ihrer Zeit höher, Herr Edlinger!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wirklich unglaublich, in welcher Form hier gesprochen wird! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zwei Jahre nach Amtsantritt dieser schwarz-blauen Regierung bietet diese wirklich ein Bild des Jammers. Die einseitige Zielorientierung der Regierung auf das Nulldefizit erweist sich in einer wirtschaftlichen Rezession als falsch. Diese Regierung hat wichtige wirtschaftspolitische Entscheidungen ganz einfach verschlafen. Sie hat die warnenden Signale der Wirtschaftsforscher ignoriert.

Erinnern Sie sich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Fast ein Jahr ist es her, dass die Wirtschaftsforscher gemeint haben, die wirtschaftliche Situation kippt. Und wie hat diese Regierung reagiert? (Rufe bei den Freiheitlichen: Richtig! Richtig!) Sie hat die Wirtschaftsforscher bedroht! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie hat gemeint, die Institute müssen zusammengelegt werden, sie müssen mundtot gemacht werden, die Überbringer der schlechten Nachricht gehören gehenkt – nicht die Politik gehört geändert. So haben Sie reagiert, anstatt Maßnahmen zu setzen wie anderswo. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Statt zu handeln, haben Sie darüber philosophiert, was denn das für eine Situation in Österreich sei. Von einer "wirtschaftlichen Delle" sprach auch heute Herr Klubobmann Westenthaler – er sagt nur nicht, wie tief und wie lange diese Delle sein wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist schon wieder vorbei!) Von "krisenhafter Erscheinung" sprachen andere, von "unbeeinflussbaren Phänomenen", so wie in einem Sciencefictionfilm. Diese Regierung hat vergessen, dass sie handeln muss.

Und der Herr Bundeskanzler, der Meister der Formulierung – allerdings nur für den Fall, dass er überhaupt etwas sagt –, meinte: Das ist eine Krise auf sehr hohem Niveau. – Na selbstverständlich auf hohem Niveau: Es war eine Krise auf einem Niveau einer Rekordarbeitslosigkeit! Zehntausende Menschen zusätzlich haben in Österreich keine Beschäftigung – und das ist eine Krise auf hohem Niveau. So überheblich agiert der Bundeskanzler dieser Republik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Sie reden von Deutschland! Wir sind hier in Österreich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Andere Länder handelten rascher. Die österreichische Bundesregierung benötigte ein Jahr, um ein zaghaftes Konjunkturbelebungsprogramm vorzulegen. Wieso brauchen Sie eigentlich eine Konjunkturbelebung, wenn die Konjunktur angeblich so gut ist, wie Sie sagen, Herr Finanzminister? (Bundesminister Mag. Grasser: Weil wir Standortpolitik machen!) Warum sagen Sie "Konjunkturbelebung"? Man kann ja nur einen Scheintoten wiederbeleben – und das ist offenbar aus Ihrer Sicht die österreichische Wirtschaft dank Ihrer Politik in diesem Lande. Das möchte ich in aller Deutlichkeit hier sagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Böhacker meint, wir machten Panik. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang nur vier Fakten sagen.

Erstens: Das Wirtschaftswachstum in Österreich wurde auf ein Drittel des Wertes von 1999 zurückgeführt. Österreich liegt damit an vorletzter Stelle der Europäischen Union.

Zweitens: Die Steuern sind so hoch wie nie. Selbst der EU-Rat kritisierte, sehr geehrter Herr Minister, dass die Budgetkonsolidierung im Wesentlichen einnahmenseitig erfolgte. (Bundesminister Mag. Grasser: Das hat er nicht getan!) Die Abgabenquote beträgt 47 Prozent nach EU-Zählung, 45,6 Prozent nach österreichischer Zählung. Die Steuererhöhung betrug seit 1999 mehr als 110 Milliarden Schilling. Der blaue Karl-Heinz kassiert von jedem Österreicher um 60 S pro Tag mehr Steuern als der rote Rudi! Das gehört Ihnen ganz allein, sehr geehrter Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Andere senken die Steuern! Die Europäische Union weist nach: Österreich ist das einzige Land, in dem die Steuern im Jahr 2001 gestiegen sind. Das ist Ihre Politik, nämlich die Politik des Aussackelns, die Sie letztlich kennzeichnet.

Wenn man sagt: Schauen Sie doch nach Wien!, muss ich Ihnen eines sagen: Während Wien seine Landes- und Gemeindeabgaben in den Jahren 2000 bis 2002 um 1,8 Milliarden Schilling gesenkt hat, hat diese Bundesregierung im gleichen Zeitraum die Steuern und Abgaben um fast 120 Milliarden erhöht. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie werden uns heute auch noch erklären, dass Rapid gestern gewonnen hat! Das werden wir auch noch hören!) Ihre Politik des Nulldefizits, Ihre Gängelung der Länder und Gemeinden haben dazu beigetragen, dass Sie allein der Stadt Wien im Ausmaß von 5 Milliarden Schilling in die Stadtkasse greifen. Damit Sie Ihren Ehrgeiz befriedigen können, Ihr Nulldefizit erreichen können, schaden Sie dem Wiener Steuerzahler, schaden Sie der Bundeshauptstadt, aber auch allen anderen Bundesländern und Gemeinden in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Drittens: Die Arbeitslosigkeit stieg dramatisch, und wir müssen annehmen, dass im Februar bereits mehr als 287 000 Menschen in Österreich auf Arbeitssuche gewesen sind – gegenüber dem Vorjahr um 40 000  Menschen mehr, um 40 000 Familien-, um 40 000 Menschenschicksale mehr, die Ihnen offensichtlich einerlei sind! Auch das muss man in aller Öffentlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie reagieren darauf mit Sozialabbau und Kürzung der Leistungen. Das halte ich für schändlich und für kontraproduktiv! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben dazu beigetragen, dass nach 30 Jahren permanentem (Rufe bei den Freiheitlichen: Schulden machen! Schulden machen!) Aufstieg in Österreich das reale Einkommen der Österreicher zurückgeht, dass das reale Einkommen nirgends in Europa so gering wächst wie in Österreich. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das ist "Sozialpolitik". Das ist angewandte Gesellschaftspolitik à la Blau-Schwarz, und das werden wir den Menschen in aller Deutlichkeit sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine letzte Bemerkung, meine sehr verehrten Damen und Herren: Im Ehrgeiz der Erreichung des Nulldefizits als völlig kontraproduktive Maßnahme in einer Rezession kündigen Sie jetzt 40 Prozent Abgabenquote an. Und was sagten Sie gestern in der "Kleinen Zeitung", wie Sie das erreichen wollen? – Das werden wir erreichen durch weniger Fürsorge für die Menschen in diesem Lande. (Bundesminister Mag. Grasser: Lesen Sie die Überschrift vor! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das heißt, Sie demontieren weiter die soziale Situation in diesem Lande. Kalt ist es geworden in Österreich, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

11.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Taferl mit der Aufschrift: "ÖVP – Vernünftig Verlässlich Verantwortungsvoll – Verantwortung für Österreich" auf.)

11.30

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Edlinger ist wirklich ein guter, wortgewaltiger und sehr lauter Redner. (Abg. Parnigoni: Und hat Recht! – Abg. Nürnberger: Ein guter Finanzminister! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich finde es nur bedauerlich, dass er seine wirklich beachtliche Energie stets in negative Energie umwandelt. Etwas Positives habe ich von ihm noch nie gehört. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für die österreichische Wirtschaft brechen. Herr Abgeordneter Edlinger, Sie haben gesagt: Die österreichische Wirtschaft ist scheintot. – Scheintote


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schauen wahrlich anders aus, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das habe ich nicht gesagt!)  – Das haben Sie hier gesagt.

Wir verhandeln heute das Thema Wirtschaftslage, Konjunkturlage in Österreich. (Abg. Edlinger: Ich habe gesagt, beleben kann man nur den Scheintoten!) Vor drei Monaten führten wir eine ähnliche Diskussion, und auch damals, meine sehr geehrten Kollegen und Kolleginnen von der Opposition, haben Sie sich in Schwarzmalerei und düsteren Prophezeiungen geübt und geradezu lustvoll ununterbrochen das Wort "Rezession" vorgebracht. Dasselbe machen Sie auch heute. Herr Kollege Gusenbauer beschwört geradezu die Rezession. (Abg. Dr. Mertel: Lustvoll!)  – Können Sie mit dem Begriff "lustvoll" nicht umgehen? Das tut mir Leid für Sie, Frau Kollegin. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Wifo hat gesagt, die Rezession sei vermieden, die Talsohle erreicht worden. Im zweiten Halbjahr konnte mit 0,4 und 0,0 ein positives Ergebnis erreicht werden. – Ich sehe allerdings schon eine Rezession, eine beachtliche Rezession: Ich sehe eine Rezession Ihrer Wirtschaftspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir können heute, drei Monate nach der letzten Diskussion, übereinstimmend mit den Wirtschaftsforschern, sagen: Die Lage schaut Gott sei Dank gut aus. Sosehr Sie Österreich auch krankgejammert haben, es ist nicht so weit gekommen. (Abg. Edlinger: Wir sind ja dort!) Die Wirtschaftsforscher und – und das ist noch wesentlich wichtiger, meine sehr geehrten Damen und Herren – die Bevölkerung in diesem Land glauben an eine Konjunkturerholung. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen, weil es doch so nett ist, das Zitat Ihres sozialistischen Parteikollegen aus Deutschland, das Zitat Gerhard Schröders in Erinnerung bringen:

"Die Anzeichen eines Aufschwungs müssen gepflegt und dürfen nicht zerredet werden."

Das ist im Sinne der österreichischen, der deutschen, der gesamten europäischen Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wirtschaftspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat nicht allein mit Daten und Zahlen zu tun, sondern Wirtschaftspolitik hat auch viel mit den Erwartungen und mit dem Glauben der Bevölkerung an ihre Wirtschaftskraft, an ihre Fähigkeiten und an die Zukunft zu tun. Die Menschen in diesem Land denken immer noch positiv, und das trotz einer Düsternis verströmenden Opposition. (Abg. Edlinger: Trotz der Regierung! So gut sind die Österreicher!)

Diese Bundesregierung ist angetreten, um Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, die die Stimmung bei den Konsumenten und Investoren verbessern – keine Einmaleffekte, sondern langfristige, an Nachhaltigkeit orientierte Rezepte. Ziel ist es letztlich immer, Vollbeschäftigung zu schaffen. Und dieses langfristige Denken ist mit diesem vorgelegten Konjunkturpaket auch erfolgreich umgesetzt worden.

Wirtschaftspolitik, die als einziges Mittel nur das Geld-Ausgeben kennt, muss vorbei sein, denn genau diese Politik hat zu den großen Budgetproblemen, die wir ja alle kennen und die wir zu beseitigen versuchen, geführt. Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, unterstützen keine alten Rezepte, die nicht funktioniert haben, keine Rezepte aus dem Museum der sozialistischen Sozial- und Wirtschaftspolitik. (Abg. Dr. Mertel: Ha!)  – Schön, nicht wahr? Wir wollen auch keine nationalen aktionistischen Programme, und vor allem wollen wir keine Politik, die wieder unseren Kindern in die Tasche greift. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Davon müssen wir uns endgültig verabschieden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Irgendwie berührt Sie das sehr, das freut mich. – Von diesen Ihren alten Rezepten müssen wir uns endgültig verabschieden. Auch wenn es sehr viel einfacher ist, gestützt auf Milliarden-Spritzen, irgendwelche Versprechungen abzugeben – die Zeche dafür zahlt die nächste Generation! (Abg. Haidlmayr: Abfangjäger! – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )


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Wir wollen eine moderne und auch intelligente Wirtschafts- und damit Strukturpolitik, und das wird mit diesem vorliegenden Konjunkturbelebungspaket auch erreicht werden.

Das Paket sieht Investitionen in die Forschung, einen Forschungsfreibetrag von 10 Prozent und eine Forschungsprämie von 3 Prozent vor. Es sieht eine steuerliche Verbesserung der Bildungsausgaben vor. – Das sind Investitionen in Menschen.

Es gibt angesichts der schwierigen Lage in der Bauwirtschaft Maßnahmen für die Bauwirtschaft, für die Belebung des Bausektors. Es wird eine befristete vorzeitige Abschreibung von 7 Prozent vorgesehen.

Die Steuerbegünstigungen für Betriebsneugründungen sollen auf Betriebsübertragungen ausgeweitet werden.

Es wird auch zu einer Neuregelung der privaten Arbeitsvermittler kommen.

Es soll zur Beseitigung von bürokratischen Hemmnissen und Doppelgleisigkeiten und dadurch auch zur Verringerung der Verwaltungskosten kommen.

Weiters kommt es zum ersten Mal auch zu einer wirkungsvollen Konkurrenz zum AMS, und zwar dadurch, dass jetzt Private gleichzeitig Arbeitsvermittlung und Arbeitsüberlassung betreiben können. Für uns gilt: Jeder vermittelte Arbeitsplatz ist ein Erfolg!

Mit diesem Kurs, diesen und auch früheren Maßnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, liegen wir auch im internationalen Gleichklang teilweise sogar voran; schauen Sie sich nur die Beschlüsse des EU-Gipfels in Barcelona an. Ich lege Ihnen auch ans Herz, die positiven Signale wahrzunehmen. Horst Köhler, Chef des Internationalen Währungsfonds, hat Österreich bescheinigt, eine gute Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik zu betreiben. Und in der gestrigen Ausgabe des "Standard" ist – was für die Bevölkerung auch wichtig ist – von der "Rückkehr an die Spitze der Stabilitätsrangliste" die Rede. Wir hatten im Februar die niedrigste Inflation im Euroland, und das bedeutet, Österreich liegt an der Spitze der Stabilitätsrangliste.

Erfreuen wir uns doch an den Erfolgen, an den guten Meldungen und an den wirtschaftlichen Erfolgen von Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! (Abg. Dr. Fekter: Das können die Sozialdemokraten nicht! – Abg. Bures: 300 000 Arbeitslose auch nicht!) Wenn Sie Pessimismus, Schwarzmalerei, Krankjammern, Verbreitung von Horrormeldungen und Angstmache zu Ihrer wichtigsten und auch einzigen politischen Botschaft machen, dann wird das Ihre politische Glaubwürdigkeit schwer erschüttern, und wenn es einmal wirklich ein Problem geben wird, wird kein Mensch mehr auf Ihre Ratschläge hören. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der vorliegende Gesetzentwurf ist vernünftig, gut, richtig und verantwortungsvoll. Er schafft Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und für die Beschäftigten. Ich fordere Sie daher auf, Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Glawischnig begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Taferl mit der Aufschrift "Grüne – Sozialstaat statt Abfangjäger" auf.)

11.38

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, Sie haben vollkommen Recht: Auch wir wollen keine Politik, die den nächsten Generationen in die Taschen greift, auch wir wollen keine Politik haben, wofür die nächsten Generationen die Zeche zahlen, und genau deshalb wollen wir auch keine Abfangjäger! Das ist eine sehr einfache Rechnung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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97. Sitzung / Seite 61

25 Milliarden Schilling/2 Milliarden € – das zahlen in den nächsten zehn bis 15 Jahren auch jene Menschen, die heute noch gar nicht wahlberechtigt sind, die heute noch in Ausbildung sind. Sie belasten die kommenden Generationen, Sie lassen die jungen Leute die Zeche für eine Anschaffung zahlen, die an Sinnlosigkeit nicht zu überbieten und auch nicht argumentierbar ist. (Beifall bei den Grünen.)

Es wundert mich, dass es zu dieser Problematik, die mit Budgetfragen und Wirtschaftspolitik sehr viel zu tun hat, heute noch keine einzige Äußerung Ihrerseits gegeben hat. Auch der Herr Finanzminister hat in Bezug auf diese heikle Zukunftsproblematik, auf diese Belastungsfrage kein einziges Wort verloren. Ich frage Sie daher hier von diesem Pult aus: Herr Finanzminister! Halten Sie die Anschaffung in der Höhe von 25 Milliarden Schilling für Flugzeuge, die zur Aufklärung dienen, für sinnlos oder sinnvoll? Ja oder nein? (Beifall bei den Grünen.)

Zum vorliegenden Konjunkturbelebungspaket, Herr Finanzminister, möchte ich sagen, Sie haben alles aufgezählt, was Ihnen zur Wirtschaftspolitik eingefallen ist, was aber nicht im Entferntesten etwas mit dem zu tun hat, was wir jetzt beschließen. Im Übrigen sind auch viele falschen Angaben dabei gewesen. Eine davon möchte ich herausgreifen – das ärgert mich jedes Mal, denn auch in diesem Zusammenhang geht es um die zukünftigen Generationen –, nämlich in Bezug auf die Bildungsausgaben.

Sie haben gesagt, in diesem Bereich seien wir führend. – Ich habe nur einen kurzen Blick in die aktuell gültige Statistik geworfen und muss sagen: Mit unserer Quote von 6,4 Prozent sind wir nicht einmal führend im Vergleich mit Ländern wie beispielsweise Korea. Australien, Schweden, die Schweiz, Island, Norwegen und Dänemark, diese Länder liegen alle vor uns. Ich frage Sie, warum Sie immer derartige Vernebelungsaktionen starten und nicht fähig sind, mit Kritik in irgendeiner Form konstruktiv umzugehen. Wir haben ein Problem im Forschungs-, Bildungs- und Entwicklungsbereich, aber Sie machen dasselbe wie bei den Konjunkturdaten und der Wirtschaftspolitik: schönreden und die Probleme einfach ignorieren! (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Konjunkturbelebungsmaßnahmen. Einverstanden sind wir mit jenem Teil – zumal diese Forderungen von unserer Seite schon lange erhoben worden sind –, der Prioritäten im Forschungs- und Bildungsbereich setzt. Aber was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist, weshalb diese Verschärfungen bei der Ausländerbeschäftigung und bei der Arbeitsvermittlung Konjunkturbelebungsmaßnahmen sein sollen. Weshalb ist eine Maßnahme, die die Zollwache nun ermächtigt, AusländerInnen festzunehmen, eine Konjunkturbelebungsmaßnahme? Fallen da jetzt Überstunden an, soll das den privaten Konsum ankurbeln?

Das erscheint mir in keiner Weise nachvollziehbar, aber es belegt, dass das, was hier auf dem Tisch liegt, in großem Ausmaß eine Mogelpackung ist, dass da Dinge unter dem schöngeredeten Wort "Konjunkturbelebung" hineingepackt worden sind, die damit überhaupt nichts zu tun und auch ganz andere Hintergründe haben. Ich hätte mir gewünscht, dass es im Bereich innovativer, moderner Wirtschaftspolitik ein Problembewusstsein gibt, dass man die Vorschläge einmal ernst nimmt und diskutiert. Warum hat diese Verschärfung der AusländerInnen-Bestimmungen etwas mit Konjunkturbelebung zu tun? Vielleicht kann mir dazu noch irgendjemand eine vernünftige Auskunft geben. (Beifall bei den Grünen.) Steckt vielleicht eine Ideologie dahinter? – Das ist meine Befürchtung.

Sie haben einige Maßnahmen angekündigt, Sie haben immer wieder das Blaue vom Himmel herunter versprochen, Sie haben gesagt, das Nulldefizit werde eingehalten, Sie haben gesagt, die Abgabenquote werde auf 40 Prozent gesenkt werden und nebenbei würden noch die Abfangjäger gekauft werden. – Das passt alles nicht zusammen und steht auch in völligem Widerspruch zu den Wirtschaftsdaten, zu den Beschäftigungsdaten und zu der Problemsituation, vor der wir stehen.

Das ist nicht nur eine Frage von Schönreden, das ist auch eine Frage von Phantasielosigkeit. Ich frage mich: Warum kann man jene Dinge, die so einfach sind, nicht einfach machen? – Sie haben jetzt angekündigt, eine steuerliche Entlastung im Bereich Infrastruktur vorzunehmen. Im Bereich Gebäudeneubau bringt das erwiesenermaßen große Beschäftigungswirkung, regionale


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97. Sitzung / Seite 62

Beschäftigungseffekte, positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Warum machen Sie das nur beim Neubau und nicht bei der Althaussanierung? Sie könnten die Ziele einer nachhaltigen ökologischen, sozial gerechten Wirtschaftspolitik sehr viel besser verfolgen, wenn Sie nicht immer nur so kleinlich Maßnahmen setzten, Maßnahmen, die Ihnen gerade ins Konzept passen. Ich habe gehört, dass Sie diese Maßnahmen – ich bin wirklich äußerst negativ überrascht, dass Sie bei solchen Fragen Parteipolitik nicht hintanstellen können – nur deswegen nicht setzen, damit rote Wohnbaugenossenschaften nicht zum Zug kommen. Das ist tatsächlich unglaublich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn es schon heißt: Infrastrukturpolitik, Wohnbau ankurbeln, die Beschäftigungssituation in diesem Bereich verbessern, dann frage ich Sie: Warum machen Sie das nicht ernsthaft und seriös? Warum müssen Sie immer mit Parteitaktik und Parteipolitik vernünftige Maßnahmen schwächen und verhindern?

Nun zu unseren Vorschlägen.

Die österreichische Wirtschaft ist nach wie vor noch sehr traditionell, von den Strukturen her noch nicht sehr wissensorientiert und auch qualitativ noch nicht sehr hochwertig technologieorientiert. (Abg. Wenitsch: Das ist eine Unterstellung!)  – Das ist keine Unterstellung, Herr Kollege, das besagt die aktuelle Wifo-Studie, das Wifo-Ranking zur österreichischen Wirtschaft. Ich kann Ihnen gerne die aktuellen Monatsdaten nachliefern; die Zahlen liegen auf dem Tisch. Die österreichische Wirtschaft hat Nachholbedarf.

Alles, was technologie- und wissensorientiert ist, braucht eine Priorität, braucht eine budgetäre Priorität, und das bedeutet, dass die Forschungsquote nicht nur, verbal schöngeredet, angehoben werden muss, sondern auch tatsächlich und dass wir endlich zu dem OECD-Durchschnitt von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes kommen. Diese Maßnahme wäre, so glaube ich, gänzlich unumstritten, aber Sie tun es nicht.

Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. – Es kommt nicht von ungefähr, dass jetzt führende Sozialwissenschafter, Experten aus diesem Bereich, ein Volksbegehren gestartet haben. Weshalb, glauben Sie, wurde das ins Leben gerufen? Weshalb, glauben Sie, denken viele Menschen, dass sie das unterschreiben müssen, um die soziale Entrechtung, um die negativen Effekte auf dem Arbeitsmarkt in irgendeiner Form ausgleichen zu können? (Abg. Dr. Martin Graf: Aus parteipolitischen Gründen!)  – Aus parteipolitischen Gründen glauben Sie? Ich glaube, dass diese Menschen sehr wohl die Situation im Lande erkennen können und dass es berechtigt ist, eine Sozialstaatdiskussion auf einem höheren Niveau zu führen, als das jetzt in diesen Reihen der Fall ist.

Ich meine, dass wir einen Ausbau der sozialen Rechte brauchen. Es ist notwendig ... (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten endlich einen Wal kennen lernen!)  – Sie haben keine Ahnung von der Beschäftigungssituation für junge Leute, wie oft in den zukünftigen Erwerbsbiographien ein Arbeitsplatzwechsel aufscheinen wird, Sie haben keine Ahnung von atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Sie haben gut reden, Herr Westenthaler, Sie haben keine Ahnung, wie die Beschäftigungssituation für junge Leute in Zukunft sein wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Aber Sie! – Abg. Gaugg: Also Sie wissen alles!?)

Sie negieren sehr wichtige Problemlagen, Sie ignorieren, dass sich die Arbeitswelt mittlerweile sehr stark geändert hat, und Sie ignorieren auch die Effekte Ihrer Maßnahmen in den letzten zwei Jahren. Die unteren und mittleren Einkommensschichten gehören sofort entlastet und nicht erst 2003. Warum machen Sie nicht sofort eine Steuerreform, die genau in diese sozialen Einschnitte hineinpasst?

Abschließend: Eine zukunftsorientierte, moderne, intelligente Wirtschaftspolitik darf nicht mit einem Nulldefizit und einem Abfangjägerkauf enden. Ich kann jeden Menschen verstehen und auch dazu ermutigen, das Sozialstaat-Volksbegehren zu unterschreiben, um diesem Abbau der sozialen Rechte etwas entgegenzusetzen und für die Zukunft wieder ändern zu können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.47


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97. Sitzung / Seite 63

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Gibt es jetzt eine Volksabstimmung oder nicht? – Abg. Gaugg  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Jarolim, setz dich nieder! – Abg. Dr. Khol: Nicht Jarolim, "Eurolim"!)

11.47

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Welch ein Glück für Österreich, dass die Grünen in Opposition sind und nicht, so wie in Deutschland, in der Regierung – das tut dem Land gut. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Ausführungen von Frau Glawischnig waren wie ein Offenbarungseid. Abgesehen von konstruktiven Vorschlägen, über die man durchaus reden kann, zeigt es sich doch immer wieder, was die Grünen in Wirklichkeit tun: Sie bewegen sich ständig am Rande der Anarchie. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Wenn Sie, Frau Glawischnig, allen Ernstes meinen, in Österreich würde eine soziale Entrechtung stattfinden, dann muss ich Sie fragen: In welchem Land leben Sie?

Die Grünen verstehen es immer wieder, vereinzelt so zu tun als ob. Ich sage Ihnen, die Wirklichkeit schaut anders aus! Betrachten wir das Gesamtbild der Grünen: grenzenloser Zuzug für Ausländer, Einbürgerung von Ausländern, Wahlrecht für Ausländer – das ist Ihre Form der Sozialpolitik. Ich bin froh, dass Ihre Ideen in unserem Land nicht umgesetzt werden. Das schützt die Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sozialpolitik hat in Österreich schon lange vor den Grünen stattgefunden. Gott sei Dank haben wir nicht so lange warten müssen, bis die Grünen in Österreich eine politische Formation wurden, um uns erklären zu können, was in diesem Land wichtig und richtig ist. Sie haben einen Hang dazu, immer wieder das Illegale rechtfertigen zu wollen und das Legale ins Abseits zu drängen. Rot-Grün ist keine Alternative und Rot allein schon gar nicht, wie wir am Beispiel Wien sehen. Eine Politik der Belastungen wird in Wien vollzogen, weil man frech genug ist und meint, nach der Wahl alles erhöhen zu können, die Tarife bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, bei der Müllabfuhr und so weiter und so fort.

Im Zusammenhang mit dem Volksbegehren erübrigt sich für mich einiges. Wenn ich bedenke, wer aller im Proponenten-Komitee vertreten ist, welche ehemaligen Minister der SPÖ, dann frage ich mich, wo die Betreffenden in der Zeit ihrer Ministerschaft waren. Warum haben Sie nichts umgesetzt? (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )  – Herr, Edlinger, Sie kommen gleich dran!

Entscheidend ist nicht das, was auf dem Papier steht, sondern die Art, wie das gelebt wird. Auf ein Stück Papier "Sozialstaat" zu schreiben ist nicht wichtig – wir stehen für soziale Verantwortung für dieses Land und diese Menschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun – da er schon unruhig geworden ist – ein paar Sätze zu Herrn Edlinger. (Abg. Edlinger: Herr Edlinger, danke!) Heute haben wir wieder "Edlinger spezial" erlebt. Unser "Schulden-Rudi" hat uns wieder die Welt erklärt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unser "Schulden-Rudi" hat wieder viel gepoltert und nichts gesagt. Niederlagen pflastern seinen Weg: die Schuldenpolitik, die er als Finanzminister betrieben hat, der Absturz der SPÖ-Parteikasse, und jetzt scheidet er auch als Präsident von Rapid aus. Wo Edlinger auch auftritt – es gibt Niederlagen, Abstiege und Ausstiege. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Präsident ...! Wie heißt der? – Abg. Ing. Westenthaler: Rapid hat er gemeint! – Abg. Edlinger: Humpty Dumpty heißt er, Frau Partik-Pablé!)

Sie haben von "Scheintoten" gesprochen, Herr Abgeordneter! Wissen Sie, was das ist? – Die Scheintoten, die laut Aussagen des Herrn Edlinger in Österreich herumliegen, sind unter seiner Verantwortung entstanden, und Grasser ist nun dabei, sie wegzuräumen. Das ist der Punkt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Nur eine funktionierende Wirtschafts- und Finanzpolitik ist Garant dafür, dass auch in Zukunft soziale Leistungen möglich sind, und daher ist das Nulldefizit so wichtig, Kollege Kogler. Nicht über das Nulldefizit schimpfen – anerkennen, das wäre der richtige Weg; Positives anerkennen, anstatt die Situation immer so darzustellen, als ob alles zusammenbrechen würde!

Die ständige Schwarzmalerei der Opposition ist hoch interessant. Wir können Österreich nicht mit Moskauer Erde auslegen, in dunkelroter Farbe, wie es der Bundesparteivorsitzende der SPÖ gerne hätte. Wir wissen ja, wie es dort funktioniert hat. Der ehemalige Ostblock, Ihr Vorbild, ist zusammengebrochen, weil es die Menschen dort nicht mehr ausgehalten haben.

Ich habe den Eindruck, und gewinne ihn immer mehr, dass die SPÖ als ehemalige Regierungspartei – Bundeskanzler, Sozialminister, Finanzminister – geradezu beleidigt ist, dass es so gut geht. Geradezu beleidigt ist die SPÖ! Es wäre wünschenswert, dass es noch schlechter ginge, dann hätten wir noch mehr Gejammer hier in diesem Hohen Haus. – Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

Natürlich ist jeder Arbeitslose einer zu viel, darüber sind wir uns im Klaren, aber die Patentrezepte, die die SPÖ oder die SPD anbietet, sind auch keine Lösungen, das wissen Sie ganz genau, Herr Edlinger. Konstruktive Arbeit ist gefragt, und dazu dient auch dieses Konjunkturbelebungsgesetz. Es werden damit wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorgesehen, die Arbeitsplätze schaffen, und zwar im Bereich Forschung und Entwicklung, im Bereich Bildung und im Bereich Arbeitsmarkt.

Die SPÖ beziehungsweise der große Partner SPD sind nach dem 11. September des letzten Jahres verstummt. Wir können nicht die Augen verschließen und so tun, als sei Österreich eine Insel der Seligen, wie das schon einmal vor vielen Jahren jemand erwähnt hat, sondern natürlich leidet auch Österreich unter wirtschaftlichen Einbrüchen internationaler Art. Aber ich bin überzeugt davon – und das wissen Sie ganz genau –, dass wir diese schwierige Situation wesentlich besser gemeistert haben.

Nun noch etwas zur Schwarzarbeit. Auch hier verhält sich die SPÖ zwiespältig, denn bei der seinerzeitigen Vorlage des ersten Schwarzarbeiter-Bekämpfungsgesetzes war die FPÖ bereit, demselben zuzustimmen, aber die SPÖ hat es aus Parteiräson beziehungsweise Koalitionsräson gegenüber der ÖVP nicht gewagt, dieses so wichtige Gesetz für Österreich bereits im Jahre 1997 umzusetzen. (Abg. Edlinger: Dann machen wir es jetzt!) Wir arbeiten an einem Entwurf, und Sie werden staunen, Herr Kollege Edlinger, wie gut und umfassend er sein wird. Wir werden ihn in einer Form vorlegen, dass auch Sie zustimmen werden – es sei denn, Sie tun das aus böser Oppositionspolitik heraus nicht. (Abg. Edlinger: Bringen Sie einen Antrag ein, wir stimmen zu!)

Wir werden einen Antrag einbringen, in dem es darum geht, den ehrlichen Steuerzahler (Abg. Edlinger: Auszusackeln!) zu schützen und den fleißigen Arbeitnehmern in Österreich wieder jene Rechte zu geben, die Sie ihnen vorenthalten haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. – Bitte.

11.54

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, nicht nur Kollege Gaugg, sondern auch viele andere in diesem Haus haben nicht wirklich realisiert, was der Europäische Rat in Barcelona am vergangenen Wochenende beschlossen hat. Er hat die Mitgliedsländer nämlich aufgefordert, Maßnahmen zur Konjunkturbelebung und zur Vollbeschäftigung zu setzen. Er hat die Mitgliedsländer aufgefordert, Steuersenkungen gerade für die niedrigen Einkommensbezieher anzuregen und Anreize zur Investitionsförderung zu setzen. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind genau jene Maßnahmen, die die SPÖ seit Monaten von dieser Regierung einfordert. (Beifall bei der SPÖ.) Das heißt, nicht


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die SPÖ liegt falsch mit ihren Vorschlägen und Programmen, sondern ganz eindeutig die Bundesregierung!

Das Überraschende an diesem Beschluss des Europäischen Rates ist meiner Meinung nach nur, dass Bundeskanzler Schüssel ganz offensichtlich zugestimmt hat, denn von einer Politik, wie sie die Europäische Union vorschlägt, von einer Beschäftigungs- und Wachstumspolitik hat sich diese Regierung wirklich schon vor sehr, sehr langer Zeit verabschiedet. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Regierung hat die Ziele Wachstum und Beschäftigung durch das Ziel Nulldefizit ersetzt, und die Konsequenzen dieser Politik sind leider sehr viel schneller eingetreten, als wir das alle befürchtet haben.

Nach zwei Jahren Regierungsarbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Österreich praktisch in allen relevanten Wirtschaftsdaten von einer ursprünglich überdurchschnittlichen Ausgangsbasis hinter den EU-Durchschnitt zurückgefallen – da nützt auch Schaumschlägerei nicht das Geringste, Herr Minister Grasser!

Es führt kein Weg daran vorbei, wenn man sich die Daten genau anschaut: Österreich liegt derzeit beim Wirtschaftswachstum an vorletzter Stelle in der Europäischen Union. Bei den Arbeitslosenzahlen müssen wir uns mit den dramatischsten Zuwächsen seit den letzten Jahrzehnten überhaupt abfinden. Und bei der Einkommensentwicklung liegen wir innerhalb der Europäischen Union überhaupt an der letzten Stelle, dafür zahlen wir – wie Sie, Herr Minister Grasser, sehr genau wissen – mittlerweile praktisch die höchsten Steuern in der Europäischen Union.

Dieser Absturz Österreichs im Verhältnis zu den anderen EU-Ländern ist eindeutig nicht das Ergebnis einer internationalen Krise, sondern sehr wohl das Ergebnis einer nationalen Wirtschaftspolitik, sprich einer ausgesprochen schlechten Wirtschaftspolitik der österreichischen Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

In der kurzen Zeit, in der diese Regierung im Amt ist, ist das durchaus eine beachtliche Leistung, aber ganz sicher keine Leistung, auf die irgendjemand in diesem Raum stolz sein kann, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt bekommen wir nach monatelangem Zaudern und Zögern ein Gesetz zur Konjunkturbelebung vorgelegt. Das Problem dabei ist allerdings – und das ist heute schon vielfach angesprochen worden –, dass die Regierung ganz offensichtlich der Meinung ist, dass mit einer Überschrift allein bereits alles getan ist. In diesem Gesetz findet sich nämlich tatsächlich keine einzige Maßnahme, die dafür geeignet ist, eine kurzfristige Konjunkturbelebung nach sich zu ziehen, und genau darum geht es heute, und genau das steht auch in der Überschrift des Gesetzes. Das heißt, wenn man die Überschrift, unter der das Gesetz eingebracht ist, wirklich ernst nimmt, dann bedeutet das eine krasse Themenverfehlung – etwas anderes kann einem dazu eigentlich nicht einfallen.

Meine Damen und Herren! Die steuerlichen Anreize, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, bringen zwar vielleicht irgendetwas für den Wirtschaftsstandort – was immerhin schon einiges ist; ich denke, man muss sich bei dieser Regierung wirklich an jeden Strohhalm klammern, den sie der Wirtschaft reicht –, aber für eine Konjunkturbelebung, insbesondere für eine kurzfristige Konjunkturbelebung, ist in diesem Programm überhaupt nicht das Geringste enthalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich folgenden Antrag, in seinen Grundzügen erläutert, einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, Doris Bures, Dr. Heindl, Mag. Maria Kubitschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wachstumsprogramm für Österreich – Sicherung von Zukunft, Wohlstand und Beschäftigung

*****


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Die wichtigste Maßnahme in unserem Paket ist eine Steuersenkung mit einem Gesamtvolumen von 3 Milliarden €, die vor allem den Beziehern niedriger Einkommen zugute kommt und damit einen echten Beitrag zur Konjunkturbelebung mit sich bringen würde; eine Empfehlung, die, wie gesagt, Herr Bundeskanzler Schüssel in Barcelona bereits mitbeschlossen hat.

Die Finanzierung dieser Maßnahme – weil Herr Böhacker das vorhin angesprochen hat – ist, so glaube ich, nicht ein so großes Problem. Erstens einmal finanziert sich eine konjunkturwirksame Steuerreform zu einem guten Drittel von selbst, und der Rest lässt sich dann aufbringen, meine Damen und Herren, wenn Sie schlicht und einfach auf die Abfangjäger verzichten, die in diesem Land ohnehin niemand will. Wenn die Frau Vizekanzler dann noch ein paar Milliarden aus ihrer Verwaltungsreform einbringt, wird dieses Paket sehr, sehr schnell finanziert sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt, den wir vorschlagen, ist ein umfassendes Infrastrukturpaket, das nicht nur die Verkehrsinfrastruktur verbessern, sondern vor allem auch die dringend benötigten Arbeitsplätze in der Baubranche gewährleisten soll. Der Unterschied zur Absicht der Regierung ist, dass wir dieses Investitionsprogramm jetzt und heute wollen, weil es nämlich genau heute darum geht, der drohenden Rezession entgegenzuwirken.

Weiters wäre es aus unserer Sicht sinnvoll, einen Investitionsfreibetrag einzuführen, der sich vor allem am Wachstum der Investitionen orientiert. Sie finden auch dazu einen Vorschlag in unserem Antrag. Und als Begleitprogramm für den Wirtschaftsstandort Österreich schlagen wir eine wirkliche Offensive für Forschung, Entwicklung und Bildung vor, weiters eine Verstärkung der aktiven Arbeitsmarktprogramme, die Einführung eines Stabilitätsfonds für Klein- und Mittelbetriebe sowie das Bekenntnis, die völlig unkoordinierte und planlose Ausverkaufspolitik heimischer Industriebetriebe zu Gunsten einer offensiven Industriepolitik zu beenden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPÖ lädt Sie ein, diesen Vorschlägen zu folgen, denn klar ist jedenfalls: Von Konjunkturbelebung kann im Zusammenhang mit diesem Gesetz, das Sie uns heute vorgelegt haben, höchstens dann geredet werden, wenn Sie die übernächste Rezession meinen. Die gegenwärtige Rezession wird sich von diesem Gesetz mit Sicherheit nicht beeindrucken lassen, und das bedeutet einen ziemlich großen Schaden für dieses Land. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.01

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, Bures, Dr. Heindl, Mag. Kubitschek, Kolleginnen und Kollegen schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Er wird im Übrigen auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Edlinger, Doris Bures, Dr. Heindl, Mag. Maria Kubitschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wachstumsprogramm für Österreich – Sicherung von Zukunft, Wohlstand und Beschäftigung

eingebracht im Zusammenhang mit dem Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (977 d.B.): Konjunkturbelebungsgesetz 2002 (1039 d. B.)

Angesichts der aktuellen Konjunkturschwäche hat die österreichische Bundesregierung am 15. Jänner 2002 ein Maßnahmenpaket zur Standortverbesserung und Konjunkturbelebung beschlossen und dem Nationalrat einen Entwurf für ein Konjunkturbelebungsgesetz 2002 vorgelegt.


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Der Gesetzes-Entwurf der Regierungsparteien zur Bekämpfung der Konjunkturschwäche kommt allerdings zu spät und greift viel zu kurz. Auch die vom Europäischen Rat in Barcelona am 15./16. März 2002 beschlossenen Zielsetzungen der Konjunkturbelebung und Vollbeschäftigung können damit sicher nicht erreicht werden.

Die Regierung hat in Barcelona offensichtlich nur unter dem Druck der anderen EU-Mitgliedstaaten die wichtigen und richtigen Zielsetzungen der Konjunkturbelebung, Vollbeschäftigung, Steuersenkung und Schaffung von Investitionsanreizen anerkannt. Letztlich zeigt ihr Handeln in Österreich aber, dass sie diese auch weiterhin hartnäckig nicht umsetzen will. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs will mit dem vorliegenden Antrag daher neuerlich der Bundesregierung Gelegenheit geben, den Gegenbeweis zu erbringen.

Bereits seit einem Jahr, seit dem Frühjahr 2001 warnen die Wirtschaftsforscher, aber auch die Sozialdemokratische Partei Österreichs vor einer drohenden Rezession. Der Abschwung wurde dann durch die Ereignisse des 11. September 2001 nur noch beschleunigt.

Statt bereits zu diesem Zeitpunkt mit Maßnahmen gegenzusteuern, wie das die SPÖ gefordert hatte, begann die Bundesregierung eine sinnlose Debatte darüber, ob nun eine Rezession drohe, es sich vielleicht doch nur um eine Konjunkturdelle oder eine kurzfristige konjunkturelle Schwäche handle, oder vielleicht am Ende doch eine "Stagnation auf hohem Niveau" (Copyright BK Schüssel) vorliege. Ferner wurden als Placebos Maßnahmen zur Bekämpfung der Rezession verkauft, die bereits seit langem geplant und budgetiert waren, wie Wirtschaftsforscher damals einhellig feststellten.

Die SPÖ beantragte seit September 2001 in mehreren parlamentarischen Initiativen Maßnahmen gegen die Rezession und für eine Konjunkturbelebung. Zuletzt wurde ein umfassendes Wirtschafts- und Wachstumsprogramm am 11. Dezember 2001 im Parlament mit mehr als 30 konkreten Einzelmaßnahmen beantragt. Die Regierung wies diese Vorschläge immer in der ihr eigenen Überheblichkeit mit dem Hinweis zurück, dass ohnehin von Rezession nicht gesprochen werden kann und die richtigen Maßnahmen schon gesetzt würden.

Wertvolle Zeit ging daher verloren, was im Ergebnis gemeinsam mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote in der Geschichte Österreichs und dem sklavischen Festhalten am Nulldefizit dazu führte, dass Österreich sich im Vergleich zu den anderen EU-Staaten massiv verschlechterte und auf die hinteren Plätze zurückfiel.

Das Ergebnis dieser Politik für Österreich bedeutet unter anderem konkret:

Mehr Arbeitslose: 2002 rund 70.000 Arbeitslose mehr als 2000.

Weniger Arbeitsplätze: erstmals seit Jahren nimmt die Zahl der Arbeitsplätze wieder ab, 2002 um einige Tausend weniger als 2001.

Österreich ist 2002 erstmals Letzter in der EU beim Einkommenszuwachs (real nur 0,7%).

Österreich ist 2002 erstmals Vorletzter in der EU beim Wirtschaftswachstum.

Die negativen Erfolge dieser Politik des Wegschauens und der Untätigkeit lassen sich jetzt einfach nicht mehr leugnen. Dabei ist es im Ergebnis für die Menschen in Österreich egal, ob sie aus rein ideologischen Gründen oder aus Inkompetenz, Orientierungs- und Hilflosigkeit der Bundesregierung ohne Arbeit und Einkommen dastehen. – Und auch die EU verlangt nach Maßnahmen zur Konjunkturbelebung, wie die politischen Erklärungen in Barcelona zeigen.

Die Bundesregierung hat daher nun doch noch ein so genanntes Konjunkturbelebungsgesetz 2002 zur Beschlußfassung vorgelegt, das diese Bezeichnung allerdings aus den folgenden Gründen nicht verdient:

Es wird lediglich ein Forschungsfreibetrag von 10% und eine Forschungsprämie von 3% eingeführt, der bestehende Bildungsfreibetrag soll von 9% auf 20% angehoben und dem Freibe


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trag alternativ dazu eine Bildungsprämie von 6% zur Seite gestellt werden. Schließlich wird für den Neubau von Gebäuden nur für den auf das Jahr 2002 entfallenden Anteil der Herstellungskosten eine vorzeitige Abschreibung in Höhe von 7% vorgesehen, die überdies mit maximal 266.000 Euro begrenzt ist. Ferner werden bestehende Steuerbegünstigungen für Betriebsneugründungen teilweise auch auf Betriebsübertragungen ausgedehnt.

Damit erschöpft sich aber auch schon der Ideenreichtum und die innovative Kraft der Bundesregierung hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Instrumente zur Konjunkturbelebung.

Ergänzt wird dieses "Paket" noch durch eine Reihe von Maßnahmen im Bereich der Arbeitskräfteüberlassung bzw. -vermittlung, die allesamt berechtigte Interessen von ArbeitnehmerInnen beschneiden und Verschlechterungen zum Status quo darstellen.

Einerseits werden also zwar einige wenige richtige Einzel-Maßnahmen vorgeschlagen. Gegen steuerliche Begünstigungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung, im Bereich der Bauinvestitionen und im Bereich des Betriebsübergangs ist nichts einzuwenden.

Allerdings haben alle diese Maßnahmen jedoch nach einhelliger Expertenmeinung wegen ihrer mittel- bis langfristigen Wirksamkeit überhaupt keine Auswirkungen auf die Konjunktur bzw. greifen die Maßnahmen zu kurz, wie die Einschränkung der Investitionsförderung auf Bauinvestitionen. Und was die ebenfalls vorgesehenen Verschlechterungen im Arbeitnehmerbereich mit Konjunkturbelebung tatsächlich zu tun haben, entzieht sich ferner jeder vernünftigen Beurteilung.

Insgesamt handelt es sich daher beim so genannten Konjunkturbelebungsgesetz 2002 wieder einmal um eine Mogelpackung dieser FPÖVP-Koalitionsregierung, die bestenfalls den berühmten Tropfen auf dem heißen Stein darstellt.

Mit dieser "Tröpferlpolitik" der Bundesregierung wird am Ende des Tages kein Staat zu machen sein.

Tatsache ist, dass notwendige Maßnahmen, die mit Konjunkturbelebung tatsächlich zu tun hätten, wie zum Beispiel im Bereich der Lohn- und Einkommenssteuern zur Belebung der Nachfrage, im Bereich der Investitionsförderung, der Aus- und Weiterbildung, des Arbeitsmarktes oder der Förderung von Klein- und Mittelbetriebe in den Regierungsüberlegungen überhaupt keine Rolle spielen und daher völlig fehlen.

Neuerlich sollen Placebos verabreicht und bestenfalls symbolische Gesten gesetzt werden, die darüber hinaus wegen ihrer mittel- bis langfristigen Wirksamkeit auch noch zu spät kommen.

Die österreichische Sozialdemokratie fordert daher neuerlich ein Wachstumsprogramm, um der aktuellen Konjunkturschwäche gegenzusteuern, Beschäftigung, Wohlstand und Zukunftschancen für die ÖsterreicherInnen und Österreicher, vor allem aber für unsere Kinder zu sichern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich, zur Sicherung unserer Zukunft, der Beschäftigung und des Wohlstandes der Menschen in unserem Land ein Wachstumsprogramm zu erarbeiten, sofort umzusetzen und das insbesondere durch die folgenden Maßnahmen sicherzustellen:

1. Faire Verteilung und Wachstum stärken durch eine Steuersenkung um 3 Milliarden €

Eine Steuerreform soll eine Steuerentlastung von insgesamt rund 3 Milliarden € bringen, damit die Massenkaufkraft stärken, Arbeitsplätze schaffen und sichern sowie die soziale Gerechtigkeit erhöhen:


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Die Lohn- und Einkommenssteuern sollen um rund 1 Milliarde € für die kleinen Einkommen und um rund 1 weitere Milliarde € für die mittleren Einkommen gesenkt werden.

Damit können Einkommen bis zu 10.000 € pro Jahr steuerfrei gestellt werden, das bedeutet mindestens 900 € jährlich mehr verfügbares Einkommen für jene, die es brauchen.

Ferner sollen auch Alleinverdiener und AlleinerhalterInnen besonders steuerlich begünstigt werden und Einkommen bis zu 1.000 € monatlich gänzlich steuerfrei sein. Das bedeutet für diese Familien eine enorme Entlastung und wäre ein familienpolitischer Beitrag, der allen jenen Familien hilft, die es erwiesenermaßen am nötigsten brauchen.

Anreize für eine investierende Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft, sollen durch Steuersenkungen oder -vorteile im Ausmaß von 1 Milliarde € geschaffen werden. Arbeitsplätze, Investitionen, Klein- und Mittelbetriebe sowie Aus- und Weiterbildung sollen damit besonders gefördert werden, wie es im folgenden genauer dargestellt ist.

2. Einführung eines Investitionsfreibetrages NEU

Arbeitsplätze und Investitionen in der Realwirtschaft sollen durch einen Investitionsfreibetrag gefördert werden, der sich am Wachstum der Investitionen orientiert. Bei starker Zunahme der Investitionen soll der Investitionsfreibetrag NEU bis zu 30% der Investitionen betragen können.

3. Stabilitätsfonds für KMU’s

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es für Klein- und vor allem Familienbetriebe unter anderem auch wegen der geringen Risikobereitschaft österreichischer Banken schwierig, die Finanzierung von notwendigen Investitionen zustande zu bringen. Oft treten auch Liquiditätsengpässe auf, die ein Unternehmen in Schwierigkeiten bringen können. Als Hilfestellung für diese Unternehmen soll ein Stabilitätsfonds bei einer geeigneten Einrichtung wie der FGG geschaffen werden. Der Fonds soll im Wege von Haftungen Bankkredite zu Bestkonditionen bereitstellen.

4. Infrastrukturpaket

Ein Infrastrukturpaket zur Erhöhung der Leistungskraft der Verkehrsinfrastruktur und zur Beschäftigung heimischer Unternehmen und Arbeitskräfte soll sofort umgesetzt werden (Projekte im Umfang von 3,3 Mrd. €/45 Mrd. S sind baureif). Um die Herausforderung der Globalisierung und der Osterweiterung anzunehmen, muss vor allem die Verkehrsinfrastruktur im Bereich der Westbahn, aber auch der West-Autobahn beschleunigt ausgebaut werden. Besonders beschäftigungsintensiv und daher bevorzugt in Angriff zu nehmen ist in diesem Zusammenhang der Ausbau und die Generalsanierung der bereits projektierten Bahnhöfe.

Die Investitionen können durch eine verursachergerechte Höhe der LKW-Maut bedient werden, die schon längst überfällig ist und bis heute immer wieder von der ÖVP verschleppt worden ist.

5. Offensive für Forschung, Entwicklung und Bildung

Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung sind Investitionen in die Zukunft und vermitteln bessere Zukunftschancen für die Betroffenen. Besonders vordringlich sind zur Verbesserung der Chancen für den Wirtschaftsstandort Österreich im nächsten Aufschwung

die sofortige Umsetzung eines Sonder-Maßnahmenpakets zur Ausbildung von 10.000 ExpertInnen in Informations- und Kommunikationsberufen und

die sofortige Einführung von staatlichen Bildungsprämie samt zugehörigem Bildungskonto für alle ÖsterreicherInnen zur Weiterbildung.

Eine darüber hinaus gehende Ausbildungsoffensive soll unsere Zukunftschancen und die unserer Kinder wahren und die Herausforderungen der Globalisierung annehmen, unter anderem durch die stufenweise Anhebung der F&E-Quote um 1% BIP im Jahr 2003, durch die rasche Umsetzung der "Computer-Milliarde", durch zusätzliche Ausbildungsangebote als Alternative


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zum dualen Bereich für jene Jugendlichen, die keinen Lehrplatz finden und durch den Ausbau einer flexiblen "Bildungskarenzzeit" für alle ArbeitnehmerInnen und insbesondere für Frauen, die nach der Kinderbetreuung wieder in den Beruf einsteigen wollen.

6. Sicherheit und Flexibilität vereinen: Verstärkung aktiver Arbeitsmarktprogramme

Die Verstärkung aktiver Arbeitsmarktprogramme soll den Menschen in Österreich helfen, ihre Chancen auf Beschäftigung zu wahren, unter anderem durch die Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung und Verbesserung der Einkommensanrechnung bei der Notstandshilfe, durch die Verbesserung der beruflichen Qualifikation der ArbeitnehmerInnen in Österreich ab dem 40. Lebensjahr, durch die Verankerung eines Rechtsanspruches auf berufliche Qualifikation für arbeitslose ArbeitnehmerInnen, durch die Sicherung des Zuganges zur Berufsausbildung für alle Jugendlichen und durch Schaffung der Voraussetzungen für Zugang und durch die nachhaltige Integration auf dem Arbeitsmarkt für ZuwandererInnen durch allgemeine und berufliche Qualifikation.

Die Maßnahmen können mit den bestehenden Mitteln der Arbeitslosenversicherung finanziert werden, wenn diese nicht wie bisher den ArbeitnehmerInnen weggenommen und ins Budget für das Erreichen des Nulldefizits umgeleitet würden.

7. Stopp des Ausverkaufs der ÖIAG-Betriebe

Da es kaum heimische Unternehmen mit der nötigen Finanzkraft für den Kauf von ÖIAG-Unternehmen gibt, soll die Regierung den bisher ohnehin schwer verunglückten Privatisierungs- und Ausverkaufskurs beenden und die Interessen Österreichs wieder in den Vordergrund stellen. Denn nur heimische Konzernzentralen garantieren

Forschung und Entwicklung (siehe Semperit Traiskirchen)

hochwertige Arbeitsplätze

qualitativ hochstehende Berufsausbildung

Aufträge für die Vielzahl österreichischer Klein- und Mittelbetriebe.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

12.02

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Grasser! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Wenn Frau Abgeordnete Kubitschek als ergänzende Maßnahmen zum vorgelegten Konjunkturbelebungspaket nicht viel mehr vorzuschlagen hat als eine Wiedereinführung des Investitionsfreibetrages, als eine Aufstockung der aktiven Arbeitsmarktmittel und eine Forschungs- und Entwicklungsinitiative, dann sage ich: Aus gutem Grunde haben wir darauf verzichtet, den Investitionsfreibetrag wieder einzuführen, weil da die Mitnahmeeffekte einfach zu groß sind und weil in der Realität die Unternehmer nicht nach diesen Freibeträgen investieren.

Aus gutem Grunde haben wir – das hat Karl-Heinz Grasser in seinem Redebeitrag schon erwähnt – eine noch nie da gewesene Offensive zu Gunsten von Forschung, Technologie und Entwicklung gestartet und investieren in dieser Legislaturperiode um 1 Milliarde € mehr, als das in der Vergangenheit der Fall war. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Wann? Wann?!)

Aus gutem Grunde haben wir die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik auf dem gleichen Niveau belassen, wie das in der Vergangenheit, in den letzten beiden Jahren der Fall war. Aber in Abstimmung mit den Spitzen des AMS haben wir darauf verzichtet, etwa bestehende Rücklagen aufzulösen, weil uns selbst von den Vertretern und den Profis im AMS, die Ihnen durchaus poli


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tisch nahe stehen, sehr geehrter Herr Abgeordneter, gesagt worden ist, dass sie mit den bestehenden Mitteln für die notwendigen Programme durchaus das Auslangen finden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Aber der Kern der Debatte ist ja ein anderer. Herr Abgeordneter und SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer hat gemeint: "Gentlemen agree upon facts". Das ist ein zweifaches Problem. Erstens: Es war das ein beliebter Ausspruch des früheren Bundeskanzlers Klima – aber das ist nicht mein Problem, das ist Ihres. Zweitens: Wenn Gentlemen das tun, nämlich "Gentlemen agree upon facts", dann sollten wir das auch tun, und dann sollte man innerhalb einer einzigen Debattenstunde nicht so oft dieses von Herrn Kollegem Gusenbauer strapazierte Prinzip brechen!

Herr Abgeordneter Edlinger hat ein exzellentes Beispiel dafür geliefert, dass es mit der Radikalität der Oppositionspolitik – nämlich mit der Oppositionspolitik um ihrer selbst willen statt um des Landes willen – noch durchaus weitergehen kann, denn: Dass Sie die Wirtschaft in diesem Lande krankjammern, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ, das sind wir gewohnt. Aber dass Sie sie totreden, scheintot reden, das war heute ein Novum, sehr geehrter Herr Abgeordneter Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Nürnberger hat gesagt, die Zahl der Jobs in diesem Lande sinke, obwohl harte Fakten auf dem Tisch liegen, die das Gegenteil beweisen, weil diese Bundesregierung letztlich die Rahmenbedingungen so gesetzt hat, dass die Unternehmungen in den letzten beiden Jahren 2000 und 2001 um 44 000 Arbeitsplätze mehr schaffen konnten, nämlich 27 000 Arbeitsplätze im Jahr 2000 und 17 000 Arbeitsplätze im Jahr 2001 mehr. (Abg. Edlinger: Zahl der Beschäftigten: 40 000 weniger!)  – Herr Abgeordneter Edlinger, Sie verwechseln das mit dem Arbeitskräftepotential, aber darüber können wir nachher ein Privatissimum abhalten. – Das ist ein Faktum, an dem auch Sie nicht vorbeigehen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mich hat es ja eher gewundert, dass es einer der führenden Gewerkschafter dieses Landes heute peinlichst vermieden hat, auf ein Thema einzugehen, das die Medien derzeit beherrscht, nämlich, dass der ÖGB seine Streikfondsmittel offensichtlich in eine Privatstiftung einbringen möchte. Das ist etwas, was mich insoferne verwundert, als ich noch viele Debatten in diesem Hohen Hause im Ohr habe, in denen Vertreter des ÖGB, Vertreter der Sozialdemokratie, die Privatstiftungen in diesem Lande als wahren Gottseibeiuns des Kapitalismus desavouiert haben. Und jetzt ist es offensichtlich anders. (Rufe bei den Freiheitlichen: Schau, schau! – Gegenrufe bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Weg mit der Bartenstein-Stiftung!)

Der Finanzminister freut sich darüber, das weiß ich, denn wie groß immer dieser Streikfonds auch ist, 5 Prozent dieser Mittel werden ihm als Steuer zufließen. Aber interessant ist schon, dass Sie die Mittel, die österreichische Gewerkschaftsmitglieder für schwierige Zeiten angespart haben, gewissermaßen in eine sich selbst gehörende Stiftung einbringen möchten, denn so ist das: Wenn man Mittel in eine Stiftung einbringt, dann ist das eine Eigentumsübertragung an die Stiftung. Das gehört dann nicht mehr dem ÖGB, das gehört nicht mehr den Mitgliedern des ÖGB, sondern das gehört dann dieser Privatstiftung, sehr geehrter Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Aber das war dem Herrn Nürnberger keine Erwähnung wert. Er hat nur falsche Zahlen in Sachen Arbeitsmarkt kommuniziert. (Abg. Edlinger: Machen wir einen Antrag: Abschaffung der Stiftungen! – Abg. Verzetnitsch: Lesen, Herr Bundesminister!)

Wenn Herr Vorsitzender Gusenbauer – wieder nach dem Prinzip "Gentlemen agree upon facts" – meint, es seien die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik gekürzt worden, dann sagt er auch das wider besseres Wissen. Ich weiß nämlich, dass er es besser weiß. Wir haben, wie ich schon gesagt habe, die Mittel auf dem gleichen Niveau gehalten. Und auch das Rezessionsgerede auf Grund einer Aussendung des Wifo wird nicht viel glaubwürdiger, wenn es Herr Gusenbauer hier an die Spitze seiner Ausführungen stellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie sehen denn die Tatsachen aus? Der Standort Österreich befindet sich in diesem schwierigen Umfeld doch in einer guten Verfassung. Finanzminister Grasser hat schon zwei herausragende Investitionsentscheidungen erwähnt, die in den


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letzten Tagen zu Gunsten Österreichs gefallen sind. Eines der weltweit führenden Unternehmen im Pharmabereich sowie unter den Herstellern von Infusionslösungen, Baxter, investiert in Krems 200 Millionen €, noch dazu als "alter" Investor in Österreich, denn seit dem Jahr 1997 ist Baxter via Immuno in diesem Land vertreten. Man kennt das Land, und man kennt die Qualität seiner Arbeitskräfte. Diese Entscheidung spricht für das Land, spricht für den Standort Österreich.

Wenn es nach schwierigsten Gesprächen auf Unternehmens- und auf anderen Ebenen dem Management von General Motors in Österreich, wenn es Herrn Rottmeyer gelungen ist, das neue Getriebewerk nach Wien zu bekommen, und zwar gegen härteste Konkurrenz und in einem Umfeld, in dem es vor allem dem Mutterunternehmen nicht allzu rosig geht, wenn man da gegen Polen gewinnt, dann spricht auch das für den Standort Österreich, für den Standort Wien. Und darauf können wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, gemeinsam stolz sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen, mit zugegebenermaßen kleineren Projekten, aber die Austrian Business Agency, die im Verantwortungsbereich des Wirtschaftsministeriums agiert, hat im Jahre 2001 mehr Jobs und mehr Investitionen nach Österreich geholt als je zuvor, und das – ich betone es noch einmal – in einem sicherlich sehr schwierigen Jahr 2001, in dem es nicht ganz einfach war, Investitionen über die Grenzen nach Österreich zu ziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das soll uns aber nicht dazu einladen, jetzt unseren Kopf auf ein Ruhekissen zu legen – nein, die Regierung arbeitet weiter. Die Regierung hat dieses Konjunkturpaket geschnürt, um den Standort Österreich weiter zu stärken und die Strukturpolitik in diesem Lande noch besser zu gestalten.

Ein warnendes Beispiel war uns dabei die Entwicklung in Deutschland. Den Fehler, den die Deutschen begangen haben, wollen wir hier in Österreich sicherlich nicht wiederholen: diese mittelstandsfeindliche Politik, die letztlich dazu geführt hat, dass man auf der einen Seite eine Rekordarbeitslosigkeit von 4,3 Millionen Arbeitslosen zur Kenntnis nehmen muss – Tendenz im Februar weiter steigend: plus 8 000 – und auf der anderen Seite eine Budgetverschuldung, die eigentlich einen blauen Brief aus Brüssel zur Folge hätte haben müssen – weil 3 Prozent bereits an der Grenze der Kriterien von Maastricht liegen –, aber leider nicht gehabt hat.

Was Deutschlands politische Führung damit an Schaden für Europa, für den Euro und die Stabilität dieser gemeinsamen Währung verursacht hat, das lässt sich heute noch gar nicht abschätzen. Wenn es so leicht geht, dass ein deutscher Bundeskanzler einmal kurz in Brüssel anruft, dann werden blaue Briefe gestoppt, die den Portugiesen oder anderen durchaus zugegangen wären, dann ist das kein gutes Zeichen. Das ist der falsche Weg, das ist ein schlechter Weg!

Unter dem Strich bleiben 4,3 Millionen Arbeitslose auf der einen und ein Budgetdefizit von 3 Prozent auf der anderen Seite. Da ist mir unsere Wirtschaftspolitik mit einem ausgeglichenen Budget und letztlich mit einer Arbeitslosigkeit, die keinen Vergleich mit Deutschland zu scheuen braucht, lieber! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen und werden den Aufschwung unterstützen, der sich abzeichnet. Von Alan Greenspan abwärts sagen alle Währungs- und Konjunkturexperten dieser Welt: Es geht wieder aufwärts! Die Talsohle ist nicht nur erreicht, sie ist durchschritten. – Und wir können nur eines nicht sagen: wann exakt es wieder aufwärts geht und wie nachhaltig dieser Aufschwung sein wird. Aber dass es wieder aufwärts geht, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist gewiss!

Wir wollen in diesem Land den Mittelstand stärken. Die Maßnahmen, die gesetzt worden sind, sind alle dazu geeignet. Aber ich sage, der Mittelstand, der letztlich einen guten Teil zum ausgeglichenen Budget beigetragen hat – vieles, was an Mehreinnahmen erzielt wurde, kommt von Österreichs Mittelstand –, dieser Mittelstand hat es sich verdient, dass er so bald wie möglich entlastet wird.


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In diesem Zusammenhang gibt es zwei Punkte, die ich erwähnen will: Erstens die Senkung der Lohnnebenkosten für die mittelständischen Unternehmer im Jahr 2003, ein ganz wichtiges Thema, und zweitens den Bereich Unternehmenssteuern, meine sehr verehrten Damen und Herren. – Die Vergleiche, die gerade auch in den letzten Tagen gezogen wurden, zeigen uns, dass wir in Sachen Unternehmenssteuern – und das sind Standortsteuern – mittlerweile vergleichsweise hoch liegen und dass wir, sobald es für das Budget, sobald es für den Finanzminister möglich ist, den Weg zurück zu niedrigeren Steuersätzen antreten sollten. (Abg. Edlinger  – mit entsprechender Gestik –: Stummvoll, die siebente! Die siebente Klappe!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir investieren aber auch in die Infrastruktur dieses Landes. Die Verkehrsinfrastruktur liegt uns sehr am Herzen. Wir setzen hier auch die notwendigen Akzente im Vorfeld der anstehenden Erweiterung der Europäischen Union.

Hohes Haus! Wenn wir allein in der laufenden Gesetzgebungsperiode nicht weniger als 7,9 Milliarden € in Straße und Schiene investieren, so ist das nicht weniger als plus 53 Prozent, also mehr als die Hälfte mehr als in der vergangenen Gesetzgebungsperiode, als Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, noch Verantwortung getragen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es sei im Sinne der Bauindustrie und der Bauwirtschaft noch hinzugefügt, dass unsere Berechnungen ergeben, dass das allein im Bereich der Bauwirtschaft mit 8 000 bis 10 000 zusätzlichen Jobs zu Buche schlagen wird, und das ist für eine Branche, der es in den letzten Monaten nicht gerade gut gegangen ist, sicher eine gute und wichtige Nachricht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden aber auch den Weg der vorsichtigen und maßvollen Liberalisierung und Marktöffnung weitergehen. Wir haben gerade rund um den Gipfel in Barcelona gemerkt, wie weit wir in Österreich schon in Sachen Liberalisierung der Energiemärkte sind. Frankreich und andere Länder haben ja leider Gottes ein europaweites Mit- und Nachziehen verhindert. (Abg. Edlinger: Jetzt verkaufen Sie das Wasser! Jetzt verschleudern Sie das Wasser! Der Wasser-Deal! Jetzt verkaufen Sie das Trinkwasser!)  – Ja, spielen Sie doch auch auf dieser Klaviatur der Panikmache, sehr geehrter Herr Abgeordneter Edlinger! Das passt zu Ihnen, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass allein die hundertprozentige Öffnung des Strommarktes in diesem Land – insgesamt, alle Liberalisierungseffekte mit eingerechnet: das, was in der Vergangenheit passiert ist, und das, was in den nächsten Monaten noch passieren wird – Österreichs Wirtschaft und Österreichs Stromkonsumenten um nicht weniger als 1 Milliarde € oder 13 bis 14 Milliarden Schilling pro Jahr entlasten wird. Beim Gasbereich wird es etwas weniger sein, aber auch da werden Österreichs Stromkonsumenten, Gaskonsumenten und die Wirtschaft signifikant entlastet werden. (Abg. Gradwohl: ... Österreich ... Herr Bartenstein?)  – Ich verstehe Ihre Aufregung nicht ganz, sehr geehrter Herr Abgeordneter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss meiner Ausführungen noch kurz auf die Ausführungen der Frau Abgeordneten Glawischnig eingehen. – Sie haben in Ihrem Redebeitrag zum Konjunkturpaket nicht nur die Abfangjäger bemüht, sondern auch die Frage: Wie sozialstaatlich ist Österreich?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da blicke ich ganz gelassen auf die Galerie und in andere Richtungen, weil ich weiß, dass keine Bundesregierung zuvor so wie diese – besonders in den letzten Monaten – Maßnahmen zu Gunsten der Arbeitnehmer dieses Landes gesetzt hat, die sich wahrlich sehen lassen können! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass jetzt der Lärmpegel bei der sozialdemokratischen Opposition vermutlich wieder steigen wird, wenn ich Ihnen sage: Es wäre ja über Jahrzehnte möglich gewesen, den einheitlichen Arbeitnehmerbegriff in diesem Land herbeizuführen, bloß Sie haben es nicht gemacht! Wir haben es gemacht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)


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Es wäre auch unter sozialdemokratischer Kanzlerschaft möglich gewesen, sehr geehrter Herr Abgeordneter Parnigoni, mehr Gerechtigkeit für Österreichs Familien herbeizuführen, bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht vom Karenzgeld auszuschließen! – Wir haben es mit dem Kinderbetreuungsgeld gemacht: Plus 9 Milliarden Schilling mehr an Konsumvolumen pro Jahr! Das lässt sich herzeigen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Erneuter Widerspruch bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Auch auf die Gefahr hin, dass jetzt die Phonzahl und die Dezibelzahl noch weiter zunimmt, sage ich Ihnen: Es wäre natürlich auch unter sozialdemokratischer Kanzlerschaft möglich gewesen, die "Abfertigung neu", die betriebliche Mitarbeitervorsorge zu verwirklichen. Warum haben Sie es denn nicht gemacht? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Huber: Kindergärten!)

Warum haben Sie denn, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ, der wirklich himmelschreienden sozialen Ungerechtigkeit über Jahre und Jahrzehnte zugeschaut, dass nur ein Drittel der Arbeitnehmer dieses Landes irgendwann einmal in seinem Erwerbsleben eine Abfertigung gesehen hat? – Wir stellen das um. Wir schaffen die "Abfertigung neu", wir sorgen dafür, dass alle Arbeitnehmer Österreichs in den Genuss der "Abfertigung neu" kommen werden, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte. (Abg. Dr. Stummvoll begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel mit der Aufschrift: "ÖVP – Vernünftig Verlässlich Verantwortungsvoll – Verantwortung für Österreich" auf. – Heiterkeit.)

12.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die bisherigen Debattenbeiträge der Oppositionsredner ein wenig näher betrachtet, dann sieht man, es dominiert eigentlich ganz deutlich folgende Verhaltensweise: Rhetorisch dominieren Schwarzmalerei, Krankjammern und Panikmache. Inhaltlich dominiert die Sehnsucht: "Vorwärts, Genossen, zurück in die Vergangenheit!" – Das ist kein modernes Programm, Herr Kollege Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber ich gebe zu, in einem Punkt sind Sie konsequent. Sie sind konsequent in Ihrer Politik, in Ihrer Sehnsucht nach dieser Droge, immer wieder Schulden zu machen. Was heute als Antrag von einer der Vorrednerinnen eingebracht wurde, basiert wieder auf einem Finanzierungskonzept, das da lautet: Schieben wir die Probleme in die Zukunft! Belasten wir mit den Finanzierungsmaßnahmen unsere Kinder und Enkelkinder! – Das ist eine überholte und antiquierte Politik, Herr Ex-Finanzminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Reden wir über die Abfangjäger!)

Wenn wir heute dieses vorliegende Gesetzespaket beschließen, meine Damen und Herren ... (Abg. Edlinger: Abfangjäger! Abfangjäger!)  – Herr Kollege Edlinger, ich weiß schon, je schwächer Ihre Argumente, desto größer Ihre Lautstärke, aber das rettet Sie nicht aus Ihrer Inhaltslosigkeit! Sie hatten Ihre Chance, aber Sie haben Ihre Chance vertan, Herr Kollege Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn wir heute dieses Paket beschließen, meine Damen und Herren, so beschließen wir nicht nur ein Programm zur Belebung der Konjunktur, wir beschließen nicht nur Strukturreformen für die Wirtschaft, wir beschließen nicht nur ein modernes Konzept der Standortpolitik, sondern dieses Programm ist vor allem ein Signal des Vertrauens in diese Bundesregierung. Ich wiederhole: ein Signal des Vertrauens in diese Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Bundesregierung hat die Krise von Österreich fern gehalten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ein Vergleich macht uns sicher; die Zahlen wurden bereits genannt. Schauen wir über die Grenze: Rot-Grün in Deutschland: 4,3 Millionen Arbeitslose, 3 Prozent Budgetdefizit!


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Es ist kein Zufall, meine Damen und Herren, dass es immer heißt: rote Zahlen. Der Ausdruck "rote Zahlen" ist kein Zufall! Rote Zahlen für Defizite sind typisch für die Politik der Sozialdemokratie! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Erinnern wir uns zurück an das, was Sie in Ihrer Panikmache alles vorausgesagt haben! – Eine Rezession werde es geben, der Euro werde die Preise hinauftreiben, das Nulldefizit werde nicht erreicht werden. (Abg. Edlinger: Das waren nicht wir, das war der Haider!)

Was haben wir heute? – Keine neuen Schulden, und wir sind Europameister in der Preisstabilität. – Ich sage es noch einmal, Herr Kollege Edlinger: Auch wenn Sie noch so laut schreien, laut schreien sind keine Argumente, Herr Kollege! Laut schreien ist kein Ersatz für ordentliche Politik! Sie verwechseln das immer. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe es von diesem Rednerpult aus schon einmal gesagt: Für uns bedeutet Politik Verantwortung für das Land, und Politik ist Zukunftsgestaltung. Für Sie ist Politik Tageshickhack und laute Zwischenrufe. Aber das ist nicht unsere Politik, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieses Programm ist aber nicht nur ein Signal des Vertrauens in diese Bundesregierung, die die Krise von Österreich fern gehalten hat, sondern es ist auch ein Programm der Verlässlichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Strategie dieser Bundesregierung und der Parlamentsmehrheit ist eine sehr klare: Keine neuen Schulden, neue Chancen statt neuer Schulden, Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes Österreich und Belebung der Konjunktur. Das ist eine Strategie für die Zukunft – und nicht Krankjammern, Panikmache und Schwarzmalerei, wie Sie von der Opposition das betreiben. (Abg. Edlinger: Die Schulden steigen! – Abg. Reheis: Abfangjäger!)

Ich weiß schon, Ihnen gefällt das Programm deshalb nicht, weil Ihre Konjunkturpolitik darin bestanden hat, Milliarden der Steuerzahler in einige Großprojekte hineinzubuttern. – Das, was diese Regierung verfolgt, ist ein intelligentes Konjunkturprogramm, das Strukturpolitik und Standortpolitik in einem ist, ein Programm für die Vielzahl der Klein- und Mittelbetriebe, die nicht scheintot sind, Herr Kollege Edlinger.

Das war eine Beleidigung unserer Betriebe (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), eine Beleidigung der fleißigen Mitarbeiter, ihnen zu sagen, sie seien scheintot, Herr Kollege Edlinger. Ich würde Sie bitten, kommen Sie hier heraus und korrigieren Sie diese Ihre Äußerung, dass diese Betriebe scheintot sind! (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )  – Das haben Sie gesagt, Herr Kollege Edlinger.

Ein Letztes noch. Diese Regierung hat wirtschaftspolitisch eine zweifache Strategie: Erstens: Modernisierung des Staates, die Verwaltungsreform der Frau Vizekanzler Riess-Passer, das größte Reformprogramm in der Verwaltung in der Geschichte der Zweiten Republik.

Zweitens: Entlastung des Bürgers. – Dieses Konjunkturprogramm schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Wirtschaft stärker wachsen wird, als Sie glauben, und das ist die Basis für die steuerliche Entlastung der Bürger und der Betriebe, meine Damen und Herren. Wir werden dieses Signal der Entlastung mit 1. Jänner 2003 setzen, wir werden es nicht auf Pump machen, und wir werden kein Nullsummenspiel spielen. Es wird eine echte Entlastung sein, von der Sie nur träumen können, Herr Kollege.

Abschließend, meine Damen und Herren: Ich glaube, dass wir mit diesem heutigen Konjunkturprogramm die Politik des Vertrauens, der Verlässlichkeit, der Zukunftsgestaltung erfolgreich fortsetzen. Dieses Land ist bei dieser Regierung in guten Händen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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12.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. – Ich bitte Sie, Herr Abgeordneter, mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen, zu beginnen.

12.22

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Herr Bundesminister Bartenstein hat behauptet, die Sozialdemokratie habe die Neuregelung der Abfertigung verhindert. – Das ist unwahr, genauso unwahr wie die Behauptungen zur Schwarzarbeit und zu den Saisonniers!

Wahr ist vielmehr, dass die ÖVP die Abfertigung in eine Pensionskasse umwandeln und damit die Abfertigung abschaffen wollte. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Dr. Petrovic begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Taferl mit der Aufschrift "Sozialstaat statt Abfangjäger" auf. – Heiterkeit und Zwischenrufe.)

12.23

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Bevor ich in die Sache eingehe, möchte ich doch einiges klarstellen, auch weil Herr Abgeordneter Stummvoll soeben Fragen des Stils und des Tons angesprochen hat. Es hat im Laufe dieser Debatte einige wirklich heftige sexistische Entgleisungen gegeben, etwa von Herrn Abgeordnetem Westenthaler an die Adresse von Frau Dr. Mertel und "vom Sektor da hinten" an meine Kollegin Eva Glawischnig. (Abg. Ing. Westenthaler: Nicht die Unwahrheit behaupten!)

Es ist mir wichtig, zu sagen, dass derartige Äußerungen deplatziert sind, würdelos sind und in diesem Hause nichts verloren haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich habe den Vorrednerinnen und -rednern mit Aufmerksamkeit zugehört, habe die Ausführungen und deren Inhalte mit dem hier vorliegenden Bericht des Wirtschaftsausschusses verglichen, und ich kann eigentlich nur ganz wenig von dem, was gesagt wurde, hier im Gesetzestext finden.

Dieser Gesetzestext umfasst im Wesentlichen zwei große Materien. Das betrifft einerseits die Kompetenzen von Arbeitsinspektion und Zollwache, und das betrifft andererseits eine Änderung im Bereich der Arbeitslosenversicherungspflicht bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die auf Grund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofes notwendig geworden ist.

Woher die Ausführungen kommen, dass das irgendetwas mit Konjunktur zu tun hätte, kann ich beim Studium der Maßnahmen beim besten Willen nicht nachvollziehen. Hier wird etwas behauptet, was überhaupt nicht dem Text dieser Vorlage entspricht.

In der Sache haben Sie von der Regierungsbank aus und von den Regierungsparteien aus immer wieder betont, dass da sehr große Maßnahmen gesetzt würden, die der Wirtschaft und damit der Zahl der Arbeitsplätze zugute kämen.

Erwähnt wurden namentlich die Firmen General Motors, BMW, der Magna-Konzern und wiederholtermaßen Baxter. Ich glaube nicht, dass es ein Zufall ist, dass hier praktisch ausschließlich Großkonzerne erwähnt worden sind, noch dazu Großkonzerne, zu denen beide Minister, die heute anwesend sind, von ihrer Herkunft her eine gewisse Nahebeziehung haben.

Herr Wirtschaftsminister und Herr Finanzminister! Fragen Sie einmal die kleinen Gewerbetreibenden, wie es ihnen geht! Fragen Sie die einmal!

Sie verheißen jetzt für das Jahr 2003 eine Entlastung. Dann frage ich Sie: Wieso haben Sie sie denn bis jetzt so gewaltig be lastet, dass viele davon das Jahr 2003 gar nicht mehr erleben werden? (Beifall bei den Grünen.)

Sie tun das auch in einer sehr einseitigen Art und Weise. Warum haben Sie etwa die Regelung geändert, wodurch die Betriebe jetzt für ihre erkrankten Arbeiterinnen und Arbeiter die vollen Lohnkosten weiterzahlen müssen? Wissen Sie, was das für einen Kleinbetrieb heißt, wenn vielleicht von sechs, acht oder zehn MitarbeiterInnen zwei oder drei erkranken? – Das ist existenzbedrohend für diesen Betrieb! Daher sage ich: Machen Sie der Bevölkerung, machen


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Sie den Kleinbetrieben nicht ein X für ein U vor! Das stimmt einfach nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich komme aber auch zu einem wesentlichen Punkt, denn es sind auch von der Regierungsbank aus sehr viele Statistiken erwähnt worden, die zeigen sollen, wie gut Österreich im internationalen Kontext ist. Ich sage dazu auch als Oppositionspolitikerin: Gott sei Dank schauen wir bei vielen Kenndaten trotz steigender Arbeitslosigkeit immer noch relativ gut aus.

Aber: Sehen Sie sich einmal die Daten im Detail an oder lassen Sie einmal diese Sichtweise überhaupt zu, denn es polarisiert sich auf den Arbeitsmärkten. Österreich ist, um hier auch einen internationalen Vergleich anzubringen, in Sachen der ökonomischen Kluft zwischen Frauen und Männern mittlerweile das Schlusslicht in Europa geworden – hinter den südlichen Staaten, hinter allen anderen EU-Staaten –, und das halte ich als Österreicherin, als Frau und als Oppositionspolitikerin für einen bodenlosen Skandal! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die so genannte Kinderbetreuungsmilliarde, die sehr arbeitsplatzintensiv war und die evaluiert worden ist, das heißt, es wurde gemessen, dass sie wirklich viele Arbeitsplätze geschaffen hat, ist auf null gestellt worden. Einfach abgeschafft!

Und bei vielen Kultureinrichtungen gerade im Frauenbereich – Frau Kollegin Steibl, Sie wissen es – wurde das Budget auf null gestellt. Der "kosmos.frauenraum" steht vor dem Zusperren, und all das ist auch ein Signal für einen Wirtschaftsstandort, der eben nicht modern ist, der mit den modernen europäischen Staaten, die natürlich die Gleichstellung von Frauen und Männern auf ihre Fahnen geschrieben haben, nicht mehr Schritt halten kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist aber manches, was Sie tun, auch – und dazu hätte ich schon gerne eine Antwort – rechtswidrig. Ebenso, wie Sie verpflichtet sind, die finanziellen Auswirkungen eines Gesetzes abzuschätzen und die EU-Konformität zu beurteilen, müssen Sie heute Gender Mainstreaming betreiben, das heißt, bei jedem neuen Gesetz die Auswirkungen auf Frauen und Männer angeben.

Sehen Sie es sich an (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe): Das wurde schlicht und einfach ignoriert! Die österreichischen Frauen und die österreichische Bevölkerung werden Ihnen dafür bei den nächsten Wahlen die Rechnung präsentieren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

12.30

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es gibt ein altes Sprichwort, das heißt: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." – Dass diese Regierung sehr viel tut, haben in ausführlicher Art und Weise heute bereits Finanzminister Grasser und Wirtschaftsminister Bartenstein dargelegt, aber für die Opposition darf das, was die Regierung tut, einfach nichts Gutes sein. (Abg. Parnigoni: Das stimmt einfach nicht! Wir beschließen sehr viele Dinge mit!)

Das zieht sich wie ein roter Faden nicht nur durch die heutige Diskussion, sondern die Opposition, vor allem die SPÖ, macht auf einmal Vorschläge, die ihr in ihrer Regierungszeit anscheinend nicht im Traum eingefallen sind, und sie kritisiert das, was die Regierung jetzt tut.

Besonders verwerflich finde ich, dass Sie mit solchen Unwahrheiten agieren, wie Sie es heute tun. Besonders hervorgetan hat sich hier Herr Kollege Edlinger. (Abg. Parnigoni: Werden Sie konkreter!)  – Nein, ich möchte mich nicht auf das Niveau des Kollegen Edlinger begeben, weder


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verbal, noch auf das Niveau seiner 30-jährigen Schuldenpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: So hoch können Sie nicht steigen!)

Fakten gelten bei Ihnen einfach nicht. Es darf nichts Gutes sein, dass es in Österreich im Jahr 2001 den höchsten Stand an unselbständig Beschäftigten gegeben hat. (Abg. Schwemlein: Und die höchste Arbeitslosenrate!)

Ich habe hier die Statistik seit 1992 – Herr Kollege Edlinger, ich glaube nicht, dass Sie sie nicht kennen; deswegen habe ich Ihnen auch die Behauptung von Unwahrheiten unterstellt –, und ich habe hier auch die Arbeitslosenzahlen im Vergleich der Jahresdurchschnitte von 1992 bis zum Jahr 2001. Es ist ganz deutlich zu erkennen, dass Sie einfach die Unwahrheit sagen.

Die höchste Zahl an Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt hat es in den Jahren 1996 bis 1998 gegeben: jeweils über 230 000! Und da war nicht diese Regierung am Zug, da hätten Sie Maßnahmen setzen können. – Sie haben es nicht getan. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist natürlich auch der Anteil der arbeitslosen Ausländer eklatant gestiegen.

Das sind die Fakten, mit denen ich Ihnen antworten möchte. Es sind Ökonomen – und das geht aus dem Ausschussbericht hervor – und nicht Regierungsmitglieder, die sagen, dass die Konjunkturaussichten wieder besser zu beurteilen sind. Nur: Die Opposition versucht mit allen Mitteln, eine Rezession herbeizureden. Ich habe heute eigentlich nichts von der Debatte gehört, die im Wirtschaftsausschuss stattgefunden hat und wo die Opposition, die SPÖ, diesem Gesetzentwurf teilweise zugestimmt hat. Haben Sie da irgendetwas gehört? – Nein!

Kollege Cap bekrittelt eine Art Tröpfchen-Strategie, aber man hat dort zugestimmt: dem Forschungsbeitrag, der Forschungsprämie, der Erhöhung des Bildungsfreibetrages, der Absicherung des Weiterbildungsgeldes. Zu wenig ist Ihnen von der SPÖ anscheinend die Möglichkeit der vorzeitigen Abschreibung von Bauinvestitionen im heurigen Jahr. Es ist aber absolut unbestritten, dass das eine gewünschte kurzfristige Belebung im Bereich der Bauwirtschaft bringen wird, gerade in dem Bereich, in dem es zugegebenermaßen ein Ansteigen der Arbeitslosenzahlen gegeben hat.

Die SPÖ befürchtet eine Verschlechterung der Arbeitnehmerstandards, weil die privaten Arbeitsvermittler in Zukunft auch Arbeitskräfte überlassen dürfen. Und die SPÖ warnte im Ausschuss auch vor einer Schwächung des AMS. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Anscheinend haben Sie von den Sozialdemokraten wirklich das Vertrauen in Ihre eigenen Sozialpartner und in die von Ihnen dominierten Institutionen verloren, denn es ist ein Faktum, dass gerade im Bereich Arbeitsmarktservice mehr verwaltet als vermittelt wurde.

Ein besonderes Sorgenkind ist hier natürlich das von der SPÖ regierte Wien, der wir den dramatischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, gerade in Wien, zu verdanken haben. Das ist auch ein Beweis dafür, dass die SPÖ nicht fähig ist, Arbeitsmarktvermittlung zu betreiben, sondern höchstens Arbeitsmarktverwaltung. Es ist auch ein Beweis dafür, dass in Wien eine falsche Arbeitsmarktpolitik betrieben wurde, eine falsche Zuwanderungspolitik und eine falsche Strukturpolitik. Und ich habe auch nicht gehört, dass sich im Bundesland Wien etwas ändern wird. (Abg. Bures: Nur weil Sie nicht gewählt wurden in Wien!)

Arbeitslosenzahlen – da stimme ich mit Ihnen, mit der Opposition, überein – sind schon ein Maßstab für die Konjunktur. Faktum ist jedoch, dass sich Österreich in diesem Bereich bereits stabilisiert hat, vor allem im Vergleich mit anderen europäischen Ländern, zum Beispiel Deutschland, rot-grün dominiert. Faktum ist, dass sich die Dauer der Arbeitslosigkeit in der letzten Zeit um fast 20 Prozent verkürzt hat. (Das rote Lämpchen auf dem Rednerpult leuchtet. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend möchte ich Ihnen noch einen Leserbrief aus der "Kronen Zeitung" vom 18. März zu Gemüte führen, und ich hoffe, dass diese Zeiten in Zukunft endlich vorbei sind. (Abg. Parnigoni: Das wird sich nicht mehr ausgehen! – Abg. Bures: Das geht sich nicht mehr aus!) Ich würde Ihnen empfehlen, sich die "Kronen Zeitung" vom Montag, den 18. März ...


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Frau Abgeordnete! So viel Redezeit haben Sie nicht mehr. Sie haben diese bereits erheblich überzogen.

Abgeordnete Edith Haller (fortsetzend): ... zu Gemüte zu führen – das ist mein Schlusssatz, Herr Präsident –: "Schicksal arbeitslos". – Ich hoffe, dass diese Zeiten, die hier beschrieben sind, vorbei sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Was ist das für eine Vorsitzführung?)

12.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die verbleibende Redezeit während der Fernsehübertragung beträgt 24 Minuten. Pro Fraktion sind das 6 Minuten. Ich bitte um strikte Einhaltung! (Abg. Dr. Mertel: Bei der Frau Haller haben Sie es nicht gesehen! – Abg. Parnigoni: Bei der Frau Haller nicht!)

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

12.37

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident, ich würde darauf achten, dass sich die RednerInnen Ihrer Fraktion an die Redezeit halten und hier nicht unverschämt die Redezeit auf Kosten der anderen Fraktionen ausnützen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war aber noch das Beste Ihres ganzen Redebeitrages, der erste Satz!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fernsehzuschauer haben sich vielleicht gefragt, warum die ÖVP-Abgeordneten, zum Schluss Herr Stummvoll, erstmals mit einem Taferl an dieses Rednerpult getreten sind mit der Aufschrift: "Vernünftig. Verlässlich. Verantwortungsvoll. Verantwortung für Österreich. – ÖVP". Herr Stummvoll, ich weiß, Sie haben dieses Taferl auch höchst nötig, denn kein Journalist, kein Mensch würde das über die ÖVP schreiben: (Abg. Dr. Khol begibt sich mit besagter Tafel zum Rednerpult, um es der Rednerin aus der Nähe zu zeigen. – Abg. Parnigoni  – in Richtung Rednerpult eilend – zu Abg. Dr. Khol: Das stellen Sie nicht dorthin! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Abg. Bures –: Ist das Ihr Bodyguard, der Parnigoni?)

Sie, Herr Khol, brauchen dieses Taferl deshalb, weil Sie die Umfragen betreffend ÖVP kennen, und die Umfrageergebnisse, wie die Bevölkerung die ÖVP und die Regierungspolitik bewertet, sind deutlich. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das Ihr Bodyguard?)  – Regen Sie sich nicht auf, Herr Westenthaler! – Die Bewertung Ihrer Politik, der Politik von ÖVP und FPÖ, ist eine klare: Sie ist unvernünftig, sie ist unverlässlich, und sie ist höchst verantwortungslos für dieses Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eine verantwortungslose Wirtschafts- und Sozialpolitik, die Sie in den letzten beiden Jahren in Österreich betreiben. Seit mehr als einem Jahr hat die SPÖ, haben Wirtschaftsexperten darauf hingewiesen, dass wir vor einer drohenden Rezession stehen. Und was macht diese Bundesregierung? – Sie macht nichts! (Abg. Böhacker: Neue Schulden machen?) Statt politische Maßnahmen zu setzen und gegenzusteuern, stellt sich Bundesminister Grasser hierher und redet davon, ob es eine Konjunkturdelle oder eine Rezession ist, redet über Begrifflichkeiten, anstatt politisch gegenzusteuern und etwas dagegen zu unternehmen, dass 300 000 Menschen in Österreich keinen Arbeitsplatz haben (Abg. Ing. Westenthaler: 287 000! Korrekte Zahlen verwenden! 287 000!), dass 300 000 Familien keiner Beschäftigung nachgehen können und daher mit viel weniger Geld auskommen müssen als Sie, Herr Westenthaler, nämlich mit dem Arbeitslosengeld. Sie würden keinen Monat mit so wenig Geld auskommen, 300 000 Menschen müssen das aber auf Grund Ihrer schlechten Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister Bartenstein! Sie als Arbeitsminister hätten einen Ruck verspüren müssen, diese handfeste Krise auf dem österreichischen Arbeitsmarkt hätte Sie erschüttern müssen. Aber Sie gehen zynisch darüber hinweg. Herr Stummvoll, in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen sehen Sie wahrlich alt aus! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Sehr jung sehen Sie auch


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nicht aus, Frau Kollegin! – Abg. Ing. Westenthaler: Dafür zittern Sie – und der Herr Stummvoll nicht!)

Es fehlt Ihnen an wirtschaftspolitischer Kompetenz, es fehlt dieser Bundesregierung vor allem an menschlicher Kompetenz. Herr Dr. Gusenbauer, Herr Minister Bartenstein, hat klar gesagt, wie das mit den Mitteln für aktive Arbeitsmarktpolitik ist: Sie haben zugelassen, dass 35 Milliarden Schilling arbeitslosen Menschen für Qualifizierungsmaßnahmen, für Weiterbildungsmaßnahmen weggenommen worden sind. Dem haben Sie zugestimmt! In Zeiten steigender Arbeitslosigkeit schöpfen Sie diese Mittel für irgendeinen Fetisch Nulldefizit ab, und das ist verwerflich! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Frau Kollegin Bures! Wir haben seit drei Monaten den Euro!)

Was machen Sie in Zeiten einer (Abg. Rauch-Kallat: Sagen Sie es doch: Sie wollen neue Schulden machen!) offensichtlich jetzt, nach Monaten, auch von Ihnen, Frau Rauch-Kallat, erkannten Konjunkturabschwächung? Was machen Sie in diesen Zeiten? – Sie schwächen die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher durch die höchste Steuer- und Abgabenquote! (Abg. Rauch-Kallat: Neue Schulden?!) Ich würde Sie ersuchen, zuzuhören. Sie können da etwas lernen, Frau Rauch-Kallat! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es sind die falschen Maßnahmen, die Sie setzen. Es sind die hausgemachten Faktoren – Dr. Gusenbauer hat Ihnen das ja klar vor Augen geführt –, die dazu führen, dass Österreich im europäischen Vergleich sehr schlecht dasteht.

Herr Bundesminister Bartenstein! 1999, unter sozialdemokratischer Regierung, ist in einem Bericht der Europäischen Union die Arbeitsmarktpolitik Österreichs ausdrücklich gelobt worden. Heute sind wir Schlusslicht in der Europäischen Union, und das haben Sie auch zu verantworten. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wo sind wir Schlusslicht?) Das kann ich Ihnen sagen, Herr Bundesminister, wo wir Schlusslicht sind: Wir sind, was das Wirtschaftswachstum betrifft, mittlerweile an vorletzter Stelle innerhalb der Europäischen Union. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja kein Schlusslicht!) Wir sind, was die Einkommenszuwächse der Menschen betrifft, an letzter Stelle in der Europäischen Union, und das können Sie nicht weg- und auch nicht schönreden, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nürnberger: Lohnpolitik!)

Aber das ist Ihr zynischer und Ihr arroganter Umgang mit Sozialpolitik und mit der Arbeitsmarktpolitik in diesem Land. Diese Regierung kürzt die Pensionen, gilt nicht einmal die Inflationsrate ab, spricht dann auch noch zynisch davon, dass die Pensionisten früher mehr bekommen haben, und sorgt dafür, dass es für viele in diesem Land härter geworden ist. Diese Regierung hat keine soziale Verantwortung, und ich bin daher froh, dass es in Österreich ein unabhängiges Volksbegehren (ironische Heiterkeit bei Bundesminister Dr. Bartenstein und bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen) für den Sozialstaat geben wird, weil durch Ihre Politik der Sozialstaat gefährdet ist. (Bundesminister Dr. Bartenstein: "Unabhängig"!?)

Viele engagieren sich bei diesem Sozialstaat-Volksbegehren, weil es um die Sicherung der sozialen Qualität in Österreich geht. Dieses Volksbegehren wird vom 3. bis 10. April stattfinden, und möglichst viele Menschen sollten davon Gebrauch machen, um dieser unsozialen Politik, die Sie betreiben, eine Absage zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schultes. – Bitte. (Abg. Ing. Schultes begibt sich zum Rednerpult und stellt dort gleichfalls die schon wiederholt von ÖVP-Abgeordneten gezeigte Tafel mit der Aufschrift: "Vernünftig Verlässlich Verantwortungsvoll – Verantwortung für Österreich – ÖVP" auf. – Abg. Dr. Cap: Das zynische Foto vom Schüssel fehlt! Wo ist das zynische Foto vom Schüssel?)

12.43

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Geschätzte Damen und Herren von der Opposition! Wir haben gerade erlebt, wie Frau Bures sagte: "unvernünftig", "unverlässlich", "verantwortungslos", "irgendein Fetisch Nulldefizit". – Herrschaften,


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wenn euch dazu nicht mehr einfällt, dann verstehe ich, dass ihr ein Problem damit habt, den Gang der Welt zu verstehen. Es wird wirklich schwer sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir reden heute über Gesetze zur Konjunkturbelebung, Gesetze, die notwendig und richtig sind, aber wir brauchen uns nichts vorzumachen: Wir werden die Konjunktur nicht erfinden. Die Konjunktur kommt von den Menschen, die wirtschaften, die in diesem Land etwas leisten und daran glauben, dass sie eine Zukunft haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir können das nur unterstützen.

Wenn hier der ehemalige Finanzminister Edlinger davon redet, dass "Scheintote" zu beleben seien, und die Höhe der Steuern beklagt, dann muss ich sagen: Das war heute eine schlechte Vorstellung! Sie haben das Hohe Haus mit einem Bierzelt verwechselt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Nein, das kann nur der Haider!)

Mir ist noch sehr gut in Erinnerung, als Sie gesagt haben: Bevor ich die ÖVP auf das Budget aufpassen lasse, lasse ich lieber meinen Hund auf eine Wurst aufpassen. – Diese Wurst wäre ein Lebensmittelskandal erster Ordnung gewesen, und der Hund wäre heute schon tot! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Auch die FPÖ hat meinen Appell gehört!)

Herr Edlinger! Sie haben vorhin gesagt, es wird kalt in diesem Österreich. – Ich sage Ihnen eines: Wenn Ihnen kalt wird, schauen Sie sich vielleicht die Zahlen an, und wenn Ihnen dann nicht warm wird, ziehen Sie sich ein warmes Leiberl an! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Huber: Sagen Sie das jenen, die arbeitslos geworden sind, nicht uns!)

Meine Damen und Herren! Wir haben in der letzten Zeit viele schlimme Zahlen von Ihnen gehört. In Wirklichkeit ist im letzten Quartal der Privatkonsum um ein Prozent gestiegen. Wir haben erlebt, dass im letzten Quartal der reale Export an Dynamik gewonnen hat und bereits wieder um 5,5 Prozent gestiegen ist. Wir sehen, dass sich in diesem Land etwas rührt. Und wir haben mit diesem Konjunkturpaket das verstärkt ... (Abg. Dr. Cap: Von wem ist die Rede? Wer hat die Rede geschrieben?)  – Herr Dr. Cap, Sie fragen mich, wer die Rede geschrieben hat: Ich schreibe meine Reden selbst, und ich sage das, was da drinnen ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: Genauso hört sich’s auch an!) Sie lassen sich Ihre Reden von jemandem ausdenken. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir reden über ein Konjunkturbelebungsprogramm, und an einigen praktischen Beispielen wird deutlich, wie dieses Programm wirkt. Ganz einfach: Heute hat es geregnet. Die Bauern sind froh darüber. Der Spargel wird wachsen. Wenn Spargel wächst, braucht man Hilfskräfte, Erntehelfer. Wir brauchen Saisonniers.

Verlässlich und sicher: Bei diesem Programm unserer Regierung wissen wir, dass wir diese Arbeitskräfte haben werden, wenn Arbeitsengpässe entstehen. Nicht nur in der Landwirtschaft, nicht nur im Tourismus, sondern dort, wo sie fehlen, wird es sie geben. Das ist wichtig für jenen, der etwas unternimmt und sich etwas traut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Menschen, die etwas unternehmen, müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Unternehmungen im gemeinsamen Interesse erfolgreich sind.

Ein ganz anderes Beispiel: Opel Austria, heute schon mehrfach genannt. Ein gutes neues Produkt wurde entwickelt, ein neues Getriebe. Dieses neue Produkt muss wo gebaut werden. Im europäischen Wettbewerb hat man sich entschieden, dieses Getriebe in Österreich zu bauen. Warum? – Weil wir sehr gute Mitarbeiter haben, Menschen, die etwas gelernt haben, die motiviert sind, die flexibel sind, und das alles ist in den Investitionsentscheidungen öffentlich nachzulesen. Lesen Sie das, und Sie werden sehen, wie unser Standort eingeschätzt wird!

Ich sage Ihnen noch etwas: Für mich ist es sehr wichtig, dass das Rundherum stimmt. Es geht hier um Ausbildung, um Forschung, um Infrastruktur. Dieser Betrieb beschäftigt 50 Prozent Wiener, aber auch 40 Prozent Niederösterreicher, die sehr weit pendeln. Wir haben sogar 3 Prozent Steirer in diesem Betrieb. Da kommt es darauf an, dass alles funktioniert, dass die Verkehrsver


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bindungen funktionieren, dass Lehrstellen da sind, damit sich ein Betrieb in dieser Qualität halten und entwickeln kann.

Ich möchte Sie dringend bitten: Unterstützen Sie diese Regierung, denn wir haben ein geordnetes Verhältnis zum Budget. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir kennen unsere Aufgabe. Wir wissen Leistung zu schätzen. Wir wissen, dass der Fleiß in diesem Land Zukunft hat, und wir wissen, dass unsere flexiblen österreichischen Mitarbeiter in dem Rahmen, den diese Regierung schafft, erfolgreich sein werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich ist ein guter Investitionsstandort. Wir wollen das Wirtschaftswachstum fördern – Sie wollen die Schuldenpolitik konservieren. Denken Sie einmal darüber nach, was wirklich in diesem Land notwendig ist! Hören Sie endlich auf mit dieser Chaos-Opposition! Sie sind nämlich nicht in Opposition zu uns, Sie sind in Opposition zur nächsten Generation. Sie sollten mithelfen, dass diese Schuldenpolitik endgültig vorbei ist und unser Land trotzdem gut weiterwachsen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap ahmt in Richtung des Redners wiederholt das Binden einer Krawatte nach.)

Stimmen Sie unserer Politik zu – und hören Sie auf mit diesen Faxen, Herr Dr. Cap! Das sieht man im Fernsehen nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte. (Abg. Brosz begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Taferl mit der Aufschrift: "Sozialstaat statt Abfangjäger – Die Grünen" auf. – Abg. Dr. Cap: Endlich ein g’scheites Taferl!)

12.49

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Finanzminister Grasser tendiert immer dazu, den Saal zu verlassen, wenn das Fernsehen weg ist; diesmal ging er schon früher. Schade, denn man kann ihm nun nicht antworten.

Der Finanzminister hat über die Budgets der OECD-Länder sowie über die österreichischen Bildungsausgaben und in diesem Zusammenhang über Konjunkturbelebung gesprochen. Er hätte grundsätzlich damit Recht, dass da ein ziemlich enger Zusammenhang besteht. Schauen wir uns die Zahlen einmal genauer an, die in Österreich in den letzten Jahren, vor allem nach dem Amtsantritt dieser Bundesregierung, zutage getreten sind: 300 Millionen Schilling macht dieser Bildungsfreibetrag, diese Bildungsprämie aus, die heute beschlossen werden soll. Kollege Kogler hat es bereits angesprochen: Wir werden dem zustimmen, denn das ist ein positiver Schritt. – 300 Millionen Schilling! Ich bleibe noch in Schilling, denn das ist für einen Vergleich wahrscheinlich besser.

Wenn man sich anschaut, wie viel allein unter dieser Bundesregierung im Bildungsbudget eingespart worden ist – man kann sich das relativ leicht ausrechnen –: Hätten wir den Status quo seit Beginn erhalten, hätten wir 10 Milliarden Schilling mehr Budget gebraucht. Die 300 Millionen, die heute beschlossen werden, sind zwar löblich, machen aber ungefähr 3 Prozent dessen aus, was bislang eingespart wurde.

Die Einsparung beträgt de facto jetzt nur mehr 97 Prozent. Ein kleiner Schritt, aber in Summe nach wie vor eine katastrophale Politik im Bereich der Bildungspolitik in Österreich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Zahlen zum OECD-Bericht: Ich hätte Minister Grasser gerne eine Wette angeboten, aber er ist nicht mehr da; vielleicht können wir das dann überprüfen, wenn wir die Zahlen des Jahres 2002 haben. – Der letzte Bericht der OECD weist die Zahlen von 1998 auf – weiter sind sie noch nicht –, da lag Österreich nicht an erster Stelle – macht nichts –, es war nur die sechste Stelle, aber immerhin noch relativ gut, und das war vor den großen, einschneidenden Maßnahmen im Bildungsbereich, vor den Kürzungen. Ich würde behaupten – und diese Wette wollte ich anbieten, auch zum leeren Platz des Herrn Finanzministers hin –, dass Österreich mittlerweile


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im Bildungsbereich unter den OECD-Schnitt gerutscht ist und wir bei den Zahlen 2002 den OECD-Schnitt nicht mehr erreichen werden. – Das ist das, was an Bildungspolitik geschieht, und wenn man von Konjunkturpolitik spricht – und das haben Sie von den Regierungsparteien und Ihre Minister immer wieder getan: auf die Bedeutung der Bildung hingewiesen –, dann sollte man das zur Kenntnis nehmen. Hier gibt es ein massives Sparprogramm, und das hat mit Konjunkturbelebung rein gar nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

Wie schaut es in den einzelnen Bereichen aus, auf den Universitäten: Konjunkturbelebung? Ist das Ihr Ernst, dass die Studiengebühren eine Konjunkturbelebung waren? – Faktum ist, dass in Österreich zwei Drittel der Studierenden arbeiten müssen, um sich das Studium leisten zu können. Zwei Drittel; mit den Studiengebühren werden es noch mehr werden. (Abg. Dr. Brinek: Einige wollen gar nicht studieren!)

Kollegin Brinek! Sie wissen ganz genau, dass die Akademikerrate in Österreich im OECD-Schnitt im untersten Bereich liegt, dass wir bei den Studierenden-Zahlen unten liegen. – Konjunkturmaßnahmen würden heißen: Ausbildung stärken, in bessere Ausbildung investieren, um höhere Bildungsstandards zu erreichen. Was Sie machen, ist leider auch hier genau das Gegenteil. Im Bildungsbereich – und das wurde mehrmals angesprochen – haben wir wirklich einen massiven Aufholbedarf und zurzeit ein Defizit.

Da können Sie auch noch einmal in den Bericht hineinschauen, um zu sehen, wo die Probleme liegen: Die Probleme liegen unter anderem darin, dass im österreichischen Bildungssystem die sozialen Differenzen extrem durchschlagen und in kaum einem anderen Land so große Unterschiede zwischen bildungsfernen und hochgebildeten Schichten bestehen. Die Kinder von Eltern ... (Abg. Dr. Brinek spricht mit Abgeordneten der Grünen.)  – Frau Kollegin Brinek, ich sage es Ihnen ja gerade. Würden Sie mir zuhören, bräuchten meine Kollegen Sie nicht aufzuklären. Sie erfahren es hier.

Die Kinder von Eltern aus bildungsfernen Schichten haben in Österreich ein massives Defizit – ein massives Defizit! Und wenn Sie von Konjunkturbelebung sprechen, wenn Sie davon reden, für den Arbeitsmarkt etwas zu tun, dann müssen Sie dort investieren, in einen Bereich investieren, in dem wirklich Nachholbedarf da ist, wo es darum geht, auch jenen Kindern die Chance zu geben, eine höhere Bildung zu erreichen, die sozial nicht gut ausgestattet sind.

Der zweite Bereich, in dem wir einen extremen Nachholbedarf haben, ist der Migrationsbereich. Damit sind wir wieder im Bereich der Konjunkturbelebung. Integrationspaket, Kollege Westenthaler, ich würde Ihnen empfehlen – ich würde Sie gerne dazu auffordern –: Schauen Sie sich an, wie Österreich in der PISA-Studie im Migrationsbereich abschneidet, nämlich extremst unterdurchschnittlich. Bei zehn Vergleichsländern sind die Leistungen der österreichischen Migranten im Vergleich zu den einheimischen Schülern die schlechtesten, in Österreich die schlechtesten! (Abg. Ing. Westenthaler: Auf welchen Zeitraum?) Es ging dabei um 15-Jährige, als die PISA-Studie gemacht wurde.

Wenn Sie da fördern, dann müssen Sie in die Schulen investieren, müssen Sie Fremdsprachen unterrichten, müssen Sie muttersprachlichen Unterricht zulassen, um ihnen überhaupt die Chance zu geben, den Unterricht nachzuvollziehen. – Was hier geschieht, ist ein massiver Abbau – also genau das Gegenteil davon!

Migranten müssen auch eine bessere Ausbildung haben. Wenn Sie von Konjunkturbelebung reden, dann muss hier investiert werden, muss diese Schicht gestärkt werden und nicht mit Abschiebung bedroht werden. Das ist der falsche Weg! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das geben wir ihnen jetzt! Mit den Deutsch-Kursen bekommen sie das!)

Und weil da steht "Sozialstaat statt Abfangjäger": Das Volksbegehren naht. Sie wollen eine Investition in einer Größenordnung von mindestens 30 Milliarden Schilling – bezüglich der Folgekosten gibt es da unterschiedliche Berechnungen – für Abfangjäger tätigen. Das ist ein Betrag, der, in das Bildungssystem investiert, massive Vorteile bringen könnte. – Ich würde Sie ersuchen: Verzichten Sie auf eine neue Generation fliegenden Sondermülls und investieren Sie


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dort, wo es notwendig ist, nämlich in die Zukunft, und die ist im Bildungsbereich, im Sozialbereich – und nicht im Bereich der Abfangjäger! (Beifall bei den Grünen.)

12.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

12.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Bundesregierung hat im Januar ein Maßnahmenpaket beschlossen, das heute umgesetzt werden soll beziehungsweise umgesetzt wird – ein Paket zur Ankurbelung der Wirtschaft, zur Konjunkturbelebung, zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und, wie ich meine, auch zur Sicherung der Arbeitsplätze, ein Paket, das steuerliche Begünstigungen ausweist, wie den Forschungsfreibetrag, der zwar bei 25 Prozent bleibt, aber für einen zusätzlichen, erweiterten Bereich werden 10 Prozent Forschungsfreibetrag eingeräumt; einen Bildungsfreibetrag, der angehoben wird – und zwar zeitlich unbegrenzt – von 9 auf immerhin 20 Prozent, sowie eine vorzeitige Abschreibung für das Jahr 2002, die um 7 Prozent erhöht wird.

Die Arbeitsvermittlung wird neu geregelt, Barrieren für eine private Arbeitsvermittlung werden abgebaut. Das heißt, eine gleichzeitige Arbeitskräfteüberlassung und Arbeitskräftevermittlung wird möglich. Die Sozialisten haben damit keine Freude, aber Wettbewerb, meine Damen und Herren, hat noch nie geschadet. Das wird belebend wirken und keine Schwächung des AMS bedeuten. Es geht uns, es geht der Regierung darum, dass Arbeitslose nicht verwaltet werden sollen, sondern aktiv in den Arbeitsprozess integriert werden sollen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kritik der Sozialisten, die Regierung habe sich von der Wirtschafts- und Wachstumspolitik verabschiedet, ist ganz einfach mit Zahlen, mit Vergleichen, mit internationalen Vergleichen zu widerlegen. Für dieses Jahr sind 1,2 Prozent Wachstum prognostiziert, und auch für das nächste Jahr liegen entsprechende Zahlen vor.

Die Bundesregierung wird sicherlich nicht die Fehlentwicklung der Vergangenheit zu ihrem politischen Schwerpunkt machen, wie Sie, sehr geehrte Damen und Herren, es getan haben. In Opposition befindlich weiß die Sozialdemokratie plötzlich, wie was geht, und sie hat neue Konzepte. Vergleicht man diese neuen Konzepte aber, dann stellt man fest: So neu sind sie denn doch nicht. Ein Vergleich etwa mit Ihrer ehemals geübten politischen Praxis zeigt: Alles schon einmal da gewesen. Ihr Rezept heißt, Schulden machen zur Konjunkturbelebung. – Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist nicht die Politik, die diese Regierung, die diese Regierungskoalition will und die diese Regierungskoalition umsetzt.

Die Grünen fahren da ein bisschen als Trittbrettfahrer bei diesem roten Geisterzug mit – nach dem Prinzip, prinzipiell in die Gegenrichtung zu fahren.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, Sie müssen nicht die Vergangenheit heranziehen, um die sozialistische Politik zu beleuchten, Sie können dies auch anhand der Gegenwart tun: Sie können es in Wien, im "roten Wien", sehen, wie die Belastung der Bürger erfolgt, und den "Erfolg" der rot-grünen Koalition in unserem Nachbarland, in der Bundesrepublik Deutschland, können Sie ebenfalls – wie ich meine, sehr gut – verfolgen: ein steigender Schuldenberg, eine steigende Arbeitslosigkeit.

Und die APA meldet heute: "Kein Ende der Pleite-Welle" – "ein Nachkriegs-Rekord", sehr geehrte Damen und Herren, in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Nachkriegs-Rekord im Jahr 2001, nämlich was Firmen-Pleiten anlangt: 2001 sind 32 300 Firmen in die Insolvenz gegangen. 2002 wird eine Steigerung – Sie können es nachlesen: eine Steigerung! – erwartet, sodass die Zahl von 35 000 Firmen-Pleiten überschritten werden wird.

Damit sind Arbeitsplätze verbunden. Es sind im letzten Jahr mehr als 200 000 Arbeitsplätze durch diese Insolvenzen verloren gegangen – ich halte das, sehr geehrte Damen und Herren,


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für unsozial –, und es ist heuer mit einer weiteren Steigerung zu rechnen. – Wenn man der Phantasie von Rot und Grün freien Lauf lässt, dann ist das sehr, sehr gefährlich.

Wenn am Edlinger-Flügel gespielt wird – Herr Minister a. D. Edlinger hat, wie Herr Bundesminister Bartenstein gesagt hat, das Klavier der Panikmache gespielt, das im Übrigen sehr schlecht gestimmt war und einige Misstöne von sich gegeben hat –, dann ist das nicht die Politik, die wir wollen.

Ich stehe nicht an, den konstruktiven Vorschlag der Sozialdemokraten, die Investitionen im Bereich der Infrastruktur zu erhöhen, aufzugreifen. Dieser Vorschlag, der heute hier eingebracht wurde, ist sicher ernst zu nehmen, allerdings kommt er recht spät, denn es haben die Investitionen im Bereich der Infrastruktur unter dieser Bundesregierung bereits eine Erhöhung von 40 Prozent erfahren – im Vergleich zu jenen in der Zeit der von den Sozialdemokraten geführten Bundesregierung. Das sind, in Zahlen ausgedrückt, 2,8 Milliarden €. Dass davon eine positive Beschäftigungspolitik ausgeht, dessen können Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, sicher sein. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Ich halte fest, dass diese Bundesregierung solide arbeitet, dass sie einschätzbare Politik macht, dass sie das Vertrauen der österreichischen Staatsbürger, das Vertrauen der österreichischen Betriebe und das Vertrauen der Wirtschaft hat. Es freut mich, obschon die Gefühle bei den Oppositionsparteien schmerzvolle sein mögen, diese Regierungskoalition von FPÖ und ÖVP auf diesem Weg bestmöglich unterstützen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

13.02

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Beim Zuhören wurde ich den Eindruck nicht los, dass man sich auf Regierungsseite da etwas einredet: Minister Grasser sagte, wir hätten in Österreich hervorragende wirtschaftliche Rahmenbedingungen, und führte als Beispiel General Motors an, das Aufträge bekäme, und warf sich in die Brust. Er muss sich aber auch gefallen lassen, dass man ihm das Gegenteil beweist.

Herr Minister Bartenstein! Ich hoffe, dass das, was ich vor einer Stunde gehört habe, nicht stimmt, nämlich dass das Philips-Werk in der Steiermark zusperrt. Davon sind 700 Arbeitsplätze betroffen! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das stimmt!) Es stimmt also. Dann muss man aber eines sagen: Das ist nicht Panikmache unsererseits, sondern wir machen uns Sorgen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie verkünden laut, was alles an positiven Dingen Sie gemacht hätten, während in der Steiermark ein Betrieb mit 700 Arbeitsplätzen zusperrt. Noch dazu sagen Sie: "Das stimmt." Hier aber wird dieser Umstand mit keinem Wort erwähnt, sondern Sie schimpfen, wenn wir uns erlauben, Ihre Politik zu kritisieren.

Frau Kollegin Haller stellte sich her und meinte, die von uns angeführten Zahlen seien Halbwahrheiten. Ich lade Sie ein, Frau Abgeordnete, sich einmal anzuschauen, was sich hinter 3,1 Millionen Beschäftigten verbirgt! Die statistische Zahl – das wissen Sie genauso wie ich – stimmt schon. Nur: Wie viele Teilzeitbeschäftigte sind darin enthalten? (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten ist extrem gestiegen, meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit! Sie reden nur von statistischen Zahlen, aber nicht von dem, was dahinter steht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Meine Damen und Herren! Sie sagen, wir betrieben Panikmache. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich will mit Ihnen nicht über die Definition des Wortes "Rezession" diskutieren. Ich will gar nicht das Wort "Rezession" – Kollege Gusenbauer hat es verwendet, als er das Wifo zitierte – strapazieren. Ich habe mir in Ruhe die Indikatoren der Entwicklung des Jahres 2001 angeschaut. Diese sprechen Bände. Da brauche ich gar nicht zu urteilen, ob das eine Rezes


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sion ist, ob das eine Entwicklung auf einem höheren oder auf einem niedrigen Niveau ist. Faktum ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung zurückgegangen ist.

Ich nenne Ihnen ein paar Indikatoren, in denen die Wachstumsraten angeführt sind: Rückgang der privaten Konsumausgaben von 2,7 im Jahr 2001 auf 1,4; Rückgang bei dauerhaften Dienstgütern von 9,4 auf minus 1,5; Rückgang bei Bruttoanlageninvestitionen auf minus 0,5. Da könnte ich jetzt noch viele andere mehr zitieren, und das sind nicht von uns erfundene Ziffern, sondern sie stammen von der Statistik Austria.

Sagen Sie doch nicht, wir betrieben Panikmache, wo doch angesichts dieser Indikatoren bei Ihnen die Alarmglocken läuten müssten!

Meine Damen und Herren von der Koalition! Tun Sie doch endlich etwas dagegen! Was aber tun Sie? – Sie sagen immer nur, wir würden Panikmache betreiben. Im Herbst kommen Sie dann drauf, dass wir Recht haben. Auch die EU-Kommission sagt mittlerweile, es müsse Konjunkturpolitik gemacht werden. – Also tun Sie doch etwas!

Herr Minister! Im Ausschuss habe ich ersucht, mir ein einziges Beispiel dafür, dass das so genannte Konjunkturbelebungsprogramm eine konjunkturelle Stütze ist, zu nennen. Kein einziges Beispiel ist gebracht worden! Sie, Herr Minister, haben zur Kritik der Kollegin Kubitschek wenigstens gesagt: Jawohl, zum Teil haben Sie schon Recht! Das rechne ich Ihnen hoch an, Herr Minister.

Meine Damen und Herren! Den Artikeln 1, 2 und 3 der Regierungsvorlage stimmen wir zu, aber nicht deshalb, weil wir glauben, dass das konjunkturpolitisch wichtig ist, sondern deswegen, weil wir der Meinung sind, dass das strukturpolitisch und standortpolitisch richtig ist. Deswegen stimmen wir zu! Wir stimmen nicht deshalb zu, weil es kurzfristig eine konjunkturpolitische Belebungsmaßnahme ist. Nichts, null ist dabei, was konjunkturpolitisch belebend wäre. Das ist unsere Kritik, darum geht es uns, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zur Frage: Was sind Halbwahrheiten und was sind Unwahrheiten? – Da Sie uns nicht glauben und unsere Kritik und unsere Einschätzung nicht ernst nehmen, lassen Sie mich ein Zitat bringen; ich würde ja solche Worte nicht in den Mund nehmen, aber in den Zeitungen kann man sie lesen.

Herr Minister Bartenstein! Sie propagieren die Forschungspolitik. Was sagt ein Betroffener dazu? Was sagt der zuständige Präsident des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung? – Er sagte, diese Entwicklung sei für ihn eine "herbe Enttäuschung".

In dieser APA-Aussendung heißt es: "Erstmals seit 13 Jahren ist das Budget des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gesunken."

Präsident Schmidt meint dazu: "Es ist das falsche Signal, dass bei der Grundlagenforschung gespart wird."

Weiters heißt es in dieser APA-Aussendung: "Angesichts dieser Entwicklung spricht Schmidt" – ein Betroffener, nicht wir, aber wenn wir es zitieren, sagen Sie, wir betrieben Panikmache, meine Damen und Herren! – "in diesem Zusammenhang mit der Absicht der Bundesregierung, die Forschungsquote von derzeit 1,8 auf 2,5 Prozent zu heben, von einem ‚Ziel, das nach menschlichem Ermessen nicht erreichbar ist.’"

Sehen Sie, das sagen die Betroffenen! Auf die hören Sie jedoch nicht. Und wenn wir es sagen, dann sagen Sie, wir betrieben Panikmache. Wir bringen nur ans Licht, an die Öffentlichkeit, was Sie sich weigern, zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist der Grund, meine Damen und Herren, warum ich aus Überzeugung sage: Da unterstütze ich das Sozialstaat-Volksbegehren!, denn damit kann man Signale aussenden, dass in diesem Land wirklich den Sorgen der betroffenen Bevölkerung Rechnung getragen wird. Ich


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unterstütze das sehr, sehr gerne. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) Sie verstehen davon nichts, daher rede ich mit Ihnen gar nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

13.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. – Bitte.

13.07

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich würde mir wünschen, dass der gerade hinausgehende Herr Gusenbauer Herrn Edlinger ausrichtet, dass auch ich der Meinung bin, dass die ehemaligen roten Finanzminister für die Schulden der Vergangenheit verantwortlich waren.

Gerade in konjunkturell guten Zeiten wurden Schulden gemacht, und das einzige Rezept von Herrn Edlinger ist jetzt, dass auch in konjunkturell schlechteren Zeiten Schulden gemacht werden. (Abg. Parnigoni: Sagen Sie das dem ehemaligen Staatssekretär Stummvoll!)

Meine Damen und Herren! Dieses angebliche Erfolgsrezept ist ein verantwortungsloses. Es ist verantwortungslos in Bezug auf die Zukunft unseres Landes und in Bezug auf die jungen Leute in unserem Land. (Abg. Parnigoni: Stummvoll heißt der Mann, dem Sie das sagen sollten! Das war Ihr Staatssekretär im Finanzministerium!)

Meine Damen und Herren! Diese Regierung hat anders gehandelt: Sie hat sofort begonnen – auch in konjunkturell guten Zeiten –, dieses Budget zu konsolidieren, und damit hat sie mit dem Steuergeld sparsam gewirtschaftet und keine neuen Schulden mehr gemacht.

Heute, da die konjunkturelle Lage schlechter wird, stellen wir ein Konjunkturpaket vor, das maßvolle und intelligente Maßnahmen und Förderungen vorsieht, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu beleben.

Meine Damen und Herren! Ich gebe zu bedenken, dass erstmals auch an Unternehmen gedacht wird, denen es schlechter geht, und nicht nur, wie in der Vergangenheit, an jene Unternehmen, die Gewinne machen.

Auch Unternehmen, denen es schlechter geht, Herr Ex-Finanzminister Edlinger, sind nicht scheintot, wie Sie es sagen, sondern diese Unternehmen müssen sich ganz besonders anstrengen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Diese Unternehmen bekommen nach dem heute vorgestellten Konjunkturpaket eine Forschungsprämie in der Höhe von 3 Prozent oder eine Bildungsprämie in der Höhe von 6 Prozent.

Meine Damen und Herren! Mit diesen Maßnahmen werden erstmals Investitionen in Menschen gefördert und nicht nur, wie in der Vergangenheit, Investitionen in Maschinen, zumal es, wie wir wissen, in ganz Europa Produktionsüberkapazitäten gibt.

Nun auch ein Wort zum roten Wien. In Wien ist, wie wir heute schon des Öfteren gehört haben, die Konjunkturentwicklung wesentlich schlechter und die Arbeitslosenquote wesentlich höher als im übrigen Österreich. Ich glaube, dass es kein Zufall ist, dass sich die Firma Baxter nicht in Wien ansiedelt, obwohl es daselbst bereits zahlreiche Baxter-Standorte gibt, sondern in Krems und dort 300 Arbeitsplätze schafft. (Abg. Parnigoni: Haben Sie etwas dagegen, dass der Betrieb in Krems angesiedelt wird?)

Ich sage Ihnen auch gleich, worum es in Wien geht: hohe Wasser- und Abwassergebühren; überhöhte KWK-Abgaben belasten die Wiener Unternehmen; weitere Gebührenerhöhungen sind in Wien geplant. Ich meine, dass das, was die rote Alleinregierung in Wien damit zeigt, wirklich alles andere als Wirtschaftsbelebung ist. (Abg. Parnigoni: Sie wollen nur überdecken, dass Sie keinen Parteiobmann in Wien haben!) Leider, kann ich da nur sagen, denn dann wären die Maßnahmen nicht so ausgefallen und dann würden in Zukunft wahrscheinlich nicht so viele Wiener Unternehmen diesen Standort verlassen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Stenographisches Protokoll
97. Sitzung / Seite 88

Meine Damen und Herren! Wir setzen Maßnahmen zur Schwarzarbeiterbekämpfung. Das Kontrollpersonal wird verdreifacht, und es geht nur so, dass die "schwarzen Schafe" in der Wirtschaft dadurch bekämpft werden, indem die Betriebe kontrolliert werden.

In diesem Zusammenhang bringe ich gemäß § 53 Abs. 4 GOG folgenden Antrag ein, den ich hiemit kurz erläutern darf.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Mag. Martina Pecher, Kolleginnen und Kollegen zum Konjunkturbelebungsgesetz 2002

Im Art. 5 Z 4 lautet § 26 Abs. 2:

"(2) Die im Abs. 1 genannten Behörden und Zollorgane sowie die Organe der Träger der Krankenversicherung sind zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist."

*****

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen eines: Wir wollen keine Schwarzarbeiter in Unternehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

13.1


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Stenographisches Protokoll
97. Sitzung / Seite 89

1

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag ausreichend unterstützt ist, in ausreichendem sachlichem Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und damit auch mit zur Debatte beziehungsweise in weiterer Folge zur Abstimmung steht.

Der Antrag wird im Übrigen dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Mag. Martina Pecher, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses (1039 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (977 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Bundessozialämtergesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2002)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (977 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Bundessozialämtergesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2002), in der Fassung des Ausschußberichtes (1039 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Im Art. 5 Z 4 lautet § 26 Abs. 2:

"(2) Die im Abs. 1 genannten Behörden und Zollorgane sowie die Organe der Träger der Krankenversicherung sind zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist."

2. Art. 5 Z 7 lautet:

"7. Im § 27 Abs. 1 erster Satz wird der Ausdruck "Arbeitsinspektorate" durch den Ausdruck "Zollbehörden" ersetzt; der Klammerausdruck im Abs. 1 zweiter Satz entfällt und die Wortfolge "den Arbeitsinspektoraten" wird durch die Wortfolge "der zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach diesem Bundesgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen" ersetzt; im Abs. 5 wird die Wortfolge "oder das zuständige Arbeitsinspektorat" durch die Wortfolge "und die zuständige Zollbehörde" ersetzt."

3. Art. 5 Z 9 lautet:

"9. Im § 27a Abs. 1 erster Satz wird die Wortfolge "der Arbeitsinspektion" durch die Wortfolge "der zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach diesem Bundesgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen" und die Wortfolge "die Arbeitsinspektion" durch die Wortfolge "die zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach diesem Bundesgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen" ersetzt; im Abs. 2 wird die Wortfolge "Die Arbeitsinspektion" durch die Wortfolge "Die zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach diesem Bundesgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen" ersetzt."

4.Art. 5 Z 15 lautet:

"15. Dem § 34 wird folgender Abs. 22 angefügt:

‚(22) Die §§ 3 Abs. 5, 14c, 26 Abs. 1 bis 4a, 27 Abs. 1, 2, 4 und 5 samt Überschrift, 27a, 28 Abs.1, 28a Abs. 1 bis 4, 28b Abs. 1, 3 und 4, 30 Abs.1, 30a, 32 Abs. 4 und 5, sowie § 35 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2002 treten mit 1. Juli 2002 in Kraft.‘ "

5. Im Art. 8 Z 10 entfällt im § 23 Abs. 7 der Ausdruck "10,".

6. Im Art. 10 Z 9 lautet § 79 Abs. 67:

"(67) Die §§ 1 Abs. 2, 15 Abs. 8, 22, 26, 26a und 36 Abs. 8 in der Fassung des Konjunkturbelebungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. xxxx, treten mit 1. Juli 2002 in Kraft."

Begründung:

Zu Z 1 bis 4 (Ausländerbeschäftigungsgesetz):

Hierbei handelt es sich lediglich um die Beseitigung von Redaktionsversehen. Inhaltlich werden keine Veränderungen vorgenommen.

Zu Z 5 (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz):

Durch Abänderungsantrag im Wirtschaftsausschuss (mit Z V) ist die in der Regierungsvorlage noch vorgesehene Änderung des § 10 entfallen. Die In-Kraft-Tretens-Bestimmung soll daher entsprechend angepasst werden.


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Zu Z 6 (Arbeitslosenversicherungsgesetz):

Um eine reibungslose Vollziehung der durch Abänderungsantrag im Wirtschaftsausschuss (mit Z VI) eingefügten Änderungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu ermöglichen, ist die Festsetzung des In-Kraft-Tretens der neuen Regelungen mit 1. Juli 2002 erforderlich. Mit Ablauf des 30. Juni 2002 tritt nämlich entsprechend der Kundmachung BGBl. I Nr. 81/2001 die Aufhebung wesentlicher Teile des geltenden § 22 AlVG (der zu Folge Arbeitslose, die einen Anspruch auf eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters nach dem ASVG haben, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben) auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juni 2001, G 115/00-6 und G 154/01-8, in Kraft. Würde die nunmehr zur Herstellung der Verfassungskonformität und Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vorgesehene Ausnahme von der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung für alle Personen, die das für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer maßgebliche Mindestalter vollendet haben, ab dem Beginn des folgenden Kalendermonates mangels ausdrücklicher Anordnung des In-Kraft-Tretens am Tag nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten, wäre die Vollziehung jedenfalls dann mit unüberwindlichen Schwierigkeiten verbunden, wenn der sich demnach ergebende Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens nicht auf einen Monatsersten fällt.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte. (Abg. Dr. Grünewald begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein Taferl, versehen mit dem Logo der Grünen, mit der Aufschrift "Sozialstaat statt Abfangjäger" auf. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Kommt diese Tafel schon wieder? – Abg. Dr. Grünewald: Immer wieder! – Bundesminister Dr. Bartenstein: Uns bleibt doch nichts erspart!)

13.11

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister, dem ich nichts ersparen will! Hohes Haus! Schade, dass Klubobmann Khol nicht in seiner Bank sitzt, ich wollte mich nämlich für sein Taferl bedanken. Was steht da drauf? – Da steht darauf "Verantwortung für Österreich" auf großem grünen Hintergrund, "rot-weiß-rot" am oberen Rand, und im rechten oberen Eck steht ganz klein und schwarz "ÖVP".

So kann man darüber reden, und ich möchte darüber reden, ob Sie die Verantwortung auch aufgreifen oder ob diese nicht besser andere tragen sollten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. – Wie klein ist wirklich Ihre Verantwortung? Frau Kollegin Fekter, halten wir fest: Ich weiß aus dem Bereiche der Medizin, dass Weihrauch belebt, aber Selbstbeweihräucherung belebt sicher nicht die Konjunktur. (Beifall bei den Grünen.)

Bei diesem ewigen Gefasel, das man hört – Weltklasse, Europaklasse, Meilensteine, Quantensprünge, auch wenn diese in der Physik relativ klein sind –, könnte man glauben, dass die ganze Bundesregierung einzig und allein aus einem Sportministerium besteht und dass man auch dort vielleicht doch zu lange oder zu heftig nur Kopfball gespielt hätte.

Meine Damen und Herren! Einig sind wir uns in einem Punkt – Sie sagen es, und wir sagen es –: Was ist die Zukunft Österreichs? Was ist die Zukunft einer kleinen Nation, die nicht über Diamantminen und große Rohstofflager verfügt, die kein großer Erdölproduzent ist? – Die Zukunft Österreichs ist Köpfchen, und man hat hier immer wieder betont, die Regierung möchte doch und will doch und sie täte es auch, nämlich in die Jugend investieren, in die Bildung investieren und in die Forschung investieren.

Faktum ist aber – und Sie können Zahlenjongleure herausschicken, so viele Sie wollen –: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die Quoten für Bildung und Forschung gesunken, zwar nicht in absoluten Zahlen, aber gemessen am Wohlstand in Österreich sehr wohl. Das heißt: Was brauchen wir? – Wir brauchen eine Konjunktur der Ideen, doch diese gehen mir bei Ihnen eigentlich ab. In fünf Minuten werde ich Ihnen leider auch nicht alle unsere Ideen ausbreiten können. (Abg. Dr. Brinek: Einige!)  – Einige, ja. Sie haben mit mir auf der Universität für Boden


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kultur diskutiert, und wer ist ausgebuht worden? – Nicht ich. Ich habe dort Applaus bekommen. Machen wir das öfter, Frau Brinek. Ich würde mich freuen. Das ist die beste Werbung, die wir haben können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Es kommt darauf an, wer einlädt! Wenn ich meine Fangemeinde einlade, dann bekomme ich auch einen Applaus!)

Was mir bei Frau Kollegin Fekter gefallen hat, das ist, dass sie auch zu der Erkenntnis kommt, dass Maschinen nicht forschen können. Damit komme ich zum Thema Sozialstaat.

Ich frage mich: Wie ist der Umgang mit der Jugend, wie ist der Umgang mit Studierenden und mit Forscherinnen und Forschern? Da sollten Sie – das würde ich mir wünschen, Frau Kollegin Fekter – mit uns etwas mehr an einem Strang ziehen, denn es wird in Maschinen investiert. Man glaubt, dass dann, wenn man an einigen Strukturen dreht, plötzlich die Ideen und die Qualitäten sprühen. Das ist jedoch nicht der Fall.

Sie verkaufen die 500 Millionen € für Technologieförderung schon zum sechsten oder siebten Mal, aber es bleiben 500 Millionen €, und ich sage Ihnen: Ich war an mehreren Universitäten, und die haben heftig protestiert. Forscher und Forscherinnen an der Veterinärmedizin Wien, in Leoben, Innsbruck und an anderen Standorten sagen, die Fördergelder werden nicht ausgeschüttet. Sie sagen, sie haben Projekte eingereicht und sind in internationalen Kooperationen verbunden, bekommen aber das Geld nicht, obwohl ihre Arbeit als hervorragend beurteilt wird. Andere Länder und andere Forschergruppen ziehen ihnen international davon. Und wer reagiert? – Niemand reagiert. Das ist Konjunkturbelebung, aber mit einem negativen Vorzeichen, sage ich Ihnen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben auch vergessen, dass die Entwicklung neuer Schlüsseltechnologien – und wir leben nun einmal nicht mehr vom steirischen Erzberg, wir brauchen daher neue Schlüsseltechnologien – von der Grundlagenforschungsfinanzierung abhängt. Aber der FWF ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. )  – Ja, bitte. Sie können mir immer dazwischenreden, aber es wird dadurch nicht wahrer, und auch die Zuhörer werden nicht verstehen, worum wir uns hier zanken, denn das sind Worte, die wirklich nur meinen Nacken streifen. Ich hätte ganz gerne etwas für den Kopf gehabt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, Zeiträume des Denkens sollten nicht auf Legislaturperioden begrenzt sein. Wir haben nicht die Wirtschaft scheintot geredet, sondern die Wirtschaft redet die Universität, die Forschung und die Bildung teilweise scheintot. Ich sage Ihnen: Obwohl die österreichische Wirtschaft international gesehen sehr wenig für Forschung und Entwicklung beiträgt, liegen wir an 19. Stelle unter 30 OECD-Staaten hinsichtlich der Geldsummen, die die Wirtschaft in Forschung und Entwicklung investiert. Die Forschungsquote, die von der Wirtschaft und Industrie finanziert wird, liegt sage und schreibe 14 Prozent unter dem OECD-Durchschnitt. So sieht es in Wirklichkeit aus!

Meine Damen und Herren! Österreich hat 25 ForscherInnen pro 10 000 Erwerbstätige, Japan hat 95 ForscherInnen pro 10 000 Erwerbstätige, die OECD hat durchschnittlich 47 ForscherInnen pro 10 000 Erwerbstätige. Da könnte – mit Herrn Mitterlehner ließe sich das wahrscheinlich sogar machen, das gestehe ich ihm zu – etwas getan werden, und dazu bin ich auch bereit. Aber davon war ja keine Rede. Sie reden von Konjunkturbelebung, setzen aber Maßnahmen, von denen ich sagen muss: Na ja, die sind schon gut, denen kann man durchaus zustimmen, sie kommen aber zu spät; sie sind ein Tropfen auf dem heißen Stein, und sie werden konterkariert durch die Bildungs- und Universitätspolitik. Nicht umsonst finanziert die Rektorenkonferenz – das ist kein linkes Gremium – um relativ viel Geld Inseratenserien gegen die Forschungs- und Universitätspolitik dieser Regierung. Vielleicht gibt Ihnen das zu denken! Wenn Sie nicht bereit sind, über das von mir Gesagte nachzudenken, schauen Sie in den "Standard", denn da ist das nachzulesen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Vergessen Sie das Taferl nicht! – Abg. Dr. Grünewald nimmt die zu Beginn seiner Rede auf das Rednerpult gestellte Tafel wieder mit.)

13.18


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97. Sitzung / Seite 92

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

13.18

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Heindl ist jetzt nicht im Saal, aber er ist einer jener Abgeordneten, die diesem Haus am längsten angehören, und die Vorschläge, die er hier von sich gegeben hat, hätte er in einer Zeit machen sollen, in der die SPÖ die Hauptverantwortung in diesem Hohen Haus getragen hat und diese Vorschläge auch umsetzen hätte können.

Statistische Zahlen kann man natürlich verschieden interpretieren. So ist es etwa nicht das Gleiche, wenn zwei Personen in ein Wirtshaus gehen und der eine zwei Mahlzeiten isst und der andere zwei Glas Bier trinkt. Statistisch gesehen hat jeder eine Mahlzeit zu sich genommen und ein Glas Bier getrunken. Tatsache ist aber, dass der eine satt ist und der andere seinen Durst gelöscht hat.

Wenn man über die Beschäftigten spricht und sagt: Wir haben Vollbeschäftigung! – das ist eine Tatsache in Österreich –, und wenn hingegen von Seiten der SPÖ und von Seiten der Grünen eingewendet wird, dass unter den Beschäftigten sehr viele Teilzeitbeschäftigte sind, so kann man nur sagen: Diese Teilzeitbeschäftigten sind in Österreich unbedingt notwendig, weil sehr viele Frauen, sehr viele Arbeitnehmer ohne Teilzeitbeschäftigung überhaupt keiner Beschäftigung nachgehen könnten. Sie können eben nur einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, weil sie Aufgaben im Familienbereich wahrzunehmen haben.

Die vorgesehenen Maßnahmen werden von der Opposition kritisiert. Sie sagt, der Gesetzestitel "Konjunkturbelebungsgesetz" sei nicht gerechtfertigt, denn es fände keine Belebung statt. Im Ausschuss hat das aber anders gelautet. Im Ausschuss wurde bejaht, dass Steuererleichterungen zugunsten von Forschung und Bildung gute strukturpolitische Maßnahmen seien. Das hat man anerkannt. Man hat diesen Maßnahmen auch zugestimmt. (Abg. Dr. Heindl: Ich habe ja gesagt: Wir stimmen zu!) – Ja, Herr Kollege Heindl, das ist sehr gut, aber es ist heute hier von Ihrer Seite nicht gesagt worden. Zu den sozialrechtlichen Maßnahmen haben Sie – genauso wie Ihre Kollegen und auch die Grünen – gesagt, dass Sie diese ablehnen.

Zu Ihrer Behauptung, es gebe Verschlechterungen für Leiharbeiter, muss ich sagen: Ich sehe das eigentlich nicht so. Für mich ist das nicht erkennbar, denn diskriminierende Elemente für Arbeitskräfteüberlasser fallen jetzt weg. Für Arbeitsvermittler fällt das Verbot der gleichzeitigen Ausübung von Arbeitsvermittlung und Arbeitskräfteüberlassung weg. Bürokratische Hemmnisse, wie sie früher für private und gemeinnützige Arbeitsvermittler sowie für Interessenvertretungen und kollektivvertragliche Berufsvereinigungen galten, werden jetzt abgebaut.

Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt ist gefragt. Kollege Bauer erinnert mich an dieser Stelle an den Ausschuss, wo er gesagt hat, eine Flexibilität wie in Russland bräuchten wir nicht. – Die brauchen wir wirklich nicht, da gebe ich Ihnen schon Recht, aber wir brauchen Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt, denn sonst werden wir nicht mithalten können.

Bisher konnten die Arbeitnehmer nur über das Arbeitsmarktservice vermittelt werden. Jetzt gibt es auch private Arbeitsvermittler. Diese werden aufgewertet, aber das Arbeitsmarktservice wird dadurch nicht geschwächt, sondern bekommt Konkurrenz. Das Arbeitsmarktservice wird weniger Kosten haben und sich außerdem verstärkt darum kümmern können, dass die 8 000 Saisonniers, die nach Österreich kommen, auch vermittelt und ordentlich zugewiesen werden. Das wird auch genau überprüft, damit nicht neue hereingeholt werden, während andere in Österreich, die diese Arbeit auch verrichten können, arbeitslos sind.

Mit den Änderungen des Fremdengesetzes und des Bundesfinanzgesetzes wurden Maßnahmen und Voraussetzungen für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung geschaffen, was ich für außerordentlich wichtig halte, da die illegale Beschäftigung in Österreich die Interessen des Arbeitsmarktes wie auch der Wirtschaft gefährdet. Diese Interessen werden durch die Maßnahmen, die mit diesen Gesetzesänderungen gesetzt werden, gewahrt. Eine effiziente Bekämpfung


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97. Sitzung / Seite 93

der illegalen Ausländerbeschäftigung ist im Interesse eines fairen Wettbewerbs in Österreich und sorgt für gerechte Entlohnung und für ordnungsgemäße Arbeitsbedingungen.

Durch die Übertragung der Kontrolle auf die Zollbehörden und durch die Erweiterung des Kontrollpersonals um das Doppelte auf 98 Personen gibt es eine größere Kontrolldichte, mehr Kontrolleffizienz und eine verbesserte Aufdeckung der illegalen Beschäftigung.

Nachteile für Arbeitnehmer beziehungsweise Verschlechterungen ihres Standards sind für mich nicht sichtbar, diesbezügliche Behauptungen entbehren jeder Grundlage. Krankjammern kann jeder, aber das brauchen wir eigentlich nicht. Eine Verunsicherungspolitik brauchen wir ebenfalls nicht.

Wenn man über die Grenzen in die Bundesrepublik Deutschland schaut, so sieht man, dass es dort einen Anstieg der Zahl der Konkurse gibt, dass es dort 4,3 Millionen Arbeitslose gibt und sich die dortige Regierung vom Nulldefizit verabschiedet, das Ziel des Nulldefizits aufgegeben hat. Das ist ein Fehler. Aber wer regiert dort? – Dort regieren Rot und Grün, und das ist nicht zum Besten! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Das ist kein Beispiel für Österreich!)

13.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

13.23

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Die fernsehträchtige Zeit ist vorbei (Abg. Dr. Fekter  – in Richtung SPÖ zeigend –: Das sieht man! Schauen Sie zur SPÖ!), die beiden Minister sind natürlich entschwunden. Herr Präsident, ich würde mir wünschen, dass sich Minister Bartenstein wieder einfindet, wenn der Herr Finanzminister sich schon ... (Abg. Dr. Fekter: Auf die Toilette darf er doch gehen!) Es waren ja zwei Minister da, die hätten es sich einteilen können.

Herr Präsident! Kann man sicherstellen, dass immer ein Minister auf der Regierungsbank ist? Dieses Recht steht mir zu. Ist das möglich, Herr Präsident?

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Herr Bundesminister Bartenstein war soeben noch da, und er kommt wieder auf die Regierungsbank. (Bundesminister Dr. Bartenstein betritt in diesem Augenblick den Sitzungssaal und nimmt wieder Platz auf der Regierungsbank.)

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (fortsetzend): Ich möchte, dass der Minister das, was ich zu sagen habe, auch hört.

Es wurde hier heute sehr viel von "Schwarzmalerei" gesprochen und davon, dass man damit aufhören soll. Ich habe vor kurzer Zeit ein SMS bekommen, wie viele von Ihnen auch, wo das Wifo mitgeteilt hat, dass sich die österreichische Wirtschaft im Jahre 2001 in einer Rezession befunden hat und zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfendem realem Bruttoinlandsprodukt abgeschlossen wurden. Nur so viel dazu, dass wir hier mit falschen Zahlen operieren. (Abg. Dr. Fekter: 1 Prozent Wachstum haben wir gehabt!)

Die Linie der Frau Pecher ist überhaupt eine sehr eigenartige, wie die der ÖVP in Wien. Das zeigt sich an der Zustimmung, die die ÖVP in Wien hat: 14 Prozent, wie die letzten Umfragen zeigen. Nur so weiter! ÖVP Wien voran! Das wird die Bevölkerung besonders freuen. (Abg. Dr. Brinek: Jeder kehre vor seiner eigenen Türe!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie meinen (Abg. Dr. Fekter: Zuerst nehmen Sie die Wünsche der Wirtschaft in Wien ernst!), Rot stehe für das Defizit, dann sage ich Ihnen, Frau Fekter (Abg. Dr. Fekter: Da hätten Sie Frau Pecher zuhören sollen, die hat einen Betrieb in Wien!), dass die Farbe Schwarz für die Trauer steht – für die Trauer vieler, vieler Menschen, die sie tragen wegen der Politik, die Sie betreiben. Es sind viele Menschen vom Verlust ihres Wohlstandes und vom Verlust ihres Arbeitsplatzes massiv betroffen. Das ist die Wahrheit!


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Minister Bartenstein wirft immer einen Blick nach Deutschland und vergleicht Österreich mit Deutschland. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das sollten Sie auch tun!) Ja, das möchte ich gerade tun, Herr Bundesminister.

Vergleichen wir einmal den Mehrwertsteuersatz in Österreich mit jenem in Deutschland. Wenn die Deutschen den gleichen Mehrwertsteuersatz hätten wie wir in Österreich, dann hätten sie kein Budgetproblem. Aber wir können es auch umgekehrt machen, Herr Bundesminister: Senken wir den Mehrwertsteuersatz in Österreich, dann haben wir eine massive Stärkung der Massenkaufkraft – und dann haben Sie wahrscheinlich ein massives Budgetproblem. Sie haben ein Nulldefizit, und die Leute stöhnen unter den Belastungen dieser Bundesregierung. Das ist die Wahrheit, das ist ein Faktum! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das ist ein Mehrwertsteuersatz der SPÖ-Finanzminister!)

Herr Bundesminister! Sie haben in drei Jahren 35 Milliarden Schilling an Arbeitsmarktförderungsmitteln abgezogen und haben sie dem Budget zugeführt. Sie wissen genau, dass es in Österreich 45 000 jugendliche Arbeitslose gibt und dass nur jeder Fünfte in einem AMS-Programm Platz findet. Wir haben in Österreich steigende Arbeitslosenzahlen. Das trifft besonders schlimm etwa die Bevölkerung im Waldviertel, wo die Arbeitsplätze verloren gehen, wo es die höchsten Arbeitslosenraten gibt.

Daher verlangen wir in einem Entschließungsantrag entsprechende Maßnahmen, die gesetzt werden sollen.

Ich bringe somit den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy, Verzetnitsch, Parnigoni und KollegInnen betreffend arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm ein.

In diesem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, unverzüglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, in der ein wirksames arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm eingebettet ist, in welchem Maßnahmen zur Modernisierung der österreichischen Arbeitsmarktpolitik, die bestimmten Grundsätzen zu entsprechen haben, enthalten sind. Ich kann diese nur beispielhaft aufzählen, weil meine Redezeit gleich zu Ende ist.

Dieser unser Antrag liegt ja vor. Es geht uns im Wesentlichen um die Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit und um Armutsvermeidung. Es geht uns vor allem um aktive Arbeitsmarktpolitik zur Sicherung des Zuganges zum Arbeitsmarkt für alle Personengruppen: Langzeitarbeitslose, sozial ausgegrenzte Menschen, Behinderte, Ältere und Frauen. Vor allem aber wollen wir durch eine Verbesserung der Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit für alle Arbeitsuchenden durch die Erhöhung der Nettoersatzrate Armut vermeiden.

Meine Damen und Herren! Im Übrigen sage ich: Auch ich unterschreibe das Sozialstaat-Volksbegehren, weil es eine Notwendigkeit ist. Sie alle haben die Möglichkeit, das vom 3. bis zum 10. April zu tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte und vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in ausreichendem sachlichem Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und damit auch mit zur Verhandlung beziehungsweise in weiterer Folge zur Abstimmung.

Auf Grund seines Umfanges kommt er zur Verteilung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Verzetnitsch, Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm


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97. Sitzung / Seite 95

im Zuge der Debatte zum Bericht des Wirtschaftsausschusses 1039 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Neugründungs-Förderungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Bundessozialämtergesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (Konjunkturbelebungsgesetz 2002)

Die aktuelle Konjunkturentwicklung schlägt sich äußerst negativ auf dem Arbeitsmarkt nieder:

Die Arbeitslosigkeit steigt im Jahresvergleich mit rund 15,6 Prozent markant an, gleichzeitig verlangsamt sich der Anstieg der Beschäftigung in Österreich.

Daneben bleiben die strukturellen Schwierigkeiten des österreichischen Arbeitsmarktes bestehen:

starke geschlechtsspezifische Segmentierung des Arbeitsmarktes,

vergleichsweise frühes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben,

unzureichend integrierte ausländische Wohnbevölkerung,

Auseinanderfallen des Angebots und der Nachfrage nach Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt.

Überdies werden die Wirkungen der schwarzblauen Pensionsreform spürbar – der Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Gruppe der 19 bis 24-jährigen geht auch auf die überfallsartige Anhebung des Pensionsanfallsalters zurück, gleichzeitig explodiert die Altersarbeitslosigkeit bei Männern ab 60 Jahren um + 84 Prozent und bei Frauen über 55 Jahren um + 59,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Im Jahr 2002 wird ein jahresdurchschnittlicher Bestand an Arbeitslosen von zirka 225.000 Menschen – das ist ein Plus von zirka 22.000 gegenüber 2001 oder +10,8 Prozent – erwartet.

Für das Jahr 2003 wird ein Stagnieren der Arbeitslosigkeit auf diesem hohen Niveau bzw. ein leichter Anstieg erwartet.

Ab 2004 bis 2010 beginnt ein gravierender Rückgang der Arbeitslosigkeit aufgrund demographisch bedingter Verknappung des Erwerbspotenzials; damit kommt es zur Entwicklung von vielfältigen Erscheinungsformen des Fachkräftemangels. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird von 2004 bis 2010 um zirka 400.000 abnehmen; die Zahl der Erwerbstätigen bei gleich bleibendem Erwerbsverhalten um 300.000.

Diese Bundesregierung nimmt dem AMS in dieser bedenklichen Situation Mittel weg und verursacht damit ein dramatisches Budgetdefizit im AMS.

Es werden heuer und im nächsten Jahr nahezu € 2,69 Mia. (37 Milliarden ATS) aus der Arbeitslosenversicherung abgeschöpft. Diese Eingriffe tragen die Hauptschuld an der sich abzeichnenden dramatischen Budgetentwicklung im AMS.

Für 2001 wird mit einem Abgang von rund € 290,7 Mio. (4 Milliarden ATS) im AMS gerechnet, für das Jahr 2002 wird mit einem Abgang von mehr als € 290,7 Mio. (4 Milliarden ATS) gerechnet.

Obwohl die Arbeitsmarktrücklage für das Jahr 2001 mit € 109 Mio. (1,5 Milliarden ATS) sofort verfügbaren Barmittel dotiert ist und die Arbeitslosenzahlen explodieren, will diese Bundesregierung damit das Nulldefizit besichern und die Mittel für Arbeitsmarktprojekte nicht erhöhen.

Damit werden sämtliche Spielräume für wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisches Agieren aufgegeben. Die Folge: steigende Arbeitslosigkeit wird einfach in Kauf genommen, Arbeitslose werden für ihr Schicksal selbst verantwortlich gemacht und wieder als arbeitsunwillige Ausnützer des Sozialsystems diffamiert und bestraft.


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Diese blau-schwarze Bundesregierung will das AMS privatisieren, die Arbeitslosenversicherung und den Arbeitsmarkt finanziell aushungern, um dann den Arbeitslosenversicherungsbeitrag für Unternehmer einseitig zu senken.

Die Maßnahmen der Bundesregierung in der Arbeitslosenversicherung im Rahmen der Budgetbegleitgesetze 2000 und 2001 haben die hohe Verarmungsgefahr bei Arbeitslosigkeit noch verschärft. Mit einem jährlichen Aufwand von rund € 145,3 Mio. (rund 2 Mia. ATS) (können wichtige Verbesserungen im Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung in zwei Richtungen erreicht werden:

Eine generelle Anhebung der Nettoersatzrate bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes.

Eine Verbesserung der Einkommensanrechnung bei der Notstandshilfe.

Beide Maßnahmen wirken armutsvermeidend und wären damit auch ein wichtiger Beitrag im Rahmen der Europäischen Politik gegen Armut. Dass sie durch ihre stabilisierende Wirkung auf die Inlandsnachfrage konjunkturpolitisch positiv wirken, ist ein zusätzliches wichtiges Element dieser Maßnahmen. Arbeitsuchende Frauen werden insbesondere von der zweiten Maßnahme begünstigt.

An Stelle von Integrationsmaßnahmen erfolgt eine ausgeprägte Rotationspolitik durch massive Erhöhung der Saisonnierkontingente in Tourismus und Landwirtschaft seit dem November 2000; darüber hinaus gibt es bereits konkrete Vorschläge (Integrationspaket der Bundesregierung) zur Ausweitung des Saionnierstatus.

Neben vielem anderen, fehlen Perspektiven für jene Menschen ausländischer Staatsbürgerschaft, die sich bereits seit längerem in Österreich aufhalten, aber rechtlich und faktisch keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten haben.

Es ist deshalb ein Programm notwendig, das dieser Personengruppe bei der Überwindung der qualifikatorischen Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt hilft.

Es sind deshalb € 29 Mio. (400 Mio. ATS) zur Finanzierung von Alphabetisierungs- und Sprachkursen und anderen geeigneten Maßnahmen (etwa grundlegenden EDV-Kenntnisse etc.) notwendig. Bei durchschnittlichen Kurskosten von € 1.453,50 (20.000,-- ATS) können mit diesem Programm pro Jahr 20.000 Personen gefördert werden.

Spätestens ab dem 40. Lebensjahr muss in das berufliche Wissen und Können von ArbeitnehmerInnen investiert werden, damit diese ihre Beschäftigungsfähigkeit im Alter nicht aus Gründen veralteter Qualifikation verlieren.

Die Verlängerung des Verbleibes im Erwerbsleben zählt zu den zentralen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Anforderungen der EU, der Europäische Rat von Stockholm hat den Mitgliedstaaten das Ziel vorgegeben die Erwerbsquote der älteren Menschen bis 2010 auf 50 Prozent der generellen Erwerbsquote zu erhöhen.

Daher ist ein Programm notwendig, das sich an beschäftigte ArbeitnehmerInnen ab dem 40. Lebensjahr wendet und diese bei der Finanzierung von beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen (Umschulung, Höherqualifizierung) unterstützt (Kofinanzierungsmodell unter Berücksichtigung des Einkommens) und auf erkannte Qualifikationsdefizite auf dem Arbeitsmarkt ausgerichtet ist.

Mit € 167,1 Mio. (2,3 Mia. ATS) (können bei einem Kofinanzierungsbeitrag von € 1.453,50 (20.000,-- ATS) 115.000 ArbeitnehmerInnen/Jahr unterstützt werden. Durch eine generelle Festlegung, welche Qualifikationen gefördert werden (z.B. Informations- und Kommunikationstechnologie-Qualifikation), kann vorausschauend und rasch auf erkannte Qualifikationsdefizite auf dem Arbeitsmarkt reagiert werden.

Um die enorme Lücke, die es im Weiterbildungsbereich in Österreich gibt zu schließen, muss ein Bildungsprämienmodell als eine innovative Maßnahme eingeführt werden. Und zwar nicht


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durch ein zentralisiertes System der Weiterbildung, sondern durch verbesserte Chancen für jeden Einzelnen, zu dieser Weiterbildung zu kommen.

Der Vorschlag besteht darin, dass jeder die Möglichkeit haben soll, zwei Prozent seines Bruttolohnes auf ein Bildungskonto bei einer Bank einzuzahlen und dass es die staatliche Garantie gibt, dass eine Gesamtsumme von 5.000 Euro nach fünf Jahren zur Verfügung steht. Da sich aber wohl niemand fünf Jahre davor entschließt, eine Weiterbildungsmaßnahme zu ergreifen, ist die Gesamtsumme dieser 5.000 Euro ab dem Vertragsabschluss für jeden Einzelnen abrufbar, um ein Kursangebot, eine universitäre oder eine andere Form von Weiterbildung beginnen zu können – auf der Grundlage, dass sich ein Weiterbildungsmarkt in Österreich etablieren kann, weil natürlich entsprechende Qualität der Angebote garantiert sein muss, damit auch diese relativ große Investition gerechtfertigt ist.

Zweitens soll es möglich sein, im Anschluss an diese Bildungsprämie einen Bildungskredit zu bekommen, der ein Gesamtausmaß von 30.000 Euro umfassen wird. Das heißt, auch ein Universitätsstudium an einer internationalen Universität ist auf Basis eines solchen Kredites finanzierbar. Dieser Bildungskredit wird dadurch gefördert, dass die Rückzahlungsraten für diesen Bildungskredit steuerlich absetzbar sein sollen, ein Drittel dieses Bildungskredits also defacto von der Gesellschaft gefördert wird.

Drittens soll es einen Bildungsbonus für Unternehmungen geben, weil ein Großteil der Weiterbildung in den Unternehmungen stattfindet, freilich mit einer enormen Konzentration auf große und industrielle Unternehmungen, weil das bisherige System sehr stark Unternehmungen mit einer starken ökonomischen Ertragskraft bevorzugt, da es sich um eine steuermindernde Maßnahme handelt. Es soll aber auch der gesamte Bereich der Klein- und Mittelbetriebe einbezogen werden in die Weiterbildungsmaßnahmen, deshalb wird statt des Steuerabschreibungsmodells ein Bildungsbonus für alle Unternehmungen vorgeschlagen. Dieser Bonus beträgt 15 Prozent der in die Weiterbildung investierten Mittel für Mitarbeiter bis zu einem Alter von 45 Jahren. Für alle Arbeitnehmer, die über 45 Jahre sind, soll dieser Bonus 30 Prozent ausmachen, weil gerade im Bereich der älteren Arbeitnehmer eine zusätzliche Anstrengung erforderlich ist, damit die Menschen nicht frühzeitig vom Arbeitsmarkt gedrängt werden.

Diese drei Maßnahmen in Summe könnten eine Weiterbildungsinvestition in Österreich von bis zu € 1,82 Mia. (25 Milliarden ATS) auslösen, wobei der staatliche Finanzierungsanteil in etwa € 581 Mio. (8 Milliarden ATS) beträgt. Bewusst kombiniert dieses Modell die Eigenverantwortung jedes Einzelnen mit der solidarischen Verantwortung der Gesellschaft. Es geht von jenem Grundprinzip, das die soziale Marktwirtschaft so erfolgreich gemacht hat, aus, nämlich auf der einen Seite Wettbewerb, auf der anderen Seite Kooperation zu haben.

Es müssen natürlich auch die erforderlichen Bildungskarenzen zur Verfügung gestellt werden, damit die Menschen auch die Möglichkeit haben, diese Weiterbildungsformen zu konsumieren und zu absolvieren, wobei diese Bildungskarenzen bedeutend flexibler gehandhabt werden sollten, unter anderem weil viele dieser Ausbildungsformen auch während weiterer beruflicher Tätigkeit absolviert werden können.

Aus der absehbaren Entwicklung der Arbeitslosigkeit folgt, dass in die Qualifizierung Arbeitsloser bereits jetzt mehr zu investieren ist als in der Vergangenheit und dass in Zukunft in die Qualifizierung Beschäftigter mehr investiert werden muss, einschließlich die Bereitstellung entsprechender Beratungsdienstleistungen für ArbeitnehmerInnen und Unternehmen.

Moderne, zukunftsgerichtete Arbeitsmarktpolitik begreift das Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung nicht als Sanktionsinstrument für Arbeitslose, sondern nutzt es für möglichst nachhaltige Reintegration in den Arbeitsmarkt.

Mehr als 80 Prozent der rund 750.000 beim AMS pro Jahr vorgemerkten Arbeitsuchenden sind binnen drei Monaten vermittelt. Die restlichen 20 Prozent brauchen intensivere Hilfe und Unterstützung, um wieder eine Beschäftigung zu finden, die ihren Lebensumständen entspricht. In


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den meisten Fällen handelt es sich dabei um Qualifikationsdefizite, die diese Menschen alleine nicht im Stande sind zu beheben.

Aus diesen Gründen ist es notwendig, dass Arbeitsuchende ohne so genannte "Wiedereinstellungszusage" (also der Vereinbarung des Wiederantrittes der Beschäftigung beim vorigen Arbeitgeber) ab dem dritten Monat ihrer Arbeitslosigkeit

einen Rechtsanspruch auf die Förderung einer Aus- und Weiterbildungsmaßnahme,

auf Basis zwischen AMS und der betreffenden Person vereinbarten und für beide Seiten verbindlichen Beratungs- und Betreuungsplanes zur Stabilisierung der Beschäftigungslaufbahn eingeräumt erhalten.

Die Kosten für diesen Rechtsanspruch betragen rund € 58,1 Mio. (800 Mio. ATS) 33.000 Menschen die länger als drei Monate arbeitslos sind und diese Bildungsdefizite noch in keiner Schulung abbauen konnten.

Selbst diese Bundesregierung hat erkannt, dass die Situation auf dem Lehrstellenmarkt angespannt bleibt. Im September 2001 suchten rund 10.500 Jugendliche eine Lehrstelle, rund 5.400 Betriebe bieten eine solche an.

Aus diesen Gründen ist in den betroffenen Bundesländern die uneingeschränkte Fortführung der Maßnahmen des "Auffangnetzes für Jugendliche" nach dem Jugend-Ausbildungssicherungsgesetz notwendig.

Die von der Bundesregierung dafür angesetzten € 7,3 Mio. (100 Mio ATS) reichen zur Bewältigung der Probleme nicht aus – es sind weitere rund € 29 Mio. (ATS 400 Mio.), insgesamt also € 36,3 Mio. (500 Mio.) notwendig um rund 4.000 Jugendlichen den Zugang zur Berufserstausbildung zu ermöglichen.

Gleichzeitig sind zielorientierte Verhandlungen zwischen dem zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und den Sozialpartnern über eine Neuordnung der dualen Berufsausbildung in Österreich aufzunehmen.

Ein arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm und eine mittelfristige Strategie für die Modernisierung der österreichischen Arbeitsmarktpolitik ist angesichts dieser Situation das Gebot der Stunde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage vorzulegen in der ein wirksames arbeitsmartpolitisches Sofortprogramm eingebettet in Maßnahmen zur Modernisierung der österreichischen Arbeitsmarktpolitik nach folgenden Grundsätzen enthalten ist:

Sicherung der Finanzierungsgrundlagen für ambitionierte Arbeitsmarktpolitik (insbesondere für Existenzsicherung und Qualifizierung angesichts der aktuellen Herausforderungen durch den Konjunkturabschwung, den mittelfristigen Anforderungen aus der EU-Erweiterung, der demographischen Alterung der Erwerbsbevölkerung und der weiter zunehmenden Flexibilisierung und Dynamisierung der Arbeitsmärkte)

Erhöhte KundInnenorientierung bei der Umsetzung von Arbeitsmarktpolitik (Verbesserung der Betreuungs- und Beratungsmöglichkeiten für Arbeitsuchende und Betriebe; konsequente Ausrichtung aller Maßnahmen und Geschäftsprozesse an den Bedürfnissen der AdressatInnen der Arbeitsmarktpolitik)


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Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit und Armutsvermeidung (Erhöhung des Leistungsniveaus; Beseitigung der sozialen Unausgewogenheit des Notstandshilferechts vor allem der Benachteiligung der Frauen; Zugang zur Arbeitslosenversicherung für atypisch Beschäftigte)

Förderung der Beschäftigungsfähigkeit: Ausgestaltung des Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung zu einem Instrument zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit (nachhaltige Erhöhung des Qualifikationsniveaus arbeitsuchender ArbeitnehmerInnen)

Qualitative Verbesserung der Arbeitsvermittlung für Arbeitsuchende und Unternehmen (Verbesserung des Beratungsangebots, Gewährleistung zielgenauer Beratungsvereinbarungen, die auch die Verpflichtungen des AMS verbindlich festlegen, raschere und zielgenauere Vermittlung unter Berücksichtigung legitimer Interessen von Arbeitsuchenden)

Aktive Arbeitsmarktpolitik zur Prävention von Arbeitslosigkeit: Auf- und Ausbau arbeitsmarktpolitischer Instrumente zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit; nachhaltige Verbesserung der Arbeitsmarktchancen für Arbeitsuchende durch entsprechende Qualifikationsmaßnahmen (Stabilisierung häufig durchbrochener Erwerbsverläufe)

Aktive Arbeitsmarktpolitik als Element (regionaler) Wirtschaftsentwicklung: gezielte Unterstützung der (regionalen) Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung durch einen Beitrag zur Beseitigung von Qualifikationsengpässen

Aktive Arbeitsmarktpolitik zur Sicherung des Zuganges zum Arbeitsmarkt für alle Personengruppen (Langzeitarbeitslose, sozial ausgegrenzte Menschen, MigrantInnen, Ältere, Frauen, Jugendliche, behinderte Menschen)

Zuwanderungspolitik mit drei Stoßrichtungen:

Steuerung des Zuzuges neuer ausländischer Arbeitskräfte nach den Möglichkeiten und Notwendigkeiten des österreichischen Arbeitsmarktes

Gewährleistung der Familieneinheit der ZuwanderInnen und rasche (Arbeitsmarkt)Integration von ZuwanderInnen und ihren Familienangehörigen durch gezieltes Anbieten von Schulungsmaßnahmen;

Einbindung der Ausländerbeschäftigungspolitik in die Vorbereitung der grenznahen Arbeitsmärkte Österreichs auf die Erweiterung der Union (Grenzgänger- und Beschäftigungsabkommen als Instrumente der Integration der grenznahen Arbeitsmärkte in Österreich und den Erweiterungsländern)

Armut vermeiden durch Verbesserung der Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit für alle Arbeitsuchenden durch die Erhöhung der Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung: Eine generelle Anhebung der Nettoersatzrate bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes und eine Verbesserung der Einkommensanrechnung bei der Notstandshilfe wirken armutsvermeidend und durch ihre stabilisierende Wirkung auf die Inlandsnachfrage konjunkturpolitisch positiv.

Beschäftigungsfähigkeit sichern durch Verbesserung der beruflichen Qualifikation der ArbeitnehmerInnen in Österreich ab dem 40. Lebensjahr: Es ist ein Programm notwendig, das sich an beschäftigte ArbeitnehmerInnen ab dem 40. Lebensjahr wendet und diese bei der Finanzierung von beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen (Umschulung, Höherqualifizierung) unterstützt (Kofinanzierungsmodell unter Berücksichtigung des Einkommens) und auf erkannte Qualifikationsdefizite auf dem Arbeitsmarkt ausgerichtet ist.

Arbeitslosigkeit als Chance begreifen und einen Rechtsanspruch auf berufliche Qualifikation für arbeitslose ArbeitnehmerInnen verankern: Es ist notwendig, dass Arbeitsuchende ohne so genannte "Wiedereinstellungszusage" (also der Vereinbarung des Wiederantrittes der Beschäftigung beim vorigen Arbeitgeber) ab dem dritten Monat ihrer Arbeitslosigkeit

einen Rechtsanspruch auf die Förderung einer Aus- und Weiterbildungsmaßnahme


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auf Basis zwischen AMS und der betreffenden Person vereinbarten und für beide Seiten verbindlichen Beratungs- und Betreuungsplanes zur Stabilisierung der Beschäftigungslaufbahn eingeräumt erhalten.

Sicherung des Zuganges zur Berufsausbildung für alle Jugendlichen: Die uneingeschränkte Fortführung der Maßnahmen des "Auffangnetzes für Jugendliche" nach dem Jugend-Ausbildungssicherungsgesetz ist in den betroffenen Bundesländern unbedingt notwendig.

Gleichzeitig sind zielorientierte Verhandlungen zwischen dem zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und den Sozialpartnern über eine Neuordnung der dualen Berufsausbildung in Österreich aufzunehmen.

Integration ermöglichen durch Schaffung der Voraussetzungen für Zugang und nachhaltige Integration auf dem Arbeitsmarkt für ZuwandererInnen durch allgemeine und berufliche Qualifikation: Es ist ein Programm notwendig, das dieser Personengruppe bei der Überwindung der qualifikatorischen Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt hilft.

Das Bildungsprämienmodell: Einführung eines Bildungsprämienmodells mit den Bestandteilen: Bildungskonto, Bildungskredit und Bildungsbonus, wie im Einführungsteil ausgeführt.

Bildungskarenz flexibler ermöglichen: Die erforderlichen Bildungskarenzen müssen zur Verfügung gestellt werden, damit die Menschen auch die Möglichkeit haben, diese Weiterbildungsformen zu konsumieren und zu absolvieren."

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

13.29

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich einer sehr ehrenvollen Aufgabe entledigen; ich bringe nämlich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Mittlerlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Mag. Cordula Frieser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses (1040 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesfinanzgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Antrag des Wirtschaftsausschusses (1040 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesfinanzgesetz geändert wird, wird wie folgt geändert:

Zu Artikel I

Änderung des Fremdengesetzes

1. Die Novellierungsanordnung zu Artikel I lautet wie folgt:

"Das Fremdengesetz 1997, BGBl. Nr. 75, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 142/2001, wird wie folgt geändert:"

2. Die Z 5 lautet wie folgt:

"5. Dem § 111 wird folgender Abs. 10 angefügt:


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,(10) §§ 33 Abs. 2 Z 5 und Abs. 4, 36 Abs. 2 Z 8 und Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2002 treten mit 1. Juli 2002 in Kraft.‘"

*****

Damit habe ich meine Pflicht erfüllt und darf mich nun der Debatte zuwenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte war beunruhigend und erstaunlich zugleich. Beunruhigend ist, dass die Sozialdemokraten in ihrer Wirtschaftspolitik nach wie vor eine kurzfristig motivierte Konjunkturbelebung durch staatliche Ausgaben ersetzen wollen. Und erstaunlich ist, dass sie trotz ihrer Erfahrungen in der Vergangenheit gar nichts dazugelernt haben (Abg. Steibl: So ist es!)  – Stichwort Budgetdefizit.

Im Unterschied dazu sind die heute von der Bundesregierung vorgelegten wirtschaftspolitischen Maßnahmen klug, ausgewogen und zukunftsweisend (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen): klug, weil die Wirtschaftspolitik als Standortpolitik verstanden wird; ausgewogen, weil erhöhte Forschungs- und Bildungsfreibeträge Unternehmern, aber auch Arbeitnehmern gleichermaßen zum Vorteil geraten; und zukunftsweisend, weil die Bundesregierung verstärkt auf Forschung und Entwicklung setzt.

Während also die Bundesregierung in der Wirtschaftspolitik von einem kurzfristigen und teuren Aktionismus – wie sich ihn die Sozialdemokraten erwartet haben – absieht und heute Maßnahmen vorschlägt, die den attraktiven Wirtschaftsstandort Österreich mittel- bis langfristig absichern, propagiert die SPÖ nach wie vor die Schuldenpolitik und glaubt, dass das Wirtschaftspolitik sei.

Meine sehr geehrten Kollegen von den Sozialdemokraten! Ein Gespräch mit Ihrem ehemaligen Finanzminister Hannes Androsch hätte Sie davon überzeugt, dass sich langfristige Wirtschaftspolitik viel nachhaltiger auf das Wirtschaftswachstum und auf die Faktormärkte auswirkt als das staatliche Gießkannenprinzip, dem Sie huldigen und frönen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch rasch einen scharfen Blick auf die Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988, die ebenfalls Teil dieses so genannten Konjunkturpakets ist, richten:

Bisher – und das ist ein Trend, der sich seit langer, langer Zeit entwickelt hat, nicht zuletzt unter sozialdemokratischen Finanzministern – sind die steuerliche Abschreibungsmöglichkeit und die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit bei Immobilien weit auseinander geklafft. Wir haben bei Immobilien eine Abschreibungsdauer von 75 Jahren, und jeder von Ihnen weiß, dass kein Haus, kein Gebäude, keine wie immer geartete Betriebseinrichtung 75 Jahre hält – das ist eine völlige Illusion. Diese Abschreibungsperiode widerspiegelte eine ideologische Haltung der sozialdemokratischen Finanzminister.

In diesem Konjunkturpaket ist nunmehr erstmalig eine Trendumkehr gelungen: Wir führen damit eine siebenprozentige vorzeitige Abschreibung ein. Das wollte ich Ihnen, den Kollegen von den Sozialdemokraten, ganz besonders vor Augen führen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Frau Kollegin, ... die Althaussanierung?)

Abschließend möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass das nur ein erster Schritt gewesen sein kann. Die geplante Absenkung der Steuerlast und der Abgabenquote ist ein erklärtes Ziel dieser Regierung: Wir streben in zehn Jahren eine Senkung auf 40 Prozent an. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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13.34

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in ausreichendem sachlichem Zusammenhang und somit zur Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

13.34

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich schließe mit meinen Ausführungen an jene meiner Vorrednerin an und werde auch einen Abänderungsantrag einbringen, und zwar mit folgendem Hintergrund: Wir werden morgen in diesem Haus – voraussichtlich vier Parteien – das Kyoto-Klimaschutzabkommen beschließen. Es bestand in vielen Debatten, sei dies nun im Umweltausschuss oder im Wirtschaftsausschuss, ein Konsens darüber, dass Klimaschutzmaßnahmen, sowohl was die Beschäftigungswirkung als auch die Konjunkturbelebung und auch die regionale Wirtschaftsbelebung betrifft, etwas sehr Positives sind.

Meiner Meinung nach haben Sie in diesem Konjunkturpaket eine sehr wichtige Maßnahme vergessen. Meine Vorrednerin hat gerade den § 18, die Sonderausgaben betreffend, angesprochen, und ich möchte dazu einen Abänderungsantrag einbringen, der darauf abzielt, dass diese Maßnahme nicht nur auf Neubauten beschränkt sein soll, sondern sich auch auf die Althaussanierung erstrecken soll, die erwiesenermaßen in diesem Bereich einen gewaltigen Anteil darstellt, der sowohl klimarelevant als auch beschäftigungsrelevant ist.

Ich glaube, es kann nur ein Redaktionsfehler sein, dass man die Althaussanierung hier vergessen hat. Anders kann ich mir das nicht erklären. Die anderen Interpretationen, die zur Debatte stehen, nämlich dass man einen großen Steuerausfall befürchtet, treffen beim Neubau genauso zu wie bei der Althaussanierung. Und dass es wirklich daran liegen sollte, dass man die roten Wohnbaugenossenschaften nicht fördern will, das darf es doch wohl wirklich nicht sein.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig, Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Konjunkturbelebungsgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Nach Artikel 1 Ziffer 3 der Regierungsvorlage werden die folgenden neuen Ziffern 4 und 5 eingefügt:

"4. Nach § 18 wird folgender § 18a eingefügt:

Befristete Maßnahme zur Konjunkturbelebung

Sonderausgaben im Sinne von § 18 Abs. 1 Z 3c sind von den Einschränkungen des § 18 Abs. 3 Z 2 ("Topfsonderausgaben") ausgenommen, sofern mit der tatsächlichen Bauausführung nach dem 31. Dezember 2001 und vor dem 1. Jänner 2004 begonnen wird.

5. Nach § 28 wird folgender § 28a eingefügt:

Befristete Maßnahme zur Konjunkturbelebung

Instandsetzungsaufwendungen im Sinne von § 28 Abs. 2 können auf Antrag sofort abgesetzt werden, sofern mit der tatsächlichen Bauausführung nach dem 31. Dezember 2001 und vor dem 1. Jänner 2004 begonnen wird und mit der Instandsetzung eine wesentliche Verbesserung des Gebäudes hinsichtlich der Energieeinsparung einhergeht."

Die Z 4 und 5 des Artikel 1 der Regierungsvorlage werden zu Z 6 und 7.

*****

Ich bitte Sie, das noch einmal zu überlegen. Ich glaube, Kollegin Fekter ist in dieser Angelegenheit informiert und weiß darüber Bescheid. Vielleicht kann man hier noch einen Fortschritt in


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Richtung Klimaschutz und Beschäftigung erreichen, indem man hier auch die Althausproblematik mit einbezieht. (Beifall bei den Grünen.)

13.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht auch in ausreichendem sachlichem Zusammenhang und damit auch mit zur Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Bauer. – Bitte.

13.37

Abgeordneter Ing. Gerhard Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich brauche keine Taferln: Es sind die Fakten, die im Wirtschaftsausschuss überzeugend waren und die dazu geführt haben, dass der Regierungsentwurf zum Konjunkturbelebungsgesetz 2002 größtenteils einstimmig dem Plenum zur Annahme empfohlen wurde.

Einstimmigkeit herrschte dahin gehend – und das hat mich besonders gefreut –, dass sogar Kollegin Kubitschek und Kollege Kogler diese Vorhaben unisono als die richtigen wirtschaftlichen Schritte in die Zukunft begrüßen und diesen daher auch zustimmen.

Das zeigt, dass diese Regierung das Talent hat, die legitimen Sorgen der österreichischen Wirtschaft rechtzeitig zu erkennen. Dieses Reformpaket kostet unseren Finanzminister letztlich auch 175 Millionen € an Steuerausfall.

Sozialistische Regierungen haben Milliarden Schilling in die öffentliche Hand gepumpt; wir dagegen fördern konjunkturpolitische, struktur- und standortpolitische Elemente. Dieses in die Zukunft weisende Konjunkturbelebungsprogramm steuert das Wachstum Österreichs. Die Globalisierung hat den Kampf um die ökonomische Vorherrschaft forciert, und das hat diese Regierung punktgenau erkannt. Seit dem blauen Brief, der Deutschland angedroht wurde, ist uns klar, dass Österreich handeln muss – statt in der EU des Langen und Breiten zu diskutieren, was zu tun wäre, und den hundertsten Reformgipfel zu feiern und dann doch nicht mehr als diplomatische Floskeln zu verabschieden. Letzteres sieht man am Beispiel von "Basel II", wo nach endlosen Streitereien im Sommer endlich das dritte Konsultationspapier vorgelegt werden soll.

Wir müssen den Aufschwung selbst machen – das weiß diese Regierung. Die wirtschaftlichen Ziele der Wende waren ja auch ganz klar: Es galt, eine sozialistische Versorgungs-Hinterhofpolitik in einen Wettlauf um globales Wirtschaftswachstum zu verwandeln. "Forschungs-Nachzügler Österreich" hat es jahrelang geheißen, als wir mit 1,5 Prozent des BIP hinter dem europäischen Durchschnitt lagen. Das hat sich ändern müssen: durch Forschungsfreibeträge, durch Bildungsfreibeträge, die diese Regierung eingeführt hat. Diese werden sich positiv auswirken. – Das nenne ich Stimulierung, um den Nachzügler-Status Österreichs in Europa für Forschung und Technologieentwicklung wegzubekommen.

Die Auswirkungen dieser neuen Politik ließen nicht auf sich warten: Wir haben Rekordzahlen bei den Gründungen von KMUs: Es waren 26 933 Neugründungen zu verzeichnen! Das habe ich während der Zeit sozialistischer Regierungen nie erlebt, da waren es maximal 12 000.

Mit diesem Konjunkturbelebungsprogramm motiviert und stimuliert diese Regierung diese Gründerphase, indem Zugangsrechte für Unternehmer dereguliert werden, One-Stop-Shops eingeführt werden und die Gewerbeordnung vereinfacht wird.

Jungunternehmer werden von Gebühren und Abgaben befreit, bei den Förderungsrichtlinien setzt man die Projektobergrenze von 10 Millionen Schilling auf 1 Million € hinauf, und Betriebsnachfolger werden entlastet. – Das ist die Grundlage, die in einem neuen KMU-Förderungsgesetz dieser Regierung festgelegt wird.

Ich möchte ich an dieser Stelle noch ganz schnell anmerken, dass mein lieber Kollege Hannes Bauer von einer Art "Mogelpackung" gesprochen hat. Mir steht leider nicht mehr genug Zeit zur Verfügung, um darauf im Detail einzugehen. Ich kann dazu nur anmerken, dass ich ein SPÖ-in


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ternes Gespräch gehört habe, in dem er sich über unseren Bürgermeister Häupl und die Stadtregierung unterhalten und sich dabei auch zu dem nicht weitergegebenen Effekt der Strompreisliberalisierung geäußert hat. In der Stadt Wien hat die Liberalisierung nämlich zur Einhebung einer neuen Strompreissteuer und damit in Wirklichkeit zu einer Verteuerung des Stroms geführt!

Wenn dadurch die Wiener Linien laut Aussagen des betreffenden Stadtdirektors mit Mehrkosten von 43 Millionen Schilling, der Krankenanstaltenverbund mit Mehrkosten von 33 Millionen Schilling und die für öffentliche Beleuchtung zuständige MA 33 mit 3,5 Millionen an Mehrkosten belastet werden – von den kommunalen Betrieben und von den Schulen wollen wir erst gar nicht reden –, dann sind das keine Peanuts, sondern dann werden hier Budgetmittel aufgefressen. So macht die SPÖ aus einem Segen eine Steuergeißel! Dazu kann ich nur sagen: Auch eine sozialistische Auffassung von New Economy! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

13.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

13.42

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich aus aktuellem Anlass zu Wort melden – Herr Abgeordneter Heindl hat es in einer Bemerkung schon angedeutet, und es wurde soeben auch in einer Meldung der APA mitgeteilt –: Die Firma Lucky Goldstar Philips hat in diesen Minuten die Schließung des Monitorenwerkes am Standort Lebring mit Jahresende bekannt gegeben. Es ist dies ein Werk mit knapp 700 Mitarbeitern – Leiharbeiter mit eingerechnet –, ein hochmodernes Werk, das erst vor kurzem mit Eurobeträgen in dreistelliger Millionenhöhe auf den neuesten Stand gebracht wurde. Seine Mannschaft ist eine hoch motivierte, es hat da niemand einen Fehler gemacht, soweit ich das sagen kann, aber es ist leider Gottes der Weltmarkt für diese Farbröhren für Personal Computers zusammengebrochen, dann sind auch die Preise zusammengebrochen, und nunmehr läuft mit Ende des Jahres die Fertigung an diesem Standort aus.

Selbstverständlich muss ein entsprechender Beitrag angesichts dieser Entwicklung auch in einer Konjunkturdebatte, in einer Standortdebatte seinen Platz finden. Ich weise darauf hin, dass wir von Bundesseite aus – mein Haus und das AMS – und natürlich auch das Land Steiermark in voller Solidarität mit den betroffenen Mitarbeitern um Lösungen bemüht sind. Es gibt laufend Ersatzinvestitionen am Standort Lebring, es ist der Arbeitsmarkt im Großraum Graz letztlich ein dynamischer, sodass ich optimistisch bin, zumindest für die meisten der betroffenen Arbeitnehmer bis zum Jahresende, auch in Zusammenarbeit mit Philips, diesbezüglich eine vernünftige Lösung zustande zu bringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

13.44

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Meldung über Philips macht wahrscheinlich uns alle betroffen. Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Bundesminister, dass Sie gut beraten sind, bei allen Maßnahmen, die dort notwendig sind, die Gewerkschaft mit einzubeziehen, zu schauen, wie man soziale Absicherungen erreichen kann. Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, wie der Markt arbeitet, wie die Unternehmensentscheidungen fallen: dass sie meistens überfallsartig kommen und man natürlich umso mehr die Absicherung der Arbeitnehmer für solche Fälle auch gesetzlich vorsehen muss.

In diesem Zusammenhang darf ich auch daran erinnern, dass wir – auch das ist in dieser Debatte noch nicht erwähnt worden – in vielen Betrieben eine starke Zunahme von Kurzarbeit zu verzeichnen haben. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass es der Wirtschaft nicht gerade gut geht, wenn Tausende Menschen auf Monate hinaus auf viele Prozente ihres Nettoeinkommens


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verzichten müssen – Menschen, die arbeiten wollen, aber nicht arbeiten können, weil eben die Arbeit nicht da ist. – So weit zu diesem Thema.

Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben auch von Maßnahmen gesprochen, die von der Bundesregierung in den letzten Jahren zu Gunsten der Arbeitnehmer gesetzt worden seien. Mir ist dazu eingefallen: Urlaubsverschlechterung, Hausbesorgergesetz weg, Unfallrentenbesteuerung, Mitversicherung verschlechtert. – Abfertigung: Ja, das ist ein Thema, das wahrscheinlich für viele zu einer Verbesserung führen wird, aber Sie sind uns leider dabei das Wichtigste schuldig geblieben, nämlich wann denn das kommen soll! Da hört man unterschiedliche Zahlen, unterschiedliche Termine: Kommt das heuer noch, nächstes Jahr, doch im Juli? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. )  – Vielleicht können Sie im Rahmen dieser Debatte noch Ihren Wunschtermin nennen. Vielleicht hat der Minister einen Wunschtermin; das wäre ja gut, wenn wir das wissen könnten, denn dann kann man sich auch besser darauf einstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Unter dem Titel Konjunkturbelebungsgesetz verstecken sich aber weitere Verschlechterungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen – und auch deshalb gibt es von Seiten der sozialdemokratischen Fraktion Kritik und nicht Lob zu dieser Vorlage.

Herr Abgeordneter Mitterlehner hat gesagt, dass die Arbeitskräftevermittlung jetzt auch von den Arbeitskräfteverleihern durchgeführt werden darf. Das war bisher verboten – aus gutem Grund, wie wir eigentlich alle gemeinsam der Meinung waren. Das war bisher etwas, wozu unsere Position eine gemeinsame gewesen ist; anscheinend ist das jetzt nicht mehr so. Ich prophezeie Ihnen, Herr Abgeordneter Mitterlehner: Diese Vermischung wird zu Unklarheiten führen. Es wird Arbeitnehmer geben, die sagen: Ich weiß jetzt nicht, bin ich überlassen, bin ich vermittelt, oder bin ich zuerst vermittelt und dann nur mehr überlassen? – Es gibt dafür ja internationale Beispiele, die Sie genauso gut kennen.

Mit einem Wort: Der Gestaltungsspielraum für die Wirtschaft wird mit diesen kleinen Nebenmaßnahmen im Rahmen dieses Gesetzes auf Kosten der Rechtssicherheit der Arbeitnehmer ganz sicher vergrößert – und das ist Ihnen natürlich ganz recht, das ist mir schon klar. Wir aber kritisieren diese Regelung, weil die Arbeitnehmer darunter leiden.

Zu einer ähnlichen Situation kommt es bei der Arbeitskräfteüberlassung auch im Zusammenhang mit dem Unfallschutz. Bisher gab es eine klare Regelung, wer sozusagen in der Verantwortung ist, nämlich der Überlasser und der Beschäftiger. Diese Doppelhaftung wird jetzt abgeschafft, weil da angeblich eine Verwirrung herrschte – so hat es jedenfalls Herr Bundesminister Bartenstein im Ausschuss gesagt.

Die Verwirrung wird jetzt eintreten: Bei einem Arbeitsunfall wird der Beschäftigerbetrieb sagen: Das ist nicht mein Arbeitnehmer, der geht mich nichts an. Der Überlasser aber wird sagen: Ich kann ja nicht auf die Arbeitsplatzsicherheit des Beschäftigerbetriebes Einfluss nehmen. – Auf der Strecke bleibt der Arbeitnehmer – und die FPÖ schaut dabei natürlich zu. Wo ist Herr Gaugg überhaupt? – Er ist nicht mehr da beziehungsweise nicht da. Damit fehlt hier die Stimme des obersten Arbeitnehmervertreters der Freiheitlichen. So ist es halt. (Abg. Böhacker: Wo ist Herr Kollege Nürnberger? – Abg. Neudeck: Wo ist der Verzetnitsch? Der Verzetnitsch geht Ihnen gar nicht mehr ab, gell?)

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte noch auf die Aussage eingehen, dass zur Bekämpfung des organisierten Schwarzunternehmertums jetzt endlich Maßnahmen gesetzt werden müssen. – Ich darf nur daran erinnern, dass es im letzten Jahr weniger Kontrollen und weniger Personal zur Kontrolle, aber dafür mehr Beanstandungen gab.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Riepl, Verzetnitsch, Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums


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"Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die festlegt, dass Sozialbetrug und Steuerhinterziehung durch Schwarzunternehmertum aktiv bekämpft werden kann. Die Regierungsvorlage hat insbesondere folgende Maßnahmen zu enthalten:

Eine Behörde, die Kontroll- und Straftätigkeiten übernimmt.

Gesetzliche Grundlagen, welche die Zusammenarbeit der Behörden, die bei der illegalen Beschäftigung tätig sind, verbessern.

Sofortige Anmeldung in der Sozialversicherung bei Arbeitsantritt.

Festlegung eines Strafrechtstatbestandes für Sozialbetrug.

Erhöhung der Strafsätze für Sozialbetrug im Verwaltungsrecht.

Wirtschaftliche Vorteile von jenen, die Vorteile aus der illegalen Beschäftigung ziehen, sollen abgeschöpft werden können.

In Extremsituationen der illegalen Beschäftigung soll die Beschlagnahme und der Verfall der Arbeitsgegenstände erfolgen können."

*****

Wir laden Sie ein, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in ausreichendem sachlichem Zusammenhang und damit auch mit zur Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

13.49

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme aus der Wirtschaft, und gerade deswegen bin ich überzeugt davon, dass sich die Politik in den Dienst der Wirtschaft, in den Dienst der Menschen zu stellen hat. (Abg. Parnigoni: Da ist ein feiner Unterschied! Da ist manches Mal ein feiner Unterschied!) Es sind die Menschen, die unsere Unterstützung brauchen, und es sind auch die Menschen, die die Unterstützung durch die FPÖ-Wirtschaftspolitik bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nur gesunde Unternehmen können auch ausreichend Arbeitsplätze sicherstellen. (Abg. Gradwohl: Philips!) Ich erinnere mich an meine frühere Tätigkeit, wo ich mich über jeden zusätzlichen Arbeitnehmer, den ich einstellen konnte, gefreut habe. Das habe ich als Erfolg betrachtet: mehr Arbeitsplätze durch gutes Wirtschaften zu schaffen.

Wonach aber werden heute Manager beurteilt? – Danach, dass sie so gut Arbeitskräfte abbauen können!

Das kann es wohl nicht sein. Deshalb legt diese Regierung jetzt hier das Konjunkturbelebungsgesetz 2002 vor, in dem wichtige Punkte behandelt werden (Abg. Parnigoni: ... das Gesetz nicht gelesen! – Abg. Neudeck  – in Richtung des Abg. Parnigoni –: Im Gegensatz zu dir hat sie es verstanden, nicht nur gelesen!), wie etwa Arbeitskräfteüberlassung und Arbeitskräftevermittlung. Das heutige Statement des Kollegen Riepl hat mir einmal mehr bewiesen, was ich schon im Wirtschaftsausschuss gesehen habe: Er hat nicht verstanden, worum es geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich wollte eigentlich gar nicht sagen: des "Kollegen" Riepl, denn wir halten uns da auch mit Kollegentum zurück. (Ruf bei der SPÖ: Wir auch!)

Es ist zynisch: Wir verhandeln das Konjunkturbelebungsgesetz, und die Gewerkschaft handelt einen Kollektivvertrag aus, der niemandem nützt: nicht den Arbeitnehmern, nicht den Überlassern, nicht den Beschäftigern – und dann wird zynischerweise noch das Ende der Leiharbeit annonciert. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.)  – Ich finde das unglaublich, ich finde das indiskutabel! Und wäre Herr Nürnberger da, dann würde ich verlangen, dass er herauskommt und sich für diesen Zynismus entschuldigt.

Es dreht sich um 40 000 Arbeitsplätze, die er hier wegwischen will – 40 000 Arbeitsplätze: 33 000 Leiharbeitsplätze plus etwa 6000 bis 7000 Arbeitsplätze, die die Arbeitskräfteüberlasser schaffen – die arbeiten ja auch privatwirtschaftlich und auf eigenes Risiko. (Abg. Gradwohl: ... eine Absicherung ...!)  – Das ist indiskutabel! Er schadet damit auch der Industrie und dem Gewerbe, denn 15 000 Leiharbeiter arbeiten in der Industrie, 10 000 arbeiten im Gewerbe. (Abg. Parnigoni: Was haben Sie dagegen, dass Leiharbeiter einen Kollektivvertrag haben?)

Was wollen Sie? Wollen Sie, dass die Betriebe ins Ausland abwandern, weil sie hier die entsprechenden Arbeitskräfte nicht mehr bekommen? Was wollen Sie? Wollen Sie damit Arbeitsplätze vernichten? – Bitte erklären Sie das! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Was haben Sie gegen bessere Arbeitsbedingungen für Leiharbeiter?)

Das AMS – Herr Bundesminister Bartenstein möge mir verzeihen – hat natürlich auch nur ein neues "Pickerl" bekommen und ist noch immer der "Wolf im Schafspelz", der vielfach nichts weiterbringt. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass auch private Arbeitsvermittler dazu kommen, dass Arbeitskräfteüberlasser auch als Arbeitsvermittler tätig werden können, denn es kann nicht genügend Arbeitsvermittler geben. Auch das ist Bestandteil des Konjunkturbelebungsgesetzes.

Die FPÖ ist eine Reformkraft, und Sie sind herzlich eingeladen, auch bei einer weiteren Verbesserung, bei einer weiteren Liberalisierung der Rahmenbedingungen für Arbeitskräfteüberlasser mitzuwirken – im Sinne der österreichischen Unternehmen, im Sinne der Arbeitnehmer und im Sinne der österreichischen Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Die Zeit ist abgelaufen! – Abg. Dr. Papházy  – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Ja, Ihre wahrscheinlich! – Abg. Neudeck  – in Richtung des Abg. Parnigoni –: Jetzt hast du das Hirn ausgeschaltet bei diesem Zwischenruf!)

13.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

13.53

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Im Wirtschaftsausschuss wurde die Frage der Konjunkturbelebung so diskutiert, dass wir gemeint haben, dass dem ersten Teil – was die Forschungsfreibeträge, den Bildungsfreibetrag, auch den Neubau von Gebäuden betrifft – durchaus zugestimmt werden kann. Das habe ich auch sofort eingehend begründet, und zwar damit, dass es sich dabei, wenn auch nicht um eine unmittelbar konjunkturbelebende, so doch um eine wirtschaftspolitisch richtige Maßnahme handelt, die daher auch unsere Zustimmung hat. Das war von allem Anfang an klar. Es war aber auch klar, dass wir als Sozialdemokraten einer Verschlechterung im Sozialbereich keine Zustimmung geben.

Es ist eine klare Verschlechterung, wenn zum Beispiel das Arbeitsmarktservice nicht mehr in dem Ausmaß für Vermittlungen zuständig sein wird wie bisher, wenn im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz eine Aushöhlung der Schutzbestimmungen angestrebt wird, wenn unklare Arbeitszeitvorschriften geschaffen werden, nämlich zwischen Stamm-Mannschaft und ArbeitnehmerInnen, die für die Tätigkeit überlassen werden. Ich bin überzeugt davon, dass es durch die Übertragung der Kontrollbefugnis vom Bundessozialamt auf die Gewerbebehörde zu einer Schwächung des Arbeitnehmerschutzes kommt. Ich glaube auch, dass das einen Widerspruch zu dem Erfordernis der Bekämpfung aller Formen des Sozialbetruges darstellt.


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte eines klarstellen: Es geht hier einfach um die Frage der Standortqualität Österreichs. Der Bundesminister hat in diesem Zusammenhang jetzt ein sehr tragisches Ereignis bekannt gegeben, nämlich dass in der Steiermark 700 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Das ist aber nicht nur vom Standort her zu beurteilen, sondern auch im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb, und darauf muss man sich einstellen. Es geht hier um die Frage: Mit welcher Standortqualität kann ich Investoren und Unternehmer für Österreich begeistern?

Einer der wichtigsten Faktoren, auf die wir hier verweisen können, sind die Ausbildung und der Fleiß unserer Bevölkerung. Dass diese in einem sehr hohen Maße vorhanden sind, zeigt sich an den positiven Beispielen wie Baxter. Unternehmen wie General Motors und Unternehmen wie BMW würden nicht in diesem Ausmaß investieren, wenn das nicht gegeben wäre.

Was nun aber zum Beispiel General Motors betrifft, so muss ich darauf hinweisen – ich erinnere mich daran, weil ich dieses Projekt vor sehr langer Zeit einmal behandelt habe –, dass damals die Medien und vor allem die Österreichische Volkspartei nichts anderes getrommelt haben, als dass das eine Investition in die Vergangenheit sei, weil sozusagen der ganze Motorenbau und Autobau der Vergangenheit angehören würde, obwohl hier ja Tausende Arbeitsplätze für die Zukunft geschaffen wurden! – Heute stellen Sie sich her und rühmen sich, dass diese Unternehmen weiter investieren.

Auch andere Projekte könnte ich anführen, bei denen seinerzeit massiv kritisiert wurde, dass wir diese Ansiedlung durchgeführt haben. So wurde zum Beispiel das große Projekt in Harbach als ein Projekt in der Wüste bezeichnet. – Heute sind wir so stolz, dass wir dieses Projekt haben und dass auch noch andere Projekte in diesem Bereich entstanden sind, nämlich auch in Groß Gerungs und so weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite große Bereich der Standortqualität ist der der sozialen Sicherheit und der des sozialen Friedens. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Internationale Konzerne beobachten sehr genau, wie es um den sozialen Frieden in einem Land bestellt ist, und ich glaube, dass die Maßnahmen, die diese Bundesregierung laufend setzt, diesen sozialen Frieden zunehmend gefährden.

Ich weiß, dass sich die Menschen schon einiges bieten lassen – vielleicht manchmal zu viel –, aber hier geht es um diesen ständigen Abbau: Jede Maßnahme dieser Bundesregierung wird so gesetzt, dass sie auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgetragen wird – während die anderen ihre Vorteile weiter sichern und sogar noch weitere Vorteile lukrieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Politik, nämlich diese Gesellschaftspolitik, die hinter all diesen Maßnahmen steht, gilt es zu verhindern, um auch den Standort Österreich für die Zukunft abzusichern! (Beifall bei der SPÖ.)

13.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Riepl zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass Ihnen die Bestimmungen der Geschäftsordnung bekannt sind. – Bitte.

13.58

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Papházy von der Freiheitlichen Partei hat in ihrer Rede gemeint, dass der Kollektivvertrag, der zwischen der Wirtschaftskammer und der Gewerkschaft abgeschlossen wurde, der Branche Arbeitskräfteüberlassung schade. – Das ist nicht der Fall!

Wahr ist vielmehr, dass er Mindeststandards festlegt, rechtliche Verbesserungen und Sicherheit bringt.


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97. Sitzung / Seite 109

Weiters hat sie gemeint, dass das Inserat, das sie auf einer Tafel vorgezeigt hat, ...

13.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Das ist eine Wertung und keine tatsächliche Berichtigung. Das heißt, das wäre ein Debattenbeitrag und keine tatsächliche Berichtigung. (Abg. Böhacker: So ist es, Herr Kollege Riepl! – Beifall bei der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Riepl. )

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Egghart. – Bitte.

13.59

Abgeordneter Robert Egghart (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte zuerst einmal auf die Ausführungen meines Vorredners, des Herrn Abgeordneten Bauer, eingehen. Ich glaube, dass es in der derzeitigen Situation besonders gefährlich ist, auch nur in irgendeiner Art und Weise mit dem sozialen Frieden zu spielen. Ich erinnere daran, dass vor etwa einem Jahr der Gewerkschafter Kaske gesagt hat, die Republik wird "brennen" (Abg. Schwarzenberger: "Österreich wird brennen!"), und ich glaube, dass es im Sinne der Republik Österreich, in unser aller Interesse, ganz einfach notwendig ist, solche Äußerungen möglichst hintanzuhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Der hat das aber anders gemeint! Der hat gesagt: "Dann brennt die Republik"!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende der Debatte, in der wir dieses Konjunkturbelebungsgesetz bereits sehr intensiv und von allen Seiten betrachtet haben und die Opposition natürlich – wie könnte es auch anders sein – all diese Maßnahmen als nicht ausreichend und Ähnliches empfunden hat, möchte ich einmal eine Gegenüberstellung machen. Wenn hier von der linken Reichshälfte immer wieder gesagt wird (Abg. Schwemlein: Es gibt kein Reich mehr, Herr Kollege!), was alles von dieser Bundesregierung so schlecht gemacht wird, sollten wir einmal schauen, wie es dort zugeht, wo die Sozialisten mit absoluter Mehrheit regieren. Dazu braucht man sich nur das Beispiel Wien vor Augen zu führen.

Die Wiener Stadtregierung ist aus meiner Sicht die Antithese zu dieser Bundesregierung. Um aus Wien ein Erfolgsmodell zu machen, bedient sich die SPÖ gleich mehrerer Märchen.

Märchen eins: Keine Leistungskürzungen in Wien; das Sinken des Budgetvolumens ist nur auf den Übergang zur Nettobudgetierung zurückzuführen, dadurch können im Budget 2002 wertmäßig dieselben Ausgaben wie im Vorjahr bedeckt werden. – So die Wiener SPÖ. Tatsächlich ist aber diese Aussage eindeutig falsch. So muss die Stadt im nächsten Jahr ihr Leistungsangebot deutlich zurücknehmen, die Ausgaben der Stadt müssen im nächsten Jahr nominell um 202 Millionen Euro beziehungsweise 2,8 Millionen Schilling oder 2,1 Prozent gekürzt werden. (Abg. Schwemlein: 2,8 Milliarden!) Nimmt man zur Leistungskürzung noch die Inflationsrate hinzu, dann werden es ungefähr 5 Prozent sein.

Ein anderes Beispiel aus der Wiener Kommunalpolitik: Wien zeigt, wie man trotz Budgetüberschuss und Schuldenabbau keinen sozialen Kahlschlag – von dem Sie immer sprechen – braucht. Im Gegenteil: Im Jahr 2002 wird für Sozialmaßnahmen, Alten- und Behindertenhilfe wesentlich mehr ausgegeben, nämlich 1,3 Milliarden. – Auch das stimmt nicht, auch diese Aussage ist eindeutig falsch. Im Voranschlag 2002 sind erstmals die gesamten Kosten der Pflegeheime budgetiert, dafür wird die Einhebung der Pflegebeiträge der Patienten vom KAV übernommen. Der bejubelte Anstieg um eine Milliarde Schilling ist daher nur auf eine neue Budgetierungstechnik der MA 47 und einen Budgettrick zurückzuführen.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Überall dort, wo die Sozialisten den Ton angeben, hat es immer Misswirtschaft und Skandale gegeben. Wir sehen das vom AKH-Skandal bis hin zur heutigen Sitzung des Wiener Gemeinderates, in der ein Sonderausschuss für die Untersuchung von Flächenwidmungen, die unter skandalösen Bedingungen abgelaufen sind, eingesetzt werden soll.


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Wir werden in dieser Bundesregierung weiter auf das Wohl der Republik Österreich und unserer Mitbürger schauen. Wir brauchen von Ihnen keine Ratschläge, wie man es machen sollte. Sie hatten 30 Jahre lang Zeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte.

14.03

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer so wie ich aus der klein- und mittelständischen Wirtschaft kommt, begrüßt natürlich jedes Gesetz, das sich mit Konjunkturbelebung beschäftigt. Nur trifft bei diesem Gesetz leider in abgewandelter Form das Sprichwort zu: Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte. – Es wird heißen: Weil die Maßnahmen zu spät kamen, bestraft diese Regierung der Wähler. (Abg. Böhacker: Hat aber keinen Applaus ...! – Abg. Neudeck: Das haben sie nicht verstanden! Sag es ihnen noch einmal!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu anderen Ländern der EU hat unser Finanzminister seinen ganzen Ehrgeiz in die Erreichung des Nulldefizits auf Punkt und Beistrich gesetzt und die Infrastruktur sträflich vernachlässigt. Jetzt sagt der neue Verkehrsminister – zum Glück, das möchte ich dazusagen –, dass er für die Bahnstrecke Wien – St. Pölten grünes Licht gibt, was einen Auftragsschub von 10 Milliarden Schilling oder 727 Millionen € bewirkt, wofür wir ihm, das muss ich sagen, dankbar sind. Aber warum geschah das nicht vor einem Jahr? – Da wäre die Wirkung in der Baubranche und damit in der Gesamtwirtschaft eine ganz andere gewesen.

Außerdem können wir, was die angespannte Verkehrssituation betrifft, die verlorene Zeit nicht mehr gutmachen und werden in einigen Jahren auf der A 1 ein Verkehrschaos erleben, das sich gewaschen hat. Noch dazu wissen wir vom Wifo und von anderen, dass zirka 60 Prozent aller Investitionen in Form von Steuern und Beschäftigungseffekten wieder an den Staat zurückfließen. Überlegt man außerdem, dass durch dieses Mehr an Beschäftigung die Kaufkraft wesentlich stärker geworden wäre, dann wird diese Kaputtspar-Philosophie immer unverständlicher.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das trifft nicht nur die Bauindustrie, sondern das gesamte Baunebengewerbe, all die vielen Handwerker, den Handel und in weiterer Folge auch die Dienstleistungen. Ich habe vor ganz kurzer Zeit einen größeren Umbau getätigt und war zwar auf der einen Seite sehr froh, weil ich jeden Handwerker, den ich brauchte, sofort bekam – ich habe nicht einen einzigen Tag warten müssen –, aber ein gutes Zeichen ist das nicht. Wenn mehr Arbeit vorhanden wäre, hätte man genauso wie früher 14 Tage oder drei Wochen lang warten müssen. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Das ist meiner Ansicht nach nicht unbedingt ein gutes Zeichen. (Abg. Neudeck: Wenn Sie weniger Statistik machen und mehr ...!) Das ist eindeutig verfehlte blau-schwarze Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Uns ist klar, dass die Situation sehr stark auch von internationalen Entwicklungen verursacht worden ist. (Abg. Neudeck: Aber schuld ist die Regierung!) Aber eine nationale Gegensteuerung wäre sicherlich nicht von der Hand zu weisen gewesen.

Ich bin Frau Kollegin Petrovic sehr dankbar dafür, dass sie im Zuge dieses Gesetzes die KMUs, die klein- und mittelständischen Unternehmer, in die Debatte gebracht hat. Wenn wir schon über Konjunktur reden – und wir müssen darüber reden –, dann reden wir doch auch von diesem wichtigen Wirtschaftsfaktor KMUs, klein- und mittelständische Unternehmer! Nicht nur General Motors und andere Flaggschiffe sind wichtig. (Abg. Böhacker: Wie viele Jahre ...?) Wir, die Klein- und Mittelständler, sind 85 Prozent aller Betriebe in der Wirtschaft. Wir erbringen über 60 Prozent der gesamten Wertschöpfung dieses Landes. Wir sind diejenigen, die mit 70 Prozent die meiste Umsatz- und Einkommensteuer bezahlen. Wir sind diejenigen, die 90 Prozent aller Lehrlinge ausbilden.

Was haben Sie uns, den klein- und mittelständischen Betrieben, an Konjunkturbelebung anzubieten, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen? – Ja, Sie ha


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ben schon an uns gedacht: Sie haben uns das Entgeltfortzahlungsgesetz gekillt. Das war ein einziger Horror! Sie haben uns den Investitionsfreibetrag gestrichen – das ist der nächste Horror. Sie haben uns das Beschaffungsgesetz beschert, und Sie haben mit Ihrer Infrastrukturpolitik den ländlichen Raum schwerstens geschädigt. Das sind die "Konjunkturbelebungen" für die klein- und mittelständischen Betriebe, für die wir Ihnen alles andere als dankbar sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend: Frau Dr. Papházy hat in einem Satz gegen Ende ihrer Rede gesagt, die Mitarbeiter des AMS seien die Wölfe im Schafspelz. – Ich werde ihnen das ausrichten. Das ist eine nette Grußbotschaft, die Sie heute hier abgegeben haben! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

14.07

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dass sich Österreich in einem derzeit volkswirtschaftlich schwierigen Umfeld gut gehalten hat, zeigen die im Vergleich zu Deutschland wesentlich besseren Zahlen, sowohl beim Wirtschaftswachstum als auch bei den Beschäftigungsdaten. Dass Österreich durch Blau-Schwarz besser regiert wird als Deutschland durch Rot-Grün, zeigt das vorliegende, nun zu beschließende Konjunkturbelebungsgesetz.

Die Bundesregierung hat bereits am 11. Dezember des Vorjahres ein modernes, intelligentes Konjunkturprogramm vorgestellt. Demgegenüber hat die SPÖ mit zwei Grundfehlern Schiffbruch erlitten: "Der Staat schafft Arbeitsplätze" ist genauso unrichtig wie die SPÖ-Philosophie "Schulden schaffen Arbeitsplätze". Wirkliche Konjunkturbelebung und damit die Sicherung von Arbeitsplätzen erreicht man durch gezielte Maßnahmen: erstens durch eine Verwaltungsreform, zweitens durch Investitionen in die Zukunft, wie steuerliche Anreize für Bildung, Forschung und durch Exportförderung, sowie drittens durch die Entlastung der Bürger. Sowohl die Liberalisierung von Gas und Strom – die in Wien durch einen Durchleitungszuschlag konterkariert wird – als auch die Förderung der Familie durch das Kindergeld sind richtige Maßnahmen.

Wifo-Chef Kramer meint: Der nationale Spielraum für Konjunkturbelebung im klassischen Sinn ist begrenzt. Eine intelligente Konjunkturpolitik kostet viel, aber nicht Geld, sondern Ideen und Organisation. Das ist viel schwerer, als Geld auszugeben. Das vorliegende Programm setzt die richtigen Akzente in die richtige Richtung, so Wifo-Chef Kramer.

Die Einführung eines neuen Forschungsfreibetrages sowie einer Forschungsprämie sowie die Anhebung des Bildungsfreibetrages sind Steuervorteile mit Wirkung in die Zukunft. Sozialistische Politik war es, die Zukunft unserer Kinder mit Schulden zu belasten. Im Gegensatz dazu nimmt diese Regierung Steuerausfälle zugunsten von Bildung und Forschung bewusst in Kauf. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Durch diese Konjunkturbelebungsmaßnahmen und das Nulldefizit werden die falschen sozialistischen Konzepte, die zu unzähligen Pleiten geführt haben, endgültig entsorgt. Da die Wiener Wirtschaft – bedingt durch die heute bereits mehrfach angesprochene Belastungswelle des sozialdemokratischen Landeshauptmannes Häupl – schon besonders stark belastet ist und da durch die Maßnahmen der absoluten SPÖ-Mehrheit in Wien dieses Konjunkturbelebungspaket konterkariert wird, ersuche ich den Finanzminister, für die Wiener klein- und mittelständische Bauwirtschaft weitere Konjunkturbelebungsmaßnahmen als Notmaßnahme gegen die sozialdemokratische Belastungswelle in Wien zu setzen.

Dem Ex-Finanzminister Edlinger sei gesagt: Er hat es zu seiner Zeit nicht geschafft, Österreich gesundzureden. Er wird auch jetzt mit dem Krankreden nicht Recht bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Kollege Edlinger! Dass Sie und Ihre Genossen schlecht regiert haben, weiß bereits jeder. Die heutige Debatte hat aber wieder eindrucksvoll gezeigt, dass Sie in der Opposition noch wesentlich schlechter sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. – Bitte.

14.11

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Schwemlein, sag die Wahrheit!) In der Zusammenfassung zu dieser Debatte kann eindeutig festgestellt werden, dass dieses Konjunkturbelebungsgesetz nicht einmal den Namen verdient. Ich beweise Ihnen, warum dieses Gesetz nicht konjunkturbelebend ist (Abg. Neudeck: Das ist klass, wenn es einer zusammenbringt, der es nicht versteht!): weil kein einziger der konjunkturrelevanten Faktoren durch dieses Gesetz betroffen ist.

Ich nehme einen Teilbereich heraus und spreche zur Freizeit- und Tourismuswirtschaft. Da schauen wir uns einmal an, ob Sie die Möglichkeit wahrgenommen haben, für die Arbeitgeber und für die Arbeitnehmer etwas zu tun. Ich sage Ihnen vorweg: Sie haben diese Möglichkeit nicht wahrgenommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Beispiel für die Wirtschaft: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir sind in der Debatte um Basel II. Ich habe Ihnen das letzte Mal in der Fragestunde eine Frage gestellt, und Sie haben sie nicht umfassend beantwortet. Was mir fehlt, ist – und es hätte heute die Chance gegeben, uns dies aufzuzeigen –: Was alles tun Sie für die betroffenen Betriebe zur Entlastung, bis Basel II eintrifft? Was an Entlastungen und an Hilfestellungen bieten Sie an? – Nichts dergleichen war heute zu hören, und auch nicht in der Vergangenheit!

Zweiter Punkt: Mit Ihrer Einstellung betreffend das Nulldefizit haben Sie eine massive Budgeteinschränkung für die Länder und Gemeinden herbeigeführt, was zur Folge hat, dass gerade die investitionsfreudigen Gemeinden nicht in der Lage sind, an die Wirtschaft jene Aufträge weiterzugeben, die in der heutigen Zeit dringend notwendig sind.

Jetzt schauen wir uns – nach all Ihrem Versagen und Nichtstun für die Unternehmerseite – einmal an, was alles Sie zur Besserstellung und zur Belebung für die Arbeitnehmer nicht machen. Es ist Ihnen gelungen, innerhalb kürzester Zeit die Einkommen der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dramatisch zu reduzieren, zu kürzen. Wir liegen in der Einkommensentwicklung an vorletzter Stelle. Das ist eine Schande für Ihre Wirtschafts- und Einkommenspolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist Ihnen gleichzeitig nicht gelungen, dafür zu sorgen, dass die soziale Sicherheit in Österreich einen Fortbestand der erfolgreichen Politik der Sozialdemokratie erfährt. Im Gegenteil, Ihr Finanzminister teilt uns heute mit – und jeder, nehme ich an, kennt diese Presseaussendung –, dass es in Zukunft noch weniger Fürsorge in Österreich geben muss. Noch weniger Fürsorge – meine Damen und Herren, das heißt, dass die Einkommensstarken es sich richten und Gesundheit in Anspruch nehmen können, hingegen die Einkommensschwächeren durchfallen werden. Das ist die Zielsetzung Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das hast du leider missverstanden!)

Der nächste Punkt: Sie machen nichts für die Attraktivität des Arbeitsplatzes, meine Damen und Herren, im Besonderen nicht in der Freizeit- und Tourismuswirtschaft. Nein, Sie antworten darauf, indem Sie die Saisonnier-Kontingente erhöhen wollen, was genau kontraproduktiv und verkehrt ist. Auch dafür sollten Sie sich schämen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nürnberger, Heidrun Silhavy, Schwemlein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Saisonierregelung im Integrationspaket

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, durch gesetzliche Maßnahmen sicherzustellen, dass es zu keiner quantitativen Ausweitung des Saisonierstatus kommt, die zu einer Verschlechterung der Arbeitsmarktsituation für In- und AusländerInnen führen würde."

*****

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, im Sinne der österreichischen und der ausländischen, in Österreich tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. Sie würden mit dieser Zustimmung auch zu einer qualitativen Verbesserung in der Arbeitswelt beitragen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in ausreichendem sachlichem Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und daher auch mit zur Verhandlung beziehungsweise zur Abstimmung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über ein Konjunkturbelebungsgesetz 2002 samt Titel und Eingang in 1039 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich lasse zunächst über den Zusatzantrag abstimmen und dann über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages sowie des Verlangens auf getrennte Abstimmung.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung von Artikel 1 bis 3 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest. (Abg. Dr. Khol: Jetzt geht es ja!)

Schließlich kommen wir zur getrennten Abstimmung von Artikel 4 bis 10 des Gesetzentwurfes sowie Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Kopf, Dipl.-Ing. Hofmann, Kolleginnen und Kollegen.


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Ich bitte jene Abgeordneten, die dafür sind, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wachstumsprogramm für Österreich – Sicherung von Zukunft, Wohlstand und Beschäftigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das Rot-Grün geht aber nicht weit!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Abg. Dr. Khol: Siehst, jetzt geht es auf einmal!)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten ... (Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ, Freiheitlichen und ÖVP.)  – Meine Damen und Herren! Sie werden nicht wissen, über welchen Antrag wir abstimmen, wenn Sie sich die ganze Zeit darüber unterhalten!

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Nürnberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Saisonnierregelung im Integrationspaket.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz und das Bundesfinanzgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1040 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1040 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Dipl.-Ing. Hofmann, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Nürnberger  – in Richtung Freiheitliche –: Das sind richtige Arbeitnehmervertreter!)  – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle neuerlich eine Mehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

3. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (948 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Transparenz von Preisen für Erdöl, Mineralölerzeugnisse, Gas, Strom, Arzneimittel sowie der Preisauszeichnungsvorschriften (Preistransparenzgesetz) geändert wird (1041 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Entschließungsantrag 580/A (E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) zur Unterbindung ungerechtfertigt hoher Zuschläge für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (1042 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen unmittelbar in die Debatte ein. Als Erster hat sich Herr Abgeordneter Marizzi zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.21

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Dieses Gesetz, das Preistransparenzgesetz, ist eine Konsensmaterie. Ich glaube, diese Preistransparenz für Energiepreise und Arzneimittel ist eine sehr gute Vorbereitung gewesen, weil damit in Österreich und europaweit die Energiepreise besser kontrolliert werden können. Daher stimmen wir diesem Gesetz auch zu.

Wir haben selbstverständlich bemerkt, dass bei der Einführung des Euro eine gewisse Zusammenarbeit der Sozialpartnerschaft notwendig war. Diese war auch gut, und man hat gesehen, dass in Europa und auch in Österreich mit der Preisauszeichnung eine entsprechende Preisstabilität gegeben war.

Ich glaube, wir müssen jetzt nicht im Detail anführen, welche Aufgaben der Herr Bundesminister hat. Im Wesentlichen haben die Mineralölindustrie, die Fachverbände und der Brennstoffhandel die Aufgabe, dem Wirtschaftsminister zu berichten. Der Wirtschaftsminister soll der EU die entsprechenden Informationen geben. Der Bundesminister für Wirtschaft und Soziales ist weiters verpflichtet, Verordnungsermächtigungen zur Festsetzung der näheren Regelungen zu erstellen.

Worum geht es? – Es geht hauptsächlich darum, die Preise für Erdöl, Mineralölerzeugnisse, Gas und Strom sowie Arzneimittel statistisch zu erfassen. Es sind keine Lenkungs- und Wettbewerbselemente vorhanden; vielleicht werden diese später kommen, das wäre richtig und wichtig für die Konsumenten. Es ist, wie gesagt, eine statistische Erfassung.

Herr Bundesminister! Sie kennen sicherlich die Anzahl der Tabellen. Man sieht darin, wenn man sich das genau anschaut, die Rohölpreise und dann die Benzinpreise. Man sieht, Österreich liegt im Mittelfeld. Wenn jetzt auf Grund der aktuellen Ereignisse der Preis für Rohöl um 10 Prozent gestiegen ist, dann wirkt sich das voll auf den Konsumenten und auf die Wirtschaft aus.

Der Bereich Energie und Energiepolitik ist selbstverständlich auch ein wichtiger Faktor der Wirtschaftspolitik. Wenn die Kriegsgefahr im Nahen Osten die Ölpreise hinauftreibt, dann ist das


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schlecht für unsere Wirtschaft. Ich hoffe, dass dort eine Stabilisierung eintreten wird und die Energiepreise unten bleiben.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass es für mich ein wesentlicher Punkt ist – und ich sage das, weil das auch der nächste Tagesordnungspunkt ist –, dass Atomstrom subventioniert ist. Atomstrom ist hoch subventioniert, und zwar durch die Militärwirtschaft sowie deshalb, weil keine Versicherung und keine Abbruchkosten berücksichtigt werden. Daher werden wir Sozialdemokraten wahrscheinlich in nächster Zeit bei der Europäischen Union entsprechende Aktivitäten setzen, Herr Bundesminister, um eine Wettbewerbsklage gegen die subventionierte Atomstrompolitik einzubringen. So können wir Atomstrom bekämpfen, und das ist meiner Ansicht nach auch ein wichtiges Zeichen für die Energiepolitik. – Ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

14.25

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben einigen anderen Reformen, die diese Bundesregierung in den letzten zwei Jahren durchgeführt hat, war eine auch die zur Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes. Dies hat allein beim Strom dem Konsumenten – sowohl den einzelnen Haushalten als auch den Unternehmen in Österreich – in Summe eine jährliche Ersparnis in der Größenordnung von etwa 10 Milliarden Schilling gebracht.

Wir nutzen unsere politische Verantwortung selbstverständlich nicht nur dazu, den Konsumenten Preisvorteile zu verschaffen. Es gilt insbesondere in der Energiepolitik, auch Faktoren wie der regionalen Entwicklung oder einer möglichst ökologischen Aufbringung des Stroms Rechnung zu tragen. Deshalb haben wir im ElWOG aus gutem Grund Bestimmungen aufgenommen, die es den Ländern, die ja dafür zuständig sind, ermöglichen, Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu fördern und die Kosten dafür über Netzzuschläge auf die Allgemeinheit, auf die Konsumenten zu verumlagen.

Das machen einzelne Bundesländer sehr verantwortungsvoll, sowohl was das Ökologische, aber auch was das Kaufmännische betrifft. In Wien hingegen müssen wir leider feststellen, dass hier – aus welchen Gründen auch immer – völlig ungerechtfertigt hohe Zuschläge auf die Netzgebühren zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen eingehoben werden. Von diesen ist eine erst vor nicht allzu langer Zeit errichtet worden, nämlich jene in Donaustadt, und da muss man sich hinsichtlich der Dimensionierung und des dem gegenüberstehenden Verbrauchs wirklich fragen, ob diese Anlage notwendig war.

Das heißt, in Wien werden die Konsumenten, die ungefähr drei Milliarden an Preisvorteilen lukriert haben, umgekehrt wieder mit einer Milliarde Schilling an Aufschlägen, an Zuschlägen zum Strompreis belastet, und davon ist mindestens die Hälfte ungerechtfertigt, wie alle Berechnungen des Stromregulators zeigen. Deshalb liegt nun hier unser Entschließungsantrag vor, der heute zur Abstimmung kommt.

Wir müssen – und ich weiß auch, dass der Herr Bundesminister bereits daran arbeitet und mit den Bundesländern darüber verhandelt – eine neue Regelung finden, die entweder die E-Control in die Lage versetzt, solche ungerechtfertigt hohen Zuschläge und solche Verordnungen außer Kraft zu setzen, wenn die Berechnungen eindeutig zeigen, dass sie nicht okay sind, oder indem wir gesetzlich eine Möglichkeit dafür schaffen, solche Verordnungen generell bundesseitig zu machen. Dabei möchte ich gleich mit einer Vorstellung der Stadt Wien aufräumen und ihr eine klare Absage erteilen. Wir werden es sicher nicht akzeptieren, dass man solche ungerechtfertigt hohen Zuschläge aus Investitionen, die zum Teil fragwürdig sind, auf alle Konsumenten in Österreich, auch in allen anderen Bundesländern, verumlagen will, wie es in der Öffentlichkeit beispielsweise von Herrn Stadtrat Rieder schon zu hören war. Das werden wir sicherlich nicht dulden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Ich sage ganz klar, wir sind daran interessiert, dass es hier eine saubere Regelung gibt, dass es eine Möglichkeit zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern gibt und dass wir dazu auch solche Zuschläge einheben. Das ist in Ordnung, das ist ökologisch und politisch absolut erwünscht – aber nicht mit solchen Auswüchsen! Diese gilt es hintanzuhalten.

Herr Bundesminister! In diesem Sinn möchte ich Sie sehr herzlich bitten, entsprechende Maßnahmen auch auf Basis dieses Entschließungsantrages zu setzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

14.29

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das sind ja jetzt neue Töne, die ich da aus der ÖVP höre, sichtlich als Reaktion auf unsere Kritik in den letzten Jahren, als wir Grünen stets betont haben: Auf Bundesebene bedarf es unbedingt einheitlicher Regelungen für Ökostrom beziehungsweise für Öko-Zuschläge.

Dieser uns jetzt vorliegende Entschließungsantrag greift meiner Meinung nach viel zu kurz. Man muss die gesamte Problematik, diesen dahinter stehenden, falsch verstandenen Föderalismus, den es hiezu in den letzten Jahren gegeben hat, aufarbeiten. Das Ganze gehört komplett neu gestaltet, um zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum für das Produkt Ökostrom zu kommen. In Österreich haben wir über 400 verschiedene Tarife; Kollege Kopf weiß das. In den einzelnen Bundesländern gibt es teilweise haarsträubende Unterschiede!

Dazu folgender Vergleich: Bei fester oder flüssiger Bio-Masse gehen die Tarife von 45 bis 240 Groschen pro Kilowattstunde auseinander, also eine enorme Spannweite! Bei Photovoltaik sind diese Unterschiede noch ärger: 45 bis 1 000 Groschen pro Kilowattstunde!

Was die spezielle Wien-Problematik betrifft: Wir Grünen bekennen uns zur Förderung von KWK-Anlagen, die das Rückgrat einer modernen Stromversorgung darstellen könnten und daher auch einen Förderzuschlag bekommen sollen. Was ich jedoch nicht für sinnvoll halte, ist, dass das nur auf der Wiener Ebene den StromkundInnen zugeschlagen wird; da wäre ein bundesweiter Ausgleich sinnvoll.

Was ich mir bei diesem Entschließungsantrag gewünscht hätte, ist, dass man die Eckpunkte dieser Neuregelung noch einmal umschreibt, Eckpunkte, die da heißen: einheitliche Vorgaben für Ökostrom bundesweit, und zwar auf möglichst hohem Niveau, nicht aber ein Angleichen an das niedrigste Niveau, so, worauf es im Moment bei den Verhandlungen hinausläuft, sondern, nochmals: ein Angleichen auf höchstem Niveau. Warum? – Das Innovationspotenzial, das auf diesem Gebiete verborgen liegt, ist gewaltig! Andere Länder haben uns das vorgezeigt.

In diesem Zusammenhang erwähne ich jetzt einmal andere Beispiele als die sonst immer genannten: In Skandinavien hatte die Förderung von Ökostrom äußerst positive Auswirkungen, ebenso in Belgien, in England, Wales, Dänemark, Deutschland und Spanien. In diesen Ländern konnte das gewaltige Beschäftigungspotenzial, das in der Förderung erneuerbarer Energieträger schlummert, genützt werden.

Ich erwähne beispielsweise nur die Windkraft-Industrie: In Deutschland und Spanien konnten dadurch 20 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, in Dänemark 18 000. Da geht es um Potenziale, die man auch in Österreich nützen und erweitern sollte.

Gute Voraussetzungen gibt es in Österreich im Bereich Wind und Bio-Masse – aber dazu bedarf es einheitlicher und bundesweiter Rahmenbedingungen. (Beifall bei den Grünen.)

Was mir bei diesem Entschließungsantrag weiters fehlt – und auch deswegen können wir diesem Antrag, der, wie gesagt, viel zu kurz greift, nicht unsere Zustimmung erteilen –: Warum


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versuchen Sie nicht wenigstens einmal, ernsthaft über eine ökologische Steuerreform zu diskutieren? – Dann würden sich doch solche Probleme wie einheitliche Förderzuschläge, Invest-Förderzuschläge endgültig erledigen, wenn die Rahmenbedingungen auf Marktseite verändert werden – und nicht nur geredet und gegen Atomstrom-Importe gewettert wird! Bei der Energiesteuer sollte eine ökologische Differenzierung gemacht werden, und zwar was die Produktion betrifft.

Warum wollen Sie von den Regierungsparteien nicht einmal darüber nachdenken, Ökostrom beispielsweise grundsätzlich von der Energiesteuer zu befreien oder vielleicht nur mit 10 Groschen zu besteuern, hingegen etwa eine Besteuerung bis zu 30 Groschen pro Kilowattstunde für Atom-Strom vorzusehen? – Das sind durchaus Modelle, die im Sinne der österreichischen Bevölkerung liegen.

Abschließend: Ich möchte nicht, dass bei diesen Verhandlungen das Gleiche wie beim letzten Mal passiert, dass nämlich Grüne dabei ausgeladen, ausgegrenzt werden – und es nur Drei-Parteien-Verhandlungen gibt. Wir Grünen haben auch in diesem Bereich sehr viel Positives einzubringen. Was wir wollen: bundesweit einheitliche, gute Rahmenbedingungen für Öko-Strom; dazu haben wir auch einige Vorschläge vorgelegt.

Es ist äußerst undemokratisch, wenn hier wieder hinter verschlossenen Türen Drei-Parteien-Verhandlungen geführt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Da müssen Sie zustimmen! Sie sind aber immer gegen alles!)

14.33


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

14.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird eine Novelle des Preistransparenzgesetzes geben, und zwar infolge einer EU-Rat-Entscheidung. Dabei geht es um ein gemeinschaftliches Verfahren über die Kosten der Versorgung mit Rohöl einerseits sowie über Verbraucherpreise für Mineralöl-Erzeugnisse andererseits, ein gemeinschaftliches Verfahren, das eben mit dieser Novelle in Österreich vollzogen werden soll.

Mit dieser Novelle wird sowohl die Erhebung dieser Daten als auch die Übermittlung der Informationen durch die Fachverbände der Mineralöl-Industrie an den Wirtschaftsminister geregelt, wobei der Wirtschaftsminister seinerseits wiederum die EU-Kommission zu informieren hat. Nähere Regelungen hiezu können dann per Verordnungsermächtigungen durch Sie, Herr Minister, veranlasst werden.

Zum ElWOG. Ich verhehle nicht: Niemand hat sich gewünscht, dass dieser Antrag überhaupt notwendig wird. Es ist dies, was wir hier in Wien erleben dürfen, ein Beispiel wirtschaftsfeindlicher Politik, nämlich die der Strompreis-Erhöhung und der Belastung der Bürger. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Durch das ElWOG 2000 wird der Einsatz erneuerbarer Energieträger forciert; es gibt entsprechende Schutzmaßnahmen für die im Zuge der Liberalisierung unrentabel werdenden Kraft-Wärme-Kopplungen. Es gibt Ausführungsgesetze zur verpflichtenden Stromabnahme für Netzbetreiber bei angeschlossenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie eine Bestimmung betreffend Mindest-Einspeisetarife. Es besteht die Notwendigkeit, diese ungerechtfertigt überhöhten Netzzuschläge künftig hintanzuhalten – was diesen Antrag, der eben jetzt auf dem Tisch liegt, unabdingbar notwendig macht.

Es muss eine Möglichkeit geschaffen werden, damit das auch in Wien – genau wie in anderen Bundesländern – mit den entsprechenden Netzzuschlägen, allerdings maßvoll, angepasst und nicht überhöht, funktioniert. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

14.37

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion kann dem vorliegenden Entschließungsantrag der Kollegen Kopf und GenossInnen nicht zustimmen ... (Rufe bei den Freiheitlichen: Nicht Genossen! Kollegen!) Kollegen – wie Sie wollen! Wir können diesem Antrag also nicht zustimmen und befinden uns mit dieser ablehnenden Haltung in sehr guter Gesellschaft. (Abg. Wochesländer: Mit den Grünen!) Nicht mit den Grünen, meine Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Das ist keine gute Gesellschaft, schließe ich daraus! – Neuerlicher Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zur Kenntnis bringen darf ich Ihnen die Absender eines Schreibens an den Wirtschaftsminister, und zwar ist dieses Schreiben mit 10. Jänner 2002 datiert: der Landeshauptmann von Wien, Häupl, sowie Ihr Parteifreund, meine Damen und Herren von der ÖVP, nämlich der Landeshauptmann von Niederösterreich, Pröll, der den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Bartenstein über eine Resolution des Niederösterreichischen Landtages informiert.

Da ich nicht viel Redezeit zur Verfügung habe, möchte ich mich auf das Wesentliche dieses Schreibens beschränken – ich zitiere aus dem vorletzten Absatz dieses Schreibens an Bundesminister Bartenstein –:

Im Interesse des Klima- und Umweltschutzes, aber auch im Interesse eines funktionsfähigen Wettbewerbes in der österreichischen E-Wirtschaft hat der Landtag von Niederösterreich – im Einklang mit Wiener Überlegungen – eine Resolution beschlossen, mit der der Bund ersucht wird, die rechtlichen Grundlagen für einen bundesweiten Ausgleich und einheitliche Bedingungen für Öko- und Klein-Wasserkraftwerke sowie KWK zu schaffen, die einen fairen und diskriminierungsfreien Wettbewerb zulassen. Wir ersuchen Sie daher, so rasch als möglich eine bundeseinheitliche Lösung umzusetzen und für einen fairen Ausgleich im Interesse der Endkunden zu sorgen. – Zitatende.

Absender: der Wiener Landeshauptmann Häupl sowie der Landeshauptmann von Niederösterreich Pröll; unterzeichnet mit: "Dein Erwin Pröll".

Da der vorliegende Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf und Kollegen zu kurz greift – das wurde ja bereits angesprochen –, erlauben uns wir von der SPÖ, einen eigenen Entschließungsantrag einzubringen, wobei Sie in diesem vorliegenden Antrag all jene Punkte finden, die die beiden Landeshauptleute von Wien und Niederösterreich dem Wirtschaftsminister – in schönster Übereinstimmung! – mitgeteilt haben.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine bundeseinheitliche Regelung hinsichtlich der Zuschläge für Ökostrom, Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplung

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 30. Juni 2002 einen Gesetzesvorschlag zuzumitteln, der einen bundesweiten Ausgleich und einheitliche Bedingungen für Öko- und Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen schafft und einen fairen und diskriminierungsfreien Wettbewerb zulässt.

*****


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Damit, Herr Bundesminister, wissen Sie Bescheid, unter welchen Kriterien wir von der SPÖ bereit sind, über eine Materie zu verhandeln, die auch einige Punkte beinhaltet, für deren Umsetzung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in ausreichendem sachlichem Zusammenhang mit der Verhandlungsmaterie und damit auch zur weiteren Verhandlung beziehungsweise Abstimmung.

Der gesamte Entschließungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine bundeseinheitliche Regelung hinsichtlich der Zuschläge für Ökostrom, Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplung

Die derzeitigen Bestimmungen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ELWOG) sehen unterschiedliche Regelungen für die Förderung umweltfreundlicher Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie bzw. bei Kraft-Wärme-Kopplungen vor.

Während für die Kleinwasserkraft ein Zertifikatsystem eingeführt wurde, ist das System für die Ökoenergie (Biomasse, Biogas, Wind und Sonne) sowie für die sogenannte KWK-Energie durch eine gesetzliche Abnahmepflicht zu Mindestpreisen und die Abdeckung der daraus resultierenden Mehraufwendungen durch ein "Zuschlagssystem" zum Systemnutzungstarif gekennzeichnet. Mehraufwendungen für Kleinwasserkraft, Öko- und KWK-Energie belasten die Kunden in den Bundesländern je nach Situation unterschiedlich.

Aufgrund der bislang gewonnenen Erfahrungen sollte jedoch hinsichtlich der Behandlung der Einspeisungen aus unterschiedlichen Primärenergiequellen eine österreichweit einheitliche Vorgangsweise gefunden werden, weil letztendlich für die Kunden die Summe aller Kostenbestandteile wesentlich ist. Daraus resultierende Mehraufwendungen und Belastungen sollten nach einheitlichen Preisen und Regelungen mit einem österreichweiten Ausgleichsmodus geregelt werden, damit ein fairer und diskriminierungsfreier Elektrizitätsmarkt tatsächlich entstehen kann.

Zur Erreichung des Kyoto-Zieles (minus 13%-klimawirksamer Gase bis 2010 gegenüber dem Basisjahr) wird die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energie im Rahmen des – leider von der Bundesregierung noch immer nicht vorgelegten – Nationalen Klimaschutzplans eine zentrale Rolle einnehmen.

Im Interesse des Klima und Umweltschutzes, aber auch im Interesse eines funktionsfähigen Wettbewerbs in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft sowie einheitlicher Wirtschaftsstandortbedingungen in Österreich sollten die rechtlichen Grundlagen für einen bundesweite Ausgleich und einheitliche Bedingungen für Öko- und Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen geschaffen werden, die einen fairen und diskriminierungsfreien Wettbewerb zulassen. Diesbezügliche Überlegungen wurden bereits in mehreren Bundesländern angestellt. Unter anderem hat der Landtag von Niederösterreich bereits eine Resolution beschlossen, mit der der Bund ersucht wird, die rechtlichen Grundlagen für einen bundesweiten Ausgleich und einheitliche Bedingungen für Öko- und Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zu schaffen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 30. Juni 2002 einen Gesetzesvorschlag zuzumitteln, der einen bundesweiten Ausgleich und einheitliche


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Bedingungen für Öko- und Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen schafft und einen fairen und diskriminierungsfreien Wettbewerb zulässt.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster ist Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.40

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Entschließungsantrag, der von Herrn Abgeordnetem Oberhaidinger gerade vorgelegt und eingebracht wurde, ist für mich neu (das Mikrophon fällt für kurze Zeit aus), ich verhehle aber nicht, dass dessen prinzipielle Zielsetzung eine ist, über die man durchaus diskutieren kann. – Die Haustechnik ist heute gegen mich! (Ruf bei der SPÖ: Das war der Präsident!)  – Es ist denkunmöglich, dass Herr Präsident Fasslabend mir das Mikrophon abdreht – jedenfalls nicht vor der Zeit. (Heiterkeit.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie können von mir ebenso ein uneingeschränktes Ja zum Föderalismus in unserem Lande hören wie ein uneingeschränktes Ja zum einheitlichen Wirtschaftsraum Österreich.

Mit dem, was sich in Sachen Ökostrom-Zuschläge zurzeit in Österreich abspielt, begeben wir uns natürlich an die Grenzlinie zwischen diesen beiden Bejahungen, die darin besteht, auf der einen Seite die Länder und ihre Kompetenzen anzuerkennen – diese stehen ihnen verfassungsrechtlich zu, und die Zustimmung mancher Bundesländer zum ElWOG war letztlich auch an die Bedingung, solche Zuschläge einheben zu können, gebunden –, und auf der anderen Seite Wildwüchse und Auswüchse zu verhindern, die in einzelnen Bundesländern die Effekte der Stromliberalisierung zumindest reduzieren. – Um nichts anderes geht es, wenn in Wien über 10 Groschen – oder 0,74 Cent – pro Kilowattstunde allein an KWK-Zuschlag eingehoben werden.

Das ist ein Standortfaktor. Ein Unternehmen wie Borealis, das durchaus im internationalen Wettbewerb steht, hat allein aus diesem Titel eine Strommehrrechnung von rund 3,5 Millionen € pro Jahr zu gewärtigen. – Das ist nicht wenig.

So gesehen steht dieses Einvernehmen zwischen den Landeshauptleuten von Wien und Niederösterreich durchaus auch im Einklang mit Landtagsbeschlüssen in der Steiermark und im Burgenland, in Richtung eines österreichweit einheitlichen Ökostrom-Zuschlages zu verhandeln. – Dem stellen wir uns, und diese Verhandlungen sind im Laufen. Es sind jedoch nicht alle Bundesländer dieser Meinung; das füge ich auch hinzu.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Oberhaidinger! Aus diesem Einklang wird aber ein Zweiklang, wenn es darum geht, wo denn die WIENSTROM diese Zuschläge verrechnen darf. Ich glaube nicht, dass da ein gemeinsames Schreiben der beiden Landeshauptleute an mich gerichtet sein könnte, denn wenn 20 000 Unternehmungen und 240 000 Haushalte in Niederösterreich den Wiener KWK-Zuschlag zu bezahlen haben, so mag das zwar von einem Universitätsprofessor durch ein Gutachten abgedeckt sein, wir  – der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und Herr Professor Heinz Mayer – sehen das anders. Wir erachten das als falsch und als nicht statthaft. Ich habe dem Wiener Landeshauptmann auch schon mitgeteilt, dass es nicht angeht, Wiener KWK-Zuschläge in Niederösterreich zu verrechnen und einzuheben. (Abg. Oberhaidinger: Die ÖVP-Kollegen in Kärnten wären aber nicht sehr begeistert!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesen beiden Themen haben wir es also zu tun. Ich bin, wie gesagt, offen für vernünftige Gespräche, respektive werden sie unter der Federführung meines Hauses auch bereits geführt. Es kann aber nicht sein, dass verfehlte Investitionsentscheidungen von Wien dann auf dem Rücken aller Stromkunden Österreichs ausgetragen werden. – Das kann nicht die Lösung sein, aber so weit sind wir auch noch nicht.


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Ich bin da ganz der Meinung von Herrn Abgeordnetem Kopf, der gemeint hat, im Idealfall gibt es eine Einigung auf einen österreichweit einzuhebenden Ökostrom-Zuschlag, der ökologische Wege der Stromerzeugung auf diese Weise durch einen KWK-Zuschlag umfasst.

Im Nicht-Idealfall, gewissermaßen als Rückfallposition, ist natürlich eine gesetzliche Möglichkeit – für wen auch immer: für die E-Control oder auch für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit – vorstellbar, ungerechtfertigte Auswüchse hintanzuhalten, die da zum Beispiel lauten, 10,2 Groschen – 0,75 Cent – pro Kilowattstunde KWK-Zuschlag allein in Wien. – Das ist standortschädlich und durch nichts zu rechtfertigen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

14.44

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Entschließungsantrag ist leider notwendig geworden; eine Änderung des ElWOG wird notwendig. – Ich nenne die Dinge ganz gerne beim Namen: Verursacher des Ganzen ist der Landeshauptmann von Wien, Herr Dr. Häupl. (Abg. Oberhaidinger: Ich würde mir einmal das ElWOG anschauen, dann wissen Sie, wer die Ursache ist!)

Den Landeshauptleuten kommt eine wichtige Rolle bei der Förderung von Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu. Zur Erklärung für Sie von der SPÖ: Die Landeshauptleute bestimmen die Mindesteinspeisetarife und den Zuschlag zum Systemnutzungstarif.

Während in anderen Bundesländern die Landeshauptleute bei der Veranschlagung der Aufschläge verantwortungsvoll gehandelt haben (Abg. Oberhaidinger: Ja, ja! Sie haben zum Beispiel gar nichts gemacht!)  – Vorbild ist einmal mehr der Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider, auch wenn es Ihnen nicht passt (Abg. Oberhaidinger: Der hat natürlich die RWE hinter sich!)  –, ist Landeshauptmann Häupl völlig aus der Rolle gefallen. Das ist ein Faktum! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Während der Aufschlag in Kärnten 1,92 Groschen pro Kilowattstunde beträgt, werden in Wien unter Landeshauptmann Häupl 10,20 Groschen verrechnet. Ich meine, damit ist das Ende der Fahnenstange jetzt endlich einmal erreicht! Deshalb müssen jetzt wir hier im Parlament handeln, denn wir können nicht zulassen, dass die Wiener Bevölkerung unter diesen Belastungen von Landeshauptmann Häupl leidet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Bürgermeister Häupl betreibt aber nicht nur einen Raubzug beim Strompreis; es geht ja weiter! (Abg. Oberhaidinger: Da kennen Sie sich nicht aus! Das ist nicht unbedingt Ihr Thema, Herr Mainoni!) Beim Strompreis ist es natürlich grotesk: In Österreich sinken die Stromtarife durch die Liberalisierung des Strommarktes – in Wien hingegen steigen sie. Das ist sozialistische Politik!

Aber Landeshauptmann und Bürgermeister Häupl betreibt auch woanders einen Raubzug. Mit seiner absoluten Mehrheit im Wiener Gemeinderat hat Häupl eine weitere Belastungskeule vorbereitet: zum Beispiel Kürzungen der Wohnbauförderung um 90 Millionen €. Was bedeutet das? – Eine Verteuerung der monatlichen Raten bei neuen Miet- und Eigentumswohnungen um durchschnittlich 500 S!

Weiters gibt es eine Erhöhung der Tarife bei den Wiener Linien – geradezu eine Kostenexplosion: Einzelfahrscheine werden um 15 Prozent teurer, Jahreskarten um 10 Prozent. – Die SPÖ lässt grüßen!

Die Erhöhung der Müllgebühr, die Erhöhung der Wasser- und Kanalsteuer, all das sind Folgen der absoluten sozialistischen Mehrheit. – Das ist Ihre Art, zu wirtschaften! So ist es nun einmal!


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Da brauchen Sie aber nicht hier herauszukommen und uns zu erklären, was Wirtschaft bedeutet.

Es ist aber auch soziale Kälte, die in Wien Einkehr hält! In Wien! Ich hoffe, Sie kennen das Strategiepapier der Magistratsabteilung 47. Wenn nicht, erkläre ich Ihnen, was es beinhaltet: Kürzung bei der ambulanten Krankenpflege in Wien um 10 Prozent; Einstellung des Reinigungsdienstes für Pflegebedürftige; Kürzung von "Essen auf Rädern" um beinahe 50 Prozent; Kürzungen bei der Wiener Rettung; Schließung mehrerer Wiener Spitäler. So ist das, meine Damen und Herren!

Das Wiener AKH wird durch die Kürzung des Wiener Krankenanstaltenfonds um durchschnittlich 17 Millionen € im Jahr völlig ausgehungert und kaputtgespart. Das ist die soziale Kälte, die von der absoluten Mehrheit in Wien ausgeht! Das sollte Ihnen von der SPÖ einmal ins Stammbuch geschrieben werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag ist ein Akt der Notwehr , den wir hier setzen müssen, um Wiens Bevölkerung vor dem Schaden, der von der Wiener SPÖ und Bürgermeister Häupl verursacht wird, zu bewahren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

14.48

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zuerst einmal möchte ich Folgendes klarstellen: Dass dieser KWK-Zuschlag in den landesgesetzlichen Regelungen unterschiedlich abgefasst ist, ist eine Tatsache. Tatsache ist aber auch, dass Wien, Niederösterreich und die Steiermark als einzige Bundesländer diesen bereits eingeführt haben. Alle anderen haben überhaupt noch keine Regelung. – Das muss man auch einmal erwähnen!

Das ist so gekommen, weil dies eine besonders umweltfreundliche Maßnahme ist, die daher auch hohen Wirkungsgrad hat. Und dieses Finanzierungsinstrument soll auch angewendet werden; es ist letztlich auch für andere Ökostrom-Schienen verwendbar. Natürlich ist es sinnvoll, dies bundeseinheitlich zu regeln: Das ist durchaus auch ein Ziel, dem ich mich anschließen kann.

Jetzt komme ich aber zu dem, was wirklich Sache ist: Durch diesen KWK-Zuschlag soll eine gewisse Chancengleichheit mit den Betreibern anderer Kraftwerke hergestellt werden. Das bedeutet aber, dass zum Beispiel die Angriffe, die heute hier gegen Wien zu hören waren – das war eine durchgehende Linie –, doch auch überdacht werden müssen. Wien hat zum Beispiel dreieinhalb- bis viermal mehr KWK-Strom als andere Bundesländer, was eben bedeutet, dass in Wien eine besonders umweltfreundliche Maßnahme gesetzt wurde.

Wenn man auf diese Weise rechnet und etwa die Steiermark mit Wien vergleicht, so bedeutet das, dass die Steiermark im Zuschlag teurer wäre als Wien, wenn man gleiche Voraussetzungen schafft – das wären 10,28 Groschen gegenüber 10,10 Groschen. Das muss auch einmal gesagt werden, denn es wurde hier falsch dargestellt.

Abschließend noch Folgendes: Was hat Wien durch diese Politik bewirkt? – Wien hat dadurch eine CO2-Reduktion von 525 000 Tonnen pro Jahr erreicht! Ich möchte auch erwähnen, dass Wien in den letzten 25 Jahren immerhin die Schwefeldioxidbelastung um 99 Prozent und die Stickoxidbelastung um 89 Prozent gesenkt hat – eine Maßnahme, durch die sich Wien deutlich positiv von allen anderen Städten abhebt! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich auch noch sagen, dass Wien zum Beispiel eine CO2-Belastung von 5,4 Tonnen pro Kopf hat, während sie für Österreich 7,7 Tonnen pro Kopf beträgt, für Deutschland 12 Tonnen pro Kopf und für die USA 20 Tonnen pro Kopf!


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Sehr geschätzte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie bezeichnen in der heutigen Diskussion hier Maßnahmen, die genau in diese umweltpolitische Perspektive passen, als "unangemessenes Instrument"! Ich meine, dass man schon sehr genau untersuchen muss, in welchem Bereich gerechtfertigterweise Zuschläge berechnet werden, um auch im Sinne des Kyoto-Ziels zu handeln. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Graf. – Bitte.

14.52

Abgeordneter Ing. Herbert L. Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! – Bevor ich etwas Falsches sage: Herr Dr. Bauer, Ihr Manuskript liegt noch hier! (Abg. Dr. Martin Graf: Jetzt hat er sein Konzept vergessen!) Ich bekomme ja dann nur von Ihrer Seite Applaus, was Ihnen wahrscheinlich nicht gefallen würde. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich erinnere an die letzte Plenarsitzung, in der wir einstimmig die neuen Umweltförderungsgesetze beschlossen haben. Auch diese konstruktive Zusammenarbeit wurde von allen Parteien gelobt, weil wir nämlich etwas erreichen wollten. Entsprechend dem Kyoto-Ziel, das wir morgen höchstwahrscheinlich auch ratifizieren werden, haben wir die umweltrelevanten Investitionen in die Förderung miteinbezogen. – Genau das ist der Punkt.

Wenn ich an die Vorberatungen zur Änderung des ElWOG zurückdenke, die am 5. Juli 2000 beschlossen wurde, dann erinnere ich mich daran, dass es ein schwerwiegender Diskussionspunkt war, inwieweit beziehungsweise ob wir gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in die Förderung miteinbeziehen.

Es wurde dann Konsens darüber erzielt, dass es doch besser ist, Erdgas zu verwenden, als Kohle- oder Ölkraftwerke. Deshalb sind die gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen damals – Gott sei Dank auch mit den Stimmen der Oppositionsparteien, daran möchte ich Sie erinnern, das war sehr erfreulich – in die Möglichkeit, Mehrinvestitionen in Form von Einspeisetarifen auf die Netztarife aufzuschlagen, miteinbezogen worden.

Herr Abgeordneter Kopf hat in seinem Eingangsstatement bereits ganz genau ausgeführt, dass es hier natürlich auch zu Auswüchsen kommen kann, wie es offensichtlich im Fall Wien erfolgt ist. Wenn jetzt – wie es Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig vorhin gefordert hat – eine bundeseinheitliche Regelung für den Einspeisetarif erfolgt, so ist das doch eine Standortfrage, und zwar dahin gehend, dass Windkraftwerke im Burgenland ganz andere Voraussetzungen haben als etwa in der Steiermark oder in Vorarlberg.

Es ist also eine sehr schwierige Materie, die auch genau untersucht werden muss, denn sonst haben wir die Situation, dass sich nur in einem Bundesland alle Arten von Stromerzeugung und erneuerbaren Energieträgern konzentrieren werden.

Das ElWOG regelt, dass die Länder in zu erlassenden Verordnungen die Einspeisetarife festlegen müssen; der Landeshauptmann ist dafür verantwortlich. Er kann die Kosten dieses Aufschlages auf die Netztarife aufschlagen. Da gibt es zwei unterschiedliche Berechnungsmodi, die doch näher beleuchtet werden sollten:

Während zum Beispiel in Kärnten der Aufschlag ganz genau das beträgt, was an Investitionen bis zur Erfüllung des ElWOG am 1. Oktober 2001 gefordert wird, ist es in anderen Bundesländern so, dass offenbar der gesamte Aufschlag in einem durchgeführt wird. Wenn das nun der Fall ist, dann sehen wir anhand der Beispiele Wien und Kärnten, dass in Kärnten der Aufschlag 0,15 Cent beträgt, während er in Wien 0,75 Cent, also das Fünffache von dem, was normalerweise aufgeschlagen gehört, ausmacht.

Ich sehe daher die Notwendigkeit dieses Entschließungsantrages als durchaus gegeben an. Ich bitte Sie auch, sich dem Antrag in der vorliegenden Form anzuschließen. Erst nach grundlegender Diskussion, inwieweit die Tarife für das gesamte Bundesland oder nur ländereinheitlich


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vorgegeben werden, wird eine grundsätzliche Einigung über eine weitere Förderung erneuerbarer Energieträger, die uns ja allen ein Anliegen sein muss, möglich sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 948 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. (Abg. Dietachmayr: Ist das jetzt 105 oder 948? Unruhe im Saal. Die Abgeordneten der SPÖ erheben sich nach einigem Zögern. Demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Chaos-Truppe! Kein Klubobmann da!)

Man muss manchmal schon auch ein wenig Zeit zur Orientierung geben! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich stelle die einstimmige Annahme fest. (Rufe: Nein! Abg. Schwarzenberger weist auf den neben ihm sitzenden Abg. Dr. Fischer, der sich nicht erhoben hat.)  – Ich stelle die Annahme fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Spaltung der SPÖ! Die SPÖ ist führungslos!)

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1042 der Beilagen beigedruckte Entschließung. (Zwischenrufe.) – Darf ich um so viel Ruhe ersuchen, dass die Orientierung aller Fraktionen möglich ist!

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 126.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine bundeseinheitliche Regelung hinsichtlich der Zuschläge für Ökostrom, Kleinwasserkraft sowie Kraft-Wärme-Kopplung. (Abg. Dr. Martin Graf: Der Antrag strotzt vor Rechtschreibfehlern!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

*****

Wir kämen nunmehr zum 5. Punkt der Tagesordnung, aber da es kurz vor 15 Uhr ist und um 15 Uhr eine


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Dringliche Anfrage zu behandeln ist, unterbreche ich die Sitzung für 2 Minuten.

(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenommen. )

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Abfangjäger (3624/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 3624/J des Abgeordneten Dr. Van der Bellen.

Die Anfrage ist inzwischen an alle Abgeordneten verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Mit dem geplanten Kauf von Abfangjägern soll die größte staatliche Einzelinvestition der Nachkriegszeit getätigt werden. Nie zuvor ist in Österreich so viel Geld mit so wenig Sinn ausgegeben worden.

Von StudentInnen bis zu PatientInnen werden große Gruppen der Bevölkerung belastet. Soziale Leistungen werden eingeschränkt. Trotz der wachsenden Bedrohung durch Armut werden sozial benachteiligte Menschen im Stich gelassen.

Während die sozialen und ökologischen Bedrohungen steigen, nimmt die militärische Bedrohung Österreichs ab. Das Heeresnachrichtenamt kam im Juni 2001 zu einem eindeutigen Schluss: "Die Streitkräfteentwicklung im Umfeld Österreichs spiegelt generelle bereits langfristig erkennbare Tendenzen in ganz Europa wider. Die Streitkräfte der Nachbarstaaten werden vor dem Hintergrund der geringen bis nicht mehr vorhandenen Bedrohung und den Kürzungen der Militärhaushalte weiter reduziert. Diese Kürzungen gehen zu Lasten der territorialen Verteidigungskräfte. Jene Staaten im Umfeld Österreichs, die noch nicht Mitglied der NATO/EU sind, sind nicht in der Lage, im operativen Rahmen offensiv zu werden ... Unter Berücksichtigung der sicherheitspolitischen Lage in Europa und des unmittelbaren Umfeldes ist keine konventionelle militärische Bedrohung für Österreich erkennbar und auch nicht prognostizierbar." Trotzdem sollen Abfangjäger um rund 1,8 Milliarden Euro beschafft werden.

Bis heute konnte niemand erklären, wie der Kauf der Abfangjäger mit dem Ziel des Nulldefizits vereinbar ist. Staatssekretär Finz hat wenigstens in einem Punkt Klarheit geschaffen: "Die tatsächliche Bezahlung findet erst in der nächsten Legislaturperiode statt."

Laut Umfragen lehnen rund vier Fünftel der ÖsterreicherInnen diesen Kauf ab. Trotz aller Bekenntnisse zu den Möglichkeiten direkter Demokratie ignoriert die Regierung den Willen der großen Mehrheit. Dazu soll sie aber endlich erklären, warum – anders als im Falle Zwentendorfs – den BürgerInnen das Recht auf eine Volksabstimmung vorenthalten werden soll.

Weil der geplante Kauf in seiner Bedeutung und durch die Zuständigkeit mehrerer Ministerien weit über die Grenzen eines Ressorts hinausgeht und weil die Frage, ob das Volk über den Kauf entscheiden soll, weit über die Kompetenzen einzelner Fachminister hinausgeht, stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

Anfrage:

1. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat im Nationalrat klargestellt, dass die geplanten Abfangjäger ausschließlich luftpolizeilichen Maßnahmen dienen sollen. Warum erklären Sie im Gegensatz zum Verteidigungsminister, dass Österreich die Abfangjäger zur Verteidigung brauche?


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2. Der Bundesminister für Finanzen hat klar gestellt, dass der Kauf der Abfangjäger finanziell "nicht leistbar ist". Wie wollen Sie rund 1,8 Milliarden Euro für die Beschaffung aufbringen und gleichzeitig Ihr Versprechen "Keine neuen Schulden mehr" halten?

3. Laut Aussage des Verteidigungsministers wird der geplante Kauf der Abfangjäger die Budgets zumindest der nächsten drei Legislaturperioden belasten. Wie lautet dafür der detaillierte Finanzierungsplan?

4. 1978 hat sich die österreichische Bevölkerung in einer Volksabstimmung gegen den Betrieb von Atomkraftwerken ausgesprochen. Das Atomkraftwerk Zwentendorf war zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt. Bei einer rechtzeitigen Volksabstimmung hätte eine teure Fehlinvestition aus Steuergeldern vermieden werden können. Sind Sie bereit, die Anschaffung von Abfangjägern vor Abschluss des Kaufvertrages einer Volksabstimmung zu unterziehen?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 1 GOG verlangt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Begründung der Anfrage erhält Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen das Wort. Die Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Van der Bellen –: Guten Morgen!)

15.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Verteidigungsminister! Meine Damen und Herren! Die Ausgangslage für unsere Dringliche Anfrage ist ganz einfach: Die Bundesregierung aus Volkspartei und FPÖ beabsichtigt, so genannte Abfangjäger zu kaufen. Daher unsere Anfrage. Sie ist dringlich, weil diese Entscheidung in wenigen Wochen oder Monaten bevorsteht. (Abg. Großruck: Aber wissen tun wir es schon seit zehn Jahren!) Auf den Steuerzahler beziehungsweise die Steuerzahlerin kommen damit Kosten von rund 2 Milliarden € zu, und wenn man Erhaltung und Betrieb der Abfangjäger mit einrechnet, dann kommen wir locker auf eine Kostenschätzung von 3 Milliarden € und darüber, also auf 30 bis 40 Milliarden Schilling.

Die Grünen verlangen, dass diese Frage dem Volk zu Abstimmung vorgelegt wird, dass diese Entscheidung vom Volk legitimiert wird. Wir verlangen eine Volksabstimmung zur Frage, ob Abfangjäger gekauft werden sollen oder nicht. Entscheidet das Volk mit Nein, nun, dann haben wir eben 30 bis 40 Milliarden Schilling, die nicht für Abfangjäger lockergemacht werden müssen, sondern für andere Zwecke verausgabt werden können, und die Sache der Abfangjägerbeschaffung ist entschieden. "Roma locuta, causa finita." – Herr Dr. Khol, Sie kennen sicherlich dieses Zitat. (Abg. Dr. Khol: Der Heilige Augustinus!)

Entscheidet das Volk hingegen mit Ja, ist die Sache auch klar. Dann haben Sie eine Legitimationsbasis dafür, den Vertrag mit dem Lieferanten der Abfangjäger abzuschließen. (Abg. Dr. Martin Graf: Und die Grünen regen sich auf!) Wir haben Rechtssicherheit, und das ist insofern wichtig, als mit dieser Entscheidung ja eine Reihe von künftigen Regierungen, in welcher Zusammensetzung auch immer, befasst sein wird und befasst sein muss. Wenn, wie Sie es planen, der Zahlungsplan im Jahr 2004/2005 beginnt und zehn Jahre dauert, dann haben wir mindestens drei Legislaturperioden beziehungsweise mindestens drei künftige Regierungen, die an diesen Volksentscheid dann so oder so gebunden sind.

Ich möchte für die verehrten ZuhörerInnen und ZuseherInnen auf der Galerie hier noch etwas zur Klarstellung der Rechtslage hinzufügen, weil ich festgestellt habe, dass da nicht immer alles bekannt ist: Eine Volksabstimmung findet dann und nur dann statt, wenn die Mehrheit des Parlaments es so beschließt. Das geht aus Artikel 43 der Bundesverfassung hervor. Mit anderen Worten: ÖVP oder FPÖ müssen einer Volksabstimmung zustimmen, damit es zu einem solchen Beschluss kommt, da trivialerweise die Grünen auch zusammen mit den Sozialdemokraten, wie alle wissen, keine Mehrheit haben (Abg. Kiss: Und das noch für die nächsten 60 Jahre! – Abg.


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Schwarzenberger: Das wird noch lange so bleiben!), sodass entweder ÖVP oder FPÖ, vorzugsweise beide, einer Volksabstimmung zustimmen müssten.

Ob wir das dann mit einfacher Mehrheit oder mit Zweidrittelmehrheit beschließen, ist im Grunde genommen gleichgültig, das ist eine rein technisch-juristische Frage, aber die Verantwortung ist klar. Die Verantwortung, ob eine Volksabstimmung durchgeführt wird, liegt einzig und allein bei ÖVP und FPÖ, weil nur mit ihrer Zustimmung eine solche durchgeführt werden kann. Und wenn Sie eine solche Abstimmung blockieren, dann liegt die Verantwortung eben bei Ihnen. Das wollte ich allen Zuhörern und Zuhörerinnen auf der Galerie klar machen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Grollitsch: Wann war die letzte? Sagen Sie das den ZuhörerInnen auch!)

Wir plädieren für eine Volksabstimmung, und wir werden die Bürger und Bürgerinnen bitten, dem Ankauf von Abfangjägern nicht zuzustimmen. Warum würden wir die Bürger und Bürgerinnen bitten, einem Ankauf von Abfangjägern nicht zuzustimmen? (Abg. Dr. Martin Graf: Weil Sie Populisten sind!)  – Weil wir nicht verstehen, wie praktisch jede Woche, jeden Monat darüber debattiert und gesprochen wird, dass beispielsweise die Frauenpensionen nicht gesichert sind, die 2 oder 3 Milliarden € für Abfangjäger aber angeblich vorhanden sind. – Das soll uns einmal jemand erklären!

Wir verstehen nicht, warum die Bundesregierung aus ÖVP und FPÖ uns einerseits weismachen will, dass die Finanzierung des Sozialstaates in Österreich an ihre Grenzen stößt, aber andererseits die 2 oder 3 Milliarden €, die Sie hier im Laufe von einigen Jahren ausgeben wollen, vorhanden sind. – Das erklären Sie uns bitte einmal!

Wir verstehen nicht – beispielsweise vor dem Hintergrund der heutigen Debatte –, dass Sie von ÖVP und FPÖ nicht imstande sind, ein richtiges Konjunkturprogramm zu machen, also ein Konjunkturprogramm, das diesen Namen auch verdient, aber 2 bis 3 Milliarden € für den Ankauf von Abfangjägern sind kein Problem. Das zahlen wir anscheinend aus der Westentasche.

Wir verstehen nicht, dass wir für die Universitäten nicht mehr Geld haben, dass wir für Forschung und Entwicklung keinen Schilling mehr ausgeben können (Abg. Ellmauer: Euro! Schilling gibt es nicht mehr!), dass die Bildungsausgaben relativ zum BIP, zum Sozialprodukt, zurückgehen, dass für die Erwachsenenbildung und die aktive Arbeitsmarktpolitik, der Zukunftsinvestition schlechthin, kein Geld vorhanden ist. Ganz im Gegenteil! Diese Ausgaben wurden von dieser Bundesregierung aus ÖVP und FPÖ Schritt für Schritt reduziert, aber die 2 bis 3 Milliarden € für die Abfangjäger, die zahlen wir locker. – Das erklären Sie uns bitte einmal! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wissen Sie auch, in wie vielen Jahren das bezahlt wird? In wie vielen Jahren bezahlen wir diese Milliarden?)

So könnten wir alle wichtigen Gebiete des Budgets durchgehen, Herr Kollege Westenthaler, nur tun Sie es leider nicht.

Wenn Sie sich die letzte PISA-Studie über das österreichische Bildungssystem anschauen würden, könnten Sie feststellen, es gibt viele Positiva, und es gibt viele Mängel (Abg. Ing. Westenthaler: Wir sind sehr gut im Vergleich zu Deutschland!), und die Behebung dieser Mängel wird Geld kosten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Da würde ich mir von Ihnen erwarten, dass Sie klar sagen: Jawohl, wir werden dieses Geld aufbringen! – Das vermisse ich, wohl aber hören wir, die 2 bis 3 Milliarden € für die Abfangjäger, die zahlen wir sozusagen mit Links. Mit Rechts wäre in diesem Zusammenhang besser.

Schlussendlich, Herr Kollege Khol: Diese Bundesregierung hat sich auf ein Nulldefizit eingeschworen, das heißt: keine Nettoneuverschuldung mehr. Der Kauf von Abfangjägern, so wie er konzipiert ist, ist de facto eindeutig ein Kreditgeschäft und führt eindeutig zu einer Verschuldung des Bundes im gleichen Ausmaß, ganz gleich, wie Sie das haushaltsrechtlich so deichseln, dass es nicht in die öffentliche Verschuldung eingeht.

Wir wissen schon, dass man das Geld, das man hier einsparen sollte und könnte, nur einmal ausgeben kann; das ist ganz klar. Wir werden es nicht doppelt für die Sozialausgaben, für die


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Universitäten, für F & E und so weiter und so weiter ausgeben können. Das gilt aber für Sie, Herr Kollege Böhacker, von der FPÖ auch. Dieses Geld, diese 3 Milliarden €, die Sie in den Rachen der Abfangjäger stecken, die werden Sie anderswo nicht ausgeben können (Abg. Ing. Westenthaler: Sagen Sie einmal dazu, für wie viele Jahre das ist! Wissen Sie, für wie viele Jahre das ausgegeben wird?), die werden uns an allen Ecken und Enden fehlen. Und das verstehen die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes sehr gut. Sie verstehen sehr gut, welche Budgetprobleme Sie uns hier für die nächsten zehn Jahre bescheren wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und last but not least, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Es gibt genug Offiziere des Bundesheeres, die sagen: Wenn wir schon Geld ausgeben für die Reformierung des Bundesheeres, für die Adaptierung des Bundesheeres für die Aufgaben des 21. Jahrhunderts, dann sind Abfangjäger sicherlich


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nicht die erste Priorität, die uns einfällt. Mit Sicherheit nicht! (Abg. Ing. Westenthaler: Ihr wollt das Bundesheer ja überhaupt abschaffen! Das ist eure Forderung: Bundesheer abschaffen! Polizei abschaffen!)

Natürlich steht hier ein Riesenreformbedarf vor uns. Wir würden uns auch wünschen, dass wir bei Einsätzen wie in Afghanistan, wie sie jetzt als Peace-keeping-Einsätze unter der Schirmherrschaft der UNO stattfinden – das ist bekanntlich von diesem Parlament einstimmig beschlossen worden –, die Möglichkeit haben, das rasch und großzügig und mit dem besten Personaleinsatz, der denkbar ist, zu machen. Dieses Geld wird uns fehlen, wenn wir es für Abfangjäger dieser Art verschwenden.

Ich werde hier nicht auf die militärpolitischen, europapolitischen Perspektiven eingehen, sondern ich sage nur, dass ich dieses Wort vom "militärischen Zwentendorf", das ich gewählt habe, mit Bedacht gewählt habe. Was ist in Zwentendorf passiert? – In Zwentendorf haben wir zuerst eine große Investition getätigt, das AKW Zwentendorf, dann haben wir die Frage, ob dieses AKW in Betrieb genommen werden soll, dem Volk vorgelegt, und das Volk hat nein gesagt. Milliarden wurden unnötig buchstäblich in den Sand gesteckt. Das soll uns nicht noch einmal passieren! Man muss ja in der Politik Fehler nicht immer noch einmal begehen. Fehler passieren immer, aber man muss sie nicht wiederholen.

Legen wir die Frage vor der Beschlussfassung über den Kaufvertrag, vor Vertragsabschluss dem Volk vor! Dann werden Sie argumentieren, wir werden argumentieren, und das Volk in Österreich, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger entscheiden mit Ja oder Nein.

Wo liegt hier das Problem für Sie? Gerade die FPÖ war in der Vergangenheit sehr freigebig mit dem Appell an direktdemokratische Instrumente (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben alles abgelehnt!), aber kaum geht es einmal wirklich um etwas Wichtiges, schrecken Sie zurück. Das müssen Sie uns noch erklären, Herr Kollege Westenthaler. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben jede demokratische Initiative abgelehnt! Sie haben jede direkt-demokratische Initiative abgelehnt!)

Herr Bundeskanzler Schüssel! Seit gestern haben Sie uns in verschiedenen Presseaussendungen erklärt, eine Volksabstimmung sei auf Grund des Neutralitätsgesetzes nicht möglich. Sie stellen eine Verknüpfung her zwischen der Neutralität einerseits und dem Ankauf von Abfangjägern andererseits. Die ÖVP hat jahrelang das Wort "Neutralität" nicht einmal in den Mund genommen. Man musste schon den Eindruck haben, das es irgendwie ein unanständiges Wort ist, so wenig haben Sie es verwendet. Jetzt soll die Neutralität plötzlich dafür herhalten, den Kauf von Abfangjägern zu motivieren! Jetzt fällt Ihnen ein, dass Österreich neutral ist und wir deswegen Abfangjäger brauchen!

Herr Bundeskanzler! Verehrte Kolleginnen von der FPÖ und von der ÖVP! Darf ich Sie an ein paar Dinge erinnern?

Erstens: Seit dem Staatsvertrag beziehungsweise dem Neutralitätsgesetz ist Österreich rund 30 Jahre lang neutral gewesen – ohne Abfangjäger! –, und die Regierungen, die das damals vertreten haben, waren rot-schwarz, rot und schwarz. (Abg. Ing. Westenthaler: Das geht sich nicht aus!) Oh ja. (Abg. Ing. Westenthaler: Falsch gerechnet! In welchem Jahr ist das beschlossen worden? Rechnen Sie das einmal vor! Sie haben keine Ahnung!) Herr Kollege Westenthaler, rechnen wir das später nach! Ich sage, jahrzehntelang war Österreich neutral ohne diese Art von Abfangjägern. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber keine 30 Jahre! – Abg. Gradwohl: Beruhigen Sie sich, Westenthaler!)

Zweitens: Der Kern der Neutralität ist natürlich völkerrechtlich definiert – die Nichtteilnahme an Kriegen von Drittstaaten und so weiter; das ist selbstverständlich –, aber über die konkreten Beschaffungsvorgänge hat Österreich immer noch autonom entschieden in der gesamten Vergangenheit, in der gesamten Geschichte, seit Mitte der fünfziger Jahre. Seit es ein Neutralitätsgesetz gibt, war Österreich immer autonom handlungsfähig und handlungsbereit.

Und drittens, last but not least, Herr Bundeskanzler, darf ich Sie an Aussagen Ihres eigenen Verteidigungsministers erinnern – wenn ich mich nicht irre, zuletzt gestern Abend in einer ZiB-Sendung –, in denen uns der Verteidigungsminister erklärt hat, Abfangjäger seien nicht klassische Militärausgaben, sondern luftpolizeiliche Maßnahmen. Es geht hier gar nicht darum, die Neutralität zu verteidigen – das ist ein irreführendes Argument –, es geht um luftpolizeiliche Maßnahmen. Das stimmt natürlich auch. Diese so genannten Abfangjäger sind dazu da, aufzusteigen, ein Flugobjekt zu identifizieren, und dann landen sie wieder. Das sind die teuersten Fotos der Geschichte, die Sie hier machen. Diese Art der Luftpolizei, Herr Kollege Khol, können wir auf andere Art auch gewährleisten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend: Wovor fürchten Sie sich, Herr Kollege Khol? (Abg. Dr. Khol: Vor Ihnen nicht, Herr Kollege Van der Bellen!) Vor mir nicht, das glaube ich Ihnen aufs Wort (Abg. Ing. Westenthaler: Wenn Sie regieren würden, da würden wir uns fürchten!), aber vor dem Stimmvolk scheinen Sie sich zu fürchten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wenn Sie sagen, Sie wollen regieren, dann fürchten wir uns!)

Warum trauen Sie sich nicht, diese Frage in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen? In einer Volksabstimmung werden wir unsere Argumente vortragen – wir sind überzeugt, das ist Unfug, die Kosten stehen in keinem Verhältnis zum erwarteten, wenn Sie so wollen, militärpolitischen Ertrag –, Sie werden Ihre Argumente vortragen, und das Volk wird entscheiden. Warum trauen Sie sich plötzlich nicht? Warum wollen Sie das allein entscheiden? Nicht einmal das Parlament wird mit dieser Sache befasst, obwohl Sie mit dieser Entscheidung künftige Regierungen bis zum Sankt Nimmerleinstag binden wollen! (Abg. Ing. Westenthaler: Warum haben Sie bisher jede direktdemokratische Maßnahme abgelehnt?)

Herr Westenthaler! Nicht eine einzige haben wir abgelehnt! (Abg. Ing. Westenthaler: Jede!) Nein! Das Volksbegehren, das Sie zuletzt eingeleitet haben, das so genannte Temelín-Volksbegehren, das haben wir inhaltlich abgelehnt, weil es ein Anti-Erweiterungsbegehren ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Ach so!) Wenn Sie das bis heute nicht verstanden haben, werden Sie es wahrscheinlich morgen Vormittag, wo das zur Debatte steht, immer noch nicht verstanden haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hier geht es um eine Volksabstimmung über eine wichtige, enorm kostspielige Frage, die klar abgrenzbar ist, die man dem Volk ohne weiteres zur Entscheidung vorlegen kann. Tun wir das doch! Legen wir diese Frage dem Volk zur Entscheidung vor! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Kein Wort zur Verteidigung! Er konnte nicht einmal die 20 Minuten ausfüllen!)

15.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Seine Redezeit soll ebenfalls 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.18

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Fakten: Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Klubobmann Van der Bellen, dass wir nicht in der Lage wären, sowohl als auch im Auge zu behalten. Etwa die Förderung der Bildung: Jeder siebente Euro, den


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wir im Budget haben und der ausgegeben wird, wird für Bildung für unsere jungen Menschen ausgegeben. Sorgen Sie sich nicht darum! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir können an zwei Themen gleichzeitig denken. Wir sind in der Lage, soziale Sicherheit auf der einen Seite im Auge zu haben – etwa die Stabilität und die Sicherung der Pensionen und des Gesundheitssystems – und auf der anderen Seite die Sicherheit der Menschen gegenüber Drogen, gegenüber Kriminalität, gegenüber Außenbedrohungen oder Instabilitäten sicherzustellen. Wir können das! Sie können es vielleicht nicht, Herr Abgeordneter, aber wir trauen uns das zu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben es zustande gebracht – auch eine große Sorge, die Sie gehabt haben –, wir trauen uns das zu und haben bewiesen, dass wir die beste Familienförderung in ganz Europa sicherstellen und im gleichen Jahr keine neuen Schulden machen. (Abg. Parnigoni: Aber geh! 800 Milliarden Schulden haben Sie gemacht!) Wir können das. – Sie zweifeln daran. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wir haben einige Pläne, die übrigens zehn Jahre Laufzeit haben. Nehmen wir eines der ganz großen Standortthemen her: die Infrastruktur. Wir wollen in den nächsten zehn Jahren 17 Milliarden € investieren, zwei Drittel davon in die Schiene, ein Drittel in die Straße. – Sie sind übrigens gegen alle Autobahnen; auch das soll hier vermerkt sein. Wir investieren und trauen uns zu, dass wir den Staat nicht mit neuen, mit zusätzlichen Schulden belasten! Das ist eine Kunst; ich gebe das zu. Aber die Menschen sollen uns vertrauen und nicht Ihren Parolen, dass man weniger an Sicherheit auf der einen Seite braucht, um mehr an sozialer Sicherheit auf der anderen Seite garantieren zu können. Das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweites Faktum zur Rechtslage: Wir sind völkerrechtlich dazu verpflichtet, die Souveränität unseres Staates zu verteidigen. Den Staat machen drei Dinge aus: das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die Staatsgewalt. Und ein Land, das seine Staatsgewalt aufgibt, nicht mehr bereit ist, sich zu verteidigen – zu Land, in der Luft –, das nicht bereit ist, auch den Anspruch der Souveränität durchzusetzen, gibt sich auf. Wollen Sie das wirklich, Herr Abgeordneter? – Ich will das nicht! Und wir werden garantieren, dass das nicht eintritt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Eine Marine müssen wir noch aufstellen! U-Boote! – Abg. Dr. Moser: Warum haben wir noch keine U-Boote?)

Österreich ist überdies, Herr Abgeordneter Professor Van der Bellen, auf Grund eines Verfassungsgesetzes dazu verpflichtet – ich lese es Ihnen vor –, die immerwährende Neutralität, nämlich die Unverletzlichkeit unseres Gebietes, mit allen Österreich zu Gebote stehenden Mitteln aufrechtzuerhalten und zu verteidigen.  – Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass Sie mir jetzt vorwerfen, dass wir die Neutralität nicht ernst nehmen.

Ich sage Ihnen: In der Europäischen Union hat sich unsere Neutralitätspolitik dramatisch verändert und verschoben, aber das Verfassungsgebot, Österreich mit allen Mitteln zu schützen – und dazu gehört auch der Luftraum, auch die Luftwaffe –, dieses Gebot gilt. Sie wären genauso daran gebunden wie ich, und ich unterstütze daher den österreichischen Verteidigungsminister in diesem Verfassungsauftrag zu hundert Prozent. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Überdies gibt es ja fast keinen ernst zu nehmenden Verfassungsrechtler, der das nicht ganz genauso sieht. Uns nicht nahestehende Experten wie etwa Heinz Mayer oder Manfred Rotter – in der APA nachzulesen – sind genau der gleichen Meinung: Ein Land muss seine Lufthoheit verteidigen, vor allem ein Land, das verfassungsrechtlich per Neutralitätsgesetz dazu verpflichtet ist.

Zweites Faktum: das Militärische. Bruno Kreisky hat einmal gesagt: "Lernen S’ Geschichte, Herr Redakteur!" – Übertragen Sie das ein bisschen auch auf Ihre zeitgeschichtliche Abhandlung hinsichtlich der Flugzeuge. Herr Professor Van der Bellen; Sie haben manches nicht berücksichtigt. In den sechziger Jahren ist ein SAAB-Flugzeug angeschafft worden, die so genannte "Fliegende Tonne", in den siebziger Jahren (Abg. Dr. Van der Bellen: Mit allen zu Gebote ste


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henden Mitteln!)  – entschuldigen Sie vielmals! – sind die ersten Düsenflugzeuge angeschafft worden, die SAAB 105, und in den achtziger Jahren – 1985 – fiel der gemeinsame Beschluss – es war ein einstimmiger Beschluss – im Landesverteidigungsrat, die "Draken" anzuschaffen. Wir sind also Jahrzehnte mit Luftfahrt, mit Luftfahrzeugen im Militär ganz gut gefahren – und dabei soll es bleiben, meine Damen und Herren. (Abg. Eder: Aber nicht mit dem Zeppelin!) Ändern Sie nicht die Geschichte im Nachhinein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jede solche Investition ist ein Langzeitprojekt. Wie ist das denn bitte beim "Draken" gelaufen? Im März 1985 hat die damalige rot-blaue Regierung – Verteidigungsminister war Frischenschlager – den Grundsatzbeschluss gefasst, und die nächste Regierung, eine rot-schwarze, hat es bezahlt. Und wie lange ist bezahlt worden? – Sieben Jahre lang! Ein Langzeitprojekt. Es ist noch nie so gewesen, dass eine Regierung das in einer Legislaturperiode gemacht hat.

Es wäre auch wirtschaftlich, Herr Ökonomieprofessor, nicht besonders schlau, quasi mit dem Einkaufswagerl in den Supermarkt zu fahren und dort die Flugzeuge einzuräumen, ohne sorgfältig Gegengeschäfte, langfristige Finanzierungen, Kompensationsangebote zu prüfen, damit das ein wirklicher Erfolg wird. Beim "Draken" hat das hervorragend funktioniert; Abgeordneter Gaál weiß das ganz genau. Wir haben in diesem Bereich vieles zustande gebracht (Abg. Mag. Kogler: Was zum Beispiel?), und ich glaube, so muss man das auch in der jetzigen Situation machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun politisch: Es gab in der vorigen Legislaturperiode einen Grundsatzbeschluss der alten Regierung unter Bundeskanzler Klima von der SPÖ, Finanzminister Edlinger von der SPÖ (Abg. Dr. Khol: Wo ist der Edlinger?), und die ÖVP war natürlich voll dabei, hat das mitgetragen; Werner Fasslabend war damals Verteidigungsminister. Wir haben damals den Grundsatzbeschluss gefasst, in der nächsten Legislaturperiode das sogenannte Luftpaket anzuschaffen. Herbert Scheibner war damals übrigens einer, der besonders lästig und nachdrücklich in jeder Sitzung des Landesverteidigungsrates einen Antrag gestellt hat, man soll noch in diesem Jahr den Grundsatzbeschluss fassen. (Abg. Edlinger: "Sofern budgetär möglich", hat es geheißen!) Natürlich, sofern budgetär möglich, und so werden wir es jetzt auch machen, Herr Abgeordneter Edlinger. Das ist ja auch selbstverständlich. No na! Das wissen wir schon selber. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Militärisch ist es ja auch nicht so, dass wir allein auf der Welt sind. Meine Damen und Herren, es gibt ja in Europa auch andere mittlere und kleinere Staaten. Welche "Flieger" – vielleicht wiederum zur Information der Galerie oder der Öffentlichkeit – haben denn die? Tschechien zum Beispiel, ein Land mit rund 10 Millionen Einwohnern: 110 Kampfflugzeuge. (Abg. Ing. Westenthaler: Die fliegen dann über Österreich hinweg!) In diesem Jahr ist dort die Neuanschaffung von 24 neuen Abfangjägern geplant; die Entscheidung kommt in Kürze. Die Slowakei, kleiner als Österreich, 5 Millionen Einwohner: 84 Kampfflugzeuge. Nachbeschaffungen sind geplant. Ungarn, 10 Millionen Einwohner: 27 Kampfflugzeuge. Die Schweiz, Herr Abgeordneter: 154 Kampfflugzeuge, davon 35 modernste F 18, die in den neunziger Jahren angeschafft wurden. Finnland, oft als leuchtendes Beispiel genannt – orientieren wir uns daran –: 64 Kampfflugzeuge. Schweden: 250 Kampfflugzeuge. Belgien: 90 Kampfflugzeuge und 60 in Reserve. Die Niederlande sind vielleicht etwas zu groß für uns, doppelt so groß. Aber die Dänen haben gerade jetzt mit Unterstützung der Sozialdemokraten, der Sozialliberalen und der Christlichen Volkspartei den Beschluss gefasst, sich an der Entwicklung der Joint Strike Fighter der USA zu beteiligen und 40 Stück als Ersatz für die F 16 vorzusehen. Der Gesamtinvestitionsaufwand beträgt 13 Milliarden Kronen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Irland! Herr Bundeskanzler, nennen Sie Irland!)

Herr Abgeordneter! Ich sage das nicht deswegen, damit wir jetzt nach den Sternen greifen. Das ist gar nicht notwendig. Aber eine glaubwürdige Verteidigung unseres Luftraumes, das ist eine Sicherheitspolizze, die jedes moderne Land braucht, auch Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Schauen wir uns jetzt die wirtschaftlichen Fakten an! Das ist ein großes Investitionsprojekt, vollkommen richtig, das muss man kostengünstig, budgetschonend und vor allem mit einem Zu


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satznutzen für Arbeitsplätze und für die Forschung abwickeln. Das haben wir beim "Draken" etwa – gegen viele Zweifler – sehr gut gemacht. Ich darf das heute berichten: Die "Draken"-Anschaffung hat uns 2,4 Milliarden Schilling gekostet. Die Gegengeschäfte betrugen zusätzlich netto 5,7 Milliarden Schilling. Damit sind insgesamt 8 000 Arbeitsplätze gesichert worden. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo SPÖ! Gut gemacht!) Sie von den Grünen waren natürlich immer dagegen (Abg. Ing. Westenthaler: Die FPÖ war dafür!), das ist klar, aber es war richtig und es war gut, dass wir in diesen Bereich hineingegangen sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Effekt spricht für sich: Wir haben heute einen kleinen, aber feinen Luftfahrtcluster, der immerhin 32 Unternehmungen umfasst, mittlere, größere, kleinere Unternehmungen mit einigen tausend Arbeitsplätzen. Dazu gehören etwa Firmen wie Frequentis, Böhler, Plansee, FACC Fischer, Pankl Racing und so weiter.

Genau nach diesem Erfolgsmodell haben wir auch die Beschaffung der Hubschrauber abgewickelt, und genauso haben wir die Boden-Luft-Raketen beschafft. Das erfolgte immer gegen härtesten Widerstand der Grünen. Sie waren gegen alles und jedes, wenn es um die Landesverteidigung gegangen ist. Wir bekennen uns zu einem sicheren Staat und setzen uns auch für die umfassende Landesverteidigung, also auch für die militärische ein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nun zur Rolle der Parteien. Bemerkenswert ist ja die Rückwärtsrolle der Sozialistischen Partei. Ich sage hier ganz offen, das betrübt mich, denn früher war die SPÖ absolut dem Staatsganzen verpflichtet. Ich erwähne hier Bundeskanzler Sinowatz aus dem Jahre 1984, der sagte: Der Bundeskanzler sieht im Ankauf von Abfangjägern eine Verpflichtung der gesamten Bundesregierung, die sich aus dem Bekenntnis zur bewaffneten Neutralität und zur vollen Souveränität ergebe.

Wo sind die Zeiten eines Fred Sinowatz? Haben Sie das alles vergessen und verdrängt?!

Oder nehmen Sie den amtierenden Präsidenten des Nationalrates, Vize-Parteivorsitzenden der SPÖ, Heinz Fischer, aus dem Jahre 1984: SPÖ: Abfangjäger ja, Raketen hart nein. Wieder wörtliches Zitat: Mir sagt der Verstand, dass diese Entscheidungen richtig sind, und wenn ich A sage zum Bundesheer, muss ich auch B sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Bravo, Herr Präsident! Bravo, Heinz Fischer!)

Nehmen Sie Franz Vranitzky. Franz Vranitzky, 1988 in der "Draken"-Debatte: Vranitzky verwies auf den wesentlich höheren Stellenwert, den die Landesverteidigung vor allem in vergleichbaren neutralen Staaten einnimmt. Österreich dürfe sich nicht in die Position eines verteidigungsschwachen Landes drängen lassen. – Zitatende.

Es geht ganz klar darum, hier Farbe zu bekennen. In der Regierungserklärung 1987 von Bundeskanzler Vranitzky findet sich ein ganz klares Bekenntnis zur bewaffneten Luftraumverteidigung.

Wo sind die Zeiten? – Wollen wir wirklich die Rolle rückwärts pflegen? Oder bleiben wir doch beim bewährten rot-weiß-roten Konsens in diesem Zusammenhang? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nehmen Sie Viktor Klima. Ich habe mit ihm das Koalitionsabkommen, das dann leider nicht realisiert werden konnte – aus welchen Gründen auch immer; aber akkordiert haben wir es, also mit der SPÖ –, akkordiert, und zwar mit folgendem Text – ich zitiere –:

"Um die Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres sicherzustellen, sind in dieser Legislaturperiode Investitionen insbesondere für die österreichische Luftraumüberwachung erforderlich. Die Anschaffung der Hubschrauber, die Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge wird möglichst kostengünstig durchgeführt. Der Verteidigungs- und Finanzminister werden gemeinsam die Voraussetzung entwickeln, dass der Ankauf rechtzeitig in dieser Legislaturperiode erfolgen kann im Rahmen der Möglichkeiten des Gesamtbudgets, aber


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ohne zusätzliche Belastungen für das Budget des Landesverteidigungsministeriums." – Zitatende.

Wo sind diese Zeiten? – Alfred Gusenbauer, Josef Cap, damals waren Sie von der SPÖ noch sehr auf das Staatsganze bedacht. Ich bedauere außerordentlich, dass Sie mit Ihren letzten Erklärungen von diesem Kurs abgegangen sind. Hoffentlich werden Sie das heute wieder korrigieren. Zurück zur Vernunft, zurück zum Staatsganzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Rolle der Grünen ist weit klarer, das sei ihnen absolut konzediert: Sie waren von Anfang an gegen das Bundesheer.

Ich zitiere Peter Pilz aus dem Jahre 1992: "Keine einzige Einheit" des Bundesheeres sei "positiv gerechtfertigt und begründet". Geplante Anschaffungen seien "schlicht und einfach unanständig". Er wandte sich gegen Raketen für den "Draken", gegen Radpanzer, Hubschrauber, Boden-Luft-Raketen und neue Abfangjäger.

Herr Klubobmann Van der Bellen! Sie sind zurückgekehrt zum Fundamental-Oppositionskurs der Grünen am Anfang (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Van der Bellen )  – weit entfernt von jeder staatspolitischen Verantwortung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Weit entfernt!)

Sie waren und sind offensichtlich immer noch gegen das Bundesheer, Sie waren und sind gegen die Hubschrauber, haben aber nichts dabei gefunden, dass uns die NATO-Hubschrauber beim Lawinenunglück in Galtür geholfen haben – das darf sein, da sind wir offen, da ist der Luftraum kein Problem, aber selbst etwas tun, nein!

Sie waren gegen die Überflüge im Zusammenhang mit Bosnien und dem Kosovo.

Sie sind gegen die Grenzüberwachung durch das österreichische Bundesheer. Hätten wir das nicht, hätten wir seit dem Beginn vor acht Jahren 200 000 zusätzliche Illegale. – Ein absolut verantwortungsloser Kurs, Herr Professor! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic. )

Sie waren gegen die Maßnahmen zur Terrorbekämpfung – egal, ob es sich um Rasterfahndung oder Abhörmaßnahmen gehandelt hat.

Sie haben in einer eigentlich sehr sympathischen Art und Weise die Karten aufgedeckt, als Sie am vergangenen Nationalfeiertag – ausgerechnet an diesem Tag! – dem "Falter" ein Interview gegeben und gesagt haben, wie Sie es gemacht hätten, wären Sie in der Regierung, in der Außen- oder in der Verteidigungspolitik. Ich zitiere:

"Wir hätten" – sagten Sie wörtlich (Abg. Dr. Jarolim:  ... Mozartkugeln!)  – "wegen dieser Überflüge kein Riesentheater gemacht. Ich stelle mir vor, wie so ein Telefonat mit dem amerikanischen Vizepräsidenten abgelaufen wäre. Er sagt: ,We want to fly over Austria.‘ Ich sage: ,Oh, you know, that’s impossible, we have this constitution here.‘

Er sagt: ,What the hell?‘ Ich sage: ,Na ja, I send you a note of protest. Even if we had this new F 16 – oder was immer wir da kaufen –, die bleiben am Boden.‘"(Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung Grüne –: Eine Lachnummer!)

Herr Professor Van der Bellen – por favor! –: Außenpolitik, Verteidigungspolitik spielen sich nicht so ab, wie der kleine Maxi das im "Falter"-Interview zum Besten gibt! Das ist ernster, das möchte ich hier wirklich betonen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. )

Ich sehe schon ein, dass es einmal ganz lustig ist, auf der Popularitätswelle etwa von "News" zu schwimmen, das in dieser Woche dieses Thema mit einer Doppelseite aufgemacht hat – sehr "objektiver" Journalismus natürlich: Wir fragen lauter Gegner der Abfangjäger, was sie


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davon halten und was die Alternative ist. Dann kommt heraus: Steuern senken und/oder Pensionen erhöhen oder die Mittel für die Forschung, Afghanistan helfen, Flüchtlingsquartiere bauen, jedem Österreicher einen zweiten Fremdsprachenkurs zwingend vermitteln. Ein Hotelier fordert billige Kredite über einen Fonds für Hotelfinanzierungen. Künstler fordern höhere Theatersubventionen. Gratiskindergärten werden angedacht. (Abg. Dr. Petrovic: Das geht sich alles aus!) Ein sozialistischer EU-Abgeordneter fordert eine Milliarde Luftballons als Alternative, und ein Karikaturenzeichner – ein sehr guter übrigens! – fordert goldene Speiseteller mit Smaragden für seine Katzen. (Abg. Brosz: Die gibt es in den Ministerbüros eh schon!)

Meine Damen und Herren! Ich denke, die Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik Österreichs ist viel zu ernst, um sie den Grünen, wie es in dieser Anfrage zum Ausdruck kommt, zu überlassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zu den einzelnen Fragen.

Zur Frage 1:

Es ist überhaupt kein Unterschied zwischen den Auffassungen des Verteidigungsministers und meinen eigenen Aussagen, denn in Friedenszeiten, Herr Abgeordneter, ist die Luftraumüberwachung natürlich eine Aufgabe der Luftpolizei. Im Krieg wird es Verteidigung – wenn es ernst wird, ist es Verteidigung. Und selbst dann, wenn es kein erklärter Krieg ist wie im Jahre 1991, als an unserer und über unsere Grenze geschossen wurde, sind es natürlich verteidigungsvorbereitende oder bereits Verteidigungsmaßnahmen.

Die Bevölkerung in den Grenzregionen, in der Südsteiermark, war sehr dankbar, als die "Draken" kamen, als im Jugoslawien-Krieg plötzlich ein Bedrohungsszenario da war, an das vorher niemand geglaubt hat.

Daher: Diese Dinge sind ernst und sollten nicht für eine popularitätshaschende Aktion missbraucht werden.

Frage 2 lautet: "Der Bundesminister für Finanzen hat klar gestellt, dass der Kauf der Abfangjäger finanziell ,nicht leistbar ist‘. Wie wollen Sie das finanzieren?"

Wir rechnen damit – nicht wie Sie, Sie haben hier drei verschiedene Zahlen genannt; zwischen 30 Milliarden und 40 Milliarden Schilling, bis zu 3 Milliarden €, haben Sie jetzt wörtlich gesagt (Abg. Ing. Westenthaler: Ein ziemlicher Unterschied!)  –, dass die Beschaffung etwa 1,4 Milliarden bis 1,8 Milliarden €, verteilt über die nächsten Jahre, kosten wird. Der Zeithorizont ist etwa neun Jahre.

Wir prüfen im Moment, es sind drei ernst zu nehmende Angebote da. Wir hoffen, in einigen Wochen dann auch seriöse Zahlen bekannt geben zu können, zuerst einmal dem Landesverteidigungsrat, dann öffentlich. (Abg. Mag. Kogler: Und die Gegengeschäfte!)

Es ist auf Grund des Regierungsübereinkommens selbstverständlich klar, dass dafür dem Verteidigungsministerium zusätzlich Geld einzuräumen sein wird.

Zur Frage 3, die den Zeitraum betrifft:

Der Finanzierungsplan sieht vor, dass die Rückzahlung ab 2004, möglicherweise aber auch – da ist ein Spielraum drinnen – erst mit 2005 beginnt und sich über neun Jahre erstreckt. Diese bei Großanschaffungen übliche Langzeitfinanzierung ist eine ausgewogene und budgetschonende Vorgangsweise, die vor allem durch Kompensationsgeschäfte, von denen wir annehmen, dass sie zwischen 150 und hoffentlich 200 Prozent ausmachen werden, beachtlich abgedeckt werden kann.

Zur Frage 4 der Grünen, in der es heißt, dass sich die österreichische Bevölkerung 1978 gegen den Betrieb von Atomkraftwerken ausgesprochen hat: "Sind Sie bereit, die Anschaffung von Abfangjägern ... einer Volksabstimmung zu unterziehen?"


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Es ist sehr interessant, dass Sie auf Zwentendorf hinweisen. Damals gab es nämlich eine Alternative, und die haben wir, die wir damals dagegen waren, immer ins Auge gefasst, nämlich: Umbau in ein kalorisches Großkraftwerk. Was aber, Herr Professor Van der Bellen, ist die Alternative zur Überwachung des österreichischen Luftraumes, wenn wir verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich verpflichtet sind, dies zu tun? (Abg. Dr. Petrovic: Nein!)

Es genügt nicht, dass Sie mit dem Feldstecher hinaufschauen oder, wie Martin vorschlägt, jetzt Luftballons steigen lassen! Das ist unernst. Wir sind verpflichtet, diese einzig mögliche Alternative ins Auge zu fassen und sie auch optimal zu nutzen.

Es gibt ein einziges Nachbarland, das ich nicht zitiert habe, das derzeit keine Abfangjäger hat: Slowenien. Interessant ist, dass Slowenien jetzt der NATO beitreten will und von der NATO zugesichert bekommen hat, dass es jedenfalls auf mittlere Sicht keine Abfangjäger kaufen muss, weil sein Luftraum auch von anderen im Verbund abgedeckt werden könne.

Wenn Sie von den Grünen seriöserweise bei Ihrer Linie bleiben wollen, nämlich Alleinsein ist die einzige Option, dann sind Sie eigentlich verpflichtet, diese sinnvolle Investition auch wirklich mitzutragen. (Abg. Mag. Kukacka: ... die Grünen für den NATO-Beitritt?!)

Zur Sozialdemokratischen Partei, die sich ja jetzt auch über Josef Cap für eine solche Volksabstimmung stark gemacht hat, bringe ich ein Zitat: Es gab im Jahre 1985 ein Volksbegehren gegen die Abfangjäger, gegen den "Draken". Dieses Volksbegehren hat darauf abgezielt, ein Verfassungsgesetz zu schaffen, über das dann eine entsprechende Volksabstimmung möglich ist. – Das zeigt genau die Schwäche Ihrer juristischen Argumentation, Herr Professor Van der Bellen: Sie können eben keine Volksabstimmung über einen Verwaltungs-Beschaffungsakt durchführen! Das geht nicht, das ist verfassungswidrig. (Abg. Dr. Petrovic: Nein! Dann wäre es bei Zwentendorf auch so gewesen! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Sie können eine Volksabstimmung über ein Gesetz machen. In diesem Fall können Sie, weil es ein Verfassungsgesetz gibt, nur über ein Verfassungsgesetz eine Abstimmung machen. Sie können nicht einfach über eine Beschaffung durch den Verteidigungsminister eine Volksabstimmung durchführen. Das ist schlicht und einfach verfassungswidrig.

Ich möchte aber vor allem für die SPÖ zitieren, was damals ihr Hauptsprecher, Herr Abgeordneter Preiß, zu diesem Volksbegehren gegen die "Draken" in der Debatte gesagt hat:

" ... Man solle den mündigen Staatsbürger bei Entscheidungen, die ihn betreffen, gezielt mitreden lassen."

Und weiters: "Das klingt aufs erste durchaus einleuchtend. Gerade unser Fall zeigt aber Grenzen der sogenannten direkten Demokratie auf. Wer die österreichische Bundesverfassung ernst nimmt, kann nicht versuchen, durch das Herauspicken eines vielleicht unpopulären Themas aus einem Gesamtzusammenhang und durch die Abführung einer Volksabstimmung darüber die Grundlagen unseres Staates zu unterminieren."

Abgeordneter Preiß weiter: "Deshalb lehnen wir dieses Volksbegehren betreffend die Abhaltung einer Volksabstimmung vor der Anschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen mit Entschiedenheit ab" (Abg. Ing. Westenthaler: Da schau her! Sagt die SPÖ?), "denn für ein souveränes Österreich ist die Luftraumüberwachung unumgänglich." – Zitatende.

Dem ist wenig hinzuzufügen, meine Damen und Herren! Die SPÖ hat damals gewusst, was Sache ist und was man dem Land schuldig ist.

Herr Abgeordneter Van der Bellen! Ich lese gerne den "Falter", und ich darf Ihnen zum Abschluss etwas sehr Erfreuliches sagen: Sie haben diese Woche die "saure Zitrone" gewonnen. Sie sind "jenseits", sagt der "Falter", mit Ihrer Liebe für die "Basis-Wappler" und einer Volksabstimmung zum Thema Abfangjäger.


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Ich zitiere: "Wenn er so weitermacht, ist ein Volksbegehren gegen den Populismus bei den Grünen fällig."

Hochachtung! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Die Redezeiten sind wie folgt: keine Fraktion mehr als 25 Minuten, kein Redner mehr als 10 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Redezeit demnach 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Anarchist Pilz, Bundesheer-Abschaffer! – Abg. Mag. Kukacka: Wehrdienstverweigerer!)

15.44

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf dem Weg zum Rednerpult hat mich der Herr Bundeskanzler gefragt, was denn hier auf dieser Plakette stehe. (Abg. Ing. Westenthaler: Das kann man nämlich nicht lesen! Ganz schlecht gemacht!) Gerne trage ich es Ihnen vor: Das ist ein Aufruf, das Volksbegehren für die Sicherung des Sozialstaates zu unterschreiben. Und wenn das viele unterschrieben haben, Herr Bundeskanzler, werden Sie auch das lesen gelernt haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Schwarzenberger und Ing. Westenthaler. )

Ich beginne mit einigen Berichtigungen, die man auch als tatsächliche Berichtigungen bringen könnte.

Berichtigung Nummer eins: Herr Bundeskanzler! In den letzten 20 Jahren ist es in Österreich bei Abfangjägerbeschaffungen nie um militärische Luftraumverteidigung gegangen. Fragen Sie den Verteidigungsminister! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Niemand denkt daran, mit 24 österreichischen Abfangjägern den Luftraum dieser Republik gegen die Luftstreitkräfte der NATO – und es kommt niemand anderer in Frage – zu verteidigen! Wenn die Gefährdung allerdings von der Schweiz oder von Liechtenstein ausginge, dann sähe es möglicherweise eine Spur günstiger aus.

Nein, es geht um Luftpolizei. – Herr Bundeskanzler, lernen Sie Sicherheitspolitik! (Beifall bei den Grünen. – Buh-Rufe bei der ÖVP.)

Herr Bundeskanzler! Die SAAB 105 waren aus einem einzigen Grund keine Abfangjäger: Sie waren langsamer als jedes Verkehrsflugzeug. Es wäre sich rein geschwindigkeitsmässig nicht ausgegangen.

Herr Bundeskanzler! Angesichts Ihrer Aussagen zu den vergangenen Instrumenten der österreichischen Luftwaffe rate ich Ihnen: Lernen Sie Militärisches! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Das Dritte, das Sie lernen sollten – und da wird es vielleicht etwas ernster –, ist Folgendes: Sie haben von 150 Prozent Kompensation und mehr gesprochen und suggerieren damit Menschen in Österreich, die Angst um ihre Arbeitsplätze haben, dass das beschäftigungspolitisch etwas bringen könnte.

Ich lese Ihnen aus einem Brief des Vizepräsidenten von Lockheed Martin vom 24. Januar 2002 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Abteilung IV/6, Stubenring 1, Wien, vor.

Der Schlusssatz lautet: This level of compensation is approximately equal to 74 percent of the estimated total value of the procurement from the US-government. – Lockheed Martin bietet 74 Prozent Kompensation für die gesamte Beschaffung an. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen dazu, Herr Bundeskanzler: Lernen Sie Wirtschaft und lernen Sie Rechnen, bevor Sie Milliarden an Steuergeldern sinnlos ausgeben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Es ist eine seltsame Situation, in der wir hier diskutieren. Es gab jahrelange sicherheitspolitische Debatten, in denen die Österreichische Volkspartei immer wieder sagte: Bitte, nehmen wir das Wort "Neutralität" nicht mehr in den Mund. – Plötzlich erklärt der Herr Bundeskanzler, er, die Bundesregierung und die Steuerzahler müssten mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die österreichische Neutralität verteidigen.

Gehen wir Schüssels Aussagen zur Neutralität einmal durch.

Schüssel, die Erste, am 20. November 1997: Bei einem NATO-Beitritt muss Österreich seine Neutralität nicht aufgeben. – Wir nehmen das zur Kenntnis.

Schüssel, die Zweite, am 16. August 1999: Schüssel will die Neutralität nicht abschaffen, sie werde in Zukunft aber auf die Bereiche außerhalb Europas eingeschränkt werden. – Stellen wir uns einmal vor, was das für die Beschaffung der Abfangjäger bedeuten würde: Wenn die österreichische Neutralität in Europa nicht mehr gelten würde, könnte sie mit Abfangjägern nur noch außerhalb Europas verteidigt werden. – Ich bitte um eine Erläuterung, wie Sie das umzusetzen gedenken.

Schüssel, die Dritte: Am 10. August 1999 bemerkte der Außenminister, damals Wolfgang Schüssel, die Neutralität spiele überhaupt keine Rolle. Wer sei neugierig auf Neutralität? Und vor allem: zwischen wem? – Wenn man auf etwas nicht neugierig ist, muss man also dafür sorgen, dass das, worauf niemand neugierig ist, um 30 Milliarden Schilling verteidigt wird!

Schüssel, die Vierte (Abg. Mag. Kukacka: Pilz, die Letzte! – Abg. Dr. Stummvoll: Der Letzte!), am 15. Mai 1997: Die Adressaten des Neutralitätsgesetzes gibt es nicht mehr. – Leider gibt es nach wie vor die Adressaten der Abfangjägerbestellungen.

Schüssel, die Fünfte, am 21. Februar 2001: Wir müssen den Menschen ja irgendwann einmal die Wahrheit sagen. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Seit wir in der EU sind, können wir doch nicht mehr neutral sein. (Abg. Dr. Jarolim: Witz des Tages!)  – Diesmal: kein Kommentar.

Schüssel, die Sechste, am 26. Oktober 2001: Die alten Schablonen Lipizzaner, Mozartkugeln oder Neutralität greifen in der komplexen Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts nicht mehr. – So der Kanzler wörtlich. (Abg. Mag. Kukacka: Das stimmt ja! Das kann ja niemand bestreiten!)

Herr Bundeskanzler! Wie gedenken Sie jetzt die alten Schablonen wie Neutralität, Lipizzaner und Mozartkugeln wirkungsvoll zu verteidigen, und worauf müssen wir uns bei der Lipizzaner- und Mozartkugelverteidigung gefasst machen? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letztes Zitat, 24. August 1999, Wolfgang Schüssel: Die ÖVP werde jedenfalls bei einem Neutralitäts- und Sicherheitsschwindel nicht mitmachen. – Zitatende.

Zumindest dieses Wort, Herr Bundeskanzler, haben Sie nicht gehalten! (Abg. Mag. Kukacka: Dafür brauchen wir den Pilz!) Was hier passiert, ist ein neutralitäts- und sicherheitspolitischer Schwindel ersten Ranges.

Dahinter steht eine wichtige Frage, die zu beantworten Sie sich weigern: Welche Rolle soll Österreich in der europäischen und globalen Sicherheitspolitik wirklich spielen? – Hier werden alle, ob Befürworter oder Gegner der Neutralität, die neuen Fragen und die neuen Antworten diskutieren müssen. Wir befinden uns in einer Übergangsphase, in einer Übergangsphase, in der möglicherweise – und ich halte viel davon – am vorläufigen Ende auf Basis einer gemeinsamen Verfassung und eines funktionierenden Europäischen Parlaments eine Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion stehen kann.

Dann wird sich auch die Frage nach der Zukunft der Neutralität stellen. Da geht es um große sicherheitspolitische Perspektiven. In etwa einem Jahr wird das Kapitel Petersberger Aufgaben in Brüssel und auch in Wien erledigt sein. Dann werden sich die großen sicherheitspolitischen Zu


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kunftsfragen stellen, und die einzige Antwort, die Österreich gibt, ist: Wir beschaffen das, was wir in einer völlig anderen Situation, zu Zeiten einer Blockkonfrontation, zu Zeiten einer isolierten österreichischen Lage mit vielen guten und schlechten Gründen beschafft hätten. – Das ist ja das wahre Problem! Sie denken mit Ihren Rüstungsbeschaffungen nicht an die gemeinsame sicherheitspolitische Zukunft, sondern das sind Projekte der sicherheitspolitischen Vergangenheit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie Sie das finanzieren wollen, ist auch klar. Es hat einen Grund, warum der Finanzminister bei solchen Diskussionen nicht an der Regierungsbank Platz nimmt. Woher das Geld kommt, werden wir an den nächsten sozialen Kürzungen merken.

Aber eine Frage wird offen bleiben. Herr Bundeskanzler, Sie werden Entscheidungen dieser Art à la longue gegen eine Mehrheit in der österreichischen Bevölkerung nicht durchhalten. Es gibt für den Nationalrat eine Möglichkeit, jetzt noch in letzter Minute bremsend einzugreifen. Hier ist ein einfacher Entschließungsantrag der Grünen. (Abg. Dr. Martin Graf: Lauter Rechtschreibfehler!) Er lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pilz, Van der Bellen, Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ankauf von Abfangjägern

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf den geplanten Ankauf von Abfangjägern zu verzichten.

*****

Wenn dem nicht zugestimmt wird, mache ich Sie darauf aufmerksam, dass die österreichische Bevölkerung schon zwei Mal bewiesen hat, dass sie in wichtigen Fragen in der Lage ist, vernünftiger als die Regierenden zu entscheiden. Das war bei Zwentendorf der Fall und – gegen die Empfehlungen der Grünen – in der Frage des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union. Damals hat die Bevölkerung – gegen unsere Vorschläge – abgestimmt, und unter dem Strich können wir sagen, dass die österreichische Bevölkerung auch da letzten Endes Recht hatte.

Lassen Sie die Bevölkerung auch dieses Mal abstimmen, denn es wird eine Abstimmung geben! (Abg. Dr. Martin Graf: Wir werden sie über die Opernball-Demo abstimmen lassen!) Wenn Sie die Volksabstimmung verhindern, wird schon bald eine Abstimmung über die nächste Bundesregierung folgen. Wenn Sie nicht wollen, dass die Abstimmung über die nächste Bundesregierung eine Abstimmung auch über die Abfangjäger wird, dann lassen Sie das Volk rechtzeitig entscheiden, denn sonst wird das bei der nächsten Nationalratswahl mitentschieden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Das ist unglaublich! Wir bibbern ja nur so!)

Und hier gilt ein wunderschöner Satz (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei und von der Österreichischen Volkspartei: Auch bei den ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Ich bin beim Schlusssatz, Herr Präsident: Auch bei den Abfangjägern ist der Wahltag politisch Ihr Zahltag. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Unglaublich!)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Pilz, Van der Bellen, Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verzicht auf den Ankauf von Abfangjägern


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ist ordnungsgemäß eingebracht, steht mit in Verhandlung und am Schluss der Debatte auch zur Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte. (Abg. Schwarzenberger: Er wird es schwer haben!)

15.54

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte einleitend dem Herrn Bundeskanzler gratulieren. Er hat sein politisches Gedächtnis wiedergefunden. Er konnte sich doch daran erinnern, dass er sich in einer gemeinsamen Regierung mit den Sozialdemokraten befunden hat. (Ah-Rufe und demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Das war in den zwei Jahren, seitdem die FPÖ-ÖVP-Regierung besteht, das erste Mal, dass sich der Herr Bundeskanzler daran erinnern konnte. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. ) Vielleicht kann er sich auch daran erinnern, dass er ungefähr 900 Milliarden Schilling Schulden persönlich mitunterzeichnet hat, und vielleicht kann er sich noch an vieles andere mehr erinnern.

Aber er kann sich nicht ganz daran erinnern, was in den letzten Jahren geschehen ist, denn es gab auch so etwas wie eine geopolitische Veränderung in den Jahren 1989/90. Da haben wir nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und des Warschauer Paktes viele Diskussionen geführt, auch hier, und zwar darüber, was sich daraus für Schlussfolgerungen ergeben werden.

Das hat der Bundeskanzler ein wenig verdrängt, als er die ganzen Beschlüsse der früheren Regierungen aufgezählt hat. Man kann vielleicht für die Beschlüsse von 1984 und 1987 Verständnis aufbringen. Ich persönlich kann für das, was 1999 bezüglich Abfangjäger diskutiert wurde, kein Verständnis mehr aufbringen, immerhin war das schon zehn Jahre, nachdem der Eiserne Vorhang gefallen war. (Abg. Ing. Westenthaler: Das hat der Vorstand beschlossen!)

Aber was ich vom Herrn Bundeskanzler mutig finde, ist, dass er sich herstellt und so tut, als ob für ihn die Neutralität das höchste Gut wäre (Abg. Kiss: Bundesverfassungsgesetz!), obwohl er uns vor gar nicht allzu langer Zeit klar gemacht hat, dass für ihn die Neutralität bestenfalls noch mit den Mozartkugeln und den Lipizzanern vergleichbar wäre. – Diese Abwertung der Neutralität ist ihm – sage und schreibe! – durch den Ankauf der Abfangjäger 30 Milliarden Schilling wert, plus noch einmal 60 Milliarden, wenn man die wahrscheinlichen Instandhaltungskosten, Personalkosten, Flughäfen, Hangars – und weiß der Teufel, was alles damit zusammenhängt – zusammenzählt. (Abg. Dr. Martin Graf: Arbeitsplätze!) Macht 90 Milliarden Schilling, wenn man das alles auf einen Nenner bringt! (Abg. Ing. Westenthaler: So ein Blödsinn!)

Und das in einer Zeit, in der Einsparungen, Nulldefizit-Fetisch und Sozialabbau betrieben werden! Wer hätte sich vor Jahren gedacht, dass es in Österreich notwendig sein wird, dass sich Menschen zusammentun, um ein Volksbegehren zur Rettung des Sozialstaates und gegen den Sozialabbau zu initiieren? Wer hätte sich gedacht, dass das notwendig ist? Gerade in einer Zeit, in der man auf der Straße kaum mehr sicher gehen kann, weil der Finanzminister dauernd die Hände in den Hosentaschen der Bürger hat, um ihnen das Geld "herauszukletzeln", um möglichst viel für sein Budget herauszuholen, gerade in dieser Zeit kommen Sie und schlagen den Ankauf von Abfangjägern in der Größenordnung von 25 bis 30 Milliarden Schilling plus Folgekosten vor!

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Ich weiß nicht einmal, ob ich nicht zu wenig prophezeit habe. Wir haben nämlich auf die Anfrage, die wir am 13. Juli 2001 gestellt haben, eine Antwort vom Verteidigungsminister bekommen. Unsere Frage lautete:

"Wieviel kostet der Einsatz der ‚Draken‘ jährlich unter Berücksichtigung aller direkten und indirekten Ausgaben (Personalkosten, Sachaufwand und Zweckaufwand ..?)" und so weiter.

Antwort von Verteidigungsminister Scheibner am 12. September 2001: "Diese Frage kann in der gewünschten Differenzierung nicht beantwortet werden, weil die jährlichen Kosten für den Einsatz des Draken nicht gesondert erfasst werden, sondern in einer Vielzahl von Voranschlagposten ..." 


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So geht das dann weiter! Das ist schlicht und einfach Verschleierung! Es gibt hier nicht einmal klare Aussagen über die Vergangenheit, und zwar darüber, was der Einsatz der Draken gekostet hat.

Ich bin gespannt – vielleicht können Sie das noch genauer und detailliert anführen; ich möchte das gerne wissen –, was das in den nächsten 20 Jahren kosten wird. (Abg. Dr. Bösch: Fragen Sie den Edlinger!) Mittlerweile wissen wir ja, dass ein Identifikationsflug 130 Millionen Schilling kostet, hochgerechnet auf die nächsten 20 Jahre. Dann kommen noch die Instandhaltungskosten und die Personalkosten dazu – und das in einer Zeit, in der mit einem Sozialstaat-Volksbegehren versucht werden muss, diesem Raubbau, diesem Abbau, dieser Zerstörung unseres Sozialstaates hier Einhalt zu gebieten. Das ist die Wirklichkeit, vor der wir stehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dann kommt der Herr Bundeskanzler und hält uns einen Vortrag über die Gegengeschäfte. Er liest anscheinend "Die Presse" nicht. Diesen Vorwurf, den ich hier in diesem Rahmen schon mehrfach einbringen musste, muss ich wiederholen. Es lohnt sich, "Die Presse" zu lesen. In der Redaktion werden sich jetzt die Redakteure freuen, aber es ist ja wirklich so.

26. Juni 2001, Schlagzeile: "Fragwürdige Wunderdroge Gegengeschäft". Und dann räumt Herr Andreas Schnauder in seinem Artikel aber gründlich mit dem Mythos der Gegengeschäfte auf.

Das geht so weit, dass Schnauder sagt, es sei in der Branche auch üblich, dass es Parteienfinanzierung gibt. – Da wird gründlich damit aufgeräumt, indem auch aufgezeigt wird, dass der Faktor dabei jener ist (Zwischenruf des Abg. Kiss ), dass die Kosten bei der Anschaffung von Abfangjägern von Haus aus schon höher angesetzt werden, weil man das, was durch das "Fuzerl" an Gegengeschäften, die man möglicherweise auch macht, an Kosten entsteht, wieder hereinbringen will.

Es gibt auch keine Kontrolle, ob diese Gegengeschäfte stattgefunden haben! Die Hälfte davon geschieht heimlich und intransparent. Das ist alles Augenauswischerei! Die Wahrheit ist: Das soll nur ein Zuckerl sein, damit Sie diese Abfangjäger ankaufen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zu der Ausrede, man könne keine Volksabstimmung durchführen. Wir haben ja alle den Streit mitverfolgt, den die Verfassungsrechtler und Verfassungsexperten heute in aller Öffentlichkeit über diese Frage ausgetragen haben. Ich habe wirklich lange gesucht: Ich habe in unserer Verfassung keinen Passus gefunden, wo geschrieben steht: Nein, nein, nein, keine Anschaffung von Abfangjägern!, oder: Ja, ja, ja, ihr müsst Abfangjäger anschaffen! – So etwas habe ich nicht gefunden. Das kommt in unserer Verfassung gar nicht vor. Es gibt keine Verpflichtung, Abfangjäger anzuschaffen. Daher können Sie nicht sagen, man bräuchte zuerst eine komplizierte Zweidrittelmehrheit.

Sagen Sie es ganz einfach: Diese Regierung hat Angst vor der Bevölkerung. Diese Regierung hat Angst, die Bevölkerung zu befragen. Diese Regierung weiß, dass die Bevölkerung diese Abfangjäger nicht will, daher wird diese Regierung die Bevölkerung nicht befragen. – Dass Sie das so sagen, überrascht mich nicht einmal, aber wir haben hier doch einen Demokratiefetischisten in Gestalt des Herrn Westenthaler und der FPÖ. Die hätten früher doch am liebsten über jede Buschenschank und Winterfutterstelle eine Volksbefragung durchgeführt. Denn, wenn ich mir die lange Liste ansehe, zu welchen Anliegen die FPÖ Volksbegehren durchführen wollte und Forderungen nach Abstimmungen gestellt hat (Abg. Ing. Westenthaler: Habt ihr alles abgelehnt!), da war ununterbrochen die Rede von direktdemokratischen Instrumentarien. Aber jetzt sitzt die FPÖ in der Regierung und jetzt wird drübergefahren! Jetzt wird nicht mehr gefragt. Jetzt ist Schluss damit. Und das Geld wird den Steuerzahlern einfach aus der Tasche gezogen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dolinschek. )

Und der ÖVP sei Folgendes gesagt: Sie haben sogar ein Volksbegehren über den Bau eines Konferenzzentrums jenseits der Donau durchgeführt. Ein friedenspolitischer Beitrag! Sie haben Täler in Tirol und Vorarlberg mobilisiert, nur damit dieses Konferenzzentrum nicht gebaut wird. –


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Das sei nur gesagt, damit wir hier ein bisschen über den Einsatz direktdemokratischer Instrumentarien diskutieren.

Oder: Wurde nicht in der Steiermark ein Anti-Draken-Volksbegehren von der ÖVP Steiermark wegen der Lärmbelästigung und aus vielen anderen Gründen initiiert und in die Wege geleitet? (Abg. Zweytick: Frag einmal die Leute in der Steiermark, was 1991 los war!) Noch einmal: Das sind Fluchtargumente! Das ist vorgeschützt! Es gibt diesbezüglich kein Problem mit der Verfassung. Wir können hier getrost gemeinsam – alle vier Parteien! – ein Gesetz beschließen, und wir können es im Rahmen einer Volksabstimmung zur Abstimmung bringen. Und das sollten wir auch tun! Wir fordern das hier! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Du hättest 1991 in der Buschenschank in der Südsteiermark sitzen sollen, im Sommer 1991 an der österreichischen Grenze!)  – Ich weiß schon: Sie wollen auch U-Boote für die Donau haben. Mir ist das schon klar. In puncto absurde Anschaffungen gibt es viele Möglichkeiten.

Wenn ich mir anschaue, wie sich die Anschaffung der Abfangjäger "lohnt", dann sage ich, ihr müsstet ja überhaupt gleich vorschlagen, nicht 24 Abfangjäger, sondern 240, 300 oder 360 Abfangjäger anzuschaffen, bis ihr am Schluss einen Gewinn macht! Bis damit überhaupt der Schuldenabbau finanziert ist! – Es ist ja absurd, was sich hier abspielt! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen wissen Sie ganz genau, diese Abfangjäger sind maximal "Luftpolizisten". Sie tun ja förmlich so, als ob das bis an die Zähne bewaffnete, gefährliche Flugzeuge wären, die das Bündnis des Bösen, das immer und überall droht, verhindern und abfangen könnten. Das ist nur "Luftpolizei". Wir können oben am Himmel um 130 Millionen Schilling wacheln, wir können, wenn die feindlichen Flugzeuge zu schnell sind – falls wir sie überhaupt sehen und falls unsere Flieger schnell genug sind –, vielleicht einen Strafzettel ausstellen. Wir können ihnen die rote Karte zeigen. (Ruf: Das ist eine Büttenrede!) Wir können sagen: Verlassen Sie den österreichischen Luftraum! Und wir können ein Foto von ihnen machen.

Das ist die Wahrheit, diese sollten Sie sagen und nicht Sand in die Augen der Bürgerinnen und Bürger streuen, so wie es das Wesen Ihrer Politik ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Ich gebe Ihnen einen Tipp: Gehen Sie wieder zurück in das Clemens Fürst von Metternich-Zimmer und lassen Sie sich andächtig eine Mozartkugel auf der Zunge zergehen! Das wäre produktiver! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Lei lei!)

16.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Die Uhr ist auf 9 Minuten eingestellt. – Bitte.

16.05

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Die heutige Vorstellung des Kollegen Van der Bellen und die des Kollegen Cap sind der Stoff, aus dem eine rot-grüne Zusammenarbeit gemacht ist. Das ist der Vorgeschmack: linker Populismus statt staatspolitischer Verantwortung! Das ist Ihr Fundament, meine Damen und Herren von Rot und Grün! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist wahrlich erschütternd, wenn man in Fragen der Sicherheitspolitik solche Dinge an den Tag legt: entweder rein populistische Forderungen – gerade von Herrn Professor Van der Bellen hätten wir das nicht erwartet (Abg. Dr. Stummvoll: Oja! – Abg. Schwarzenberger: Er wird vielfach verkannt!)  – oder eine Kabarettvorstellung samt neuer Büttenrede des Kollegen Cap. Meine Damen und Herren! Man schämt sich als Österreicher, so etwas in diesem Haus zu erleben. Ich sage das ganz offen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Aber wenn ein Sozialstaatsvolksbegehren ..., dann schämen Sie sich nicht, Herr Spindelegger?!)

Wir setzen dem einen ganz anderen Grundsatz entgegen, meine Damen und Herren von der Opposition. Unser Grundsatz lautet: Wir wollen Verantwortung für Österreich auch so verste


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hen, dass wir für die Sicherheit Österreichs Sorge tragen, sowohl am Boden als auch im Luftraum. Wir stehen dazu. Wir unterstützen auch Herrn Verteidigungsminister Scheibner, der diese Aufgabe sehr gewissenhaft wahrnimmt, der überzeugende Argumente dafür geliefert hat, dass es notwendig ist, neue Abfangjäger zu beschaffen, und der diesem Haus auch einen guten Zeitplan für das gesamte Procedere vorgelegt hat. Ich glaube, er verdient unsere Unterstützung. Wir von der Volkspartei stehen jedenfalls hinter Verteidigungsminister Herbert Scheibner. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! So sehr Rot und Grün hier auch versucht haben, sich im Populismus zu unterbieten, so unterschiedlich ist natürlich die Motivation der beiden Parteien, wenn man ein wenig tiefer blickt. Sehen wir uns doch die Motivation der Grünen an! Sie sind in Ihrer Tradition wirklich ungebrochen. Sie waren immer gegen die Landesverteidigung. Sie waren auch immer gegen jede Art von Sicherheitspolitik. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Aktive Friedenspolitik!) Ich bin ein beredter Zeuge: Seit ich hier im Hause bin, verfolge ich Ihre Reden diesbezüglich. Da hat sich nicht wirklich etwas geändert. Sie haben in der Vergangenheit immer ein Plädoyer für die Abschaffung des Bundesheers gehalten. Sie waren immer gegen Soldaten, weil diese für Sie Feindbilder sind, meine Damen und Herren von den Grünen. Da sind Sie sich tatsächlich treu geblieben.

Herr Kollege Van der Bellen hat am Sonntag in der "Pressestunde" gesagt: Wir wollen in die Regierung. (Abg. Dr. Stummvoll: Eine gefährliche Drohung!)  – Meine Damen und Herren von den Grünen! Regierungsfähig sind Sie damit wirklich noch nicht. Ganz im Gegenteil! Sie haben eine Vorstellung geliefert, die zeigt, dass Sie noch lange nicht regierungsfähig sind! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie akzeptieren das Grundbedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit nicht! Und damit können Sie auch die Österreicher nicht in einer Bundesregierung vertreten. Sie haben weiters ein Ausmaß an Doppelbödigkeit an den Tag gelegt, das wirklich seinesgleichen sucht, denn Sie waren es, die in den letzten Jahren versucht haben, uns glaubhaft zu machen, dass das Wort "Neutralitätsgesetz" eine Erfindung der Grünen ist. Sie haben dieses Wort ständig in den Mund genommen, aber – wie wir heute sehen – nie ernst genommen, denn Sie haben es ja gar nicht gelesen. Schon in Artikel I Abs. 1 steht, dass Österreich seine immerwährende Neutralität "mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen" wird. (Abg. Huber: Also auch mit ...?! – Abg. Kiss: Kreischende Säge!)

Da brauchen wir keine große juristische Ausbildung: Bei "mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln", da ist nichts ausgeschlossen, Herr Kollege Van der Bellen! Da brauchen Sie uns nicht zu erklären, dass Ihre Interpretation ist, da gibt es keine Abfangjäger. Sogar Kollege Rotter – über Jahre ein Kronzeuge der SPÖ in der Sicherheitspolitik! – sagte heute im APA-Interview ganz klar: Natürlich ist Luftraumüberwachung von "mit allen zu Gebote stehenden Mitteln" umfasst und ist klar, dass damit auch Luftraumüberwachungsflugzeuge gemeint sind. – Zitatende. (Abg. Huber: Warum haben Sie keine Atomwaffen?)

Herr Kollege Cap! Nehmen Sie Nachhilfeunterricht beim Kollegen Rotter! Das täte Ihnen in dieser Sache sicher gut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich verlange heute von den Grünen, dass Sie "hopp" oder "tropp" sagen. Wollen Sie das Neutralitätsgesetz ändern? – Dann bringen Sie einen Antrag ein! Oder wollen Sie es nicht ändern? – Dann reden Sie nicht weiter von Neutralität, dann lassen Sie das! So geht es ja wohl wirklich nicht, uns zu erklären, Sie wollen die Neutralität aufrechterhalten, aber die Abfangjäger beiseite schieben. – Das ist doppelbödig! Da haben Sie sich selbst in einer Falle gefangen, die Sie selbst ausgelegt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Motivation der SPÖ liegt tatsächlich etwas anders. Im Jahre 1998, unter der vorigen Regierung, haben Sie mitbeschlossen, dass die Nachfolge des "Draken" in der nächsten Legislaturperiode angegangen wird. Sie haben im Jahr 2000, also vor zwei Jahren, im Regierungsübereinkommen mit der ÖVP mitbeschlossen und unterschrieben (Abg.


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Gradwohl: Da hat es kein Regierungsübereinkommen gegeben!), dass die Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge kostengünstig durchgeführt wird.

Jetzt ist es zwei Jahre später, 2002, und Kollege Cap sagt dazu: Man kann die SPÖ auch nicht dafür verantwortlich machen, was vor 2 000 Jahren im Vindobona-Lager an Speerbeschaffungen vielleicht gemacht oder nicht gemacht wurde. – Ein sehr "treffender" Vergleich, meine Damen und Herren. Was vor 2 000 Jahren war, ist auch uns gleichgültig, was hingegen vor zwei Jahren war, Kollege Cap, davon erwarten wir schon, dass Sie sich noch ein wenig daran erinnern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Offenbar ist in der Zwischenzeit bei Ihnen tatsächlich einiges passiert, obwohl die Personen gleich geblieben sind. (Abg. Edlinger: ... totale Vergesslichkeit! – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Sie haben nach wie vor den Wehrsprecher Anton Gaál, den ich persönlich sehr schätze, der sich aber in Wirklichkeit hier krampfhaft am Rednerpult festklammern wird, sich überlegend, wie er diese Haltung verteidigen kann. Wenn ich lese, was er über Jahre zur Luftraumüberwachung gesagt hat, dann ging das immer eindeutig in Richtung eines Ja. Was du heute sagen wirst, lieber Toni Gaál, darauf bin ich schon gespannt!

Auch Kollege Cap hat in der Vergangenheit sogar für einen NATO-Beitritt votiert, er hat seine Meinung grundlegend um 180 Grad gewendet. Heute ist alles anders, heute ist er der erste Populist und Gegner der Landesverteidigung. Offensichtlich war eine Meinungsumfrage, dass eben viele Österreicher gegen die Abfangjäger sind, entscheidend für Ihren Stimmungswandel und für Ihren Meinungswechsel. Das finde ich tatsächlich sehr bedenklich, denn wenn Sie danach handeln, was morgen in der Zeitung stehen wird, dann frage ich mich: Was ist das heute für eine SPÖ? Wo ist ihre staatspolitische Verantwortung? – Die haben Sie verloren! Sie haben Fragen auch der Sicherheit am Altar des Populismus geopfert. Das finde ich traurig und ich frage mich, ob diese SPÖ je wieder regierungsfähig werden kann, wenn sie solch eine Politik an den Tag legt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Das ist der Punkt!)

Ich möchte Sie zum Abschluss meiner Rede auch in aller Offenheit fragen: Haben Sie sich einmal überlegt, warum die anderen europäischen Länder nicht darüber nachdenken, ihre Abfangjäger ab zuschaffen, sondern warum sie neue be schaffen, warum alle Abfangjäger haben? – Die Antwort ist ganz einfach: Jedes Land hat Abfangjäger, entweder die eigenen oder fremde. Und wir Politiker mit Verantwortung müssen dafür Sorge tragen, dass künftig die eigenen Abfangjäger den eigenen Luftraum schützen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

16.13

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Verteidigungsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap und auch ein paar seiner Vorredner haben gemeint, es ist sonderbar, dass man am Neutralitätsgesetz, so wie es in den vergangenen Monaten und Jahren praktiziert worden ist – vor allem nach dem EU-Beitritt –, auch Kritik üben kann. – Selbstverständlich kann man Kritik üben, und die Zitate des Bundeskanzlers, die Sie erwähnt haben, oder auch unsere Kritik waren und sind inhaltlich vollkommen richtig. Sie müssen nur zur Kenntnis nehmen, dass – im Gegensatz zu manchem Grünen wie etwa dem Herrn Pilz – bestehende Gesetze einzuhalten sind und dass der Herr Bundeskanzler und die Abgeordneten dieses Hohen Hauses – zumindest jene von den Regierungsparteien – gesetzestreu handeln und diese Gesetze auch als Auftrag verstehen, Herr Kollege Cap! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das steht nun einmal im Neutralitätsgesetz, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, wobei ich mich Folgendes frage, Herr Kollege Cap: Sie wanken schon bei der Verteidigung der Neutralität. Monatelang, jahrelang haben Sie sich als die Verteidiger der Neutralität hingestellt, und jetzt wanken Sie. Sie können plötzlich nicht mehr erklären, wo bei Ihnen Neutralität aufhört. Am Bo


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den? Oder 30 Zentimeter über dem Boden? Beim Knie? Oder: Wenn Sie im 1. Stock wohnen und schlafen gehen, sind Sie dann nicht mehr neutral? Ist die Neutralität in der Luft vorbei?

Solche Widersprüche entwickeln Sie hier, wenn Sie davon sprechen, die Luftraumüberwachung bräuchten wir nicht, das sollten andere machen. – Ich frage Sie: Was ist die Alternative, Herr Kollege Cap? (Ruf bei der SPÖ: Sie nicht!) Da bin ich bei Ihnen, da können wir ruhig die Entscheidung der Bevölkerung über eine grundsätzliche Ausrichtung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit einbeziehen. Dann müssen Sie aber den Menschen ehrlicherweise die Alternativen sagen. Wie sehen diese Alternativen aus? – Das ist eben entweder das geltende, bestehende Neutralitätsgesetz, die Neutralität am Boden und in der Luft, so wie der Auftrag besteht, zu verteidigen, oder wir überlassen das anderen.

Vielleicht gehen wir in ein Militärbündnis, in die NATO. Wer schützt Sie dann davor, dass in der NATO der Beschluss gefällt wird, dass etwa das NATO-Mitglied und österreichische Nachbarland Tschechei beauftragt wird, den österreichischen Luftraum zu überwachen? – Ich sage Ihnen ganz deutlich, da ist mir lieber, wir Österreicher sind souverän und überwachen unseren Luftraum allein und nicht die Kampfjets des Herrn Zeman! Das brauche ich nicht, ich habe mehr Vertrauen in die eigenen Kampfjets. Da können Sie sicher sein, Herr Cap. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Es heißt Tschechien !)

Kollege Spindelegger hat gemeint, es sei interessant, was Herr Pilz da gemacht habe. Für mich war es überraschend, dass er einen Antrag eingebracht hat, die Luftüberwachung sozusagen abzuschaffen, nichts mehr anzukaufen. Das war ein echter Rückschritt, denn Herr Pilz war es, der hier große sicherheitspolitische Töne von sich gegeben hat, der die Abschaffung des Bundesheeres gefordert hat. Es wurde bereits zitiert: die Abschaffung des Bundesheeres, und nicht nur des Bundesheeres. Pilz forderte auch die Entwaffnung der Polizei. Auch das hat er in einem Interview für die Zeitschrift "Grün" gefordert, in dem er wortwörtlich sagt: "Ich halte es auch für sehr wichtig, daß es eine Entwaffnung der österreichischen Polizei gibt." – Da schaut her!

Aber nicht nur das, er ist überhaupt dazu übergegangen, im selben Interview das Staatsganze in Frage zu stellen, als er gefragt wurde, wie es mit einer funktionierenden Gesellschaft aussehe. Pilz wortwörtlich: "Das schaut so aus, daß es keinen Staat gibt. Das ist einmal das Erste. Dieses Gewaltinstrument darf es nicht mehr geben."

Mit solchen Verbündeten liegen Sie, Herr Kollege Cap, im Bett, die den Staat abschaffen wollen, die die Polizei entwaffnen wollen, die das Bundesheer abschaffen wollen. – Nein danke zu Grün-Rot hier in Österreich, kann man da nur sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Herr Van der Bellen fragt immer, gegen wen wir neutral sind beziehungsweise gegen wen wir uns absichern wollen und welche Bedrohungsbilder es denn in Österreich und für Österreich gibt? – Sie haben schon Recht. Wir leben im Moment relativ sicher, aber nur relativ. Auch Sie, Herr Kollege Van der Bellen, konnten uns vor dem Jahr 1991 nicht in Aussicht stellen – Gott sei Dank, Sie haben es auch nicht gewusst –, dass so etwas einmal passieren würde. Am 29. Juni 1991 titelte die "Kronen Zeitung": "Bundesheer und ,Draken‘ im Einsatz: Jugo-Bomber über Graz!"

Und auf einer Doppelseite in der "Kronen Zeitung" von Peter Gnam stand zu lesen: "Jugo-Bomber im Tiefflug über Graz. Jetzt geht es um unsere Neutralität." Gnam schilderte in einem sehr interessanten Artikel, wie unsere Luftverteidigung agiert hat und dass es selbstverständlich zu einem hochdramatischen Einsatz gekommen ist. (Abg. Gradwohl: Wer hat diese ... gefunden? War das ein Draken?)

Verteidigung unserer Neutralität: Damals, 1991, standen das Bundesheer und auch die Luftraumüberwachung hoch im Kurs, und niemand hat gesagt, wir stellen das in Frage. Alle haben gesagt: Hätte man das gedacht, dass es jemals passieren würde, dass ein feindlicher Flieger bis nach Graz fliegt? Da sind wir schon froh, dass auch der Luftraum überwacht wird! – Und heute kann auch niemand sagen, dass man gewusst hätte, was am 11. September passieren


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würde. Da hat man auch danach gesagt: Wenn wir das gewusst hätten! Da sind wir froh, dass wir ein funktionierendes Bundesheer haben.

Ich will nicht erleben, dass wir einmal mehr bei irgendeinem terroristischen Zwischenfall oder angesichts eines Kriegszustandes, der durchaus nach wie vor auch in Europa als Gefahrenpotential entstehen kann, wieder sagen: Das ist schon arg, das haben wir nicht gewusst, da waren wir nicht gerüstet. – In dieser Frage weiß ich mich mit den Österreicherinnen und Österreichern eins, dass wir unsere Sicherheit selbst definieren wollen und auch die Luftraumüberwachung, selbstverständlich funktionierend, so belassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPÖ, die immer wieder von ihren eigenen Standpunkten abrückt – das ist schon interessant –, sagt: Steuern senken. Sie haben aber jahrelang, als Sie in der Regierung waren, Steuern erhöht. Sie sagen jetzt: Wir sind gegen Atomkraft, waren aber immer dafür und haben um ein Haar Zwentendorf aufgesperrt. Sie sind immer gegen Volksabstimmungen und direkte Demokratie aufgetreten – Stichwort "Temelín-Volksbegehren" –, und jetzt sind Sie plötzlich dafür. (Abg. Dr. Martin Graf: Zick-zack bei der SPÖ!) Das gilt auch für die Abfangjäger beziehungsweise die Luftraumverteidigung: Sie waren immer dafür, jahrelang dafür, und plötzlich sind Sie dagegen.

Ich frage mich: Wo ist eigentlich die Steigerung in Ihrem Zickzackkurs? Erklären Sie uns morgen, dass die Farbe Rot nie Ihre Parteifarbe war oder dass "Genosse" nie die Bezeichnung Ihrer Funktionäre in der Partei war? Wo ist eigentlich noch die Steigerung?

Ich habe hier den Ministerratsvortrag, als Sie die Beschaffung der Abfangjäger mit den Ministern Lacina, Vranitzky, Fischer, der da oben sitzt und schon zitiert worden ist, beschlossen haben. Ich habe hier Zeitungsartikel: "Heinz Fischer: Abfangjäger ja."

Oder: "Schieder besänftigt die Jusos. Aber Abfangjäger werden gekauft." Und dann erklärt er, warum es so wichtig sei, Abfangjäger zu kaufen.

"SP-Vorstand: Abfangjäger fix". Einen Vorstandsbeschluss hat es dazu gegeben. Da muss ich aber Josef Cap ausnehmen, denn er war damals auf Urlaub in Südamerika, er war bei diesem Beschluss nicht dabei. Aber man hat auch damals die Kompensationsgeschäfte als Argument verwendet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ich nun meine, ist, dass Sie andauernd Ihre Meinung ändern. Vor zwei Jahren, am 18. Jänner 2000, das Verhandlungsergebnis, Programm SPÖ-ÖVP, Seite 20, Landesverteidigung. Kollege Gaál hat wortreich – ich habe die Aussendungen hier – den Ankauf der Abfangjäger verteidigt. Sie können es selbst nachlesen. Sie wissen es, Herr Kollege Gaál, Sie waren immer für die Nachbeschaffung von Abfangjägern zur Luftraumverteidigung, und zwar über das Jahr 2000 und die nächsten Jahre hinaus. Ich habe die Zitate hier. Kommen Sie heraus, seien Sie doch so ehrlich und stehen Sie zu Ihrer Meinung! Stehen Sie dazu und stimmen Sie nicht ein in den Chor Ihrer Partei, der jetzt hier populistisch mit den Grünen in Wirklichkeit zu verunsichern versucht!

Sie haben die Prinzipienlosigkeit zum politischen Grundsatz erhoben, und letztlich betreiben Sie damit auch Wählertäuschung, weil Sie den Menschen etwas anderes versprochen haben. Die Diagnose ist Vergesslichkeit, um nicht zu sagen politischer Alzheimer, ein Wort, das auch schon von Ihnen einmal verwendet worden ist. Sie sagen einmal das, einmal jenes. Sie sagen Schulden statt Nulldefizit, Sie sagen Steuerreform statt mehr Sicherheit, und wir sagen genau das Gegenteil. Wir sagen: keine neuen Schulden. Wir sagen ja zu einer Steuerreform, und zwar nicht statt, sondern zusätzlich zu mehr Sicherheit, und auch ja zu einer funktionierenden Luftraumüberwachung, weil wir es auch unserer nächsten Generation schuldig sind, dass wir in Österreich sicher leben können, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.21


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. Geschäftsordnung: 2 Minuten, Sachverhalt. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Oh je!)

16.22

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Westenthaler hat auf einen Fall aus dem Jahre 1991 verwiesen, bei dem ein jugoslawisches Kampfflugzeug in den steirischen Luftraum eingedrungen ist, und hat behauptet, in diesem Fall habe die österreichische Luftraumüberwachung funktioniert.

Ich berichtige tatsächlich: Der Fall hat sich völlig anders zugetragen. Das jugoslawische Flugzeug hat sich nördlich von Graz befunden. (Abg. Ing. Westenthaler: Das berichtet die "Kronen Zeitung"!) Kein "Draken" ist aufgestiegen, weil das Flugzeug nicht erkannt worden ist. Eine SAAB 105 hat sich auf einem Überstellungsflug von Zeltweg nach Graz-Thalerhof befunden und zufällig das jugoslawische Flugzeug getroffen. Beide sollen sich sehr erschreckt haben, das jugoslawische Flugzeug hat umgedreht. Der sehr erschrockene österreichische Pilot ist ... (Abg. Ing. Westenthaler: Stimmt nicht, das ist völlig falsch, was Sie da sagen! Waren Sie im Flugzeug? – Abg. Schwarzenberger: Herr Präsident! Das ist Missbrauch der Geschäftsordnung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Pilz! Ob der Pilot des jugoslawischen Flugzeuges erschreckt war, das können Sie sicherlich nicht feststellen, und es kann daher auch nicht Inhalt einer tatsächlichen Berichtigung sein.

Ich bitte, den Satz abzuschließen, und dann gelangt Herr Minister Scheibner zu Wort. (Heiterkeit. – Abg. Ing. Westenthaler: Niedersetzen!)

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Herr Präsident! In Bezug auf den jugoslawischen Piloten muss ich mich wirklich selbst berichtigen, da haben Sie völlig Recht. Jedenfalls hat damals kein erfolgreicher Akt der Luftraumüberwachung, sondern ein zufälliges Zusammentreffen mit einem bereits auszumusternden Flugzeug stattgefunden.

Wenn das die zukünftigen Erfolge sein sollen: viel Glück! (Abg. Ing. Westenthaler: Das darf ja nicht wahr sein! Was ist denn das?)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Scheibner. – Bitte.

16.23

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine wichtige Frage, über die heute hier diskutiert wird. Es geht darum, ob Österreich auch in Zukunft seine Souveränität in der Luft überwachen können wird, wenn in wenigen Jahren der SAAB-Draken und die von Ihnen, Herr Kollege Pilz, hier angesprochene SAAB 105 endgültig außer Dienst gestellt werden müssen. Die Luftraumüberwachung wird derzeit durch zwei Flugzeuge sichergestellt: durch den SAAB-Draken und die SAAB 105.

Es ist schon richtig, dass der erste Kontakt damals durch ein Flugzeug der Luftraumüberwachung, nämlich durch die SAAB 105, erfolgt ist, aber nicht zufällig, Herr Kollege Pilz (Abg. Gradwohl: Das ist die Unwahrheit, Herr Bundesminister!), sondern selbstverständlich ist die serbische MIG durch das Luftraumüberwachungssystem "Goldhaube", das bis jetzt modernst und ausgezeichnet funktioniert, erkannt worden. Es ist – ich habe mit dem damaligen Piloten selbst gesprochen – die SAAB 105, die in der Luft gewesen ist, angefunkt worden, weil sie natürlich wesentlich schneller beim Einsatzort gewesen wäre als ein Draken, der extra aufgestiegen wäre, und hat das dort entsprechend aufgeklärt.

Es gab in dieser Zeit noch mehrere Luftraumverletzungen. Daraufhin hat es eine permanente Luftraumüberwachung durch die SAAB-Draken gegeben, und ab diesem Zeitpunkt hat es keine Luftraumverletzungen über Österreich mehr gegeben. Das sollte eigentlich klar und deutlich


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zum Ausdruck bringen, wie notwendig eine derartige Überwachung unseres Luftraumes gerade auch in Friedenszeiten ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter und Klubobmann Van der Bellen! Es ist eine wichtige Frage, die hier schon einmal angesprochen wurde. Ich habe als Abgeordneter und als Wehrsprecher hier auch viele Dringliche Anfragen zu Fragen der Sicherheitspolitik eingebracht. Diese waren mir immer ein großes Anliegen. Mit so einer Dringlichen Anfrage wie der heutigen hätte ich mich nie getraut, hier vor den österreichischen Nationalrat zu treten, wenn mir die Sache ein echtes Anliegen gewesen wäre. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung Grüne –: Peinlichkeit!)

Ich habe aber eher den Verdacht, meine Damen und Herren von der Opposition, es geht Ihnen nicht wirklich darum, ein Projekt zu diskutieren, die Notwendigkeit zu diskutieren, die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen zu diskutieren, vielleicht die Kosten, die Finanzierungsvarianten – dann hätten Sie das ja alles besser hineingeschrieben –, sondern es geht Ihnen damit ja nur um den Effekt. Sie wollen eine Diskussion populistisch, parteipolitisch weiterführen, von der Sie glauben, dass sie Ihnen mangels anderer Ideen jetzt bei den Meinungsumfragen etwas helfen und Wählerstimmen bringen werde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, wir waren eine oft kritisierte Opposition, wir haben vielleicht auch manchmal sehr populistisch agiert. (Abg. Gradwohl: Nur manchmal?) Es ist sicherlich auch die Aufgabe einer Opposition, prononciert, manchmal auch überzeichnet Politik zu machen.

Aber eines haben wir nicht: Wir haben niemals versucht, mit der Sicherheit unseres Landes und mit der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher Parteipolitik zu machen, sondern wir sind immer, ob es populär gewesen ist oder nicht, für das österreichische Bundesheer eingetreten und haben uns immer für Beschaffungen, die für die Sicherheit unseres Landes notwendig waren, ausgesprochen. Sie haben sich leider von dieser sicherheitspolitischen Verantwortung verabschiedet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, man kann es grundsätzlich diskutieren. Herr Abgeordneter Cap hat gesagt: Wo steht in der Verfassung, dass wir Abfangjäger brauchen? – Das ist richtig, das steht nirgends. Aber es gibt einen Auftrag, Herr Kollege Cap, und das wissen Sie, es gibt einen verfassungsrechtlichen, ja sogar einen staatsrechtlichen, einen grundsatzrechtlichen Auftrag, dass jeder souveräne Staat die Möglichkeiten wahrnehmen und die Kapazitäten haben muss, diese Souveränität zu Lande und in der Luft auch abzusichern. Darüber kann man sich unterhalten, welche Möglichkeiten es dafür gibt, diesen verfassungsrechtlichen Auftrag wahrzunehmen.

Sie haben auch schon Vorschläge gebracht, meine Damen und Herren. Da gibt es zwei Varianten: Entweder man macht es selber, man macht es gemeinsam mit anderen oder man lässt es durch andere besorgen.

Zum selber Machen: Da kann ich mich noch gut erinnern, Ihr Vorgänger, der Klubobmann Kostelka, hat einmal einen guten Vorschlag gebracht. Er hat gesagt, wir brauchen keine Abfangjäger, sondern es reicht, Radargeräte und Lenkwaffen anzuschaffen. Das würde in Wahrheit auf die Spitze getrieben heißen: Jeder unberechtigte Einflug muss sofort mit Lenkwaffen beantwortet werden.

In diesem Fall hätte das, meine Damen und Herren, bedeutet, dass wir seit dem 11. September vorigen Jahres elf Flugzeuge abschießen hätten müssen. Meine Damen und Herren! Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, nicht Ihr Konzept für die Luftraumüberwachung!

Sie haben dann auch noch gesagt, Radar alleine würde auch ausreichen. Das ist auch merkwürdig. Das ist ungefähr so, wie wenn ich irgendwo einen Fotoapparat aufstelle und dann zwar weiß, dass auf der Straße Geschwindigkeitsüberschreitungen stattgefunden haben, aber mich interessiert nicht, von wem, und ich möchte auch keine Sanktion dafür setzen. Auch nicht wirklich sinnvoll!


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Sie sagen dann: Na gut, dann könnten wir das gemeinsam mit anderen machen. Das sollen andere für uns machen. – Ja wo gibt es das, meine Damen und Herren? Es wäre theoretisch möglich im Rahmen der NATO, das wird aber bis jetzt von keinem Land, das selbst in diesem Verteidigungsbündnis ist, praktiziert. Allerdings wäre auch das nicht gratis, sondern wir müssten wahrscheinlich noch mehr als für die eigenen Kapazitäten an ein anderes Land bezahlen.

Ich sage Ihnen ganz offen, nicht nur als Verteidigungsminister, sondern auch als österreichischer Staatsbürger: Für mich ist es ein Anliegen und ein Prinzip, dass die eigene Sicherheit auch nur von eigenen Soldaten zu Lande und durch eigene Flugzeuge in der Luft abgesichert werden soll und nicht durch fremde Flugzeuge, für die wir dann vielleicht noch Milliarden aufzuwenden hätten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber das wollen Sie auch nicht, denn Sie wollen ja nicht in ein gemeinsames Verteidigungsbündnis hineingehen. Also was ist Ihre Alternative zur eigenständigen Luftraumüberwachung? – Sie haben keine.

Im persönlichen Gespräch geben Sie es ja auch zu, dass es nicht anders geht. Sie haben ja auch immer dafür gestimmt – das ist ja heute auch schon angesprochen worden –, und Sie haben sich mit vehementen Worten gegen Volksentscheidungen bei den Draken ausgesprochen. Damals hätten wir noch darüber diskutieren können, da es sich um eine Neubeschaffung gehandelt hat. Es war erstmals der Eintritt in ein Überschallzeitalter. Jetzt geht es um eine Nachbeschaffung, meine Damen und Herren.

Herr Abgeordneter Cap hat auch eine geostrategische Prognose abgegeben, warum man das jetzt alles nicht braucht: Der Kalte Krieg sei ja zu Ende, und die Drakenbeschaffung habe noch während des Kalten Krieges stattgefunden.

Herr Kollege Cap! Damals hat man die Anforderungen dieser Zeit nicht ernst genommen, denn damals wäre militärische Luftverteidigung für den Fall eines Luftkrieges notwendig gewesen, wenn man der Neutralität wirklich Vorschub geleistet hätte, so wie es die Schweiz immer wieder gemacht hat. Damals wie heute wären dafür 24 Flugzeuge absolut zu wenig. In Wahrheit hat sich die geopolitische Lage vielmehr der jetzigen Kapazität angepasst. Für die Luftraumüberwachung im Frieden sind eben diese 24 oder 30 Flugzeuge ausreichend, aber auch notwendig.

Wenn Sie sagen, 1989 und 1990 hat sich die geostrategische Lage verändert, dann ist das richtig. Damals gab es auch die Propheten, die gesagt haben: Jetzt ist ein Zeitalter von Frieden, Freiheit und Sicherheit in Europa ausgebrochen. Zwei Jahre später ist nicht nur ein furchtbarer Krieg in Bosnien, Kroatien und Slowenien ausgebrochen, sondern dieser Krieg ist auch an unsere Grenzen gekommen. Diese Propheten haben sich geirrt. Sie irren sich auch heute, aber sie übernehmen nie eine Verantwortung für diese falschen Prognosen. Eine Opposition hat es leicht. Die ist halt dann ein bisschen leiser, wenn ihre Prognosen und ihre Forderungen momentan nicht opportun sind, wie etwa nach dem 11. September.

Eine Zeitung kann die Schlagzeile ändern, aber eine Regierung, ein Ressortminister ist verantwortlich dafür, dass er Vorsorge betreibt, dass er dafür vorsorgt, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten und von den Grünen, dass wir dann, wenn etwas passiert, den berechtigten Anforderungen, dem Ruf der Bevölkerung nach diesen sicherheitspolitischen Kapazitäten auch Folge leisten können. Das ist unsere Verantwortung. Diese Bundesregierung stellt sich dieser Verantwortung und wird sich durch Ihre parteipolitischen Argumente sicherlich nicht davon abbringen lassen.

Sie haben von den Gegengeschäften und vom Preis gesprochen. Herr Kollege Cap! Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Zahlen herhaben, aber ich sage Ihnen: Dieser Kauf wird nicht 30 Milliarden Schilling erfordern, und die Gegengeschäfte, Herr Kollege Pilz, werden in jenem Rahmen sein, den wir uns erwarten, denn das ist unsere Vorgabe. Wenn Sie die heutige APA (Abg. Dr. Pilz: Lesen Sie!)  – Sie leben immer in der Vergangenheit – lesen, dann sehen Sie, dass auch schon die Amerikaner der Meinung sind, dass sie wesentlich mehr – da wird nämlich von 3,4 Milliarden € gesprochen – an Gegengeschäften einzubringen haben.


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Es ist eine wirklich sinnvolle Maßnahme, dass man mit einer derartigen Investition ein Mehrfaches dieser Investition für unsere Wirtschaft lukrieren kann, meine Damen und Herren. Gerade im Bereich der Hochtechnologie, im Bereich der Luftfahrtindustrie haben wir ein großes Interesse, das hier entsprechend einzubringen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der Schlusssatz, Herr Präsident: Der Herr Bundeskanzler hat es klar zum Ausdruck gebracht: Es geht hier nicht um Steuerreform, Pensionen oder Sicherheit für Österreich. Wir werden beides umsetzen – Herr Kollege Edlinger hat es gesagt –, wenn es budgetär möglich ist. Wir haben Ihre Budgetdefizite saniert. Da war wesentlich mehr aufzuholen als das, was wir jetzt für die eigene Sicherheit aufwenden werden. Das ist unsere Verantwortung, und im Sinne der Sicherheit Österreichs werden wir uns dieser Verantwortung auch stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

16.34

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! In der Tat lohnt es sich – und da sollten wir uns an sich alle daran beteiligen –, darüber nachzudenken, worüber Volksabstimmungen sinnvollerweise abgehalten werden können und sollen. Es ist überhaupt nicht so, dass die Grünen bei jeder Gelegenheit nach einer Volksabstimmung schreien, ganz im Gegenteil. Deshalb verdient dies meiner Ansicht nach allein aus diesem Grund schon erhöhte Aufmerksamkeit und mehr Seriosität in der Auseinandersetzung mit den Argumenten, weil wir nämlich genau das nicht machen, was die FPÖ ständig macht.

Die FPÖ – Kollege Westenthaler ist gerade hinausgegangen –, die zu allem und jedem nach einer Volksbefragung, einem Volksbegehren oder manchmal sogar einer Volksabstimmung ruft, ist plötzlich dann, wenn einmal wirklich ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der sehr wohl weichenstellend ausgelegt werden kann, dagegen, und das ist unglaubwürdig. Der Letzte, der hiezu einen brauchbaren Beitrag liefern und uns in dieser Frage etwas ausrichten kann, ist Herr Kollege Westenthaler, aber er hat sich ja aus diesem Grund, wohlweislich wahrscheinlich, verschwiegen. Es ist einfach auffällig, dass er heute auf diese Argumentation überhaupt nicht eingegangen ist. Das muss man einmal eingangs festhalten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es wurde aus diesen Bankreihen der Vorwurf der Peinlichkeit erhoben, was diese Anfrage betrifft. Also ich finde, diese parlamentarische Anfrage ist gut begründet. Es geht um sehr viel. (Ironische Heiterkeit.) Diese parlamentarische Anfrage ist klar in vier Fragen unterteilt. Peinlich kann, so wie sonst auch, allenfalls die Beantwortung sein. Fragen können selten peinlich sein. Diese sind gut, klar und präzise gestellt.

Ich möchte jetzt genau aus diesem Grund auf ein paar Antworten eingehen, die der Herr Bundeskanzler gegeben hat. Vielleicht können wir das zunächst mit etwas weniger Polemik abwickeln. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die rechtliche, die militärische, die finanzielle und die wirtschaftliche Begründung wurden ins Treffen geführt. Zur rechtlichen Frage: Den Grünen muss man das sicher nicht vorhalten, dass sie sich hier in einen Widerspruch zwischen Neutralitätsbefürwortung einerseits und Ablehnung einer Beschaffung von Abfangjägern andererseits begeben. Das ist ganz klar. Für uns und nach unserer rechtlichen Interpretation ist das einfach vereinbar. Mögen andere eine andere haben. Das müssen sie mit sich selbst ausmachen.

Wir meinen, dass wir – und auf das ist ja nicht eingegangen worden; Herr Professor Van der Bellen hat es hier klar erklärt, aber das ist ja vom Herrn Bundeskanzler nicht beantwortet worden – 33 Jahre lang, von 1955 bis 1988, keine adäquaten Flugzeuge gehabt haben, die diesen Dienst erfüllen hätten können, der nach Ihren eigenen Angaben jetzt zu erfüllen wäre. Trotzdem wird jeder meinen, dass in dieser Zeit Österreich mit mehr Engagement auf seine Neutralität gesetzt hat als heute. Das ist, glaube ich, Beweis genug. In der Zeit zwischen 1955 und 1988 hat


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der Staat Österreich mehr an Verteidigungswillen, was seine Neutralität betrifft, ausgestrahlt als jemals später.

Würden Sie, Herr Bundeskanzler, so weit gehen, zu sagen, dass vor allem die Vorgänger Ihrer Partei in den Bundesregierungen davor mit der Neutralität nichts am Hut gehabt haben? – Das kann ja wohl nicht wahr sein. Das können ja gerade Sie nicht bezweifeln. Also die rechtlichen Gründe können wir abhaken. Sie sind anderer Meinung, wir sind dieser Meinung. Machen Sie den Widerspruch mit sich selbst aus, wenn Sie jetzt draufkommen, dass die Neutralität plötzlich ein Argument bei der Begründung Ihrer Linie sein kann! (Beifall bei den Grünen.)

Militärische Argumente: Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, was der 11. September, den Sie jetzt immer wieder ins Treffen führen, hier für eine besondere Beweiskraft haben soll. Wenn der 11. September etwas beweist, dann das, dass man offensichtlich mit einer hochgerüsteten und mit Abfangjägern ausgestatteten Armee bestimmte Terroranschläge genau nicht verhindern kann. Das ist allenfalls ein Beweis dafür. Den haben Sie uns noch einmal mitgeliefert. Aber bringen Sie uns doch nicht dauernd den 11. September – noch dazu bei der Tragik dieser Ereignisse – als Argument dafür, dass wir Abfangjäger brauchen! Das ist völlig unglaubwürdig.

Es ist auch völlig unglaubwürdig, was Sie uns in diesem Zusammenhang – ich darf das einflechten – hinsichtlich der Hubschrauberbeschaffung vorwerfen. Es stand damals eine Typenentscheidung zwischen Hubschraubern, die mehr auf Transportkapazität gesetzt haben, und welchen, die in ihrer Nutzungsstellung militärisch ausgerichtet waren, an. Sie haben entgegen Ihren eigenen Ankündigungen auf das militärische Produkt mit immensen Mehrkosten gesetzt. Das ist die Wahrheit. Sie selbst sind hier unklar. Werfen Sie das nicht der Opposition vor! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu den Finanz- und Wirtschaftsargumenten: Natürlich belastet das die zukünftigen Budgets. Sie stellen sich hin und sagen: Keine neuen Schulden! Wahr ist, dass – Sie haben es ja selbst in die Antwort mitverpackt – mindestens elf Budgets belastet werden, und zwar derart massiv, dass man das auch herunterrechnen kann auf die Belastung des einzelnen Haushalts. Mindestens – ich darf noch von Schilling sprechen – 10 000 S reine Beschaffungskosten pro Haushalt. Mit den Betriebskosten wären wir bei 20 Jahren Inbetriebnahme schon bei 20 000 S, und das ist auch noch steigerungsfähig.

Herr Verteidigungsminister! Sie wissen das ganz genau, Sie brauchen nicht zu grinsen. Sie sollten das zumindest wissen – auch der Bundeskanzler, aber bei dem muss man das nicht unbedingt voraussetzen.

Deshalb ist es nur legitim, wenn die Opposition verschiedene Vorschläge macht, was man mit dem Geld sonst noch machen könnte, selbstverständlich: Investitionen in die Bildung, Investitionen im Universitätsbereich, oder – ganz simpel – umgerechnet würden sich Hunderttausende Kindergartenplätze als Argument anbieten, um einfach einmal den Gegenwert aufzuzeigen, über den Sie hier verfügen. So einfach ist die Argumentation, und Sie wollen das nicht zulassen. Sie gehen her und streuen der Bevölkerung noch damit Sand in die Augen, dass Sie verkünden, es gibt so etwas wie Gegengeschäfte im Ausmaß von 200 Prozent. Damit soll suggeriert werden, es kommt mehr Geld herein als ausgegeben wird. Das ist so ziemlich das Letzte.

Es wurde Ihnen schon von einem Anbieter vorgehalten – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, dass es sich bei solchen Kompensationsforderungen um reine Voodoo-Ökonomie handeln muss. Das sage nicht nur ich oder sonst jemand, das meinen auch Vertreter von Rüstungsfirmen, die im Vorhinein schon sagen, dass 200 Prozent Kompensation völlig illusorisch sind. Das ist auch ganz logisch. Wo soll denn eine derartige Kompensation herkommen? Glauben Sie, dass British Aerospace oder SAAB oder Lockheed Martin globale Gemischtwarenhändler sind, die alles und jedes anbieten können, was sonst nicht marktmäßig nachgefragt würde?

Das kann ja nur, wenn es überhaupt funktioniert, den ursprünglichen Kaufpreis in die Höhe treiben, denn die wollen ihr Geld ja wieder hereinbringen. Das ist die Unseriosität, mit der Sie


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argumentieren! Wenn überhaupt wo Gegengeschäfte funktionieren, dann im rüstungsnahen Bereich, denn dort sind die Verbindungen. Das ja. Diese Arbeitsplätze – wenn Sie diese ansprechen – sind aber krisenabhängig und anfällig, wie wir wissen. Das sollten wir uns ersparen.

Das einzige und konkreteste Gegengeschäft, das wirklich angeboten wurde und vorliegt, besteht darin, dass etwa bei dem Anbot der Firma SAAB/British Aerospace der Zusammenbau des "Gripen" angeboten wird. Wunderbar! Damit das Zeug überhaupt fliegt, wird uns noch auf den Kaufpreis hinauf ein Gegengeschäft in Rechnung gestellt. Das ist die Gegengeschäftslogik.

Herr Kollege Scheibner! Sie wissen das ganz genau. Sie haben sich bis 1999 aus guten Gründen gegen diese Euphorie hinsichtlich der Gegengeschäfte ausgesprochen. Sie haben sogar einen Untersuchungsausschuss-Bericht mit unterzeichnet, damals mit den Kollegen Moser und Wabl, woraus eindeutig hervorgeht, dass das Einzige, was realiter bei den Gegengeschäften in Bewegung gesetzt wird, nicht wirklich erkennbare und ursachenadäquate Gegengeschäfte sind, sondern ein Karussell von Provisionszahlungen. Man könnte auch "nützliche Aufwendungen" sagen. Man könnte aber auch noch etwas sagen, was der Volksmund darunter versteht. Das ist das Einzige, was wirklich bewegt wird bei den Gegengeschäften in diesem Ausmaß. Sie wissen das ganz genau, und Sie haben diese Berichte unterschrieben, und zwar völlig zu Recht. Erzählen Sie da jetzt nichts anderes! Erklären Sie das dem Herrn Bundeskanzler, der damals als Wirtschaftsminister bei diesen Gegengeschäftedeals auch seine unrühmliche Rolle gespielt hat!

Ich darf zum Schluss kommen und noch einmal auf die Frage der Volksabstimmung eingehen. Sie haben von uns staatspolitische Verantwortung und Regierungsfähigkeit eingemahnt, so als ob es nicht staatspolitisch verantwortlich wäre, wenn man in solch einer entscheidenden Frage, bei all diesen Argumenten, eine Volksabstimmung vorschlägt. Was ist daran bitte unverantwortlich? Erklären Sie uns das! (Abg. Dr. Khol: Zu welchem Gesetz?) – Zu einem Gesetz, das erklärt und vorschreibt, dass bestimmte Beschaffungen eben einem Gesetzesbeschluss zu unterziehen sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Das holpert jetzt!) – Nein, als Verfassungsgesetz brauchen wir es, um dieses zu normieren. Das wissen Sie ganz genau. (Abg. Dr. Khol: In Abänderung des Neutralitätsgesetzes?) – Das ist eine andere Frage, das nein. Das ist ja Ihre Interpretation, dass Neutralität nur mit Abfangjägern auf der Welt möglich ist. Befreien Sie sich davon!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich muss jetzt den freundschaftlichen Dialog beenden, denn Sie haben 10 Minuten geredet und nicht nur 7. Ich bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Regierungsfähigkeit und staatspolitische Verantwortung haben nichts damit zu tun, ob man Abfangjäger ablehnt oder befürwortet. Jedenfalls hat es etwas damit zu tun, in dieser Frage das Volk abstimmen zu lassen. Und ich fordere Sie auf, geben Sie den Weg frei für die Volksabstimmung! (Beifall bei den Grünen.)

16.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Dr. Khol  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Gaál –: Nur Mut, Toni! Schwierig für dich! Wir haben Sympathien für dich, Toni!)

16.45

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! (Abg. Ing. Westenthaler: Stehen Sie Ihren Mann! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Ich glaube, ich muss etwas Verständnis für euch aufbringen, ich werde es versuchen.

Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben die "Draken"-Beschaffung der achtziger Jahre angesprochen. Kein Einwand, aber ich würde meinen, zum besseren Verständnis muss man natürlich auch die damalige sicherheitspolitische Situation in Erinnerung rufen. Es gab damals den Eisernen Vorhang, und es gab auch zwei große feindliche Lager, die einander gegenübergestanden sind: die NATO auf der einen Seite, der Warschauer Pakt auf der anderen Seite. Es gab auch, im militärischen Sinn gesehen, ein Ost-West-Denken, daher ein ganz anderes Bedrohungsszenario, daher auch die Stellungnahme der damaligen Regierungsmitglieder der SPÖ.


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Herr Bundeskanzler! Heute gibt es neue sicherheitspolitische Gegebenheiten in diesem Europa, das lassen Sie aber unbeachtet. Eine milliardenteure Rüstungsbeschaffung wird ohne Wenn und Aber durchgezogen. Das ist es, was mich so besonders stört, meine Damen und Herren, dass das gemacht wird ohne Berücksichtigung der budgetären Möglichkeiten, die schon angesprochen worden sind. Auch die Budgetpolitik muss in diesem Zusammenhang beurteilt werden. Sie bringen damit Ihren Finanzminister in größte Schwierigkeiten, daher steht er dieser Rüstungsbeschaffung auch ablehnend gegenüber.

Auch in Ihren Parteien wird das nicht einstimmig angenommen. Ich denke da vor allem an den Innsbrucker Bürgermeister, der meint, man soll diese "Draken"-Nachbeschaffung sein lassen, auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir nehmen die Sicherheitspolitik sehr ernst. Herr Bundesminister, Sie wissen das von unserer Ausschussarbeit, von unseren Beiträgen, Initiativen und Wortmeldungen. Wir waren als Regierungspartner und sind auch als Opposition für eine verantwortungsvolle Politik und wissen, dass Sicherheitspolitik nichts mit Parteipolitik zu tun hat. Daher sind wir hier auch so genau unterwegs und sind sehr kritisch, was diese milliardenteure Nachbeschaffung angeht. Seit Monaten sagen wir schon – auch bei den Budgetberatungen haben wir immer wieder darauf hingewiesen –, dass Nulldefizit, Steuerreform und Abfangjäger nicht gemeinsam zu verwirklichen sind. Das passt ganz einfach nicht zusammen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Böhacker: Das ist falsch!)

Meine Damen und Herren! Sie fahren aber darüber, ohne Wenn und Aber, und lassen die neuen sicherheitspolitischen Gegebenheiten in diesem Europa, die Diskussion über die neue gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur unberücksichtigt. Ohne die Ergebnisse abzuwarten, ohne konkret zu wissen, wie es in diesem Europa sicherheitspolitisch weitergehen wird, wie die Sicherheitspolitik in Zukunft in diesem gemeinsamen Europa aussehen wird, ob es eine Aufgabenteilung geben wird – und die wird es geben –, ohne all das mit zu überlegen, gehen Sie daran, eine Beschaffung in Milliardenhöhe zu beschließen.

Daher verlangen wir wieder einmal, Herr Bundeskanzler und vor allem Herr Bundesminister, Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Das brauchen wir in der Beschaffungspolitik, das ist eine jahrelange Forderung, aber all unsere Konzepte und all unsere Überlegungen fanden bei Ihnen keine Berücksichtigung.

Herr Bundeskanzler! All das und besonders diese Beschaffungen müssen in der militärischen Grundsatzplanung mit berücksichtigt werden, sonst darf es hier keine Beschaffung von kostspieligen Rüstungsgütern geben.

Herr Bundesminister! Dieses Beschaffungskonzept gibt es noch immer nicht. Gerade in Zeiten des radikalen Sozialabbaus, wo wirklich den Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft tief in die Tasche gegriffen wird – das ist spürbar und merkbar, das tut körperlich weh! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen)  –, kann es keine Zustimmung für diese Beschaffung geben, meine Damen und Herren, denn aus der sozialen Verantwortung dürfen wir gerade Sie als christlich-soziale Partei nicht entlassen. In der katholischen Soziallehre würden Sie ein Nicht genügend bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese soziale Verantwortung ist im Zusammenhang mit dieser Beschaffung zu sehen. Ihre Gesamtpolitik steht am Beispiel dieser Beschaffung auf dem Prüfstand. An Ihren Taten werden Sie gemessen! (Beifall bei der SPÖ.) Sie wissen ganz genau, dass die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung diese Beschaffung ablehnt.

Herr Bundeskanzler! Regieren Sie nicht gegen die Mehrheit der Bevölkerung! Gehen Sie weg von dieser anmaßenden Politik (Abg. Dr. Khol: "Anmaßende Politik", Herr Präsident!), die Österreich und seiner Bevölkerung schadet und daher nicht unsere Zustimmung findet! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.51


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte die Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten.

16.51

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaál hat von diesem Rednerpult aus am Beginn seiner Ausführungen behauptet, dass die SPÖ in Regierungsverantwortung ausschließlich in einer Zeit, als es noch eine Blockbildung zwischen Ost und West gab und eine völlig andere Situation rund um Österreich herrschte, für die Abfangjäger war. – Diese Behauptung ist unrichtig!

Wahr ist vielmehr, dass sich die SPÖ selbstverständlich auch nach den beginnenden neunziger Jahren mehrfach für die Nachfolge der "Draken" für die Luftraumüberwachung ausgesprochen hat. Zum Beleg dafür zitiere ich Herrn Abgeordneten Gaál vom 23. Juli 1996:

Gaál tritt für einen etappenweisen Zukauf neuer Maschinen nach dem Jahr 2000 ein. Nach der Grundsatzentscheidung im heurigen Herbst sollte nach Ansicht Gaáls dann in Ruhe über die Typen diskutiert werden und 1997/98 die konkrete Festlegung erfolgen. (Abg. Gradwohl: Das ist ein Redebeitrag!) Klar sei für ihn, Gaál, dass es eine Luftraumüberwachung geben müsse, auf gegenteilige Meinungsäußerungen von SPÖ-Parteifreunden angesprochen. – Zitatende.

Am 5. November 1998 teilt Viktor Klima, Vorsitzender der SPÖ, Folgendes mit: Was die Nachfolgefrage der "Draken"-Flugzeuge betreffe, würden Ende 1999 alle Grundlagen vorliegen, um die Entscheidung für den Kauf treffen zu können.

Und im Regierungsübereinkommen, das nicht zustande kam, vom 18. Jänner 2000 haben Sie in Ihrem Vorstand beschlossen, die "Draken"-Nachfolge als neue Abfangjäger zu beschließen.

Das ist Ihr wahrer Kurs, den Sie hier gehen und der eigentlich wirklich schändlich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haidlmayr: "Schändlich" hat er gesagt!)

16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Von Gaál hätte ich mir erwartet, dass er zu dem, was er sagt, steht!)

16.53

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Im Zusammenhang mit den Ausführungen des Sicherheitssprechers Gaál darf ich die Aussage unseres VP-Obmannes in Tirol, Van Staa, Bürgermeister von Innsbruck, in der heutigen APA um 14.23 Uhr zitieren. Er sagte wörtlich:

"Die Sicherheit Österreichs ist ein hohes Gut, das nicht gegen andere Bereiche ausgespielt werden darf. Dazu gehört auch die Sicherheit in unserem Luftraum, wo es gerade nach dem 11. September ganz wichtig ist, die notwendigen Maßnahmen zu setzen." (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

An diesem 11. September hat die Welt wirklich den Atem angehalten (Zwischenruf der Abg.  Huber ), als diese zwei Flugzeuge ins World Trade Center gerast sind. Amerika hat seither die Luftabwehr entscheidend verstärkt. Herr Sicherheitssprecher Gaál! Ich glaube, Sie wissen auch ganz genau, dass das Fazit eines solchen schrecklichen Ereignisses ein Mehr und nicht ein Weniger sein muss, wenn es um die Luftraumüberwachung in Österreich geht.

Die heutige Dringliche Anfrage würde vielleicht einen neuen Titel verdienen, so nach dem Motto: SPÖ und Grüne verabschieden sich endgültig von der Verantwortung für unser Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Mein Kollege Cap ist leider nicht mehr da. Er hat gestern in einem Interview klar festgehalten, dass die elektronische Luftraumüberwachung ausreiche, obwohl er genau weiß, dass das nicht stimmt. Dass wir nur von Freunden umgeben sind – da wissen die SPÖ und die Grünen auch genau, dass sich das jederzeit und eigentlich schlagartig ändern kann. Luftraumüberwachung, wenn überhaupt, dann vielleicht durch andere Länder – eine solche Haltung ist ein Zeichen dafür, dass Ihnen das nicht wichtig ist. (Abg. Großruck: Die Sozialistische Internationale!)

Glauben die Grünen und die SPÖ wirklich, dass der Schutz und die Sicherheit aller Österreicherinnen und Österreicher im Luftraum aufhören? Glauben Sie wirklich, dass parteipolitische Interessen über der Sicherheit für unser Land stehen? – Für mich als Mutter hat der Schutz meiner Familie, der Schutz meiner Kinder oberste Priorität. Um diesen Schutz zu gewährleisten, bin ich bereit, große Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Unser Bundeskanzler, unsere Bundesregierung sind bereit, Verantwortung für die Sicherheit und den Schutz unserer Großfamilie, der alle Österreicherinnen und Österreicher angehören, zu übernehmen, weil die Sicherheit in unserem Lande für uns oberste Priorität hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Verehrte Opposition! Sie haben sich von dieser Verantwortung verabschiedet. Sie wollen zwar ein gutes Haus bauen, nur: Auf das Dach, das uns vor negativen Einflüssen aus der Luft schützt, wollen Sie aus populistischen Gründen verzichten.

Sowohl die Grünen als auch die SPÖ bezeichnen sich als Europapartei. Beide wollen in diesem Verbund dabei sein. Dann sagen Sie einmal ehrlich, was Sie in die gemeinsame Sicherheitspolitik einbringen wollen! – Keine Abfangjäger, das weiß ich. Aber vielleicht sollen an Stelle von Abfangjägern 2 000, 3 000 junge Soldaten mit schlechter Gerätschaft an internationalen Friedenseinsätzen teilnehmen?! (Abg. Dr. Lichtenberger: Heißt das jetzt, das wollen wir nicht mehr?)

Mein Kollege Cap macht sogar Witze über die Gerätschaft im Bundesheer! Er hat gesagt, er würde bestenfalls Spargel im Marchfeld damit zerquetschen.

Eines ist für mich klar: Die Motivation in unserem Bundesheer ist seit jeher sehr groß. Das Know-how unseres Bundesheeres ist weit über unsere Grenzen anerkannt. Was fehlt, ist eine moderne technische Gerätschaft für unser Bundesheer. Diese Beschaffung werden wir übernehmen – unter Berücksichtigung aller notwendigen wirtschaftlichen Aspekte –, weil moderne technische Gerätschaft im Ernstfall wertvolles Leben schützt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie werfen uns vor, sozial schwache Menschen im Stich zu lassen. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben durch Fleiß und Engagement die wirtschaftlichen Grundlagen für ein soziales Österreich geschaffen. Unser Bundeskanzler, unsere Bundesregierung rechnen staatliche Aufgaben nicht gegeneinander auf. Es ist unsere Verantwortung für unser Österreich, die Sicherheit nicht aufzuwiegen, sondern Sicherheit als oberste Priorität zu sehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicherheit ist vielleicht nicht alles, aber ohne Sicherheit in unserem Lande ist alles nichts. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

16.58

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gaál, Ihr Salto rückwärts hier an diesem Rednerpult war bemerkenswert, allerdings nur – ich muss das ehrlich sagen – aus sportlicher Sicht, nicht aus argumentativer Sicht, denn Sie wissen ganz genau, dass alle diese Themen, die Sie hier aufgeworfen haben, in den zuständigen Ausschüssen und auch in der Öffentlichkeit ernsthaft diskutiert werden.


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Herr Kollege Gaál! Sie wissen auch, dass diese Regierung klare Prioritäten setzt. (Abg. Gaál: Falsche!) Erstens: Sie saniert dieses Budget, das wir von Ihnen übernommen haben. Zweitens: Sie entlastet den Bürger; das werden wir mit der Steuerreform im Jahre 2003 tun. Und dann hat diese Regierung wieder Spielraum, und mit diesem Spielraum gilt es, jene Lücken auszumerzen, die aus Ihrer Regierungszeit übrig geblieben sind. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren vor allem von der SPÖ! Das gilt auch für die Landesverteidigung, und dazu zählt auch die Luftraumüberwachung. Das zu erwähnen ist umso wichtiger, als die Opposition in dieser Diskussion heute dieses ernste Thema für billige Polemik missbraucht. Herr Kollege Kogler! "Billig" trifft auch auf diese Dringliche Anfrage zu. Wissen Sie, Sie ruinieren damit den guten Ruf der Opposition in diesem Hause, den wir Freiheitliche über Jahre in harter Arbeit aufgebaut haben. Das trifft uns ganz besonders. Sie sollten sich künftig in Dringlichen Anfragen ein bisschen mehr Mühe geben. (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Da lachen aber jetzt wirklich alle!)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie missachten wichtige Grundsätze der Sicherheit für die Menschen dieses Landes, und Sie verheddern sich in Ihren Argumentationsketten auch in Widersprüche, die bemerkenswert sind. Beide behaupten Sie von sich, staatstragende Parteien zu sein, aber Sie ignorieren die Ausgangslage: Es gibt eindeutige rechtliche und verfassungsrechtliche Verpflichtungen der Bundesregierung. Im Schengen-Vertrag verpflichtet sich Österreich zur Sicherung der EU-Außengrenze. Der Landesverteidigungsrat empfiehlt seit 1977 die Beschaffung von Abfangjägern, und 1985 erfolgte der Draken-Doppelbeschluss. Es wurden der Ankauf des Draken und gleichzeitig die rechtzeitige Nachbeschaffung eines modernen Flugzeuges beschlossen.

Dazu ist Folgendes bemerkenswert in diesen damaligen Debatten: Vor allem Herr Abgeordneter Parnigoni hat es auf den Punkt gebracht. Herr Kollege! Sie hatten unsere volle Unterstützung, als Sie 1986 gesagt haben – Parnigoni O-Ton –:

"Ich begrüße daher die Ankündigung von Minister Krünes, die gelieferten Luftraumüberwachungsflugzeuge genauestens nach dem letzten Stand der Technik, wie er sagte, zu überprüfen, weil man den Vergleich nicht scheuen muß und weil damit auch sichergestellt ist, daß unsere Soldaten zur Erfüllung ihrer Aufgaben taugliche Fluggeräte zur Verfügung haben."

Sie haben ganz Recht gehabt, Herr Kollege! Wir unterstützen diese Ihre Position, und wir fordern Sie auf, diese auch heute kundzutun.

Sie haben in dieser damaligen Debatte nicht nur auf das Fluggerät Bezug genommen, sondern auch auf ein allfälliges Volksbegehren, das damals geplant war. Sie haben damals auch klar gesagt, dass Sie dieses Volksbegehren als einen massiven Angriff auf die militärische Landesverteidigung beurteilen. Sie haben völlig Recht gehabt, aber ich frage mich: Warum haben Sie Ihre Position geändert? – Ich weiß schon, dass Sie damals noch ein "eiskalter Krieger" waren und dass die Zeiten sich geändert haben; ich entnehme das der Argumentation Ihres Klubobmannes Cap. Aber im Jahre 2000, als Ihre Partei mit der ÖVP ein Regierungsübereinkommen getroffen hat, das parteiintern auch ratifiziert wurde, hat es keinen Kalten Krieg und auch keinen Eisernen Vorhang mehr gegeben, und Sie wissen ganz genau, dass die Regierung zwischen SPÖ und ÖVP nicht wegen der Abfangjäger nicht zustande gekommen ist. Diese Argumentation sollten Sie also auch bleiben lassen.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie befinden sich aber mit Ihrer heutigen Argumentation in bester Gesellschaft, zum Beispiel mit der KPÖ Zeltweg, aber auch mit dem KPÖ-Landesparteivorstand von Oberösterreich, der Sie seit gut einem Jahr in massiven öffentlichen Aussendungen unterstützt. Sie sind da auf bestem Wege. (Abg. Ing. Westenthaler: SPÖ und KPÖ!)

Meine Damen und Herren vor allem von der SPÖ! Sie sollten sich fragen, was passiert, wenn sich Ihre Politik durchsetzt, was passiert, wenn diese Regierung nicht regiert, wenn also nichts


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passiert. – Sie sollten sich fragen, wie viele Arbeitsplätze verloren gehen, wenn diese Nachbeschaffung der Draken nicht stattfindet. Ich kann Ihnen sagen, dass mit den Abfangjägern beim Bundesheer direkt 1 200 Arbeitsplätze verbunden sind und indirekt weitere 3 500 Bedienstete davon abhängig sind. Wir können aus Ihrer Politik schließen, meine Damen und Herren von der Opposition, dass Ihnen diese Arbeitsplätze egal sind.

Sie sind auch in Ihrer Argumentation am heutigen Tage völlig unglaubwürdig. Deshalb, meine Damen und Herren, glaube ich auch, dass Ihre Politik betreffend diesen Bereich der Landesverteidigung – Sie haben das heute bewiesen – verantwortungslos ist.

Diese Regierung aber wird das Budget sanieren, den Bürger entlasten und auch die äußere und innere Sicherheit festigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

17.04

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erhöhung der Energiesteuer, der motorbezogenen Versicherungssteuer, Gebührenerhöhung (Rufe bei den Freiheitlichen: Geh!), Besteuerung der Unfallrenten, Maßnahmen in der Krankenversicherung, Anhebung der Rezeptgebühr, Einführung der Ambulanzgebühr – ich könnte diese Liste noch weiter fortsetzen, aber meine Zeit lässt es leider nicht zu. Angesichts dessen, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt sich der Herr Finanzminister hin, gibt sich als Anwalt der Steuerzahler aus und meint, er werde genau prüfen, ob der Ankauf der Abfangjäger gerechtfertigt ist. – Auf das Ergebnis dieser Prüfung bin ich schon neugierig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Warum, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben Sie Angst, die Bevölkerung über den Ankauf der Abfangjäger abstimmen zu lassen? Warum eigentlich? – Die Antwort kann ich Ihnen geben: weil der letzte Stand der Befragung ist, dass sich 75 Prozent der Menschen gegen Abfangjäger aussprechen. Kein Mensch versteht, dass Fluggeräte um einen Betrag in Höhe von 25 Milliarden Schilling angeschafft werden und gleichzeitig unter dem Deckmantel Nulldefizit eine Belastungswelle auf die Menschen losgelassen wurde, die unerträglich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wen, meine sehr geehrten Damen und Herren, trifft es am meisten? – Sie nicht, sondern die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen. Wo sind die Freiheitlichen, Herr Klubobmann Westenthaler? Wo ist die Partei, die sich als Vertreterin der Bezieher kleiner Einkommen ansieht? – Sie haben in den zwei Jahren, in denen Sie in der Regierung sind, das Sozialsystem komplett eingeschränkt. Und jetzt wundern Sie sich, dass sich die Menschen auf die Beine stellen und mit dem Sozialstaatsvolksbegehren, das sie unterschreiben werden, ein Zeichen setzen werden.

Eine Schande ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass man in unserem Staat zu diesen Maßnahmen greifen muss, um die Sicherheit zu haben, dass die soziale Verantwortung in der Verfassung verankert wird.

Wenn Sie von den Freiheitlichen noch tausend Mal betonen, Sie wären die Partei des kleinen Mannes, dann kann ich Ihnen nur sagen, das nimmt Ihnen niemand mehr ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wo bitte steht die ÖVP, oder wofür steht die ÖVP, die christlich-soziale ÖVP, die meiner Meinung nach nicht mehr das Recht hat, sich christlich-sozial zu nennen, und die sich über das Sozialstaatsvolksbegehren lustig macht? – "Nützliche Idioten" sind für den Christdemokraten Kiss alle Menschen, die das Volksbegehren unterschreiben werden. Und wenn Herr Khol meint, dass Kritik an der Regierungspolitik vom "siebenten Zwerg von links" nicht zur Kenntnis genommen wird, dann frage ich Sie: Sind auch Politiker aus Ihren Reihen wie Präsident Dinkhauser


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und Gewerkschafter Neugebauer oder die Evangelische Kirche nützliche Idioten? – Sie werden diesen Menschen Rede und Antwort stehen müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ich Ihnen versichern: Wir, die SPÖ, haben die soziale Kernkompetenz, und uns vertrauen die Menschen draußen, und das wird sich in den nächsten Wahlen niederschlagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn: Wahltag – das wurde heute schon gesagt – ist Zahltag. Unsere Menschen werden Ihnen hoffentlich bald die Rechnung präsentieren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundeskanzler Dr. Schüssel: Und was ist mit den Abfangjägern?)

17.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann. – Bitte. (Bundeskanzler Dr. Schüssel  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Bruckmann –: Es war kein Wort gegen die Abfangjäger! Das ist wirklich witzig gewesen! Das musst du sagen!)

17.08

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im letzten Debattenbeitrag wurde kein Wort zu den Abfangjägern gesagt, daher möchte ich nun zum Thema zurückkehren.

Ich erinnere mich gut an hitzige Neutralitätsdebatten, die ich vor Jahren geführt habe. Ich habe damals immer gleichmütig erklärt: Ich habe gar nichts dagegen, die Neutralität beliebig lange beizubehalten, nur müssten wir unsere Ausgaben für die Landesverteidigung dann wesentlich erhöhen, und zwar auf ein Niveau, das weit über dem der Schweiz liegt, und zwar deshalb, weil die Schweiz von gänzlich unproblematischen Nachbarländern umgeben ist, was für Österreichs geopolitische Lage nicht mit derselben Sicherheit gesagt werden kann.

Es haben bereits mehrere Vorredner an den Schock erinnert, den 1991 der serbische Überfall auf Slowenien ausgelöst hat, als unsere Grenzen nur recht mühsam geschützt werden konnten. Minister Scheibner hat bereits darauf verwiesen: Hätten wir nicht unsere Draken gehabt, dann wäre es damals nicht möglich gewesen, die anfänglich erfolgten Luftraumverletzungen durch Serbien einzustellen.

Hohes Haus! Unsere Neutralität steht derzeit nicht und nirgends zur Debatte. Wäre Österreich Mitglied eines Verteidigungsbündnisses, beispielsweise der NATO, dann könnten wir unseren Aufwand für Landesverteidigungszwecke einem übergeordneten Ganzen sinnvoll einordnen.

Hohes Haus! Dies ist aber nicht der Fall. Wir sind neutral, das heißt, auf uns allein gestellt. Unsere ausdrückliche Verpflichtung, diese unsere Neutralität mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen, ist daher höchst ernst zu nehmen. Werfen wir einen Blick auf die Schweiz, die flächenmäßig halb so groß wie Österreich ist. Wissen Sie, wie viele Kampfflugzeuge die Schweiz hat, mit wesentlich sichereren Grenzen? – 154, und bei uns stehen zwei Staffeln à zwölf Einheiten in Diskussion.

Hohes Haus! Die Argumentation, man möge die hiefür erforderlichen Beträge lieber für eine Erhöhung der Pensionen oder sonstige Zwecke verwenden, ist nicht nur oberflächlich, sondern auch falsch. (Abg. Dietachmayr: Sinnvoll!) Erstens werden die Beträge, die für die Bezahlung der Abfangjäger aufgebracht werden müssen, erst in späteren Budgets ratenweise anfallen, stünden also, anders, als dies gerne dargestellt wird, für sofort tätigbare Ausgaben nicht zur Verfügung. Zweitens, was den Wert oder Unwert von Kompensationsgeschäften betrifft, möchte ich nur auf den steirischen Auto-Cluster verweisen, der seit seinem Entstehen Tausende Arbeitsplätze sichert, was ohne den Drakenankauf nicht möglich gewesen wäre. Drittens aber stellt sich die Problematik schon deshalb nicht, weil uns unsere Neutralität verpflichtet, ja zwingt, unseren Luftraum selbst zu schützen.

Hohes Haus! Es geht aber noch um eine grundsätzlichere Ebene. So sehr ich bei der Abstimmung über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf über das Ergebnis der Abstimmung außerordentlich glücklich war, so sehr hatte ich in Bezug auf die Abstimmung als solche


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ein ungutes Gefühl. Hätte 1 Prozent der Wähler damals anders entschieden und wäre die Volksabstimmung über die Inbetriebnahme von Zwentendorf anders ausgegangen, wäre dann die Nutzung der Kernenergie richtig gewesen? Oder: Hatten die Schweizer Stimmbürger Recht, die jahrzehntelang in Volksabstimmungen den Frauen der Schweiz das Wahlrecht vorenthielten?

Hohes Haus! Grundgedanke der repräsentativen Demokratie ist es, Abgeordnete zu wählen, deren Aufgabe es ist, sich mit schwierigen Materien ungleich gründlicher auseinander zu setzen, als dies der Gesamtheit der Wähler schon aus Gründen des damit verbundenen Zeitaufwandes zugemutet werden kann. Selbstverständlich ist zu bejahen, dass die repräsentative Demokratie in entscheidenden verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen wie etwa dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union durch ein Instrument der direkten Demokratie ergänzt wird. Es entspricht aber nicht meinem Verständnis der österreichischen Verfassung, derartige Instrumente für reine Fragen der Vollziehung zu missbrauchen, insbesondere für komplexe Sachverhalte, bei denen der Demagogie in der Wählerbeeinflussung Tür und Tor geöffnet ist – dies unabhängig von der Frage, ob eine derartige Volksabstimmung nun rechtlich zulässig sei oder nicht.

Hohes Haus! Selten ist ein Missbrauch so durchsichtig gewesen wie heute. Als zu Beginn dieser Legislaturperiode die Sozialdemokratische Partei noch hoffte, wieder Regierungsverantwortung tragen zu können, bekannte sie sich selbstverständlich zu genau jenen Maßnahmen, die nunmehr vor der Realisierung stehen. Hätte Kollege Nürnberger – ich weiß nicht, ob er hier ist – damals den Pakt unterschrieben, dann, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, wären Sie es, die heute die Anschaffung der Abfangjäger in die Wege leiten würden. Den Wortlaut hat Bundeskanzler Schüssel bereits zitiert.

Ihr durch kein Sachargument erklärbarer Sinneswandel erinnert mich fatal an das Verhalten eines trotzigen Kleinkindes, das beleidigt ist, weil es sich durch eigenes Verschulden vom Mitspielen ausgeschlossen hat. Armes Österreich! Du hättest dir wahrlich eine seriösere Oppositionspolitik verdient! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. – Bitte.

17.14

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als Sozial- und Gesundheitspolitikerin möchte ich einen Sozialstaat – und ich glaube, darin sind wir uns einig, das wollen wir alle. Dieser Sozialstaat ist aber nur möglich, wenn wir Arbeitsplätze und einen gewissen Wohlstand haben, und Wohlstand ist wiederum nur möglich, wenn wir Sicherheit haben.

Das gegenseitige Ausspielen, meine Damen und Herren von den Grünen, ist für mich Populismus pur. Grüne Verteidigungspolitik, meine Damen und Herren von den Grünen – bitte verzeihen Sie mir –, ist für mich sowieso nicht ernst zu nehmen, denn Sie wollen keine Polizei, Sie wollen keinen Grenzschutz, Sie wollen kein Bundesheer. Herr Kollege Pilz hat einmal sogar beim Bundesheer zur Befehlsverweigerung aufgerufen, und er wurde dafür verurteilt. Das ist für mich eine Politik, die wir Freiheitliche absolut nicht vertreten können.

Herr Van der Bellen hat den Herrn Bundeskanzler gefragt: Wovor fürchten Sie sich? – Herr Van der Bellen! Ich muss die Frage zurückgeben: Fürchten Sie sich nicht? – Wenn man sich die Grünen in Deutschland beziehungsweise deren Umfragewerte im Hinblick auf die Bundestagswahlen ansieht, dann, so glaube ich, müssen Sie sich fürchten und nicht wir. Wir können nur froh sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein souveräner Staat wie Österreich braucht eine eigene Luftraumüberwachung. Gerade ich als Steirerin weiß sehr wohl und kann mich sehr genau daran erinnern, wie damals plötzlich – Herr Klubobmann Westenthaler hat das schon aufgezeigt – die jugoslawischen Jumbos vor unserer Grenze waren und sogar bis nach Graz gekommen sind. Da


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gab es dann keine Diskussion mehr darüber, dass unsere Abfangjäger da waren, auch von den steirischen Grünen nicht.

Das Mehr an Sicherheit durch neue Abfangjäger, meine Damen und Herren, bedeutet Kosten in der Höhe von rund 1,5 Milliarden €. Man muss sich einmal vorstellen, das sind nur 0,3 Prozent des Gesamtbudgets, die noch dazu doppelt zurückfließen. Herr Professor Clement vom Industriewissenschaftlichen Institut hat aufgezeigt, dass die Offsetgeschäfte bei einem Preis von zirka 20 Milliarden Schilling mindestens 40 Milliarden Schilling, also das Doppelte, ausmachen werden. Auch bei den "Draken" hat es einen Kompensationsgrad von 250 Prozent gegeben, bei den "Black Hawks" werden es 200 Prozent sein.

Meine Damen und Herren! Sie sehen also, dass Gegengeschäfte vielerlei Vorteile haben, beispielsweise auch eine Erhöhung des Exportanteils an High-Tech-Gütern. Österreich hat diesbezüglich, wie Sie wahrscheinlich wissen, noch einen erheblichen Nachholbedarf. Im Vergleich mit der OECD weist Österreich 8,2 Prozent aus, der OECD-Durchschnitt liegt bei 17,5 Prozent.

Auch der Beschäftigungsmultiplikator ist sehr hoch. Er bewegt sich zwischen 1,5 Prozent und 2,4 Prozent. Mit dem gesamten Projektpaket der Abfangjäger schaffen wir, so sagt Professor Clement, rund 10 900 Arbeitsplätze.

Eines darf man, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, auch nicht vergessen: Im Rahmen des Bundesheeres sind mit den Abfangjägern 3 500 Arbeitsplätze verbunden. Wollen Sie diese Beschäftigten alle auf die Straße setzen? Wollen Sie die alle hinausschmeißen? – Da frage ich mich schon, wo die Arbeitnehmervertreter der Sozialdemokraten sind.

Ich war am Montag in meinem Wahlkreis im Magna-Konzern – Kollege Bruckmann hat schon den steirischen Auto-Cluster erwähnt. Dort wurde mir auch gesagt: Hoffentlich kommen die Abfangjäger, weil damit wichtige Kompensationsgeschäfte verbunden sind, die für uns große Bedeutung haben.

Wir als Abgeordnete haben auch die Aufgabe, Arbeitsplätze neu zu schaffen und zu sichern. Angesichts dessen, dass, wie Herr Minister Bartenstein hier bereits gesagt hat, bei Philips Lebring 700 Arbeitsplätze in Gefahr sind, ist das für mich auch als steirische Abgeordnete eine umso größere Herausforderung. (Beifall des Abg. Zweytick. )

Frau Kollegin Pfeffer! Wir Freiheitlichen sind die Arbeitnehmerpartei. Das werden wir Ihnen immer wieder beweisen!

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Eines ist mir nicht klar: Herr Kollege Gaál! Sie waren zwar nicht dabei, aber es hat im Jänner vorigen Jahres ein Geheimtreffen gegeben. Wissen Sie, mit wem? – Mit dem schwedischen Verteidigungsminister und Ihrem Klubobmann Gusenbauer und Kostelka. Damals wurde versucht, auch Ihre Partei davon zu überzeugen, wie wichtig es ist, Abfangjäger zu kaufen.

Die gleiche Diskussion hat es auch vor dem Regierungswechsel zwischen Klima und Landeshauptmann Stix gegeben. Wissen Sie, welches Beispiel Ihr Landeshauptmann Stix in diesem Zusammenhang gebracht hat? – Er hat gemeint, wenn die Luftraumüberwachungen von einem anderen Staat gemacht werden sollen, dann ist das mit den Gemeinden zu vergleichen. Jede Gemeinde hat eine Feuerwehr. Stellen Sie sich vor, man müsste eine andere Gemeinde bitten, wenn ein Feuer ausbricht, das zu löschen! Wenn in mehreren Gemeinden gleichzeitig Brände ausbrechen, dann frage ich mich, wo der Brand zuerst gelöscht wird. Sicher dort, wo die Feuerwehr vorhanden ist, und nicht in der jeweils anderen Gemeinde. Ich glaube, dass das ein sehr gutes Beispiel ist.

Das, was unsere Regierung will, ist Sicherheit für unser Land, Sicherheit gegenüber möglichen Gefahren und Bedrohungen und soziale Sicherheit. Das eine ist nur in Verbindung mit dem anderen zu erreichen. Bitte lassen Sie sich das gesagt sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.20


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

17.21

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Abgeordneter Bruckmann hat in seiner Rede behauptet, Kollege Nürnberger hätte das Koalitionsabkommen unterzeichnet. – Das ist unwahr! (Rufe bei der ÖVP: Nein! Nein! – Abg. Schwarzenberger: Hätte er es unterzeichnet, hat er gesagt!)

Wahr ist vielmehr, dass Kollege Nürnberger dieses Koalitionsabkommen nicht unterzeichnet hat.

Die Vorrednerin hat gerade behauptet, der Vorsitzende Gusenbauer hätte ein Geheimtreffen gehabt. – Das ist ebenfalls unwahr! Es ist ein offenes Treffen gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, beginnen Sie bitte mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen, und stellen Sie dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegenüber.

17.21

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Abgeordnete Hartinger hat hier behauptet, ich sei wegen eines Aufrufs zur Verweigerung des Tagesbefehls des Bundespräsidenten verurteilt worden.

Ich stelle tatsächlich richtig: Ich bin nicht verurteilt worden. Dieses Verfahren ist eingestellt worden.

Möglicherweise hat das damit zu tun, dass es damals keinen freiheitlichen Justizminister gegeben hat. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Unerhört! – Ruf bei der ÖVP: Das ist ungeheuerlich!)

17.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Die restliche Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

17.22

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Tut mir Leid, Frau Kollegin, auf dieses Niveau möchte ich jetzt nicht einsteigen, dass man Abfangjäger mit Feuerwehren vergleicht, sondern ich möchte mich dem, was hier als Argument herangezogen worden ist, näher zuwenden, nämlich der Anstrengung der Neutralität als Begründung für den Ankauf der Abfangjäger.

Sehr geehrte Damen und Herren! Abgesehen davon, dass ich die Glaubwürdigkeit eines Bundeskanzlers, der in den letzten Jahren und Monaten nichts übrig lassen wollte von der Neutralität, der in den letzten Jahren und Monaten immer weiter von der Neutralität abgerückt ist, schon in Frage stellen möchte, wenn er jetzt plötzlich die Neutralität aus dem Talon zieht, um den Ankauf der Abfangjäger zu begründen, muss schon festgestellt werden, dass sich auch die Verfassungsexperten in dieser Frage nicht hundertprozentig einig sind. In Nuancen unterscheiden sich ihre Argumentationen voneinander, eines jedoch kann klar aus allen Argumenten der Verfassungsrechtler abgeleitet werden:

Die Verpflichtung, sich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen und damit auch den Luftraum zu verteidigen, kann natürlich nicht definieren, mit welchen Mitteln das geschieht und wie viel von diesen Mitteln vorhanden sein muss. Wenn Sie daraus eine bestimmte Anzahl von Abfangjägern ableiten, so ist das willkürlich, und zwar völlig willkürlich, und es lässt sich


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nicht zwingend mit dem Neutralitätsgesetz begründen, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dieser Argumentationslinie kann ja bis zu ABC-Waffen alles begründet werden. Wo hört denn das Zu-Gebote-Stehen von Mitteln auf, wenn Sie diese Begründung anwenden? (Abg. Dr. Bösch: Bei den konventionellen Waffen! ABC-Waffen gehören da nicht dazu!) Wo hört das zum Beispiel in der Definition der Anzahl von notwendigen Abfangjägern auf? Wo definieren Sie hier die Grenzen?

Meine Damen und Herren! Sie nützen dieses Argument jetzt willkürlich, und es entbehrt jeder Glaubwürdigkeit, wenn Sie, die Sie die Neutralität seit Jahren abschaffen wollen, diese jetzt plötzlich aus dem Talon ziehen, um diese unnotwendige Anschaffung zu begründen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie dann noch auf den 11. September verweisen, der auch noch – bei der ganzen Tragödie, die er verursacht hat – als Begründung für die Anschaffung von Abfangjägern herhalten muss, dann wird die Debatte aus meiner Sicht völlig absurd, denn wenn der 11. September etwas bewiesen hat, dann das, dass klassische Verteidigungs- und Militärstrategien für diese Art von Konflikten überhaupt nicht greifen.

Nicht nur heute verweigern Sie die Debatte über ein Weiterdenken von Sicherheitspolitik in einem umfassenderen Sinn, auch in Bezug auf soziale Rechte und soziale Sicherheit weltweit, Sie haben sie auch schon bei der Debatte um die neue Doktrin verweigert, indem Sie nicht auf diese Argumente, auf diese Forderungen eingegangen sind. (Abg. Dr. Bösch: Das stimmt ja gar nicht! Sie wissen genau, dass das nicht stimmt, Frau Kollegin!)

Meine Damen und Herren! Ihre Argumentation von Seiten des 11. September, aber vor allem von Seiten des Neutralitätsgesetzes ist völlig unglaubwürdig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte meine Argumentation mit einer Frage abschließen, die ich wirklich an diese Regierung stellen möchte. Sie sagen, dass es eine Entlastung der Steuerbürger nur dann geben wird, wenn das Wirtschaftswachstum entsprechend ist. Bei den Abfangjägern, meine Damen und Herren, stellen Sie diese Frage nicht. Warum? Das will ich von Ihnen wissen. (Beifall bei den Grünen.)

17.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Bruckmann gemeldet. – Bitte.

17.27

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Kollege Verzetnitsch, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass Sie mir Gelegenheit geben, meine Schlusssätze zu wiederholen. Ich ziehe hiezu meine Stichworte zurate.

Ich habe gesagt: Als zu Beginn dieser Legislaturperiode die Sozialdemokratische Partei noch hoffte, wieder Regierungsverantwortung tragen zu können, bekannte sie sich selbstverständlich zu genau jenen Maßnahmen, die nunmehr vor der Realisierung stehen. Hätte Kollege Nürnberger den fertigen Regierungspakt unterschrieben, dann wären Sie es, die heute die Anschaffung der Abfangjäger in die Wege leiten würden. Ihr durch kein Sachargument erklärbarer Sinneswandel ist daher unverständlich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

17.28

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Meine Damen und Herren! Es ist heute so viel Unsinn über die Neutralität gesagt worden, vor allem von Seiten der Grünen, dass ich mich doch provoziert fühle, herauszugehen, um einiges klarzustellen.


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Die Frage der Volksabstimmung über den Kauf von Abfangjägern, so, wie Sie es präsentiert haben, Herr Kollege Van der Bellen – ich sage das ganz bewusst, denn Sie haben auch die Lehrbefugnis –, ist eine Gaukelei. Sie wissen ganz genau, dass es nach der österreichischen Bundesverfassung nur einen einzigen Weg gibt, zu einer Volksabstimmung zu kommen, nämlich über den Beschluss eines Gesetzes, und zu diesem Gesetz kann ein Drittel der Abgeordneten eine Volksabstimmung verlangen.

Wie müsste dieses Gesetz über die Abfangjäger ausschauen? Da es ein Bundesverfassungsgesetz gibt, das uns aufträgt, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unsere Neutralität aufrechtzuerhalten, müsste dieses Gesetz ein Verfassungsgesetz sein, das das Bundesverfassungsgesetz in diesem Punkt ändert. (Abg. Mag. Kogler: Ganz falsch! – Abg. Dr. Moser: Lernen Sie Verfassung!) So, wie wir ein Atomsperrgesetz beschlossen haben und dann Zwentendorf nicht aufgesperrt haben, müssten Sie ein Gesetz in Abänderung des Verfassungsgesetzes zur Neutralität beschließen. (Rufe bei den Grünen: Nein! Nein!)

Das wollen Sie den Menschen in diesem Lande nicht sagen, denn Sie müssten ja dann den von Ihnen in den Heiligenschrein gestellten Neutralitätsfall abändern.

In Wahrheit kommt man nur dann zu einer Volksabstimmung gegen den Kauf von Abfangjägern, wenn man vorher das Neutralitäts-Verfassungsgesetz so abändert, dass es faktisch inhaltsleer ist. Das ist der Punkt! (Abg. Dr. Hannes Bauer: Nein, überhaupt nicht!) Und das wollen Sie den Menschen in diesem Land nicht sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Über einen Kaufvertrag gibt es keine Volksabstimmung. Das wissen Sie ganz genau, Herr Professor! Und das hat auch der "Falter" gemeint, als er Ihnen die "Zitrone" gegeben hat mit dem Hinweis, dass Sie ein Linkspopulist, ein Grünpopulist geworden sind. Es tut mir Leid um Ihren Ruf, Herr Professor Van der Bellen. Mir kommen die Krokodilstränen, das möchte ich wirklich sagen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Vorrednerin hat die Frage gestellt: Wo hört denn da die Pflicht auf? – Dazu gibt es eine völkerrechtliche Literatur, Frau Kollegin! Gehen Sie in die Parlamentsbibliothek, lesen Sie nach! Das ist ganz klar im Völkerrecht ausjudiziert: Es ist von Zumutbarkeit die Rede. Man verlangt von uns zumutbare Anstrengungen, wie sie vergleichbare Volkswirtschaften wie die von Schweden, der Schweiz et cetera unternehmen. Und die Atomwaffen und die ABC-Waffen sind ja verboten! Das Völkerrecht verbietet diese Waffen, daher ist das nicht gefordert. Was von uns gefordert ist, sind zumutbare Anstrengungen, unsere Neutralität zu verteidigen, und dazu gehört die Luftraumüberwachung. Das ist herrschende Lehre im Völkerrecht.

Meine Damen und Herren! Sie von den Sozialdemokraten und von den Grünen haben heute entlarvend klargestellt, dass es Ihnen eigentlich nur um Stimmenmaximierung geht. Ihnen geht es schon lange nicht mehr um die Landesverteidigung. Der arme Toni Gaál musste heute eine dreifach geschraubte Pirouette in der Luft und zurück hinlegen – es ist ihm nicht gelungen. Ihre Glaubwürdigkeit ist genauso weg wie die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokraten. (Abg. Sophie Bauer: Ihre ist schon lange weg!) Was Sie vor zwei Jahren im Parteivorstand beschlossen haben und was Sie natürlich, wenn Sie wieder an die Regierung kämen, in, sagen wir, zehn oder zwölf Jahren, auch tun müssten, das legen Sie heute ab. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit dieser Politik, meine Damen und Herren, Herr Kollege Cap, Herr Kollege Gusenbauer, werden Sie keine Glaubwürdigkeit erringen.

Und Sie, Herr Kollege Van der Bellen, haben wirklich die "Zitrone" im "Falter" verdient. Sie gaukeln den Menschen vor, es könnte mit einer Volksabstimmung die Verfassung so geändert werden, wie Sie es glauben. – Nein, das gibt es nicht! Sie haben damit dem Ruf, den Sie eigentlich haben, einen schlechten Dienst erwiesen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, beginnen Sie bitte mit der


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97. Sitzung / Seite 164

Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen. (Abg. Ing. Westenthaler  – auf Abg. Dr. Van der Bellen weisend –: Ab heute ist er nur mehr der "Zitronen"-Professor!)

17.33

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich berichtige Herrn Dr. Khol in zweifacher Hinsicht.

Erstens hat er gesagt, ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates könne eine Volksabstimmung herbeiführen. – Dies ist leider unrichtig!

Ich zitiere Artikel 43 B-VG: "Einer Volksabstimmung ist jeder Gesetzesbeschluss des Nationalrates ... zu unterziehen, wenn der Nationalrat es beschließt oder die Mehrheit der Mitglieder des Nationalrates es verlangt." – Das heißt, es geht um eine Mehrheitsentscheidung. (Abg. Schwarzenberger: Ein Gesetz! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bitte, die Verfassung zu lesen, das ist eine sehr simple Berichtigung!

Zweitens berichtige ich Herrn Dr. Khol auch in seinen Aussagen hinsichtlich der Notwendigkeit eines Verfassungsgesetzes zur Abschaffung der Neutralität, um eine Volksabstimmung über die Abfangjäger herbeizuführen. – Dies ist unrichtig!

Selbstverständlich könnte ein einfaches Bundesgesetz der Bevölkerung zur Entscheidung vorgelegt werden, etwa über den Inhalt der Formen der umfassenden Landesverteidigung, die eben nach unserer Überzeugung keine Abfangjäger beinhalten sollten.

Und drittens erlaube ich mir anzumerken, dass Zitronen allemal besser sind als Abfangjäger und vor allem billiger. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte. (Abg. Dr. Krüger: Artikel 85 auch lesen, Frau Kollegin! – Abg. Ing. Westenthaler: Zitronenwerfen ist die Verteidigungsstrategie der Grünen!)

17.35

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister für Landesverteidigung! Hohes Haus! Herr Professor Khol, ich bin irgendwie froh, dass da herinnen keiner sitzt, der die Studiengebühren einbezahlt hat, denn Ihre "Vorlesung" war nicht wirklich zutreffend und nicht wirklich gut. Es wäre eine in den Sand gesetzte Investition gewesen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Das können Sie nicht beurteilen! – Abg. Ing. Westenthaler  – auf den Redner weisend, in Richtung des Abg. Dr. Gusenbauer –: Ist das der Verfassungsexperte der SPÖ?)

Mit Ihnen halte ich da noch immer mit, Herr Ing. Westenthaler. Locker, locker, über links halte ich da mit Ihnen mit!

Und zum Zweiten, Herr Kollege Khol: Sie haben dereinst den "Verfassungsbogen" gebaut und festgestellt, wer hinein gehört und wer sich außerhalb befindet. Dann haben Sie ihn blitzartig wieder umgebaut, und heute machen Sie sich Sorgen über den Ruf anderer Mitglieder dieses Hohen Hauses. Mir scheint eher, der "Verfassungsbogen"-Bauer Khol lebt nach dem Prinzip: "Und ist der Ruf erst einmal ruiniert, dann lebt sich’s völlig ungeniert!" (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Daher, Herr Kollege Khol: Man kehre vor der eigenen Tür!

Aber zurück zum Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht um die Beschaffung von Abfangjägern, von Nachfolgern der "Draken", die dereinst in meiner Region, wo ich herkomme, in der Obersteiermark, als "Abfalljäger" oder "Luftraumnachschaufluggeräte" bezeichnet wurden, nämlich vor der Anschaffung – auch von mir, Herr Kollege Khol und Herr Kollege Westenthaler. Daher braucht man mir nicht vorzuwerfen, dass ich irgendwelche Luftsprünge, Salti oder sonst irgendetwas mache, sondern, Herr Kollege Westenthaler, ich ... (Bundesminister


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Scheibner: Was haben Sie denn 1991 gesagt?) Genau das Gleiche, was ich heute sage, Herr Bundesminister! (Bundesminister Scheibner: Da waren Sie auch dagegen? – Abg. Ing. Westenthaler: 1991 haben Sie auch gesagt: Brauchen wir nicht!?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es wirklich phänomenal: Die Partei des "kleinen Mannes" pfeift sich eigentlich einen feuchten Kehricht um die Bevölkerung, die dort betroffen ist, und ist nicht einmal Manns genug, das, was sie sonst immer fordert, nämlich Volksbefragung, Volksabstimmung, Volksbegehren, heute zuzulassen! Ja, wo sind wir denn? Ein bisschen mehr Mut zur eigenen Courage, Herr Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Kollege Bösch hat vorhin gefragt, was denn passieren würde, wenn die sozialdemokratische Linie und die sozialdemokratische Politik umgesetzt würden. Was würde denn passieren? – Wir hätten keine Ambulanzgebühren, wir hätten keine Studiengebühren, wir bräuchten kein Sozialstaats-Volksbegehren, um den Sozialstaat zu schützen, sondern der Sozialstaat wäre in Ordnung, und die Wirtschaft würde wahrscheinlich besser florieren als heute, Herr Kollege Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Heftiger Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Bruckmann hat hier davon gesprochen, dass der steirische Automobil-Cluster nur auf Grund der Draken-Kompensationsgeschäfte passiert sei. Herr Kollege Bruckmann, ich will es Ihnen nicht näher erläutern, denn dazu fehlt mir die Zeit, aber wenn Sie einen Blick in die Evaluierungsstudie werfen, die die Draken-Beschaffung und die Kompensationen daraus beurteilt, dann werden Sie feststellen, welchen Anteil der Auto-Cluster ausmacht. Sie haben hier wider besseres Wissen leider Gottes nicht die Wahrheit gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Frau Kollegin Stadler hier eine Presseaussendung des Herrn Bürgermeisters beziehungsweise des Tiroler VP-Chefs Van Staa angeführt hat, dann hat sie anscheinend eine Aussendung zitiert, die nach einem Anruf aus Wien nach Tirol erfolgt ist, denn heute, um 12.42 Uhr, sagte der Tiroler VP-Chef Herwig Van Staa: "Ich habe grundsätzlich meine Bedenken hinsichtlich der Finanzierbarkeit der Abfangjäger." Er ist sich nicht sicher, ob man überhaupt Abfangjäger anschaffen soll. – Das war seine persönliche Meinung. Dann kam wahrscheinlich ein Anruf aus Wien, und siehe da: Van Staa traf andere Aussagen.

So viel zur "Standfestigkeit", meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir schon davon ausgehen, dass Einigkeit herrsche oder dass es keine unterschiedlichen Meinungsäußerungen innerhalb der Parteien gebe: Herr Klubobmann Khol, wie halten Sie es mit dem Bundesrat Vincenz Liechtenstein, der meint, es sei unsinnig, Abfangjäger anzuschaffen? Was sagen Sie zu seinen Äußerungen?

Herr Verteidigungsminister! Ich hätte abschließend noch eine Frage an Sie. Ich habe Sie mit 10. Jänner dieses Jahres ersucht, mir die IWI-Studie, die sich mit der Nachbeschaffung beschäftigt, zukommen zu lassen. Auf dieses Schreiben vom 10. Jänner wurde mir am 22. Jänner von Ihrem Kabinett mitgeteilt, dass es leider nicht möglich sei, mir diese Studie zu übermitteln, weil die Langfassung dieser Studie nicht mehr im Kabinett, sondern in der Sektion aufliege. Gleichzeitig informieren Sie mich darüber, dass diese vor einer allfälligen Übersendung auf Geschäftsgeheimnisse untersucht werden müsste. (Bundesminister Scheibner: Da ist ein Urheberrecht darauf!) Jawohl.

Dann plötzlich, Herr Bundesminister – man sehe und staune!, ich hatte noch nie Kontakt mit dem SAAB-Konzern oder mit sonst jemandem in diesem Bereich –, am 13. März, flattert mir ein Schreiben von SAAB ins Haus, gezeichnet vom Geschäftsführer von SAAB Aerospace, in dem mir der Herr Geschäftsführer mitteilt, dass er sich besonders freut, mir diese von Ihnen verlangte Evaluierungsstudie zum "Gripen"-Offset-Projekt zumitteln zu können. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Herr Bundesminister! Ist es so, dass in Ihrem Kabinett bereits Vertreter der Lieferfirmen sitzen und das daher so wunderbar funktioniert, oder ist es so, dass sich in Zukunft Abgeordnete die


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ses Hauses, wenn sie über Unterlagen, die Ihnen und damit der Republik zur Verfügung stehen, auch verfügen wollen, an die Privatfirmen wenden müssen? Wenn das so ist, dann klären Sie uns bitte auf! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol gemeldet. Verbleibende Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

17.41

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Frau Kollegin Petrovic, ich möchte nur auf Ihre Verfassungsinterpretation eingehen. Ich glaube, ich habe hinreichend klargestellt, dass das, was Sie anstreben – eine Volksabstimmung über die Frage "Abfangjäger: ja oder nein?" –, nur im Wege eines Bundesverfassungsgesetzes geht, das die Neutralitätsgesetzgebung abändert. (Abg. Dr. Petrovic: Nein, nein, ganz sicher nicht! – Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist Ihre Meinung!)

Sie wollen das nicht zur Kenntnis nehmen, denn da kämen Sie ja in die paradoxe Situation, dass Sie auf der einen Seite die Neutralität verteidigen, auf der anderen Seite diese aber abschaffen. (Abg. Edlinger: Ist das eine tatsächliche Berichtigung?) – Das ist keine tatsächliche Berichtigung, Herr Kollege Edlinger, das ist eine Wortmeldung! (Abg. Ing. Westenthaler: Ist er wieder eingeschlafen in der zweiten Reihe, der Edlinger!)

Frau Kollegin Petrovic, lesen Sie die Verfassung weiter: Artikel 44 Abs. 3 B-VG besagt, dass jede Teiländerung der Bundesverfassung dann einer Volksabstimmung zu unterziehen ist, wenn es ein Drittel der Nationalratsabgeordneten verlangt. – Nur damit der Wahrheit die Ehre gegeben wird. Ihre Gaukeleien machen wir nicht mit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Ich bitte um Ehrlichkeit!)

17.43

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Ich wollte auch noch zu den Wortmeldungen der grünen Fraktion Stellung nehmen, denn es war vor allem der letzte Debattenbeitrag durchaus differenzierend, und das hat mir in einer Sachdebatte gut gefallen.

Es ist – das haben Sie selbst gesagt, Frau Abgeordnete – der Unterschied bei den Verfassungsexperten-Meinungen eigentlich nur in Nuancen gegeben. Es gibt eine klare Literatur, wonach ein völkerrechtlich souveräner Staat und vor allem einer, der selber nach seiner eigenen Rechtslage neutral sein will, die Verteidigungsfähigkeit unter Beweis stellen muss. Das ist einmal völlig klar. Das heißt, das Glaubwürdigkeitsproblem haben nicht wir!

Ich bin ja der Meinung, dass wir in jeder Form – ob wir in einem Bündnis drinnen sind oder nicht – etwas zur kollektiven, aber auch zur eigenen Verteidigung tun müssen. Das Glaubwürdigkeitsproblem haben Sie von den Grünen, wenn Sie plötzlich als die Verteidiger der Neutralität in einem wichtigen Bereich sagen: Aber da brauchen wir eigentlich nichts zu tun!

Sie haben Recht, es gibt einen Spielraum. Niemand schreibt uns verfassungsrechtlich vor, ob wir 24, 30 oder nur 18 Abfangjäger kaufen müssen. Das ist nicht der Punkt. Welche Type, welche Finanzierungskonditionen, welche Gegengeschäftsmodelle – das ist alles vollkommen frei. Selbstverständlich werden wir da nach bestem Wissen und Gewissen kostengünstig und wirtschaftlich erfolgreich vorgehen.

Aber was sicher nicht geht, ist, dass wir gar nichts tun. Ich habe mir natürlich auch eine Stellungnahme des Verfassungsdienstes geben lassen, die besagt: Eine dauernde Neutralität muss natürlich auch eine entsprechende Verteidigungsvorsorge einschließen, siehe Neuhold/Hummer/Schreuer: "Österreichisches Handbuch des Völkerrechts". Da der Luftraum Teil des Staatsgebietes ist, werden sich die Verteidigungsanstrengungen grundsätzlich wohl auch auf diesen erstrecken müssen. Was sich daher wirklich sehr schlecht verträgt, ist einerseits die Forderung


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nach möglichst unveränderter Aufrechterhaltung der Neutralität und andererseits die Ablehnung der Anschaffung der Abfangjäger.

Das ist, glaube ich, ein Widerspruch, den Sie beim besten Willen wirklich nicht aufklären konnten, und es war auch wichtig, dies in dieser Debatte herauszuarbeiten.

Zur wirtschaftlichen Seite. Ich bin eigentlich dagegen, dass man jetzt jedes Gegengeschäft – auch wenn man über Gegengeschäfte viel diskutieren kann – von vornherein schlecht macht. Der Automobil-Cluster ist bitte nicht zur Gänze durch das "Draken"-Geschäft erfunden worden; das hat doch niemand behauptet. Aber dass sich ein Teil auch in diesem Bereich gut niedergeschlagen hat, ist doch gescheit. Wenn jetzt Lockheed, wie Sie gehört haben, offensichtlich auch unter dem Eindruck des Lobbying, der öffentlichen Informationen der Mitkonkurrenten, von 70 Prozent auf über 100 Prozent nachzieht, dann ist das eigentlich eine bemerkenswerte positive Entwicklung.

Ich war Wirtschaftsminister und habe durchgesetzt, dass wir in einem Bereich, bei den Luft-Boden-Raketen, nicht 200, sondern sogar exemplarisch hohe 270 Prozent zugestanden bekommen haben. Das war mein Punkt, und dazu stehe ich bei Gott! Ein Wirtschaftsminister, der die Gegengeschäfte für Österreich hinaufschraubt, ist ein guter Wirtschaftsminister.

Und so werden wir – Herbert Scheibner, Martin Bartenstein, der gerade gekommen ist – das handhaben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ankauf von Abfangjägern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3195/AB

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen jetzt zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie mit der Ordnungszahl 3195/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Heinzl, die Debatte zu eröffnen.

17.47

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mich in meinen Ausführungen mit der Anfragebeantwortung der parlamentarischen Anfrage betreffend betriebs- und volkswirtschaftliche Bewertung der getroffenen Maßnahmen bei der Österreichischen Post AG beschäftigen. Oder besser gesagt: Ich werde mich mit der blau-schwarzen Zerschlagung der Post in Österreich beschäftigen. (Abg. Mag. Kukacka: Es wird überhaupt nichts zerschlagen!)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Die blau-schwarze Bundesregierung beabsichtigt, 650 Postämter in Österreich zu schließen. Blindwütig werden Strukturen zerschlagen, die den Menschen in den Dörfern und Städten die Versorgungsqualität garantieren und die Lebensqualität bringen. Die Post AG, noch zu 100 Prozent im Besitz der Republik Österreich, wird von den blau-schwarzen Zusperrern ohnehin als Selbstbedienungsladen angesehen.

Ich begründe das: Zunächst entzieht man dem Unternehmen Sonderdividenden in der Höhe von mehr als 4,6 Milliarden Schilling, mit der Begründung, dieses Unternehmen hätte ohnedies zu hohes Eigenkapital. Damit treibt man den Betrieb in eine wirtschaftlich schwierige Lage und ebnet den Weg für die Schließungen und Kürzungen. Damit gefährdet man nicht nur die Post in ihrer Gesamtheit als Unternehmen mit einem wichtigen öffentlichen Versorgungsauftrag, sondern vor allem – und das tut weh – Tausende Arbeitsplätze.

Laut Angaben des Post-Vorstands soll sich die Post AG durch die Schließung von 650 Standorten österreichweit rund 300 Millionen Schilling pro Geschäftsjahr ersparen. Auf den Wirtschaftlichkeitsrechnungs-Nachweis warten wir noch immer. In diesem Zusammenhang muss ausdrücklich noch einmal auf die Tatsache hingewiesen werden – ich sagte es bereits –, dass die blau-schwarze Bundesregierung der Post AG 4,6 Milliarden Schilling an Sonderdividenden abverlangt hat, damit der Herr Finanzminister sein so genanntes Nulldefizit zusammenbringt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hätte man auf diese Sonderdividende verzichtet, wären das derzeitige Filialnetz der Post und somit Tausende Arbeitsplätze für mehr als 15 Jahre finanziert und auch abgesichert. Aber das wollen Sie von der ÖVP nicht. Sie wollen die Post zerstückeln und nachher, wie wir jetzt schon wissen, verscherbeln.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass das Schließungskonzept und die parallel laufende Filetierung der Post in fünf Geschäftsbereiche nur die Einleitung einer der größten Ausverkaufsaktionen der Zweiten Republik sind. Eine in fünf Bereiche filetierte Post kann leichter an ausländische Interessenten – wie zum Beispiel an die Deutsche Post oder die französische Post – verkauft werden. Mit dem Abbau von rund 11 000 Postjobs soll diesen Investoren der Happen "Postkauf Österreich" besonders schmackhaft gemacht werden. Wir können den Beschäftigten, die in ihrer berechtigten Notwehrsituation auch Streiks nicht ausschließen, nur Recht geben und werden sie auch unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Massive Verschlechterungen bei der Versorgung der Bevölkerung sind ebenso zu befürchten wie ein Rückgang des Postservices, vor allem im ländlichen Raum. Besonders auf dem Land drohen den Menschen Anfahrtswege von 30 Kilometern und mehr bis zum nächsten Postamt. Briefe und Paketsendungen werden noch länger unterwegs sein, als das bisher schon der Fall war.

Sehr geehrte Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Die Postbeschäftigten wissen sich in ihrem Widerstand gegen Ihre blau-schwarzen Zerschlagungspläne in Übereinstimmung mit der Bevölkerung. Zigtausende empörte Bürgerinnen und Bürger haben bereits mit ihren Unterschriften gegen die Schließung der Postämter protestiert. In vielen Gemeinden, auch in Niederösterreich – das richtet sich vor allem an die Damen und Herren ÖVP-Abgeordneten –, gibt es einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse, getragen von allen ÖVP-Bürgermeistern und ÖVP-Mandataren, die sich gegen den Abzug der Post aus ihrem Ort aussprechen. Allein 180 Petitionen gegen Postamtsschließungen wurden hier im Hohen Haus eingebracht.

Ex-Ministerin Forstinger versicherte, dass keine Postämter ohne Zustimmung der Bürgermeister und der Landeshauptleute geschlossen werden. Ich frage jetzt: Welche Landeshauptleute haben einer Schließung zugestimmt? Hat Erwin Pröll sein Okay dazu gegeben, dass in Niederösterreich 220 Postämter zugesperrt werden? Haben Jörg Haider in Kärnten oder Wendelin Weingartner in Tirol zugestimmt? Wenn ja, dann legen Sie diese Zustimmungserklärung Ihrer Landeshauptleute vor; wenn nicht, dann begehen Sie einen klaren Wortbruch. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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Abgelehnt – und das ist für die Öffentlichkeit auch wichtig zu wissen – wurde im Petitionsausschuss, wo eine Vielzahl der Petitionen gegen das Zusperren der Postämter behandelt wurde, die Forderung von uns Sozialdemokraten nach einer Kontaktaufnahme mit der Verbindungsstelle der Bundesländer, einer Stellungnahme der Raumordnungskonferenz, einer Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes und einem Hearing mit Experten.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Von Fachmeinungen und Experten halten Sie offensichtlich nicht viel; anscheinend nur von jenen, die Ihnen für Ihre Politik genehme Gutachten erstellen, und das sind willfährige Handlanger, wie auch Sie es für Ihre Regierungskollegen sind. Dafür werden Sie noch die Rechnung präsentiert bekommen, meine Damen und Herren von der blau-schwarzen Ausverkaufstruppe!

Jedes einzelne Postamt stellt für jede Gemeinde eine öffentliche Infrastruktureinrichtung dar, wobei ein Postamt einen wichtigen Beitrag für die Lebensqualität in einer dörflichen Gemeinschaft leistet. Vor allem für ältere Menschen, die nicht so mobil sind, wäre der Verlust des nahe gelegenen Postamtes eine grobe Verschlechterung. Aber auch die Kundenberatung, die in den einzelnen Postämtern angeboten wird, würde bei einer Schließung der Vergangenheit angehören.

Die Schließungspläne der Post AG bedeuten einen massiven Anschlag auf die Lebensqualität vor allem der ländlichen Bevölkerung. Gemeinden, die jetzt schon mit großen strukturellen Problemen zu kämpfen haben, wie beispielsweise zu wenig Arbeitsplätze, deren Bewohner tagtäglich pendeln müssen und die vor allem auf eklatante Mängel in den infrastrukturellen Einrichtungen verweisen müssen, werden jetzt noch einmal zusätzlich benachteiligt.

Der Abwärtstrend setzt sich fort. Und damit nicht genug! Für viele Menschen in den Städten und Gemeinden ist es so, dass sie durch die Zerschlagung der Struktur der Post in ihrer Lebensqualität eingeschränkt werden. (Abg. Wattaul: Du weißt überhaupt nicht, wovon du redest!) Lieber Anton Wattaul von der FPÖ! Dass du schon auf den Tag wartest, wo deine Post wieder von der Deutschen Post zugestellt wird, verstehe ich – wir Sozialdemokraten wollen aber die Österreichische Post erhalten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Schau lieber, was beim Paketdienst passiert!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Filialnetz der Post, wie es derzeit besteht, ist es wert, erhalten zu werden. Allein mit der Sonderzahlung in der Höhe von 4,6 Milliarden Schilling, welche diese Bundesregierung der Post AG für das Budget abgeknöpft hat, könnten – wie ich schon gesagt habe – alle Schließungen von Postämtern für die nächsten 15 Jahre verhindert werden, könnten das Service und das Geschäftsergebnis noch verbessert und die Jobs abgesichert werden.

Ihnen ebenfalls ins Stammbuch geschrieben sei: Allein beim Börsegang der Telekom haben Sie eine zweistellige Milliardensumme in den Sand gesetzt. – Aber das alles kümmert Sie nicht! (Abg. Wenitsch: Keine Ahnung!) Milliarden wurden von Ihnen verschenkt – von Ihnen, die Sie sich in der Öffentlichkeit gerne als Sparefrohs feiern lassen. In Wahrheit sind Sie nichts anderes als Sozialabbauer, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich fordere die Bundesregierung im Allgemeinen und den zuständigen Minister für Infrastruktur im Besonderen auf, dem Versorgungsauftrag gegenüber der Bevölkerung nachzukommen und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keiner Schließung von Postämtern kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Ing. Reichhold. – Bitte.

17.57

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Mathias Reichhold: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich möchte einleitend festhalten, dass die Post am 1. Mai 1996 aus der Hoheitsverwaltung des Bundes


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ausgegliedert wurde; das heißt also zu einer Zeit, in der die Abgeordneten Ihrer Partei dieses Gesetz mitbeschlossen haben. (Abg. Dr. Bösch: Hört! Hört!)

Zum Zweiten möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, Herr Abgeordneter, dass der von Ihnen erwähnte Vorstand, der Schließungen von Postämtern vornimmt, ja nicht von dieser Regierung eingesetzt wurde, sondern dass ihm mit Zustimmung Ihrer verantwortlichen Mitglieder in der Regierung dieser Auftrag erteilt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der "Postminister" hat – sollten Sie das nicht wissen, Herr Abgeordneter – auf Grund dieses Gesetzes keinerlei Möglichkeiten mehr, Eigentümerrechte wahrzunehmen. Die Funktion des "Postministers" beschränkt sich auf eine Regulierungsbehörde, wie Sie wissen. Er hat marginale Eingriffsmöglichkeiten, die sich auf Kontrollrechte beschränken. Es ist eine Kontrollkommission eingerichtet worden, die aus einem Vertreter der Post, einem Vertreter der Gemeinden und einem Vertreter der Bezirkshauptmannschaften besteht, die alle Beschwerden kontrollieren.

Meine Aufgabe ist es laut Postgesetz, zu prüfen, ob diese Kontrollkommission auch tätig ist und ihrer Arbeit nachkommt. Ich habe am 14. Februar den Vorstand angehört, ich habe mir einen genauen Bericht über die Tätigkeit der Kontrollkommission geben lassen, und ich kann Ihnen heute berichten, wie die Situation aussieht.

Es gibt eine Gemeinde, nämlich Schwarzenbach, deren Bürgermeister, Johann Giefing, in einem Schreiben am 30. Jänner festgehalten hat, dass er bereit sei, sämtliche Kosten zu übernehmen, Räumlichkeiten und so weiter zur Verfügung zu stellen. Die Kontrollkommission hat dieses Schreiben geprüft, und es hat sich herausgestellt, dass besagter Bürgermeister unmittelbar nach diesem Schreiben einen großen Fernsehauftritt absolvierte, bei dem er den Vorstand der Post attackierte. Es hat sich dann nach diesem Fernsehauftritt gezeigt, dass der Herr Bürgermeister jegliche Alternativen, die seitens der Post angeboten worden sind, um das Postamt zu erhalten, abgelehnt hat. Er hat sowohl eine Postannahmestelle als auch Postpartner abgelehnt. Er hat offenbar nur versucht, politisches Kleingeld zu wechseln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Post-Vorstand hat mir weiters berichtet, dass insgesamt 290 Beschwerdebriefe eingelangt sind. Der Post-Vorstand hat mir berichtet, dass die Kontrollkommission allerdings feststellt, dass rund 90 Prozent dieser Beschwerdebriefe den gleichen Text beinhalten. Das heißt, es liegt der Verdacht nahe, dass diese Briefe in einer Zentrale geschrieben wurden. (Abg. Parnigoni: ÖVP!)  – Sie sagen, die ÖVP. Ich werde Ihnen sagen, wo die Briefe wahrscheinlich geschrieben worden sind.

Ich möchte auszugsweise aus einem Brief an die SPÖ-Bürgermeisterinnen und -Bürgermeister der von den geplanten Postämterschließungen betroffenen Ortsgemeinden zitieren:

Um den politischen Widerstand in dieser Frage zu verstärken, wollen wir eine gemeinsame Vorgangsweise anbieten.

Nach der Beschreibung einiger technischer Details heißt es weiter, aus beiden Dokumenten ergebe sich eine erfolgversprechende Strategie. Als erster Punkt angeführt ist ein Schreiben an den Vorstandsdirektor betreffend Einschaltung der Kontrollkommission. Dann heißt es: Im Hinblick auf die auferlegte Frist vom 30.6. kommt die Post AG mit dieser Vorgangsweise unter erheblichen Druck. Wir sind zuversichtlich, dass diese Vorgangsweise auch in deiner Gemeinde von politischem Nutzen ist.

Unterschrieben: Reinhard Buchinger, Leitender Sekretär für Organisation, und Margit Nemec, Sekretärin der Bundesgeschäftsstelle. – Soweit zu diesem Brief.

Das heißt, es liegt der Verdacht nahe, dass dieser Brief in einer Parteizentrale geschrieben worden ist und an die Bürgermeister ausgesandt wurde.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, was geschieht? Die Postkommission ist tatsächlich in ihrer Arbeit behindert und kann nur schwer unterscheiden, wo jetzt wirklich Eingriffsmöglich


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keiten wahrgenommen werden können und wo auf Grund Ihrer politisch-strategischen Maßnahmen die Arbeit der Postkommission behindert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist Ihre Sache, ob Sie politisches Kleingeld in dieser Sache wechseln, aber vergessen Sie bitte nicht: Sie schaden damit Tausenden Postangestellten, die sich in einigen Jahren dem Wettbewerb werden aussetzen müssen, und Sie werden das verantworten müssen, wenn Sie jetzt die Kommission behindern, nur weil Sie politisches Kleingeld wechseln wollen!

Ich jedenfalls habe als zuständiger Minister überprüft, ob diese Kontrollkommissionen tagen, und ich darf Ihnen sagen, dass der Post-Vorstand nachgewiesen hat, dass die Forderungen, die auch in der Post-Universaldienstverordnung festgeschrieben sind, dass nämlich einvernehmliche Lösungen mit den Gemeinden zu finden seien, eingehalten wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt gemäß Geschäftsordnung 5 Minuten.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

18.03

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es ist schon lustig, dass uns der Herr Minister hier Briefe aus unserer Parteizentrale vorhält. Ich denke, es ist ein absolut legitimes Recht jeder Partei, sich zu Wort zu melden, sich zu organisieren und Leute zu unterstützen – vor allem dann, wenn es sich dagegen zu wehren gilt, dass wesentliche Infrastruktureinrichtungen, wichtige Einrichtungen für die Bevölkerung in Gefahr sind. Ich darf darauf verweisen, dass auch Ihr Bundeskanzler Schüssel weidlich von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, allen Bürgern einen Brief zu schreiben, wie sie sich im Zusammenhang mit Temelín verhalten sollen. – Dass dieses Recht für die einen gelten soll und für die anderen nicht, das müssen wir wohl wirklich nicht unbedingt zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die klare Zuständigkeit – und darum geht es in dieser Anfragebeantwortung, darum, dass ein Infrastrukturminister sich darum zu kümmern hat, dass es die Infrastruktur auch auf dem Land zu erhalten gilt, dass er sich darum zu kümmern hat, wenn die Aushungerung des ländlichen Raumes droht, und dass er Gegenmaßnahmen setzen muss – haben Sie heute wenigstens angedeutet, Herr Minister. Ihre Vorgängerin hat uns die kalte Schulter gezeigt und gemeint, sie sei überhaupt nicht zuständig. Daher war es uns auch ein Anliegen, hier und heute darüber zu sprechen.

Es wundert mich nicht, dass mein Kollege Kurzbauer aus Neulengbach jetzt den Saal verlassen hat, verwunderlich ist allerdings, dass sich die ÖVP-Bürgermeister nicht so sehr gegen die Schließung der Postämter, gegen die Schließung der Gendarmerieposten in ihren Gemeinden gewehrt haben. Ihnen müsste es ein wesentliches Anliegen sein, dass die Strukturen erhalten bleiben, denn zu ihnen kommen die Bürgerinnen und Bürger und bringen ihre berechtigten Sorgen vor.

Für junge, mobile Leute, für Menschen in der Stadt ist es kein Problem, wenn Maßnahmen wie eben jetzt die Schließung der Postämter gesetzt werden. Sie können sich helfen. Aber was machen ältere Personen auf dem Land? Was machen Personen, die nicht so mobil sind, wenn sie in Zukunft sehr weite Strecken zurücklegen müssen, um zum nächsten Postamt zu kommen?

In unserer Gemeinde – und daher auch mein Hinweis auf den Kollegen von der ÖVP, der hier im Hohen Haus all die Maßnahmen, die die Bundesregierung gegen die Bevölkerung setzt, logischerweise mitbeschließt und jetzt wahrscheinlich ein Problem damit hat –, in meiner Heimatgemeinde Neulengbach schaut es so aus, dass wir von drei Postämtern ab der nächsten Woche nur mehr zwei haben und ab übernächstem Monat nur mehr eines.


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Es ist schon besonders doppelbödig, wenn sich der Bürgermeister hinstellt und sagt, er verteidige seine Postämter, er möchte sie doch erhalten. – Nichts tut er! Ganz im Gegenteil! Wir haben sogar bei der Suche nach den Postpartnern versucht, gemeinsame Wege zu gehen, aber diese sind nicht gefunden worden. Die Menschen sind allein gelassen worden. Wenn nicht wir Sozialdemokraten immer wieder betonten, dass wir auch an ihrer Seite kämpfen, dann sind sie allein gelassen, und das ist der Punkt! (Beifall bei der SPÖ.)

Als ich als Fraktionsführerin meiner Gemeinderatsfraktion in der letzten Sitzung am 19. Februar versucht habe, alle meine Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat davon zu überzeugen, dass es sinnvoll und wichtig wäre, auch für unsere Gemeinde, die Kontrollkommission anzurufen, um vielleicht noch eines der zwei Postämter vor der Schließung zu bewahren, was, glauben Sie, hat da der ÖVP-Bürgermeister getan? – Entgegen allen anderen Stimmen, entgegen allen anderen Fraktionen hat die ÖVP gesagt, da sei der Zug schon abgefahren, das sei erledigt, da brauche man nichts mehr zu tun! Das ist für mich doppelbödig, das ist für mich verwerflich und gegen die Infrastruktur auf dem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin davon überzeugt, dass Infrastrukturpolitik nicht reinen Gewinnüberlegungen untergeordnet werden soll. Für uns von der SPÖ beginnt verantwortungsvolle Politik nämlich bei den Bedürfnissen der Menschen und nicht beim Zusperren, sehr verehrte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich feststellen, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der Vergangenheit ein ganz wunderbares Österreich aufgebaut haben. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Meine Eltern haben immer nach dem Prinzip gelebt: Wir wollen, dass unsere Kinder es einmal besser haben als wir! – Doch wenn ich an den Sozialabbau denke, den Sie jetzt vorhaben, der sogar ein Sozialstaat-Volksbegehren notwendig gemacht hat, kann ich nur sagen: Dieses Volksbegehren muss jeder unterschreiben, denn wir wollen, dass es unseren Kindern einmal zumindest nicht schlechter geht! (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kukacka. – Bitte.

18.09

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Schasching, wir haben kein Problem damit, dass Ihre Partei irgendwelche Briefe schreibt, um bei Ihren Bürgermeistern eine politische Strategie zu initiieren. Aber wir haben sehr wohl etwas dagegen, wenn in diesen Briefen Unwahrheiten stehen, wenn Sie die Bevölkerung irreführen. Dagegen wehren wir uns, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie führen nämlich eine Verunsicherungskampagne durch, und Sie flüchten auch in unwahre Behauptungen. (Abg. Parnigoni: Das kann nicht stimmen, Herr Kollege Kukacka!)

Sie reden davon, dass Tausende Mitarbeiter bei der Post entlassen wurden oder entlassen werden. Ich sage Ihnen: Niemand ist bei der Post AG im letzten Jahr wegen auch nur irgendeiner Postamtsschließung entlassen worden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bedauere, zumal Sie das Dienstrecht kennen, dass Sie offensichtlich auf die Unkenntnis der Bevölkerung spekulieren. Sie wissen ganz genau, dass es gar nicht möglich wäre, selbst wenn die Post es wollte, dass diese Beamten entlassen oder gar gekündigt werden. Es ist auch kein einziger in diesem Zusammenhang gekündigt worden. Also bleiben Sie bei der Wahrheit und versuchen Sie nicht immer, die Bevölkerung mit Unwahrheiten zu beeinflussen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wer sind denn jene Manager, wer ist denn jener Generaldirektor bei der Post AG, der das jetzt zu verantworten hat? – Es ist Ihr Generaldirektor Dr. Wais, ein Protegé des Bundeskanzlers Klima, der ausdrücklich auf seinen Wunsch hin mit dieser Funktion betraut wurde! Also gehen Sie zuerst zu Ihrem Ex-Bundeskanzler, gehen Sie zu Ihrem Parteimitglied Dr. Wais, und beschwe


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ren Sie sich dort, meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit in diesem Zusammenhang! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass Sie nicht nur als Person, sondern als ganze Fraktion ein politischer Wendehals sind, zeigt sich, wenn man in den Protokollen über die damaligen Beschlüsse beziehungsweise in den Stenographischen Protokollen des Nationalrates blättert. Als damals dieses Gesetz beschlossen wurde, das die Post AG ausgegliedert hat, zu einer aktienrechtlichen Gesellschaft gemacht hat, hat Ihr Kollege Kurt Wallner gesagt – ich zitiere –:

"Ich bin der Meinung, daß das Gesetz ausgewogen ist. Sowohl Konsumenteninteressen als auch jene der Post wurden bestens berücksichtigt, und trotz Liberalisierung können die Konsumenten geschützt werden. Die Post bekommt die notwendigen Rahmenbedingungen, um für den liberalisierten Markt gerüstet zu sein und bestens bestehen zu können." – Das haben Sie damals gesagt!

Meine Damen und Herren! Damals haben Sie gesagt, das sei richtig und notwendig, was mit der Post geschieht, dass sie sich auf den Markt einstellen muss. Heute behaupten Sie das Gegenteil. – Sie sind unglaubwürdig, und es wird nicht lange dauern, bis Sie auch bei der Bevölkerung diesbezüglich jeden Kredit verloren haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es liegt auch im Interesse der Post – das möchte ich noch sagen –, dass die Qualität ihrer Dienstleistungen erhalten bleibt, denn sie muss ja auch in Zukunft ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den privaten Zustellern aufrechterhalten. Das heißt, die Post selbst muss großes Interesse daran haben, die hohe Qualität ihrer Dienstleistung zu erhalten, damit sie eben ihre Marktchance wahrt und ihre gute Position auch in Zukunft behält.

Meine Damen und Herren! Was Sie hier aufführen, ist Teil einer Verunsicherungsstrategie, hat aber nichts mit der Realität in diesem Land zu tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Zierler zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.14

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas hat man in den letzten Minuten erfahren: Wenn es immer heißt, die Oppositionspartei SPÖ hätte kein Programm – das stimmt nicht! Die SPÖ hat ein Programm, nämlich das Programm der Unwahrheiten. (Abg. Reheis: Unglaublich!)

Frau Kollegin Schasching beispielsweise hat gesagt, eine Partei habe das "legitime Recht", derartige Briefe zu verschicken. – Dazu muss man sagen: Dieses "legitime Recht", Briefe der Verunsicherung, Briefe, die Unwahrheiten enthalten, zu verschicken, nimmt sich nur die SPÖ heraus. So unseriös arbeitet keine andere Partei – und ganz sicherlich nicht diese Bundesregierung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was die SPÖ hier aufführt, ist nicht nur billige Polemik, Rosstäuscherei, sondern vor allen Dingen auch Kindesweglegung. Offensichtlich muss man Sie immer wieder daran erinnern, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wer hat die Post ausgegliedert? – Geschah das vielleicht im Jahr 1996? Wer war damals in der Regierung? – War das vielleicht eine SPÖ-Regierung?

Seit dem 1. Mai 1996 ist die Post eine Aktiengesellschaft. Die Anfrage, die Sie gestellt haben, bezieht sich auf unternehmensinterne Maßnahmen, die der aktienrechtliche Vorstand zu verantworten hat. Wer hat bei dieser Ausgliederung der Post noch Milliarden Schilling an Schulden – um sie aus dem Budget loszuwerden – mit auf den Weg gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren? Was ist mit Ihrem Gedächtnis? Funktioniert die Erinnerung vielleicht? Wer war das? – War das vielleicht eine SPÖ-Regierung, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich bin nicht der Anwalt des Post-Vorstandes, aber das Erbe, das die SPÖ der Post mitgegeben hat, macht ihr jetzt den Weg in eine Liberalisierung nicht gerade einfacher. Sie haben damit die Chancen für die Post auf Konkurrenzfähigkeit nicht gerade erhöht.


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97. Sitzung / Seite 174

Sie fragen den Minister nach unternehmensinternen Maßnahmen, nach Entlassungen, was übrigens arbeitsrechtlich falsch ist, denn es geht hier um Beamte. Dazu muss ich sagen, es hätte den gleichen sachlichen Hintergrund, würden Sie den Minister fragen, wie viele Leute zum Beispiel beim Billa-Vorstand in den Vorruhestand gehen. Das hätte in etwa den gleichen Bezug.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Scheinheilig, widersprüchlich – so kann man das zusammenfassen, wenn ich mir die Aussage des Herrn Verzetnitsch anschaue:

"Der ÖGB steht hinter der Personalvertretung der Post und ihrem Engagement für die Beschäftigten und Konsumenten sowie gegen die Zerschlagung der Post."

Das ist wieder einmal eine tolle Schlagzeile: "Der ÖGB steht hinter der Personalvertretung der Post." – Ja, ja, das stimmt. Da gab es doch irgendetwas. Gab es da nicht einen Gagenskandal bei der Post? Kann ich mich nicht daran erinnern, dass sich Gewerkschafter der Post Gagenerhöhungen bis zu 80 Prozent selbst ausgehandelt haben? Haben wir darüber eigentlich schon Näheres erfahren? Die Gagen mussten dann ja offen gelegt werden, aber was ist mit anderen Zuckerln, mit Dienstautos, mit Chauffeuren, mit Reise- und Aufwandsentschädigungen? Das sind alles Themen, von denen Sie jetzt wegkommen wollen. Sie erfinden einfach irgendein Thema, um eine neue Verunsicherung in der Bevölkerung auszulösen, damit Sie von den eigentlichen Themen abgehen können. Das ist in Wirklichkeit die Sachlage.

Mit den ausgehandelten Gehaltsauffettungen haben die Gewerkschaftsfunktionäre das Wort "Solidarität" – ein Wort, das Sie vielleicht aus Ihrem Wortschatz kennen – mit Füßen getreten, denn während die obersten Gewerkschaftsbosse bei der Post tief in die Kassa gegriffen haben, haben sie gleichzeitig über große Einschnitte mit Personalabbau verhandelt. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Ich würde sehr gerne mit Ihnen diskutieren, aber Zuhören würde Ihnen nicht schaden. Sie können wirklich Neues erfahren, denn offensichtlich funktioniert Ihr Gedächtnis nicht, weder das Langzeitgedächtnis noch das Kurzzeitgedächtnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dass wir mit unserer These nicht allein sind, das sagen auch andere, zum Beispiel die Zeitschrift "Format":

"Streit um Postämter!" "Wer nicht will, dass die Post ein zweiter ,Konsum‘ wird, darf sie nicht daran hindern, 700 unrentable Filialen zu schließen. Wenn ein Unternehmen dauerhaft und bei vollem Bewusstsein Hunderte Filialen betreibt, in denen der Verlust dreimal so hoch ist wie der Umsatz, dann landet der Vorstand am Ende entweder am Arbeitsamt oder vor dem Strafgericht. Macht sie sich nicht ausreichend fit für den kommenden Wettbewerb, droht der Post deswegen à la longue zweifellos das Schicksal des ,Konsum‘ als Beispiel sozialdemokratischer Misswirtschaft." – Das ist Ihr Weg, Sie haben nichts dazugelernt!

Erinnern wir uns an den "Konsum": Zig Milliarden Schilling Schulden, Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen. So möchten Sie weitermachen? Wir sprechen von Postämtern, die zum Beispiel drei Briefe pro Tag bekommen und wo wirklich ganz, ganz wenig Fluktuation ist. Es geht nicht darum, dass alte Menschen nicht mehr versorgt werden, denn – vielleicht haben auch Sie schon einmal davon gehört – es kann auch mobile Postämter geben, und diese Lösungen werden ganz sicher angeboten.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Österreich nicht in der k. u. k. Zeit stehen geblieben ist, sondern dass sich einiges bewegt hat, vor allem auch im Bereich der Kommunikation. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Wir müssen für einen neuen Markt offen sein. Die Post hat bewiesen, zum Beispiel bei den Paketen, dass eine Liberalisierung sehr wohl gut tut – für den Markt und selbstverständlich für den Kunden. Das ist unsere Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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97. Sitzung / Seite 175

18.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zweifellos ist eines sicherzustellen, und das ist die Grundversorgung, die Basisversorgung mit gewissen öffentlichen Diensten überall in Österreich. Es darf nicht zusätzlich zum Gefälle zwischen städtischen und ländlichen Regionen in Österreich noch ein Infrastrukturgefälle verstärkt werden. Das ist sicherzustellen.

In diesem Punkt hat uns die Schweiz in mancher Beziehung einiges voraus. Dort gibt es nämlich schon seit einigen Jahren etwas so Offensives von Seiten der Schweizer Post wie das Service Public. So etwas habe ich bei unserer Post immer vermisst.

Es war sicherlich ein Fehler der Vergangenheit, der noch in die achtziger Jahre zurückreicht, dass innerhalb der Post, lange bevor sie eine AG war, teilweise sehr behäbig gearbeitet wurde, dass teilweise die falschen Antworten auf die neuen Herausforderungen kamen und dass insgesamt das Management nicht so fit gewesen ist, dass die Erfüllung des Grundversorgungsauftrags zu effizienten Kosten gewährleistet war.

Ich habe mir die Einrichtungen in der Schweiz angeschaut, ich habe mir das Service Public näher angesehen, und ich habe dort Offensivmöglichkeiten gesehen, die ich bei uns sehr wohl vermisse.

Was war der österreichische Weg? – Wir haben es schon gehört: 1996 kam die Post AG, mehr oder weniger fit, und 2007 wird womöglich international, EU-mäßig die volle Liberalisierung eintreten, und dann wird es relativ eng werden, auch für die Österreichische Post AG.

Ich weiß, es gibt auch in den verschiedenen EU-Staaten Bestrebungen, diese Liberalisierung hintanzuhalten, aber: Um aus der Vergangenheit zu lernen, ist es sehr wohl notwendig, damit zu rechnen, auch wenn die Liberalisierung nicht kommt, denn eine Effizienzsteigerung, eine Verbesserung der Serviceleistungen und vor allem eine offensive Arbeitsmarktpolitik im Bereich der Post sind notwendig.

Das sagt auch der Rechnungshof. In seinem Bericht lesen wir deutlich, dass es gerade bei der Briefzustellung zu Versäumnissen gekommen ist, was die Schnelligkeit und teilweise auch die Verlässlichkeit anlangt. In diesem Rechnungshofbericht liest man auch, dass die Post lieber Pönale bezahlt, als zum Beispiel die Zustellung von Briefen aus dem Ausland oder ins Ausland zu beschleunigen.

Wieso geht das nicht? – Weil die Organisation zu wenig offensiv ausgebaut worden ist und weil man im Management in der Vergangenheit zu sehr – ich will nicht gerade sagen, sich auf die bequeme Haut gelegt hat, aber doch lieber den bequemen Weg gegangen ist. Das sind Defizite aus der Vergangenheit, vor denen wir jetzt stehen, und jetzt haben wir den Post-AG-Aktiendruck.

Herr Minister, ich muss Ihnen schon entgegenhalten: Sie als Verkehrsminister können höchstens über einen Umweg auf die Post einwirken, aber noch ist die Post AG zu 100 Prozent im Besitz der Republik, noch gibt es einen Finanzminister, der als Eigentümer eine Eigentümerrolle spielen könnte, und noch dazu einen Finanzminister, der aus Ihrer Partei kommt. Also es gibt im Prinzip über die Eigentümerseite sehr wohl Einwirkungsmöglichkeiten.

Jetzt können wir natürlich eine Diskussion über die Einmischung der Politik in wirtschaftliche Bereiche führen, und da haben Sie sicher auch mich als Bündnispartnerin, weil ich sage: Lassen wir die Wirtschaft für sich arbeiten, lassen wir eine Aktiengesellschaft für sich arbeiten, aber geben wir ihr faire Rahmenbedingungen! Darauf kommt es mir auch an.

Es ist wichtig, genug Zeit zu haben, um die Übergangsmaßnahmen voranzutreiben, aber diese Zeit ist für die Post AG relativ knapp. Darum wäre es natürlich besser gewesen, schon vor 1996 eine AG-Form zu schaffen und eher den Weg der Niederländer zu gehen. Die Niederländer haben sich sehr wohl und sehr bald fit gemacht für den Wettbewerb und sind uns in dieser Beziehung nicht nur eine Nasenlänge, sondern einen ziemlichen Schritt voraus.


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Jetzt komme ich noch einmal zu einer zweiten politischen Möglichkeit, die Sie sehr wohl haben, Herr Minister, nämlich die Universaldienste-Verordnung. Damit hat Ihre Vorgängerin längere Zeit jongliert, um die Post kompromissbereit zu halten, was die Schließung von Postämtern anlangt. Aber Ihre Vorgängerin hat dann eine Universaldienste-Verordnung erlassen, die auf dem Papier eine doppelte Anzahl von Postamtsschließungen ermöglicht – über 1 500 –, weil sie deklariert hat, die nicht wirtschaftlich zu betreibenden Postämter können geschlossen werden, und das sind eben 1 500.

Stattdessen hätten wir uns erwartet, dass die Ministerin Leistungen auch bei der Post bestellt, sodass entweder die Postämter weiterhin agieren oder aber die Post – das ist der andere Weg – dort, wo sie Standplätze hatte und hat, entsprechende Post-Partner findet.

Apropos Post-Partner: Auch ein Gasthaus kann ein Post-Partner werden, und das hat Herr Generaldirektor Anton Wais damals im Rechnungshofunterausschuss ...

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Diesen Weg der Kompromisse, diesen Weg der Post-Partner, diesen Weg, mit dem die Infrastruktur, die Grundversorgung auf dem Land in anderer Form, aber mit ähnlicher Qualität gewährleistet wird, sollten Sie, Herr Minister, einschlagen und diese Entwicklung in Gang bringen. (Beifall bei den Grünen.)

18.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1005 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) erlassen und das Kartellgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden (1047 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

18.26

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Unbestritten ist, dass in kaum einem Bereich der österreichischen Wirtschaftspolitik ein derartiger Reformstau herrscht, wie das eben im Kartellwesen der Fall ist. Ich glaube, das ist unbestritten. – Auch Frau Kollegin Fekter lächelt, ich glaube, zustimmend.

Weiters ist unbestritten, dass gerade wettbewerbsrechtliche Regelungen extrem wirtschafts- und konsumentenorientiert gestaltet werden sollten, denn es gibt nichts Wirtschafts- und Konsumentenschädlicheres als Kartell-, als Monopolbildungen.

Auf der anderen Seite haben wir in Österreich, wo diese Dinge – der Reformstau und die Notwendigkeit, diesen zu beheben – völlig unbestritten sind, nach wie vor noch ein Kartellrecht, das wirklich als hinterwäldlerisch zu bezeichnen ist, das weit hinter dem Niveau Europas liegt und das eine hohe Konzentration ermöglicht hat, und zwar sowohl im Lebensmittel- als auch im Medienbereich. – Ein Detail am Rande: Auch das Zuckerkartell in Österreich ist europaweit sicherlich eine Einzigartigkeit.

Die Wurzeln dieses Reformstaus, die Wurzeln dieses Mangels liegen sicherlich darin, dass lange Zeit sozialpartnerschaftliche Konstellationen herrschten, dass sowohl das Anhörungsrecht,


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das Antragsrecht, das Gutachterrecht, die Richter und auch die Amtsparteien unter einem großen Begriff zu subsumieren waren, nämlich unter dem der "Sozialpartner" .

Nun, was tut jetzt diese Regierung? – Sie versucht eine Reform, legt eine solche auf den Tisch, mit der aber nicht grundsätzlich agiert wird, die aber vor allem die Chance auf ein in Europa federführendes Wettbewerbsrecht nicht in vollem Umfang wahrnimmt, sondern ein Muster weiterstrickt – es heißt ja "Regieren neu" –, und dieses neue Strickmuster in Blau-Schwarz heißt: Teilung der Agenden. Hier eine Wettbewerbsbehörde im Wirtschaftsministerium, dort ein Kartellanwalt im Justizressort.

Das ist eine "salomonische Lösung", gegen die noch im vergangenen Frühjahr die Arbeiterkammer zu Felde geritten ist. Gegen dieses Prinzip "Teile und herrsche!" hat sich auch die Industriellenvereinigung argumentativ gewendet, wobei bei dieser Lösung, bei dieser blau-schwarzen "salomonischen Lösung" – man kann auch "Tandem-Lösung" sagen – der Hintergrund laut einer Darstellung im "Standard" derjenige gewesen ist, dass es ein Wunsch des Herrn Ministers Böhmdorfer war, im Kartellrecht, im Wettbewerbsrecht mitzumischen. – So war es im "Standard" zu lesen – aber Sie wissen das sicherlich besser als ich.

Was ist herausgekommen? – Einige Verbesserungen und einige Dinge, die wir vermissen. Positiv zur Lösung betreffend Kartellgericht: jetzt unabhängiger; Berufsrichter sind maßgeblich. Positiv auch, dass es sich dabei um eine unabhängige und weisungsfreie Behörde handelt, wobei ich dazu anmerken muss, Herr Minister, dass die Personalausstattung grundsätzlich mindestens 40 Personen betragen sollte. Das haben Sie doch selbst einmal gefordert, und darauf ist auch Nachdruck zu legen, damit diese Wettbewerbsbehörde wirklich arbeiten kann.

In den Niederlanden, einem kleineren EU-Land, gibt es beispielsweise eine Wettbewerbsbehörde mit 100 Personen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Die Niederlande? Die sind doppelt so groß wie Österreich!)  – Ja, aber vom Territorium her sind sie kleiner.

Ich lege deshalb Wert darauf, dass, wenn Sie schon eine Behörde einsetzen, diese ordentlich ausgestattet wird, und zwar personell und finanziell. Immerhin gibt es da noch die Einbindung dieser Paritätischen Ausschüsse.

Vorteil ist, dass es jetzt empfindliche Geldstrafen gibt – und nicht mehr Haftstrafen, und dass diese Geldstrafen doch eine erkleckliche Summe ausmachen. Positiv ist in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit der Entflechtung im Nachhinein zu vermerken.

Jetzt kommt jedoch das oppositionelle Aber: Für ein großes Problem halte ich nach wie vor diese Doppelstruktur. In Österreich wird da weiterhin – entgegen anderen Konzeptionen in Europa! – auf der kartellrechtlichen und auf der wettbewerbsrechtlichen Schiene agiert. Wir haben dafür zwei Gesetze – statt ein einheitliches Wettbewerbsrecht! Auch seitens des Rechtsanwaltskammertages wird das als nicht zeitgemäß betrachtet, und auch auf EU-Ebene ist das nicht besonders honoriert worden.

Neben dieser Doppelstruktur gibt es da auch noch diese Doppelgleisigkeit: einerseits die weisungsunabhängige Behörde und andererseits den weisungsabhängigen Kartellanwalt.

Herr Minister! Sie werden sicherlich dann darauf hinweisen, dass dies ein gewisser Vorteil sei, dass diese Lösung einen gewissen "Charme" habe, nur: Von der Fachwelt wurde diese Lösung eher als zweitklassig apostrophiert. Vor allem auch der Rechnungshof hat sich massiv dagegen ausgesprochen und dazu festgehalten – wenn ich das kurz ansprechen darf –, dass diese Doppelgleisigkeit nicht den Erfordernissen entspricht, sondern auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzulehnen ist. Als Positivbeispiel dafür, dass man sowohl das Rechtliche als auch das Wirtschaftliche in einem Haus behandelt, weist der Rechnungshof in diesem Zusammenhang auf sich selbst hin. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiterer Mangel, den ich hier noch anführen möchte: Nichteinbindung der Regulierungsbehörden im Medien- und im Telekommunikationsbereich. Wenn man eine Lösung anstrebt, den Reformstau aufzulösen versucht, dann sollte man das doch bitte auch gleich mitnehmen!


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Ein weiterer Mangel besteht darin, dass der Bestellmodus des Generaldirektors sehr, sehr regierungslastig ist. Es gibt zwar eine Ausschreibung, jedoch kein öffentliches Hearing, und die Ernennung soll durch die Regierung erfolgen. – Wir hätten uns vorgestellt, dass – ähnlich wie bei der Ernennung von Positionen im Rechnungshof –, weil es dabei wirklich um eine dominante Stellung geht und dieser Mensch dann einem Druck sondergleichen ausgesetzt sein wird, die Ernennung durch die Mehrheit im Wirtschafts- und Justizausschuss erfolgt und der Generaldirektor der Wettbewerbsbehörde dann vom Bundespräsidenten endgültig bestellt wird.

Das wäre unseres Erachtens eine optimale Lösung. – Warum Sie es so nicht gemacht haben, werden Sie dann sicherlich hier noch darlegen. Im Ausschuss selbst beziehungsweise dann auch in einer Pressemeldung hat Minister Böhmdorfer zugegeben – ich zitiere –: "Kein Jahrhundertwerk, aber trotzdem bitter nötig."

Herr Minister Bartenstein, Sie selbst haben gesagt, dass es sich dabei um einen Kompromiss handelt. – Wir Grünen stellen jedoch höhere Ansprüche, vor allem auch im Hinblick auf die medienrechtliche Situation.

Nach den Reformvorschlägen von Ihnen ist es im Medienbereich nicht möglich – und das urgieren wir auch noch –, die Dominanz von Eigentümern in den Redaktionen zu reduzieren. Es geht nur um die Frage der Marktbeherrschung – und nicht um die der Arbeitsmarktdominanz als relevanter Faktor auch im Medienbereich.

Zum Schluss noch zu Ihren Erläuterungen, wie sie zu dem von der Regierung vorgelegten Entwurf, nicht mehr jedoch im Zusammenhang mit der Vorlage, die das Ergebnis der Ausschussberatungen war, nachzulesen waren. In diesen ersten – ich nenne sie: ehrlichen  – Erläuterungen war zu lesen:

"Durch den institutionellen Rahmen bedingte Reibungsverluste im Zusammenspiel mit der Durchführung des europäischen Kartellrechtes lassen vor dem Hintergrund des Modernisierungs- und Neugestaltungsprozesses der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln eine grundsätzliche Reform als geboten und dringlich erscheinen."

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Diese grundsätzliche Reform haben Sie noch vergangenen Sommer verlangt. Jetzt, im Frühjahr, ist es ein Reförmchen geworden, hinter dem wir wirklich nicht stehen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.34

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. – Bitte.

18.35

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerin, Kollegin Moser, hat es klar gesagt, und ich kann mich dem nur anschließen: In Österreich gibt es die einhellige Auffassung, dass es mit der Wettbewerbspolitik nicht zum Besten steht. Ich glaube, man kann sagen, Wettbewerbspolitik ist ein Teil der Wirtschaftspolitik in Österreich, die jedoch bei uns kaum Tradition hat. Ich würde sogar sagen, das signifikante Merkmal der österreichischen Wettbewerbspolitik ist – und das bis heute! – das mangelnde Problembewusstsein. Dabei stellt ein funktionierender Wettbewerb – die Betonung liegt wirklich auf dem Wort funktionierend  – sicherlich die Grundlage für eine dynamische Marktwirtschaft dar.

Das Problem ist allerdings, dass Märkte leider meist nur in den Lehrbüchern von alleine funktionieren. In der Realität, im wirklichen Leben sind Märkte meistens geprägt durch eine Vielfalt diverser Marktversagen. Im wirklichen Leben ist es leider oft genug so, dass Manager und Unternehmer die Freiheit des Marktes sehr oft damit verwechseln, mit dieser Freiheit so schnell wie möglich eine marktbeherrschende Stellung zu erreichen.

Gerade der Fall Microsoft hat sehr deutlich gemacht, dass Marktmissbrauch sehr vielfältig sein kann – und dass Marktmissbrauch vor allem Innovation bremst. Daher bin ich wirklich der Meinung, dass es zu den wichtigsten Aufgaben eines Staates zählt, Spielregeln zu definieren –


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und die Einhaltung dieser Spielregeln auch zu kontrollieren –, Spielregeln, die gewährleisten, dass der Markt tatsächlich funktionieren kann. Wenn diese Spielregeln vernachlässigt werden, dann schadet das letztendlich der gesamten Volkswirtschaft.

Meine Vorrednerin hat auch darauf hingewiesen, dass die Defizite in der österreichischen Wettbewerbspolitik – abgesehen vom mangelnden Problembewusstsein – enorm groß sind, was man, wie ich meine, insbesondere in Bezug auf den institutionellen Bereich feststellen kann.

Das österreichische Kartellgericht ist derzeit, soviel ich weiß, mit drei Richtern ausgestattet, die in einer ausgesprochen komplexen Materie praktisch keine personelle Unterstützung haben. Wenn man einen Vergleich mit anderen Ländern zieht, kann man sehr schnell feststellen, dass es praktisch kein anderes EU-Land gibt, das nicht eine solche Behörde hätte, in der nicht zumindest 30 bis 40 Experten beschäftigt sind.

Es gibt aber auch noch eine Reihe anderer Defizite in diesem österreichischen System: Das Kartellgericht kann zwar zum Beispiel Entscheidungen treffen, was fehlt, ist jedoch eine unabhängige Behörde, bei der sozusagen die Gesamtverantwortung für die Wettbewerbspolitik angesiedelt ist und die auch besser als bisher die Verbindungsstelle zur europäischen Wettbewerbsbehörde sein kann.

Weiters fehlt eine effiziente Aufgriffs- und Ermittlungsstruktur für alle kartellrechtlichen Angelegenheiten. Ein weiterer Kritikpunkt: die relativ hohe Intransparenz des gesamten Systems. Ich meine, dass Transparenz und Wettbewerb wirklich zusammengehören und dass es auch da einen ziemlichen Bedarf an Maßnahmen gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, mit der vorliegenden Reform liegt jetzt tatsächlich ein Vorschlag vor, dem man guten Gewissens zustimmen kann. Einige dieser Defizite, die ich soeben genannt habe, sind entschärft worden. Ich bin auch der Meinung, dass der Entwurf noch nicht sozusagen das Nonplusultra ist. Gerade auch die Kritik, die es dazu vorhin gegeben hat – Kritik, bei der es um dieses ganze sehr komplizierte System geht –, ist durchaus berechtigt und nachvollziehbar.

Das Problem ist ja, dass wir dadurch, dass wir in Österreich ein Kartellgericht haben, sozusagen schon von vornherein ein komplizierteres System haben. Hinzu kommt allerdings, dass es in Österreich hiefür in Zukunft praktisch drei zuständige Einrichtungen geben wird, die in der Wettbewerbspolitik tätig sind. Wenn man da noch bedenkt, dass wir mittlerweile auch eine ganze Reihe diverser Regulierungsbehörden haben, die man im weitesten Sinn auch zum Thema Wettbewerbspolitik dazurechnen muss, sieht man, dass das ganze System ausgesprochen unübersichtlich und kompliziert ist.

Dieses Gesetz stellt, wie ich meine, zwar eine gute Ausgangsposition dar, kann aber sicherlich nicht das Endziel einer Entwicklung sein. Für die Zukunft sollte man daran arbeiten, dass es diesbezüglich wirklich einmal eine Gesamtkonsolidierung im institutionellen Gefüge gibt und es auch zu einer Zusammenfassung der Regulierungs- und Wettbewerbsbehörden kommt; das wäre ein großer Wurf. Hiezu wird sich in nächster Zeit voraussichtlich wieder Gelegenheit bieten, weil es unter Umständen notwendig sein wird, und zwar auf Grund von Änderungen im EU-Recht, da eine neuerliche Novellierung vorzunehmen. Und in dieser Richtung wäre es durchaus sinnvoll zu arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich bei den zuständigen Ministern Böhmdorfer und Bartenstein für die Zusammenarbeit bedanken. Ich muss sagen, ich habe das sachliche Gesprächsklima, das es in diesem Bereich wirklich gegeben hat, sehr geschätzt, und ich möchte mich insbesondere auch für die nicht nur sehr kompetente, sondern vor allem auch sehr engagierte Arbeit der zuständigen Beamten in den beiden Ministerien bedanken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)  – Ja, das ist einen Applaus wert.

Ich glaube, mit dieser Novelle ist jedenfalls der Beweis dafür erbracht, dass es sich durchaus lohnt, die Opposition zu ernsthaften Verhandlungen einzuladen. Am Ende steht nämlich eine Steigerung der Qualität, und das ist, wie ich meine, ein Ziel, meine Damen und Herren, dem wir


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letztendlich alle verpflichtet sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser. )

18.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

18.41

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Justizminister Böhmdorfer! Herr Wirtschaftsminister Bartenstein! Als Vorsitzende des Justizausschusses möchte ich ganz zu Beginn meine Freude darüber kundtun, dass wir noch nie so große Justizvorhaben an einem Tag verabschiedet haben, wie wir es jetzt und in den nachfolgenden Stunden tun werden. Es ist das ein Riesenreformpaket im Justizbereich, wie es, glaube ich, nicht einmal unter Broda vorgekommen ist. (Widerspruch bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Parnigoni und Dr. Hlavac. )

Ich bedanke mich sehr herzlich bei den beiden Ministern für die Zusammenarbeit und auch bei der Beamtenschaft, die geholfen hat, diese Reformwerke vorzubereiten.

Ich bedanke mich aber auch bei der Opposition, die – und das war uns neu – wirklich konstruktiv mitgearbeitet hat, nicht nur Totalopposition betrieben hat (Abg. Dr. Mertel: Ihr habt es ja nie versucht!) und die hier auch einer größeren Zahl von Novellen, die wir dann noch beschließen werden, zustimmen wird.

Nun zum Kartellrecht, zur Novelle als solcher. Es ist richtig, auch ich kann nicht bestreiten, dass die Wettbewerbssituation in Österreich in einigen Sektoren äußerst unbefriedigend ist. Mit ein Grund dafür war sicherlich die Konstruktion des alten Kartellrechtes. Frau Kollegin Moser hat es als Reformstau bezeichnet, und daher hat diese Bundesregierung, Frau Kollegin Moser, einen Totalumbau vorgenommen (Abg. Dr. Moser: Das ist ein bisschen übertrieben!)  – nicht ein kleines "Reförmchen", sondern einen Totalumbau, einerseits mit der Neuschaffung einer Wettbewerbsbehörde, unabhängig und weisungsfrei, und andererseits mit der Institution eines Kartellanwaltes beim Kartellgericht.

Die Neugestaltung auch des Geldbußensystems – das halte ich für besonders wichtig – wird zudem effizient einen fairen Wettbewerb durchsetzen helfen. Das war bisher bei den gerichtlichen Strafen nicht ganz so effizient.

Ein wesentlicher Aspekt des Gesamtvorhabens ist es auch, die Befugnisse der Amtsparteien – also etwas, was Sie kritisiert haben – einzuschränken. Das tun wir hiermit. So werden in Hinkunft nur noch die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt diese Stellung haben, und sie sind auch in jenen Verfahren Partei, die nicht auf ihren Antrag eingeleitet worden sind.

Diese neue Wettbewerbsbehörde, diese unabhängige Behörde, nimmt die Aufgaben Österreichs im Rahmen der Durchführung des europäischen Kartellrechtes wahr, ist für den Aufgriff und die Untersuchung von relevanten Sachverhalten berufen, ist Antragstellerin beim Kartellgericht und hat hauptsächlich in der Fusionskontrolle ihre Aufgabe.

Konkret hat die Wettbewerbsbehörde primär gegen Marktmissbrauch und gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu ermitteln und dann Anträge an das Gericht zu stellen. Werden diese Ermittlungen durchgeführt, dann hat natürlich diese Behörde umfassende Rechte, aber es ist nicht so, dass sie über unsere verfassungsrechtlichen Hausrechte und Befugnisse hinwegschreiten kann. Werden nämlich der Ermittlungsbehörde Unterlagen verweigert, so kann sie nur mittels Hausdurchsuchungsbefehl vorgehen, nicht jedoch "ramboartig" überall einmarschieren.

Es ist so, dass wir im Justizausschuss durch einen Abänderungsantrag eine rechtsstaatliche Vorgangsweise für die Ermittlungen gesichert haben. Und, Frau Kollegin Moser, gerade für diese Ermittlungstätigkeit, bei der unter Umständen Herausgabebeschlüsse, Hausdurchsuchungsbeschlüsse gefasst werden müssen, ist die Mitwirkung des Gerichtes berechtigt und ausge


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sprochen sinnvoll, und es macht Sinn, dass wir hier eine Zweigleisigkeit haben. Es ist dadurch rechtsstaatlicher! Es soll nämlich nicht die ermittelnde Behörde dann auch gleichzeitig abstrafen. Das ist nicht unsere Rechtstradition, und daher begrüße ich die derzeitige Konstruktion sehr. Sie ist nicht zweitklassig, so wie Sie, Frau Kollegin Moser, das genannt haben, sondern rechtsstaatlich wesentlich sauberer und effizienter.

Doppelgleisigkeiten, die Sie angeführt haben, sehe ich nicht. Die Kompetenzen sind durch klare Regelungen über die Mitwirkungsrechte des Kartellanwaltes bei der Fusionskontrolle geregelt, und daher sind Doppelgleisigkeiten aus meiner Sicht nicht zu erwarten. Außerdem haben wir im Gesetz schon Bezug darauf genommen, dass die Zusammenarbeit zwischen Kartellanwalt und Ermittlungsbehörde oder Wettbewerbsbehörde funktionieren muss und eine gegenseitige behördliche Hilfe sehr wohl gewährleistet wird.

Auch die in der Vergangenheit oft sehr kritisierte Untätigkeit des Kartellgerichtes wird im neuen System so nicht mehr stattfinden. Durch Kartellanwalt, Abschaffung der Amtsparteien und durch den verstärkten Einsatz von Berufsrichtern wird in Zukunft dem Missbrauch wesentlich effizienter begegnet werden, und das wird mit Sicherheit auch zu mehr Verfahren führen.

Die Wirtschaft, die seriös arbeitet, fürchtet sich vor diesem Mehr an Verfahren nicht. Ganz im Gegenteil: Sie weiß, dass ein fairer Wettbewerb allen nützt, nicht nur den Kleineren am Markt, dass das Kartellrecht als solches dazu beiträgt, die Standortqualität zu sichern, dass es damit hilft, Arbeitsplätze zu sichern, und dass vor allem volkswirtschaftlicher Schaden, der durch Marktmissbrauch entsteht, abgewendet wird.

Ich begrüße daher dieses Gesetz sehr, und ich begrüße es auch, dass es gelungen ist, mit der größten Oppositionspartei einen Konsens zu finden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

18.47

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vertreter aller Parteien des Hohen Hauses sind sich darüber einig, dass ein Reformbedarf in unserem Kartellgesetz, in unserem Kartellrecht besteht. Ich sehe diesen Reformbedarf nicht etwa deshalb, weil die materiellen Bestimmungen des Kartellgesetzes so negativ wären, denn auch jetzt ist im Kartellgesetz bereits ein Passus enthalten, der genau besagt, dass der Erwerb einer marktbeherrschenden Stellung beziehungsweise der Ausbau einer marktbeherrschenden Stellung nicht erwünscht ist und daher abgestellt werden kann. Auch jetzt bestehen derartige Kontrollmechanismen, auch jetzt gibt es schon Bestimmungen betreffend Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung.

Es stellt sich die Frage: Wenn ohnedies die materiellen Bestimmungen des Kartellgesetzes so stringent sind, wieso gibt es dann die Fälle, die wir alle hier gemeinsam zu beklagen haben? – In einem Prozess gegen Herrn Gerharter sagte etwa der Hauptkonkurrent: Mein Anliegen war es, diesen Mitkonkurrenten "Konsum" an die Wand zu stellen und ihn auszukonkurrenzieren. – Oder denken wir etwa an die konglomeraten Konzerne, die sich im Medienbereich zu Lasten der Meinungsfreiheit und auch der Freiheit, sich den Arbeitsplatz selbst zu suchen, herausgebildet haben.

Was war die Ursache für diese Entwicklung? – Diese Ursache bestand ganz einfach in der prozessualen Abwicklung der Kartellfälle. Antragsberechtigt waren ja ausschließlich die Sozialpartner – die Sozialpartner in Form der Bundesarbeitskammer, der Wirtschaftskammer, des Bundes, vertreten durch die Finanzprokuratur, und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern. Ausschließlich sie waren antragsberechtigt, eine Prüfung eines Zusammenschlusses zu fordern, der möglicherweise zu einer marktbeherrschenden Stellung führen oder diese sogar ausbauen würde. Ausschließlich diese Sozialpartner waren antragsberechtigt.


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Wie hat das in der Praxis ausgeschaut? – Ich muss hier einmal lobend die Arbeiterkammer erwähnen, die diesbezüglich die meisten Anträge gestellt hat, wenngleich ich durchaus auch einräume, dass diese Anträge nicht unbedingt im Sinne des Gesetzgebers gestellt wurden, sondern eher im Sinne der Erhaltung der Arbeitsplätze, aber das ist die Aufgabe der Arbeiterkammer, überhaupt kein Problem.

Die meisten Anträge sind also von der Arbeiterkammer gestellt worden, und das war auch gut so. Die wenigsten Anträge sind von der Landwirtschaftskammer gestellt worden – verständlich, denn die war auch kaum betroffen, und das ist ihr daher nicht vorzuwerfen. Der Bund hat kaum Anträge gestellt, aber auch die Wirtschaftskammer hat kaum Anträge gestellt, und das kann einen eigentlich auch nicht verwundern, denn die Wirtschaftskammer vertritt ihre Zwangsmitglieder und stellt sich mit einem Prüfungsantrag automatisch gegen ihr eigenes Mitglied. Das ist sehr schwierig.

In Wirklichkeit ist es also nicht zu den Prüfungen gekommen. Das hat dann dazu geführt, dass es etwa diese Zusammenschlüsse gibt, die wir allgemein beklagen.

Das war aber nicht die einzige Stellung der Sozialpartner, sie haben auch das Gericht beherrscht. Das heißt, das Kartellgericht war ein Dreier-Senat: ein Berufsrichter, zwei Laienrichter, nämlich von Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer. Das heißt: auch hier eine Mehrheit der Sozialpartner.

Sie haben auch die Sachverständigenliste ausschließlich beherrscht, ebenso den Paritätischen Ausschuss. Von einem fairen Verfahren konnte hier also keine Rede sein, und jeder hat diesen Reformbedarf bestätigt.

Ich bedanke mich ganz ausdrücklich vor allem bei den Vertretern der Sozialpartner, die mit Augenmaß und mit einem hohen Verantwortungsgefühl auch eine Zurückhaltung ihrer eigenen Interessen bewirkt und ermöglicht haben. Ich möchte mich bei Frau Kollegin Kubitschek sehr herzlich für ihre konsensualen und auch von einem hohen Verantwortungsgefühl und einer hohen Sachkompetenz getragenen Argumente bedanken. Es war Gott sei Dank sehr leicht, auf der Expertenebene – und ich darf Sie nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als Expertin bezeichnen – sehr rasch zu einem Kompromiss zu kommen.

Ich möchte mich jetzt mit der Argumentation der grünen Fraktion befassen, die dem Gesetz leider nicht zustimmt. Es wäre schön gewesen, hier eine Vier-Parteien-Zustimmung zu erzielen.

Erstes Argument: Doppelgleisigkeit. – Frau Kollegin Moser, Sie dürften offensichtlich die Presseaussendung des grünen Mediensprechers Schennach heute nicht gelesen haben, denn das, was Sie hier kritisieren, lobt er im Wesentlichen. Das ist also nicht in Einklang zu bringen. Wenn Sie etwa ausdrücklich die unabhängige Wettbewerbsbehörde loben und den Kartellanwalt kritisieren, darf ich Ihnen vorlesen, was Herr Schennach heute sagt:

"Das vorliegende Gesetz enthält einige Verbesserungen, wie die Schaffung eines Kartellanwaltes ..." – Also das, was Sie hier kritisieren, wird an gleicher Stelle vom grünen Kollegen Schennach gelobt.

Wenn Sie davon sprechen, Frau Kollegin, dass die Regulatoren im Medienbereich nicht eingebunden sind, darf ich Sie auf den bloßen Gesetzestext verweisen. Dieser bloße Gesetzestext, der neue § 8a des Kartellgesetzes, sieht ausdrücklich vor – das dürfte Ihnen entgangen sein –, dass die Regulatoren – und selbstverständlich ist die "KommAustria" als Regulatorin im Medienbereich hier angesprochen – antragsberechtigt sind. Die "KommAustria" hat, wie auch andere Regulatoren, das Recht, genauso wie die Amtsparteien, einen Antrag beim Kartellgericht zu stellen, dass etwa ein Sachverhalt dem Kartellgesetz unterliegt, dass etwa eine verbotene Kartellbildung stattgefunden hat und dergleichen.

Wenn Sie auf der anderen Seite lobende Worte für die Entflechtungsmaßnahmen, die jetzt erleichtert möglich sind, finden, so gebe ich Ihnen da vollkommen Recht. Allerdings ist da wieder Ihr grüner Kollege nicht Ihrer Meinung: Er kritisiert, dass es eben keine Entflechtung gibt. Aber


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Sie sind sich in einem Bereich vollkommen einig: Sie sprechen von der Macht der Redaktion, und Kollege Schennach sagt: Man muss auch entflechten können, wenn publizistischer Machtmissbrauch gegeben ist. – Wenn eine derartige Bemerkung von uns käme, würden Sie in Entsetzen ausbrechen und sagen: Das ist die Zensur!

Was heißt denn "publizistischer Machtmissbrauch"? Heißt das, wenn etwa die "Kronen Zeitung" kampagnisiert gegen Hainburg? Heißt das, wenn sie kampagnisiert gegen Temelín? Oder wenn sie kampagnisiert gegen eine Bundesregierung? – Genau dieses Wort verwendet Herr Schennach: Medienkampagne. Er sagt, es gelte auch den Missbrauch der publizistischen Macht, sprich Medienkampagne, den Missbrauch von Marktbeherrschung, auch als Arbeitgeber, einzudämmen.

Es gibt eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in einem Rechtsstreit, den der "Falter" gegen die "Kronen Zeitung" geführt hat, und die lautet: Im Zusammenhang mit der Berichterstattung der "Kronen Zeitung" bei der Bildung der Bundesregierung wurde eine fortgesetzte Medienkampagne der "Kronen Zeitung" gegen die Bundesregierung geführt. – Und das soll ein Entflechtungsgrund sein? Wer soll darüber befinden? Wenn man sagt, das Gericht, dann darf ich Ihnen sagen, der Oberste Gerichtshof hat das gerade gemacht.

Ich bin auch sehr gegen diese Kampagnen, das sage ich Ihnen ganz offen, ob das jetzt das eine oder das andere betrifft: Es ist nämlich einmalig auf dieser Welt, dass man zwar behauptet, man sitze im Vorhof der Macht und man streichle nur den Dackel, und in Wirklichkeit übt man Macht aus, und wenn notwendig, mit äußerster Härte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Doppelgleisigkeit möchte ich noch etwas sagen: Es ist keine Doppelgleisigkeit, es ist ein One-Stop-Shop-Prinzip. Während bisher der Anwalt, der die sich zusammenschließenden Parteien vertreten hat, vor einem Kartellverfahren mit vier Partnern reden musste, kann er sich jetzt an die Bundeswettbewerbsbehörde wenden, weil diese von sich aus den Kontakt mit dem Bundeskartellanwalt aufzunehmen hat.

Und: Vier Augen sehen mehr als zwei Augen. Es ist ein Plus und kein Minus, daher ist es gut so. Es ist auch deshalb gut so, weil der Kartellanwalt aus dem Grund eingeführt wurde, weil das Amtswegigkeitsprinzip des Gerichtes entfällt. Wir sagen, es ist nicht unbedingt gut, wenn das Gericht von sich aus sagt: Ich als Kartellgericht werde von Amts wegen tätig und bin dann untersuchende Behörde beziehungsweise Gericht und auch urteilendes Gericht. Dem ist ein gewisser Inquisitionsgedanke nicht abzusprechen, und das hat man auch als legistisches Defizit erkannt und hat gesagt: Dieses Amtswegigkeitsprinzip des Gerichtes wird durch einen Bundeskartellanwalt ersetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wesentlich scheint mir auch zu sein, dass dem Herrn Bundesminister daran gelegen war, zu sagen, was man unter Medienvielfalt versteht. Er hat hier eine Definition gewählt, und das ist auch gut so, weil manche Medien sagen: Das ist eine tolle Geschichte! Wir haben eine totale Medienvielfalt, denn der "Kurier" schreibt das Gegenteil von der "Kronen Zeitung", das "FORMAT" schreibt das Gegenteil vom "profil" und so weiter. Aber ich darf Ihnen eines sagen: Wenn es um die Interessen der Konzerne geht, wenn die berührt sind, dann rollt die Maschinerie, und dann ist es ganz egal, wie im Einzelfall publizistisch geschrieben wird. Es ist ja nicht etwa so, dass ein Konzern etwas Gutes tut, wenn er im anderen Magazin etwas anderes schreibt, denn er muss ja mehrere Zielgruppen bedienen. Das ist nicht etwa eine Gabe, ein Geschenk an die Demokratie.

Wichtig ist: Die Medienvielfalt – und das hat der Herr Minister klargestellt – ist nicht eine Titelvielfalt, so wie es hier vielfach missbräuchlich interpretiert wurde, sondern sie besteht eben auch in der Vielfalt von verschiedenen Unternehmen, die selbständig sind und nicht miteinander verflochten werden. Ich glaube, dass das sehr notwendig ist. Die Entflechtungsmaßnahmen sind nach wie vor Ultima Ratio, das ist keine Frage, aber erleichtert möglich, und nicht erst bei einem Wiederholungsfall. Das wurde bereits klargestellt. Ich gestehe zu, dass das sehr, sehr schwer möglich sein wird. Ich darf Ihnen aber aus der Praxis sagen, dass es gerade auf Grund dieser Diskussion bereits Fälle gegeben hat, in denen Unternehmen, die marktbeherrschend


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sind, vorweg versucht haben, sich in Missbrauchsfällen mit ihren klagenden Mitbewerbern auch beim Kartellgericht zu vergleichen. Also eine gewisse prohibitive Wirkung ist auch dieser Bestimmung eigen.

Ich danke dem Herrn Minister, und ich danke vor allen Dingen auch dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und auch den Damen und Herren aus beiden Ministerien, die wirklich mit großer Sachkunde hier tätig geworden sind.

Und schlussendlich darf ich dem Herrn Bundesminister ein Zitat "stehlen", indem ich auf den Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 2001, Stiglitz, verweise, der gesagt hat: Es ist auch gut, wenn es einen Wettbewerb unter den Wettbewerbshütern gibt.

In diesem Sinne ist diese angebliche Doppelgleisigkeit ein Vier-Augen-Prinzip und sicher ein Plus und nicht ein Minus. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

18.59

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Bartenstein! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es freut mich, dass dieser Konsens von allen Parteien so korrekt und so sachlich kommentiert wird, ein Konsens, der sich über drei Parteien erstreckt, der, da auch die Grünen sachlich mitgearbeitet haben, in einem besonderen Klima entstanden ist und auf den wir wirklich alle stolz sein können.

Ich bin aber auch der Meinung jener, die gesagt haben, es ist eine Reform, die größer sein könnte. Umso weniger verstehe ich, Frau Abgeordnete Dr. Moser, dass Sie den Schritt in die richtige Richtung zwar prinzipiell bejahen, aber ihn nicht mitmachen. Das ist nicht verständlich und schaut so aus, als ob Sie den Konsens in dieser Frage fürchten würden.

Ich danke dem Kollegen Dr. Krüger dafür, dass er in seiner Rede darauf hingewiesen hat, welche Vorteile dieses Gesetz bringt, wie sehr wir darum gerungen haben, und ich bedanke mich auch bei Ihnen, Herr Kollege Dr. Bartenstein, für die Zusammenarbeit mit Ihnen und mit Ihren Mitarbeitern. Ich danke auch den Beamten unseres Hauses, den Mitgliedern des Justizausschusses und vor allem der Obfrau, Frau Dr. Fekter, der es immer wieder gelungen ist, Gesprächsphasen, in denen wir Schwierigkeiten gehabt haben, zu überwinden, wieder neu zu beginnen und letztlich ein gutes Werk zu schaffen. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt wieder den Vorsitz.)

Grundsätzlich ist festzustellen, dass im Mittelpunkt dieses Gesetzes oft – zumindest in den letzten Jahrzehnten – die Frage der Medienvielfalt steht, eine Vielfalt, die wir alle wollen und die unabdingbarer Bestandteil der Meinungsvielfalt in diesem Lande ist, die wir ebenfalls wollen. Das Kartellgesetz in der neuen Fassung will zweifellos ein Garant für diese Medienvielfalt sein, und zwar in einer ganz eindeutigen Richtung: Das Kartellgesetz will nicht, dass sich Wirtschaftsgruppen und Wirtschaftsmächte bilden, die unüberschaubar sind, unüberschaubar durch ihre Verflechtung oder durch ihre Konstruktion. Denn: Zu große Wirtschaftskörper in diesem Bereich sind zweifellos geeignet, eine Gleichschaltung der Meinungen herbeizuführen, und es ist nicht schwer, den Gedankensprung dahin zu machen, dass eine Gleichschaltung der Meinungen zweifellos auch den Charakter einer Zensur erreichen kann.

Deshalb müssen wir in diesen Fragen besonders aufmerksam sein. Wir müssen aufmerksam sein, dass sich nicht zu große Gruppierungen im Inland bilden, und wir müssen – das sage ich ganz eindeutig – auch aufmerksam sein, damit nicht ausländisches Kapital sich unserer Medien bemächtigt, uns seinen Willen aufzwingt und unsere Medienlandschaft unübersichtlich macht oder gar in Unordnung bringt. Ich glaube, die Medienlandschaft Österreichs ist kein "Einwanderungsland" für ausländisches Kapital; das müssen wir eindeutig feststellen.


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Eine solche Tendenz will dieses Gesetz verhindern, und es hat jeder einen guten Gesprächspartner in mir, der in dieser Richtung in Zukunft weitere Verbesserungsvorschläge macht oder weitere negative Entwicklungen verhindern oder bestehende Entwicklungsergebnisse auflösen will. Wir wollen nicht, dass hier eine Kolonisation eintritt, eine Kolonisation, die letztlich doch zu einer Verengung der Meinungsäußerungsfreiheit, zu einer Verhinderung der Meinungsäußerungsfreiheit und zu einer Verhinderung der Medienvielfalt führt.

Es liegt auf der Hand, dass derselbe Gedankengang, den ich hier entwickelt habe, dazu führt, dass natürlich auch die Presseförderung nur eine Nothilfe sein kann. Presseförderung muss nicht unbedingt ein Dauerzustand sein. Presseförderung schafft zumindest eine optische, manchmal aber auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit, und im Prinzip, das sage ich ganz offen, ist daher auch diese zu vermeiden. Es muss unser Fernziel sein, dass die österreichischen Medien selbständig sind, selbständig und frei von ausländischem Kapital und selbständig und frei auch von der Presseförderung.

Ich spüre den Konsens darüber in allen Parteien. Ich spüre ihn zum Greifen nahe, und ich glaube, dass wir die Diskussion in diesem Bereich unbedingt fortsetzen sollten. Das ist auch der Grund, warum ich jetzt der Frau Abgeordneten Mag. Kubitschek ausdrücklich danke, denn es ist erkennbar geworden, dass auch die Sozialpartner diesen Gedanken mittragen.

Man sagt mir nach, dass ich den Sozialpartnern manchmal zu kritisch gegenüberstehe, aber ich sage Ihnen ganz offen: Es ist besser, ein so positives Erlebnis wie die Zusammenarbeit mit der Frau Abgeordneten Mag. Kubitschek zu haben, als täglich formal aufgefordert zu werden, doch mehr an die Sozialpartner zu denken. Wichtiger ist es, dass wir positiv zusammenarbeiten, konstruktiv zusammenarbeiten und ein gemeinsames Ergebnis zustande bringen, als dass man formal darüber spricht, wie wichtig die Sozialpartner sind.

In diesem Sinne bedanke ich mich für den Konsens und freue mich, dass die österreichische Wirtschaftslandschaft nun mehr Instrumente als in der Vergangenheit hat, um eine zu große Verflechtung zu verhindern, und ich freue mich insbesondere im Hinblick auf die günstiger werdende Entwicklung im Bereich der Medienwelt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.05

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

19.05

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Alle meine Vorrednerinnen und Vorredner haben diesen Gesetzentwurf bereits als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung bezeichnet, und ich denke, dass es tatsächlich wichtig ist, im Bereich der Wettbewerbspolitik weiterzukommen, die, wie ja auch schon gesagt worden ist, in Österreich bisher eher vernachlässigt worden ist.

Das ist sehr bedauerlich, denn wir sind immer wieder mit Monopolbildungen konfrontiert, und es ist notwendig, gegenzusteuern, nicht nur im Interesse der Unternehmen, im Interesse eines fairen Wettbewerbs, sondern auch, um die Konsumenten zu schützen. Es wird ihnen oft vorgegaukelt, dass sie eine Auswahl und eine Entscheidungsfreiheit haben, die sie aber in Wirklichkeit gar nicht besitzen.

Herr Kollege Krüger, Sie haben hier die Arbeit der Arbeiterkammer gewürdigt und andererseits auch festgestellt, dass die Bundeswirtschaftskammer diesbezüglich sehr zurückhaltend war. Ich glaube, dass das eigentlich eine falsche Politik ist, dass das in Wirklichkeit nicht im Interesse der Unternehmen in ihrer Gesamtheit ist, sondern dass es viel wichtiger wäre, den Wettbewerb sicherzustellen. Bekanntlich sind Information und Transparenz Voraussetzungen für einen ausbalancierten Markt, und wir begrüßen es daher, dass jetzt doch einige Bestimmungen eingeführt werden, die zu mehr Transparenz führen sollen.


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Die Schaffung der weisungsfreien Wettbewerbsbehörde bedarf einer Zweidrittelmehrheit. Das ist wohl auch der Grund dafür, warum es so intensive Verhandlungen mit uns gegeben hat. Herr Bundesminister und auch Frau Fekter: Wenn mit uns ernsthaft verhandelt wird, dann sind wir auch bereit, das Unsere beizutragen, denn wir sind ja an sinnvollen Lösungen interessiert. Es ist aber auch notwendig, dass tatsächlich ernsthaft mit uns gesprochen wird.

Es konnten einige Kompromisse erreicht werden, die uns wichtig sind. Die ursprünglich geplante Eliminierung der Sozialpartner ist jetzt in dieser Weise nicht mehr vorgesehen, und ich halte das für sehr wichtig, denn, wie schon gesagt wurde, die Arbeiterkammer hat ihre Aufgaben in der Wettbewerbspolitik immer sehr ernst genommen. Eine Einbindung durch die Vertretung in der Wettbewerbskommission und die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben und am Informationsfluss teilzuhaben, sind notwendig, um die Interessen der Konsumenten zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren! Noch ein Wort zu den komplizierten Strukturen. Sie sind tatsächlich recht kompliziert, aber wir begrüßen es trotzdem, dass es den Kartellanwalt und die Kartellbehörde geben wird, noch dazu, wo das ja, wie bereits gesagt, eine weisungsfreie Behörde sein wird, und wir halten ja das Kartellgericht für eine wichtige und sinnvolle Einrichtung.

Daher: Wenn es auch im Bereich des Wettbewerbs, im Bereich der Wettbewerbspolitik und des Kartellrechts durchaus noch Handlungsbedarf gibt, so ist es doch sehr positiv, dass dieser Schritt gesetzt wird. Wir werden ihm daher auch unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

19.10

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute tatsächlich ein großer Tag für die Justizpolitik dieser Bundesregierung. Die Frau Vorsitzende des Justizausschusses hat darauf hingewiesen: Noch nie waren an einem Tag so viele Justizvorlagen in diesem Haus, aber auch noch nie wurden so viele Vorlagen einvernehmlich beziehungsweise mit so großen Mehrheiten von diesem Haus verabschiedet.

Es ist dies zweifelsohne ein Zeichen für die gute Vorbereitung seitens der eingebundenen Ministerien, aber auch ein Zeichen für die Qualität der Verhandlungen im Vorfeld der Beratungen im Ausschuss und auch hier im Plenum. Ich meine, es steht uns gut an, den Betroffenen, vor allem aber der Vorsitzenden des Justizausschusses für diese vorausschauende Arbeit herzlich zu danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das jetzige System tatsächlich Schwächen hat, vor allem auch dadurch bedingt, dass das Kartellverfahren wesentlich vom Engagement der Sozialpartner geprägt war. Sie waren Amtsparteien und konnten Konflikte – möglicherweise manchmal auch unüberbrückbare – nicht bewältigen. Die Schwäche war aber auch durch das Kartellverfahren an sich geprägt, und zwar dadurch, dass dabei mehr oder minder ein Zivilverfahren anzuwenden war, bei dem die Parteien selbst das Vorbringen bestimmt haben und das Gericht von sich aus Erhebungen nicht durchführen konnte. Diese Amtswegigkeit – das wissen wir – hat nicht zu jenem Erfolg geführt, den sich viele davon erwartet hatten.

Letztendlich ist es aber auch auf europäischem Boden so, dass Fragen einer zweckmäßigen und effizienten Verhinderung wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen heftig diskutiert werden und die Europäische Kommission eine enge Zusammenarbeit mit nationalen Wettbewerbsbehörden fordert und vorsieht.

Es war daher auch für den österreichischen Gesetzgeber notwendig, diese Voraussetzungen zu schaffen, ja überhaupt mehr Wettbewerbspolitik in die Gesetzgebung einfließen zu lassen, etwas, was es bisher in Österreich so nicht gegeben hat.


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Die neu geschaffene, unabhängige Wettbewerbsbehörde kann diesen Ansprüchen gerecht werden. Sie greift nicht nur Fälle auf, untersucht diese und klärt kartellrechtlich relevante Sachverhalte, sondern ist auch Antragstellerin beim Kartellgericht, nimmt aber auch die Aufgaben Österreichs im Rahmen der Durchführung des europäischen Kartellrechtes wahr.

Meine Damen und Herren! Durch diese Konstruktion wird sichergestellt, dass der Generaldirektor für Wettbewerb weisungsfrei und unabhängig ist – nicht so aber der Bundeskartellanwalt. Ich gebe Frau Kollegin Kubitschek, aber auch Frau Kollegin Hlavac darin Recht, dass es gilt, sehr, sehr sorgsam mit diesen neuen Strukturen umzugehen. Die neuen Strukturen sind jedoch nicht zur Verkomplizierung des Sachverhaltes gedacht, sondern dadurch wird mehr Rechtsstaatlichkeit bei Verfahren geschaffen. Ich bin davon überzeugt, dass der Justizminister mit dieser Sach-, mit dieser Rechtslage entsprechend behutsam umgehen wird.

Weiters wurde bereits gesagt, dass die Funktion der Sozialpartner wesentlich verändert wird; diese waren ja bisher Amtsparteien und – als Mitglieder des Paritätischen Ausschusses – quasi die "Herren" des Verfahrens. – In Zukunft werden sie als Mitglied der Wettbewerbskommission in erster Linie beratend tätig sein. Sie haben zwar weiterhin Antragsrechte und das Recht, Stellung zu nehmen, aber es kommt ihnen nicht mehr die Bedeutung zu, wie das im alten System der Fall war.

Fest steht jedenfalls, dass ein Wettbewerbsverfahren auch in Zukunft ohne die Expertise der Sozialpartner nicht auskommen wird können – und das ist gut so, will man eine praxisorientierte und eine auf das Wirtschaftsgeschehen ausgerichtete Wettbewerbspolitik sicherstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein funktionierender und fairer Wettbewerb stellt die Voraussetzung für eine dynamische Entwicklung eines Wirtschaftsstandortes dar. Mit dem vorliegenden Entwurf für ein Wettbewerbsgesetz und die Änderung des Kartellgesetzes schaffen wir gute Grundlagen, um die Position der österreichischen Wirtschaft auch im gemeinsamen Markt zu festigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

19.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dieser Änderung des Wettbewerbsgesetzes sowie des Kartellgesetzes wird einmal mehr dem Regierungsübereinkommen Rechnung getragen – das wurde ja im Kapitel Justiz festgehalten –, und hiemit wird ein weiterer Teil unseres Regierungsübereinkommens umgesetzt. Damit kommt es auch – wie mein Vorredner bereits betont hat – zu einer Verbesserung der Rechtssituation innerhalb des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Da die angebliche "Doppelgleisigkeit" von den Grünen als nachteiliger Aspekt angeführt wurde, möchte ich unterstreichen, dass dem sicherlich nicht so ist! Was bedeutet denn diese "Zweigleisigkeit"? – Bundeskartellanwalt einerseits, zugeordnet dem Justizministerium, und Bundeswettbewerbsbehörde andererseits, angesiedelt – jedoch unabhängig und weisungsfrei!  – beim Wirtschaftsministerium. Das wirkt sich doch in keiner Weise nachteilig aus! Vielmehr handelt es sich hiebei um eine rechtlich schöne und saubere Lösung.

Die Bundeswettbewerbsbehörde hat aber nicht nur Untersuchungen durchzuführen, sondern stellt gleichzeitig auch die Brücke zur Wettbewerbsbehörde der Europäischen Union dar.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe noch folgenden Antrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen zu Punkt 5 der Tagesordnung


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (1005 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde (Wettbewerbsgesetz – WettbG) erlassen und das Kartellgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1047 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

Zu Artikel IV

Änderung des Bundesfinanzgesetzes

1. Im Artikel IV (Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2002) wird als neue Ziffer 1 eingefügt:

"1. Im Artikel IX Abs. 1 Z. 7 wird das Datum ,30. April 2002‘ durch das Datum ,31. Mai 2002‘ ersetzt."

2. Die bisherigen Ziffern 1 und 2 im Artikel IV erhalten die Bezeichnung "2" und "3".

*****

Worum geht es dabei? – Es geht darum, dass der Bundesminister für Finanzen mit der Bundesfinanzgesetz-Novelle 2002 ermächtigt wurde, mit Wirkung bis längstens – so war es bisher – 30. April 2002 die Haftungen in bestimmter Höhe für nicht zu angemessenen Bedingungen versicherbare Risiken aus Schäden durch Terror oder Kriegsereignisse zu übernehmen, und zwar für österreichische Luftfahrtunternehmen sowie für österreichische Flughäfen, einschließlich der dort tätigen Dienstleistungsunternehmen.

Auf Grund einer Diskussion, die auf EU-Ebene stattfand, und zwar anlässlich des Gipfels in Barcelona, könnte es sein, dass noch ein Beschluss gefasst wird, wonach die Frist für die Haftung für derartige Schäden bis 31. Mai 2002 zu verlängern sein wird. Für den Fall, dass ein derartiger Beschluss gefasst wird, muss dem Bundesminister für Finanzen eine Verlängerung der eingegangenen Haftung möglich gemacht werden beziehungsweise müssen entsprechende Regelungen hiefür getroffen werden können.

Danken möchte ich abschließend noch den beiden Ministern für die in diesem Zusammenhang getätigte Arbeit, einschließlich der in den beiden Ministerien tätigen Beamten. Wie ich gehört habe, hat es sich dabei um eine sehr konstruktive Zusammenarbeit gehandelt, und zwar auch mit den Sozialdemokraten.

Unverständlich bleibt für mich die Tatsache, dass die Grünen – mit für mich nicht nachvollziehbaren Argumenten – dieses Gesetz nicht mittragen, und das, obwohl es dazu zunächst anders lautende Presseaussendungen seitens der Grünen gab, in denen das, was sie heute hier kritisiert haben, positiv dargestellt wurde. Aber die Gründe für dieses Rätsel werde ich wahrscheinlich nie erkunden können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.19

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen ausreichend unterstützt ist, in ausreichendem sachlichem Zusammenhang mit der Materie und daher auch mit zur Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung steht.

Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

19.20

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident Fasslabend! Herr Kollege Böhmdorfer! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses!


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Ein Reförmchen ist das wahrlich nicht, es ist eine Reform! Vielleicht ist es nicht die ganz große Reform, aber als ich mit der Politik hier im Hohen Hause begonnen habe, habe ich gemeinsam mit dem Abgeordneten Khol, der später dann Klubobmann wurde, das UVP-Gesetz verhandelt, und Andreas Khol hat mir die Erfahrung mitgegeben, dass die ganz, ganz großen Reformen zwar alle sehr schön seien, dass sie nur einen Nachteil hätten: Sie finden nicht statt! (Abg. Dr. Khol: So ist es!)

So gesehen können wir gemeinsam stolz auf das Erreichte sein. Ich weiß aus vielen Vier-Augen-Gesprächen: Ganz hatten wir nicht mit diesem Reformwerk gerechnet. Heute ist es aber so weit, und schließlich ist es ein Drei-Parteien-Antrag geworden.

Es sind bereits Worte des Dankes in Richtung der Frau Abgeordneten Kubitschek ergangen. Ich darf mich diesen Dankesworten anschließen und auch Ihnen einige politische rote Rosen überreichen, sehr geehrte Frau Abgeordnete. Ich hoffe, es schadet Ihnen nicht.

Es ist ganz offensichtlich auch ein Tag der politisch tätigen Frauen. Es ist Ihr Tag, Frau Abgeordnete Kubitschek, und es ist der Tag der Frau Abgeordneten Fekter, die als Vorsitzende des Justizausschusses heute ein Bündel von Maßnahmen, die noch dazu in großer Gemeinsamkeit verabschiedet werden, hier gemeinsam mit ihren Kollegen einbringen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grund für die Sozialdemokratie, hier mitzugehen, war wohl auch der Umstand, dass uns in den letzten Jahren gemeinsam bewusst geworden ist, wie wichtig Wettbewerbspolitik nicht nur für eine Volkswirtschaft, nicht nur für die Unternehmungen, die einen gesicherten Rechtsrahmen brauchen, ist, sondern auch für die Bürger, für die Konsumenten, denn eine funktionierende Wettbewerbspolitik bringt im Regelfall eines mit sich: niedrige Preise und gute Qualität, und das ist unser aller Wunsch. So gesehen bringt uns, wie ich meine, diese Neuordnung des Wettbewerbs- und Kartellrechtes einen gewaltigen Schritt weiter nach vorne.

Dass sich die Dinge weiter entwickeln, wissen wir alle. Auf das, was auf EU-Ebene noch beschlossen werden wird, werden wir dann zu gegebener Zeit eingehen. Es muss ja kein Jahrhundert überdauern, deswegen brauchen wir auch nicht unbedingt ein Jahrhundertreformwerk.

Ich möchte mich aber auch bei den Sozialpartnern bedanken. Es ist nicht ganz leicht, Einfluss abzugeben und ein wenig die Zügel loszulassen, aber wir wissen alle, dass es der richtige Schritt ist, sich hier zurückzunehmen, weiterhin Expertisen einzubringen, indirekt auch die Antragstellung weiterhin aufrechtzuerhalten, aber sich nicht bewusst weiterhin in die Interessenkonflikte hineinzubegeben, in die man in der Vergangenheit entweder verwickelt war oder auch nicht.

Genau deswegen war es auch mir persönlich so wichtig, die Weisungsfreiheit der Wettbewerbsbehörde und ihres Leiters zu erreichen, weil das wahrscheinlich einer der sensibelsten Bereiche in dieser Republik überhaupt ist und sein wird. Die Weisungsfreiheit der Wettbewerbsbehörde ist ein Schlüsselstück der gesamten Materie.

Lassen Sie mich am Schluss noch eines sagen: Österreich muss in Europa in Sachen Wettbewerbspolitik auch den Aspekt im Auge behalten, der da lautet: Wir wollen in Österreich einerseits einen funktionierenden Wettbewerb von mehreren Anbietern, wir müssen uns aber andererseits der Ambivalenz bewusst sein, dass wir natürlich auch Unternehmen haben wollen, die zumindest im europäischen Markt wettbewerbsfähig sind. Das bedingt eine gewisse Größe, und das steht nicht selten im Widerspruch zur erstgenannten Zielsetzung.

Es gibt noch eine weitere Ambivalenz, die da lautet, dass ein möglicher ausländischer Interessent für ein österreichisches Unternehmen auf Grund von Wettbewerbsüberlegungen einen leichteren Zugang zu diesem Unternehmen hat als ein inländischer, weil durch eine Inlandsübernahme ja nicht selten der Marktanteil in Österreich in die Höhe steigt, was bei einer Übernahme durch einen Ausländer nicht gegeben wäre. – Dieser Ambivalenz müssen wir uns weiterhin bewusst sein, um sie kommen wir nicht herum, und das kann man nicht mit einem Gesetz lösen.


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Auch den hohen Beamten und allen anderen Beamten, die im BMJ und in meinem eigenen Hause mitgearbeitet haben, möchte ich danken. Es ist ein wichtiges Stück Gesetzesmaterie, das hier gelungen ist. Wenn Professor Joseph Stiglitz in Wien gemeint hat, vier Augen sähen mehr als zwei, so freuen wir uns auf den konstruktiven Wettbewerb im Sinne des innerösterreichischen Wettbewerbs zwischen der Wettbewerbsbehörde und dem Kartellanwalt. Für die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Strukturen, inklusive des Kartellgerichts, haben wir Sorge getragen. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir wollen "Zeit im Bild" schauen, ob die Dringliche rübergekommen ist!)

19.24

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Es wird sich für die "Zeit im Bild" ausgehen, denn ich werde nicht viel sagen. Der Punkt ist aber schon der – wir haben das heute bereits bei der Dringlichen Anfrage angemerkt –, dass es eigentlich nicht der Usance im Hohen Hause entspricht, dass der Minister immer ganz am Schluss nach allen Redebeiträgen der Abgeordneten spricht. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie sind bestimmt kein Minister!)  – Schauen Sie, Herr Kollege Westenthaler, Sie tun das immer so ab, aber es geht um bestimmte Gepflogenheiten im Parlamentarismus.

Abgesehen davon darf man bei aller Wertschätzung für dieses Gesetzeswerk auch anmerken, dass damit zumindest die Regierungsparteien einbekennen, dass nicht nur ständig der Ruf nach Wettbewerb zu einem Ergebnis führt, sondern dass der Wettbewerb umgekehrt auch ein Regulativ braucht. Das wollen wir einmal grundsätzlich festhalten, damit Sie das auch einmal einsehen. (Abg. Dr. Krüger: Das ist eine Binsenweisheit! Das bestreitet doch niemand!)  – Ja, natürlich ist das eine Binsenweisheit, aber von Ihnen – ich meine nicht Sie persönlich – wird das gerne vom Tisch gewischt. Ich freue mich über diese gemeinsame Erkenntnis!

Ich hätte das nicht gesagt – jetzt kommt es! –, würde nicht ständig Professor Joseph Stiglitz zitiert werden. Professor Stiglitz sagt sehr viele vernünftige Sachen darüber hinaus, die zu diversen Schlussfolgerungen führen und die Maßnahmen dieser Regierung eigentlich in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Auch dazu wollen wir Professor Stiglitz heranziehen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1047 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung dieses Zusatzantrages abstimmen.

Da der Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen beinhaltet, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Angehörigen des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.


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Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist neuerlich die Mehrheit. – Ich stelle wieder ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (988 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Insolvenzrechtseinführungsgesetz, die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Finalitätsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Insolvenzrechts-Novelle 2002 – InsNov. 2002) (1048 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (962 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Grundbuchsgesetz, das Grundbuchsumstellungsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2002) (1049  der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Ich erteile es ihm hiemit.

19.28

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich den Beamtinnen und Beamten des Justizministeriums herzlich für die doch sehr große Leistung bei der Erarbeitung der beiden vorliegenden Gesetzesmaterien danken. Der Inhalt der beiden Materien ist durch den Minister zu verantworten, und auf diesen Inhalt braucht man im Zivilprozess nicht wirklich stolz zu sein.

Ich möchte eingangs auch noch dafür danken, dass es möglich gewesen ist, die ärgsten Belastungen, würde ich sagen, die diese doch bemerkenswerte Regierungsvorlage enthalten hat, doch wieder aus der Gesetzesvorlage herauszunehmen.

Ich halte sie aus konsumentenschutzpolitischen, grundsätzlich aus Gründen des Zugangs zum Recht für eine der bedauerlichsten Regierungsvorlagen des Justizbereichs in der Zweiten Republik, weil die ursprüngliche Gesetzesvorlage – das, was 1983 in der Zivilprozessnovelle normiert worden ist – eigentlich das Gegenteil erreicht hätte.

Wir hatten damals in Anerkenntnis des Umstandes, dass es für den einen oder anderen, der nicht tagtäglich mit Ämtern, mit Gerichten zu tun hat, schwierig ist, in der geeigneten Form auf ihm zugestellte Zahlungsbefehle zu reagieren, eine Vielzahl von Möglichkeiten geschaffen. Das war gedacht für jemanden, der möglicherweise "überfahren" werden kann, weil er nicht in Kenntnis des Umstandes ist, wie gefährlich so ein Zahlungsbefehl, der zugestellt worden ist, sein kann. Damals wurde daher auch das Rechtsmittel des Widerspruches vorgesehen. Dieses Rechtsmittel des Widerspruchs sollte in dieser Regierungsvorlage komplett gestrichen werden. Das hat bei einer Vielzahl von Experten Befremden ausgelöst.

So schreibt zum Beispiel mein Kollege Dr. Zitta aus Salzburg dazu Folgendes – ich zitiere –:


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"Insgesamt erweckt der Entwurf den Eindruck, dass eine Prozessbeschleunigung auf dem Rücken der Parteien und ihrer Vertreter, unangemessen und unverhältnismäßig, versucht werden soll, dies jedoch unter Außerachtlassung der Realitäten der Praxis."

Das ist etwas, dem man nichts hinzufügen muss.

Wie gesagt: Das Rechtsmittel des Widerspruchs existiert jetzt wieder im Gesetz. Insofern ist jedenfalls das ärgste Problem für uns gelöst.

Das zweite Thema ist, ob es wirklich möglich ist, dass man mit formalen Regelungen Prozessbeschleunigungen herbeiführt. Da würde ich eher skeptisch sein. Ich glaube, es hängt letztlich immer davon ab, wie die am Verfahren Beteiligten in der Lage sind, die vorhandenen Mittel auszunützen. Ich glaube, dass bei einer Anwendung der derzeitigen Normen auch eine sehr stringente Prozessführung möglich wäre.

Herr Bundesminister! Was den Tagesordnungspunkt zum Kartellrecht anbelangt, wäre es ja auch so gewesen, dass der immer wieder als Anlassfall schlechthin für diese Novelle dargestellte Fall "Formil" seinerzeit schon die Möglichkeit geboten hätte, durch eine Antragstellung dagegen aufzutreten. Ich glaube, die Gesetzesänderung hat das nicht herbeigeführt. Man soll hier nicht so tun, als würden Formeln alleine die Dinge ändern.

Gleiches gilt im Zivilprozess. Nichtsdestoweniger wollen wir nicht verkennen, dass der Versuch, eine Beschleunigung herbeizuführen – wenngleich mit aus meiner Sicht nicht wirklich tauglichen Mitteln –, zu begrüßen ist. Daher gehen wir bei dieser Vorlage mit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

19.32

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Anhänger der sozialen Marktwirtschaft bekennen wir uns dazu, dass täglich Betriebe neu gegründet werden, aber auch dazu, dass Betriebe untergehen. Viele gehen deshalb unter, weil sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können, weil sie überschuldet sind oder insolvent werden.

Wenn man in die Insolvenzstatistik des Jahres 2001 blickt, dann sieht man, dass im Jahr 2001 insgesamt etwas mehr als 5 000 Insolvenzen aufgetreten sind, bei welchen allerdings – und das muss man auch festhalten – nahezu die Hälfte der Konkursanträge, nämlich 2 200, mangels Masse abgewiesen wurden. Das heißt, dass bei sehr vielen Betrieben, die insolvent werden, nicht einmal so viel da ist, um das Konkursverfahren abführen zu können.

Auf der anderen Seite – und das ist das Erfreuliche – geht aus dem Bericht des KSV hervor, dass der Anteil der abgewiesenen Konkursanträge wesentlich abgenommen hat, und zwar um rund 19,3 Prozent. Die Antwort darauf gibt dieser Bericht: Es ist die Änderung der strafrechtlichen Bestimmungen über die fahrlässige Krida – so wird hier zumindest vermutet –, sodass mittlerweile nicht jeder Firmeninhaber oder Unternehmer fürchten muss, neben der Blamage einer Insolvenz und dem offen eingestandenen unternehmerischen Misserfolg auch noch bestraft zu werden.

Ich meine, auch das soll positiv zur Kenntnis genommen werden: dass rechtliche Bestimmungen, dass Maßnahmen des Gesetzgebers sehr wohl Auswirkungen auf das Verhalten der Bürger haben können.

Ein zweites Beispiel: Auch die Statistik über die Privatkonkurse, über das Schuldenregulierungsverfahren für das Jahr 2001 zeigt die gleiche Tendenz. Die Zahl der mangels Masse abgewiesenen Konkursanträge sinkt. Der Anteil dieser Konkursanträge ist um mehr als 10 Prozent zurückgegangen. Auch auf diese Frage – und darauf bin ich besonders stolz – gibt der Bericht des KSV eine Antwort: Dieser Rückgang ist vor allem darauf zurückzuführen, dass immer mehr Schuldner ein regelmäßiges Einkommen haben. Das beweist, dass die Arbeitspolitik und die


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97. Sitzung / Seite 193

Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung erfolgreich waren, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir müssen aber im Zusammenhang mit dem Privatkonkurs auch feststellen, dass immer mehr Jugendliche überschuldet sind. Ich glaube, dass gerade dieser Problematik besonderes Augenmerk zu widmen ist.

Der Gläubiger möchte natürlich – und das ist allen Insolvenzverfahren gemeinsam –, dass seine Interessen bestmöglich vertreten werden, dass seine Quote höchstmöglich gesichert ist, dass heißt, dass möglichst wenig an Vermögen durch das Verfahren selbst vernichtet wird.

Ich meine, dass die vorliegende Novelle zum Insolvenzverfahren da eine Abhilfe schaffen kann. Wir wissen, wie wichtig die Funktion des Masseverwalters ist. Die neue Gesetzesvorlage stellt besonders strenge Bedingungen an den Masseverwalter. Nicht mehr juristische Ausbildung allein soll ausschlaggebend sein, sondern er soll auch über betriebswirtschaftliche Kenntnisse und über Kenntnisse des Steuer- und Arbeitsrechtes verfügen. Letztendlich soll eine quasi Sachverständigenliste dem Gericht Aufschluss darüber geben, wer für den vorliegenden Insolvenzfall wohl der beste Verwalter ist.

Zusätzlich soll der Insolvenzmissbrauch durch bestimmte Spielregeln verhindert werden. Es soll nicht möglich sein, dass derjenige, der sein Unternehmen an den Rand des Konkurses gefahren hat, noch schnell eine Auffanggesellschaft gründet und so den Betrieb als Ganzes an nahe Angehörige weitergeben kann.

Letztendlich soll es auch beim Privatkonkurs Verbesserungen geben, und das Schuldenregulierungsverfahren soll eine bessere Quote sichern, beziehungsweise soll, wenn jemand nachträglich zu Einkommen kommt, das Schuldenregulierungsverfahren weiterhin aufrecht bleiben.

Ich habe eingangs gesagt: Wir wollen, dass die Gläubiger bestmöglich bedient werden. Wir wollen verhindern, dass im Wege des Konkursverfahrens weiteres Vermögen verloren geht. Ich bin sicher, dass wir mit dieser Gesetzesvorlage unserem gemeinsamen Ziel – ich freue mich, dass hier tatsächlich Konsens über alle politischen Parteien hinweg besteht – wirklich einen großen Schritt, vielleicht sogar mehrere Schritte, entgegenkommen werden! (Beifall bei der ÖVP.)

19.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

19.38

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal Herrn Bundesminister Dr. Böhmdorfer zu diesem Gesetzeswerk gratulieren und den Dank vor allem an die Legisten aussprechen, an Herrn Sektionschef Hopf, an Frau Dr. Kloiber und auch an Herrn Dr. Mohr, die in bewundernswerter Fachkenntnis diese wirklich sehr schwierige, sehr sperrige Materie zum Wohle aller abgewickelt und über die Bühne gebracht und das Kunststück zuwege gebracht haben, einen Allparteienkonsens – sofern ich das richtig sehe – zu finden. Ich glaube, das ist einen ganz besonderen Applaus wert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist immerhin die größte Novelle im Zivilprozess- und Konkursrecht seit Jahrzehnten, und das verdient eine ganz besondere Beachtung! Es bedarf schon eines ganz besonderen Verhandlungsgeschickes, hier einen Allparteienkonsens zu finden, insbesondere wenn man sich die Worte des Kollegen Jarolim vor Augen führt, der sagte – ich dachte zuerst, er spricht zu einem anderen Tagesordnungspunkt –, dies sei "eine der bedauerlichsten Regierungsvorlagen", die jemals aus dem Justizressort hier vorgelegt wurden, um dann an späterer Stelle mit etwas gedämpfterer Stimme zu sagen, dass er ohnedies zustimmen wird, weil ja einige Änderungen vorgenommen wurden.


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In Wahrheit sind keine substanziellen Änderungen vorgenommen worden, sondern nur nuancenartige Änderungen in einigen Punkten. Das Mahnverfahren ist nicht so umfassend geregelt worden, aber es geht doch immerhin bis zu einer Streitwertgrenze von 30 000 €.

Ich darf generell Folgendes sagen: Die Novellen im Zivilprozessbereich der letzten Jahrzehnte sind immer vor dem Hintergrund der Idee gestanden, für den Beklagten alles zu tun. Der Beklagte soll alle Möglichkeiten haben, wenn er Fristen versäumt, wenn er auf Urlaub ist, wenn er eine Verfahrenshilfe beantragt. Es sind die Rechtsmittelfristen grundsätzlich von 14 Tagen auf 4 Wochen verlängert worden, es ist der Rechtsbehelf des Widerspruchs eingeführt worden, und es ist die Wiedereinsetzungsmöglichkeit erleichtert worden. Ja, es ist schon fast eine Kunst, bei einem Wiedereinsetzungsantrag zu verlieren. Und auch im Verfahrenshilfebereich sind Verbesserungen vorgenommen worden.

Meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen ganz offen sagen, dass ich mich immer darüber gewundert habe, dass man alles für den Beklagten tut, dass man auch alles für den Schuldner tut, und zwar auch im Insolvenzbereich, der ja hier auch mitzubetreuen ist, dass man immer weniger Quote braucht, dass man immer bessere Auffanggesellschaften erfindet und dass immer mehr Gläubiger durch die Finger schauen.

Es ist ein unglaublicher volkswirtschaftlicher Schaden, der damit angerichtet wird, und zwar auch durch Verzögerungen im Verfahrensbereich. Und ich bin wirklich sehr stolz darauf, dass der Justizminister und das Justizministerium nun endlich einmal eine Trendumkehr eingeleitet haben, dass man endlich einmal gesagt hat, man muss auch etwas für den Gläubiger tun, man muss auch etwas für denjenigen tun, der sich das Geld holt.

Der Gläubiger holt sich das Geld ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern mitunter deshalb, weil er es dringend braucht, um zu überleben. Daher bin ich sehr froh, dass nun eine Verfahrenskonzentration, eine Verfahrensbeschleunigung eingeführt wurde. Das ist ja Sinn und Zweck dieser Novelle, und zwar unter dem Prätext Verfahrensbeschleunigung.

Worin besteht diese Verfahrensbeschleunigung? – Anstelle der völlig nutzlosen ersten Tagsatzung, wo man nur sagte: Ich bestreite! – man schickte oft nicht einmal einen Anwalt, sondern meistens nur eine Sekretärin hin –, tritt jetzt eine so genannte vorbereitende Verhandlung. Das ist eine Art vorgezogener "High Noon": Da haben alle Beteiligten die Karten auf den Tisch zu legen, da haben die Parteien alle Beweise vorzulegen, eine Erörterung hat stattzufinden, eine informierte Person ist zu laden, und auch der Richter hat sich in die Karten schauen zu lassen und muss sagen, wie er die Sache vorläufig sieht.

Ich bin überzeugt davon, dass durch diese Art von "High Noon" insgesamt eine Beschleunigung eintritt, nämlich eine Konzentration des Verfahrensstoffes, und ich nehme auch an, dass eine Mehrzahl von Vergleichen stattfindet, denn ein Vergleich hat in der Praxis nur dann einen Sinn, wenn man ihn gleich schließt oder gar nicht, weil einen die Kosten dann meistens erschlagen, wenn man in der sechsten Verhandlung sich dann dazu findet, einen Vergleich zu schließen. – Es ist also äußerst notwendig, dass es zu dieser vorbereitenden Verhandlung kommt.

Von der Ausweitung des Mahnverfahrens auf einen Streitwert bis zu 30 000 € – das ist immerhin ein doch sehr hoher Betrag – habe ich bereits gesprochen. Tatsächlich ist es so, dass es im Mahnverfahren bisher keine Missbräuche gegeben hat. Ursprünglich war von 50 000 € die Rede. Man könnte auch sagen, man will generell das Mahnverfahren für alle Geldansprüche. So weit wollte man dann doch nicht gehen, und man hat sich auch unter Mitwirkung der Opposition – es gibt da durchaus auch Gegenargumente – auf 30 000 € geeinigt.

Es steht ferner in der neuen beziehungsweise in der geänderten Zivilprozessordnung, dass auch eine Frist für den Sachverständigen zu setzen ist. Aus der Praxis kann ich Ihnen sagen, dass es völlig unzumutbar ist, dass die Sachverständigen oft Monate, ja sogar Jahre brauchen, bis sie sich endlich einmal dazu bequemen, ein Gutachten zu erstellen. Das liegt oft daran, dass sich der Richter und der Haussachverständige sozusagen nahezu verehelichen. Die bilden ein Pärchen, eine Art Trachtenpärchen, und begleiten einander über Jahrzehnte. Es sind immer die


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97. Sitzung / Seite 195

gleichen Damen und Herren zu finden, man sieht sie immer wieder, ob bei Verkehrsunfallprozessen oder im Sachverständigenbereich im Immobilienwesen. Es sind zwar sehr viele in der Liste eingetragen, aber es werden immer dieselben genommen, weil man sich eben daran gewöhnt hat, aber das ist nicht richtig. Die brauchen oft extrem lange, bis sie sich bequemen, ein Gutachten zu machen. Aber künftig ist ihnen eine Frist zu setzen.

Ich bitte die Gerichte beziehungsweise die Aufsichtsbehörden und auch das Ministerium, wirklich darauf zu achten, dass Sachverständige, die nicht innerhalb der ihnen gesetzten Frist das Gutachten erstellen, nicht mehr herangezogen werden. Diese Sachverständigen sollten am besten überhaupt wegen erwiesener Arbeitsunwilligkeit von der Sachverständigenliste gestrichen werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Frau Kollegin Mertel! Der Einzelne muss das ja ausbaden, und das ist nicht angenehm. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang einen Fall aus meiner Praxis schildern: Es hat ein Unternehmer – 1985 war das, glaube ich – 2 Millionen Schilling eingeklagt. Er hat dieses Geld wirklich dringend gebraucht, um wirtschaftlich zu überleben, aber es hat der Gegner einen völlig absurden Einwand dagegen erhoben. Aber der Richter hat sich nicht so recht der Sache angenommen, und es hat letztlich sieben Jahre gedauert, bis ein Urteil ergangen ist. Dann wurde noch ein weiteres Verfahren dem Ganzen angeschlossen, indem ein weiteres Rechtsmittel eingelegt wurde. Nach neun Jahren ist man schließlich zu einem Ergebnis gekommen, aber nach neuneinhalb Jahren war dieser Unternehmer leider im Konkurs. Er sind mehrere hunderttausend Schilling an Prozesskosten für ihn entstanden, und dieser Unternehmer hat dann die Versteigerung des Hauses seiner Mutter miterleben müssen, die es verpfändet hatte. – Für mich persönlich war das ein Schlüsselerlebnis.

Es ist auch kein Zufall, dass die Republik Österreich – da brauchen wir gar nicht abschätzig auf Italien hinunterzuschauen – immer wieder vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen Verfahrensverzögerungen und wegen überlanger Verfahrensdauer – "unreasonable procedure" – verurteilt wird. Das ist auch bei Strafverfahren der Fall. Auch das wird noch zu lösen sein, denn es ist unzumutbar, dass heute einer, wenn er etwas verbrochen hat, sieben Jahre in ein Strafverfahren verwickelt wird und am Schluss gar nicht mehr weiß, warum er überhaupt verurteilt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme noch ganz kurz auf die Insolvenzrechts-Novelle zu sprechen. Die Regierung ist angetreten, um auch den Insolvenzmissbrauch zu verhindern. Es hat in der Vergangenheit einige Fälle gegeben, insbesondere unter tatkräftiger Mitwirkung eines bestimmten Richters in Oberösterreich, der es ermöglicht hat, dass Angehörige der so genannten familia suspecta, also nahe Angehörige des Schuldners, binnen zwei Tagen mit einer vorbereiteten Auffanggesellschaft das Konkursunternehmen herausgekauft haben, aber nicht zum Verkehrswert, sondern zum Zerschlagungswert! Sinnigerweise haben sich diese Herrschaften nämlich noch zwei Stunden vorher die Schließung des Betriebes bewilligen lassen, und dann hat man gesagt: Wenn der Betrieb in der juristischen Sekunde geschlossen ist, dann ist ja das Ganze nichts mehr wert, und die Gläubiger sollten auf der Strecke bleiben.

Ich darf sagen, ich habe dann dem Ganzen prozessual einen Riegel vorgeschoben, und die ganze Geschichte ist dann zu einem anderen Gericht gekommen. Aber das war kein Einzelfall.

Jetzt ist ein obligatorischer Gläubigerausschuss einzurichten, der beim Unternehmenskauf einzuberufen ist und auch seine Zustimmung zu geben hat.

Vom neuen Modus der Masseverwalterbestellung wurde bereits gesprochen. Letztlich wird das immer eine Ermessensentscheidung sein, und das ist, glaube ich, auch gut so. Man kann da nicht so wie im Lotto einfach die Kugel sausen lassen, und dann fällt die Kugel, und es ist der Masseverwalter XY, der für diesen Fall vielleicht völlig ungeeignet ist – ich meine nicht fachlich –, weil er die Organisation, die Logistik nicht hat oder weil er vielleicht auf die betreffende Branche nicht spezialisiert ist. Daher ist es wichtig, dass entsprechende Branchenlisten geführt werden. Ich bin überzeugt davon, dass auch dadurch eine wesentliche Verbesserung in der Konkursabwicklung stattfinden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.48


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97. Sitzung / Seite 196

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

19.48

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie bereits aus den Redebeiträgen meiner Vorrednerinnen und Vorredner zu erfahren war, werden auch die Grünen diesen beiden Gesetzesvorlagen, die meiner Ansicht nach ein bisschen kühn und übertrieben als "größere Reformwerke als jene in der Zeit von Broda" bezeichnet wurden, die Zustimmung geben. (Abg. Dr. Fekter: Die Summe!)

Ich als – relativ betrachtet, Frau Dr. Fekter – ebenso junge Frau wie Sie verbinde mit der Ära Broda – nicht deshalb, weil er ein sozialistischer Minister war und wir in Österreich jetzt einen freiheitlichen Minister haben – eine andere Assoziation, nämlich jene, dass es damals auf dem Justizsektor Reformen gab, die wahrlich Jahrhundertreformen waren. (Abg. Dr. Fekter: Rechtswidrige Weisungen hat es gegeben!)

Denken Sie an die große Strafrechtsreform – Herr Bundesminister, da werden Sie mir sicherlich zustimmen –, oder denken Sie an die große Familienrechtsreform! – Insofern finde ich es ein bisschen kühn, das gedanklich sozusagen auf eine Ebene zu stellen.

Das hat gar nichts damit zu tun, dass der Justizminister damals Broda hieß, sondern das waren an und für sich Reformwerke, die rechtshistorisch eine andere Bedeutung haben werden als die beiden vorliegenden Novellen – sowohl die Zivilverfahrens-Novelle als auch die Insolvenzrechts-Novelle –, die wir heute aller Voraussicht nach einstimmig beschließen werden.

Gerade in jenem Bereich, in dem es um die Zivilverfahrens-Novelle geht, gibt es auch in dieser Verhandlung – so wie vorher im Zusammenhang mit dem Kartell- und Wettbewerbsrecht – den Beweis dafür, dass man, wenn man mit der Opposition sozusagen "zivilisiert" spricht und die Angebote, die von ihrer Seite kommen, ernst nimmt – als solche, die auch von sachkundigen Fachleuten kommen –, auch zu einem Konsens kommt.

Die Änderungen, die es bei der Zivilverfahrens-Novelle gegeben hat – Hannes Jarolim hat es ja schon angesprochen –, dass nämlich die Abschaffung des Widerspruchs nicht in der vorgeschlagenen Form erfolgte und dass vor allem auch – das ist jetzt keine Wertung – bei der geplanten Ausweitung des Mahnverfahrens auf eine Streitwertgrenze von 50 000 € jetzt eine Herabsetzung auf 30 000 € erfolgt ist, wurden ja deshalb im Konsens erzielt, weil sie von der Überlegung getragen waren, dass es Verbesserungen im Interesse des Rechtsschutzes sind und dass damit das grundsätzliche Ziel, das Sie, Herr Bundesminister, damit verfolgen, nämlich Verfahrensbeschleunigungen zu erreichen, nicht prinzipiell in Frage gestellt wird, sondern dass diese Balance zwischen der rechtssuchenden Bevölkerung und dem Rechtsschutz auf der einen Seite und den Reformen und den Eingriffen, die es zweifelsfrei jetzt gibt, auf der anderen Seite ausgewogen und vernünftig ist. Das waren die Anliegen der Opposition, und deshalb gibt es auch die Zustimmung.

Aber mir ist – und jetzt verzeihen Sie, Frau Vorsitzende des Justizausschusses, Kolleginnen und Kollegen des Justizausschusses und auch die Damen und Herren des Ministeriums –, wenn man so will, erst nachher – und darum sage ich es schon vorweg – wieder etwas zu Bewusstsein gekommen, wofür wir uns seit Jahren einsetzen – Frau Dr. Fekter lacht –: Wenn es schon eine Zivilverfahrens-Novelle gibt, dann möge dabei doch bitte das berücksichtigt werden, für dessen Nichtberücksichtigung es wirklich keine logische Erklärung gibt, nämlich die Anpassung des Angehörigenbegriffs im zivilrechtlichen Verfahren an jenen des Strafprozessverfahrens beziehungsweise die Ausweitung oder Änderung dieses Begriffs.

Ich habe mir daher erlaubt, gemeinsam mit Frau Mag. Prammer folgenden


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Abänderungsantrag zu formulieren, den ich hiermit einbringe:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Magª. Terezija Stoisits und Magª. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage (962 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Grundbuchsgesetz, das Grundbuchsumstellungsgesetz und das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2002) in der Fassung des Ausschussberichtes (1049 der Beilagen)

Der Nationalrat möge beschließen:

In Artikel II des Antrags (1049 der Beilagen) wird nach Z 50. folgende Z 50a. eingefügt:

"Z 50a. In § 321 Abs. 1 Z 1 wird nach dem Wort ,Ehegatten‘ ein Beistrich gesetzt und die Wortfolge ,einem gleich- oder andersgeschlechtlichen Lebensgefährten‘ eingefügt."

*****

Herr Bundesminister! Das ist ein Anliegen, das in der letzten Gesetzgebungsperiode schon vielfach, lang und intensiv diskutiert wurde. Ich will jetzt nicht aus meiner Erinnerung zusammenfassen, warum es nicht dazu gekommen ist. Plausible Gründe gab es damals nicht.

Daher meine Bitte an die Kolleginnen und Kollegen, an die Frau Vorsitzende Fekter und an Sie, Herr Bundesminister Böhmdorfer, das hier in der zweiten Lesung noch zu berücksichtigen und diese Anpassung – es ist eine Anpassung und nichts anderes – noch durchzuführen.

Noch ein letztes Wort zum Thema insgesamt, und zwar in Bezug auf die Frage des Zugangs zum Recht und des Rechtsschutzes. – Herr Bundesminister, ich habe mit einer gewissen – wie soll ich sagen? – Verwunderung über Ihre meiner Ansicht nach geradezu kuriosen Pläne oder Überlegungen gelesen, die Sie im Zusammenhang mit der Gerichtsorganisation, speziell betreffend Oberösterreich und Salzburg, vorgelegt haben.

Man möchte irgendwie auf der einen Seite den Gesetzgeber überlisten – aber das ist jetzt technisch auch nicht korrekt – oder, besser gesagt, vor allem die Zustimmung und damit auch den Bundesverfassungsgesetzgeber – drastisch gesagt – aushebeln, indem man sagt: Wir ändern nichts an den Gerichtssprengeln, aber wir verlegen den Sitz der Bezirksgerichte an andere Orte – räumlich betrachtet. – Das ist eine extrem durchschaubare Vorgangsweise, und irgendwie denke ich mir, das können Sie doch nicht wirklich ernst meinen!

Vielleicht können wir heute eine entsprechende Aufklärung darüber erhalten. Sie, Herr Bundesminister, kennen hiezu ja den Standpunkt der Grünen – und ich glaube, da rede ich auch im Sinne der Sozialdemokraten –: Es gibt hier ja hoch vernünftige Vorschläge, und es hat aus dem Kreis derer, die damit befasst sind, noch nie mangelndes Verständnis dafür gegeben, dass es bei diesen Kleinstkleinst-Gerichten, wo es halbe Planstellen für Richter gibt, einen Handlungsbedarf gibt. Aber die von Ihnen ins Auge gefasste Vorgangsweise ist meiner Ansicht nach nicht geeignet, um hiefür Lösungen zu finden, die auch im Sinne der rechtssuchenden Bevölkerung sind.

Ein Allerletztes, Herr Bundesminister. – Es gibt etwas, was mir – mir persönlich – tatsächlich an dieser Zivilverfahrens-Novelle nicht hundertprozentig gefällt, wiewohl nicht quasi meine Stimme daran scheitern wird, und zwar ist das die Frage der Schiedsgerichtsbarkeit und der Einrichtung der Schiedsgerichte bei der Rechtsanwaltskammer und bei der Notariatskammer.

Ich habe grundsätzliche Bedenken gegen eine in dieser Art und Weise erfolgende Auslagerung von sozusagen staatlich monopolisierter – mit Recht monopolisierter – Tätigkeit. Es ist etwas ganz anderes, wenn große Firmen Schiedsgerichte auf sozusagen privatrechtlicher Ebene einführen, aber das hier ist ein Schritt, den ich – und jetzt muss ich das wirklich sagen – in der


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justizpolitischen Diskussion nicht mitverfolgt habe, sondern wo die Rechtsanwaltskammer etwas eingerichtet hat, was seit 1. Jänner läuft, und jetzt wird es in der Zivilverfahrens-Novelle nachvollzogen.

Ich meine, dass dieser Schritt deshalb verfehlt ist, weil die grundsätzliche Diskussion zu dieser Frage fehlt. Ich habe in einer interessanten Zeitschrift gelesen, wie Frau Dr. Scheuba das begründet hat: und zwar damit, dass die prinzipielle Frage, wenn etwas billiger und auf jeden Fall schneller ist, die staatliche Justizdienstleistung in Frage stellt.

Jetzt muss ich Sie als obersten Chef, als oberste Verwaltungseinheit und als den für Personal und für Ressourcen Zuständigen fragen: Ist das der richtige Weg, die Justiz in gewisser Hinsicht an Ressourcen "auszuhungern" – ich formuliere es deshalb so drastisch, um zu zeigen, wohin das führen kann –, nur weil andere sagen: Wir sind schneller, wir sind billiger, denn wir haben mehr Computer, wir haben Sekretärinnen, die effizienter arbeiten, weil sie besser bezahlt sind!?

Das kann wohl nicht der richtige Weg sein! Aber ich möchte mit dieser Anmerkung, Herr Bundesminister, eine Diskussion anregen. Die Anregung, diese Diskussion auch zu führen, gebe ich auch an die Frau Vorsitzende des Justizausschusses weiter. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

19.58

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Überlegungen von Frau Stoisits über die Größe und Bedeutung der Reformwerke der Ära Broda und der Ära Böhmdorfer werde ich nicht weiterverfolgen, weil mir nicht so viel Redezeit zur Verfügung steht, aber irgendwann in ein paar Jahren werde ich wahrscheinlich rückblickend sagen können: Beides probiert, kein Vergleich! – Aber nun zurück zu dem so genannten großen Reformwerk, das heute vorliegt.

Die Novelle zum Zivilverfahren und die Novelle zum Insolvenzrecht zeigen, dass bei der Opposition, bei der SPÖ, wenn sie zu ernsthaften, sachlichen Gesprächen und Klarstellungen eingeladen wird, auch die Bereitschaft besteht, einen Konsens zu finden und zu gemeinsamen Anträgen und einem gemeinsamen Vorgehen zu finden. Das, Herr Minister – das betone ich –, erwarte ich, seit Sie Ihre Amtstätigkeit aufgenommen haben. Das sind wir auch im Justizausschuss beziehungsweise in Bereichen von Justizmaterien gewöhnt gewesen: dass eine gemeinsame Vorgangsweise gesucht und gefunden wurde.

Einigkeit ist in diesem Bereich wesentlich, und nicht so wie in der Vergangenheit: Drüberfahren und "speed kills" – das lassen Sie mich auch noch anmerken.

Wenn man sich natürlich die Zahlen der Verfahren im Bereich des Insolvenzrechts anschaut, dann bekommt man Bedenken und erschrickt leicht. Nachdenklich wird man, wenn man die Zahlen hört, die Herr Kollege Trinkl nennt, denn ich habe den Kreditschutzverband gefragt, und man hat mir Gegenteiliges gesagt, nämlich dass 2001 insgesamt 8 949 Privatkonkurse und Unternehmenskonkurse entstanden sind, dass die Zahlen sowohl bei den Unternehmensinsolvenzen als auch bei den Anträgen auf Privatkonkurse steigen und dass für 2002 noch eine Steigerung von 10 Prozent zu erwarten ist.

Wenn man über die Ursachen nachdenkt, dann kommt man zu dem Schluss, dass die Bundesregierung daran nicht ganz schuldlos sein dürfte. Im Gegenteil, durch die Politik der ÖVP/FPÖ-Bundesregierung wird die Situation der österreichischen Staatsbürger noch verschärft, denn Sie haben die privaten Haushalte extrem belastet: jede ArbeitnehmerIn und jede PensionistIn mit rund 7 500 S beziehungsweise 541 €.

Sie haben weiters die Arbeitslosen und die NotstandshilfebezieherInnen belastet. Da haben Sie abkassiert! In der Arbeitsmarktpolitik hingegen sind Sie untätig geblieben und haben von dort


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sogar Mittel abgezogen! Daher ist die Bundesregierung mit verantwortlich, wenn Menschen in finanzielle und existentielle Nöte geraten.

Was die Zivilverfahrens-Novelle betrifft, so besteht ihr Ziel in einer Vereinfachung, Beschleunigung und Effizienzsteigerung – Ziele, gegen die grundsätzlich nichts einzuwenden ist, die sogar als sinnvoll zu erachten sind. Dennoch war die Kritik der SPÖ an der Regierungsvorlage berechtigt, denn im ursprünglichen Entwurf waren Einbußen bei der Verlässlichkeit der Rechtsprechung und eine Verschlechterung des Zugangs zum Recht vorgesehen.

Aus meiner Sicht liegt jetzt, nachdem der Widerspruch gegen das Versäumnisurteil nicht gänz-lich abgeschafft worden ist und die Streitwertgrenze für das Mahnverfahren auf 30 000 € abgesenkt worden ist, eine akzeptable Lösung vor, die auch – als eine von vielen Möglichkeiten – eine Beschleunigung des Verfahrens bewirkt.

Ich würde zum Thema Beschleunigung des Verfahrens aber anregen, Überlegungen auf sachlicher und seriöser Basis anzustellen, zum Beispiel in Form einer Enquete-Kommission, um festzustellen, welche Faktoren, welche relevanten Ursachen zu Verfahrensverzögerungen führen, und gemeinsam Lösungen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Ich glaube, dass es ein Irrtum ist, anzunehmen, dass Änderungen nur im Zivilprozessrecht allein die Verfahrensverzögerungen beseitigen würden, wenn man gleichzeitig den Personalstand drastisch senkt, nämlich die Zahl des nichtrichterlichen Personals, der Schreibkräfte und die Anzahl der Richter reduziert. Das ist ein unbefriedigender Zustand, das kann nicht gut gehen und trägt unzweifelhaft zu Verzögerungen bei.

Objektiverweise und aus Fairness gegenüber unserer Justiz möchte ich zwar dezidiert festhalten, dass unsere Justiz im internationalen Vergleich sehr gut dasteht und generell gesehen durchaus zügig arbeitet, das hilft aber im Einzelfall einer einzelnen Person nicht, die unter einer übertrieben langen Verfahrensdauer zu leiden hat.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Lassen Sie mich abschließend feststellen: Ich begrüße die gemeinsame Beschlussfassung der Novellen zum Insolvenzrecht und zum Zivilverfahrensrecht und hoffe, Herr Minister, dass das Suchen der Gemeinsamkeit mit der Opposition nicht eine Eintagsfliege bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

20.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe noch bekannt, dass der von Frau Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Abänderungsantrag ausreichend unterstützt ist, in ausreichendem sachlichem Zusammenhang und damit auch mit zur Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung steht.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

20.04

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf die Zivilverfahrens-Novelle konzentrieren. Es wurde zu beiden Materien heute schon einiges gesagt, und meine Vorrednerin hat richtig dargelegt, warum es, rückblickend betrachtet, zu dieser Novelle gekommen ist, warum es überhaupt zu Überlegungen gekommen ist, hier Änderungen herbeizuführen. Das Ziel besteht darin, eine Verfahrensvereinfachung und eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen und somit das sicherlich hohe Qualitätsniveau unserer Justiz noch weiter zu verbessern. Es ist aber immer möglich, noch weitere Verbesserungen herbeizuführen.

Effiziente und rasche Rechtsdurchsetzung und auch Streitbeilegung sind einerseits im Interesse des Rechtsfriedens gelegen, damit eben Streitigkeiten, die im Zusammenleben nun einmal entstehen können, durch eine objektive Instanz entschieden werden. Dies ist aber auch ein wesentlicher Bestandteil der Standortqualität, ein wichtiger Standortfaktor, weil Betriebe heutzutage ihre Standortwahl natürlich auch danach treffen, wie gut die Justiz eines Landes funktioniert, wie sicher gewährleistet ist, dass Rechte auch durchgesetzt werden können.


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97. Sitzung / Seite 200

Frau Kollegin Mertel! Ich kann nur eines nicht ganz nachvollziehen: Sie haben gesagt, der ursprüngliche Entwurf hätte Einbußen bei der Zuverlässigkeit der Rechtsprechung gebracht und den Zugang zum Recht eingeschränkt. – Es sind hier ja keine so wesentlichen Änderungen herbeigeführt worden, wenngleich man natürlich in einigen Punkten immer unterschiedlicher Ansicht sein kann und dann eben ein Kompromiss herbeigeführt wird. Aber dass durch den ursprünglichen Entwurf die Zuverlässigkeit der Rechtsprechung in Gefahr gewesen wäre, das kann ich überhaupt nicht erkennen.

Und wenn Sie sagen, dass der Zugang zum Recht eingeschränkt worden wäre, so beziehe ich das auf die Frage der Streitwertgrenzen für das Mahnverfahren, aber hier ist es natürlich eine reine Geschmacksfrage, ob man jetzt 30 000 €, 40 000 €, 50 000 € oder 25 000 € nimmt. Man kann natürlich bei der Bemessung einmal an der Frage ansetzen, wie viele Verfahren betroffen sind, in wie vielen Verfahren es bisher zu Säumniserledigungen gekommen ist, aber letztendlich ist das sozusagen fast eine Geschmacksfrage.

Der wesentliche Punkt scheint mir zu sein, dass sich im Mahnverfahren herausgestellt hat, dass das gut funktioniert, dass man hier über langjährige Erfahrungen mit geringeren Streitwerten verfügt und dass nicht zu befürchten ist, dass diejenigen, die berechtigte Einwendungen haben, diese Einwendungen nicht vorbringen können. Das funktioniert bis jetzt im Mahnverfahren sehr gut und wird in Zukunft auch bei den höheren Streitwerten gut funktionieren. Ein wichtiger Punkt dabei ist aber, dass es natürlich eine raschere Bearbeitung ermöglicht, wenn das Mahnverfahren jetzt auf diesen höheren Streitwert ausgedehnt wird.

Es wurden in den vorangegangenen Debattenbeiträgen schon einige andere Punkte der Zivilverfahrens-Novelle erwähnt, ich möchte aber noch auf die Frage der Prozessbeschleunigung eingehen. Diesbezüglich ist sicherlich die Verpflichtung zu einer Prozessförderung, zu einem möglichst raschen Vorbringen der wesentlichen Tatsachen ein sehr wichtiger Bestandteil dieser Novelle, wenngleich ich es als positiv erachte, dass wir im Ausschuss klar festgestellt haben, dass hier auch die Richter gefordert sind, dass die Richter bei der vorbereitenden Tagsatzung auch die Verpflichtung trifft, ihre Rechtsansicht zu erörtern, und überraschende Rechtsansichten dann nicht dadurch zu Säumnisfolgen führen können, dass vielleicht auf Grund einer anderen Rechtsansicht des Gerichtes manche Tatsachen nicht rechtzeitig vorgebracht worden sind.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass ich die Bedenken von Frau Kollegin Stoisits, was die Schiedsgerichte der Anwaltskammern und Notariatskammern betrifft, auch nicht teilen kann, weil hiedurch keine Einschränkung der Möglichkeit, zum staatlichen Gericht zu gehen, erfolgt, sondern zusätzliche Institutionen geschaffen werden. Die beiden Standesvertretungen haben sich bereit erklärt, solche Schiedsgerichte einzurichten, und es bleibt letztlich der Entscheidung der Parteien überlassen, ob sie diese in Anspruch nehmen oder nicht. Im Großen und Ganzen kann damit eine gewisse Entlastung der Justiz und damit auch eine beschleunigte Behandlung der anderen Verfahren gewährleistet werden.

Ich glaube daher, dass die Ziele dieser Novelle mit diesem Werk, das jetzt zur Beschlussfassung vorliegt, durchaus erreicht werden können, wenngleich natürlich die Verbesserung der Qualität der Justiz ein ständiger Prozess sein wird und sicherlich Frau Kollegin Mertel Recht zu geben ist, wenn sie sagt, dass in anderen Teilbereichen auch in Zukunft weiterhin an solchen Qualitätsverbesserungen gearbeitet werden muss. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

20.09

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung und vor allem der Justizminister beweisen einmal mehr, dass auf geänderte Bedingungen und neue Anforderungen sofort reagiert wird.


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97. Sitzung / Seite 201

Die Insolvenzrechts-Novelle, meine Damen und Herren, ist notwendig geworden, weil man den Erfahrungen aus der Privatkonkursregelung beim Schuldenregulierungsverfahren Rechnung tragen will. Sie ist unter anderem aber auch deshalb notwendig geworden, weil Unzulänglichkeiten bei der Bestellung des Masseverwalters behoben werden sollen.

Ein weiterer Punkt, der in dieser Insolvenzrechts-Novelle zu sanieren ist, ist letztlich die Möglichkeit des Missbrauchs des Insolvenzverfahrens für den Verkauf eines Unternehmens zu einem unangemessen niedrigen Preis an eine Auffanggesellschaft des Schuldners. Kollege Krüger hat bereits auf einen konkreten Beispielsfall – es gibt aber nicht nur einen, sondern es gibt mehrere – hingewiesen, in dem der Konkursant oder seine Familie unbehelligt weiterarbeiten und das Unternehmen zu einem billigen Preis gekauft haben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Insolvenzrechts-Novelle 2002 sieht vor, dass bei geplanten Unternehmensveräußerungen neben dem Konkursgericht auch ein Gläubigerausschuss die Veräußerung zu genehmigen hat. – Das ist die Antwort darauf.

Zum Thema Masseverwalter: Für die Auswahl des Masseverwalters ist nach wie vor das Konkursgericht zuständig; die Bestellung erfolgt aber nur, wenn das notwendige Anforderungsprofil auch tatsächlich gegeben ist. Es wird eine Insolvenzverwalterliste eingerichtet, damit sich der Konkursrichter besser über die als Masseverwalter in Betracht kommenden Personen informieren kann.

Meine Damen und Herren! Schließlich wird im Schuldenregulierungsverfahren die Stellung des Treuhänders im Abschöpfungsverfahren wesentlich gestärkt.

Aber nicht nur die Insolvenzrechts-Novelle, sondern auch die ZGV-Novelle ist eine Umsetzung des Regierungsprogrammes, das für diese Gesetzgebungsperiode vorsieht, dass in der Justizpolitik eine Beschleunigung der Gerichtsverfahren stattfinden sollte. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie alle kennen die Beschwerden, die von der Bevölkerung immer wieder auch an uns herangetragen werden, dass Gerichtsverfahren zu lange dauern und oft – oder zumindest manchmal – mutwillig verzögert werden.

Diese Novelle sieht eine Beschleunigung, eine Vereinfachung, eine Steigerung der Effizienz dieses Verfahrens vor. Unter anderem gilt es in Zukunft, dass bereits in der vorbereitenden Tagsatzung der Prozessstoff umfassend zu präsentieren ist und dass auch grob schuldhaft verspätetes neues Vorbringen der Parteien zurückgewiesen werden kann. Es handelt sich hier sicherlich um sehr sinnvolle Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, wir reagieren rasch auf die neuen Anforderungen. Es ist sehr erfreulich – und das sage ich ausdrücklich auch zu den Oppositionsparteien –, dass auch die Opposition diesen Regierungsvorlagen zustimmt. Es ist ein Signal dafür, dass SPÖ und Grüne auch zu einer Sachpolitik fähig und zu einer Sachpolitik bereit sind. (Abg. Schwemlein: Immer!)

Meine Damen und Herren! Denken Sie aber auch dann, wenn nach einigen Tagesordnungspunkten das Vereinsgesetz beziehungsweise dessen Novelle zur Diskussion ansteht, daran, keine Fundamentalopposition, sondern sinnvolle Sachpolitik zu betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

20.13

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben als Oppositionspartei diesen beiden Vorlagen zugestimmt, weil die Regierung, insbesondere auch die Regierungsparteien bereit waren, auf Kritik einzugehen. Kollege Mainoni, wir sind für Sachpolitik jederzeit bereit, wenn man auf


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unsere Argumente hört, und ich gestehe, in beiden Vorlagen gab es entsprechende Abänderungen, sodass wir zustimmen konnten. (Abg. Böhacker: Nicht "konnten"! "Mussten"!)

Herr Bundesminister! Ich habe es bereits im Ausschuss gesagt: Wir vermissen natürlich, dass das Außerstreitverfahren derzeit nicht Gegenstand der Diskussion ist, weil wir glauben, dass das Außerstreitverfahren im Rahmen einer Zivilverfahrens-Novelle, aber auch im Rahmen einer Insolvenzrechts-Novelle diskutiert werden sollte.

Wir begrüßen grundsätzlich die Zielrichtung, dass Insolvenzmissbrauch verhindert werden soll. Herr Bundesminister, ich darf Sie allerdings auf ein Problem aufmerksam machen: Schauen Sie sich den Entwurf des Bundesministers Bartenstein zur Gewerbeordnung genau an! Laut diesem Entwurf ist nämlich ein Konkurs kein Gewerbeausschließungsgrund mehr, und wir befürchten, dass gerade durch diese Bestimmung Missbrauch weiterhin möglich bleibt. Wir Sozialdemokraten werden das mit allem Nachdruck ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass gerade im Konkursverfahren – ich denke dabei etwa an die WEB-Bautreuhand-IMMAG-Konkurse – auch die geschädigten Anleger erwarten können, dass schneller entschieden wird. Im Jahr 1989 die Anzeige und im Jahr 2001 das Ende der Konkursverfahren – das, Herr Bundesminister, ist den Bürgern nicht zumutbar!

Ich möchte aber die Gelegenheit auch wahrnehmen, um auf ein allgemeines Problem hinzuweisen, Herr Bundesminister: Beide Materien müssen von den Gerichten angewendet werden. Wir haben nun die Diskussion über die Neuorganisation der Gerichtsorganisation. Es geht um die Bezirksgerichte, und, Herr Bundesminister, eines verstehe ich nicht: Es gab in Salzburg eine Sitzung mit Vertretern der Landesregierung mit einem Protokollvermerk des Herrn Landeshauptmannes Schausberger, wonach vereinbart war, dass mit den betroffenen Gemeinden gesprochen wird. – Ich höre in Salzburg, Herr Bundesminister, dass Sie mit diesen Gemeinden nicht gesprochen haben und jetzt auf Umwegen Ihre Lösung suchen. – Herr Bundesminister! Das ist aus unserer Sicht demokratiepolitisch nicht akzeptabel!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stimmen diesen Vorlagen zu, sehen aber insbesondere im Bereich des Privatkonkurses einen enormen Reformbedarf. Diese Novelle kann nur der erste Schritt sein. Die Lösung ist unvollständig. Wir werden in Kürze mit unseren Forderungen an Sie herantreten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

20.16

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

20.17

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist ein wichtiges Anliegen, dass Zivilverfahren, bei denen es ja um konkrete Themen und um wirtschaftliche Sachverhalte geht, in einer überschaubaren Zeit abgeschlossen werden. Nur so kann man das Vertrauen in den Rechtsstaat sicherstellen und wirtschaftlichen, aber auch immateriellen Schaden abwenden.

Es ist aber auch klar, dass es aus denselben Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauens notwendig ist, die richtige Balance zu finden zwischen einer Straffung des Verfahrens und der Erreichung des Zieles, nämlich der Herstellung eines rechtskonformen Zustandes.

Ich möchte jetzt nicht auf die Details der Novelle eingehen, da das bereits ausführlich erörtert worden ist. Wir haben uns dazu entschlossen, zuzustimmen, weil es doch in einigen Punkten zu Änderungen gekommen ist. Eine Frage, die ich sehr interessant finde, ist die der umfassenden Präsentations- und Erörterungspflicht in der vorbereitenden Tagsatzung. Dabei wird sehr genau zu beobachten sein, wie sich das auswirkt, ob es dadurch tatsächlich zu einer Beschleunigung der Verfahren kommt oder ob, wie manche Experten befürchten, im Gegenteil die Verfahren verlängert werden.


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Ich denke, dass wir bei dieser Novelle im Auge behalten müssen, dass eine Verfahrensbeschleunigung zwar etwas ist, was begrüßenswert ist, dass es aber einer ganzen Reihe von Maßnahmen bedarf, um tatsächlich eine Beschleunigung zu erwirken.

Das ist ein Thema, das wir uns sehr genau ansehen müssten, und ich würde es begrüßen, wenn wir zum Beispiel eine Enquete-Kommission einsetzen könnten, die auch tatsächlich all die verschiedenen Gründe der Verzögerung von Verfahren erörtern könnte. Es sind sicherlich nicht immer und nur die Parteien, die ein Verfahren verschleppen; das Problem der Sachverständigen ist schon angesprochen worden.

Es wird eines Bündels von Maßnahmen bedürfen, um hier tatsächlich eine merkbare Verbesserung herbeizuführen, wobei ich leider anmerken muss, dass das Sparen am falschen Platz in der Justiz nur zu negativen Ergebnissen führen kann. Eine gute personelle und sachliche Ausstattung der Gerichte ist ein notwendiges Erfordernis, um die an sich international gesehen durchaus positive Stellung der österreichischen Justiz weiter zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

20.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

20.20

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte eingangs auf jene Redner Bezug nehmen, die mit vorwurfsvollem Unterton einen Vergleich zwischen Böhmdorfer und Broda angesprochen haben. – Bezogen auf den heutigen Tag hat niemand und habe auch ich kein Interesse an diesem Vergleich, weil er erstens nichts bringt und zweitens offen gestanden nur eine Stimmung erzeugt, die wir heute nicht brauchen können.

Die großen Leistungen von Christian Broda, auch die negativen, sind unbestritten. Ich habe mich mehrfach positiv über ihn geäußert, mehrfach aber auch negativ, zum Beispiel hinsichtlich seiner Handhabung des Weisungsrechtes. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir heute auf die Gesamtleistung dieses Hohen Hauses in Zusammenarbeit mit dem Justizapparat stolz sein wollen und hier nicht einen – missverstandenen – Leistungsvergleich ziehen wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich gehe nun auf die einzelnen Beiträge wie folgt ein: Frau Abgeordnete Mag. Stoisits! Betreffend die Schiedsgerichte und die angebliche Auslagerung einer staatlichen Tätigkeit möchte ich Folgendes sagen: Es gibt diese Schiedsgerichte seit eh und je. Sie werden angewendet. Der Abschluss von Schiedsverträgen ist notwendig, um solche Schiedsverfahren durchzuführen. Es handelt sich hiebei aber nicht um eine Auslagerung in dem Sinn, wie Sie das aufgezeigt haben.

Frau Abgeordnete Mag. Stoisits! Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass Schiedsgerichte mit den staatlichen Gerichten konkurrieren. Warum nicht? – Konkurrenz bringt Kunden, und warum sollen nicht die Schiedsgerichte, wenn sie in einigen Fällen größere Akzeptanz finden sollten, mit den staatlichen Gerichten konkurrieren? Warum nicht? Es ist ganz normal, dass sich die Schiedsgerichte besonders bemühen, etwa jene der Notare oder der Rechtsanwälte. Wenn den Rechtssuchenden damit geholfen ist, dann haben wir damit eine gute Einrichtung geschaffen.

Das hat sicherlich keinen Zusammenhang damit, dass die Rechtsanwaltskammern oder die Notariatskammern über mehr PCs verfügen, denn die Justiz ist mit PCs voll ausgerüstet und hat die beste technische Ausrüstung, die beste Software und den besten Informationstechnologieeinsatz der Welt. Daran kann es also nicht liegen!

Was die Gerichtsorganisation anbelangt, auf die Sie auch Bezug genommen haben, möchte ich Folgendes sagen: Diesbezüglich wird nicht mit Tricks gearbeitet, sondern es wird lediglich die missbräuchliche Verwendung einer Verfassungsbestimmung beantwortet.


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Was ist eigentlich geschehen? – Im Jahre 1920 hat der Verfassungsgesetzgeber festgelegt, dass die Landesregierungen mit Verordnung zustimmen müssen, wenn Bezirksgerichtssprengel verlegt werden. Warum hat er das getan? – Weil vermieden werden sollte, dass Gerichtssprengel sich mit Verwaltungssprengeln überschneiden.

Heute wird diese Bestimmung, wie ich sage, missbräuchlich verwendet, um eine sinnvolle Zusammenlegung der Bezirksgerichte zu verhindern. Selbstverständlich greift man dagegen zu einer zulässigen Maßnahme und nicht zu einem Trick, wie Sie gesagt haben: Es ist zulässig, Gerichtssprengel beziehungsweise Gerichtssitze so zu verlegen, dass sie mittels Bundesgesetz in einen anderen Ort verlegt werden. Das kann schon deshalb nicht verfassungswidrig sein, weil es solche Gesetze und auf diese Art eingerichtete Gerichte bereits gibt. Im Gegenteil: Es ist rechtsmissbräuchlich, eine Blockadepolitik zu betreiben. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ursprünglich hat mich der Justizsprecher der SPÖ, Herr Dr. Jarolim, sogar aufgefordert und ermuntert, diese Gerichtsorganisationsnovellierung und -reform zu betreiben, offenbar in der Hoffnung, er könnte damit einen Keil zwischen die Regierungsparteien treiben. – Nunmehr, da er merkt beziehungsweise ihm von Landeshauptmann Dr. Pühringer gesagt wurde, dass 75 Prozent der Bevölkerung in Oberösterreich bereits die Zusammenlegung der Bezirksgerichte wünschen, legt sich die SPÖ auf einmal quer. Das versteht kein Mensch! Bei dieser Frage haben sich die SPÖ-Politiker vom Willen der Bevölkerung entfernt und werden sich in der weiteren Folge der Abwicklung blamieren! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Insolvenzrechts-Novelle wurde zu Recht gelobt. Es ist dies ein großer Entwurf und gleichzeitig ein großer Wurf. Ich bedanke mich bei den Spitzenbeamten unseres Hauses, Herrn Dr. Mohr und Frau Dr. Dimmel, für diese Novelle, die mit Sicherheit dazu führen wird, dass Insolvenzen in Zukunft sicherer, verlässlicher und mit besseren Ergebnissen abgewickelt werden können.

Betreffend die Zivilprozessordnung bedanke ich mich bei Frau Dr. Kloiber, Frau Dr. Wais und Herrn Dr. Haller. Es war zwei Jahre hindurch ein schweres Stück Arbeit, begleitet von vielen Phasen der Unsicherheit und der Irritation. Es gab aber auch viele neue Vorschläge, und nicht zuletzt verhalf uns – auch das darf ich anerkennend erwähnen – der Vorschlag eines Sozialpartners zum Durchbruch und zum Konsens. Die Arbeiterkammer hat jenen Vorschlag zum Widerspruch gemacht, den wir letztlich übernommen haben, und das war richtig so.

Ich darf Ihnen aber sagen, dass gerade der Widerspruch oft rechtsmissbräuchlich verwendet wurde. Wir haben jetzt diese missbräuchliche Komponente in erfolgreicher Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer herausgenommen. Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Vorführung eines Sonderfalles bewiesen, dass man mit rechtsmissbräuchlichem Einsatz eines Widerspruches ein Verfahren bis zu zwei Jahren verzögern kann. Das wollten wir verhindern, und durch diesen Kompromiss werden wir es in Zukunft wohl auch verhindern können.

Herr Abgeordneter Mag. Maier! Zur Frage des Schutzes der Konsumenten vor der Beseitigung des Widerspruchs und zu hohen Streitwertgrenzen bei Mahnverfahren möchte ich sagen: Übersehen Sie nicht, Herr Abgeordneter, dass sehr viele Konsumenten als Kläger auftreten, und vergessen Sie nicht, dass jede Sekunde, die zwischen dem Bestehen eines Anspruches und einem rechtskräftigen Urteil vergeht, für den Gläubiger eine verlorene Sekunde ist!

Viele Gläubiger sind Konsumenten, und Sie sprechen nur für einen Teil der Konsumenten, wenn sie von den Beklagten sprechen. – Ich glaube, hier liegen Sie nicht ganz richtig. Trotzdem haben wir Ihre Bedenken geteilt, und wahrscheinlich war das im Sinne eines Kompromisses ganz gut so. Aber es wird dies nicht die letzte ZPO-Novelle sein, und ich glaube, wir werden das in Zukunft noch einmal gemeinsam überdenken müssen.

Wir haben heute wirklich einen Kompromiss gefunden. Ich bedanke mich dafür, und ich bedanke mich auch dafür, dass anerkannt worden ist, dass eine neue Stimmung eingekehrt ist. –


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Wenn ich persönlich dazu eine Bemerkung machen darf, möchte ich sagen: Auch wir waren immer bereit, den Kompromiss zu suchen. Wenn es in der Vergangenheit Missverständnisse gegeben hat, an denen ich schuld war, soll es mir nachträglich recht sein, wenn diese überwunden sind. Ich bedanke mich jedenfalls für diese Debatte, die sachlich und korrekt war und Hoffnung für die Zukunft gibt. – Danke schön! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

20.28

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich werde in meinem Redebeitrag nochmals ganz kurz auf die Insolvenzrechts-Novelle eingehen. Diese bringt sehr notwendige Verbesserungen im Konkursrecht – etwa betreffend die Neubestellung, die objektive Erfassung und die Auswahl von Masseverwaltern sowie Erweiterungen bei den Insolvenzdateien und eine Verhinderung von Konkursschwindel –, und das ist gut so. Wir werden daher diesem Gesetz gerne zustimmen.

Ich habe mir aber, weil die Probleme gerade im Zusammenhang mit dem Privatkonkurs auf der Hand liegen, auch die Statistik betreffend Privatverschuldung und Privatkonkurse angeschaut: Rund 300 000 Menschen in Österreich sind verschuldet, und zwar mit einem Durchschnittsbetrag von über 74 000 €. Im Jahre 2001 wurden 3 664 Konkursanträge gestellt, und die Zahlen steigen. Auch die Verschuldung von Jugendlichen nimmt laufend zu.

In Anbetracht dessen frage ich mich: Wo bleiben eigentlich die Maßnahmen zur Eindämmung dieser privaten Verschuldung? Ich vermisse diesbezüglich ein konkretes Konzept. Ich weiß, dass in diesem Zusammenhang auch der Finanzminister gefordert ist. Es müsste zum Beispiel Bestimmungen geben – ich kann das aus der Praxis sagen –, mit welchen verhindert wird, dass Jugendliche in die Schuldenfalle tappen, beziehungsweise Regelungen, die verhindern, dass die Betroffenen in der Schuldenfalle gefangen bleiben.

Gerade bei Jugendlichen wäre es zum Beispiel notwendig, den Höchstrahmen für die Überziehung ihres Kontos im Verhältnis zu ihrem Einkommen zu limitieren. Ich weiß, dass dieser Überziehungsrahmen besonders für Lehrlinge und für Studenten äußerst großzügig gestaltet ist, und für die Geldinstitute ist es dann relativ leicht, die Rückzahlung des Überziehungsbetrages bis zur Volljährigkeit zu prolongieren und die Schulden dann mit Zins und Zinseszins einzufordern.

Nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen ist es ein weiteres Problem, dass Bürgschaften viel zu schnell, viel zu leicht und bedenkenlos übernommen werden. Ich meine, dass eine zusätzliche Schulung, ein Gespräch mit den Bürgen darüber, welche Risken sie eingehen, notwendig wäre.

Ich halte es für wichtig, dass bei Zahlungsverzug zuerst die Kosten, dann das Kapital und zuletzt erst die Zinsen abgedeckt werden. Außerdem halte ich es für wichtig, dass die Zinsen auf die Höhe des Kapitals beschränkt werden, weil die Schuldner sonst keine Chancen haben, je wieder aus dieser Schuldenfalle herauszukommen.

Nochmals: Zur Insolvenzrechts-Novelle sagen wir ja. Ich appelliere aber an Sie, dass Sie vor allem die von uns aufgezeigten Mängel im Bereich der Privatinsolvenz aufgreifen, dass es eine konstruktive Diskussion darüber und auch Lösungen in diesem Bereich gibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


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97. Sitzung / Seite 206

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über eine Insolvenzrechts-Novelle 2002 samt Titel und Eingang in 1048 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über eine Zivilverfahrens-Novelle 2002 samt Titel und Eingang in 1049 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist neuerlich einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (989 der Beilagen): Bundesgesetz über das Wohnungseigentum (Wohnungseigentumsgesetz 2002 – WEG 2002) sowie über Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, des Mietrechtsgesetzes und der Exekutionsordnung (1050 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem im Hinblick auf die Schaffung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Erwerbsgesellschaftengesetz, die Exekutionsordnung, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002) (1051 der Beilagen)


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10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 153/A (E) der Abgeordneten
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket für leistbares und kostengünstigeres Wohnen (1052 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 190/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (1053 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 557/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz 1975 geändert werden (1054 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Bures. Ich erteile es ihr.

20.35

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es freut mich sehr, dass Sie anwesend sind! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute eine Abänderung zum Wohnungseigentumsgesetz, wobei ein sehr wesentlicher Teil darauf zurückzuführen ist, dass wir Sozialdemokraten schon lange diesbezügliche Initiativen gesetzt beziehungsweise entsprechende Forderungen gestellt haben. (Abg. Dr. Grollitsch: Wann?)

Daher möchte ich eingangs die Möglichkeit von Wohnungseigentumsbegründung auch mit einer Eigentümerpartnerschaft positiv hervorheben. Es ist mir sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass ich es sehr begrüße, dass diesbezüglich kein Unterschied zwischen gleichgeschlechtlichen oder verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften gemacht wird. Ich finde, das ist ein sehr positiver Ansatz in dieser Vorlage, die wir heute diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Genau dieser eine, sehr positive Teil war Teil Ihrer Regierungsvorlage, die in Begutachtung gegangen ist. Es hat dann eine Reihe von Stellungnahmen dazu gegeben, und es ist in diesem Zusammenhang eine meiner Auffassung nach taugliche Regierungsvorlage in Begutachtung gegangen, und das war erstaunlich, denn das war, wie wir wissen, in den letzten Monaten bei der Wohnrechtsgesetzgebung nicht üblich. Da sind Sie nämlich ohne Begutachtung drübergefahren. Das war also ein sehr positiver Schritt! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Ich bedauere nur sehr, dass 36 Stunden vor der Debatte im Ausschuss ein Abänderungsantrag aufgelegt wurde, der an sich parlamentarisch noch nichts Unübliches ist. Er ist allerdings dann unüblich, wenn er zu einer so komplexen Materie so kurz vorher kommt und wenn Juristen auch aus Ihrem Haus sagen, dass er doch systematisch bedenkliche Passagen mit grundlegenden Änderungen beinhaltet. (Abg. Böhacker: Wie haben es denn Sie gemacht, als Sie in der Regierung waren?)

Genau bei diesem Teil haben Sie sich wieder einer Begutachtung entzogen. Das liegt aber vielleicht nicht an Ihnen, Herr Bundesminister. Ich weiß nicht genau, ob Sie in dieser Frage vor der ÖVP in die Knie gegangen sind beziehungsweise woran es liegt, dass es kurzfristig einen Abänderungsantrag mit derart massiven, grundlegenden Änderungen gegeben hat.


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Das ist eine Kritik, die ich anbringe, weil ich in Wohnrechtsfragen, ob es sich um das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz oder das Wohnungsgenossenschaftsgesetz handelt, immer sage: Das sind Materien, von denen so viele Menschen betroffen sind und die mittlerweile so komplex sind, dass ich es für notwendig halte, dass diesbezüglich auch alle Experten und all jene, die damit zu tun haben, vor allem auch Mietrechtsschützer, zu Wort kommen. Das war diesmal nicht der Fall!

Es gibt aber, wie gesagt, auch einen sehr positiven Punkt, nämlich die Eigentümergemeinschaft für gleichgeschlechtliche und verschiedengeschlechtliche Partnerschaften.

Ich möchte in aller Kürze auch Kritik anbringen. Ich halte das für wichtig, damit sie auch im Stenographischen Protokoll – auch wenn es jetzt spät ist – vermerkt ist.

Herr Bundesminister! Der erste Kritikpunkt an der Vorlage betrifft die Eigentumsbildung bei Substandardwohnungen. Das öffnet Spekulanten in diesem Staat Tür und Tor! (Abg. Neudeck: Toilettentüren!) Um es auf den Punkt zu bringen: Man ist dann quasi Mehrheitseigentümer des "Häusels" am Gang, denn bei einer Substandardwohnung teilen sich eben drei oder vier Wohnungseigentümer die Toilette. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist skandalös!) Das öffnet Spekulanten Tür und Tor!

In Wahrheit geht es wahrscheinlich wieder darum, dass Sie Ihrem Saisonniermodell nachkommen und Menschen in solchen Liegenschaften menschenunwürdig unterbringen wollen, aber das lehnen wir ab! – Wir hätten den Kurs eingeschlagen, Investoren dafür zu gewinnen, die dafür sorgen, dass es zu einer Anhebung der Kategorie kommt, aber nicht zu ermöglichen, dass man sozusagen Mehrheitseigentümer eines gemeinsamen "Häusels" wird. Das ist aber leider Ihr Vorschlag! (Beifall bei der SPÖ.)

Mein zweiter Kritikpunkt betrifft die Frage, ob es eine zwingende Begründung von Wohnungseigentum an allen wohnungseigentumsfähigen Objekten geben soll. Herr Bundesminister! Auch da sind Sie jedoch die falsche Adresse, denn in der Regierungsvorlage, die Sie aufgelegt haben, war sogar eine Kritik darüber enthalten. Das war in der Regierungsvorlage nicht vorgesehen, sondern das ist erst im Abänderungsantrag enthalten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.  – Abg. Dr. Fekter: Eine gute Sache!)  – Das war in der Regierungsvorlage nicht nur nicht vorgesehen, Frau Kollegin Fekter, sondern der Herr Bundesminister hat in seiner Regierungsvorlage auch noch erläutert – das war ein Vorschlag aus Laxenburg; da war ich anwesend, Sie nicht –, wie sich das mit der Gründung von Wohnungseigentümergemeinschaften verhält. (Abg. Dr. Fekter: Ich war sehr wohl auch in Laxenburg!)

Frau Fekter! In der Regierungsvorlage steht unter den Erläuternden Bemerkungen ganz klar, dass das in hohem Maß zu einem Konfliktpotential führt und viel mehr Fragen aufwirft als tatsächlich beantwortet.

Herr Bundesminister! Sie legen eine Regierungsvorlage auf, in der Sie eine Maßnahme, die zwar gefordert wurde, zu Recht kritisieren, offensichtlich bekommen Sie dann aber von Frau Fekter einen Abänderungsantrag, in dem dieser Schwachsinn enthalten ist, und das ist für uns natürlich nicht nachvollziehbar! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Man wird doch gescheiter werden dürfen, oder nicht?)

Ich möchte jetzt noch auf die Anträge, die auch ich eingebracht habe, in aller Kürze eingehen.

Nachdem Herr Khol und die ÖVP über ihren Schatten gesprungen sind und es ermöglichen, dass auch gleichgeschlechtliche Lebenspartner Wohnungseigentümer werden können, steht meiner Meinung nach nichts mehr im Wege, das auch im Mietrechtsgesetz zu verankern. Auch gemäß § 14 MRG sollte es im Fall des Todes eines gleichgeschlechtlichen Lebenspartners möglich sein, ins Mietrecht einzutreten. (Abg. Dr. Fekter: Das brauchen wir nicht zu machen!)  – Ich fordere Sie auf, dem zuzustimmen, denn das hat etwas mit Menschenrechten zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Bundesminister! Betreffend die Richtwerte im Mietrechtsänderungsgesetz haben wir es mit einer ausufernden Situation zu tun. Ich habe, wie Sie wissen, tagtäglich damit zu tun, und ich kann immer wieder feststellen, dass bei den Zu- und Abschlägen, vor allem natürlich aber bei den Zuschlägen, der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind.

Daher lade ich Sie ein: Stimmen Sie dafür, dass die Mieter in Zukunft klar nachvollziehbare und faire Mieten vorfinden! Wischen Sie das nicht immer mit dem Argument des freien Markts vom Tisch! Eine Wohnung ist keine Wurstsemmel! Es ist ein Grundrecht, ein Dach über dem Kopf zu haben! (Zwischenruf des Abg. Neudeck. )

Mein dritter und letzter Kritikpunkt betrifft das Hausbesorgergesetz: Auch diesbezüglich liegt ein Antrag von mir vor. Ich muss Ihnen das in Erinnerung rufen, denn die Zeit drängt. Das hat etwas mit den Hausabrechnungen zu tun, und daher drängt in diesem Bereich die Zeit. Sie haben in einer Nacht- und Nebelaktion durch die Aufhebung des Hausbesorgergesetzes eine ganze Berufsgruppe ohne rechtliche Grundlage stehen gelassen! (Abg. Dr. Fekter: Warum schließen sie keinen Kollektivvertrag ab?)

Frau Fekter, schämen Sie sich! 80 Prozent davon sind Frauen, die jetzt nicht mehr gesichert sind und nicht wissen, wie es mit ihnen weitergeht! (Zwischenruf des Abg. Zweytick. ) Und es sind auch Nachteile für die Mieter entstanden. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin für Wahlfreiheit. Ich bin dafür, dass sich die Mieter aussuchen können, ob sie einen Hausbesorger oder eine Reinigungsfirma in der Wohnhausanlage haben wollen. Sie verhindern das! Sie haben Menschen – 80 Prozent davon sind Frauen, die im Schnitt unter 10 000 S verdienen – ohne rechtliche Grundlage zurückgelassen. (Abg. Neudeck: Das sind "Bures’ Erzählungen"!)

Daher werden wir nur dem einen Teil der Vorlage, in dem es um die Begründung von Eigentum auch für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften geht, zustimmen. – Ansonsten handelt es sich auf Grund des Abänderungsantrages im Unterschied zur Regierungsvorlage um ein sehr schlechtes Gesetz, das abzulehnen ist. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall auf der Galerie.)

20.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich ersuche die Besucher auf der Galerie, von Beifalls- oder Missfallenskundgebungen abzusehen. Das ist laut Geschäftsordnung nicht erlaubt.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

20.43

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister Böhmdorfer! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin insgesamt sehr froh über dieses große Reformwerk, auch wenn von verschiedenster Seite Kritik kommt. Da die Kritik allerdings einerseits von Frau Bures und andererseits von den Immobilienmaklern kommt, kann es nur ein guter Kompromiss sein, und daher bin ich nicht unzufrieden! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir erleichtern mit diesem großen Reformwerk den Eigentumserwerb an Wohnungen, und zwar den Erwerb von Wohnungseigentum für eine oder zwei natürliche Personen. Ich betone das, damit nicht der Eindruck entsteht, es würden jetzt nur mehr homosexuelle Lebensgemeinschaften Wohnungen erwerben können. So ist das nämlich nicht gemeint! Gemeint sind vielmehr zwei natürliche Personen – das können selbstverständlich auch Mutter und Tochter, zwei Geschwister, Freunde, Lebensgemeinschaften, und zwar nicht nur gleichgeschlechtliche, sondern Lebensgemeinschaften jeder Art, sein.

Mit Sicherheit wird der Erbfall, in welchem Kinder eine Wohnung gemeinsam erwerben, der häufigere sein, und es wird mit Sicherheit im Hinblick auf Pflegeleistungen auch ein Wohnungserwerb zum Beispiel durch die Tochter, die mit der zu pflegenden Mutter eine gemeinsame Wohnung bewohnen und auch gemeinsam besitzen will, wesentlich häufiger vorkommen als


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97. Sitzung / Seite 210

durch eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft. – Ich möchte das deshalb erwähnen, weil von der Opposition hier so getan wird, als wäre das nur in eine Richtung novelliert worden.

Wir erleichtern weiters den Eigentumserwerb an Kfz-Abstellplätzen, sowohl in einer Tiefgarage als auch im Freien. Eine Bestimmung zu schaffen, durch die man an einem Kfz-Abstellplatz auch Eigentum erwerben kann, war uns mit den Sozialdemokraten nie und nimmer möglich.

Weiters erleichtern wir auch den Eigentumserwerb an Lagerräumen beziehungsweise an Substandardwohnungen. Ich gebe Ihnen Recht, dass dabei nicht das gemeinsame "Häusel" von Interesse sein wird. Aus mir unverständlichen Gründen war es jedoch bisher nicht erlaubt, einen Lagerraum im Eigentum zu haben. Und warum soll es nicht auch möglich sein, dass jemand eine Substandardwohnung ins Eigentum erwirbt, sie in seinem Sinne erneuert, umbaut und in sie investiert? (Abg. Dr. Jarolim: Das ist aber sehr zynisch!)

Wir erleichtern auch die Begründung von Wohnungseigentum für einen Alleineigentümer an allen Objekten eines Hauses, ein so genanntes vorratsvorläufiges Eigentum. Das schafft Rechtssicherheit, und zwar deshalb, weil der künftige Erwerber eines Objektes im Grundbuch schon ganz genau sieht, wie das Eigentum ausschaut, das er erwerben wird.

Wir erleichtern auch die Wohnungseigentumsbildung am gesamten Haus. Das heißt, wir schreiben vor, dass, wenn parifiziert wird, das gesamte Haus zu parifizieren ist, denn gemischte Objekte waren nicht nur sehr, sehr schwer zu verwalten, sondern bei gemischten Objekten bestand auch Rechtsunsicherheit. Die Neuregelung schafft nun Rechtssicherheit.

Bei den Vorarbeiten zu diesem Gesetz gab es eine Fülle von Wünschen. Die ersten Wünsche wurden in Laxenburg formuliert, und, Frau Kollegin Bures, ich war ebenfalls in Laxenburg und habe das alles gehört. Es gab eine Fülle von widerstreitenden Wünschen zu dieser Novelle, und je nach Interessenlage bestimmt selbstverständlich der Standort den Standpunkt. Wir hatten daher einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der Verwaltbarkeit, der Erhaltung und effizienten Betreuung von Häusern einerseits und der individuellen Eigentümerrechte andererseits zu finden. Wir haben uns dabei von Grundprinzipien leiten lassen, die wir immer wieder im Auge hatten, um nicht das Ganze aus den Augen zu verlieren.

Erstens ging es um eine Harmonisierung der Bewirtschaftungskosten und um die Vermeidung einer weiteren Rechtszersplitterung. Daher ist die Erhaltung im neuen Wohnungseigentumsgesetz genauso definiert wie im Mietrecht.

Zweitens wollten wir unter gar keinen Umständen eine Beschneidung bestehender Rechte. Das ist uns auch gelungen. Wir haben in bestehende Rechte nicht eingegriffen, und daher verstehe ich nicht, warum die Sozialdemokratie diesem Gesetz gar so kritisch gegenübersteht!

Der dritte Grundsatz war, dass wir weg von der Zwangsbewirtschaftung hin zu einer freien Eigentumsentscheidung kommen wollen. Wir wollen die Wohnungseigentümer in ihren Entscheidungen wenig bevormunden und schon gar nicht behindern.

Der vierte Grundsatz war, dass wir die Verwaltung und die Erhaltung der Häuser effizienter gestalten wollen, insbesondere bei der Villenbildung. Gerade bei den Verwalterwünschen konnten wir aber nicht alles berücksichtigen, vor allem dann nicht, wenn sie den anderen Prinzipien diametral zuwidergelaufen wären.

So ist beispielsweise das Einstimmigkeitsprinzip bei außerordentlichen Maßnahmen für Verwalter oft sehr mühsam, das gebe ich zu. Es ist schwierig, einstimmige Beschlüsse herbeizuführen. Aber es ist nicht einzusehen, warum bei außerordentlichen Maßnahmen und außerordentlichen Investitionen Eigentümer durch die Mehrheit überfahren werden sollen.

Das Gleiche gilt für die obligatorische Eigentümerversammlung, die alle zwei Jahre stattfinden muss. Das ist zugegebenermaßen ein Aufwand für die Verwalter. Ich glaube aber, dass die Eigentümer ein Recht darauf haben, zumindest alle zwei Jahre zusammenzukommen, über ihr Eigentum zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen.


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Hinsichtlich der Einführung eines Eigentümervertreters bei Problemen mit dem Verwalter befürchten Verwalter, die seriös arbeiten, dass querulatorisch veranlagte Personen unter Umständen Unfrieden ins Haus bringen könnten. Ich hoffe aber, dass sich diese Einrichtung eher unterstützend für die Verwalter auswirken wird und dass es hier sehr wohl zu einem Konsens kommt.

Sie sehen daraus, dass es bei diesem Gesetzesreformwerk widerstreitende Interessen gab. Es ist ein ganz großes Reformwerk. Ich bedanke mich beim Herrn Minister, er hat es ja initiiert. Er hat gesagt: Wir schreiben, beginnend mit § 1, ein neues Gesetz, das wesentlich leichter lesbar und auch leichter und effizienter umsetzbar ist. – Ich glaube, das ist gelungen, Herr Minister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

20.51

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Eines habe ich mit Ihnen gemeinsam, Frau Fekter: Es stimmt, das Gesetz ist lesbarer, und es stimmt darüber hinaus, dass es günstig, übersichtlicher und besser als das WEG strukturiert ist. Keine Frage, das Kompliment geht an die Mitarbeiter im Justizministerium beziehungsweise von meiner Seite her durchaus auch an den Herrn Justizminister! (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Kein Problem, da stimme ich mit Ihnen überein. (Abg. Schwarzenberger: Werden Sie dann auch zustimmen?)

Ich stimme auch dahin gehend überein, dass es sinnvoll ist und einen massiven Fortschritt bedeutet, dass diese "Ehegatten-Wohnungseigentumsgeschichte" praktisch in eine allgemeine Eigentümerpartnerschaft übergeht. Im umfangreichen Bereich keine Frage: Das ist ein großer Fortschritt, und ich bin massiv dafür! (Abg. Neudeck: Wie schaffen Sie dann die Kurve, dass Sie nicht dafür sind?)

Es gibt allerdings ein paar Bedenken, die ich sozusagen nach ihrer Gewichtigkeit reihen möchte. Das eine Bedenken teile ich mit meiner Kollegin Bures: Eigentumsbegründung an Substandardwohnungen hat selbstverständlich einen massiven, großen Haken, abgesehen davon, dass es auch dazu einlädt, Spekulationen zu betreiben. (Abg. Neudeck: Wieso? Erklären Sie mir das!)

Dieser massive, große Haken ist der, dass sich womöglich eine Eigentümergruppe bildet, die finanziell zwar noch imstande ist, das Eigentum an der Wohnung zu erwerben, die aber finanziell womöglich nicht mehr in der Lage ist, Reparaturkosten mitzutragen, die am Gesamtobjekt anfallen. (Abg. Neudeck: Wohnungseigentum nur für Reiche!)

Das ist das Problem bei den Substandardwohnungen. Das war auch immer der Grund, warum in der Diskussion in Laxenburg Expertinnen und Experten, die in Richtung Wohnungseigentumsgesetz offensiv Vorschläge auf den Tisch oder auf das Pult legten, ihre Bedenken hatten. Das war auch der Grund, warum in dem Arbeitskreis im Justizressort bei der Eigentumsbegründung von Substandardwohnungen immer wieder Pro und Contra abgewogen wurden.

Aber ich weiß, jetzt sind andere Menschen am Werk, jetzt gibt es eine andere Regierungsmehrheit. Insofern wird hier für eine nur noch relativ geringe Zahl von Substandardwohnungen eine neue Option eröffnet, wobei wir sagen: Das ist nicht notwendig, denn sie verhindert eines, was sehr wohl notwendig wäre, nämlich eine Gesamtsanierung des Objekts einschließlich der Substandardwohnungen. So haben wir die Situation, dass womöglich Substandard wirklich Substandard bleibt, und das wollen wir nicht. (Abg. Neudeck: ... kriegen wir dann alle Substandardwohnungen weg?)  – Das war das eine große Bedenken.

Das zweite große Bedenken betrifft die Tatsache, dass jetzt diese Vorratsteilung, dieses vorläufige Wohnungseigentum kommt. Ich verstehe wirklich nicht, warum jetzt noch dieser Sprung weg von der Regierungsvorlage erfolgt ist – die Erläuternden Bemerkungen hat bereits Frau Kollegin Bures zum Besten gegeben –, worin noch eindeutig festgehalten wurde, das Ganze sei


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bedenklich, es werfe mehr Fragen auf, es sei juridisch schwierig, und von "problematischen Fremdkörpern" ist die Rede.

Aber dann auf einmal gibt es diesen Abänderungsantrag, und sozusagen über Nacht sind die Bedenken vom Tisch und die gravierenden Einwände unter dem Teppich. (Abg. Dr. Fekter: Wir sind gescheiter geworden!) Ich habe mich ja ... (Abg. Mag. Tancsits: Das ist Parlamentarismus!)

Herr Kollege Tancsits! Für mich waren die Vorbesprechung im Justizministerium (Abg. Dr. Fekter: Wir sind hier im Parlament gescheiter geworden!) und anschließend die Lektüre meiner E-Mails sehr interessant. Im Justizministerium habe ich mir ja gedacht: Halt, damit ist sicherlich ein Köder für die Eigentumsbegründung verbunden, damit die Eigentümer eines Hauses schneller Eigentumswohnungen loswerden. – Und siehe da, ein E-Mail im Büro hat eindeutig bestätigt, dass die Vorratsteilung vom Vorarlbergischen Haus- und Grundbesitzerverein massiv eingefordert wird.

Das Motiv ist ganz klar, und es steht auch da: Dadurch geht der Verkauf natürlich wesentlich schneller und unproblematischer über die Bühne. (Abg. Dr. Fekter: Ja, wir wollen Eigentumsbildung erleichtern!) Es ist klar, das ist eindeutig der Köder. Kein Problem von Seiten der Hauseigentümer, und anscheinend auch kein Problem von Ihrer Seite her gesehen. Allerdings gibt es juridische Bedenken, wobei ich mich an das halte, was im Hause Böhmdorfer notiert worden ist. Dort sind ja keine laienhaften Menschen am Werk, sondern ExpertInnen.

Das ist der zweite Punkt, dem wir nicht beipflichten können und bei dem wir zur Erneuerung des Wohnungseigentumsrechtes nicht mit Ihnen gemeinsam an einem Strang ziehen können.

Es gibt noch einen dritten Punkt, und dieser betrifft die Frage der Aushöhlung des Mieterschutzes. Das Problem liegt darin, dass durch diese Überführung, durch diese Zwangsparifizierung eines ganzes Objektes, wenn eine Wohnung verkauft wird, praktisch auch alle anderen Wohnungen in diesem Haus parifiziert werden müssen. Das ist insofern eine Aushöhlung des MieterInnenschutzes, als die Kündigung von Mietern in Eigentumswohnungen einem anderen Regime unterliegt als die Kündigung von Mietern in einem Gesamteigentum. Das eine ist MRG, das andere ist WEG.

Selbstverständlich wäre es systematisch sinnvoll, wenn der Kündigungsschutz gleich geregelt wäre. Aber Sie liberalisieren in Richtung Kündigungsschutz WEG, und das heißt, dass bei Eigenbedarf des Wohnungsbesitzers, des Hauseigentümers kein gerichtlicher Nachweis mehr erfolgen muss. Keine Frage, in welche Richtung das geht! (Abg. Neudeck: Ist aber vom Baujahr abhängig!) Aber unsere Richtung ist doch die Vertretung der Interessen der Mieterinnen und Mieter, und insofern können wir das – leider, sage ich jetzt in meinem Sinne – nicht mittragen.

Es gibt zwei weitere Aspekte, die wir hier kritisch durchleuchten möchten. Der eine Aspekt ist die Auswirkung auf das WEG. Wenn jetzt eine Wohnung parifiziert und als Eigentumswohnung verkauft wird, dann hat das auch eine Rückwirkung auf das Gesamtobjekt, das noch wohnungsgemeinnützig sein könnte. Ab nun ist es das nicht mehr, und das ist von Ihrer Regierungspolitik sicherlich auch beabsichtigt. Sie können aber hoffentlich nachvollziehen, dass wir da nicht mitgehen können und insofern unsere Bedenken gegen ein Wohnungseigentumsgesetz haben – und Sie haben ja interessanterweise selbst Bedenken geäußert –, das ursprünglich auch von uns aus verschiedenen Gründen sehr begrüßt worden ist.

Sie haben vermutlich gedacht: Da muss bei der Regierungsvorlage irgendwo ein Hund drinnen sein, der Wurm drinnen sein, weil die Opposition gar so froh ist! (Abg. Mag. Schender: Wo ist ein Hund drinnen?)  – Und über Nacht kamen dann die Abänderungsanträge.

Insofern sagen wir heute: Ein guter Entwurf, auch eine gute Regierungsvorlage, aber die Interessen, die dann über Nacht noch Platz gegriffen haben, können wir nicht mittragen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Nürnberger. )

20.57


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

20.57

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass auch Kollegin Bures die großen Würfe in diesem Gesetz – nämlich die verbesserte Gliederung, die allgemein verständlichere Sprache et cetera – würdigt. (Abg. Bures: Nein, das habe ich nicht ...!)  – Es tut mir nur Leid, dass sie nach wie vor lieber praktische Regeln des Marktes versteckt, so wie es die Sozialdemokratie immer gemacht hat. Ihr habt auch die Mieten nicht erhöht, sondern ihr habt einen Erhaltungsbeitrag eingehoben, damit man ja nicht zugeben muss, dass die Miete teurer wird.

Ihr seid auch gegen das Wohnungseigentum beim Substandard, obwohl jeder weiß, dass es auf dem Markt sehr wohl gemacht wird, weil durchaus auch Leute mit weniger Geld eine Wohnung kaufen und dann – zum Beispiel auch durch Zusammenlegung et cetera – selbst sanieren möchten. (Abg. Dr. Moser: Das Haus, das Dach?)  – Sie sagen, dem "Eigentums-WC" sei Tür und Tor geöffnet. – Das ist nicht richtig, sondern man ermöglicht auch finanziell etwas schlechter gestellten Leuten, Wohnungseigentum zu erwerben und dann selbst zu verbessern.

Bisher waren viele teure und umständliche Rechtskonstruktionen zur Begründung von gemeinsamem Wohnungseigentum nötig. Diese werden nun mit der Einrichtung der Eigentümerpartnerschaft entfallen. Es ist ein großer Wurf, dass es gelungen ist, das bisherige Ehegatteneigentum auf zwei natürliche Personen auszuweiten, sodass nicht der Trauschein allein den Zugang zum Wohnungseigentum ermöglicht.

Ich darf zum Wohnungseigentumsgesetz 2002 noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Neudeck, Kolleginnen und Kollegen zum Bundesgesetz über das Wohnungseigentum (Wohnungseigentumsgesetz 2002 – WEG 2002) sowie über Änderungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs, des Mietrechtsgesetzes und der Exekutionsordnung (989 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (1050 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz über das Wohnungseigentum (Wohnungseigentumsgesetz 2002 – WEG 2002) wird wie folgt geändert:

1. In § 21 Abs. 1 wird die Wortfolge "zum Letzten eines jeden Kalenderjahres" durch die Wortfolge "zum Ende jeder Abrechnungsperiode (§ 34 Abs. 2)" ersetzt.

2. In § 21 Abs. 2 wird die Wortfolge "zum Letzten eines jeden Kalenderjahres" durch die Wortfolge "zum Ende jeder Abrechnungsperiode (§ 34 Abs. 2)" ersetzt.

3. In § 36 Abs. 3 wird nach der Wendung "die sein Wohnungseigentumsobjekt oder" das Wort "die" eingefügt.

4. In § 52 Abs. 2 Z 5 dritter Satz lautet:

"Die Zustellung des das Verfahren einleitenden Antrags ist mit Ablauf dieser Frist als vollzogen anzusehen, spätere Zustellungen hingegen mit dem Anschlag."

*****

Weiters bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationsschrift über Fragen der Erhaltung im Sinn des § 3 MRG

Der Nationalrat möge beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, im Rahmen seiner Serviceleistungen für die Bevölkerung eine Informationsschrift über Fragen der Erhaltung im Sinn des § 3 MRG (auf den der § 28 WEG 2002 verweist) aufzulegen und dabei – unter Heranziehung der Judikatur zum Begriff der "allgemeinen Teile des Hauses" und zum Begriff der "ernsten Schäden des Hauses" – insbesondere darauf einzugehen, wen die Erhaltungspflicht für welche Maßnahme trifft.

*****

Ich darf die Kollegen von der Sozialdemokratie einladen, über ihren Schatten zu springen und einem positiven Gesetz für die Wohnungseigentümer und für die Wohnwirtschaft ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die beiden soeben vorgetragenen Anträge, der Entschließungsantrag und der Abänderungsantrag, sind ausreichend unterstützt und weisen einen ausreichenden sachlichen Zusammenhang auf. Sie stehen daher mit zur weiteren Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Neudeck, in der Frage "positives Gesetz" scheiden sich die Geister. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Geister scheiden sich aber auch daran, Herr Bundesminister, wie dieses Gesetz zustande gekommen ist. Ich mache Ihnen konkret keinen Vorwurf, ich frage Sie nur: Welche Lobbyisten haben sich in der ÖVP – Kollege Tancsits, Sie, genannt Wohnungssprecher – wirklich durchgesetzt? (Abg. Dr. Fekter: Die Eigentümer!)

Ich sage Ihnen, was dieses Gesetz in Wirklichkeit bedeutet: Es ist einerseits ein Lobbyistengesetz und andererseits ein Spekulantengesetz. Wohnungseigentum an bestimmten Wohnungen soll man nicht begründen können, insbesondere nicht an Substandardwohnungen und – ich betone das – auch nicht im Bereich der PKW-Abstellplätze! Ich sage Ihnen als Praktiker eines: Da werden wir in der Verwaltung die größten Probleme bekommen, weil einstimmige Entscheidungen kaum noch zu erzielen sein werden, weil nämlich diejenigen, die Wohnungseigentum an PKW-Abstellplätzen begründet haben, gar kein Interesse daran haben werden, an der gemeinsamen Willensbildung mitzuwirken. (Abg. Dr. Fekter: Wieso unterstellen Sie das?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP! Kollege Tancsits! Hand aufs Herz: Warum ist die so genannte Vorratshaltung gekommen? Sie ist nur deswegen gekommen – geben Sie es doch zu! –, weil der Finanzminister die Bundeswohnungen leichter verkaufen möchte. Es kommt zu einer Aushöhlung mietrechtlicher Bestimmungen, und das war der Kniefall der ÖVP und der Freiheitlichen Partei vor dem Finanzminister. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wohnungseigentumrecht gehört novelliert. Wir wären dafür gewesen. Herr Bundesminister! Hätte man uns eingebunden und hätten wir mitwirken können, dann hätten wir vielleicht zugestimmt. Aber auf diese Art und Weise kann man mit der größten Oppositionspartei nicht umgehen!


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Ich halte abschließend fest: Sie haben Lobbyistenbestimmungen, Sie haben Spekulantenbestimmungen im Gesetzentwurf drinnen, und die wirklichen Probleme sind nicht gelöst. (Beifall bei der SPÖ.)

21.03


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Er hat das Wort.

21.03

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ja, das ist ein Gesetz, in dem sich Lobbyisten durchgesetzt haben – und zwar die Lobbyisten des Eigentums, die Lobbyisten jener Menschen, die unabhängig in eigenen vier Wänden wohnen wollen, nicht jedoch in ewiger Abhängigkeit und Gängelung, wie es das Konzept der Sozialisten war und ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Da sind Sie der geeignete ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nachdem das Gesetz bereits sehr schön dargestellt worden ist, habe ich hier nur noch auf einige Irrtümer einzugehen. Erstens: Wir haben das gemeinsame Eigentum über die Ehe hinausgehend nicht begründet, um bestimmten Gruppen – denen Sie geradezu traumatisch verpflichtet sind – das gemeinsame Wohnungseigentum zu ermöglichen, sondern um es Leuten – zwei, drei, vier, über die Erwerbsgesellschaft, die zu diesem Zweck vom Erwerbszweck entkleidet wird – zu ermöglichen, so zu wohnen und so Eigentum zu bilden, wie es ihnen recht ist.

Das war auch der Punkt, an dem Sie in Wirklichkeit vom gemeinsamen Gesetz abgesprungen sind, weil Ihnen das andere ja egal ist. Sie wollten uns hier vorführen und zeigen, dass Wohnungseigentum-Neu nur mit der eingetragenen Partnerschaft möglich ist. Sie wollten uns hier vorführen und zeigen, dass das neue Wohnungseigentum gleichzeitig zu einer Aushebelung unseres Erbrechtes führt. Wir haben die gemeinsame Wohnungseigentumsbegründung ermöglicht, ohne die von Ihnen getragenen Absichten mitzumachen. – Das war der Punkt, an dem Sie abgesprungen sind, denn es wäre Ihnen durchaus möglich gewesen, den Abänderungsantrag innerhalb von 36 Stunden zu lesen.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ist auch Folgendes festzuhalten. Aus einer gemeinsamen Eigentumsbegründung gleichzeitig Eintrittsrechte im Mietrecht abzuleiten, halte ich rein rechtlich für absurd. Wenn ich heute gemeinsam mit jemandem ein Auto erwerbe – was ja möglich ist –, dann kann man daraus ja nicht die Eintrittsmöglichkeit in einen Auto-Leasingvertrag ableiten. Das sind doch zwei völlig verschiedene Institutionen: Das eine ist Eigentum, das andere ist Miete, und dabei wird es auch bleiben.

Der dritte Punkt, die Substandardwohnung, wurde bereits erwähnt. Ich weiß, Eigentum soll nach Möglichkeit mies gemacht werden und vor lauter Schutz gar nicht gebildet werden können. (Abg. Bures: Also so absurd!) Warum sollen junge Leute, die wenig Geld haben, nicht die Möglichkeit haben, etwas Billiges zu kaufen und das dann als Eigentümer selbst zu verbessern? – Das ermöglichen wir, und das ist meiner Meinung nach ein weiterer Fortschritt in diesem Gesetz. (Abg. Bures: So absurd!)

Der letzte Punkt betrifft das Vorratseigentum. Das hat tatsächlich mit dem WGG zu tun, bei dem wir ja in einer richtungsweisenden Novelle erst im vergangenen November die Eigentumsbegründung aus dem Bestand heraus zum Zweck der Wohnungsgemeinnützigkeit gemacht haben und sie mit dem Institut der Vorratsbegründung aus dem WGG-Bestand heraus erleichtern.

Insgesamt, davon bin ich überzeugt, werden unsere Wohnrechtsgesetzgebung – angefangen bei den Bundeswohnungen über das WGG bis hin zum Wohnungseigentumsgesetz – und unsere Wohnungspolitik mit diesen Erleichterungen den Trend zur Eigentumsbildung verstärken, und das ist ein Erfolgsweg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Bures: Warum verscherbeln Sie die BUWOG-Wohnungen?)

21.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Sie ist nicht im Saal anwesend.

Frau Abgeordnete Burket ist die nächste Rednerin. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Dass wir sie nicht verwechseln! – Heiterkeit bei einigen Abgeordneten sowie bei der an das Rednerpult tretenden Abg. Burket .)

21.08

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! – Herr Kollege, diese Bemerkung nehme ich dir persönlich übel! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Da kriegt er vom Herrn Präsidenten eine Ermahnung!)

Ich glaube, dass der Begriff "Mieterschutz" im Gesamtbild des Wohnungseigentums grundsätzlich etwas fehl am Platz ist, weil beides einander widerspricht. Meine Damen und Herren von der Opposition! Irgendwie finde ich Ihren Reflex im Zusammenhang mit dem WEG, über das wir heute sprechen, sehr eigenartig. Dort nämlich, wo es wirklich Möglichkeiten gibt, zu unterstützen, oder dort, wo es wirklich Möglichkeiten gibt, zu helfen oder Gerechtigkeit walten zu lassen, wirkt der sozialistische Reflex des Mieterschutzes in ganz unglaublicher Weise, und Sie merken in Ihrem Eifer offenbar überhaupt nicht, dass Sie damit weit übers Ziel hinausschießen.

Gerade in den Mischhäusern passieren die meisten Ungerechtigkeiten: gerade in den Mischhäusern, in denen man einmal nach Anteilen und einmal nach Kategorie abrechnet und in denen es wirklich äußerst schwierig ist, Sanierungen weiterzubringen, die Substanz zu erhalten und zu verbessern. Und dort, wo wir mit diesem neuen Gesetz sagen, es ist zwingend Wohnungseigentum am ganzen Objekt zu begründen, dort sagen Sie, Sie können nicht mitgehen.

Die Richtwerte in Wien sind geregelt. Die Zu- und Abschläge sind geregelt, sie werden taxativ aufgezählt. Es sind dort meines Erachtens keinerlei weitere Maßnahmen notwendig. Und die Mietzinsbildung generell wollen wir lieber dem kommenden MRG überlassen und nicht hier mit hineinbringen.

Kollege Jarolim, dass Sie quasi durch die Hintertür die Hausbesorger wieder einführen wollen, weil Sie der Meinung sind, man sollte die Dienstwohnung wieder als Dienstwohnung und als allgemeinen Teil des Hauses sehen, ist mir völlig unverständlich. Das ist absurd.

Dieses neue Wohnungseigentumsgesetz ist ein modernes, zeitgemäßes und verständlich vollziehbares Gesetz. Da ich diejenige bin, die aus der Praxis kommt, muss ich aber sagen, ich bin auch ein bisschen traurig, weil man einiges unterlassen hat, was sich in der Praxis durchaus als notwendig und nützlich erwiesen hätte. Das wäre auch im Hinblick auf gemeinsame Beschlüsse, die zu fassen sind, klug gewesen. Es hat einige Dinge gegeben, die mich persönlich nicht ganz fröhlich gestimmt haben, aber man muss eben mit der Realität leben.

Es war zum Beispiel auch nicht notwendig – das muss ich dir sagen –, zweimal jährlich stattfindende Eigentümerversammlungen festzuschreiben, weil sie in der Praxis einmal jährlich stattfinden und jeder redliche Verwalter sie auch zweimal oder dreimal jährlich ansetzt, wenn die Notwendigkeit besteht und große Sanierungen anstehen. Das sind lauter Dinge, die ohnehin geschehen.

Der Begriff "Wohnungseigentum" muss unseren sozialistischen Freunden so weh tun, dass sie mit aller Gewalt versuchen, in diesem Bereich zu schützen und zu reglementieren. Wenn Frau Kollegin Bures sagt, sie möchte hier freie Entscheidungen, dann kann man wirklich nur lachen, denn jede Argumentation, die von Ihnen und den Grünen gekommen ist, spricht doch ganz eindeutig dagegen.

Dieses Gesetz hätte aus meiner Sicht noch ein bisschen besser sein können, aber es ist ein ganz großer Schritt in Richtung Transparenz und Anwendbarkeit. Ich glaube, das ist das Aller


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größte, was man von einem Gesetz erwarten kann: dass es verstanden wird und dass es auch in der Praxis anwendbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

21.11

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit diesem Wohnungseigentumsgesetz – und man kann es auf diesen einen Satz reduzieren – soll wieder einmal, und zwar durch den Abänderungsantrag, ein Gesetz beschlossen werden, das in dieser Formulierung nicht in Begutachtung gegangen ist, sodass die Betroffenen keine Möglichkeit hatten, ihre Bedenken einzubringen und mögliche Auswirkungen aufzuzeigen, weil eben das vorliegende Gesetz gravierend von der ursprünglichen Vorlage abweicht.

Es gibt darin aber durchaus einige positive Aspekte. Wir werden zum Beispiel der Bestimmung, dass nun das Wohnungseigentum auch von Partnerschaften erworben werden kann, gerne zustimmen. Positiv ist auch, dass zum Beispiel Verwalter bereits nach drei Jahren gekündigt werden können, dass es Sanktionen gegen Hausverwalter gibt, die die Verwaltung mangelhaft ausführen, dass ... (Abg. Neudeck: ... nicht nach drei Jahren! Das haben Sie nicht mitgekriegt!)  – Vielen Dank, Herr Kollege! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das konnte man ...!)  – Können Sie es nicht aushalten, dass wir auch positive Aspekte dieses Gesetzes aufzeigen?

Positiv ist auch, dass Zahlungen der Wohnungseigentümer auf einem Konto der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verbuchen sind. Ich finde es auch gut, dass Hausversammlungen durch den Hausverwalter verpflichtend durchgeführt werden müssen. – Das wäre einmal auf der Habenseite anzuführen.

Aber wie schauen die Fußangeln aus, die in diesem Gesetz enthalten sind? – Es ist ganz klar, dass erstens die Spekulation mit Substandardwohnungen erleichtert wird. (Abg. Burket: Keine Ahnung!) Die Leidtragenden sind die einkommensschwächeren Mieter und Wohnungssuchenden. Es wird einen schlechteren Kündigungsschutz geben, und zwar durch die zwingende Begründung von Wohnungseigentum und vorläufigem Wohnungseigentum bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen.

Es kommt zu Verschlechterungen bei der Durchsetzung mietrechtlicher Ansprüche, weil vorgesehene Schutzbestimmungen wieder entfernt wurden, und zu Verschlechterungen des Anspruches des Miteigentümers auf Rechnungslegung. (Abg. Neudeck: Jetzt sind wir noch bei den positiven Sachen?)  – Das ist eine unterschiedliche Betrachtungsweise.

Eines ist aber klar: Mit diesem Nacht-und-Nebel-Gesetz stärken Sie die Hausbesitzer, Sie stärken die Hausverwaltungen, und Sie schwächen die Wohnungseigentumsgemeinschaft, die Wohnungswerber und die Mitbewohner. Das ist mit uns nicht möglich, und deshalb werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

21.14

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Abgeordnete! Ich habe jetzt mit großer Verwunderung die Debatte verfolgt. Ich glaube, dass sich hier tiefe ideologische Gräben auftun, die schlicht unüberbrückbar sind.

Sie von der SPÖ gehen in Ihrem Welt- und Menschenbild von einem Menschen aus, der der permanenten Bevormundung bedarf. (Abg. Bures: So, wie Sie es gewohnt sind?) Ich bin der festen Überzeugung, es ist sehr wichtig, dass man zum Beispiel jungen Leuten die Möglichkeit gibt, einfacher ausgestattete Wohnungen im Eigentum zu sanieren. Während meiner Studienzeit haben viele meiner Freunde Mietwohnungen zuerst als Mieter saniert und mussten dann hoffen, sie erwerben zu können; auch in Eigentumsobjekten, die dann parifiziert wurden.


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97. Sitzung / Seite 218

Viele dieser jungen Menschen sind sehr glücklich, dass das künftighin auch andersherum funktionieren kann. (Zwischenruf der Abg. Bures.  – Abg. Neudeck: Sie hat es ja verstanden, im Gegensatz zu Ihnen, Frau Kollegin Bures!)

Was die Parkplätze betrifft, ist es in unseren städtischen Gebieten, in denen eine permanente Parkplatznot herrscht – wir in Tirol können ein Lied davon singen, aber ich glaube, die Situation in Wien ist noch gravierender; ich wohne hier im 9. Bezirk an der Roßauer Lände –, besonders wichtig, dass für künftige zusätzliche Parkgaragen weitere Anreize auch für die Eigentümer der Häuser geschaffen werden, da es jetzt endlich möglich ist, auch einem Nachbarn einen Parkplatz zu verkaufen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist auch besonders wichtig, dass künftig in Häusern eine Parifizierung zwingend notwendig ist, wenn beispielsweise der Dachboden verkauft und saniert wird. Wir haben zum Beispiel in Tirol das Problem eines sehr begrenzten Wohn- und Lebensraumes. Es ist daher sehr wichtig, die Dachböden zu mobilisieren. Das ist aber auf Grund der Komplexität dieser gemischten Objekte und auch der damit verbundenen Entwertung des Restobjektes schwierig, wenn der an sich interessante Dachboden oben parifiziert ist und unten lauter Miteigentümer weiter bestehen, die oft dem Verkauf an einen Miteigentümer nicht zugestimmt haben, weshalb der Dachboden nie ausgebaut wurde. (Abg. Bures: Das stimmt doch gar nicht, was Sie sagen! Das ist ja völlig falsch!)

Das ist – ich war lange bei Gericht und dort auch in der Mietrechtsabteilung – faktisch unglaublich oft vorgekommen und ganz schwierig durchzusetzen gewesen (Abg. Bures: Der Dachbo-den ...!), wenn sich nicht ohnehin alle einig waren, auch einen Wertverlust hinzunehmen, der eigentlich nicht zweckmäßig und notwendig ist.

Darüber hinaus halte ich es für besonders erfreulich, dass jetzt für Lebensgefährten, für Geschwister die Begründung des gemeinsamen Wohnungseigentums endlich möglich ist. Ich freue mich auch darüber, dass alle Arten von Lebensgemeinschaften, auch homosexuelle, davon profitieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

21.18

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geschehen wirklich noch Zeichen und Wunder! Ich habe zuerst gedacht, vielleicht ist es so etwas wie eine verfrühte Pfingsterleuchtung, die bei dieser Gesetzesnovelle über die ÖVP gekommen ist. Jahrelang haben wir nämlich in der vorigen großen Koalition dafür gekämpft, dass nicht nur Ehegatten Wohnungseigentum begründen können, sondern dass dies auch für Lebensgemeinschaften möglich sein soll. (Abg. Neudeck: Das hat mich auch gewundert!)

In einer nunmehr rechtskonservativen Koalition springt die ÖVP offensichtlich leichter über ihren ideologischen Schatten! Herr Klubobmann Khol geht mir allerdings ab. Ich wollte mich wirklich dafür bedanken. (Abg. Neudeck: Das Gesetz war besser! Deshalb haben sie mitgemacht!)

Für die Sache ist das nämlich gut. Endlich wird die Eigentümerpartnerschaft – also die Möglichkeit, dass auch nicht verheiratete und gleichgeschlechtliche Paare eine so genannte Eigentümerpartnerschaft begründen können – Wirklichkeit. Diesem Teil des Wohnungseigentumsgesetzes stimme ich wirklich mit Freude zu. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ostern, Pfingsten und Weihnachten wären für mich auf einen Tag gefallen, wenn wir jetzt in einem Zuge auch gleich über den § 209 reden könnten. Das wäre auch etwas! Geben Sie sich einen Ruck, dann machen wir auch dieses Gesetz noch in dieser Tradition! Ich bin mir sicher, dass das nicht nur die FPÖ, nicht nur die ÖVP, sondern auch die Grünen und wir unterstützen. Das wäre ein Vier-Parteien-Antrag, und wir wären endlich die Schmach los, die wir innerhalb Europas mit diesem § 209 StGB haben. (Beifall bei der SPÖ.)


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97. Sitzung / Seite 219

Ich brauche Ihnen ja nicht zu erklären, dass wir nicht nur einmal von der internationalen Gemeinschaft aufgefordert wurden, das zu reparieren. Oder wollen Sie wirklich warten, bis der Verfassungsgerichtshof tätig wird und dieses Gesetz aufhebt?

Die Eigentümerpartnerschaft ist ein so guter Anfang! Ich wiederhole: § 209 StGB, das Mietrechtsgesetz könnte man ändern, die Zivilverfahrensgesetze gehören geändert, dann hätten wir hier in Österreich ein wirklich liberaleres Recht. Das wäre längst an der Zeit. Geben Sie sich einen Ruck! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Zu den anderen Punkten des Gesetzes möchte ich auch noch kurz ausführen, dass es bei Wohnungsgesetzen schon wirklich unheimlich ist, dass Abänderungsanträge in großem Umfang dem Ausschuss kurzfristigst auf den Tisch geknallt werden. Das ist ein Problem, denn es gibt keine Möglichkeit der Begutachtung, keine seriöse Bewertung. Solchen trojanischen Pferden, sehr geehrte Damen und Herren, stimmen wir sicher nicht zu. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Sie haben vorher auch nicht zugestimmt!)

Zum Abschluss: Frau Kollegin Fekter, wenn Sie in einer zynischen Art und Weise zu diesem Gesetz, das die Hausbesorger in einer Nacht- und Nebelaktion mehr oder weniger abgeschafft hat, im Ausschuss frisch-fröhlich sagen: Sie haben ja ihre Chance, sie sollen den Gewerbeschein nehmen, und sie nutzen das auch!, obwohl das zu 80 Prozent Frauen trifft, die unter 10 000 S verdienen, dann zeugt das von Ihrer sozialen Kälte! (Beifall bei der SPÖ.)

21.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. Ich erteile es ihm.

21.22

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte zu der Frage des Abänderungsantrages und seiner Abwicklung doch Stellung nehmen. Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass sich das Justizministerium von dieser Vorgangsweise distanziert. Ich möchte das ganz klar feststellen.

Ich stelle hier im Einvernehmen mit unseren Beamten, die dieses Gesetz begleitet haben, nämlich Herrn Dr. Stabentheiner und Herrn Dr. Schernthaner, die auch hier sind, fest, dass Sie jede Möglichkeit gehabt haben, mitzudiskutieren, dass Ihnen die Beamten zur Verfügung gestanden sind, dass wir die außerordentlichen Besprechungen im Justizministerium wie üblich durchgeführt haben und dass aus unserer Sicht bei schärfster Betrachtung und bei sorgfältigster Überlegung kein Grund dafür bestanden hat, dass Sie die Diskussion darüber verweigern oder dass für Sie dadurch unüberwindliche Hürden aufgebaut wurden.

Das war wirklich nicht der Fall, und ich verstehe nicht, Herr Abgeordneter Maier, dass Sie von einem Lobbyistengesetz und einem Spekulantengesetz sprechen. Vor allem haben Sie beim Begriff der Spekulation nicht dargetan, wo und wie diese stattfinden könnte oder hätte können. Das haben Sie nicht zum Ausdruck gebracht, das war tatsächlich nicht erkennbar.

Was die Frage des Wohnungseigentums an Substandardwohnungen anbelangt, haben Sie sich als Praktiker geoutet, und ich sage Ihnen als Praktiker, der 27 Jahre lang sehr viel mit dem Mietrecht und dem Wohnungseigentumsrecht zu tun hatte: Was ist denn die Alternative? Dass Leute – und das sind nicht nur die Wähler der ÖVP und der FPÖ –, die Eigentum erwerben wollen, dann darauf verwiesen sind, schlichtes Miteigentum zu erwerben, das heißt, eine rechtliche Situation zu akzeptieren, die wirklich so kompliziert und unübersichtlich ist, dass sie nicht zugemutet werden kann.

Die einzige Chance, insbesondere für junge Leute, für weniger Begüterte, zu einem Wohnungseigentum zu kommen und im Besitze jener Investitionen, die sie selbst tätigen, zu bleiben und diese zu verwerten, ist nun einmal dieses Wohnungseigentum an Substandardwohnungen. Das sollten Sie Ihren Wählern nicht verheimlichen, und die Bevölkerung wird einen großen Vorteil


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von dieser neuen Form des Wohnungseigentums in der wirtschaftlichen Größenordnung haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da Sie sich als Praktiker geoutet haben, sage ich Ihnen noch etwas: Ein Horror für jede Verwaltung ist ein so genanntes Mischhaus, also ein Mischhaus, in dem Wohnungseigentum und Miete nebeneinander bestehen. Hier wurde endlich der Startschuss dafür gegeben, dass dieses Schreckgespenst der Verwaltung beendet wird, dass einheitliche, richtig und korrekt zu verwaltende Häuser entstehen, in denen entweder das eine oder das andere gegeben ist. Übersehen Sie das bitte nicht! Das ist eine Wohltat für die Wohnungssuchenden, und die Wohnungssuchenden werden es uns bei den nächsten Wahlen danken. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

21.25

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dem Beschluss des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 werden viele sinnvolle Neuerungen gegenüber der Vorgängerregelung geschaffen. Es gibt mehr Rechtssicherheit, Verständlichkeit und auch eine stärkere Klarstellung. Auch das heutige Lob von Seiten der Opposition in vielen Bereichen bewirkt, dass wir mit dem neuen Wohnungseigentumsgesetz und mit dieser Mehrheit gut leben können.

Das gemeinsame Wohnungseigentum für zwei natürliche Personen auch ohne Ehe wird möglich. Herr Kollege Jarolim hat im Ausschuss gesagt, die ÖVP sei über ihren Schatten gesprungen. – Ich finde, die ÖVP ist nicht über ihren Schatten gesprungen, sondern hat Verantwortung gezeigt, und breites Eigentum ist uns wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir schaffen die Möglichkeit, bei Begründung Substandardwohnungen zu erwerben, und wir schaffen die Möglichkeit, Autoabstellplätze zu erwerben. Es gibt bei Interessenkollisionen die Möglichkeit zur Bestellung eines Eigentümervertreters, und durch diesen Eigentümervertreter werden die Interessen von Wohnungseigentümern noch besser und effizienter als bisher gewahrt. Verpflichtend ist auch die Einberufung einer Eigentümerversammlung, und zwar zweimal jährlich.

Gemäß § 31 wird es auch künftig verpflichtend sein, für notwendige Investitionen und für notwendige Auslagen Rücklagen zu bilden. Durch die Ausschussfeststellung ist auch garantiert, dass die Rücklagenbildung für die thermische Gebäudesanierung berücksichtigt werden muss. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist also mehr als sinnvoll, Maßnahmen zur Wärmedämmung zu fördern, um einerseits das Kyoto-Ziel zu erreichen und andererseits die Bauwirtschaft anzukurbeln.

Das neue Wohnungseigentumsgesetz ist ein mutiges Werk. Es ist praxisnahe, verständlich und überschaubar. Es ist an die Bedürfnisse und Anforderungen angepasst, welche sich seit 1975 sehr wohl geändert haben. Es ist nur schade, dass die Opposition nicht mitgeht und sich damit der Verantwortung entzieht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

21.28

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Mit dem Wohnungseigentumsgesetz 2002 legen die ÖVP und die FPÖ wiederum ein Gesetz vor, dass sich nahtlos in den Sozialabbau einreiht. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das Wohnungseigentumsgesetz – auch wenn Sie noch so lachen, es ist so, meine Damen und Herren von der ÖVP und der FPÖ – verschlechtert den Kündigungsschutz für viele zukünftige Mieter.


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Warum eine gleichzeitige Änderung im Mietrechtsgesetz zum Schutze der Mieter nicht erfolgen soll, das wissen wir, und das weiß auch die Bevölkerung: Mieterschutz ist kein Thema, das den Konservativen und somit Ihnen am Herzen liegt! Das haben Sie im Zuge der Verschlechterung des Mietrechtsgesetzes gegen Ende des vorigen Jahres ja schon deutlich gezeigt. Am Herzen liegen Ihnen von Blau-Schwarz jene Vermieter, die nunmehr ihre Mieter leichter los werden können. Darum geht es Ihnen!

Zum Entschließungsantrag Fekter – Neudecker: Eine Info-Broschüre wäre in hohem Maße notwendig (Abg. Sodian: Neudeck, nicht Neudecker! Merken Sie sich die Namen der Abgeordneten!), aber die Themen, die Sie nicht wollen, zum Beispiel die Themen Mietzinsbildung, korrekte Abrechnung der Betriebskosten und so weiter und so fort, finde ich in Ihrem Entschließungsantrag nicht. Das, was in der Entschließung vorgeschlagen wird, fällt ohnedies in die Informationspflicht des Ministers.

Sehr geehrte Damen und Herren! Alles in allem ist dieses Gesetz wiederum ein Wurf der Regierungsparteien gegen die Schwächeren in unserer Gesellschaft. Schwarz und Blau treffen mit diesem Gesetz einkommensschwächere Mieter und Wohnungssuchende. Wir von der SPÖ werden solchen Verschlechterungen nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lexer. Er hat das Wort.

21.30

Abgeordneter Reinhold Lexer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, alle Pro und Kontras, was dieses Gesetz betrifft, sind bereits mehrfach erwähnt worden, sodass ich mich auf einige wenige Anmerkungen beschränken kann.

Im WEG 2002 kommt es zu Verbesserungen, Vereinfachungen und zu neuen Möglichkeiten, und dies auf mehreren Ebenen und in verschiedenen Bereichen. Damit kommen wir dem Ziel einer modernen Wohnraumbewirtschaftung jedenfalls näher, einer modernen Wohnraumbewirtschaftung mit größerer Transparenz, mit einer übersichtlichen Verwaltung, mit einer Vereinheitlichung des Angebotes und mit einer sinnvollen Anpassung an Markt und Gesellschaft.

Wir brauchen günstige, leistbare Wohnungen für jene, die sie auch dringend benötigen. Ich denke dabei an kinderreiche Familien genauso wie an Alleinerzieher. Andererseits brauchen wir aber auch marktgerechte Mieten, damit private Investoren in die Lage versetzt werden können, Wohnraum zu schaffen und diesen auch zu erhalten.

In jedem Fall schaffen wir mit dem neuen Wohnungseigentumsgesetz 2002 neue Möglichkeiten für alle Beteiligten, einen Ausgleich zwischen Mietern und Eigentümern, und ich denke, dass wir hier einen guten Schritt weiterkommen: zu einem lebens- und wohnwerten Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck. )

21.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

21.32

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich gehe davon aus, dass schon mehrere VorrednerInnen erwähnt haben, dass diese Idee, dass man das so genannte Ehegatten-Eigentum jetzt auf eine allgemeine Eigentümerpartnerschaft erweitert, ursprünglich von uns kommt. Von wem die Idee genau stammt, kann ich zwar nicht sagen, aber für die parlamentarische Initiative gibt es ganz eindeutig den Faden, den man zurückverfolgen kann, bis man feststellt, woher sie kommt, nämlich von den Grünen.

Das liegt Jahre zurück, Herr Bundesminister. Da hatten Sie in der Politik nur mit der FPÖ zu tun und nicht mit dem Parlament. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber ich freue mich darüber, dass wir nach langen Jahren – und Sie wissen ja, dass die Grünen in ihren Forderungen


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beharrlich sind, und wie man sieht, lohnt sich Beharrlichkeit – selbst diese Regierung davon überzeugen konnten, dass das eine sinnvolle Angelegenheit ist.

Aber so wie ich es seit vielen Jahren erlebe, ist man selbst bei sinnvollen Anwendungen immer inkonsequent, und man nützt jetzt jene Möglichkeit nicht, die eine wirklich elegante wäre, um bestehende Ungleichbehandlungen aus den jetzigen gesetzlichen Bestimmungen zu eliminieren, beispielsweise den § 14 Mietrechtsgesetz dahin gehend zu ändern, dass das Eintrittsrecht im Todesfall auch für Lebensgemeinschaften und auch für homosexuelle Lebensgemeinschaften möglich ist.

Das ist vor allem im Hinblick darauf interessant, Herr Bundesminister, als diese ungerechtfertigte Ungleichbehandlung jedenfalls meiner Auffassung nach verfassungsrechtlich bedenklich ist. Diese Auffassung stütze ich vor allem darauf, dass beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerade jetzt eine Prüfung dieses Paragraphen in Bezug auf Artikel 14 MRK im Laufen ist. Der österreichische Gesetzgeber könnte doch einmal so klug sein und dem vorgreifen, diese Ungleichbehandlung, diese mögliche Verfassungswidrigkeit jetzt aus dem Gesetz streichen, noch bevor sie durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte als solche erkannt wird.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem im Hinblick auf die Schaffung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Erwerbsgesellschaftengesetz, die Exekutionsordnung, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002) in der Fassung des Ausschussberichtes (1051 der Beilagen)

Der Nationalrat möge beschließen:

Artikel II des Antrages (1051 der Beilagen) wird geändert wie folgt:

a) Der bisherige Wortlaut erhält die Bezeichnung "1.";

b) dem bisherigen Wortlaut wird folgende Z 2. angefügt.

"2. In § 14 Abs. 3 wird im zweiten Satz nach den Worten ‚gelebt hat‘ ein Beistrich gesetzt und folgender Satz eingefügt:

‚wobei Lebensgefährten gleichen Geschlechts Lebensgefährten verschiedenen Geschlechts gleichgestellt sind‘."

*****

Meine Damen und Herren! Der Vollständigkeit halber möchte ich hier ergänzen und sagen, dass das ein Abänderungsantrag von Doris Bures und Terezija Stoisits ist, weil sich nämlich dieser Abänderungsantrag mit einem Antrag deckt, den Frau Kollegin Bures im Justizausschuss eingebracht hat, der auf Änderung des Mietrechtsgesetzes § 14 abzielt und der an den so genannten Unterausschuss für – ich weiß nicht, wie man den nennen soll – verwiesen wurde. Es geht dabei um den § 209 StGB, eine Menschenrechtsverletzung, die täglich, permanent und konsequent durch diese Hälfte (in Richtung der Freiheitlichen und der ÖVP) des Nationalrates fortgesetzt wird, die nicht bereit ist, § 209 StGB aus unserem Strafgesetzbuch zu nehmen. Dorthin wurde dieser sinnvolle Antrag der Kollegin Bures im wahrsten Sinn des Wortes entsorgt.

Deshalb habe ich heute diesen Abänderungsantrag eingebracht, um Ihnen, Kolleginnen und Kollegen, wörtlich wieder und sozusagen auch visuell durch die Rede vor Augen zu führen,


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dass Sie täglich Menschenrechte in diesem Land mit Füßen treten und sie verletzen. Und der § 14 MRG ist in Wirklichkeit nichts anderes als auch eine tägliche Menschenrechtsverletzung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und gelangt zur Abstimmung. "Steht in Verhandlung" kann ich nicht sagen, weil er erst von der letzten Rednerin eingebracht wurde. Wir haben uns einmal ausgemacht, Anträge – wenn möglich – schon früher einzubringen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über das Wohnungseigentum sowie über Änderungen des ABGB, des Mietrechtsgesetzes und der Exekutionsordnung in 1050 der Beilagen.

Dazu haben Frau Abgeordnete Dr. Fekter und Herr Abgeordneter Neudeck einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen des Abgeordneten Dr. Jarolim auf getrennte Abstimmung vor.

Da nur ein Abänderungsantrag vorliegt, lasse ich über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Verlangens auf getrennte Abstimmung abstimmen.

Wir kommen daher zunächst zur Abstimmung über den 1. bis 3. Abschnitt des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit kommen wir als Nächstes zur getrennten Abstimmung über den 4. Abschnitt des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte die Abgeordneten, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig in zweiter Lesung beschlossen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass dies mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen wurde.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationsschrift über Fragen der Erhaltung im Sinn des § 3 Mietrechtsgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Die Beschlussfassung und Annahme erfolgt mit Mehrheit . (E 127.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem in Hinblick auf die Schaffung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 das ABGB, das Mietrecht und andere Rechtsvorschriften abgeändert werden, samt Titel und Eingang in 1051 der Beilagen.

Dazu liegt ein Zusatzantrag der Abgeordneten Stoisits/Bures vor.

Ich lasse zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf abstimmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Zusatzantrag Mag. Stoisits/Bures ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Zusatzantrag findet nicht die Mehrheit.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Die Beschlussfassung erfolgt in zweiter Lesung mehrheitlich.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Die Beschlussfassung der Vorlage in dritter Lesung erfolgt mit Stimmenmehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht in 1052 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass dies mit Mehrheit angenommen wird.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1053 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hiefür erbitte ich ein Zeichen der Zustimmung, falls dies gewünscht wird. – Beschlussfassung und Annahme erfolgen mit Stimmenmehrheit.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht in 1054 zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen – Die Annahme erfolgt mit Stimmenmehrheit .

13. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (990 der Beilagen): Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG) (1055 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Ein Vorschlag auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

21.42

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Diese Regierung führt ja stets das Wort von der Bürgergesellschaft im Munde, sie gibt also vor, den Bürger und seine Interessen in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. Tatsächlich aber führt diese Politik zu einer finanziellen Belastungswelle für alle Bürger und einer von oben her verordneten Überreglementierung des gesellschaftlichen Lebens. Das Vereinsgesetz, das vorliegt, ist ein gutes Beispiel dafür. Vollmundig im Jahr der Freiwilligen angekündigt, ist es alles andere als der große Wurf für die 105 000 Vereine in Österreich.

Diese Regierung hat bisher durch eine Reihe von Maßnahmen das Vereinsleben schwer behindert, etwa durch die immense Verteuerung des Postzeitungsversandes, die es vielen Vereinen unmöglich macht, ihre Mitglieder auf postalischem Wege regelmäßig über ihre Aktivitäten zu informieren. In anderen wichtigen Fragen, Hohes Haus, etwa bei der Besteuerung oder dem Förderwesen für die Vereine, waren die Koalitionsparteien bis jetzt untätig.


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Hohes Haus! Der Vorschlag des Innenministeriums zu einem neuen Vereinsrecht ist eine unzumutbare bürokratische Belastung für die hunderttausend Vereine und daher absolut unbrauchbar! Das ist ein Schlag ins Gesicht der Tausenden Freiwilligen, die sich in den Dienst der Bevölkerung, der Gemeinden und des Landes stellen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: Aber geh, Parnigoni, den Vortrag haben wir schon gelesen! Die Rede kannst du dir ersparen!) Diese Pläne sind absolut unzumutbar für die Arbeit der Tausenden Freiwilligen und daher völlig abzulehnen!

In allen westlichen Ländern versucht man, Vereinigungen zur Gemeinschaftsbildung zu fördern, und macht Programme für freiwillige und ehrenamtliche Sozialhilfeeinrichtungen. Im Gegensatz dazu werden in Österreich durch ein neues überreglementiertes Vereinsrecht zusätzliche bürokratische Hürden geschaffen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mühlbachler: Den Vortrag haben wir schon gehört!)

Meine Damen und Herren! Sie müssen sich vorstellen, meine Kollegen der SPÖ-Fraktion klatschen hier für einen Beitrag, der nicht von mir ist, sondern vom ehemaligen Landesparteisekretär der ÖVP Niederösterreich, dem damaligen Landtagsabgeordneten und heutigen Minister Dr. Strasser, der das damals sagte, als es einen Expertenentwurf zu einem neuen Vereinsrecht gab. Das war damals, Ende 1997, die Äußerung des Herrn Strasser. So ist das!

Und Herr Klubobmann Dr. Andreas Khol (Abg. Dr. Khol: Hier!) hat zur gleichen Zeit zum derzeit geltenden Vereinsrecht ausgeführt: Es ist ein schlankes Vereinsrecht, 31 kurze Paragraphen auf fünf Druckseiten. Dieses Vereinsrecht ermöglicht rasche Vereinsgründungen ohne viel Formalitäten durch initiative Bürger. Man braucht dazu weder einen Rechtsanwalt noch einen Steuerberater und hat in vier Wochen die Anerkennung als Verein in der Hand. (Abg. Mag. Mühlbachler: Noch schneller!)

Hohes Haus! Heute ist alles anders. Ein neues Recht muss her, und genau diese Vorlage weist jene Merkmale auf, die vor ein paar Jahren von Ihnen kritisiert worden sind. Dieser Text ist in Wirklichkeit für die kleinen Vereine völlig unbrauchbar, er ist viel länger, dreimal so lang wie das bisherige Gesetz. (Abg. Dr. Khol: 35 Paragraphen! – Abg. Schwarzenberger: Statt 31 Paragraphen 35! – Abg. Dr. Khol: Der Parnigoni kennt das nicht! – Abg. Schwarzenberger: Er hat es nicht gelesen!)

Dieses Gesetz ist so geregelt, dass die Vereine nicht frei sind, sondern sie müssen in Zukunft kollegiale Organe und Rechnungsprüfer bestellen. Dieses Gesetz beinhaltet komplizierte Rechnungslegungsvorschriften, sogar die Kleinstvereine müssen mehr als ein Kassabuch führen, und die Haftungsregelungen, die vorher klar in der Rechtsprechung definiert waren (Abg. Dr. Khol: In der Rechtsprechung!), sind heute völlig unklar geblieben.

Daher, meine Damen und Herren (Abg. Großruck: Ablehnung! Daher lehnen Sie ab!): In der Summe ist für die SPÖ nicht einsichtig, welche Vorteile ein solches Gesetz bringen soll, zumal das Vereinsleben in Österreich ja hervorragend funktioniert. Wir lehnen diese Regierungsvorlage daher ab, vor allem auch, weil viele kleine Vereine dagegen aufgetreten sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, Hohes Haus, die Zeit drängt. Da vor allem die Vereine, die für unsere Gesellschaft und insbesondere auch für einen funktionierenden Zivildienst unverzichtbar sind, von der aktuellen Problematik rund um die Verpflegung von Zivildienst-Leistenden in Österreich betroffen sind, bringe ich einen Entschließungsantrag auf Erhöhung des Verpflegungsgeldes für Zivildiener ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung des Verpflegungsgeldes für Zivildiener eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG)

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Verpflegungsgeld der Zivildiener dem der Präsenzdiener angeglichen und je Zivildiener mit mindestens 12 Euro 80 Cent pro Tag festgelegt wird.

*****

Dies auch deshalb, weil Frau Abgeordnete Burket und auch Herr Abgeordneter Kößl bei der Zivildienertagung am letzten Samstag ausgeführt haben, sie hätten einen Fehler bei der Beschlussfassung dieses Gesetzes gemacht. – Kollegin Burket und Kollege Kößl! Ich gebe Ihnen daher heute die Gelegenheit, Ihren Fehler zu revidieren, und ich hoffe, Sie stimmen auch mit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!)

21.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Khol. – Bitte.

21.47

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bitte darum, dass wir diesen Entschließungsantrag lesen können, um feststellen zu können, ob er in einem Zusammenhang mit dem Gegenstand der Debatte ist. (Abg. Dr. Jarolim: Es ist ein Zusammenhang!)  – "Eurolim", psst!

Bitte, könnten wir diesen Antrag haben, Herr Präsident?

21.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Selbstverständlich, Herr Klubobmann.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte.

21.48

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Parnigoni hat nicht nur zum falschen Thema geredet (Abg. Gradwohl: Das entscheidet schon noch der Präsident, oder?), sondern er liegt zum falschen Thema auch in der Argumentation völlig falsch. Das, was er soeben zum Vereinsgesetz gesagt hat, hat zum Zivildienstgesetz gehört. Er hat eine Erhöhung des Tagsatzes für die Verpflegung der Zivildiener bei den Vereinen beantragt. De facto will er nicht mehr und nicht weniger, als dass die Vereine noch mehr belastet werden! Kollege Parnigoni ist also derjenige, der de facto den Vereinen neue Verpflichtungen, neue Zahlungen und damit neue Aufgaben aufbürden will. Das, was Sie hier gesagt haben, Kollege Parnigoni, kann doch wirklich nur ein Treppenwitz sein. Absolut! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe mich in die Zeit des Jahres 1997 zurückversetzt gefühlt. Jetzt schmunzelt mir natürlich der Abgeordnete und damalige Sicherheitssprecher Anton Leikam zu. Er war ein Sicherheitssprecher, der in der Sache fundiert argumentiert hat, das gestehe ich ihm zu jeder Zeit zu – und ich weiß, das schadet dir nicht mehr. (Lebhafte Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich kann mich an den Tag erinnern, als wir im Plenum des Nationalrates – hinter mir ist der damalige SPÖ-Innenminister Karl Schlögl gesessen – über das Vereinsgesetz und Schlögls Entwurf gesprochen haben. Lieber Toni Leikam, du kannst dich erinnern, du warst ziemlich rot im Gesicht (Abg. Leikam: Das bin ich immer!), dein Blutdruck war auf 200. Ich habe damals in einem Zwischenruf sinngemäß gesagt: Toni, du hast Schaum vor dem Mund, das ist nicht der Toni Leikam, den ich kenne! – Du hast damals über einen Entwurf des damaligen Innenministers Karl Schlögl gesprochen, der von einer Überreglementierung, von einer überbordenden Bürokratisierung gekennzeichnet war, was Ernst Strasser damals natürlich zu Recht kritisiert hat, was wir als ÖVP, als Regierungspartei zu Recht abgelehnt haben und was damals im Plenum dieses Hohen Hauses von uns verworfen wurde.

Wir wollen es jetzt mit dem neuen Vereinsgesetz mit Ernst Strasser besser machen, und wir werden es mit dem heutigen Tag besser machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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97. Sitzung / Seite 227

Das neue Vereinsgesetz, das Ernst Strasser heute gemeinsam mit uns auf die Schiene stellt, ist gut für die Vereine in Österreich: Zum Stichtag 31. Dezember 2001 sind es 106 363 Vereine in Österreich, für die der heutige Tag ein guter Tag ist. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Mehr noch: Es ist ein Jubeltag mit einem neuen, effizienten und damit billigeren und bürgernäheren Vereinsrecht! Das, Kollege Parnigoni, ist die Intention dieses Gesetzes! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. )

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Polemik der SPÖ in allen inhaltlichen Positionen, die wir politisch diskutieren, ist allseits sattsam bekannt, unter anderem natürlich auch der Inhalt jenes vorgedruckten Schreibens zum Vereinsgesetz 2002, in welchem die SPÖ in drei wesentlichen Punkten Folgendes behauptet:

Erstens: Mit diesem neuen Vereinsgesetz würde es für kleine Vereine zu enormen Verschlechterungen kommen. – Das Gegenteil ist der Fall!

Zweitens spricht die SPÖ von einer Verbürokratisierung des Vereinswesens. – Das Gegenteil ist der Fall! Das neue Gesetz bringt für die Vereinsarbeit natürlich wesentliche Erleichterungen und erst recht auch für Vereinsgründungen.

Drittens kritisiert die SPÖ aufwendige Rechnungslegungsvorschriften. – Auch das ist falsch! Aber ich weiß, und wir wissen mittlerweile, wo der Hase im Pfeffer liegt. Es steht dies im Besonderen im Zusammenhang mit einem Verein, von dem man sagen kann, dass er durchaus SPÖ-nahe ist, obwohl er sich als überparteilich geriert: Der Österreichische Gewerkschaftsbund, der wohl größte Verein Österreichs, will diese Rechnungslegungspflicht in großartiger Art und Weise – so hat es zumindest Wiesinger ausgedrückt – mit der Gründung einer Stiftung umgehen – nicht mehr und nicht weniger! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe noch im Ohr, wie die Genossen all jene gegeißelt haben, die damals zum Stiftungsrecht gesprochen haben. – Sie haben gesagt: Das machen die bösen Kapitalisten, all jene, die den Mammon in der Tasche tragen, jene grauslichen Reichen, und wir Armen, wir können das nicht!

Ich sage Ihnen: Der ÖGB will nicht mehr und nicht weniger, als diese Rechnungslegungspflicht elegant umgehen, mit einem Verfahren, von dem wir sagen können, dass es verfassungsrechtlich bedenklich ist, vor allem im Wissen darum, dass der Streikfonds – so die Argumentation Wiesingers – jeder Möglichkeit der Überprüfung entzogen werden soll. Der ÖGB will nämlich nicht mehr und nicht weniger, als das Vermögen im Besitz des ÖGB in eine Stiftung einbringen, es damit den Mitgliedern, den eigentlichen Eigentümern, entziehen und mit dieser für mich persönlich skandalösen Art und Weise das Vereinsgesetz elegant umschiffen.

Herr Präsident Verzetnitsch! Als Mitglied des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, als einer, der seine Beiträge bezahlt und der ein wirklich vitales Interesse daran hat, was mit diesen Beiträgen geschieht, möchte ich nicht sehen, dass dieses Geld in eine Stiftung eingebracht wird, damit die Rechnungslegungsvorschriften umgangen werden können. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Kollege Verzetnitsch! Ich würde gerne wissen, was die Intention dahinter ist. Ist Wiesinger im Recht, wenn er sagt: Wir wollen ganz einfach die Mittel aus dem Streikfonds nicht öffentlich machen? (Abg. Verzetnitsch: Fragen Sie Ihren Kollegen Neugebauer!) Ist er im Recht, wenn er sagt: Wir werden mit dieser Stiftung die Vereinsvorschriften nicht beachten? Ist er im Recht, wenn er auf diese Art und Weise gegen Transparenz und für Verschleierung ist? – Das ist der ÖGB heute! Kollege Präsident Verzetnitsch! Dafür bekommen Sie nicht unsere Zustimmung, das kann ich Ihnen versichern! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Edler. )

Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Ich komme zum Schluss. Das Vereinswesen ist auch und gerade im 21. Jahrhundert für uns von der Österreichischen Volkspartei eine unverzichtbare Säule unserer Wertegemeinschaft, damit natürlich unserer Gesellschaft insgesamt und unserer wirtschaftlichen Überlegungen. Herr Bundesminister! Sie bekommen für diesen großen Wurf, zu dem ich herzlich gratulieren möchte, nicht nur unsere Zustimmung,


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sondern Sie haben wirklich etwas getan, was 106 363 Vereine in Österreich diesen heutigen Tag als guten Tag empfinden lässt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli-chen.)

21.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass ich den Entschließungsantrag des Abgeordneten Parnigoni bei diesem Tagesordnungspunkt nicht zur Abstimmung bringen kann, weil mir der inhaltliche Zusammenhang nicht im ausreichenden Maß als gegeben erscheint. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Ein guter Präsident!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Redezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.

21.55

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich weiß jetzt nicht, ob Herr Kollege Kiss das auch wiederholt hat, weil ich mich zu Beginn nicht ganz auf ihn konzentrieren konnte: Eines der Hauptargumente der ÖVP-Abgeordneten bei den Ausschussberatungen war jedenfalls, dass das Vereinsgesetz unter anderem deshalb novellierungsbedürftig ist, weil es alt und nicht mehr zeitgemäß sei und den Anforderungen nicht entspreche. Herr Bundesminister! Ich bestreite vehement, dass das zutrifft, denn dann müssten wir beispielsweise auch sagen: Unser gutes altes ABGB ist schon ein bisschen sehr alt, ersetzen wir es doch durch zeitgemäßere Bestimmungen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alter muss noch kein Hinweis darauf sein, dass etwas nicht zeitgemäß ist. Vielmehr scheint mir der Drang, modern zu wirken, indem man Altbewährtes abzuändern versucht, ein bisschen alt und überholt zu sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mich besonders stutzig gemacht hat, ist, dass, als sich diese Regierung und diese Koalition konstituiert haben, im Regierungsübereinkommen und in den Regierungserklärungen von einer Novelle des Vereinsgesetzes überhaupt nicht die Rede war. – Es muss doch einen Grund haben, dass man dann später auf diese Idee gekommen ist, denn damals schien eine diesbezügliche Vereinbarung nicht so dringlich zu sein. Das ist jetzt nur eine Anmerkung. Es könnte auch Gründe dafür geben, dass man es damals nicht tat.

Jedenfalls macht man jetzt eine Vereinsgesetznovelle, obwohl ich überhaupt keinen Reformbedarf sehe. Ganz im Gegenteil: Eine massive inhaltliche Veränderung des Vereinswesens insgesamt und aller damit im Zusammenhang stehenden alten, bewährten, grundrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aspekte, die mit der Versammlungs- und Vereinsfreiheit verknüpft sind, würde diese alten und bewährten Einrichtungen eher in gewisser Hinsicht gefährden, wenn dieses Gesetz tatsächlich so exzessiv angewandt wird, wie es angewandt zu werden droht. (Zwischenruf des Abg. Zweytick. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt allerdings tatsächlich Reformbedarf, es gibt etwas, was die 104 203 österreichischen Vereine, die es gibt – das muss man sich einmal vorstellen: 104 203 Vereine existieren in Österreich! –, unisono vom Gesetzgeber fordern. Das fordern sie nicht erst, seitdem es die blau-schwarze Regierung gibt, sondern das haben sie schon vorher gefordert, darum liegt die Verantwortung dafür auch bei der vorherigen Regierung.

Die Vereine leiden unter der Steuerlast, die in Österreich besteht, und beklagen, dass in keinem vergleichbaren Staat die steuerlichen Rahmenbedingungen für Non-Profit-Organisationen – und darum handelt es sich bei einem guten Teil der Vereine – so schlecht sind wie in Österreich.

Herr Bundesminister! Im Steuersystem fehlen nämlich Anreize für Spenden genauso wie Modelle einer steuerlichen Begünstigung für gemeinnützige Organisationen. Da besteht der Reformbedarf! Das müsste man ändern, wenn man der österreichischen Vereinsmeiereigesellschaft einen guten Dienst erweisen will, wobei ich jetzt die "Vereinsmeierei" absolut positiv werte. Ich selbst bin Mitglied bei einigen Vereinen, wenn es auch nicht allzu viele sind, und ich


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bin stellvertretende Obfrau eines Vereines, also, wenn Sie so wollen, auch Vorstandsmitglied. Und ich weiß: Diesbezüglich besteht Reformbedarf. Aber das rührt man ja nicht einmal von weitem an!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die jetzige Novelle des Vereinsgesetzes bringt mehr staatliche Aufsicht und weniger Gestaltungsautonomie, und im Zusammenhang mit dieser Gestaltungsautonomie sehe ich das Grundrecht auf Versammlungs- und Vereinsfreiheit gefährdet.

Das sagen auch die Vereinsvertreter, aber nicht die – Hausnummer – 17 großen, sondern die übrigen Vereine von den rund 104 000. Vor allem die vielen kleinen Vereine fühlen sich durch dieses neue Vereinsrecht zwar nicht unmittelbar in ihrer Existenz, aber ganz generell in der Gestaltungsautonomie des Vereinswesens in Österreich gefährdet. Denn die bürokratischen Hindernisse, die das Vereinsleben ganz generell verkomplizieren, werden es in Zukunft viel schwieriger machen, Funktionäre für Vereine zu finden.

Die meiner Ansicht nach überzogenen Verschärfungen, die es für Haftungsregeln, für Organe und für Rechungsprüfer gibt, haben vielleicht ihre Berechtigung bei den großen und ganz großen Vereinen. (Zwischenruf der Abg. Haller. )

Woher der politische schwarz-blaue Wind in der ganzen Angelegenheit weht, hat Kollege Kiss ohnedies vorher eindrücklich hier festgehalten: Es geht um die breite Gruppe von mittleren und kleinen Vereinen, die diskriminiert werden. Genau das stört uns daran! Wir können einem Gesetz wie diesem nicht zustimmen, das Gestaltungsautonomie einschränkt und nicht ausweitet, wie es einer modernen Bürgergesellschaft gut tun würde.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zuletzt noch beispielhaft demonstrieren, wie die österreichischen Vereine und die österreichischen Freiwilligen auch noch verschaukelt werden: Das letzte Jahr wurde ganz groß als das "Jahr der Freiwilligen" begangen. Und das hat zweifelsfrei auch sehr viel damit zu tun, dass sich Vereine engagieren, denn Leute, die sich in Vereinen engagieren, sind in der Regel logischerweise Freiwillige. (Abg. Zweytick: Es ist schon sehr spät!)  – Ich frage mich ernsthaft, was von diesem feierlich proklamierten "Jahr der Freiwilligen", den Bürgern und der "Bürgergesellschaft" übrig geblieben ist! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. ) Einer der wesentlichen Forderungen nach den genannten steuerlichen Erleichterungen wurde nicht entsprochen. Es gibt ein Vereinsgesetz, das nicht die breite Zustimmung findet, und dann werden die vielen Freiwilligen auch noch veräppelt: Nachdem feststand, dass dieses Gesetz beschlossen werden wird, wurden die Leute für 5. Juni 2002 in das Parlament eingeladen, um in Arbeitskreisen und im Rahmen einer Diskussion betreffend Maßnahmenvorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für freiwilliges Engagement in Österreich einen entsprechenden Beitrag zu leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie schaden damit genau Ihrer Klientel, denn von den 104 203 Vereinen ist nur ein ganz kleiner Bruchteil der Vereinsmitgliederschar von grünen Mitgliedern dominiert, denn die Grünen sind dafür, aber sie sind nicht Vereinsmeier, im Generellen betrachtet. Das schadet also genau jenen, für die Sie hier tätig zu werden vorgeben, und das ist diese nicht vorhandene Logik bei der Vorgangsweise!

Zuletzt möchte ich den Damen und Herren noch etwas zitieren. – Es wurde vorher schon von Kollegem Parnigoni angesprochen, was Herr Minister Strasser, als er noch nicht Minister, sondern Klubobmann der ÖVP Niederösterreich im Niederösterreichischen Landtag war, zu den damals vom roten Ressortchef vorgelegten Änderungen gesagt hat. Er hat von einer "unzumutbaren bürokratischen Belastung" für die 100 000 Vereine gesprochen und gesagt, dass diese Änderung absolut "unbrauchbar" sei, und er hat die wesentlichen Kritikpunkte im Detail aufgezählt.

Herr Bundesminister! Einige dieser Kritikpunkte wurden damals aufgenommen und Gott sei Dank korrigiert, denn es wäre ja schrecklich gewesen, wenn Sie als ÖVP-Klubobmann von Niederösterreich wirklich Recht behalten hätten! Aber zahlreiche Kritikpunkte wurden jetzt nicht


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geklärt, und deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sage ich: Weniger Freiheit nicht mit uns! (Beifall bei den Grünen.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.

22.03

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Erstens hat Herr Abgeordneter Kiss behauptet, Herr Wiesinger hätte dies und jenes gesagt. – Tatsache ist, dass es keinen Herrn Wiesinger, sondern nur einen Herrn Weninger gibt. (Abg. Dr. Jarolim: Das zeigt die "profunde" Kenntnis!)

Zweitens: Herr Abgeordneter Kiss hat die Behauptung aufgestellt, der ÖGB verschleiere mit dieser heute in der Presse richtigerweise wiedergegebenen Tatsache irgendetwas gegenüber seinen Mitgliedern. – Richtig ist: Der ÖGB hält sich an alle österreichischen Gesetze.

Richtig ist: Der ÖGB veröffentlicht, im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen – das müssen Sie wissen! –, jährlich seine Bilanz!

Richtig ist genauso, dass der ÖGB auch weiterhin allen Rechnungslegungsvorschriften dieses Gesetzes entsprechen wird, und richtig ist außerdem, Herr Abgeordneter Kiss, dass der ÖGB so wie bisher in Ihrem Interesse als Mitglied – fragen Sie den Kollegen Neugebauer und fragen Sie nach dem Bundesvorstandsbeschluss vom 8. März! – nicht bereit ist, Streikfonds öffentlich darzulegen. Das ist in Ihrem Interesse. Seien Sie nicht Handlanger der Wirtschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

22.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

22.05

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Vereine, die darin tätigen und vor allem die freiwilligen Mitglieder sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens. Sie leisten einen enormen Beitrag im kulturellen, sportlichen und sozialen Bereich. Das ist, wie ich glaube, eine Tatsache, die in diesem Hohen Haus unbestritten ist.

Es ist – wie ich annehme – auch unbestritten, dass diese Aktivitäten zu unterstützen und zu fördern sind, und das ist letztlich die Aufgabe des Vereinsrechtes und der dazu gehörenden Ge-setzgebung. Es ist ein Faktum, dass das Vereinsrecht aus dem Jahr 1951 resultiert, also über 50 Jahre alt ist und ganz wesentliche Bestandteile sogar aus dem Jahr 1867 stammen. (Abg. Dr. Jarolim: Oder aus 1938!)

Ganz im Gegensatz zur Frau Kollegin Stoisits bin ich der Meinung, dass sich die Voraussetzungen in diesen über 100 Jahren sehr wohl verändert haben und dass die Rahmenbedingungen nicht so optimal sind, wie sie von ihr dargestellt wurden. Mich persönlich – und nicht nur mich, sondern sehr, sehr viele Vereinsobleute – hat es nämlich bisher gestört, dass sie persönlich für den Verein zu haften hatten, und dieser Umstand war auch ein Grund dafür, dass sich manche Vereinsobleute in Bezug auf ihre Nachfolge sehr schwer getan haben.

Ich meine, Herr Kollege Parnigoni hat sich mit seinen Ausführungen zum Vereinsgesetz überhaupt total disqualifiziert. Er hat unsinnige Äußerungen dazu gemacht, die ich überhaupt nicht zuordnen kann. Es hat gerade auch von roter Seite, vom damaligen Innenminister Schlögl, zumindest einen Versuch gegeben, ein neues Vereinsgesetz zu machen, das viel umfangreicher war; aber er ist eben letztlich gescheitert.

Tatsache ist, dass auch Vereine – und leider passiert das immer wieder – durch verschiedene Gründe in die roten Zahlen kommen, etwa durch Fehleinschätzungen, Schlamperei, durch eine Pleite des Hauptsponsoren und so weiter. Daher finde ich es sehr gut, dass das neue Gesetz dieses finanzielle Risiko von Funktionären reduziert und es nicht verkompliziert. – Ich glaube,


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dass das in Zukunft ein wesentlicher Faktor wird: Wir werden uns leichter tun, weil das einfach die Rechtssicherheit in diesem Bereich stärkt.

Ich finde es auch gut, dass die Vereinsgründung in Zukunft billiger und einfacher wird, dass der Fristenlauf verkürzt wird und Mehrgleisigkeiten abgebaut werden. Weiters ist es meiner Meinung nach gut, dass es für Vereine ein Zentrales Melderegister gibt, denn das wird der Übersichtlichkeit hinsichtlich der mehr als 100 000 Vereine dienen.

Außerdem ist es auch gut, dass bei großen Vereinen, die in zwei aufeinander folgenden Jahren mehr als 1 Million € Umsatz aufzuweisen haben, in Zukunft eine Rechnungslegungspflicht bestehen wird. Ich frage Sie: Warum denn nicht? – Das ist vor allem auch dann gut, wenn man öffentliche Subventionen kassieren will.

Als "Totengesänge" hat ein Journalist die Oppositionsäußerungen zum Vereinsgesetz bezeichnet. – Es ist dies auf alle Fälle eine Panikmache, und es sind dies Unwahrheiten. Es gibt nicht mehr, sondern weniger Bürokratie. Es gibt nicht strengere Haftungsregelungen, sondern sichere Haftungsregelungen. Und es gibt keine enormen Verschlechterungen, vor allem nicht für kleine Vereine. Das Gegenteil zu behaupten ist einfach die Unwahrheit!

Das lässt für mich eigentlich nur einen Schluss zu: Man hat die kleinen Vereine, die mit Kettenbriefen auf die neue Situation zu reagieren versucht haben, einfach falsch informiert: Man hat von Seiten der Opposition wieder einmal Panikmache pur betrieben, und das ist meiner Meinung nach nicht gut. Vielleicht hat die Opposition wirklich Gründe, irgendetwas zu verheimlichen. – Wir haben das nicht! Wir wollen, dass offen gelegt wird, und wir wollen natürlich, dass auch im Bereich des ÖGB offen gelegt wird. Es kann ja kein Zufall sein, dass ausgerechnet mit dem Inkrafttreten des neuen Vereinsrechts der ÖGB jetzt eine Stiftung für seinen Solidaritätsfonds gründet!

Ich glaube, dass all das – und vor allem die Argumentation der Opposition, die sich in diesem Fall so gewunden hat – Bände spricht. Von Seiten der Regierung muss man dazu nichts weiter sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Leikam. )

22.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Jarolim. Er hat das Wort.

22.10

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Frau Kollegin Haller, ganz kurz zu Ihnen: Ich möchte Ihre Ausführungen nicht weiter kommentieren. (Abg. Dr. Grollitsch: Warum? – Abg. Haller: Jetzt werden Sie wieder Unwahrheiten verbreiten!) Ich möchte zu Ihrem Hinweis, dass die Haftung verbessert worden sei, nur sagen: Ich glaube, dass Sie den Entwurf nicht wirklich gelesen haben. Ich würde Ihnen daher empfehlen, sich vorher anzusehen, worüber Sie hier sprechen.

Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über ein Vereinsverhinderungsgesetz, das aus meiner Sicht eine Art ständestaatlichen Geist atmet. (Abg. Kiss: Sie sind wohl verrückt! Das ist ja unglaublich! Herr Präsident! Er spricht vom Ständestaat! Wo sind wir denn?) Wenn wir letztes Jahr von Herrn Abgeordnetem Khol gehört haben, dass das das "Jahr der Freiwilligen" sei, dann können wir jetzt eigentlich von einem "Jahr der Verhöhnung der Freiwilligen" sprechen, Herr Kollege Kiss, denn das ist das Einzige, was diesem Gesetz tatsächlich zusteht.

Herr Minister Strasser – damals war er noch nicht Minister – hat wortwörtlich zu einem Entwurf erklärt, der nicht dem jetzigen entsprochen hat und wesentlich moderater war:

Das ist ein Schlag ins Gesicht der Tausenden Freiwilligen, die sich in den Dienst der Bevölkerung, der Gemeinden und des Landes stellen. Die Volkspartei Niederösterreich wird alles unternehmen, um diesen Bürokratieauswuchs zu verhindern. – Zitatende. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Ich glaube, das ist eine Charakterfrage. Ich verstehe das, was hier jetzt vorliegt, im Lichte


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dessen, was Sie damals gesagt haben, Herr Minister, nicht ganz! (Abg. Kiss: Herr Präsident! Dieser Vergleich ist unglaublich!)

Es ist dies keine Entrümpelung, sondern eine "Verrümpelung"! Es ist dies keine Erleichterung der Gründung, sondern es wird eigentlich etwas vorgegaukelt, und letztlich ist es eine Verhöhnung, denn diese Vier-Wochen-Frist kann nun ohne jegliches Rechtsmittel um zwei weitere Wochen verlängert werden. – Was daran eine Vereinfachung sein soll, weiß ich nicht!

Meine Damen und Herren! Sie können mir doch nicht im Ernst erklären, dass es ein Fortschritt sein soll, dass jeder Verein mindestens zwei Rechnungsprüfer haben soll! (Zwischenruf der Abg. Haller. ) Das ist ja absurd! Im Großen und Ganzen zeigt sich, dass die Verhaltensweise, Herr Minister Strasser, die Sie bei den Zivildienern an den Tag gelegt haben – insofern hätte ich es schon für vernünftig erachtet, dass das hier mit entschieden wird –, in diesem Gesetz weiteratmet! – Wir werden sicherlich nicht müde werden, die Bevölkerung daran zu erinnern, wem sie dieses Gesetz eigentlich zu verdanken hat, wenn sie dahinter kommt, was dieses Gesetz wirklich für sie bedeutet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Er hat das Wort.

22.13

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Über 100 000 Vereine in Österreich sind Grundlage für vieles, was im öffentlichen Leben funktioniert und die Eigenverantwortung in unserem Land insgesamt stärkt. Unsere Vereine bieten Rückhalt und Absicherung für viele Bürger. Und um in Zukunft den Stellenwert der Vereine zu erhalten, aber auch auszubauen, brauchen wir ein neues Vereinsgesetz, welches den Ansprüchen und den Anforderungen dient.

Das Vereinsgesetz aus dem Jahre 1951 brachte viel Bürokratie, rechtliche Unsicherheit und Haftungen, welche nicht zumutbar waren. Ich persönlich durfte viele Vereine gründen, und es war immer schwierig, dem Ganzen zu entsprechen: Nichtuntersagung, Hin- und Herschicken von Statuten und vieles andere mehr.

Heute ist verwunderlich, dass die Opposition zwar in Aussendungen Kritik übt, definitiv aber keine Gründe und Fakten nennen kann, die gegen dieses Vereinsgesetz sprechen. Sie machen mit Aussendungen Panik, es werde keine Zeltfeste mehr geben, die Vereine müssten wieder um ihre Existenz fürchten und so weiter.

Ich will einmal ganz klar sagen: Das Vereinsgesetz ist in seiner Fassung etwas länger, aber leichter lesbar und durchschaubar. Die Vereinsgründung wird von sechs auf vier Wochen beschleunigt. Es gibt eine Verfahrenskonzentration bei den Bezirksverwaltungsbehörden. Man muss die Statuten lediglich einfach statt bisher dreifach beibringen. Der erste Vereinsregisterauszug ist gebührenfrei, die Haftung des Obmanns wird dem einer GmbH angeglichen. An dieser Stelle muss ich ganz offen sagen: Um Obmänner und Funktionäre zu bekommen, brauchen wir eine klare Regelung: Privat ist privat und Verein ist Verein!

Die Politik und unsere Koalition wollen auch in Zukunft die Vereine fördern. Das neue Vereinsgesetz ist ein Beitrag dazu, soziale und gesellschaftliche Ausgewogenheit zu sichern, die Eigenverantwortung der Vereine in Zukunft aufrechtzuerhalten und insgesamt die Rahmenbedingungen zu erfüllen, um dem Auftrag der Vereine nachzukommen.

Es muss keine Existenzangst für die Vereine geben! Es ist alles in Ordnung, und es wurden Rahmenbedingungen geschaffen, welche den Vereinen auch in Zukunft das Überleben sichern. Das neue Vereinsgesetz erfüllt diese Anforderungen: Es gibt weniger Bürokratie und mehr Dienstleistung, und dies ist Grundlage für ein modernes, buntes, vielfältiges Vereinsleben in Österreich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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22.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

22.16

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister Strasser! Sehr geehrter Herr Bundesminister Böhmdorfer! Herr Minister Strasser, im Zusammenhang mit dem Vereinsgesetz hatten Sie versprochen, dass alle Vereine von Ihrem Ministerium eingeladen werden, um dazu beizutragen, dass ein Gesetz zustande kommt, das die Vereine nicht schädigt.

Herr Minister Strasser, Sie werden es vielleicht noch wissen: Am 9. Jänner 2002 fand diese Sitzung in Ihrem Ministerium statt. Was ist dort geschehen, Herr Minister? – Sie haben zu dieser Veranstaltung selbstverständlich auch die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation – das ist der Dachverband aller Behindertenorganisationen in Österreich – eingeladen, beim neuen Vereinsgesetz mitzudiskutieren. Herr Minister Strasser! Allerdings haben Sie den VertreterInnen vorher nicht gesagt – und das ist wesentlich –, dass Sie für diese Veranstaltung Räumlichkeiten gewählt haben, welche die BehindertenvertreterInnen nicht erreichen konnten, weil Sie ihnen vor die Räder Stufen "gestellt" haben! Daher konnte sich der Vertreter der ÖAR bereits vor Beginn dieser Veranstaltung wieder verabschieden, das heißt, er musste draußen bleiben und durfte unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren.

Herr Minister Strasser! Was damals geschehen ist, das ist ein Skandal! Kann es sein, dass eine Bestimmung, die seit 1997 Gültigkeit hat, nämlich § 7 Bundes-Verfassungsgesetz, die die Gleichstellung behinderter Menschen betrifft, noch nicht bis ins Innenministerium durchgedrungen ist? Wäre Ihnen diese Bestimmung bekannt, Herr Minister, dann hätte es nicht passieren dürfen, dass der Vertreter von 300 000 behinderten Menschen von dieser Veranstaltung ganz einfach ausgeschlossen wird!

Herr Minister! Ich erwarte mir von Ihnen heute eine Erklärung, wie Sie es rechtfertigen, dass Sie den Dachverband der Behindertenverbände von der Entstehung dieses wesentlichen Gesetzes ausschließen. Das ist eine Pikanterie.

Genauso pikant ist das Vereinsgesetz, das wir heute hier auf dem Tisch haben. Herr Minister! Sie gefährden damit speziell kleine Vereine, weil kleine Vereine nicht die finanziellen Möglichkeiten haben und es sich in der Regel nicht leisten können, zum Beispiel eine Buchhalterin zu organisieren und anzustellen oder ihre Buchhaltung und Rechnungslegung einem Büro zu übergeben. (Abg. Dr. Grollitsch: Warum? – Zwischenruf des Abg. Kiss.  – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Natürlich!

Und: Bei der Begründung, dass man gerade deshalb die Rechnungslegungspflicht eingeführt hat (Abg. Kiss: Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden! Glauben Sie nicht, dass man bei 13,7 Millionen Schilling einen Buchhalter ...?), weil man öffentliche Mittel kriegt, haben Sie vergessen, dass jeder Subventionsgeber unabhängig von diesem Gesetz ohnehin Jahr für Jahr einen Subventionsnachweis verlangt. (Abg. Kiss: Bei 13,7 Millionen ...!) Das heißt, dass man die Rechnungslegung ohnehin schon auf Grund der Subventionsvergabe machen musste und jene Vereine, die keine öffentlichen Mittel kriegen, jetzt trotzdem dazu gezwungen werden.

Herr Minister! Ich hätte mir von einem Vereinsgesetz erwartet, dass auch unterschieden wird, ob Vereine, die im Vereinsrecht als Vereine deklariert sind, wirklich noch Vereine sind oder nicht inzwischen zu großen Firmen geworden sind. Ich denke da konkret an das Niederösterreichische oder Oberösterreichische Hilfswerk – Sie kennen es ja sehr gut –, an die Volkshilfe und an andere große Vereine, die teilweise über hundert MitarbeiterInnen haben und die dort nicht mehr auf freiwilliger Basis arbeiten müssen, sondern ganz klar DienstnehmerInnen sind. Ich glaube, da geht es nicht mehr um Vereine, sondern das sind inzwischen Unternehmen geworden, und diese sollten auch wirklich als Unternehmer auftreten. Das wäre sinnvoll. Damit hätten wir die Chance, die Vereine, die wirklich noch Vereinstätigkeit machen, so zu belassen, wie sie waren, und diejenigen, die sich bereits zu Unternehmen entwickelt haben, wirklich in eine Unternehmensform umzuwandeln, aber nicht so, wie Sie es gemacht haben: dass sie praktisch wie eine Aktiengesellschaften agieren müssen.


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Herr Minister! Sie haben wahrscheinlich auch das Schreiben des Roten Kreuzes bekommen, das habe nicht nur ich bekommen. (Abg. Dr. Grollitsch: Lesen Sie es!) Ich habe es gelesen. (Abg. Kiss: Lesen Sie es vor, Frau Kollegin! Was steht da drin?) Darin werden wir gebeten, dahin gehend einzuwirken, dass es nicht so sein darf, dass größere Vereine – wie zum Beispiel das Rote Kreuz einer ist – mehr oder weniger als Aktiengesellschaften dargestellt werden. Ich denke, zwischen einem regulären Unternehmen und einer Aktiengesellschaft ist ein großer Unterschied. Das haben Sie verabsäumt, das hätten Sie machen müssen. Sie hätten eine klare Trennung zwischen Vereinen und Unternehmen machen müssen, statt größere Vereine als Aktiengesellschaften darzustellen. Das sind diese inzwischen großen Vereine nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Minister Strasser! Ich übergebe Ihnen das Schreiben (Abg. Kiss: Hat er ja schon gekriegt!), weil mir das Anliegen des Roten Kreuzes wichtig ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kiss: Der Minister als Papierkorb, ja?) Sie wissen, dass ich auch in gewissen Punkten meine Probleme habe. Aber ich will, dass Gerechtigkeit herrscht, und ich will nicht, dass Vereine in Schwierigkeiten gebracht werden, nur weil sie sich irgendwann einmal verpflichtet haben, für die Gesellschaft etwas zu tun. Dafür sollten sie nicht bestraft werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister! Ich erwarte von Ihnen heute keine große Antwort mehr, weil es bereits halb elf ist. Ich möchte nur eine einzige Frage von Ihnen beantwortet haben: Ich möchte wissen, warum der größte Verein, nämlich die Dachorganisation der Behindertenverbände mit über 380 000 Mitgliedern, von dieser Sitzung zum Vereinsgesetz ausgeschlossen worden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kiss: Ist ja nicht wahr! Der ÖGB hat 1,5 Millionen!)

22.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. Sie hat das Wort.

22.24

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg, Herr Präsident: Ich hätte mir eine klare Aussage Ihrerseits zu den unpassenden Äußerungen Ihres Genossen Jarolim erwartet. (Abg. Dr. Bösch: So ist es! – Abg. Dr. Jarolim: Was heißt da ...?) Ich schließe daraus, dass Sie nichts gesagt haben, dass Sie Äußerungen des Herrn "Eurolim" einfach nicht ernst nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder Mensch braucht seinen Verein, sagt ein bekanntes Lied, und für uns Österreicher gilt dies offensichtlich in besonderem Maß. Das sieht man an der enormen Vereinsdichte. Das neue Vereinsgesetz reagiert darauf, es erleichtert die Gründung und schafft mehr Transparenz. Das neue Vereinsgesetz ist leider keine Konsensmaterie, und dass die SPÖ für ihr Verhalten gute Gründe hat, haben wir ja bereits gehört.

Beispiel ÖGB: Herr Verzetnitsch, Sie sagen wohl, Sie halten sich an die Gesetze. – Ja, aber Ihre Intention ist es, zukünftige Gesetze zu umgehen. Wie sonst soll ich mir erklären, dass mit Stichtag 8. März 2002 – da wurde die Eintragung ins Firmenbuch wirksam – der Streikfonds in eine Privatstiftung eingebracht wurde? Wie wollen Sie den zahlreichen Mitgliedern des ÖGB erklären, dass Sie dort Jahr für Jahr fast zwei Millionen Euro verschwinden lassen wollen? Wie wollen Sie das erklären? Wie viele Mitgliedsbeiträge von Mitgliedern sind das? – Das würde mich hier auch sehr interessieren. (Abg. Gradwohl: Frau Kollegin, Sie haben einzig und allein ...!)

Was den Stiftungszweck anbelangt, ist es sehr interessant, dass dieser die Unterstützung und Förderung der Mitglieder des Österreichischen Gewerkschaftsbundes sein soll. Wie erklären Sie das den Mitgliedern? Und wie erklären Sie, dass der Generaldirektor der BAWAG, Helmut Elsner, in dieser Privatstiftung im Vorstand sitzt? Was sagt eigentlich die BAWAG dazu? – Fragen über Fragen, zu denen ich mir hier Antworten wünsche. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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97. Sitzung / Seite 235

Florian Asamer bringt es in der heutigen "Presse" auf den Punkt. Er schreibt, dass der Streikfonds des Österreichischen Gewerkschaftsbundes in einer Privatstiftung verschwindet. Auf diese Weise "umgeht die Gewerkschaft die Pflicht zur Offenlegung ihrer Reserven für längere Arbeitskämpfe, wie sie im neuen Vereinsgesetz vorgesehen ist". (Zwischenrufe bei der SPÖ.) "Eines der bestgehüteten Geheimnisse des Landes bleibt gewahrt." – Dem ist nichts hinzuzufügen.

Sie stimmen nicht zu, das ist bedauerlich. Aber mit Ihren Pfründen hat es mit dem neuen Vereinsgesetz ab 1. Jänner 2003 ein Ende! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. Herr Abgeordneter, Sie kennen ja die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

22.28

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Meine Vorrednerin hat behauptet, der ÖGB verschleiere gegenüber seinen Mitgliedern das Vermögen. (Ruf bei der SPÖ: Ungeheuerlich!)

Ich stelle richtig: So wie bisher werden wir nicht daran denken, dass wir Ihnen und der Koalitionsregierung jene Waffe in die Hand geben, dass Sie einschätzen können, wie lange der ÖGB das aushält. (Abg. Zierler: "So wie bisher"!) Das sind wir unseren Mitgliedern schuldig. (Abg. Dr. Papházy: Keine tatsächliche Berichtigung!) Daran werden wir uns auch von Ihnen nicht hindern lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte. (Abg. Kiss: Herr Präsident! War das eine tatsächliche Berichtigung?)

22.29

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Strasser! (Abg. Kiss: Der Herr Präsident entzieht sich einer Antwort! In seiner Eigenschaft als Vorsitzender! – Abg. Dr. Jarolim  – in Richtung des Abg. Kiss –: Paul, beruhige dich! – Abg. Kiss: Es ist aber so ...! Das war keine tatsächliche Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Kiss! Sie haben vorhin einen Abgeordneten als "Wahnsinnigen" bezeichnet; ich lasse das gerade im Protokoll feststellen. Ich bitte Sie um ein bisschen Zurückhaltung! Ich kenne nicht den Grund für Ihre außergewöhnliche Aufgeregtheit, aber so geht es nicht, Herr Abgeordneter! (Abg. Kiss: Hätten Sie zugehört!)

Am Wort ist der Herr Bundesminister, sobald ihn die beiden Regierungsfraktionen zu Wort kommen lassen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich bitte auch die sozialdemokratische Fraktion, der Aufforderung, dass jetzt der Herr Bundesminister sprechen kann, Rechnung zu tragen. – Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer (fortsetzend): Danke schön. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Trotz der Aufregung, die derzeit herrscht und die ich insoweit begrüße (Abg. Dr. Mertel: Es regt sich nur einer auf – Kiss!), als manche Debatten über weite Strecken von einer gewissen Lethargie geprägt waren, habe ich soeben sehr aufmerksam die Worte der Frau Abgeordneten Haidlmayr gehört. Ich habe ihr sehr aufmerksam zugehört, weil ich wirklich darauf eingehen möchte, und ich werde das auch tun, soweit es möglich ist. Es war aber mehr eine Kritik über die Entstehungsgeschichte des Vereines.

Zu dieser Aufregung selbst muss ich sagen, dass mir eines aufgefallen ist: Die eigene Fraktion – das soll jetzt keine Kränkung sein, Frau Abgeordnete – hat Ihnen nicht zugehört. Die Frauen Abgeordneten Dr. Petrovic, Dr. Moser und Mag. Stoisits haben sich sehr gut miteinan


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97. Sitzung / Seite 236

der unterhalten, Klubobmann Dr. Van der Bellen hat etwas gelesen, und Herr Abgeordneter Mag. Kogler hat mit einem Mitarbeiter gesprochen. Ich muss schon sagen ... (Abg. Mag. Stoisits: Sind wir in der Schule, Herr Bundesminister? Sind wir in der ersten Klasse? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Lassen Sie mich das zu Ende ausführen, das müssen Sie sich schon gefallen lassen! Wenn eine Kollegin von Ihnen ... (Abg. Mag. Stoisits: Nein, das müssen wir uns nicht gefallen lassen! Zensuren von der Regierung bekommen, das müssen wir uns nicht gefallen lassen!)  – Nein, das ist doch keine Zensur! Es ist ja keine Bewertung Ihres Verhaltens. (Abg. Mag. Stoisits: Was ist es sonst? – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist keine Bewertung Ihres Verhaltens, es ist eine Tatsachenfeststellung darüber, was ich gesehen habe. (Abg. Dietachmayr: Minister als Oberlehrer! Unerhört so was! Das hat sich kein Minister noch erlaubt! – Abg. Dr. Mertel: Sie werden uns nicht belehren! – Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Noch einmal: Es ist keine Bewertung Ihres Verhaltens. Es ist eine Tatsachenfeststellung darüber, dass sich die Frau Abgeordnete wirklich sehr bemüht hat (Abg. Mag. Stoisits: ... Tatsachenfeststellung gegenüber der Opposition!), dieses Gesetz hier zu diskutieren, und dass ich mir – das möchte ich schon sagen – eigentlich erhofft habe, dass wir mehr und inhaltlicher miteinander diskutieren können. Das geht wirklich nur, Frau Abgeordnete Stoisits, wenn man zuhört und wenn man sich gegenseitig anhört. (Abg. Mag. Stoisits: Sprechen Sie zum Inhalt, Herr Bundesminister! Sprechen Sie endlich zum Inhalt!)

Ich spreche jetzt zu dem, was Sie zu mir gesagt haben. Ich spreche zum Inhalt dieses Gesetzes, weil ich mich dafür mitverantwortlich fühle (Abg. Mag. Stoisits: Wunderbar!), gemeinsam mit den Spitzenbeamten unseres Ministeriums, die auch hier sind und die trotzdem hier sind, obwohl sie zum Teil unserem Ministerium gar nicht mehr angehören. Es ist ein großes Engagement, das sie damit bewiesen haben. (Abg. Dr. Mertel: Warum sagen Sie uns das?) Das sage ich Ihnen deshalb, weil diese Beamten des Hauses mit großem Engagement tätig waren, als sie dieses Gesetz mit begleitet haben (Abg. Dr. Mertel: Sie machen ja die Veränderungen!), und weil wir alle davon überzeugt sind, dass es ein gutes und notwendiges Gesetz ist.

Ich lade Sie ein, dieses Gesetz einmal zu lesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wenn Sie die Überschriften und die klare Struktur, die es auch den Rechtsanwendern verschaffen will, einmal anschauen, dann sehen Sie, wie hier Kapitel für Kapitel alles organisch richtig aufgelistet sind. Das ist ein Gesetz, das sich um Verständlichkeit und um Selbsterklärung bemüht. Bitte beachten Sie das! Das ist nämlich besonders wichtig, weil die meisten Menschen dieses Landes, die einen Verein gründen, nicht anwaltlich vertreten sind. Das heißt, der Text des Gesetzes muss besonders klar und deutlich sein.

Machen wir doch nicht den Fehler, dass wir zu lange mit einer Reform warten! Sie haben heute manchmal die Bezirksgerichte angesprochen. Warum ist denn das Problem so groß? – Weil die Bezirksgerichte durch 150 Jahre kaum reformiert wurden! Machen wir nicht den Fehler, zu lange mit solchen Reformen zu warten! Wenn wir Gesetze rechtzeitig novellieren, wenn wir sie selbsterklärend formulieren, dann wird die Bevölkerung auch mehr davon haben. Genau darum ist es gegangen, und ich meine, dass Frau Abgeordnete Haidlmayr bemüht war, dies hier zum Ausdruck zu bringen, und dass sie das sehr überzeugend getan hat.

Wir haben andererseits auch ein gutes Gewissen, was die Diskussion über dieses Gesetz anbelangt. Ich glaube, dass Sie bei näherer Betrachtung und tiefer gehender Diskussion doch hätten zustimmen können. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

22.34

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Böhmdorfer, ich habe das Gesetz gelesen, und ich denke (Abg. Schwarzenberger: Aber nicht verstanden!), wenn Sie bezüglich die


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ses Gesetzes ausgeführt haben, es geht darum, dass es einen Text hat, der klar und deutlich ist, und dass das die Zielvorstellung dieser Neuformulierung des Vereinsgesetzes war, dann sage ich Ihnen erstens: Das ist überhaupt nicht erfüllt worden, dieses Gesetz ist nicht klar und deutlich formuliert!

Wir hatten auch schon die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, was eigentlich die Notwendigkeit der Reform des Vereinsgesetzes war. Was steckt eigentlich dahinter, dass Sie sich damit auseinander gesetzt haben, Herr Bundesminister? – Da gab es ursprünglich drei Gründe. Der eine war, es sozusagen lesbarer zu machen. Das haben Sie mit dieser Vorlage verfehlt.

Der zweite Grund war das Schließen von Schlupflöchern – der ÖVP wird ja "World Vision" sehr bekannt sein –, nämlich für Spendenvereine, die mit den Geldern von Leuten, die für eine gute Sache spenden, nicht redlich umgehen. Herr Bundesminister, mit diesem Vereinsgesetz haben Sie genau dieses Schlupfloch für Vereine wie "World Vision" nicht geschlossen, und daher ist dieses Gesetz verfehlt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Nein! ... gibt es das Strafrecht!) Ich weiß, Herr Kiss, das ist vielleicht die Aufregung, die Sie haben. Das ist die Aufregung, weil es um Verflechtungen zur ÖVP geht und es einen unreinen Umgang mit Spendengeldern gibt. Das ist verwerflich, Herr Kiss! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Da ist es nicht das Vereinsrecht, da ist es das Strafrecht!)

Dritter Punkt, in aller Kürze: Vereinfachung eines Gesetzes. – Das ist das, worauf Bundesminister Strasser ... (Die Rednerin blickt in Richtung Regierungsbank.) Herr Böhmdorfer, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. (Abg. Kiss: Wenn es betrügerische Handlungen sind, ist es das Strafrecht! Nicht mehr und nicht weniger!) Sie urgieren das, und ich hätte gerne Ihre Aufmerksamkeit. Herr Strasser hört ja die ganze Zeit nicht zu, sondern liest oder tratscht.

Eine Vereinfachung des Gesetzes hat Bundesminister Strasser gefordert. Aber eine Vereinfachung des Gesetzes ist nicht gekommen, sondern eine Vielzahl von bürokratischen Hürden vor allem für kleine Vereine. Meine Herren Bundesminister! Geblieben vom "Jahr der Freiwilligen", geblieben von Ihrer Vorlage eines neuen Vereinsgesetzes ist eigentlich das, dass Sie es denjenigen, die sich in Vereinen engagieren, nur noch schwerer gemacht haben.

Zum Schluss: Wissen Sie, was für die Vereine wirklich ein Problem ist? – Es ist nicht das vorherige Vereinsgesetz gewesen – für die Vereine ist jetzt Ihr kompliziertes Gesetz ein viel größeres Problem, weil es sich negativ auf das Vereinsleben auswirkt –, sondern es sind die verheerenden Portogebühren, die dazu führen, dass Vereine mit ihren Mitgliedern nicht mehr kommunizieren können, weil Sie den Preis in Wirklichkeit verdreifacht haben. Das ist das Problem der Vereine, aber darum scheren Sie sich ja nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Kiss: Ach ja, die grünen Abgeordneten haben ihr zugehört!)

22.38

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister Böhmdorfer hat behauptet, mein Kollege hätte sich mit einem Mitarbeiter unterhalten. – Dort hinten ist unser Kollege, er ist vorhin genauso regungslos dort gestanden wie jetzt. Das stimmt also nicht. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Herr Minister, noch etwas: Ich denke, es ist nicht Ihre Aufgabe, zu bewerten, wie jemand auf mich reagiert. (Abg. Egghart: Welche Präpotenz erlauben Sie sich? Ungeheuerlich!) Ich habe es heute auch nicht bewertet ...

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Haidlmayr! (Abg. Haidlmayr spricht bei ausgeschaltetem Mikrophon weiter. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Frau Abgeordnete Haidlmayr, Sie haben momentan kein Mikrophon. Ich möchte Ihnen Folgendes sagen – (Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Haidlmayr )  –: Der


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erste Teil war eine tatsächliche Berichtigung. Aber die Frage, ob der Herr Bundesminister etwas bewertet oder nicht, kann man nicht in einer tatsächlichen Berichtigung korrigieren. Ich sage das deshalb so exakt, weil Sie alle merken, dass jetzt eine gewisse Nervosität herrscht. Es soll aber derjenige, der sich gerne aufregen will, keinen Grund dazu haben.

Die nächste tatsächliche Berichtigung kommt von Herrn Abgeordnetem Pirklhuber. Nach der Geschäftsordnung werden Sie jetzt den zu berichtigenden Sachverhalt vortragen, dann den tatsächlichen Sachverhalt, und das alles innerhalb von maximal 120 Sekunden. – Bitte.

22.39

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Herren Bundesminister! Bundesminister Böhmdorfer hat hier behauptet, dass der Abgeordnete Kogler mit einem Mitarbeiter Gespräche führte.

Ich berichtige tatsächlich: Weder der Abgeordnete Brosz noch ich sind der Abgeordnete Kogler; und wir haben miteinander über die Sache, die hier zur Verhandlung steht, diskutiert. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Er hat das Wort.

22.40

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe sehr aufmerksam zugehört, Frau Kollegin Stoisits, Herr Kollege Jarolim, Herr Kollege Parnigoni! (Abg. Mag. Mainoni: Wenn man sich so aufregt, muss man selbst aufpassen!) Ich bin selbst Obmann von fünf Vereinen. (Oh-Rufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Frau Kollegin Stoisits, Sie reden vom Ehrenamt – und lachen dann über diejenigen, die Ehrenämter ausüben. Ich weiß nicht, aber da haben wir beide ein grundsätzliches Missverständnis, Frau Kollegin Stoisits! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich habe Ihnen, Frau Kollegin Stoisits, und auch allen anderen Rednern von den Grünen und den Roten sehr aufmerksam zugehört. Ich wollte wirklich allen Ernstes erkunden, was denn der Gegenstand Ihrer Kritik ist. Was kritisieren Sie? – Sie haben permanent wiederholt, und zwar stereotyp wiederholt, dass es ein bürokratischer Aufwand ist. Ich kenne das Vereinsgesetz einigermaßen, ich kenne das alte und das neue, weil ich das neue mitverhandeln durfte, und ich bin nicht darauf gekommen, was Sie meinen, Frau Kollegin Bures. (Abg. Bures: "World Vision"!)

Jetzt sage ich Ihnen etwas. (Der Redner hält ein Schriftstück, das im Briefkopf ein rotes SPÖ-Emblem zeigt, in die Höhe.) Ich habe diese Aussendung als Obmann eines Vereines von Ihnen bekommen, Frau Kollegin Bures, eine SPÖ-Aussendung, in der die SPÖ den Vereinen empfiehlt, was sie uns als Abgeordneten zu schreiben haben. Ich war entsetzt und enttäuscht über das demokratische Verständnis der SPÖ, Frau Kollegin Bures. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich habe es durchgelesen und mir gedacht (Abg. Mag. Mainoni: Das war sehr plump!): Hat uns Justizminister Böhmdorfer oder Innenminister Strasser bei den Verhandlungen etwas anderes erzählt? – Da steht doch etwas von einem ganz anderen Sachverhalt drinnen als von dem, den wir im Innenausschuss und im Justizausschuss verhandelt haben!

Frau Kollegin Bures, Sie haben offensichtlich nichts anderes vorgehabt, als die 100 000 Vereinsmitglieder zu täuschen, indem Sie etwas anderes vorgeben, als tatsächlich hier verhandelt wurde. (Abg. Dr. Stummvoll: Das war ihre Absicht!) Das war Ihre Absicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Schändlich war das!)

Meine Damen und Herren! Das ist eigentlich nichts anderes als die "berühmten" Briefe der SPÖ, begonnen mit dem Pensionistenbrief. Der findet jetzt seine Fortsetzung in dem Vereinsbrief, und es wird noch viele solcher Briefe geben. Der Wähler ist schon längst draufgekommen, dass Sie nichts anderes tun, als Schmäh zu führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Jetzt steigen wir in die Sache ein. Ich erwarte mir von einem grünen und von einem roten Abgeordneten, dass sie uns endlich erklären, was sie wirklich kritisieren. Sagen Sie nicht pauschal, es ist alles schwieriger geworden und in Wirklichkeit machen wir alles komplizierter, sondern sagen Sie, was Sie kritisieren!

Kritisieren Sie die Haftungsfrage? Meinen Sie das? – Dann sagen Sie den Vereinen, dass Sie eigentlich nicht wollen, dass die Vereinsorgane von der Haftung befreit werden, sodass sie nicht mehr mit ihrem Privatvermögen haften! Das gehört in den Brief hinein, Frau Kollegin Bures! Das gehört hinein, dann sind Sie für mich glaubwürdig.

Oder ist es für Sie ein Problem, dass das Gesetz jetzt einfacher zu lesen ist und dass das Gesetz in Wirklichkeit ... (Abg. Mag. Wurm: Einfacher?) Bei weitem einfacher! (Abg. Mag. Wurm: Ach so!) Frau Kollegin, ich kann bei Gott Gesetze lesen. Frau Kollegin Wurm, Sie werden es mir dann erklären, so hoffe ich, Sie kommen ja nach mir mit Ihrer Rede an die Reihe. Vielleicht sind Sie die Erste, die uns erklärt, was Sie kritisieren. (Abg. Mag. Wurm: Ich werde sagen, was ich zu sagen habe!) Ich hätte eine Freude daran. Es würde mich wirklich freuen, wenn Sie hergingen und sagen: Daran machen wir es fest, und das kritisieren wir.

In Wirklichkeit haben wir ein sehr modernes Vereinsgesetz vorliegen. Herr Minister Böhmdorfer, Herr Minister Strasser, in Wirklichkeit haben Sie sich außerordentlich bemüht, dass wir hier etwas Modernes vorliegen haben.

Ich sage es Ihnen jetzt – und schließe damit – als Obmann von fünf Vereinen, von denen einer den Jahresumsatz von 3 Millionen € übersteigt. Ich bin froh darüber, meine Damen und Herren, weil Vereine, die 3 Millionen € an Umsatz haben, einer bestimmten Professionalität bedürfen. Ich habe selbst damals, als es dieses Vereinsgesetz noch nicht gab, selbstverständlich eine Buchhaltung und eine Bilanz vorgelegt, weil ich es meinen Vereinsmitgliedern schuldig bin. Meine Damen und Herren, alles andere ist fahrlässige Krida, das möchte ich Ihnen sagen! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das sind zum Teil Wirtschaftsbetriebe. Das sind Organisationen, die in kultureller oder sozialer Hinsicht große Aufträge für sich buchen. Meine Damen und Herren, das ist kein Honiglecken, weil Vereine natürlich auch als Arbeitgeber für viele Tausende Arbeitnehmer auftreten. Damit fahrlässig umzugehen, da bin ich nicht bei Ihnen – weder bei Ihnen, Frau Kollegin Stoisits, noch bei Ihnen, Frau Kollegin Bures! Das ist Verantwortung, die wir wahrzunehmen haben. (Abg. Gradwohl: Das heißt, Sie unterstellen den Vereinen, dass sie bisher fahrlässig vorgegangen sind? Schämen Sie sich!) Ich bin nicht fürs Schmäh führen, Herr Kollege, damit das ein für alle Mal klar ist!

Ich bin stolz und froh, dass wir dieses Gesetz heute beschließen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

22.45

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Gesetz, das Sie von den Regierungsparteien heute so bejubeln, ist in den wesentlichen Punkten sehr ähnlich, mehr als ähnlich dem damaligen Expertenentwurf, der 1998 von Ihnen in Grund und Boden verdammt wurde. (Abg. Kiss: Damals waren es 100 Paragraphen, heute sind es 34!)

Das Zitat des damaligen Abgeordneten zum Niederösterreichischen Landtag Strasser haben wir heute schon gehört. (Abg. Kiss: Leikam Toni ist mein Zeuge; da ist er gestanden mit Schaum vor dem Mund! Sie wissen nicht, wovon Sie reden!) Aber als besonderer Schutzpatron der Vereine hat sich Herr Klubobmann Khol hingestellt. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Was haben Sie gesagt, Herr Abgeordneter Khol? – Sie haben sich wirklich nahezu überschlagen im Fabulieren und in Ihrer Fabulierungskunst. Da haben Sie zum Beispiel gesagt (Abg. Kiss: Wer fabuliert denn?):


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Das alte Gesetz ist schlank und gut, wir brauchen kein neues. Das alte Gesetz hat 35 Paragraphen, das ist genug. (Abg. Dr. Khol: 31!) – 31, richtig, weil vier gestrichen wurden. (Abg. Dr. Khol: Das neue hat 35!) Das neue hat 35, aber 106 Absätze, falls Sie diese auch gezählt haben. Wir haben sie gezählt; zählen haben wir alle gelernt. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Haben Sie auch die Zeilen gezählt?)

Wie gesagt, Sie haben sich damals geradezu überschlagen, haben von Überreglementierung gesprochen, von Regulierungswut, von Schikanen den Vereinen gegenüber. (Abg. Kiss: Genauso war es! Der Toni Leikam hat ...!) Herr Abgeordneter Khol, Sie haben davon gesprochen, dass dieser Gesetzentwurf aus einem Albtraum, einem Papierkrieg in schlaflosen Nächten von Hyperbürokraten entstanden, geboren wurde. Dann sind noch die Landeshauptleute aufmarschiert, 2 500 Kärntner im Parlament gewesen und haben Petitionen eingebracht, weil sie dieses Unrecht so nicht gestatten wollten. (Abg. Kiss: Jawohl!) Das war vor vier Jahren. (Abg. Kiss: Nein, vor fünf! 1997!) Aber "die Wahrheit", Herr Abgeordneter und Klubobmann Dr. Khol, "ist eine Tochter der Zeit". (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist nun das Ergebnis? – Das Ergebnis ist – Herr Abgeordneter Gahr, der Tiroler Kollege, und auch andere wie Herr Miedl haben es gesagt –, es sei eine große Erleichterung für die Vereine eingetreten, und es sei auch ein schlankes Gesetz. Ich zeigte Ihnen einmal etwas, schauen Sie, Herr Abgeordneter Klubobmann Dr. Khol! (Die Rednerin hält einige zusammengeheftete Schriftstücke in die Höhe, von denen das oberste Blatt zur Hälfte beschrieben und zur anderen Hälfte leer ist.) Das ist die vorgeschlagene Fassung – das ist die geltende Fassung: ein leeres Blatt. Ich kann da weiterblättern: wieder ein leeres Blatt in der geltenden Fassung – und das ist die "entbürokratisierte, beschleunigte" Fassung. (Abg. Miedl: Was soll das, Frau Kollegin Wurm? – Abg. Ing. Westenthaler: Falsch kopiert!) So geht es weiter. (Abg. Ing. Westenthaler: Noch einmal! – Weitere Zwischenrufe.) Alles leer – das ist Ihre "Vereinfachung", sehr "leicht" lesbar.

Sie haben damals gesagt: Steuerberater und Rechtsanwalt – die braucht man zum Lesen dieses Gesetzes. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Noch einmal! – Weitere "Noch einmal"-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Gerne; haben Sie sich das einmal angeschaut? – Alles leere Blätter in der geltenden Fassung! Einen Bürokratisierungsschub machen Sie mit diesem Gesetz! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Noch einmal! – Abg. Dr. Khol: Noch einmal!)

Zu den Haftungen: Natürlich ist es ein Problem ... (Abg. Dr. Khol: Sind Sie eine Pradlerin oder eine Höttingerin?) Sankt Nikolaus – ist Ihnen das ein Begriff? (Abg. Dr. Khol: Hötting?) Sankt Nikolaus – ist Ihnen das ein Begriff? (Abg. Kiss: Noch einmal!) Sie haben das schon einmal gesagt, Herr Abgeordneter Khol; man wird es in Innsbruck sagen müssen. Haben Sie etwas gegen die Höttinger? (Abg. Ing. Westenthaler: Lei, lei! – Abg. Dr. Jarolim: "Khol" – ein anderes Wort für Bürokratie!)

Zu den Haftungsfragen. – Das ist ein großes Problem für Vereinsmitglieder, die in den Vorstand gewählt werden. Daher appelliere ich an Sie alle: Unterstützen Sie den jetzt von mir und meinen Kollegen Dr. Jarolim, Parnigoni und Mag. Maier eingebrachten Abänderungsantrag, der in den wesentlichen Punkten beinhaltet (Abg. Kiss: Jarolim soll hinausgehen und sich entschuldigen! Dann können wir darüber reden!), dass diejenigen, die in einem Verein als Organ bestellt werden, die schriftliche Zustimmung geben sollten. Damit wäre vielen geholfen, die als Vorstand in einem Verein tätig sind. Das ist eine wichtige Maßnahme und hilft denjenigen, die ehrenamtlich für unsere Bevölkerung und für das Gemeinwohl tätig sind. Wenn es Ihnen ernst ist, dann unterstützen Sie diesen Antrag! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Bitte noch einmal!)

22.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag, den Frau Abgeordnete Mag. Wurm in seinem Kernpunkt referiert hat, ist genügend unterstützt, wird vervielfältigt und verteilt und steht mit zur Verhandlung.


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Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wurm, Dr. Jarolim, Parnigoni, Mag. Maier und KollegInnen betreffend das Vereinsgesetz 2002 (990 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Dem § 5 Abs. 3 erster Satz wird nach dem Wort "Personen" folgende Wortfolge eingefügt:

"und nur mit ihrer schriftlichen Zustimmung"

2. Dem § 5 Abs. 4 wird nach dem zweiten Satz folgender Satz eingefügt:

"Die Bestellung darf nur mit schriftlicher Zustimmung der zu Bestellenden erfolgen."

3. § 5 Abs. 5 wird folgender Satz angefügt:

"Eine schriftliche Zustimmungserklärung der bestellten Rechnungsprüfer beziehungsweise des Abschlussprüfers zur Ausübung dieser Funktionen ist einzuholen."

4. § 11 lautet:

"§ 11. (1) Die Errichtung eines Vereines (§ 2 Abs. 1) ist der Vereinsbehörde von den Gründern oder den bereits bestellten organschaftlichen Vertretern unter Angabe ihres Namens, ihres Geburtsdatums, ihres Geburtsorts und ihrer für Zustellungen maßgeblichen Anschrift (§ 4 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982) mit einem Exemplar der vereinbarten Statuten schriftlich anzuzeigen. Bereits bestellte Leitungsorgane haben zudem ihre Funktion und den Zeitpunkt ihrer Bestellung anzugeben und die schriftliche Zustimmungserklärung zur Ausübung ihrer Funktion vorzulegen.

(2) Wird eine Zustimmungserklärung gemäß Abs. 1 nicht vorgelegt, so gilt die Bestellung des Leitungsorgans als nicht erfolgt. § 2 Abs. 3 gilt sinngemäß."

4. Dem § 14 Abs. 2 wird folgender Halbsatz angefügt:

"und eine schriftliche Zustimmungserklärung der bestellten organschaftlichen Vertreter zur Ausübung ihrer Funktion vorzulegen"

5. § 14 wird folgender Abs. 4 angefügt:

"(4) Wird eine Zustimmungserklärung gemäß Abs. 2 nicht vorgelegt, so gilt die Bestellung der organschaftlichen Vertreter als nicht erfolgt. Eine Haftung gemäß § 23 oder § 24 ist ausgeschlossen."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reindl. – Bitte.

22.50

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Justizminister! Sehr geehrter Herr Innenminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich ist auch das Land der Vereine. In mehr als 104 000 behördlich registrierten Vereinen üben Zigtausende Funktionärinnen und Funktionäre ihre Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit, großteils ehrenamtlich, das heißt unentgeltlich, ohne Bezahlung, freiwillig und in der Freizeit aus. Diesen ehrenamtlichen guten Geistern in unserer Gesellschaft gelten unsere besondere


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97. Sitzung / Seite 242

Hochachtung und unser besonderer Dank. Und genau diese gilt es auch gesetzlich besonders zu schützen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was bringt das Vereinsgesetz 2002? Warum diese große Aufregung hier in diesem Hohen Haus? Was ist neu daran? – Der Abbau behördlicher Mehrgleisigkeiten, die Verkürzung des Instanzenzuges, die Verkürzung des behördlichen Verfahrens und so weiter. Aber etwas ganz, ganz Wesentliches, meine Damen und Herren, ist die Finanzgebarung, worin es heißt: Übersteigen die gewöhnlichen Einnahmen oder gewöhnlichen Ausgaben eines Vereines in zwei aufeinander folgenden Rechnungsjahren 1 Million €, also rund 14 Millionen Schilling, ist eine Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen. Bei 3 Millionen gibt es einen qualifizierten Jahresabschluss.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Was ist so schlecht an diesen Bestimmungen? Wenn heute der Kollege Parnigoni von den Sozialdemokraten davon spricht, dies sei eine unzumutbare bürokratische Belastung, ein Schlag in das Gesicht der Freiwilligen, frage ich mich, wo das so ist. Er meinte, zusätzliche bürokratische Hürden werden geschaffen. Genosse Jarolim sprach sogar von einem ständestaatlichen Geist in diesem Gesetz. Also diese Aussage, meine Damen und Herren, verdeutlicht einmal mehr, von welchem Geiste Abgeordneter Jarolim umgeben ist. (Abg. Dr. Khol: "Eurolim"!)

Meine Damen und Herren! Wer nichts zu verbergen hat, wird auch keine Probleme haben, zu bilanzieren sowie Gewinne und Verluste auszuweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Haider in Kärnten zum Beispiel!) Endlich gibt es diesen Schwellenwert von 1 Million €, sodass nicht jeder Verein betroffen ist, sondern nur solche mit erheblicher Wirtschaftskraft. Klein- und Kleinstvereine – und das ist der überwiegende Teil der Vereine in Österreich – sind davon überhaupt nicht betroffen. So entspricht es auch nicht den Tatsachen, wie Frau Abgeordnete Haidlmayr von den Grünen behauptet hat, dass ein kleiner Verein nun auch einen Buchhalter anstellen muss.

Wer also im Zusammenhang mit dieser gesetzlichen Regelung von einer Belastung der Klein- und Kleinstvereine spricht, behauptet entweder bewusst die Unwahrheit oder ist im Hinblick auf die Finanzgebarung österreichischer Vereine ein Träumer.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mit dem Vereinsgesetz 2002 wird ein weiterer Teil der Verwaltungsreform, das heißt mehr Bürgernähe und Effizienz, vollzogen. Das ist Regieren neu – auch im Sinne von Hunderttausenden freiwilligen Funktionären in unserem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. Er hat das Wort.

22.54

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Praxis des Vereinsrechtes ist auch weiterhin problemlos. – Aussage von Ihnen, Herr Klubobmann, am 4. März 1998. Ich könnte jetzt zitieren bis hin zu den bereits angeschnittenen Aussagen und schriftlichen Informationen des seinerzeitigen Landtagsabgeordneten und jetzigen Innenministers. Ersparen wir es uns!

Reformen, jawohl, Herr Bundesminister für Justiz. Lieber Kollege Reindl, die Frage ist nur: Für wen?

Es wurde auch bereits von Kollegin Bures angesprochen: Dort, wo Handlungsbedarf gewesen wäre, wo es um riesige Spendensummen geht, hat man nichts gemacht. Die Masse der österreichischen Vereine – und ich bekenne mich zu den österreichischen Vereinen und bedanke mich bei den Zehntausenden Funktionärinnen und Funktionären der über 106 000 Vereine für ihr Engagement und ihre Arbeit –, die Mehrheit sind kleine Vereine. Jene, die sich mit Vereinen beschäftigen, meine Damen und Herren, wissen auch genau, wie schwierig es ist, so ein Vereinsleben zu organisieren und zu gestalten. Die haben oft nicht einmal so viel Geld, dass sie sich am Abend ein Bier kaufen können (Heiterkeit), und jetzt zwingen wir ihnen noch diese


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97. Sitzung / Seite 243

Bürokratie auf. Du sagst, es ist eine Verwaltungsvereinfachung, ich sage, das ist eine Bürokratisierung und sonst gar nichts.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist halt der unterschiedliche Zugang. Es gibt einige hier im Kreise der Regierungsparteien, die gesagt haben – das ist ja noch nicht so lange her –, wir brauchen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, von den Gendarmen bis zu den Polizisten, von der Kriminalpolizei bis zur Zollwache, mehr Leute. Die Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet. – Jetzt haben wir überall Hunderte und Tausende weniger, und alles ist besser geworden! Das ist selektive Wahrnehmung!

Da sitzen die Kolleginnen und Kollegen der Österreichischen Volkspartei. Das Land, die Dörfer, die Städte, das war immer euer Anliegen. Wenn ich mir anschaue, was heute passiert – das ist alles hier schon diskutiert worden –, von den Gendarmerieposten über die Postämter bis zum öffentlichen Verkehr, dann kann ich es nicht glauben: Nach euren Ausführungen ist das alles eine Verbesserung – genauso wie hier bei den Vereinen, und die haben sich auch schon alle "bedankt", denn das Zeitungsporto ist "billiger" geworden, es ist einfach alles besser geworden! Das ist die Wendepolitik nach Ihren Ansichten.

Ich bin neugierig und hoffe, man nimmt den engagierten Funktionärinnen und Funktionären nicht ganz den "Nipf", sehr geehrter Herr Klubobmann, denn Sie sagen natürlich richtig in Ihrer Aussendung: Hier wird für die österreichische Bevölkerung, aber auch für das Staatsganze wichtige Arbeit geleistet. Und da sollten wir eigentlich gemeinsam schauen, dass diese faire, gute und effiziente Rahmenbedingungen haben. Das, meine Damen und Herren, sind sie aber nicht, und daher stimmen wir auch nicht zu! (Beifall bei der SPÖ.)

22.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Strasser. – Bitte.

22.57

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Kollege Böhmdorfer! Ich habe vor einigen Tagen Post von der SPÖ-Parlamentsfraktion bekommen und habe da unter anderem gelesen, es gäbe neue bürokratische Hindernisse, das Vereinsleben wäre verkompliziert, es gäbe eine überzogene Verschärfung der Haftungsregelungen, es gäbe aufwendige Rechnungslegungsvorschriften, den ideellen Zwecken der Vereine wäre nicht ausreichend Rechnung getragen. Das ist ein Zitat aus diesem Schreiben, und ich habe gedacht, ich werde bei dieser Debatte hier ganz besonders intensiv hinhören, welche Argumente denn zu all diesen wirklich wichtigen Vorhaltungen kommen werden.

Ich habe jetzt die Debatte mindestens eine Stunde lang verfolgt. Vielleicht, dass der noch zu Wort gemeldete Abgeordnete Leikam ein Argument zur Untermauerung dieser Vorhaltungen liefern wird, denn bisher ist außer einem Hinweis auf eine ständestaatliche Regelung, den ich, wie ich zugebe, nicht ganz verstanden habe, nichts gekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Der Jarolim war das!) Es drängt sich mir der Verdacht auf, Hohes Haus, dass die Debatte um dieses Gesetz von der Opposition genauso geführt wird wie viele Debatten über von unserem Haus mit anderen gemeinsam – heute mit dem Herrn Justizminister und seinem Haus – eingebrachte Gesetzeswerke, genauso wie beim Meldegesetz, beim Zivildienstgesetz, beim Sicherheitspolizeigesetz, beim Fremdengesetz, beim Kriegsmaterialiengesetz, beim Volkszählungsgesetz, um nur einige zu nennen.

Ja, ich gebe es zu, nach 30 Jahren SPÖ-geführtem Innenministerium gibt es einiges an Handlungsbedarf und Aufarbeitungsbedarf. Und daran arbeiten wir, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben 1997 auch einen Entwurf vorgelegt. Er wurde zu Recht hart kritisiert, nicht nur von der Opposition, sondern auch aus Ihren eigenen Reihen, was schlussendlich dazu geführt hat, dass er zu Recht zurückgezogen wurde.


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97. Sitzung / Seite 244

So viel nur dazu, dass das seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Großen und Ganzen geltende Rechtswesen durchaus notwendigerweise einer neuen Betrachtung unterzogen werden soll und musste und reformiert werden musste.

Natürlich sind wir das anders angegangen als 1997. Jawohl, Frau Abgeordnete Haidlmayr, wir haben alle eingeladen (Abg. Haidlmayr: Die Behindertenorganisationen nicht!), nicht nur jene, die im "Jahr der Freiwilligen" im Arbeitskreis 8 ihre Beiträge geleistet haben – herzlichen Dank dafür –, nicht nur im Begutachtungsverfahren, nicht nur über das Internet. Wir haben nach Beendigung des Begutachtungsverfahrens noch einmal eingeladen, und wir haben selbstverständlich auch einen Vertreter der Behindertenorganisationen eingeladen. (Abg. Haidlmayr schüttelt den Kopf.)

Darf ich Ihnen das auch ganz offen sagen: Da der Kollege nicht den Aufzug benützen wollte, hat ihm unser verantwortlicher Portier angeboten, dass er hinaufgetragen wird. Nachdem er das abgelehnt hat, aus welchen Gründen auch immer (Abg. Haidlmayr: Natürlich hat er das abgelehnt!), hat ihn der hier anwesende Sektionschef Prantl extra angerufen und zur nächsten Sitzung eingeladen und wieder darauf hingewiesen, dass ein Aufzug vorhanden ist, und wieder darauf hingewiesen, dass er auch hinaufgetragen wird, wenn er das will. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Interessant ist auch noch ein zweites Detail. Frau Abgeordnete Stoisits beklagt bitterlich eine angebliche Einschränkung der Vereinsfreiheit, und die nach ihr sprechende Frau Abgeordnete Haidlmayr meint wiederum, wir sollten gleich einigen Vereinen verbieten, Vereine zu sein. (Abg. Haidlmayr: Nicht verbieten!) Kenne sich aus, wer will, ich kann da keinen direkten Zusammenhang oder eine gemeinsame Linie erkennen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das typische Chaos bei den Grünen!)

Frau Abgeordnete Haidlmayr, ich habe das Schreiben vom Roten Kreuz nicht erhalten, aber ich habe es sehr gerne gelesen und danke Ihnen für die Übergabe. Ich darf aus diesem Schreiben des Österreichischen Roten Kreuzes, Landesverband Wien, vom 19. März, das an die Frau Abgeordnete zum Nationalrat Theresia Haidlmayr gerichtet ist, zitieren. Im zweiten Absatz schreibt hier das Österreichische Rote Kreuz – Zitat –:

Das Österreichische Rote Kreuz war in die Erarbeitung des vorliegenden Gesetzentwurfes intensiv eingebunden und begrüßt diesen auch grundsätzlich als wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiet des Vereinsrechtes. – Zitatende. (Abg. Haidlmayr: Weiterlesen! Lesen Sie noch weiter!)

Und dann gibt es eine Anmerkung (Abg. Haidlmayr: Genau!), auf die Sie sich sichtlich beziehen, wonach nach dem Begutachtungsverfahren auf Grund ... (Abg. Haidlmayr: Lesen Sie das auch!)  – Wenn Sie die Geduld hätten, Frau Abgeordnete, meinem Argument einfach zuzuhören! Ich habe Ihren Argumenten demütig und lange zugehört, solange Sie gesprochen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sichtlich haben Sie den nächsten Absatz gemeint, in dem das Rote Kreuz anregt, dass eine nach der Begutachtung auf Grund der Begutachtungsentwürfe vorgenommene Änderung gegenüber dem Begutachtungstext noch einmal durchgesehen und geprüft werden soll. Das ist der Hinweis, auf den Sie sich beziehen, Frau Abgeordnete. Habe ich Ihren Beitrag richtig verstanden? (Abg. Kiss – da Abg. Haidlmayr im Gespräch mit anderen Abgeordneten ist –: Sie hört Ihnen ja gar nicht zu! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es tut mir Leid, ich kann das jetzt nicht verifizieren, weil die Frau Abgeordnete nicht bereit ist, meinen Argumenten zuzuhören. Ich interpretiere ihren Vortrag hier so, dass dieser Absatz gemeint ist.

Ich darf Sie darauf hinweisen und ankündigen, dass sich Herr Abgeordneter Mainoni gerade zu diesem Text zu Wort melden wird, und ich bin sehr dankbar dafür, dass die beiden Parteien, die hier die Regierung vertreten, dieser Bemerkung und dieser Anregung des Roten Kreuzes Rechnung getragen haben. Wir dürfen also gemeinsam feststellen, dass das Rote Kreuz voll


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und ganz die neue Vereinsgesetznovelle, die Neufassung des Vereinsrechtes begrüßt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich verstehe das auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, Hohes Haus, denn durch diese Neukodifizierung des Vereinsrechtes wird vereinfacht, wird rechtlich klargestellt, erfahren die Funktionäre in ihrer Haftung eine wesentliche Erleichterung und wird es insgesamt schneller, billiger und einfacher, einen Verein zu gründen, einen Verein zu führen, Statuten zu ändern.

Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die an diesem Gesetzeswerk mitgearbeitet haben. Ich möchte das ganz besonders bei meinem Regierungskollegen Böhmdorfer tun, weil mit der Schaffung eines Vereinsprivatrechtes jetzt zusätzliche Rechtssicherheit geschaffen wird und Vereinsfunktionäre und -mitglieder zusätzlich geschützt werden. Ich möchte mich nicht nur bei den Beamten des Justizministeriums, sondern auch bei den Beamten unseres Hauses bedanken, insbesondere bei Dr. Weber-Schallauer, der fast Übermenschliches geleistet hat. Und ich danke jenen Abgeordneten, die hier ihre Zustimmung geben, damit das Vereinsleben in Zukunft schneller, billiger und einfacher sein wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

23.06

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Wir vermissen nach wie vor die sachlichen Argumente, die mehrmals eingefordert worden sind und die das belegen sollen, was Sie immer wieder, aber ohne Untermauerung, ohne entsprechende Argumente behaupten, nämlich dass dieses Vereinsgesetz Verschärfungen, Verschlechterungen und Probleme für die Vereine mit sich bringt.

Sie lassen diese Argumente vermissen. Sie wollen offensichtlich diese sachliche Auseinandersetzung nicht führen. Aber wir haben heute schon einmal eine Debatte darüber geführt, das Volk zu befragen – also befragen wir! Nehmen wir als Beleg dafür einmal diejenigen her, die betroffen sind, nehmen wir die Vereine her!

Es ist heute bereits angesprochen worden, dass die SPÖ, die Frau Bundesgeschäftsführerin, der Herr Justizsprecher, der Herr Sicherheitssprecher, offensichtlich einen Brief an alle Vereine gerichtet hat mit der Aufforderung: Nein zum Vereinsbelastungsgesetz! Diesem Brief an die Vereine ist auch eine vorgefertigte Rückmeldung beigelegen mit der Aufforderung, diese wieder an die Justizsprecher, an die Abgeordneten der anderen Fraktionen zu retournieren. Als Argument steht unter anderem drinnen: "Diese Regierungsvorlage sieht vor allem für kleinere Vereine eine Fülle von Erschwernissen vor. Vieles wird komplizierter werden. Es drohen die Aushöhlung des Rechtes auf Vereinsfreiheit und eine Diskriminierung gegenüber Kapitalgesellschaften." – Auch hier findet sich kein einziges Wort, welchen Paragraphen, welche Bestimmung Sie kritisieren, wo Sie die Probleme sehen. Sie agieren mit allgemeinen Schlagworten.

Ja, und was ist jetzt die Reaktion? – Wenn es so wäre, wie Sie es uns hier weismachen wollen, müssten wir inzwischen mit Stößen von Stellungnahmen eingedeckt sein. Der Herr Bundesminister hat heute bereits gesagt, dass es über 106 000 Vereine in Österreich gibt. Ich, der ich namentlich auf einer Liste, die diesem Brief beigelegt war, als Mitglied des Justizausschusses genannt war, habe Rückmeldungen bekommen. Ich habe diese jetzt mit. Das sind die Rückmeldungen (der Redner hält einige Seiten in die Höhe), die gekommen sind (Abg. Dr. Fekter: Von 106 000?): genau sieben! Von 106 363 Vereinen haben sich sieben Vereine Ihren Argumenten angeschlossen.

Vielleicht finden wir hier die sachlichen Argumente, die Sie uns in der Debatte vorenthalten. Also nehme ich einmal die erste Stellungnahme her. Was steht da? – "Diese Regierungsvorlage sieht vor allem für kleinere Vereine eine Fülle von Erschwernissen vor. Vieles wird komplizierter werden. Es drohen die Aushöhlung ..." und so weiter und so weiter. – Okay. Auch hier gibt es leider kein sachliches Argument.


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Aber voll Hoffnung ziehe ich die nächste Stellungnahme heran: "Diese Regierungsvorlage sieht eine Vielzahl von bürokratischen Hindernissen vor. Das Vereinswesen wird verkompliziert." – Also hier auch kein Wort von irgendeiner sachlichen Auseinandersetzung.

Die nächste Stellungnahme: "Diese Regierungsvorlage sieht vor allem für kleinere Vereine ..." und so weiter und so weiter.

Es haben sich also sieben Vereine von 106 363 Vereinen Ihrem Befund angeschlossen. Aber angeschlossen heißt nur, sie haben – aus irgendeiner Verbundenheit zur SPÖ, nehme ich jetzt einmal an – Ihren Brief hergenommen und haben die Schlagworte, die Sie da unterbreitet haben, übernommen und das retourniert.

Ich glaube, diese Abstimmung unter den Vereinen in Österreich spricht für sich selbst. Sie qualifiziert diese Debatte in der richtigen Richtung: 106 356 Vereine haben diesen Entwurf für in Ordnung befunden, sieben Vereine sind damit nicht einverstanden. Ich glaube, wenn man schon von direkter Demokratie spricht, dann sollte man das hier als Befund nehmen. Vielleicht ist das das Argument für Sie, sich heute auch diesem Entwurf anzuschließen und diesem Vereinsgesetz die Zustimmung zu geben. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Leikam –: Der ist sportlich! Er hat schon die Sommerhose an! – Abg. Dr. Stummvoll: Endlich wird es sachlich!)

23.10

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird wahrscheinlich nicht allzu viele Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus geben, die sich schon 1977 und 1978 (Abg. Kiss: 90!)  – Entschuldigung! –, 1997 und 1998 intensiv mit dem Vereinsrecht beschäftigt haben. Kollege Khol war sogar so großzügig und hat mir geholfen, hier ein Plakat zu halten, das seine Partei österreichweit affichiert hatte für etwas, was es damals gar nicht gegeben hat, nämlich einen Entwurf von Innenminister Schlögl. Auch Herr Bundesminister Strasser spricht hier immer von einem Entwurf, den es damals gegeben hätte, der angeblich viel schlechter gewesen wäre als das, was jetzt als Regierungsvorlage auf dem Tisch ist. (Abg. Dr. Khol: Wie heißt der Minister? Wie hat der Minister geheißen?)

Ich darf schon in Erinnerung rufen: Das, was damals zur Diskussion stand, war ein Expertenpapier von einer Gruppe, die das ausgearbeitet hat. Darüber hat es auch eine Enquete hier im Hohen Haus gegeben, und darüber hat es auch die Diskussion im Plenum gegeben. Einen Entwurf des Innenministers hat es jedoch nicht gegeben. Das ist auch nachzulesen in einer APA-Aussendung des Jahres 1997, in der sogar Klubobmann Khol sagte, dass Herr Innenminister Schlögl keinen Entwurf für ein Vereinsrecht vorlegen werde (Abg. Dr. Mertel: Die nächste Unwahrheit!), dass aber der – damalige – Justizminister so etwas plane. (Abg. Kiss: Der Michalek!) Also damit das aufgeklärt ist, damit auch klargestellt ist, wie es 1997 und 1998 hier bezüglich eines neuen Vereinsrechts zugegangen ist.

Jetzt zum neuen Vereinsrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Khol: Toni, der Schlögl hat nie etwas gewusst! Nichts vom Vereinsrecht, nichts von anderen Dingen! Beim Schlögl war das immer so!) Auf Grund der Ankündigungen, die jetzt längere Zeit zumindest medial zu lesen und zu hören waren, meine Herren Bundesminister, kann ich wirklich nur sagen: Berge kreißten, und ein Mäuslein wurde geboren. Ich habe dieses Gesetz mehrmals gelesen und habe, Herr Bundesminister Strasser, keine Spur von einem großen Wurf des Vereinsrechtes gefunden. Überhaupt nicht! (Abg. Kiss: Du meinst in Wirklichkeit etwas ganz anderes!)

Wenn ich mir zumindest zwei Redner, die vor mir gesprochen haben, in Erinnerung rufe – den Kollegen Kiss und die Kollegin Papházy –, dann scheint es bei diesem Vereinsrecht in den Hinterköpfen der Abgeordneten der Regierungsparteien eigentlich nur eine Lex Streikfonds ÖGB gegeben zu haben, denn das war die zündende Debatte hier am Rednerpult, warum der


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ÖGB diesen Weg gewählt hat und nicht jedem Abgeordneten offen legt, wie viel Geld noch vorhanden ist, damit man ganz genau weiß, wie man den ÖGB packen kann, wie lange die Arbeiter demonstrieren können. Das war offensichtlich Ihr Grund: zu erfahren, wie viel Geld hier vorhanden ist. Aber um die Vereine ist es Ihnen wirklich nicht gegangen! Noch einmal: Berge kreißten, und ein Mäuslein wurde geboren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Herren Bundesminister! Nichts, aber schon gar nichts enthält diese Regierungsvorlage über eine Erleichterung für die Funktionäre. Es ist keine Erleichterung darin festzustellen, sondern das Gegenteil ist der Fall: Dieses neue Vereinsrecht, das uns heute vorliegt, hat einen beinahe doppelt so großen Umfang wie das alte. Es ist auf alle Fälle wesentlich schwerer zu lesen als das alte Gesetz.

Ich darf hier nur – meine Redezeit reicht nicht, das genauer zu erläutern – auf den § 22 verweisen. Schauen Sie sich einmal den § 22 Abs. 2 an, wo allein in zwei Zeilen auf zwölf verschiedene Paragraphen hingewiesen wird. Wie soll sich da ein Vereinsfunktionär zurechtfinden? Vereinsfunktionäre, meine Damen und Herren, sind keine Rechtsgelehrten. Das sollten jene wissen, die diesen Entwurf ins Haus gebracht haben und ihn heute auch beschließen werden.

Noch etwas: Im Jahr nach dem "Jahr des Ehrenamtes" hätten wir zumindest erwartet, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass in diesem neuen Vereinsrecht, von dem Sie so schwärmen, wenigstens den ehrenamtlichen Vereinsfunktionären, die die Träger unserer Gesellschaft sind, eine Hilfestellung geboten wird. Sieben Arbeitskreise hat die Bundesregierung zum "Jahr des Ehrenamtes" eingerichtet – ein Ergebnis ist mir nicht bekannt. Da die ganze Diskussion zu diesem Vereinsrecht auch im Jahr 2001 gelaufen ist, hätte man zumindest Ergebnisse dieser Arbeitskreise einbauen können. Schade, Sie haben diese große Chance vertan, Sie haben in diesem Vereinsrecht nicht auf die Ehrenamtlichen geachtet.

Auch die von Ihnen, Herr Dr. Khol, so gelobte Bürgergesellschaft hat in dieses neue Vereinsrecht keinen Eingang gefunden. Sie selbst, Herr Klubobmann Khol, müssen eigentlich sehr enttäuscht sein. 1997 haben die ÖVP-Landeshauptleute Sie zum Schutzpatron der österreichischen Vereine ernannt und gesagt, Sie mögen doch beim Herrn Innenminister darauf einwirken, dass dessen Regulierungswut eingeschränkt wird. Sie müssen eigentlich sehr enttäuscht sein, wenn Sie heute diesen Entwurf lesen, an dem Sie offensichtlich mitgearbeitet haben, wo Sie aber alle guten Grundsätze aus den Jahren 1997 und 1998 wieder vergessen haben.

Sie haben damals gemeint, diese Diskussion ist ein Albtraum für alle Schützen- und Sportvereine. Wir sagen heute: Dieser Albtraum, von dem Sie damals gesprochen haben, Herr Klubobmann Khol, der tritt genau jetzt in Kraft – mit Ihrer Stimme. Es ist ein Albtraum für die 106 000 Vereine in unserem Lande. Schade! Sie hatten eine große Chance, hier etwas Gutes zu machen. Diese Chance haben Sie nicht genützt. (Beifall bei der SPÖ.)

23.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

23.17

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die "Roten Brigaden" sind zwar sicherlich kein in Österreich eingetragener Verein, sie sind aber eine linke terroristische und verbrecherische Vereinigung. In Zeiten einer grenzenlosen Europäischen Union geschehen bei unserem südlichen Nachbarn offensichtlich wieder politisch motivierte Verbrechen. Und Bologna, meine Damen und Herren, ist nur einige hundert Kilometer von Österreich entfernt.

Nach Auskunft des Innenministeriums besteht in Österreich dieses Bedrohungsszenario gegenwärtig nicht. Ich bin aber trotzdem froh darüber, dass gerade das Justiz- und das Innenministerium in den Händen verantwortungsbewusster Parteien und verantwortungsbewusster Personen sind, die rasch, objektiv und entschlossen handeln.

Sie werden sich wundern, warum ich "objektiv" sage: Ich denke an die Memoiren des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, Michael Sika, in denen eindeutig steht, dass der damalige


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Bundesminister für Inneres, Ihr jetziger Abgeordneter Einem, in der Briefbomben-Causa, die zweifellos auch ein terroristischer Akt war, monatelang die Ermittlungen bewusst in eine falsche Richtung geführt hat, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Posch: Zur Sache, Herr Präsident! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Das ist Ihnen unangenehm! Sehr unangenehm!)

Und jetzt komme ich zur Sache, nämlich zu diesem Vereinsgesetz, wobei ich auf die Kettenbriefe im Vorfeld überhaupt nicht mehr eingehen will. Auf eine derart plumpe Vorgangsweise, dass ein Obmann des Vereins "IG Kultur" oder ein Vereinsvorstand der "KUPF – Kulturplattform Oberösterreich" sich nicht einmal mit dem Vereinsgesetz auseinander setzen, sondern nur das abschreiben, was Sie ihnen vorgeben, braucht man überhaupt nicht einzugehen. Das ist plump und eigentlich peinlich für eine Oppositionspartei. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Auf ernst zu nehmende Beiträge, meine Damen und Herren, wurde von Seiten des Bundesministeriums für Justiz selbstverständlich eingegangen, und es wurde ein breiter Konsens mit diesen Vereinen erzielt. Deshalb – der Herr Innenminister hat schon darauf hingewiesen – sind wir selbstverständlich auch auf Vorschläge des Roten Kreuzes, die noch gekommen sind, gerne eingegangen.

Aus diesem Grund bringen wir auch einen Antrag folgenden Inhalts ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Mainoni, Dr. Fekter, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG) in der Fassung des Ausschussberichtes (1055 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Der letzte Satz des § 5 Abs. 4 hat zu lauten:

"Im Übrigen sind die § 110 und 132 ArbVG sinngemäß anzuwenden."

*****

Meine Damen und Herren! Gerade Sie von der SPÖ sollten eigentlich froh darüber sein, dass ein neues Vereinsgesetz geschaffen wird. Damit ersparen Sie sich in Zukunft die Blamage, dass der Sohn des Altbundeskanzlers Klima, der wohl bekannte Herr Jan Klima, gar nicht bemerkt haben will, dass er im Vorstand dieses Betrugsverdachtsvereines "Euroteam" war. Sie sollten froh darüber sein! Aber für uns ist es im Grunde genommen vollkommen egal und bedeutungslos, ob es den Sozialdemokraten passt oder nicht. Wichtig ist für uns, dass die Vereine in diesem Land zufrieden sind. Und das wird mit diesem Gesetz erreicht. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben verlesene Antrag steht zur Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

23.20

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Strasser! Sie haben zugegeben, dass es am 9. Jänner 2002 nicht möglich war, dass Behindertenvertreter zu dieser Sitzung kommen konnten. Sie haben allerdings auch gesagt, dass angeboten wurde, meinen Kollegen aus dem Rollstuhl zu heben und ihn dann irgendwie in den Lift zu bekommen.

Herr Minister Strasser! Ich habe gedacht, dass Sie dafür Verständnis haben, denn Sie waren doch selbst als Zivildiener in einer Behinderteneinrichtung, aber das war ein riesiger Irrtum! Herr


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Minister Strasser! Es ist wirklich ein Trauerspiel, wenn ich Ihnen hier heute sagen muss, dass Sie offensichtlich § 7 B-VG betreffend die Gleichstellung von behinderten und nicht behinderten Menschen nach fünf Jahren noch immer nicht anerkannt haben. Würden Sie diese Bestimmung nämlich akzeptieren, dann hätten auch alle anderen Teilnehmer getragen werden müssen, denn dann wäre die Gleichstellung auch wieder gegeben gewesen!

Ich verlange das nicht von Ihnen, aber, Herr Minister Strasser, Sie müssten wissen, dass wir behinderten Menschen nicht nur im Rollstuhl sitzen, weil wir vier Räder unter dem Hintern haben wollen. Wenn wir behinderten Menschen im Rollstuhl sitzen, dann ist das nicht so einfach, wie sich das die Welt vorstellt! Man kann einen behinderten Menschen nicht einfach aus dem Rollstuhl heben, ihn irgendwo darüber transportieren und dann wieder in den Rollstuhl setzen! So einfach ist unser Leben nicht, Herr Minister! Vielmehr ist es mit Spasmen und Schmerzen verbunden, die sich über Tage ziehen! Wir sind nicht nur auf den Rollstuhl als technisches Hilfsmittel angewiesen. Viele von uns haben medizinische Hilfsmittel am Körper kleben, und diese Leute können Sie nicht ganz einfach aus dem Rollstuhl heben, denn sonst fällt das ganze "Kramuri" herunter, und die Blöße will sich bei uns niemand geben. Ich hoffe, dass Sie das verstehen, Herr Minister! Dabei geht es nicht um die Arroganz, dass sich einer nicht aus dem Rollstuhl heben lassen will, sondern es geht darum, dass sie diese Menschen in einen Zustand bringen, den Sie als Nichtbehinderter sich nicht vorstellen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe es mir nicht leicht gemacht, jetzt noch einmal hier herunterzurollen und Ihnen das zu sagen. Das verlangt mir menschlich sehr viel ab, und das geht auch in meine Intimsphäre, die ich damit ein Stück preisgeben muss, weil sie nicht verstanden worden ist. Herr Minister! Ich erwarte mir nicht, dass Sie das verstehen! Ich erwarte mir von Ihnen nur, dass Sie die Gleichstellungsbestimmung einhalten, denn dann sind wir behinderten Menschen nicht mehr gezwungen, so in die Tiefe gehen zu müssen, damit uns nicht Arroganz unterstellt wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Strasser. – Bitte.

23.23

Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Lieber Kollege Böhmdorfer! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Haidlmayr, ich möchte die Geschichte klären.

Zuerst möchte ich sagen, dass ich volles Verständnis für die Situation von Menschen habe, die sich in besonderen Lebensumständen befinden und auch etwaige Behinderungen haben. Das ist selbstverständlich und wird von mir auch in höchstem Ausmaß respektiert.

Es gibt schlicht und ergreifend drei Möglichkeiten, bei uns im Innenministerium in einen der Sitzungssäle im ersten Stock zu kommen: Die eine Möglichkeit besteht darin, dass man über die Stiegen hinaufgeht, die zweite Möglichkeit ist, den Lift zu benützen – und da gibt es, soweit ich weiß, keinen Niveauunterschied –, und die dritte Möglichkeit für den Fall, dass das – aus welchen Gründen immer – nicht möglich ist, besteht darin, dass jemand mit Rollstuhl oder ohne Rollstuhl hinaufgetragen wird.

Diese drei Möglichkeiten bestehen, und jede erdenkliche Möglichkeit wird jedem Besucher unseres Hauses angeboten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Astrid Strasser. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Astrid Stadler! ) Entschuldigung: Ich meinte: Frau Abgeordnete Stadler.  – Bitte. (Abg. Kiss: Voriges Mal war der Van der Bellen der Voggenhuber!  – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.25

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Viele Österreicher und Österreicherinnen sind Mitglied in


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97. Sitzung / Seite 250

einem oder mehreren Vereinen. Viele ehrenamtliche Funktionäre und Freiwillige engagieren sich in ihrer Freizeit in einem Verein. Über 100 000 Vereine und deren Mitglieder sind eine tragende Säule des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in Österreich. Daher ist es unserer Bundesregierung im Rahmen der Verwaltungsvereinfachung ein Anliegen, gerade die engagierten und für die Gesellschaft unverzichtbaren Vereine und deren Funktionäre von unnötigem Ballast und Bürokratie zu befreien. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Entrümpelung und Vereinfachung unseres Vereinsgesetzes, das zum Teil noch aus dem Jahr 1867 stammt, ist dafür ein zentraler Ansatzpunkt. Unser Herr Bundesminister Strasser und Bundesminister Böhmdorfer haben drei Monate lang mit den Vereinen via Internet im Dialog viele Änderungs- und Verbesserungsvorschläge in das neue Vereinsgesetz eingearbeitet. Das Endprodukt bietet praxisorientierte Bestimmungen zur Förderung und Stärkung unseres Vereinswesens und vor allem Rechtssicherheit für die Funktionsträger in den Vereinen. Künftig werden Verwaltungsabläufe gekürzt werden. Im Sinne des One-Stop-Shop-Prinzips ist die Bezirkshauptmannschaft Ansprechpartnerin für die Vereine. Alle Vereine werden in einem zentralen EDV-gestützten Vereinsregister aufgenommen und geführt.

Als wirkliche Sicherheit für ehrenamtliche Funktionäre und deren Familien ist die Neuregelung der Haftungsfrage zu werten. Bisher haftete der Obmann oder die Obfrau mit dem gesamten Privatvermögen, mit dem neuen Vereinsgesetz ist dies endlich Vergangenheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser neues modernes Vereinsgesetz bringt unbürokratische und bürgernahe Hilfe für über 100 000 Vereine in Österreich. Ich bin stolz darauf, dass die Vereine mit ihren vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern auch im 21. Jahrhundert eine unverzichtbare Säule unserer Gesellschaft darstellen und mit den zigtausend ehrenamtlich geleisteten Stunden einen unbezahlbaren Beitrag für Österreich leisten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Er hat das Wort.

23.28

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Gelegenheit, am Ende dieser Debatte ein wenig zu resümieren.

Mir ist es wie dem Kollegen Miedl gegangen: Ich habe tatsächlich vergebens darauf gewartet, dass die Drohungen der Opposition in ihrem Kettenbrief hier sachlich untermauert werden. Und in der Tat habe ich in der Diskussion mit den Vereinen draußen – und ich bin bei sieben solchen nicht viermal Obmann, Kollege Miedl! – keine auch nur annähernd die Kritik rechtfertigende Passage in diesem Gesetz vorgefunden.

Aber ich glaube, die Welt dreht sich einfacher, als wir es hier vermuten. Kollegin Bures hat beklagt, dass die Portogebühr nicht angeglichen wurde, was in einem Vereinsgesetz einfach nicht passieren dürfe. – Damit hat sie offenbar gemeint, dass sie rund 744 541 S für ihr Rundschreiben an alle Vereine ausgegeben hat. Und das nächste Rundschreiben an alle Vereine, dass dieses Gesetz widerwärtig und schlecht ist und sie im Sinne der Argumentation treffen wird, liegt natürlich schon vorbereitet in der Lade und wird in Kürze hinausgehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Stoisits hat beklagt, dass die Gestaltungsautonomie gefährdet sei. Möglicherweise hat sie den ihr nahe stehenden Verein vom Kirchwegerhaus gemeint und dass dort vielleicht die Gestaltungsautonomie ein wenig eingeschränkt ist, weil man den Herrschaften mit diesem Gesetz, das mehr Transparenz bringt, vielleicht etwas auf die Finger schauen kann. – Das ist denkbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Herr Parnigoni geißelt die Prüfungspflicht. Aber es ist klar, dass jemand, der aus dem Dunstkreis von "Euroteam" stammt, eine Prüfung nicht wollen wird! Dass hier ein Zusammenhang evident und damit die Aversion begründet ist, das liegt auch auf der Hand.

Herr Präsident Verzetnitsch hat sich hier nicht als Redner, sondern als Richtigsteller eingefunden, und ich meine, es ist bemerkenswert, dass der größte Vereinspräsident der Republik zu diesem Thema nicht als Redner spricht. Das hat aber sicherlich etwas damit zu tun, dass genau das, was unterstellt wurde, dass man nämlich die Kurve in eine Stiftung kratzt, einen Zusammenhang mit diesem Gesetz hat.

Meine Damen und Herren! Ich meine zusammenfassend: Wir können Sie nicht daran hindern, dass der vorbereitete Brief an alle Vereine hinausgeht, aber ich bin ganz sicher, dass sich auch dieses Schreiben wie das erste als das entlarvt, was es letztlich ist: Es handelt sich lediglich um Unterstellungen und wieder Unterstellungen, denn niemand der ehrenamtlichen Vereinsfunktionäre ist durch dieses Gesetz, das wir jetzt beschließen werden, tatsächlich betroffen, sondern in erster Linie erleichtert und entlastet. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 990 der Beilagen.

Hiezu hat Frau Abgeordnete Mag. Wurm einen Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Mainoni und Dr. Fekter ebenfalls einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage abstimmen.

Frau Abgeordnete Mag. Wurm hat einen Abänderungsantrag zu § 5 Abs. 3 eingebracht. Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil der Vorlage in der Fassung der Regierungsvorlage. Ich bitte jene, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Bejahung. – Dieser Teil in der Fassung der Regierungsvorlage ist mit Mehrheit angenommen.

Frau Abgeordnete Mag. Wurm hat auch einen Abänderungsantrag zu § 5 Abs. 4 eingebracht. Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen bitten. – Der Antrag findet keine Mehrheit.

Die Abgeordneten Mag. Mainoni, Dr. Fekter haben einen Abänderungsantrag zu § 5 Abs. 4 eingebracht, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des § 5 Abs. 4 in der Fassung der Regierungsvorlage, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das wird mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Frau Abgeordnete Mag. Wurm hat einen Zusatzantrag zu § 5 Abs. 5, § 11 sowie § 14 Abs. 2 und 4 eingebracht, und ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen. – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.


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Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage. Ich bitte im Falle der Bejahung um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Beschlussfassung erfolgt mit Stimmenmehrheit.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile in der Fassung der Regierungsvorlage samt Titel und Eingang. Ich ersuche im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass diese Teile des Gesetzes in zweiter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen sind.

Ich schlage vor, dass wir sofort die dritte Lesung vornehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt verhandelt.

14. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (960 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (1058 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (961 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG) geändert wird (Kraftfahrliniengesetz-Novelle 2001) (1059 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 14 und 15.

Die Abgeordneten Wattaul und Fink wünschen nicht, von ihrem Recht als Berichterstatter Gebrauch zu machen.

Wir gehen daher gleich in die Debatte ein.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort. – Bitte.

23.35

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die uns vorliegenden beiden Novellen betreffen Verkehrsfragen.

Eine Novelle betrifft das Bahnhochgeschwindigkeitsnetz, und deswegen werde ich jetzt auch besonders schnell reden. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Grundsätzlich handelt es sich hiebei um eine EU-Rechtsanpassung. Wir werden dieser zustimmen, obwohl einige Fragen offen bleiben, zum Beispiel die Frage, warum man ins Beiblatt einerseits schreibt, dass Kosten nicht zu erwarten sind, andererseits aber feststellt, dass Stellen geschaffen werden müssen. – Eine von diesen beiden Feststellungen kann also auf keinen Fall stimmen!

Zweitens halte ich die Verlagerung der gesamten Agenden dieses Gesetzes auf die Bezirksverwaltungsbehörde für falsch. Im Ausschuss hat nämlich der befasste Beamte auf meine entsprechende Frage geantwortet, dass bei den Verfahren selbst die Beamten die gleichen bleiben, jedoch eine gewisse Reisetätigkeit zu erwarten sei. Das halte ich für keine sehr erfolgreiche Verwaltungsvereinfachung! – So viel zur Eisenbahngesetz-Novelle betreffend die Hochgeschwindigkeitsstrecken, die Anpassung des Netzes und die Voraussetzungen dafür.

Anders verhält es sich bei der Kraftfahrliniengesetz-Novelle. Dieses Gesetzeswerk staubt schon ziemlich aus allen Paragraphen, wenn man daran schüttelt, und das war und ist nach wie vor unsere Kritik daran. Es ist mit dem ÖPNRV-Gesetz weder in Deckung noch in Übereinstimmung


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gebracht worden, und beide Gesetze zusammen widersprechen tendenziell kommenden Rechtsentwicklungen in der Europäischen Union. (Abg. Dr.  Martin Graf: 30 S wollen die Grünen für einen Liter Benzin verlangen!)

In der EU gibt es nämlich nirgends Konzessionen, sondern Dienstleistungsverträge und Regelungen, die mit unseren nicht kompatibel sind. Dieses Gesetz wird dadurch schlicht und ergreifend redundant und schwer vollziehbar. Man hat bei dieser Novellierung die Chance verabsäumt, das ÖPNRV-G und dieses Kraftfahrliniengesetz gemeinsam wirklich EU-rechtstüchtig zu machen und eine gescheite Novellierung einzubringen.

Meine besondere Kritik daran betrifft jedoch die Tatsache, dass es mit diesem Gesetz zu einer Verpolizeilichung des öffentlichen Verkehrs kommt. Das Innenministerium hat sich nämlich gewünscht, dass gegen potenzielle Schwarzfahrer Polizei und Gendarmerie in Stellung gebracht werden können. – Wird es dann in Zukunft so sein, dass, wenn jemand aus Protest gegen Preiserhöhungen Aktionen macht, etwa Studenten oder Leute, die ausschauen wie Studenten, von den Sicherheitskräften am Einsteigen in die öffentlichen Verkehrsmittel gehindert werden können? (Zwischenruf des Abg. Wattaul. )

Meine Damen und Herren! Das halte ich für schwer überzogen! Das ist überflüssig, und das lehne ich ab, und deswegen lehnen wir auch diese Novelle ab, die sich sonst im Wesentlichen auf Druck- und Schreibfehlerberichtigungen und anderes mehr beschränkt.

Der Herr Innenminister ist jetzt nicht mehr da. (Abg. Schwarzenberger: Jetzt ist der Verkehrsminister an der Reihe! Wir sind jetzt beim Verkehr!) Ich meine, er hätte sich das sparen können, das ist überflüssig! Ich glaube, dass unsere Sicherheitskräfte gerade in Zeiten wie diesen etwas anderes zu tun haben, als Schwarzfahrer nicht nur mittels Schwarzkapplern, sondern auch noch hochgradiger zu jagen!

Meine Damen und Herren! Das war aus meiner Sicht ein Fehler. Dieser zweiten Novelle können wir nicht zustimmen. Sie ist unvollständig, mit anderen Gesetzeswerken nicht koordiniert, und eine Verpolizeilichung dieser Materie halte ich, gelinde gesagt, für dumm, überhaupt in Anbetracht dessen, dass man den öffentlichen Verkehr eigentlich attraktiver machen sollte. (Beifall bei den Grünen.)

23.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

23.40

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch zur Novelle zum Eisenbahngesetz 1957 Stellung beziehen. Es handelt sich um eine EU-Anpassung, und es geht um die Hochgeschwindigkeitsstrecken, um Strecken, auf welchen Geschwindigkeiten von 160 bis 200 Stundenkilometern oder auch über 200 Stundenkilometer gefahren werden, und das wird aus topographischen Gründen für Österreich und für die Österreichischen Bundesbahnen besonders interessant sein.

Meine Damen und Herren! Es geht hiebei um eine technische Harmonisierung der Sicherheitssysteme, und ich glaube, das ist sehr wichtig. Ich möchte nur kurz den leider schweren Unfall von Wampersdorf erwähnen, den ich jetzt nicht als Ursachenbegründung anführen möchte; ich glaube aber doch, dass es manchmal wirklich sprachliche Schwierigkeiten auf Grenzbahnhöfen gibt.

Herr Bundesminister! Ich habe es auch in meinem Ersuchen im Ausschuss ausgedrückt, dass bei diesem ganzen Abstimmungsvorhaben auch die sprachliche Abstimmung verbessert werden muss, und zwar auch im Hinblick auf den Arbeitnehmerschutz. Das wird sehr wesentlich sein.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wäre jetzt sicherlich sehr interessant, eine große Debatte über die österreichische Verkehrspolitik zu führen. Sie haben einige Schwerpunkte angesprochen. Ich möchte nur hinsichtlich der Österreichischen Bundesbahnen sagen:


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Ich hoffe, dass Sie zu dem stehen, was Sie angesprochen haben, dass Sie nicht wie Ihr Regierungspartner, die Österreichische Volkspartei, für eine Trennung sind, sondern dass Sie sich von der Unternehmensleitung der ÖBB überzeugen lassen haben, dass ein gemeinsamer, vernetzter Betrieb der ÖBB besser ist, weil es um wesentliche Synergieeffekte geht, dass es aber trotzdem zum Aufmachen des österreichischen Schienennetzes kommt, was immer wieder eingefordert wird. Das hindert die Franzosen oder die Deutschen überhaupt nicht daran, bei uns zu fahren, und genauso hat Österreich die Chance, in Deutschland, in Dänemark, in Frankreich oder in Italien zu fahren; wenn die Ostländer dazukommen, dann wird es sicherlich zu entsprechenden Erweiterungen kommen.

Herr Bundesminister! Insbesondere im Hinblick auf die EU-Erweiterung besteht diesbezüglich verkehrspolitischer Handlungsbedarf. Sie haben einige Aussagen dazu gemacht, und ich möchte jetzt den Großraum Wien und auch große Teile von Niederösterreich ansprechen: Wenn die Eisenbahn dort in den nächsten Jahren nicht vordringlich ausgebaut wird und auch die notwendigen Umfahrungsstraßen nicht gebaut werden, dann kommt es dort zu einem Verkehrskollaps, und diesen gilt es zu verhindern! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Mag. Kukacka gelangt nun zu Wort. Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.43

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich möchte das betonen, was auch die Vorredner gesagt haben. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Es geht um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Es geht darum, dass ein taugliches transeuropäisches Hochgeschwindigkeitsnetz entsteht und dass auch Österreich dabei die entsprechenden Richtlinien anwendet.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch sagen, dass – und das beweist auch diese Novelle zum Hochgeschwindigkeitsnetz – natürlich an einer grundlegenden Modernisierung und an einer Reform der Schienenwege und auch der Österreichischen Bundesbahnen kein Weg vorbeiführt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, wir sollten diese Herausforderung gemeinsam – und diesbezüglich richte ich meinen Appell auch an die SPÖ und an die sozialdemokratischen Gewerkschafter bei den ÖBB – angehen, weil es hiebei um eine ganz wichtige Standortvoraussetzung auch für den Wirtschaftsraum Österreich geht.

Wir erwarten uns von einer solchen Reform eine stärkere Liberalisierung der Zutrittsbedingungen für die Schiene. Wir wollen eine stärkere gesellschaftsrechtliche Trennung zwischen dem Güter- und Personenverkehr auf der einen Seite und dem Bereich der Schienenwege auf der anderen Seite, denn das kann und muss eine Voraussetzung für ein verbessertes Angebot für die Kunden sein, und es muss damit langfristig auch eine Entlastung des Bundesbudgets verbunden sein.

Meine Damen und Herren! Es muss uns klar sein, in welch großen Dimensionen die Österreichischen Bundesbahnen finanziert werden: Jährlich zahlt der Bund die stolze Summe von 55 Milliarden Schilling für das System Schiene. (Zwischenruf des Abg. Edler. )

Herr Kollege Edler! Rund 42 Milliarden Schilling werden investiert, damit der Betrieb der ÖBB überhaupt gesichert ist, und weitere 12 Milliarden Schilling werden für den Ausbau der Schienenwege aufgewendet. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Edler. ) Herr Kollege Edler! Ich zitiere nur die Fakten! Es besteht überhaupt kein Anlass zu irgendeiner Art der Polemik, ich möchte nur einmal die Relationen herstellen.

Meine Damen und Herren! Heute ist viel und lang über das Thema der Abfangjäger diskutiert worden. Ich halte jetzt fest, dass wir 42 Milliarden Schilling aus dem Budget für die Bundesbah


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nen zahlen. (Abg. Schwemlein: Das ist wie mit den Äpfeln und Birnen!) Das Budget für die Landesverteidigung in Österreich beträgt aber überhaupt nur 21 Milliarden Schilling! Das heißt, wir zahlen für die Bundesbahnen doppelt so viel, wie wir für das gesamte Verteidigungsbudget aufbringen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Die Abfangjäger – auch das möchte ich nochmals klarstellen – kosten insgesamt über zehn Jahre 21 Milliarden Schilling. Das heißt, wir zahlen jährlich 2 Milliarden Schilling für die Abfangjäger, gleichzeitig investieren wir aber jährlich 12 Milliarden Schilling in den Ausbau der Schienenwege und weitere 42 Milliarden Schilling aus dem Budget für den Betrieb der Österreichischen Bundesbahnen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.  Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Über die Bundesbahnen, den massiven Reformbedarf und über die jährlichen Budgetzuwendungen darf Ihrer Meinung nach nicht geredet werden. Diesbezüglich sagen die SPÖ und die sozialistische Gewerkschaft: Wir verhängen ein Denkverbot. Den anderen Problemen, die in diesem Land auch gelöst werden müssen, wollen Sie sich nicht stellen. Das werden wir aber nicht zulassen! Wir werden in allen Bereichen, auch bei der Bahn, die notwendigen Reformen vorantreiben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wattaul ist der nächste Redner. – Bitte.

23.48

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Auch wir bekennen uns zum Ausbau der Bahn, und die Anpassung an diese Richtlinie betreffend einheitliche Standards auf Hochgeschwindigkeitsstrecken ist der erste Schritt in die richtige Richtung.

Das meiste ist bereits gesagt worden. Ich glaube, wir müssen jetzt so schnell wie möglich die Schaffung einheitlicher Maßstäbe angehen, denn sonst wird die Eisenbahn auf der Strecke bleiben, und das wollen wir alle miteinander nicht! (Abg. Brosz: Meist bleibt sie aber auf der Strecke!) Wenn wir nicht jetzt anfangen, wirklich Standards zu schaffen, damit es auch international möglich ist, die Bahnunternehmen zu führen, dann wird auf lange Sicht die Bahn der Verlierer bleiben, und ich glaube, das will niemand!

Ich kann nur sagen: Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

23.49

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich freue mich, dass mein Kollege von der FPÖ vorher ein Bekenntnis zur Eisenbahn abgelegt hat.

Wir behandeln heute die Novelle zum Eisenbahngesetz 1957. Es geht um die technische Harmonisierung. – Ich sage es jetzt einmal in aller Deutlichkeit: Ich glaube, dass die EU sehr lange herumgedoktert hat, weil es bei der technischen Harmonisierung einen Kampf zwischen Frankreich und Deutschland, also zwischen TGV und ICE, gab.

Wenn man schaut, wie die EU das Pferd von hinten aufgezäumt hat, und wenn man etwa sieht, dass die Engländer letztendlich liberalisiert und auf die technischen Standards keinen Wert gelegt haben, dann bin ich stolz auf die Österreichischen Bundesbahnen, die einen hohen technischen Standard haben. Herr Bundesminister! Ich stehe nicht an zu sagen: Selbst wenn Unfälle passiert sind – das sage ich auch mit aller Deutlichkeit und habe das auch im Ausschuss gesagt –, haben wir uns sehr vorbildlich verhalten, und zwar Top-down, also vom Bundesminister bis zum Eisenbahner. Das war wichtig.

Es gibt drei Stufen der technischen Harmonisierung, es gibt Standards und Normen, die man einhalten muss. Ich glaube, dass – wie schon mein Kollege Edler gesagt hat – jetzt an Grenz


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97. Sitzung / Seite 256

bahnhöfen die Schulungen beginnen, um die Sicherheitsmängel auszugleichen, ist sehr wichtig und richtig.

Wenn wir hohe Geschwindigkeiten fahren, dann ist es genauso wichtig, dass wir unsere Eisenbahnnetze ausbauen. Daher glaube ich, Herr Bundesminister, es war sehr wichtig, dass Sie im Ausschuss gesagt haben, dass es auch ein wesentlicher Beitrag und ein wesentliches Bekenntnis zum Ausbau der Südbahn ist, nur soll es rasch und schnell gehen. Wenn wir einmal die EU-Osterweiterung haben, dann – das wissen wir genau – wird die Verkehrsregion Ost im Verkehr ersticken. Es kann nur mithilfe der Schiene eine Unterstützung dafür geschaffen werden, dass dieser Verkehrskollaps nicht passiert. Eine rasche Entscheidung über die Südbahn ist deshalb sehr wichtig.

Daher geben wir dieser Gesetzesvorlage gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

23.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

23.51

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Interoperabilität im hochrangigen Schienennetz ist einer der ganz zentralen Punkte, die die Schiene wettbewerbs- und leistungsfähig machen.

Ich möchte einmal auch unseren Eisenbahnern sagen, dass solche Maßnahmen noch lange nicht ausreichen, um tatsächlich eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur und vor allem eine leistungsfähige Bahn in Österreich zu haben, die als Alternative zum Straßentransport dienen kann. Ich hoffe, dass sich auch der einfache Eisenbahner bald überlegt, ob es für seine eigene Job-Sicherheit nicht sinnvoller wäre, wenn dauerhaft die Bahn als System – und nicht die Bahn als Unternehmen, das laut Gewerkschaft nach Möglichkeit immer gleich bleiben soll – bestehen bleibt.

Wenn es uns nicht gelingt, auch private Bahngesellschaften (Abg. Edler: Gibt es eh schon!) mit alternativen Angeboten nach einer Trennung von Infrastruktur und Betrieb bei der Eisenbahn auf die Schiene zu bekommen (Abg. Edler: Braucht kein Mensch!), werden die Güter weiterhin auf der Straße transportiert werden. (Abg. Edler: Das stimmt überhaupt nicht!) Züge, die nicht wettbewerbsfähig sind, werden auf Dauer nicht zu finanzieren sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. – Er hat das Wort.

23.53

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die technische Harmonisierung im Bereich des Schienenwesens ist insbesondere im Hinblick auf Liberalisierung, im Hinblick auf Erzielung eines Wettbewerbes sehr wichtig. Nur wenn es grenzüberschreitend die gleichen Sicherheitsstandards und die gleichen technischen Voraussetzungen gibt, ist auch ein grenzüberschreitender Wettbewerb möglich.

Daher ist die EU-Richtlinie, die hiermit heute umgesetzt wird, besonders wichtig, besonders wichtig auch zur Realisierung der TEN, der Transeuropäischen Netze. Auch diese sind nur dann möglich, wenn es einheitliche Sicherheitsstandards im Bereich des Signalwesens in Europa gibt.

Der nächste Schritt ist selbstverständlich die Umsetzung der EU-Richtlinie für die restlichen Schienennetze, die es ja schon gibt und die in Österreich demnächst realisiert wird. Damit wird künftig ein wesentlich größerer technischer Aufwand für Österreich verbunden sein.


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97. Sitzung / Seite 257

Nun noch kurz ein Satz zur Novellierung des Kraftfahrliniengesetzes. Hier geht es im Wesentlichen nur um eine Euro-Anpassung, eine Euro-Umstellung. Ich möchte aber die Gelegenheit nützen, um grundsätzlich etwas zum Kraftfahrliniengesetz zu sagen.

Das derzeitige starre System im Konzessionswesen ist mit Sicherheit ein Problem, weil damit eine Liberalisierung und ein Wettbewerb verhindert werden. Bei einer zehnjährigen Konzessionsvergabe, wie sie derzeit üblich ist, ist, wenn diese Konzessionen an marktbeherrschende Unternehmen wie die ÖBB oder die Post vergeben werden, kein Wettbewerb möglich, weil bei derartigen Chancen, eine Konzession zu erlangen, kein Unternehmer in einen Fuhrpark investieren wird.

Daher richte ich meine Bitte oder meine Aufforderung an die Länder, die ja für die Vergabe von Ein-Land-Konzessionen zuständig sind, in diesem Bereich endlich für mehr Liberalisierung zu sorgen. Man muss natürlich auch darüber nachdenken, ob man zur Marktbelebung einen Unterschied bei der Konzessionsvergabe zwischen marktbeherrschenden Unternehmen und kleineren Unternehmen macht.

Insbesondere ist es mir auch ein Anliegen, festzustellen, dass eine Privatisierung der Nebenbahnen kaum möglich ist, wenn es parallel zu den Nebenbahnen langfristige Linienkonzessio-nen der ÖBB und der Post gibt, die damit einer Liberalisierung beziehungsweise einer Privatisierung von Nebenbahnen entgegenstehen.

Herr Minister! Ich ersuche auch dich, in dieser Frage auf die Länder Druck auszuüben beziehungsweise – wenn es darum gehen wird, auch die Zwei-Land-Konzessionen an die Länder zu übertragen – dafür zu sorgen, dass es ähnlich wie bei der Konzessionsvergabe im Linienbereich eine Liberalisierung und einen Wettbewerb geben wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.56


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97. Sitzung / Seite 258

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

23.56

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Ich habe nur eine ganz kurze Redezeit. Herr Minister, ich möchte Sie darum bitten, dass Sie das Geld, das 1999 für den barrierefreien Ausbau der ÖBB für behinderte Menschen zurückgenommen worden ist, im Budget wieder freigeben. Noch lange ist es nicht so, dass die österreichischen Eisenbahnen für behinderte Menschen wirklich tauglich und zugänglich wären.

Fahren Sie mit der Bahn, und schauen Sie einmal, ob Sie Rollstuhltoiletten finden! Wenn Sie in jedem Zug Rollstuhltoiletten finden, dann können Sie unter Umständen darüber nachdenken, dass wir sofort wagengebundene Einstiegshilfen oder zumindest mehr Hebelifte bekommen. Erst dann, wenn alle Züge mit wagengebundenen Einstiegshilfen und solchen Toiletten ausgestattet sind, kann man darüber diskutieren, dass man das Geld reduziert. Abschaffen wird man diesen Posten nie können, denn allein schon für das regelmäßige Service und die Nachadaptierungen ist es immer notwendig und unverzichtbar, dass Mittel für den barrierefreien Ausbau der ÖBB freigegeben werden.

Darum möchte ich Sie bitten, weil das eine wichtige Sache ist. Auch wir behinderte Menschen haben das Recht auf öffentlichen Verkehr, das Recht auf Mobilität. Nächstes Jahr ist das "Jahr der Mobilität" im Rahmen der EU, und da könnten Sie, Herr Minister, schon einiges herzeigen, was Sie machen. Sie sind ja mit dem Vorsatz angetreten, dass Sie Fehler, die in den letzten Jahren passiert sind, gutmachen werden.

Ihre Vorgängerin hat den großen Fehler gemacht, diese Mittel nicht mehr ins Budget hineinzunehmen. Sie können den Fehler korrigieren. Geben Sie das Geld wieder her, und machen Sie bei den ÖBB einen öffentlichen Personenverkehr, der wirklich seinen Namen verdient, nämlich ein öffentlicher Verkehr für alle zu sein! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Er hat das Wort.

23.58

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein paar Sätze zum Kraftfahrliniengesetz: Diese Novelle beinhaltet zum einen eine Euro-Umstellung, zum Zweiten eine umfangreiche Mitwirkungsbefugnis für die Exekutive bei der Exekution der Beförderungsbedingungen.

Dabei hoffe ich – und ich bin davon überzeugt, dass ich nicht der Einzige bin –, dass ebendiese Mitwirkungsbefugnis der Exekutive nicht gleich als geballte Staatsgewalt gegen jeden kleinen Schwarzfahrer eingesetzt wird, sondern dass dieses Instrument wirklich nur, wie uns der Herr Verkehrsminister auch im Ausschuss gesagt hat, gegen die häufigen Missbräuche bei – unter Anführungszeichen – "schwarzen", als Gelegenheitsverkehr getarnten Linienverkehren eingesetzt wird.

Es ist allgemein bekannt, dass gerade bei den vielen Nachfolgestaaten Jugoslawiens immer wieder Verstöße gegen das Kraftfahrliniengesetz begangen werden und viele so genannte Reisebusfahrten in Wirklichkeit nicht genehmigte Linienverkehre sind. Dagegen müssen wir verstärkt auftreten, und darum bitte ich Sie, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

0.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. Er hat das Wort.

0.00

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister Hohes Haus! In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit nur kurz ein paar Betrachtungen; ich schließe an Kollegen Schwemlein an, vielleicht in ein bisschen anderer Form.

Es geht um den § 22 Abs. 5 des Kraftfahrliniengesetzes. Demnach gilt, dass im Großen und Ganzen der Betriebsführer nach Abs. 2 und der Auftragnehmer nach Abs. 3 ohne Zustimmung des Konzessionsinhabers nicht berechtigt sind, andere Personenkraftfahrunternehmer mit der Durchführung der ihnen vom Konzessionsinhaber übertragenen Fahrten zu beauftragen. – So der Text des Gesetzes. (Abg. Dr. Martin Graf: Das steht im § 4!) Nein!

Leider Gottes ist das eine sehr oft geübte Praxis. Aber ich habe in diesem Zusammenhang noch einen Gedanken, den ich hier anbringen möchte. Es ist bedauerlicherweise so, dass es in dieser Branche – wie Kollege Schwemlein gesagt hat – einige schwarze Schafe gibt. Sehr oft sitzen Buslenker in Bussen, die nicht angemeldet sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist der größte Schaden für all die Unternehmer, die ehrlich und ordentlich ihre Geschäfte führen und ihre Fahrer anmelden. Sehr oft habe ich schon von Busunternehmern sagen gehört: Ich verstehe einfach nicht, wie jener um dieses Geld fahren kann. – Das ist das typische Zeichen einer Schmutzkonkurrenz, und da ist es wichtig, dass man entsprechend dahinter ist. Daher ist meiner Ansicht nach der Strafrahmen in dieser Causa – von 10 000 bis 100 000 S – sicherlich nicht unangebracht.

Ein Gedanke noch zum Bahnausbau, Herr Minister – ich möchte das noch einmal wiederholen –: Als Niederösterreicher bedanke ich mich dafür, dass die Strecke Wien – St. Pölten in Angriff genommen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über die einzelnen Ausschussanträge.


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97. Sitzung / Seite 259

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird, in 960 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dies ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung ebenfalls einstimmig angenommen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend die Kraftfahrliniengesetz-Novelle 2001 in 961 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Die Beschlussfassung erfolgt in zweiter Lesung mit Stimmenmehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Stimmenmehrheit in dritter Lesung beschlossen.

Diese Abstimmungen sind beendet.

16. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (748 der Beilagen): Abkommen zur Ergänzung des Abkommens vom 21. Februar 1989 zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die Erleichterung von Ambulanzflügen in den Grenzregionen bei dringlichen Transporten von Verletzten oder Schwerkranken (1056 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

0.04

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Regierungsvorlage beinhaltet eine Vereinfachung beim Abkommen zwischen Österreich und Italien in luftfahrrechtlichen Verfahren bei Ambulanzflügen. Insgesamt geht es darum, dass verunglückte Menschen rascher und effizienter heimgeholt werden können. Dazu dient dieses Abkommen.

Zwischen Österreich und Italien besteht seit 1991 ein Abkommen. Durch dieses Zusatzabkommen wird die Benützung von Außenlandeplätzen mit Luftfahrzeugen geregelt. Diese können dann Flächen benützen, die dies auch erlauben, das heißt, sie können im Prinzip überall landen, wo es möglich ist.

Vielleicht noch ein interessanter Beitrag: Am 14. Mai 1956 kam zum ersten Mal eine Flugrettung des Innenministeriums zum Einsatz. Zwischen 1983 und 1990 entstand ein bundesweites Hubschrauber-Rettungssystem. Insgesamt wurden von 1956 an 65 000 Menschen aus lebensbedrohlichen Situationen geborgen. Ein Einsatz kostet rund 20 000 S, das sind rund 1 500 €.

Es ist dies insgesamt eine Regelung und ein Abkommen, das Menschen nützt und vor allen Dingen hilft, so wie auch das Sozialstaatsvolksbegehren – von 3. bis 10. April – für Sicherheit und soziale Gerechtigkeit steht. (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten (Abg. Großruck: ... auch nach


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97. Sitzung / Seite 260

Italien?)  – so viel Zeit muss sein, Kollege Großruck! – beidem zustimmen, einerseits dem Abkommen und andererseits dem Sozialstaatsvolksbegehren. (Beifall bei der SPÖ.)

0.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. Er hat das Wort.

0.06

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Ich kann heute ausnahmsweise – das ist fast ein Novum – meiner Vorrednerin bis auf eine Sache Recht geben, und ich freue mich, dass auch die Opposition dieser Regierungsvorlage zustimmen wird. Es ist am heutigen Tage wirklich fast ein Novum – und dem ist nichts mehr hinzuzufügen –, was dieses Ergänzungsabkommen mit der Italienischen Republik beinhaltet. (Zwischenruf der Abg. Binder. )

Zum Letzteren muss ich festhalten und anmerken, dass – wie Sie auch richtig gesagt haben – Sozialstaat und Sicherheit für unser Land auch Sicherheit unserer Lufthoheit verlangt. Sozialstaat heißt auch Sicherheit für unseren Luftraum und in weiterer Folge natürlich auch für die Menschen dieses Landes. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Und für die Weinbauern!) Daher ist es nötig, dass wir hierfür notwendiges Gerät, sprich zeitgemäße Abfangjäger, beschaffen. Was wäre das denn sonst für ein Sozialstaatsvolksbegehren?

Das möchte ich Ihnen ins Stammbuch schreiben. Deshalb ist das auch ein wichtiger Teil der Sicherheit dieses Sozialstaates. Sie widersprechen sich in dieser Frage, und daran möchte ich Sie erinnern. Denken Sie einmal darüber nach (Abg. Dr. Hannes Bauer: Geh unterschreiben!): auf der einen Seite ein Sozialstaatsvolksbegehren, auf der anderen Seite ein Volksbegehren, um Abfangjäger abzuschaffen. Das verstehe ich nicht, auch wenn es schon fünf nach zwölf ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Hannes Bauer: ... unterschreiben gehen!)

0.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. – Bitte.

0.08

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister! Wenn man zu dieser Zeit zu diesem Konsensthema spricht, hat das zwei große Vorteile. Der erste große Vorteil ist dadurch bedingt, dass diese Vereinbarungen Vorteile für kranke und verunglückte Staatsbürger Österreichs darstellen. Der zweite große Vorteil ist der, dass man seine Redezeit sehr gering halten kann. Das ist, so glaube ich, in unser aller Interesse.

Das heißt, dieses Grundsatzabkommen, das es bereits 1989 gegeben hat, war in der Praxis schwer umzusetzen. Besonders im Bereich der Außenlandeplätze war hiefür von Italien einiges an Bürokratie vorgesehen. Letztendlich ist es auch eine Erleichterung dahin gehend, dass man die Listen der Besatzungsmitglieder dem Nachbarstaat nicht mehr bekannt geben muss, sondern nur noch jene der Luftfahrzeughalter.

Es ist daher ein Gesetz, das Bürokratie abbaut und Kundenfreundlichkeit erhöht – ein Kerngebiet freiheitlicher Politik. Weiter so, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte.

0.09

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In Anbetracht der lebendigen Gesichter um diese Tageszeit darf ich mich den Vorrednern anschließen und zu diesem Konsensthema nur noch eines hinzufügen: Dieses Ergänzungsabkommen zwischen Italien und Österreich stellt für mich auch eine praxisorientierte Erleichterung


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97. Sitzung / Seite 261

für Flugrettungs- und Ambulanzpiloten sowie selbstverständlich für die Patienten, die es im Wesentlichen betrifft, dar.

Deshalb können wir Sozialdemokraten diesem Abkommen gerne zustimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

0.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

0.10

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch ich melde mich jetzt noch zu Wort, aber mir geht es um wesentlich andere Dinge. Dass es dieses Abkommen geben soll, steht außer Frage.

Mir geht es darum, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass es in Österreich nicht möglich ist, für behinderte Menschen im Rahmen einer Privatversicherung eine Reiserückholversicherung abzuschließen. Das heißt heute konkret, wenn jemand behindert ist (Abg. Ing. Scheuch: Zur Sache!), kann er für den Fall, dass er in den Urlaub fliegt und dort erkrankt, keine Reiserückholversicherung buchen; außer er ist Mitglied bei einem Autofahrerklub, dort ist das im Rahmen der Bündelversicherung enthalten. Aber sonst gibt es für behinderte Menschen keine Reiserückholversicherung. (Abg. Ing. Scheuch: Zur Sache!) Das ist eine höchst heikle Angelegenheit. Die Versicherungsgesellschaften sind nicht bereit – weil schon ein gewisses Risiko beziehungsweise Restrisiko vorhanden ist, nämlich die Behinderung –, eine Reiserückholversicherung abzuschließen.

Ich hatte dieses Problem erst vor kurzem wieder mit einer Familie mit einem behinderten Kind. Die Eltern wollten eine Reiserückholversicherung abschließen, weil die Gefahr besteht, dass ein Überdruck auf Grund von Hydrocephalus – das heißt im Volksmund "Wasserkopf" – entstehen kann und der Bub dann sofort ins Krankenhaus nach Innsbruck geflogen werden müsste. Sie wollten diese Versicherung abschließen, weil sie ins Ausland auf Urlaub fahren wollten. Diese Versicherung haben sie aber in ganz Österreich nicht bekommen, sie konnten deshalb auch nicht in den Urlaub fahren.

Das sollte man wirklich raschest ändern, weil das nach wie vor eine krasse Diskriminierung von behinderten Menschen ist. Ich denke, es ist auch unverantwortlich, dass man eine Gruppe von Menschen von diesem so wichtigen Bereich praktisch ausschließt.

Herr Minister, unterstützen Sie uns! Unsere Forderung besteht seit langem, auch da müssen wir eine Lösung finden. (Abg. Ing. Scheuch: Zum Thema!) So darf es nicht bleiben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brugger. Er hat das Wort.

0.12

Abgeordneter Bernd Brugger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Als Tiroler Abgeordneter bin ich – und ist die Tiroler Bevölkerung – von der Erleichterung der Ambulanzflüge in den Grenzgebieten und Grenzregionen zu Italien in besonderem Maße angetan. Ich begrüße ausdrücklich diese Verbesserung. In Anbetracht der vorgerückten Stunde werde auch ich mich wie die Vorredner an die Usance einer kurzen Rede halten.

Dass dieses Abkommen im Verkehrsausschuss einstimmig vorlag, beweist, dass die Beseitigung von Bürokratie und die Förderung von grenzüberschreitender Kooperation uns allen ein gemeinsames Anliegen ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Daher ist die Debatte geschlossen.


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97. Sitzung / Seite 262

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 748 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Zustimmung zum Ausdruck bringen wollen, um ein Zeichen. – Dieser Staatsvertrag ist einstimmig angenommen.

17. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (873 der Beilagen): Änderungsurkunde zur Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion (Genf 1992), geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kioto 1994) samt Anlage; von der Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998) angenommene Änderungen samt Anlage, Erklärungen und Vorbehalte (1057 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jungfernrede!)

0.14

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Telekommunikationsbranche ist sowohl von der Anbieterseite als auch von der Herstellerseite her sowie auch von Seiten der Struktur einem ständigen Wandel unterzogen. Gerade die Liberalisierung auf diesem Sektor und das Anbieten von privaten Unternehmen haben es notwendig gemacht, dass sich die Internationale Fernmeldeunion diesen Gegebenheiten anpasst. Dadurch wurde es auch notwendig, dass der Fernmeldevertrag geändert wurde. Dies ist speziell in drei Punkten der Fall.

Erstens ist es zu einer Öffnung für private Unternehmen gekommen. Hier sollen private Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen und mit den Staaten kooperieren. Das ist vor allem in der Neufassung des Fernmeldevertrages so geregelt. Damit ist gewährleistet, dass der Know-how-Austausch zwischen den Ländern und den Unternehmen gegeben ist und dass 189 Mitgliedsländer davon profitieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Marizzi. )

Zum Zweiten kommt es zu einer neuen Finanzgebarung. Hier ist ganz wesentlich, dass bei den Mitgliedstaaten nicht nur die Ausgabenseite, sondern in Zukunft auch die Einnahmenseite Berücksichtigung findet. Das ist für die Mitgliedsländer sehr angenehm, weil dadurch gewährleistet ist, dass Geld nur dann ausgegeben wird, wenn es auch vorhanden ist. Österreich leistet dafür immerhin einen Beitrag von zirka 180 000 €. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Dritten wurde die Strukturabwicklung neu organisiert – hier kommt es alle zwei bis drei Jahre zu einer internationalen Konferenz –, und die Mitgliederregelungen wurden neu getroffen.

Österreich hat an seinen ursprünglichen Vorbehalten festgehalten. Für die Zukunft der gesamten Telekommunikationsbranche ist dieser Vertrag ein wichtiges Instrument. Durch die heutige Genehmigung dieser Änderungsurkunde ist gewährleistet, dass Österreich im internationalen Konzert der Fernmeldeunion vollberechtigtes Mitglied ist und bleibt. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sodian. Er hat das Wort. (Abg. Schwemlein: Ich bin neugierig, ob du auch so viel Applaus kriegst! – Abg. Sodia


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
97. Sitzung / Seite 263

n  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Da ist es schwer, danach zu reden!)

0.17

Abgeordneter Andreas Sodian (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zeit ist vorgeschritten. Mein Vorredner, Herr Haubner, hat das sehr ausführlich aufgearbeitet. Jeder kennt die Vorlage, jeder weiß, worum es geht. Daher kann ich mich ganz kurz fassen. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)  – Ich gehe davon aus, dass jeder von Ihnen die Vorlage kennt. Aber ich kann es gerne noch einmal genau darlegen. Kollege Niederwieser, sollen wir das tun? Kollege Cap? Nicht!?

Dann beschränke ich mich darauf, anzumerken, dass es im Ausschuss einstimmige Zustimmung gab. Ich gehe davon aus, dass das Hohe Haus dem folgen wird, und beschließe den heutigen Abend. (Heiterkeit. – Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

0.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wünscht Herr Abgeordneter Schwemlein noch das Wort? (Heiterkeit.)  – Nein.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags samt Anlage die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Staatsvertrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 der Bundesverfassung, diesen Staatsvertrag dadurch kundzumachen, dass er beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsicht aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Beschluss ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit großer Stimmenmehrheit angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 629/A bis 645/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3624/J bis 3658/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrats berufe ich für heute, 21. März, um 9 Uhr ein. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 0.19 Uhr