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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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56. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 10. April 2008

 

 


Stenographisches Protokoll

56. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode             Donnerstag, 10. April 2008

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 10. April 2008: 9.05 – 18.50 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirt­schaft 2006/07

2. Punkt: Bericht über den Antrag 543/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Probleme österreichischer Unternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen in der Schweiz

3. Punkt: Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum samt Anhängen, Schlussakte und Erklärungen

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 325/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte

6. Punkt: Bericht über den Antrag 511/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierung behinderter Menschen bei privaten Versicherungen

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich eine ein­malige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 556/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 555/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 76/2007, geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 527/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Antrag 638/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheit von Kinderspielzeug – Nationale und Europäische Initiativen

12. Punkt: Bericht über den Antrag 650/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abzockseiten im Internet (Online Betrug)

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktien­ge­setz 1965, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genos­senschaftsrevisionsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bank­wesen­gesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Unternehmens­rechts-Änderungsgesetz 2008 – URÄG 2008)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsaktsgesetz, das Gerichtskommissärsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Notariatstarifgesetz, das Gerichtskommissionstarifgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das EuRAG und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (Feilbietungsrechtsänderungsgesetz – FRÄG)

15. Punkt: Europäisches Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten samt Erklärung der Republik Österreich

16. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG, mit der die Vereinbarung über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird

17. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medi­zinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten

18. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (091 Hv 191/07k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Barbara Rosenkranz ......................................... 13

Angelobung des Abgeordneten Bernhard Vock ......................................................... 13

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 3376/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 34

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 127


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 3

Redner/Rednerinnen:

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 127

Bundesminister Dr. Johannes Hahn ..............................................................  130, 140

Josef Broukal .......................................................................................................... ... 132

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................ ... 134

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 135

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 137

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 138

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 525 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 34

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 35

Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen, den Antrag 555/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 76/2007, geändert wird, gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................................................  120, 120

Fragestunde (8.)

Gesundheit, Familie und Jugend ............................................................................... 13

Ursula Haubner (41/M); Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Barbara Zwerschitz, Mag. Christine Muttonen, Jochen Pack

Mag. Andrea Kuntzl (43/M); Maria Grander, Mag. Gernot Darmann, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Sabine Mandak

Anna Höllerer (46/M); Sigisbert Dolinschek, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dr. Kurt Grünewald, Erwin Spindelberger

Barbara Zwerschitz (40/M); Bettina Stadlbauer, Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Mag. Gernot Darmann, Harald Vilimsky

Herbert Kickl (49/M); Karl Öllinger, Mag. Johann Maier, Barbara Riener, Veit Schalle

Laura Rudas (44/M); Thomas Einwallner, Josef Bucher, Mag. Gerald Hauser, Barbara Zwerschitz

Ridi Steibl (47/M); Ursula Haubner, Barbara Zwerschitz, Franz Riepl

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 13

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  32, 102, 121

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht (III-120 d.B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 4

kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2006/07 (499 d.B.) .................................................................. 35

Redner/Rednerinnen:

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 35

Dr. Reinhold Mitterlehner ...................................................................................... ..... 38

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 39

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................ ..... 43

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 44

Veit Schalle .............................................................................................................. ..... 46

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ..... 50

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 53

Konrad Steindl ........................................................................................................ ..... 57

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 58

Alexander Zach ....................................................................................................... ..... 61

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 63

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 64

Herta Mikesch ......................................................................................................... ..... 66

Peter Marizzi ............................................................................................................ ..... 67

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ................................................................................. ..... 67

Mag. Melitta Trunk ....................................................................................................... 68

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................... 69

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ............................................................................................. 69

Anna Höllerer .......................................................................................................... ..... 70

Franz Riepl ............................................................................................................... ..... 71

Gabriel Obernosterer ................................................................................................... 72

Christian Hursky .......................................................................................................... 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Kosten für Eintrittskarten und Bewir­tung für die EURO 2008 als Werbeausgabe – Ablehnung ..................................................................................................................................  42, 74

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Förderung von Ein-Personen-Unternehmen (EPU) – Ablehnung ...........................  48, 74

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes – Ablehnung ................................................................................................................  55, 74

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung eines Masterplanes zum Bürokratieabbau – Ablehnung ....................  60, 74

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alexander Zach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastungspaket für Selbständige – Unterstützungsfrage – genügend Unterstützung – Ablehnung          62, 62, 62, 74

Kenntnisnahme des Berichtes III-120 d.B. ..................................................................... 74

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 543/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Probleme österreichischer Unternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen in der Schweiz (500 d.B.) ...... 74


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 5

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Re­gierungsvorlage (443 d.B.): Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum samt Anhängen, Schlussakte und Erklärungen (501 d.B.) ................ 74

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 75

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 76

Elmar Mayer ............................................................................................................ ..... 77

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 77

Veit Schalle .............................................................................................................. ..... 79

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ............................................................... ..... 80

Anna Franz .............................................................................................................. ..... 81

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ..... 81

Franz Glaser ............................................................................................................ ..... 82

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 500 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Probleme österreichischer Unternehmen bei der Erbrin­gung von Dienstleistungen in der Schweiz (E 68)                82

Genehmigung des Staatsvertrages in 501 d.B. ............................................................. 83

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 501 d.B. ........... 83

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (477 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungs­gesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (510 d.B.) .................................... 83

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 325/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte (511 d.B.) .................................... 83

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 511/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierung behinderter Menschen bei privaten Versicherungen (512 d.B.) ............................................................................................. 83

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 83

Mag. Christine Lapp ..................................................................................................... 86

Dr. Franz-Joseph Huainigg ......................................................................................... 87

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 88

Ursula Haubner ............................................................................................................ 89

Franz Riepl .................................................................................................................... 91

Barbara Riener ............................................................................................................. 92

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 92

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ..... 95

Herta Mikesch ......................................................................................................... ..... 96

Karl Dobnigg ........................................................................................................... ..... 97

Maria Grander ......................................................................................................... ..... 98

Karl Donabauer ....................................................................................................... ..... 98

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger .................................................................. ..... 99


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kollegin und Kollegen betreffend finanzielle Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgrund von Diskriminierung – Ablehnung      94, 102

Annahme des Gesetzentwurfes in 510 d.B. ................................................................ 101

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 511 und 512 d.B. .............................. 102

Zuweisung des Antrages 511/A(E) an den Justizausschuss ...................................... 102

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (465 d.B.): Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich eine einmalige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstands­kämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird (506 d.B.) ................................................................... 102

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 556/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird (509 d.B.) ...................................................................................................................... 102

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 555/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 76/2007, geändert wird (507 d.B.) ...................................................................................................................... 102

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 527/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (508 d.B.) .............................................................................................................. 102

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 103

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 107

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ... 108

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 109

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 113

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 114

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 116

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 117

August Wöginger .................................................................................................... ... 118

Ridi Steibl ................................................................................................................ ... 119

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger .................................................................. ... 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erinnerungszuwendung für die Angehörigen der Aufbaugeneration – Ablehnung  107, 121

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betref­fend Gewährung einer einmaligen Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Frau­en als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich – Ablehnung .................................  115, 121

Annahme des Gesetzentwurfes in 506 d.B. ................................................................ 120

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 509, 507 und 508 d.B. .......................... 121


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 7

Zuweisung des Antrages 527/A an den Finanzausschuss .......................................... 121

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 638/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheit von Kinderspielzeug – Nationale und Euro­päische Initiativen (490 d.B.) .......................................................... 121

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 121

Johann Rädler ............................................................................................................ 122

Bettina Hradecsni ....................................................................................................... 123

Harald Vilimsky .......................................................................................................... 125

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 126

Mag. Gertraud Knoll ............................................................................................... ... 140

Ridi Steibl .................................................................................................................... 142

Michael Ehmann ......................................................................................................... 142

Anna Franz .................................................................................................................. 143

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 144

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 144

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger .................................................................. ... 145

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 490 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Sicherheit von Kinderspielzeug – Nationale und Euro­päische Initiativen (E 69) .......... 145

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 650/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abzockseiten im Internet (Online Betrug) (491 d.B.) ......................................................................................................... 145

Redner/Rednerinnen:

Anita Fleckl .............................................................................................................. ... 145

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 146

Bettina Hradecsni ................................................................................................... ... 147

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 148

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 149

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 150

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 150

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger .................................................................. ... 151

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 152

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 153

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 153

Jochen Pack ............................................................................................................ ... 154

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 155

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 156

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 491 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Abzockseiten im Internet (Online Betrug) (E 70) ......................................................... 156

13. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (467 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktien­gesetz 1965, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bankwesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Unternehmensrechts-Änderungsgesetz 2008 – URÄG 2008) (494 d.B.) ....................................................... 156

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 157

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 160


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 8

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ... 161

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 162

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 163

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 164

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ... 165

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 165

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 166

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................ ... 167

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 167

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 169

14. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (466 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsakts­gesetz, das Gerichtskommissärsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsge­bührengesetz, das Notariatstarifgesetz, das Gerichtskommissionstarifgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechts­anwaltsanwärter, das EuRAG und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (Feilbietungsrechtsänderungsgesetz – FRÄG) (495 d.B.)      ............................................................................................................................. 169

Redner/Rednerinnen:

Bettina Stadlbauer .................................................................................................. ... 169

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 170

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 171

Dr. Robert Aspöck .................................................................................................. ... 171

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 172

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 172

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 173

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ... 173

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 174

15. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (457 d.B.): Europäisches Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten samt Erklärung der Republik Österreich (496 d.B.)      ............................................................................................................................. 174

Redner/Rednerinnen:

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 174

Anna Franz .................................................................................................................. 175

Barbara Zwerschitz ................................................................................................ ... 176

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 178

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 180

Mag. Peter Eisenschenk ........................................................................................ ... 181

Ridi Steibl .................................................................................................................... 182

Barbara Riener ........................................................................................................... 182

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 183

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 184

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ... 185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – verpflichtende gemein­same Obsorge – Ablehnung  180, 186

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 186

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Z. 3 B-VG .................................... 186


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (317 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG, mit der die Vereinbarung über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird (497 d.B.)                  187

17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten (498 d.B.) .................................... 187

Redner/Rednerinnen:

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 187

Michael Praßl ........................................................................................................... ... 188

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 189

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ... 190

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................... 191

Otto Pendl ................................................................................................................... 192

Genehmigung der beiden Vereinbarungen in 497 und 498 d.B. .................................. 193

18. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Lan­desgerichtes für Strafsachen Wien (091 Hv 191/07k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf (525 d.B.) ............................................................................................. 193

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 193

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 33

522: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erlangung der Studien­berechtigung für Studien an Pädagogischen Hochschulen (Hochschul-Studien­berechtigungsgesetz – HStudBerG) erlassen sowie das Hochschulgesetz 2005 und das Privatschulgesetz geändert werden

523: AuftraggeberInnen-Haftungsgesetz

524: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geän­dert wird

Anträge der Abgeordneten

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes (687/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung eines Master­planes zum Bürokratieabbau (688/A)(E)

Dr. Robert Aspöck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostentragung der Bergung von Fliegerbomben (689/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Euro-Banknoten mit Braille­schrift (690/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 10

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erschließung der Kunst- und Kulturwelt für sehbehinderte Menschen (691/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wieder-in-Kraft-Setzen des Bazillenausscheidergesetzes (692/A)(E)

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Möglichkeit einer teilweisen Erdverkabelung von 380-kV-Leitungen (693/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Aufgaben, Finanzierung und Wahlwerbung politischer Parteien (Parteiengesetz – PartG), BGBl. Nr. 404/1975, geändert wird (694/A)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitäts­gesetz 2002) und das Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005) geändert werden (695/A)

Mag. Gernot Darmann, Kollegin und Kollegen betreffend Schaffung einer bundes­einheitlichen Berufsausbildung für Bademeister (696/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kollegin und Kollegen betreffend finanzielle Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgrund von Diskriminierung (697/A)(E)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beiziehung von Gynäko­logInnen im schulischen Sexualkunde-Unterricht (698/A)(E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene und globaler Ebene zur Finan­zierung von Entwicklungszusammenarbeit sowie sozialer und ökologischer Maßnah­men (699/A)(E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungen zur Über­windung der Teilung Zyperns (700/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung der biologischen Vielfalt und einer gentechnikfreien Landwirtschaft (701/A)(E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend gemeinsame EU-Posi­tionen und Aktionen zur Lage in Tibet (702/A)(E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsetzung einer EU-Beauftragten für die Rechte der Frauen im Bereich der Entwicklungspolitik (703/A)(E)

Dr. Robert Aspöck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksabstimmungsgesetz 1972 , BGBl. Nr. 79/1972, geändert wird (704/A)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (705/A)

Ursula Haubner und Kollegen betreffend Implementierung des Ausbildungsmodells „Lehre mit Matura“ in das Familienlastenausgleichsgesetz (706/A)(E)

Ursula Haubner und Kollegen betreffend Schaffung von mehr Transparenz bei den Auszahlungsmodalitäten von Familienleistungen und Vereinheitlichung derselben (707/A)(E)

Ursula Haubner und Kollegen betreffend Implementierung der Ausbildung der medizi­nischen Heilmasseure in das Familienlastenausgleichsgesetz (708/A)(E)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 11

Ursula Haubner und Kollegen betreffend Einführung eines Generationengeldes in Österreich (709/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung in zentralen Bereichen des täglichen Lebens (4068/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Verhalten eines Exekutivbeamten gegenüber einem Bürger (4069/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Informationen bezüglich geplanter Terroranschläge in Österreich (4070/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Causa Nussbaumer (4071/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Causa Nussbaumer (4072/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Causa Nussbaumer (4073/J)

Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend unzumutbare SchülerInnenbeförderung (4074/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend „Stammzellenforschung Universitätsklinik für Urologie Innsbruck“ (4075/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Doping & Gesundheitsgefährdung – Kontrollen nach dem AMG im Jahr 2007“ (4076/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Tourismusförderung – Österreichische Hotel- und Tourismus­bank GmbH (ÖHT)“ (4077/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Security-Personal (bzw. Ordner und Türsteher) – ein Sicherheitsrisiko?“ (4078/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend „öffentliches Beschaffungswesen“ (4079/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „öffentliches Beschaffungswesen“ (4080/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidi­gung betreffend Soldaten im Parlament (4081/J)

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst betreffend die ehrenamtlichen Einsätze öffent­lich Bediensteter (4082/J)

Günter Kößl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Freizeitaktivitäten in der Ostarrichi-Kaserne Amstetten (4083/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 12

Franz Eßl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend „Ungewisse Zukunft der Struckerkaserne Tamsweg“ (4084/J)

Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Besetzung der Bezirksschulinspektorenstelle für den Schulbezirk Voitsberg (4085/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend missbräuchliche Verwendung der e-card (4086/J)

Dr. Robert Aspöck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Neubau Justizanstalt Salzburg (4087/J)

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Verbalnote der Islamischen Republik Iran (4088/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Global Fund Initiative „Dept2Health“ („Schulden gegen Gesund­heit“) (4089/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Global Fund Initiative „Dept2Health“ („Schul­den gegen Gesundheit“) (4090/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Global Fund Initiative „Dept2Health“ („Schulden gegen Gesundheit“) (4091/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nespresso-Metallkapseln als „Bestandteil der Maschine“ – Entsorgungsbeitrag ARA (4092/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Einrichtung eines Büros der Afrikanischen Union in Wien (4093/J)

Ursula Haubner und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Schulversuch „Neue Mittelschule“ Magdalenaberg (4094/J)

*****

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend Bundesheer-Einsatz im Parlament (33/JPR)

Ing. Peter Westenthaler, Kollegin und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Aktion: „EU-Kritiker freie Galerie am 09.04.2008“ durch die Präsidentin (34/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3531/AB zu 3632/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (3532/AB zu 3648/J)


09.05.07


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 13

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Binder-Maier, Fazekas, Dr. Rada, Tamandl, Mag. Lunacek und Ing. Hofer.

09.05.57Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass die Abgeordnete Barbara Rosenkranz auf ihr Mandat verzichtet hat.

Anstelle der Frau Abgeordneten Barbara Rosenkranz wurde Herr Abgeordneter Bern­hard Vock in den Nationalrat berufen.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich werde nun die Gelöbnisformel verlesen:

„Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

(Über Namensaufruf durch Präsidentin Mag. Prammer leistet Abgeordneter Bernhard Vock die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

Ich begrüße den neuen Herrn Abgeordneten in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer wird durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll vertreten.

Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied wird durch den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger vertreten.

09.07.19Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 14

Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 41/M, der Abge­ordneten Ursula Haubner an die Frau Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin, meine Frage an Sie lautet:

41/M

„Wie sieht Ihr Umsetzungsplan für die im Regierungsprogramm enthaltenen Maßnah­men im Bereich des Jugendschutzes aus, zumal Sie im Familienausschuss am 4. März angekündigt haben, dass Sie das wichtigste Projekt in diesem Bereich, nämlich die Schaffung eines bundeseinheitlichen Jugendschutzgesetzes, in dieser Legislatur­peri­ode nun doch nicht verwirklichen wollen?“

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 15

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Präsidentin! Wertes Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Abgeord­nete! Das Regierungsübereinkommen sieht die Einführung einer österreichweit einheit­lichen Regelung zum Jugendschutz vor. Nach den Bestimmungen der österreichischen Bundesverfassung in Angelegenheiten des Jugendschutzes ist aber den Ländern sowohl hinsichtlich der Gesetzgebung als auch der Vollziehung die Zuständigkeit vorbehalten, und daher haben wir mit Anfang 2007 begonnen, die Länder im Anlassfall des exzessiven Alkoholgenusses durch jugendliche Menschen einzuladen, um hier mit allen Ländervertretern eine einheitliche Regelung zu erzielen.

Es hat mehrere Sitzungsrunden zu diesem Thema gegeben. Seitens meines Ressorts wurden Textvorschläge ausgearbeitet. Die Ländervertreter sprachen sich aber aus­drück­lich gegen eine einheitliche Regelung in den Jugendschutzgesetzen aus. Einvernehmen konnte in einzelnen Punkten der Obsorge und Prävention erzielt werden. Ich habe natürlich verschiedene Plattformen dafür eingerichtet, um hier weiter die Kooperation aufrechtzuerhalten, und trete auch ungeachtet dessen für die Ver­einheitlichung der Jugendschutzgesetze ein. Aus meiner Sicht lässt sich aber diese langjährige Forderung nach einheitlichen, einfachen und vor allem auch für Jugend­liche verständlichen Jugendschutzbestimmungen ausschließlich im Wege einer Verfas­sungsänderung am besten verwirklichen, da wegen der unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Länder eine nicht verfassungsrechtlich vorgesehene Vereinheitlichung nach meiner Erfahrung der letzten eineinhalb Jahre kaum möglich sein wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Haubner, bitte.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin, ich bedauere sehr, dass das nicht so ist, denn das ist der Stand, den wir auch 2006 hatten. Ich hätte gedacht, eine große Koalition würde dieses große Projekt umsetzen.

Sie haben vom exzessiven Alkoholkonsum von Jugendlichen gesprochen, Sie haben auch im Familienausschuss im Juni 2007 eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz der Jugendlichen angekündigt, wie etwa bessere ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage bitte!

 


Abgeordnete Ursula Haubner (fortsetzend): Daher meine Frage: In welchem Umset­zungsstadium befindet sich die Einführung von eigenen Ausweiskarten für Jugend­liche?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Die Umsetzung ist im Laufen und wird voraussichtlich, nachdem jetzt mit allen Verantwort­lichen Verträge abgeschlossen worden sind, mit Herbst dieses Jahres stattfinden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeord­neter Dr. Haimbuchner.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Bundesministerin! Wie wollen Sie Maßnahmen im Bereich des Jugendschutzes umsetzen, wenn bis heute in Österreich kein umfassender Bericht zur Lage der Jugend in Österreich hinsichtlich Arbeitslosigkeit, Bildung, Kriminalität, Drogenproblematik und Gefährdungsbrenn­punk­ten vorliegt, sondern sich der aktuelle Bericht zur Lage der Jugend in Österreich 2007 mit Gender Mainstreaming und geschlechtssensiblen Ansätzen in der außerschu­lischen Jugendarbeit – Kosten 145 000 € – beschäftigt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Es ist richtig, dass vor dem Beginn meiner Amtsperiode die Richtung Gender in der Jugend­arbeit vorgegeben war und ich den Bericht präsentiert habe, der eben vor meiner Amtsperiode festgelegt worden ist.

Ich denke, dass wir – und das habe ich auch in den Ausschüssen gesagt – in einem nächsten Schritt mit Experten eine Zusammenführung dieses Jugendberichts voran­treiben. Da sind wir bereits in einer Sammlungs- und Umsetzungsphase. Ich gehe davon aus, dass der nächste Jugendbericht natürlich auch Schwerpunkte hat, aber eine Zusammenführung mit der Situation der Jugendlichen in Österreich notwendig ist. Das ist einer der wesentlichen Punkte, damit wir in diesem Bereich nächste Schritte setzen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Zwerschitz.

 


Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Guten Morgen, Frau Minister! Die Lebensrealität von Jugendlichen ändert sich ständig. Es hat sich sehr viel verändert, seitdem die Jugendschutzgesetze der Länder in Kraft getreten sind. Wovor müssen Ihrer Meinung nach heutzutage Jugendliche geschützt werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich gehe davon aus, dass Jugendliche in erster Linie gestärkt werden müssen, damit sie sich selber schützen können.

Das Wesentliche ist, dass wir Jugendliche verstärkt in unsere Politik einbeziehen. Das ist eine Politik, die Jugendarbeit in allen Ressorts verantwortlich in den Vordergrund zu stellen hat. Ich glaube aber auch, dass wir zunehmend schauen müssen, dass wir Jugendrechte und Kinderrechte verstärkt in den Vordergrund stellen.

Wenn wir Jugendliche stärken, dann können sie sich schützen. Wir müssen aber das machen, was die Politik hier immer als zentrales Ziel gesehen hat, nämlich Rah­menbedingungen zu schaffen im Bereich der Prävention, im Bereich der Unterstüt­zung, dass Jugendliche lernen können, dass Jugendliche ihr Leben auch in die richtigen Geleise bringen können, dass Jugendliche gewarnt werden vor schädigenden Substanzen, dass Jugendliche aber auch Familie wieder erleben oder Gruppenarbeit erleben können.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 16

Es ist zentral, auf der einen Seite Jugendliche zu stärken, auf der anderen Seite ihnen Rahmenbedingungen zu geben. Ich gehe davon aus – und das hat mein Ressort begonnen –, dass das dann am besten funktioniert, wenn man Jugendliche mit ein­bezieht und nicht Politik für, sondern Politik mit jungen Menschen gestaltet. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Mag. Muttonen.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Ministerin, werden sich Ihre Har­mo­nisierungsbestrebungen im Bereich des Jugendschutzes an dem von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Österreich vorgelegten Entwurf orientieren, der ja auch von der Bundesjugendvertretung unterstützt wird, zum Beispiel im Bereich des Alkohol­konsums?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Das ist ein ganz großes Anliegen; Sie wissen, ich habe eine der größten Enqueten gestartet, um eine vollständige Veränderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes zu erreichen. Da ist ein Teil natürlich die Kinder- und Jugendanwaltschaft, es sind alle NGOs, alle Parteien, alle Interessierten mit einbezogen. Es gibt Arbeitsgruppen, die natürlich auch die Unterlagen der einzelnen Organisationen heranziehen.

Ich glaube, dass das ein nächster Schritt ist und vielleicht dann wirklich jener Schritt, damit wir in Richtung einheitliches Jugendschutzgesetz kommen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeord­neter Pack.

 


Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Welche Maßnahmen haben Sie im Zusammenhang mit dem Jugendschutz zur Alkoholprä­ven­tion von Kindern und Jugendlichen gesetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Wir haben hier mehrere Aktionen zugleich gestartet, davon sind viele schon zu einem Ende gekommen und haben deutliche positive Ergebnisse gezeigt.

Auf der einen Seite gibt es die Alkoholkampagne „Nachdenken statt Nachschenken“, wo sich vor allem die Gastronomie, aber auch der Handel und letztendlich – ein beson­derer Erfolg! – die Tankstellenlokale mit verpflichtet haben, an Jugendliche unter einem bestimmten Alter keinen Alkohol mehr auszuschenken. Wir haben diesbezüglich sensibilisiert; wir haben ein Alkoholforum zur Erarbeitung einer nationalen Alkoholprä­ventionsstrategie implementiert, das kontinuierlich tagt und hier auch neue Erkennt­nisse mit einfließen lässt.

Wir haben gemeinsam mit der Tourismusschule Krems und deren Schülerver­treterIn­nen und dem Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung ein Modell-Ausbildungs­modul „Verantwortungsvoller Alkoholausschank“ für in der Gastronomie Befindliche im Umgang mit Jugendlichen implementiert.

Wir haben eine entsprechende Bädertour gemacht. Wir sind im Sommer dort hinge­gangen, wo die Jugendlichen sind, und haben ihnen gezeigt, was es noch für andere Möglichkeiten gibt, außer mit Alkohol lustig zu sein. Und wir haben vor allem mit den Medien, die hier ein wesentlicher Faktor sind, gemeinsam vor dem Übergenuss von Alkohol gewarnt.


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Weiters wird Ende April von der Alkohol-Koordinations- und Informations-Stelle des Anton Proksch-Instituts eine von uns in Auftrag gegebene Analyse aller vorhandenen Studien und Forschungsarbeiten vorliegen, wo wir gemeinsam mit Professor Musalek die nächsten Schritte beraten werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 2. Anfrage. – Bitte, Frau Abge­ordnete Kuntzl.

 


Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

43/M

„Wie sehen Ihre konkreten Pläne aus, die im Regierungsprogramm für die XXIII. Ge­setzgebungsperiode vereinbarte Stärkung der Väterbeteiligung zu erreichen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Abgeordnete! Es ist uns ein ganz wesentliches Ziel, die Beteiligung von Vätern an der Erziehungsarbeit und am Aufwachsensehen ihrer Kinder zu stärken und zu fördern.

Wir haben gemeinsam ja schon im Jahr 2007 einen ersten großen Schritt durch die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes gemacht und haben gesehen, dass die Väterbeteiligung bereits in dieser kurzen Zeit von ursprünglich 1 Prozent auf mehr als 3 Prozent gestiegen ist.

Aus den umliegenden EU-Ländern – Ursula von der Leyen ist ja in Deutschland fast ein Jahr mit dieser Aktivität voraus – haben wir gesehen, dass eine Verdoppelung bis Verdreifachung möglich ist. Das ist ein erster Schritt.

In einem zweiten Schritt geht es um die Frage, wie stark man den Vater von Anbeginn an an das Kind binden kann. Dazu gibt es eine Arbeitsgruppe der zuständigen Res­sorts – der Frauenministerin, des Sozialministeriums und meines Ressorts.

Hier werden verschiedene Ansatzpunkte überlegt, wie man Väter schon sehr schnell nach Geburt eines Kindes in diese Beteiligung mit einbeziehen kann. Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Tagen oder Wochen diese Arbeitsgruppe fertig ist und die Vorschläge gemeinsam und abgestimmt mit den Sozialpartnern – denn es geht hier auch um die Aktivierung von Firmen und positive Werbung für Väterkarenz in den Firmen; daher mussten wir natürlich auch das Arbeits- und Wirtschaftsministerium mit einbeziehen – dann in den nächsten Wochen präsentiert werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl.

 


Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Bundesministerin, Sie haben die Bemühungen angesprochen, eine Möglichkeit einzuführen, die Vaterbindung an das Kind von Anfang an zu stärken. Es laufen Verhandlungen dazu. Wie sieht denn Ihr konkretes Modell für einen Papa-Monat aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich glaube, jedes Modell ist gut und wichtig, das diese Sensibilisierung der Väter so schnell wie möglich angeht.

Eines muss uns nur klar sein – das ist mir besonders wichtig –: Es darf keine Alibihandlung sein, und es darf nicht sein, dass man den Vater in den ersten zwei bis


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vier Wochen nach der Geburt eines Kindes herbeiholt – wo es natürlich auch eine wesentliche Unterstützung für die Mutter ist, wenn der Mann für die Familie da ist – und damit seine Tätigkeit als absolviert betrachtet. Uns ist es wesentlich, dass wir wirklich eine weitere aktive Beteiligung an diesem Erziehungsprozess gestalten. Wir müssen sowohl arbeitsrechtlich als auch vor dem finanziellen Hintergrund schauen, welche Möglichkeiten wir anbieten können, damit dieses frühzeitige Sensibilisieren erreicht wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Grander, bitte.

 


Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Teilweise haben Sie meine Frage schon beantwortet. Nur eine Ergänzung dazu: Erwarten Sie sich von der Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes, die seit 1. Jänner 2008 in Kraft ist, eine höhere Väterbeteiligung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ja, wir erwarten uns das. Wir haben das auch in den umliegenden EU-Ländern gesehen und können jetzt nach den ersten Ergebnissen auch bestätigen, dass durch diese flexible Gestaltung, dass also die Familien für sich entscheiden können und diese Wahlmöglichkeiten haben, auch Väter verstärkt darauf eingehen.

Das ist nur nicht genug. Wir brauchen auch eine gesellschaftliche Akzeptanz des in Karenz befindlichen Vaters und eine Akzeptanz vonseiten des Arbeitgebers. Das sind die nächsten sehr wesentlichen Schritte, wofür wir noch gemeinsam, glaube ich, einiges an Arbeit zu leisten haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Darmann, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin, welche Vorschläge haben Sie der Justizministerin unterbreitet, damit endlich die schon lange angekündigte Verbesserung beim Unterhaltsvorschuss erreicht werden kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Es sind hier verschiedenste Vorschläge im Ausschuss in Arbeit, die wir auch gemeinsam präsentieren werden. Ich glaube, dass es ganz wesentlich ist, dass vor allem Frauen, die alleinerziehend und daher oft auf diese Unterhaltszahlungen angewiesen sind, ganz besonders bevorzugt werden. Wir müssen darauf achten, dass die nicht in eine Bittstellersituation, sondern in eine Anrechtsituation kommen und dass sie vor allem – und das ist für die Leute zu Hause das Wesentliche – sofort und nicht erst nach Monaten an Geld kommen. Hier geht es natürlich auch um juridische Fragestellungen, die nur durch die zuständigen Stellen gelöst werden können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement, bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister, es ist leider traurige Tatsache, dass Männer nach Trennungen oder Scheidungen oftmals aus den Familien hinausgedrängt werden; oftmals auch unter Beteiligung von Richterinnen und von einseitig arbeitenden Jugendämtern. Wie wollen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 19

Sie eine stärkere Väterbeteiligung erreichen, wenn Ihre Ministerkollegen Bures und Buchinger eindeutig dagegen arbeiten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich kann sagen, dass wir uns in dieser Regierung gemeinsam, beide Koalitionspartner, ein Ziel gesetzt haben, nämlich dass wir in dieser Legislaturperiode die Väterbeteiligung stärken. Wir haben das durch erste Schritte in die Wege geleitet.

Ich glaube nicht, dass es hier um die Frage geht: Wer wird ausgegrenzt? – Familien sind dort, wo Kinder sind. Das Wesentliche ist, dass Kinder nicht darunter leiden. Ich denke, für den Fall, dass es zu dieser traurigen Situation des Auseinanderbrechens einer Familie kommt, müssen vonseiten der Politik Rahmenbedingungen dafür ge­schaffen werden, dass vor allem das Kind nicht leidet. Dazu gibt es verschiedenste Modelle, die vor allem in der Männerabteilung im Sozialministerium angesiedelt sind, entsprechende Begleitmöglichkeiten, auch psychologische Begleitmöglichkeiten, um vor allem den Kontakt zwischen den Vätern und den Kindern, aber auch – und auch darauf möchte ich hinweisen – den Kontakt zwischen den Müttern und den Kindern nicht abbrechen zu lassen. Das fördern wir auch weiterhin, auch in sehr enger Koope­ration mit dem Sozialminister, mit dem ich ja in vielen Fragestellungen sehr eng koope­riere.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mandak, bitte.

 


Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin, Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass ein einkommensabhängiges Karenzgeld dazu führt, dass sich auch Männer verstärkt um die Familienarbeit kümmern. Das Karenzmodell der Grünen stellt sich solch ein Konzept vor. Unterstützen Sie solch eine Forderung? Werden Sie eine Forderung nach einem einkommensabhängigen Karenzgeld mittragen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Das kann ich Ihnen in dieser Form, zwar nicht inhaltlich, aber von den Ressourcen her, noch nicht beantworten. Deshalb gibt es diese Arbeitsgruppen, die all diese Ideen gesammelt haben und die jetzt gemeinsam untersuchen, was finanzierbar ist und welche Möglichkeiten es unter den derzeitigen Finanzierungsstrukturen gibt.

Es darf uns im Prinzip für unsere Familien nichts zu teuer sein. Ich verweise nur immer wieder darauf, dass ich noch immer einen Familienlastenausgleichsfonds – der leider immer noch Familienlastenausgleichsfonds heißt; er sollte eigentlich Familienunter­stützungsfonds heißen –, dass ich noch immer einen Familienunterstützungsfonds habe, der schwer defizitär ist, und ich es in Angriff genommen habe, einmal aufzu­gliedern, welche Zahlungen hier wirklich an die Familien gehen. Sollten wir hier – bis Ende des Jahres ist das ein Vorhaben – entsprechende Stabilisierungen erlangen, dann tun wir uns natürlich auch in nächsten Schritten der Unterstützung, der finan­ziellen Unterstützung etwas leichter.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön.

Wir kommen nun zur 3. Anfrage. – Bitte, Frau Abgeordnete Höllerer, um die Frage.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 20

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin, meine Frage lautet:

46/M

„Wie stehen Sie – angesichts des 150-Millionen-€-Defizits der Wiener Gebiets­kranken­kasse im Jahre 2007 – zu einer Eingliederung des Hanusch-Krankenhauses in den Wiener Krankenanstaltenverbund?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Geschätzte Frau Abgeordnete! Es ist natürlich vorab darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Umsetzung der Versorgung der Kranken auch im Rahmen der Kranken­anstalten um Länderkompetenz handelt. Ich darf aber auch darauf hinweisen, dass die Wiener Gebietskrankenkasse als einzige Gebietskrankenkasse eine Krankenanstalt betreibt und der Rechnungshof mehrfach darauf hingewiesen hat, dass der Betrieb eines Krankenhauses, wie wir alle wissen, natürlich auch das Budget der Wiener Gebietskrankenkasse massiv, enorm negativ belastet.

Eine Übernahme des Hanusch-Krankenhauses – darüber hat es ja auch in diesem Haus bereits mehrfach Diskussionen und Gespräche gegeben – wird seitens des Wiener Krankenanstaltenverbundes von jeher abgelehnt. Ich denke, dass hier ja auch mit der Planung eines neuen großen Spitals, Wien Nord, die Frage aufgeworfen wird, wie weit – und da sind wir mitten in einer Finanzierungsdiskussion der Gesundheit – ein zusätzliches Spital, ein Spital, das neu gebaut wird und auch in seinen Strukturen hohe Kosten fordert, eine Zusammenführung vieler derzeit bestehender Spitäler ermöglichen kann.

Es geht hier, das sage ich auch immer, nicht um Schließung, sondern um Umwandlung von Spitälern. Ich persönlich glaube – noch einmal – und werde auch immer wieder in den entsprechenden Gremien darauf einwirken, dass das Hanusch-Spital, das eine ausgezeichnete Versorgung liefert, ein Teil der Gesundheitsversorgung der Stadt Wien ist und auch in die Gesamtplanung einbezogen werden sollte, wie wir das in den regionalen Strukturplänen auch vorgesehen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Höllerer?

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Die Wiener Gebietskrankenkasse unterstützt durch die Führung des Hanusch-Krankenhauses das Land Wien in der Patienten­versorgung, ohne eine entsprechende finanzielle Gegenleistung, ist aber selbst finanziell in einer sehr prekären Situation.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, wie sehen Sie das? Wären durch eine Veräuße­rung des Hanusch-Krankenhauses die finanziellen Probleme der Wiener Gebietskran­kenkasse in den Griff zu bekommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Nein! Dazu muss man betriebswirtschaftlich sehr klar Nein sagen, denn es geht ja um die Verlagerung von Leistungen. Die Überschuldung der Wiener Gebietskrankenkasse – die Zahlen sind in den letzten Wochen ja bekannt geworden – lag insgesamt in etwa bei 154 Millionen €. Den jährlichen Betriebskosten des Hanusch-Krankenhauses von zirka 140 Millionen € standen eigene Erträge von 13,7 Millionen €, Zahlungen aus der Spitalsfinanzierung von 63,9 Millionen € und Zahlungen der Stadt Wien, aus dem Titel


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Abgangsdeckung, in der Höhe von 21,7 Millionen € gegenüber. Das heißt, mit rund 41 Millionen € belastet das Hanusch-Spital die Wiener Gebietskrankenkasse. – Das wäre also ein Teil der Kosten, aber natürlich keine vollständige Abdeckung.

Mir geht es neben dieser Finanzierungsstruktur vor allem auch um die weiteren Schritte in der Gesundheitsreform. Das heißt, gemeinsame Planung und Steuerung und Finanzierung, und da wäre es sehr notwendig, dass wir eine gemeinsame Planung auch im Rahmen der regionalen Strukturpläne in Wien schaffen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeord­neter Dolinschek. – Bitte.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister, die Sozialpartner haben nun ein Krankenkassenreformpaket vorgeschlagen. Dieses Kran­ken­kassenreformpaket der Sozialpartner sieht aber noch keine einheitlichen Leistun­gen für die Versicherten vor. Zum Beispiel zahlt die Wiener Gebietskranken­kasse für Augendruckmessungen 9,60 €, die Oberösterreichische Gebietskrankenkas­se 2,74 €. Da gibt es enorme Unterschiede.

Meine Frage: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass trotz gleicher Tarifpositionen die unterschiedlichen Höhen bei den Tarifleistungen der Vergangenheit angehören?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich halte das für einen ganz wesentlichen Ansatz und habe vom ersten Tag meiner Amtsperiode an gesagt, dass ich ein Überdenken der Leistungen ganz allgemein und ein Zusammenführen vor allem der Honorierung der Leistungen als notwendig erachte. Die Österreicherinnen und Österreicher verstehen nicht, warum sie alle gleich viel Sozialversicherungsabgabe zahlen, aber oft, wenn auch nur durch 100 Meter und durch eine Bundesländergrenze getrennt, unterschiedliche Verrechnungen erhalten.

Da stehen aber natürlich sehr, sehr viele Themen der Gesundheitsreform, die uns in den nächsten Wochen und Monaten sehr intensiv beschäftigen wird, im Raum. Ich möchte das Kind nicht mit dem Bade ausgießen. Ich glaube, dass das Ziel einer einheitlichen Leistung innerhalb der Krankenversicherungsträger ein sehr wesentliches ist, das von mir getragen und unterstützt wird. Das Papier ist vor einer Dreiviertel­stunde an den Kanzler, Vizekanzler, Sozialminister und mich übergeben worden. Wir werden jetzt anfangen, zu arbeiten und die Gespräche zu führen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sie selbst haben vorhin erwähnt, die Gesundheitsversorgung der Wiener ist auch über das Hanusch-Krankenhaus quasi garantiert. Im Regierungs­übereinkommen zwischen den beiden Koalitionsparteien steht, das Hanusch-Kranken­haus soll von der Gebietskrankenkasse abgestoßen werden. Jetzt weigert sich der KAV, wie wir auch schon gehört haben.

Was werden Sie konkret unternehmen, dass einerseits das Krankenhaus als Versor­gung für die Wienerinnen und Wiener erhalten bleibt, es andererseits aber nicht mehr im Bereich der Gebietskrankenkasse finanziert wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich glaube, der Handlungsspielraum, den wir hier haben, sind die regionalen Strukturpläne, denn die Länder sind zum ersten Mal aufgerufen, den intra- und extramuralen, also


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den niedergelassenen und den Spitalsbereich bis Ende 2008 gemeinsam zu planen. Es geht nicht mehr darum, auf das eine oder andere Spital, auf die eine oder andere Ordination zu schauen, sondern es geht darum, dass die Patientinnen und Patienten die beste, qualitativ am höchsten stehende Versorgung bekommen. Das muss nicht immer in einem Spital sein, sondern das ist auch verstärkt im niedergelassenen Bereich zu fordern. Ich glaube aber vor allem, dass wir innerhalb der Spitäler ent­sprechende Synergien schaffen müssen. Das heißt, ich erwarte mir, dass die Stadt Wien diese Gesamtplanung über den regionalen Strukturplan Gesundheit vorgibt, und wir werden die Gespräche weiterführen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Grünewald, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Im Rah­men der Gesundheitsreform spricht man davon, dass den Kassen mehr Kompe­tenzen, Mitsprache und Verantwortung im Krankenhausbereich zugemessen werden sollen. Halten Sie es nicht für vernünftig, dass zumindest eine Kasse zwecks praktischer Erfahrungen dazu die Führung eines Spitals behalten kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Die Planungen der Sozialpartner kann ich natürlich noch nicht kommentieren, weil ich sie gerade erst bekommen habe, ich halte es aber für wesentlich, in Fortsetzung der Gesundheitsreform 2004/2005 die Planung, Steuerung und Finanzierung aus einer Hand voranzutreiben. Wir wissen von allen Experten, dass das auch die einzige Möglichkeit ist, um letztendlich eine gute Gesundheitspolitik, eine Gesundheitspolitik für die Menschen und deren Bedürfnisse zu führen. Ich glaube nicht, dass jemand, der Versicherungsmanagement betreibt, auch selbst unbedingt ein Spital führen muss. Wir sehen das an der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse – eine hervorragend agierende Gebietskrankenkasse, die auch kein eigenes Spital führt. Also ich glaube, Ziel sollte eine gemeinsame Planung und Steuerung und letztendlich auch eine Finanzierung aus einer Hand sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Spindel­berger, bitte.

 


Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Bundesministerin! In diesem Zu­sam­menhang ist auch immer die Rede davon gewesen, den e-card-Missbrauch hint­anzustellen. In diesem Zusammenhang haben Sie vergangenen Sonntag aufhorchen lassen, als Sie gesagt haben, Sie könnten sich vorstellen, die e-cards ab dem Jahr 2010 mit Fingerprints zu versehen.

Meine Frage, weil Laminger als Vorstandsvorsitzender sofort geschrien hat, er könne sich diese 100 Millionen € Zusatzaufwand nicht leisten, die Ärzte gleich gesagt haben, ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ihre Frage, bitte.

 


Abgeordneter Erwin Spindelberger (fortsetzend): ... sie seien nicht die Polizei der Patienten oder für den Hauptverband: Wie kann man dann trotzdem durchsetzen und gewährleisten, dass persönliche Daten nicht missbraucht werden, wenn 8,3 Millionen Fingerprints beim Hauptverband aufliegen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Es ist so, dass ich mich in der „Pressestunde“ möglicherweise missverständlich ausgedrückt habe. Es geht um die gesetzliche Vorgabe des ASVG in § 31, bis 31. Dezember 2010


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entsprechende biometrische Erkennungsmerkmale auf Dokumenten vorzusehen. Dazu gibt es auch einen Beschluss des Hauptverbandes, und das wird jetzt von den Exper­ten besprochen. Das Foto ist relativ sicher.

Für 2010 wurde das deshalb festgelegt, weil dann die zweite Generation von e-cards ausgegeben werden muss, die eine normale Lebensdauer haben. Die Budgetierung dafür ist natürlich auch einzuplanen; für die Sicherheit der Patienten und für die Sicher­heit der Karte ist dieses Geld einfach einzuplanen. Welche weiteren biometrischen Daten vorgesehen werden und inwieweit es sich dabei auch um eine Signatur handelt, eine Signatur, bei der es, bitte schön – und da habe ich mich wahrscheinlich miss­verständlich ausgedrückt; dafür entschuldige ich mich auch, wenn es so angekommen ist –, nicht um den Fingerprint als Fingerprint geht, der dann in einer österreichweiten Datei zusammengeführt wird, werden Experten klären.

Es geht um die Erkennbarkeit der e-card. Dazu gibt es Arbeitsgruppen im Haupt­ver­band, gemeinsam auch mit meinem Ressort, und wir werden uns natürlich bemü­hen, die kosteneffizienteste, aber auch für die Patienten sicherste Maßnahme zur Ver­fügung zu stellen, damit wir auch garantieren können, dass der Missbrauch so weit wie mög­lich zurückgedrängt wird; ein hundertprozentiger Ausschluss wird nie möglich sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön.

Wir kommen zur 4. Anfrage. – Frau Abgeordnete Zwerschitz, die Frage, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine Frage lautet:

40/M

„Wie viele sogenannte isolierte Einzelfälle im Umfeld des RFJ braucht es, bis Sie an­erkennen, dass der RFJ ein institutionelles Problem mit der Abgrenzung zum Rechts­extremismus hat?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Als zuständige Verwaltungsbehörde ist mein Ressort verpflichtet, Gesetze, die hier im Haus beschlossen wurden, zu vollziehen. So ist es auch mit dem Bundesjugend­förderungsgesetz, in dem insbesondere den parteipolitischen Jugendorganisationen eine ganz besondere Stellung eingeräumt wurde. Im Gegensatz zu den Förderungs­gebarungen der Länder ist somit die Förderung für den RFJ keine Ermessenssache, sondern eine gesetzliche Verpflichtung, der ich nur dann nicht nachkommen muss, wenn die Förderungsbedingungen aufgrund der Gesetzeslage aufgrund entsprechen­der Beweise nicht erfüllt werden.

Die verschiedenen Vorwürfe gegen den Ring Freiheitlicher Jugend sind mir bekannt, weshalb auch durch mein Ressort Prüfungen veranlasst worden sind, die derzeit im Laufen sind. Im Jahr 2008 wurden noch keine Förderungen ausgezahlt, und wir haben auch mitgeteilt, dass wir auf das Ende der Prüfungen warten. Sie können nur nicht von mir verlangen, dass ich auf Aussagen und Zurufe hin eine gesetzlich vorgesehene Förderung nicht auszahle, sondern es ist meine Aufgabe, wenn mir so etwas zukommt, dem nachzugehen. Und wenn dem von den zuständigen Stellen nicht Rechnung getragen wird, werden diese Förderungen, wie es das Gesetz vorsieht, ausbezahlt. Wenn den Förderungsrichtlinien widersprechende Dinge zustande gekommen sind, dann werden wir sie nicht ausbezahlen. (Beifall bei der ÖVP.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Zwerschitz? – Bitte.

 


Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Immer wieder wird vom Ring Freiheitlicher Jugend rassistisches Material publiziert, zum Beispiel gab es im Vorjahr Aufkleber, auf denen stand: „Die Indianer konnten die Einwanderer nicht stoppen ... Heute leben sie in Reservaten! Österreich zuerst!“ (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Können Sie garantieren, dass für solches Material keine Bundesmittel verwendet wer­den?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Wir haben – ich habe das bereits ausgeführt – die Zahlungen für 2008 so lange ausge­setzt, bis geprüft ist, ob diese Vorwürfe richtig sind. Wenn diese Vorwürfe nicht richtig sind, dann bekommt der Ring Freiheitlicher Jugend genau dieselbe Förderung wie jede andere jugendpolitische Organisation. Sind die Vorwürfe haltbar, dann werden wir ent­sprechend handeln.

Im Übrigen halte ich das mit allen Verdachtsmomenten so, unabhängig, wen sie betreffen. Das ist meine Verpflichtung als Aufsichtsbehörde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stadl­bauer, bitte.

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin, auch zu diesem Thema: Laut Bundesjugendförderungsgesetz sind Projekte in der Jugendarbeit dann besonders förderwürdig, wenn sie sich mit dem Verständnis von Demokratie, mit Toleranz, mit friedlichem Zusammenleben auseinandersetzen. Jetzt ist es sehr löblich, dass Sie die ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage, bitte!

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (fortsetzend): ... für 2008 eingestellt haben für den Ring Freiheitlicher Jugend. Aber welche Projekte im Jahr 2007 sind es genau, die es zum Beispiel rechtfertigen, dass der Ring Freiheitlicher Jugend Fördermittel erhalten hat?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Da mir die Gesamtliste der Projekte nicht vorliegt, darf ich Ihnen diese dann aus meinem Ressort gesondert zukommen lassen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeord­nete Dr. Eder-Gitschthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Können Sie uns noch einmal kurz erklären oder beantworten, nach welchen Kriterien grundsätzlich Förderungen nach dem Bundesjugendförderungsgesetz verge­ben werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Jugendarbeit per se liegt gemäß der Bundesverfassung prinzipiell in der Kompetenz der Länder. Fördermittel meines Ressorts müssen gemäß dem Bundesjugendför­de­rungsgesetz vergeben werden, wobei die vorrangige Zielgruppe bundesweit tätige Jugendorganisationen sind. Die Förderkriterien sind sowohl im Gesetz als auch in den Förderungsrichtlinien geregelt, die sich an den Rahmenrichtlinien des Bundes orien-


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tieren. Abgesehen von den formalen Kriterien sind hier vor allem auch die schon erwähnten Förderungen von Demokratie, die Förderungen von Zusammenarbeit, die Förderung von Stärkung von Jugendlichen ein wesentlicher und zentraler Punkt, und es ist vor allem auch wichtig, dass eine korrekte Antragstellung erfolgt. Ich muss hier besonders darauf hinweisen, weil sehr oft Beschwerde darüber geführt wird, dass Gelder nicht ausgezahlt worden sind. Leider Gottes ist es nach dem Gesetz auch not­wendig, dass entsprechend korrekte Antragstellungen und Abrechnungen erfolgen, um diese Förderungen auch auszahlen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Darmann, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Bundesministerin! Gibt es in Ihrem Ressort Auswertungen von Daten bezüglich Radikalisierungen österreichischer Jugendorganisationen im linken wie im rechten Bereich?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Es sind derzeit mehrere solcher Auswertungen in Arbeit. Ich habe angesprochen, dass für den neuen Jugendbericht Experten sehr wesentliche Themen in Angriff nehmen werden. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich noch keine flächendeckenden Zahlen vor­legen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Vilimsky, bitte.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Bundesminister! Lassen Sie mich zu­nächst in aller Deutlichkeit die Suggestivwirkung der Anfrage stellenden Fraktion zurückweisen. (Rufe bei den Grünen: Frage!) Es ist eine Ungeheuerlichkeit der Sonderklasse, ... (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage bitte!

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (fortsetzend): ... hier dem Ring Freiheitlicher Jugend, der eine sehr, sehr erfolgreiche Jugendorganisation ist, zu unterstellen, dass Probleme mit Extremismus wären.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage! Es ist hier kein Debattenbeitrag zu leisten, sondern eine Frage zu stellen. – Bitte.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (fortsetzend): Zu meiner Frage: Frau Bundesminister, inwieweit sind Ihre Bemühungen vorangeschritten, die Frage der Förderungswürdigkeit von Jugendorganisationen auf objektivierbare Beine zu stellen, damit die Entscheidung darüber, welche Organisation förderungswürdig ist und welche nicht, endlich aus der parteipolitischen Beliebigkeit herauskommt? – Danke.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich glaube, es wäre ein Affront gegen den Souverän, wenn ich hier sagen würde, dass es jetzt nicht ganz objektive und klare Kriterien gibt. Der Grund, warum es hier immer wieder zu Diskussionen kommt, sind ja einzelne Aktivitäten – egal, von wo sie kommen –, wo ich in der Aufsichtsbehörde verpflichtet bin, diesen nachzugehen. Deswegen sage ich ja auch, meine Aufgabe ist, nach den sehr, sehr guten Kriterien, die dieses Haus hier beschlossen hat, die Förderung an alle zu vergeben und auch für alle da zu sein. Sollten Verdachtsmomente aufkommen – und diese Diskussion, sehr geehrte Abgeordnete, kann ich nie ausschließen –, werde ich sie so schnell wie


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möglich prüfen und dann die Ergebnisse auch entsprechend bekannt geben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 5. Anfrage. – Herr Abgeord­neter Kickl, die Frage bitte.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin. Das ORF-Bürger­magazin „Konkret“ hat ja vor wenigen Wochen ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Sie wissen, bei der ersten Frage geht es darum, die Frage einzubringen.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): ... damit etwas, das die FPÖ immer schon kritisiert hat, bestätigt. Meine Frage:

49/M

„Wie gedenken Sie gegen den e-card-Missbrauch vorzugehen, können Sie sich in der Übergangszeit bis zur Ausgabe der neuen Karten eine Ausweispflicht vorstellen, um unser Gesundheitssystem vor weiterem Schaden zu bewahren?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich darf hier vielleicht ein für alle Mal mit einem Missverständnis aufräumen. Der Miss­brauch der e-card ist nach Zahlen genannt geringer als früher mit den Kranken­scheinen. Wir liegen bei 1 bis 3 Prozent (Beifall bei der ÖVP), und das konstant 2006, 2007 ohne weitere Steigerungen. 1 bis 3 Prozent sind angesichts der Flächendeckung der e-card etwas, wovon ich meine, dass es im Bereich Verlust und Diebstahl statt­gefunden hat.

Ich möchte auch mit etwas aufräumen – und Sie können sicher sein, dass ich jetzt für diese Fragestunde aufgrund der Wertschätzung, die ich den Abgeordneten entgegen­bringe, die neuesten Zahlen habe. Tatsache ist, dass bei Verlust oder Diebstahl der Karte diese ja sofort gesperrt wird. Das heißt, es bleibt ein Restrisiko, wenn jemand nicht entdeckt, dass seine e-card gestohlen ist, und diese in der Zwischenzeit ver­wendet wird. Das ist ein Restrisiko, das wir wahrscheinlich nicht ausschalten kön­nen. Trotz alledem – und das habe ich in Beantwortung der vorigen Frage gesagt – wird eine bessere Sicherung notwendig sein. Das werden wir beim Umtausch machen. – Ich darf Ihnen vielleicht in diesem Zusammenhang sagen, dass bereits jetzt gesetzlich geregelt ist, dass sich Ärztinnen und Ärzte bei Zweifel an der Identität einen Ausweis vorlegen lassen müssen. Und ich denke, dass wir das sehr wohl als derzeit gültige Regelung akzeptieren können. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kickl, bitte.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Bundesminister, da Sie in der „Presse­stun­de“ eindeutig davon gesprochen haben, den Fingerprint einführen zu wollen, möchte ich folgende Frage stellen: Interpretiere ich Ihre heutigen Aussagen richtig, dass Sie sich von dieser Ankündigung zurückgezogen haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich habe mich von dieser Ankündigung nicht zurückgezogen, sondern ich habe gesagt, es besteht bis 31. Dezember die gesetzliche Notwendigkeit, biometrische Daten, wie sie sich auch im Pass oder in anderen Bereichen finden, zur Erkennung in das Dokument aufzunehmen. Klar ist, dass wir über das Foto auf der e-card bereits gesprochen haben, auch mit den Seniorenverbänden, die sich das von beiden großen Fraktionen


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dringend gewünscht haben. Noch nachzuprüfen ist, wie eine zusätzliche biometrische Erkennbarkeit auf der Karte entsprechend umsetzbar ist. Ich wehre mich da überhaupt nicht dagegen. Das ist die fixe gesetzliche Lage. Es geht natürlich um die Finanzier­barkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin, ich sehe da einen ziem­lich großen Widerspruch zwischen dem Anspruch des Gesetzgebers, den Sie da for­muliert haben, auf erkennungsdienstliche ... (Rufe bei der ÖVP: Frage!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage bitte!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ein Satz vorher zur Einleitung war immer üblich. Aber ich stelle gerne die Frage: Frau Bundesministerin! Ich habe den Eindruck, dass Sie den § 31 wieder falsch interpretiert haben. (Neuerliche Rufe bei der ÖVP: Frage!)

Wird bis zum 31. Dezember 2010 jetzt eine erkennungsdienstliche Feststellung mit bio­metrischen Daten für die Anwender der e-card eingeführt oder für die Versicherten? – Das macht einen großen Unterschied!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Das Gesetz ist hier sehr klar, es sagt, das jeweilige Dokument muss erkennbar gemacht werden. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist eine Aussage, die der Hauptverband auch so in seiner Sitzung – ich werde Ihnen die Unterlagen gerne zukommen lassen – weiter­geleitet hat.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Vor­erst herzlichen Dank für die Klarstellung, nämlich was in diesem Bereich notwendig ist. Aus den Anfragen ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, auch für Sie gilt: Die Frage!

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): Aber, bitte, ein Satz geht immer. – Aus den Anfragebeantwortungen wissen wir, dass es kaum zu Missbrauchsfällen gekommen ist.

Meine Frage an Sie: Welche Betrugsmuster sind Ihnen bekannt, und wie hoch sind die Schadensfälle im Jahr 2007 gewesen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Wir lagen bei 2,7 Prozent, das sind in etwa 300 000 Fälle, wobei das Betrugsmuster zu 80 Prozent Verlust der Karte ist, der auch gemeldet worden ist. Es ging natürlich auch um Diebstahlsmeldungen. Es gibt sehr wenige Fälle – das habe ich vorher auch aus­geführt –, wo der Diebstahl nicht erkannt wird und dann von einer anderen Person diese Karte verwendet wird. Da sind wir aber auch mit dem Hauptverband in einem engen Kontakt, inwiefern durch Mehrfachnutzungen bei ein und demselben Arzt diese Möglichkeit konterkariert wird, da sind wir gerade in Entwicklung, wie wir mit dieser e-card elektronisch umgehen können.

In den meisten Fällen ist Häufiges häufig und Seltenes selten, es wird verloren wie eine Kreditkarte, wie eine Scheckkarte und wie letztendlich auch andere Dokumente.

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Bar­bara Riener, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Frau Bundesministerin! Neben der e-card gibt es einen weiteren Bereich der Verwaltung, den Sie jetzt planen, nämlich das Projekt Elektronische Gesundheitsakte.

Wie weit ist dieses Projekt gediehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Wir sind hier einen ganz wesentlichen Schritt weitergekommen. Die Bundesgesund­heits­kommission hat in der letzten Sitzung grünes Licht dafür gegeben, indem sie die Fragestellung, ob die elektronische Patientenakte überhaupt flächendeckend möglich ist, mit Ja beantwortet hat, die ARGE ELGA in eine Gesellschaft umzuwandeln, die schlagkräftig ist, die jetzt als nächsten Schritt nach Bestimmung der Inhalte gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer auch einen Rollout zunächst in einzelnen Bun­desländern in Form von Pilotprojekten und dann in ganz Österreich vornehmen kann. Also ich denke, durch die letzte Entscheidung der Bundesgesundheitskommission sind wir einen großen Schritt weiter in Richtung technologischer Unterstützung der öster­reichischen Gesundheitsreform gekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schalle, bitte.

 


Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! 2010 laufen die Karten aus. Ist sichergestellt, dass mit den neuen Karten mit Fingerprint und bio­metrischen Fotos auch der Missbrauch abgestellt wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich kann Ihnen garantieren, dass wir die gesetzlichen Vorgaben und die notwendigen bio­metrischen Daten entsprechend der Sicherheit dieser Karten, aber auch der Sicherheit der Nutzer umsetzen werden. Es darf Sicherheit allerdings nie zu einer Bedrohung werden. Das heißt, ich schließe aus, was in den letzten Tagen manchmal kolportiert wurde, dass es in irgendeiner Form zentrale Datenverwaltungen gibt, wo Finger­ab­drücke gesucht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 6. Anfrage. – Frau Abgeord­nete Rudas, die Frage bitte.

 


Abgeordnete Laura Rudas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin, meine Frage lautet:

44/M

„Welche Begleitmaßnahmen zur Wahlaltersenkung wurden bisher von Ihnen bezie­hungsweise Ihrem Ressort durchgeführt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Abgeordnete, ich habe im Vorjahr bereits die Schwerpunktsetzung „Wählen mit 16“ im Jugendförderungsbereich veranlasst, welche heuer natürlich weiter fortgeführt wurde. Ziel ist es, mit diesem Modellprojekt vor allem den jungen Menschen die aktive Teil­nahme am demokratischen Prozess zu ermöglichen und sie dafür auch zu begeistern. Dabei geht es vor allem natürlich um Information, aber auch um politische Bildung. Am Ende des Jahres werde ich die Modellprojekte der Bundesjugendorganisation, mit der


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ich ja in engen Gesprächen stehe, veröffentlichen, um dann anhand dieser Datenbank und dieser Modelle ein Rollout auf ganz Österreich zu machen.

Außerdem, wenn man den Umfragen Glauben schenken will, dann sieht man, es sind vor allem nicht die jungen Menschen, die mangelndes politisches Wissen haben. Selbst beim „Ö3 Mikromann“ ist es sehr oft die Jugend, die uns da Gott sei Dank rausreißt, weil diese sehr engagiert ist und zeigt, dass sie auch ganz besondere Bedürfnisse hat. Daher müssen wir den jungen Menschen anbieten, dass sie mitarbeiten können, damit sie diese Bedürfnisse auch umsetzen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sind aber auch sogenannte Jugenddelegierte beworben worden. Wir haben gemeinsam mit dem Hohen Haus Aktionen gesetzt, sowohl mit der Frau Präsidentin als auch mit dem Herrn Präsidenten, die Schulklassen hier herzuholen, entsprechend auch Politiker mit Schülern diskutieren zu lassen und diese Begeisterung von jungen Menschen weiter zu fördern und für unsere Ziele zu verwenden.

Es gibt aber auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ARGE Partizipation, die, was erfor­derlich ist, vor allem auch Qualitätssicherung liefert und derzeit ein Leitbild für die Etablierung von nachhaltiger Partizipation in den Gemeinden erarbeitet. Dies wird heuer im November im Rahmen einer großen Veranstaltung präsentiert.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Rudas.

 


Abgeordnete Laura Rudas (SPÖ): Im letzten Bericht zur Lage der Jugend, den wir auch im Ausschuss debattiert haben, gab es doch eine Mängelliste. Inwiefern werden Sie diese Mängelliste im nächsten Jahr aufarbeiten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Also ich denke, es ist ganz, ganz wesentlich, dass wir in unserer Jugendarbeit breiter wer­den, dass wir aber auch rechtlich jungen Menschen verstärkt ihre Mitarbeit garantieren. Das wird vor allem in der von mir schon erwähnten Enquete für die Jugendwohlfahrt massiv vorangetrieben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Einwallner, bitte.

 


Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Frau Bundesministerin! Ist die Bundes­jugend­vertretung in diese tollen von Ihnen angekündigten Maßnahmen und Aktivitäten des Ministeriums eingebunden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Die Bundesjugendvertretung ist in alle Jugendliche betreffenden Dinge eingebunden. Und ich bin sehr froh, denn da kamen sehr, sehr viele sehr aktive Ideen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Bucher, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Bundesministerin, welche Informations­ver­an­staltungen haben Sie in den österreichischen Schulen zu dem Thema „Wählen ab 16“ bereits durchgeführt, und ist sichergestellt, dass es dabei zu keinen parteipoliti­schen Einflussnahmen kommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Das ist ein extrem sensibler Bereich. Da ich ein gebranntes Kind bin, bemühe ich mich, nicht unbedingt persönlich jetzt allein hier den Lehrbeauftragten zu spielen, sondern es geht darum, gemeinsam mit den Schulbehörden, gemeinsam mit den Elternvertretun­gen auch im Rahmen der Länderverantwortlichkeit und der schulbehördlichen Verant­wortlichkeit diese politische Bildung in den Vordergrund zu stellen. Das heißt, ich persönlich mache keine Schulauftritte, sondern ich bin bereit, Schulklassen vor allem im Hohen Haus, aber auch in meinem Ressort zu empfangen und mit ihnen zu dis­kutieren, bin aber mit den Verantwortlichen in den Schulbereichen in Gesprächen, dass dieses Thema Politische Bildung als wirkliche Information gebracht wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Hauser, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Wir, aber auch namhafte Politologen befürchten natürlich, dass es aufgrund der Wahlalter­sen­kung zu verstärkten parteipolitischen Veranstaltungen an Schulen kommen wird. Jetzt haben Sie das gerade für Ihre Person ausgeschlossen. Aber können Sie uns garan­tieren, dass das auch für Ihr Ressort gilt, dass nicht zum Beispiel nur Vertreter Ihrer Partei in Schulen mitgenommen werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich muss ganz ehrlich eines sagen: Ich weise auf das Schärfste zurück, dass ich des­wegen, weil ich Politiker bin, nicht in der Lage bin, jungen Menschen Informationen zu geben. Also nach wie vor nehme ich mir das Recht heraus, wie jeder andere Politiker sich dieses auch herausnehmen kann, Informationen an junge Leute weiterzugeben; dies umso mehr, als ich ja auch viele Jahre vorgetragen habe. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Zwerschitz, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Ministerin, um Jugendliche für Politik zu begeistern, sollte man sie auch in die Gesetzeslage mit einbeziehen. Wie machen Sie den im Regierungsprogramm versprochenen Jugendcheck bei Gesetzesvorlagen anderer Ministerien?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Wir werden das auch im Rahmen der Arbeitsgruppen, im Rahmen der Jugendwohlfahrt und der Zusammenarbeit hier mit allen Spiegelressorts vorschlagen. Es ist geplant, dass das mit Anfang Herbst in Begutachtung geht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön. – Wir kommen damit zur 7. Anfrage. – Bitte um die Frage, Frau Abgeordnete Steibl.

 


Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Bundesminister, Kinder sind unsere Zukunft. Da­her meine Frage:

47/M

„Welche Schritte haben Sie bereits gesetzt, damit zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen das Jugendwohlfahrtsgesetz den heutigen Anforderungen gerecht wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 31

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Im Wissen um die Problematik und um die Herausforderungen für junge Menschen haben wir am 21. Feber zu einer großen Enquete eingeladen. In dieser Enquete geht es vor allem um die Schnittstelle zwischen Jugendwohlfahrtsorganisationen und Medizin und um Gewalt gegen, aber auch im Bereich mit Kindern. Es sind drei große Arbeits­gruppen zu den Themen Kindeswohl, Gefährdung, Hilfeplan, Standards und Ziele und Grundsätze der Jugendwohlfahrt und Eckpunkte der bevorstehenden Reform fest­gesetzt.

Wir werden bis zum Sommer in einer zweiten Enquete die Zwischenergebnisse prä­sentieren. Hier geht es vor allem um die Stärkung der Prävention und den Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung, um die Verbesserung der Rechtsschutz­inter­essen, um die Impulse für einheitliche Standards, um die Professionalisierung von Fach­kräften und auch die Modernisierung des Jugendwohlfahrtsgesetzes. Bis zum Herbst erwarten wir uns eine entsprechende Gesetzesvorlage, die, wie ich meine, einen großen, wesentlichen nächsten Schritt für junge Menschen in Österreich bringen wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Steibl.

 


Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Bundesministerin, Sie haben Arbeitsgruppen genannt. Welche Expertinnen und Experten wurden konkret eingeladen, hier mitzu­arbeiten, um ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Wir haben hier neben den Experten meines Hauses welche der Bundesministerien für Justiz und Inneres, des BKA, der Bundesländer-Jugendwohlfahrt, der Stadt-/Magistrat-Jugendwohlfahrt, der Kinder- und Jugendanwaltschaft, des Dachverbandes der öster­reichischen Jugendwohlfahrtsträger, vom SOS-Kinderdorf, Berufsverband der Sozial­arbeiterInnen, Berufsverband der PsychologInnen, Berufsverband der Psychothera­peutIn­nen, Verein „Die Möwe“, Universitätsprofessor Dr. Friedrich hat sich auch hier herangetan, die Kinderschutzgruppen, die Gerichtsmedizin in Graz, alle im Parlament vertretenen Fraktionen und sämtliche, auch internationale NGOs, die haben sich hier zusammengefunden, um daran zu arbeiten. Ich denke, das ist einer der breitesten Prozesse, die wir hier überhaupt jemals gesehen haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abge­ordnete Haubner. – Bitte. – Frau Abgeordnete, haben Sie keine Frage? – Doch, bitte.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Entschuldigung, Frau Präsidentin, ich war etwas abwesend.

Frau Bundesministerin, immer wieder erschrecken uns Fälle der Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern im In- und Ausland. Wann werden Sie tätig werden, um gerade überforderte Eltern wirksam zu unterstützen und sicherzustellen, dass die Jugendämter tatsächlich vordringlich und effektiv die Rechte der Kinder wahren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Wir haben hier bereits große Schritte gesetzt, indem wir das Elternhilfstelefon geschaffen haben. Es hat ja bis jetzt das sogenannte Kindernottelefon gegeben; vor wenigen Wochen habe ich das Elternhilfstelefon gemeinsam mit dem ORF aus der Taufe gehoben. Wir haben die sogenannten Elternbriefe und Informationen auch auf CD und anderen modernen Medien angeboten, und wir bemühen uns, in den Beratungsstellen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 32

einen multiplen Ansatz und Hilfestellung für Eltern anzubieten. Das ist noch nicht genug, aber es sind erste Schritte gesetzt, wo wir in ununterbrochener Abstimmung auch mit den Organisationen wie dem Österreichischen Hilfswerk, das hier schon erste Vernetzungen in den Bundesländern anstrebt, die nächsten Schritte setzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Mir wurde für eine weitere Zusatzfrage Dr. Haimbuchner genannt, den ich aber hier im Saal nicht sehe. Gibt es vonseiten der Freiheitlichen eine Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Zwerschitz. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Ministerin, glauben Sie, dass die ExpertInnen genug Pouvoir haben werden, um ein sinnvolles Jugendwohlfahrts­ge­setz – eventuell auch gegen die Intentionen verschiedener PolitikerInnen – durchset­zen zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Es gibt keine Intention von Politikerinnen und Politikern, die gegen die Sicherheit, den Schutz, die Hilfestellung und die Stärkung von Kindern und Jugendlichen ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeord­neter Riepl. – Bitte.

 


Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Bundesministerin! Nachdem die Bundes­regierung, der Sie angehören, im vergangenen Jahr sehr viel für die Jugend gemacht hat – ich erinnere an die Kinderbetreuungsplätze, deren Zahl erhöht wird; weiters mehr Lehrer, weniger Schüler in den Klassen, Ausbildungsgarantie jetzt bis 18 –, möchte ich Sie fragen, was Ihr wichtigstes persönliches politisches Anliegen in der Kinderwohlfahrt und für die Jugend unseres Landes ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Das ist für mich die Verankerung der Kinderrechte und letztendlich vor allem die Neu­schreibung des Jugendwohlfahrtsgesetzes, um die Vernetzung der vielen engagierten Institutionen zustande zu bringen, um Kinder vor allem auch vor Gewalt, egal ob gegen sich selbst, gegeneinander oder durch Erziehungsberechtigte, zu schützen. Und das gehen wir an. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminis­terin. Wir haben alle noch offenen Fragen gestellt und beantwortet bekommen.

Ich beende damit die Fragestunde.

10.04.42Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 3531/AB und 3532/AB;

2. Regierungsvorlagen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 33

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erlangung der Studienberechtigung für Studien an Pädagogischen Hochschulen (Hochschul-Studienberechtigungsgesetz – HStudBerG) erlassen sowie das Hochschulgesetz 2005 und das Privatschulgesetz geändert werden (522 d.B.),

AuftraggeberInnen-Haftungsgesetz (523 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (524 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsge­setz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das IAF-Service-GmbH-Gesetz, das Arbeitskräfteüber­lassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Betriebspensionsgesetz, die Konkursordnung und die Exekutionsordnung geändert werden (505 d.B.);

Finanzausschuss:

Antrag 681/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Kosten für Eintrittskarten und Bewirtung für die Euro 2008 als Werbeausgabe;

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz und das Apothekerkammergesetz 2001 geändert werden (502 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (503 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert werden (504 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 675/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung einer Polizeiinspektion am Froschberg in Linz,

Antrag 684/A(E) der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anforderung eines Assistenzeinsatzes zum Einsatz des Kommandos Militärstreife & Militärpolizei bei der EURO 2008;

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag 680/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Waschmitteln, bei deren Produktion mit genmanipu­lierten Mikroorganismen gearbeitet wurde;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 679/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verurteilung des Systems der Zwangsarbeitslager (Laogai-Lager) in der VR China;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 34

Umweltausschuss:

Antrag 678/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend teilweise Erdverkabelung der 380 kV-Leitung;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 677/A(E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend neuer Erlass zur „Sexualerziehung in den Schulen“ unter besonderer Berücksichtigung von weiblicher und männlicher Homosexualität;

Verfassungsausschuss:

Antrag 686/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verankerung der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache;

Verkehrsausschuss:

Antrag 676/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwertung bzw. Vernichtung des Typenscheins bei Pkw-Wracks (Total-Havarien);

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 685/A(E) der Abgeordneten Veit Schalle, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau.

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3376/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3376/AB der Anfrage 3357/J der Abgeordneten Mag. Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Haben Frauen kein ,höheres Wissen‘“ durch den Herrn Bundesminister für Wissenschaft und Forschung abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um Punkt 18 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Bei Punkt 18 handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf (525 der Beila­gen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diesen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 4 bis 6, 7 bis 10 sowie 16 und 17 der Tagesordnung zusammen­zufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 102 Minuten, Grüne und Freiheitliche je 77 Minuten sowie BZÖ 63 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.07.101. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht (III-120 d.B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2006/07 (499 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 7 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.07.49

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nicht deshalb, dass ich hier als Erster reden kann, lehnen wir den Mittelstandsbericht ab – weil man als Kontra-Redner in diese Situation gelangt. Nein. Wir haben es uns auch nicht leicht gemacht: Der Bericht ist ja sehr umfassend, aber wir wollen mit unserer Ablehnung erreichen – ich fasse das gleich zusammen –, dass die künftigen Berichte in zwei Punkten besser werden.

Erstens: Bei allem Lob zum umfassenden Darstellungswerk bleibt der Bericht doch sehr stark im Deskriptiven hängen. Man kann natürlich sagen, ein Bericht soll berich­ten, aber es wäre nicht schlecht, ein paar analytische Grundgedanken oder Zusam­menhänge herauszuarbeiten. Das ist das eine, aber vielleicht nicht das Wichtigste.

Das Zentrale ist, dass die Ein-Personen-Unternehmen, die EPUs, im Bericht nur relativ knapp vorkommen, mit einem Exkurs, und dass die grüne Sicht, wenn wir schon von Klein- und Mittelbetrieben reden, hier wesentlich stärker auf die Mikrounternehmen und eben auf die Ein-Personen-Unternehmen gerichtet ist. Dieser Bericht, die Vorlage und die Struktur dieses Berichtes sind Anlass, das zu debattieren, das ist gut, aber auch unsere Haltung zu demonstrieren.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 36

Es ist natürlich auch sehr viel Nützliches darin zu finden. So ist zum Beispiel das Bundesvergabegesetz dort aufgelistet, was offensichtlich aus der Erkenntnis kommt, dass es massive Auswirkungen gerade auf die kleinstrukturierte und die mittelstän­dische österreichische Wirtschaft hat, wie wir hier dieses Bundesvergabegesetz beschließen und die Behörden es dann leben und exekutieren. Es ist natürlich ein guter Ansatz, dass man das einmal komprimiert hat, auf der anderen Seite habe ich Ihnen erklärt, warum es uns denn doch zu wenig ist.

Zum Punkt EPUs werden wir noch einen eigenen Entschließungsantrag einbringen, was die künftige Berichterstattung, aber auch allfällige Maßnahmenpakete betrifft. Das wird dann Kollegin Lichtenecker machen.

Jetzt ist es natürlich so, dass bei diesen Berichten ja auch über die Sache geredet wird, auch darüber, was zukünftig zu geschehen hat, und dazu möchte ich ein paar Anmerkungen machen.

Erstens ist, glaube ich, für die Gestaltung der österreichischen Wirtschaftspolitik der Fokus auf die mittelständischen und kleinen Unternehmen durchaus zutreffend und richtig, aber nicht so sehr, weil man sagt, es sind genau die mittleren, die es richten, oder genau die kleinen. Von solchen Aussagen halte ich nichts. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass das selbst Leute formulieren, die mir sonst nicht so fern stehen.

Das ist natürlich ein vernetztes Gebilde, und es ist nichts dagegen zu sagen, wenn sich in einer vernünftig geregelten Marktwirtschaft für bestimmte Aufgaben des Pro­duzierens oder des Dienstleistens große Strukturen herausbilden, für manche mittlere, für manche kleine. Das ist gar nicht das Problem, und es geht auch nicht so sehr darum, ob wir in Österreich zu viel große, zu viel kleine, zu viel mittlere Unternehmen haben, sondern es geht darum, was die österreichische Volkswirtschaft produzieren und leisten soll – und: Kann sie das mit dieser Struktur?

Meine Überzeugung ist, dass wir bei dieser Gelegenheit die ganzen Politikfelder sozusagen durchdeklinieren müssten. Und da wird es Sie sicherlich nicht wundern, wenn ich in diesem Zusammenhang zwei Beispiele – ich beschränke mich jetzt auf zwei – herausgreife, nämlich die Energiepolitik und die Steuerpolitik.

Zunächst zum Bereich Energiepolitik und zur Frage, die Herr Bundesminister Bartenstein immer strapaziert und die E-Control, die ja mehr in seinem Einflussbereich steht, als das für eine Kontrollbehörde wirtschaftlich vernünftig ist, die sagen: Beim Ökostromgesetz ist es so, dass der Strom ein bisschen teurer wird, so, als würde es dieses Gesetz nicht geben. Das mag vielleicht stimmen für die Kalkulationsperiode im Nachhinein, für die letzten Jahre zum Beispiel, das mag vielleicht stimmen für das nächste oder übernächste Jahr, aber man kann schon einmal streiten darüber, ob diese Berechnungsmethoden wirklich die Mehrkosten in der Form ausweisen oder ob es nicht doch so ist, dass man, wenn besondere Berechnungsmethoden herangezogen werden würden, was die Spitzenlasteinspeisung betrifft und ähnliches mehr, sehr wohl zu anderen Zahlen kommt. Aber das führt zu weit, das verstehe ich.

Der Punkt ist aber, dass in mittlerer Perspektive doch völlig klar ist, was passieren wird: Die Rohstoffe, die nicht nachwachsen können, also die fossilen Energieträger, kön­nen – mit jeder wirtschaftlich vernünftigen Betrachtungsweise werden Sie zu diesem Befund kommen – mittel- und langfristig nur noch teurer werden. Man muss schon den Rohstoff selbst einkaufen, während es bei den erneuerbaren Energieträgern bloß um die Anwendung, um die Energieumwandlung und um die Technologie geht, die dafür zur Verfügung steht. Die ist natürlich am Anfang, in der Einführungsphase, teurer, wird aber sukzessive und auf lange Sicht billiger; das ist doch ganz logisch.


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Das heißt: Wir haben es bei den fossilen Rohstoffen mit einer Entwicklung zu tun, wo es nur teurer werden kann – und bei regenerierbaren ist es so, dass diese nur billiger werden können. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich da die Kurven schneiden. Dieser Schnittpunkt ist schneller da, als Sie es bisher immer prognostiziert haben. Sie haben ja auch noch vor wenigen Jahren behauptet, dass alle Experten sagen – ich glaube, das haben Sie 2003 oder 2004 gesagt –, der Ölpreis werde sich ohnehin bei 40 US-Dollar stabilisieren! – Nichts ist es mit Ihrer Prognose! Und das wundert einen ja auch nicht.

Jetzt ist eben die Frage: Wenn das so ist, dann riskieren wir doch oder nehmen wir in Kauf, und zwar positiv und produktiv, dass vielleicht noch das eine oder andere Jahr – aber nicht mehr lange – seitens der Stromabnehmer, der Haushalte, der produzie­renden Unternehmen leichte Mehrkosten vorhanden sind, aber auf längere, ja schon auf mittlere Frist betrachtet, ist eine Umstellung günstiger, und zwar auch für die Abnehmer – geschweige denn für jene Firmen, die sich in diesem Segment enga­gieren.

Da, meine Damen und Herren, hat Österreich ein Riesenpotenzial. Wir haben ver­schiedene Firmen – ich brauche da nur von meinem Bundesland zu reden –, die diesbezüglich mit Hightech-Ausstattung nicht nur forschen, sondern schon auf der ganzen Welt anbieten, interessanterweise jedoch kaum in Österreich, weil es hier kaum einen Nachfragemarkt gibt; viel zu wenig jedenfalls. Das sind doch Chancen für Betriebe und auch für Arbeitsplätze!

Jetzt möchte ich noch kurz zu den steuerlichen Maßnahmen etwas sagen, weil Nach­rednerInnen sicherlich darauf eingehen werden. Wir alle wissen, dass die sogenannten lohnsummenbezogenen Abgaben in Österreich – im internationalen Vergleich jeden­falls – zu hoch sind; da liegen wir an der Spitze, wenn Sie schon immer Bench­marking betreiben wollen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, da herunterzukommen, und eine ist eben die von uns vorgeschlagene ökologisch-soziale Steuerreform.

Ein anderer Aspekt ist natürlich – darauf möchte ich auch noch eingehen –, bei einer Steuerreform mehr zu bewegen, als immer nur ein Volumen heranzuziehen. Vielleicht sind 3 Milliarden € an Steuerreform, die Sie, glaube ich, vorhaben, oder am Schluss dann wieder nur 2 Milliarden gar nicht so viel, wenn man immer nur versucht, da oder dort etwas zu senken, und zwar ohne Gegenfinanzierung. Das erzeugt doch viel weniger Volumen.

Seit 10 oder 15 Jahren erklären uns die Wirtschaftskammer und auch die ÖVP-Wirt­schaftssprecher – meistens Männer –, dass wir da etwas tun müssen. Und jetzt erleben wir von Steuerreform zu Steuerreform, dass genau da nichts weitergeht, weil immer irgendwelche Klientelen bedient werden, aber nicht in die Struktur des Wirtschaftens mit dem vermutlich wichtigsten Hebel der Wirtschaftspolitik, nämlich der Steuerpolitik, eingegriffen wird. Sie sind einfach zu wenig couragiert beziehungsweise es passt in Ihre konservative Ideologie, sämtliche vermögensbezogenen Steuern mög­lichst gegen Null zu stellen.

Das richtet sich jedoch gegen einen anderen Grundwert, den Sie vielleicht da oder dort hochhalten, nämlich gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Und das betrifft auch die mittelständische Wirtschaft. Wenn wir mit dem gleichen Geld, das wir dort nicht verlieren beziehungsweise sogar zusätzlich einnehmen würden, und in dem Ausmaß die lohnsummenbezogenen Abgaben senken könnten, dann hätte auch die mittelstän­dische Wirtschaft etwas davon, die ja in Österreich sehr viele Leute beschäftigt; Gott sei Dank, kann man nur sagen. Dort wäre das genauso kostendämpfend.

Dann hätten wir aber auch nicht nur einen Gerechtigkeitsaspekt drinnen, der ja individuell verschieden betrachtet werden kann, sondern einen Effizienz- oder einen


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Allokationsaspekt, wie die Volkswirtschaftler sagen, weil dann weniger verzerrt wird, weil dann mehr an Kostenlast dort heruntergenommen werden kann, wo investiert wer­den soll. Und das sind – nach gängiger Lehre – immer noch die Chancen auf Arbeits­platz­schaffung.

Das ist der Punkt, da gehört umgesteuert. Und das trifft vor allem auch, gerade in der österreichischen Struktur, die mittleren und kleineren Betriebe, sofern sie eben dann auch noch Beschäftigte haben, denn sonst können sie ja nicht entlastet werden.

Was Ein-Personen-Unternehmen anlangt, werden wir dann noch den bereits ange­kündigten Antrag einbringen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mitter­lehner zu Wort. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.18.07

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tatsache, dass wir den Mittel­stands­bericht hier im Plenum diskutieren, ist wirklich sehr positiv zu bewerten. Das ist einer der wenigen Endberichte, die hier dargestellt und diskutiert werden – das drückt auch den Stellenwert aus, den das Parlament den österreichischen Klein- und Mittel­betrieben beimisst.

Wenn Sie sich die Datenlage anschauen, dann sehen Sie im Wesentlichen, dass in Österreich Kleinstbetriebe mit unter 10 Beschäftigten, Kleinbetriebe mit zwischen 10 und 49 Beschäftigten und mittlere Unternehmen mit zwischen 50 und 249 Beschäf­tigten rund 99,7 Prozent der heimischen Wirtschaft widerspiegeln. Das heißt, im Wesentlichen ist die Aussage, dass die heimische Wirtschaft eine mittelständische Wirtschaft ist, richtig und voll dokumentiert.

Man sieht aber auch, insbesondere im steuerrechtlichen Bereich, dass es da wenig Spielraum gibt: nach oben vor allem nicht und auch nicht nach unten. Das heißt weiters: Maßnahmen in diesem Bereich treffen den Mittelstand – so oder so.

Wenn Sie die Entwicklung anschauen – der Bericht konzentriert sich ja vor allem auf das Jahr 2006, ein wenig auch auf das Jahr 2007, das war ein Zeitraum der Hoch­konjunktur –, sehen Sie an sich eine positive Entwicklung, was die Zahl der Beschäf­tigten, was die Zahl der Betriebe anlangt. In diesem Zeitraum waren in Österreich rund 306 000 Unternehmen zu verzeichnen. Die Gründungsintensität ist positiv: rund 30 000 Unternehmen pro Jahr. Die Zahl der Insolvenzen geht zurück. Alles in allem spricht das dafür, dass diese Unternehmen sehr tüchtig sind, aber natürlich schon auch dafür, dass die Maßnahmen der Bundesregierung, was das Setzen entsprechender Rahmenbedingungen anlangt, grundsätzlich richtig waren und sind.

Das gilt für zwei Tendenzen, die ich sehr wohl auch sehe.

Beim Durchschnitt der Unternehmen, was die Beschäftigten anbelangt, liegen wir mit elf Mitarbeitern hinter Holland an zweiter Stelle – ist gar nicht so wenig –, und auf der anderen Seite haben wir auch Unternehmen, die gar keine Beschäftigten haben; rund 50 Prozent der heimischen Unternehmen haben keine Mitarbeiter. Daher ist das Interesse, sich mit den Ein-Personen-Unternehmen auseinanderzusetzen, richtig und dieses Thema auch im Bericht noch auszuweiten.

Wenn Sie aber die Tätigkeiten der Wirtschaftskammer anschauen, werden Sie fest­stellen, wir haben im Bereich Service, im Bereich Awareness, im Bereich auch der politischen Maßnahmen schon sehr viel getan. Gerade letzte Woche am Samstag waren Unternehmertage, Ein-Personen-Unternehmertage, die gut besucht waren. Es


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wird also in diesem Bereich schon sehr viel getan, was entsprechende Maßnahmen anbelangt.

Daher: Wir können unterstützend tätig sein, aber die Realität läuft ohnehin in diese Richtung.

Ein nächster Punkt, der mir schon aufgefallen ist und der ein wenig zur Sorge Anlass gibt, ist die Eigenkapitalquote. Diese hat sich zwar um 2 Prozentpunkte verbessert: Wir haben 23 Prozent Eigenkapitalquote. Das ist auf der einen Seite relativ wenig, und wenn Belgien eine Eigenkapitalquote von 41 Prozent, Finnland eine solche von 42 Pro­zent und Portugal immerhin eine Eigenkapitalquote von 35 Prozent aufweisen, so ist das ein eindeutiger Hinweis darauf, dass man in diesem Bereich besonders aufpassen muss.

Man muss aufpassen, was die Steuerreform anbelangt, beispielsweise bei der Kredit­gebühr, beim Vorsteuerabzug für Pkws, dass man nicht unbedingt einen Kastenwagen als Ausmaß definiert haben muss, sondern die Notwendigkeit gegeben sein muss. Aber vor allem bitte aufpassen muss man auch bei der Vermögensteuer, denn die Großbetriebe, die Gewinne machen, sind ja eine relativ kleine Anzahl börsennotierter Unternehmungen, der überwiegende Bereich der Klein- und Mittelbetriebe schwimmt nicht im Geld. Und wenn Sie dort ansetzen mit einer Steuer, die ich als problematisch ansehe, weil wir über die Ausnahmen zuerst diskutieren und nicht über den Regel­inhalt, dann müssen Sie auch sehen, dass jede Auswirkung für jedes Unternehmen sofort relativ stark spürbar ist. Das heißt aber nicht, dass in diesem Bereich nicht schon eine ganze Reihe richtiger Maßnahmen getroffen worden ist, beispielsweise die soziale Absicherung der Unternehmen. Das ist gerade für die Ein-Personen-Betriebe aus­gesprochen wichtig, für andere vielleicht weniger.

Zusammenfassend kann man, glaube ich, sagen, heute ist ein Feiertag für Klein- und Mittelbetriebe, weil über dieses Thema diskutiert wird. Ich glaube aber, es geht nicht nur darum, dass man diese Betriebe statistisch würdigt und entsprechend darstellt, sondern wir müssen auch schauen, dass Anspruch und Wirklichkeit auch bei den Rahmenbedingungen weiter zusammenpassen. Das heißt, wir haben das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht – es gibt für die Klein- und Mittelbetriebe auch in Zukunft noch eine ganze Menge zu tun! (Beifall bei der ÖVP.)

10.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Themessl zu Wort. 6 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.23.07

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Auch ich bin sehr froh darüber, dass dieser Bericht heute hier im Plenum diskutiert wird – da gebe ich dem Kollegen Mitterlehner recht –, weil wir auch zeigen müssen, wie wichtig die Debatten über die heimische Wirtschaft, über die kleinen und mittleren Betriebe auch in der Öffentlichkeit sind, weil diese Betriebe das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft sind. Und ich bedanke mich von dieser Stelle aus noch einmal bei allen Mitgliedern des Wirtschaftsaus­schusses dafür, dass unser Antrag auf Enderledigung im Plenum auch angenommen wurde, denn das ist meines Erachtens sehr wichtig. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Bericht ist sicher sehr positiv, aber er täuscht über gewisse Schwachstellen und über gewisse Tatsachen hinweg, nämlich darüber, dass die Gefahr besteht, im Laufe der nächsten Jahre im Bereich der kleinen und mittleren Betriebe gewaltig zu verlieren. Das heißt, die österreichische Wirtschaft, die eigentlich durch das Rückgrat der kleinen und mittleren Betriebe, natürlich auch der Einzelpersonen-Unternehmungen, gestärkt


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und gehalten wird, findet sich zwischenzeitlich Rahmenbedingungen gegenüber, die alles andere als positiv sind, und es ist in den nächsten Jahren auch keine positive Entwicklung zu erwarten.

Herr Kollege Mitterlehner hat ja auch schon angedeutet, dass die Eigenkapitalquote der kleinen und mittleren Betriebe in Österreich verschwindend klein ist im Vergleich zu Spitzenländern in Europa, wo es offenbar wesentlich bessere Grundvoraussetzungen zum Überleben kleiner und mittlerer Betriebe gibt.

Warum diese Eigenkapitalquote so niedrig ist, das vergisst man zu sagen oder verschweigt man. Die kleinen und mittleren Betriebe sind heute nicht mehr in der Lage, Eigenkapital zu bilden, weil die steuerliche Belastung dermaßen hoch ist, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, die Eigenkapitalquote zu erhöhen. Und wenn wir in den nächsten Jahren an diesen Rahmenbedingungen nichts ändern, dann laufen wir wirklich Gefahr, zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft zu werden. Das heißt, es wird die Großindustrie geben, aber die kleinen und mittleren Betriebe werden auf längere Zeit gesehen eigentlich keine Überlebenschance haben.

Und was dieser Bericht auch verschweigt, ist, dass im Jahre 2006 bereits 60 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen, teilweise auch der Einzelpersonen-Unterneh­mungen, keinen Gewinn mehr geschrieben haben – da müssten ja die Alarmglocken läuten! –, und das zu einem Zeitpunkt, nämlich im Jahr 2006, in dem Hochkonjunktur geherrscht hat. Es war aber nicht allein der Erfolg der Regierung und der Regierungs­parteien, dass die Zahlen so gut sind, sondern die Grundvoraussetzung war, dass die Konjunktur weltweit angesprungen ist und eigentlich alle Länder, auch in Europa, die gleichen Rahmenbedingungen oder Grundvoraussetzungen vorgefunden haben.

Österreich hat sicher einiges daraus gemacht, es aber offensichtlich nicht optimal genützt. Das zeigen ja Spitzenländer in Europa wie Dänemark, wie Schweden, wie Finnland, wie die Niederlande und etliche andere mehr, die natürlich ein wesentlich höheres Wirtschaftswachstum daraus erzielen konnten und wo natürlich auch die Kaufkraft entsprechend besser war.

Wir haben in den letzten zwei Jahren, speziell diese Regierung, im Jahr 2007 und 2008, maßgeblich an den Rahmenbedingungen gedreht, und zwar nicht zum Guten, sondern zum Schlechten. Und wenn ich Sie daran erinnern darf: Ich habe hier vor zirka einem Jahr vor der Erhöhung der Mineralölsteuer gewarnt. Die Mineralölsteuer war mit ein Grund, warum die Inflationsrate so hoch ist. Es ist eine Teuerungswelle erfolgt, die unvergleichlich war. Wir liegen in der Zwischenzeit bei einer Inflationsrate von weit über 3 Prozent, und das trifft nicht nur den Endverbraucher, das trifft natürlich auch, was die Energiekosten anlangt, die kleinen und mittleren Betriebe, und das ist aufs Schärfste zu verurteilen!

Und wenn Sie schon mir nicht glauben, frage ich mich, warum Sie Ihren eigenen Experten nicht glauben. Es gibt Wirtschaftsexperten aus der ÖVP und aus SPÖ-nahen Kreisen, die die Regierung ganz klar auffordern, diese Erhöhung der Mineralölsteuer zurückzunehmen. Wissen Sie, dass Sie durch diese Erhöhung der Mineralölsteuer tausende Arbeitsplätze in der Transportwirtschaft gefährdet haben? Sie wissen, dass bereits ein Drittel aller Lkws, die in österreichischem Besitz sind, ausgeflaggt sind, und der österreichische Staat verliert pro ausgeflaggtem Lkw im Jahr 50 000 € an Ver­sicherungsbeiträgen, an Steuern und etlichem mehr.

Dass dadurch Arbeitsplätze in der Größenordnung von über 10 000 gefährdet sind, das sei hier nur am Rande erwähnt, aber das ist auch nicht gerade sinnvoll.

Die großen Reformen schieben Sie vor sich her. Sie tun nach wie vor nichts und verlassen sich darauf, dass die Konjunktur weltweit halbwegs in einem Rahmen blei-


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ben wird, wobei klar ist, dass sie sich bereits im heurigen Jahr und auch im nächsten Jahr nicht mehr auf diesem hohen Niveau befinden wird, wie sie im Jahr 2006 und im Jahr 2007 war.

Sie haben nach wie vor eine neue Staffelung der Einkommensteuer nicht in Angriff genommen. Hier gehen Sie von völlig falschen Ansätzen aus. Sie sagen immer: Wir brauchen 3 Milliarden €, um eine große Steuerreform zu finanzieren. – Wenn wir hier in diesem Hohen Haus warten müssen, bis Sie einen Überschuss von 3 Milliarden € zustande bringen, warten wir ewig! Das werde ich nicht mehr erleben, weil ich vorher in Pension gehe.

Sie gehen hier von falschen Ansätzen aus. Von 3 Milliarden € bei einer Steuersenkung oder bei einer großen Steuerreform zahlt sich vieles von selber: Sie stärken die Kaufkraft, Sie senken die Schwarzarbeit. Sie haben jetzt Einnahmen aus der Einkom­mensteuer und aus der Lohnsteuer in einer Größenordnung von über 20 Milliarden €. Ungefähr dieselbe Wertschöpfung an Wirtschaftskraft geht durch Schwarzarbeit an diesem Staat und am Finanzminister vorbei. Und wenn Sie es schaffen, dass kleine und mittlere Betriebe durch eine geringere steuerliche Belastung a) in der Lage sind, ihr Eigenkapital zu erhöhen, und b) in der Lage sind, wieder zu überleben, dann sind sie gar nicht daran interessiert, so viel wie möglich an der Steuer vorbeizuschleusen. Und wenn es uns nur gelingt, von diesen 22 Milliarden € an Schwarzarbeit ein Drittel offiziell in die Steuer zu bringen, werden Sie feststellen, dass sich die Hälfte dieser Steuerreform bereits von selber bezahlt hat!

Und das werfe ich Ihnen vor: Dass Sie sich überhaupt keine Gedanken machen, wie das Ganze in den Griff zu bekommen ist.

Wir haben die höchsten Lohnnebenkosten in Europa. Sie haben gesagt, Ihr Ziel ist es, die Lohnnebenkosten unter 40 Prozent zu drücken. Diese sind aber sogar gestiegen! Vom Jahr 2006 auf 2007 sind sie von 41,5 auf über 42 Prozent gestiegen. Das sind Rahmenbedingungen, die nicht geeignet sind, die Klein- und Mittelbetriebe in Zukunft zu unterstützen. Und wir kommen heute bei einem anderen Tagesordnungspunkt noch zu einem Thema, bei dem ganz klar der Beweis geliefert wird, dass Sie für kleine und mittlere Betriebe überhaupt nichts übrig haben. Sie interessieren sich nach wie vor für die Großindustrie, für die Großkonzerne, die international tätig sind, die auf nationale und speziell auf soziale Interessen des Staates überhaupt keine Rücksicht nehmen, die einzig und allein an Gewinnmaximierung interessiert sind, sich aber um Arbeitsplätze in Österreich überhaupt nicht kümmern.

Wir fordern von Ihnen eine neue Staffelung der Einkommensteuertarife, eine Senkung der Lohnnebenkosten, die Einführung eines finnischen Modells – das ist die Absetz­barkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen, die in Finnland beispielsweise auch dazu geführt hat, dass über 10 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden – sowie die Einführung einer Investitionsbegünstigung. Der Vorsteuerabzug für betrieblich genutzte Pkw ist ein Thema, das Sie zwar immer wieder in den Mund nehmen, aber nicht um­setzen.

Das, was Sie jetzt mit der neuen Steuerreform vorhaben, die Senkung des Arbeits­losen­versicherungsbeitrags, hilft den Unternehmern überhaupt nicht, das wissen Sie, weil es hier einzig und allein darum geht, den Betrag, den der Arbeitnehmer zahlt, zu reduzieren.

Was Sie auch vergessen haben: Es gibt viele Einzelpersonenunternehmen und auch kleine und mittlere Unternehmen, die auch kein höheres Einkommen haben als 1 350 € im Monat. Und auf die nehmen Sie überhaupt keine Rücksicht.


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Nachdem Sie ja zu großen Reformen überhaupt nicht bereit sind, fangen wir heute einmal mit einem kleineren Schritt an. Sie wissen, dass im Juni die Europameister­schaft ins Haus steht, und Sie wissen, dass diese ein wirtschaftlicher Erfolg werden soll. Sie wissen auch, dass viele Unternehmen bereit sind, ihre Kunden zu diesen Spielen, zu diesen Veranstaltungen einzuladen – Deutschland hat es im Jahr 2006 im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft vorgezeigt. Daher bringe ich hier – wenn Sie schon zu großen Schritten nicht bereit sind, fangen wir klein an – folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Gradauer und weiterer Abgeordneter betreffend Anerken­nung der Kosten für Eintrittskarten und Bewirtung für die Euro 2008 als Werbe­ausgabe

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die zur Folge hat, dass Kosten für Eintrittskarten und Bewirtung für die Euro 2008 bis zu einem Betrag von Euro 1.000,- pro Teilnehmer als Werbeausgabe anerkannt werden.“

*****

Hier könnten Sie wenigstens zeigen, dass Sie sich ein bisschen bewegen, wenn Sie sonst schon für kleine und mittlere Betriebe nichts übrig haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Auf diese Weise könnten Sie dazu beitragen, dass die Euro 2008 auch ein wirtschaftlicher Erfolg in unserem Land wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Gradauer und weiterer Abgeordneter betreffend Aner­kennung der Kosten für Eintrittskarten und Bewirtung für die Euro 2008 als Werbe­ausgabe

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht (III-120 d.B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirt­schaft 2006/07 (499 d.B.), in der 56. Sitzung des Nationalrates am 10. April 2008

Der Erwerb von Tickets für die EURO 2008 wird nicht als Werbeausgaben vom Finanz­amt anerkannt, obwohl gerade Fußball der Spitzenklasse ein geeignetes Instrument zur Business to Business-Kommunikation bedeutet.

Für die FPÖ ist klar, dass wir als Exporteuropameister unseren Kunden etwas bieten müssen. Eine einmalige Chance, wie die EURO 2008 muss dafür genutzt werden. Welche Bedeutung Fußball für die Wirtschaft und die damit verbundenen Arbeitsplätze hat, hat die WM 2006 in Deutschland gezeigt. Darum sollten wir es unseren Nachbarn gleich machen und Deutschland als Vorbild nehmen. Anstatt die Unternehmen mit Nichtabsetzbarkeit der Ausgaben für die EURO 2008 zu strafen, sollte man dem


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deutschen Modell folgen, welches Kosten für Ticket und Bewirtung bis zu einem Betrag von Euro 1.000,- pro Teilnehmer als Werbeausgabe anerkannte.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass nur Sponsoring abzugsfähig ist, während alle anderen Kosten, die für Unternehmen anfallen und die sie auch oft aus Grund der internationalen Wirtschaftsbeziehungen tätigen müssen, als betriebliche Ausgabe nicht anerkannt werden. Während die österreichische Bundesregierung, sowie die Politik auf Kosten der Steuerzahler dem Weltsportereignis Fußball frönen, verlangt man von der Wirtschaft, dass sie zwar Millionen ausgibt und diese aber steuerlich nicht geltend macht, obwohl der Nutznießer dieser Investitionen die gesamte Volkswirtschaft ist, die vom Engagement der Unternehmen in die EURO profitiert.

Viele Betriebe investieren in die EURO-Tickets nicht aus Jux und Tollerei oder weil sie fußballverrückt sind, sondern weil dies von ihren Kunden erwartet wird. Die FPÖ fordert den Finanzminister auf, es seinem Deutschen Kollegen gleichzumachen und der Wirtschaft dieselben steuerlichen Chancen einzuräumen, wie damals der deutschen Konkurrenz, die diese dann optimal für den Wirtschaftsaufschwung genutzt hat. Schließlich blickt die Welt nicht nur auf das touristische und sportliche Österreich, sondern auch auf den Wirtschaftstandort Österreich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die zur Folge hat, dass Kosten für Eintrittskarten und Bewirtung für die Euro 2008 bis zu einem Betrag von Euro 1.000,- pro Teilnehmer als Werbeausgabe anerkannt werden.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Bauer. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.32.28

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Damen und Herren! Ich weiß nicht, woraus mein Vorredner die Schlussfolgerungen ziehen kann, dass für diese Regierung, aber auch insgesamt die Klein- und Mittelbetriebe keine Bedeutung hätten, dass sie zu wenig Beachtung fänden. Ich kann das aus diesem Bericht nicht herauslesen, und ich glaube, dass dieser Bericht insgesamt positiv ist. Es wurden – und das wurde von verschiedenen Seiten auch anerkannt – sehr wohl einige Verbesserungen für Klein- und Mittelbetriebe durchgesetzt. Ich glaube, dass die Diskussion, ob Klein- oder Großbetriebe, ja eine künstliche ist, denn in Wirklichkeit braucht eine Wirtschaft beides, und nur im Gesamten sind wir stark.

Wenn ich mir zum Beispiel ansehe: Die Klein- und Mittelbetriebe haben in ihrem Erlös­anteil nur 7 Prozent Exportanteil. Das zeigt, dass diese Exporte in Wirklichkeit indirekte Exporte sind, und durch viele Zulieferbetriebe haben diese Exporte einen wichtigen Stellenwert im Gesamtergebnis.

Für die österreichische Wirtschaft sind daher von den Zahlen und von der Bedeutung her gerade jetzt, bei einem Einbruch der Konjunktur, die Klein- und Mittelbetriebe besonders wichtig, weil sie zum Beispiel beschäftigungspolitisch regional gesehen


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einen Stabilisierungseffekt bringen, da sich die Reaktionen der Klein- und Mittel­betriebe nicht so rasch wie die der Großbetriebe darstellen. Eine Tatsache, auf die man gerade heute verweisen kann, in Anbetracht der Bekanntgabe der neuen „World Outlook“-Zahlen, die auch für Österreich eine etwas pessimistischere Annahme beinhalten.

Ich glaube auch, dass, abgesehen von diesen Verbesserungen, doch auch darauf hinzuweisen ist, dass dieser Bericht leider zu wenig – und da würde ich mir eine Ergänzung wünschen – auf die Perspektiven eingeht, nämlich auf das, was für die Zukunft zu tun ist, etwa in der Frage der Nachfolgeproblematik. Rund 500 000 Beschäftigte sind in Betrieben, in denen in der nächsten Zeit eine Übergabe stattfinden soll. Das ist doch zu organisieren, denn 500 000 Beschäftigte in so einem Bereich haben eine ungemeine Bedeutung!

Zum Bereich Forschung und Entwicklung, zur Förderung der Forschung. – Hier müs­sen die Zugangsbeschränkungen etwas abgesenkt werden. Das ist äußerst bedeut­sam, weil gerade diese Betriebe einen entsprechenden Beitrag leisten können, der zwar jetzt nicht so darstellbar ist wie in Großbetrieben, aber umso wichtiger für die Gesamtwirtschaft ist.

Ich glaube auch, die Frage des öffentlichen Beschaffungswesens muss im Zuge dieser Debatte angesprochen werden oder auch die Frage Kreditvergabepolitik durch Basel II, da diese Begrenzungen zu einem großen Teil für die Klein- und Kleinstbetriebe besonders schmerzhaft sind.

Abschließend würde ich mir auch wünschen, dass die Klein- und Kleinstbetriebe auch eine Unterscheidung erfahren von den sogenannten EPUs, diesen Einzelper­sonen­unternehmen, die heute schon über 50 Prozent ausmachen und gegen 60 Prozent der Wirtschaft gehen, wo aber überhaupt kein Vermerk darüber erfolgt, wie es denen eigentlich geht, wie die sozial dastehen und welche Möglichkeiten sie haben, einen positiven Beitrag im Rahmen unserer Gesamtwirtschaft zu leisten.

Alles in allem ist dieser Bericht einer, der vieles darstellt, aber die Perspektiven doch in nicht ausreichendem Maße berücksichtigt. Auf die Perspektiven sollte das nächste Mal stärker eingegangen werden. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

10.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort gemeldet. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.36.32

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Genau wie bei einem gesunden Wald, wo es auch um das Vorhandensein einer gewissen Vielfalt geht, darum, dass es Laub- und Nadelbäume in einem ausreichenden Ausmaß gibt, ist es in der Wirtschaft. Man braucht einen gesunden Mix an Branchen, man braucht einen gesunden Mix an Unternehmen mit verschiedenen Größen. So, wie die Klein- und Mittelunternehmen eine wichtige Rolle spielen, spielen selbstverständlich die großen Industriebetriebe eine große Rolle, aber eine genauso wichtige und zentrale Rolle spielen zunehmend auch die Ein-Personen-Unternehmen. Und diese Ein-Personen-Unternehmen werden in diesem Bericht mit ganzen eineinhalb Seiten bedacht – eineinhalb Seiten von 133!

Meine Damen und Herren, ich denke, das wird in dieser Form in keinerlei Weise der Bedeutung dieses Sektors gerecht. Wir wissen, die Arbeitswelt und Firmenwelt ändert sich, und es werden zunehmend Ein-Personen-Unternehmen in der Wirtschaft ange-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 45

siedelt sein. Und daher muss man dem auch Rechnung tragen – im Bericht, aber besonders was die Maßnahmen angeht.

Diese Ein-Personen-Unternehmungen arbeiten mit einer sehr hohen Intensität, mit hoher Kreativität und Innovationskraft. Und diesen Leistungen, Herr Minister, soll man auch gerecht werden, indem man diese auch anerkennt und dafür sorgt, dass diese Unternehmungen steuerlich entlastet und besonders auch sozial abgesichert werden, und dass auch die Arbeitsrahmenbedingungen für diese Ein-Personen-Unterneh­mun­gen verbessert werden.

Einige wenige Beispiele möchte ich hier anführen. Es geht darum, auch eine steuer­begünstigte Rücklage für Einnahmen-Ausgaben-Rechner einzuführen. Es geht auch darum, eine einheitliche Arbeitslosenversicherung mit fairen Beiträgen zu schaffen, um eine permanente Sicherung zu erreichen. (Bundesminister Dr. Barten­stein: Die haben wir schon!) – Aber nicht in dem Ausmaß, wie es de facto notwendig ist auch in Bezug auf die Beitragsstruktur, Herr Minister. – Und es geht auch um ein steuerbegünstigtes Bildungssparen in einem verstärkten Ausmaß.

Viele Punkte also, Herr Minister, die zur Erledigung anstehen. Heute gab es ja die entsprechenden Bekundungen, einerseits vom Herrn Mitterlehner, auch in Vertretung der Wirtschaftskammer, andererseits vom Herrn Bauer, dem Vertreter der sozial­demokratischen Fraktion, dass man genau diesen Bereich stärken muss und hier endlich entsprechende Schritte zu setzen sind.

Daher bringen wir heute im Zuge dieser Debatte folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenecker, Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förde­rung von Ein-Personen-Unternehmen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, angesichts der Bedeu­tung der Ein-Personen-Unternehmen für die österreichische Wirtschaft

1. dem Parlament den demnächst zur Verfügung anstehenden Bericht des Bundes­ministeriums für Wirtschaft und Arbeit bezüglich „Ein-Personen-Unternehmen in Öster­reich“ zur parlamentarischen Behandlung zuzuleiten;

2. gemeinsam mit dem Bundesminister für Finanzen eine Arbeitsgruppe mit der Aufgabe einzurichten, dem Parlament bis 31.12.2008 einen Optionenbericht vorzu­legen, in dem die Möglichkeiten der Förderung von Ein-Personen-UnternehmerInnen im Rahmen der anstehenden Steuerreform analysiert werden und

3. sicherzustellen, dass die Gruppe der Ein-Personen-Unternehmen seitens des Bun­desministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Zukunft adäquate Berücksichtung in der Ausgestaltung der staatlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik findet.

*****

Summa summarum geht es darum, diese Ein-Personen-Unternehmungen in ihrer Arbeit und in ihrem Fortkommen zu unterstützen – auch in dem Sinn, dass sie eine zunehmende Gruppe werden und das Recht haben, hier entsprechendes Augenmerk zu bekommen und die entsprechende Wertschätzung auch im steuerlichen sowie im sozialen Kontext zu bekommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.40



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 46

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Herr Abgeordneter Schalle zu Wort gemeldet. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


10.40.54

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Bartenstein! Meine Damen und Herren! Der uns vorliegende Bericht über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen ist, da er sich in vielen Bereichen auf das Jahr 2006 und die Jahre davor bezieht, ein weiterer Beweis für die Erfolgsgeschichte der letzten Bundesregierung unter unserer Beteiligung von 2000 bis 2007. (Beifall beim BZÖ.)

So wurde bei der Steuerreform 2005 der Körperschaftssteuersatz von 34 Prozent auf 25 Prozent gesenkt, was zu einer steuerlichen Entlastung bei allen Unternehmungen geführt hat. Auch unsere Forderung von Seiten des BZÖ, dass Verluste für Ein­nahmen- und Ausgabenrechner drei Jahre vortragsfähig beziehungsweise abzugsfähig sind, hat man umgesetzt. Diese vorausschauende Steuerpolitik in der letzten Bun­desregierung hat also sowohl den kleinen und mittleren Unternehmungen wie auch dem Herrn Finanzminister Mehreinnahmen gebracht, und das trotz niedriger Steuern! (Abg. Riepl: Auf die Arbeitnehmer haben Sie aber dabei vergessen!)

Was mich besonders freut, ist die Tatsache, dass dieser Bericht eine Vielzahl an Konjunktur belebenden und sozialpolitischen Gesetzesbeschlüssen als positiv hervor­hebt. Hier darf nicht unerwähnt bleiben, dass gerade der Handel im Jahr 2007 einen Zuwachs von 1,7 Prozent erzielt hat und dass es mehr Neugründungen an Klein- und Mittelunternehmen gegeben hat. Auch sind die Insolvenzen von Unternehmungen rückläufig, liegen aber leider noch immer über dem langjährigen Durchschnitt.

Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, Herr Minister, eine Forderung von mir persönlich, etwas, was ich und das BZÖ lange gefordert haben, hat sich als voller Erfolg herausgestellt. Allein in den ersten drei Monaten wurde mehr umgesetzt, aber auch – für die Sozialisten ganz wichtig! – wesentlich mehr Beschäftigung gebracht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was vielleicht ganz verwunderlich ist: Die ewige Sorge, dass die Großunternehmen davon profitieren, hat sich nicht bewahrheitet. Es haben erstmals – und ich bin eigentlich richtig verwundert! – die Kleinunternehmen das voll genützt! (Beifall beim BZÖ.) Das ist eigentlich eine Schande für den BILLA! (Heiterkeit bei Bundesminister Dr. Bartenstein.)

Ein Wermutstropfen ist vielleicht noch die Situation der Trafikanten. Diese haben nach wie vor 66 Stunden Geschäftszeiten. Hier sollte man zumindest dort, wo es Konzen­tration an Bahnhöfen oder U-Bahn-Stationen gibt, wo es wirklich auch Ausnahme­regelungen bei den Lebensmittelhandlungen gegeben hat, eine Neuregelung einfüh­ren, dass diese länger offen haben sollen. Das wäre auch ein Wunsch der Konsumen­ten, die dort um sechs Uhr oder sieben Uhr oder auch um halb acht Uhr in der Früh vor verschlossenen Türen stehen. Ich glaube, da sollte man Abhilfe schaffen.

Aber auch die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die das BZÖ schon immer gefordert hat, wird Klein- und Mittelunternehmungen zugute kommen und einen reibungslosen Übergang bei der Führungsübernahme oder Nachfolge ermöglichen.

Die SPÖ hat in der Opposition immer gegen konstruktive Maßnahmen gestimmt. Herr Dr. Bauer, ich muss das vielleicht schon sagen: Bei der Steuerreform, der Pensions­reform oder zum Beispiel beim Sozialbetrugsgesetz, da waren Sie immer dagegen! Gott sei Dank sind Sie jetzt dafür. Das hat für KMUs, die mit unehrlichen Unternehmen im Wettbewerb stehen, einen wesentlichen Fortschritt gebracht. Oder auch das Sozialrechts-Änderungsgesetz, ebenfalls von der SPÖ abgelehnt, das einen erleich­terten Zugang zur so genannten Kleinunternehmensregelung des Gewerblichen Sozial-


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versicherungsgesetzes ermöglicht hat. Jetzt hat auch die SPÖ im Ministerrat zuge­stimmt – eigentlich eine sehr späte Einsicht.

Eine Frage habe ich schon noch, Herr Bundesminister. Herr Dr. Matznetter hat einen Pilotversuch gegen Mehrwertsteuerbetrug angekündigt, der in Österreich getestet werden sollte. Das so genannte Reverse-Charge-Modell sollte eigentlich schon im Frühjahr 2008 starten, ein Modell, bei dem durch den Wegfall des Vorsteuerabzugs eigentlich erst am Ende die Mehrwertsteuer bezahlt werden soll. Das soll allen Schein­unternehmen mehr oder weniger das Wasser abgraben. Was ist damit passiert?

Der Anteil der Schwarzarbeit ist in Österreich noch immer sehr hoch und beläuft sich auf über 20 Milliarden €. Damit die wichtige Rolle der Klein- und Mittelunternehmen aber weiterhin gewährleistet werden kann, bedarf es natürlich noch zahlreicher Maß­nahmen, nämlich Verbesserungen im Verwaltungsbereich. Verwaltungskosten sind gerade für kleine und mittlere Unternehmen besonders hoch. Hier hat auch der Herr Bundesminister – und es gibt auch eine EU-Vorgabe! – eine Kostenreduzierung zur Verringerung der Administration und Verwaltung um 25 Prozent angekündigt.

Der Zugang zu Fördereinrichtungen muss weiter verbessert werden, und es muss eine Aufklärung der KMUs erfolgen, wo genau es Förderungen gibt. In der Forschung kommen die Kleinunternehmen viel zu kurz. Sie tragen die Hauptlast, aber wenn es um Fördergelder geht, sind sie meistens benachteiligt. Sie bekommen praktisch nur 40 Prozent der Fördergelder. Hier ist die Bundeswirtschaftskammer gefordert. Es genügt nicht, die Kammern in den Verfassungsrang zu heben. Hier erwarten sich gerade die kleinen und mittleren Unternehmen eine Beratungs- und Serviceabteilung. Es ist ja eigentlich traurig, dass gerade die Klein- und Mittelunternehmen sich bei der Arbeiterkammer erkundigen müssen, welche Möglichkeiten sie letztendlich haben. Das ist schon ein Trauerspiel. (Beifall beim BZÖ.)

Letztendlich müsste auch das Bundesvergabegesetz KMUs noch stärker berück­sich­tigen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass bei den Ausschreibungen speziell die regionalen Unternehmen mehr berücksichtigt werden.

Großunternehmen machen eigentlich Milliardengewinne. Bedauerlich ist aber, dass vor zehn Jahren die Großunternehmen noch über 26 000 Lehrlinge ausgebildet haben, derzeit sind es nur 16 000, und das trotz des Facharbeitermangels, den sie permanent bejammern. Die KMUs tragen nach wie vor die Hauptlast, und es gibt noch immer 4 300 Lehrlinge ohne Lehrplatz, obwohl der Bundeskanzler zugesagt hat: Es wird keinen Lehrling ohne Lehrplatz geben.

Ein Anliegen sind mir auch noch die Mitarbeiter über 50 Jahre. Hier müsste auch das AMS aufgefordert werden, mehr für diese Gruppe zu tun.

Besonders wichtig ist mir die Schaffung von Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalquote. Da liegen wir europaweit an letzter Stelle. Da muss sich in nächster Zeit sicher irgendetwas ändern.

Eine Bitte und ein Ersuchen, Herr Bundesminister Dr. Bartenstein – das ist mir wirklich ein Anliegen! –, bezüglich des Ökostromgesetzes: Nicht nur den großen Energie­unter­nehmern die Mauer machen, sondern Alternativenergie wie Solar, Fotovoltaik, Klein­kraftwerke, Gebäudesanierung, Heizungsverbesserungen stärken! Gerade für Klein- und Mittelunternehmen ist das die große Chance. Bitte, helfen Sie dem zum Durchbruch!

Abschließend, Herr Bundesminister: Setzen Sie Ihr klares Ja zur Forderung nach einer steuerlichen Entlastung der mittelständischen Unternehmen endlich in die Tat um! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

10.49



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 48

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich stelle noch fest, dass der vorhin von der Frau Abgeordneten Lichtenecker eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend unter­stützt ist, entsprechend eingebracht wurde und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenecker, Kogler, Freundinnen und Freunde betreffend För­derung von Ein-Personen-Unternehmen (EPU)

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht (III-120 d.B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirt­schaft 2006/07 (499 d.B.)

Seit geraumer Zeit befindet sich die Arbeitswelt in einem rasanten Wandel. Die Gren­zen zwischen abhängiger Lohnarbeit und selbstständiger Erwerbsarbeit sind fließend, neue Erwerbsformen treten zunehmend an die Stelle klassischer Normalarbeits­verhältnisse und traditioneller UnternehmerInnenkarrieren. Immer öfter sind Berufs­biografien von einem mehrmaligen Wechsel zwischen Selbstständigkeit und Unselbst­ständigkeit oder auch einer gleichzeitigen Ausübung beider Rechtsformen (»Patch­working«) geprägt. Zwischen den beiden traditionellen sozialpartnerschaftlichen Lagern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist in den letzten Jahren ein immer größer wer­dendes Segment sogenannter »Ein-Personen-Unternehmen« (EPU) entstanden, die ohne MitarbeiterInnen und MitgesellschafterInnen tätig sind und deren wesentliches, oft einziges Kapital aus ihrer Kreativität, ihrer Flexibilität und Innovationsbereitschaft sowie aus ihrer persönlichen Arbeitskraft besteht (»Arbeitskraft-UnternehmerInnen«). Die Bedürfnisse dieser Menschen, die sich zwar als Selbstständige, jedoch nicht immer als klassische, hauptsächlich von betriebswirtschaftlichen Motiven geleitete Unterneh­merInnen empfinden, werden von der Bundesregierung nicht ausreichend wahrge­nommen. Auch Arbeiterkammer und Gewerkschaften fühlen sich für diese Gruppe nicht zuständig, da es sich um Selbstständige handelt. Und die Wirtschaftskammer öffnet sich nur zaghaft den Anliegen dieses immer größer werdenden Teils der Unter­nehmerInnenschaft.

Nach wie vor werden, wie am Beispiel des Berichts des Wirtschaftsministers zur „Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2006/07“ besonders deutlich sichtbar wird, Ein-Personen-Unternehmen nicht als eine der tragenden Säulen der österreichischen Wirtschaft, sondern vielmehr als „Noch-nicht-Unternehmen“ behandelt, denen geholfen werden muss, damit auch sie mög­lichst bald zu „richtigen Unternehmen“ werden. Obwohl bereits die Mehrheit der Mitglieder der Wirtschaftskammer Ein-Personen-UnternehmerInnen sind und viele von ihnen diese Unternehmensform bewusst gewählt haben, wird der Lebensentwurf dieser selbstständig Berufstätigen von ihrer Standesvertretung nicht adäquat anerkannt und ihr Interessen sowohl inhaltlich als auch institutionell nicht ausreichend vertreten.

Allein die Dynamik der Entwicklung zeigt den großen Handlungsbedarf. Der viel gerühmte „Gründungsboom“ der letzten Jahre hat praktisch zur Gänze im Bereich der nicht-protokollierten Einzelunternehmen stattgefunden. Während die Einzelfirmen zu Beginn der neunziger Jahre noch einen Neugründer-Anteil von etwa zwei Drittel hatten, ist dieser Anteil in der Zwischenzeit auf über 80 Prozent angestiegen. Der noch immer gebräuchliche Begriff der „kleinen und mittleren Unternehmen“ (KMU) ist vollkommen ungeeignet, diesen immer bedeutender werdenden Teil der österreichischen Wirtschaft


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zu beschreiben. Einerseits werden nach europäischer Definition annähernd 100 % Prozent der österreichischen Betriebe – 99,7 % – zu den KMUs gezählt, andererseits können mit den bisher in der KMU-Forschung gebräuchlichen Größenklassen (Kleinst­betrieb, Kleinbetrieb, Mittelbetrieb) die immer größer werdenden Segmente der „Mikro­betriebe“ (0 bis 3 MitarbeiterInnen) und der Ein-Personen-Unternehmen nicht differen­ziert dargestellt werden. Auch die spezifischen Bedürfnisse der nicht zur Buchführung verpflichteten „Einnahmen-Ausgaben-RechnerInnen liegen offenbar gänzlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Wirtschaftspolitik der Regierung. Jedenfalls war das KMU-Förderungsgesetz 2006 vollkommen unzureichend.

Generell sind statistische Daten über diese Unternehmensklassen sehr schlecht bis überhaupt nicht vorhanden. Forschungsaktivitäten im Segment der bisher als „Klein- bzw. Kleinstbetriebe“ klassifizierten Unternehmen müssen dringend verstärkt werden, um die wirtschaftliche Lage der Ein-Personen-Unternehmen und Mikrobetriebe in den einschlägigen Untersuchungen bzw. Statistiken genauer darstellen zu können. Ein zweiseitiger „Exkurs“ über Ein-Personen-Unternehmen am Ende des Mittelstands­berichts 2006/07 kann dieser Anforderung in keinster Weise gerecht werden!

Politik und berufliche Interessenvertretungen müssen die grundlegenden und großteils irreversiblen Veränderungen der Arbeitswelt zur Kenntnis nehmen und aktiv mit­gestalten. So notwendig es ist, allen Formen von Scheinselbstständigkeit entgegen­zu­treten bzw. zu verhindern, dass DienstnehmerInnen und Arbeitslose unfreiwillig in die Selbstständigkeit gedrängt werden, so notwendig ist es auch, für die überwiegende Mehrzahl der Ein-Personen-Unternehmen, die diese autonome Arbeitsform mit Selbst­bewusstsein und Optimismus gewählt haben, adäquate Rahmenbedingungen zu schaffen. Für die Grünen steht bei der Gestaltung dieser Rahmenbedingungen das Prinzip der Gleichberechtigung, Fairness und Wertschätzung im Vordergrund. Die Mehrzahl der Ein-Personen-Unternehmen befindet sich nicht in einem bedauerns­werten „Entwicklungsstadium“, aus dem sie so rasch wie möglich erlöst werden muss, vielmehr bilden sie ein neues, wachsendes und erfolgreiches Segment der öster­reichischen Wirtschaft. Ein-Personen-Unternehmen sind weder „klein“ noch „hilfsbe­dürftig“, sondern sie haben das Recht, dass ihr Mut, ihre Kreativität und ihre Leis­tungen, die sie im Wirtschaftsleben erbringen, von der Gesellschaft anerkannt und honoriert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, angesichts der Bedeu­tung der Ein-Personen-Unternehmen für die österreichische Wirtschaft

1. dem Parlament den demnächst zur Veröffentlichung anstehenden Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit bezüglich „Ein-Personen-Unternehmen in Österreich“ zur parlamentarischen Behandlung zuzuleiten;

2. gemeinsam mit dem Bundesminister für Finanzen eine Arbeitsgruppe mit der Aufgabe einzurichten, dem Parlament bis 31.12.2008 einen Optionenbericht vorzu­legen, in dem die Möglichkeiten der Förderung von Ein-Personen-UnternehmerInnen im Rahmen der anstehenden Steuerreform analysiert werden und


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3. sicherzustellen, dass die Gruppe der Ein-Personen-Unternehmen seitens des Bun­desministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Zukunft adäquate Berücksichtigung in der Ausgestaltung der staatlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik findet.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Bundesminister Dr. Barten­stein zu Wort. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


10.50.02

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Bezüglich des Mittel­standsberichtes, des KMU-Berichtes, gibt es ein hohes Maß an Konsens im Haus. Jedenfalls zeigen das die bisherigen Rednerbeiträge zu diesem Thema und zur Unter­stützung des Mittelstandes in Österreich.

Österreichs Mittelstand blickt positiv in die Zukunft. Mehrheitlich planen die Unterneh­mungen, sowohl ihre Investitionen als auch die Anzahl der Mitarbeiter aufzustocken – nach einer Studie von Ernst & Young, dieser renommierten Beratungsgesellschaft, publiziert gerade einmal vor einer Woche.

Frau Abgeordnete Lichtenecker hat schon ein wenig recht, wenn sie Österreichs Wirt­schaftslandschaft mit dem Wald vergleicht. Auch mir kommt das so vor. Heinrich Neisser hat einmal gesagt: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Dennoch wage ich ihn. Die KMUs scheinen mir da die Fichten zu sein: sehr schnell wachsend, eindeutig dominierend, ertragsstark und so wind- und wetterfest, dass sie auch in höheren Höhen wachsen können, wo die Laubbäume schon längst nicht mehr mitkönnen. Ein bisschen passt dieser Vergleich mit dem Wald schon, und den Mittelstand bilden die Fichten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die konkreten Zahlen: Über 300 000 KMUs, 1,3 Millionen Mitarbeiter, ein Gutteil der im gewerblichen Bereich beschäftigten Mitar­beiter ist in mittelständischen Unternehmungen tätig. Sie sind der Wachstumsmotor unserer Wirtschaft, das Rückgrat. Wachstum ist gewissermaßen Mittelstandssache.

Pro Jahr wurden zuletzt 30 000 Unternehmungen gegründet. Sehr oft sind das EPUs. Frau Abgeordnete Lichtenecker und auch andere Kollegen haben richtig gesagt, mehr als die Hälfte der Unternehmungen sind schon EPUs. Unser Augenmerk muss ihnen gelten. Gleichzeitig wissen wir aber auch: Diese fangen als EPUs an und wachsen dann sehr oft auch in größere Dimensionen.

Wachstum in Sachen Arbeitsplatz, Wachstum in Sachen Innovation kommt aus dem Mittelstand. Das hat zum Beispiel Professor Rürup, der deutsche Wirtschaftweise, der in Österreich zu Recht ein hohes Renommee genießt, vor ein paar Tagen wieder gesagt: Die Konjunktur flacht ab, die Hochkonjunktur ist wohl bis auf weiteres vorbei, aber der deutsche Arbeitsmarkt wird auch im Jahr 2008 einigermaßen gut laufen, wobei die Großen eher abbauen werden, aber der Mittelstand zulegen wird. – So wird es wohl auch in Österreich sein. Also, ein Dank dem Mittelstand, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Dank ist aber keine politische Kategorie, sagt man, und der Mittelstand hat sich zu Recht konkrete Politikmaßnahmen – Rahmenbedingungen, wie es so schön heißt– zu seinen Gunsten verdient. Da sind wir, wie ich glaube, recht gut unterwegs. Vieles ist erwähnt worden: Die Arbeitslosenversicherung für Selbständige haben wir gerade eingeführt, Frau Abgeordnete; das muss nicht erst eingemahnt werden!


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Bei den Lehrlingen, Herr Generaldirektor Schalle, schaut es so aus – in Österreich bleibt mir das, Sie wissen schon! (Heiterkeit beim BZÖ) –: Herr Abgeordneter, wir haben eine Lehrstellenlücke, und es kommt ja darauf an, wie das Verhältnis der Lehr­stellensuchenden zu den angebotenen Lehrstellen aussieht. Die Anzahl der Lehrstellen beträgt gerade einmal 667; das ist im Jahresabschnitt ein Minus von 40 Prozent. De facto sind wir dort ausgeglichen. Und in etlichen Bundesländern, in den wirtschaftlich etwas stärkeren, ist es so, dass dort schon mehr Lehrstellen offen sind, als junge Leute überhaupt Lehrstellen suchen.

Das Jugendbeschäftigungspaket, das demnächst ins Parlament kommen wird, wird dem in vielerlei Beziehung einen weiteren Antrieb geben. Ich glaube, dass wir diese Beschäftigungsgarantie, diese Ausbildungsgarantie für junge Menschen jetzt wirklich guten Gewissens erneuern können. Das war auch schon in der Vergangenheit so.

Zu einigen Politikfeldern, etwa zum Export: Es ist richtig – und Herr Abgeordneter Bauer hat das angemerkt –, rein von der Statistik sind die Mittelständler nicht Expor­teure. Ich denke aber zum Beispiel an das oberösterreichische Unternehmen FACC. Das exportiert an Polen, vor allem auch an Airbus – Sie wollen es nicht hören, aber im Regelfall auch anrechenbar auf Gegengeschäfte! –; diese exportieren. (Abg. Dr. Lich­ten­ecker: Schon! Freilich! Okay! Ein gutes oberösterreichisches Unternehmen!) Diese haben aber ihrerseits 60 oder 70 heimische Zulieferbetriebe, die aus Österreich irgendwoher an FACC – nach St. Martin im Innkreis, glaube ich – liefern. So gesehen sind sie indirekte Exporteure, aber in Wirklichkeit im internationalen Geschäft tätig.

Trotzdem braucht es weitere Maßnahmen der Internationalisierungsoffensive der Außenwirtschaftsorganisation, die der Träger der Exportförderung vor allem des Mittelstandes ist. Das funktioniert hervorragend. Wenn ich mit Delegationen ins Ausland gehe, dann ist immer der Mittelstand mit an Bord, dann sind diese auch sehr, sehr zufrieden mit der Unterstützung durch die Experten und Expertinnen der Außen­wirtschaftsorganisation unserer Wirtschaftkammer Österreich. Das notwendige Geld bekommen sie auch in verstärktem Ausmaß, zum Beispiel durch die Internationalisie­rungsoffensive.

Steuern sind mehrfach angesprochen worden. Steuern sind für uns alle wichtig, vor allem dann, wenn sie zu zahlen sind – und für mittelständische Unternehmungen allge­mein natürlich erst recht.

Es ist richtig, die jetzt in einigen Wochen auslaufende Erbschaftssteuer beseitigt natür­lich das Übergabeproblem für viele mittelständische und kleine Unternehmungen, wo die Nachfolger oft nicht gewusst haben: Können wir uns das leisten? Wollen wir uns das leisten? Wie geht denn das? – Hier ist der Entfall der Erbschaftssteuer natürlich für die Nachfolgefrage in vielen zigtausenden mittelständischen Unternehmungen in den nächsten Jahren eine große Erleichterung. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sogar die Gruppenbesteuerung ist eine mittel­standsfreundliche Maßnahme gewesen, obwohl nicht prima vista als solche klassifiziert und zu Ihrer (in Richtung SPÖ) Oppositionszeit noch heftig kritisiert, mittler­weile akzeptiert. Die Gruppenbesteuerung ist etwas, was vor allem dem Mittelstand zugute kommt. Die Großen, wie die VOEST und andere, konnten es sich über Organ­schaftsverträge immer schon richten, steuerlich einigermaßen neutral ihre Gewinne und Verluste international gleichzustellen, wenn erforderlich. Für die Mittelständler war das nicht so einfach. Ich sage, solche Maßnahmen haben einen mittelstandsfreund­lichen Aspekt.

Das KMU-Fördergesetz, das zumindest gewisse steuerliche Vorteile auch im Jahr 2006 für Mittelständler gebracht hat, möchte ich am Rande erwähnen. Aber – und jetzt komme ich zu den Zielvorstellungen –: Ich glaube, wir sollten in der Steuerreform für


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das Jahr 2010 stark Rücksicht nehmen, nicht nur allgemein auf den Mittelstand, son­dern endlich auch einmal das Ziel verwirklichen, das da lautet, eine rechtsformneutrale Besteuerung für Unternehmungen zu erreichen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.) Das heißt also, eine Unternehmung nicht zu zwingen, sich als Kapitalgesellschaft aufzustellen – wobei das nicht so schwierig und auch nicht so teuer ist, sich als Kapitalgesellschaft aufzustellen, vor allem wenn wir die „GmbH-light“ schaffen, und das sollten wir uns leisten können. Denn: Was die Deutschen mit deutlich niedrigerem Eigenkapitalerfordernis zustande bringen, das sollte bei uns auch möglich sein. Aber trotzdem, es muss ja nicht sein – eine rechtsformneutrale Besteuerung jedenfalls.

Ich meine, dass es nicht ganz nachvollziehbar ist und auch einer Korrektur bedarf, warum für Einkommensteuer zahlende kleine Unternehmen der Vorteil des 13. und 14. Monatsbezugs und seiner günstigeren Besteuerung weiter nicht zugänglich sein soll.

Ich denke, das sind zwei Schwerpunkte, die im wahrsten Sinne des Wortes wirklich mittelstandsfreundlich sind und die mit der Steuerreform des Jahres 2010 jedenfalls aus meiner Sicht umgesetzt werden sollten, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Auch bei den Bagatellsteuern – ich weiß, Kleinvieh macht auch Mist, sagt der Finanz­minister und meint damit Steuereinnahmen –, auch bei der Kreditvertragsgebühr ist das so: Die Großen können es sich richten, die Mittelständler zahlen Länge mal Breite. Wenn wir es daher schaffen, diese wegzubekommen, dann ist das vor allem eine mittelstandsfreundliche Maßnahme. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Zwei kurze Aspekte noch zum Schluss: Ich habe gesagt, die mittelständische Wirt­schaft ist auch der Innovationstreiber. Kollege Faymann und ich unterstützen diese Initiative über die Forschungsförderungsgesellschaft durch eine Maßnahme, die großen Anklang gefunden hat – kein Wunder, es gibt Geld, nämlich den Innovations­scheck –: Tausend Unternehmungen sollen und haben da schon von einem Inno­vationsscheck für kleine und mittelständische Unternehmungen in Höhe von 5 000 € profitiert, um recht unbürokratisch in das Innovationsfeld einzusteigen. Wir wollen da weitermachen.

Last but not least – und das ist jetzt etwas, was vor vier, fünf, sechs Jahren noch nicht so im Gespräch war –: Es geht bei mittelständischen Unternehmungen auch um die soziale Absicherung der mittelständischen Unternehmer und Unternehmerinnen. Hand aufs Herz: Wenn es schief geht, geht es denjenigen mindestens genauso schlecht wie einem Arbeit suchenden Arbeitnehmer – mindestens! –, denn ein neuer Job ist oft auch dank der exzellenten Konjunktur und des AMS schneller gefunden als ein neues Unternehmensfeld.

Da sind Maßnahmen wie die Arbeitslosenversicherung für Selbständige – ich weiß schon, das kostet Geld, sechs Prozent Beiträge –, wie ich denke, richtige Maßnahmen, die in Richtung einer besseren Absicherung gehen. Ebenso denke ich, dass die betriebliche Vorsorge als Abfertigung alt, Abfertigung neu, Mitarbeitervorsorge, die Ausdehnung und Ausweitung letztlich auf alle Erwerbstätigen in Österreich, auch auf die Unternehmer, auch auf die Mittelständler, die richtige Maßnahme zur richtigen Zeit war.

Noch einmal: Auch bei aller Bedeutung der Mittelständler für Wachstum, für Jobs, für Innovation sollten wir deren eigene soziale Absicherung in Zukunft etwas stärker im Auge haben als in der Vergangenheit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

10.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Zanger zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



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11.00.12

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Tatsächlich bietet der vorliegende Bericht Gelegenheit, sich mit den Anliegen der Kleinst- und mittleren Betriebe auseinanderzusetzen, wenn auch in sehr diversifizierter Form, aber das soll ja der Sinn des Ganzen sein.

Kleinunternehmen sind, wie schon mehrfach festgestellt, das Rückgrat der österreichi­schen Wirtschaft, der Nährboden für Geschäftsideen, aber sie sind auch eines: Sie sind sehr empfindlich, wenn Veränderungen passieren. Aufgrund der Größe ergibt sich das logischerweise. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Veränderungen bedeuten oft, das Kleinst- und kleine Betriebe Investitionen notwendig haben und zu tätigen haben, und da stoßen wir an eines der Problemfelder, und das ist die Finanzierungsfrage.

Nicht jedes Unternehmen hat, wie heute schon festgestellt wurde, die notwendigen Eigenmittel, um Finanzierungen von Investitionen selbst vornehmen zu können. Sie benö­tigen zumeist Fremdmittel, und das wieder zu einem hohen Grad von den Banken. In den letzten Jahren ist es dort zu einer Veränderung insofern gekommen, als die Risikoprüfung neuen Maßstäben unterzogen wurde, und zwar mittels des allge­mein bekannten Basel II. Die Kreditvergabe wurde da im Detail verfeinert. Das hat natürlich gerade für kleine und Kleinstbetriebe massive Auswirkungen, weil viele Banken da keinen Unterschied machen und diese Vergaberichtlinien sowohl auf kleine als auch auf große Unternehmen in gleicher Weise anwenden.

Durch die stärkere Betonung des Risikos im Kreditpreis kommt es zu größeren Unter­schieden, und auch da ergibt sich ein Nachteil für die Klein- und mittleren Betriebe. Die Banken fordern von den Unternehmen hohe Transparenz, Qualität und rechtzeitige Verfügbarkeit von Informationen; das bedeutet natürlich immer einen erhöhten Auf­wand, damit einhergehend erhöhte Kosten und damit wieder einhergehend die schiere Unmöglichkeit, die Eigenkapitalquote zu verbessern.

Weiters ist die Bestellung von Sicherheiten heutzutage ein notwendiges Mittel, um sich Kredite günstiger verschaffen zu können. Sicherheiten bedeutet, man muss Kapital, in welcher Form auch immer, als Rücklage haben – ob in gebundener Form, beispiels­weise in Form von Liegenschaften oder Gebäuden, oder in flüssiger Form. Da kommt es zu einem Problem, und zwar wieder in die Richtung, dass sich nur Unternehmen, die schon sehr solide dastehen, Kredite mit Sicherheiten leisten können.

Die Banken stellen aber an den Gesetzgeber auch die Forderung, durch eine adäquate Steuerpolitik für die Bildung von Eigenkapital im Unternehmen zu sorgen und diese zu unterstützen. In dieser Richtung gibt es einige Vorschläge seitens der freiheitlichen Frak­tion, sie wurden zum Teil auch schon angesprochen. Ich wiederhole sie: Die Wiedereinführung des Investitionsfreibetrages wäre eine entsprechende Maßnahme. Die Lohnnebenkostensenkung: Die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit beträgt in Österreich rund 17,5 Prozent des BIP und liegt somit um 4 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt. Hier könnte eine Absenkung der IESG- und AUVA-Beiträge zu einer Entlastung führen. Auch im Bereich der betrieblich genutzten Fahrzeuge sollte die Vorsteuerabzugsfähigkeit nicht nur auf Fiskal-Pkws beschränkt werden.

Nächstes Beispiel: Bagatellsteuern. – Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, wenn wir es schaffen würden, diese wegzubekommen, wäre das eine Entlastung für den Mittelstand. Es liegt ja nicht am „schaffen würden“, sondern am Wollen. Tun wir es einfach! Weg damit! Weg mit den Kreditgebühren, den Bestandsgebühren und sons­tigen Bagatellsteuern!


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 54

Nun komme ich zum finnischen Modell. In Finnland sind bestimmte haushaltsnahe Dienstleistungen von der Steuer absetzbar. Die Administrationskosten sind äußerst gering.

In diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Gradauer, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die zu einer Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und zur Erhö­hung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes führt.“

*****

Lassen Sie mich noch auf ein weiteres Thema zu sprechen kommen, und zwar die Bundesbeschaffungsgesellschaft. Heimische Unternehmer und der Handel klagen darüber, dass sie von den öffentlichen Stellen, seien es Schulen, seien es Kranken­häuser et cetera, kaum mehr beziehungsweise überhaupt nicht mehr mit Aufträgen versorgt werden, dass Großaufträge hauptsächlich aus dem Ausland importiert werden und sie somit einen entsprechenden Nachteil im österreichischen Wirtschaftsleben haben.

Ich habe mir die BBG angeschaut. Auf der Internetseite ist das Unternehmen be­schrieben, und da wird zum Beispiel geschildert: Warum wird eingekauft? Wie wird eingekauft? Was wird eingekauft? Für wen wird eingekauft? Wer kauft ein? Aber es steht nirgends, bei wem und wo eingekauft wird.

Ich bin der Meinung, dass hier unsere heimischen Unternehmer mit am Kuchen betei­ligt werden müssen, und wir werden daher einen Antrag diesbezüglich vorbereiten.

Am Schluss meiner Rede, Herr Bundesminister, noch eine kleine Anekdote am Rande, die Ihre Staatssekretärin auf meinen Antrag im Ausschuss auf Forcierung der Gegen­geschäfte für die Region Aichfeld-Murboden von sich gegeben hat. So hat sie mir erklärt, dass diese kleine Region ohnehin ein großes Volumen von 12 Millionen € an Gegengeschäften erhalten hätte. Auch Ihre Anfragebeantwortung enthält dieselbe Summe. 12 Millionen € sind gemessen am Gesamtvolumen von 4 Milliarden 0,3 Pro­zent. Wenn sich diese Region damit zufrieden geben soll und das quasi ohnehin sehr viel für diese Region ist, dann komme ich nicht umhin, das zu kommentieren. Meiner Meinung ist das blanker Hohn.

Herr Bundesminister, ich ersuche Sie, in Zukunft wirklich ein bisschen auf diese Region zu schauen. Ich werde auch mit meinen Kollegen, und zwar von Ihrer als auch von der sozialdemokratischen Fraktion, überlegen, ob wir hier nicht wirklich vernünftige Schritte setzen können, um den Menschen nicht nur Belastungen in Form der Flieger aufzuerlegen, sondern auch Chancen zu eröffnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Zanger einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Ver­handlung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Gradauer, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht (III-120 d.B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2006/07 (499 d.B.), in der 56. Sitzung des Nationalrates am 10. April 2008

Kleine Unternehmen sind das Rückgrat der europäischen und vor allem der öster­reichischen Wirtschaft. Sie sind Hauptträger der Beschäftigung und Nährboden für Geschäftsideen. Die Belange der kleinen und mittleren Unternehmungen müssen dringend – ganz oben – auf die Liste der politischen Prioritäten gesetzt werden. Kleine Unternehmen reagieren am empfindlichsten auf Veränderungen des Umfeldes, in dem sie tätig sind. Sie werden als Erste in Mitleidenschaft gezogen, wenn Unternehmen über Gebühr mit Bürokratie und Abgaben belastet werden. Und sie beginnen als Erste zu florieren, wenn die Bürokratie zurückgestutzt und Leistung belohnt wird.

Kleine Unternehmen sind als die Haupttriebfeder für Innovation, Beschäftigung sowie die soziale und lokale Integration in Österreich und Europa anzusehen. Deshalb müssen für Kleinunternehmen die bestmöglichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Eine Zukunft, die nachhaltig und sicher ist, braucht starke und innovative Leistungsträger. Die Freiheit und der Wohlstand jedes Einzelnen wird durch eine kraftvolle Wirtschaft garantiert.

Die FPÖ fordert daher für die Bereiche „Verwaltung und Bürokratie“ sowie „Steuern und Abgaben“ die Umsetzung weiterer Maßnahmen um jene Punkte, wie oben erwähnt, bestmöglich zu erreichen:

Verwaltung und Bürokratie

Eine zentrale Aufgabe des stattgefundenen Österreich-Konvents war es, die Strukturen für einen modernen und leistungsfähigen Bundesstaat festzulegen. Entscheidend ist dabei, dass überlappende Schnittstellen und Doppelgleisigkeiten zwischen den Ge­bietskörperschaften beseitigt werden. Die neue Verfassung sollte Grundlage für eine umfassende Verwaltungsreform sein, welche die gemeinsamen Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden, aber auch insbesondere der Steuerzahler und der Wirtschaft vereint.

Die Kosten der Unternehmer aufgrund staatlicher Informationsverpflichtungen belaufen sich mittlerweile auf über 8 Mrd. Euro jährlich. Dieser tägliche Bürokratiewahn verur­sacht beispielsweise bei Kleinbetrieben (bis 10 Mitarbeitern) Kosten von 3 750 Euro pro Mitarbeiter und Jahr. Bürokratie kostet Geld, verhindert Investitionen, fördert Schwarzarbeit und kostet bereits in jedem dritten Betrieb auch neue Jobs, da laut aktuellen Umfragen 38 Prozent der Kleinunternehmer mehr Personal einstellen würden, wenn die Bürokratieschraube gelockert wird.

Für den Abbau von Bürokratie gibt es unzählige Beispiele. Einige seien hier erwähnt: Streichung der Veröffentlichungsverpflichtung in der Wiener Zeitung, Abbau der Statistikflut (Eurostat, Interstat), Verfahrensvereinfachungen z.B. Abgabenverfahrens­recht, Vereinfachung durch Vereinheitlichung des Lohnbegriffes und damit einher­gehend der Lohnverrechnung, stärkere Vernetzung der Behörden, usw.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 56

Neben einer Staats- und Verfassungsreform, die eine effiziente Verwaltung schaffen soll sind auch noch in anderen Rechtsmaterien (Anlagenrecht, Bau- und Raum­ordnung, Gewerbeordnung, usw.) Erneuerungen und Vereinfachungen bzw. Ver­ein­heitlichungen herbeizuführen. Des Weiteren sind auch Eigenregieleistungen des Staates (z.B. Abfallverbände, Straßenmeistereien, Bauhöfe, Gärtnereien) – insbeson­dere der Kommunen – abzubauen bzw. gänzlich zu privatisieren.

Durch eine effektive Verwaltungsvereinfachung, die einen merklichen Bürokratieabbau mit sich bringt, könnten unsere heimischen Wirtschaftstreibenden massiv entlastet werden, ohne dabei an der Steuerschraube zu drehen.

Vereinfachungen der Lohnverrechnung: Allein die Tatsache, dass die Lohnsteuer­richt­linien als "Auslegungsbehelf" zum Einkommensteuergesetz rd. 1.300 Punkte umfasst, ist unzumutbar und untragbar. Die Straffung der rechtlichen Bestimmungen ist daher unumgänglich. Langfristiges Ziel sollte sein, dass jeder Arbeitnehmer selbst seine Veranlagung beim Finanzamt durchführt und der Arbeitgeber von der Lohn­berechnung entlastet wird.

Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen: Im Steuer- und Sozialversicherungs­recht sowie bei den Gemeindeabgaben müssen Vereinheitlichungen stattfinden. Eine Reduktion der über 100 Bemessungsgrundlagen auf möglichst wenige ist anzustreben.

Steuern und Abgaben

Wiedereinführung des Investitionsfreibetrages (IFB): Eine schnelllebige Zeit erfordert auch eine ständige Anpassung der Unternehmensstruktur, um wettbewerbsfähig zu sein bzw. zu bleiben. Investitionen in neue Technologien und Maschinenparks sind unumgänglich. Der IFB ist hier eine wesentliche Stütze für die Wirtschaftstreibenden.

Lohnnebenkostensenkung: Die hohe Abgabenbelastung des Faktors Arbeit stellt ein Hemmnis für die Beschäftigung dar und führt zu einem Ausweichen in Schwarzarbeit, geringfügige Beschäftigung und Schein-Selbständigkeit. Die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit (ohne Einkommenssteuer) beträgt in Österreich rd. 17,5 % des BIP und liegt somit um 4 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt. Gemessen an der Lohn- und Gehaltssumme beträgt die Abgabenbelastung 42 %, um 9 Prozentpunkte höher als in der EU. Zur Entlastung könnten IESG- und AUVA-Beitrag gesenkt werden.

Änderung der Abschreibungszeiten: Abschreibungen für schnelllebige Wirtschaftsgüter (PKW, EDV-Anlagen,) müssen an die reale Nutzungsdauer angepasst werden.

Betrieblich genutzte Fahrzeuge: Im Bereich der betrieblich genutzten Fahrzeuge sollte die Vorsteuerabzugsfähigkeit nicht nur auf die Fiskal-PKWs beschränkt werden.

Bagatellsteuern: Nur dort wo der Staat eine Leistung erbringt, sollen Steuern und Abgaben eingehoben werden – Äquivalenzprinzip! Daher sind Kreditgebühren, Be­standsgebühren (Miet- u. Versicherungsvertrag), Gesellschaftssteuer, Feuerschutz­steuer, Bodenwertabgabe und Werbesteuer ersatzlos zu streichen.

Betriebsnachfolge: Um Österreichs Arbeitgeber Nummer 1 – die Klein- und Mittel­betriebe – zu erhalten, sind bei der Betriebsnachfolge tiefgreifende Reformen not­wendig. Unter dem Gesichtspunkt, dass in den nächsten 10 Jahren mehr als 52.000 Betriebe übergeben werden – die über 440.000 Arbeitsplätze sichern – müssen Maßnahmen gesetzt werden.

Finnisches Modell: In Finnland sind Ausgaben für bestimmte haushaltsnahe Dienst­leistungen von der Steuer absetzbar – und somit deutlich günstiger. Dadurch ent­standen rd. 8.000 neue permanente Arbeitsplätze zu marktgerechten Bedingungen.


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Modell: 60 % des für Haushaltshilfen und haushaltsnahen Dienstleistungen (z.B. Gartenarbeiten, Reparaturen am Haus - Handwerksarbeiten, usw.) gezahlten Lohns, kann von der Steuer abgesetzt werden. Die Steuerabsetzbarkeit ist mit einer weiteren Obergrenze von 2.300 Euro pro Jahr gedeckelt. Die 2.300 Euro Steuerabsetzbarkeit gilt pro Person und nicht pro Haushalt! Durch die Einfachheit des Modells sind die Administrationskosten äußerst gering.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die zu einer Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und zur Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes führt.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steindl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.07.25

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Vorweg herzlichen Dank, Herr Bundesminister, für das überzeugende Bekenntnis zur klein- und mittelständischen Wirtschaft. Wir können es sehr, sehr gut gebrauchen. Es ist in der Vergangenheit eine ganze Menge für die klein- und mittelständische Wirtschaft in Österreich geschehen, ob das die steuerlichen Entlastungen, die Altersvorsorgen und vieles andere mehr ist, was man seit dem Jahr 2000 an Maßnahmen gesetzt hat. Daraus leitet sich ein doch positiver Mittelstandsbericht 2006/2007 ab.

Insgesamt haben wir sogar noch Produktivitätszuwächse zu verzeichnen, und zwar von zirka 1,5 Prozent, also auf sehr hohem Niveau, muss man sagen. Auch die Zunahme an Unternehmungen ist sehr positiv. Erfreulicherweise gibt es eine Abnahme bei der Insolvenzquote im gleichen Zeitraum.

Ich möchte auf die Bedeutung der klein- mittelständischen Wirtschaft noch mehr ein­gehen. So sind zirka 99 Prozent der europäischen Betriebe KMUs. In Österreich beispielsweise werden 72 Prozent der Arbeitnehmer in KMUs beschäftigt. Daraus erkennt man schon, wie wichtig die klein- und mittelständische Wirtschaft insgesamt für die Volkswirtschaft ist. Und es ist natürlich auch wichtig, dass man darüber einen periodischen Bericht hat und dass man den auch im Parlament entsprechend erörtern kann.

Was die Ertragskraft der Unternehmungen und vor allem auch die Eigenkapitalquote anlangt, haben wir aufzuholen. Da sind andere Länder, wie von meinen Vorred­nerinnen und Vorrednern schon ausgeführt, besser als wir. Ich habe heute vernom­men, dass eine rechtsformneutrale Besteuerung da einen guten Dienst leisten könnte.

Als Spartenobmann für Handwerk und Gewerbe habe ich daran größtes Interesse und auch einige Wünsche, die ich an dieser Stelle anbringen darf. Die Lohnnebenkosten, die man heute auch schon angesprochen hat, resultieren überwiegend daraus, dass wir in Österreich doch eine sehr, sehr hohe Sozialquote haben mit zirka 34 Prozent des BIP beziehungsweise mit einer Belastung von 83 Milliarden €, welche letztlich zu drei


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Vierteln durch die Lohnnebenkosten, die die Unternehmer zu zahlen haben, aufzubrin­gen sind.

Da sollte man auch an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger appel­lieren. Es kann nicht alles an Kosten und Sozialleistungen der Staat übernehmen, denn letztlich muss es der Unternehmer in den Lohnnebenkosten berappen, was dazu führt, dass die Dienstleistungen, aber auch die Sachgüterproduktion entsprechend teurer werden. Und darin sehe ich eigentlich die größten Probleme. Es können sich nämlich schon vielfach die Konsumenten verschiedene Dienstleistungen wegen der zu hohen Preise nicht mehr leisten, denn alles – und das möchte ich noch einmal betonen –, was an Sozialleistungen gefordert wird, muss letztlich der Bürger oder die Bürgerin über Produkte oder Dienstleistungen bezahlen.

Ein wichtiger Punkt ist der Zugang zur F & E; auch das ist heute schon angesprochen worden. Da ist es nicht ganz befriedigend, dass 3 Prozent der Antragsteller 95 Prozent der Fördersumme erhalten. Auch da sollte man daran arbeiten, dass das besser vonstatten geht. Das gilt auch für die Auftragsvergabe im öffentlichen Bereich. Da sollten auch unter Berücksichtigung der klein- und mittelständischen Wirtschaft, also KMU-gerecht, die Ausschreibungen vorgenommen werden.

Abschließend möchte ich sagen: Die KMUs sind das Rückgrat der Wirtschaft. Deshalb haben wir alles zu tun, um für diese die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.11


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gradauer zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.11.48

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bürokratie ist sehr schwierig für die kleinen und mittleren Unternehmungen zu meistern. Die Kosten und die staatlichen Hürden, die einem Unternehmer bei der Gründung und Führung, aber auch bei der Schließung des Unternehmens im Wege stehen, sind enorm. Das sagt auch eine Studie der Weltbank.

Österreich liegt, was die Bürokratiekosten betrifft, an 30. Stelle. 13 europäische Staaten liegen vor uns. In Österreich braucht zum Beispiel ein mittleres Unternehmen 272 Stunden, um die bürokratischen Hürden zu meistern, wie beispielsweise die Steuern zu berechnen, die es zu bezahlen hat, und alle Unterlagen vorzubereiten. In Irland dagegen sind es nur 76 Stunden, in Norwegen 87 Stunden, in Großbritannien 106 Stunden, in Schweden 122 Stunden, und so weiter. Hier gibt es also sehr viel zu tun.

Die Bürokratiekosten machen in Österreich 4,6 Prozent des BIP aus. Der EU-Durch­schnitt beträgt 3,5 Prozent des BIP, somit liegen wir fast um 1 Prozentpunkt höher, als der EU-Durchschnitt ausmacht, oder, anders berechnet, um 31 Prozent schlechter.

Wie wichtig der Abbau der Verwaltungs- und Bürokratiekosten ist, bestätigt auch eine EU-Untersuchung. Nach Schätzungen des niederländischen Büros für wirtschaftlich­politische Analysen ist es in Europa ohne Weiteres möglich, 25 Prozent der Büro­kratiekosten einzusparen. Das hat die Bundesregierung in ihrer Zielsetzung auch über­nommen. Aber das ginge noch weiter: Aufgrund der internationalen Beispiele könnten 50 Prozent der Bürokratiekosten eingespart werden. Das würde in Österreich, würden wir nur 25 Prozent der Kosten einsparen, eine BIP-Steigerung um 1,8 Prozent oder 4,6 Milliarden € an Gewinn bedeuten.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 59

Ich werde heute einen Entschließungsantrag in Richtung Verbesserung dieser Situ­ation einbringen. Ich möchte aber davor ein bisschen in die Praxis schauen und Beispiele dafür bringen, warum die Bürokratie in Österreich so ausgeprägt ist.

Erstes Beispiel: Der Erlass des Bundesministeriums für Finanzen zur Reisekosten­novelle 2007 beträgt 20 Seiten. Das ist nur ein Auslegungsbehelf für die Reisekosten.

Oder: die Steuerrichtlinien für die Lohnsteuer. Der Auslegungsbehelf dazu beträgt 659 Seiten und enthält 1 407 Punkte.

Oder: die Einkommensteuerrichtlinien. Der Auslegungsbehelf dazu beträgt 1 720 Sei­ten und enthält 8 318 Punkte.

Oder: Die Körperschaftsteuerrichtlinien umfassen 575 Seiten. (Abg. Dr. Graf: Unglaub­lich!) – Unglaublich! Ganz richtig.

Es wundert deshalb nicht, dass der „Kurier“ vom 4. Jänner 2008 Folgendes ge­schrieben hat – ich zitiere –:

„4,3 Milliarden Euro kostet das Ausfüllen der Steuerformulare die österreichischen Unternehmen jährlich. Das sind immerhin 1,6 Prozent der gesamten Wirtschafts­leistung des Landes. Die Regierung hat daher beschlossen, durch Verwaltungsver­einfachung diese Kosten um ein Viertel zu senken – so weit die Theorie.“

Das wäre alles positiv. In der Praxis bemerkt man aber leider davon wenig oder nichts. Ganz im Gegenteil! So sagt der bekannte Präsident der Kammer der Wirtschafts­treuhänder Klaus Hübner zu diesem Thema Folgendes:

„Die neuen Einkommensteuerformulare sind noch umfangreicher und komplizierter“ als bisher. „Die Ausfüllanleitung“ für das neue Formular „umfasst 27 Seiten“. (Rufe bei der FPÖ: Unglaublich!) – Unglaublich!

Und als Draufgabe gibt es die Barbewegungsverordnung für die Gastronomie, die zum Beispiel Schihütten in eine unzumutbare Kosten- und Aufwandsschere bringen. (Rufe bei der SPÖ: Unglaublich!) – Unglaublich! Ja.

Ich möchte nun den von mir angekündigten Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Gradauer, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Entwicklung eines Masterplanes zum Bürokratieabbau

Die unterfertigen Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Masterplan zum Büro­kratieabbau nach niederländischem Vorbild, in dem das Ziel der Reduktion der Verwaltungskosten für Betriebe um 50 Prozent festgeschrieben wird, vorzulegen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Gradauer ein­gebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 60

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Gradauer, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Entwicklung eines Masterplanes zum Bürokratieabbau

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht (III-120 d.B.) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2006/07 (499 d.B.), in der 56. Sitzung des Nationalrates am 10. April 2008

Die Bundesregierung hat sich am 1. März des letzten Jahres auf das Doppelbudget 2007/2008 geeinigt, in dem als Einsparungspotential durch Nicht-Nachbesetzung von Pensionierungen 90 Mio. Euro eingespart werden. Die Hoffnungen, dass es im Verwaltungsbereich zu grundlegenden Einsparungen kommen wird, wurden mit dem im letzten Jahr verabschiedeten Doppelbudget zerstreut. Es ist auch zu keinen Einsparungen an Gesetzesauflagen für Unternehmer durch die Bundesregierung gekommen.

Laut Regierungsprogramm soll eine Einsparung von 25 % der Verwaltungskosten für Unternehmer im Jahr 2010 erzielt werden.

Aus Sicht der FPÖ ist dies eine gute Entwicklung, doch ist das Ziel mit 25 % sehr tief gesteckt.

Wie wichtig ein Zurückdrängen der Bürokratie ist, zeigt ein EU-Bericht. Nach Schät­zungen des niederländischen Büros für wirtschaftspolitische Analysen würde eine Reduzierung der Verwaltungslasten um 25 % das BIP in der EU um 1,6 % erhöhen, die EU rechnet mit 1,5 %. In Zahlen: Das BIP der EU würde um 150 Milliarden Euro steigen.

In Österreich würde eine BIP-Steigerung um 1,8 % erzielt werden. In Zahlen: Das BIP in Österreich würde um 4,6 Milliarden Euro steigen, wenn der Verwaltungsaufwand um 25 % verringert wird.

Die Verwaltungskosten in Österreich sind mit 4,6 % des BIPs zu beziffern. Hier nehmen wir bei den 20 aufgelisteten Ländern Platz 13 ein, gemeinsam mit 4 anderen Ländern (Spanien, Italien, Portugal und Slowakei). Nur wenige Staaten sind hinter uns.

Der EU-25 Durchschnitt ist mit 3,5 % beziffert worden. Auch hier liegt Österreich um fast 1 Prozentpunkt höher, oder anders berechnet um 31,4 Prozent darüber. Vorne sind Finnland, England und Schweden mit jeweils 1,5 %.

Daher muss es Ziel sein, die Verwaltungskosten nicht nur auf den EU-Schnitt um 25 % zu senken, sondern auf 2,3 % des BIP zu halbieren. Viele Länder zeigen, dass dies durchaus möglich ist, 5 Länder sind schon jetzt laut dieser Studie unter diesem Wert.

Die FPÖ setzt sich dafür ein, dass im Masterplan zum Bürokratieabbau, nach nieder­ländischem Vorbild, das Ziel der Reduktion der Verwaltungskosten um 50 % fest­geschrieben wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat möge beschließen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 61

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Masterplan zum Büro­kratieabbau nach niederländischem Vorbild, in dem das Ziel der Reduktion der Ver­waltungskosten für Betriebe um 50 % festgeschrieben wird, vorzulegen."

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zach. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.17.49

Abgeordneter Alexander Zach (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn man sich den vorliegenden Bericht einge­hend durchliest, kann man nur sagen: Dieser bestätigt einmal mehr, dass wir es mit einer radikalen Änderung unserer Arbeitswelt zu tun haben. Es gibt eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts in Deutschland, die besagt, dass wir in 50 Jahren ungefähr einen Anteil von 20 Prozent Selbständigen der verschiedensten Art haben werden. Das heißt, es lösen sich die Selbständigen- und die Unselbständigenbereiche völlig auf. Der Unterschied zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber – das ist sozu­sagen die Conclusio dieser Studie – wird sich auflösen.

Herr Kollege Mitterlehner – er ist jetzt leider nicht mehr im Saal – hat den vorliegenden Bericht als „Feiertag“ für die klein- und mittelständischen Betriebe bezeichnet. – Für mich ist das kein Feiertag, ich weiß auch nicht, ob das die Klein- und Mittelunter­nehmer so sehen. Herr Mitterlehner ist wahrscheinlich schon feiern gegangen. Ich glaube, die Latte ist von Ihrer Seite hier ein bisschen zu niedrig gelegt worden, und ich gebe Ihnen heute daher die Chance, mit mir gemeinsam einen Antrag einzubringen, damit wir wirklich etwas für die Selbständigen tun. Stichwort: Entlastungspaket.

Sie haben eine Entlastung für die Unselbständigen konzipiert: 1 350 € monatliches Ein­kommen. Dass 60 Prozent aller Selbständigen unter dieser Höhe liegen, das wurde völlig negiert. Anscheinend haben Sie – Herr Minister, das ist auch ein Vorwurf an Sie – nur die Angestelltenbrille aufgehabt, als Sie dieses Entlastungspaket geschnürt haben.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein, und Sie haben heute die Möglichkeit, ihn auch zu unterstützen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alexander Zach, Kollegen und Kolleginnen betreffend Entlastungs­paket für Selbständige

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, Maßnahmen zur Entlastung auch jener 60 Prozent aller Selbständigen zu setzen, die jährlich weniger als 18 900 € Gewinn erzielen (,KleinverdienerInnen‘).“

*****

Das sind die sogenannten KleinverdienerInnen unter den Selbständigen. (Abg. Scheibner: Kann man diesen Antrag haben?)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 62

Das wäre eine Maßnahme, die per 1. Juli gesetzt werden könnte. Sie würde ungefähr 200 Millionen € kosten. Das wäre dann wirklich ein Feiertag für die Selbständigen in unserem Land.

Aber wir müssen noch weitergehende Maßnahmen setzen. So ist zum Beispiel auch ein Maßnahmenpaket in Hinblick auf die Steuerreform notwendig.

Wir müssen Maßnahmen setzen, wie zum Beispiel die Sechstelbegünstigung – wurde heute schon von der ÖVP erwähnt –, wie zum Beispiel, dass geringwertige Wirt­schaftsgüter auch schon bis 1 000 € abgesetzt werden können. Weitere Maßnahmen wären: 25 Prozent Steuer auch für die Ein-Personen-Gesellschaften, abseits der GmbHs, der Kapitalgesellschaften; Breitbandinternetzugang für alle und vor allem auch, um das Problem der Kapitalfrage am Beginn zu klären, eine Starthilfe für Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer in der Höhe von 5 000 €, denn gerade am Anfang – wir wissen das – braucht es das Geld. Ich habe hiefür auch noch einen eigenen Antrag vorbereitet.

Ich gebe Ihnen die Gelegenheit, vor allem auch den Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ, hier mitzugehen. Tun wir etwas gemeinsam, machen wir etwas, und dann kön­nen wir den heutigen Tag zu einem wirklichen Feiertag für die Selbständigen machen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Zach gestellte Entschließungsantrag ist nicht ausreichend unterstützt; er trägt nur eine Unterschrift. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich werde deshalb nach der Geschäftsordnung jetzt die Unterstützungsfrage stellen.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die diesen Antrag unterstützen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Dr. Graf: Aus demokratiepolitischen Überlegungen verhelfen wir diesem Antrag zur Einbringung!) – Durch die zusätzliche Unterstützung ist der Antrag als genügend unterstützt anzusehen und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alexander Zach, Kollegen und Kolleginnen betreffend Entlastungs­paket für Selbständige

Im März 2008 verabschiedete die Regierung ein Entlastungspaket für unselbständige Erwerbstätige bis zu einem monatlichen Einkommen von € 1.350,00 (x14 = € 18.900,00). Dieses sah den Wegfall bzw. teilweisen Wegfall der Arbeitslosen­versiche­rung sowie eine Vorziehung des Pensionsantrittes und schließlich die nicht näher konkretisierte Einführung einer Vermögenszuwachssteuer vor.

Diese Maßnahmen entlasten ausschließlich unselbständig Erwerbstätige. 60% der österreichischen Selbständigen (ca. 281.160 Personen) erzielen jährlich weniger als € 18.900,00 Gewinn. Weiters zahlen selbständig Erwerbstätige keine Arbeitslosenver­siche­rungsbeiträge, somit ist für sie durch eine Senkung oder gänzlichen Entlastung der Leistung nichts gewonnen.

Es ist im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes und angesichts eines zukunftsorientierten wirtschaftlichen Denkvorganges keineswegs einzusehen, dass selbständig Erwerbs­tätige mit einem annähernd gleichen „Einkommen“ wie unselbständig Erwerbstätige nicht von einer steuerlichen bzw. sozialversicherungsrechtlichen Entlastung profitieren


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 63

sollen. Hinzu kommt, dass selbständig Erwerbstätige in genau dem selben Ausmaß wie unselbständig Erwerbstätige den Auswirkungen der Inflation unterworfen und von ihnen betroffen sind.

Daher ist es absolut unumgänglich langfristig gezielte Maßnahmen anzudenken, welche eine Entlastung jener 60% aller Selbstständigen, die jährlich weniger als € 18.900,00 Gewinn erzielen („KleinverdienerInnen“) zu bewirken.

Aus all den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, Maßnahmen zur Entlastung auch jener 60% aller Selbstständigen zu setzen, die jährlich weniger als € 18.900,00 Gewinn erzielen („KleinverdienerInnen“).

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Weinzinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.21.41

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wurde gesagt: Das wäre heute ein „Feiertag“ für die Klein- und mittleren Betriebe. – Das ist vielleicht ein Feiertag deswegen, weil wir uns Zeit nehmen und offensichtlich viel Zeit nehmen, um über die Probleme dieser Berufsgruppe tatsächlich einmal zu sprechen.

Klein- und mittlere Betriebe – von welchem Mitarbeiterstand sprechen wir da? Kleinstbetriebe: null bis zehn Mitarbeiter, Kleinbetriebe: zehn bis 50 Mitarbeiter, mittlere Betriebe: 50 bis 250 Mitarbeiter. Und diese Betriebe sind tatsächlich – und das wurde heute schon einige Male klargestellt – die Grundlage, das Rückgrat unserer Wirtschaft.

Das hat mir eigentlich gefallen, was sowohl von Grünen als auch von Sozialdemo­kraten über die ÖVP – da wurde ein bisschen zu sehr gejubelt – und bis hin zu den freiheitlichen Rednern und selbst über den sozialliberalen, wenn ich das so nennen darf, Redner gesagt wurde. Es wurde gesagt, dass diese Berufsgruppe große Sorgen hat, und zwar zum Großteil Sorgen, die wir, der Staat, die Verwaltung, ihnen antun.

Haben Sie ein bisschen zugehört, als Herr Kommerzialrat Alois Gradauer, also einer, der weiß, was die Wirtschaft bedeutet und der sein Leben lang drinnen gesteckt ist, erzählte, wie viele Seiten die jeweiligen Gesetze und vor allem die Erläuterungen dazu haben? Wissen Sie, wer daran schuld ist, dass es da so viele Seiten gibt? – Wir hier, das Parlament und die Regierung! Wir, indem wir in den verschiedensten Ausschüssen immer wieder Neuordnungen verlangen, Neuordnungen, die eingebaut werden. Und damit werden das Gesetz, das Gesetzeswerk und die Erläuterungen immer unverständlicher.

Ich bin, wie Sie vielleicht wissen, von Beruf Wirtschaftstreuhänder. Sie könnten jetzt sagen: Sei doch froh, dass das so ist, damit hast du automatisch ein Geschäft! Das ist


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richtig, das stimmt. Das hätten Sie mir nicht sagen müssen, das ist mir durchaus bewusst, aber glauben Sie mir: Wenn man ein ordentlicher Wirtschaftstreuhänder ist, wenn man einer ist, der das ernst nimmt und der vor allem seine Klienten ernst nimmt, dann weiß man, wie sie leiden. Ich bin ein kleiner Wirtschaftstreuhänder in einer kleinen Stadt in einem wirtschaftlich nicht sehr starken Gebiet, im Innviertel. Dort gibt es zwar die FACC, aber das wird wirtschaftstreuhänderisch nicht von mir betreut, klarerweise. (Ruf bei der ÖVP: Warum nicht?) – Weil ich keine riesige Kanzlei habe, sonst hätte ich auch nicht die Zeit, hier zu stehen.

70 Prozent meiner Klienten sind Kleinstbetriebe: null bis zehn Mitarbeiter. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – 350! Da können Sie sich ungefähr ausrechnen, was die für Sorgen haben. – Nein, Sie können es nicht, denn Sie sitzen hier, und wir alle gemeinsam machen neue Verordnungen, neue Gesetze, neue Bestimmungen!

Ein beachtlicher Teil meiner Klienten sind kleine Gewerbetreibende, vor allem aus dem Gastronomiebereich, aber es sind auch Gemischtwarenhändler und Ähnliches dabei. Was glauben Sie, was das Hauptproblem dieser kleinen Gastronomen ist, die ja die Zukunft für unsere Touristikregion sind? – Das Hauptproblem ist das Personal. Wer arbeitet denn noch jeden Tag zwölf bis 14 Stunden? Wer macht das? (Ruf bei der ÖVP: Die Abgeordneten!) – Die Abgeordneten hie und da, aber so viel Arbeit ist das nicht. Wer macht das noch? – Er, seine Frau, seine Schwiegertochter und vielleicht der Sohn, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt. So beginnt das einmal, meine Damen und Herren. Die Schwiegertochter wird er möglicherweise bald nicht mehr haben, weil sie das einfach nicht aushält. Miterleben tun diese Arbeit die Kinder, die den Betrieb einmal übernehmen sollen, die sich dann fragen: Wie soll ich denn das machen?

Das gilt aber auch für die Gemischtwarenhändler, wo auch von unserer Seite öfter gefordert wird: Lasst sie doch länger offenhalten! Ja, wie lang denn noch? Wenn er einmal zusperrt, weil er vielleicht einmal meinetwegen auf eine Wallfahrt geht – weil ich hier in die ÖVP-Reihen schaue –, dann ist die Antwort seiner Kundschaften immer folgende: Aha, wegen Reichtum geschlossen! Wenn er nicht bis 8 Uhr abends, obwohl er es könnte, offen hat, sondern schon um 6 Uhr zusperrt, dann heißt es erst recht: Wegen Reichtum geschlossen. Dass diese armen Teufel körperlich oft fertig sind und nicht einmal die Zeit haben, zum Arzt zu gehen, das haben wir eigentlich vergessen.

Meine Damen und Herren, wir haben hier einen sehr positiven Bericht über die KMUs, die kleinen und mittleren Unternehmen. Denken wir an die kleinsten Unternehmen! Denken wir an die mit ein bis zehn Mitarbeitern! Denken wir an die, die in unseren ländlichen Regionen eigentlich nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Kultur und das Zusammenleben aufrechterhalten! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

11.28


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 5 Minuten. – Bitte.

 


11.28.11

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es gibt bei der Debatte wirklich einen interessanten fraktions­übergreifenden Diskurs von Experten, wie ich auch an meinem Vorredner anerkennend festhalten möchte, die auch Beispiele aus der Praxis bringen. Lieber Lutz! Ich kenne allerdings in Oberösterreich sehr viele Gemischtwarenhändler – wie du sie genannt hast –, die auch dann offen haben, wenn sie eigentlich geschlossen haben sollten. Und das ist gut so. Man sollte sie nicht in die Illegalität treiben, vor allem, wenn wir wissen, dass es im großstädtischen Bereich – das sage ich auch aus eigener Erfahrung in


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meiner Wohngegend – Supermärkte gibt, Bäckereien und andere Geschäfte, die von nicht-österreichischen Staatsbürgern betrieben werden, die auch permanent offen haben, obwohl sie eigentlich geschlossen haben sollten. (Demonstrativer Beifall des Abg. Mayerhofer.) Also da sollte es gleiche Bedingungen für alle geben.

Auch das möchte ich anerkennend festhalten: dass man hier klar zum Ausdruck bringt, dass gerade ... (Zwischenruf des Abg. Broukal.) – Nein, es sollen alle offen haben, wenn sie die Möglichkeit dazu haben, vor allem wenn die Angestellten im Familien­bereich rekrutiert werden. Das meine ich, Herr Kollege von der SPÖ. Es geht darum, dass sich Leistung auch lohnt und dass man dem Kunden auch ein entsprechendes Angebot machen kann.

Für die kleinen und Kleinstbetriebe ist es wichtig und notwendig, dass man flexibel agiert. Es wundert mich nur, gerade wenn ich jetzt Lutz Weinzinger zugehört habe, dass man gestern von den Freiheitlichen gehört hat, man ist gegen die Senkung der Körperschaftsteuer. Ich glaube, gerade diese Senkung der Körperschaftsteuer, die wir damals noch – wie jetzt in dem Bericht auch anerkennend festgehalten – gemacht haben, war ein wichtiger Punkt sowohl für den Wirtschaftsstandort Österreich als auch gerade für die kleinen und Mittelbetriebe. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Nur dürfen wir uns darauf nicht ausruhen. Ich glaube, das wäre wichtig.

Herr Bundesminister, ich habe sehr genau zugehört und mich über Ihre Ankündigun­gen gefreut. Da sind ganz, ganz wichtige weitere Maßnahmen dabei. Wir können uns nicht auf den Lorbeeren dieses Berichts ausruhen, aus einer noch sehr guten, dynami­schen Regierungszeit, sondern wir müssen permanent diese Entlastungen weiter­führen. So wie wir das für die Arbeitnehmer verlangen im Wege der Steuersenkung, damit man die Kaufkraft stärkt, muss das auch für die Unternehmungen gelten, denn letztlich schaffen ja sie die Arbeitsplätze. Und gerade in Österreich ... (Abg. Riepl: Warum sind Sie nicht mehr in der Regierung, wenn das alles so gut war?)

Viele Österreicherinnen und Österreicher denken, ja, das war wirklich eine bessere Zeit, Kollege Riepl. Aber in der Politik kann man das Rad auch wieder zurückdrehen. Wir werden sehen, vielleicht lernt es ihr auch noch einmal, wir würden uns das durchaus wünschen. Vielleicht ergibt sich dann einmal eine andere Konstellation einer Zusammenarbeit, aber das liegt nicht nur bei uns, sondern auch bei Ihnen. Aber ein bisschen Wirtschaftsfreundlichkeit tut Ihnen ja auch nicht schlecht; ich habe ja heute einige ganz gute Beiträge von Ihnen gehört. Denn: Nicht jeder, der Unternehmer ist, ist gleich ein Großkapitalist. Ich glaube, das hat sich auch bis zu Ihnen durchgesprochen.

Ein Wort noch zu meinem Kollegen vom Forum, das sich liberal nennt. Lieber Kollege, ein bisschen Parlamentarismus würde ich Ihnen schon ans Herz legen. Wenn Sie Unterstützungsfragen für Anträge stellen, die Sie vorher gar nicht verteilt oder nicht zur Kenntnis gebracht haben, dann ist das schwierig. (Abg. Zach: Das war ja nur ein Satz!) Machen Sie da nicht solche Meldungen! Wir stimmen nicht nur über einen Antrag ab, den Sie da vorlesen, sondern es geht auch um die Begründung. Also ein bisschen Parlamentarismus sollte man schon, auch als einer, der einer Fraktion angehört, bei deren Partei er gar nicht ist, gelernt haben, dass man Anträge hier mit einbringt ... (Abg. Mag. Trunk: Er hat es gut gemacht!) – Hat er nicht! (Abg. Mag. Trunk: Er hat die Unterstützung bekommen!) Es ist ja schon merkwürdig, wenn Sie sich schon so aufregen (Abg. Mag. Trunk: Sie regen sich auf!), dass er keine Unterschriften von Ihnen bekommt, obwohl er in Ihrer Fraktion ist, und die Abgeordneten erst nachher draufkommen, dass sie durch Aufstehen vielleicht den Antrag doch unterstützen könnten. Also vielleicht können Sie das ein bisschen auf die Reihe bringen.

Ansonsten, Herr Bundesminister, noch einmal gefordert: die Unternehmungen entlas­ten von statistischen Erhebungen, von Bürokratie, überhaupt keine Frage, aber vor


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allem auch von der Steuerlast. Das gilt sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Unternehmer, das wäre ganz, ganz wichtig.

Und vielleicht könnten Sie auch einmal visionäre Ansätze bringen, etwa in Richtung einer gemäßigten Flat Tax, so wie wir das einmal vorgeschlagen haben: einheitliche Tarife, einfaches Steuerrecht, das auf die Bedürfnisse der Wirtschaft auch ent­sprechend Rücksicht nimmt. Das schafft nicht nur bei uns gute Unternehmens­struk­turen, sondern bietet auch Anreize, dass Unternehmen nicht auswandern, sondern, im Gegenteil, auch Konzerne, Unternehmungen aus dem Ausland wieder nach Österreich kommen.

Wir werden hier gesprächsbereit sein, wenn es Initiativen gibt. Ich hoffe, dass in der Regierung nicht nur gestritten wird, sondern dass wir bald auch das, was Sie heute hier vorgestellt haben, als Anträge im Parlament diskutieren können. (Beifall beim BZÖ.)

11.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikesch. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.33.35

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Dass die Klein- und Mittelbetriebe das Wirtschaftsbild in Öster­reich prägen, haben wir, glaube ich, heute wirklich schon zahlreich gehört. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber nicht von jedem!) Und es sind auch wirklich diejenigen, die der Jobmotor sind und das Fundament der heimischen Wirtschaft bilden, denn 61 Prozent aller unselbständig Tätigen sind in diesen kleinen Betrieben beschäftigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade im ländlichen Raum ist das natürlich ein sehr, sehr wichtiges Thema, und ich denke, ein wichtiger Ansatz ist: Wir dürfen uns die Klein- und Mittelbetriebe und die Großbetriebe, Leitbetriebe nicht auseinanderdividieren lassen, sondern es ist sehr wohl so, dass sich diese Wirtschaftszweige sehr oft ergänzen und sich auch ergänzen müssen. Beide haben damit die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Für die kleinen Betriebe bedeuten die vielen Aufträge aus der Großindustrie Sicherheit, bedeuten die vielen Aufträge Absicherung. (Beifall bei der ÖVP.)

Genau aus diesem Bereich heraus hat sich natürlich auch der Export hervorragend entwickelt, auch bei den Klein- und Mittelbetrieben. Wir liegen diesbezüglich auf dem zweiten Platz in Europa, und ich denke, das ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis. Vor allem Niederösterreich ist es gelungen, hier entsprechend zu arbeiten: 40,5 Prozent beträgt die Exportquote in Niederösterreich, und das heißt, dass 4 von 10 € bereits im Ausland verdient werden. Ich denke, das ist wirklich ganz toll. 5 000 neue Arbeitsplätze wurden dadurch in Niederösterreich geschaffen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Die Klein- und Mittelbetriebe sind auch diejenigen, die die Ausbildungsplätze sichern. Es werden 257 Lehrberufe angeboten. Ich denke, es ist sehr wichtig, der Jugend dies näherzubringen, dass es so viele verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten gibt und diese in den Klein- und Mittelbetrieben zum Großteil angeboten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Lehrstellenbeauftragten, die in der vergangenen Periode eingeführt worden sind, leisten hervorragende Arbeit: Bei 5 000 Kontakten in Niederösterreich wurden 1 000 neue Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze geschaffen, und das ist wirklich hervorragend. Ich bedanke mich bei allen Ausbildungsbetrieben und hoffe, dass wir auch in Zukunft gemeinsam für die erfolgreiche Entwicklung der Klein- und Mittelbetriebe arbeiten werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.36



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 67

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Marizzi ist der nächste Red­ner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.36.06

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht ist an und für sich sehr positiv, aber ich möchte gleich bei meiner Kollegin anschließen. Die Klein- und Mittelbetriebe tragen natürlich die Hauptlast bei der Ausbildung. Die Industrie hat in den letzten Jahren von 26 000 Ausbildungsplätzen fast 10 000 Ausbildungsplätze verloren.

Herr Bundesminister, wenn man sich heute den Wirtschaftsteil der „Presse“ ansieht, die Sie wahrscheinlich schon gelesen haben, dann kann man dort lesen, dass die Firmen dringend Mitarbeiter suchen. Ein Detail: Auf jeden Schweißer kommen drei, vier, fünf offene Stellen, die Firmen finden keine Mitarbeiter mehr. Und da muss man sagen, wir sind eigentlich selbst schuld, weil wir in Wirklichkeit, wenn wir von Aus­bildung reden, nur von Universitäten reden, nur von Schulen reden, aber die Fach­arbeiterausbildung hat in diesem Parlament nicht die Bedeutung, die wir ihr zukommen lassen sollten. Denn: Die Facharbeiter sind die Stütze der Wirtschaft, und ohne die Facharbeiter wird die Wirtschaft nicht funktionieren. Ich sage ja nicht, dass man nichts machen kann, aber der gesellschaftliche, der berufliche Stellenwert der Facharbeiter ist noch unterbelichtet.

Wenn man sieht, dass die Firmen jetzt wirklich dringend Leute suchen und dass es in der Tourismusbranche an Köchen und Kellnern mangelt, während wir aus Osteuropa in den letzten sechs Monaten 800 Leute hereinholen mussten und wir arbeitslose Jugendliche haben – wir liegen hier gut, aber trotzdem haben wir welche –, dann müssen wir, Herr Bundesminister, hier noch einige Anstrengungen unternehmen, dass wir der Ausbildung und Beschäftigung von Jugendlichen und vor allem der Facharbeit eine ordentliche und ihr zustehende Bedeutung verschaffen. Das hat jetzt überhaupt nichts mit Parteipolitik zu tun, sondern das ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe für uns, für dieses Parlament, diesen Stellenwert zu heben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.38.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Nachdem ich selbst seit über 13 Jahren ein Ingenieurbüro mit ein bis maximal zwei Mitarbeitern betreibe, gehöre ich zu jener Kategorie von rund 80 Prozent der Unternehmen, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt haben. Daher habe ich hier meine eigenen Erfahrungen gemacht, und diese Erfahrungen spiegeln sich auch im Mittelstandsbericht sehr gut wider.

Die Erfolge und Leistungen sind bekannt und wurden heute schon oft genug ange­sprochen, aber ich fasse sie noch einmal kurz zusammen: Wir sind Spitzenreiter in der Arbeitsplatzbeschaffung, und das ist, glaube ich, ein ganz starkes Argument; zusätz­liche Arbeitsplätze gibt es vor allem in diesem Bereich. Wir sind das Rückgrat der Wirtschaft, insbesondere im ländlichen Raum. Wir sind ein Bollwerk gegen die Mono­pole, sorgen damit für Vielfalt. Und letztendlich sind wir natürlich auch ein Füllhorn für den Steuertopf.

Die Forderungen in punkto Verbesserungen wurden schon angeschnitten: Gesetze für KMUs und daher Ausnahmen eher für die Großen und nicht umgekehrt; rechtsform-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 68

neutrale Unternehmensbesteuerung, so wie sie der Herr Bundesminister auch angekündigt hat, oder eben insgesamt Senkung von Abgaben.

An dieser Stelle sei auch Folgendes in Richtung BZÖ gesagt, da Herr Abgeordneter Scheibner davon gesprochen hat, dass es noch eine gute Zeit war, als hier Steuern und Abgaben gesenkt wurden: Das stimmt! Solange das BZÖ unter den Fittichen der ÖVP ist, funktioniert das auch. (Abg. Scheibner: Jetzt funktioniert es nicht mehr! – Wo ist die Steuersenkung?) Im Bundesland Kärnten funktioniert das leider nicht. Die jüngste METIS-Studie hat gezeigt, dass zwischen den Jahren 2000 und 2005 Kärnten die höchste Erhöhung der Landesabgaben hatte. Das ist auch klar, denn es hat ein ganz enormes Abgaben- und Belastungspaket gegeben. (Abg. Dr. Graf: Weil es dort keine ÖVP gibt!) Wir haben leider auch die meisten Firmenpleiten. (Abg. Scheibner: Wie stark ist dort die ÖVP?) So haben in den letzten sieben Jahren rund 2 000 Beherbergungsbetriebe geschlossen, und damit hat man 500 000 Nächtigungen verloren. (Abg. Scheibner: Sie machen schon wieder Ihr Bundesland schlecht!) Das heißt also, Sozialpolitik ist das keine, vor allem nicht auf dem Rücken der Wirtschaft, meine Damen und Herren. (Abg. Scheibner: Das werden wir Ihrer Bevölkerung sagen! Die Kärntner wollen das nicht, wenn man ihr Land schlechtmacht!)

Gut, dass es auf Bundesebene eine ÖVP-geführte Wirtschaftspolitik mit Bundes­minister Bartenstein gibt, denn hier werden Steuern und Abgaben gesenkt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.40


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.41.01

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Der vorliegende doch einigermaßen zeitnahe Bericht, insbesondere was 2007 betrifft, und die heutige Debatte sind – ich denke, da sind wir uns einig – eine gute Grundlage für die zukünftige Diskussion, die heute startet, über die Frage, was wir an gesetzlichen und anderen Rahmenbedingungen für unsere Klein- und Mittelbetriebe im Sinne der Verbesserung, im Sinne der besseren Wettbewerbsmöglichkeiten und Chancen für diese Betriebe noch in Angriff nehmen können. Der Herr Minister hat es angesprochen, es ist einiges im Fluss, angefangen von den Vorschlägen für die Steuerreform bis hin zu dem sehr attraktiven kleinen Projekt „Innovationsscheck“.

Lassen Sie mich vielleicht den Fokus in den wenigen Minuten meiner Rede darauf legen, zu beweisen, wie sehr Klein- und Mittelbetriebspolitik eine Querschnittmaterie ist. Ich gehe da auf eine sehr aktuelle Debatte, die mittlerweile seit einem Jahr im Gange ist, ein:

Wir, die Politik, haben uns vorgenommen, das Gesundheitsbewusstsein in Österreich zu verbessern und ein neues Bewusstsein zu schaffen, im Sinne des Nichtraucher­schutzes und des Weniger-Rauchens. Ich meine, in dieser Frage muss es um die Qualität eines goldenen Mittelweges gehen, denn wir wissen in pädagogischer Hinsicht, dass Verbote und Strafen allein das Bewusstsein einer Bevölkerung und des Einzelwesens nicht wirklich verbessern. (Abg. Mag. Donnerbauer: Sagt das Ihre Frau Kollegin auch?)

Ich meine ganz ehrlich, und das sei offen ausgesprochen: Solange wir die Zigarette akzeptieren und sehr gerne die Tabaksteuer kassieren, sollten wir die Wirte exklusiv nicht sekkieren. (Abg. Freund: ... Ihre Frau Kollegin? – Abg. Lentsch – in Richtung SPÖ –: Dort sitzt sie eh oben!) Ich denke, unter diesem Motto wird – da bin ich nicht nur hoffnungsfroh, sondern sogar überzeugt – dieser goldene Mittelweg das Prinzip


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 69

sein und nicht ein schlechter Kompromiss, damit Wettbewerbsfähigkeit auch in der Gastronomie Zukunft hat, und nicht zusätzliche Schikane.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, in der kurzen Zeit sei nur noch gesagt: Wir sollten uns dessen bewusst sein – und viele haben das unter dem Titel „Bürokratie“ und dergleichen angesprochen und haben sich selbst abgehoben –, dass Rahmen­bedingungen, Rechte und Pflichten, Chancen und Risiken schaffen, Freiräume und Freiheiten geben oder nehmen. Halten wir es auch im Wirtschaftsbereich frei nach Thomas Mann, der meinte: „Der Freiheit anderer Name heißt Verantwortung.“ – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

11.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.43.46

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Brechen wir es einmal herunter auf die Frage: Was wünschen sich denn die meisten Österreicherinnen und Österreicher? – Sie wünschen sich einen sicheren Arbeitsplatz. Das ist ein hoher Wert. Und wo gibt es heutzutage sichere Arbeitsplätze? – Vor allem in unseren kleinen und mittleren Unternehmen. Sie haben im Jahr 2006 1,3 Millionen Mitarbeiter beschäftigt, um 8 Prozent mehr als 1995 – wichtige Arbeitsplätze, meine Damen und Herren!

Was mich als Seniorenvertreterin besonders freut: Klein- und Mittelbetriebe arbeiten häufig generationenübergreifend. Junge und Ältere profitieren voneinander. Der ältere Meister gibt sein Wissen an die jungen Lehrlinge weiter, die Jungen schätzen das Können der Älteren. Und dieses Miteinander ist ein Baustein für den Erfolg.

Ein weiterer Baustein für den Erfolg ist der Wegfall der Erbschaftssteuer ab August 2008. Bisher haben viele Familienbetriebe, oder zumindest einige, zusperren müssen, wenn sich der Sohn oder die Tochter die Erbschaftssteuer nicht leisten konnte. Jetzt bringt das Aus für die Erbschaftssteuer eine deutliche Entlastung für viele Familien­betriebe.

In diesem Bericht sind sehr viele Initiativen und sehr viele spannende Projekte aufgelistet. Etwas, das mir besonders gefallen hat, ist, wie man junge Menschen, wie man Kinder schon an das Abenteuer Selbständigkeit heranführt, zum Beispiel durch das Projekt „JUNIOR Österreich“. Da begründen Schüler in ihren Schulen Unter­nehmen und führen ein ganz reales Unternehmen: Spannend! Abenteuer Selb­ständigkeit!

Damit möglichst viele künftig dieses Abenteuer Selbständigkeit auch bestehen, dazu braucht es – wir haben es heute mehrmals gehört – die richtigen Rahmenbedingungen. Was wollen wir also? – Wir wollen eine faire Steuerreform, eine faire Steuerentlastung. Dafür engagieren wir uns in der Volkspartei! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.46.14

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr vieles, was heute über die klein- und mittelständischen Unter­nehmen gesagt wurde, kann man unterschreiben, insbesondere was ihre Bedeutung für die österreichische Wirtschaft betrifft: Motor der österreichischen Wirtschaft, Siche­rung des ländlichen Raumes, Aufrechterhaltung der Nahversorgung und so weiter. Das


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macht uns aber auch bewusst, dass wir achtgeben müssen, dass die mittelständischen Unternehmen nicht unter die Räder kommen. Wenn ich hier von mittelständischen Unternehmen spreche, dann meine ich nicht die KMUs, weil das nur der Überbegriff ist. Unter „KMU“ fällt ja auch ein Unternehmen wie zum Beispiel Microsoft Österreich, und das kann ja nicht wirklich unser erster schützenswerter Kunde sein.

Gerade im öffentlichen Einkauf – es wurde heute schon die Bundesbeschaffung ange­sprochen – ist es unsere Aufgabe, darauf zu schauen, dass die Klein- und Mittel­betriebe nicht unter die Räder kommen. Es steht zwar in dem Bericht über das mittelständische Gewerbe drinnen, 73 Prozent der Kunden sind KMUs, die Frage ist aber: Welchen Anteil haben sie tatsächlich am Beschaffungsvolumen?, und: Finden sich die KMUs in einem adäquaten Verhältnis Anzahl zur Vertragspartnerschaft? – Ich denke, da braucht es im Bundesvergabegesetz noch einige Nachjustierungen, damit die KMUs nicht wirklich unter die Räder kommen, vor allem die Kleinstunternehmen und vor allem im ländlichen Raum.

Ich bin der Überzeugung, dass es notwendig ist, die Auswirkungen der zentralen Be­schaffung gerade im ländlichen Raum zu evaluieren. Dabei geht es nicht etwa um die Abschaffung dieses zentralen Einkaufs, denn dazu gibt es meiner Ansicht nach betriebswirtschaftlich keine Alternative. Und an den Kollegen Zanger gerichtet: Bevor Sie über Unternehmen Zitate aussprechen, bitte informieren Sie sich ein wenig besser!

Ich möchte an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Bundes­beschaffung – und da weiß ich, wovon ich spreche – meinen Dank für ihr Engagement aussprechen. Dort wird professionell gearbeitet – gearbeitet unter Rahmenbedingun­gen, und die geben wir vor. Und wenn wir diese ändern wollen, dann sollten wir das auch tun.

Darum, glaube ich, ist es notwendig, auch die volkswirtschaftlichen Effekte dieser zen­tralen Beschaffung zu evaluieren und die Rückschlüsse daraus zu ziehen, im Sinne der Kleinst- und Kleinunternehmen und vor allem im Sinne des ländlichen Raumes.

Wenn es darum geht, die Kosten des Einkaufsprozesses zu minimieren, dann geht es auch darum, die Frage zu beantworten: Braucht ein Unternehmen mit 75 Mitarbeitern tatsächlich zwei Geschäftsführer? Ist das notwendig? Oder: Es ist auch die Frage zu stellen, ob beim Prüforgan, beim Bundesvergabeamt, tatsächlich 14 Senatsvorsitzende gerechtfertigt sind oder ob man nicht mit ein paar weniger auch auskäme. Ich denke, das könnte auch eine lohnende Aufgabe für den Rechnungshof sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.49


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hölle­rer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.49.25

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Im Mittestandsbericht findet sich auch ein Kapitel, das sich mit den Maßnahmen bezüglich der dualen Berufsausbildung beschäftigt. In Österreich waren zum Stichtag 30. November 2007 129 919 junge Menschen in Ausbildung. Das waren um 3 900 mehr als noch ein Jahr zuvor.

80 Prozent dieser jungen Menschen werden in den kleinen und mittleren Unternehmen ausgebildet, wo sie neben den berufsbildenden Maßnahmen in den Schulen vor allem direkt im Betrieb, direkt im Meisterbetrieb ihren Beruf erlernen können. Das heißt also für sie, dass sie, in das Wirtschaftsgeschehen eingebunden, ihre Berufsbildung, Be­rufsausbildung erleben. Das ist schon etwas Besonderes, und das ist, denke ich, die


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effizienteste Ausbildung, die von den kleinen und mittleren Unternehmen den jungen Menschen geboten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch festgehalten, dass neue Berufe etabliert werden konnten, dass vor allem auch Berufe, die bereits bestehen, modernisiert wurden und dass es im Jahr 2006 gelungen ist, die Modularisierung der Lehrlingsausbildung gesetzlich zu verankern. Das bedeutet ein Mehr an Flexibilität und vor allem auch ein Zugehen auf die Bedürf­nisse gewisser Branchen. Und es bedingt insbesondere, dass die jungen Menschen eine gute berufliche Basisausbildung erfahren, auf der sie dann ihre berufliche Spe­zialisierung aufsetzen können.

Im neuen Jugendbeschäftigungspaket, das der Herr Bundesminister vor einigen Tagen vorgestellt hat, ist auch eine Ausbildungsgarantie für die jungen Menschen bis zum 18. Lebensjahr enthalten. Es werden also viele Impulse darin enthalten sein, um diese Ausbildung der jungen Menschen auch zukünftig bestmöglich zu garantieren. Das ist auch wichtig, denn eine gute, fundierte Ausbildung für die jungen Menschen verhindert auch, dass sie später arbeitslos werden. Und ich denke, der Motor der Ausbildung, das sind unsere kleinen und mittleren Betriebe in Österreich! (Beifall bei der ÖVP.)

11.51


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


11.51.47

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es wurde gerade von der Lehrlingsausbildung gesprochen. Das unterstreiche ich alles. Die Meis­terausbildung ist wichtig, gerade im Gewerbe. Man soll nur nicht vergessen, es gibt noch jemanden, der dabei mithilft, das sind die Berufsschulen. Die wollte ich nur noch mit einem Satz erwähnen, weil ich glaube, dass sie es sich auch verdient haben, dass man darüber spricht. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Klein- und Mittelbetriebe sind ein wichtiger Teil der österreichischen Wirtschaft. Diesen Satz unterschreibe ich selbstverständlich auch als Gewerkschafter. Sie sind eine ganz wichtige Sache.

Was wir brauchen sind faire Marktbedingungen und kein Lohndumping. Und da sind am Markt Verführer unterwegs. Die letzten Verführer, die mir bekannt geworden sind, kommen aus Polen. Wiener Betriebe haben im Jänner eine Reihe von Angeboten bekommen, elektronische Post aus Polen: Wir sind eine Industriefirma mit Sitz in Frankfurt, wird darin gesagt. Die Mitarbeiter, die wir beschäftigen, sind qualifizierte Handwerker aus Polen. Sie haben deutsche Pässe, brauchen also keine Arbeits­genehmigung. – So wird argumentiert. Dann wird gesagt: Wenn du annimmst, dann sind nur 19,50 € zu zahlen, und zwar an den Vermittlerbetrieb. – Was die Leute selbst bekommen, weiß man nicht, Herr Kollege Mitterlehner.

Das ist ein Thema, das Wirtschaftstreibende aus Wien an uns herangetragen und darum gebeten haben: Schauen wir uns im Rahmen der Sozialpartnerschaft an, was wir dagegen tun können, denn das wollen wir eigentlich alle miteinander nicht!

Wenn es dann noch weiter heißt: Unsere Mitarbeiter leisten Überstunden, die mit dem gleichen Satz wie die Normalstunden berechnet werden, dann wissen wir, dass das nicht passen kann. Allerdings, wenn sie am Feiertag arbeiten, dann muss man um 2 € mehr nach Frankfurt überweisen.

Schaut man sich dann die Firma in Frankfurt an, diesen Industriebetrieb, der da Leute vermittelt, dann findet man aufgrund der Recherchen in Deutschland, dass diese Firma tatsächlich existiert, allerdings keine Arbeitnehmer hat und in einem konkreten Angebot an einen Wiener Betrieb um 1 € mehr verlangt, nämlich 20,50 €.


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Das heißt, wir haben die Situation: Unlauterer Wettbewerb in Reinkultur! – Herr Bun­des­minister, wir haben im Ausschuss kurz darüber gesprochen, und ich frage Sie jetzt wirklich: Was tun wir denn dagegen? Ich darf einen Vorschlag machen: Wenn ich jetzt Minister wäre – ich bin es ja nicht, Sie sind es, aber wenn ich es wäre –, dann würde ich die zuständigen Abteilungen in meinem Haus und die Wirtschaftspartner auf einen Kaffee einladen, würde die KIAB dazunehmen und fragen: Was kann man in so einer Situation wirklich tun? Denn man kann nicht tolerieren, dass zehn, 15, 20, 30 Betriebe in Wien sozusagen zu solchen Maßnahmen verführt werden sollen.

Ich hoffe, dass Sie das auch so sehen wie ich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.54



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 73

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Obernosterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.54.47

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich sehe zwar Frau Kollegin Trunk gerade nicht hier im Saal, aber ich bedanke mich bei ihr für diese klaren Worte aus ihrer Fraktion zum Thema Rauchen. Also an uns ist es nicht gelegen! Offensichtlich ist ab heute diese Diskussion zur Seite gelegt worden; wir sind froh darüber. Ich hoffe, dass der Einfluss von Frau Mag. Trunk in eurer Fraktion so groß ist, dass das Thema auch in dieser Form, wie das jetzt von ihr dargelegt wurde, abgehandelt wird. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, diese in der heutigen Diskussion zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung gegenüber den Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben ist wichtig. Aber etwas möchte ich auch ganz klar dazusagen: Gemessen werden wir von den Kleinst- und Kleinbetrieben nicht an der Debatte hier, sondern an dem, was hier umgesetzt wird und was bei der nächsten Steuerreform auch für die Kleinst- und Kleinbetriebe herauskommt.

Es wurde heute von meinen Vorrednern und ganz besonders vom Herrn Bundesminis­ter schon alles kundgetan und gesagt, was für die Kleinst- und Mittelbetriebe getan wurde und was auch in Zukunft angedacht ist, für sie zu tun – und dies auch bei der nächsten Steuerreform.

Was mich ein bisschen verwundert, ist, dass hier immer wieder Anträge über Förde­rungen für Kleinstbetriebe hereinkommen. Ich weiß, das klingt in der Öffentlichkeit sehr gut. Aber angesichts dessen, dass wir über 200 000 Kleinst- und Kleinbetriebe haben, soll mir einmal jemand erklären, wie das in der Praxis nachvollziehbar sein soll, dass jeder von ihnen eine Förderung bekommen soll! – Ich glaube nämlich, wir haben kein Förderproblem, sondern ein Steuerproblem. Und bei der nächsten Steuerreform ist gerade auf dieses Thema der Klein- und Kleinstbetriebe einzugehen.

Ich habe aufgrund der heutigen Debatte und aufgrund der Aussagen des Herrn Minis­ters und aller Fraktionen diesbezüglich große Hoffnung für die Klein- und Kleinst­betriebe, die in diesem Staat und auch in der Region unverzichtbar sind und gerade auch für den Abwanderungsstopp in der Peripherie ganz, ganz wichtig sind, die dafür sorgen, dass die gesamte Wertschöpfung in ihrer Region bleibt. Auch bei den Investitionen ist es so, dass über 90 Prozent der Investitionen der Kleinst- und Kleinbetriebe im Umkreis von 90 Kilometern getätigt werden und das Geld dort wieder ausgegeben wird. Das heißt, das Geld bleibt im Dorf oder im Tal oder in der Region.

Auf diese Betriebe müssen wir bei der nächsten Steuerreform ganz, ganz besonders achten, denn dann wird es vielleicht tatsächlich möglich sein, dass der Tag, an dem dies Wirklichkeit wird, auch für die Kleinst- und Kleinbetriebe zu einem „Feiertag“ wird! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.57


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hursky. Freiwillige Redezeitbeschränkung: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


11.57.41

Abgeordneter Christian Hursky (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ganz kurz zum Kollegen Obernosterer: Rauchen oder nicht rauchen ist, glaube ich, nicht eine Frage der Fraktionen, sondern eine Frage der Menschen – wiewohl ich mich als Nichtraucher in diesem Fall der Position der Kollegin Trunk anschließe.

Zweitens möchte ich ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Weinzinger ein­gehen. Eine Aussage von ihm möchte ich als Abgeordneter so nicht stehen lassen: Wenn Sie, Herr Kollege Weinzinger, sagen, Abgeordneter zu sein, so viel Arbeit sei das nicht, so muss ich als jemand, der einer Halbtagsarbeit nachgeht und seine Tätigkeit als Abgeordneter sehr intensiv und nicht als Show betreibt, feststellen: Für mich ist es doch eine große Herausforderung! – So sehe ich das persönlich. Aus meiner Sicht bedeutet es eigentlich doch sehr, sehr viel Arbeit, Abgeordneter zu sein. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Ich möchte mich einem Thema zuwenden, das ganz am Anfang vom Kollegen The­messl angesprochen wurde. Es betrifft die österreichische Transportwirtschaft, die in Österreich immerhin 80 000 Beschäftigte hat und in der sehr viele Betriebe als Klein- und Mittelbetriebe gehandelt werden, die auch in Zukunft einige Schwierigkeiten haben werden, derer man sich annehmen sollte.

Wir haben in diesem Bereich heute eine relativ hohe Fixkostenbelastung. Wir haben dort eine negative Öffentlichkeit, wie Kollege Themessl gesagt hat. Der Fernverkehr ist eigentlich heute ausgeflaggt, weil es da teilweise um einen Kostenfaktor bei den Beschäftigten geht – wobei ich dafür bin, dass die Fahrerinnen und Fahrer sehr, sehr gut bezahlt werden. Wir haben mit Fahrverboten zu tun, zum Beispiel in Tirol, wobei man sich in manchen Fällen auch fragen muss, welchen Zweck sie eigentlich erfüllen, auch für die örtliche Wirtschaft – wiewohl ich auch die Anliegen der Tiroler Bevölkerung als solche zur Kenntnis nehme. Ich selbst wohne auch an einer Bundesstraße, auf der täglich 20 000 Fahrzeuge fahren; das heißt, ich kenne auch diese Belastung.

Noch dazu muss man sagen, dass 80 Prozent des Lkw-Verkehrs heute im Zustell­verkehr in einem Radius von rund 80 Kilometern stattfinden.

Das heißt, wir sollten diese Positionen für uns neu und völlig wertneutral – egal, welcher Partei wir angehören – überprüfen. Wir sollten uns auch die Möglichkeiten anschauen, die Fixkostenbelastung entsprechend zu reduzieren. Ich würde vorschlagen, dass man sich den Bereich Lkw-Steuer und Versicherungssteuer genauer ansieht.

Als letzter Redner zu diesem Punkt bedanke ich mich ausdrücklich für die Leistungen, die die kleinen und mittleren Betriebe in Österreich für die österreichische Wirtschaft erbracht haben: danke schön! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

12.00


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Diese Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Nunmehr bitte ich alle Damen und Herren, Platz zu nehmen, da wir zur Abstimmung kommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 74

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, den vorliegenden Bericht III-120 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung der Kosten für Eintritts­karten und Bewirtung für die EURO 2008 als Werbeausgabe. (Abg. Mag. Trunk: Nein, so geht es nicht: Sie wollen ihre Eintrittskarten absetzen!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Ein-Personen-Unternehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung eines Masterplans zum Bürokratieabbau.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Zach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastungspaket für Selbstän­dige.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Zwischen­rufe bei den Grünen in Richtung SPÖ.)

12.02.232. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 543/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kol­egen betreffend Probleme österreichischer Unternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen in der Schweiz (500 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­vorlage (443 d.B.): Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum samt Anhängen, Schlussakte und Erklärungen (501 d.B.)

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 75

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir kommen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Themessl. 5 Minuten freiwillige Redezeit­be­schränkung. – Bitte.

 


12.03.04

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! „Ja, endlich!“, könnte man sagen. Das ist das Positive an diesem Antrag, der hier eingebracht wurde, um österreichische Unter­nehmen des Handwerks bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen in der Schweiz zu unterstützen.

„Endlich!“, das hat einen Grund. Herr Minister, ich stelle Ihnen eine Frage: Was pas­siert mit einem Unternehmen, das auf sich ändernde Rahmenbedingungen in der Wirtschaft nicht sofort reagiert? – Ich kann es Ihnen sagen: Dieses scheint dann innerhalb kürzester Zeit in Ihrer Insolvenzstatistik auf, weil es nicht überleben wird!

Bei diesem Antrag in der Politik ist es grundsätzlich anders, da heißt es: „Gut Ding braucht Weile.“ Wenn man davon ausgehen könnte, dass dann, wenn diese Weile länger dauert, ein gutes Ding herauskommt, wäre das noch verständlich. Meistens ist es aber so, dass diese Weile ewig dauert und kein Ding mehr herauskommt. Genau so ist es bei diesem Antrag, das muss ich Ihnen schon sagen. Wissen Sie, wenn man ganz böse wäre, dann könnte man jetzt behaupten: Das ist ein Paradebeispiel dafür, dass Sie zeigen, dass Sie für kleine und mittlere Unternehmen gar nichts übrig haben!

Vor einem Jahr, am 1. April 2007, hat die Schweiz die Rahmenbedingungen für diese grenzüberschreitenden Dienstleistungen gewaltig verschärft. Das fängt bei der Melde­frist an – man muss es acht Tage vorher melden, wenn man eine Arbeit in der Schweiz ausführt –, und das reicht bis hin zu diversen anderen Sachen, zum Abführen von Geldern, zu Beitragspflichten gegenüber schweizerischen Berufsverbänden und ähn­lichen Dingen mehr. Passiert ist aber seit einem Jahr so gut wie nichts. Ich kann Ihnen erklären, warum es so gut wie nichts ist, weil dann meine Nachredner hier wahr­scheinlich erklären wollen, was alles schon gemacht wurde.

Seit 1. April 2007, also seit mehr als einem Jahr, sind österreichische Firmen speziell in Vorarlberg, in Grenznähe, von diesem Problem betroffen. Es handelt sich ausschließ­lich um Klein- und Mittelbetriebe. Denn alle Großbetriebe haben Niederlassungen in der Schweiz, und sie betrifft das Problem nicht.

Die Argumentation, die teilweise auch von der ÖVP im Land gekommen ist, ist die, dass Firmen sich die Möglichkeit suchen oder offen halten wollen, in der Schweiz eine Niederlassung zu gründen. Dazu sage ich Ihnen, dass Kleinfirmen mit zwei oder drei Mitarbeitern sich das erstens nicht leisten können und dazu nicht in der Lage sind; und zweitens fördert es nicht unbedingt den Arbeitsstandort Österreich, wenn man Arbeitskräfte in die Schweiz auslagern möchte. – Das ist das Erste.

Ich habe im Juni des letzten Jahres hier in diesem Hohen Haus einen Antrag ein­gebracht, habe damals eine Antragskopie dem Herr Bundesminister zur Verfügung gestellt und ihn gebeten, bei den Gesprächen mit der Schweiz im Juli auf dieses Thema einzugehen. Das hat der Herr Bundesminister dankenswerterweise gemacht, das muss man ihm zugestehen; herausgekommen ist allerdings nichts. Was mich aber schon gewundert hat, ist, dass Anfang September bei einer Informationsveranstaltung im Wirtschaftsministerium, bei der ich anwesend war, Sektionschef Mayer mir auf


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 76

meine konkrete Frage zu diesem Thema absolut keine Auskunft erteilen konnte, weil dies im Wirtschaftsministerium überhaupt nicht bekannt war.

Mein Antrag, den ich im Juni eingebracht hatte, also drei Monate, nachdem diese Probleme bekannt geworden waren, wurde am 10. Oktober 2007 mit den Stimmen der zwei großen Parteien, der Koalitionspartner, im Wirtschaftsausschuss vertagt – ein Antrag, der genau dieses Thema betrifft! Und zwei Monate nach dem Oktober, nämlich am 6. Dezember, brachte die ÖVP gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner einen neuen Antrag ein, der genau dieses Problem wieder ansprach und der am 1. April, also genau ein Jahr nach Bekanntwerden dieser Probleme, im Wirtschaftsausschuss behandelt wurde. Dem haben wir selbstverständlich zugestimmt, weil wir ja wollen, dass endlich etwas passiert.

Was ich Ihnen damit aufzeigen möchte, ist nicht, dass jetzt etwas passiert. Das ist wichtig, Herr Bundesminister, und ich habe wirklich die Bitte an Sie: Schauen Sie, dass jetzt schnell etwas passiert! Denn so, wie wir das kennen, dauert es im öster­reichischen Parlament in der Zwischenzeit ein Jahr, bis man sich für die Probleme von Klein- und Mittelbetrieben interessiert und sich darum kümmert, und in der EU dauert es dann wahrscheinlich zwei oder drei Jahre.

Wissen Sie, wenn kleine und mittlere Betriebe in unmittelbarer Grenznähe zur Schweiz – speziell betroffen ist das Bundesland Vorarlberg – sich auf die Politik nicht mehr verlassen können, und zwar darauf, dass man solche Rahmenbedingungen schnellstens ändert, und dann drei Jahre warten müssen, bis sich überhaupt etwas tut, dann haben sie zugesperrt, und Ihre Insolvenzstatistik wird im nächsten Jahr vielleicht nicht mehr so gut ausschauen, wie sie noch im Jahr 2006 ausgesehen hat! Das befürchte ich, und deswegen ist hier wirklich Eile geboten.

Ich bitte wirklich alle Beteiligten, sich dafür einzusetzen, dass diese Probleme aus dem Weg geräumt werden. Zeigen Sie endlich auch einmal Ihr Herz für kleine und mittlere Unternehmen, nicht immer nur für die Großindustrie! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.08


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.08.17

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat unerträglich, wie die Schweizer Behörden mit unseren österreichischen und vor allem Vorarlberger Firmen umgehen, wenn sie über die Grenze hinüber in der Schweiz arbeiten wollen. Nur, lieber Kollege Themessl, dein Antrag, den du soeben referiert hast und über den wir schon einmal gesprochen haben, zielt auf bilaterale Interventionen österreichischerseits in Richtung Schweiz ab.

Solche Interventionen sind auf Ministerebene vielfach, bei jedem Treffen, vorgenom­men worden, auch auf Beamtenebene. Nur führen sie aus zwei Gründen zu nichts, und zwar zum einen deshalb, weil die Schweiz ein nationales Gesetz hat, das den Schweizer Vereinbarungen mit der EU, was die Freizügigkeit betrifft, diametral entge­gensteht. Das stimmt, aber das Gesetz ist in der Schweiz weiterhin in Kraft.

Das heißt, die Behörden können derzeit gar nicht anders! Deswegen gibt es unseren heutigen Antrag, dass wir verstärkt auf der europäischen Ebene auf die Schweizer einwirken müssen, dieses Gesetz dort zu ändern (Abg. Themessl: Dieser Antrag ... einzubringen!), damit die Behörden endlich anders mit den Vorarlberger Firmen umgehen können! Das ist das Thema. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Zweite ist: Dass dieses Gesetz in der Schweiz bis heute nicht geändert wurde, hat vor allem mit der Existenz der Schweizerischen Volkspartei zu tun. Das ist nicht unsere


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 77

Schwesterpartei – diese ist nämlich die Christliche Volkspartei –, sondern das ist eure Schwesterpartei, nämlich die Blocher-Partie. (Rufe bei der FPÖ: Partei!) – Partie!

Ich bitte dich dringend: Nütze doch einmal deine Kontakte zu eurem Visavis in der Schweiz! (Abg. Dr. Kurzmann: Sind Sie dann in der Schüssel-Partie?) Dieses blockiert dort nämlich die Gesetzesänderung, die unseren Betrieben helfen würde. Das wäre eine vernünftige Aktivität deinerseits und von deiner Partei, statt hier im Parlament Schaum zu schlagen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

12.10


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mayer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.10.33

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so, dass man gegenüber allen jenen, die immer die Schweiz zitieren, wenn es darum geht: Schaut, wo alles besser ist und wie schlecht alles in der Europäischen Union ist!, genau dieses Beispiel her­nehmen kann. Herr Kollege Themessl, dieses Beispiel zeigt am deutlichsten, dass die Schweiz fast in ihrem Reichtum erstickt und vor lauter eigenbrötlerischen, eigenen Maßnahmen tatsächlich auch solche Dinge verhindert.

Das alles ist richtig, aber ich denke mir, es gab eine Zeit, da sind wir alle zum Einkaufen in die Schweiz gepilgert. Die Schweiz hatte ihre Einkaufsmärkte an die Grenze zu uns in Vorarlberg gesetzt. Heute ist es umgekehrt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, jetzt bauen wir die Einkaufsmärkte an die Grenze, und die Schweizer pendeln zu uns herüber. Das hat auch seinen guten Grund. Dass sich hier auch in der Lohnentwicklung viel getan hat, das spüren vor allem viele Vorarlberger Arbeitnehmer, die zu Tausenden – insgesamt sind es zirka 17 000 Vorarlberger – als Arbeitskräfte in die Schweiz hinüber auspendeln.

Natürlich gibt es diese Probleme. Aber zu dem Antrag, Herr Kollege Themessl, müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen, dass das Problem hauptsächlich auf europäischer Ebene zu lösen ist. (Zwischenruf des Abg. Themessl.) Dort kann man in bilateralen Verhandlungen die entsprechenden Weichen stellen. Diese Initiative ist gesetzt, und das wird auch kommen.

Aber Sie sehen da gerade am Beispiel einer Entwicklung in der Europäischen Union und in der Schweiz, an der Abhängigkeit der Schweiz, dass da tatsächlich viel gemacht werden kann. Ich unterstütze daher diesen Entschließungsantrag, dass besonders auf EU-Ebene geeignete Schritte unternommen werden, damit unsere erfolgreichen Vorarlberger Unternehmen ihre Dienstleistungen uneingeschränkt auch in der Schweiz anbieten können.

Übrigens, Herr Kollege Themessl: Es gibt für die Vorarlberger Unternehmen in Vorarlberg noch genug Arbeit. Sie haben eigentlich alle die Auftragsbücher voll, und bis sie dort allem nachgekommen sind, haben wir auch diese Schwierigkeiten gere­gelt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.12.44

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Zum ersten Tagesord­nungspunkt dieses Blocks möchte ich nichts mehr sagen. Denn es ist schon richtig, was die ÖVP hier vorschlägt. – Das war es schon.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 78

Auf der anderen Seite ist kaum noch auf den zweiten der unter einem zu verhan­delnden Punkte, nämlich eine Vereinbarung über den Beitritt von Bulgarien und Rumä­nien zum EWR, eingegangen worden. Wenn man so will, ist das ein Nachzieh­ver­fahren zum EU-Beitritt der angesprochenen Länder. Ganz unerwähnt sollte man das nach dem gestrigen Tag nicht lassen.

Jetzt sind für mich hier zwei Punkte entscheidend. (Beifall bei den Grünen.) – Es ist eben schön, wenn man in einer so aufmerksamen Fraktion aufgehoben ist. (Neuer­licher Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich wende mich ja immer nur traditionell der ÖVP zu, wahrscheinlich auch deshalb.

Erstens: Korruptionsbekämpfung – das ist selbst aus der Perspektive der Wirtschaft nicht ganz unerheblich, auch was die Investitionssicherheit betrifft. Wir machen immer unsere Investitionsschutz-Abkommen, aber in Wirklichkeit greifen diese bei weitem nicht so sehr, wie es sein könnte, wenn dort einmal andere Zustände herrschen würden.

Aber da braucht man nicht zu schimpfen und den Zeigefinger zu heben, und zwar aus zwei Gründen. Erstens könnten wir diese Länder besser unterstützen. Das haben wir bei der Slowakei bewiesen, da hat Österreich einen Beitrag beim Installieren dieser Strukturen geleistet. Das fehlt hier meines Erachtens, da gibt es zu viel vom Zeige­finger. Zweitens wird uns auch der Zeigefinger immer kürzer werden müssen, weil ja Österreich in Sachen Korruptionsbekämpfung und ähnlich gelagerten Themen selbst an Terrain verliert; sagen wir es einmal so. Man sieht also, es gibt da durchaus innen-, außen- und wirtschaftspolitische Zusammenhänge.

Letzter Punkt: Natürlich geht es um den gemeinsamen Europäischen Wirtschaftsraum, aber auf die Dauer und im Durchschnitt wird es uns schon zu interessieren haben, wie sich die sogenannten ehemaligen östlichen und mitteleuropäischen Staaten wirt­schafts­politisch verhalten, denn es kann nicht so sein, dass wir das viel beschworene europäische Sozialmodell und damit auch die mehr oder weniger ähnlichen sozial­staatlichen Strukturen in den EU-15 – oder jedenfalls in ein paar Ländern davon – auch deshalb gefährdet sehen müssen, weil dort eine Doppelstrategie verfolgt wird: dass man zwar einerseits am besten keine Steuern mehr einhebt, andererseits relativ günstige Investitionsbestimmungen schafft und drittens auch noch zehn bis fünfzehn Jahre lang auf die EU-Förderungen zugreifen kann.

Ich möchte hier kein chauvinistisches Argument vorbringen, aber man muss sich da auch den Förder-Mix anschauen; und zwar nicht deswegen, weil wir nichts hergeben wollen – im Gegenteil! –, sondern deshalb, weil es um eine Gesamtentwicklung des Wirtschaftsraums geht, noch dazu dann, wenn der Titel dieses Tagesordnungspunktes „Beitritt zum EWR-Raum“ lautet. Also: Schluss mit dem Steuerdumping! Das ist im Verhältnis zu diesen Ländern wichtig. Und vor allem auch: Schluss mit der Perspektive, dass man glaubt, ein Land allein kann arbeitsmarkt- und sozialpolitisch noch etwas ausrichten!

Das ist ja der Konstruktionsfehler der Union in der Sozialpolitik, dass alle finanz- und wirtschaftspolitischen Dinge, die von Relevanz und von großem Einfluss sind, teilweise zentral durchgeschaltet werden, aber auf anderen Gebieten die Länder sozusagen dazu aufgerufen werden – was ich ja fast für scheinheilig empfinde –: Tut etwas, das ist nationale Kompetenz!, zum Beispiel in der Sozialpolitik, und in Wirklichkeit wird damit nichts anderes getan, als dass ein Wettlauf nach unten angezündet wird.

Dagegen muss man auftreten! Denn sonst werden wir diese Dinge, die wir hier gestern beklagt haben – anlässlich eines erfreulichen Anlasses wie der Befürwortung des Re-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 79

form­vertrages –, diese unangenehmen Nebengeräusche nicht so schnell loswerden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.16


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schalle. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.17.08

Abgeordneter Veit Schalle (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Zum Antrag der Abgeordneten Kopf, Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Probleme österreichischer Unternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen in der Schweiz: Es ist eigentlich unüblich, dass die Regierungsparteien bei einer solchen Frage den Herrn Bundesminister mittels Ent­schließungsantrages zum Tätigwerden bewegen müssen.

Noch dazu ist es hier so, dass ein Antrag der FPÖ am 25. Juni 2007 im Ausschuss mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt wurde, obwohl gerade die handelnden Personen, speziell Herr Kollege Kopf – er ist jetzt nicht herinnen (Abg. Lentsch: Er sitzt dort vorn in der ersten Reihe!) –, eigentlich die Problematik in Vorarlberg hautnah kennen müssten. Aber so ist es eben mit der ÖVP: Sie reden permanent davon, was alles Sie für die KMUs tun würden, aber wenn es zur Sache geht, vertagen Sie, statt zu unterstützen!

Natürlich traut sich kein heimisches Unternehmen, sich namentlich über die Schweizer Behörden zu beschweren, weil es sonst noch zusätzliche Sanktionen befürchten müsste und die Probleme dadurch nicht gelöst würden.

Mit fast einem Jahr Verspätung geht nun dieser Antrag doch in die richtige Richtung, damit erhebliche Hürden und Erschwernisse beseitigt werden können und faire und partnerschaftliche Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz gewährleistet werden, und zwar sowohl bei der Meldepflicht als auch bei den Beitragspflichten gegenüber den Berufsverbänden. Es ist ja schon so weit gegangen, dass mittlerweile ein Mahn­schreiben der Europäischen Kommission wegen Verletzung des Freizügigkeitsabkom­mens zwischen der EU und der Schweiz an die Schweiz verschickt wurde.

Es war also höchste Zeit, dass wir tätig geworden sind. Ich kann nur hoffen, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister Bartenstein, wie versprochen bei den nächsten bila­teralen Gesprächen mit den zuständigen Stellen in der Schweiz und bei der geplanten Sitzung des Gemischten Ausschusses Schweiz/EU Ende Juni sich im Sinne Öster­reichs durchsetzen. (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Zum zweiten Punkt, dem Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum: Hierdurch wird ein lückenloser gesamteuropäischer Binnenmarkt ermöglicht, was für Österreich sehr wichtig ist, da Österreich der größte Investor in Rumänien und Bulgarien ist. Es wurden bereits über 5 Milliarden € in diesen beiden Ländern investiert.

Als ehemaliger BILLA-Generaldirektor kann ich mich erinnern, dass wir unter meiner Führung die ersten Investoren sowohl in Rumänien als auch in Bulgarien waren. So kann ich mich auch nur wundern, wenn ich in den Medien mittlerweile von gigantischen Korruptionsfällen lese, sodass sogar die EU die Förderungen eingestellt hat. Ich kann jedenfalls mit Fug und Recht sagen, dass es in meiner langjährigen Tätigkeit gerade in Bulgarien und Rumänien mit Rechtsunsicherheit und Korruption keine Probleme gege­ben hat. Wir haben die Expansion ganz vernünftig und ohne Probleme durchziehen können. Es hängt also schon auch immer von den handelnden Personen beziehungs­weise davon ab, mit wem man sich einlässt. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 80

Die Bundesregierung ist gefordert, die Regierung in Rumänien, vor allem aber in Bul­garien aufzufordern, alles zu unternehmen, damit Rechtssicherheit besteht und damit das organisierte Verbrechen gerade in Bulgarien massiv bekämpft wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


12.21.19

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht erst seit April des letzten Jahres, Herr Abgeordneter Themessl, ist es ein Thema, dass Österreich und mein Haus Kritik zu üben haben an mancher Schwierigkeit, die österreichischen Unternehmungen und Dienstleistungserbringern insbesondere in der Schweiz zustößt. Das Thema wird von uns sehr ernst genommen, und ich gehe davon aus, dies gilt auch seitens der Schweiz. Die Anwesenheit des Schweizer Botschafters bei dieser Debatte ist wohl auch ein Signal in diese Richtung. Ich habe den Eindruck, dass meine schweizerische Kollegin Leuthard dieses Thema ernst nimmt. Sie hat zuletzt mit mir eine bilaterale Arbeits­gruppe vereinbart, die in Kürze ihre Tätigkeit aufnehmen wird, um so weit wie möglich diese Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen.

Richtig ist, dass offensichtlich gesetzliche Vorgaben der Schweiz Hürden darstellen, und richtig dürfte auch sein, dass manches von Bern, seitens des Bundes und der Kantonalbehörden in den Weg gelegt wird.

Es ist schon angesprochen worden, dass es sich um eine Reihe von Punkten handelt, die nicht nur von österreichischen, sondern auch von baden-württembergischen Unter­nehmen immer wieder als Schwierigkeiten genannt werden: die achttägige Voranmel­dung, die erforderlich ist, die Behinderung von Personalbereitstellern, die Aufforderung an österreichische Unternehmen und sicherlich auch an deutsche, paritätische Kom­missionen der Schweiz zu bezahlen, obwohl zum Beispiel schon Beiträge an die WKÖ hier in Österreich bezahlt werden, und anderes mehr.

Gut ist, dass es mittlerweile gelungen ist, das Thema bei der Europäischen Kom­mission anhängig zu machen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es hat die Österreichische Wirtschaftskammer sich auch direkt an die Europäische Kommission gewandt. Die Kommission ihrerseits hat der Schweiz vor wenigen Wochen eine Note Verbale übermittelt. Der Gemischte Ausschuss – das ist ein wesentliches Element des Streitbeilegungsmechanismus zwischen der Europäischen Union und der Schweiz – wird sich am 25. Juni dieses Jahres mit diesem Thema beschäftigen. Eine ad hoc-Arbeitsgruppe ist seitens der Kommission ins Leben gerufen worden, die im Übrigen gestern, Mittwoch, in Bern getagt hat. Es ist auch klar, dass die Europäische Kom­mission so wie wir auch insgesamt der Meinung ist, dass die Schweiz bei der Exe­kution der flankierenden Maßnahmen über das Ziel hinausschießt.

Nicht richtig ist – das weise ich kategorisch zurück, Herr Abgeordneter Themessl –, dass mein Haus und Sektionschef Mayer hier untätig geblieben seien oder er unwis­send gewesen wäre. Das kann auch gar nicht stimmen. Hier schießen Sie gewaltig über das Ziel hinaus, Herr Abgeordneter, weil Herr Sektionschef Mayer beispielsweise am 20. November 2006, also lange bevor Sie von dem Thema Kenntnis erlangt haben, oder zuletzt auch am 11. Oktober des vergangenen Jahres mit der schweizerischen Botschafterin Rühl-Burzi dieses Thema erörtert hat, so wie ich auch mehrfach mit der Bundesrätin Leuthard dieses Thema erörtert habe, zuletzt am 11. Jänner dieses Jahres. Ich stelle auch in Aussicht, das Thema beim trilateralen Wirtschaftsminister­treffen, das diesmal am 17. und 18. Mai in Österreich stattfinden wird – trilateral, unter


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 81

Einbeziehung meines deutschen Kollegen Michael Glos –, wieder anzusprechen. Dies jedenfalls so lange, bis die Schwierigkeiten bereinigt und gelöst sein werden.

Ein klein wenig bedauere ich es, dass Sie hier offensichtlich politisches Kleingeld schlagen wollen. Schärfer entgegengesetzt könnten die Dinge nicht sein: das, was Sie heute in Richtung Europäischer Union sagen, und das, was Sie gestern alles gesagt haben oder, besser, nicht gesagt haben, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)

12.25


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.25.29

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, es gibt Riesenprobleme mit der Schweiz, obwohl sie mit der EU ein Frei­zügig­keitsabkommen abgeschlossen hat, das unter anderem das Ziel verfolgt, grenz­überschreitende Wirtschaftsbeziehungen zu erleichtern. Leider klagen die Vorarlberger Unternehmen – wir haben es schon gehört –, schon seit längerer Zeit, und sie werden mit Schikanen und verschiedenen Hemmnissen geärgert. Es werden Vorschriften erlassen, sodass die Unternehmen diskriminiert werden.

Es sind in erster Linie kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe, deren Qualität in der Schweiz sehr geschätzt wird und die schon seit vielen Jahren intensive Wirt­schaftsbeziehungen mit der schweizerischen Nachbarschaft pflegen. So kenne ich eine ganze Reihe Handwerker aus dem Bregenzer Wald, die sich über Beitragspflichten von Berufsverbänden oder unmögliche Meldepflichten beschweren. Es ist also schwierig.

Nun, wir haben es gehört: Es wurde schon eine ganze Menge getan seitens des Minis­teriums und auf EU-Ebene. Ich bin überzeugt, dass unser Herr Minister eine Lösung finden wird. Das hat schon ganz zuversichtlich geklungen. Ich meine auch, dass der Versuch, hier politisches Kleingeld zu schlagen, fehl am Platz ist, Herr Themessl. Ich denke, der Weg zur Schwester-Partei wäre der richtige. (Beifall bei der ÖVP.)

12.27


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.27.07

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Ich bin auch etwas verwundert, dass wir heute diese Prob­leme mit den Schweizer Freunden hier diskutieren müssen. Einerseits ist die Schweiz ein Steuerparadies, andererseits gibt es protektionistische Maßnahmen in erster Linie gegen österreichische Gewerbetreibende. Das deutet darauf hin, dass möglicherweise die Produktivität in der Schweiz nicht auf einem so guten Stand ist, denn sonst gibt es ja an sich keinen logischen Grund für solche Maßnahmen.

Gleichzeitig muss man aber auch selbstkritisch sein und sagen, dass auch wir uns immer wehren, wenn es um die freien Märkte geht und gegen das Herüberschwappen der Aktivität von Betrieben aus den befreundeten neuen Mitgliedsländern. Wir sind wahrscheinlich nicht wirklich sehr viel besser, wenn es um solche Dinge geht, als die Schweizer Freunde, die das derzeit praktizieren. Man muss jedoch darüber reden, und ich bin überzeugt, dass der Herr Bundesminister und sein Team das gut lösen werden.

Zum Thema Rumänien und Bulgarien zum EWR: Es ist sehr interessant, wie die Euro­päische Union, die EWR- und EFTA-Mitgliedsländer dieses Problem gelöst haben. Grundsätzlich kann ich die diesbezüglichen Äußerungen des Kollegen Veit Schalle nur unterstützen. Ich denke auch, dass man in Rumänien und Bulgarien, ohne Schwarzgel-


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der zu bezahlen, ohne korrupt zu sein, sehr vernünftig arbeiten kann. Es sind wahr­scheinlich sehr oft diejenigen, die selbst korrupt sind, die, wenn sie dorthin gehen, dort Korruption produzieren. Es gibt hier nicht nur die alleinige Verantwortung der rumäni­schen und der bulgarischen Menschen, die korrupt sind. Korrupt sind immer mindes­tens zwei.

In diesem Sinne bin ich froh darüber, dass dieser EWR-Vertrag mit den beiden Ländern geschaffen wird, weil ich glaube, dass das für die österreichische Wirtschaft ganz wichtige Märkte sind und wir dort auch sehr gute Zukunftsaussichten haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Glaser. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.29.30

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! In den beiden Punkten, die wir hier zu behandeln haben, zeigt sich in meinen Augen zum einen die enge beziehungsweise auch die breite europäische Realität. Zum einen reden wir über den Widerwillen Schweizer Verantwortlicher, eingegangene Verpflich­tungen tatsächlich auch umzusetzen, zum anderen geht es um die Erweiterung der Geltung des EWR-Abkommens um Rumänien und Bulgarien.

Abschottung ist kein Rezept für wirtschaftlichen Erfolg und Zusammenarbeit, und es ist auch unfair, wenn man zwar die Vorteile eines gemeinsamen Marktes genießen, aber die Herausforderungen, die damit verbunden sind, nicht annehmen will.

In diesem Sinne ist es sicherlich klar und gut, festzustellen, dass wir noch einen langen Weg zu einem gemeinsamen Europa haben, wobei dieses Europa größer ist als die Europäische Union. Trotzdem haben wir gestern mit dem EU-Reformvertrag einen wichtigen Schritt zu einem funktionsfähigeren Europa und für eine konstruktive Weiter­entwicklung der Union gesetzt. Europa muss meines Erachtens schlagkräftiger wer­den, wenn wir in Wirtschaftsfragen, in Sozialfragen, in Umweltfragen, in Sicherheits­fragen weltweit mitreden wollen. Und ich meine, das sollen, ja müssen wir.

Dazu gehört natürlich auch, dass Bulgarien und Rumänien dem Abkommen, das die bisherigen EU-Länder mit Island, Norwegen und Liechtenstein im Rahmen des europäischen Wirtschaftsabkommens abgeschlossen haben, beitreten. Auch dieses Abkommen zeigt, dass wir in Europa insgesamt zwar mit unterschiedlicher Intensität, aber doch in eine Richtung unterwegs sind. Wir werden diesem Abkommen daher gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.31


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Darf ich alle Damen und Herren des Hohen Hauses bitten, Platz zu nehmen, denn wir kommen zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 500 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 83

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 68.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumänien am Europäischen Wirt­schaftsraum samt Anhängen, Schlussakte und Erklärungen, in 443 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Arti­kels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, isländische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, norwegische, polnische, portugiesi­sche, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und inter­nationale Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

12.33.184. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (477 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (510 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 325/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergü­tung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte (511 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 511/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskrimi­nierung behinderter Menschen bei privaten Versicherungen (512 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neubauer. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.34.27

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die vorliegende Novelle des Gesetzes erfreut mich grundsätzlich, weil ich als Mitglied des Zivilinvalidenverbandes immer wieder und auch öffentlich für


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 84

diese Änderungen eingetreten bin. Die Verbesserungen durch die Erhöhung von Min­destersatzansprüchen, die Verlängerung einer Verjährungsfrist sowie die Einräumung eines Wahlrechts bei Schadenersatzfällen bei diskriminierender Beendigung eines Dienstverhältnisses sind ein erster positiver Schritt in die richtige Richtung, wie ich meine.

Wir hätten uns gefreut, wenn mit diesen Neuerungen, die in das Gesetz Eingang gefunden haben, gleichzeitig auch noch andere Verbesserungen durchgeführt worden wären. Wir haben nämlich auch gefordert, dass die Schaffung eines Unterlassungs- und Beseitigungsanspruches für entsprechende Diskriminierungstatbestände aufge­nommen hätte werden sollen. Gleichzeitig haben wir auch gefordert, die Streitbewer­tungsbegrenzung und Verfahrenserleichterungen im Klageverfahren hier mit aufzuneh­men, meine sehr geehrten Damen und Herren. Leider ist das nicht gelungen. Vielleicht werden wir uns in absehbarer Zeit dazu aufschwingen können, auch diese Ergän­zungen vorzunehmen.

Lassen Sie mich noch zur Ausgleichstaxe einige Bemerkungen machen. Wir sind der Meinung, dass Behinderte auch in diesem Bereich der Anstellung immer noch diskrimi­niert werden. Ich glaube auch, dass hier der Bund, die Länder und auch die Kom­munen Aufholbedarf haben. Deshalb haben wir vorgeschlagen, eine entsprechend progressive Ausgleichstaxe für diesen Fall zu schaffen, damit wir die Verantwortung seitens der Großunternehmen einfordern können, um so wirklich Gerechtigkeit für die Behinderten zu gewährleisten.

Wir haben auch geprüft, ob kleinere Unternehmen dadurch finanziell massiv zu Schaden kämen. Wir sind zur Ansicht gelangt, dass das nicht der Fall ist, weil Unternehmen unter 50 Beschäftigten aufgrund dieser progressiven Ausgleichstaxe nicht belastet worden und zu Schaden gekommen wären.

Wir stellen deshalb auch einen entsprechenden Abänderungsantrag, den ich hier zu Gehör bringen darf:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kickl, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen

1. Artikel 1, Ziffer 11 lautet:

„11. § 9 Abs. 2 lautet:

,(2) Der Ausgangswert für die Berechnung der monatlichen Ausgleichstaxe beträgt ab 1. Jänner 2007 209 Euro. Dieser Betrag ist in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem für den Bereich des Allgemeinen Sozialver­sicherungs­ge­setzes festgesetzten Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Der vervielfachte Betrag ist auf den nächsten vollen Eurobetrag zu runden, dabei sind Beträge unter 50 Cent zu vernachlässigen und Beträge von 50 Cent an auf einen vollen Euro zu ergänzen. Der gerundete Betrag ist der folgenden Anpassung zugrundezulegen. Der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz hat die jeweilige Höhe des Ausgangswertes für die Berechnung der monatlichen Ausgleichstaxe mit Verordnung festzulegen. Diese Verordnung kann auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Die Ausgleichstaxe für die erste behinderte Person, die zu beschäftigen wäre, ergibt sich aus dem Ausgangswert. Für jede weitere behinderte Person, die zu beschäftigen wäre, ergibt sich die Aus­gleichstaxe aus der Summe der Ausgleichstaxe der vorhergehenden Person und 50 vH des Ausgangswertes. Die Ausgleichstaxe darf das Fünffache des Ausgangswertes jedoch nicht überschreiten.‘“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 85

2. Die bisherigen Ziffern 11 und 12 werden zu Ziffern 12 und 13

*****

Ich ersuche um Annahme dieses Abänderungsantrags.

Schließlich möchte ich noch zum Tagesordnungspunkt 5 kurz Stellung beziehen. Der Antrag wurde im Ausschuss leider von den Regierungsparteien abgelehnt. Ich habe das deshalb bedauert, weil die derzeitige Regelung Mängel aufweist, die es zum Beispiel durch die Rückvergütung der NoVA ermöglichen, dass wirkliche CO2-Schleu­dern gekauft werden können. Der Zug zu größeren Autos ist dadurch gegeben, und so entsteht dadurch auch ein Nachteil für die Umwelt. Unsere Vorschläge wären gewe­sen, den Kauf von Gebrauchtwagen zu ermöglichen und 20 Prozent des Kaufpreises bis zu einem anrechenbaren Kaufpreis von 22 000 € rückzuvergüten.

Wir haben uns in diesem Punkt nicht durchgesetzt. Vielleicht zeigt die Zukunft, dass auch dieser Vorschlag richtig gewesen wäre, nämlich im Sinne der Behinderten, um sie entsprechend zu unterstützen, und zugleich auch ein richtiger Schritt im Sinne eines nachhaltigen Umweltschutzes. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Neubauer ein­gebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kickl, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (477 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Behinderten­ein­stellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (510 d.B.), in der 56. Sitzung des Nationalrates am 10. April 2008

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die dem Bericht (510 d.B.) angeschlossene Regierungsvorlage (477 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1, Ziffer 11 lautet:

„11. § 9 Abs. 2 lautet:

,(2) Der Ausgangswert für die Berechnung der monatlichen Ausgleichstaxe beträgt ab 1. Jänner 2007 209 Euro. Dieser Betrag ist in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit dem für den Bereich des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes festgesetzten Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Der vervielfachte Betrag ist auf den nächsten vollen Eurobetrag zu runden, dabei sind Beträge unter 50 Cent zu vernachlässigen und Beträge von 50 Cent an auf einen vollen Euro zu ergänzen. Der gerundete Betrag ist der folgenden Anpassung zugrundezulegen. Der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz hat die jeweilige Höhe des Ausgangswertes für die Berechnung der monatlichen Ausgleichstaxe mit Verordnung festzulegen. Diese Verordnung kann auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Die Ausgleichstaxe für die erste behinderte Person, die zu beschäftigen wäre, ergibt sich aus dem Ausgangswert. Für jede weitere behinderte Person, die zu beschäftigen wäre, ergibt sich die Aus-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 86

gleichstaxe aus der Summe der Ausgleichstaxe der vorhergehenden Person und 50 vH des Ausgangswertes. Die Ausgleichstaxe darf das Fünffache des Ausgangswertes jedoch nicht überschreiten.‘“

2. Die bisherigen Ziffern 11 und 12 werden zu Ziffern 12 und 13

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.40.13

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Recht herzlich begrüßen möchte ich auch die vierte Klasse der KMS in der Koppstraße. Es freut mich, dass Sie hier zu Besuch sind und an einer Nationalratssitzung teilnehmen können. (Allgemeiner Beifall.)

Die vorliegende Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz und Behindertengleich­stel­lungs­gesetz beweist wieder einmal die Poleposition des Sozialministers mit seinem Ministerium, denn hinsichtlich der Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie der EU betreffend den Bereich der behinderten Menschen sind wir Vorreiter, sind wir die Ersten.

Es ist wichtig, dass in diesem Gesetz zum Beispiel die Erhöhung des Min­destschadenersatzes geregelt wird. Bis jetzt betrug er 400 €, jetzt findet eine Erhöhung auf 720 € statt.

Weiters ist es wichtig, dass klargestellt wird, dass es Schutz vor Diskriminierung auch bei Beendigung oder bei Kündigung von Dienstverhältnissen gibt.

Ebenso ist es wichtig, dass eine Verlängerung der Verjährungsfrist für die Geltend­machung von Schadenersatzansprüchen, das heißt, wenn man diskriminiert wurde und einen Schadenersatzanspruch anmeldet, auf ein Jahr gewährleistet ist.

Somit haben behinderte Menschen wesentlich stärkere, wesentlich kräftigere Instru­mente in der Hand, um sich gegen Diskriminierung zu wehren und für Gleichstellung in unserer Gesellschaft zu kämpfen. Das ist eine gute Regelung, durch die behinderte Menschen in eine günstigere Lage als bisher versetzt werden, und es ist wichtig, dass wir heute diese Gleichbehandlungsrichtlinie umsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch zu Anträgen der Opposition sprechen, vor allem möchte ich da die Bereiche der Ausgleichstaxe hervorheben – eine Ausgleichstaxe müssen Unternehmen bezahlen, die nicht die erforderliche Anzahl behinderter Menschen einstellen.

Diesbezüglich teilen wir die Analyse mit den Oppositionsparteien, allerdings ist es uns wichtig, werte Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsparteien, zu sehen, dass wir an einer Lösung interessiert sind, die auch von der Wirtschaft getragen wird. Es gibt sehr intensive Verhandlungen und Entwicklungen von Programmen, um die Weiter­entwicklung der Ausgleichstaxzahlungen in unserem Land voranzutreiben.

Der Bund hat in seinem eigenen Bereich eine sehr ambitionierte Vorgangsweise gewählt, denn die Planstellen für behinderte Menschen, die bis jetzt immer auf Son­derpositionen sozusagen ausgesondert wurden, wurden in den normalen Dienst­postenplan integriert, und weiters wurde verankert, dass es eine zehnprozentige Steigerung der Zahl von behinderten Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, geben muss. – Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Anspruch, das ist eine sehr


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 87

wichtige Maßnahme, damit behinderte Menschen ins Wirtschaftsleben integriert wer­den. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ein weiterer Punkt betrifft die Frage der Pflegegeldeinstufung. Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist so: Beim Pflegegeld gibt es ja verschiedene Arbeitsgruppen im Sozialministerium, und natürlich wird auch dort an einer besseren Einstufung von demenzkranken Menschen und an einer besseren Pflegegeldeinstufung von behin­derten Kindern gearbeitet. Auch diesbezüglich wird es im Laufe des heurigen Jahres zu Abschlüssen kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch diese Vorlagen beweist Sozialminister Erwin Buchinger mit seinem Sozialministerium wieder, ein starker Partner für behinderte Menschen zu sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 3 Minuten. – Bitte.

 


12.45.06

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Es dauert fast 3 Minuten, bis ich aus meiner Poleposition hierher komme. – Ja, behinderte Menschen haben heute durch eine bessere Schulbildung bessere Chancen, auch in der freien Wirtschaft eine Anstellung zu finden, und das ist nicht zuletzt aufgrund des Behindertengleichstellungsgesetzes erfolgt.

Heute beschließen wir wesentliche Verbesserungen in diesem Bereich durch die Erhöhung des Mindestschadenersatzes von 400 € auf 720 €, oder auch dadurch, dass die Schadenersatzfristen bei Belästigung verlängert werden. – Das ist, glaube ich, sehr wichtig.

Es ist nicht der Endpunkt, wir werden daran weiterarbeiten! Der Weg ist das Ziel.

Dass das Behindertengleichstellungsgesetz greift, zeigt auch eine Umfrage des Bun­dessozialamtes: Im Rahmen von Schlichtungsverfahren haben 78 Prozent dieses flexible Verfahren als sehr gut bewertet, und über 50 Prozent haben nach dem Schlich­tungsverfahren auch persönliche Verbesserungen in ihrem Lebensbereich resümiert.

Wir haben mit dem Behindertengleichstellungsgesetz auch einen Entschließungs­antrag verabschiedet, in dem die Länder aufgefordert wurden, ihre Bauordnungen im Bereich der Barrierefreiheit zu harmonisieren. Hier besteht noch dringender Hand­lungsbedarf, und ich fordere die Länder auf, mit dem Bund in Verhandlungen zu treten und hier eine Artikel-15a-Vereinbarung zu machen, die sehr wichtig wäre.

Heute eröffnet die „Lebenshilfe Österreich“ eine internationale Tagung zum Thema „Bildung für alle“. Das ist eine sehr wichtige Initiative, für die ich mich bei der „Lebens­hilfe Österreich“ bedanken möchte. Ich glaube, dass hier, im Schulbereich, der Erfah­rungs­austausch sehr wichtig ist. Österreich hat ja beispielgebend einiges vorzuweisen, da wir die schulische Integration im Regelschulwesen schon seit zehn Jahren betrei­ben. Andererseits benötigen auch wir internationalen Erfahrungsaustausch, um die Integration nach der neunten Schulstufe voranzutreiben.

Best-Practice-Beispiele sind Wegweiser für die Politik. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

12.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidl­mayr. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Huainigg fährt an den Abgeordnetenbänken entlang, um für Abg. Haidlmayr Platz zu machen.)

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 88

12.49.08

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident, bevor ich jetzt auf die Tagesordnung eingehe: Ich glaube, Sie haben jetzt wieder deutlich gesehen, wie notwendig es ist, dass der Plenarsaal endlich umgebaut wird (Beifall bei den Grünen), und dass wir Barrierefreiheit brauchen, und zwar Barrierefreiheit überall hier in diesem Hohen Haus. (Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Prinz.)

Ich ersuche Sie, Herr Präsident, das nicht länger zu verzögern, sondern zuzustimmen, damit dieses Haus barrierefrei wird, denn Sie müssen damit rechnen, dass in Zukunft nicht nur zwei RollstuhlfahrerInnen im Haus sind, sondern unter Umständen viel, viel mehr Menschen mit Behinderungen. (Abg. Großruck: Das ist ja eh schon vereinbart!) Und da muss auch das Parlament bereit sein, auf die verschiedenen Formen von Behinderungen ohne Kompromiss einzugehen und die Gleichstellung auch umzu­setzen. (Abg. Großruck: Frau Haidlmayr, das ist ja ...!) – Das nur zum Thema Plenarsaal, jetzt möchte ich auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt zu sprechen kommen.

Herr Minister, Sie werden es nicht glauben, wir stimmen zu – ich habe Ihnen das auch schon im Vorfeld gesagt –, nämlich deshalb, weil es zumindest ein Schritt in die richtige Richtung ist, da sowohl das Behindertengleichstellungsgesetz als auch das Behinderteneinstellungsgesetz einige wenige positive Veränderungen erfahren.

Zum Beispiel finden wir es gut und wichtig, dass jetzt die diskriminierenden Begriffe beseitigt wurden, dass wir Menschen mit Behinderungen nicht mehr Menschen mit Gebrechen sind, sondern als „Menschen mit Behinderungen“ bezeichnet werden – was wir ja auch sind –, und dass es, und das finde ich so wichtig, in dieser Regie­rungsvorlage auch gelungen ist, Diskriminierung auf die subjektive Empfindung einer Person abzustellen: Was für den einen okay ist, kann für den anderen eine schwere Diskriminierung sein. Diese Gesetzesänderung stellt darauf ab, und das finde ich wichtig und gut. Ich finde es auch wichtig und gut, dass Sie den Schadenersatz bei Belästigung von 400 € auf 720 € erhöhen. – Das wird zwar die Welt nicht verändern, aber ein bisschen etwas ist es auch.

Aber damit Sie jetzt nicht glauben, vor lauter Lob nichts mehr tun zu müssen, muss ich Ihnen natürlich auch noch sagen, welche wesentlichen Punkte uns fehlen: Herr Minister! Wir haben, glaube ich, seit Inkrafttreten des Behindertengleich­stellungsgeset­zes darauf aufmerksam gemacht, dass dies ein Gesetz ist, das relativ zahnlos ist und große Lücken hat, und diese Lücken sind bis heute nicht geschlossen. Herr Minister! Ich möchte nur auf ein paar aufmerksam machen, die wesentlich sind, damit es nicht nur eine Evaluierung des Behindertengleichstellungsgesetzes gibt, sondern eine Novellierung, denn das ist etwas ganz anderes, und wir brauchen eine Novellierung.

Zum Beispiel brauchen wir im Behindertengleichstellungsgesetz eine Beweislastum­kehr: dass nicht ich beweisen muss, dass ich diskriminiert wurde, sondern dass der oder die andere beweisen muss, dass er/sie mich nicht diskriminieren wollte. – Das ist ein anderes Rechtsinstrument, das Menschen mit Behinderungen brauchen und für das wir kämpfen. Herr Minister! Wir hoffen, dass wir zumindest nächstes Jahr ein Gesetz verabschieden können, das diese Beweislastumkehr sicherstellt.

Herr Minister, wir brauchen auch Verfahrenserleichterungen und Streitwertbegren­zun­gen! Denn wenn heute jemand eine Schlichtung hat und diese Schlichtung negativ ausgeht, dann hat er die Möglichkeit zu klagen, aber wer traut sich das schon an­gesichts der Tatsache, dass eine Klage erstens irrsinnig schwierig ist und dass es zweitens keine Streitwertbegrenzung gibt? Trauen Sie sich, wenn ich so in die Runde


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 89

schaue, als Privatperson die ÖBB zu klagen? Würden Sie sich trauen, das Museums­Quar­tier zu klagen?

Ich bin realistisch: Ich traue es mich nicht, weil ich ganz einfach die finanziellen Möglichkeiten nicht habe, mich gegen sie durchzusetzen. Für die bedeutet ein Ver­fahren weniger als die Portokassa, für Menschen mit Behinderungen kann es mehr als die persönliche Existenz sein, denn es kann unter Umständen das Fortkommen der gesamten Familie in Frage stellen. – Man braucht einfach eine Streitwertbegrenzung, damit man sich auch auf Klagen einlassen kann.

Ich kann Ihnen ein praktisches Beispiel bringen, das ich seit dreieinhalb Monaten verfolge: Im MuseumsQuartier ist seit dreieinhalb Monaten der Lift kaputt. Glauben Sie, dass sich irgendjemand auch nur einen Millimeter bewegen würde, um diesen Lift zu reparieren? – Nichts da! Ich kann aber keine Klage einreichen, denn die Errichtungs- und BetriebsgesmbH des MuseumsQuartiers hat so viel Geld, dass es mich oder andere umbringen würde, gegen sie ein Verfahren anzustrengen. Darum geht es nicht!

Herr Minister, wir brauchen das einfach! Wir brauchen eine Streitwertbegrenzung und wir brauchen eine Verfahrenserleichterung, wir brauchen die Unterlassung und wir brauchen die Beseitigung von Diskriminierung. Alles in allem: Wir brauchen ein gutes, ein novelliertes Behindertengleichstellungsgesetz – und zwar nicht irgendwann, son­dern spätestens 2009 mit Inkrafttretenstermin spätestens, weil ich großzügig bin, 1. Jänner 2010. (Beifall bei den Grünen.)

12.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haub­ner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.55.12

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit einerseits den inhaltlichen Anpassungen an das Gleichbehandlungsgesetz, um die es heute geht, und andererseits der Verbesserung der Instrumentarien im Behinderten­gleichstellungsrecht befassen wir uns wieder etwas intensiver mit einem Gesetz, das mit 1. Jänner 2006 in Kraft gesetzt wurde und das einen ganz wichtigen Schritt in Richtung Absage an jegliche Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellt.

Das gemeinsame große Ziel dieses Gesetzes war damals, dass es in Österreich selbstverständlich sein muss, dass Menschen mit Behinderungen einen Anspruch auf ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben haben und dass sie nicht wie in der Vergangenheit und zum Teil auch heute noch nur Bittsteller oder Almosenempfänger sind, sondern als Bürger mit besonderen Bedürfnissen wahrgenommen werden und auch am Berufs- und Arbeitsleben und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kön­nen.

Es war damals auch wichtig, dass wir gesagt haben, es braucht eine möglichst einfache Durchsetzung der Rechte der Menschen mit Behinderung, und daher sage ich: Gut gelungen ist sicher die Schiene der Mediation, die Schiene der Schlichtungs­verfahren, die da eingeschoben wurde. Die neuesten Zahlen zeigen ja, dass davon sehr oft Gebrauch gemacht wird und dass auch sehr vieles im Sinne der Menschen mit Behinderungen erledigt werden kann.

Ich glaube, es war damals auch richtig, einen weisungsfreien Behindertenanwalt einzusetzen, der eine Verbindung herstellt und die Anliegen der Menschen dorthin transportiert, wohin sie gehören: hier zu uns ins Parlament beziehungsweise zu den Regierungsverantwortlichen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 90

Es war auch richtig – um nur einige Beispiele zu nennen –, einen sogenannten Etappenplan für die öffentlichen Bauten, was den Abbau von Barrieren anlangt, zu erstellen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir können sagen, dass dieses Gesetz Vorbildwirkung hat, und – ich spreche mit den Worten des Herrn Bundesministers Buchinger – ein großer Erfolg war und ist. Wenn ein Gesetz aber weiterhin erfolgreich für die Menschen sein soll – und das wollen wir alle –, dann muss man aus den Erfahrungen der letzen zwei Jahre lernen, muss immer wieder verbessern, darf nicht stehen bleiben, muss weiterentwickeln.

Daher finde ich es absolut sinnvoll, dass bei dieser Regierungsvorlage einige wesent­liche Punkte geändert werden, wie unter anderem die Erhöhung der Mindestschaden­ersatzsumme bei Belästigung, die Erhöhung der Mindestschadenersatzsumme bei Diskriminierung in einem Arbeitsverhältnis auf zwei Monatsgehälter und vor allem auch die Verlängerung der Verjährungsfrist bei Schadenersatzansprüchen auf ein Jahr. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Dass aber in Zukunft hier noch sehr viel zu tun ist, ist auch klar, und ich möchte nur eines besonders herausgreifen: Ich glaube, ein wichtiges Anliegen von uns allen muss sein, dass die Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderungen weiter ver­bessert wird. Ich glaube, dass das nicht nur durch mehr oder höhere Strafen für Betriebe geschehen kann, dass das nicht nur durch einen noch weiter verstärkten Kündigungsschutz geschehen kann, sondern dass es auch Anreize für Betriebe geben muss. Es soll also nicht nur Strafen, sondern auch Anreize für Betriebe geben, damit diese Menschen mit Behinderungen, die ihre Leistungen erbringen, die ihre Stärken haben, im Betrieb aufnehmen und in den Betrieb integrieren. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, da bietet sich die Steuerreform, von der ja so viel geredet wird – auch eine Steuerentlastung, aber vor allem die Steuerreform –, bestens an, um zum Beispiel für Betriebe, die nicht dazu verpflichtet sind, Menschen mit Behinderungen aufzunehmen, weil sie kleine Betriebe sind, ein Anreizsystem zu etablieren, indem man eine Unter­stützung gewährt. (Beifall beim BZÖ.)

Andererseits braucht es aber auch, meine ich, verlässliche Budgetmittel im ent­sprechenden Ausmaß, so wie es in der Vergangenheit die Behindertenmilliarde war und auch jetzt noch ist, die möglich macht, dass Menschen mit Behinderung umfas­sende und gute Qualifizierungsmaßnahmen bekommen und dass vor allem auch die Arbeitsassistenz weiter ausgebaut und verstärkt wird.

Es gibt etwas, das mir in diesem Zusammenhang noch fehlt. Ich habe es im Ausschuss schon gesagt, und auch Kollege Huainigg hat darauf hingewiesen. Ich appelliere an Sie, Herr Bundesminister: Im Jahr 2006 wurde hier im Hohen Haus ein Initiativantrag einstimmig beschlossen. Die damalige Bundesministerin wurde aufgefordert, mit den Ländern in Kontakt zu treten und eine Harmonisierung im Bereich des barrierefreien Bauens im Rahmen einer Artikel-15a-Vereinbarung zu schaffen. Das wurde hier beschlossen, und ich meine, dieses Projekt darf nicht einschlafen.

Es war im Antrag schriftlich vermerkt, dass das bis zum Jahr 2007 zu erfolgen hat. Jetzt haben wir schon das Jahr 2008 und ich denke, es ist absoluter Handlungsbedarf. Ich nehme es einfach nicht zur Kenntnis, dass eine Koalition aus ÖVP und SPÖ bei allen Bestrebungen, die die Länder betreffen, sagt: Wir wollen ja, aber wir können nicht, weil die Länder nicht wollen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.) Ich sage, gerade in den Ländern sind die Baureferenten genauso wie im Jugendbereich oder im Sozialbereich meistens von der SPÖ oder von der ÖVP. Ich denke, hier muss man doch zusammenkommen. Es heißt immer, eine große Koalition bewältigt große Projekte. Das wäre ein Projekt, das zustande kommen müsste. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 91

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt auch unter diesem Tagesord­nungs­punkt einige FPÖ-Anträge. Ich möchte einen herausgreifen. Hier geht es um die Verbesserung beim Kauf eines Fahrzeuges für Menschen mit Behinderung. Ich denke, dass wir derzeit ein System haben, das sich grundsätzlich bewährt hat, weil es sozial ausgeglichen, gestaffelt und ein gutes Paket ist. Ich bin aber absolut dafür, dass man auch bestehende Pakete einmal durchforstet und schaut, wie der Zugang ist für die Menschen, die das brauchen. Ist der Zugang einfach und transparent? Kommt die Förderung – und es gibt viele Förderungen bei Anschaffung eines Kraftfahrzeuges – wirklich dort hin, wo sie hinkommen soll, nämlich zu den Menschen, die sie brauchen?

Daher werden auch wir diesem Antrag heute unsere Zustimmung geben, um zu diesem Thema die Dinge auf den Tisch legen zu können und zu schauen: Ist es notwendig, hier etwas zu ändern, oder können wir, weil sich das System gut bewährt hat, bei diesem System bleiben? – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

13.03



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 92

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.03.12

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Kollegin Haubner, Sie haben in Ihrer Rede vergessen zu sagen, dass auch Sie als Ministerin zum Themenbereich Barrierefreiheit nicht viel weitergebracht haben, jetzt aber Forderungen stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich glaube, das sollte man der Ordnung halber erwähnen. Sie haben vergessen, das zu sagen, darum sage ich es jetzt.

Sehr verehrte Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 6 beinhaltet ein Thema, bei dem es um einen Entschließungsantrag der Freiheitlichen geht, der heute rück­verwiesen werden soll mit der Empfehlung, ihn im Justizausschuss zu behandeln. Es geht um die Diskriminierung behinderter Menschen bei privaten Versicherungen. Im Ausschuss haben wir ganz kurz darüber diskutiert. Ich glaube, es ist wichtig, bei der Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass das natürlich auf den ersten Blick ein Thema ist, bei dem man sagen kann: Na selbstverständlich, wer will eine Diskriminierung von Behinderten? Also weg damit! Wer trotzdem diskriminiert, soll bestraft werden. – So wird es im Antrag auch verlangt.

Auf den zweiten Blick muss man sich natürlich die Frage stellen, ob es zulässig ist, dass jemand, der ein höheres Risiko hat, auch eine höhere Prämie zahlt. Bei privaten Versicherungen ist das momentan Grundprinzip. Ich denke, dass das nicht nur auf die Behinderten anzuwenden ist, es ist beispielsweise auch in der Krankenversicherung so: Wenn jemand einen Herzinfarkt hat und sich lebensversichern oder krankenver­sichern lassen will, wird er eine höhere Prämie zahlen müssen.

Wo beginnt demnach die Diskriminierung und wo endet sie? Bei einer Auto- oder einer Sachversicherung haben wir ein Bonus-Malus-System, also die am stärksten aus­geprägte Form. Ich glaube daher, dass es wichtig ist, dass dieses Thema seriös, ordentlich aufgearbeitet wird und kann den Kolleginnen und Kollegen im Justiz­ausschuss nur empfehlen, in diesem Zusammenhang einen Dialog mit dem Versiche­rungsverband anzugehen.

Es gibt zu diesem Antrag keine Ablehnung der sozialdemokratischen Fraktion, sondern den Hinweis und die Bitte, dieses Thema auch unter den Aspekten zu sehen, die ich erwähnt habe, und sich zu fragen: Wo beginnt die Diskriminierung und wo endet sie? – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.05


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Riener. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.05.27

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Wir hatten gestern eine Debatte zum EU-Reformvertrag. Ein wichtiger Aspekt bei diesem EU-Reformvertrag ist die Implementierung sozialer Bereiche sowie deren Weiterentwicklung. Gerade eine EU-Richtlinie bringt uns auch diese Weiterentwicklung im Behindertengleichstellungs­gesetz beziehungsweise Behinderteneinstellungsgesetz.

Es wurde schon von einigen Kolleginnen und Kollegen, vor allem von meinem Kollegen Franz-Joseph Huainigg darauf hingewiesen, dass es Verbesserungen im Bereich Mindestschadenersatz und bei Nichtbegründung von Dienstverhältnissen gibt. Ich möchte aber besonders hervorheben, dass es auch eine Verjährungsfristerhöhung von sechs Monaten auf ein Jahr gibt, wenn es um Belästigung geht. Diese Verlängerung ist mir besonders wichtig, weil ich weiß, dass man in einer solchen Situation verunsichert ist, nicht weiß, was man tun muss, und oft stützende Gespräche braucht, um sich überhaupt Klarheit darüber zu verschaffen, wie man weiter vorgehen möchte. Dieser Prozess braucht Zeit. Deswegen ist diese Fristverlängerung von großer Bedeutung.

Ebenso begrüße ich, dass bei Mehrfachdiskriminierungen klar darauf hingewiesen wird, dass die Schlichtungsstelle zuständig ist, denn gerade in diesem Schlichtungs­verfahren kann einiges aufgearbeitet werden. Die Mediation – als Mediatorin weiß ich, wovon ich spreche – ist nämlich ein Prozess, bei dem Beteiligte darin unterstützt werden sollen, ein bisschen in die Schuhe des anderen zu schlüpfen, also ein bisschen Verständnis für die Situation des anderen zu bekommen. Ich glaube, es ist für unsere Gesellschaft sehr, sehr wichtig, ein bisschen Verständnis füreinander zu entwickeln. Das ist dann ein Gewinn für unsere gesamte Gesellschaft. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.07


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.07.36

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Bundes-Behindertengleichstel­lungsgesetz ist neben der Anerkennung der Gebärdensprache ein bedeutender Schritt in Richtung Gleichstellung behinderter Menschen in allen Lebenslagen gesetzt worden. Seit dem Jahr 2006 haben Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, sich gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen und selbstbewusst ihr Recht einzufordern.

Schlichtungsverfahren und Mediation beim Bundessozialamt – dieses Instrument hat sich ausgezeichnet bewährt, meine Damen und Herren. Diese Schlichtung im Vorfeld einer Klage bei Gericht hat sich als effizientes Mittel für eine rasche Prüfung und eine Lösung herausgestellt. Auch wenn das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz 2006 im Bereich der Gleichstellung in der Arbeitswelt und im täglichen Leben wesentliche Verbesserungen gebracht hat, zeigen die Erfahrungen aus den beiden letzten Jahren, dass es dennoch notwendig ist, immer wieder Nachbesserungen durchzuführen.

Herr Bundesminister, wir haben eine Übergangsfrist von zehn Jahren, was Barriere­freiheit und so weiter betrifft, das heißt, wir haben noch acht Jahre Zeit. Es ist aber dennoch notwendig, dass bei den Gebäuden, bei den Infrastrukturmaßnahmen, bei den Verkehrsmitteln und so weiter laufend die Barrierefreiheit umgesetzt und ständig überprüft wird. Lücken im Behindertengleichstellungsgesetz müssen meiner Meinung


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 93

nach so schnell wie möglich weiterentwickelt und geschlossen werden. Sämtliche Dinge, die mit heutigem Tag eine Verbesserung in diesem Bereich bewirken, sind meiner Meinung nach zu begrüßen.

Ich begrüße die Klarstellung bei der Beurteilung, ob eine Diskriminierung oder eine Belästigung vorliegt, zusätzlich zum subjektiven Empfinden der betroffenen Personen. Ich begrüße auch die Erhöhung des Mindestschadenersatzes in Fällen von Dis­kriminierungen, die Erhöhung der Mindestschadenersatzsumme von derzeit 400 € auf 720 € sowie die Verlängerung der Verjährungsfrist.

Abschließend ist in diesem Bereich noch zu betonen, dass vor allem eine möglichst einfache Durchsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderung, die sich diskriminiert fühlen, im Vordergrund stehen muss.

Zum Diskriminierungsschutz bei Auflösung von Dienstverhältnissen gibt es unter­schiedliche Auffassungen. Auch die Behindertenorganisationen sind oft unterschied­licher Meinung. Jemand, der einen Job hat, sagt: Lasst bitte den besonderen Kün­digungsschutz, er sollte noch ausgeweitet werden. Jene, die keinen Job haben und eine Arbeit suchen, sagen: Weicht bitte diesen besonderen Kündigungsschutz auf, dann kriegt man leichter Arbeit. – Hier scheiden sich die Geister auch bei den Betroffenen selbst.

Es ist aber meiner Meinung nach wichtig, daran weiter zu arbeiten und durch Bewusstseinsbildung diese Barrieren in den Köpfen der einzelnen Menschen, auch in den Unternehmen, abzubauen. Ich bin auch dafür, dass man, anstatt Bestrafungen anzuordnen, Anreize schafft, um mehr behinderte Menschen bei Betrieben unterzu­bringen.

Wenn man den Antrag des Kollegen Hofer von der FPÖ anschaut – da geht es um eine Änderung betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaf­fung von Kraftfahrzeugen –, so muss ich eines sagen: Man sollte grundsätzlich darüber sprechen, was und wie man in diesem Bereich gestaltet, da bin ich immer dafür. Es ist aber so, dass sich das System, das wir jetzt haben, irgendwie bewährt hat. (Abg. Haidlmayr: Es hat sich nicht bewährt!) – Frau Kollegin, Sie haben eine Meinung. Auch wenn Sie selbst eine Behinderung haben, haben Sie eine Meinung, aber andere haben eine andere Meinung.

Es gibt eine soziale Staffelung. Es ist nun einmal so, dass sich viele Leute – so habe ich das empfunden – oft nicht richtig auskennen. Die Anlaufstellen sind immer die Landesstellen des Bundessozialamtes, dort werden sie beraten. Ich glaube, dass sie dort ordentlich darüber beraten werden, was man bei der Anschaffung eines Kraftfahrzeuges wie unterstützt. So sollte man das auch handhaben. (Beifall beim BZÖ.) Es ist sehr vielseitig. Es werden Leasing-Angebote gefördert, es werden Ge­brauchtwagen gefördert, wenn sie gewährleisten, dass sie noch fünf Jahre verkehrs­tauglich sind.

Was den Antrag des Kollegen Hofer zu privaten Versicherungen betrifft: Es ist uns allen bekannt, dass es hier ein Problem gibt, dass sich Versicherer oft weigern, Versicherungen im personellen Bereich von Menschen mit Behinderungen abzu­schließen, obwohl gemäß dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz niemand auf­grund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Das gilt auch für diesen Bereich. Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, darauf hinzuweisen.

Wir haben hier auch einen Vorschlag. Ich bringe daher folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 94

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dolinschek, Ursula Haubner und Kollegen betreffend finanzielle Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgrund von Diskriminierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, dem National­rat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die Einrichtung eines Fonds zur finanziellen Unterstützung von Menschen mit Behinderungen für die Rechtsdurchsetzung bei Diskriminierung vorsieht.“

*****

Herr Bundesminister, ich weiß, dass das eine Querschnittsmaterie ist und dass vieles davon auch in den Bereich Konsumentenschutz hineinfällt. Eine Musterklage könnte – wo auch Sie zuständig sind – der VKI führen. Es ist für diese Menschen oft sehr schwierig, sich kurzfristig beraten zu lassen und eine solche Klage durchzuführen, weil sie die finanziellen Mittel nicht haben.

Auf der einen Seite den Konsumentenschutz mit einschalten, auf der anderen Seite einen Fonds einrichten – das wäre meiner Meinung nach die richtige Maßnahme in diesem Bereich. (Beifall beim BZÖ.)

13.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der soeben eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dolinschek, Ursula Haubner und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (512 d.B.) über den Antrag 511/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierung behinderter Menschen bei privaten Ver­sicherungen

betreffend finanzielle Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgrund von Diskriminierung

Menschen mit Behinderungen berichten oftmals über erhebliche Schwierigkeiten eine Versicherungsanstalt zu finden, bei denen Sie eine private Versicherung abschließen können. Insbesondere ist es für die betroffenen Personen oftmals nicht möglich, eine Versicherungsanstalt zum Abschluss einer Personenversicherung (insbesondere Krankenversicherung, Pflegeversicherung) zu bewegen. Obwohl das Bundes-Behin­dertengleichstellungsgesetz regelt, dass niemand aufgrund einer Behinderung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf sind aber Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich evident. Grundsätzlich hat die betroffene Person bei Verletzung des Diskriminierungsverbotes Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Oft reichen aber die finanziellen Mittel der Menschen mit Behin­derungen nicht aus um ihr Recht wirklich durchzusetzen. Zur Rechtsdurchsetzung soll daher ein entsprechender Fonds eingerichtet werden, der bei Diskriminierung finanzielle Belastungen für diese Menschen verhindern soll.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 95

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, dem National­rat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die Einrichtung eines Fonds zur finanziellen Unterstützung von Menschen mit Behinderungen für die Rechtsdurchsetzung bei Diskriminierung vorsieht.“

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.14.41

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auch ich begrüße die Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz und zum Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, die wir heute beschließen werden. Ich denke, das ist ein richtiger, positiver Schritt in Richtung Antidiskriminierung behinderter Menschen. Es ist auch ein weiterer wichtiger Schritt zu mehr Partizipation und für mehr Chancen für behinderte Menschen. Ich denke, die Politik ist gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit behinderten Menschen die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Teilhabe ermöglicht wird und damit alle Menschen für dieses Thema sensibilisiert werden.

Meine persönliche Wahrnehmung und Erfahrung ist, dass sich in den letzten Jahren im Umgang – und im Selbstverständnis im Umgang – mit behinderten Menschen vieles zum Positiven verändert hat. In vielen Bereichen wird für und mit behinderten Men­schen gearbeitet, und es arbeiten auch schon viele behinderte Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen. Ich finde, das ist eine sehr wichtige und ganz, ganz positive Entwicklung, so werden die Barrieren in den Köpfen der Menschen allmählich abgebaut.

Auch auf der gesetzlichen Ebene wurde in den letzten Jahren viel getan – auch das ist heute schon angesprochen worden. Es wurde zum Beispiel die Gebärdensprache als Amtssprache anerkannt. Im Bildungswesen wird immer daran gearbeitet, dass Integration gelebt wird. Auch in vielen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wird unter­strichen, dass es wichtig ist, behinderte Menschen immer wieder in den so genannten ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

Ich bin auch der Meinung, dass sehr viele Städte und Gemeinden bereits jetzt barrierefrei und behindertengerecht bauen. Im öffentlichen Raum, zum Beispiel auch in meiner Heimatgemeinde, wird viel getan. Das ist noch immer viel zu wenig – da gebe ich Ihnen schon recht, Frau Kollegin –, aber es wird sicher auch jetzt schon viel gemacht.

Ein ganz wichtiger Bereich ist natürlich der Bereich Arbeit, weil durch Arbeit, durch Erwerbsarbeit, das selbstbestimmte Leben möglich gemacht wird. Ich denke, das heutige Gesetz – das wurde schon angesprochen – ist in vielen Bereichen ein wert­voller Beitrag zu einem Mehr an Akzeptanz von behinderten Menschen in der Arbeitswelt.

Damit bin ich sehr zufrieden. – Nicht zufrieden bin ich noch immer mit der Situation von behinderten Menschen, die Arbeit suchen. Ich erlebe selbst immer wieder, dass es


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 96

sehr, sehr schwierig ist. Man hat den Eindruck, dass Menschen mit Beeinträchtigungen in der Arbeits- beziehungsweise in der Erwerbswelt wirklich behindert werden und dass es schwierig ist, für behinderte Menschen geeignete Arbeitsplätze zu finden, trotz guter Fördermaßnahmen.

Bundesminister Buchinger hat die „Bonusaktion – Aktion 500“ ins Leben gerufen. Trotzdem kommen viele Unternehmen ihrer Einstellungspflicht nicht nach. Ich denke, wir sind alle gefordert, in die Richtung zu arbeiten, dass mehr behinderte Menschen Arbeit beziehungsweise Erwerbsarbeit finden. Ich finde es sehr schade, dass die Ressourcen dieser oft höchst motivierten Menschen – und immer wieder sind sie auch zu Gast in meiner Sprechstunde – nicht genutzt werden.

Ich denke, die Wirtschaft muss auch hier ihre Verantwortung wahrnehmen, denn – ich habe es schon angesprochen – Arbeit ist einfach wichtig für die Selbstbestimmung behinderter Menschen. Ich denke, behinderte Menschen müssen beweisen können, dass sie leistungsfähig und leistungsbereit sind und ihr Leben selbstbestimmt leben können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mikesch. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.18.19

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Unternehmerinnen und Unternehmer sind sich ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den Menschen mit Behinderung sehr wohl bewusst und nehmen diese auch wahr.

Im Dezember 2006 waren von rund 61 000 erwerbstätig begünstigten Behinderten zirka 48 000 bei einstellungspflichtigen Dienstgebern tätig. Es ist aber ein wichtiger Ansatzpunkt, dass rund 10 000 Beschäftigte bei nicht einstellungspflichtigen Dienst­gebern waren. Ich denke, das ist ein wichtiger Ansatzpunkt für uns in der Zukunft!

Die bestmögliche Förderung der Integration von Menschen mit Behinderung ist sicher­lich deren Eingliederung in die Arbeitswelt. Ich bin aber überzeugt, dass man nicht nur auf die Verschärfung von Strafbestimmungen setzen sollte, sondern auch Anreiz­systeme für Betriebe viel Positives bewirken können.

Generell muss darauf geachtet werden, dass gut gemeinte Maßnahmen im täglichen Leben nicht das Gegenteil bewirken. Die Praxis zeigt uns, dass es immer wieder gut ausgebildete behinderte Menschen gibt, die auf eine Einstufung als begünstigter Behinderter beim Bundessozialamt verzichten, da der Kündigungsschutz ein Hemmnis ist. Es ist zu befürchten, dass der Diskriminierungsschutz bei Auflösung während der Probezeit, den wir heute beschließen, dazu führen wird, dass vielleicht weniger Probedienstverhältnisse abgeschlossen werden.

Im Jahr 2005 haben zirka 11 000 Unternehmen ihre Einstellungspflicht nicht erfüllt oder konnten sie vielleicht auch nicht erfüllen. Gerade im ländlichen Raum ist es für die Betriebe oft sehr, sehr schwierig, ihre Pflichtzahl überhaupt zu erfüllen, weil weniger begünstigte Behinderte auf den Arbeitsmarkt drängen, als einzustellen wären.

Trotzdem sollten wir darüber nachdenken, wie man Betriebe bei der Integration besser motivieren und unterstützen könnte. Ein wichtiger Ansatz dabei wäre, Anreize für Klein- und Mittelbetriebe zu schaffen, die gar nicht der Einstellungspflicht unterliegen. Wir wissen, dass ein Großteil der Betriebe wenige Mitarbeiter hat und damit zu den Klein- und Mittelbetrieben zählt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 97

Eine flexiblere Regelung des Kündigungsschutzes wäre hier sicher ein sehr wichtiger Aspekt (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr), denn jeder zusätzliche Arbeitsplatz würde im täglichen Leben sehr viel helfen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

13.20


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.21.02

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Eingangs möchte ich doch fest­halten, dass ich zu 100 Prozent davon überzeugt bin, dass die Probleme von behinderten Menschen allen Abgeordneten hier im Hohen Haus und unserem sehr geschätzten Herrn Bundesminister immer und sehr am Herzen liegen. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Ich schätze auch das sehr große Engagement des Kollegen Hofer in diesem Bereich sehr, aber dennoch muss ich sagen, dass wir seinem Antrag betreffend die Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen aus fol­genden Gründen nicht zustimmen können: Für behinderte Menschen, welchen es nicht zumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, gibt es derzeit – und das ist auch sehr erfreulich – schon eine große Anzahl an Begünstigungen und Förderungen bei einem Autokauf.

So gibt es zum Beispiel eine finanzielle Unterstützung aus Mitteln des Ausgleichs­taxfonds (Abg. Haidlmayr: Da gibt’s nur Kredit!), und zwar einen Zuschuss zum Erwerb eines Pkw in der Höhe der neunfachen Ausgleichstaxe, und das sind doch 1 917 €. Diesen Zuschuss, Frau Kollegin Haidlmayr, gibt es auch alle 5 Jahre. Es gibt weiters einen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent der anfallenden Kosten zum Erwerb einer Lenkerberechtigung. (Abg. Haidlmayr: Das mache ich nur einmal!) Einmal jährlich gibt es einen Mobilitätszuschuss in Höhe der dreifachen Ausgleichstaxe, das sind wieder 639 €. Es gibt zinsfreie Darlehen von den Pensionsversicherungsträgern und allenfalls auch Zuschüsse des Landes beim Kauf eines Pkw.

Weiters gibt es finanzielle Unterstützungen aus Mitteln des Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung, wie zum Beispiel eine Abgeltung der NoVA bis zu einem Kaufpreis von 20 000 € zuzüglich der Kosten für eine behinderungsbedingte Zusatz­aus­stattung. Auch der kostenlose Bezug einer Jahresautobahnvignette durch das Bundessozialamt ist möglich. Weiters gibt es steuerliche Vergünstigungen, wie die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer. (Zwischenruf der Abg. Haidl­mayr.)

Es gibt auch Steuerfreibeträge für gehbehinderte Menschen in der Höhe von 153 € pro Monat bei Benützung eines eigenen Pkw oder die gleichen Tarife bei Taxikosten. Darüber hinaus gibt es steuerliche Berücksichtigungen bei einer beruflichen Nutzung eines Autos.

Der Entschließungsantrag des Kollegen Hofer betreffend die Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises beim Ankauf eines Autos – wir haben es ja heute auch schon von meinem Vorredner, Kollegen Dolinschek, gehört – wäre daher eine Systemänderung, die uns als SPÖ nicht sehr sinnvoll erscheint. Von der Vergütung von 20 Prozent des Autopreises würden nämlich jene mehr profitieren, die sich teure oder teurere Autos leisten können, und die Ärmeren würden vergleichsweise weniger davon haben. Das wäre sicher nicht sozial gerecht.

Wir von der SPÖ sind der Meinung, dass die übrigen Finanzmittel, die aus dem Budget für behinderte Menschen zur Verfügung gestellt werden können, sicher besser für ihre


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allgemeine Mobilität eingesetzt werden sollten. Ich denke hier vor allem an bauliche und barrierefreie Verbesserung an öffentlichen Gebäuden, um so die Alltagsmobilität von allen behinderten Menschen zu unterstützen. Wir sind der Meinung, dass dadurch und mit dem jetzigen Förderungssystem den Menschen mit Behinderung in Summe sicher mehr, besser und auch zielgerechter geholfen werden kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.24


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.24.40

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungsvorlage wurde bereits von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern im Detail erläutert. Ich stelle fest, in der Behindertenpolitik kam es in den letzten Jahrzehnten, wenn man sich das anschaut, zu einem Paradigmenwechsel, weg von den behinderten Menschen als Objekt der Fürsorge hin zur selbstbestimmten Behindertenbewegung, und weg von kontraproduktiven Schutzbestimmungen hin zu Gleichstellung. (Abg. Haidlmayr: Jahrzehnte sind es noch nicht!) Bei den behinderten Menschen, ob geburts-, krankheits- oder auch unfallbedingt, aber besonders bei krank­heitsbedingt Behinderten, geht es sehr oft auch um junge Menschen. Es geht darum, trotz Betreuungs- beziehungsweise Pflegebedarfs im Leben zu stehen.

Behinderte Menschen sind Expertinnen und Experten und sollen auch in der Politik und durch die Politik ihre Lebensbedingungen mitgestalten können, sie müssen sich auch hier einmischen, besonders im beruflichen Leben. Ich habe mich als Pflegedirektorin bemüht, die Anstellung von behinderten Menschen zu forcieren. Das ist im Betrieb auch gelungen. Da geht es um Zusammenarbeit, das braucht natürlich auch sehr motivierte Mitarbeiter, die an vorderster Front stehen und diese Dinge sehr stark unterstützen. Ich denke, da braucht es auch von unserer Seite – als Verantwortliche an vorderster Front – immer diese Meinungsbildung und auch diese Sensibilisierung für diese Themen, damit auch die Erfahrung gemacht werden kann, dass das nichts Besonderes, Aufregendes ist, sondern dass man in der Zusammenarbeit da sehr viel tun kann.

Ich stehe auch dahinter, dass barrierefreies Bauen notwendig ist. In Tirol ist auch die Wohnbauförderung bereits dahin gehend verändert worden. Ein barrierefreies Bauen ist ja nicht nur für behinderte Menschen wichtig, sondern auch für Betreuungs- und Pflegebedürftige oder die, die es werden. Ich meine „Behinderte“ – unter Anführungs­zeichen –, ich meine ältere Leute, Betreuungs- und Pflegebedürftige. (Abg. Haidlmayr: Für Eltern mit Kleinkindern!) – Eltern, ja.

Weiters hervorheben möchte ich noch die Selbsthilfegruppen und Selbsthilfevereine, wo sehr viel Arbeit und auch Meinungsbildung und Sensibilisierung geleistet wird. Wie unser Franz-Joseph gesagt hat: Der Weg ist das Ziel. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

13.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.27.16

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren, die Sie sich heute dieser Plenardebatte zuwenden, herzlich willkommen! Wir können mit Genugtuung feststellen, dass wir in den letzten


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Jahren und Jahrzehnten eine gute Sozialpolitik gemacht haben und dass  (Abg. Riepl: Na ja!) – Na, geh bitte, Herr Kollege, diese Schmerzen halten sich in Grenzen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Dass diese Linie mit Minister Buchinger fortgesetzt wird, das nehmen wir alle an. Er hat es uns schon mehrmals gezeigt, und ich denke, wir befinden uns gemeinsam auf dem besten Weg, Herr Minister. Es gibt viel zu machen.

Beim Behindertengesetz ist eines ganz klar: Wir haben in der Bundesverfassung, im Artikel 7, ganz klar festgelegt, dass die behinderten Menschen eine Gleichbehandlung mit allen anderen zu erwarten haben. Das ist auch schon immer so praktiziert worden. Wenn das heutige Gesetz, das hier vorliegt, beraten und beschlossen wird, dann ist es zum Ersten eine Richtlinienanpassung, das ist in Ordnung.

Ich möchte dazu noch ein paar Gedanken einbringen: Ich denke, es ist positiv, dass der Schadenersatz von 400 auf 720 € angehoben wurde. Es gibt natürlich eine Diskussion – oder vielleicht ein Problem – mit der Verlängerung der Verjährungsfrist von 6 Monaten auf 1 Jahr. (Abg. Haidlmayr: Das finde ich gut! Das ist ganz, ganz wichtig!) Das vergönne ich allen, die es brauchen, die es nutzen sollen, von Herzen. Die Frage ist, wie wir es mit der Beweisführung halten können, das wird eine große Herausforderung für uns. Aber ich bejahe es, ich denke aber, dass es hier auch eine Aufgabe zu erledigen gibt.

Ich möchte letzen Endes noch eine Anmerkung zum Behinderteneinstellungsgesetz machen, so, wie meine Kollegin Herta Mikesch es schon getan hat. Sehr viele Unter­nehmungen sagen: Ja, wir wären bereit, Behinderte aufzunehmen, aber wenn es dann zu Konflikten kommt, wie können wir das Dienstverhältnis lösen? (Abg. Haidlmayr: Der Kündigungsschutz ist keine Pragmatisierung!) – Ich glaube, dass wir hier noch – wir meinen es alle gut, aber es gelingt uns noch nicht ganz gut – einige Nacharbeit leisten müssen, damit wir wirklich dieses Ziel erreichen, auch in den Unternehmungen ein Höchstmaß an Behinderten beschäftigt zu haben.

Letztendlich, Herr Bundesminister, bestärke ich Sie voll und ganz in Ihrer Absicht, die baulichen Voraussetzungen zu schaffen, dass ein barrierefreier Zugang von Behin­derten nicht nur in den öffentlichen Ämtern und bei Behörden möglich ist, sondern vor allem auch – und darauf lege ich Wert – bei allen Dienstleistern, im Besonderen bei allen Gesundheitsberufen. Es geht nicht an, dass Behinderte heute noch Ordinationen oder sonstige Stellen aufsuchen sollen oder müssen und dort in Wahrheit keine Möglichkeit haben, hinzukommen. Hier haben wir gemeinsam eine große Aufgabe, der wir uns stellen, und ich denke, dass wir sie auch bewältigen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

13.29


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Buchinger. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


13.30.20

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten im Hohen Haus! Ja, im Bereich der Behindertenpolitik als Teil der Sozialpolitik hat es in all den letzten Jahren Fortschritte gegeben, und wir beschließen heute zwei Novellen zu zwei Gesetzen, wobei das Behindertengleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2006 ein guter Erfolg geworden ist und ein wesentlicher Beitrag für Menschen mit Behinderung. Kollegin Lapp und Kollege Huainigg haben sehr deutlich auf die Verbesserungen in diesen beiden Entwürfen zu den Novellen hingewiesen.


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Kollege Neugebauer (Abg. Neugebauer: Neubauer!) und Frau Abgeordnete Haidlmayr haben weiter gehende Forderungen und Wünsche angemerkt. Richtig ist, dass Unter­lassungsklage, auch Verbesserungen im Verfahrensrecht, Beweislastumkehr und Streit­wertbegrenzung interessante Vorschläge sind, die von Behindertenverbänden auch an das Sozialministerium herangetragen werden. Wir haben uns vorgenommen, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz nach zwei Jahren seines Wirkens, also 2006 und 2007, im heurigen Jahr zu evaluieren. Diese Evaluierung ist eingeleitet, und wir werden auf Basis dieser Evaluierung die weiteren Verbesserungen überlegen und auch dem Hohen Haus zuleiten. Dabei sind die Vorschläge, die hier gemacht wurden, sicher auch Bestandteil dieser Überlegungen.

Kollege Dobnigg hat alles gesagt, was zum Bereich Rückerstattung von 20 Prozent des Kaufpreises von Kfz zu sagen ist. Die derzeitige Regelung – das zeigt auch die Inanspruchnahme der Vergünstigungen – ist eine sehr, sehr gute und soll beibehalten werden.

Verbessert werden kann die Beschäftigungssituation behinderter Menschen, ja, sie muss es werden, denn auch behinderte Menschen müssen deutlicher als bisher von der Erholung am Arbeitsmarkt profitieren.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, wir freuen uns gemeinsam, dass die Beschäftigungssituation für unsere jungen Mitbürger und Mitbürgerinnen durch das Jugendbeschäftigungspaket, das wir dem Hohen Haus mit Ministerratsbeschluss zulei­ten werden, deutlich verbessert werden wird.

Wir freuen uns gemeinsam, dass auch die Arbeitsmarktsituation älterer Menschen sich in den letzten Monaten verbessert hat. Wir freuen uns, dass wir auf dem Weg zur Vollbeschäftigung sind – über die nächsten Monate – und wir diesen Weg erfolgreich weiter beschreiten können. Die Verbesserung der Beschäftigungssituation von Men­schen mit besonderen Bedürfnissen, von behinderten Menschen, ist leider in den letzten Monaten eine viel zähere gewesen. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Erst seit Dezember 2007 dreht sich hier der Arbeitsmarkt um und geht die Zahl der arbeitslosen behinderten Menschen leicht und zögerlich zurück. Das war für uns die Motivation, mit der „Aktion 500“ zusätzliche Mittel zur Behindertenmilliarde zur Beschäftigungs­offen­sive einzusetzen. Langsam greift das mit über 800 Förderfällen.

Wir müssen noch viel tun, gemeinsam in der Regierung, um diesen positiven Trend der Beschäftigungssituation auch für Menschen mit Behinderung zu festigen und zu dynamisieren. Dabei spielen sicher Anreize für Unternehmen eine große Rolle. Und wenn Frau Kollegin Mikesch darauf hingewiesen hat, dass es sehr, sehr viele Unter­nehmen gibt, die ohne Einstellungsverpflichtung behinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt eine Chance geben, so sollten wir auch hier nicht nur Danke sagen zu diesen Unternehmen – das ist wichtig und notwendig –, sondern uns auch materielle Anreize überlegen und diese einsetzen. Eine Arbeitsgruppe in meinem Haus prüft das gerade.

Wir sollten aber auch nicht übersehen, dass etwa die Hälfte der Unternehmen, die ein­stellungspflichtig sind, ihrer Einstellungspflicht nicht nachkommen und dass wir auch überlegen müssen, wie wir denn bei Unternehmen, die ihrer Einstellungspflicht in besonderem Ausmaß nicht nachkommen, vielleicht die Schwelle der Ausgleichstaxe ein bisschen höher legen, um damit mehr als bisher auch für kleine und mittlere Unter­nehmen Anreize zu schaffen. (Abg. Haidlmayr: Genau, da muss man Druck machen!)

Die deutsche Bundesregierung hat hier das Modell einer progressiven Ausgleichstaxe geschaffen, Kollege Neubauer hat darauf auch hingewiesen. Das ist eine Form, die wir prüfen. Das wird derzeit in der Arbeitsgruppe evaluiert, und es ist im Regierungs­pro­gramm auch verankert, eine derartige Prüfung durchzuführen. Ich bin auf das Ergebnis


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gespannt und werde gegebenenfalls auch dem Parlament eine entsprechende Initiative zuleiten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, zum Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung, der von der Frau Abgeordneten Mikesch auch hier mit der Formulierung, er sollte präziser geregelt werden, in die Diskussion eingebracht wird: Ich denke, wir sind uns einig, dass wir hier ein sehr heikles Feld betreten. Richtig ist, auch nach meiner langjährigen Erfahrung als Geschäftsführer im Arbeitsmarktservice, dass für neu einzustellende behinderte Menschen der Kündigungsschutz oder Ängste über den Kündigungsschutz, seien sie berechtigt oder unberechtigt, eine Barriere darstellen können. Aber für behinderte Menschen, die in Beschäftigung sind, ist der Kündi­gungs­schutz ein ganz wichtiges Mittel, dass sie nicht die ersten Opfer von Kündigungswellen werden (Abg. Haidlmayr: Genau! Das glaube ich auch!), wenn der Wind in Wirtschaft und Arbeitsmarkt ein bisschen rauer ist und die Leistungsfähigkeit noch stärker im Mittelpunkt des betrieblichen Kalküls steht, als das ohnehin täglich der Fall ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir sollten uns diesen Fragen also mit aller Behutsamkeit widmen, und ich denke, dass wir mit dem gemeinsamen Projekt der Regierungsparteien, Disability Flexicurity, hier einen Ansatz geschaffen haben, um über gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung den Spielraum zu vergrößern und positive Überlegungen auch in die Praxis umzusetzen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre erwartete breite Zustimmung zu diesen beiden vorgelegten Gesetzentwürfen. Es ist erneut ein deut­liches Signal des Hohen Hauses, dass, wenn es um die Rechte von Menschen mit Behinderung geht, alle politischen Parteien zusammenwirken, weil es gilt, ein gemein­sames Anliegen gemeinsam zu verteidigen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.36


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 477 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag einge­bracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 11 in Artikel 1 und die sich daraus erge­benden Änderungen der Ziffernbezeichnungen zum Inhalt hat.

Wer für diesen Zusatzantrag eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 511 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 512 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 511/A(E) dem Justizausschuss zu.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dolinschek, Kollegin und Kollegen betreffend finanzielle Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgrund von Diskriminierung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

13.38.557. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (465 d.B.): Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Ein­marsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Öster­reich eine einmalige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämp­fer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird (506 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 556/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird (509 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 555/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 76/2007, geändert wird (507 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 527/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (508 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Erster Redner ist Herr Abgeordneter Kickl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.40.01

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Öllinger hat schon gegrinst, weil er wohl mit Sicherheit erkannt hat, dass ich mir aus der breiten Palette an Anträgen, die jetzt gemeinsam unter diesem Tagesordnungspunkt zur Debatte stehen, einen ganz besonders herausgenommen habe, einen Antrag der Grünen, weil ich meine, dass dieser Antrag es wert ist, ihn auf seine Art und Weise ganz besonders zu würdigen, sich mit ihm auf eine besondere Art und Weise auseinanderzusetzen.

Wenn man sich die eine oder andere Überlegung der Grünen so anschaut, meine Damen und Herren, ist Folgendes zu sagen: Ich meine jetzt ganz konkret den Antrag des Kollegen Öllinger zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, in dem er sich dafür einsetzt, dass Zeiten des Kriegsdienstes und/oder der Kriegsgefangenschaft, wenn sie etwa im Rahmen der Waffen-SS geleistet wurden, nicht als Pensions­ersatz­zeiten angerechnet werden. Da wird eines ganz klar: Das ist, dass wir heuer, im Jahr 2008, nicht nur ein Gedenkjahr haben, was den Einmarsch der deutschen Trup­pen in Österreich betrifft, was die Okkupation unseres Landes betrifft – das ist ein Er­eignis, das wir in den letzten Wochen und Monaten entsprechend gewürdigt haben –, sondern wir haben offensichtlich noch ein zweites Jubiläum, das ein bisschen unter­gegangen ist, nämlich 40 Jahre 1968, eine gewisse Reminiszenz an die 68er-Bewegung.

Ich sage das deshalb, weil es fast so scheint, als wäre – vielleicht ist da auch ein bisschen federführend die politische Genesis des Antragstellers selbst dahinter – dies die eine oder andere Motivation auch dieses Antrages. 1968 war es ja so, dass das Motto der Linken war: Wir geben es der Eltern-Generation einmal ganz ordentlich. Jetzt rechnen wir ab mit den ganzen Fehlern, die in der Vergangenheit gemacht worden sind – natürlich nicht mit unseren, sondern mit jenen der anderen. Und jetzt, da wir aus einer Position der „Gnade der späten Geburt“ heraus argumentieren können, machen wir zwar auf der einen Seite alles, was mit Traditionen und Werten und dergleichen zu tun hat, ordentlich mies, das hindert uns aber nicht daran, dass wir uns gleichzeitig eine seltsame Form von einer eigenartigen Moral selbst zusammenzimmern und mit erhobenem Zeigefinger in der Gegend herumrennen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dieser Antrag der Grünen erinnert mich in so manchem an diese Grundeinstellung aus dem Jahr 1968. Das ist sozusagen ein Versuch einer partikulären Neuauflage, also einer pseudorevolutionären – anders kann man das gar nicht sagen – Selbstgefälligkeit, die sich bei manchen, wie man merkt, offensichtlich bis ins höhere Alter hin fortpflanzt.

Wir gehen gerne darauf ein, obwohl ich der Meinung bin, dass es genügend Probleme der Gegenwart gäbe, mit denen man sich ernsthaft auseinandersetzen könnte, und wo man sich durchaus moralisch betätigen könnte. Aber tun wir es jetzt einmal bei diesem Thema!

Ich habe mich wiederholt bemüht – Kollege Öllinger weiß das –, schon einige Male, auch in der letzten Ausschusssitzung, ihm in der Debatte über diesen Punkt zu er­klären, ihm klarzumachen, dass es nicht funktioniert, auch wenn man sich noch so angestrengt und eifrig und fleißig bemüht, in der Vergangenheit moralisch zu handeln. Herr Kollege Öllinger, das geht einfach nicht, aber Sie sehen das irgendwie nicht ein! Ich habe einen gewissen Verdacht, warum das so ist: Das ist natürlich für jemanden, der sich sozusagen als professioneller Gutmensch vom Dienst ein bisschen mitinter­pretiert und der sehr bemüht ist, auch in der ganzen Begründung der Antragstellung,


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die politische Moralität, diesen Faktor ganz besonders herauszustreichen, so, dass er eine tolle Position hat, wenn er sich in ein historisches „Hätti, wäri, wari“ hineinversetzt, bei der dann übrig bleibt, dass man natürlich, wäre man damals in dieser Situation gewesen, alles anders gemacht hätte und all das, was stattgefunden hat, niemals hätte stattfinden können, wäre die Welt damals nur von jenen Individuen belebt gewesen, die heute hier existent sind. Das ist ein bisschen so die Grundeinstellung, die da durch­kommt. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht regen Sie sich darüber auf, weil ich Ihnen ein Zitat von einem Herrn Herder mitgebracht habe, der Ihnen wahrscheinlich schon deswegen verdächtig ist, weil er irgendwo im Umfeld des deutschen Idealismus angesiedelt ist. Aber ich sage es Ihnen trotzdem, weil es ein sehr schönes Zitat ist, was die Funktion von Moral oder das Zusammenspiel von Moral, Mensch und Politik betrifft. Dieser Herder hat gesagt:

Der Politik ist der Mensch ein Mittel. Der Moral – und Sie stellen ja einen hohen moralischen Anspruch in der Begründung – ist der Mensch der Zweck. – Zitatende.

Jetzt können wir darüber diskutieren. Ich bin der Meinung, dass mit dem Antrag, den Sie stellen, der erste Teil des Herder-Zitats getroffen ist: Der Politik ist der Mensch ein Mittel.

Ich gehe davon aus, dass die Argumentation, die wir führen, den zweiten Teil bedient, nämlich dass wir hier einen Moralbegriff zur Anwendung bringen – und ich werde Ihnen diesen gleich noch ein bisschen entfalten –, bei dem der Mensch der Zweck ist und nicht das Mittel.

Meine Damen und Herren! Es ist unmöglich, in der Vergangenheit moralisch zu handeln. Ich brauche Ihnen nicht zu erklären, dass das dem Handlungsbegriff insge­samt widerspricht, sondern man kann konsequenterweise auch nicht einen politisch-moralischen Anspruch für sein Handeln erheben, wenn man solche Ideen vertritt, wie Sie es in diesem Antrag tun.

Ich bin wirklich weit davon entfernt, mich hier zum Verteidiger der Waffen-SS machen zu wollen. Das liegt mir absolut fern, das ist überhaupt nicht meine Intention. Aber ich bin als Freiheitlicher auch weit davon entfernt, mich nur eine Sekunde lang irgendeiner Überlegung anzuschließen, die im Kern ja im Grunde genommen überhaupt nichts anderes aussagt, als dass man eine Wiederaufnahme einer Kollektivschuld hervor­zaubert – nichts anderes ist es! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Amon.)

Diesmal betrifft die Kollektivschuld nicht ein ganzes Volk, sondern Sie haben etwas redimensioniert und haben sich halt die Waffen-SS als Kollektiv ausgesucht. Und ich meine, meine Damen und Herren, dass die Annahme genauso absurd wäre, hier von einer kollektiven Schuld auszugehen, wie es umgekehrt völlig absurd wäre, von einer kollektiven Unschuld auszugehen. Da werden Sie mir ja hoffentlich zustimmen. Da erwarte ich mir auch einmal einen Applaus von der grünen Seite. Kommt keiner? – Ich hoffe, Sie stimmen dem trotzdem zu. (Abg. Dr. Graf: Jetzt geht der Öllinger!)

Meine Damen und Herren! An einem Faktum ist nichts herumzudeuteln: dass der Begriff der Handlung, dass der Begriff der Schuld und damit des Gewissens sozusagen der innerste Punkt der Individualität des Individuums und der Persönlichkeit ist. Das ist Individualität pur! Und das hat auch Eingang in unser Rechtssystem gefunden. Es ist ja auch im Strafgesetz so, dass es keine Strafe ohne Schuld gibt und die Schuld natürlich das schuldhafte Verhalten eines Einzelnen voraussetzt.

Ich habe Herrn Öllinger und Ihnen noch ein Zitat mitgebracht, diesmal nicht von einem Rechten, sondern von jemandem, den man als Linkshegelianer bezeichnet, von Kierkegaard. Sehr schön hat er das gesagt: Die Masse hat keine Hände. – Zitatende.


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Genau! Die Hände hat der Einzelne – das hat er damit gemeint –, nicht ein Verband, nicht eine Einheit oder sonst irgendetwas, sondern der Einzelne. Und genau darum geht es. (Abg. Mag. Schatz: Der Einzelne steht auch im Antrag!) Und ob es Ihnen passt oder nicht, das gilt auch für die Mitglieder der Waffen-SS. Man kann es sich nicht so einfach machen, wie Sie das tun, und in einer pseudomoralischen Begründung da kollektiv drüberfahren. Es müsste Ihnen auffallen, dass Sie mit dieser Argumentation im Grunde genommen genau das Gegenteil von dem tun, was Sie vorgeben. Und es müsste Ihnen auffallen, dass die Annahme einer besonderen Verantwortlichkeit für die Verbrechen und für die Vergehen anderer einem Denkmuster entspricht, das Sie mit Ihrem Antrag ja überwinden wollen. Wir wollen das auch, aber dieser Widerspruch sollte Ihnen auffallen. (Abg. Öllinger: Das merke ich!)

Und ich meine, dass das auch deshalb eine ganz gefährliche Argumentation ist, weil Sie ja im Umkehrschluss damit auch alle freisprechen, die dort nicht verurteilt worden sind, das heißt, die Wehrmacht ist nicht als verbrecherische Organisation einzustufen. Was bedeutet das dann? (Abg. Öllinger: Das ist etwas kühn!) – Na gut.

Ein paar Fakten gebe ich Ihnen auch noch mit auf den Weg. (Abg. Öllinger: Bis jetzt haben Sie eh keine gehabt!) Sie wissen ja ganz genau – und ich kann mich noch erinnern, welchen Tango Sie hier im Hohen Haus aufgeführt haben –, was war, als man das Asylverfahren, einfach weil es notwendig war, abgekürzt und einen endlosen Instanzenzug und Neuerungsverfahren gekürzt hat und nur noch eine Instanz eingesetzt hat. Das war ein Aufschrei: ein Anschlag gegen den Rechtsstaat, die Men­schenrechte werden ausgehebelt, und was weiß ich was noch alles!

Ich verweise Sie nur darauf, dass der Nürnberger Prozess, auf den Sie sich berufen, im Grunde genommen ein einstufiges Verfahren ohne Berufungsmöglichkeit war und dass dort keine Einzelverurteilung, sondern eine Pauschalverurteilung ausgesprochen wurde. Das sage ich Ihnen nur.

Ich lasse ein paar Dinge weg, was aber vielleicht für Sie noch interessant ist, ist Fol­gendes: Es hat ja in diesem Hohen Haus auch einmal eine Zeit gegeben, da haben die Kommunisten noch Kommunisten geheißen und noch nicht Grüne (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ), da waren sie also unmittelbar nach dem Krieg in diesem Hohen Haus vertreten. Und damals war doch die zeitliche Nähe zu all den Ereignissen noch etwas enger als heute. Und damals ist niemand – niemand, keine von den hier im Hohen Haus vertretenen Parteien! – auf die Idee gekommen, einen solchen Antrag zu stellen (Abg. Mag. Schatz: Die VdU sicher nicht!), obwohl es damals natürlich massiv – ganz massiv! – Leute gegeben hat, die durch Kriegsverwundungen und ähn­liches nicht mehr arbeitsfähig waren – auch aus dem Bereich der Waffen-SS – und entsprechend einen Rentenanspruch bekommen haben. (Abg. Öllinger: Das ist eine ziemlich kühne Sache!) Vielleicht denken Sie darüber irgendwann einmal nach.

Aber das ist ja überhaupt Ihr Problem. Ich teile mit Ihnen eines: Diese Dinge dürfen nie mehr passieren! Die Frage ist: Wie tut man der Sache einen guten Dienst? – Das ist schon ein entscheidender Punkt. Es ist ganz, ganz wichtig, immer wieder daran zu erinnern – gar keine Frage, da sind wir uns einig. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille.

Die zweite Seite der Medaille ist: Sie brauchen so etwas wie einen allgemeinen mora­lischen Maßstab, um sagen zu können: Dieses Tun, dieses Menschenbild, dieses Vorgehen des Regimes, das ist verwerflich! Diesen Maßstab brauchen Sie. Und da kann man dann nicht, so wie es die Grünen sonst gerne tun, wenn sie den Begriff des Gewissens und damit die Moral ins Spiel bringen, daraus den innersten Kern der Willkür machen und jede Regel aufheben, denn da heißt dann Gewissen und Moralität plötzlich – etwa im Abtreibungsbereich –: Ein jeder macht, was er will. – So werden wir


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nicht weiterkommen. Ich weiß, dass das Ihrer Weltsicht nicht entspricht, aber es funktioniert nun einmal so.

Jetzt ganz kurz noch zu den anderen Anträgen. Wenn man diese querliest, hat man fast ein wenig den Eindruck, als wollten die Antragsteller damit suggerieren, dass in der Vergangenheit die Republik Österreich nach 1945, was die Opfer des National­sozialismus beziehungsweise die Unterstützung derer betrifft, die im Widerstand tätig waren, sozusagen nichts getan hätte, den Kopf in den Sand gesteckt und die Hände in den Schoß gelegt hätte. – Dem ist ja nicht so: In der Vergangenheit ist unglaublich viel an Leistungen in diesem Bereich erbracht worden. Ich erinnere Sie beispielsweise nur an den Entschädigungsfonds, ich erinnere Sie weiters an den Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus sowie an das Opferfürsorgegesetz.

Was wir uns dazu vorstellen – und ich glaube, da könnten wir durchaus einen Konsens finden –, ist, diese vorgeschlagene Einmalzahlung einfach auf eine breitere Basis zu stellen und zu sagen: Opfer waren auch andere!; keine Frage. Was die „Trüm­merfrauen“ anlangt, haben wir ja schon einmal einen Schritt in diese Richtung gesetzt. Sie werden doch sicherlich nicht sagen, dass das alle hochgradige Nationalsozialisten waren; oder ist das Ihre Ansicht?

Es gibt doch sehr, sehr viele Leute, die sehr viel Leid in diesem Krieg erlitten haben, etwa dadurch, dass sie Verwandte verloren haben, dadurch, dass sie ausgebombt wurden, dass sie Heimat und Eigentum verloren haben. Auch diese Menschen gibt es, aber die fielen nicht unter diese Einmalförderung in der Form, wie sie vorgeschlagen ist, weil da eben der Bezieherkreis reduziert ist.

Ich schlage Ihnen daher vor: Erweitern wir doch den Bezieherkreis, und nehmen wir auch jene Opfer, die in der Nachkriegszeit Großes geleistet haben, so zum Beispiel zum Wiederaufbau der demokratischen Strukturen unserer Republik beigetragen haben, mit hinein!

Ich stelle daher folgenden Antrag:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 107

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Kickl, Neubauer und weiterer Abgeordneter betreffend Erinnerungszuwendung für Angehörige der Aufbaugeneration

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die für die zur Aufbaugeneration zählenden Personen eine angemessene, regelmäßige finanzielle Zuwendung vorsieht.“

*****

Das wäre ein Schritt, zu sagen: Machen wir das auf, verbreitern wir das! Da sind wir dann nicht kontraproduktiv unterwegs, wie Sie das in manchen Bereichen sind, son­dern dann sind wir produktiv unterwegs und handeln nicht in der Vergangenheit mora­lisch – was ohnehin nicht geht –, sondern zukunftsweisend. (Beifall bei der FPÖ.)

13.52


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der soeben vorgetragene Ent­schließungs­antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Kickl, Neubauer und weiterer Abgeordneter betreffend Erinnerungszuwendung für die Angehörigen der Aufbaugeneration

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 7 in der 56. Sitzung des Nationalrates am 10. April 2008

Die Bundesregierung plant mit dieser Regierungsvorlage zum wiederholten Male die gesetzlichen Voraussetzungen für eine sogenannte Erinnerungszuwendung für Wider­standskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung, in Form einer Einmalzahlung von Euro 1000.- zu schaffen.

Viele vom Krieg und den Nachkriegserlebnissen gezeichnete Österreicher, die im Krieg ihre Familienmitglieder verloren, unvorstellbarer Angst ausgesetzt waren und unter katastrophalen Bedingungen unser Land wieder aufbauten, werden im Gegensatz dazu nicht in den Genuss einer solchen symbolischen Geste kommen.

Es wäre höchst an der Zeit, in diesem Gedenkjahr auch der Aufbaugeneration sym­bolisch ein finanzielles Dankeschön auszusprechen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die für die zur Aufbaugeneration zählenden Personen eine angemessene regelmäßige finanzielle Zuwendung vorsieht.“

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.52.57

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor 70 Jahren passierte der „Anschluß“ unseres Landes an das Deutsche Reich, und wie heute historisch völlig unbestritten ist, waren es nicht wenige eigene Landsleute, die diesen „Anschluß“ vorbereitet und später an nicht unbedeutender Stelle im nationalsozialistischen System kriegstreiberisch und mör­derisch agiert haben: bei der Vernichtung der Demokratie und in der Mitwirkung an der Ermordung von Millionen Menschen.

Wenn wir heute sagen: „Niemals vergessen!“, „Niemals wieder!“, fallen uns rasch echte Helden, Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer sowie Märtyrer der dama­ligen Zeit ein; so zum Beispiel Georg Elser, die Geschwister Scholl, Robert Bernardis und auch Franz Jägerstätter – und für mich als Oberösterreicher insbesondere auch Richard Bernaschek.

Das waren Menschen, denen zu Recht, aber teilweise viel zu spät Denkmäler errichtet wurden. Sie sind bekannte und exponierte Beispiele für eine sehr viel größere Menge an Menschen, die bereits viele Jahre vor dem Einmarsch Hitlers in unserem Land vor den Nationalsozialisten gewarnt und ihren Einsatz für unsere Zukunft mit Zuchthaus, Arbeitslager und Konzentrationslager bezahlt haben. Diese Menschen wurden aus­gestoßen und systematisch vernichtet.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 108

Um Ihnen hier in diesem Hause ein Gefühl dafür zu geben, wie wenig sicher man damals vor politischer Verfolgung sein konnte: 129 unserer Vorgänger hier im Parla­ment wurden interniert, weil sie Sozialisten, Kommunisten oder Bürgerliche waren.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eine einmalige Zuwendung in der Höhe von 1 000 €, wie wir sie heute beschließen werden, kann die Fehler des Na­tionalsozialismus in unserem Lande nicht korrigieren. Wir wollen hiemit auch keine „Prämie“ und keinen „Demokratiebonus“ auszahlen, sehr wohl aber zeigen, dass wir die Leistung und den Mut jener, die damals aktiv für unsere Zukunft tätig waren, niemals vergessen werden. Und wir wollen gleichzeitig dort helfen, wo es heute – trotz heldenhafter Leistungen von damals – soziale Probleme und Bedürftigkeit gibt.

Tausende Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer hatten es auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht einfach. Während nicht wenige ehemalige Nazis auch in der Zweiten Republik Karriere machten, waren es die Widerstands­kämpferin­nen und Widerstandskämpfer, die zurückgelassen wurden, ausgemergelt vom Krieg, körperlich und psychisch von der Internierung gebrochen. Sie wurden vielerorts – bis in die achtziger Jahre hinein – als „Verräter“ oder „Fahnenflüchtige“ abqualifiziert.

Genau diesen Menschen möchten wir heute – es geht dabei um einen Bezieherkreis von rund 3 300 Menschen; auch 1975, 1985, 1988 und 2005 gab es schon ähnliche Aktivitäten – eine Zuwendung angedeihen lassen: im Gedenken an ihre demokratie­politische Arbeit, die sie mit ihrem Widerstand geleistet haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.56


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.56.21

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­des­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen: Wir begrüßen die Regierungsvorlage im Zusammenhang mit dieser Erinnerungszu­wen­dung aus Anlass der 70-jährigen Wiederkehr des Einmarsches der nationalsozia­lis­tischen Truppen in Österreich sehr. Es ist richtig, es gilt, eine symbolische Aner­kennung – mehr kann es ja nicht sein – jenen zuteil werden zu lassen, die Widerstand gegen dieses verbrecherische Regime geleistet haben.

Des Weiteren möchte ich mich jetzt an den Kollegen Öllinger bezüglich seines Antrages wenden: Herr Kollege Öllinger, ich teile in einem Punkt die Ausführungen des Kollegen Kickl – das habe ich auch im Ausschuss schon gesagt –, denn vom rechtstheoretischen Standpunkt her ist es vollkommen richtig, zu sagen: Wenn es keine kollektive Unschuld gibt, dann kann es auch keine kollektive Schuld geben! Dieser rechtstheoretische Ansatz ist vollkommen richtig, und daher wäre es eigentlich falsch, zu sagen: Weil eine Organisation als verbrecherisch eingestuft wurde, leitet man daraus für Einzelpersonen individuelle Konsequenzen ab. Genau darauf zielt aber Ihr Antrag ab, Herr Kollege Öllinger.

Ihr Antrag zielt darauf ab, dass jemand, der in einer solch verbrecherischen Orga­nisation war, automatisch für schuldig erklärt wird, wobei das automatisch Kon­sequenzen – in diesem Fall für das Pensionsrecht – zur Folge hätte. Das ist aus meiner Sicht ein falscher Ansatz, eben schon von der rechtstheoretischen Seite her.

Es gibt aber noch einen zweiten Grund, warum wir das schon im Ausschuss abgelehnt haben, nämlich dass damit totes Recht begründet würde. Sie wissen genauso gut wie ich, dass ein bereits rechtsgültiger Bescheid für eine Pension nicht zurückgenommen werden kann. – Das ist der eine Punkt.


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Zweiter Punkt: Jene, die möglicherweise flüchtig sind – aus Gründen, die sie selbst besser kennen als wir –, würden wahrscheinlich keinen Pensionsantrag mehr stellen.

Das heißt, es geht Ihnen offenbar mehr um eine symbolische Geste, und ich glaube, daher ist das Argument vom rechtstheoretischen Ansatz her richtig: Wenn es keine kollektive Unschuld gibt, kann es auch keine kollektive Schuld geben.

Aus diesem Grund lehnen wir diesen Antrag ab. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Abg. Dr. Cap.)

13.59


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.59.15

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist offensichtlich vor der Zeit möglich gewesen, zu antworten. – Zunächst das Prinzipielle: Wir werden der Erinnerungszuwendung von 1 000 € natür­lich unsere Zustimmung geben, aber, Herr Kollege Amon – Sie haben es ja selbst gesagt –, es handelt sich hiebei um eine symbolische Geste. Ja, das ist richtig: Die Erinnerungszuwendung ist eine symbolische Geste. So, wie wir in dem einen Fall dafür sind, dass eine symbolische Geste gesetzt wird, sind wir auch in dem anderen Fall dafür, dass eine symbolische Geste gesetzt wird, und zwar auch eine rechtspolitische Geste.

Ich sage Ihnen auch: Ich stehe deshalb hier, weil es die Meinung der Grünen ist, dass Nichtkriegsverbrecher des deutschen Nationalsozialismus eine Rente für ihre Tätigkeit als Kriegsverbrecher erhalten sollen. Ich spitze das bewusst zu, denn wenn Sie sagen, Herr Kollege Amon ... (Abg. Amon: Das müsste nachgewiesen werden!) Nein, das müsste nicht nachgewiesen werden. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, dass Österreich sich bei den Rentenzahlungen als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches verstehen sollte.

Es geht darum, Herr Kollege Amon: Wenn jemand bei der Gestapo, bei der SS, beim Sicherheitsdienst der SS oder bei der Waffen-SS – und das sind alles keine Orga­nisationen, mit denen Österreich irgendetwas zu tun hatte, zu keiner Zeit; wir sind nicht der Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches –, wenn jemand in diesen Organisa­tionen tätig war, dann soll er für diese Zeit keine Rentenleistungen erhalten; nur für diese Zeit, für die er – in der Regel „er“ – für die Gestapo, für die SS, für die Waffen-SS oder für den Sicherheitsdienst der SS tätig war. Um diese vier Organisationen geht es, und das sind allesamt keine österreichischen Organisationen. Jedenfalls habe ich bis jetzt noch von niemandem etwas gehört, mit Ausnahme vielleicht von einigen Frei­heitlichen, die Verantwortung auch für diese Zeit beanspruchen wollen.

Ich sage Ihnen, es geht nicht um Moral. Es geht darum: Wie versteht sich Österreich? Da haben wir gehört, Österreich – diese schwierige Debatte kennen wir – als Opfer des Nationalsozialismus, mit den Erweiterungen: Ja, es haben auch Österreicher von innen und von außen den „Anschluß“ vorbereitet!, aber ich habe noch nie gehört, dass jemand gesagt hat, dass Österreich in dieser Zeit der Rechtsnachfolger war und sich nach 1945 – so ist es richtiger formuliert – als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches versteht.

Wenn jemand als Österreicher – jetzt nenne ich ein Beispiel aus der aktuellen Zeit – jetzt bei einer fremden Wehrmacht tätig ist, dann hat er strafrechtliche Konsequenzen zu gewärtigen, und niemand würde nur irgendwie daran denken, zu sagen, jemand, der heute beispielsweise für die Armee von Nigeria tätig ist ... (Abg. Amon: Das ist ja abstrus!) – Nein, das ist nicht abstrus, Herr Kollege Amon. Selbstverständlich gibt es


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solche Fälle. Es hat sie in Ex-Jugoslawien gegeben, wo österreichische Söldner tätig waren. Aber niemand käme auf die Idee, zu sagen ... (Abg. Amon: Aber die Nigerianer sind nicht in Österreich einmarschiert! Entschuldigen Sie, das können Sie ja nicht vergleichen!) – Die Nigerianer sind nicht in Österreich einmarschiert, aber denken Sie doch Ihr Argument zu Ende. Deswegen, weil die Deutschen beziehungsweise einige Österreicher unter den Deutschen als Gestapo-Menschen in Österreich einmarschiert sind, sollen wir ihnen eine Rente zahlen? – Das ist Ihre Argumentation, und das ist doch völlig abstrus, Herr Kollege Amon! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist der Punkt, auf den es gebracht werden muss. Es geht hier nicht um die Moral, die Kollege Kickl in erster Linie apostrophiert hat. Schön, wenn Sie Herder zitieren, schön, wenn Sie die Deutsche Romantik auch verherrlichen – ist mir alles recht –, nur: Der Punkt ist, die Moral steht zunächst einmal nicht im Mittelpunkt unserer Erörterungen. Es geht hier darum: Was ist Österreich hier und heute?

Ich kenne niemanden, der mir plausibel erklären könnte: Ja, wenn ein Österreicher als Nazi für die Gestapo, für die SS tätig war, betrachten wir ihn renten- und pensions­rechtlich während dieser Zeit als Österreicher. – Das ist die Absurdität, die Sie uns verklickern wollen. Und da bringe ich dann schon auch die Moral herein, und damit komme ich wieder zurück zur Erinnerungszuwendung.

Wenn Sie beziehungsweise Ihre Partei in der FPÖ-Amstetten fragen, um welche Per­sonen es sich denn da handelt, die mit der Erinnerungszuwendung bedacht werden sollen, und wenn dann in einem Beitrag der FPÖ-Amstetten – den ich jetzt aus Zeitmangel nicht vorlesen kann; im Ausschuss habe ich das gemacht – de facto behauptet wird, dass es sich bei diesen Personen, die jetzt eine Erinnerungs­zuwen­dung erhalten, ist gleich, die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus waren, ist gleich, die Opfer des Nationalsozialismus waren, um Personen handelt, die sich im Ständestaat bequem eingerichtet haben, dann ist das eine Impertinenz son­dergleichen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Es täte Ihnen gut, sich von diesem Beitrag zu distanzieren und zu sagen: Damit haben wir nichts am Hut! Aber offensichtlich haben Ihre schwülstigen Ausführungen, Herr Kollege Kickl, nur eine Funktion gehabt: all das zuzudecken.

Natürlich geht es darum, wie wir mit den Opfern des Nationalsozialismus umgehen, wie wir mit den Widerstandskämpfern umgehen. Ich kann Sie nur daran erinnern – ich bewege mich auch in der Geschichte, aber nicht mit Herder, sondern in der Nach­kriegsgeschichte –: Es ist darum gegangen, die Sache in die Länge zu ziehen. Es heißt nämlich – und damit komme ich zu einem ganz aktuellen Thema, weil wir natürlich auch eine Änderung dieses Antrages vorhaben – in den Finanziellen Erläuterungen zum Hauptantrag zur Erinnerungszuwendung: „Es kann mit rund 3 300 Auszahlungen gerechnet werden, wofür 3,3 Mio. € benötigt werden. Diese können aus dem zu erwartenden Minderaufwand beim Ansatz 1/15767 bedeckt werden.“

Hier geht es nicht darum, dass die Republik irgendeine zusätzliche Leistung erbringen will – das wäre schön –, sondern hier geht es darum, dass man sagt: Die sterben weg, wir müssen weniger für die Kriegsopfer, für die Opferfürsorgerenten zahlen, und von dem vielen Weniger, das wir zahlen müssen, geben wir einen Teil als Erinnerungs­zuwendung an die, die überlebt haben. – Auch gut, aber auf die Schulter zu klopfen braucht man sich angesichts der Realität und des Umgangs, den diese Republik über die Jahrzehnte mit diesen Gruppen geübt hat, nicht – wirklich nicht! Punkt eins.

Punkt zwei: Wir wollen eine Abänderung des Antrages nicht nur, was die Höhe betrifft, von 1 000 € auf 5 000 €, sondern wir wollen auch den Auszahlungsmodus ändern. Denn, Herr Bundesminister, es beruhigt mich nicht, dass Sie im Ausschuss erklärt haben, die Opferverbände haben nichts gegen den Auszahlungsmodus. Der Auszah-


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lungsmodus ist nämlich so, dass alle, die nicht zu einer bestimmten Gruppe gehören, einen Antrag stellen müssen. Das sind 80- bis 100-jährige Menschen, in dieser Alters­spanne bewegen sich die Betreffenden. Die lesen nicht jeden Tag die Zeitung, verfolgen vermutlich auch nicht jede Parlamentsdebatte – wie denn auch? – von oben von der Tribüne. Also wie soll das gehen?

Das trifft aber nicht auf alle zu. Wir haben gerade in den letzten Jahren die Schwie­rigkeit gehabt, unter uns zu definieren, wer noch zu dieser Gruppe gehören soll. Gott sei Dank sind Deserteure auch dazugekommen. Ein größeres Problem haben wir, haben Sie schon mit den im Nationalsozialismus als asozial Verurteilten. Es gab auch Probleme mit den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus. Gott sei Dank sind die jetzt auch von dieser Regelung erfasst, aber es ist nicht wirklich so, dass man diesen Opfergruppen in den letzten Jahren die nötige Anerkennung und auch den nötigen Respekt gewährt hätte.

Deshalb sagen wir erstens: amtswegig, zweitens: nicht 1 000 €, sondern 5 000 €, und drittens, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es ist nicht Schluss. Diese Debatte zeigt mir zumindest, dass wir noch immer das Problem haben: Wie versteht sich Österreich? Wo siedelt sich Österreich an? Haben wir wirklich etwas mit den ver­brecherischen Organisationen des Nationalsozialismus zu tun? Sind wir wirklich der Meinung, dass jemand, der in der SS, in der Gestapo tätig war, auch wenn er keine persönliche Schuld gehabt hat, für diese Zeit eine Rente von der Republik Österreich erhalten soll? – Nein! Ich glaube, über diesen Punkt muss noch weiterdiskutiert wer­den.

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Sozialausschusses über den Antrag Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deut­schen Reiches in Österreich eine einmalige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird (XXIII. GP, 465 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (506 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage „Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich eine einmalige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Op­fer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird“ (465 d.B., XXIII. GP) in der Fassung des Ausschussberichts (506 d.B., XXIII. GP) wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 2 lautet:

„(2) Jede Person gemäß Abs. 1 hat Anspruch auf eine Zuwendung von 5.000 €. Sie ist eine höchstpersönliche Leistung.“

2. § 2 Abs. 1 lautet:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 112

„(1) Die Zuwendungen sind durch den Bundesminister für Soziales und Konsumen­tenschutz von Amts wegen zu gewähren.“

3. § 2 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Anspruchsberechtigte, die keine Zuwendung erhalten haben, weil ihr Anspruch der Behörde nicht bekannt war, können ihren Anspruch innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anmelden.“

*****

Das war der Antrag.

Wenn Sie jetzt noch Interesse haben, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, dann erklären Sie uns – das gilt natürlich auch für die Regierungs­parteien –, warum Sie der Meinung sind, dass Zeiten, die man in der SS, der Waffen-SS, der Gestapo oder beim Sicherheitsdienst der SS verbracht hat, als Pensionszeiten der österreichischen Republik anerkannt werden sollen. Diese Antwort sind Sie nämlich noch schuldig. (Beifall bei den Grünen.)

14.11


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der soeben eingebrachte Abänderungs­antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher auch mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Öllinger, Freundinnen und Freunde

zum Bericht des Sozialausschusses über den Antrag Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich eine einmalige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinter­bliebene geschaffen wird (XXIII. GP, 465 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (506 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage „Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich eine einmalige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird“ (465 d.B., XXIII. GP) in der Fassung des Ausschussberichts (506 d.B., XXIII. GP) wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 2 lautet

„(2) Jede Person gemäß Abs. 1 hat Anspruch auf eine Zuwendung von 5.000 €. Sie ist eine höchstpersönliche Leistung.“

2. § 2 Abs. 1 lautet


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 113

„(1) Die Zuwendungen sind durch den Bundesminister für Soziales und Kon­sumentenschutz von Amts wegen zu gewähren.“

3. § 2 Abs. 2 erster Satz lautet

„Anspruchsberechtigte, die keine Zuwendung erhalten haben, weil ihr Anspruch der Behörde nicht bekannt war, können ihren Anspruch innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anmelden.“

Begründung

Das vorliegende Gesetz lehnt sich im Kern an das im Jahr 2005 beschlossene Gesetz mit gleicher Zielsetzung an. Die begünstigte Personengruppe wird lediglich um Personen, deren Daten dem Nationalfonds bekannt sind, ergänzt. Es ist daher davon auszugehen, dass es der Republik ohne überschießendem Aufwand möglich ist, den etwa 3300 bekannten Anspruchsberechtigten die Zuwendung von Amts wegen zukommen zu lassen. Eine derartige Vorgehensweise bringt auch zum Ausdruck, dass der Republik bewusst ist, welche Personengruppen Widerstand gegen den National­sozialismus geleistet haben bzw. von dessen Terrorregime in besonderer Weise verfolgt wurde.

Das Anmeldeverfahren soll für Ausnahmefälle bestehen bleiben.

Die Höhe der Zuwendung wird verfünffacht. Die Kosten erhöhen sich auf ca. € 16,5 Mio.

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haubner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.11.26

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte feststellen, dass das offizielle Öster­reich – und ich glaube, das Parlament ist ein ganz wichtiger Teil dieses offiziellen Österreichs – in der Vergangenheit nie gleichgültig gegenüber den Opfern des NS-Regimes gewesen ist, nie gleichgültig gewesen ist gegenüber jenen politisch Verfolgten, die großes Leid in einem unmenschlichen System, in einem unmensch­lichen Regime erfahren mussten, und in diesem Bereich auch in Zukunft eine besondere Haltung und eine besondere Wertschätzung einnehmen wird.

Wir waren und sind aber auch nie gleichgültig gewesen gegenüber jenen, die als Kriegsgefangene nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ebenfalls noch großes Leid erfahren mussten. Wir waren und sind nicht gleichgültig gegenüber den Witwen jener Männer, die als schwer Kriegsgeschädigte nach Hause gekommen sind, und wir waren und sind auch nie gleichgültig gewesen gegenüber jenen Frauen, die sich nach 1945 intensiv am Wiederaufbau dieses freien und demokratischen Österreichs beteiligt haben.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sich in vielfältiger Weise gezeigt und zeigt sich bis zum heutigen Zeitpunkt einerseits in der Würdigung, in der Wert­schätzung und im Respekt gegenüber jenen, die für Freiheit und Demokratie gekämpft haben, gegenüber jenen, die im Krieg unsägliches Leid erlitten haben. Das zeigt sich aber auch dort, wo wir Schritte gesetzt haben, damit diese Menschen, die heute in einem sehr hohen Alter ihren Lebensabend verbringen, bestmögliche Sicherheiten haben: durch Rentenansprüche, durch Pflegegeld, durch Kriegsgefangenenentschädi-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 114

gung und auch durch die verschiedenen einmaligen Ehrengaben beziehungsweise Zuwendungen – natürlich auch im Wissen, dass man mit Geld erlittenes Leid nie abgelten kann. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist viel getan worden. Das wird gerade im Opferfürsorgegesetz sichtbar. In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch bei einem meiner Vorgänger als Sozialminister, nämlich bei Herbert Haupt, bedanken, der sehr sensibel, sehr bedächtig, aber auch mit großer Weitsicht die Weichen richtig ge­stellt hat, damit diese Dinge verbessert werden konnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung Österreichs hat es unter anderem eine Erinnerungszuwendung für Opfer der politi­schen Verfolgung und deren Hinterbliebene gegeben. Diese soll es auch im heurigen Jahr geben, und das BZÖ wird dem selbstverständlich zustimmen.

Wir haben aber in der vorigen Regierung – und darauf habe ich als damalig Verant­wortliche im Sozialministerium sehr großen Wert gelegt – auch erstmals jenen Frauen, die Österreich aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges mit aufgebaut haben, eine finanzielle Anerkennung als wirklich kleines Dankeschön dieser Republik gegeben. (Beifall beim BZÖ.)

Es waren fast 50 000 Frauen, die das in Anspruch nehmen konnten, weil sie unter schwersten Bedingungen mit den Grundstein dafür gelegt haben, dass wir heute in Wohlstand, in Freiheit und in Sicherheit leben können.

Wir vom BZÖ sind der Meinung, dass diesen Frauen diese Zuwendung auch im heurigen Jahr zuerkannt werden soll, und bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek und Kollegen betreffend Gewährung einer einmaligen Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich zusätzlich zur einmaligen Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene auch eine einmalige Zuwendung für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wie­deraufbau der Republik Österreich zu gewähren.“

*****

Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

14.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelberger; 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.16.16

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wie alle bisherigen Redner bereits ausgeführt haben, befasst sich der zur Debatte stehende Antrag 555/A mit einer wirklich sehr heiklen Thematik. Es geht dabei nicht nur um die kritische Auseinandersetzung mit jenen Ereignissen, die einerseits 1938 zum „Anschluß“ und in weiterer Folge, muss man sagen, zum Auslöschen Österreichs


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 115

auf der Landkarte geführt haben, sondern es geht dabei auch um die während der Jahre 1938 bis 1945 von den Mitgliedern verbrecherischer Organisationen begange­nen Gräueltaten, die einfach nie in Vergessenheit geraten dürfen.

Aber trotz allem Abscheu gegen diese begangenen Taten bitte ich um Verständnis dafür, dass auch die SPÖ diesem Antrag nicht zustimmen wird, weil – Kollege Amon hat das ja auch im Ausschuss gesagt – dieser Antrag ohnehin totes Recht ist, um deine Worte, Werner, zu gebrauchen. Das hat mit einer „Schwamm drüber!“-Politik, wie du, Kollege Öllinger, es bezeichnet hast, wirklich nichts zu tun. Ich kann dem Antrag auf Abgeltung von Kriegsdienstzeiten im Rahmen der SS, der Waffen-SS oder anderer im Rahmen der Prozesse vor dem Internationalen Militärgerichtshof als verbrecherisch eingestuften Organisationen nichts abgewinnen, und ich sage auch, warum.

Du, Kollege Öllinger, hast selbst gesagt, es handelt sich dabei um Menschen, die zwischen 80 und 100 Jahre alt sind. Jetzt ganz ehrlich: Welcher Kriegsverbrecher, der international mit Steckbrief gesucht wird, kommt nach Österreich, geht zur Pensions­versicherung und sagt dort: Ich stelle jetzt meinen Pensionsantrag und will außerdem die Zeiten, die ich in der SS – ob zwangsweise oder auch nicht, darüber mag ich gar nicht diskutieren – verbracht habe, als Ersatzzeit anerkannt bekommen!? Das wird niemand tun, weil alle genau wissen, dass in dem Moment die Handschellen klicken würden!

Bei allem Verständnis um die Sensibilität dieser Thematik kann ich diesem Antrag, der ohnehin nur symbolischen Charakter hat, nicht zustimmen. Dafür bitte ich wirklich um Verständnis. Wir haben im Sozialbereich wichtigere Themen zu behandeln als diesen Antrag, und deshalb meine klare Ablehnung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zunächst gebe ich bekannt, dass der vorhin von Kollegin Haubner eingebrachte Entschließungsantrag ordnungsgemäß ein­gebracht ist, ausreichend unterstützt ist und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek und Kollegen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (506 d.B.) über die Regierungsvorlage (465 d.B.): Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deut­schen Reiches in Österreich eine einmalige Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird

betreffend Gewährung einer einmaligen Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich

Aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialis­tischen Deutschen Reiches in Österreich wird eine einmalige Zuwendung (Erinne­rungs­zuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene gewährt werden.

Auch die Leistungen von Frauen beim Wiederaufbau der Republik Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg sollen durch eine einmalige Zuwendung besonders gewürdigt werden. Die Zuwendung sollen unter bestimmten Voraussetzungen jene Frauen er-


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halten, die vor dem 1. Jänner 1931 geboren sind und die österreichische Staats­bürgerschaft besitzen. Durch diese Geste soll eine besondere Anerkennung der Leistungen jener Frauen erfolgen, die in den ersten Nachkriegsjahren unter besonders schweren Bedingungen am Wiederaufbau der Republik mitgewirkt haben.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich zusätzlich zur einmaligen Zuwendung (Erinnerungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene auch eine einmalige Zuwendung für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich zu gewähren.“

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Aubauer; 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.18.44

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Opfer der politischen Verfolgung, Widerstandskämpfer – wie bedeutend dieses Thema für uns ist, das zeigt auch eine Gedenkveranstaltung Mitte März hier im Parlament, zu der der ÖVP-Parlamentsklub eingeladen hat. Es war die bisher größte Publikumsveranstaltung hier im Haus. 1 400 Gäste, Historiker, Zeitzeugen gedachten der dramatischen Ereignisse vor 70 Jahren, als Hitlers Truppen unser Land besetzten und der NS-Terror Österreich überrollte.

Dabei hat mich eine Erzählung besonders berührt, nämlich die Erzählung des Tiroler Widerstandskämpfers Ludwig Steiner. Als junger Bursche ist er massiv unter Druck gesetzt worden. Sein Vater würde aus dem Konzentrationslager freikommen, wenn er, der Bub, der Waffen-SS beiträte. Er habe abgelehnt, erzählte er mit tränenerstickter Stimme.

Ja, meine Damen und Herren, auch dieses andere Österreich hat es gegeben, nicht nur die jubelnden Massen, auch jene Menschen, die Widerstand gegen das NS-Terrorregime geleistet haben!

Viele dieser Menschen sind heute nicht mehr am Leben. Einige sind Gott sei Dank doch noch unter uns, und an diese wollen wir uns mit dieser einmaligen finanziellen Zuwendung erinnern.

Heute haben wir das Glück, in einer parlamentarischen Demokratie leben zu dürfen. Bewahren, hegen und pflegen wir die Kraft dieser Meinungsvielfalt! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ sowie BZÖ.)

14.20


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 117

14.20.53

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich beziehe meine Stellungnahme auf den Antrag 555/A des Kollegen Öllinger betreffend Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. Sie wissen mittlerweile schon, es geht um die Zeiten jenes Kriegsdienstes, der bei verbrecherischen Organisationen abgeleistet worden ist. Verbrecherische Organi­sationen sind solche, die vom Internationalen Militärgerichtshof als solche verurteilt worden sind: Korps der politischen Leiter der NSDAP, die Gestapo, der Sicher­heitsdienst sowie die SS. Diese Regelung, dass eine verbrecherische Organisation als solche definiert wurde, kam deshalb zustande, weil die Zahl der Täter so umfangreich war, dass Einzelprozesse organisatorisch nicht möglich waren. – Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt, den Sie aber offenbar übersehen haben: Der Antrag impliziert ebenfalls, dass individuelle Verurteilungen als Kriegsverbrecher ein Grund sind, der den Anspruch auf Ersatzzeiten verwirkt, auch individuelle Täterschaft. – Darauf ist niemand von Ihnen eingegangen.

Meine Damen und Herren! Das geltende österreichische Pensionsrecht sieht vor, und das seit Jahrzehnten, dass Menschen, die individuell oder als Angehörige einer ver­brecherischen Organisation Kriegsverbrechen verübt haben, in letzter Konsequenz für das Ausüben von Kriegsverbrechen einen Pensionsanspruch erworben haben. Das ist österreichische Rechtslage!

Und wir Grünen sagen, das ist nicht in Ordnung und muss geändert werden. Und ich kann einfach nicht verstehen, warum alle anderen Parteien im Parlament das anders sehen. (Beifall bei den Grünen.) Es ist das geltende Recht, das es ermöglicht, dass für das Verüben von Kriegsverbrechen ein Pensionsanspruch entsteht. (Abg. Kickl: Schlichtweg falsch!)

Herr Abgeordneter Spindelberger! Herr Abgeordneter Keck! Wenn Sie von reiner Symbolik sprechen, oder wenn Herr Abgeordneter Amat (Abg. Steibl: Amon!) – ich sagte Amon – von totem Recht ... (Abg. Grillitsch: Nicht Amor, sondern Amon! – Heiterkeit.) – Schön, dass Sie solche Sorgen haben.

Die FPÖ, Abgeordneter Kickl kommt mit den unschuldigen Sekretärinnen, und auch Abgeordneter Amon spricht von unzulässiger Kollektivierung. Dann wundert es mich aber, dass Sie offensichtlich die Details der Nürnberger Urteile nicht kennen, obwohl sich Herr Abgeordneter Haimbuchner immer so dessen rühmt, wie detailliert er sich im Nationalsozialismus auskennt.

Explizit nehmen die Nürnberger Urteile nämlich Angehörige der Gestapo und des Sicherheitsdienstes, die mit reinen Büroarbeiten, Pförtnerdiensten und Ähnlichem beschäftigt waren, von den Urteilen aus. Und das Gleiche gilt übrigens für zwangs­weise Eingezogene, denn auch diese Debatte hatten wir im Ausschuss.

Meine Damen und Herren! Es ist nur symbolisch, es ist nur totes Recht? – Mehr haben Sie als Rechtfertigung für dieses Abstimmungsverhalten nicht zu bieten? Mehr können Sie der Tatsache, dass wir eine Rechtslage haben, die es ermöglicht, für das Verüben von Kriegsverbrechen einen Pensionsanspruch zu erwerben, nicht entgegenhalten? Mehr haben Sie da nicht?

Ich frage mich schon: Wofür veranstalten wir Gedenkfeiern, Gedenksitzungen, Gedenkjahre? Wir ehren Opfer und Widerstandskämpfer. Und dann? – Dann finden Sie es nicht nötig, ein klares Wort in dieser Sache zu sprechen? Ich weiß, was die FPÖ angeht, da brauche ich nicht zu reden, das ist klar, Sie sind lern- und bildungsresistent.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 118

Aber zu Ihnen, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, muss ich leider sagen, finde ich nur ein Wort, und das ist „feige“. Und ich finde, wenn wir 70 Jahre nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich etwas nicht brauchen in der demo­kratischen Republik Österreich, dann sind das feige Abgeordnete. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Nein, das geht zu weit! – Weitere Zwischenrufe.)

Aber Sie haben noch einmal die Chance, mutig zu sein, Sie haben noch einmal die Chance, Courage zu zeigen, denn: Wir haben den Antrag eingebracht, dass unser Antrag an den Ausschuss zurückverwiesen wird. Dort hätten Sie die Möglichkeit, Unrecht wieder zu Recht zu machen.

Stimmen Sie unserem Antrag auf Rückweisung zu, dann kann Recht wieder Recht werden! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amon: Unglaublich! Beleidigt eine Reihe von Abgeordneten!)

14.26


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


14.26.26

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schatz, feig sind wir nicht und fürchten tun wir uns auch nicht! Wenn wir zu dieser Thematik einen anderen Zugang haben, und das haben Kollege Amon von unserer Seite sowie Kollege Spindelberger von Seiten der Sozialdemokraten hier klar und deutlich erläutert, dann bitte ich Sie schon, dass Sie das auch zur Kenntnis nehmen. Sie sind nicht allein hier im Hohen Haus! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

Zur Regierungsvorlage selber ist vieles gesagt worden. Es ist zu begrüßen, dass hier die Grundlage für eine symbolische Anerkennung mit den 1 000 € geschaffen wird. Ich möchte schon auch dazu sagen, die beiden Gedenkveranstaltungen, die am 11. und 12. März zum 70. Jahrestag des Einmarsches der deutschen Truppen, der national­sozialistischen Truppen im Parlament abgehalten wurden, waren, wie ich meine, ein wichtiges Zeichen und auch ein wichtiges Signal vor allem an jene Generation.

Wir wissen, dass es damals von innen und von außen Bewegungen gegeben hat, die diese Übernahme, diese Einverleibung ermöglicht haben. Daher ist es wichtig, dass man diese Historie auch immer wieder aufarbeitet und Diskussionen darüber führt. Gott sei Dank hat es aber auch Landsleute gegeben, die gegen diese Einverleibung durch die Deutschen öffentlich aufgetreten sind und dagegen auch angekämpft haben.

Der vorliegende Gesetzentwurf betrifft genau diese Zielgruppe: Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung. Dieser Gruppe wird mit einer symbolischen Anerkennung von 1 000 € geholfen.

In erster Linie sind es Rentenleistungsbezieher nach dem Opferfürsorgegesetz. Dieses Gesetz sieht aber auch ein Anmeldeverfahren für jene vor, wo es aufgrund der Unter­lagen – inzwischen sind Jahrzehnte vergangen – nicht klar definierbar ist.

Herr Kollege Öllinger, Sie haben hier Bedenken. Ja, das mag sein. Ich sage Ihnen aber, die jeweiligen Opferverbände sind durchaus sehr gut organisiert, bis in die kleinsten Gemeinden, die kennen auch die jeweiligen Personen und kümmern sich in diesen Angelegenheiten sehr gut um ihre Mitglieder.

Insgesamt betrifft es rund 3 300 Menschen. 2005 – das möchte ich abschließend noch sagen – hat es das letzte Mal eine derartige Unterstützung gegeben, neben einigen


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anderen auch schon vorher. Und es ist absolut notwendig und richtig, diese Form von Dank und Anerkennung fortzusetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.28


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.54

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Zunächst begrüße ich eine Schülerklasse der Bundeshandels­akademie Grazbachgasse, die dieser Diskussion zuhört und hoffentlich einen positiven Eindruck mitnimmt. (Beifall bei ÖVP, FPÖ sowie BZÖ.)

Abschließend zu dieser Diskussionsrunde möchte ich nur sagen, dass im Rahmen dieser so genannten Erinnerungszuwendung geschätzte 3 300 Auszahlungen getätigt werden. Es ist eine wichtige Zuwendung, und wir sind uns der Vergangenheit durchaus bewusst. Das sage ich auch in Richtung der Grünen, weil diese Diskussion, speziell wie sie Kollegin Schatz geführt hat, meiner Meinung nach nicht tragbar ist, weil wir alle diese Angelegenheiten sehr ernst nehmen.

Wir haben eine Anerkennung geschaffen. Ähnliche Aktivitäten hat es auch schon in den vergangenen Jahren gegeben. Österreich ist sich seiner Vergangenheit bewusst, und Österreich ist sicher nicht gleichgültig gegenüber den Opfern des NS-Terrors!

Mit der in Rede stehenden Regierungsvorlage über die Erinnerungszuwendung wird das ein weiteres Mal klar gezeigt, werte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.29


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Dr. Buchinger. – Bitte.

 


14.30.16

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete im Hohen Haus! Lieber und geschätzter Kollege Öllinger, das, was Sie heute zur Beschlussfassung vorliegen haben, eine Regierungsvorlage über eine Zuwendung an die Widerstandskämpfer und Opfer politischer Verfolgung und deren Hinterbliebene aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des national­sozialis­tischen Deutschen Reiches in Österreich, ist kein Schulterklopfen – und es ist auch mehr als eine symbolische Geste.

Das demokratische und freie Österreich hat im heurigen Gedenkjahr eine vielfältige Reihe würdevoller Gedenkveranstaltungen hinter sich gebracht und in breiter Zustim­mung mit den Betroffenen und den Organisationen dieses Gedenken geleistet.

Diese Erinnerungszuwendung reiht sich in ähnliche Sozialleistungen der Jahre 1975, 1985, 1988 und 2005 ein. Es erweitert nunmehr dieses Gesetz den Kreis der An­spruchs­berechtigten, und es zieht auch die Begünstigung besser, weil nunmehr keine Splittung des Auszahlungsbetrages erfolgt, sondern ein einheitlicher Betrag an der oberen Auszahlungshöhe des Jahres 2005 ausbezahlt wird. Und das ist neben vielen anderen ein Beitrag des freien und demokratischen Österreich, seinen Respekt und seine Anerkennung den Widerstandskämpfern und den Opfern politischer Verfolgung zu zeigen.

Es ist das auch eine symbolische Geste, aber doch weit mehr als eine symbolische Geste. Bitte vergessen Sie nicht, dass in § 1 Ziffer 5 dieses Gesetzes, das ich Sie bitte zu beschließen, ja auch 300 Personen genannt sind, die wegen sozialer Bedürftigkeit


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vom Nationalfonds wiederkehrende Geldleistungen erhalten, und dass ein gut Teil auch der Opferfürsorgerentenbezieher und -bezieherinnen an den untersten Grenzen von Pensionen ihr Einkommen beziehen, und da sind 1 000 € auch ein durchaus nennenswerter Geldbetrag.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, dieses Gesetz, das Sie heute beschließen werden, setzt eine würdige Tradition des freien und demokratischen Österreich fort, in Respekt und in Anerkennung vor den Opfern, die wiederholt gewürdigt und auch heute hier genannt worden sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.33


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nunmehr zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Schatz, den Antrag 555/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zurückzuver­weisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die Vorlage.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zunächst komme ich zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des national­sozialistischen Deutschen Reiches in Österreich eine einmalige Zuwendung (Erinne­rungszuwendung) für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung sowie deren Hinterbliebene geschaffen wird (465 d.B.).

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die §§ 1 und 2 bezieht, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage, und ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit ange­nommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist wiederum mehrheitlich. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erinnerungszuwendung für die Angehörigen der Aufbaugeneration.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ursula Haubner und Kollegen betreffend Gewährung einer einmaligen Zuwen­dung (Erinnerungszuwendung) für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 509 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ferner kommen wir nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 507 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 508 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 527/A dem Finanzausschuss zu.

14.36.4311. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 638/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheit von Kinderspielzeug – Nationale und Europäische Initia­tiven (490 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Johann Maier mit 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


14.37.09

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spielzeug kann krank machen, Spielzeug kann aber auch töten. Nicht umsonst hat es im letzten Jahr millionenfache Rückrufaktionen weltweit gegeben, in denen große Handelsketten Spielzeug aus allen Ländern zurückrufen mussten. Auch in Österreich kam es zu mehreren Rückrufak­tionen von gefährlichem Kinderspielzeug. Und es stellt sich natürlich damit gleich die Frage: Wie kommt gefährliches Kinderspielzeug überhaupt auf den europäischen Markt?


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 122

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine Aufgabe, die wir im Rahmen der Europäischen Union zu lösen haben, eine Aufgabe, die den Mitglied­staaten der Europäischen Union zukommt, insbesondere an den Außengrenzen der Europäischen Union sicherzustellen, dass nur sicheres Spielzeug, aber auch keine Produktpirateriewaren nach Europa gelangen.

Die Wirklichkeit sieht an den Außengrenzen der Europäischen Union, insbesondere bei den sogenannten Containerhäfen, allerdings ganz anders aus. Beispielsweise nur 6 Prozent aller Container, die nach Rotterdam gelangen, werden überprüft. Daher hat auch das Europäische Parlament in einer Entschließung festgestellt, dass genau die Kontrollen an den Außengrenzen verschärft werden müssen. Aber auch damit ist es nicht getan. Konsumenten, Eltern, aber auch Kinder brauchen Informationen, ob ein Spielzeug sicher ist oder nicht. Und da haben wir ein Problem. Viele der Waren, die zurückgezogen wurden, wiesen das sogenannte CE-Kennzeichen auf, waren aber alles andere als sicher. Sie entsprachen nicht der EU-Spielzeugrichtlinie und nicht der Europäischen Norm 71.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine Aufgabe, und daher habe ich diesen Antrag in dieser Form vorbereitet, dass es europaweit zu gesicherten Informationen für Konsumentinnen und Konsumenten kommt. Wir müssen allerdings auch national sicherstellen – und ich bedanke mich für die Zustimmung auch bei Frau Bundesministerin Kdolsky, die dafür zuständig ist –, dass es einen ganz klaren Markt­überwachungsplan für Kinderspielzeug gibt. (Beifall der Abg. Lentsch.)

Als ich als Konsumentenschützer mit dem Weinskandal konfrontiert war, sind die Konsumenten gekommen, haben Tausende Weinflaschen vor mir hingestellt und haben mich gefragt: Herr Magister, kann ich diesen Wein trinken oder nicht? 

Beim Kinderspielzeug im letzten Jahr war es so, dass die Eltern mit einem Plüsch­bären, mit Farbstiften und dergleichen zu uns in die Beratung gekommen sind und mich gefragt haben: Herr Magister, können Sie mir sagen, kann ich das verwenden? – Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, Hohes Haus, ist das Problem. Wir brauchen gesicherte Informationen für Konsumenten.

Mit diesem Antrag, den wir heute beschließen werden, werden die zuständigen Bundesminister aufgefordert, auf europäischer Ebene diese Positionen zu vertreten und im nationalen Bereich einen entsprechenden Überwachungsplan vorzubereiten.

Ich lade Sie alle ein, unserem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Eisenschenk.)

14.41


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rädler. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Sie haben das Wort, Herr Abge­ord­neter.

 


14.41.16

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Nach den Erfahrungen des Kollegen Maier mit den Weinflaschen darf ich auch Stellung nehmen zum vorliegenden Entschließungsantrag, den wir im Konsumen­tenschutzausschuss sehr ausführlich behandelt haben. Ich freue mich, dass es ein gemeinsamer Entschließungsantrag ist, in diesem Bereich mehr an Qualität, mehr an Standards auf europäischer Ebene zu erreichen.

Die Spielzeugrichtlinie ist 20 Jahre alt. Wir wollen nichts anderes, als dass sie über­arbeitet und genau danach ausgerichtet wird, jene Stoffe, die heute vielfach in Kinderspielzeug vorgefunden werden, nämlich krebserregende Farbbeimengungen et cetera, zu verhindern.


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80 Prozent des Kinderspielzeugs kommen heute aus China. Es ist oft Billigware, aber auch vermeintliche Qualitätsware, die vielleicht unter einem falschen Begriff importiert wird. Es gilt daher, bei den Importeuren anzusetzen, da haben wir einiges zu tun, und ein Gütesiegel einzufordern, dass der Importeur auf der Ware nachvollziehbar deklariert wird. Aber auch eine Eigenkontrolle der Importeure wäre längst notwendig.

Wir haben auch sonst einige Aufgaben zu lösen, beispielsweise den Überwachungs­plan in Österreich, den Kollege Maier angesprochen hat. Wir haben – und das ist unbedingt notwendig – alle Maßnahmen, die auf dieser Ebene notwendig sind, in Zukunft zu ergreifen, denn etwa ein Viertel aller Rückrufaktionen haben Kinderspiel­zeug betroffen. Im Jahr 2007 waren es 30 Rückrufaktionen, und davon haben 10 Kin­derspielzeug betroffen. Im Schnitt wird ein Viertel der Qualitätsmängel an Kinder­spielzeug festgestellt.

Ich meine, dass wir damit Verantwortung wahrnehmen, im Sinne der Konsumenten und im Sinne unserer Kinder. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.43


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hradecsni. 5 Minuten freiwillige Redezeitbegrenzung. – Bitte.

 


14.43.27

Abgeordnete Bettina Hradecsni (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Herr Kollege Maier hat es ziemlich drastisch ausgedrückt: dass Kinder­spielzeug töten und verletzen kann, und das stimmt leider Gottes. Deshalb fordern wir auch ein bedingungsloses Verbot gefährlicher, karzinogener, das heißt krebserregen­der Chemikalien in Kinderspielzeug, ein verpflichtendes Sicherheitskennzeichen und Kontrollen bereits vor dem Inverkehrbringen von Spielzeug. Das sind zwei ganz zentrale Punkte, um höchstmögliche Sicherheit bei Kinderspielzeug zu gewährleisten.

Nach den umfangreichen Rückholaktionen, die es im Vorjahr gab, gibt es nun endlich einen Entwurf zur Novellierung der europäischen Spielzeugrichtlinie. Der zurzeit vorlie­gende Entwurf der EU-Kommission wird jedoch diesen Sicherheitsanforderungen nicht gerecht. Das ist besonders unverständlich, da doch gerade das besondere Schutz­bedürfnis von Kindern außer Streit steht, würde ich meinen. Selbst EU-Kommissar Günter Verheugen spricht in diesem Zusammenhang von der verwundbarsten Gruppe und meint auch, dass es, wenn es um die Sicherheit und Gesundheit unserer Kinder geht, keine Kompromisse geben darf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Insofern verwundert es dann schon sehr, dass durch die Novelle zwar die Grenzwerte für Blei und Quecksilber gesenkt werden, dass diese gefährlichen Schwermetalle aber nicht gänzlich verboten werden.

Auch für andere chemische Substanzen und Schafstoffe sind jede Menge Ausnahme­regelungen vorgesehen, sofern es keine Alternativen dazu gibt. Aber ich würde einmal sagen: Bei Kinderspielzeug muss es Alternativen zu gefährlichen chemischen Sub­stanzen geben, sonst muss man eben darauf verzichten.

Auch hormonell wirksame Stoffe werden in der Novelle überhaupt nicht berücksichtigt, obwohl diese schon bei geringsten Konzentrationen Effekte zeigen. Auch gibt es bisher keine Regelung für Magnete. Die Magnete waren ja zum Teil das Problem bei Mattel, Kinder haben sie verschluckt und mussten dann notoperiert werden. Es kam zu Magenblutungen et cetera. Auch dafür gibt es in diesem neuen Entwurf keine zufriedenstellende Maßnahme.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 124

Hinsichtlich der Forderungen bezüglich der Chemikalien begrüßen wir ganz aus­drücklich Punkt 1 des vorliegenden Entschließungsantrages, dem wir zugestimmt haben und auch zustimmen werden. Was aus unserer Sicht allerdings schon sehr fatal ist, ist die geplante Stärkung des CE-Zeichens, und zwar insofern – das wurde auch schon erwähnt –, als das CE-Zeichen lediglich größer, deutlicher und besser sichtbar angebracht werden soll. Mit der CE-Kennzeichnung erklärt nämlich der Hersteller lediglich – das gibt sich der Hersteller selbst –, dass sein Produkt europäischen Normen entspricht. Das bedeutet aber eben keineswegs, dass das Produkt auch von einer unabhängigen Stelle überprüft wurde.

Bei dieser CE-Kennzeichnung handelt es sich weder um ein Güte- noch um ein Prüfsiegel und schon gar nicht um ein Sicherheitszeichen. Es wird aber von den meisten Verbraucherinnen und Verbrauchern irrtümlich als solches wahrgenommen. Deshalb gibt es auch schon Diskussionen, ob man nicht gänzlich darauf verzichten sollte im Sinne des Verbraucherschutzes und des Bewusstseins. Information allein wird da sicher nicht reichen.

Wünschenswert wäre natürlich ein europaweites Sicherheitskennzeichen, für das vor dem Inverkehrbringen von einer unabhängigen Stelle überprüft werden muss. Für den Fall, dass wir das in nächster Zeit nicht zustande bringen, könnte ich mir auch vorstellen, dass wir anstreben, ein nationales Sicherheitskennzeichen einzuführen. – Das gibt es ja schon, weil Sie den Kopf schütteln, Kollege Maier. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Maier.) Das GS, Geprüfte Sicherheit, in Deutschland ist nicht so schlecht, würde ich sagen.

Ein Punkt, der auch kritikwürdig ist in dieser Novelle, ist, dass auf das Subsidiaritäts­prinzip verzichtet werden sollte (Abg. Mag. Hauser: Also ist das Vertrauen in Europa doch nicht so ...!) und dass nationale Sicherungskennzeichen nicht mehr zulässig gewesen wären. Laut Bericht des Binnenmarkt-Ausschusses ist das jetzt vom Tisch, und es dürfen sehr wohl die nationalen Sicherungskennzeichen beibehalten werden, bis es auf Europaebene ein adäquates Sicherungskennzeichen gibt. (Ruf: Weltweit! – Abg. Mag. Hauser: Da hätten Sie gestern die Chance gehabt, anders zu entscheiden! Bei der Sicherheit ...!)

Natürlich, warum kann man das nicht europaweit machen? Ich fordere europaweite Sicherheit, ich denke, das ist völlig legitim, weil wir  (Abg. Vilimsky: Jetzt folgt gleich der Parteiausschluss der Grünen! Renationalisiererin!) – Nein, das hat überhaupt nichts damit zu tun. Das heißt ja gar nichts. Man kann sowohl europaweite als auch nationale Sicherungen einziehen. (Beifall bei den Grünen.) Das eine widerspricht dem anderen nicht. Und gerade das Subsidiaritätsprinzip wird durch unseren gestrigen Beschluss gestärkt. Aber anscheinend ist Ihnen das entgangen aufgrund Ihrer Agitation. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.)

Es gibt auch immer wieder Stimmen, die meinen, dass unabhängige Kontrollen das Spielzeug dann maßgeblich verteuern könnten. Das halte ich nicht für vertretbar, denn wenn ich bedenke, welche Firmen voriges Jahr von diesen Rückholaktionen betroffen waren – das waren durchaus namhafte Firmen wie Mattel/Fisher-Price et cetera, also keine No-Name-Firmen – und welch hohes Werbebudget diese Firmen haben, dann werden doch wohl für Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollmaßnahmen ebenfalls Mittel zur Verfügung stehen, ohne dass sich das gleich auf den Preis niederschlägt. (Abg. Dr. Mitterlehner: Wie ist das jetzt mit dem Paintball vom Strache?)

Abschließend: Der Ansatz des vorliegenden Antrages ist absolut zu unterstützen. Ganz klar sollte jedoch hervorgehen, dass der derzeit vorliegende Entwurf der dringend not-


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wendigen Novelle – es wurde ja schon erwähnt: Die letzte Novellierung liegt bereits 20 Jahre zurück! – nicht akzeptiert werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

14.51


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Vilimsky. 5 Minuten freiwillige Redezeitbegrenzung. – Bitte.

 


14.51.17

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die arme Frau Kollegin Hradecsni, der das „böse“, das „schlimme“ Wort Renationalisierung herausgerutscht ist. (Beifall bei Abgeord­neten der FPÖ.) Ich hoffe, die Kopfwäsche in Ihrem Klub wird nicht so schlimm und Sie werden das unbeschadet überstehen, weil Sie sich in Ihren Sachbereichen doch sehr bemühen, Frau Kollegin.

Meine Damen und Herren! Gestern haben wir den EU-Reformvertrag mit sehr, sehr segensreichen Untermalungen der Bundesregierung und der beiden Koalitionsparteien genehmigt. Wir haben gehört, wie gut und wie toll das ist und dass das gemein­schaftliche Zusammenarbeiten etwas ist, was zum Wohle der Menschen auch tatsächlich funktioniert. Nur: Heute sind wir schon wieder bei einem Punkt, wo wir sehen, dass diese Union eigentlich überhaupt nicht funktioniert, und wo wirklich die Schwächsten der Schwachen betroffen sind: Kinder. Aber nicht nur Kinder hier, sondern auch Kinder in China, denn 80 Prozent der Kinderspielzeuge kommen aus China in die Europäische Union – und dort werden sie wahrscheinlich zu einem gut Teil von Kinderhänden gefertigt. Sie enthalten sehr, sehr schädliche Stoffe, krebserregende Stoffe, erbgutverändernde Stoffe, Quecksilber, Blei. – Und alles, was wir heute hier machen, ist eine Entschließung mit einer sehr, sehr moderaten Wortwahl, die wir dann vielleicht an den Herrn Konsumentenschutzminister übermitteln und vielleicht auch an das Europäische Parlament, in der Hoffnung, dass irgendetwas geschieht.

Die europäische Ebene ist ja nicht untätig, sie funktioniert. Die europäische Ebene sagt: Ja, 2009 wird es etwas geben, 2009 werden wir ein bisschen verschärfen! – Genau das ist aber der falsche Weg. Es geht nicht darum, irgendwann in der Zukunft etwas zu verschärfen, sondern umgehend, sofort einen Importstopp zu verhängen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt zum Beispiel Kinderbücher, die zurzeit überwiegend in China mit Druckerfarbe produziert werden, wodurch wahr­scheinlich in China Menschen – wahrscheinlich auch Kinder – sehr zu Schaden kom­men und auch hier Kinder sehr zu Schaden kommen. Nur, die Frage ist: Was tun wir? – Wir wissen, dass dieses Problem akut ist, wir wissen, dass dadurch bereits sehr viele Kinder in Mitleidenschaft gezogen wurden, und wir wissen auch, dass dadurch Kinder künftig in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber all das interessiert nicht, wird mit einer Entschließung abgetan, die ich im Kern ja auch unterstützen kann, weil sie den Kindern vielleicht ein bisschen hilft – aber mehr ist nicht drinnen; und das ist sehr enttäuschend.

Da hätte die Europäische Union einmal zeigen können, dass sie in der Lage ist, etwas für die Menschen zu tun. Aber sie ist offensichtlich nicht dazu in der Lage. Ich kann Ihnen vielleicht aufzeigen, warum das nicht der Fall ist: Ich bin der Ansicht, dass die Europäische Union nicht wirklich von ehrlichem Wollen gewählter Mandatare in den nationalen Parlamenten (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner) – hören Sie zu, Herr Wirtschaftsfachmann – getragen wird, sondern vorwiegend von Industrieinteressen dominiert wird. (Abg. Hornek: Wollen Sie eine Volksabstimmung?) Jeder kann das im Internet nachlesen – da können Sie vielleicht etwas lernen – unter der Adresse www.ert.be, European Round Table of Industrialists, wo es darum geht, dass sich


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45 Riesenkonzerne, die wirklichen Big Player, zusammengeschlossen haben. Da sind Siemens, Unilever, Rolls-Royce et cetera dabei. (Abg. Grillitsch: Sehr überheblich!) Das ist nicht überheblich, lesen Sie es nach!

Diese 45 formulieren Positionen, Positionen zur Industriepolitik, zur Erweiterungspolitik, zur Wirtschaftspolitik. (Abg. Grillitsch: Sie sind überheblich!) Schauen Sie sich einmal an, wie die EU-Politik tatsächlich ausschaut! (Abg. Grillitsch: Sie sind überheblich!) Sie schaut genauso aus, wie diese Gruppe das formuliert. Es ist auch erklärbar, warum: Diese Gruppe repräsentiert gemeinsam ein Beschäftigtenvolumen ... (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Kommen Sie heraus! Sie haben durchaus die Möglichkeit, auch etwas dazu zu sagen, nicht nur zwischenzurufen; es gibt die Möglichkeit, hier ans Rednerpult zu treten.

Diese 45 haben gemeinsam ein Mitarbeitervolumen von 4,5 Millionen Menschen und ein Umsatzvolumen von 1,5 Trillionen €. Die diktieren in Europa, wo es langgeht, die diktieren in Brüssel, wo es langgeht. Und Sie sind längst nur mehr die Erfüllungs­gehilfen zur Umsetzung dessen, was irgendwelche Industriemagnaten und Wirtschafts­kapitäne ihren Mutterorganisationen in Brüssel auftragen und Sie dann brav da vollziehen. Gerade am Beispiel des Kinderspielzeugs sieht man, dass da überhaupt nichts geschieht.

Eine aus Ihren Reihen, aus den Reihen der Sozialdemokraten – Erika Mann, glaube ich, heißt sie –, hat gegenüber der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ gesagt, dass sie für einen Importstopp für genau diese Produkte eintritt. Sie hat sich aber leider in ihren Reihen nicht durchgesetzt. Das ist schade, das ist traurig, und eigentlich hätten wir heute genau diesen Importstopp verhängen sollen.

Wir werden dieser Sache dennoch die Zustimmung geben, weil es besser ist, ein bisschen etwas zu machen als gar nichts. Aber Sie beide, die beiden Koalitions­parteien, sollten sich schämen, auch für die von Ihnen so hoch gelobte Europäische Union, dass da nicht mehr möglich war. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.56


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten Redezeitbegrenzung. – Bitte.

 


14.56.42

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseher auf der Galerie! Hohes Haus! Während der Ausführungen meines Vorredners habe ich mir schon gedacht, wir haben jetzt eine Fortsetzung der gestrigen Europadebatte. Ich glaube, das war schon sehr weitläufig, obwohl der Konsumentenschutz natürlich sehr vielseitig, eine Quer­schnittsmaterie ist und sozusagen nicht auf nationaler Ebene seine Grenzen findet, sondern verstärkt auch auf europäischer Ebene greift. Und genau dort müssen wir eigentlich ansetzen, Herr Bundesminister.

Ich glaube, wir alle sind doch einer Meinung, dass man in diesem Bereich mit der Europäischen Union kooperieren muss, denn wir importieren ja nicht nur europäische Produkte, sondern es findet ein weltweiter Handel statt. In diesem speziellen Fall geht es um Kinderspielzeug. Und um in den europäischen Verkauf zu gelangen, muss das Kinderspielzeug mit dem europäischen CE-Zeichen versehen sein und der Spielzeug­norm EN 71 entsprechen. Das ist das eine.

Das Problem, das wir jetzt haben, ist: Seit vorigem Jahr kam es zu zahlreichen Rück­rufaktionen bei Kinderspielzeug, obwohl dieses mit diesem CE-Zeichen versehen war. Im Prinzip gibt es derzeit keine unabhängige Organisation, die das überprüft, es ist auch niemand für diese Kennzeichnung zuständig, und das ist ein Mangel sowohl auf


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europäischer als auch auf nationaler Ebene. Hier hinken wir etwas hinten nach, und das bedarf einer Aktualisierung.

Natürlich ist es sinnvoll, wenn man das auf europäischer Ebene regelt, weil 80 Prozent dieses Kinderspielzeugs aus dem Osten kommen, und zwar aus China. Nicht nur in Österreich, sondern auch in der Bundesrepublik Deutschland und überhaupt in ganz Europa ist das so. Deshalb ist es unbedingt notwendig, dass diese EU-Richtlinie betref­fend Spielzeug überarbeitet wird, dass ein gemeinsames europaweites Gütesiegel eingeführt wird, um Produktsicherheit, um entsprechende Qualität bei Kinderspielzeug zu gewährleisten. Es muss auch sichergestellt sein, dass in diesem Bereich gefährliche Chemikalien ebenso wie krebserregende Stoffe, erbgutverändernde und fortpflan­zungs­gefährdende Stoffe verboten sind und verstärkt eine gezielte Kontrolle der Lebensmittelaufsichtsbehörde bei Kinderspielzeug gewährleistet ist.

Herr Bundesminister, ich hoffe, Sie werden sich in diesem Bereich besonders ein­setzen, gemeinsam mit Kollegin Kdolsky, die für Lebensmittelsicherheit zuständig ist. Es ist notwendig, da eine Änderung vorzunehmen. Auf EU-Ebene war früher ein Kommissar für Gesundheit und Konsumentenschutz zuständig, das wurde geändert, jetzt ist die Kommissarin aus Bulgarien für den Konsumentenschutz zuständig. Auf­grund der veralteten Regelungen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene ist dringender Handlungsbedarf gegeben! (Beifall beim BZÖ, bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

15.00


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich unterbreche nunmehr die Verhand­lun­gen über den Tagesordnungspunkt 11.

15.00.09Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3376/AB

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung mit der Ordnungszahl 3376/AB. Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner, keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstrednerin zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun die Frau Abgeordnete Weinzinger als Antragstellerin des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.00.49

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir haben zwei recht spannende Fragen an den Herrn Minister (Abg. Grillitsch: Das glaube ich nicht, dass Ihre Fragen spannend sind!), die wir gemeinsam klären wollen, nämlich: Sind Mädchen an den Medizinischen Universitäten, sind Frauen an den Medizinischen Universitäten in Österreich dümmer als Männer? – Der Herr Abgeord­nete Grillitsch findet die Frage nicht spannend; das sei ihm unbenommen. (Abg. Grillitsch: Ich habe gesagt: Ihre Fragen! – Abg. Dr. Brinek: Wer hat das behauptet?)

Und die zweite Frage ist: Bekommen Mädchen an den Schulen in Österreich ihre Note, ihre gute Note, zu einem guten Teil geschenkt und erarbeiten sie nicht so hart wie die Buben?


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Wer hat das behauptet?, fragt Frau Abgeordnete Brinek. – Die Anfragen und Beant­wortungen und Stellungnahmen aus dem Unterrichtsministerium sind da recht eindeutig. Gehen wir gleich einmal über zu der Frage der Noten. (Abg. Dr. Brinek: Ach so, haben Sie vom Unterrichtsministerium auch eine?) Ich komme dazu, Frau Kollegin. Es geht um die Anfragebeantwortung von Ihrem Minister. (Abg. Dr. Brinek: Aha! Aber nicht vom Unterrichtsministerium!) – Wenn Sie so lieb sind, mich zumindest kurz einmal ausführen zu lassen, worum es geht! Sie haben dann ohnehin noch Gelegen­heit, sich zu Wort zu melden.

Die Situation ist die, dass es in der Vergangenheit an den Medizin-Unis immer mehr weibliche Studierende als männliche gab und durchaus gute Erfolgskriterien gegeben hat: Die Frauen haben in etwa gleich gut abgeschnitten wie die Männer, und es sind auch entsprechend viele Ärztinnen und Ärzte aus der Ausbildung an den Medizin-Unis hervorgegangen. – So weit die Vergangenheit. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Dann wurden die Eignungstests für die Medizin-Universitäten eingeführt – und siehe da: Es bewerben sich zwar wesentlich mehr Mädchen als Burschen, es treten im Schnitt 60 Prozent Mädchen an, aber es schaffen wesentlich weniger Frauen als Männer diesen Eignungstest. Das ist doch verwunderlich.

Daraufhin hat das Unterrichtsministerium eine Studie in Auftrag gegeben, um das zu klären. So weit bin ich absolut mit Ihnen, Herr Minister, denn ich finde es löblich, dass man nicht einfach eine offenkundig Frauen diskriminierende Prüfung, einen Eignungs­test hinnimmt, sondern sich einmal Gedanken macht über den Unterschied. (Zwischenrufe des Abg. Mag. Darmann.)

Da sind die Frauen ja doch dümmer! Wenn 60 Prozent Frauen antreten, es aber anteilsmäßig wesentlich weniger schaffen als die Männer, kann es nach Ihrer Einschätzung ja offenbar nur an der Intelligenz liegen.

Die Studie, die das Ministerium in Auftrag gegeben hat, unter anderem bei Frau Christiane Spiel, die immer wieder zitiert wird, kommt zum Schluss, dass die Grund­lagen, mit denen Mädchen und Burschen das Studium anfangen, anders seien, nämlich die Schulnoten, die sie mitbringen, anders zu beurteilen sind, weil nämlich Burschen bei gleichen Noten mehr an reinem Wissen aufweisen als die Mädchen, die dieselbe gute Note für das Wohlverhalten in der Schule – das ist ein Zitat – und damit also fürs Bravsein bekommen haben. – So die Aussage der Studie, die das Ministerium in Auftrag gegeben hatte.

Die unterschiedliche Benotung bedeutet also: Die Mädels kriegen die Note fürs „brav sein“ halb geschenkt, die Burschen erarbeiten sich das reine Wissen und haben es auch. Daher geht es den Burschen beim Eignungstest besser, weil die wissen ja mehr.

Nachdem mir das ein bisschen komisch vorgekommen ist, haben wir eine ganze Reihe an Fragen über diese Studie gestellt, Herr Minister, zum Beispiel etwas ganz Simples: Haben Sie berücksichtigt, welche Schultypen diese Noten vergeben? Es könnte ja durchaus sein, dass man in einer AHS, einer HTL, einer HWBLA unterschiedlich viele Unterrichtsstunden in Physik und Naturwissenschaften hat und daher vielleicht ein anderes Wissen vorhanden ist, wo es dann den Auftrag ans Bildungswesen gäbe, für ein Medizinstudium vielleicht in einer Eingangsphase zu ermöglichen, dass zusätz­liches Wissen zum Beispiel in Physik oder Biologie noch nachgelernt wird. Das wäre ja vielleicht ganz sinnvoll.

Wir haben in Summe zwölf Fragen gestellt, und anschließend daran, wie es weitergeht, welche Fragen genauer berücksichtigt wurden bei den Lehrplänen.  Gibt es Unter­schiede nach Schultypen? Aus welchen Schultypen stammen die Frauen, die am


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besten abschneiden? Aus welchen Schultypen kommen die Burschen, die am besten abschneiden? Gibt es Unterschiede zwischen Studierenden, die aus Deutschland kommen, und jenen, die aus Österreich kommen? Uns liegen nämlich Zahlen vor, dass der geschlechtsspezifische Unterschied bei den deutschen Bewerberinnen und Be­werbern wesentlich geringer ist als bei den österreichischen.

Die Anfragebeantwortung ist faszinierend simpel. Im Prinzip sagt sie: Nein, nein, nein, haben wir nicht untersucht, haben wir nicht untersucht, haben wir nicht unersucht, nein, verweise zu Fragen 1 bis 3, und da steht wieder: „Eine tiefergehende Analyse“ haben wir nicht gemacht.

Die Kernaussage dieser Anfragebeantwortung ist: „Eine tiefergehende Analyse nach Schultypen und anderen Kriterien war nicht Gegenstand der Betrachtung“, nämlich der Studie.

Das heißt, Sie haben eine oberflächliche, schlampige Studie gemacht und kommen aufgrund einer oberflächlichen, schlampigen Studie zur Beurteilung: Es wird das Bravsein der Mädchen benotet, also wissen sie weniger und fallen daher beim Eignungs­test durch. Und wir müssen nichts anderes machen, als in Zukunft bei der LehrerInnenausbildung darauf zu achten, dass sie später nicht das Wohlverhalten mit beurteilen.

Das heißt, in den nächsten 20 Jahren ändert sich nichts! Sie belassen es dabei, dass bei den Eignungstests Geschlechterdiskriminierung Platz greift. Und das war’s, Herr Minister? In welchem Jahrhundert leben wir denn?! (Bundesminister Dr. Hahn: Im 21.! – Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Ich komme zum Zweiten, Frau Kollegin Brinek, und das ist besonders hübsch, finde ich. Es gibt eine zweite Prüfung an den Medizin-Unis: Am Ende des ersten Studien­jahres gibt es die so genannte Summative Integrative Prüfung, die SIP-1.

Bei der SIP-1 schneiden komischerweise schon wieder die Burschen, die jungen Män­ner besser ab als die jungen Frauen. Auch da wurde eine Studie gemacht, und ich zitiere diese Studie aus der „Wiener Klinischen Wochenschrift“: Die Ursachen dafür liegen daran, dass die Männer „strategischer“ lernen für die Prüfung, und dass „ein den großen Stoffmengen und der Prüfungsmethode entsprechendes oberflächliches Ler­nen Erfolg versprechender ist als ein auf Verstehen ausgerichtetes und Zusam­menhänge herstellendes“ Lernen.

Das heißt im Klartext: Weil Frauen offensichtlich gründlicher lernen und verstehen wollen, was sie lernen, und nicht nur oberflächlich drüber gehen, fallen sie bei der Prüfung serienweise durch. – Sehr beruhigend! Das sind jene Ärztinnen und Ärzte, die uns dann später behandeln, und durchsetzen tun sich jene, für die das Verstehen der Zusammenhänge erst gar kein Thema war, und die Prüfung belohnt das auch noch! Sinn erfassendes Lernen wird bestraft, oberflächliches Auswendig-Drüberlernen in einem kritischen Bereich wie der Medizin wird von dieser Prüfung belohnt!

Und ich bringe noch ein Zitat von den Studienautoren: „Wer bei der SIP auf Verstehen lernt, hat schon verloren.“

Ich meine, Herr Minister, da geht es jetzt nicht mehr nur um die Diskriminierung der Frauen an den Medizin-Unis, die Ihnen offensichtlich kein Thema ist, da geht es um Grundlagen dessen, wie die Qualität an den Medizin-Universitäten ist. Und dazu haben Sie offenbar keine Meinung. Sie haben sich generell, quer durch die Bank, bei all diesen Diskussionen, die wir jetzt hatten um den Zugang von Frauen zur Medizin-Universität und ihr Abschneiden, kaum geäußert, außer bei der Frage, die wir am Schluss gestellt haben: Was ist denn Ihre Konsequenz daraus? Wie gehen Sie jetzt mit den Ergebnissen der Studien um? Und was werden Sie der Unterrichtsministerin


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Schmied zum Beispiel vorschlagen, um diese unterschiedliche Benotung da zu verän­dern oder in der Folge zu anderen Eignungstests zu kommen? Ihre Antwort war: „Die Endauswertung der Studie wird für April 2008 erwartet.“

Jetzt kenne ich mich aber aus, Herr Minister! Ihre Zukunftsperspektiven sind glasklar, Sie haben ein wirklich politisches Ziel vor Augen, wo Sie hinwollen, und das lautet: „Die Endauswertung der Studie wird für April 2008 erwartet.“

Herr Minister! Ich fordere Sie dringend auf, erstens für eine bessere Qualität der Lern­vorgänge und damit der Absolventinnen und Absolventen an den Medizin-Unis sowie dafür zu sorgen, dass nicht Prüfungen an Universitäten Sinn erfassendes Lernen bestrafen und davon abhalten. Das sollte das Mindeste sein.

Ich fordere Sie zweitens auf, der in den letzten Jahren Platz greifenden Diskriminierung von Frauen an der Universität, die Medizin unterrichtet und lehrt, ein Ende zu bereiten und sich nicht in Plattitüden zu flüchten, wie: Die Mädchen haben eben im Schulsystem ihre guten Noten geschenkt bekommen.

Wir wissen, welche Bilder dahinter stecken. Diese Bilder sind im 21. Jahrhundert sicher­lich nicht mehr zeitgemäß. Ob sie es in vergangenen Jahrhunderten jemals waren, weiß ich nicht, aber ich kann Ihnen eines garantieren: Die Mädchen und Frauen in Österreich haben allesamt genügend Zeug dazu, Medizin zu studieren, im gleichen Ausmaß wie die Burschen und Männer. Schauen Sie, dass Mädchen und Frauen nicht durch die Prüfungen an der Universität diskriminiert werden! (Beifall bei den Grünen.)

15.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesminister Hahn zu Wort gemeldet. Herr Bundesminister, auch Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.10.58

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Frau Prä­sidentin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete, mit der Einleitung und mit dem Schluss Ihres Statements gehe ich ja durchaus konform. Wenn ich das noch einmal in Erinnerung rufen darf: Wir sind völlig d’accord, dass uns beide, und nicht nur uns beide, sondern ich nehme an, alle hier im Haus und auch darüber hinaus, die Ergeb­nisse bei den EMS-Tests überrascht haben. Daher habe ich entgegen dem Ratschlag sogar von Mitgliedern meines Frauenpolitischen Beirates im Ministerium, wo eben Wis­senschaftlerinnen sitzen, die gesagt haben, man sollte sich das noch ein Jahr anschauen, weil vielleicht ein Jahr zu wenig aussagekräftig ist, dennoch die Frau Prof. Spiel gebeten und beauftragt, hier eine Studie zu machen.

Sie hat diese Studie gemacht, und das, was ich gleich einmal zurückweisen muss, nicht im Auftrag der Frau Spiel, sondern weil es mir wirklich ein Anliegen ist, ist: Sie können hier alles Mögliche in den Raum stellen, aber dass es sich hier um eine schlampige Studie handelt, das muss ich wirklich in Bausch und Bogen zurückweisen! Sie sind herzlich eingeladen, sich durch diese Studie inhaltlich und umfänglich durch­zuarbeiten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben aus dieser Studie gewisse Erkenntnisse gezogen, beziehungsweise gibt es Ergebnisse, die man noch entsprechend weiterverfolgen muss. Wir haben Anfang Dezember die ersten Ergebnisse präsentiert, und hier hat es in der Tat einige Schluss­folgerungen gegeben, auf die die Universitäten unmittelbar reagiert haben, indem sie österreichischen Maturantinnen und Maturanten die Möglichkeit bieten, sich in umfang­reichen Vortests, Schulungen et cetera für diese Tests, die Anfang Juli stattfinden werden, entsprechend zu qualifizieren. Unter anderem macht zum Beispiel die Med-Uni Wien, glaube ich, am 23. Mai hier in Wien mit über 600 Kandidatinnen und


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Kandidaten einen Probetest, weil eine der Erkenntnisse aus dieser Studie eben war, dass die deutschen Kandidatinnen und Kandidaten aus verschiedensten Gründen sichtlich besser auf diesen Test vorbereitet sind als die österreichischen.

Sie, Frau Abgeordnete, haben mir in Ihrer Anfrage eine Reihe von Fragen gestellt. Ich habe mich bemüht, prägnant zu antworten. Eine prägnante Antwort muss keine ober­flächliche sein. Vielleicht ist das auch ein Zugang.

Aus dieser Anfrage wird klar, dass 80 Prozent der österreichischen Kandidatinnen und Kandidaten von der AHS kommen und dass es bekanntlich in der Oberstufe oder im Sekundarbereich 2 vier verschiedene Schulformen gibt, die sich wiederum in eine Vielzahl von Variationen untergliedern. Und eines ist evident: Es gibt keine Unter­schiede – weil nach dem konnten wir skalieren – zwischen Kandidatinnen und Kandi­daten von naturwissenschaftlichen Oberstufenformen und solchen von nicht naturwis­sen­schaftlichen Oberstufenformen. Auch das wird, mit Verlaub, Gegenstand der Analyse sein müssen, warum das so ist.

Bei den deutschen Kandidatinnen und Kandidaten erkennt man sehr wohl Unter­schiede, von welcher Oberstufenform sie kommen.

Die Frage, woraus sich diese unterschiedlichen Ergebnisse zwischen Frauen und Män­nern erklären, ist Gegenstand einer tieferen Analyse, und all das, was Sie mir vor­werfen, ist nichts anderes als ein Zitieren von Frau Prof. Spiel aus den ersten Erkennt­nissen der Studie. Spiel sagt – ich zitiere eine Pressemeldung, die auch ein Zitat ihrerseits darstellt; ich habe ja gemeinsam mit ihr dieses Pressegespräch gemacht, und sie hat das ja auch nicht dementiert –:

Als Ursache für die Unterschiede Männer und Frauen ortet Spiel nach derzeitigem Stand des Wissens Unterschiede in der Benotung in der Schule. Während Burschen in erster Linie für ihre Leistungen benotet werden, spielt bei Mädchen eine breitere Palette an Rückmeldungen mit, sagt die Wissenschaftlerin. Als Beispiel nannte Spiel etwa „Wohlverhalten in der Schule“. Beispielsweise „brav sein“ bringt bessere Noten, so Spiel.

Das ist die Aussage von Spiel, einer renommierten Wissenschaftlerin. Ich glaube, mit solchen Aussagen müssen wir uns auseinandersetzen, denn es gibt keinen Grund, solche wissenschaftlichen Erkenntnisse in Abrede zu stellen.

Auch die zweite von Ihnen zitierte Studie kommt ja zu dem Ergebnis, zu dem auch Spiel kommt: Dass sich ab dem SIP-2 all diese Unterschiede, die Sie erwähnt haben, ausgleichen und ab dem SIP-2 Burschen und Mädchen gleiche Ergebnisse liefern.

Sie haben vollkommen recht auch mit Ihrer Analyse, und Sie zitieren ja Kritikpunkte am SIP-1, wonach Mädchen offensichtlich aufgrund eines anderen Zugangs zum Lernen schlechtere Ergebnisse bei dem Test haben, weil offenkundig der Test auf andere Dinge abzielt. Es zeigt auch der Spiel-Test, dass offensichtlich Multiple-Choice-Tests Männern mehr entgegenkommen als Frauen.

Also, was sehen wir aus beiden Tests? – Dass es offenkundig aufgrund der Vorberei­tungen, wie immer sie sich darstellen mögen, beim EMS-Test zu unterschiedlichen Voraussetzungen zwischen Frauen und Männern kommt. Und unsere Aufgabe ist simpel, nämlich gemeinsam auch mit den Autoren der Studie – wir haben sie auch eingeladen, und sie stehen auch zur Verfügung, weil sie natürlich ein Interesse haben, den Test weiterzuentwickeln und mögliche Defizite zu beseitigen – zu erreichen, dass dieser Test sukzessive adaptiert wird, um genau diese Kritikpunkte in Zukunft hintan­zuhalten.


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Wir werden sehen, wie die heurigen Tests ablaufen. Von der Anmeldesituation her ist es wieder so, dass etwa 58 Prozent Kandidatinnen, also Frauen sind. Ich bin zuver­sichtlich, dass die jetzt getroffenen Maßnahmen schon eine erste Wirkung zeigen, aber so komplexe Testanordnungen sind nicht von heute auf morgen zu beseitigen. Wir müssen uns aber natürlich auch – und ich werde das auch mit Kollegin Schmied tun – mit den Erkenntnissen auseinandersetzen, die das Ergebnis unterschiedlicher Vorbe­reitungen, vom Sekundarbereich 2 kommend, zeigen.

Ich glaube, man sollte da ohne große Aufregung an die Dinge herangehen. Wir sind uns in einem einig: Frauen und Männer sind in ihrer Qualität als Ärztinnen und Ärzte gleichwertig, und das sollte sich natürlich in den Eingangstests niederschlagen, weil es sich vom Ergebnis hinterher mittlerweile längst bestätigt hat. Wir haben hervorragende Ärztinnen, und es gibt keinen Zweifel, dass das auch in Zukunft so sein soll.

Ich für meinen Teil, glaube ich, habe zunächst einmal alle Veranlassungen getroffen, die möglich und notwendig waren, um dieses Thema einer substanziellen Prüfung zuzuführen. Es liegen erste Ergebnisse auf dem Tisch, aber weil die Ergebnisse so komplex waren, habe ich gebeten, noch einmal tiefer in die Materie einzusteigen. Das ist passiert, und ich hoffe, dass die Ergebnisse Ende April auf dem Tisch liegen und wir auch eine ausführliche Diskussion darüber führen werden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Broukal. – Bitte. (Abg. Dr. Mitterlehner: Oje! Das wird jetzt schwer zu erklären! – Heiterkeit.)

 


15.19.26

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Was wird jetzt? (Abg. Dr. Mitterlehner: Das wird jetzt schwer zu erklären sein!) – Nein, das ist relativ einfach zu erklären. Ich denke, selten noch hat ein System so frühzeitig und so tiefgehend auf etwas reagiert, was so nicht geplant war, was man auch so nicht hat voraussehen können, denn dieser Test ist seit vielen Jahren in Deutschland und in der Schweiz in Betrieb, ohne dort dieses Ergebnis zu zeitigen. Das heißt, die Leute, die diesen Test in Österreich gekauft haben, an den Medizinischen Universitäten in Wien und Innsbruck, hatten keine Veran­lassung zu glauben, dass ein solches Ergebnis herauskommen würde. Ganz im Gegen­teil!

Die Geschichte dieses Tests in Deutschland und der Schweiz zeigt, dass dort das Geschlechterverhältnis der TeilnehmerInnen dem Geschlechterverhältnis der Bestan­denen entspricht, also quasi kein Gender-Bias da ist.

Dann ist das zum ersten Mal aufgefallen – interessanterweise nicht Ihnen, sondern mir! (Ironische Heiterkeit der Abg. Mag. Brigid Weinzinger.) Ich habe geschrien, habe mich ein bisserl schimpfen lassen – auch von dir, Gertrude! (Abg. Dr. Brinek: Ich habe nie geschimpft!) –, aber dann hat sich das Blatt gewendet, und man hat gesagt: Wir unter­suchen das! Okay.

Die erste Vermutung, die ich auch hatte – ich habe es mir auch leicht gemacht! –, war: Aha, wahrscheinlich gehen Mädchen in musische Gymnasien, und Burschen gehen in die HTL! Daher haben die Burschen schon vier Jahre lang gelernt, wie man eine dreimal gebogene Heftklammer wieder findet, während die Mädchen es nicht gelernt haben. – Das ist ja in dem Test ein großer Teil: Ich biege eine Heftklammer viermal herum; welche ist die Heftklammer, die ich viermal gebogen habe? – Und es zeigt sich, das ist falsch!


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Wenn jetzt herauskommt – und ich weiß nicht, warum Sie das so lächerlich machen! –, dass offensichtlich eine ganz ernst zu nehmende Wissenschafterin sagt: Mädchen werden, was ihre Schulleistungen betrifft, weil sie sozial in der Regel angepasster sind, von Lehrern in falscher Sicherheit gewiegt!, warum soll man das ins Lächerliche ziehen? (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Weil es vielleicht auch andere Ursachen und Gründe gibt!) Das ist doch eine interessante Beobachtung, weil es eben dann im menschlichen Leben Situationen gibt, wo es nicht mehr darauf ankommt, ob ich sozial angepasst bin und freundlich bin, sondern wo es aufs nackte Wissen und die Leistung ankommt.

Das Zweite, das haben Sie auch zu Recht gesagt, ist ja auch interessant, nämlich dass Männer sagen: Ich weiß die Antwort nicht, also rate ich! – Das wäre also das „Wer wird Millionär?“-Verhalten. – Frauen sagen: Ich weiß die Antwort nicht!, und hören nicht auf, darüber nachzudenken, und sagen dann lieber: Ich mache gar kein Kreuzerl hin, son­dern gehe zur nächsten Frage! – Das heißt, wenn es sich um eine Multiple-Choice-Frage mit vier Antworten handelt, dann haben Männer eine 25-prozentige Chance, dass sie mit dem Dartpfeil den Zwölfer getroffen haben, während die Frauen null Chance haben, weil sie die Antwort einfach nicht ankreuzen. – Das herausgefunden zu haben, finde ich, ist etwas, was man nicht gegen den Minister, der den Auftrag gegeben hat, und auch nicht gegen die Frau Spiel verwenden kann.

Und was passiert jetzt? – Ausgehend von Innsbruck im Februar, wo der Vizerektor der Medizinuniversität gesagt hat: Ich gehe an alle 26 höheren Schulen des Landes und mache dort in den Maturaklassen aufmerksam auf diese Dinge und gebe Ratschläge, wie man damit umgehen soll. Das werte ich auch nicht gering.

Vizerektor Mallinger hat es ein bisserl schwerer – der hat Niederösterreich, Wien, Bur­genland und Oberösterreich zu betreuen –, aber er hat sich auch dieser Aufgabe unterzogen, eben auf seine Art und Weise: Für 600 junge Leute, die interessiert sind, an dem Test teilzunehmen, gibt es jetzt einen Probetest, wo man ausführlich über das reden will.

Ja, und es wird daran gearbeitet, diesen Test so zu adaptieren, dass er kein Gender-Bias mehr hat. Das wird seine Zeit brauchen. Es wird seine Zeit deshalb brauchen, weil man es sich nicht leicht macht, sondern weil man etwas herausfinden will. Meine große Hoffnung ist, dass die Erkenntnisse, die hier in dieser Studie der Professorin Spiel gefunden werden, dann auch auf andere Bereiche des Lernens und der Univer­sitäten anzuwenden sind.

Ich stimme zu: Ja, Frauen sind keine schlechteren Ärzte als Männer! Frauen sind im Schnitt mit dem Medizinstudium um ein Semester schneller fertig als Männer. Genau das Gegenteil also! (Abg. Dr. Grünewald: Richtig!) – Pardon? Ja, sie sind schneller fertig als Männer. Das heißt, es ist wirklich so offensichtlich: Dieser Test schafft Hürden, die Männer leichter überspringen als Frauen. Und dem nachzugehen und zu sagen, diese Hürde will ich beseitigen, halte ich für etwas, was man dem Minister Hahn nicht wirklich ... (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Wie wird denn das beseitigt?) – Bitte? Verzeihen Sie! Kollege Grünewald wird Ihnen das sagen! Es ist in der Regel so, dass man zuerst die Diagnose macht und dann einen Therapieplan entwirft. (Abg. Dr. Stummvoll: Hoffentlich! Hoffentlich nicht umgekehrt!) Wenn Sie nur therapieren wollen, also sozusagen mit dem Schrotgewehr durch die Landschaft schießen, statt gezielt zu helfen, ist das Ihre Sache! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Aber wir sind noch immer in der Diagnose-Phase!

Ich gebe Ihnen recht; für mich dauert das auch sehr lange. Ich glaube, ich habe zum ersten Mal vor eineinhalb Jahren geschrien, vor etwa einem Jahr wurde dann der Beschluss gefasst, die Frau Professorin Spiel zu beauftragen. Jetzt sind wir immer


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noch im Zustand von provisorischen Dingen, die wahrscheinlich auch heuer beim EMS-Test sicher noch nicht Realität sein werden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin schon beim Schlusssatz, Frau Präsidentin!

Auch mir geht es zu langsam, aber ich nehme zur Kenntnis, dass Österreichs best­geeignete Wissenschafterin an diesem Projekt arbeitet und einfach ihre Zeit braucht, um begründete Schlussfolgerungen ziehen zu können. Und nächstes Jahr treffen wir uns wieder, und dann werden auch Sie zufrieden sein, weil es ordentlich geregelt ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Die Frauen dazwischen sind leider rausgefallen!) – Frau Präsidentin, ...

15.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, es tut mir leid! Ihre Zeit ist abgelaufen. (Abg. Broukal: Sie würden das auch noch gerne länger hören, aber gut!) Es tut mir leid.

(Beifall bei SPÖ und ÖVP für den das Rednerpult verlassenden Abg. Broukal.)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.25.08

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Lieber Kollege Broukal, selten noch habe ich dir in all diesen Dingen recht geben müssen, weil sie schlicht und einfach evident sind. (Abg. Riepl: Da kann man was lernen von ihm!) – Ja, manchmal auch. Meistens ist es umgekehrt, aber wir verstehen uns. Gut.

Ich möchte nur richtigstellen, was das Anliegen des Ministers war, damit die Frau Weinzinger zu keiner falschen Legendenbildung verführt ist. Ich zitiere Hahn: Dass Männer scheinbar höhere Erfolgschancen beim Auswahltest haben, will ich so nicht stehen lassen. So ein Test muss faire Bedingungen für alle bieten. Wir brauchen eine empirisch nachvollziehbare Erklärung für dieses Phänomen und einen Test, der Chancengleichheit garantiert. – Das ist das Credo von Hahn, von Broukal, von Brinek. Welches Sie verfolgen, ist Ihre Sache!

Noch etwas schimmert hier durch – und das muss sorgfältig analysiert werden! –: Über viele, viele Jahre und Jahrhunderte haben Männer quasi definiert, was Voraussetzung für ein erfolgreiches Medizinstudium sein soll – klarerweise auch durch die Empirie. Mit einer großen Selbstverständlichkeit sind daher die Kategorien für diesen EMS-Test entwickelt worden. Ich will sie nicht bewerten.

Einige sind schon genannt worden, schon in der Koalition anderen Zuschnitts. Es muss fairerweise gesagt werden, was die Kollegin Bleckmann immer wieder gesagt hat: Diejenigen, die in Chemie, Darstellende Geometrie so gut sind, sind das dann auch diejenigen, die gute Ärzte sind? – Und da haben wir das erste Mal mit Testtheoretikern und Testpraktikern gearbeitet und haben gesagt: Die soziale Kompetenz lässt sich halt so schwer antizipieren, und das Einfühlungsvermögen von Männern und Frauen, die Medizin studieren, lässt sich so schwer antizipieren und in einen Test einbauen, sodass wir dann auch noch diejenigen mit dem großen Herzen auswählen können – nicht mit dem krankhaft übergroßen, sondern mit der sozialen Einstellung. (Heiterkeit der Abg. Lentsch.)

Das heißt, die Tatsache ist, dass wir jetzt vorläufig sagen: Nach gegenwärtigem Wis­sen ist das die logische Voraussetzung für das Bestehen des Medizinstudiums, und wer hier erfolgreich durchkommt, wird erfolgreich abschneiden. Angesprochen wurden schon bestimmte Lernhaltungen. Frau Weinzinger, Sie haben offenbar sämtliche feministische Literatur ignoriert! Wir wissen längst, dass Frauen für soziales Wohlverhalten in einer koedukativen Situation so bewertet werden, wie sie bewertet


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werden, und dass Burschen durch ein anderes strategisches Verhalten ja die Nutz­nießer sind. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Da reicht Ihnen diese Erklärung aus!) – Das ist ein Teil der Erklärung.

Ich bin für solides Bearbeiten und vertieftes Analysieren, welche schulischen Voraus­setzungen getroffen werden können, damit etwa das Unterrichtsprinzip „Vorbereitung auf Berufs- und Studienwelt“, wie es im Lehrplan für alle heißt, ernster genommen werden kann. (Abg. Sburny: Ich frage mich nur, warum die Situation in Österreich immer schlechter wird!) Wir wissen aus der empirischen und aus der feministischen Wissenschaft auch, dass allein Frauen, mehrheitlich Lehrerinnen seiend, schon diese Dimension nicht mitdenken, weil sie auch im Vollzug ihrer Geschlechterklischees dann eher geneigter sind, damit Ruhe in der Klasse ist, die braven Mädels wieder zu belohnen – sage ich jetzt einmal, indirekt – und es mit einfließen lassen, wenn es ums Notenschreiben geht. Es ist wichtig, dass wir da auch stärker in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung reflektieren. (Abg. Sburny: Ja, bitte, wie lange wissen Sie denn das?) Und da bin ich bei Kollegen Broukal. Das wissen wir grundsätzlich, und das weiß auch die Medizinische Universität Wien mit ihrer Analyse aus der klinischen Studie. (Abg. Sburny: Das wissen Sie seit 30 Jahren, und Sie tun nichts! Das ist doch unfassbar!) – Sie müssen sich nicht so aufregen, Frau Sburny! (Abg. Sburny: Das regt mich schon auf!)

Es ist aber interessant, warum der Mediziner Grünewald nicht schon früher aktiv geworden ist, um überhaupt die Inhalte, die Curricula für die Medizinerausbildung sind, zu reklamieren! Da hat er fein geschwiegen! Also gar so gut vorbereitet war Ihr Kollege Wissenschaftssprecher nicht auf die Situation! (Abg. Sburny: Ich rede mit Ihnen!) – Und mit mir können Sie reden, wenn es um die Weiterentwicklung der wissenschaft­lichen Arbeiten geht.

Dass Mädchen natürlich schon früh vorbereitet werden müssen, auch strategisch und auch klug und auch wohlüberlegt an solche Prüfungssituationen heranzugehen, und dass die ersten Vorbereitungen, die ersten Hypothesen mit der Maßnahme Vorberei­tungskurse greifen, freut mich. Und es freut mich auch, dass sich Mädchen nicht abschrecken lassen, wie die jüngsten Zahlen sagen, dort hinzugehen, und dass Mädchen sagen, das ist eine Art Probelauf. Dass wir das auch aus den anderen Studien wissen, das freut mich auch. Das heißt: Mut machen, hingehen, weiter­arbeiten, verbessern, Studien machen!

Wer schnell hilft, hilft in diesem Fall nicht doppelt, weil er ignorant und einäugig hilft. Solide Studien, solide Antworten! Das ist unser Weg, der Weg des Herrn Ministers, des Kollegen Broukal; und es mögen sich viele anschließen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Wie wäre es, den Eignungstest endlich ...?)

15.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.30.22

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Ich möchte jetzt nicht auf dem Niveau diskutieren, dass Männer das größere Gehirn und Frauen das größere Herz haben; das greift jedenfalls zu kurz. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Wer hat das gesagt?)

Konsequenzen hat solch ein Test schon: Wer diesen Test nicht besteht, verliert schlimmstenfalls oder höchstwahrscheinlich, muss ich sagen, ein Jahr Studienzeit. Trotzdem sollten wir neben der Frage, was die Ursachen sind – das ist komplex, und


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mir fällt schon einiges dazu ein –, schon auch eruieren, wie valide Ausleseverfahren am Beginn eines Studiums sind.

Sehr viele Experten – ich habe mit einigen geredet, habe einiges gelesen – sagen – und das war für mich erschreckend –, dass die Validität, das heißt, die Aussagekraft eines Tests, dass er die Besten und am besten Geeigneten auswählt, zwischen 55 und 60 Prozent herumkrebst. Welcher Personaldirektor einer Firma ist zufrieden mit einem Test, wo die Wahrscheinlichkeit 60 Prozent beträgt, dass man die Besten bekommt? – Wir sollten uns auch nicht hinter einer Pseudogenauigkeit von Tests und Wissenschaft verstecken, sondern ein bisschen den Vorhang wegziehen.

Zu sagen, dass diejenigen, die diesen Test bestanden haben, die Besseren sind, würde eine zweite Gruppe erfordern, eine Kontrollgruppe, nämlich jene, die diesen Test nicht bestanden haben und die auch studieren. Die gibt es aber nicht. Das heißt, man kann den Test nicht vergleichen. Zu sagen, die Schule oder der Schultyp sei schuld, ist nicht ganz plausibel, glaubt man den Befürwortern dieses Tests. Die haben gesagt: Wir wollen keinen Numerus clausus, die Maturanoten, das ist uns zu primitiv, so unsozial. Die Schulen sind unterschiedlich streng, haben unterschiedlich gute Lehrer. Das wollen wir nicht. Daher wollen wir einen Test, genau diesen Test, der nicht auf schulisches Wissen abzielt, sondern auf Studierfähigkeit. (Abg. Dr. Brinek: Ja, genau!) – Ja gut, aber Studierfähigkeit heißt, emsig sein, hartnäckig sein, schnelle Auffassungsgabe. (Abg. Dr. Brinek: Na! Na!) – Bitte, Kollegin Brinek, Sie können dann auf der Uni eine Vorlesung halten, jetzt rede ich, bitte! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist eine Vorlesung!)

Der Test sagt aber nichts aus über die Berufsfähigkeit, und das sollte schon zum Nachdenken geben. Zu sagen, das sind vielleicht die erfolgreicher Studierenden, aber nicht die Erfolgreicheren und Geeigneteren im Beruf, da muss man nachdenken. – Punkt eins.

Wenn ich mir dann anschaue, dass auch bei der zweiten großen Prüfung Frauen wiederum schlechter aussteigen und es heißt, strategisches Lernen sei gefragt und man schlägt nach, was die Pädagogik unter strategischem Lernen versteht, findet man Folgendes: „Strategisches Lernen“ heißt situationsbezogenes, prüfungsorientiertes Lernen.

Der Stoff ist 8 000 Seiten in den ersten zwei Semestern, da ist tiefschürfende Quer­vernetzung, Analyse et cetera nicht gefragt. Und siehe da! Fragt man die Studie­renden, sagen die, sie lernen Kurzlehrbücher, Fragebögen und werden trainiert. (Abg. Dr. Brinek: Das wissen wir! Ich kenne die Studie!) Und ich würde sehr davor warnen – Professor Dierich in Innsbruck –, an den Schulen etwas zu trainieren, damit man den Test dann besser besteht, solange ich nicht weiß, dass der Test gut ist. Wenn ich jetzt fünf Jahre lang „Millionenshow“ trainiere, damit ich gewinne, und weiß, wie der dritte Schlagzeuger von Drahdiwaberl heißt, macht mich das nicht gebildeter, aber ich gewinne vielleicht die „Millionenshow“. Das ist kein Bildungskonzept! (Beifall bei den Grünen.)

Und jetzt noch etwas. Was sind die Prädiktoren, was sagen die Experten, was sind die entscheidenden Sachen, die eine große Rolle spielen? – Deutsche Muttersprache, hohe Lernkapazität, ein breites Rückgrat, das männliche Geschlecht und auch die Schulleistung, was wir nie haben wollten. Jetzt zeigen aber Frauen in anderen Studien, dass Frauen bessere Schulleistungen haben, keine Unterschiede zwischen Wissen und Fertigkeiten festgestellt werden können zwischen den Geschlechtern, und dass Frauen auch die besseren Prüfungsergebnisse haben.

Und jetzt Professorin Spiel hin oder her, ob das die Beste oder nicht die Beste ist: Man muss fragen, wie benotet wird. Glauben Sie wirklich, dass AHS-LehrerInnen in einem


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Interview von einem Universitätsinstitut sagen: Ich gebe meine Noten, weil die Mädchen so brav sind?! (Abg. Dr. Brinek: Ja, da gibt es ja Literatur dazu!) Das würde ich mich nicht auszufüllen trauen, wenn ich befragt werde. Daher glaube ich das auch nicht.

Aber etwas ganz Entscheidendes: Faktoren, um diesen Test zu bestehen, sind, von Psychologen erhoben (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), Punkt 1: Selbstvertrauen, Punkt 2: Zusammenhänge nicht relevant ... (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) – Gut, ich höre schon auf.

Ich glaube, das zeigt, man sollte mehr als 5 Minuten darüber reden. Geben Sie uns die Chance, dann kommt was heraus! (Beifall bei den Grünen.)

15.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Graf. – Bitte.

 


15.35.57

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das ist schon ein Dilemma, wenn man Quoten einführt und dann den „Scherm“ aufhat! Eins, zwei, drei, vier Fraktionen sind für diese Quoten. (Abg. Broukal: Nein! Fünf! FPÖ-Abgeordnete haben dafür gestimmt!) – Darf ich Ihnen jetzt einmal etwas sagen? – Sie können ruhig sagen, was Sie wollen, ich sage auch das, was ich will. (Abg. Broukal: Ich sage die Wahrheit!) Und ich stehe dazu: Wenn wir die Ursache suchen, dann sage ich Ihnen, die Ursache ist die Quotenregelung auf der Universität. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie viel Geld, Herr Bundesminister, wollen wir jetzt für Studien ausgeben? Da dürfte offensichtlich genug Geld vorhanden sein, um zu Ergebnissen zu kommen, wo man kein wissenschaftliches Ergebnis braucht, denn: Hat das nicht ohnehin schon jeder gewusst (Abg. Broukal: Nein!), was in der Studie drinnen steht, dass Mädchen schönere Hefte haben, dass es Mädchen grosso modo in der Schule anders geht als Burschen? Weiß das nicht jeder?

Das ist bei meinen Kindern so, das ist bei Ihren Kindern so, das war zu meiner Schul­zeit so. Das ist nicht wirklich weltbewegend Neues! Aber wir machen jetzt Studien und noch eine Studie und geben dafür Geld aus; da ist Geld nicht abgeschafft, bevor wir vielleicht diese sinnlose Quote, die in Wirklichkeit nur österreichische Studierende von dem Studium, das sie studieren wollen, abhält, als Zugangsvoraussetzung abschaffen.

Warum geht man jetzt diesen Weg? Man lässt Eignungstests, Studierfähigkeit prüfen – alles. Ich weiß schon, den Grünen wird am Ende ganz einfach ein Lösungsmodell vorschweben. Am besten ist, man führt jetzt in der Quote eine Quote ein. Eine Quote wird jetzt reserviert, 50 Prozent für Burschen, 50 Prozent für Mädchen; ganz wissen­schaftlich! Das wird Ihr Ergebnis sein, dann haben Sie sich wieder an der Oberfläche vorbeigeschwindelt und sind dort, wo Sie eigentlich hinwollen. Sie erkennen nicht – und das ist Ihre Misere! –, dass Sie als Mitbefürworter einer Quotenregelung, die an den Medizinischen Universitäten sinnlos ist, die wahre Ursache sind.

Sie werden testen können, was Sie wollen, es wird immer Ungerechtigkeiten geben. Immer wird es Ungerechtigkeiten geben! Und wenn es Tests gibt, dann werden nicht immer die Besten studieren. Vielleicht sollten wir einmal eine Studie einholen, ob die Bildungsvererbung sich im tertiären Bildungsbereich gerade bei den Medizinern durchschlägt. Ich bin gespannt, was diese Studie dann ergeben würde.

Ich kenne kein Kind eines AKH-Professors, das Medizin studieren möchte, das bei einem Test durchfällt. Warum ist denn das so? – Der EMS-Test lässt auch ein paar


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Lücken offen. Da gibt es noch eine Kommission darüber, die dann ein paar besonders Befähigte trotzdem studieren lässt und Ähnliches mehr. Man muss das ja nur machen.

Die Grünen hätten am liebsten einen Gesinnungstest, bin ich mir sicher, so nach dem Motto: Wer eine freiheitliche Gesinnung hat, vielleicht gar beim RFJ oder beim RFS ist, darf schon gar nicht studieren, soll herauskommen aus der Quote. Am besten ein Gesinnungstest! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Sburny und Mag. Brigid Weinzinger.)

Jeder Test, den Sie einfordern, wird das ergeben, was es naturgemäß geben muss, nämlich am Ende Ungerechtigkeiten. Und wenn man diese nicht haben möchte, dann muss man die Ursache beseitigen, und das ist: Schaffen wir die Quoten ab, machen wir den Göttern in Weiß nicht weiterhin die politische Mauer, dass sie sich ihre künftigen Kollegen und Assistenten heute schon aussuchen können und dadurch den freien Hochschulzugang in Österreich gefährden.

Das ist doch ganz einfach: Lassen wir es nicht zu, dass Curricula erzeugt werden, die in Wirklichkeit eine künstliche Verknappung darstellen, die gar nicht notwendig ist. Chemie- und Biologielabors – nur mehr ganz wenige Studierende gibt es in diesen Bereichen an medizinischen Universitäten – sind sechs Wochen im Jahr ausgelastet. Aber es heißt: Wir haben keine Studienplätze – und deshalb müssen wir jetzt eine Quote einführen! Vielleicht führen wir dann eine Quote in der Quote ein, wie ich es schon gesagt habe. Vielleicht machen wir dann einen Gesinnungstest, damit die Grünen endlich zufrieden sind – aber nur dann, wenn die Gesinnung abgefragt wird, die ihnen genehm ist und nicht uns oder Ihnen (in Richtung SPÖ blickend) oder Ihnen (auf die Reihen der ÖVP weisend).

Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Wurzel des Übels beseitigen wollen, dann tun Sie alles, um wieder den freien Hochschulzugang in Österreich sicherzustellen. Das ist die einzige wirkliche Kampfansage an das, was jetzt passiert! (Beifall bei der FPÖ.)

Hören Sie auf, mit noch mehr Studien, die einen großen Verwaltungsaufwand und viel Geld erfordern, am Ende das zu erzeugen, was jeder Mensch in Österreich weiß: dass es Unterschiede zwischen Mann und Frau in vielen Lebenslagen gibt. Das heißt nicht, dass irgendetwas in seiner Wertigkeit höher oder geringer zu schätzen ist, sondern das heißt in Wirklichkeit: Lassen Sie doch die Studierenden das studieren, was sie wollen, und bieten wir ihnen als Politiker die Möglichkeit dazu! (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ sowie Beifall des Abg. Broukal.)

15.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Dar­mann zu Wort. – Bitte.

 


15.41.26

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Wir hörten soeben den Wissenschaftssprecher der FPÖ, der alles durch die rosarote Brille sieht und sich mit den Realitäten, die an den Universitäten gegeben sind, anscheinend nicht aus­kennt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Nun zu dem Beispiel, das Herr Kollege Grünewald hier gebracht hat, wo er meinte – und es war für mich schon erschütternd, dass solch ein Beispiel von ihm kommt –, ein Personalverantwortlicher in einem Unternehmen würde keine Freude damit haben, wenn, was die Eignung angeht, nur 60 Prozent der Personen für das Unternehmen tauglich wären. (Abg. Dr. Grünewald: Wenn 60 Prozent richtig ist ...!) Ja, wenn die Entscheidung zu 60 Prozent richtig ist, dann hätte er keine Freude.

Ich muss Ihnen dazu sagen: In der Realität sieht das ganz anders aus. Wenn sich bei einem großen Unternehmen 300 Personen – und auf der Galerie sind heute sehr viele


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Jugendliche, die werden sich auch schon beworben haben – für einen Job beworben haben, dann bekommen von den 300 Personen vielleicht 30 oder 50 die Möglichkeit, sich persönlich vorzustellen, und nur drei oder vier davon kommen in die Endauswahl, und die kommen dann in ein Assessment-Center, wo sie die Möglichkeit haben, einen Test zu machen. Das ist die Realität in der Privatwirtschaft! Da schaut es ganz anders aus. Da kommt vielleicht ein Prozent durch.

Ein Personalverantwortlicher in einem Betrieb würde sich freuen, wenn er die Mög­lichkeiten hätte, eine Auswahl aus so vielen Personen zu treffen. Aber er muss es reduzieren auf ein paar wenige, und dann versucht er, die richtige Wahl zu treffen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das heißt, ganz so ist es nicht, wie Sie es sagen.

Zum Nächsten: Die Debatte über Zugangsbeschränkungen haben wir schon öfters geführt, speziell mit den Grünen und auch mit der FPÖ. Aber weil gesagt worden ist, das sei frauenfeindlich, frage ich Sie: Wie kann ein Test frauenfeindlich sein, der sich offensichtlich über Jahre hinweg bewährt hat, etwa in der Schweiz oder in Deutsch­land, und der immer ausgewogene Ergebnisse gebracht hat? Er hat zugegebener­maßen in Österreich jetzt ein anderes Bild gebracht. Der Bundesminister hat es bereits gesagt, und es wurde hier auch schon gesagt. (Abg. Dr. Graf: Wo in Deutschland ist der Test erprobt worden? Dort gibt es keinen Test!)

In Baden-Württemberg. (Abg. Dr. Brinek: In der Schweiz!) In der Schweiz, in Baden-Württemberg. Sie kennen genau die Diskussion, Herr Kollege!

Es ist aber wichtig und wesentlich, hier einmal Folgendes festzustellen: Die Kollegen von den Grünen kommen bei ihrer Wortwahl – auch jetzt wieder, was diese Anfrage betrifft, wo es heißt: „Haben Frauen kein höheres Wissen?“ – immer mit der gleichen Leier von links. Sie überspannen wirklich den Bogen beziehungsweise, was noch ein besserer Ausdruck ist, überdrehen die Schraube. Sie von den Grünen reden die Frauen schlecht, wenn Sie das sagen. In Wirklichkeit sind es aber Sie, die sagen, dass die Frauen nicht fähig seien, irgendetwas zu studieren, oder nicht gleich intelligent oder weniger intelligent seien. Ich verstehe Sie wirklich nicht, meine Damen und Herren von den Grünen, mit dieser Mitleidstour reden Sie die Frauen schlecht. (Beifall beim BZÖ. – Ironische Heiterkeit der Abg. Mag. Brigid Weinzinger.)

Frau Kollegin, ich bin wirklich der Letzte, der eine Studie wie PISA verteidigt. Sie brauchen sich nur meine Aussendungen anzusehen, um das feststellen zu können. Ich habe wirklich keine Freude mit den Ergebnissen gehabt, weil sie schwer vergleichbar waren. Das kommt auch in dieser Anfragebeantwortung zum Ausdruck.

Die PISA-Studie 2006, die einen Schwerpunkt in den Naturwissenschaften gehabt hat, hat dennoch mehr als eindeutig festgestellt, dass in Österreich – und das liegt an der Mittelschule, an der Ausbildung in der Schule – die Mädchen einen ganz anderen Zugang zu den Naturwissenschaften haben als die Burschen. Da gibt es eine ein­deutige Feststellung beziehungsweise Auswertung in der PISA-Studie. (Zwischen­rufe bei den Grünen.) Und im Mathematik-Verständnis, Herr Kollege, haben die Burschen in Österreich weltweit verglichen – weltweit! – sogar den größten Vorsprung gegenüber den Mädchen.

Das ist ein Problem, das bei der Vorbereitung in der Schule liegt. Und genau da gehört meiner Meinung nach angesetzt. Aber deswegen ist ein Test nicht frauenfeindlich!

Jetzt den Test umzustellen, so wie Sie von den Grünen es fordern, und sozusagen frauenfreundlich zu machen, ist, glaube ich, der falsche Ansatz. Man muss in der Schule richtig vorbereiten. Das wäre eine Idee für eine Schulreform. Im letzten Semester vor der Matura sollte man auf solche Eignungstests vorbereiten. Aber nicht nur die Schüler müssen vorbereitet sein, sondern auch die Professoren müssen – und


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das ist wesentlich – den Lehrplan entsprechend vermitteln. Das ist das Wesen, wie man entsprechend vorbereitet. (Beifall beim BZÖ.)

Einen Eignungstest, der überall tadellos läuft, von vornherein als frauenfeindlich zu verteufeln, ist wirklich das Letzte! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

15.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun noch einmal Herr Bundesminis­ter Dr. Hahn zu Wort gemeldet. Herr Bundesminister, Ihre Wortmeldung soll 5 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


15.46.12

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Ich werde diese Zeit gar nicht nutzen, sondern möchte sozusagen das Notwendige mit dem Angenehmen verbinden: Wenn mich die Grünen schon hierher gebeten haben, dann möchte ich mich „revanchieren“ – unter Anfüh­rungszeichen – und Herrn Professor Grünewald ganz, ganz herzlich zu seinem heutigen runden Geburtstag gratulieren. Ich habe ihm etwas mitgebracht, nämlich einen Denkanstoß. (Allgemeiner Beifall. – Bundesminister Dr. Hahn begibt sich zu Abg. Dr. Grünewald, reicht diesem die Hand und übergibt ihm eine Flasche Wein. – Zahlreiche Abgeordnete schließen sich dieser Gratulation an.)

15.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir bedanken uns sehr herzlich bei Herrn Bun­desminister Hahn für diesen Hinweis; ansonsten wären wir wahrscheinlich heute gar nicht zu dieser Information gelangt. Ich darf mich namens des Nationalrates herzlich diesen Glückwünschen anschließen. Herr Dr. Grünewald, alles Gute zum Geburtstag! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

15.47.21Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme nun die Verhandlungen über den 11. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Knoll. Gewünschte Redezeit: 3 Minu­ten. – Bitte.

 


15.47.36

Abgeordnete Mag. Gertraud Knoll (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Vilimsky ist gerade nicht anwesend beim Thema „Sicherheit von Kinderspielzeug“, daher adressiere ich meine Antwort zu dem, was er gemeint hat, an seinen Klub, an seine Kolleginnen und Kollegen.

Man muss schon wirklich immer wieder über die FPÖ und ihre ganz sonderbare Fähigkeit staunen, geradezu reflexartig falsche Schlüsse zu ziehen und die EU in einer völlig widersinnigen und völlig deplazierten Art und Weise in einem Punkt zu kritisieren und als Sündenbock herzunehmen, wo sie wirklich bestens funktioniert.

Wir haben ja bereits ein Schnellsicherungsverfahren, dass gefährliche Produkte, die im Umlauf sind, informationsverpflichtend bekannt gegeben werden. Vielleicht ist das nicht bis zu Ihnen durchgedrungen, meine Damen und Herren von der FPÖ.

Wir haben erst gestern eine ganz lange und intensive Debatte über den Reformvertrag von Lissabon geführt, und es wurde zu Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass


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nur eine handlungsfähige, eine Demokratie stärkende und eine sozialorientierte EU die Herausforderungen der Zukunft wirklich zufriedenstellend bewältigen kann. Deshalb werden wir diese Aufforderung vom Kollegen Vilimsky: Schämen Sie sich für Ihre Europäische Union!, ganz sicher nicht aufnehmen, sondern wir sind stolz darauf, wenn etwas funktioniert, wenn etwas jetzt schon klappt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Es geht dabei nicht immer nur um die ganz großen, grenzüberschreitenden, globalen Themen, wie etwa die Klimageschichte, Energiefragen oder die vielen Menschen wirklich zu Recht Sorgen machende Frage der Vertiefung der sozialen Klüfte, sondern es geht immer wieder um konkrete Beispiele, an denen man deutlich machen kann, dass Lösungsprozesse nur in einem europäischen Kontext möglich sind.

Und wenn EU-BürgerInnen wahrnehmen, dass es auch um Konflikte, um Probleme geht, die man im privaten Alltag haben kann, dann ist das eine sehr hilfreiche Erfahrung.

Wir brauchen in der Frage der Sicherheit von Spielzeug Weltmärkten entsprechend ein ganzes Bündel von Maßnahmen, und zwar nicht nur auf nationaler, sondern selbstverständlich auch auf europäischer Ebene, denn Kinderspielzeug ist – wir haben das vorhin schon ausführlich gehört – absolut nicht immer Kinderspielzeug, nicht immer ein für Kinder geeignetes Spiel. Es glitzert schön, es glänzt und ist auch meist noch knallig bunt, und die Kinderspielzeugindustrie bemüht sich, ihre Entwicklungen schnell voranzutreiben und Produkte auf den Markt zu bringen, die in ihrer glitzernden Schönheit Kinderherzen höher schlagen lassen.

Als 2007 freiwillig Produkte vom Markt genommen wurden, aus dem Sortiment heraus­genommen wurden, und zwar Produkte, die nicht unbedingt aus Billigländern kamen, sondern Produkte, die Kassenschlager waren, wie etwa von Barbie, Fisher Price, Polly Pocket, ist deutlich geworden, dass es bei dem CE-Siegel keineswegs um ein Güte­siegel geht, worauf sich Eltern und alle, die ihren Kindern schöne Geschenke mitbringen wollen, verlassen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Tatsache, dass es für Kleinkinder ganz normal ist, dass sie alles in den Mund nehmen und auf deren Beißtauglichkeit unter­suchen, weil sie einfach ganzheitlich lernen, weil sie begreifen, im wahrsten Sinn des Wortes, kann selbstverständlich nur bedeuten, dass es jetzt darum gehen muss, gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsstandards einzuführen und entsprechende Qua­li­täts­kontrollen, die eine Gesundheitsschädigung oder sogar noch Schlimmeres verhin­dern.

20 Jahre sind im Technologiezeitalter viele Generationen; so alt ist diese Spielzeug­richtlinie. Es ist also höchst an der Zeit, dass jetzt die vom EU-Parlament geforderte Überarbeitung in Angriff genommen wird und dass auch ein gemeinsames, europa­weites Gütesiegel eingeführt wird, auf das sich dann die Konsumenten wirklich verlas­sen können. Ein solches Gütesiegel muss Produktsicherheit gewährleisten, muss sich auf eine unabhängige Qualitätsprüfung verlassen und stützen können und einwandfrei garantieren, dass keine gefährlichen Substanzen im Kinderspielzeug vorhanden sind, denn nur dann ist Vertrauen wirklich gerechtfertigt.

Daher ist dieser vorliegende Antrag der Regierungsparteien, der auf eine Initiative der sozialdemokratischen Fraktion, des Abgeordneten Jacky Maier zurückgeht, ein sehr gelungenes Beispiel dafür, wie konkret und wie direkt und wie Demokratie stärkend das Zusammenspiel von nationalem Parlament und Europäischem Parlament funktio­nieren kann, denn die bis jetzt vorliegende Vorlage der Europäischen Kommission ist nicht ausreichend, denn darin ist kein Verbot vorgesehen. Gemeinsam können wir hier Stärke beweisen und gemeinsam können wir Druck machen. Ich finde, das sollten wir


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ParlamentarierInnen entsprechend tun, nämlich Mut machend und nicht Angst machend, und zwar sowohl im österreichischen Parlament als auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Brüssel.

Daher würde ich mich freuen, wenn Sie alle diesen Antrag unterstützen könnten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


15.54.14

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Frau Kollegin Knoll, die Idee zu diesem Antrag ist von einer werdenden Mutter aus dem ÖVP-Klub gekommen, Frau Mag. Danninger, und ich denke, dass das eine gute Initiative seitens der ÖVP ist. (Abgeordnete der ÖVP setzen zögernd zum Applaus an.) – Applaus ist erlaubt, auch wenn nur wenige anwesend sind, aber nicht nur bei der ÖVP, sondern auch bei der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass dieser Entschließungsantrag ein wichtiger Antrag ist, und es ist erfreulich, dass er im Ausschuss für Konsumentenschutz einstimmig angenommen worden ist. Es wurde auch gesagt, warum, und zwar wegen der vermehrten Rück­rufaktionen von Spielzeug vor allem aus China. Ich meine, dass an dieser Maßnahme weitergearbeitet werden soll.

Ich komme in diesem Zusammenhang auf die gestrige Debatte zum EU-Reformvertrag zu sprechen, wo Klubobmann Wolfgang Schüssel in seiner Rede auch auf diesen Ent­schließungsantrag hingewiesen und gesagt hat, auf manchen Gebieten wäre es ohne die Europäische Union ein Kampf gegen Windmühlen, wir könnten allein kaum etwas erreichen.

Auch bei diesem Antrag werden wir die Europäische Union brauchen, um gemeinsam durchzusetzen, dass es im Punkt „gefährliches Spielzeug“ zu einer Verbesserung kommt. Insbesondere zum Schutz der Kleinkinder und der Kleinstkinder. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ehmann. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


15.56.07

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Frau Bundesministerin! Aufgrund der Risken von gefährlichem Kinderspiel­zeug haben wir diese Initiative für sicheres Kinderspielzeug in einem gemeinsamen Entschließungsantrag eingebracht. Ich glaube, dass es nicht wichtig ist, wer auf diesen Gedanken gekommen ist oder initiativ war, es ist eine Initiative des österreichischen Parlaments. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wie wir alle wissen, kam es von diversen Serien von Kinderspielzeug zu Rück­rufaktionen, wie zum Beispiel von Fisher Price, Barbie, Polly Pocket und so weiter; das wurde schon mehrfach angesprochen. Allein in der Steiermark zum Beispiel wurden von den zuständigen Stellen 126 amtliche Kontrollen durchgeführt sowie 27 Proben entnommen. In Gesamtösterreich wurden zirka 2 500 amtliche Ermittlungen und Kontrollen durchgeführt, wobei zirka 10 Prozent direkte Probenentnahmen waren. Echte Kontrollzahlen können aber bis dato nicht genannt werden.

Meines Erachtens ergibt sich auch folgendes Problem: Diese Produkte sind grund­sätzlich mit einem CE-Zeichen versehen, das lediglich eine interne Selbsterklärung des


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Herstellers und Importeurs darstellt. Eine Überprüfung dieses Kennzeichens durch eine unabhängige Organisation gibt es nicht; das wurde auch schon angesprochen.

Wenn man bedenkt, dass Kinderspielzeug unter anderem gefährliche Chemikalien, wie zum Beispiel krebserregende, erbgutverändernde oder die Fortpflanzung gefährdende Substanzen, enthält, dann muss man doch zu der Einsicht gelangen, dass die Einfüh­rung eines freiwilligen Gütesiegels auf EU-Ebene für die Sicherheit und Qualität von diesen Produkten absolut vonnöten wäre.

Ein zweiter Weg wäre, die österreichischen Handelsunternehmen aufzufordern, die Ein­haltung der Sicherheitsanforderungen durch Eigenkontrolle zu sichern. Es könnten damit behördliche Kontrollen wesentlich erleichtert werden. Das würde auch die gegenseitige Zusammenarbeit und Informationspflicht zwischen der Lebensmittel­aufsicht und den Zollbehörden beinhalten.

Schaffen wir doch gemeinsame Bedingungen durch Gesetze oder Verordnungen, um dieses leidige Thema endlich aus der Welt zu schaffen, da es um unsere Kinder und damit verbunden um unsere Zukunft geht! Wenn wir darauf nicht reagieren würden, müssten wir weiterhin mit Spielzeug leben, das beispielsweise selbstentzündlich und giftig ist. Das wollen wir nicht! Wer kennt ein Kind, das sein Spielzeug im Kindesalter nicht in den Mund nimmt? Oder welches Kind lutscht nicht gerne an Gegenständen, ohne natürlich zu wissen, dass sie bleihaltig sind? Natürlich jedes! Keine Frage.

Es gibt bereits Untersuchungen, die belegen, dass Babylätzchen, Buntstifte, Spielzeug­autos und sogar Barbie-Puppen, die bleihaltige Farbe enthalten, im Handel erhältlich sind. Da diese Gegenstände wissentlich keine Lebensmittel sind, aber grundsätzlich die Lebensmittelaufsicht damit vorrangig betraut ist, wäre es empfehlenswert, das Verbraucherschutzgesetz auch in diesem Bereich in seiner Wirksamkeit zu stärken und zu verbessern. – Danke für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Franz gelangt nun zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


15.59.11

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Die Aufgabe einer Gesellschaft ist es, ihre Kinder von klein auf zu schützen und zu fördern und sie auf das Erwachsenenleben vorzubereiten. Durch Spielzeug wird die Phantasie und die Motorik des Kindes ausgeweitet und gereift. Begreifen und Lernen wird vereinfacht.

Aber Spielzeug wird, wie wir es gehört haben, leider oft zur Falle, es kann krank machen. Man fragt sich: Wie ist das möglich? Warum gibt es gravierende Sicherheits­mängel auch bei uns, obwohl wir eine Kennzeichnung von Spielzeug mit dem europäischen CE-Zeichen haben? Es hat sich leider herausgestellt, dass das nur ein vermeintliches Gütezeichen ist, dass damit nur eine vermeintliche Sicherheit gegeben ist, dass das ein Flop ist. Deshalb fordern wir gesicherte Information und vor allem lückenlose Kontrolle.

Beim Spielzeug ist der Handlungsbedarf zum Schutze unserer Kinder enorm. Die vor­gegebenen EU-Richtlinien sind mangelhaft und müssen auf den neuesten Stand gebracht werden. Es fehlt die Klarstellung, dass alle krebserregenden, das Erbgut verändernden und natürlich auch die Fortpflanzung gefährdenden Stoffe generell verboten werden müssen. Gift gehört nicht ins Kinderzimmer und schon gar nicht in Kinderhände! (Beifall bei der ÖVP.)

16.00



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 144

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Wimmer zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.00.46

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Selten gibt es bei einem Themenbereich so breiten Konsens, dennoch hat es hier einige sehr unterschiedliche Redebeiträge dazu gegeben.

Ein Faktum ist bekannt, dass nämlich Kinderspielzeug, das vor allem in Asien – und da wiederum vorwiegend in China – produziert wird, nicht dem europäischen Standard entspricht. Außerdem wissen wir, dass bei uns nur Spielzeug verkauft werden darf, das der Europäischen Norm EN 71 entspricht und mit dem europäischen Zeichen CE versehen ist. Trotz dieser Kennzeichnung kommt es diesbezüglich allerdings immer wieder zu großen Zwischenfällen, was gleichzeitig bedeutet, dass die Handhabung des CE-Zeichens völlig unzureichend und unbefriedigend gelöst ist.

Meine Damen und Herren, dieser Zustand muss geändert werden, denn er ist so nicht mehr haltbar. Wir brauchen auf europäischer Ebene eine Verschärfung der Spielzeug­richtlinie. Das CE-Zeichen darf nur dann an Spielzeugen angebracht werden, wenn Qualität und Sicherheit wirklich stimmen. Zudem müssen wir auch die österreichischen Handelsunternehmen mehr in die Pflicht nehmen, dass sie mehr Verantwortung übernehmen.

Dieser unser Antrag geht genau in diese Richtung, und darum gehen wir davon aus, dass er heute einstimmig beschlossen werden kann. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächte Rednerin ist Frau Abgeordnete Schitten­helm. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.02.27

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon sehr eigenartig: Wir schauen bei unseren Kindern von Anfang an darauf, dass sie die entsprechende Kleidung haben. Wir achten darauf, dass wir sie sicher von einer Straßenseite zur anderen bringen und lassen sie nicht aus den Augen. Wir legen darauf Wert, dass auch die Kleinsten bereits Sonnenbrillen tragen, damit sie genügend Schutz vor der aggressiven Sonne haben. Wir kaufen biologische Lebensmittel, damit wir auch diesbezüglich für unsere Kinder das Beste tun. Und wir kaufen natürlich die teuersten und besten Autos, damit sie auch im Auto sicher sein können.

Auf der anderen Seite sind unsere Kinder dort, wo sie unserer Meinung nach sicher sind, am wenigsten sicher, nämlich im Kinderzimmer, wo sie Spielzeug haben, das unter Umständen giftig ist, weil es giftige, gefährliche Chemikalien beinhaltet. Es wurde heute schon mehrfach erwähnt, dass dieses Spielzeug krebserregende, Erbgut verän­dernde und die Fortpflanzung gefährdende Stoffe enthält und dass das für uns bisher eigentlich kein Thema war.

Daher bin ich sehr dankbar und froh, dass wir jetzt diesen Antrag hier einbringen können. Ich appelliere an Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, alles zu tun, damit wir gemeinsam mit der Europäischen Union, mit dieser starken europäischen Kraft, die wir erst gestern wieder verspürt haben, Druck gegenüber den Weltmächten der Wirtschaft machen. Auch diesbezüglich gilt, was unser Klubobmann Wolfgang Schüs­sel gesagt hat, dass wir nicht allein sind, sondern sich alle 27 Staaten zusammentun werden. Es muss gelingen, im Sinne unserer Kinder dieses Europa nicht nur als Friedensprozess und Zukunftsperspektive für die Kinder zu sehen, sondern als


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 145

Bündnis, das den Kinder für die Zukunft Sicherheit garantiert. Das ist uns das wert, und ich hoffe, dass wir das in dieser Form bewerkstelligen können. – Ich danke allen, die diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

16.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich noch Herr Bundesminister Dr. Buchinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.04.31

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten im Hohen Haus! Die Debatte hier hat gezeigt, wie breit die Sorge der Damen und Herren Abgeordneten um die Sicherheit der Kinder ist, die gerade in einem Bereich gefährdet ist, wo es tatsächlich – wie Frau Abgeordnete Schittenhelm gesagt hat – am wenigsten vermutet wird, und dass es eine Reihe von Aufgaben auf nationaler und internationaler Ebene gibt, um dagegen vorzubeugen.

Die Bundesregierung wird entsprechend dem Beschluss hier im Hohen Haus im Rahmen ihrer Möglichkeiten – und zuständig auf der Ebene der Europäischen Union ist meine Kollegin Bundesministerin Kdolsky – dafür eintreten, dass insbesondere, wenn es darum geht, den Schutz für ganz junge Kinder zu verstärken und einen höheren Sicherheitsstandard einzurichten, ein System geschaffen wird, durch das ermöglicht wird, entsprechend den neuen Erkenntnisse bezüglich der Gefahren, die im Kinder­spielzeug liegen, besser als bisher zu reagieren und im gesamten Wirtschaftsraum schnellstmöglich und produktspezifisch tätig zu werden.

Ich bin zuversichtlich, dass wir das entsprechend Ihrem Auftrag im Rahmen der Euro­päischen Union mit aller Kraft umsetzen werden und hoffe auf einen Erfolg, den wir rasch beurteilen können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 490 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 69.)

16.06.2212. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 650/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Johann Rädler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abzockseiten im Internet (Online Betrug) (491 d. B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fleckl. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.06.47

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätz­tes Hohes Haus! Im vorliegenden Antrag geht es um Internet-Abzocke, und ich bin sehr froh, dass dieser Antrag nun im Parlament beschlossen wird. (Zwischenruf der


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 146

Abg. Rauch-Kallat.) Frau Abgeordnete, hören Sie mich? (Abg. Rauch-Kallat: Ja! Danke schön!) Wunderbar!

Das Internet kann man sich mittlerweile schon überall hinholen, mit Datenkarten auf den Laptop, über das Handy, auf den Stand-PC im Wohnzimmer, in der Schule und im Job. Wir alle sind User und Userinnen und haben sozusagen in fast allen Lebenslagen Zugang zum Internet.

So vielfältig das Angebot des Internets ist, so vielfältig sind aber auch die damit einhergehenden Möglichkeiten der Trickbetrüger. So gibt es etwa Abzocke durch den Abruf von Datenbanken, wo es tausende Kochrezepte gibt. Es werden hunderte Frei-SMS oder Fahrtenrouten angeboten. Es gibt Gewinnspiele und Flirt-Lines. Und in den meisten Fällen ist in den Geschäftsbedingungen dieser Angebote, die vermeintlich kostenlos sind, quasi im Kleingedruckten die Kostenpflichtigkeit versteckt. Oft ver­pflichtet man sich für ein damit verbundenes monatelanges Abo, wenn man vorher seine Daten angibt und dann den Button drückt und damit akzeptiert.

Damit werden möglichst alle Menschen jeder Altersklasse und jeder sozialen Schicht angesprochen. Alte Menschen können meist das Kleingedruckte nicht mehr lesen, in dem die Kostenpflicht versteckt ist, und besonders Minderjährige, die ganz stark von dieser Internet-Abzocke betroffen sind, lesen meist die Bedingungen nicht oder ver­stehen sie, wenn sie sie lesen, in den meisten Fällen nicht. Viele meinen, das passiert immer nur den anderen, aber das kann jedem passieren. Auch meinem Sohn und seinen Schulkameraden ist es passiert, und zwar bei den Gebrüdern Schmidtlein. – Jene, die Schmidtlein kennen, wissen, was ich meine.

Obwohl die Jugendlichen nicht 18 waren, haben sie sich mit den Daten, die sie angegeben haben, dort einloggen können. Und das Ende vom Lied waren Zahlungs­aufforderungen durch Inkassobüros, Drohungen mit Klagen und so weiter, und diese sind uns, den Eltern, letztlich ins Haus geflattert. In diesem Zusammenhang möchte ich noch erwähnen: Das Ganze geschah am Schul-PC!

Es kann also jeden von uns treffen. Gott sei Dank ist diesfalls alles gut gegangen. Das Landesgericht Darmstadt verurteilte die Gebrüder Schmidtlein zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt 24 000 €, aber das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das ist ein schwacher Trost: Sammelklagen verhindern natürlich vieles, aber ver­meiden nicht alles.

Ich bin froh, dass es diesen Antrag gibt, denn man kann nicht kontrollieren, wer sich wo einloggt und wer wo welche Daten angibt. Hier wird mit den Gefühlen und mit dem Geld von Menschen gespielt. Daher bin ich froh, dass sich der Herr Bundesminister europaweit dafür einsetzt, dass mit diesem Antrag endlich auch auf Europaebene dem Abzocken ein Riegel vorgeschoben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.10.34

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wer liebt es nicht, per Mausklick eine Reise zu machen, durch Bibliotheken zu surfen oder eine Shoppingtour zu genießen?

Diese wunderbare Welt des Internet lockt immer mehr Menschen an, aber in dieser bunten Welt lauern auch Gefahren. Es lauern – wie ich fast sagen möchte – die „modernen Raubritter“, nämlich Firmen, die ahnungslose Kunden brutal und ohne Vorwarnung abzocken.


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Der vorliegende Antrag soll dazu dienen, dass künftig weniger Österreicherinnen und Österreicher in diese Fallen tappen und diesen „Raubrittern“ in die Hände fallen.

Worum geht es konkret? – Meine Vorrednerin hat einige Beispiele genannt. Firmen locken im Internet mit vermeintlichen Gratisangeboten. Der Trick funktioniert so: Es wird zu angeblichen Gratisdienstleistungen eingeladen, wenn man dann allerdings Filme oder Musik heruntergeladen hat, bekommt man eine geschmalzene Rechnung, weil es sich letztlich um einen kostenpflichtigen Vertrag handelt.

Was ist notwendig? – Wir brauchen europaweit gesetzliche Regelungen gegen die Abzocke im Internet. Wir wollen mehr Transparenz für die Konsumenten. Die öster­reichische Bundesregierung soll auf EU-Ebene für diese Anliegen eintreten.

Konkret ist eine sogenannte Button-Lösung angedacht. Was ist das? – Das heißt, dass ein Vertrag nur dann gelten soll, wenn der Kunde den Abschluss mit einem extra Knopf­druck und mit einem extra Mail ausdrücklich bestätigt.

Herr Minister Buchinger, ich danke Ihnen, dass Sie auf der Homepage des Ministe­riums Informationen dazu anbieten!

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen das Internet nicht kampflos skrupellosen Betrügern überlassen. Daher ersuche ich um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag. (Beifall bei der ÖVP.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Hradecsni zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.12.54

Abgeordnete Bettina Hradecsni (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Abzocke im Internet ist ein Thema, das uns schon lange beschäftigt und sicherlich noch länger beschäftigen wird. Es gab bereits Fünf-Parteien-Anträge, und im Regie­rungs­programm ist festgehalten, dass in dieser Legislaturperiode Sanktionsmaßnah­men ergriffen werden sollen.

Jetzt liegt der nächsten Fünf-Parteien-Antrag vor. Ich halte das für sehr wichtig, denn damit wird die Bedeutung des Themas deutlich gemacht und unterstrichen. Es gibt weitgehend Konsens darüber, dass diesen Betrügereien im Internet Einhalt geboten werden muss. Wie das vor sich gehen soll, haben meine Vorrednerinnen bereits erläutert beziehungsweise wurde das bereits in anderen Anträgen erläutert.

Jetzt soll die sogenannte Button-Lösung geprüft werden. Wir erachten diese Maß­nahme als durchaus sinnvoll, und diese Meinung teilen auch die Verbraucherschutz­organisationen.

Diese Button-Lösung, also das Versenden eines E-Mails zur Bestätigung der Bestel­lung, bedeutet eine weitere Verkomplizierung im Fernabsatz, und das trifft natürlich auch seriöse Anbieter. Das ist keineswegs wünschenswert und gibt durchaus Anlass zur Kritik.

Wir hatten im Zuge der UWG-Novelle eingefordert, dass eine Gewinnabschöpfung im Fernabsatz eingeführt werden soll; das war aber leider Gottes nicht möglich, und zwar zum Teil auch deshalb nicht, weil sich die Wirtschaft quergelegt hat. Es wurde uns zwar versprochen, dass es im Rahmen einer größeren UWG-Novelle zu der Gewinn­abschöpfung kommen soll, wann das aber tatsächlich sein wird und ob das dann auch wirklich den entsprechenden Niederschlag finden wird, ist noch relativ ungewiss. Notwendig wäre das eigentlich sofort. Leider Gottes haben wir uns damals aber, wie gesagt, diese Chance bei der UWG-Novelle entgehen lassen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 148

Es kam am Beispiel Deutschland, wo es die Gewinnabschöpfung sehr wohl gibt, auch das Argument, dass diese dort sehr eng gefasst ist und die betrügerische Absicht nachgewiesen werden muss. Gemäß dem Antrag, den wir damals analog zum Vorschlag der Arbeiterkammer eingebracht haben, würde es reichen, wenn die Fahrlässigkeit der Anbieter und quasi Nutznießer bewiesen werden könnte.

Solange es keine schmerzliche Maßnahme gegen die Anbieter gibt, werden diese nämlich fröhlich weitermachen. Die Adressenliste der Anbieter, die wir bekommen haben, ist nicht wirklich neu. Diese Leute arbeiten schon seit Jahren mit den gleichen Methoden, und solange sie nicht Zahlungen zu leisten haben, die sie empfindlich treffen, solange sie den Unrechtsgewinn einfach einbehalten können und solange die schärfste Maßnahme, die wir dem Ganzen im UWG entgegensetzen, lediglich eine Unterlassungsklage ist, wird man, wie gesagt, so weitermachen.

In der Begründung des Antrages ist es ja irgendwie sehr nett beschrieben, dass diese Unterlassungsklage nichts anderes bedeutet, als dass verboten wird, dass man das Gleiche noch einmal tut. – Dann macht man es halt mit einem anderen Internet-Auftritt! Das ist genauso effizient – ich zitiere jetzt aus dem Antrag –, wie wenn man einen Bankräuber laufen lässt und ein Gericht ihm hinterher ruft: Tu das ja niemals wieder!

Wir brauchen die Gewinnabschöpfung, damit es tatsächlich zu Strafzahlungen kommt. Das heißt, wir brauchen ganz dringend eine wirklich umfangreiche UWG-Novelle. Außerdem brauchen wir – was uns jetzt auch in Aussicht gestellt wurde und was hoffentlich auch erfolgreich umgesetzt werden wird – die Gruppenklage. Es handelt sich hiebei nämlich meist um kleine Beträge und um sehr viele Geschädigte. Da würde eine Gruppenklage, für die bereits ein Ministerialentwurf vorliegt, ganz wunderbar greifen. – Gruppenklage und Gewinnabschöpfung wären also tatsächlich effiziente Maßnahmen im Bereich der Internet-Kriminalität. (Beifall bei den Grünen.)

16.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neu­bauer. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.18.20

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Frau Kollegin, ich kann nicht nachvollziehen, wie Sie aufgrund Ihrer Darlegungen zur Feststellung gelangen, dass rechtschaffene Geschäftsleute unter den jetzt vorgeschlagenen Lösungen leiden sollen. Sie haben aber den Eindruck vermittelt, als ob das der Fall wäre. Vielleicht können wir das dann in einem Vier-Augen-Gespräch klären. Sie haben das jedenfalls so vermittelt, ich kann die Zusammenhänge bei dieser Lesung allerdings nicht erkennen.

Die Verlockungen des weltweiten Netzes sind natürlich mannigfaltig und groß, und sie locken natürlich auch kriminelle Geschäftemacher auf den Plan, gutgläubigen Kunden das Geld mit nicht immer nur legalen Mitteln aus der Tasche zu ziehen.

Deshalb sind wir auch der Meinung, dass der vorliegende Antrag durchaus ein Mittel ist, einen ersten richtigen Schritt in die richtige Richtung zu setzen, wiewohl wir meinen, dass dieser Nationalrat selbstbewusster in der Formulierung auftreten können hätte. Manche Formulierungen sind nämlich teilweise so schwammig ausgelegt, dass sie ein wirklich starkes Auftreten gegenüber der EU verhindern. Es ist dies aber, wie gesagt, ein erster Schritt.

Kaufabwicklungen über das Internet sind nach wie vor in einer rechtlichen Grauzone, sodass manche Dinge wie etwa das Herunterladen von Daten durchaus noch rechtlich zu hinterfragen sind. Es gibt in diesem Bereich sehr viele Grauzonen, und deshalb hätten wir uns gewünscht, dass hier eine stärkere rechtliche Anbindung vonstatten


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gegangen wäre, weil die Kunden ein Recht auf Rechtssicherheit haben, das heißt, wenn sie ein Geschäft abschließen, dass dieses rechtlich auch so zu sehen ist, wie sie das eigentlich vermutet hätten.

Nichtsdestotrotz werden wir dem Antrag zustimmen. Wir bedanken uns als freiheitliche Fraktion auch beim Ausschussvorsitzenden Maier, der uns über Antrag von Kollegen Hofer zugesichert hat, dass in der Zukunft bei weiteren Anträgen die Oppositions­parteien schon im Vorfeld über entsprechende Anträge besser informiert werden sollen. Das, finde ich, ist eine gute Verbesserung und wäre vielleicht auch ein empfehlenswertes Pilotprojekt für andere Ausschüsse. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Parnigoni.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.21.19

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­des­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es hat niemand etwas gegen beabsichtigte online geschlossene Verträge, wenn sie dementsprechend sind, dass man diese mit einer E-Mail rückbestätigt.

Wenn man zum Beispiel eine Reise über das Internet bucht, dann sollte man eine Bestätigung vom jeweiligen Anbieter bekommen, dass das Hotel reserviert, die Reise gebucht ist und binnen einer Woche eine Anzahlung von meinetwegen 10 Prozent zu tätigen ist, mit einem Verweis darauf, wie viel die Stornogebühr beträgt und dass man kurz vor dem Reiseantritt den ausgewiesenen Restbetrag zu bezahlen hat. Wenn das so abläuft, dann finde ich das in Ordnung.

Ich finde es aber nicht in Ordnung, wenn im Internet nur durch Klicken auf gewisse Icons oder Buttons schon abgezockt wird. Das ist nicht nur im Internet zum Teil so, sondern es ist auch oft einmal der Fall, dass diese unseriösen Praktiken auch per SMS geschehen. Wenn man irgendetwas in einem SMS rückbestätigt, hat man gleich ungewollt gewisse Dienstleistungen gekauft. Ein Beispiel ist die Ahnenforschung, die häufig angeboten wird. Vor allem Jugendliche fallen oft darauf herein, haben oft kein eigenes Einkommen, und die Eltern können dann dafür zahlen und haben Schwierig­keiten, aus diesen Verträgen überhaupt wieder herauszukommen.

Genauso ein Problem sind die telefonischen Werbeaktivitäten, wo am Haustelefon oder am Handy angerufen und gefragt wird: Sind Sie mit Ihren Tarifen einverstanden? Wollen Sie das und das? – Das sind so No-na-Fragen, wo man dreimal mit ja ant­wortet, und auf einmal flattert einem schon eine Rechnung ins Haus. Und so kann das ganz einfach nicht gehen. Es muss das mit einer Rückbestätigung funktionieren. Das heißt, erst dann, wenn ich die Bestellung aufgebe oder rückbestätige, kommt der Vertrag zustande, so ist es in Ordnung. Aber anderen Praktiken muss man ganz einfach den Garaus machen und Dinge entwickeln, die dafür sorgen, dass das nicht mehr so einfach möglich ist.

Aufklärung ist natürlich wichtig, man muss hier präventiv tätig werden, damit die Leute auf solche Dinge gar nicht hereinfallen. Herr Bundesminister, ich glaube, gerade in diesem Bereich ist Information alles. Man muss die Leute aufklären, durch Inserate, Zuschriften und so weiter und so fort, und vor allem die Aufklärung der Jugendlichen auch an den Schulen muss forciert werden. (Beifall beim BZÖ.)

16.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindel­berger. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 



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16.23.53

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir haben es ja von den Vorrednern schon gehört: So toll diese Erfindung des Inter­nets auch ist, birgt sie gewaltige Gefahren in sich, die die dubiosesten Firmen eigentlich schamlos ausnutzen, um die sogenannten User finanziell zu erleichtern. Und das funktioniert wirklich leichter, als man glaubt, denn mit scheinbar kostenlosen Internet-Angeboten werden immer mehr ahnungslose Menschen, ob jung, ob alt, im Internet abgezockt.

Das ist ganz einfach: Die Homepages sind ganz poppig gestaltet, simpel gehalten, und wer sich anmeldet – ich habe das selbst auch bei einem Sprechtag von einer Mutter eines betroffenen Jugendlichen erfahren müssen –, bekommt zum Beispiel nicht nur hundert Gratis-SMS, sondern hat auch die Möglichkeit, ein Handy zu gewinnen. Da steht dann einfach: Eintragen, einloggen und SMS schicken – fertig.

Dass bei dieser Anmeldung ein Vertrag eingegangen wird, das erfährt der Konsument oder die Konsumentin meist erst in einem späteren E-Mail, und der vermeintliche Gratisdienst, so wie in dem mir vorgetragenen Fall, kostet dann auf einmal 84 €. Wird nicht innerhalb einer Woche bezahlt, schreibt Sie das Inkassobüro an, und 160 € sind zu berappen. In weiterer Folge kommt meistens auch noch ein Brief eines Rechts­anwalts. Und bevor man sich jetzt auf das einlässt, zahlen die meisten Konsumentin­nen und Konsumenten.

Was mich bedenklich stimmt, ist, dass in Österreich, wenn jetzt meine Zahlen stimmen, im Vorjahr bereits 7 000 solche Beschwerdefälle offiziell eingelangt sind. Ich glaube, dass wir anhand dieser fast unvorstellbaren Vorfälle, die tagtäglich mehr werden, aufgerufen sind, diesen Geschäftspraktiken endlich entgegenzuwirken und diesen Machenschaften einen Riegel vorzuschieben, indem wir unsere zuständigen Minister, und zwar nicht nur Sozialminister Buchinger, sondern auch Justizministerin Berger, auffordern, die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten.

Ich möchte noch weiter gehen als die bisherigen Redner. Ich bin der Meinung, dass das gesamte E-Commerce-Gesetz auf europäischer Ebene geändert werden muss, und zwar dergestalt, dass man nicht nur auf das Rücktrittsrecht hingewiesen werden muss, sondern auch auf die Kostenpflichtigkeit und dass das Eingehen eines Vertrags auch noch extra mit einem E-Mail bestätigt werden muss. Ich glaube, dass das der richtige Ansatz ist, und ich bin sicher, dass diese Aufgabe bei unseren Ministern in den richtigen Händen liegt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.26.39

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Dieses Internet-Abzocken ist ja wirklich eine brutale Sache. Wenn wir uns das anschauen: Der Angegriffene, nicht der Kunde, der Angegriffene, ist meist ein Jugendlicher. Die Internet-Seiten sind so hergerichtet, dass sie genau diese Menschen ansprechen, junge Menschen an­sprechen, oft sogar Kinder ansprechen und durch sehr verschlüsselte Auslösemecha­nis­men Kaufvorgänge vortäuschen. Dann beginnt erst die ganze Maschinerie zu laufen.

Ich würde sagen, unter Missbrauch unserer Rechtsinstrumente, unter Missbrauch der Autorität, die unser Rechtsstaat eigentlich hat, werden dann Briefe geschrieben, in denen die Einschaltung von Rechtsanwälten angedroht werden, Exekutionen, das Fälligwerden von Anwaltskosten angedroht werden, Briefe, die letztendlich die Men-


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schen so einschüchtern, dass die Eltern sagen, bevor ich mir das alles antue, zahle ich eben diese, wie im konkreten Fall, 123 € – oder auch nicht.

Wir haben also die Menschen zu schützen, und es ist richtig, in dieser Frage laut die Stimme zu erheben und zu sagen: Es müssen die Gewichte bei Geschäftsfeldern im Internet neu verteilt werden. Es muss zu jeder gültigen Kaufhandlung auch eine Rück­bestätigung geben. Es muss eine Bestätigung per E-Mail geben oder eben über eine Kreditkartennummer, sodass tatsächlich der Kaufvorgang bewusst ausgelöst wird und nicht durch das Berühren einer Schaltfläche auf einer elektronischen Oberfläche.

Das ist ein wichtiges Thema, und ich kenne aus dem Umfeld viele Familien und weiß, mit welcher Angst Menschen darauf reagieren, weil ihnen plötzlich aus dem Anonymen eine echte Bedrohung erwächst und sie nicht wissen, was sie falsch gemacht haben. Und so etwas passiert auch, wenn tatsächlich nichts falsch gemacht wurde. Auch wenn dieser Knopf nicht gedrückt wurde, kommen diese Briefe. Es ist erstaunlich, womit diese Firmen arbeiten. Ich kenne einen Fall, wo die Bedrohung weiter gegangen ist, dann auf Anraten aber nicht bezahlt wurde, worauf sich diese Firma zurückgezogen hat.

Ich freue mich, dass wir in diesem Zusammenhang ein Thema haben, das wir mit der Europäischen Union abzuhandeln haben. Und ich freue mich auch, dass die Kolleginnen und Kollegen, die nicht so sehr an der Europäischen Union interessiert sind, im praktischen Umgang wieder ganz genau wissen, was wir an Europa haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich weiters Herr Bundesminister Dr. Buchin­ger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


16.29.14

Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger: Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Hohen Haus! Sie widmen sich heute mit dem Thema Internet-Abzocke tatsächlich einem der wichtigsten Themen des Konsumentenschutzes der letzten Jahre. Ich denke, ich gehe nicht fehl in der Annahme, wenn ich vermute, dass viele unserer jugendlichen Zuhörer und Zuhörerinnen in den letzten Monaten mit diesem Thema auch persönlich Kontakt hatten – und meistens wahrscheinlich einen unangenehmen Kontakt.

Tatsächlich ist es nämlich so, dass es nicht nur 7 000 Beschwerden beim Internet-Ombuds­mann gibt, wie Herr Abgeordneter Spindelberger hier zu Recht erwähnt hat, sondern man kommt, wenn man alle Beschwerden bei den Instanzen zusammen­rechnet, auf etwa 20 000 Beschwerdefälle pro Jahr. Das ist bei Weitem das größte Ausmaß eines Geschäftstypus, der Beschwerden veranlasst.

In einer Presseaussendung der Arbeiterkammer Kärnten von dieser Woche hat es gelautet: Internet-Abzocke sorgt für Explosion bei Konsumentenbeschwerden, weil deren Zahl auch dort stark zugenommen hat.

Das Problem ist meinem Haus, dem Konsumentenschutzministerium, seit Jahren gut bekannt. Wir versuchen, das mit dem jetzigen legistischen Instrumentarium Mögliche zu tun, um der Internet-Abzocke das Handwerk zu legen. Und das gilt nicht nur für Österreich, das gilt insbesondere auch für Deutschland, denn die Zielgruppe der Abzocker ist zwar in Österreich, aber die entsprechenden Unternehmer sind oft im gesamtdeutschsprachigen Raum angesiedelt.

Was tun wir? – Wir führen laufend Klagen nach dem Gesetz zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb. Wir führen Klagen nach dem Konsumentenschutzgesetz. Es


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gibt eine Zusammenarbeitsvereinbarung des Konsumentenschutzministers mit den Staatsanwaltschaften. Aber es gelingt diesen Internet-Abzockern immer wieder, ge­schickt durch die Schlupflöcher des Rechts zu schlupfen, und daher ist auch die Aufklärung der Konsumenten und Konsumentinnen von so großer Bedeutung. Das passiert in Österreich durch mein Haus, die Konsumentenschutzsektion. Das passiert durch den Internet-Ombudsmann, der von meinem Haus gefördert wird. Das passiert auch aufgrund eines Entschließungsantrags, der hier im Hohen Haus angenommen wurde, durch eine Regierungsinitiative „Internet sicher nutzen“ auf help.gv.at, durch die Safer Internet-Plattform und durch sämtliche Konsumentenberatungsstellen. Und dennoch reißen die Beschwerden nicht ab – sie nehmen zu. Und das bedeutet nichts anderes, als dass zusätzliche legistische Maßnahmen geboten sind.

Einige Maßnahmen wurden bereits von Kollegin Hradecsni genannt, so etwa die Möglichkeit der Abschöpfung dieses unlauter erzielten Gewinnes. Ich hoffe, dass es bei der großen UWG-Novelle im Herbst hier zu einer gemeinsamen Initiative der beiden Regierungspartner kommen kann.

Es geht aber auch darum, möglichst auf der technischen Ebene, etwa durch die vor­geschlagene Button-Lösung im Antrag, diese Abzocke zu erschweren. Es herrscht zwar Konsens, wie eine Preisauszeichnung im Supermarkt auszusehen hat, aber die Preisauszeichnung im Internet, die zehntausende, hunderttausende Menschen in Österreich erreicht, ist ungenügend. Daher gehen die Vorschläge Ihres Antrage in eine Richtung, die ich als Konsumentenschutzminister nur begrüßen kann. Ich danke Ihnen, dem geschätzten Hohen Haus, für diese Initiative und wünsche uns allen bei der Rechtsdurchsetzung hier einen größeren Erfolg als bisher. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.33

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.33.03

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ganz kurz ein paar Bemerkungen zu dem, wie der Herr Minister jetzt gerade ausgeführt hat, wichtigsten Konsumentenschutzproblem, das hier diskutiert wird. Wir haben eine sehr, sehr starke Zunahme dieser Seiten im Internet zu verzeichnen, wobei sehr viele Firmen, die hier anbieten, sehr oft Briefkastenfirmen sind, mit dem Sitz quer durch Europa. Und das erschwert natürlich dieses Problem. Eine Firma zum Beispiel heißt Verimount FZE LLC. Das ist ein Download-Portal mit einer deutschen Endnummer, aber in Wirklichkeit ist der Sitz dieser Firma in Wien. Das heißt, es ist oft sehr schwer eine Zuordnung möglich. Bei diesen Briefkastenfirmen ist auch eine Zustellung sehr oft nicht möglich. Und wenn es doch geht, dann ist nur eine Unterlassungserklärung, wie schon ausgeführt wurde, möglich, und alle, die bisher bezahlt haben, bekommen ihr Geld nicht mehr zurück.

Menschen aller Altersgruppen sind betroffen. Das SMS gehört ja heute schon zur täglichen Kommunikation. Daher suchen alle natürlich nach günstigen SMS-Ange­boten, und diesbezüglich bietet das Internet eine Reihe von Angeboten. Bei einer Firma, die ich jetzt als Beispiel nennen möchte, wird auf der Startseite mit 100 Gratis-SMS geworben und darauf hingewiesen, dass man noch dazu 5 000 € gewinnen kann. Man wählt sich dort mit einem Klick ein, füllt aus und erkennt nicht, dass man damit schon ein Abo für ein Jahr abgeschlossen hat, weil das in den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen erst ganz unten vermerkt ist, und man müsste nach 14 Tagen dieses freie Angebot wieder abbestellen.


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Quizsendungen sind sehr beliebt, die wieder eine andere Gruppe von Menschen an­sprechen. Wenn man an diesen Quizangeboten teilnimmt, muss man dann eigentlich mehr bezahlen, als an Gewinn versprochen wird.

Zig Beispiele wären hier zu nennen. Ich glaube, es ist sehr wichtig und sehr positiv, dass wir heute hier diesen Beschluss fassen, dass die Mitglieder der Bundesregierung ersucht werden, das Problem auf europäischer Ebene zu regeln, denn ich glaube, nur da kann wirklich eine Lösung erzielt werden, die alle Bereiche umfasst. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort gemeldet. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


16.36.02

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Die Internet-Abzocke ist nicht neu, aber sie rechnet sich jedenfalls für jene windigen Anbieter, die massenhaft Rechnungen versenden, weil angeblich Verträge abgeschlossen wurden. Und es sind nicht diese Internet-Raubritter, die sich hinter besonderen Internet-Seiten von dubiosen Anbietern verbergen, die wir ohnehin alle kennen und schon nicht mehr anklicken. Es ist vielmehr so, dass User jedweden Alters in diese besonderen Fallen tappen, weil sie es einfach nicht erkennen, dass hier zwar ein Service angeboten wird, aber doch eine Kostenpflichtigkeit dahinter steht, und das deshalb, weil die Preise sehr oft sehr gut verborgen sind in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in den Anforderungsprofilen der Internet-Seiten irgendwo ganz unten aufscheinen und diese Anmeldeformulare gerade diese Preisausweisung nicht in dem Maße geltend machen, dass auch der User das leicht erkennen kann.

Es gibt immer mehr verärgerte Eltern, deren Kinder beim Surfen auf Aufgaben­hilfe­seiten klicken, wodurch ein Jahresabo geordert wird und dann Rechnungen ins Haus flattern. Diese Eltern wissen zwar oft, dass hier auch rechtliche Schritte möglich sind, aber sie scheuen sich davor, weil die Zahlungsaufforderungen dieser Abzocker so massiv und so aggressiv sind, dass sie zwar widerwillig, aber doch zahlen.

Niemand möchte die seriösen Anbieter im Internet in ihrer Geschäftshandhabung behindern, aber auf jeden Fall muss diesen Abzockern das Handwerk gelegt werden. Und somit begrüßen wir auch diesen Antrag, der auf EU-Ebene einfordern soll, dass bei diesen Internet-Geschäften zukünftig mehr Transparenz gegeben ist und dass vor allem eine Bestätigung für abgeschlossene Geschäfte gegeben werden muss. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steier zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.38.16

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Im Internet galt lange Zeit der Grundsatz: viel Infor­mation, und das gratis. Mittlerweile bedeutet gratis aber nicht immer umsonst, denn im Internet boomt das Geschäft mit der KonsumentInnenabzocke. Unser Antrag gegen Abzockseiten im Internet soll diesen diversen Praktiken wirksam begegnen, konkret dadurch, dass ein online abgeschlossener Vertrag nur dann gültig sein soll, wenn der Internet-User diesen Vertragsabschluss und die Kostenpflicht extra bestätigt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich darf mich aber auch einem anderen Zweig widmen, der mir sehr wichtig erscheint und der für die Zukunft sehr bestimmend sein wird. Neue Informationswege und hoch technisierte Kommunikationsmittel wie Handy,


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Computer und Internet machen einen darauf ausgerichteten Konsumentenschutz notwendig. Dazu gehört auch der Datenschutz. Wir alle bewegen uns mit elektro­nischen Identitäten im Internet und hinterlassen digitale Spuren, aber vielen NutzerIn­nen ist nicht bewusst, dass jede Aktivität Datenspuren hinterlässt, die oft über Jahr­zehnte gespeichert bleiben.

Unsere persönlichen Daten, Daten zum Kaufverhalten und so weiter, sind für Unternehmen im World Wide Web sehr begehrt. Kundenkarten, Data-Mining, Gewinn­spiele sind nur einige Mittel diverser Branchen und Unternehmen, um an diese per­sönlichen Daten heranzukommen.

Gerade in den letzten Jahren haben soziale Online-Netzwerke wie Facebook, studiVZ, schülerVZ enormen Zulauf. Über diese Netzwerke kommunizieren vor allem junge Internet-UserInnen mit anderen Gleichgesinnten. In diesen Netzen wird auch viel persönliche Information preisgegeben. So haben in Deutschland vier von zehn Teenagern und jungen Erwachsenen ein Profil einem Online-Netzwerk anvertraut. Insgesamt veröffentlicht jede zweite NutzerIn zwischen 14 und 29 Jahren persönliche Infos im Netz.

Aber soziale Netzwerke sind geradezu ein Schlaraffenland für Datensammler. Zu wenig Information über die Folgen und unzureichender Datenschutz in solchen Netzen bergen erhebliche Risken, denn das Internet vergisst nicht.

Meine geschätzten Damen und Herren, in Zukunft werden wir uns daher, neben der Erhöhung der Sicherheit vor Betrug und Daten-Phishing im Internet, auch verstärkt der Bereiche faire und transparente Spielregeln zum Schutz der Identitäten und der Privatsphäre in der digitalen Welt, aber auch der digitalen Daten der KonsumentInnen annehmen und entsprechende Regelungen umsetzen müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dolinschek.)

16.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Pack zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


16.41.20

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist wirklich so, wie meine Vorredner bereits beschrieben haben: dass diese Internet-Abzocke, diese Portale im World Wide Web mittlerweile ein sehr großes Problem darstellen und dass es daher ein richtiger Schritt des Nationalrates ist, da eine europäische Lösung einzu­fordern.

Der in diesem Antrag enthaltene Vorschlag mit dieser Button-Lösung ist ein erster Ansatz. Natürlich müssen wir diesen Ansatz noch viel genauer überprüfen und auch von den Experten, die mit diesem Medium zu tun haben, überprüfen lassen, denn wir wissen, es gibt in diesem Bereich sehr viele Lösungen, aber auch sehr viele Wege, wie man solche Lösungen wiederum umgehen kann.

Der zweite Punkt betrifft einen noch viel schmerzhafteren Bereich, den auch mein Vor­redner schon angeschnitten hat, und dieser wird nicht nur gesetzlich zu regeln sein, sondern da müssen wir auch seitens der Politik viel mehr Informationsarbeit betreiben, nämlich dass vor allem junge Menschen vorsichtiger umgehen müssen, wenn sie Daten in das Internet eingeben. Es gibt mittlerweile die ersten Fälle in Deutschland, in Amerika und auch in Österreich, wo die zukünftigen Arbeitgeber genau diese Portale zuerst prüfen und sich dann anschauen: Was tut der Betreffende in seiner Freizeit? Wo, in welchen Kreisen bewegt er sich? – Und das kann natürlich so nicht vor sich


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gehen. Da müssen wir, glaube ich, diesem Thema noch mehr Aufmerksamkeit wid­men.

Um nun nochmals auf das Thema Internet-Abzocke zurückzukommen: Ich glaube, einer der wichtigsten Schritte und eines der wichtigsten Instrumente in diesem Bereich ist, dass wir hier wirklich eine europäische Lösung fordern – das Internet heißt ja nicht umsonst „World Wide Web“, und es ist ein Problem mit den Endungen der jeweiligen Internet-Adressen und den Firmensitzen. Aber es ist auch ganz wichtig, dass wir hier eine Lösung finden, mit der die Geschäftswelt auch normal umgehen kann und durch die das normale Geschäft im Internet nicht zu sehr eingeschränkt wird. Es gibt zwar sehr viele schwarze Schafe, wie in der sonstigen Geschäftswelt auch, aber es gibt auch sehr viele, die das Internet mittlerweile als wichtigen Geschäftszweig sehen, und die sollten durch eine solche Lösung keine Benachteiligung erfahren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Parnigoni.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.44.12

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wenn wir uns hier umschauen, sehen wir überall Laptops. Wir alle sind Internet-User mehr oder weniger professioneller Art. Ohne WWW, E-Mails et cetera könnte ich mir zum Beispiel meinen Berufs- und Politikeralltag gar nicht mehr vorstellen. Und schon gar nicht unsere Kinder – die sind ja quasi schon mit dem Laptop und dem PC auf die Welt gekommen und haben Gott sei Dank keine Scheu mehr, sich dieser Mittel zu bedienen.

Diese zunehmende Popularität des Internets, die steigenden Nutzerzahlen und die vermehrte Verwendung des World Wide Web zur Information wie auch zur Unter­haltung sind grundsätzlich positiv, haben aber zu diesen – wie wir heute schon mehrmals gehört haben – großen und gewaltigen Problemen geführt.

Leider wissen diese schier unbegrenzten Möglichkeiten gewissenlose Geschäfte­macher und Betrüger für ihre Zwecke zu nützen. Scheinbar kostenlose Angebote – ich habe ein paar solche hier, zum Beispiel www.gedichte-heute.com, www.geldverdienen-heute.com, www.hausaufgaben-heute.com – sind alles andere als gratis. Teure Abos werden mit einem Mausklick abgeschlossen, und es drohen, wie wir heute auch schon mehrmals gehört haben, völlig ungerechtfertigte Zahlungen.

Betroffen sind eben die Jungen. Die Eltern kommen dann zu uns, und wir müssen ganz gezielt Hilfestellung, Unterstützung anbieten, denn es sind dann meistens auch sehr prekäre finanzielle Situationen, in denen sich diese betroffenen Jugendlichen befin­den. – Dieser Entwicklung gilt es entschieden entgegenzuwirken.

Ich bin sehr froh über den hier vorliegenden Antrag von Kollegem Maier und Kollegem Rädler – dem ich von dieser Stelle aus nochmals ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren möchte (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) –, Stichwort Button-Lösung, und ich kann Sie daher nur um Ihre Unterstützung und Ihre Zustimmung ersuchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Fuhrmann zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten.

Da es noch ein Geburtstagskind gibt, gratulieren wir, auch gemeinsam, auch Herrn Abgeordnetem Rädler. Wir könnten heute noch eine große Geburtstagsfete machen.


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Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Ich hab’ erst am 11. Mai Geburtstag!)

Bitte, Frau Abgeordnete Fuhrmann.

 


16.46.50

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Ihnen werden wir dann im Mai ein Geburts­tags­ständchen singen, Herr Kollege Graf! – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich die 2 Minuten noch den Abzock-Seiten im Inter­net widmen. Das Problem bei dieser Thematik ist, dass es sich hiebei vor allem um Seiten handelt, die gerade für junges Publikum sehr interessant zu sein scheinen. Hier geht es beispielsweise um Führerscheintests, die man durchmachen kann, um Stamm­baum-Abfragen, Berechnungen der persönlichen Lebenserwartung, Esoterik-Geschich­ten et cetera. Oft befindet sich auf diesen Seiten gar keine Notiz oder nur eine sehr kleine Notiz, dass das Abrufen mit Kosten verbunden ist. Vielfach ist es sogar damit verbunden, dass man sich auf ein ungewünschtes Abo mit längerer Laufzeit einlässt, das natürlich Kosten verursacht.

Sind Jugendliche volljährig, verursacht das vielmals eine Schuldenfalle, was bedeutet, dass Kosten entstehen, die sie dann irgendwann nicht mehr tragen und nachvollziehen können. Sind Kinder noch nicht volljährig, bedeutet das natürlich, dass die Eltern für die Kosten aufkommen müssen.

Die Nichteinhaltung oder Nichtberücksichtigung von Zahlungsfristen führt natürlich dann auch dazu, dass Inkassobüros und Rechtsanwälte eingeschaltet werden, die oft auch sehr unmittelbar mit Drohbriefen oder Klagsdrohungen reagieren und das auf diese Art und Weise auch auf rechtlicher Basis tun.

Daher ist es notwendig und wichtig, da die Aufmerksamkeit in diese Richtung zu lenken. Ich glaube auch, dass die gefundene Lösung mit der Bestätigung der Gültigkeit eine sehr sinnvolle und richtige ist, und würde mir wünschen, wie das mein Kollege Pack schon angesprochen hat, dieses Problem vor allem auch auf europäischer Ebene gemeinsam zu lösen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen damit zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 491 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 70.)

16.49.1413. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (467 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktiengesetz 1965, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genossen­schafts­revisionsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bank­wesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Un­ternehmensrechts-Änderungsgesetz 2008 – URÄG 2008) (494 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tages­ordnung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 157

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.49.43

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! So trocken diese Materie auch klingt, so wesentlich ist sie doch für die Standortpolitik, für den Standort Österreich. Es geht hier um den Kapitalmarkt im weitesten Sinn.

Wenn wir uns die vorhin besprochene Thematik der Internet-Abzocke vor Augen halten oder auch die Entwicklung etwa im Zusammenhang mit der Meinl Bank in den letzten Monaten, wo Kleinaktionäre, Anleger abgezockt werden, dann wissen wir, wie wichtig es ist, hier entsprechend vorzugehen und Maßnahmen zu setzen.

Letzteres Problem wird sicherlich nicht durch die heutige Gesetzesänderung gelöst werden können. Ich glaube, da werden wir uns noch das eine oder andere zusätzlich überlegen müssen.

Im gegenständlichen Projekt geht es jedenfalls darum, dass die Abschlussprüfung, also damit die Kontrolle, die externe Kontrolle in den Unternehmen verbessert wird. Es sollen einerseits die Abschlussprüfer auch die Einzelabschlüsse, also das heißt eine gesamte, konzerndurchdringende Prüfung durchführen. – Wir hatten ja in der Ver­gangenheit auch schon öfter die Diskussionen, ob es sinnvoll ist, dass man die Prüferteams nach einigen Jahren rotieren lässt, weil ja die Geschäftsführung, das Unternehmen mit den jeweils sie Überprüfenden natürlich über die Jahre eine gewisse Vertrauensbasis aufbaut, die auf der einen Seite sinnvoll ist, weil der Prüfer das Unternehmen dann besser versteht, auf der anderen Seite aber natürlich auch zu gewissen Hemmungen führen kann, Dinge, die nicht so in Ordnung sind, vielleicht dann auch in dieser Offenheit darzulegen. Tatsache ist, dass wir uns damals für die interne Rotation entschieden haben; es gibt nur einen Fall, nämlich Italien, wo es die externe Rotation gibt, die sich aber nicht wirklich bewährt hat.

Es soll zukünftig jedenfalls so sein, dass die „Netzwerke“ – unter Anführungszeichen –, also all jene, die im Einflussbereich, im Freundesbereich, im Bekanntenbereich, beruf­lich wie auch außerberuflich, stehen, nicht mehr mit der Abschlussprüfung und mit anderen Tätigkeiten im Konzern betraut werden dürfen. Diese Mitglieder des „Netz­werkes“ sind sohin zukünftig ausgeschlossen. Es soll ein Prüfer jedenfalls auch zwei Jahre nach der Beendigung seiner Tätigkeit in dem jeweiligen Unternehmen keine leitende Funktion, leitende Stelle übernehmen. Und es sollen die neuen Prüfungs­standards, die derzeit in der Europäischen Kommission verhandelt werden – das sind internationale Prüfungsstandards –, automatisch mit der dortigen Beschlussfassung auch in das österreichische Recht implementiert werden.

Die Bestellung der Abschlussprüfer soll zukünftig durch den Aufsichtsrat erfolgen, und es sollen auch die Verträge mit den Abschlussprüfern jetzt im Aufsichtsrat diskutiert und erstellt und verhandelt werden.

Ganz wichtig ist der Prüfungsausschuss, der für börsennotierte Unternehmen besteht – ein Aufsichtsratsausschuss –: Dieser soll sicherstellen, dass in Abstimmung mit den Wirtschaftsprüfern das interne Controlling funktioniert – internes Controlling; das IKS ist ja an sich gesetzlich vorgesehen –, sodass man hier die bestmögliche Durchdringung, Transparenz für dieses Unit gewährleistet und damit auch jegliche Missstände bereits in den Anfängen verhindert. Und das war ja eigentlich auch der Anlass dieses Gesetzes: zunächst in den USA, dann in Europa die zahlreichen Skandale, die hier zu verzeichnen waren.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 158

Weiters wird auch das Genossenschaftsrecht geändert. Hier soll es zu einer Anpas­sung an die kapitalgesellschaftsrechtlichen Strukturen kommen. Wir stimmen dem zu. Wir werden uns in diesem Zusammenhang aber insbesondere auch mit den teilweise verheerenden Zuständen im Bereich der Revisionsverbände, wo es immer wieder Vorwürfe gibt, dass hier unsachlicher Druck auf die Geschäftsführungen ausgeübt wird, auseinanderzusetzen haben. Wir haben hiezu auch bereits intern eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sicherstellen soll – und ich glaube, das ist im Interesse aller –, dass zukünftig jegliche Repression – und ein Prüfer kann natürlich repressiv wirken – absolut hintanzustellen ist.

Insgesamt wäre es, glaube ich, was Meinl anlangt, auch zu betonen, dass es wichtig ist, dass die sonst existierenden Maßnahmen – der Kapitalmarktbeauftragte etwa – ein klein wenig Effizienz zeigen und das tun, was wir erwarten, und nicht das Gericht, wie in diesem Fall das Handelsgericht Wien, von sich aus – angerufenermaßen – fest­stellen muss, dass die Prospekte der Meinl Bank, wie beispielsweise in dem Fall in einer EV jetzt festgelegt wurde, rechtswidrig sind.

Abschließend bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das das Unternehmens­gesetzbuch, das Aktiengesetz 1965, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genos­sen­schaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bankwesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geän­dert werden (Unternehmensrechts-Änderungsgesetz 2008 – URÄG 2008) (467 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichts (494 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

Die Promulgationsklausel „Der Nationalrat hat beschlossen:“ wird dem Inhaltsver­zeichnis vorangestellt.

Zu Artikel VI

(Änderung des Genossenschaftsrevisionsgesetzes)

In Z 6 wird im zweiten Satz des § 16 Abs. 3 die Wortfolge „zu so stellen, dass“ durch die Wortfolge „so zu stellen, dass“ ersetzt.

Zu Artikel XI

(Hinweis auf Umsetzung)

Nach der Überschrift wird folgender § 1 angefügt:

„§ 1. Durch dieses Bundesgesetz werden die Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahres­ab­schlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 48/253/EWG des Rates, ABl. Nr. L 157 S. 87 vom 9.6.2006, sowie die Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2006 zur Änderung der Richtlinien des Rats


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 159

78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresab­schluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABl. Nr. L 224 S. 1 vom 16.8.2006, umgesetzt.“

*****

Ich ersuche um Nachsicht für die nicht so langsame Leseart. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es wurde zwar schnell, aber korrekt gelesen und damit auch korrekt eingebracht. Der Abänderungsantrag ist auch ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses (494 der Beilagen) über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktienge­setz 1965, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genos­senschaftsrevisionsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bankwesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Unterneh­mens­rechts-Änderungsgesetz 2008 – URÄG 2008) (467 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das das Unternehmens­gesetzbuch, das Aktiengesetz 1965, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genos­sen­schaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Luftfahrtgesetz, das Bankwesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geän­dert werden (Unternehmensrechts-Änderungsgesetz 2008 – URÄG 2008) (467 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichts (494 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

Die Promulgationsklausel „Der Nationalrat hat beschlossen:“ wird dem Inhalts­verzeichnis vorangestellt.

Zu Artikel VI

(Änderung des Genossenschaftsrevisionsgesetzes)

In Z 6 wird im zweiten Satz des § 16 Abs. 3 die Wortfolge „zu so stellen, dass“ durch die Wortfolge „so zu stellen, dass“ ersetzt.

Zu Artikel XI

(Hinweis auf Umsetzung)

Nach der Überschrift wird folgender § 1 angefügt:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 160

„§ 1. Durch dieses Bundesgesetz werden die Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.5.2006 über Abschlussprüfungen von Jahres­abschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 48/253/EWG des Rates, ABl. Nr. L 157 S. 87 vom 9.6.2006, sowie die Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2006 zur Änderung der Richtlinien des Rats 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesell­schaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABl. Nr. L 224 S. 1 vom 16.8.2006, umgesetzt.“

Begründung:

Die Promulgationsklausel ist dem Inhaltsverzeichnis voranzustellen. Dies soll richtig­gestellt werden.

Zu Artikel VI

(Änderung des Genossenschaftsrevisionsgesetzes)

Diese Änderung berichtigt einen Schreibfehler.

Zu Artikel XI

(Hinweis auf Umsetzung)

Zu Artikel XI, der die Überschrift „Hinweis auf Umsetzung“ trägt, fehlt der – in der Textgegenüberstellung allerdings enthaltene – Gesetzestext. Das soll korrigiert werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.56.54

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie schon von meinem Vorredner, der ja diese Novelle in den Eckpunkten erläutert hat, gesagt wurde, geht es dabei einerseits um die Umsetzung von zwei Richtlinien der Europäischen Union. Inhaltlich geht es einfach um effizientere Kontrolle von Unternehmen, von Kapital­gesellschaften, und ich glaube, dass dieses Ziel uns alle eint. Es geht vor allem auch immer wieder darum, dort und da in der Praxis aufgetretene Missstände letztlich abzustellen und die interne wie auch die externe Kontrolle und Aufsicht zu stärken und auch effizienter zu gestalten.

Es muss uns aber natürlich auch klar sein, dass eine noch so gut gesetzlich aus­gestaltete Kontrolle manchen Missbrauch oder manche kriminelle Handlung nicht ausschließen können wird und dass es auch darum geht, allen handelnden Personen, die in Kapitalgesellschaften tätig sind – sei es in Vorständen, sei es in Aufsichtsräten,


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sei es bei Wirtschaftsprüfern, – klarzumachen, welche Verantwortung sie letztlich damit übernehmen und welche Verantwortung sie zu tragen haben für das Funktionieren eines Unternehmens – und da hängt ja sehr viel daran, nicht nur das Kapital von Anlegern, sondern auch Arbeitsplätze von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und letztlich auch volkswirtschaftliche Werte –, sodass hier die Verantwortung auch entsprechend wahrgenommen wird, die Instrumente, die das Gesetz zur Verfügung stellt, auch entsprechend genützt werden und mit Sachkunde die Kontrollaufgaben wahr­genommen werden.

Ich glaube, mit dieser Novelle haben wir die Basis dafür geschaffen, diese Aufgaben, diese gesetzlichen Rahmenbedingungen auch entsprechend zu gestalten. Es liegt jetzt natürlich an den handelnden Personen – in den Unternehmen, bei den Wirtschafts­prüfern –, diese Verantwortung auch entsprechend wahrzunehmen und die Kontrolle auch richtig und sachorientiert auszuüben.

Ich glaube, dass es mit diesem Gesetz möglich ist, die Rahmenbedingungen noch weiter zu verbessern – wenngleich es immer wieder auch darum geht, solche Rahmen­bedingungen zu schaffen, die einerseits eine effiziente Kontrolle ermöglichen, anderer­seits aber auch dem Unternehmen die entsprechende Flexibilität, die es auf dem Markt braucht, ermöglichen. Ich glaube, dieses Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Haim­buchner zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.59.34

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren Kollegen! Hohes Haus! Gestern haben wir die Debatte über den EU-Reformvertrag gehabt. Es wurde im Zuge dieser Debatte mehrmals festgehalten, dass wir in Zukunft im österreichischen Parlament sehr wenig Entscheidungsspielraum haben werden.

Wir sehen das an diesem Tagesordnungspunkt. Er betrifft die Änderungen im Unter­nehmensrechts-Änderungsgesetz, und hier geht es im Prinzip um die Umsetzung zweier Richtlinien. Auch hier sehen wir die praktische Auswirkung, die die Europäische Union bereits hat. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Nur: Ich kann Sie jetzt auch einmal beruhigen. Es hat immer geheißen, die FPÖ möchte aus der Europäischen Union austreten und wir wären da sozusagen zu keiner sachlichen Kritik fähig. Schauen Sie, in diesem Bereich hat sich die freiheitliche Fraktion dazu entschieden, dass sie der Änderung des UGB-Gesetzes zustimmt, also kann man uns hier nicht Unsachlichkeit vorwerfen. Sie sehen auch, wir lassen uns bei dem einen oder anderen Punkt sogar dazu hinreißen, hier mit Ihnen gemeinsam eine vernünftige Sache zu beschließen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Durch die Abschlussprüfungsrichtlinien sollen die Pflichten des Abschlussprüfers deut­licher und klarer gefasst, die Anforderungen an seine Unabhängigkeit und seine Berufs­ethik gestärkt und eine Verpflichtung zur externen Qualitätssicherung sowie zur öffentlichen Aufsicht über den Prüferberuf eingeführt werden. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Folgende Punkte sind hier genannt: Verantwortlichkeit des Konzernab­schlussprüfers für einbezogene Einzelabschlüsse; Unabhängigkeit des Abschluss­prüfers; Berücksichtigung des Netzwerkes des Abschlussprüfers; und die Abschluss­prüfungsrichtlinie dehnt auch die Regelungen zur Unabhängigkeit auf die Mitglieder des Netzwerkes des Abschlussprüfers aus.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 162

Im Sinne der Transparenz und im Sinne der Unabhängigkeit sind diese Punkte jeden­falls zu begrüßen. Dies gilt auch für ein befristetes Tätigkeitsverbot des Prüfers. Es gibt ferner im § 270 UGB eine Regelung hinsichtlich des Honorars des Abschlussprüfers.

Auch die Umsetzung der Richtlinie 2006/46 hinsichtlich des Jahresabschlusses von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen begrüßt die freiheitliche Fraktion. Dadurch soll ebenfalls das Vertrauen in die Jahres- und Konzernabschlüsse gestärkt werden. Folgende Punkte sind hier von maßgeblicher Bedeutung: die Anhebung des Schwel­lenwertes, die Offenlegung von Geschäften mit nahestehenden Personen und von außerbilanziellen Geschäften, ein internes Kontroll- und Risikomanagementsystem und die kollektive Verantwortung der Organmitglieder. Im Großen und Ganzen sind das durchaus vernünftige Änderungen im UGB, und aus diesem Grund wird die freiheitliche Fraktion auch ihre Zustimmung zu diesen Änderungen erteilen.

Wie gesagt, Sie haben uns gestern Polemik vorgeworfen. Ich kann in diesem Sinn diese Polemik jetzt einmal auch sehr sachlich zurückweisen. Wenn es vernünftige Dinge gibt – und diese gibt es auch manchmal seitens der Europäischen Union –, dann kann man sie auch umsetzen. Aber dazu ist kein EU-Reformvertrag notwendig, son­dern dazu bedarf es nur einer vernünftigen transnationalen Zusammenarbeit. Wenn es in der Sache vernünftig ist, dann lässt sich auch ein jeder davon überzeugen, Herr Kollege Jarolim, oder?

In diesem Sinne werden wir hier zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.03


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.03.33

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desminister! Hohes Haus! Lieber Kollege Haimbuchner, deinen letzten Worten kann ich meine Zustimmung geben.

Zum Unternehmensrechts-Änderungsgesetz 2008, zur Regierungsvorlage kommend, bleibt mir auch nichts anderes zu tun, als das, was vorweg bereits mehrfach im Positi­ven gesagt wurde, zu wiederholen. Es dient einer Umsetzung mehrerer Richtlinien, und diese Richtlinien wurden bereits genannt, ob es jetzt die Abschlussprüfungsrichtlinie oder die Änderungsrichtlinie ist. Auch für uns war festzustellen und ist festzuhalten, dass die Zielsetzung der Abschlussprüfungsrichtlinie, nämlich die Pflichten der Ab­schlussprüfer deutlicher zu fassen, nur zu begrüßen ist – keine Frage! –, denn eine Steigerung der Anforderungsvorschriften für die Unabhängigkeit eines Abschluss­prüfers kann nur im Sinne der Beteiligten sein.

Eine Formulierung, mit der ich, sagen wir einmal, etwas weniger Freude habe, ist die Formulierung, dass dadurch auch die Berufsethik gesteigert oder gestärkt werden solle. Darin ist für mich ein bisschen mitgeschwungen, dass die Berufsethik bei Ab­schlussprüfern nicht gegeben wäre. Das kann und möchte ich so nicht stehen lassen, deswegen möchte ich es hier auch speziell erwähnen.

Tatsache ist aber auch, dass die externe Qualitätssicherung, wie sie hier im Sinne einer öffentlichen Aufsicht gefordert wird, zu begrüßen ist, auch wenn – und da haben wir uns, glaube ich, doch essenziell von den anderen Fraktionen unterschieden – wir gerne einen Vorschlag des Rechnungshofes in dieses Unternehmensrechts-Ände­rungsgesetz 2008 mit aufgenommen hätten, nämlich den, die externe Kontrolle durch eine externe Rotation durchzuführen. Ich kenne natürlich die Argumentationen der anderen, auch des Justizministeriums. Tatsache ist, dass wir uns hier dem Rech­nungshof anschließen würden und dies auch gefordert hätten.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 163

Zum zweiten Punkt, betreffend die Genossenschaft, gilt dasselbe: Auch hier ist eine Angleichung an die innere Ordnung einer entsprechenden Aufsichtsratsfunktion bei den Aktiengesellschaften zu begrüßen. Im Großen und Ganzen wird das BZÖ hier die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.05


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.06.00

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erinnern uns noch gut an die Szenarien vor wenigen Jahren, als eine Reihe von Bilanzskandalen und Unternehmenszusammenbrüchen die Europäische Union erschütterten und schweren Schaden für die Wirtschaft, letztlich aber natürlich auch für die Beschäftigten verursacht haben.

Die Reaktion darauf war die Änderung der Abschlussprüfungsrichtlinie, und es war die Änderungsrichtlinie, durch welche die Pflichten des Abschlussprüfers geregelt und dessen Unabhängigkeit gestärkt werden sollen. Weiters soll sichergestellt sein, dass der Vorstand für die Informationen im Jahresabschluss und für den Lagebericht die Verantwortung trägt, sodass es insgesamt zu einer Erhöhung des Vertrauens in die nunmehr besser geprüften Jahres- und Konzernabschlüsse kommt. Weiters soll auch die Berufsethik der Abschlussprüfer gehoben sowie die öffentliche Aufsicht über den Beruf des Abschlussprüfers eingeführt werden.

Die vorliegenden Änderungen betreffen also das Unternehmens-, das Gesellschafts- und das Genossenschaftsrevisionsrecht. Politisch und insbesondere wirtschafts­poli­tisch ist von Bedeutung, dass durch das vorliegende Gesetz das Vertrauen in die Jahres- und Konzernabschlüsse von wirtschaftlich bedeutenden Unternehmen ver­stärkt werden soll und dass somit auch der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt wird. Wenn der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt wird, hat das letztlich positive Auswirkungen auf unsere Arbeitnehmer, auf den Arbeitsmarkt und auf Österreich als Wirtschaftsstandort insgesamt.

Deutliche Verbesserungen bringt die Gesetzesvorlage insbesondere für das Genos­senschaftsgesetz, welches, was die Regelung über den Aufsichtsrat betrifft, an das Aktiengesetz und das GmbH-Gesetz angenähert wird. Künftig soll auch im Genossen­schaftsgesetz eine den aktienrechtlichen Bestimmungen vergleichbare Regelung der inneren Ordnung des Aufsichtsrates vorgesehen werden. Es ist schließlich auch im Interesse alle Genossenschaftsmitglieder und -mitgliederinnen, dass jeder Aufsichtsrat gestärkt wird (Abg. Lutz Weinzinger: „Mitgliederinnen“, das geht nicht!) und es zu mehr Information und Transparenz für die Mitglieder des Aufsichtsrates kommt. – Da werden Sie auch dafür sein, dass es zu mehr Transparenz für die Mitglieder und Mitgliederinnen der Genossenschaften kommt. (Abg. Lutz Weinzinger: Frau Kollegin! „Mitgliederinnen“, das geht nicht!)

Darüber hinaus sollen die Informationspflichten des Vorstandes von aufsichts­ratspflich­tigen Genossenschaften gegenüber dem Aufsichtsrat ausgeweitet werden. Sicher von Bedeutung ist auch, dass das interne Kontrollsystem weiter verbessert wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, wichtige Bestimmungen betreffen weiters das Hono­rar des Abschlussprüfers, denn dieses Prüfungshonorar darf künftig nicht durch zusätzliche Leistungen des Prüfers beeinflusst und an keinerlei Bedingungen geknüpft werden. Es soll auch normiert werden, dass das Entgelt in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Prüfers und dem voraussichtlichen Umfang der Prüfung zu stehen hat. Damit muss nicht mehr befürchtet werden, dass im Fall von


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unangemessen geringen Prüfungshonoraren die Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Prüfers gefährdet sein könnte. Das ist wichtig, sehr geehrte Damen und Herren! Zu denken ist in der Praxis zum Beispiel an den Fall, dass die Prüfung mit lukrativen Beratungstätigkeiten verbunden wird. Dem soll nun erfreulicherweise ein Riegel vorgeschoben werden.

Darüber hinaus – ich komme jetzt zum Schluss (Ruf bei der FPÖ: Zur „Schlussin“!) – darf der Abschlussprüfer nach Beendigung seiner Tätigkeit keine leitende Stellung in der geprüften Gesellschaft einnehmen. Das ist die so genannte „cooling off period“, also die Abkühlphase, und damit soll verhindert werden, dass das Verhältnis zwischen geprüfter Gesellschaft und Prüfungsgesellschaft durch die Anstellung früherer Prüfer besonders eng wird und man sich praktisch angenehme Prüfer verschafft. Das soll verhindert werden, und das ist damit gewährleistet.

Wir stimmen dieser Gesetzesvorlage gerne zu. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir in unserem Wirtschaftsprogramm noch mehrere Projekte haben, die verfol­genswert wären, und in diesem Sinne werden wir hier weiterarbeiten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.10


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.10.51

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte der Frau Justizministerin und ihren Beamten vorerst dafür danken, dass sie es durch ihre Arbeit und die gute Zusam­menarbeit mit dem Justizausschuss ermöglicht haben, dass wir heute ein sehr wichtiges Gesetz im Konsens beschließen können. Das ist auch ein wesentliches Signal an die Wirtschaft und für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Ich möchte mich in meinem Redebeitrag auf einen Punkt konzentrieren, und zwar auf die Frage der externen Rotation versus der internen Rotation von Abschlussprüfern. Wir haben diese Frage sehr intensiv beraten und geprüft und sind mehrheitlich – ich glaube, mit größter Mehrheit – zu dem Schluss gekommen, dass im Fall der externen Rotation die Nachteile deutlich die Vorteile überwiegen. Nicht umsonst ist ja der europäische Standard jener der internen Rotation. Italien ist das einzige Land – das wurde schon gesagt –, das die externe Rotation vorsieht, und dort hat die Erfahrung gezeigt, dass eigentlich keine Vorteile sichtbar wurden. Ich verweise nur auf den Parmalat-Skandal, einen der großen Bilanz-Skandale, bei dem sich gerade die externe Rotation als Nachteil und als Achillesferse herausgestellt hat.

Eine Anmerkung noch zu den Ausführungen des Kollegen Jarolim: Ich meine auch, dass wir uns gerade in der Causa Meinl sehr genau anschauen müssen, wieso für die Kleinanleger eine Situation entstehen konnte, die man mit „Abzocken“ bezeichnen kann. Es erfüllt mich auch mit einer gewissen Sorge, dass nun bei Meinl International Power wieder Aktienrückkauf-Aktionen stattfinden können, die zumindest nicht ganz durchschaubar sind. Ich bin der Überzeugung, dass wir uns dieser Sache parlamen­tarisch und gesetzgeberisch noch werden annehmen müssen. Das ist ein Grund dafür, warum aus meiner Sicht im Prime-Segment künftig nur solche Unternehmen notieren sollten, die den Corporate-Governance-Kodex von A bis Z erfüllen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

17.13


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Frau Bundesministerin Dr. Berger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 165

17.13.43

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Herr Präsident! Danke an alle, die sich schon im Ausschuss an der Debatte beteiligt und es ermöglicht haben, dass wir eine sehr tief gehende und sehr sachliche Auseinandersetzung mit unserem Entwurf durchführen konnten. Der gleiche Dank gilt auch allen bisherigen Rednerinnen und Rednern; ich denke, die wichtigsten Inhalte des Entwurfs sind damit vorgestellt. Ich freue mich darüber, dass auch von Seiten der FPÖ und des BZÖ – nachdem ich gestern hier von der Regierungsbank aus einen Teil der EU-Debatte verfolgen konn­te – heute Anerkennung für zwei Produkte der Gesetzgebungstätigkeit der Euro­pä­ischen Union kommt.

Mir liegt besonders auch die Abschlussprüferrichtlinie am Herzen. Ich selbst konnte ja noch im Europäischen Parlament an dieser Richtlinie mitarbeiten und kann hier auch berichten, dass wir die Frage der externen Rotation schon auf europäischer Ebene ausführlichst debattiert haben und ebenfalls zu der Ansicht gekommen sind, dass wir diese externe Rotation den nationalen Parlamenten nicht vorgeben wollen.

Ich darf besonders auf einen Umstand hinweisen. Es geht natürlich zum einen um die Umsetzung dieser beiden Richtlinien, aber es ist uns auch darum gegangen, dass wir einige wichtige Corporate-Governance-Grundsätze – wie das auch im Regierungs­programm vorgesehen ist – jetzt im Unternehmensrecht verankern. Da geht es ins­besondere um die intensivere Kommunikation zwischen dem Aufsichtsrat und dem Abschlussprüfer. Hier kommt ja dem zwingend vorgeschriebenen Finanzexperten im Prüfungsausschuss bei den 500 größten österreichischen Unternehmen in Zukunft eine besonders wichtige Rolle zu.

Von diesem Ansatz her wird es uns auch sehr wichtig sein, zu verfolgen, wie sich der Corporate-Governance-Kodex in Österreich weiterentwickelt. Er wird ja in Zukunft mehr Gewicht haben, alle börsenotierten Unternehmen müssen sich hier erklären. Ich denke, das sollte dazu führen, dass all diejenigen, die mit der Weiterentwicklung des Corpo­rate-Governance-Kodex befasst sind, tatsächlich auch jene Ideen, die heute vielfach geäußert werden, um Unternehmenskulturen zu verbessern, Verantwortlichkeiten in Unternehmen noch klarer zu regeln und diese Wünsche aktiv aufzugreifen, um wirklich auf der Höhe der Zeit zu bleiben, sich auch die europäischen, zum Teil weiter reichenden Beispiele anschauen.

Ich denke, Formen des sanften Rechts, des „soft law“, sind gerade in diesem Bereich ein geeignetes Instrument. Es muss nicht alles gleich der Gesetzgeber regeln. Wenn sich allerdings diese Formen sozusagen zu wenig entwickeln und hinter den Anforderungen der Zeit bleiben, dann kommt die Aufgabe natürlich dem Gesetzgeber zu. Daher möchte ich diesen Appell hier an alle richten, die mit der Weiterentwicklung des Kodex befasst sind.

Abschließend möchte ich mich noch einmal für die große Einmütigkeit in der Debatte bedanken und vor allem auch den Beamtinnen und Beamten des Justizministeriums für die ausgezeichnete Arbeit danke schön sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Glaser. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.17.39

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Die leider immer wieder vorkommenden Unregelmäßigkeiten in den Geschäftsführun­gen von Kapitalgesellschaften und die teilweise mangelnde Kontrolle bedingen es –


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 166

neben den EU-Richtlinien –, dass wir heute einige Änderungen im Bereich der Kontroll- und Prüfungseinrichtungen durchführen.

Das tun wir im Unternehmensrechts-Änderungsgesetz, indem wir zum Beispiel die Bedingungen straffen, unter denen Abschlussprüfer tätig sein können/dürfen. Es ist hier mehr Augenmaß auf deren Unabhängigkeit zu legen. Es dürfen keine wirtschaft­lichen und persönlichen Beziehungen zu dem geprüften Unternehmen vorhanden sein, die diese Unabhängigkeit in Frage stellen würden. Das tun wir, indem wir ein zwei­jähriges Tätigkeitsverbot von Prüfern in geprüften Unternehmen einführen, und das tun wir, indem wir den Aufsichtsrat stärker in die Bestellung der Prüforgane einbeziehen.

Gleiches tun wir auch im Genossenschaftsgesetz und im Genossenschafts­revisions­gesetz, indem wir versuchen, diese Regelungen dort ebenfalls adäquat umzusetzen. Vor allem wird hier auch die Stellung des Aufsichtsrates entsprechend gestärkt.

Das alles aber sind Regeln, die immer wieder umgangen werden können, weswegen ich persönlich glaube, dass es notwendig ist, dass Augenmaß und Sensibilität bei den Verantwortlichen vorhanden sind und dass wir die ethische Verantwortung von Ge­schäftsführung, von Prüfern und von Kontrollorganen ebenfalls ganz massiv einfordern müssen. Nur so, glaube ich, kann ein Unternehmen auf Dauer wirklich effizient und seriös geführt werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.19


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.19.39

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Wir beschließen hier sehr weitreichende Änderungen und große neue Dinge, und dann ist oft wenig Zeit dafür, auch auf kleine Änderungen einzugehen.

Ich möchte es nicht verabsäumen, mich darüber glücklich zu zeigen, dass auch eine Bestimmung, die für viele kleine Unternehmen ein großes Problem und eine große Verunsicherung bedeutete, nämlich § 38 Abs 1 Unternehmensgesetzbuch, ebenfalls eine Änderung erfahren hat. Wir haben hiezu mit dem neuen Unternehmens­gesetz­buch eingeführt, dass bei Unternehmensübergang und -übergabe alle nicht höchst­persönlichen Rechte und Pflichten grundsätzlich auf den Übernehmenden übergehen. Dies gilt auch im Falle von Verpachtungen, so sie nicht höchstpersönlich waren.

So kam es beispielsweise in Einkaufszentren, wo ein Pachtvertrag bestand, dieser aufgelöst wurde, dann ein anderer Pachtvertrag abgeschlossen wurde, zu Haftungs­ketten, die zu größeren Rechtsstreitigkeiten geführt haben. Das betraf kleine Unter­nehmen und war eine lästige Angelegenheit. Deswegen bin ich besonders froh, dass es gelungen ist, diesen nicht gewollten Umstand sehr, sehr rasch zu beseitigen. Danke dafür, dass auch die kleinen Dinge schnell geschehen können und nicht angesichts der großen untergehen.

Ich möchte mich an dieser Stelle als Mitglied des Justizausschusses und Abgeordnete zum Hohen Haus auch ganz ausdrücklich bei Herrn Präsidenten Spindelegger und Frau Präsidentin Prammer dafür bedanken, dass sich beide, wie ich den Medien entnommen habe, dagegen verwehrt haben, dass das Parlament als Ganzes gestern in diesem Hohen Hause einen Verfassungsbruch begangen hätte, und hoffe, dass dies die einhellige Meinung aller Abgeordneten im diesem Haus ist. Was die „Kronen Zeitung“ auf Seite eins geschrieben hat, darf von uns nicht unwidersprochen bleiben, auch dann nicht, wenn es sich um die größte Tageszeitung unseres Landes handelt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.21



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 167

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Bri­nek. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.22.02

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Ministerin, Sie selbst haben einen wichtigen Aspekt angesprochen, wie Rednerinnen und Redner vor Ihnen auch: Ein Teil unserer Novelle betrifft Corporate Governance und den Kodex dazu beziehungsweise den Kodex und die Frauenför­derung. Wir sind, so meine ich, mit dem Ansatz, es soft law anzugehen und dann eventuell eine legistische Determinierung zu überlegen, auf dem richtigen Weg.

Warum ist diese Debatte aktuell? – Wegen der Berichtslegung, die auch den Aspekt beinhaltet, wie mit den Fragen Diversity und Gender umgegangen wird. Der Aufhol­bedarf bei Frauen in Spitzenpositionen auch in Kapitalgesellschaften ist uns im letzten Gleichstellungsbericht der EU nachdrücklich nachgewiesen worden. Ich denke, dass hier Vorreiterländer wie Norwegen zu nennen sind, die eine Quote für Frauen fest­gelegt haben. Andere Länder – Schweden, Finnland, Spanien – haben diese Frage anders geregelt, und dann gibt es wieder andere, die eine Selbstverpflichtung ein­gehen, die nicht im Einzelnen determiniert ist.

In Österreich gibt es dazu gute Gespräche. Ich bedanke mich auch bei Staats­sekretärin Marek, die schon solche geführt hat. Im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit ist ein Arbeitskreis eingerichtet, um diesen Kodex und die Geschlechterdimension zu diskutieren. Dazu sind auch begleitende Maßnahmen wie Qualifizierungskurse vorge­sehen, damit sowohl auf der Kapitalseite als auch auf der Arbeitnehmerseite auf Frauen, auf die Geschlechterverteilung fokussiert wird.

Wir alle wissen, dass das nicht nur eine Frage der Anständigkeit ist, der sich auch Unternehmen immer mehr verschreiben wollen, sondern eigentlich auch eine Frage des wirtschaftlichen Profits, denn dort, wo Diversity, wo Frauen, wo bestimmte Personen eine andere Sicht auf die Dinge, auch auf wirtschaftliche Dinge artikulieren können, stimmt eigentlich auch der Erfolg, stimmt die Kassa. So sollten alle diesen Nutzen zuerst mit einer Selbstverpflichtung, und dann vielleicht auch in weiteren Schritten zur Selbstverständlichkeit werden lassen und im neu verankerten Bericht auch mit Stolz ausweisen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

17.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.25.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen der Vorrednerin: Alles recht und schön, aber wir sollten uns darauf verständigen, dass wir nötigenfalls, wenn sich binnen Frist das gewünschte Ergebnis nicht einstellt, doch nachhelfen, genau im Sinne der Ausführungen der Ministerin, was das Verhältnis zwischen soft law und den allfälligen Pflichten des Gesetzgebers als solchem betrifft. (Abg. Dr. Brinek: Ja!)

Dazu wollte ich jedoch nicht reden, sondern für die Fraktion festhalten, dass wir erstens dem ganzen Entwurf, der Vorlage zustimmen, vor allem deshalb, weil die Abschlussprüfer-Richtlinie umgesetzt wird. Man erkennt, wie vernünftig das ist, wenn einmal von internationalen Organisationen, diesfalls seitens der viel gescholtenen EU, Druck kommt. Ganz sicher dürfen wir uns nicht sein, dass wir in dem Bereich auch von alleine alles immer so schnell gemacht hätten.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 168

Ich möchte trotzdem anmerken, was uns fehlt. Kollege Ikrath, natürlich ist es eine Abwägungsfrage, was die externe Rotation der Prüfer betrifft bei Unternehmen und speziell bei Banken, Fonds und ähnlichen Konstruktionen, bei denen es wirklich um viel geht. Ich akzeptiere, dass es Vor- und Nachteile hüben wie drüben gibt. Und in Wahrheit haben wir das hier im Haus schon verabschiedet gehabt, bevor die Geschichte von Minister Böhmdorfer wieder eingefangen wurde. Es war seine eigene Initiative, damit das jetzt nicht missverständlich wird.

Was sind die Pros und Kontras? Eine externe Rotation zu haben, erzeugt natürlich mehr Druck in Richtung Seriosität und verstärkte Anstrengungen des jeweiligen Prüfers, wenn er weiß, dass der, der nach ihm kommt, ein ganz anderer ist und nicht ein doch noch Näherstehender, wenn er es schon nicht selbst ist. Letzteres ist im­merhin ein Fortschritt, der Hauptfortschritt! Gut, wenigstens eine Rotation, aber die externe hätte natürlich den Vorteil gehabt, dass der Prüfer damit rechnen muss, dass trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten jemand ganz anderer kommt. Alles ist natürlich eine Frage der Umstände. Unter solchen Bedingungen wäre es wahr­scheinlich nicht so leicht möglich, dass sich der Bankprüfer, also der Wirtschaftsprüfer der BAWAG ins Flugzeug setzt und mit dem Herrn Generaldirektor nach Jericho jettet, um den Fortschritt des Roulettspieles zu betrachten und dabei zu beobachten, wie die Israelis über die Grenze fahren und sich doch mit den Palästinensern vertragen, wenn dabei nur für irgendwen in der BAWAG oder für Herrn Schlaff Geld abfällt. Das wäre mit einer strengeren Rotationsregelung weniger wahrscheinlich, so ist anzunehmen.

Das gilt für andere Fälle genauso. Wir reden von AMIS und allem, was wir im Banken­ausschuss entdeckt haben, und vermutlich müssten wir noch mehr darüber reden, was dort gar nicht entdeckt werden konnte oder jetzt gerade wieder läuft, zum Beispiel Meinl. Ich schließe mich den hier geäußerten Sorgen an und nehme erfreut auf, dass hier schon Gesetzesänderungsbedarf konstatiert wird. Auch wir basteln bereits an einem entsprechenden Antrag – ich komme gerade von so einer Besprechung –, und ich hoffe, wir finden uns dann hier, denn es ist wirklich abenteuerlich, was da vorgeht.

Wenn die Marktwirtschaft funktionieren soll und die Grundprinzipien akzeptiert werden, dann ist eines klar: Je komplizierter das Ganze wird, desto mehr braucht es ein Regelwerk, um wenigstens die Transparenz sicherzustellen, damit die Marktteilnehmer halbwegs gleiche Chancen haben. Da brauchen wir dann nicht immer dem nachzu­jammern, dass die KleinanlegerInnen wieder irgendwo benachteiligt oder überhaupt in die Irre geführt worden wären. Und so weiter und so fort.

Schlusspunkt: Die ganze Bankenkrise und die Finanzmarktkrise hätte vielleicht auch nicht das Ausmaß erreicht, wenn Manager strengeren Regeln unterliegen würden, übri­gens auch die in den USA. Von den Gehältern rede ich gar nicht und von den Begüns­tigungen, die sie hierzulande genießen. Und ich hoffe wirklich, dass wir bei diesen Stock-Options-Begünstigungen etwas weiterbringen.

Es könnte – wenn Sie die internationalen Zeitungen lesen, können Sie das feststellen – eine gängige Theorie werden, dass wir in diese riesige Krise hineingekippt sind, weil Manager etwas davon haben, wenn sie auf diese Art und Weise die Kurse mit in die Höhe treiben, obwohl realwirtschaftlich nichts dahinter steht, was ja egal wäre, wenn das Finanzsystem ein abgeschlossenes System wäre, denn dann wäre das eben ein Pyramidenspiel in sich. So ist es aber leider nicht, wie wir seit Keynes wissen. Das Ganze hat Auswirkungen auf die Realwirtschaft, und es ist ein Gebot der Vernunft, diese Dinge selbst im globalen Zusammenhang klarer zu regeln. Und das ist nicht weniger Marktwirtschaft, das ist mehr Marktwirtschaft, denn nur so kann sie funktionieren. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Bravo!)

17.29



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 169

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 494 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Donnerbauer, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Promulgationsklausel sowie die Artikel VI und XI bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17.30.1614. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (466 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Notariatsordnung, das Notariatsaktsgesetz, das Gerichts­kommissärsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Notariatstarifgesetz, das Gerichtskommissionstarifgesetz, die Rechtsanwaltsord­nung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das EuRAG und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (Feilbietungsrechts­änderungsgesetz – FRÄG) (495 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein. Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.30.36

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Jetzt geht es um das Feilbietungsrechtsänderungsgesetz, übersetzt: die frei­willige gerichtliche Versteigerung von Liegenschaften beziehungsweise das Zulassen von freiwilligen Versteigerern. Im Übrigen wird dadurch ein Punkt aus dem Regie­rungsprogramm umgesetzt, und das ist gut so.

Bis jetzt wurden diese freiwilligen gerichtlichen Feilbietungen von Liegenschaften und Baurechten so gut wie nicht genutzt. Derzeit ist es so, dass sie vom Notar oder der Notarin im Auftrag des Gerichts durchgeführt werden, und jährlich gibt es nicht mehr als durchschnittlich zehn Fälle. Die Notare, Notarinnen und die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen drängen daher schon seit einiger Zeit auf eine Gesetzesänderung, weil sie sich dadurch neue Aufgabenfelder versprechen. Diese Forderungen sollen nun erfüllt werden. Unter anderem sind dann Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen befugt, Immobilien zu versteigern.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 170

Worum geht es im Detail? – Die freiwillige Feilbietung soll aus dem gerichtlichen Verfahren ausgegliedert und in die ausschließliche Kompetenz der Notare und Notarin­nen übertragen werden. Zusätzlich soll der Verkäufer oder die Verkäuferin bestimmte, dazu befugte Gewerbetreibende mit der Durchführung des eigentlichen Versteige­rungsvorgangs beauftragen können. Es könnten zum Beispiel eben Rechtsan­wäl­te/Rechtsanwältinnen oder Versteigerungshäuser tätig werden. In diesen Fällen hat dann der Notar oder die Notarin die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu über­wachen.

Abgesehen davon soll das Feilbietungsverfahren im Wesentlichen unverändert bleiben. Die Durchführung der Versteigerung lehnt sich an die der zwangsweisen Versteigerung von Liegenschaften an, soweit die Feilbietung nichts anderes vorsieht. Die Bestim­mungen der Exekutionsordnung sind natürlich einzuhalten, und die Abwicklung der Erfüllung und die Versteigerung liegen beim Notar oder bei der Notarin. Bei ihm oder ihr hat zum Beispiel der oder die Meistbietende das Meistbot zu hinterlegen.

Der vorliegende Entwurf wurde ausführlich, unter anderem auch mit den Interessen­vertretungen der Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen und Notare und Notarinnen dis­kutiert. Im Justizausschuss waren sich alle Parteien einig, und wir konnten einen ein­stimmigen Beschluss erreichen. In Kraft treten soll das Gesetz am 1. Jänner 2009.

Ziel des Gesetzentwurfes ist es, die derzeit bestehenden gesetzlichen Grundlagen wirt­schaftsnäher zu gestalten. Die freiwillige Feilbietung soll attraktiver und somit eine Alternative zur herkömmlichen Veräußerung von Liegenschaften werden. Wir erwarten uns dadurch eine Belebung des Liegenschaftsverkehrs und damit natürlich auch posi­tive Impulse für die Wirtschaft.

Zum Abschluss möchte ich noch kurz zusammenfassen, was ein betroffener Notar, der in seiner 15-jährigen Laufbahn bis dato nur zwei Feilbietungen durchgeführt hat, zum neuen Gesetz sagt.

Erstens: Das Feilbietungsrechtsänderungsgesetz ist gut, weil die Gerichte entlastet werden und nun der Weg zum Gericht entfällt. Zweitens: Das Feilbietungs­rechts­ände­rungsgesetz ist gut, weil die Bürger und Bürgerinnen daher auch keine Gerichts­gebühren mehr zahlen müssen. Drittens: Das Feilbietungsrechtsänderungsgesetz ist gut, weil es praktikabel ist.

In diesem Sinne freue ich mich auf einen einstimmigen Beschluss. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.34


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.34.39

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es geht um das Feilbietungsrechtsänderungs­gesetz, wie meine Vorrednerin schon gesagt hat. Es geht darum, die Bedingungen für die freiwillige Versteigerung von Liegenschaften zu erleichtern. Das ist ein Wunsch von vielen, weil bisher dieses Recht der freiwilligen Feilbietung in der Praxis nicht ausge­nützt wurde. Es geht um eine Möglichkeit der Mobilisierung von Immobilien, des leichteren oder besseren Verkaufs von Immobilien. Das war letztendlich ein überein­stimmendes Anliegen aller hier im Haus vertretenen Parteien, es stellt daher auch eine Konsensmaterie dar.

Wesentlich im Zuge der Verhandlungen war, eine Trennung vorzunehmen zwischen dem Notar, der die Versteigerung entweder durchführt oder sie beurkundet, und dem Vertreter des Verkäufers, der die Feilbietungsbedingungen vorlegt. Ich denke, es


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 171

macht im Sinne aller Betroffenen Sinn, also sowohl des Verkäufers als auch zum Schutz des Käufers, dass hier eine objektive Instanz, der Notar, als derjenige, der die Versteigerung durchführt oder sie zumindest beurkunden muss, zusätzlich vorhanden ist und der Vertreter des Verkäufers davon getrennt sein soll. Ich denke, dass es eine gute Lösung war, ein sauberes Verfahren einzuführen.

Ich bedanke mich für die konstruktiven Verhandlungen auch im Justizministerium und bei allen Fraktionen. Es entspricht einem Anliegen, das wie gesagt von breiter Zustim­mung getragen ist. Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren sehen, ob das im Sinne der Zielsetzung dieser Novelle dazu führt, auch wirklich eine leichtere Verstei­gerung von Immobilien zu ermöglichen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.36


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.36.42

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben bereits inhaltlich über das Gesetz etwas gehört. Ich denke, darüber gibt es auch weitgehend Konsens. Es bringt zumindest eine symbolische Entlastung. „Sym­bolisch“ muss man deswegen sagen, weil es ja nur um zehn Fälle geht, wie rich­tigerweise ausgeführt wurde. Dennoch meine ich, dass es richtig ist, sich dem Thema Entlastungen zuzuwenden. Wenn wir die österreichische Gerichtsbarkeit betrachten, ist eine gewisse Entbürokratisierung angesagt. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin nicht für die Doktrin des schlanken Staates, ich bin auch nicht für den fetten Staat, sondern ich bin für den leistungsfähigen Staat, für einen muskulösen Staat, und dazu gehört auch die ausreichende Personalausstattung der Gerichte. Und insofern, Frau Bundesminister, würde ich mir von Ihnen auch ein klares Bekenntnis dazu wünschen. Österreich nimmt nach wie vor, was die Verfahrensdauer betrifft, eine europäische Spitzenposition ein. Tatsache ist aber auch, dass die derzeitige Personalsituation be­fürchten lässt, dass wir diese Spitzenposition verlieren, weil derzeit rund 100 Rich­ter­planstellen fehlen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass es ein klares Bekenntnis dazu gibt, dass wir diese 100 Richterinnen und Richter brauchen. Es stärkt auch nicht Ihre Verhandlungs­position, wenn Sie das medial in Frage stellen, denn ich denke, man sollte sich hinter diesen Interessen sammeln, um dann in den Verhandlungen mit dem Finanzminister und dem Bundeskanzleramt eine starke Stellung zu haben.

In diesem Sinne: Entlastung des Gerichtes bedeutet, eine ordentliche Personal­ausstattung anzustreben. Der Rechtsstaat darf nicht schlank gehungert werden, muss leistungsfähig bleiben. In diesem Sinne mein Wunsch an Sie. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Super!)

17.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Dr. Aspöck ist der nächste Redner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Der sich zum Rednerpult bege­bende Abg. Dr. Aspöck bedeutet dem Präsidenten, dass er damit nicht einverstanden ist.) Wollen Sie mehr? – Nein? – 30 Sekunden. (Abg. Dr. Fichtenbauer: 45 Sekun­den!) – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.38.39

Abgeordneter Dr. Robert Aspöck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Zu dieser Novelle ist nun wahrlich ausreichend alles gesagt. Ich kann nur für meine Fraktion sagen: Die Notare sollen sich freuen, allenfalls auch Anwälte, und auch die


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Republik soll sich freuen, weil sie eine Menge Arbeit und Archivarbeiten wieder loswird. Wir Freiheitlichen stimmen zu.

Ich möchte nur noch zur Bezeichnung der Kammern durch die Erstrednerin unter diesem Tagesordnungspunkt Stellung nehmen: Es gibt in Österreich weder eine Kammer der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte noch eine Kammer der Notarinnen und Notare. Es gibt schlicht und einfach die Rechtsanwaltskammer und die Notariats­kammer. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: War Ihnen das jetzt so wichtig?)

17.39


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.39.35

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Werte Zuseher, die noch hier auf der Galerie sind! Auch bei diesem Tagesordnungspunkt wurde zur Regierungsvorlage, die uns heute hier präsentiert wird und die zur Abstimmung gelangt, schon alles gesagt.

Das BZÖ begrüßt diese Regierungsvorlage (Abg. Öllinger: Leider ohne Publikum!), da es tatsächlich eine Notwendigkeit der flexibleren Gestaltung dieses Instruments der freiwilligen Feilbietung gibt. Man sieht, dass es letztes Jahr, wie wir gehört haben, nur zehn Fälle gegeben hat, und diese über ein Gericht abzuwickeln ist natürlich alles andere als flexibel.

Somit liegt uns hier eine Regierungsvorlage vor, die – man staunt, wenn man sich das wirklich durch den Kopf gehen lässt! – nur Gewinner hat: auf der einen Seite werden die Gerichte entlastet, auf der anderen Seite können die Notare und Rechtsanwälte ihre Kompetenz in diesem Bereich beweisen, und zu guter Letzt, und das ist das Wichtigste, hat der Bürger auch eine wesentlich wirtschaftlichere und effizientere Erle­digung seiner Anliegen zu erwarten.

In diesem Sinne wird das BZÖ die Zustimmung dazu erteilen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.40


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.40.52

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Frau Justizminis­terin! Geschätzte Kollegen! Ich freue mich heute besonders, dass wir dieses Gesetz beschließen können, zumal einstimmig. Es ist, und die Frau Justizministerin weiß es, seit Langem eines meiner Anliegen, dass wir auch im Hinblick auf die Feilbietung von Liegenschaften endlich europafähig werden und das bisherige anachronistische Verfahren ins Museum zu schicken vermögen.

Die Vorteile sind sehr schnell zusammengefasst: Mit diesem Gesetz ist künftig für die Versteigerung von Liegenschaften über private Auktionshäuser nicht nur die größt­mögliche Publizität gewährleistet, sondern es ist damit ein sehr weiter Interessenten­kreis durch professionelles Marketing erschließbar.

Es ist ein Verfahren, das marktgerechte Preisbildung ermöglicht, es ist ein klassisches Forum, in dem die Interessen von Anbietern und Käufern gleichermaßen vertreten sind, und letztlich garantiert die fachkundige und seriöse Abwicklung durch die Koope­ration von Liegenschaftsexperten, Notaren und Anwälten, dass auch ein ausreichender Konsumentenschutz gewährleistet wird.


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Mein Vorredner hat es gesagt, und ich schließe mich an: Mit dem Gesetz, das wir heute gemeinsam beschließen werden, werden alle gewinnen, und es wird dem Wirt­schaftsstandort Österreich sicherlich sehr guttun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Darmann.)

17.42


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.42.31

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Das Gesetz ist natürlich vernünftig, und wir haben ihm ja schon im Ausschuss zugestimmt; ich möchte jetzt aber nicht den Jubilantenchor verstärken, obwohl es für mich assoziativ einen Anlass gibt, mich doch zu Wort zu melden.

Zwar wird Anachronistisches beseitigt, aber auf einem Gebiet haben wir noch einen gewaltigen Anachronismus: Wir haben nach wie vor das Prinzip des Faust­pfandrechtes, und es wird höchste Zeit, dass wir zum Registerpfandrecht, das ich erst­mals im Jahr 1985 in einem Symposion beschrieben habe, übergehen – Ungarn zum Beispiel verwendet es bereits.

Nur ein Beispiel, mit dem es vielleicht Menschen, die keine Experten sind, am deut­lichsten darstellbar ist, woran es hakt: Oftmals ist das Auto für einen Menschen eine verfügbare Vermögensmasse. Er nimmt ein Privatdarlehen auf, das Auto wird ver­pfändet.

Der Hausverstand sagt den Leuten: Ich übergebe die Papiere und die Schlüssel, damit ist die Verpfändung durchgeführt. – Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ist das nicht hinreichend! Da muss man das Auto übernehmen, folgenden Zauberspruch aufsagen: Hiermit nehme ich dich als Pfand entgegen!, muss dreimal um einen Häuserblock fahren, und abschließend müssen noch irgendwelche Beschwörungs­formeln gesprochen werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist Anachronismus, und der gehört abgeschafft, daher muss der nächste Schritt im Sinne einer Modernisierung „Registerpfandrecht“ heißen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Frau Bundesministerin Dr. Berger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.44.25

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Hohes Haus! Ich freue mich, dass eine weitere Vorlage des Justizministeriums eine derart breite Zustimmung bekommt, und darf nur auf zwei Punkte besonders eingehen.

Das eine war die Bemerkung des Herrn Kollegen Steinhauser betreffend die Personal­situation in der Justiz: Ich möchte erstens in Erinnerung rufen, dass für den Stellen­plan 2007/2008 erstmals wieder nicht weniger, sondern mehr Personal für die Justiz zur Verfügung stand. Die Planstellen, die zusätzlich erreichbar waren, habe ich im Wesentlichen der Strafprozessreform gewidmet, das heißt, wir haben bei den Staats­anwälten ordentlich aufgestockt, und auch bei der Justizwache war dies höchst dringend. – Ich werde mich natürlich auch weiterhin bemühen.

Die Zahlen, die Sie selbst genannt haben, habe ich nur insofern in Frage gestellt, als mir der Mehrbedarf bei den Staatsanwälten nicht sehr schlüssig vorgekommen ist. Mir ist klar, dass wir beim Kanzleipersonal zumindest jetzt in der Übergangssituation aushelfen müssen, aber ich denke, die Staatsanwaltschaften haben im letzten Jahr


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einen derart großen Personalzuwachs erfahren, dass die Anzahl der Planstellen dort jedenfalls als genügend anzusehen ist.

Zum Registerpfand, Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer, darf ich Folgendes sagen: Sie wissen, dass es ein Vorhaben meines Hauses ist. Es ist sozusagen jetzt noch nicht auf dem Tisch, aber wir werden noch im Laufe dieser Legislaturperiode darüber reden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Franz.)

17.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 495 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist Einstim­migkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

17.46.4915. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (457 d.B.): Euro­päisches Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten samt Erklärung der Republik Österreich (496 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte.

 


17.47.15

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ziel dieses Europäischen Übereinkommens, das wir heute ratifi­zieren, ist im Wesentlichen die Stärkung von Kinderrechten. Der wichtigste Punkt dabei ist, dass das Übereinkommen eine Reihe von verfahrensrechtlichen Maßnahmen ent­hält, die Kinder und Kinderrechte stärken sollen, wenn es darum geht, sie bei ihrem Recht auf Anhörung oder bei ihrem Recht auf Meinungsäußerung vor Gericht zu unterstützen.

Der große Vorteil ist, dass wir in Österreich mit dem Kindschaftsrechts-Änderungs­gesetz schon seit 2001 beziehungsweise 2003 sozusagen die gesetzlichen Grund­lagen dafür geschaffen haben, was Mediation betrifft und eben diese Rechte auf Anhörung und Meinungsäußerung. Insofern sind wir da, so glaube ich, gut unterwegs, denn es gibt noch eine ganze Reihe von Staaten, die das noch nicht ratifiziert haben. – Wir sind also gut unterwegs.

Ich möchte noch einen Punkt, der in unmittelbarem Zusammenhang damit steht, diskutieren, weil wir das auch im Ausschuss debattiert haben. Da im Bereich von


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Trennungen und Scheidungen immer die Kinder im Zentrum stehen sollten, haben wir gemeinsam die noch offene Novelle und die notwendigen Reformen zum Unterhalts­vorschussgesetz besprochen, wo wir auf gutem Wege sind und für das die Ministerin schon gute Vorarbeiten geleistet hat, für das uns aber ein bisschen das Geld vom Finanzminister fehlt. Daran müssen wir, so glaube ich, noch arbeiten, aber es ist eine dringende Novellierung auch da notwendig.

Wenn man sich zum Beispiel die Zahlen der Plattform für Alleinerziehende anschaut und diese besagen, dass nur jede zweite Mutter regelmäßig Unterhalt für ihr Kind oder ihre Kinder erhält, dann sieht man schon die Notwendigkeit dafür und dass da noch viele offene Fragen und Lücken sind. Zum Beispiel erhalten 17 Prozent weder Unter­halt noch einen Unterhaltsvorschuss, und das führt dann dazu, dass die Armuts­gefährdung vor allem der AlleinerzieherInnen enorm hoch ist, weswegen von den 250 000 AlleinerzieherInnen in Österreich ein Drittel armutsgefährdet ist.

Das Problem – die Ministerin hat das ja auch im Ausschuss klar definiert – liegt zum Beispiel in der Dauer der Verfahren, bis ein entsprechender Unterhaltsvorschuss aus­gezahlt wird, weil es zum Beispiel Wochen, Monate, manchmal sogar Jahre dauern kann, bis die aussichtslose Exekution festgestellt wird. – Ich habe gerade erst unlängst wieder einen Fall gehabt, wo der Vater, der Unterhalt zahlen sollte, wo der Titel auch festgestellt worden war, seinen Wohnort und den Bezirk, in dem dieser liegt, regelmäßig gewechselt hat, womit die Feststellung der aussichtslosen Exekution im­mer wieder von vorne beginnt und die Frau seit Monaten das Geld nicht bekommt, das ihr eigentlich zusteht.

Es gibt das Problem, dass es wahnsinnig lange dauert, bis die Leistungsfähigkeit des Vaters festgestellt ist, weil es da auch immer wieder Situationen gibt, wo Männer, die eigentlich zahlen müssten, sagen: Das entspricht nicht meiner Leistungsfähigkeit! – Das macht das Ganze für die Kinder immer schwieriger, denn die leiden darunter, dass die Mutter armutsgefährdet ist und sie selbst auch.

Darüber hinaus gibt es das Problem, dass der Unterhaltsvorschuss endet, wenn die Kinder 18 Jahre alt sind, unabhängig davon, ob diese noch in Ausbildung sind oder nicht.

Es gibt also eine ganze Reihe von Problemen, die sich da stellen, wovon ich glaube, dass es an der Zeit ist – und wir wissen es und wir alle sind überzeugt davon –, dass wir sie relativ rasch lösen müssen, um Kinderarmut zu verhindern und Frauenarmut zu stoppen.

Wir werden das Geld dafür brauchen, aber ich glaube, dass wir noch vor dem Sommer eine beschlussreife Vorlage dazu haben werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.51.05

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolle­gin­nen und Kollegen! Übereinkommen über die Rechte des Kindes haben wohl die größte Akzeptanz aller Konventionen. Um auf die Vielzahl der Artikel, die darin ent­halten sind, einzugehen, fehlt mir die Zeit – man könnte stundenlang darüber reden.

Kinderrechte sind Menschenrechte, die für alle unter 18 Jahren absolute Gültigkeit haben sollten. So zum Beispiel das Recht auf Bildung, auf Gesundheitsversorgung, auf Schutz vor Gewalt und Ausbeutung, aber auch die Rechte auf Selbst- und Mitbestim­mung, auf Meinungsfreiheit und Partizipation.


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Das Europäische Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten samt Erklä­rung soll auf alle familienrechtlichen Verfahren vor einer Justizbehörde angewendet werden. Ziel dieses Übereinkommens ist es, die Rechte der Kinder zu fördern und ihnen prozessuale Rechte zu gewähren. Das ist sehr wichtig, denn damit wird sichergestellt, dass den Kindern selbst Auskunft erteilt wird oder aber die Teilnahme anderer Personen oder auch Stellen vor einer Behörde gestattet wird.

Zum Schluss möchte ich auch noch zum Thema Kinderarmut kommen – angeblich sind 80 000 Kinder in Österreich davon betroffen beziehungsweise armutsgefährdet. Wir haben schon gehört, dass es in Bezug auf Unterhalt noch weiterer Regelungen bedarf.

Ich denke, mit der Gebührenfreistellung für Neugeborene wurde auch ein Schritt gegen die Kinderarmut gesetzt, und es muss noch ein Schritt durch Finanzminister Molterer folgen. Es ist uns ein besonderes Anliegen, dass gerade in der kommenden Steuer­reform die Familien berücksichtigt werden, um eben die Situation der Kinder zu ver­bessern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.52


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Zwer­schitz zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.53.04

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Grundsätz­lich ist natürlich alles zu begrüßen, was Kinder stärkt, was Kindern hilft, was Kindern weiterhilft, man muss aber sagen, dass Österreich diesbezüglich nicht sehr ambitioniert vorgegangen ist. Es gibt gerade einmal drei Bereiche – in Deutschland sind es 23 definierte Bereiche –, in denen dieses Übereinkommen für die Ausübung von Kin­derrechten gelten soll, und es sind noch dazu, wie hier von meiner Vorrednerin Ablinger lobend erwähnt wurde, Maßnahmen genommen worden, die in Österreich ohnehin schon umgesetzt wurden. – Das halte ich nicht für besonders ambitioniert und auch nicht für zielführend, wenn man sagt: Wir wollen die Kinderrechte erweitern!

Wir haben das bei der Obsorge, beim Recht auf persönlichen Verkehr, bei der An­nahme an Kindes statt – alles Bereiche, in denen klar ist, dass es diese gesetzlichen Grundlagen in Österreich bereits gibt. Wenn sie erweitert werden sollten, wäre das fein, das ist aber darin noch nicht unbedingt begründet.

Damit bin ich auch gleich beim Vorblatt, auf dem steht, diese Richtlinie wird keine finanziellen Auswirkungen haben. – Wenn ich professionelle Begleitung für Kinder ha­ben möchte, wenn ich davon ausgehe, dass, so wie in anderen Ländern, in Österreich auch ganz kleine Kinder befragt werden sollen, was sie meinen, und auch Kinder im Volksschulalter einbezogen werden sollen, wenn es zum Beispiel zu einer Scheidung kommt, wenn es speziell ausgebildete Rechtsanwälte oder Rechtsbera­terInnen geben soll, dann wird sich der Staat das schon etwas kosten lassen müssen.

Was mir bei dieser Sache auch aufgefallen ist, und ich habe mich vor ungefähr einem halben Jahr besonders intensiv mit Auslandsadoptionen beschäftigt: Im diesem Be­reich ist die Umsetzung der Kinderrechte eine ganz besonders wichtige Materie, aber es ist eine Materie, die derzeit nicht funktioniert.

Bei Auslandsadoptionen werden Kinder oft nicht gefragt, ob ihnen diese Adoption überhaupt recht ist, und es passieren oft Kulturbrüche, weil auch ältere Kinder adoptiert werden. Wir wissen über die unsichere rechtliche Lage in vielen Ländern, aus denen Adoptionskinder kommen, und hier hat Österreich noch einen enormen Nachholbedarf, was die Umsetzung von Kinderrechten betrifft. Denn es kann nicht sein, so wie wir es bereits in Medien gehabt haben, dass Kinder, sobald sie die deutsche Sprache erlernt


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 177

haben, endlich äußern können, dass sie eigentlich nicht hier sein wollen, weil vorher niemand danach gefragt hat.

Was mir jetzt aber an dieser Materie besonders wichtig ist: Wir hören ständig, wie bedeutend allen Menschen hier im Hohen Haus die Kinderrechte sind, und auch in allen möglichen Podiumsdiskussionen bekomme ich zu hören, wie bedeutend die Kinderrechte sind. – Ich möchte wissen, wenn wir uns alle angeblich einig sind, wie lange es dann noch dauert, bis wir sie endlich im Verfassungsrang haben?! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben sie mittlerweile zum zweiten Mal in einem Regierungsprogramm. Sie haben keinen Eingang in Ihr berühmtes 95-Punkte-Programm gefunden, da waren sie an­scheinend nicht so wichtig. Wenn die Prognosen stimmen, dass diese Regierung spätestens mit dem nächsten Budget platzen wird, wird auch die zweite Regierungs­erklärung nicht viel helfen und wir werden sie wieder nicht haben, weil offensichtlich gewartet wird, bis ich weiß nicht was passiert. Es gäbe ohnehin zahlreiche Organi­sationen, die schon die längste Zeit dafür arbeiten würden! – Das kommt zwar gut an und wird gelobt, bedeutet aber für manche Menschen anscheinend nicht, dass sie einen Handlungsbedarf erkennen.

Es gibt zahlreiche Beispiele, wo unsere Rechtsprechung oder unsere Gesetze nicht den Kinderrechten entsprechen. Ich habe mir die Arbeit angetan und habe heraus­gesucht, was alleine die Grünen in dieser kurzen Zeit, die nach der Wahl bereits wieder verstrichen ist, an Anträgen eingebracht haben, die eigentlich die Kinderrechte tangie­ren würden:

Es gibt den Antrag zum Auslandsadoptionsgesetz – Artikel 20 und 21 der Kinder­rechtskonvention, von der Familie getrennt lebende Kinder und Adoptionen betreffend.

Wir haben einen Antrag auf Bundesjugendförderung. – Hier ging es um den Artikel  31, Beteiligung an Freizeit.

Wir haben einen Antrag auf flächendeckende ärztliche Untersuchungen eingebracht, weil es gerade im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen eine große Lücke gibt, da Kinder in der Zeit zwischen Mutter-Kind-Pass und Volksschule medizinisch nicht so unter Beobachtung sind. Das wurde von Ihnen am 5. Dezember 2007 abgelehnt, weil es Ihnen offensichtlich nicht so wichtig war.

Wir haben Anträge auf einen Gratis-Kindergarten eingebracht, der das Recht auf Bildung, Schule und Berufsausbildung und auch das Recht auf adäquate Kinder­betreuung unterstützen würde.

Wir haben Anträge auf Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahl und auf Erhöhung der SchülerInnen- und Studienbeihilfe eingebracht. Dieser wurde auch, diesmal bereits am 24. April 2007, abgelehnt. – Das alles wäre Kinderrechtskonventionsmaterie!

Wir haben auch einen Antrag auf monatliche Auszahlung der Familienbeihilfe gestellt, weil manche Familien sich mit einer langfristigen finanziellen Planung schwertun, weil einfach zu wenig Geld da ist, um es zu verplanen. Das wurde, so wie viele Materien hier im Hohen Haus, vertagt.

Wenn man sich also anschaut, wie hoch die Kinderrechte dann gehalten werden, wenn es darum geht, sie umzusetzen, wenn es darum geht, wirklich etwas aus ihnen zu machen, sie in Gesetze zu gießen und diese Rechte nicht nur als Lippenbekenntnisse vor sich her zu tragen, sondern sie mit Leben zu erfüllen, wie man in diesem Haus oft so schön sagt, wenn es darum geht, die Kinder so zu stärken, dass sie bessere Möglichkeiten in dieser Gesellschaft haben, dann sind wir in diesem Hohen Haus sehr schwach.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 178

Deshalb kann ich mich nur ganz wenig über eine Richtlinie freuen, die derart wenig von dem umsetzt, was uns diese Regierung eigentlich versprochen hat. (Beifall bei den Grünen.)

17.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.58.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kollegen! Es ist schon interessant, was alles in eine einfache Empfeh­lung des Europarates hineininterpretiert werden kann – aber das sei dahingestellt.

Man sollte aber die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen, Frau Zwerschitz! Es ist so, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind, man darf also nicht erwarten, dass Zwei- oder Dreijährige wirklich in der Lage sind, sich zu artikulieren, was sie später sicher tun können. (Abg. Zwerschitz: Da scheinen andere Länder anderer Meinung zu sein! Da gibt es Experten, ...!) – Aber gehen wir kurz auf diese Dinge ein, die hier zu besprechen sind.

Der Europarat hat etwas Positives in die Wege geleitet, und zwar, Kindern eine Möglichkeit zu geben, sich zu äußern. Dabei stellt der Europarat die Förderung von Kinderrechten in den Mittelpunkt, er hält aber auch die Bedeutung der Eltern ganz klar fest. Es ist auch wichtig, dass die Rolle der Eltern darin festgehalten wird, denn Kinder können im Kleinkindalter alleine oft gar nichts tun. Deswegen ist auch diese Fest­stellung des Europarates sicher zu begrüßen.

Ganz klar wird auch eine Empfehlung ausgesprochen, die wir in Österreich über­nehmen sollten, nämlich die, dass die Verfahrensdauer bei verschiedensten familien­rechtlichen Angelegenheiten zu beschleunigen ist. Wir wissen, dass in Österreich oft viele, viele Monate vergehen, bis solche Verfahren geregelt werden. Das kann nicht der Sinn sein. Deswegen ist diese Empfehlung des Europarates eindeutig zu begrüßen.

Interessant ist für mich die Frage, warum Österreich das, was hier heute erledigt wird, zwar bereits im Jahr 1999 zur Kenntnis genommen hat, und doch neun Jahre warten muss, bis es so weit kommt. Das ist eine Frage, die durchaus berechtigt wäre.

Ganz entscheidend ist auch die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, die im Artikel 18 festhält, dass „beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwick­lung des Kindes verantwortlich sind“. Somit sagt die UN-Konvention ausdrücklich, dass Vater und Mutter für die Kindererziehung entscheidend wichtig sind, und stellt damit auch das Wohl des Kindes in den Vordergrund.

Aufgrund einer vor Kurzem durchgeführten Evaluationsstudie des Justizministeriums können wir die Obsorge beider Elternteile sehr, sehr positiv bewerten. Es gab im Vorfeld doch einige Kritik und einige kritische Stimmen zur Frage, ob die gemeinsame Obsorge gut sei. Ich möchte auf diese Studie noch einmal eingehen. Diese Studie ist ganz entscheidend für die Kinder, weil Kinder wirklich beide Elternteile brauchen. Sie brauchen einen Vater, sie brauchen eine Mutter, und diese gemeinsame Obsorge ist ein Erfolgsmodell. Sie hat dazu geführt, dass sich im Untersuchungszeitraum schon weit über 50 Prozent der Eltern für diese gemeinsame Obsorge entschieden haben.

Die Ergebnisse sind sehr überraschend. Wir wissen, dass auch bei ganz, ganz schwie­rigen Hochkonflikt-Familien diese gemeinsame Obsorge dazu geführt hat, dass es zu positiven Ergebnissen kam, dass die Eltern Konsens geübt haben, dass sie miteinan­der gesprochen haben und das Konfliktpotential abgebaut worden ist. Das ist sicher ein guter Weg. Wir konnten auch erleben, dass die Väter in die Erziehung der Kinder sehr,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 179

sehr positiv wieder eingebunden werden konnten und somit keine Angst mehr haben müssen, das Kind nicht mehr zu sehen oder bei der Erziehung der Kinder an Bedeutung zu verlieren.

Wir haben somit eine ganz, ganz gute Entwicklung in diesem Bereich, müssen aber feststellen, dass es bei Eltern ein ganz großes Informationsdefizit gibt. Viele Eltern wissen im Fall einer Scheidung überhaupt nicht, dass es die Möglichkeit der gemein­samen Obsorge gibt. Frau Minister! Es wäre, glaube ich, gut, hier eine Informations­kampagne zu starten und zu erwägen, ob nicht bereits im Prozess der Scheidung eine verpflichtende Beratung von Eltern im Hinblick auf eine gemeinsame Obsorge vorzunehmen wäre.

Unser Nachbarland Deutschland hat da einen sehr guten Weg eingeschlagen, den wir heute vorschlagen möchten. Dort wurde eine sogenannte „Verpflichtende gemeinsame Obsorge“ schon durchgeführt – auch aufgrund dieser in Österreich feststellbaren positiven Entwicklungen – und festgehalten, dass die Bedeutung von Vater und Mutter für eine gesunde Entwicklung des Kindes unbedingt wichtig ist. Damit wurde in Deutsch­land die gemeinsame Obsorge sozusagen zum gesetzlichen Regelfall ge­macht.

Auch in Frankreich gibt es das so genannte „Wechselmodell“, bei dem Eltern auf jeden Fall Zugriff auf ihre Kinder haben und es nicht passieren kann, dass ein Vater oder eine Mutter von der Erziehung des Kindes ausgeschlossen wird.

Ich glaube, das sind Themen, die auch sehr wichtig sind, wenn wir über diese Kinder­rechtskonventionen sprechen.

Deshalb bringen wir von der Freiheitlichen Partei folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 180

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Klement und weiterer Abgeordneter betreffend Trennungsopfer – verpflichtende gemeinsame Obsorge

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, welche die Obsorge beider Elternteile, analog zur Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, als gesetzlichen Regelfall vorsieht. Ein Abgehen von dieser Regelung soll nur im Falle einer Gefährdung des Kindeswohls möglich sein.“

*****

Wir von der Freiheitlichen Partei glauben, dass dieser Entwurf des Europarates sehr, sehr positiv ist. Wir werden zustimmen und hoffen, dass in Zukunft wirklich alle Betei­lig­ten – Väter, Mütter und Kinder – die Chance bekommen, auch nach einer Schei­dung, nach familienrechtlichen Problemen wieder eine positive Zukunft zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)

18.04


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Dipl.-Ing. Kle­ment eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Klement und weiterer Abgeordneter betreffend Trennungsopfer – verpflichtende gemeinsame Obsorge

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 15, Bericht des Justiz­ausschusses über die Regierungsvorlage (457 der Beilagen): Europäisches Überein­kommen über die Ausübung von Kinderrechten samt Erklärung der Republik Öster­reich in der 56. Sitzung des Nationalrates am 10. April 2008

Seit dem 1.7.1998 gilt in der Bundesrepublik Deutschland das neue Kindschaftsrecht. Und dieses geht von einem grundsätzlichen Fortbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge aus. Damit hat der Deutsche Gesetzgeber die Bedeutung von Vater und Mutter für die gesunde Entwicklung eines Kindes erkannt und betont. Somit ist die gemein­same Obsorge der gesetzliche Regelfall nach einer Scheidung. Über das Sorgerecht entscheidet das Gericht nur noch dann, wenn ein Elternteil für sich das alleinige Sorgerecht beantragt. Jener Elternteil, der die Alleinsorge für die Kinder anstrebt, muss nachweisen, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl abträglich ist.

Seit 01.07.2001 gibt es in Österreich die Möglichkeit, die „Obsorge beider Elternteile“ im Falle einer Scheidung freiwillig zu vereinbaren. Diese Regelung wurde im Jahr 2005 einer Evaluierung unterzogen. Die Evaluierungsstudie des BMJ brachte unerwartete Ergebnisse. Die neue Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge wurde im Unter­suchungs­zeitraum in über 53% der Fälle in Anspruch genommen. Positive Auswir­kungen sind vor allem die schnellere Beruhigung des Konfliktniveaus, weniger Konflikte um die Ausübung des Besuchsrechts, hohe Zufriedenheit mit der Obsorge beider Elternteile, häufigere Kontakte der Kinder mit dem getrennt lebenden Elternteil, eine zehn mal niedrigere Kontaktabbruchsrate als bei alleiniger Obsorge, der getrennt lebende Elternteil übernimmt quantitativ und qualitativ mehr elterliche Aufgaben und Verantwortung, mehr Austausch zwischen den getrennt lebenden Eltern, positive Auswirkungen auf die Zahlung des Kindesunterhalts (pünktlicher, Höhe wird eher als angemessen erlebt)...

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, welche die Obsorge beider Elternteile, analog zur Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, als gesetzlichen Regelfall vorsieht. Ein Abgehen von dieser Regelung soll nur im Falle einer Gefährdung des Kindeswohls möglich sein.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Dar­mann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.04.24

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Bezüglich der Regierungsvorlage betreffend das Euro­päische Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten ist vonseiten des BZÖ festzuhalten, dass wir dieses natürlich vollinhaltlich positiv unterstützen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 181

Gerade da es um Fragen der Obsorge und um Fragen des persönlichen Verkehrs mit den Kindern geht – wobei hier unter dem Begriff „Kinder“ auch Jugendliche bis 18 Jahren gemeint sind – und auch, weil es um Fragen der Adoption geht – also wirk­lich sehr wichtige Punkte – und da es ein Ziel dieses Übereinkommens ist, eine Erleichterung der Ausübung der materiellen Kinderrechte herbeizuführen, gerade deswegen gibt es die Unterstützung des BZÖ; und zwar nicht nur natürlicherweise, sondern unverzichtbarerweise!

Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, für den sich das BZÖ seit jeher stark gemacht hat. Nicht zuletzt aus diesem Grund – nämlich wegen der Notwendigkeit einer Absicherung des Unterhaltsvorschusses – hat das BZÖ letztes Jahr mehrere Initiativen gesetzt. Wir haben mehrere Punkte herausgearbeitet, wie diesbezüglich den Kindern und Jugend­lichen geholfen werden kann.

Ich muss jetzt allerdings ansprechen, dass die Regierung bis dato nicht tätig gewesen ist beziehungsweise diesen Diskussionsprozess nicht abgeschlossen hat. Frau Bun­desministerin, ich erinnere Sie an die Sitzung des Justizausschusses im September. Frau Kollegin Ablinger hat gesagt, dieses Anliegen müsse relativ rasch umgesetzt werden. Ich möchte das Wort „relativ“ streichen – es muss rasch umgesetzt werden! Frau Bundesministerin, bei der Sitzung des Justizausschusses im September wurde uns von Ihrer Seite gesagt, dass die Regierung – Sie beziehungsweise Ihr Ministerium gemeinsam mit dem Ressort der Bundesministerin Kdolsky –, Arbeitsgruppen eingesetzt hat, die ein Ergebnis bis Ende des Jahres 2007 liefern würden.

Tatsache war, dass bis Ende des Jahres 2007 kein Ergebnis am Tisch gelegen ist, genauso wenig, wie es jetzt beim letzten Justizausschuss der Fall war. Ich möchte auch anmerken, dass Sie und Ihr Ressort gesagt haben, dass Sie die Arbeiten abgeschlossen und Ihren Beitrag geleistet haben und nur noch auf die Ergebnisse des Bundesministeriums von Frau Bundesministerin Kdolsky warten.

In diesem Zusammenhang – da ich von einer Wortmeldung Ihrer Person ausgehen kann, geschätzte Frau Bundesministerin – möchte ich Sie ersuchen, darauf einzu­gehen, wie Sie vorhaben, auf das zuständige Ministerium der Ministerin Kdolsky unver­züglich Druck auszuüben, um endlich weitere Schritte zu setzen, die endlich zu einer Regelung im Bereich der Absicherung des Unterhaltsvorschusses führen werden. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

18.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Eisen­schenk. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.07.25

Abgeordneter Mag. Peter Eisenschenk (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz aus dem Jahr 2001 war mit Sicherheit heiß umkämpft und diskutiert, allerdings mit der klaren Intention, den Kindern zu helfen. Die angesprochene gemeinsame Obsorge der Eltern hat sicherlich zu einer Bewusstseinsänderung und zur Einsicht geführt, dass beide Eltern trotz Scheidung nicht aus der Erziehungsverantwortung entlassen werden können.

Dennoch ereignen sich aber nach wie vor Tragödien, auch im Rahmen der gemein­samen Obsorge. Insbesondere der ständige Wohnortwechsel macht den Kindern zu schaffen und überfordert sie. Streitereien der Eltern werden weiterhin auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Die Kinder sind nun einmal ihren Eltern ausgeliefert. Die Scheidung bedeutet zwar das Aus für die Ehe, aber nicht das Aus für die Eltern-Kind-Beziehung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 182

Auch die Präambel im Abkommen wurde schon angesprochen. Es sind die Eltern, die für das Wohl und für die Rechte der Kinder zuständig sind. Der Staat hat hier eine subsidiäre Funktion.

Mit dem Abkommen wird festgelegt, dass die betroffenen Kinder gehört werden. Das ist zweifellos gut so. Es stellt sich allerdings die Frage, wie viele Kinder überhaupt in der Lage sind, sich zu artikulieren. Wir lesen ja immer häufiger von der zunehmenden Gewalt bei Jugendlichen. Man muss klar sagen: Gewalt ist häufig die Unfähigkeit, Aggressionen in Sprache zu fassen, zu fühlen; es ist die Unfähigkeit, darüber zu sprechen, weil die Worte fehlen.

Daher ist es wichtig, dass wir die Ausdrucksfähigkeit durch sprachliche Frühförderung forcieren – in den Kindergärten, aber selbstverständlich auch in den Familien. Je weiter verzweigt die Sprechstraßen der Kinder sind, desto mehr Auswege stehen dem Kind offen, um schwierige Lebenssituationen zu beschreiben, auszusprechen und zu bewältigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben die sprachliche Frühförderung im Unterausschuss des Unterrichtsausschus­ses diskutiert, und ich freue mich auf die Fortführung dieses Prozesses, meine sehr verehrten Damen und Herren. Zwischen Zuhören und Zuschauen ist wenig Unter­schied, einzig das Hinhören und Hinschauen bringt die Chance, verantwortungsvoll miteinander umzugehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.10

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.10.08

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als Familiensprecherin der ÖVP, der Familienpartei, freue ich mich natürlich über dieses Übereinkommen zu den Kinderrechten. Das Überein­kommen ist ein gutes, wichtiges und richtiges Zeichen im Sinne unserer Kinder, weil der Gedanke der Förderung der Kinderrechte im Mittelpunkt steht.

Apropos Mittelpunkt: In diesen möchte ich abschließend die Homepage www.kinderrechte.gv.at rücken. Auf dieser Homepage befasst man sich selbst­verständlich auch mit der UN-Kinderrechtskonvention, die für Österreich im Septem­ber 1992 in Kraft getreten ist. Es werden auf der Homepage aber auch andere, sehr wichtige und interessante Themen behandelt, wie etwa: Respekt für Kinder, das Recht der Kinder auf Eltern, die Themen Gewalt oder Kinderarmut. Im letzten Jahr wurde die Seite von rund 50 000 Besuchern frequentiert. Ich denke, dass es für jede und für jeden, die jetzt in diesem Saal noch anwesend sind, und überhaupt für alle 183 Ab­geordneten spannend wäre, auf diese Homepage zu schauen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.11


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Riener. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.11.00

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­des­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben einiges umgesetzt von diesem Europäischen Übereinkommen über die Ausübung von Kinderrechten. Drei Bereiche möchte ich ganz konkret herausheben.

Im Artikel 3 geht es um die Auskunft und Meinungsäußerung in Verfahren. Das haben wir in Österreich in § 105 Außerstreitgesetz umgesetzt. Hier geht es darum, dass


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 183

betreffend Pflege und Erziehung beziehungsweise das Besuchsrecht die Kinder und Jugendlichen in geeigneter Form persönlich befragt werden sollen.

Der Artikel 8 des Übereinkommens über die Ausübung von Kinderrechten regelt das „Handeln von Amts wegen“. Das haben wir in § 176 ABGB umgesetzt. Hier ist es leider Gottes immer häufiger der Fall, dass bei ernstlicher Gefährdung des Kindeswohls von Amts wegen agiert werden muss. Das vollzieht dann die Jugendwohlfahrtsbehörde. Ich weiß, wie sehr die KollegInnen in der Sozialarbeit zurzeit unter Druck stehen, weil immer mehr solche Fälle auftreten.

Im Artikel 13 des Übereinkommens über die Ausübung von Kinderrechten ist letzt­endlich die Mediation beziehungsweise das Vermittlungsverfahren angesprochen. Das haben wir im Zivilrechtsmediationsgesetz umgesetzt. Ich möchte darauf hinweisen, dass Mediation auch in vom Familienministerium geförderten Familienberatungsstellen gehäuft angeboten wird.

Ich selbst habe in meiner Arbeit als Sozialarbeiterin oft Gespräche geführt und für das Familiengericht Gutachten abgeben müssen, in denen es um Obsorge und Besuchs­rechtsregelung gegangen ist. Wir mussten Kinder in geeigneter Form befragen. Dabei habe ich sehr oft erlebt, dass – nicht von uns, den Sozialarbeitern, aber von anderer Seite her, nämlich aus dem Justizbereich, das ist allerdings schon länger her – Kinder gefragt werden: Wo willst du hin?

Diese Frage bringt Kinder immer in ein Dilemma. Eine Jugendliche hat es mir gegen­über sehr klar formuliert: Es geht mir nicht darum, ob ich zu Mama oder Papa komme, ich mag beide gleich gern. Mir ist der Freundeskreis wichtig, ich möchte in meinem Haus bleiben, in meiner gewohnten Umgebung, in meinem Zimmer. – Das heißt, wir müssen wirklich genau hinhören, wenn wir Kinderrechte wahrnehmen wollen. Wir dürfen Kinder dabei nicht überfordern.

Ein 13-Jähriger hat mir gesagt: Ich möchte bei der Mutter bleiben! Er war aber weder mit Mittagessen versorgt, noch war die Mutter zu Hause. Er ist vor der Wohnung gesessen und hat gewartet, bis sie nach Hause kommt. Das heißt, dass manchmal, wenn Eltern dazu nicht in der Lage sind, Fachkräfte die Entscheidung treffen müssen. In diesem Sinne ist es mir wichtig, dass wir als Gesellschaft in Zukunft darauf achten, dass wir Eltern im Vorfeld unterstützen, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden können.

Die amerikanische Schriftstellerin Pearl S. Buck hat gesagt: Die Jugend soll ihre eigenen Wege gehen, aber ein paar Wegweiser können nicht schaden. – Ich glaube, es ist unsere Aufgabe in der Politik, Eltern zu unterstützen, damit sie diese Wegweiser auch sein können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Ursula Haubner.)

18.14


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fuhrmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.15.00

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Orientierung am Kindeswohl und die verstärkte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sind zentrale Themen, die hiermit als Prinzip in unsere politische Arbeit einfließen müssen. Ich glaube, dass das vorliegende Abkommen vor allem der Generationenverantwortung Gerechtigkeit trägt.

Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, angemessen versorgt, gefördert und unterstützt zu werden und sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Diese Vorlage ermöglicht es nunmehr, dass Kinder selbst in etwaige Verfahren vollständig mit eingebunden werden können. Es geht darum, dass das Kind die Möglichkeit erhält,


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sachdienliche Auskünfte zu bekommen, selbst angehört zu werden und seine persön­liche Meinung zu äußern – aber auch über mögliche Folgen in Kenntnis gesetzt zu werden und diese dann mit Rückschluss auf seine oder ihre Meinung zu berück­sichtigen.

Ich glaube, dass es höchste Zeit wäre, auch Kinder über die Folgen verschiedenster Entscheidungen aufzuklären und diese darauf aufmerksam zu machen.

Ich glaube, mit diesem Europäischen Übereinkommen über die Ausübung von Kinder­rechten samt der Erklärung liegt dem Nationalrat ein wichtiger Bestandteil zur Siche­rung der persönlichen Rechte von Kindern in familienrechtlichen Verfahren vor. Die Justizbehörde soll dies dann umsetzen.

Ich glaube, dass mit dem heutigen Tag Kindern die Möglichkeit eingeräumt wird, Verbesserungen im Rahmen ihrer derzeitigen Situation vorzunehmen und vor allem auch das Wohl aller betroffenen Kinder in Österreich in den Vordergrund zu stellen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.17


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.17.16

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Einvernehmensmaterie ist in Ordnung, wir stimmen zu, wir haben schon im Ausschuss zugestimmt. Das ist der Anlass, auf verwandte Problemfelder noch einen Blick zu werfen.

Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass ich anlässlich des Falles Luca keine Ruhe geben möchte. Da hat die Republik wieder die Augen geschlossen. Man war eine Woche aufgeregt, und dann ist das Leben wieder weitergegangen.

Ich habe damals darauf hingewiesen – und es gibt ja nach wie vor solche Fälle –, dass ein großer Teil des Übelstandes im Rahmen der Kindesobsorge, nämlich Streitigkeiten über die Kindesobsorge – das betrifft Obsorgerecht und Besuchsrecht –, darin besteht, dass unendlich lange Verfahrensdauern die Regel sind. Solche Entscheidungen sind, wenn echter Streit besteht, nicht unter einem Jahr, allenfalls zwei Jahren zu Ende zu führen. Das sind Fälle, bei denen der Streitteil, der die Kinder nicht bei sich hat, diese erst nach Jahren eventuell wieder zu sehen bekommt.

Es wird immer darüber hinweggegangen, aber die Lösung kann nur darin bestehen, dass man eine Verfahrensanordnung trifft, die ich eben vorgeschlagen habe, nämlich dass in der ersten Instanz eine unbedingte Erledigungspflicht von sechs Monaten bestehen muss und in der zweiten Instanz eine von drei Monaten, um mit diesen Konfliktfällen adäquat umzugehen. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Es kann nicht sein, dass sich anlässlich dieses Szenarios, wo Luca erschlagen worden ist, welches wir noch gut in Erinnerung haben, niemand verant­wortlich gefühlt hat: weder die betroffenen Jugendwohlfahrtsstellen noch die Ärzte in den Spitälern – und dann war auf einmal keiner schuld. Was ihnen vorher an Worten abgegangen ist – nämlich ein kurzes Telefonat zu führen und zu sagen, Achtung, ein Kind ist in Lebensgefahr –, das haben sie nachher an Worten bei Gott eingeholt. Da war aber das Kind schon tot!

Dieses Haus kann nicht dafür gut sein – oder schlecht sein –, das wieder zu ver­gessen. Es muss Konsequenzen geben, und das kann nicht mit einem weicheiigen Verweis auf die allfällige Möglichkeit, bei solchem Verhalten den Tatbestand des Amts­missbrauches zu unterstellen, abgetan sein. Ich ziele darauf ab, einen spezifischen


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Tatbestand mit einem Spezialgesetz, mit einer Spezialnorm zu erfassen, dass nämlich, wer aufgrund öffentlich-rechtlicher Dienstverpflichtung – Beamter, Angestellter, Be­schäf­tigter in der Jugendwohlfahrt; Ärzte könnten hinzugefügt werden – durch pflicht­wid­riges Verhalten eine Handlung oder Unterlassung begeht, aus der ein Schaden entsteht, das mit einer Strafdrohung zu versehen ist.

Letzter Punkt, der gehört nicht dazu, aber es gehört auch zum Kind, zur Kindes­wohlfahrt: In der morgigen Zeitung sehen Sie, dass ein Rottweiler eine Frau angefallen und sie skalpiert hat. Ich bin dafür, dass endlich eine Bestimmung eingeführt wird, dass gefährliche Kampfhunde in der Nähe von Kindern verboten werden, sofern man sich nicht überhaupt endlich dazu entschließt, den Besitz solcher Tiere – die nichts dafür können, aber so sind sie nun einmal theoretisch erfasst – in privater Hand überhaupt zu verbieten. Die Welt dreht sich auch ohne diesen weiter. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Pendl.)

18.21


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Frau Bundesministerin Dr. Berger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


18.21.11

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Herr Präsident! Da ja richtig fest­gestellt wurde, dass das gegenständliche Übereinkommen in Österreich bereits um­gesetzt ist, möchte ich mich auch nicht darauf beziehen, sondern auf die von einigen Abgeordneten eingeforderten Zeitpläne zu verschiedenen Vorhaben in meinem Ressort.

Zum einen darf ich, obwohl nicht ressortzuständig, sagen, dass die Umsetzung der Kinderrechtskonvention, die Verankerung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, im Zuge des dritten Teils der Verfassungsreform erfolgen soll. Teil 3 umfasst die Grundrechte, und hier ist der Bezug zur Kinderrechtskonvention natürlich ein besonders enger.

Was jetzt die Maßnahmen im eigenen Ressortbereich anbelangt, ist es so, dass wir mit den Arbeiten weitgehend fertig sind, auch in den Bereichen, wo Übereinstimmung mit anderen Ressorts – insbesondere mit meiner Ministerkollegin Kdolsky – herzustellen war. Wir haben einiges so weit fertig, dass wir damit im Mai in Begutachtung gehen werden. Das umfasst insbesondere ein Maßnahmenpaket zum verbesserten Schutz der Kinder vor häuslicher Gewalt. Das umfasst insbesondere Maßnahmen, um auch die Rechte der Kinder im Zivilprozess besser wahrnehmen zu können, zum Beispiel auch im Zivilprozess die schonende und getrennte Einvernahme zu ermöglichen, und einiges andere ebenfalls. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir die Prozess­begleitung auf das Zivilverfahren ausweiten. Das Modell Kinderbeistand wird weiter­geführt – etwas, was sich insbesondere bei strittigen Scheidungsverfahren sehr bewährt hat.

Zu dem Paket, das im Mai in Begutachtung geschickt wird, gehört auch die Reform des Unterhaltsvorschussrechtes, soweit sie in meine Ressortzuständigkeit fällt, also insbesondere die Beschleunigung des Verfahrens durch den Wegfall des Erforder­nisses eines Nachweises bereits erfolglos geführter Exekutionsversuche. Soweit es den finanziellen Teil anbelangt, nämlich die Auszahlung eines Regelunterhaltes, die Bezugsberechtigung auch vom 18. bis zum 19. Lebensjahr, ist leider keine Einigung in Sicht. Das müsste aus dem Familienlastenausgleichsfonds finanziert werden, und hier bekomme ich immer nur die Antwort, da steht zu wenig Geld zur Verfügung.

Es wurde in der Vordebatte auch angesprochen, dass zum einen die durchschnittliche Verfahrensdauer in Österreich erfreulich kurz ist und auch europaweit keinen Vergleich


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 186

zu scheuen braucht. Tatsache ist aber, dass wir in familiengerichtlichen Verfahren Probleme haben. Ich möchte auch hier hervorheben, dass bei den vielen schwierigen Aufgaben, die Richterinnen und Richter haben, sie vor allem in der Familien­gerichts­barkeit in einem besonderen Ausmaß gefordert sind und wir uns deshalb auch mit einem „Aktionsplan Familiengerichtsbarkeit“, den wir derzeit entwickeln und den wir bei der Richterwoche, die demnächst stattfinden wird, in den Mittelpunkt stellen wollen, gemeinsam überlegen, wie wir die Familienrichterinnen und -richter stützen können, dass sie ihre sehr, sehr beanspruchende Aufgabe besser wahrnehmen können, dass ihre Aufstiegschancen nicht schlechter sind als jene von RichterInnen in anderen Bereichen.

Aber ein Beispiel auch jetzt in Richtung Dr. Fichtenbauer, warum es halt oft nicht mit sechs Monaten getan ist: Wir haben einen Gutachtermangel in diesem Bereich. Da kann dann auch der schnellste Richter nichts bewirken, wenn es hier aus diesem Grund Probleme gibt.

Ganz kurz auch noch zum angesprochenen Fall Luca: Zu unseren Maßnahmen im Bereich eines verbesserten Gewaltschutzes gehören auch jene Überlegungen, die zumindest auf eine Vereinheitlichung der Melde- und Anzeigepflichten hinauslaufen sollen. Zur Frage des Amtsmissbrauches kann ich Ihnen nur das Gleiche sagen wie schon im Ausschuss, dass bei Personen, die eine Garantenstellung ausüben, auch das Unterlassen von Maßnahmen bereits einen Amtsmissbrauch darstellen kann und dass in Tirol ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft anhängig ist, wo es genau um eine solche Fallkonstellation geht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages samt Erklärung der Republik Österreich in 457 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach der vorliegende Staats­vertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Z 3 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlas­sung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Klement, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – verpflichten­de gemeinsame Obsorge.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 187

18.27.0916. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (317 d.B.): Verein­barung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG, mit der die Vereinbarung über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird (497 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (319 d.B.): Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten (498 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Köfer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


18.27.52

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­minister! Werte Klubobmänner! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die heute zu beschließende Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a der Bundesverfassung, mit der die Vereinbarung über zivilrechtliche Bestim­mungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird, ja, das ist eine Notwendigkeit, um einer Entscheidung, einer längst fälligen Entscheidung des Euro­päischen Gerichtshofes Rechnung zu tragen. Diese Entscheidung sollte vor allem für mehr Bürger- und Kundenfreundlichkeit sorgen, darüber hinaus aber auch für mehr Rechtssicherheit.

In Zukunft müssen die Grundverkehrsbehörden eine Frist zur Nachholung einer ver­säumten Handlung – wie etwa das Ansuchen um die verwaltungsbehördliche Genehmigung, die Anzeige des Rechtsvorganges bei der Behörde oder die erforder­liche Erklärung – einräumen.

Wo viel Licht, da auch viel Schatten. Es gibt bereits Stimmen, die dazu sagen: Warum soll die Behörde hier eigentlich tätig werden? Warum sollen plötzlich die Bezirks­hauptmannschaften oder die Magistrate die Arbeit von Notaren und von Rechts­anwälten übernehmen, die ja primär die Verträge namens ihrer Mandantschaft einbrin­gen?

Das Grundverkehrsgesetz ist Ländersache und ist daher auch in jedem Bundesland unterschiedlich gestaltet. Durch den EU-Beitritt ist zum Beispiel in Kärnten das Grund­verkehrsgesetz dramatisch verändert worden. Dennoch scheint es nach internen Informationen, die ich erhalten habe, einen Änderungsbedarf in diesem Grundver­kehrs­gesetz zu geben, auf den ich aber auch hinweisen möchte: Es entfallen derzeit nämlich beispielsweise im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau rund 80 Prozent der Tätigkeiten im Grundverkehrsamt auf das Ausstellen sogenannter Negativbescheinigungen, die ja nichts anderes bestätigen, als dass der vorgelegte Kaufvertrag nicht unter das Kärntner Grundverkehrsgesetz fällt, dass es sich hierbei um keine landwirtschaftliche Nutzfläche handelt. Hier sollte eine Änderung dahin gehend angedacht werden, dass in Hinkunft eine Anzeige als ausreichend erscheint.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 188

Die zweite Vereinbarung gemäß Artikel 15 über die Abgeltung stationärer medizini­scher Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justiz­anstalten wird heute zum zweiten Mal verlängert und geht somit auch schon in die dritte Periode.

Ich verstehe die Unzufriedenheit des Justizministeriums damit, dass bei den explo­dierenden Gesundheitskosten die angestrebte 50:50-Kostenbeteiligung zwischen Bund und Ländern nicht mehr gelungen ist. Das sehen natürlich die Länder und somit auch erfahrungsgemäß die Gemeinden etwas anders. Trugen zu Beginn dieser Verein­barung die Länder noch zwischen 60 und 65 Prozent der Kosten, so sind das heute aufgrund der Kostensteigerung derzeit höchstens 30 Prozent.

Das zeigt unter anderem drastisch, wie dramatisch die Kostenentwicklung im Gesund­heitsbereich ist. Deshalb erscheint hier die Frage ebenfalls berechtigt, ob das der­zeitige System, bei dem der Strafvollzug sämtliche medizinischen Leistungen während der Haft zu tragen hat, nicht längst reformbedürftig ist. Wenn man das aus der Sicht des Strafvollzuges sieht, wäre es wohl besser, wenn die Häftlinge sozialversichert werden. In diese Richtung werden aber bereits Überlegungen angestellt, und es wurde diesbezüglich bereits eine Arbeitsgruppe initiiert.

Enden möchte ich meine Überlegungen zu diesem Thema damit: Wenn ein Gefan­gener in eine Krankenanstalt eingeliefert werden muss, so muss dort nicht nur seine medizinische Versorgung sichergestellt sein und somit auch finanziert werden, sondern auch dessen kostenintensive Bewachung. Es stellt sich somit die Frage, ob nicht unterm Strich ein eigenes Gefangenenkrankenhaus für Österreich kostengünstiger erscheint. Die bestehenden Krankenanstalten in der Strafvollzugsanstalt Stein und im landesgerichtlichen Gefangenenhaus in Wien-Josefstadt lassen durchaus darauf schließen. Ich rege daher im Sinne der bestmöglichen Entlastung des Staatshaus­haltes eine diesbezügliche kaufmännische Durchrechnung an. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

18.32



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 189

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Praßl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.32.12

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken wird eine Kompetenz abgetreten. Ich glaube auch, dass es zielführend ist, hier nach sehr vielen Jahren gehandelt zu haben. Diese Vereinbarung soll nach Artikel 2 Abs. 2 dieser BV-G-Novelle auch für den Ausländergrundverkehr, aber auch für den Verkehr von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken gelten.

Artikel 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung sieht vor, dass ein Rechtsgeschäft nur dann unwirksam wird, wenn binnen zwei Jahren nach dem Ablauf der dafür bestimmten Frist das Ansuchen um die verwaltungsbehördliche Genehmigung (Beifall des Abg. Hörl), die Anzeige des Rechtsvorganges bei der Behörde beziehungsweise die erforderliche Erklärung nachgeholt wird. In diesem Sinne sage ich, dass wir sehr viele Jahre hier verstreichen haben lassen, bis letztendlich diese Kompetenz an die Länder abgetreten wurde.

Abschließend möchte ich als steirischer Parlamentarier hier sagen, ich lade alle ein, diesen steirischen Frühling am Rathausplatz zu genießen. Herzlich willkommen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Bravorufe bei der ÖVP.)

18.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.33.52

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich möchte mir erlauben, noch einmal kurz auf unsere beim vorigen Tagesordnungs­punkt geführte Debatte hinsichtlich des Personalbedarfs in der Justiz einzugehen. Sie haben gesagt, Sie sehen den Personalbedarf bei den Staatsanwälten nicht und verstehen nicht, wie wir auf diesen Bedarf kommen. Das Beispiel mit Deutschland, das Sie möglicherweise kennen, zeigt den Bedarf. Deutschland hat rund 5 000 Staats­anwälte und zehnmal so viele EinwohnerInnen wie Österreich. Bei einem vergleich­baren Aufgabengebiet der Staatsanwaltschaften bräuchten wir 500 Staatsanwälte. Das halte ich auch für zu hoch gegriffen, weil das ein Fehlbestand von 170 wäre.

Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass damals, am Beginn der StPO-Reform, die Zahl der Staatsanwälte zu knapp bemessen wurde und dass wahrscheinlich jedenfalls ein Fehlbedarf von 80 StaatsanwältInnen gegeben ist, wenn dieses Beispiel mit Deutschland hält. Und davon bin ich überzeugt, weil die Aufgabengebiete der Staats­anwaltschaften vergleichbar sind.

Zurück zum eigentlichen Tagesordnungspunkt, zur 15a-Vereinbarung hinsichtlich der medizinischen Versorgungsleistungen im Strafvollzug. Frau Bundesminister, Sie haben schon gesagt, das ist eigentlich der Tropfen auf den heißen Stein, die Kosten sind explodiert, und der Großteil der Spitalskosten entsteht im Bereich des Maßnahmen­vollzugs. Für alle, denen nicht geläufig ist, was der Maßnahmenvollzug ist: Da geht es um die Täter, deren Tat in Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung steht. Einmal sind diese Täter zurechnungsunfähig und einmal sind sie zurechnungsfähig. 24 Prozent der Gesundheitskosten gehen für 9 Prozent im Maßnahmenvollzug drauf, und da stellen sich schon einige Fragen, die wir uns hier auch stellen sollten.

Warum ist die Justiz für eine Personengruppe zuständig, die als zurechnungsunfähig und damit als krank gilt? – Diese Frage müssen wir diskutieren. Die zweite Frage ist – und die greifen Sie ja auch auf, und da möchte ich Sie durchaus auch unterstützen –: Warum zahlt die Justiz in den Spitälern den Privatkostentarif? Das kommt mir schon so vor, also ob sich die Spitalserhalter da ein gutes Geld auf Kosten der Justiz machen.

Der dritte Punkt, den wir anschneiden müssen: Es fällt auf, dass immer öfter der Maß­nahmenvollzug vorgesehen wird und dass dieser Maßnahmenvollzug immer länger dauert. Das heißt, dass die Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug immer schwie­riger wird. Das führt teilweise zu absurden Verurteilungen. Da gibt es jemanden, der bekommt acht Monate wegen gefährlicher Drohung, gilt als zurechnungsfähig, aber bekommt nach § 21 Abs. 2 einen Maßnahmenvollzug und sitzt dann acht Jahre im Maßnahmenvollzug.

Da muss man sich schon über die Verhältnismäßigkeit Gedanken machen, ob bei einem Delikt wie gefährlicher Drohung eine Anhaltung von acht Jahren im Maß­nahmenvollzug wirklich adäquat ist. Klar ist, damit es keine Missverständnisse gibt, bei dieser Tätergruppe ist Sicherheit ein relevanter Aspekt. Wir brauchen umfassende Therapieangebote, und das Ganze muss finanzierbar sein.

Daher glaube ich, dass wir drei Punkte konkret diskutieren müssen. Das eine ist – ich habe es schon angedeutet –, dass diejenigen, die zurechnungsunfähig sind, die auch nicht verurteilt werden, kein Fall für die Justiz sind, sie gehören in die Spitäler und gehören durch das Gesundheitssystem finanziert.

Der zweite Punkt ist, Justizinsassen gehören krankenversichert. Wenn das der Fall ist, dann stellt sich die ganze Debatte um den Privatkostentarif nicht.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 190

Der dritte Punkt ist: Die, die zurechnungsfähig sind, gehören meiner Meinung nach nicht in den Maßnahmenvollzug, sondern in den Regelvollzug und brauchen dort besondere therapeutische Angebote.

Kurze Zusammenfassung: Der Maßnahmenvollzug steht insgesamt in Diskussion. Es ist halt ein heißes Thema, über das man sich nicht gerne drübertraut, aber ich würde mich freuen, wenn wir uns hier, obwohl es nicht populär ist, obwohl man damit keine Wahlen gewinnen kann, dieses heiklen Themas seriös annehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.37


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haim­buchner. Die Restredezeit Ihrer Fraktion beträgt 4 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


18.37.53

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Damen und Herren Kollegen! Hohes Haus! Die freiheitliche Fraktion wird diesen Artikel-15a-Vereinbarungen zustimmen. Ich werde mich kurz auf den Bereich der Justiz konzentrieren. Denn hier muss man sich schon die Frage stellen: Warum explodieren denn die Kosten derartig?

Im Vorjahr sind für Medikamente von 571 Gefängnisinsassen in der Justizanstalt Graz-Karlau 643 000 € bezahlt worden. Im Jahr 2003 lag dieser Wert noch bei 311 000 €. In nur vier Jahren haben sich also die Kosten für die Arzneien der Häftlinge mehr als verdoppelt.

Mittlerweile müssen also 8,3 Millionen € jährlich für Häftlingsarzneien aufgewendet werden. Keine Frage, in einem demokratischen Rechtsstaat, der ja auch auf Werten beruht, verdient natürlich auch ein Haftinsasse eine ordentliche medizinische Behand­lung. Das ist keine Diskussion. Wir müssen uns aber trotzdem die Frage stellen, ob gewisse Maßnahmen, gewisse Behandlungen hier überhaupt zielführend durchgeführt werden, zum Beispiel, wenn wir uns die Hepatitis C-Erkrankungen anschauen, die massiv im Ansteigen sind in den Justizanstalten. Hier werden Interferontherapien durchgeführt, die auch im medizinischen Bereich äußerst umstritten sind und die pro Patient 18 800 € Kosten.

Dann müssen wir uns die Frage stellen, woher diese erhöhte Zahl an Hepatitis-Erkran­kungen in Österreich kommt. Sowohl die Drogensucht als auch die Lebererkrankung Hepatitis sind unter Häftlingen stark im Vormarsch, was die Experten auch auf den gestiegenen Ausländeranteil zurückführen. Bevor es jetzt wieder einen lauten Aufschrei von der grünen Fraktion gibt: Das ist ein Artikel aus der „Kleinen Zeitung“ vom 8. März 2008. – Also, wir sehen, dass auch hier die multikulturelle Gesellschaft ihre äußerst „positiven“ Folgen in Österreich hinterlässt.

Und wenn wir dann noch von der Krankenversicherung hören, Herr Kollege Stein­hauser, frage ich: Sollen da jetzt alle Bürger auch noch mitzahlen? Was wollen Sie in Wirklichkeit? (Abg. Mag. Steinhauser: Das müssen sie jetzt auch schon!) – Ja, das müssen wir jetzt auch schon – und das ist auch gut so, meinen Sie wahrscheinlich.

Wir müssen uns einmal die Frage stellen, wie wir diese Kostenbelastungen wegbe­kommen. Wie kommt der österreichische Steuerzahler dazu, dass er bei einer absolut bedauerlichen Erkrankung eines Ausländers, der in Österreich seine Strafhaft absitzt, dessen Strafhaft mitfinanziert und auch seine Behandlung mitfinanziert? Diese Frage müssen wir uns einmal stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man sich einmal sozusagen die Wurzel ansehen und nicht immer über Krankenversicherungen sprechen, sondern in erster Linie müssten wir uns darüber


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 191

unterhalten: Wie kann es sein, dass diese Personen auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers behandelt werden?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben den volkswirtschaftlichen Scha­den, und wir haben dann auch noch in anderer Hinsicht den Schaden zu tragen. Hier muss man sich einmal andere Lösungen überlegen. Wir sehen nur, dass auf alle Fälle die Utopien der multikulturellen Gesellschaft auch im Bereich der Justiz ihre Folgen hinterlassen haben.

Herr Kollege Steinhauser, das müssen wir uns einmal überlegen. Ich sehe es jeden­falls nicht ein, dass der österreichische Steuerzahler diese Kosten zu tragen hat. Da brauchen wir uns auf alle Fälle nicht über Krankenversicherung zu unterhalten, denn wir sehen das auch in anderen Bereichen, nämlich bei der e-card, wo ein sehr hoher Missbrauch betrieben wird. Auch diesbezüglich haben wir heute keine zufrieden­stellende Antwort von der Gesundheitsministerin erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist natürlich irgendwie zu finanzieren, das ist uns klar, und aus diesem Grund werden wir auch dieser Vereinbarung zustim­men, weil es sachlich einfach nicht anders funktioniert. Aber wir müssen uns im Grunde genommen einmal andere Vorgangsweisen überlegen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.42


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dar­mann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.42.18

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Bevor ich auf die zwei Artikel-15a-Vereinbarungen eingehe, möchte ich kurz auf den Kollegen Haimbuchner replizieren. Es war natürlich eine sehr interessante Information, die Sie uns da geliefert haben, geschätzter Herr Kollege, mit der Begründung, dass das auch die „Kleine Zeitung“ transportiert habe. Tatsache ist aber: Wir haben im Kärntner Land diesbezüglich einige Erfahrungen mit der „Kleinen Zeitung“, und man kann nur hoffen, dass sich die „Kleine Zeitung“ auf Studien gestützt hat, bevor sie diese Zahlen weitergegeben hat. – Das zum einen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) – Ich weiß, Sie können mir jetzt gar nicht widersprechen, weil Sie auch die „Kleine Zeitung“ im sonstigen Vorgehen der Berichterstattung kennen.

Aber nun zur Artikel-15a-Vereinbarung über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justiz­anstalten. Es handelt sich hiebei um die Fortführung eines in unserer Regierungszeit initiierten Ausgleichs zwischen den Bundesländern und dem Bund. Mittlerweile handelt es sich um einen Pauschalbetrag von 8,6 Millionen € pro Bundesland. In logischer Konsequenz sind wir auch für eine Fortführung dieser Ausgleichszahlungen zwischen Ländern und Bund, wenngleich es – so viel abschließend zu diesem Punkt, zu dieser Vereinbarung – natürlich ein wesentlicher Kritikpunkt von unserer Seite ist, dass in diesem Zusammenhang die Privatpatiententarife verrechnet werden. Das ist absolut unverständlich und ein unnotwendiger, leider wesentlicher Kostenfaktor für das Justizressort, der eine große Belastung darstellt und wo es wirklich Änderungen für die Zukunft geben muss.

Zur zweiten Regierungsvorlage betreffend die Vereinbarung über die zivilrechtlichen Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken und deren Änderung ist natürlich aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten, dass auch diese Regierungs­vorlage zu begrüßen ist. Diese entspricht einer Entscheidung des EuGH, hier für


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 192

Rechtssicherheit Vorsorge zu treffen. Die aktuelle Regelungslage ist bekannt. Mit dieser neuen Regelung wird nunmehr die Einführung einer von der Grundverkehrs­behörde zu setzenden Frist umgesetzt. Auch diese Variante, die wirklich zu einer Erhöhung der Rechtssicherheit für den Bürger führt, ist vom BZÖ zu begrüßen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

18.45


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.45.01

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte abschließend auch noch kurz zur Artikel-15a-Vereinbarung hinsichtlich der Krankenanstaltenkosten der Justiz Stellung nehmen.

Ich glaube, wir sollten uns die Zeit nehmen – ich habe es hier im Haus auch sehr oft und immer wieder zum Anlass genommen –, auf die Problematik des Maßnahmen­vollzuges hinzuweisen. Wir sollten einmal im Justizausschuss diskutieren – vielleicht kann man auch eine Enquete zu diesem Thema einberufen –, ob er erstens zeitgemäß ist und ob es Sinn macht, dass Österreichs Justizanstalten zunehmend zu Psychiatrien werden. Das kann doch nicht der Sinn sein! Es ist halt leider so, dass die Verur­teilungen nach § 21 StGB zunehmen und diese in Wirklichkeit auch diese Horrorkosten hervorrufen.

Ich möchte der guten Ordnung halber anmerken, man sollte auch die Diskussion führen – es wurde von einem meiner Vorredner bereits angesprochen –, wir müssen für uns selbst so ehrlich sein und sagen, entweder ist man krank, ist man nicht zurechnungsfähig, dann gehört man eigentlich in ein Spital, aber schon gar nicht in eine Justizanstalt. Man muss sich nämlich schon den qualitativen Unterschied und vor allem auch die Anforderungen nicht nur von den medizinischen Kosten her, sondern auch seitens des Personals anschauen. Das ist nicht zu vergleichen. Ich glaube, dass derzeit innerhalb der Justiz unter schwierigsten Voraussetzungen, vor allem in den Anstalten, Dienst versehen wird.

Ich glaube, wenn wir – mein Vorredner hat es angesprochen – uns diese Vereinbarung ansehen und wir die Kostensteigerung ganz normal einfach so weitergeschrieben hätten, dann würden heute 20 Millionen und nicht 8,6 Millionen herauskommen. Das heißt, die Medizin wird halt teurer, und wenn wir das auch nicht geltend machen, dann müsste es eigentlich irgendeinem Verhandler des Bundes mit den Krankenanstalten oder mit den Anstaltenträgern gelingen, dass man unsere Insassen zu einem normalen Tarif in eine Anstalt kriegt. Das geht auch nicht. Also ist das in der Summe für das Justizressort unbefriedigend.

Frau Bundesministerin, ich glaube, wir haben hier in Zukunft ordentlichen Hand­lungsbedarf, dass wir einen dieser Wege skizzieren – nicht nur im Interesse der Justiz, sondern auch der Menschlichkeit.

Ich möchte mich abschließend bei dir, Frau Bundesministerin, aber auch bei deinem Team, bei deinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit sehr herzlich bedanken. Aber vor allem möchte ich meinen Kollegen im Strafvollzug für die hervorragende Arbeit danken. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

18.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 193

Wünscht eine der Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte alle Damen und Herren, Platz zu nehmen; wir gelangen zu den Abstim­mungen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz, mit der die Vereinbarung über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken geändert wird, in 317 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Kran­kenanstalten für Insassen von Justizanstalten in 319 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

18.49.0518. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (091 Hv 191/07k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf (525 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist niemand gemeldet.

Wir kommen daher auch gleich zur Abstimmung.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 446 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichts für Strafsachen Wien um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf besteht; daher wird einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf nicht zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 194

18.50.19Einlauf

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 687/A bis 709/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4068/J bis 4094/J eingelangt.

Schließlich sind Anfragen der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen sowie der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates, nämlich 33/JPR und 34/JPR, eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 18.51 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

18.50.56Schluss der Sitzung: 18.50 Uhr

 

 

 

 

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